Stenographisches Protokoll

667. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. Juli 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

667. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. Juli 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 19. Juli 2000: 9.03 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 20. Juli 2000: 0.00 – 0.45 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz)

2. Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

3. Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird

4. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000)

5. Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird

6. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000)

7. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesbediensteten-Schutzgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Lan


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667. Sitzung / Seite 2

desvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Verwaltungsakademiegesetz, das Auslandszulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte sowie das Poststrukturgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2000)

8. Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird

9. Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden

10. Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

11. Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird

12. Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird

13. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit

14. Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit

15. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit

16. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit

17. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit

18. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit

19. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird

20. Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird

21. Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird

22. Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1988, BGBl. I Nr. 169, geändert wird

23. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird

24. Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen auf dem Gebiete der Währung im Zusammenhang mit der Ausgabe der Euro-Banknoten und -Münzen erlassen werden (Eurogesetz), und das Scheidemünzengesetz 1988 und das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden

25. Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird

26. Protokoll zur Abänderung des am 9. Dezember 1976 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen


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667. Sitzung / Seite 3

27. Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau

28. Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden

29. Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird, das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz,  das  Reichshaftpflichtgesetz,  das  Elektrizitätswirtschaft-  und -organisationsgesetz geändert werden und das Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission sowie das Bundesgesetz, mit dem die Ausübungsvoraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, erlassen werden (Energieliberalisierungsgesetz)

30. Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

31. Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird

32. Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden

33. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung geändert wird

34. Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (AWG-Novelle Deponien)

35. Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird

36. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizerischen Bundesrat über den frühzeitigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes ("Nuklearinformationsabkommen" Österreich – Schweiz) samt Anhang und Gemeinsamer Erklärung

37. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden

38. Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 1992, das Auslandseinsatzgesetz, das Militärleistungsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 1995, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Verwundetenmedaillengesetz, das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 und das Kärntner Kreuz-Zulagengesetz 1970 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Wehrrecht – EUGW)

39. Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird

40. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zu Bestimmungen der Europäischen Union über kapazitätsbezogene Maßnahmen für die Binnenschifffahrtsflotten der Gemeinschaft zur Förderung des Binnenschiffsverkehrs erlassen, das Bundesfinanzierungsgesetz geändert und das Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschifffahrt außer Kraft gesetzt wird (Binnenschifffahrtsfondsgesetz)

41. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn- und Straßenverkehr


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667. Sitzung / Seite 4

42. Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen

43. Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

44. Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

45. Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau

46. Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache des Präsidenten Johann Payer 20

Schreiben der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend die Wahl von einem Mitglied und einem Ersatzmitglied in den Bundesrat 19

Angelobung der Bundesrätin Germana Fösleitner 19

Ordnungsruf gemäß § 70 Abs. 3 19

Erklärung des Landeshauptmannes von Burgenland Karl Stix 24

Verlangen auf Durchführung einer Debatte 24

Debatte:

Dr. Milan Linzer 28

Johann Grillenberger 29

Mag. John Gudenus 30

Landeshauptmann Karl Stix 35 und 40

Mag. Harald Himmer 37

Engelbert Weilharter 38

Jürgen Weiss 39

Albrecht Konecny 43

Unterbrechungen 103, 105, 106 und 122

Personalien

Krankmeldungen 19

Entschuldigung 19

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 44

Ausschüsse

Zuweisungen 44


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667. Sitzung / Seite 5

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Belastungspaket für die Länder (1721/J-BR/00)

Begründung: Albrecht Konecny 108

Beantwortung: Staatssekretär Dr. Alfred Finz 110

Redner:

Stefan Prähauser 112

Dr. Ferdinand Maier 116

Mag. Melitta Trunk 119

und (tatsächliche Berichtigung) 135

Dr. Peter Böhm (zur Geschäftsbehandlung) 122

Erhard Meier 122

Johann Grillenberger 125

Herbert Thumpser 126 und 135

Ferdinand Gstöttner 127

Klaus Gasteiger 129

Brunhilde Fuchs 130

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 130

Dr. André d′Aron 131

Ulrike Haunschmid 133

und (tatsächliche Berichtigung) 136

Peter Marizzi (tatsächliche Berichtigung) 134

Albrecht Konecny 135

Ing. Kurt Scheuch 136

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen betreffend Information des Finanzministers 121

Zurückziehung 127

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vorbilder der Finanzpolitik 127

Ablehnung 137

Verhandlungen

(1) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz) (180/A und 255/NR sowie 6170/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 45

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Harald Himmer 45

Anna Elisabeth Haselbach 46

Dr. Peter Böhm 48

Dr. Milan Linzer 50

Staatssekretär Franz Morak 51

Mag. Melitta Trunk 53


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 6

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 55

(2) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (127, 164/A, 13/A und 202/NR sowie 6171/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 55

(Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen)

Redner:

Dr. Milan Linzer 55

Ferdinand Gstöttner 56

Dr. Peter Böhm 56

Staatssekretär Franz Morak 58

Mag. John Gudenus 60

Ing. Kurt Scheuch 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 64

(3) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (98 und 262/NR sowie 6172/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 64

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Ferdinand Maier 65

Stefan Prähauser 65

Ludwig Buchinger 66

Staatssekretär Franz Morak 66

Mag. Melitta Trunk 67

Ing. Kurt Scheuch (tatsächliche Berichtigung) 68

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 68

Gemeinsame Beratung über

(4) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000) (181 und 254 und Zu 254/NR sowie 6161 und 6173/BR d. B.)

(5) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (263/NR sowie 6162 und 6174/BR d. B.)

(6) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz


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667. Sitzung / Seite 7

1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000) (175 und 259/NR sowie 6163 und 6175/BR d. B.)

Berichterstatter/in: Monika Mühlwerth 69

[Antrag, zu (4) und (5) keinen Einspruch zu erheben]

und Ing. Franz Gruber 73

[Antrag, zu (6) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Karl Drochter 70

und (tatsächliche Berichtigung) 79

Franz Wolfinger 73

Engelbert Weilharter 75

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 77

Herbert Würschl 80

Alfred Schöls 82

Christoph Hagen 83

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 84

Peter Marizzi 87

Uta Barbara Pühringer 89

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 91

Karl Boden (tatsächliche Berichtigung) 94

und 96

Dr. André d′Aron 94

Staatssekretärin Mares Rossmann 98

Anna Höllerer 99

Josef Saller 101

Ludwig Bieringer 101

Antrag der Bundesräte Karl Drochter und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 71


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 8

Ablehnung 103

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (4) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 103

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 103

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (5) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 104

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 105

Antrag der Bundesräte Karl Drochter und GenossInnen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates betreffend das Pensionsreformgesetz Einspruch zu erheben (direkt auf dem Präsidium eingebracht)

Ablehnung 106

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 106

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung 106

Gemeinsame Beratung über

(7) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesbediensteten-Schutzgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Verwaltungsakademiegesetz, das Auslandszulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte sowie das Poststrukturgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2000) (176 und 260/NR sowie 6176/BR d. B.)

(8) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (179 und 261/NR sowie 6177/BR d. B.)

(9) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden (188/A und 264/NR sowie 6166 und 6178/BR d. B.)

Berichterstatter: Gottfried Kneifel 138

[Antrag, zu (7), (8) und (9) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Karl Boden 139

Uta Barbara Pühringer 140

Christoph Hagen 140

Herbert Thumpser 141

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 141

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (7) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 142

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (8) und (9) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 142

Gemeinsame Beratung über

(10) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (184, 72/A, 80/A und 224/NR sowie 6206/BR d. B.)


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 9

(11) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (181/A und 225/NR sowie 6169 und 6207/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird (180 und 220/NR sowie 6208/BR d. B.)

Berichterstatter: Josef Saller 143

[Antrag, zu (10) und (11) keinen Einspruch zu erheben]

und Georg Keuschnigg 143

[Antrag, zu (12) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Herbert Würschl 143

Dr. Peter Böhm 144

Erhard Meier 145

Mag. Harald Himmer 146

Annahme der Anträge der Berichterstatter, zu (10), (11) und (12) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 147

Gemeinsame Beratung über

(13) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit (65 und 248/NR sowie 6179/BR d. B.)

(14) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (74 und 249/NR sowie 6180/BR d. B.)

(15) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit (82 und 250/NR sowie 6181/BR d. B.)

(16) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit (88 und 251/NR sowie 6182/BR d. B.)

(17) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit (89 und 252/NR sowie 6183/BR d. B.)

(18) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit (112 und 253/NR sowie 6184/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 148

[Antrag, zu (13), (14), (15), (16), (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13), (14), (15), (16), (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 149


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 10

(19) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird (6 und 152/NR sowie 6185/BR d. B.)

Berichterstatterin: Monika Mühlwerth 150

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Leopold Steinbichler 150 und 153

Mag. Melitta Trunk 152

Franz Koller 153

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 154

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 154

Gemeinsame Beratung über

(20) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird (182 und 233/NR sowie 6186/BR d. B.)

(21) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (183 und 236/NR sowie 6187/BR d. B.)

(22) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geändert wird (182/A und 237/NR sowie 6188/BR d. B.)

Berichterstatterin: Monika Mühlwerth 155

[Antrag, zu (20), (21) und (22) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Maria Grander 155

Johanna Schicker 156

Mag. Christof Neuner 157

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 158

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (20), (21) und (22) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 158

(23) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (187/A und 243/NR sowie 6189/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 159

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 159

(24) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen auf dem Gebiete der Währung im Zusammenhang mit der Ausgabe der Euro-Banknoten und -Münzen erlassen werden (Eurogesetz), und das Scheidemünzengesetz 1988 und das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden (174 und 244/NR sowie 6190/BR d. B.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 11

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 160

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Grillenberger 160

Wilhelm Grissemann 160

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 161

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 162

(25) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (173 und 245/NR sowie 6191/BR d. B.)

Berichterstatter: Ludwig Buchinger 162

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Herbert Thumpser 162

Alfred Schöls 163

Engelbert Weilharter 163

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 164

(26) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 9. Dezember 1976 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (71 und 242/NR sowie 6192/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 164

(Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 164

(27) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau (216/A und 265/NR sowie 6193/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 165

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Gottfried Kneifel 165

Johanna Schicker 167

Dr. André d′Aron 167

Engelbert Schaufler 168

Ernst Winter 169

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 169


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 12

Dr. Klaus Nittmann 169

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 170

(28) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden (226/A, 229/A und 266/NR sowie 6194/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Grillenberger 170

(Antrag, keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 13

Redner:

Friedrich Hensler 170

Ernst Winter 171

Franz Koller 171

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 172

(29) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird, das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz, das Elektrizitätswirtschaft- und -organisationsgesetz geändert werden und das Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission sowie das Bundesgesetz, mit dem die Ausübungsvoraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, erlassen werden (Energieliberalisierungsgesetz) (66 und Zu 66 und 210/NR sowie 6167 und 6195/BR d. B.)

Berichterstatterin: Ulrike Haunschmid 172

(Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen)

Redner:

Mag. Michael Strugl 173

Mag. Dietmar Hoscher 174

Dr. André d′Aron 175

Staatssekretärin Mares Rossmann 176

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 177

(30) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (166/A und 212/NR sowie 6164 und 6196/BR d. B.)

Berichterstatterin: Ulrike Haunschmid 177


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 14

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Kraml 177

Hans Ager 178

Mag. Christof Neuner 179

Gottfried Kneifel 180

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 181

(31) Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird (203/A und 214/NR sowie 6197/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 181

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Hans Ager 182

Mag. Dietmar Hoscher 182 und 185

Wilhelm Grissemann 184

Staatssekretärin Mares Rossmann 184

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 186

(32) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden (216/NR sowie 6165 und 6198/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 186

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Karl Drochter 186

Maria Grander 188

Ulrike Haunschmid 189

Horst Freiberger 190

Johann Ledolter 192

Herbert Würschl 194

Staatssekretärin Mares Rossmann 195

Ilse Giesinger 196

Dr. Robert Aspöck 197

Dr. Milan Linzer 198

Hans Ager 198

Wilhelm Grissemann 199

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 199

(33) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung geändert wird (168/A und 228/NR sowie 6199/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 200

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Kraml 200

Ludwig Bieringer 201

Monika Mühlwerth 202

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 203

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 203

(34) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (AWG-Novelle Deponien) (178, 167/A und 230/NR sowie 6200/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 204

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Grillenberger 204

Leopold Steinbichler 205

Ing. Kurt Scheuch 205

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 205

(35) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (227/NR sowie 6168 und 6201/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 206

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 206

(36) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizerischen Bundesrat über den frühzeitigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes ("Nuklearinformationsabkommen" Österreich – Schweiz) samt Anhang und Gemeinsamer Erklärung (53 und 231/NR sowie 6202/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 206

(Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 207

(37) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rah


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 15

men der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden (76 und 218/NR sowie 6203/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. John Gudenus 207

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ernst Winter 208

Alfred Schöls 209

Mag. John Gudenus 210

Herbert Thumpser 211

Bundesminister Herbert Scheibner 212

Antrag der Bundesräte Ernst Winter, Herbert Thumpser, Erhard Meier und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden (76 und 218/NR der Beilagen) 209

Ablehnung 216

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 216

(38) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 1992, das Auslandseinsatzgesetz, das Militärleistungsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 1995, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Verwundetenmedaillengesetz, das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 und das Kärntner Kreuz-Zulagengesetz 1970 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Wehrrecht – EUGW) (90 und 177/NR sowie 6204/BR d. B.)

Berichterstatter: Ferdinand Gstöttner 216

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 216

(39) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (81 und 223/NR sowie 6205/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Michael Strugl 217

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Brunhilde Fuchs 217

Dr. Peter Böhm (tatsächliche Berichtigung) 218

Alfred Schöls 219

Christoph Hagen 220

Herbert Würschl 221


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 16

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 221

Antrag der Bundesräte Brunhilde Fuchs, Herbert Würschl und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (81 und 223/NR der Beilagen) 217

Ablehnung /I> 223

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 223

Gemeinsame Beratung über

(40) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zu Bestimmungen der Europäischen Union über kapazitätsbezogene Maßnahmen für die Binnenschifffahrtsflotten der Gemeinschaft zur Förderung des Binnenschiffsverkehrs erlassen, das Bundesfinanzierungsgesetz geändert und das Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschifffahrt außer Kraft gesetzt wird (Binnenschifffahrtsfondsgesetz) (84 und 155/NR sowie 6209/BR d. B.)

(41) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn- und Straßenverkehr (32 und 156/NR sowie 6210/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Peter Böhm 224

[Antrag, zu (40) und (41) keinen Einspruch zu erheben]

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (40) und (41) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 224

(42) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen (109 und 205/NR sowie 6211/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Schaufler 225

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 225

Gemeinsame Beratung über

(43) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (169 und 206/NR sowie 6212/BR d. B.)

(44) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 17

Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (170 und 207/NR sowie 6213/BR d. B.)

(45) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau (171 und 208/NR sowie 6214/BR d. B.)

(46) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995 (172 und 209/NR sowie 6215/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Ledolter 226

[Antrag, zu (43), (44), (45) und (46) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Maria Grander 227

Brunhilde Fuchs 227

Monika Mühlwerth 228

Erhard Meier 229

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (43), (44), (45) und (46) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 230

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Erhard Meier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Suchaktion im Toplitzsee/Steiermark – Auswertung eventueller Funde (1717/J-BR/00)

der Bundesräte Klaus Gasteiger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kürzung der Bundesstraßenbaumittel für das Bundesland Tirol (1718/J-BR/00)

der Bundesräte Ing. Walter Grasberger und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Lärmbelästigung durch Motorräder (1719/J-BR/00)

der Bundesräte Klaus Gasteiger und GenossInnen an den Bundesminister für Inneres betreffend Privatisierung der Flugrettung (1720/J-BR/00)

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Belastungspaket für die Länder (1721/J-BR/00)

der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Prähauser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Sofia Connection III – Rumänische Leihverträge" (1722/J-BR/00)

der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Prähauser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Sofia Connection III – Rumänische Leihverträge" (1723/J-BR/00)

der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Prähauser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Sofia Connection III – Rumänische Leihverträge" (1724/J-BR/00)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 18

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Frage der Bundesräte Gottfried Kneifel und Kollegen (1579/AB-BR/00 zu 1712/J-BR/00)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen auf die Frage der Bundesräte Alfred Gerstl und Kollegen (1580/AB-BR/00 zu 1709/J-BR/00)

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen (1581/AB-BR/00 zu 1707/J-BR/00)

 


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 19

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 20

Präsident Johann Payer:
Ich eröffne die 667. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 666. Sitzung des Bundesrates vom 21. Juli 2000 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Hedda Kainz und Wolfgang Hager.

Entschuldigt hat sich das Mitglied des Bundesrates Ing. Walter Grasberger.

Ordnungsruf

Präsident Johann Payer: Ich gebe bekannt, dass ich nach Durchsicht des Stenographischen Protokolls Herrn Bundesrat Professor Albrecht Konecny für seine in der 666. Sitzung des Bundesrates getätigte Äußerung “Hasstiraden” nachträglich gemäß § 70 Abs. 3 der Geschäftsordnung einen Ordnungsruf erteile.

Angelobung

Präsident Johann Payer: Eingelangt ist ein Schreiben der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages betreffend die Wahl von einem Mitglied und einem Ersatzmitglied in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Monika Mühlwerth: Ich darf das Schreiben der Ersten Präsidentin des Oberösterreichischen Landtages Angela Orthner zur Verlesung bringen.

"Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich teile Ihnen mit, dass auf Grund des Verzichts von Bundesrat Peter Rodek auf sein Mandat als Mitglied des Bundesrates und des Verzichts des Ersatzmitglieds Anna Eisenrauch auf die Nachfolge auf das freigewordene Bundesratsmandat der Oberösterreichische Landtag in seiner Sitzung am 6. Juli 2000 gemäß Artikel 35 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 und Artikel 29 des Oberösterreichischen Landes-Verfassungsgesetzes 1991 eine Nachwahl durchgeführt hat.

Es wurden gewählt:

als Mitglied an 3. Stelle: Germana Fösleitner, geb. am 18. 7. 1941, 3335 Weyer/E., Küpfern 12

Ersatzmitglied an 3. Stelle: (wie bisher) Anna Eisenrauch

Mit freundlichen Grüßen!"

Präsident Johann Payer: Frau Bundesrätin Germana Fösleitner ist im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Monika Mühlwerth: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrätin Germana Fösleitner (ÖVP): Ich gelobe.

Präsident Johann Payer: Ich begrüße Frau Bundesrätin Germana Fösleitner recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Antrittsansprache des Präsidenten

9.07

Präsident Johann Payer: Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Hohes Haus! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Der turnusmäßige Wechsel im Vorsitz des Bundesrates führt dazu, dass das Land Burgenland in diesem Halbjahr die Präsidentschaft im Bundesrat ausüben kann. Es ist mir eine besondere Auszeichnung, als vom Burgenländischen Landtag Erstgereihter in diesem Halbjahr die Funktion des Präsidenten des Bundesrates innezuhaben.

Ich bin mir dieser besonderen Ehre bewusst, aber auch den damit verbundenen Pflichten, die ich mit bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen versuchen werde.

Persönlich freue ich mich sehr, dass bei der heutigen Sitzung hohe politische Repräsentanten, aber auch Vertreter der burgenländischen Verwaltung anwesend sind, und ich erlaube mir, diese Gäste zu begrüßen.

Ich heiße herzlich willkommen den Landeshauptmann des Burgenlandes Karl Stix, der derzeit Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz und Vorsitzender der Finanzreferenten ist. – Herzlich willkommen, Herr Landeshauptmann! (Allgemeiner Beifall.)

Mein Gruß gilt auch dem Landtagspräsidenten DDr. Erwin Schranz. (Allgemeiner Beifall.)

Es freut mich, dass die höchsten Beamten meines Bundeslandes, nämlich Landesamtsdirektor Hofrat Dr. Robert Tauber und Hofrat Dr. Heinrich Wedral von der Stabsstelle "Europabüro und Statistik" anwesend sind. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Mein Gruß gilt auch dem Landtagsdirektor Hofrat Mag. Rudolf Talos. (Allgemeiner Beifall.)

Dass der Gemeinderat meiner Heimatgemeinde Neutal, dem ich 15 Jahre lang angehörte, anwesend ist, freut mich persönlich ganz besonders. Diese Anwesenheit werte ich – ich glaube, im Namen aller Bundesrätinnen und Bundesräte zu sprechen – als Anerkennung für die gesamte Länderkammer.

Nicht nur verdiente Persönlichkeiten aus dem Burgenland beehren uns heute mit ihrer Anwesenheit, sondern auch hochrangige Repräsentanten eines befreundeten Nachbarlandes, des Sejm der Republik Polen, haben sich heute zu einem Besuch in unserer Länderkammer eingefunden. Ich darf die Mitglieder der Delegation des polnischen Sejm, die unter Leitung des Sejm-Marschalls Maciej Plazynski zu einem Arbeitsbesuch nach Österreich gekommen sind, recht herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Diesen Arbeitsbesuch hat der Präsident des Nationalrates Dr. Heinz Fischer organisiert. Es freut mich, dass auch er heute hier mit den polnischen Gästen anwesend ist. (Allgemeiner Beifall.)

Ich freue mich aber auch über die Anwesenheit der Regierungsbeauftragten, Frau Dr. Maria Schaumayer, der mein ganz besonderer Willkommensgruß gilt. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte es an dieser Stelle keinesfalls verabsäumen, meiner Vorgängerin, Frau Präsidentin Haselbach, die objektiv, menschlich, mit großem Einfühlungsvermögen und gepaart mit Fachwissen die Geschicke der Länderkammer geführt hat, für ihre Arbeit recht herzlich zu danken. Diese Arbeit hat auch ihre besondere Würdigung erfahren. Der Herr Bundespräsident hat ihr gestern das Große Silberne Ehrenzeichen am Bande für die Verdienste um die Republik Österreich verliehen, wozu wir ihr alle, so glaube ich, recht herzlich gratulieren. (Allgemeiner Beifall.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 21

Ebenso danke ich Herrn Vizepräsidenten Weiss und den Klubobmännern Bieringer,
Professor Konecny und Universitätsprofessor Dr. Böhm für ihre Arbeit im Rahmen der Präsidialkonferenz und hoffe, dass sich diese Zusammenarbeit auch im zweiten Halbjahr so positiv gestalten wird.

Meine Damen und Herren! Da ich die Präsidentenfunktion zum zweiten Mal ausüben darf, möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, meine damaligen Anregungen beziehungsweise Forderungen vergleichend mit der derzeitigen Situation zu analysieren.

Ich habe damals, zu Beginn des ersten Halbjahres 1996, mit einem gewissen Stolz das Abstimmungsergebnis meines Bundeslandes betreffend den EU-Beitritt im Ausmaß von 75 Prozent als bedeutenden Schritt in die Zukunft bewertet. Diese hohe Zustimmungsrate war europaweit einmalig und herausragend.

Die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Erreichung des Ziel-1-Status sind nun in allen Teilen meines Landes spürbar, und der Name Karl Stix wird mit dem Erreichen des Ziel-1-Gebietes immer verbunden sein.

Stimmungsmäßig kann ich persönlich heute – trotz der EU-Maßnahmen oder EU-Sanktionen – keine Änderung feststellen. Dass diese Sanktionen quer durch alle politischen Kräfte meines Bundeslandes abgelehnt werden, ist eine Tatsache. Ebenso ist es Tatsache, dass es über die Frage: Wie gehen wir mit der Haltung der übrigen EU-Staaten um?, differenzierte Meinungen gibt. Ich werde mir aber erlauben, etwas später auch dazu Stellung zu nehmen.

Meine erste Präsidentschaft war von den schrecklichen Ereignissen in Oberwart und Stinatz und dem Tod von vier Angehörigen der Volksgruppe der Roma überschattet. Ich habe damals – unter dem Eindruck dieses schrecklichen Ereignisses – das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Volksgruppen geschildert. Es war auch keine Tat der dort zusammenlebenden Menschen, sondern die Tat eines verwirrten, außerhalb der Gesellschaft stehenden Menschen.

Heute – so ist mein Eindruck – ist aus dem friedlichen Nebeneinander ein solidarisches Miteinander geworden. Das Aufstellen der ersten zweisprachigen Ortstafel vorige Woche in Großwarasdorf – Veliki Borištof – werte ich als ein weiteres Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Wege sind.

Mit seinen neun Bundesländern und den verschiedenen Volksgruppen besitzt Österreich eine europäische und beneidenswerte Struktur lebendiger föderaler Einheiten, die topographisch, klimatisch, wirtschaftlich, politisch und in ihrer Identität klar differenziert sind und in dieser Differenzierung unserer Republik gleichzeitig interessant und liebenswert machen. All jenen, zum Glück sehr wenigen Kräften, die dieses solidarische Miteinander zu stören versuchen, sei von dieser Stelle aus eine klare Absage erteilt.

Hohes Haus! Ich habe in meiner Rede vor viereinhalb Jahren ein transparente Gehaltspyramide für Politiker gefordert. Diese Forderung haben wir gemeinsam einer Lösung zugeführt. Heute erhebe ich warnend meine Stimme, die Politikerbezüge aus populistischen Gründen neuerlich zu thematisieren. Ein weiteres Hinunterlizitieren der Politikerbezüge würde sich wahrscheinlich negativ auf die Qualität der handelnden Personen auswirken und der unbedingt notwendigen Unabhängigkeit der politisch Tätigen entgegenwirken.

Die Bundesstaatsreform mit der Neuordnung der Kompetenzen wurde keiner Lösung zugeführt. Auch die Direktwahl der Bundesräte, die ich 1996 anregte, um den Worten "näher zum Bürger" gerechter zu werden, ist eine unerledigte Forderung geblieben.

Erlauben Sie mir aber trotzdem, die Herausforderungen dieses kommenden Halbjahres zu skizzieren.

Am 1. Dezember 1920 hat der Bundesrat seine erste Sitzung abgehalten. Vor fast genau 80 Jahren – am 8. Juli 1920 – hat der Verfassungsausschuss der Konstituierenden Nationalversammlung einen Unterausschuss mit der Aufgabe eingesetzt, über den Sommer möglichst die ganze Verfassung der Republik Österreich fertig zu stellen. Als Vorsitzender fungierte Otto


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 22

Bauer, als sein Stellvertreter Ignaz Seipel, die Staatsregierung wurde durch den Vorsitzenden der Staatskanzlei und nachmaligen Bundeskanzler Michael Mayr vertreten, und als Fachmann wurde Hans Kelsen zugezogen, der heute als "Vater der österreichischen Bundesverfassung" gilt.

Auch die Ausgestaltung des Bundesrates war schon damals ein kontroversielles Thema: Sowohl die Kompetenzen des Bundesrates als auch die Zusammensetzung des Bundesrates und die Wahl der Bundesratsmitglieder wurden ausgiebig und unterschiedlich beraten. Von allen Seiten wurde das letztlich gefundene Ergebnis als gerade noch an die Grenzen des Vertretbaren gehender, aber akzeptabler Kompromiss bezeichnet.

Lässt man die historische Entstehung Revue passieren, so erscheint es verständlich, dass 80 Jahre später diese Fragen noch immer aktuell sind und von den verschiedenen Fraktionen noch immer differenziert gesehen werden.

Die Bundesregierung zwischen FPÖ und ÖVP hat in ihrem Regierungsprogramm unter dem Kapitel "Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden verbessern" hinsichtlich des Bundesrates Folgendes ausgeführt:

"Umfassende Reform des Bundesrates – Aufwertung als Länderkammer: Die Länder sollen die Möglichkeit erhalten, ihren Vertreter im Bundesrat in Kernfragen des Föderalismus bei der Ausübung ihres Mandates zu binden."

Ich möchte zu diesem Programmpunkt zweierlei festhalten:

Erstens: Für mich persönlich und die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundesrates ist der Grundsatz des freien Mandats in der gesetzgebenden Körperschaft als Ziel unverzichtbar.

Die konkrete Vorstellung für das freie Mandat im Bundesrat resultiert aus dem Umstand, dass eine Vertretung der Länderinteressen in ihrer Gesamtheit einer Vertretung von neun Landesegoismen vorgehen muss.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die Rede des christlichsozialen Bundeskanzlers Michael Mayr in der ersten Bundesratssitzung am 1. Dezember 1920 verweisen. Dieser führte aus – ich zitiere –:

Es ist gerade in unserer Zeit sehr notwendig, dass eine nähere Verbindung zwischen den Ländern und dem Bund sich geltend mache, das Zusammengehörigkeitsgefühl gepflegt werde und die zusammengehörigen gemeinsamen Interessen auch eine gemeinsame Förderung erfahren. – Ende des Zitats.

Ich ersuche Sie, meine Damen und Herren, auch bei der Überlegung über die Neugestaltung von Prinzipien des Bundesrates nicht das Trennende zwischen den Ländern, sondern das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen.

Sollte eine Aufwertung der einzelnen Bundesräte, damit aber auch des gesamten Bundesrates angestrebt werden, so sollte auch die Direktwahl der Bundesräte im Rahmen der jeweiligen Landtagswahl angedacht werden. Dies würde keine zusätzlichen Kosten verursachen, dafür aber die Legitimation der einzelnen Bundesräte erhöhen.

Die Wahlordnungen für die Landesparlamente und für die Gemeindestuben sind in den vergangenen Jahren durchwegs personenorientierter geworden. Ich stelle die Frage: Warum soll das für den Bundesrat nicht möglich sein? – Auch das Rederecht und das Fragerecht der Bundesräte in den Landtagen sind sicher diskussionswürdig.

Zweitens: Einen Appell möchte ich aber jedenfalls an die Vertreter der Regierungsfraktionen richten. Sollte die Umsetzung dieses Teils der Regierungsvereinbarung zwischen FPÖ und ÖVP begonnen werden, binden sie die Betroffenen in die Diskussionen ein! Es ist nämlich demo


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 23

kratiepolitisch äußerst bedenklich, wenn Vertreter der Regierung ein parlamentarisches Organ umgestalten wollen, ohne die Betroffenen, nämlich die Bundesräte, einzubinden.

In diesem Halbjahr, meine Damen und Herren, stehen aber noch auf einer anderen Ebene bedeutsame Entscheidungen an. Die Europäische Union hat sich zur Aufgabe gemacht, noch unter französischer EU-Ratspräsidentschaft, also in diesem Halbjahr, eine umfassendere Reform der Institutionen der Europäischen Union zu realisieren, um die EU-Osterweiterung möglich zu machen.

Als Vertreter des Burgenlandes, also einer der hauptbetroffenen Regionen bei der EU-Osterweiterung, spreche ich mich für dieses wichtige europäische Reformvorhaben und für die Realisierung eines neuen geeinten Europas aus.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann hier aber nicht über Europa sprechen, ohne die Maßnahmen der EU-14 gegen Österreich, die so genannten Sanktionen, zu erwähnen. Ich wäre froh, wenn ich dies nicht tun müsste und die Sanktionen schon aufgehoben wären. Ich sehe aber die Nominierung der Herren Ahtisaari, Oreja und Frowein durch Präsident Wildhaber in den Weisenrat als äußerst gelungene Entscheidung und als große Chance an, diese Maßnahmen möglichst bald Vergangenheit sein zu lassen. Ich appelliere aber auch an uns alle, alles zu unterlassen, was diese Chance gefährden könnte.

Lassen Sie mich aber in diesem Zusammenhang auch eine Kritik an der Gestaltung des Instrumentariums der Volksbefragung in der österreichischen Bundesverfassung aussprechen. Eine solch bedeutsame Angelegenheit wie das Recht, Volksbefragungen anzuordnen, findet ohne jegliche Beteiligung des Bundesrates statt. Diese Regelung kann daher aus föderalistischer Sicht nur als unausgewogen bezeichnet werden und sollte bei einer allfälligen Novellierung eine föderalistischere Ausformung erhalten.

Betrachtet man die Diskussion über den Föderalismus in Österreich in den letzten Jahren, so sind zunächst zwei äußerst konstruktive Abschnitte festzustellen:

Erstens: die Diskussion über die Bundesstaatsreform, die auch anlässlich des EU-Beitritts und dem damit verbundenen Kompetenzverlust für Bund und Länder begonnen wurde und zu einer umfassenden föderalistischen Diskussion führte. Aus verschiedenen Gründen, die wahrscheinlich auch verschieden bewertet werden, konnte die Bundesstaatsreform nicht realisiert werden, obwohl eine Neugestaltung der Kompetenzverteilung in Österreich aus verschiedenen Gründen zu begrüßen wäre. Neue Entwicklungen in der Gesellschaft, in der Technik und in anderen Bereichen, aber auch der EU-Beitritt und ein höheres Kostenbewusstsein sind nur einige Überlegungen dafür.

Zweitens: Dies führt uns schon zur nächsten Diskussion, nämlich jener über die Kostenverantwortung zwischen den Gebietskörperschaften. Der europäische Stabilitätspakt hat dazu geführt, dass auch auf österreichischer Ebene ein solcher abgeschlossen werden konnte. Besonders hervorzuheben ist auf der formalen Ebene, dass auch die Städte und die Gemeinden in diese Vereinbarung aufgenommen wurden.

Dies führt aber nun zum dritten und letzten Abschnitt der Föderalismusdiskussion in Österreich, die hauptsächlich in diesem Jahr geführt wurde:

Föderalismus wird als – ich zitiere – "Schwachsinn auf Kosten des Steuerzahlers", die Aufwertung des Bundesrates mit "Gott behüte" bezeichnet. Wir alle wissen, von wem diese Aussagen kommen, sie sind jedenfalls meiner Meinung nach abzulehnen. Eine Diskussion auf einem solchen Niveau kann in niemandes Interesse sein.

Als Präsident des Bundesrates kann ich daher nur an die Vernunft aller Beteiligten appellieren, sich in Zukunft solche Äußerungen zu sparen.

Demokratie und Föderalismus können und dürfen nicht nur als Kostenfrage betrachtet werden, sondern sind Substanz und Rückgrat unseres Staates. Unser gemeinsames Bekenntnis zur


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Republik Österreich beinhaltet eben auch ein Bekenntnis zur Demokratie und ein Bekenntnis zum Föderalismus.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Trotz verschiedener politischer Standpunkte und trotz mancher Gegensätze werde ich im kommenden Halbjahr immer wieder versuchen, parlamentarisch tragfähige Brücken zum Wohle unserer Republik zu bauen. Ich werde mich sowohl international als auch national nach bestem Wissen und Gewissen darum bemühen. (Allgemeiner Beifall.)

9.27

Erklärung des Landeshauptmannes von Burgenland

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zur Erklärung des Herrn Landeshauptmannes von Burgenland Karl Stix zur Bundesstaatsreform und zum Finanzausgleich.

Bevor ich dem Herrn Landeshauptmann das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an die Erklärung des Herrn Landeshauptmannes eine Debatte durchzuführen. Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm ohne weiteres stattgeben.

Ich erteile nun Herrn Landeshauptmann Karl Stix das Wort. – Bitte, Herr Landeshauptmann.

9.27

Landeshauptmann von Burgenland Karl Stix: Herr Präsident des Bundesrates! Herr Präsident des Nationalrates! Herr Präsident des polnischen Nationalrates! Frau Regierungsbeauftragte! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich bedanke mich dafür, dass mir als gegenwärtigem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz Gelegenheit gegeben wird, vor der Länderkammer, dem Instrument der Länder an der Mitwirkung der Gesetzgebung, zu einigen Fragen Stellung zu nehmen, die für uns – wo immer wir stehen und in welcher Gebietskörperschaft wir auch immer tätig sind – in den nächsten Monaten eine gewaltige Herausforderung darstellen werden.

Ich hatte vor fast zehn Jahren die Gelegenheit, das erste Mal zu Ihnen zu sprechen. Das war unmittelbar danach, als das Burgenland seine 70-jährige Zugehörigkeit zur Republik Österreich gefeiert hatte. Heute sind wir dabei, unsere 80-jährige Zugehörigkeit zur Republik Österreich vorzubereiten und zu feiern. In diesen zehn Jahren hat sich das Burgenland zu einem modernen Land entwickelt – so meine ich, ohne es besonders schönfärben zu wollen –, und zwar aus einem Land, das relativ rückständig und von seiner Landwerdung her benachteiligt war und das viele Strukturschwächen aufzuweisen hatte, die letztlich dafür maßgebend waren, dass beim Beitritt zur Europäischen Union das Burgenland als einziges Gebiet Österreichs die Anerkennung als Ziel-1-Gebiet erfahren hat. Das ist ein Umstand, der in manchen Bundesländern mit einem gewissen Argwohn – um nicht andere Worte zu verwenden – betrachtet wurde. Aber es ist, so glaube ich, gelungen, diese Strukturschwächen abzubauen und in manchen Bereichen dank der ungeheuren Entwicklung und der Globalisierung auch Kompetenzzentren zu schaffen, die es dem Burgenland, aber vor allem Österreich ermöglichen werden, leichter und ohne große Probleme seine Politik im Rahmen der Europäischen Union fortzusetzen, nämlich dafür einzutreten, dass es eine Erweiterung der Europäischen Union gibt.

Ich sage das nicht nur betont in Anwesenheit des Präsidenten des polnischen Parlaments, ich sage das auch im Wissen um die Bemühungen unserer unmittelbaren Nachbarn, der Ungarn, alles zu tun, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, Mitglied der Europäischen Union werden zu können. Das ist mehr als nur eine Wirtschaftsgemeinschaft. Wir sind, so glaube ich, einig in der Einschätzung, dass die Europäische Union das einmalige Friedensprojekt Europas ist und es kein Ende geben kann im Hinblick auf den Beitritt jener Länder, die sich jetzt darauf vorbereiten und Europa wieder ein Stück größer machen werden. Aber mit diesen Bemühungen haben wir im Burgenland Voraussetzungen dafür geschaffen, um diesen Prozess der Erweiterung zu ermöglichen – ohne Nachteile für die Bewohner.


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Mit der Gründung einer "Euregio" zwischen dem österreichischen Bundesland Burgenland und den westungarischen Komitaten Györ-Moson-Sopron, Vas und Zala haben wir etwas getan, das es in dieser Form in Europa noch nicht gab: Eine Region eines Mitgliedslandes der Europäischen Union hat mit Regionen eines Nichtmitgliedslandes eine "Euregio" gebildet, die sich zum Ziel gesetzt hat, in beiden Teilen, nämlich in der "Euregio", Strukturen zu schaffen, die so tragfähig sind, dass dieser Erweiterungsprozess erfolgreich gestaltet werden kann.

Allein das Bemühen, ein gemeinsames Leitbild zu entwickeln, ist nicht einfach, aber eine große Chance, aus dieser "Euregio" im Zuge der Erweiterung der Europäischen Union das Kernstück Europas, das Herzstück Europas als Region zu gestalten. Dieses Leitbild sollte Richtlinie dafür sein, dass unterschiedliche Gebietskörperschaften mit unterschiedlicher Rechtsausstattung, mit unterschiedlicher Kompetenzausstattung das tun, wofür sie da sind und wofür sie verantwortlich sind, damit die Bürger, ob sie nun im Burgenland oder in den westungarischen Komitaten wohnen, eine gute Zukunftsperspektive haben – unter Nutzung der Chancen, die die technologische Entwicklung, die Globalisierung mit sich bringen.

Wenn ich das sage, dann muss ich natürlich als Landeshauptmann und Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz darauf hinweisen, dass das nicht nur für das Burgenland gilt. Das gilt insgesamt für alle Grenzregionen, die Ostgrenzregionen sind und von der Erweiterung betroffen sind, ob sie nun an Tschechien, an die Slowakei, an Ungarn oder an Slowenien angrenzen. Es muss Österreich mit gleicher Ernsthaftigkeit, mit der sich Österreich zu Recht nachhaltig für die Erweiterung der Europäischen Union einsetzt, und trotz Budgetproblemen seine Infrastruktur entsprechend vorbereiten, um die Erweiterung zu ermöglichen.

Denn es sind diese Grenzgebiete nicht irgendwelche Grenzgebiete. Diese Grenzgebiete waren Zonen an der großen Demarkationslinie Europas, am Eisernen Vorhang. Daher war ein Infrastrukturausbau dort weder notwendig, noch ist er getätigt worden, weil am Eisernen Vorhang vieles an Entwicklung nicht stattfinden konnte, aber dort findet die Erweiterung der Europäischen Union statt. Bei objektivster Beurteilung wird man nicht bestreiten können, dass die Straßen- und Schieneninfrastruktur, also die Verkehrswege, in einem Zustand ist, der sicher nicht geeignet ist, die notwendige Kapazität bereitzustellen, die erforderlich ist, wenn das bewältigt werden soll, was Österreich zu Recht in der Europäischen Union von den Beitrittskandidaten erwartet, nämlich dass es ein Engagement geben muss, vergleichbare Standards zu entwickeln, um den Prozess der Erweiterung ermöglichen zu können.

Diese Forderung Österreichs, die ich unterstreiche und die zu Recht besteht, die auch dafür Voraussetzung sein wird, dass dieses große Reformwerk, Erweiterungswerk gelingen kann, wird dazu führen, dass es einen weit größeren Verkehr und Austausch von Personen, Waren und Dienstleistungen geben wird. Daher sind der nachhaltige Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die Implementierung österreichischer Verkehrsplanungen in internationale europäische Verkehrsnetze die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass das, was wir alle uns wünschen, was für uns alle Perspektive ist, nämlich dieses große Erweiterungsprojekt, gelingen kann.

Ein Zweites: Diese große Frage bedeutet auch für Österreich eine enorme Gefahr. Ich möchte das in der Länderkammer darlegen, weil ich natürlich weiß, dass dieses Problem in den westösterreichischen Bundesländern nicht mit dieser Dringlichkeit und nicht so hautnah gesehen wird, wie das bei den Verantwortlichen in den ostösterreichischen und südösterreichischen Bundesländern der Fall ist. Eine lange Diskussion in Österreich über mögliche Verkehrsplanungen, eine Perspektive, die über Jahrzehnte geht, und das Nichttätigen von Investitionen auf Grund der Budgetnöte – all das birgt die enorme Gefahr in sich, dass in Europa rascher geplant wird und rascher Verkehrswege gebaut werden.

Der Verkehrs-TEN-Knoten, Eisenbahn-TEN-Knoten Wien ist unser aller Ziel, aber es könnte auch Bratislava sein, und es könnte, ob Semmering oder eine andere Variante der Nord-Süd-Schienen-Achse, auch im einfacheren Gebiet über Györ, Budapest gehen. Wir haben die Sorge und sehen die Gefahr, dass es im Verkehrswegebau zu einer Umgehung der ostösterreichischen Region kommt, was das Gleiche für Westungarn bedeuten würde. Daher verfolgt die "Euregio" ein gemeinsames Ziel, nämlich die Verkehrsplanung so zu betreiben, dass in Wien


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und Budapest erkannt wird, dass es in Österreich um Ostösterreich und in Ungarn um Westungarn geht und dieses Herzstück Europas von den wesentlichen Verkehrsinfrastrukturbauten nicht umgangen werden darf. Denn wir alle wissen, dass wirtschaftliche Dynamik, wirtschaftliche Perspektive und wirtschaftliche Entwicklung, ob im Bereich der Industrie, der Dienstleistung oder im Bereich des Tourismus, nur in der Region stattfinden kann, die auch an das internationale Verkehrsnetz angebunden ist.

Daher ist es eine sehr große Forderung und ein großes Bemühen der ostösterreichischen Bundesländer – bei allem Bekenntnis zur Haushaltskonsolidierung –, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten, sondern in diesem Bereich die unabdingbaren Investitionen rechtzeitig zu tätigen.

Daher, meine Damen und Herren, um Sie nicht zu lange zu strapazieren, auch ein offenes Wort zur Konsolidierung unserer Haushalte, die auch mit der Frage der Neuverteilung der Kompetenzen innerhalb der österreichischen Gebietskörperschaften eng zusammenhängt. Ich sage in der Länderkammer bewusst nicht "Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern", sondern "der österreichischen Gebietskörperschaften". Wenn wir ernsthaft Mehrgleisigkeiten und damit Verzögerungen, Kostenerweiterungen verhindern wollen, müssen wir dieses begonnene Werk fortsetzen. Herr Minister Weiss weiß, wovon ich rede. Die Bundesstaatsreform ist ein guter Ansatz gewesen, aber sie war zu Recht nur ein Verwaltungsföderalismus und kein groß genug getaner Schritt.

Die Budgetproblematik wird uns zwingen, diese Frage erneut in Angriff zu nehmen. Es ist eine ganz gewaltige Herausforderung, die für den Wirtschaftsstandort Österreich von enormer Bedeutung sein wird, denn der Wirtschaftsstandort Österreich ist von zwei wesentlichen Faktoren geprägt, die sich nicht zu seinem Vorteil ausbilden.

Wir haben in vielen Bereichen – Herr Präsident Fischer, betrachte das nicht als Kritik an der Gesetzgebung – Regelmechanismen geschaffen, die in ihrer Vernetzung oft zu einem ungeheuren Verfahrenszug führen. Wenn man weiß, dass die großen Handy-Hersteller – wir haben Nokia in Eisenstadt – davon ausgehen, dass in ein, zwei Jahren die funktionale Lebensdauer eines Handys von eineinhalb Jahren auf ein halbes Jahr schrumpfen wird, dann muss der Staat in der Lage sein, mit gleicher Geschwindigkeit seine Dienstleistung der Wirtschaft gegenüber erbringen zu können.

Daher ist Aufgabenreform ein Gebot der Stunde, und da geht es nicht nur um Eitelkeiten der Länder oder der Gemeinden, sondern um sachliche und rationale Fragen. Wenn wir uns von dieser Rationalität her der Sache zuwenden würden, würden wir auch das vom Herrn Präsidenten angesprochene Hauptproblem, der Bundesrat und seine Funktion, stärker in das Zentrum stellen können. Die Aufgabenreform müsste eigentlich eine Diskussion in die Wege leiten, in der es darum geht, vom Prinzip der Subsidiarität ausgehend, die Aufgaben neu zu verteilen.

Die Schweiz hat vor einigen Jahren diesen Versuch unternommen. Wir sollten nicht die Schwächen der Schweizer Grundreform sehen, sondern die Stärken der Schweizer Reform sehen und diese zum Anlass nehmen, eine tief greifende Reform in Österreich herbeizuführen.

Ein Drittes, eine in diesem Zusammenhang meiner Meinung nach auch wesentliche Frage. Ich weiß, dass ich da nicht ganz die Meinung des Präsidenten Heinz Fischer und auch nicht die Meinung der Wissenschaft teile. Der Hinweis des Präsidenten auf Professor Kelsen zeigt, dass wir uns in einem neuen Prozess der Auseinandersetzung befinden. Ich bin tief davon überzeugt, dass wir heute durch die erfolgreiche Politik der Republik Österreich, seiner Bundesländer, seiner Städte und Gemeinden gut ausgebildete Bürger, selbstbewusste Bürger, entscheidungsfähige Bürger haben, die einen immer größeren Konflikt zu den Einrichtungen der repräsentativen Demokratie sehen.

Ich bin daher tief überzeugt davon, dass wir am Beginn eines Prozesses stehen, den wir nicht behindern, sondern beschleunigen sollten, eines Prozesses der Zuwendung zu mehr direkter Demokratie, zu mehr plebiszitärer Demokratie mit den Möglichkeiten der modernen Medien. Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen: Wir planen eine Straße in einem sehr sensiblen Gebiet, haben


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dafür drei Antwort-Varianten gefunden, welche wir nicht nur bei Bürgerversammlungen dargestellt haben, sondern auch ins Internet gestellt haben. Seit drei Monaten sind nun diese drei Varianten im Internet, und wir haben bisher 80 000 Internet-Kontakte gehabt. Für mich ist das ein Beweis dafür, dass wir einen entscheidungsfähigen, entscheidungswilligen und mitgestaltungswilligen Bürger haben. Daher müssen wir unsere Einrichtungen, unsere Systeme in Richtung dieser neuen Herausforderung öffnen, die eine ungeheure Chance sein könnte.

Als wir die Bürgermeister-Direktwahl eingeführt haben, wurde uns gelegentlich auch gesagt, das sei ein Frevel an den Einrichtungen der repräsentativen Demokratie. Wir haben gesagt: Wir sind ein Land der Dörfer, das überschaubar ist, lasst uns das probieren! Der Erfolg gibt uns Recht, davon bin ich überzeugt. – Die Wahlbeteiligung ist um über 10 Prozent gestiegen. Durch die Vergabe von Vorzugsstimmen sind zwei Drittel aller gewählten burgenländischen Gemeinderäte aller Fraktionen auf den Listen nach vorne oder hinten verschoben worden – ein Beweis dafür, dass der Bürger ein Recht einfordert, das im zusteht: mehr Möglichkeiten der Mitgestaltung zu haben. Daher sollte eine Aufgabenreform nicht ohne Beachtung dieses Aspektes geschehen.

Letzter Punkt: die Frage der Konsolidierung unserer Haushalte, der Finanzausgleich – all das sind große Fragen. Ich bekenne mich dazu, dass man das Staatsziel, einen ausgeglichenen Haushalt zu verwirklichen, anerkennen muss. Ich persönlich anerkenne es auch zutiefst als einer, der 1996 am Sparpaket, an der Steuerreform mitgewirkt hat und daher Vorzüge und Schwächen unserer Politik kennt. Das Sparprogramm war gut, aber es wurde nicht in allen Punkten eins zu eins umgesetzt, und die Steuerreform und das Familienpaket waren zu groß, das ist meine subjektive Meinung.

Dem Bekenntnis, den Haushalt Österreichs, seiner Länder und seiner Gemeinden zu konsolidieren und ein Nulldefizit anzustreben, die Schuldenlast zu verringern, um mehr Spielräume zu bekommen, kann sich in Wahrheit niemand verweigern, aber der Weg zu diesem Ziel soll partnerschaftlich sein. Wenn der Dialog am vergangenen Freitag nichts anderes bewirkt hat, als dass das Ziel außer Streit gestellt wurde, so ist das auch ein entscheidender Schritt. Auch die Bundesregierung hat dort entgegen vorangegangener Äußerungen mancher Minister das Bekenntnis abgelegt, dass das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts in partnerschaftlicher Weise erarbeitet, gestaltet und umgesetzt werden soll. Anders formuliert: Es war ein Bekenntnis zum paktierten Finanzausgleich, das gleichzeitig auch ein Bekenntnis dazu ist, dass man es nicht im Hinterkopf hat, auch einen nicht paktierten Finanzausgleich im Parlament zu beschließen.

Wenn ich Ihnen das sage, dann weiß ich, welch gewaltige Herausforderungen vor uns stehen. Ich sage Ihnen, die Länder bekennen sich zu diesem Weg. Die Städte und Gemeinden werden sich diesem Weg nicht nur nicht verschließen, sondern ihn auch gehen. Die Frage ist die Gestaltung dieses Weges. Es gibt dabei einige Eckpunkte, die zu beachten sind, nämlich dass Sparen sparen bedeutet und nicht neue Transferleistungen heute schon angedacht werden sollten. Sparen bedeutet aber auch eine relativ ausgewogene Verteilung der Sparmaßnahmen auf alle Bevölkerungsschichten unseres Staates, wobei aber auch der Wirtschaftsstandort und die Konjunktur zu beachten sind.

Daher sage ich bei meinem Bekenntnis zum Staatsziel eines ausgeglichenen Haushaltes dazu: Ob uns das in dieser Geschwindigkeit gelingen wird, wenn wir diese Eckpunkte, Ausgewogenheit, Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung, die auch ein Ziel der Bundesregierung ist, was nicht bestritten wird, beachten, weiß ich nicht. Wenn wir diese Eckpunkte beachten, sollten wir uns nicht in ein Zeitkorsett zwängen lassen, sondern wir sollten den ernsthaften, den tief greifenden Weg des Wandels gehen. Denn wenn wir diesen Weg gehen, ist das wahrscheinlich der größte Reformschritt und der größte Reformweg, den Österreich in seiner Nachkriegsgeschichte gegangen ist.

Ich möchte auch die Länderkammer im Rahmen der Bundesgesetzgebung einladen, sich mit uns gemeinsam dieser Herausforderung zu stellen und diesen Weg des Gemeinsamen, des Dialoges und der Partnerschaft der Gebietskörperschaften Österreichs zu gehen. Denn letztlich geht es um unser gemeinsames Vaterland, ob es nun der Bund, die Länder, die Städte oder die


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Gemeinden sind. Das sollte uns beflügeln, diesen Weg gemeinsam zu gehen. (Beifall bei der SPÖ und der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

9.48

Präsident Johann Payer: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Ausführungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile ihm dieses.

9.49

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich sagen, dass ich mich als Burgenländer natürlich freue, dass unser Landeshauptmann wieder heute hier bei uns zu Gast ist und uns aus seiner Sicht, aus Sicht des Burgenlandes, aber auch aus Sicht unseres Bundesgebietes diverse programmatische Erklärungen gegeben hat.

Meine Damen und Herren! Für uns Burgenländer war zweifellos die Zeit seit dem EU-Beitritt sehr bewegt. Präsident Payer hat es zutreffend erwähnt: 75 Prozent der Burgenländer hatten sich im Jahr 1994 für den Beitritt zur EU entschieden. Verständlich, wenn man weiß, dass viele Burgenländer natürlich aufgrund der jahrzehntelangen Randlage die Sehnsucht gehabt haben, aus der Grenzregion in die Kernzone, in die Herzlage der Europäischen Union, Mitteleuropas zu kommen.

Ich glaube, dass dieses Land die Herausforderung in verschiedentlicher Weise durchaus angenommen hat, dass die Regierungsverantwortlichen erkannt haben, wie wichtig es ist, dass dieses Land nationale, aber auch internationale Aufgaben im Sinne der Intentionen der Europäischen Union übernimmt. Der Herr Landeshauptmann hat das schon angedeutet. Es wurde mit den Nachbarländern eine intensive Kontaktpflege betrieben, in allen Bereichen der Verwaltung, der Justiz, der Kultur, um die ersten Schritte zur Osterweiterung vorzubereiten.

Natürlich hat die Europäische Union mit der Erklärung Burgenlands zum Ziel-1-Gebiet auch eine entsprechende Wunschäußerung abgegeben, nämlich dass wir Burgenländer hier sozusagen entsprechende Hilfestellung leisten, und uns gleichzeitig auch Chancen eröffnet, gemeinsame Projekte durchzuziehen, in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht, Stichwort INTERREG, ein Thema, das immer größere Bedeutung hat.

Aber auch das Land selbst hat natürlich in erster Linie dank Ziel 1 eine gute Entwicklung mitgemacht. Wir haben sehr viele Niedriglohn-Arbeitsplätze verloren und uns auf andere Gebiete verlegt. Hier war natürlich auch die Regierung sehr umsichtig tätig. An der Spitze darf ich den Herrn Landeshauptmann erwähnen, der rechtzeitig erkannt hat, dass wir den Schwerpunkt Tourismus, Thermal-Tourismus ausbauen müssen, und dies ist, Gott sei Dank, mit Hilfe von EU-Geldern, Ziel-1-Projekten auch bestens gelungen.

Wir haben in den letzten Jahren Technologiekompetenzzentren vom Norden bis zum Süden installieren können und dabei nicht vergessen, dass es, auch entsprechend den Forschungsprogrammen der Europäischen Union, wichtig ist, die so genannte wissenschaftliche, universitäre Forschung zu verbinden mit der praxisorientierten, mit der so genannten angewandten Forschung. Hier gibt es durchaus auch schon sehr gute Beispiele und Projekte, wo uns das gelungen ist.

Der Herr Landeshauptmann hat ferner angeführt, wie wichtig die Infrastruktur für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist. Leider ist es uns bisher nicht gelungen, die so genannte Nord-Süd-Achse sicherzustellen. Im Jahr 1996 konnten wir das zwar im Rahmen der großen TEN-Diskussion im Europäischen Parlament ins Gespräch bringen, aber es haben dann andere Prioritäten den Vorzug bekommen.


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Sehr erfreulich für uns Burgenländer ist natürlich – ich darf das jetzt über Parteigrenzen hinweg feststellen –, Herr Landeshauptmann, dass es Ihnen gelungen ist, nicht nur das Land sozusagen zu ordnen, zu verwalten und einer guten Entwicklung zuzuführen, sondern darüber hinaus auch das Land national und international gut zu vertreten.

Sie haben eben die Kompetenz, die Sie seit Jahren beim Finanzausgleich haben, erwähnt. Danke für diese programmatischen Erklärungen. Ich habe gesehen, unser ehemaliger Föderalismusminister Weiss hat fleißig mitgeschrieben, er wird sich diesem Thema sicherlich noch widmen.

Eines erscheint mir aber noch absolut erwähnenswert, nämlich dass es uns im Burgenland gelungen ist, landesweit viele allgemein bildende mittlere und höhere Schulen einzurichten. Damit ist es gelungen, bei den jüngeren und älteren Herrschaften das Bewusstsein zu erreichen, dass sie selbst ihr Schicksal in die Hand nehmen müssen und es nicht dem Staat oder anderen überlassen können. Deswegen auch zu Recht, Herr Landeshauptmann, Ihre Erwähnung, die direkte Demokratie, die plebiszitäre Demokratie auszubauen und die Leute mit in Verantwortung zu nehmen.

Ich darf abschließend sagen, es waren die letzten Jahre unter Landeshauptmann Stix eine gute Zeit für das Burgenland, in gemeinsamer Verantwortung mit der Österreichischen Volkspartei. Ich glaube, über Parteigrenzen hinweg namens meiner Partei sagen zu können, dass sich der Herr Landeshauptmann Respekt und Anerkennung verdient.

Ich darf nun mit einem Zitat schließen, ein wenig elegisch. Da muss man, so glaube ich, nicht Patriot sein – aber wer liebt nicht sein Land und sieht es auch ein wenig emotional? – Es gibt ein wunderschönes Buch über das Burgenland, das in den letzten Jahren herausgekommen ist. Ich zitiere in etwa wörtlich: Man muss dieses Land mögen, das walddunkle, stille, weinselige, sonnendurstige, süffige, das fruchtbare, saftige, frische Land. Die Schlichtheit, die Offenheit und die Vielfalt – die in meiner Rede etwas zu kurz gekommen ist, aber dankenswerterweise hast du das, Kollege Payer, sehr ausführlich erwähnt – machen dieses Land zu einer kleinen Unendlichkeit. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

9.58

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Grillenberger. Ich erteile dieses.

9.58

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich brauche nicht extra zu erwähnen, dass ich als Burgenländer stolz bin, heute unseren Landeshauptmann hier in unserer Länderkammer zu haben. Ich glaube, das zeigt die Würdigung dieser Kammer und dieses Hohen Hauses. Ganz besonders stolz bin ich natürlich darauf, dass Burgenland die Präsidentschaft übernommen hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Mein Vorredner hat die Dinge schon beim Namen genannt, und der Herr Landeshauptmann hat sie auch angesprochen. Das Burgenland ist das jüngste Mitglied der Republik Österreich. Der Herr Landeshauptmann hat das Land bei der 70-Jahr-Feier übernommen. Wir feiern nächstes Jahr "80 Jahre Burgenland", und ich glaube, nach diesen zehn Jahren können wir das Burgenland wieder als Herzeigeland vorweisen. Das Burgenland – das kann ich auch aus persönlicher Erfahrung sagen – war seinerzeit eines der Armenhäuser Österreichs. Die Burgenländer mussten auspendeln, sind nach Wien gekommen; ich selbst habe meine ersten Jahre in Wien verbracht.

Meine Damen und Herren! Wir Burgenländer haben uns nicht einmal zu reden getraut, weil es immer geheißen hat: Die kommen aus dem Burgenland, die "Burgenlandler" sind die Maurer! Sie haben Wien aufgebaut, und darauf sind wir stolz. Wir sind aus dem Süden gekommen, und wir alle haben auch in Wien gearbeitet. Wir sind fleißige Leute, das brauche ich nicht extra zu erwähnen, und durch diesen Fleiß und durch diese Redlichkeit hat sich das Burgenland ganz


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gut entwickelt, besonders in den letzten zehn Jahren. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Unser Landeshauptmann ist durch seinen sehr intensiven Einsatz in den letzten zehn Jahren – Beispiele dafür sind der Beitritt zur Europäischen Union, die Ostgrenze, Probleme an der Grenze, Erweiterung, der sehr intensive Kontakt mit unseren Nachbarländern – auch eine gefragte Person im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung. Er war einer der Ersten, die Kontakte mit unseren Nachbarstaaten bezüglich der EU-Osterweiterung aufgenommen haben.

In den letzten Jahren konnte in unserem Land die Zahl der Arbeitsplätze von 70 000 auf 83 000 erhöht werden. Wir haben moderne Arbeitsplätze, Arbeitsplätze im Technologiebereich geschaffen. Im Burgenland ist der Sitz von Nokia. In unserer Landeshauptstadt gibt es ein Technologiezentrum, das jetzt wieder erweitert werden wird, wodurch wieder neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Ich glaube, das ist ein positiver Beitrag des Burgenlandes für den föderalistischen Staat Republik Österreich.

Meine Damen und Herren! Wenn das Burgenland den Vorsitz in dieser Länderkammer führt, dann sind wir ganz besonders stolz, weil unser Johann Payer zum zweiten Mal die Präsidentschaft übernommen hat. (Allgemeiner Beifall.)

Wenn man mit Statistiken und Zahlen aufwarten würde, könnte man das Burgenland, das in den letzten Jahren auch in der Statistik aufgerückt ist, hervorheben. Herr Landeshauptmann! Sie als Kenner des Föderalismus haben auch immer einen wesentlichen Beitrag für diesen föderalistischen Staat, für unsere Republik Österreich geleistet.

Das Ziel-1-Gebiet wurde heute schon erwähnt. Ich möchte erwähnen, dass wir auch in der zweiten Periode ein Ziel-1-Gebiet erreicht haben, und die Vorbereitungen für die nächste Periode als Ziel-1-Gebiet sind getroffen. Die Weichen sind gestellt, dass unser Bundesland Burgenland auch weiterhin für den föderalistischen Staat einen Beitrag leisten wird, auch in Richtung EU-Osterweiterung.

Abschließend möchte ich sagen: Karl Farkas hätte gesagt: "Schauen Sie sich das an!" – Das Burgenland. Das ist mein Beitrag.

Herr Landeshauptmann! Danke für Ihr Kommen zu uns in die Länderkammer. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.03

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

10.03

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Kollegen und Kolleginnen! Zuerst möchte ich sagen, dass ich mich besonders freue, dass du, Herr Kollege Payer, wieder Präsident bist und mit deiner geschickten Hand die Geschicke leiten wirst. Herzlichen Dank, dass du es übernommen hast.

Zum Zweiten komme ich auf die Rede des Herrn Landeshauptmannes zu sprechen. Ich bin sehr froh, dass der Herr Landeshauptmann den Weg zu uns nicht scheut. Andere Landeshauptleute lassen sich nicht so oft, wenn überhaupt, hier in unseren Räumen sehen.

Der Herr Landeshauptmann ist sehr ausführlich auf die Erweiterung der EU eingegangen und betrachtet sie als großes Friedensprojekt. Er tritt leidenschaftlich für die Euro-Region ein.

Selbstverständlich treten auch wir für Ernsthaftigkeit im Zusammenhang mit der Erweiterung der EU ein: jeder auf seine Art, jeder mit seinem Programm, aber sicherlich jeder ehrlich von seiner Idee überzeugt. Demokratie ist, verschiedene Ideen zu einem Kompromiss zu bringen, zum gemeinsamen Guten.


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Herr Landeshauptmann! Sie haben die Haushaltskonsolidierung erwähnt. Ich glaube, das ist genauso wie die Bundesstaatsreform ein ganz wichtiger Punkt. Zur Bundesstaatsreform möchte ich nur sagen, Herr Landeshauptmann: Wir debattieren sie schon viel zu lange. Da gehören endlich Beschlüsse gefasst. Wenn Sie dazu beitragen können, dann erhalten Sie wahrscheinlich von allen Parteien, die hier in dieser Kammer vertreten sind, große Zustimmung.

Die Bundesstaatsreform sollte nicht nur zu einer Verwaltungsreform, sondern auch zu einer Budgetreform führen – das ist eines meiner Anliegen Herr Landeshauptmann –, denn auch die Budgets gehören föderalisiert. Die Landesregierungen müssen genauso wie die Gemeinden für ihre Ausgaben eigenverantwortlich sein. Das geht nur, wenn sie auch eigene Einnahmen haben. Deshalb finde ich es ganz hervorragend, wie Sie das hier dargestellt haben. Man soll diesen Prozess nicht behindern.

Kollege Linzer! Sie haben völlig Recht: Man muss dieses Land mögen. Kollege Grillenberger ist ein begeisterter Burgenländer. Ich glaube, wir alle sind begeistert vom Burgenland, denn es ist ein prachtvolles Land, das gelobt und geschont werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP und SPÖ.)

Wenn wir uns die Geschäftszahlen des Landes Burgenland anschauen, dann müssen wir feststellen, dass es natürlich einige Zahlen gibt, die uns weniger erfreuen. Leider Gottes ist die Sachgüterproduktion im letzten Jahr um 0,5 Prozent geschrumpft – das erfüllt den Landeshauptmann mehr mit Sorge als mich, der ich hier stehe; da im Bundesrat die burgenländischen Freiheitlichen noch nicht vertreten sind, möchte ich als Freiheitlicher die Interessen des Burgenlandes hier ausdrücken –, das wird aber durch den Dienstleistungsbereich kompensiert. Die Bilanz ist also durchaus nicht unerfreulich.

Vielleicht sollte man anmerken, dass die ungünstige Auftragslage auf wenig geglückte Akquisitionen in Drittstaaten zurückzuführen ist, da die Industrie die Vorteile der geographischen Nähe noch zu keinem intensiven Engagement in Ostmitteleuropa genutzt hat. Dieser Vorwurf richtet sich natürlich nicht an den Landeshauptmann direkt, sondern geht eher dahin, dass er der Industrie einen Push geben kann. Herr Landeshauptmann! Sie haben doch so viele und gute Beziehungen zur Industrie und zu den Wirtschaftsbereichen – wir kommen noch darauf zurück –, die Sie in diesem Zusammenhang durchaus nützen sollten.

Bei der Bauwirtschaft gab es im letzten Jahr leider einen Rückgang um 2,3 Prozent, aber heuer schaut es, so glaube ich, schon wieder etwas besser aus, und das ist erfreulich.

Bei den Übernachtungen von Ausländern gab es einen Rückgang um rund 2 Prozent. Er wurde aber durch die Zunahme der Übernachtungen von Inländern stark kompensiert. – Auch prima.

Bei der Beschäftigung ist es so, dass es eine ungeheuer starke Ausländerbeschäftigung gibt, und das sehe ich als Problem bei der EU-Osterweiterung, die wir alle, jedoch mit unterschiedlichen Geschwindigkeitsabsichten, betreiben, auf uns zukommen. Die Ausländerbeschäftigung hat um 5,6 Prozent zugenommen, die Inländerbeschäftigung aber nur um 1,3 Prozent. Das sind die Zahlen vom letzten Jahr, für heuer liegen natürlich noch keine gesicherten Zahlen vor.

Dass die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, ist erfreulich, aber trotzdem war im Vorjahr die Quote von 8,5 Prozent noch immer die höchste in Österreich. Wenn ich diese Arbeitslosenquote der Zahl der beschäftigten Ausländer gegenüberstelle, so stimmt mich das ein bisschen traurig, weil Inländer nicht so zur Arbeit im Burgenland aufgefordert werden, weil mehr Ausländer im Burgenland Arbeitsplätze finden.

Der Herr Landeshauptmann fordert Budgetkonsolidierung, sogar ein Nulldefizit. Kollege Grillenberger meint, man müsse die Dinge beim Namen nennen. Herr Landeshauptmann! Wenn wir die Dinge beim Namen nennen, kommen wir natürlich auf einige sehr unerfreuliche Zahlen und Fakten zu sprechen, die heute aus verständlichen Gründen, aus Loyalitätsgründen der Burgenländer gegenüber einem Burgenländer, noch nicht genannt wurden. Ich mache Kollegen Linzer wie auch Kollegen Grillenberger daraus keinen Vorhalt, sondern ich schätze deren Loyalität gegenüber dem von beiden Fraktionen gewählten Landeshauptmann.


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Mir, der ich kein Burgenländer bin, sondern heute nur Interessen als Fast-Prokurator wahrnehme, sind diese Reserven nicht auferlegt, und daher möchte ich doch einige Dinge beim Namen nennen.

Es gibt zum Beispiel eine Putenfarm – bei uns sagt man "Truthendl", aber es hat sich die "Pute" eingebürgert –, deren Problem es war, dass das Eigenkapital gefehlt hat. Laut Landeshauptmann Stix sollte die WiBAG Geld hergeben. Was ist passiert? – 200 Millionen Schilling sind verschwunden, und dieses Unternehmen ist Not leidend. Das kann einmal vorkommen.

Aber da gibt es einen zweiten Fall: Die Firma Wippel mit Sitz in Hornstein – der Herr Landeshauptmann kennt Hornstein sehr gut, da er dort wohnhaft ist, und auch Herrn Wippel, so glaube ich – hat von der Bank Burgenland einen Rahmenkredit, einen Gesamtkredit in der Höhe von 349 Millionen Schilling bekommen. Auch diese 349 Millionen Schilling sind nicht einbringlich – nicht einmal die Zinsen können gezahlt werden. – Das ist natürlich auch unerfreulich. (Bundesrat Prähauser: Das ist ähnlich wie beim Rosenstingl – natürlich auch nicht einbringlich!)  – Ja, solche Sachen gibt es überall, ich weiß das. (Heiterkeit.)

Dann: Der Chef des Freien Wirtschaftsverbandes im Burgenland – er heißt Schneeberger, er ist auch der Präsident der Wirtschaftskammer Burgenland, Mitglied des Aufsichtsrates der Bank Burgenland und Besitzer eines Fertigbetonwerkes – hat Baustellen in Wien beliefert, zufälligerweise Baustellen der Firma Hom-Rusch – jetzt haben wir es: Hom-Rusch steht heute eigentlich noch ein bisschen zur Debatte, nicht wahr? – Im Jahr 1995 ist auch wieder festgestellt worden, dass die Firma nicht zahlungsfähig oder nicht zahlungswillig ist – das ist nicht immer das Gleiche, nicht wahr?

Herr Schneeberger hat eben dafür gesorgt, dass die Kredite bei der Bank Burgenland für ihn sichergestellt waren. Das war für Herrn Schneeberger nicht so schwierig, weil er Aufsichtsrat der Bank Burgenland ist.

Oder, Herr Landeshauptmann, was war eigentlich am 21. März, als eine Sitzung des Aufsichtsrates der Bank Burgenland stattgefunden hat, die plötzlich unterbrochen wurde? – Warum, Herr Landeshauptmann, wurde die Sitzung ohne Begründung unterbrochen?

Kann es so gewesen sein, dass die Funktion von Herrn Gassner, der eigentlich für fünf Jahre wieder bestellt werden sollte, nur um ein Jahr verlängert wurde, weil die Vizegouverneurin der Nationalbank Tumpel-Gugerell gesagt hat: Nur ein Jahr!? – Aber das kann eigentlich auch nicht so geschehen, denn die Frau Vizegouverneurin wird sich einiges dabei gedacht haben, dass sie statt für fünf nur für ein Jahr eine sehr gequälte Zustimmung gab.

Herr Landeshauptmann! Warum hat man sich auf den Kompromiss geeinigt, Herrn Gassner für ein weiteres Jahr zu bestellen, obwohl man schon vorher gemerkt hat, dass er für die Geschäftsführung einer Bank eigentlich gar nicht so ideal ist? – Er hat einiges eingefahren, nicht wahr? – Wir kommen noch darauf.

Oder: Das Burgenland ist bekannt für sein "Vogelparadies", andere Leute sagen, es ist ein Paradies für Pleitegeier. – Zum Beispiel die Gebrüder Vogel haben sich an einer Firma Gulf Energy beteiligt – im Endeffekt waren das dann Durchlauferhitzer. Zum Schluss hat das das Land Burgenland 300 Millionen Schilling gekostet.

All das sind Beträge, die man zum Beispiel in die von Ihnen erwähnte Verkehrsinfrastruktur hätte investieren können, aber vielleicht auch in viele kleine Industrie- und Wirtschaftsbetriebe, wo die vielen Nullen hinter der Million nicht aufscheinen.

Sie haben anscheinend gerne große Industriebetriebe wie das Lyocell-Werk in Heiligenkreuz – das war das erste Ziel-1-Gebiet der EU im Burgenland –, für die hohe Zusagen von der EU vorhanden waren. Aber die burgenländische Kofinanzierung war ein interessanter Vorgang: Das Land Burgenland nahm zur Kofinanzierung der EU-Kredite einen Schweizer Kredit auf, das heißt, das Burgenland muss das zurückzahlen. Aber der Lyocell-Betrieb im Burgenland geht nicht gut – er hat Arbeitsplätze in Oberösterreich gekostet und im Burgenland nicht das Entspre


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chende gebracht. Die Technik betreffend Lyocell ist vielleicht hervorragend, aber diese Faser ist auf dem Weltmarkt nicht oder nur zu schlechten Preisen unterzubringen. (Bundesrat Grillenberger: Das ist nicht der letzte Stand der Informationen!) Der Herr Landeshauptmann notiert sich schon ein paar Gutpunkte, weil ich manche Dinge vielleicht nicht so tief schürfend erklärt habe. (Bundesrat Prähauser: Und auch nicht verstanden!)

Herr Landeshauptmann! Die Dinge sind eben ein bisschen peinlich, denn der zweite Kredit von der EU zum Ziel-1-Fördergebiet in der Höhe von 3,7 Milliarden Schilling soll wieder fremdfinanziert werden. Diese Fremdfinanzierungen zehren natürlich an der Liquidität – nicht nur der Banken, sondern auch des Landes Burgenland. Wenn Sie von Haushaltskonsolidierungen auf Republik-Ebene sprechen, dann, Herr Landeshauptmann, müssen Sie auch von der Haushaltskonsolidierung auf Landesebene sprechen.

Immerhin entspricht der Betrag, mit dem jetzt die Bank Burgenland verschuldet ist, etwa einem Drittel eines Jahresbudgets des Landes. Diese Gegenüberstellung ist gigantisch! Das Landesbudget beträgt ungefähr 9 Milliarden Schilling, und diese Bank hat etwa knapp 3 Milliarden Schilling auf Sand gebaut.

Das ist etwas, über das sich niemand freuen kann, insbesondere dann nicht, wenn der Landeshauptmann selbst von Budgetkonsolidierung auf Bundesebene spricht und nicht gleich dazusagt: Eigentlich möchte ich das auch für mein Bundesland haben! – Herr Landeshauptmann! Das müssten Sie dazusagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Abfluss der Einlagen in den letzten Wochen beträgt 600 Millionen, und das ist natürlich gigantisch.

Herr Landeshauptmann! Sie sind der Eigentümervertreter und haben jahrelang Kredite an die HOWE-Gruppe vergeben. Bei einem Jahresbudget in der Höhe von 9,5 Milliarden Schilling 3,4 Milliarden von einer landeseigenen Bank an eine Unternehmergruppe zu geben, und zwar ohne Sicherheiten, ist eigentlich ungeheuerlich. – Es sind jetzt zwar Landesgarantien mit zehnjähriger Laufzeit gegeben worden, aber wer sagt, dass diese Landesgarantien halten werden, dass die Bank dieses Geld hereinbringen kann? – Wir sehen da enorme Probleme!

Was machen wir dann, wenn die Inanspruchnahme der Garantien beziehungsweise der Haftung nicht nur die Bewohner des Landes Burgenland finanziell in Mitleidenschaft zieht, sondern vielleicht sogar die ganze Republik Österreich? Was machen wir, wenn das Land Burgenland nicht mehr seinen Anteil zur Einhaltung des innerösterreichischen Stabilitätspaktes beitragen kann, Herr Landeshauptmann? Wer trägt die Verantwortung, Herr Landeshauptmann? – Sie sind der höchste Mann und der Landesfinanzreferent im Burgenland und Eigentümervertreter bei der Bank Burgenland!

Sie haben ohne Ausschreibung einen Prokuristen der BEWAG ernannt, nämlich Ihren Sekretär! Hat er die Befähigung? Haben Sie als Landeshauptmann tatsächlich die Befähigung, als Eigentümervertreter einer Bank zu agieren?

Herr Landeshauptmann! Wissen Sie, wozu § 27 BWG verpflichtet, wenn man nicht ausreichend über die Werthaltigkeit und Durchsetzbarkeit von Sicherheiten informiert ist? – Wenn keine ausreichenden Verwaltungs-, Rechnungslegungs- und Kontrollverfahren in ihrer Bank eingerichtet wurden, die für die Erfassung und Beurteilung der bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risken erforderlich gewesen wären, wenn man die Bestimmungen des § 22 BWG hinsichtlich der erforderlichen Eigenmittel massiv verletzt und nicht zuletzt auf massive Hinweise auf die Uneinbringlichkeit von gewährten Krediten nicht reagiert, Herr Landeshauptmann, dann stimmt uns das mit Sorge!

Sie haben nicht einmal die Warnungen gewisser Medien – zum Beispiel im Jahr 1993 des "Kurier" – oder ein Schreiben der Interessengemeinschaft aus ehemaligen Mitarbeitern der Firma HOWE berücksichtigt. Aber im Jahre 1996 meinten Sie im Landtag: Nein, es gibt keine Anzeichen dafür, dass solche Beträge oder kleinere Beträge der Bank Burgenland uneinbringlich sind. Die Entwicklung der Bank ist beruhigend. – Na, diese Ruhe, diesen guten Schlaf


Bundesrat
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möchte ich haben, Herr Landeshauptmann! Das ist sehr ungemütlich; ich glaube, Sie haben auch nicht gut geschlafen, wenn ich Sie ganz menschlich ansprechen darf.

Auch die Prüfung der Bank Burgenland durch die Oesterreichische Nationalbank führte nicht dazu, Herr Landeshauptmann, dass Sie Herrn Gassner – er ist, so glaube ich, ein persönlicher Freund von Ihnen – von der Funktion des Vorstandsvorsitzenden abberufen haben. Vielmehr verlangten Sie eine Verlängerung seines Vertrages – und da hat sogar die Nationalbank interveniert.

Wie stark ist eigentlich das Zusammenspiel der Interessen des Kreditnehmers Hom-Rusch – oder wie er auch heißen mag – und der Freundesinteressen und von dem Vertreter des Herrn Landeshauptmannes, nämlich von diesem Herrn Gassner? – Ich bin überzeugt davon, auch Sie kannten Herrn Hom-Rusch – oder wie auch immer er heißen mag.

Es ist doch eine Ironie des Schicksals, Herr Landeshauptmann, dass Sie trotz vorliegender Fakten bis zuletzt ein Kreditproblem der Bank Burgenland noch in Abrede stellten. Wie konnten Sie das guten Gewissens tun? Haben Sie gemeint, sich über die Landtagswahlen hinweg durchsetzen zu können, oder haben Sie gemeint, dass sich im Burgenland ein Wunder von Lourdes ereignet, welches die Schulden zum Verschwinden bringt oder Herrn Hom-Rusch plötzlich wieder liquid macht?

Trifft es zu, Herr Landeshauptmann, dass das Land Burgenland für die größte Bank des Landes haftet? – Ich glaube, diese Frage kann man nur mit Ja beantworten.

Wie beurteilen Sie, Herr Landeshauptmann, die durch das Land Burgenland gegebenen Garantien? Werden sie halten, Herr Landeshauptmann? (Zwischenruf des Bundesrates Grillenberger. )

Was bedeutet es für den Steuerzahler, wenn die Bank Burgenland ihre Kreditprobleme aus eigener Kraft nicht bewältigen kann und somit die Garantie des Landes Burgenland in Anspruch genommen werden muss? Heißt das, dass die Bürger des Landes mehr Steuer zahlen werden, oder heißt das, dass die von Ihnen angeregten Infrastrukturinvestitionen zurückgestellt werden müssen?

Welche Aufgabe hat der Aufsichtskommissar des Landes, und in welchem Zeitraum waren Sie, Herr Landeshauptmann, als Aufsichtskommissar tätig?

Trifft es zu, dass Sie als Aufsichtskommissar den meisten Sitzungen des Aufsichtsrates fernblieben? Warum? Warum haben Sie solch ein Amt übernommen und blieben dann diesen Sitzungen fern? (Bundesrat Grillenberger: Ist das eine Fragestunde?)

Wann haben Sie als Folge der Warnungen die Bankenaufsicht um Überprüfung gebeten? Warum haben Sie, Herr Landeshauptmann, nicht um Prüfung der Bank Burgenland durch die Bankenaufsicht und die Nationalbank ersucht?

Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass es in der Bank Burgenland keine eigene Risikomanagementstelle gab? – Ich halte es für ungeheuerlich, dass es eine Bank gibt, die keine Risikomanagementstelle aufweist!

Gibt es einen als äußerst dubiosen Grundschuldbrief bezeichneten Schriftakt in der Höhe von 900 Millionen Schilling als Sicherheit?

Herr Landeshauptmann! Welche persönlichen Gründe haben Sie wirklich, für diesen Herrn Gassner zu intervenieren? – Sie sagten: Modernisierungsprozess nicht behindern, Reformen nicht behindern, Bürger fordern ihre Rechte. – Jawohl, die Bürger fordern ihre Rechte, und ich stehe jetzt als Pseudo-Burgenländer hier und fordere für die Burgenländer das Recht ein, endlich Auskunft von Ihnen zu bekommen!

Das österreichische Defizit ist groß, das burgenländische Defizit ist sicherlich adäquat größer.


Bundesrat
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Sie verlangen einen paktierten Finanzausgleich. Ein Finanzausgleich mit einem Land, welches so schlecht mit seinen Finanzen umgeht, erschwert dem Finanzminister eine Planung über Jahre, und zwar unter Einbeziehung des Landes Burgenland. (Rufe bei der SPÖ: Kärnten!)

Sparen, sagen Sie, bedeutet sparen. Herr Landeshauptmann! Sparen bedeutet sparen. – Ich bitte Sie: Stehen Sie dem Sparen und der Entwicklung des Burgenlandes nicht im Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.24

Präsident Johann Payer: Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache darauf aufmerksam, dass sich die Klubs eine freiwillige Redezeitbeschränkung ausgemacht haben. – Es waren jetzt 20 Minuten. Ich bitte die Redner, sich an das rote Licht zu halten.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Landeshauptmann Karl Stix. – Herr Landeshauptmann, bitte.

10.24

Landeshauptmann von Burgenland Karl Stix: Hoher Bundesrat! Ich werde keine Burgenland-Debatte und keine Bank-Debatte mit Ihnen führen, denn ich müsste Ihnen sagen, dass Sie eine sehr einseitige Information haben, die auch nicht bestätigt werden wird. Der Untersuchungsausschuss wird relativ deutlich zeigen, dass das, was der Klubobmann Ihrer Partei im Burgenländischen Landtag sagt, auch wenn er es immer wieder sagt, nicht wahrer wird; wenn er es lauter sagt, wird es auch nicht wahrer. Sie haben jetzt Einschauberichte zitiert. Wenn man die Stellungnahmen dazu lesen würde, dann würde man das sehr bald erkennen.

Sie sagen: intervenieren. – Ich könnte die Frage an Sie zurückgeben: Wie erklären Sie sich, dass an dem Tag, als im Nationalrat die Dringliche Anfrage des Abgeordneten Westenthaler behandelt wurde, von der APA eine Voraus-Aussendung der Antwort des Herrn Bundesministers Grasser erfolgte, deren Überzeile lautete: Stix hat nicht interveniert!, und warum ist dann – das ist die Frage, die ich Ihnen stellen könnte; ich stelle sie nicht – im Nationalrat genau dieser Satz in einer holprigen Beantwortung ausgelassen worden? – Das sind Fragen, die man sich auch stellen könnte.

Sie selbst wissen, dass die Nationalbank keine Kompetenz hat, über irgendeine Vorstandsentscheidung mitzureden, sondern dass die Nationalbank von der Bankenaufsicht, vom Finanzministerium beauftragt ist, einen Bericht zu erstellen.

Herr Bundesrat! Unter uns gesagt: Glauben Sie wirklich, dass damals, im März des Jahres 2000 – ob nun am 21. oder 29. –, der damalige und jetzige Bundesminister für Finanzen dem sozialdemokratischen Landeshauptmann des Burgenlandes eine Gefälligkeit tun wollte? – Ich gehe davon aus: Nein.

Sie hätten es leichter, mir das zu unterstellen, wenn zu diesem Zeitpunkt noch mein Freund Rudolf Edlinger Finanzminister gewesen wäre. So aber brauchen Sie nur Herrn Bundesminister Grasser zu fragen, und er wird das bestätigen, was auch in der APA voraus ausgesendet wurde, nämlich dass es keine Intervention gab, dass es sehr wohl aber Gespräche mit der Bankenaufsicht und mit der Nationalbank über diesen Bericht gab, der ein sehr ernster Bericht ist und dazu geführt hat, dass ein völlig neuer Vorstand bestellt wurde, dass Herr Generaldirektor Gassner als Übergang bestellt wurde, was auch vom Finanzministerium als sehr vernünftig angesehen wurde. All das könnte man Ihren Ausführungen entgegenstellen, ich möchte das aber nicht tun.

Worum es mir geht, ist aber schon eine sehr ernste Sache: Sie sagen, dass das Burgenland durch die Kofinanzierung eine Schuldenlast auf sich genommen hat. – Das ist richtig und wird überhaupt nicht bestritten. Ich hätte es aber viel lieber gehabt, wenn die Bundesregierung, als wir Mitglied der Europäischen Union wurden, die Anerkennung als Ziel-1-Gebiet bekommen haben und die Europäische Union dafür 2,5 Milliarden Schilling zur Verfügung gestellt hat, nicht verlangt hätte, dass es eine Kofinanzierung des Landes gibt.


Bundesrat
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Glauben Sie mir: Ich habe damals diesbezüglich lange verhandelt – mit dem Finanzminister, mit dem Außenminister, mit dem Bundeskanzler, mit dem Wirtschaftsminister; ich sage das in keiner Weise auf eine politische Partei zugeschnitten. Wir mussten erkennen, dass die Bundesregierung auch schon gewusst hat, welche Diskussionen es auch unter den Bundesländern gab, dass das Burgenland nicht nur 2,5 Milliarden Schilling von Brüssel bekommt, sondern auch Österreich den gleichen Betrag als Kofinanzierung bereitstellen muss. Da war die Vereinbarung, dass ein Teil davon das Land selbst tragen muss. Darin gebe ich Ihnen Recht.

Wenn Sie sich einmal ansehen würden, wie die Steuerrückflüsse aus diesen Investitionen gelaufen sind, würden Sie die Ungerechtigkeit leicht feststellen können: Marginal gehen die Steuererträge in die Kasse des Landes, schon viel mehr – vor allem bei Tourismusbetrieben und Betrieben mit vielen Beschäftigten – in die Kommunen, der große Steuerrückfluss kommt aber zum Bund. – Dies ist auch Thema einer Diskussion, die wir gegenwärtig führen, weil wir sagen, es sollte eigentlich die Last der Kofinanzierung doch auch in jener Relation getragen werden, in der die jeweiligen Gebietskörperschaften am Steuerertrag dieser Betriebe partizipieren. Derzeit ist es so, dass die Länder den geringsten Steuerertrag haben, aber eine gleich hohe Investitions-Kofinanzierung aufbringen müssen.

Zum Landeshaushalt: Wenn Ihnen Ihr Informant auch die Budgetrede zum Budget des Jahres 2000 samt Budgetplanung bis zum Jahre 2006 geschickt hätte, dann könnten Sie sehen, dass die Regierung, und zwar beide Partner der Regierung, in Erkennen jener Haushaltsprobleme, die bestehen, festgelegt hat, dass zwar nicht im Jahre 2000, weil es da immerhin fast 150 Millionen Schilling an Steuerausfällen auf Grund des Familienpaketes und der Steuerreform gibt – dazu bekennen wir uns –, aber im Jahre 2001 und folgende im ordentlichen Haushalt ein ausgeglichenes Budget eingefahren werden wird. Das wird auch geschehen. Wir werden den ordentlichen Haushalt ausgeglichen gestalten.

Nächster Punkt: Wir suchen nach anderen Finanzierungsformen, um die Kofinanzierung im außerordentlichen Haushalt für die Periode 2000 bis 2006 darstellen zu können. Wenn ich das jetzt umdrehen würde, dann müsste ich sagen, diese 13 Milliarden Schilling an Investitionen in die Wirtschaft und Infrastruktur des Landes sowie jene 20 Milliarden Schilling, die in den Jahren bis 2006 investiert werden sollen, sind ein wichtiger Beitrag dafür, dass im Burgenland Beschäftigung geschaffen wird, dass im Burgenland moderne Arbeits- und Wirtschaftsformen entstehen. Ich bin Ihnen auch dankbar für den Hinweis auf die Sachgüterproduktion. Das ist der Effekt der Strukturveränderung, weil wir nicht in alte verlängerte Werkbänke investiert haben, sondern in moderne Telekommunikation und die Forschung. Das sind andere Arbeitsformen. Das ist der Beitrag, den wir leisten, um diese Erweiterung erfolgreich bewältigen zu können.

Damit zu Lyocell. Es ist verständlich, wenn man in Oberösterreich zu Hause ist, dass man das Thema Lyocell anders sieht. Ich gehe davon aus, dass das Management der Firma Lenzing Recht hat. Diese sagen, wir sind durch großartige Kooperationen und erfolgreichen Verkauf an die Kapazitätsgrenze gelangt, sodass wir wahrscheinlich noch im Jahr 2000, spätestens aber im Jahr 2001 die Erweiterungsinvestition vornehmen müssen, weil wir mit dieser verkauften Menge an die Produktionsgrenze gestoßen sind.

Ich glaube, all das ist einer Diskussion im Bundesrat nicht dienlich, weil der Bundesrat andere Fragen diskutiert, aber ich sage Ihnen, dass wir natürlich auch am Standort in Heiligenkreuz erkennen müssen – damit sind wir bei der Frage –, dass dort die Lage etwas schwieriger ist. Das ist darauf zurückzuführen, dass dieser Standort verkehrsmäßig schlecht angebunden ist, dass daher wichtige Verkehrsinfrastrukturinvestitionen notwendig sind. (Bundesrat Steinbichler: Herr Landeshauptmann! Ich darf einwenden, dass es für den Standort Lenzing nicht sehr ...!)

Ich habe gesagt, wenn man die Situation in Lenzing sieht. Aber auch da müsste eine ehrliche Diskussion geführt werden. Es gab zwei Standorte, die zur engerer Wahl standen. Das waren Schwarza in Thüringen, weil Ziel-1-Gebiet, und das Burgenland. Immer öfter kommen Investitionswillige, schauen sich über das Internet die möglichen Standorte an und sagen, da gibt es jetzt zum Vergleich in Österreich auch Standorte, aber nur im Burgenland, weil nur dort Österreich in der Lage ist, eine vergleichbare Förderung anzubieten wie in anderen Ziel-1-Gebieten.


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Ich bin aber bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass wir die Regional- und Kohäsionspolitik in der Europäischen Union überdenken sollten. Ich glaube, da tut sich eine neue Perspektive auf, und spätestens bei der Erweiterung der Europäischen Union kann dieses System, wie auch das System der Gemeinsamen Agrarpolitik so nicht weitergeführt werden. Das ist aber jetzt Rechtszustand, und daher gebe ich Ihnen in diesem Punkt schon Recht. Aber Sie werden verstehen, dass wir froh darüber sind, dass wir auf dem Industriestandort Lyocell eine modernste Faser produzieren, wovon wir uns erwarten, dass im Gefolge dieses Erfolgsinvestitionsvorhabens auch andere Investoren kommen und eine regionale Aufwärtsentwicklung herbeiführen. All das, Herr Bundesrat, müsste man auch in Rechnung stellen.

Nächster Punkt: Die Bank Burgenland ist von einem der größten Kriminalfälle Österreichs betroffen. Das ist bedauerlich, niemand bedauert das wahrscheinlich mehr als ich. Niemand ist mehr daran interessiert als ich, dass die Justizbehörden dort alles zuoberst kehren und die Verantwortlichen finden. Ich war weder Aufsichtsrat noch im Vorstand, ich habe nie eine derartige Funktion in dieser Bank innegehabt, daher sind auch die übrigen Fragen klar zu beantworten. Worum es uns geht, ist, dass dieser Fall aufgeklärt wird, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden und ein gerechtes Urteil erfahren.

Zuletzt möchte ich anmerken, wir haben angesehene Wirtschaftsprüfungsexperten, die in ihrem Gutachten festgestellt haben, dass, wenn man von diesem Kriminalfall absieht, die Bank Burgenland eine derart gute Substanz und große Ertragskraft hat – im Hinblick darauf, dass man in dieser Region, Burgenland und Westungarn, auch eine Perspektive in der wirtschaftlichen Entwicklung hat –, dass sie in der Lage dazu ist, jährlich so viele Gewinne zu erzielen, dass sie den weitaus größten Teil dieses Schadens aus eigenen Gewinnen finanzieren kann. Das ist gutachtlich bestätigt, und im Übrigen bereiten wir die Vollprivatisierung dieser Bank zum richtigen Zeitpunkt vor. (Bundesrat Mag. Gudenus: Warum haben Sie so lange gewartet?)

10.36

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. – Bitte.

10.36

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrte Frau Dr. Schaumayer! Hohes Haus! Ich bin auch Wiener und kein Burgenländer, habe aber wie so viele Wiener im Burgenland viele nette Stunden verbracht, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. Aber ich kenne dieses Bundesland. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich möchte (Bundesrat Konecny: Im günstigsten Fall ist das ein Promillegeständnis!) anlässlich des Besuchs des Herrn Landeshauptmannes hier im Bundesrat auch nicht die Leistungen schmälern, die für die Entwicklung des Burgenlandes in den letzten zehn Jahren angeführt worden sind. Ich meine, als Politiker, der eine solch lange Geschichte hat wie Sie, ist man natürlich dazu bereit, die Verantwortung für das Positive zu übernehmen, aber genauso gehört es auch dazu, dass man die Verantwortung für jene Dinge übernimmt, die weniger angenehm sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich, auch wenn es die Geschäftsordnung des Bundesrates nicht vorsieht, dass Sie auf Fragen antworten müssen, doch vier knappe Fragen an Sie richten.

Erstens: Es würde mich interessieren, welcher finanzielle Schaden Ihrer Meinung nach für das Land Burgenland im Zusammenhang mit dem zuvor diskutierten Kriminalfall entstanden ist.

Zweitens: Stimmt es, dass Sie die Wiederbestellung des Herrn Gassner wollten?

Drittens: Haben Ihrer Ansicht nach die bestehenden Kontrollmechanismen in Ihrem Bundesland versagt?

Und viertens: Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um einen ähnlichen Skandal in Ihrem Bundesland in Zukunft zu verhindern?


Bundesrat
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Ich glaube, dass das Fragen sind, die nicht nur die Bevölkerung im Burgenland interessieren, sondern die auch für eine zweite Kammer, wie das die unsrige hier im Parlament ist, von Interesse sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.39


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 39

Präsident Johann Payer:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. – Bitte.

10.39

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Der Landeshauptmann des Burgenlandes hat in professioneller Art, wie ich meine – oder auf seine Art –, die burgenländische Position und somit auch eine Länderposition vorgetragen. Er hat Themen angesprochen wie den Föderalismus, den Finanzausgleich, die EU-Osterweiterung und vieles mehr.

Meine Damen und Herren! Man kann vieles von dem Gesagten des Herrn Landeshauptmannes unterstreichen; betreffend die Aussagen des Herrn Landeshauptmannes wird es entscheidend sein – das ist auch angeklungen –, dass eine Kooperation zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften stattfindet.

Meine Damen und Herren! Bei dieser Kooperation wird es natürlich auf die positiven Synergien, die zu nützen sind, ankommen. Diese Zusammenarbeit bringt auch Vorteile, die es zu nützen und zu lukrieren gilt. Es ist daher erforderlich, dass bei einer Kooperation alle Beteiligten ihre Situation und ihre Position offen legen. Aus diesem Grund hat auch die neue Bundesregierung die Finanzsituation ehrlich offen gelegt. Das ist ein politisches Erbe, bei dem sich viele durchaus überlegt haben, ob es das wert ist, dieses auch anzutreten.

Meine Damen und Herren! So hat auch die neue Bundesregierung mutig Reformen eingeleitet, alle Gebietskörperschaften zur Mitarbeit eingeladen und vor allem mit eingebunden. Somit hat die so genannte Sanierungspartnerschaft, sprich Bundesregierung, ihre Position klar dargelegt. Jetzt sind natürlich die Länder am Zug. Es ist deshalb auch begrüßenswert, dass heute ein Landeshauptmann in der Länderkammer zu uns spricht und die Situation sowie die Position seines Landes darlegt. Aber, meine Damen und Herren, es wird notwendig und wichtig für diese Kooperation sein, dass Sie, Herr Landeshauptmann, die Länderkammer, die Gebietskörperschaften informieren, und zwar nicht darüber, welche Ihre Programme für die EU-Osterweiterung sind, sondern darüber, wie Ihre burgenländische Bevölkerung dazu steht.

Herr Landeshauptmann! Sagen Sie uns: Wie sieht die Situation im Burgenland bei den illegalen Grenzübertritten aus? Wie wird diese Problematik in Ihrem Land bewerkstelligt?

Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Landeshauptmann vorhin gesagt hat, er will keine Bank Burgenland-Debatte führen, so ist es verständlich, dass er darüber nicht reden will. Wir, die Länderkammer, und vor allem die Bevölkerung haben jedoch, so glaube ich, ein Recht darauf, informiert zu werden.

Meine Damen und Herren! Ich darf daher auch ein paar Fragen an den Herrn Landeshauptmann richten. Herr Landeshauptmann! Informieren Sie uns, wie es überhaupt zu diesem Finanzdesaster der Bank Burgenland kommen konnte! Sagen Sie uns Folgendes: Inwieweit trifft dieses Finanzdebakel das Land Burgenland? Wer haftet, wie weit geht die Haftung des Landes? Welche Rolle haben Sie als Eigentümervertreter – nicht als Aufsichtsrat, sondern als Eigentümervertreter – in diesem Finanzdebakel gespielt?

Herr Landeshauptmann! Legen Sie die Situation in dem Sinne offen, wie ich es eingangs erwähnt habe, nämlich in einer gedeihlichen Kooperation der Gebietskörperschaften! Legen Sie das offen, damit diese positiven Synergien genützt werden können! Herr Landeshauptmann! Die Bevölkerung hat ein Recht darauf! Legen Sie daher alles offen, damit die Kooperation zwischen den Gebietskörperschaften, von der Sie gesprochen haben, auch in Hinkunft funktionieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.43

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. – Bitte.

10.44

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Frau Dr. Schaumayer! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gudenus hat in seinem ausgedehnten Redebeitrag Herrn Landeshauptmann Stix Bemühungen um die Umsetzung der Bundesstaatsreform zugute gehalten. Er hat dem dann allerdings Argumente nachgeliefert und das Ganze auf eine Ebene der Auseinandersetzung gebracht, die erklärt, warum wir hier zu keinen Fortschritten kommen, denn das, was wir brauchen, ist eine sachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema – auch hier im Bundesrat! – und keine parteipolitische Akzentuierung. Darunter haben wir lange genug gelitten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte weiters ganz deutlich sagen, dass es natürlich zur Diskussionskultur gehören muss, dass sich auch ein Landeshauptmann, wenn er eine Erklärung abgibt, kritischen Fragen stellen muss. Ich habe nur sehr dezidiert etwas dagegen, dass wir den Eindruck erwecken, es gebe eine Rechenschaftspflicht der Landeshauptmänner gegenüber dem Bundesrat. Diese Rechenschaftspflicht besteht gegenüber den Landtagen, im konkreten Fall gegenüber dem Burgenländischen Landtag und dem von diesem eingesetzten Untersuchungsausschuss. Wenn wir diese Ebene der Diskussion fortführen würden, würden wir uns zu Recht dem Vorwurf aussetzen, wir maßen uns Zuständigkeiten der Landtage an und greifen in deren Zuständigkeiten ein. Das halte ich für keinen guten Weg für den Bundesrat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der Herr Landeshauptmann hat schon darauf hingewiesen, wie sehr heute Fragen der Staatsorganisation im Zusammenhang mit der Budgetsanierung gesehen werden. Ich möchte in Bekräftigung dessen, was auch der Vorarlberger Landeshauptmann dazu gesagt hat, bemerken, man sollte sich hier vor übertriebenen Erwartungen hüten, denn die Kosten der Staatsorganisation sind weniger durch die Tätigkeit der Verwaltung, durch den Einsatz der Beamten und so weiter geprägt, sondern durch die Regelungsdichte, die dieser Verwaltung vorgegeben wird, und zwar in einem weitaus höherem Maße als in vergleichbaren Staaten. Für die Kosten der Verwaltung ist es nicht so sehr maßgeblich, ob ein bestimmtes Gesetz vom Nationalrat oder vom Bundesrat beschlossen wird, maßgeblich ist der Inhalt, der diesem Gesetz beigegeben wird.

Nun spricht manches dafür, dass in einigen Bereichen ein Landesgesetzgeber eine etwas maßgeschneiderte, regional angepasste und daher schlankere Regelung finden mag und insoweit einen Beitrag zur Sparsamkeit und Bürgernähe leistet, aber maßgeblich ist letztlich, welcher Inhalt der Verwaltung mit den Gesetzen vorgegeben wird. Da kann man nahtlos an das anschließen, was wir bei vielen Gesetzen hier diskutieren, da wird vielfach unbedacht und ohne Zur-Kenntnis-nehmen-Wollen der Folgewirkung von Gesetzen die Regelungsdichte immer wieder erhöht.

Für die finanziellen Auswirkungen maßgeblicher ist schon die Frage, wo und von wem Gesetze vollzogen werden. Hinsichtlich der Verwaltungskosten werden in Österreich häufig – auch in der jetzt geführten Diskussion – die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz als nachahmenswerte Beispiele niedrigerer Verwaltungskosten angeführt – aus einem ganz einfachen Grund, wie ich meine, weil dort Bundesgesetze in erster Linie von den Ländern und Gemeinden vollzogen werden, an Ort und Stelle, dort, wo die Probleme entstehen.

In Österreich haben wir eine andere Situation. Wir haben in den Ländern parallel zu den Landesbehörden tätige Bundesbehörden in großer Zahl; das sind Doppelgleisigkeiten, die der Bund bereinigen könnte. Wir haben aber auch viele operative Verwaltungstätigkeiten in den Ministerien, die dort nicht sein müssten. Es gibt natürlich auch Verwaltungsentscheidungen, die zentral getroffen werden müssen. Ich nenne etwa nur das Beispiel der Medikamentenzulassung; da wäre es unsinnig zu sagen, das machen Landesbehörden. Aber der Bestand dessen, was in den Ministerien noch an Regelungsbefugnissen in Einzelfallentscheidungen verteidigt wird, ist viel zu hoch, unvergleichbar hoch mit dem, was in Deutschland oder in der Schweiz Zentral


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stellen wahrnehmen. Da liegt wegen der Masse der Tätigen das tatsächliche Einsparungspotenzial.

Noch ein kurzes Wort zum Finanzausgleich. Es wurde auch hier davon gesprochen, dass wir keinen diktierten, sondern weiterhin einen paktierten Finanzausgleich wollen. Dass man auf diesen Gegensatz kommen kann, ist letztlich nur die Folge davon, dass es sich um ein einfaches Bundesgesetz handelt, das im Rahmen weiter Vorgaben des Finanzverfassungsgesetzes mit einfacher Mehrheit im Nationalrat über die Köpfe der Länder und Gemeinden hinweg beschlossen werden könnte. Die Länder sind durch den Bundesrat und das Zustimmungsrecht bei Eingriffen in bestimmte Verfassungsrechte in der Wahrung ihres verfassungsrechtlichen Existenzminimums geschützt, nicht hingegen bei der Wahrung ihres finanziellen Existenzminimums.

Daher möchte ich auf die vom Bundesrat selbst schon mehrfach artikulierte Forderung zurückkommen, dass auch der Finanzausgleich der Zustimmung des Bundesrates bedürfen soll. Wir haben diesen Wunsch hier schon vielfach einstimmig beschlossen. In letzter Zeit war es der SPÖ-Fraktion nicht mehr möglich, sich dieser Forderung anzuschließen, jetzt sieht die Welt ein wenig anders aus, vielleicht können wir in diesem Punkt wieder zu der früher einvernehmlich eingenommenen Position zurückkehren. Ich würde mich sehr darüber freuen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.49

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Landeshauptmann Karl Stix. – Bitte, Herr Landeshauptmann.

10.50

Landeshauptmann von Burgenland Karl Stix: Hoher Bundesrat! Ich habe es sehr ernst genommen, was Herr Vizepräsident Weiss über das Fragerecht gesagt hat. Es ist richtig, und das ist auch das, was ich gesagt habe. Ich möchte diese Diskussion nicht hier führen. Es gibt einen Untersuchungsausschuss des Burgenländischen Landtages, und ich habe mich, alle Tücken eines Untersuchungsausschusses kennend, von Anfang an für die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses ausgesprochen, weil ich tief davon überzeugt bin, dass zwei Dinge geschehen müssen:

Erstens muss dieser strafrechtlich relevante Fall präzise im Sinne unserer Rechtsordnung untersucht werden. Da werden viele Fragen, die man sich heute stellt, hoffentlich auch beantwortet werden können.

Die dafür Verantwortlichen – wer immer sie sind und wo immer sie sitzen – werden dort, zweitens, zur Verantwortung gezogen werden müssen. Dabei wird es nicht leicht zu übersehen sein, dass die Bank Burgenland eine Aktiengesellschaft ist und dass das Aktienrecht klare Zuständigkeiten regelt, nämlich im operativen Bereich den Vorstand und als Kontrollinstrument den Aufsichtsrat. Bei jenen Geschäftsfällen, bei denen der Aufsichtsrat zustimmen muss, besteht zudem eine über das Aufsichtsrecht und über die Aufsichtspflicht hinausgehende Verantwortung und Haftung.

Drittens wird die Frage zu beantworten sein: Was ist wirklich mit dem BWG und dem darin verschärften Auftrag an die Bankprüfer, an die Wirtschaftsprüfer? – Denn all diese Fälle, die jetzt gerichtsanhängig sind, sind im Vorstand, der aus drei Personen besteht – und nicht aus einer! –, einstimmig beschlossen worden, und jeder Antrag an den Aufsichtsrat war ein einstimmiger Antrag des Vorstandes und wurde im Aufsichtsrat einstimmig beschlossen.

Ob der Vorstand nun dem Aufsichtsrat alle bezughabenden Unterlagen zugänglich machte oder nicht, wird gegenwärtig untersucht. Es ist jedoch auch eine weitere Frage zu beantworten. Jede einzelne dieser Unterlagen wie etwa die Bilanz hat den uneingeschränkten Prüfungsvermerk, und in dem von Ihnen genannten Zeitraum gab es den Bericht der Nationalbank, gab es die Bankaufsicht. Dabei stellte sich immer nur die Frage nach dem Ausmaß der erforderlichen Rückstellungen.


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Der Kriminalfall ist in Wirklichkeit am 29. Mai dieses Jahres transparent geworden und den Organen am 2. Juni mitgeteilt worden. Daher muss man die Ereignisse vor dem 2. Juni und jene nach dem 2. Juni in der Bewertung schon unterschiedlich sehen. Das zu untersuchen, ist Auftrag und Aufgabe der Justizbehörden, welche das, wie ich hoffe, mit aller gebotenen Gründlichkeit tun werden. Wie weit dieser Fall zurückreicht und wie all das entstanden ist, wird Gegenstand genau dieser Untersuchungen sein.

Zur Frage der Bestellung des Vorstandes: Der Aufsichtsrat hat die Wiederbestellung des Vorstandes ausgeschrieben, weil die Fünfjahresfrist abgelaufen ist – zu einem Zeitpunkt, als die Prüfung durch die Nationalbank erst begonnen und der Aufsichtsrat daher von deren Ergebnis nicht einmal im Ansatz Informationen hatte. Deshalb war die Ausschreibung darauf abgestellt, dass der Vorstand für eine weitere Fünfjahresperiode bestellt wird.

Die Untersuchung im Untersuchungsausschuss, für die die Unterlagen der Bankaufsicht vorliegen werden, wird sehr klar zu Tage bringen, dass es mein Bestreben war, von dieser ursprünglich beabsichtigten fünfjährigen Bestellung in dem Maße abzugehen, als es vernünftig ist und vernünftig war. Und das ist auch geschehen. Es wurden zwei neue Vorstandsmitglieder bestellt, von denen einer ganz bewusst nicht aus dem Haus kam, sondern mit entsprechender Berufspraxis von einer sehr großen österreichischen Kommerzbank gesucht wurde, die eine sehr starke Affinität und Kompetenz im Industriebereich hat, weil viele österreichische Industriebetriebe zu den Kunden dieser Bank gehören.

Auch der Bescheid des Finanzministeriums besagt, dass das eine bestätigende gute Entscheidung des Aufsichtsrates war und dass es bei jener Kompetenzverteilung, wie sie im neuen Vorstand geplant war, auch für zwei neue operative Vorstandsmitglieder Sinn macht, wenn der langjährige Generaldirektor in einer Übergangsphase – und zwar klar begrenzt auf ein Jahr – für den neuen Vorstand da ist. Das wird im Untersuchungsausschuss darzulegen sein, und es wird – davon bin ich überzeugt – dafür eine klare Bewertung geben.

Zu den Fragen konkret: Aus heutiger Sicht wird – eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung vorausgesetzt, die Erweiterung der Europäischen Union wird in dieser Phase kommen – die Bank, wie internationale Gutachter sagen, in der Lage sein, den weitaus größten Teil – ich wiederhole: aus heutiger Sicht und bei dieser Perspektive der Wirtschaftsentwicklung! – durch eigene Gewinne selbst finanzieren zu können.

Weiters ist es im Falle eines Auftrags an die Bank, alle stillen Reserven zu heben und sie nutzbar zu machen, also bei einer Verwertung der Sicherheiten innerhalb eines bestimmten Zeithorizonts – wenn das nicht unter Druck der Bilanzerstellung und des Bilanzstichtages geschehen muss; denn in zwei Monaten Sicherheiten zu verwerten, wird wahrscheinlich den minimalsten Ertrag bringen –, keine Schönfärberei von mir, wenn ich sage, es wird dieser bedauerliche Kriminalfall dem Land Burgenland und den Burgenländern keine Kosten verursachen, weil die Bank in der Lage sein wird – die Garantie gibt ihr die Möglichkeit, das auf zehn Jahre zu tun –, ein gutes Betriebsergebnis zu erwirtschaften, da der Bank eine gute Bonität und eine gute Ertragskraft sowohl in der Vergangenheit bescheinigt wurde, als auch für die Zukunft bestätigt wird.

Daher beantworte ich diese Frage wie folgt: Ich gehe davon aus, dass es aus heutiger Sicht – die heutige Perspektive vorausgesetzt – das Landesbudget und die Burgenländer nichts kosten wird.

Zu Gassner habe ich schon die Bestellung dargelegt.

Zur Kontrolle: Richtig ist, dass viele Kontrollmechanismen in der Bank offensichtlich in ihrem Zusammenspiel nicht die letzte Effizienz hatten. Die Bank Burgenland ist das Ergebnis einer Fusionierung der Eisenstädter Bank, einer Kommerzbank, und der Landes-Hypothekenbank Burgenland; zwei Bankkulturen, zwei unterschiedliche Geschäftskulturen sind da zusammengeführt worden. Ich bestreite nicht, dass im Zuge dieser Fusionierung und Zusammenführung die eine oder andere operative Stelle verbessert, verstärkt hätte werden müssen. Das ist auch die Kritik der Nationalbank hinsichtlich der operativen Stellen bei diesem Geschäftsvolumen. Die


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Nationalbank spricht weiters davon, dass die Bank Burgenland in den Jahren nach der Fusionierung zu einer der großen Regionalbanken Österreichs geworden ist und dass bei dieser Größe und diesem Volumen die operativen Stellen verstärkt werden hätten müssen. Und diese werden auch verstärkt.

Ob nun die Innenrevision stark genug war oder qualifizierter hätte sein müssen, ist keine Frage, die wir klären müssen. Die Frage ist aber, wie man mit den Berichten der Innenrevision umgegangen ist. Hat der Vorstand diese auch ausführlich genug bewertet? Hat er auch dem Aufsichtsrat darüber berichtet? – Das sind Fragen, die jetzt zu untersuchen sind.

Wenn Sie fragen: Haben die Kontrollmechanismen alle funktioniert?, dann wird man antworten müssen: Es hat nicht einer nicht funktioniert, und alle anderen haben funktioniert. – Ich denke, dass das bis hin zu den Wirtschaftsprüfern und Bankprüfern geht, denn es ist keine Zufälligkeit, dass eine gründliche Bankprüfung und eine gründliche Wirtschaftsprüfung zu erfolgen haben und dass das Bankwesengesetz im Laufe der Zeit gerade in diesem Bereich nachhaltige und weitergehende Kompetenzen sowie eine stärkere Verantwortung ermöglicht hat.

Zu einer letzten Frage. Es hat immer Diskussionen gegeben. Es gab aber auch eine Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft Wien. Im Rahmen dieser staatsanwaltschaftlichen Untersuchung wurde 1996 ein Sachverständiger des Gerichtes in Wien – nicht in Eisenstadt – bestellt. Es wurde die Bank Burgenland aufgefordert, konkrete Konten dieser Gruppe diesem Sachverständigen zu öffnen, und es wurde dafür das Bankgeheimnis aufgehoben. Herr Bundesrat! Im Mai 1997 wurde dieser Fall von der Staatsanwaltschaft Wien nach einjähriger Behandlung gemäß § 90 zurückgelegt!

Wenn mir jetzt jemand sagt, dass Bankinstitutionen dort nicht genau genug geprüft hätten, so antworte ich, dass es dort auch den klassischsten Fall der Überprüfung, nämlich den durch die Justiz, gegeben hat. Selbst die Justiz hat, auch nach Aufhebung des Bankgeheimnisses – das ist das allerstärkste Mittel, das eingesetzt werden kann –, den Fall zurückgelegt.

Ich glaube, wenn man ehrlich an die Dinge herangeht, wird man sagen: Ja, dort ist das eine oder andere so gelaufen, wie es nicht laufen sollte. – Aber ich muss in dem Fall, wenn ich es ganz ehrlich meine, ebenfalls sagen: Auch die Justiz – also nicht nur die Bankinstrumente, sondern auch die Justiz – hat diesen Fall untersucht. Daher ist das meine klare Position: Wenn selbst die Justiz den Fall zurücklegt, dann wird man von der Landesregierung – die dort im Rahmen der Aktiengesellschaft eigentlich das Aktienpaket vertritt – nicht eine höhere Kontrollkompetenz als von den Justizbehörden einfordern können.

Daher zur letzten Frage: Im Einvernehmen mit der Bankenaufsicht sind eine Reihe neuer Instrumente, wie ein professionelles Kredit-Risikomanagement et cetera, eingesetzt worden. Es wurde auch die EDV-Systematik verändert. Daher kann ich Ihnen sagen, dass die Bank – von der Bestellung des Vorstandes bis hin zu inneren Strukturveränderungen – alle Maßnahmen gesetzt hat, die im Sinne dieses Prüfungsergebnisses zu setzen waren.

Zuletzt haben Sie mich gefragt, wie die burgenländische Bevölkerung unsere politische Position zur Erweiterung der Europäischen Union sieht. Wir hatten eine große Skepsis, größer als anderswo, aber wir haben auch Maßnahmen gesetzt. Denn sich zu Tode fürchten, heißt auch zu Tode kommen. Daher haben wir durch unsere gemeinsame Politik für die Bürger offensichtlich erkennbare Maßnahmen gesetzt, die darauf abzielen, diesen Anpassungsdruck zu vermindern. Die "Euregio" ist diesbezüglich der letzte Punkt.

Ich sage Ihnen, für mich persönlich ist die Europawahl die stärkste Bestätigung. In der Europawahl hat jene Partei, die die Kampagne "Nein zur Osterweiterung, Burgenland den Burgenländern" geführt hat, im Burgenland die geringste Stimmenanzahl von allen österreichischen Bundesländern bekommen. Hingegen haben die beiden Parteien, die in der Regierung dieses operative Programm zur Vorbereitung der Erweiterung bejahen und umsetzen, den höchsten Stimmenzuspruch von allen österreichischen Bundesländern bekommen.


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Daher glaube ich, dass die Bevölkerung Vertrauen zu dieser vorbereitenden Politik hat. Diese Politik bestreitet nie, dass es auch Unwägbarkeiten gibt, sondern sie sagt, dass den Unwägbarkeiten gegengesteuert werden muss und dass durch operative landespolitische Maßnahmen die Schritte für diesen Anpassungsprozess gesetzt werden müssen. Dahinter liegen 40 Jahre Kommunismus, das darf niemand unterschätzen. Dass uns das durch gemeinsames Bemühen trotzdem gelingt, zeigen diese Wahlergebnisse, so glaube ich, ganz eindeutig.

Daher ist das meiner Ansicht nach auch ein Auftrag, diesen Weg zur Vorbereitung der Erweiterung der Europäischen Union mit allem Augenmaß – da gebe ich allen Recht – zu gehen. Ich glaube, die Zustimmung der Bevölkerung gilt diesem Augenmaß, das die Landespolitik immer gehabt hat: nichts zu beschönigen, aber auch nichts zu verteufeln, sondern zu sagen, mit welchen Mitteln wir uns darauf vorbereiten können. Ich glaube, dass es dazu keine Alternative gibt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.05

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konecny. Ich erteile es ihm.

11.05

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Heute hat der Bundesrat – aber nicht nur der Bundesrat, wie ich später noch formulieren werde – eine Chance vergeben. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wir sind – ich gestehe das freimütig – nicht verwöhnt mit Landeshauptleuten, die sich dem Dialog mit der Länderkammer stellen. Kollege Weiss war der Einzige, der in einem Teil seiner kurzen Ausführungen zu der von Landeshauptmann Stix angeschnittenen und für die Zukunft nicht nur der Länderkammer, sondern des Zusammenlebens in dieser Republik so unendlich wichtigen Frage des Föderalismus und der Aufgabenverteilung im Bundesstaat ein wenig Stellung genommen hat.

Aber was es gegeben hat, ist der nicht sehr geglückte Versuch, eine landespolitische Debatte eines Bundeslandes hier hereinzutragen. Ich glaube, dass der Herr Landeshauptmann in einer Art und Weise, die einen Sukkurs von meiner Seite im Wesentlichen nicht erforderlich macht, aus Kompetenz und Kenntnis, die ich für mich nicht in Anspruch nehmen kann – was mich als Einziges mit Kollegen Gudenus verbindet –, Stellung bezogen hat. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn es schon irgendwo eine Risikomanagementstelle geben sollte, Kollege Böhm, dann vielleicht dort, wo die Redner der Freiheitlichen Partei im Bundesrat ausgewählt werden.

Ich glaube, es zeigt sich hier deutlich, dass die Vertreter des Bundeslandes Burgenland verantwortungsbewusst zu der schwierigen, aber imponierenden Entwicklung dieses Landes Stellung genommen haben und dass es einem Wiener Bundesrat vorbehalten blieb, eine offensichtlich nicht genau durchgelesene Rededisposition der burgenländischen FPÖ vorzubringen. Es ist auch einem Wiener Bundesrat in der üblichen zögerlichen Form – "Haltet mich zurück!" – vorbehalten gewesen, gewissermaßen Josef Cap zu paraphrasieren und vier Fragen zu stellen. (Heiterkeit. – Bundesrat Mag. Himmer: Es waren aber vier Fragen!) – Ja, gut! Sie sind auch kleiner, nicht?

Soweit zu diesem Teil, wobei ich nur noch anschließen möchte, dass ich mich für die sehr präzisen Antworten des Herrn Landeshauptmanns bedanken möchte und dass ich als Demokrat und als jemand, der an der Aufklärung solcher Vorfälle, solcher Kriminalfälle selbstverständlich interessiert ist, darauf verweise, dass es einigermaßen merkwürdig ist, dann, wenn die gesetzgebende Körperschaft dieses Bundeslandes einstimmig einen Untersuchungsausschuss eingesetzt hat, hier gewissermaßen "nachzuwappeln". Das ist ein bisschen mangelnder Respekt auch vor den Kollegen des Landesparlaments des Burgenlandes.

Aber es ist nicht nur so, dass der Bundesrat in dieser Debatte eine Chance versäumt hat, sondern das gilt auch für andere. Wenn wir heute die Zeitungen aufschlagen – ich habe mir die "Kleine Zeitung" aus Graz mitgenommen, weil Kollege Meier sie mitgehabt hat –, dann finden wir dort in unterschiedlichen Formulierungen – ich verwende jetzt diejenigen der "Kleinen Zeitung" –


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Schlagzeilen, die zum Beispiel heißen: "Länder wollen nicht die Opferlämmer sein – Der Widerstand der Landeshauptleute gegen die Sparpläne der Regierung formiert sich". – Je nachdem, wo Sie Ihre Informationsbedürfnisse befriedigen, werden Sie ähnliche Artikel vorfinden.

Dann gibt es hier in der Länderkammer, die in diesem Diskussionsprozess natürlich eine Rolle zu spielen hat, eine Erklärung des Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, die sich angekündigtermaßen auch mit diesen wichtigen Fragen des Finanzausgleichs beschäftigt. Herr Landeshauptmann Stix hat hier eine sehr verständnisvolle und klare Stellungnahme abgegeben, die sich mit dem deckt, was Vertreter der Sozialdemokratie auch an anderer Stelle formuliert haben, nämlich dass das Sparziel unbestritten ist, dass aber der Weg dorthin zu diskutieren ist, wobei uns – ich sage jetzt nicht einmal "im Gegensatz zu anderen", aber uns jedenfalls – eine massive soziale Komponente entscheidend und bedeutsam erscheint. Ein gemeinsames Vorgehen kann nur dann erreicht werden, wenn alle Interessen – auch die Interessen der Länder, aber insbesondere die sozialen Interessen – gewahrt sind.

Es hat mich sehr enttäuscht, dass eine solche Gesprächsmöglichkeit in diesem Haus von Regierungsseite nicht genützt worden ist. Ich glaube, dass der Dialog, der in dieser Frage zu führen ist, unverzichtbar bleibt. Wir werden daher dem Herrn Finanzminister heute in diesem Haus – der Herr Landeshauptmann wird uns nicht so lange mit seiner Anwesenheit beehren, aber wir werden die Argumente vertreten – in anderer Form ein Gesprächsangebot unterbreiten. (Beifall bei der SPÖ.)

11.11

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Einlauf und Zuweisungen

Vizepräsident Jürgen Weiss: Eingelangt sind drei Anfragebeantwortungen, 1579/AB bis 1581/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt sind weiters zwei Beschlüsse des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz 1981 geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird.

Gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegen diese Beschlüsse nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates. Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind ferner jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Der Herr Präsident hat diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Diese Vorlagen wurden auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 4 bis 6, 7 bis 9, 10 bis 12, 13 bis 18, 20 bis 22, 40 und 41 sowie 43 bis 46 der Tagesordnung unter einem abzuführen.


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Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und Genossen betreffend Belastungspaket für die Länder an den Herrn Bundesminister für Finanzen vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz) (180/A und 255/NR sowie 6170/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes, Versöhnungsfonds-Gesetz.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Alfred Schöls übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Frau Regierungsbeauftragte Präsidentin Schaumayer! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes – auch Versöhnungsfonds-Gesetz genannt – erstatten.

Da der Inhalt des Berichtes allen vorliegt, darf ich auf die Verlesung des Inhalts verzichten.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Harald Himmer das Wort. – Bitte.

11.15

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Dr. Schaumayer! Hohes Haus! Ich glaube, dass der vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates einen wichtigen Schritt in der Aufarbeitung des Unrechts und der Verbrechen der Zeit des Nationalsozialismus in Österreich darstellt.

Ich selbst bin jemand, der das Privileg hat – ich glaube, das kann man gerade noch erkennen –, in einer anderen Zeit geboren worden zu sein, und der sozusagen nie der Gefahr ausgesetzt war, eines jener Schicksale zu erleiden, wie sie Millionen Menschen in der Zeit von 1938 bis 1945 erlebt haben. Ich denke dabei auch an die vielen Millionen Toten, denen es nicht vergönnt war, auch nur einen Blick auf die schönen Seiten des Lebens zu werfen. Es ist sicherlich unvor


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stellbar für uns, die wir in einem sozialen Netz aufgewachsen sind, die wir – wie ich – studieren und Urlaube machen durften, die wir alle diese Dinge erfahren haben, was es heißt, ein Leben unterernährt, gedemütigt und zur Zwangsarbeit verpflichtet führen zu müssen.

Gerade wenn wir darüber nachdenken, was jemand in der heutigen Zeit, aus einem aktuellen Anlass heraus, persönlich als Demütigung empfindet – ich weiß nicht, welche Beispiele es dafür gibt, möglicherweise eine schlechte Reihung in einer Reihungssitzung oder etwas Vergleichbares –, müssen wir das einmal in Relation dazu setzen, dass man ein Leben in Unfreiheit und in Zwangsarbeit führt – wobei man mitunter vielleicht auch noch Waffen erzeugen muss, die gegen die eigenen Landsleute gerichtet sind –, ein Leben, in dem man vielleicht nie dazu gekommen ist, mit seiner Frau, mit seinen Kindern, mit seiner Familie in irgendeiner Form Zeit zu verbringen.

Ich glaube daher, wenn wir die letzten Jahrzehnte Revue passieren lassen, dass keine der hier im Bundesrat vertretenen Parteien für sich in Anspruch nehmen kann, in der Aufarbeitung der Fragen des Nationalsozialismus immer alles richtig gemacht zu haben. Für die Republik ist es – ich glaube, das sehen wir etwa am Beispiel Deutschland nach dem Zusammenwachsen mit dem ehemaligen Ostdeutschland, nach der deutschen Wiedervereinigung – in der Demokratie natürlich die Frage der Einbindung derjenigen, die nicht zu große Schuld auf sich geladen haben. Diese Menschen wieder in den demokratischen Prozess einzubinden, stand versus dem, dass solche Maßnahmen sehr leicht missinterpretiert oder auch fehleingesetzt waren, wenn es darum ging, dass man auf die Wählerstimmen derjenigen aus einem Lager schielte, das aus dieser dunklen Vergangenheit gekommen war.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass nicht alles, was in einer Demokratie die Mehrheit hat, immer nach jedermanns Einschätzung die moralische Qualität automatisch im Siegel mitbekommt. Aber ich glaube doch, dass eine demokratische Mehrheit in einer entwickelten Demokratie wie Österreich eine sehr hohe Bedeutung hat. Eine umso höhere Bedeutung hat es, wenn es einen von den vier Parteien – und in unserer Kammer von den drei Parteien – gemeinsam getragenen Antrag gibt, der hier hoffentlich eine einstimmige Zustimmung erfahren wird.

Ich glaube, in einer Parteiendemokratie ist es logisch, dass diese auch vom Konflikt lebt. Eine Parteiendemokratie ohne Konfliktaustragung funktioniert nicht. Ich möchte daher sagen: Wenn wir derartige Festlegungen machen, mit denen wir auch als österreichisches Parlament einen Standpunkt beziehen, so kann dies individuelles Fehlverhalten in der Vergangenheit und auch in der Zukunft nicht entschuldigen. Aber ich bin doch der Ansicht, dass die offizielle Haltung, welche die Republik Österreich und das österreichische Parlament hier einzunehmen gedenken, eine sehr hohe Bedeutung hat, auch in Richtung darauf, wie wir uns als Republik Österreich nach außen hin darstellen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Dr. Schaumayer! Sie verfolgen offensichtlich den Gesetzwerdungsprozess bis zum Letzten mit, also tragen Sie den Beschluss vielleicht auch noch zum Herrn Bundespräsidenten hinüber. Ich glaube, es ist mit Sicherheit so, dass das offizielle Österreich – das in der Zeit des Nationalsozialismus, wie wir alle wissen, zu existieren aufgehört hatte – heute hoffentlich einstimmig einen Beschluss fasst, der, wie ich bereits gesagt habe, einen sehr wichtigen Schritt in der Aufarbeitung des Unrechts und der Verbrechen des Nationalsozialismus leisten kann. Er findet daher selbstverständlich die volle Zustimmung meiner Fraktion. (Allgemeiner Beifall.)

11.21

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach. Ich erteile ihr das Wort.

11.21

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Endlich – 55 Jahre, nachdem die finsterste Nacht über unserem Land zu Ende ging – werden wir heute einem Gesetzesbeschluss des Nationalrates unsere Zustimmung geben, der in seiner Kurzform als Versöhnungsfonds-Gesetz bezeichnet wird.


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Es erscheint mir notwendig, dass man sich damit, was dieser Kurztitel ausdrückt, auseinander setzt. Wenn man sich mit all dem Unfassbaren und Grauenhaften beschäftigt, beginnt man nach Worten zu suchen, um aufarbeiten zu können. Häufig sind es Begriffspaare, die einem in den Sinn kommen, Begriffspaare wie etwa Schuld und Sühne, Untat und tätige Reue, aber eben auch Vergebung und Versöhnung.

Meine Damen und Herren! Daher muss bei allem, was wir im Zusammenhang mit den Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der NS-Zeit unternehmen, unmissverständlich die Bitte um Vergebung zu spüren sein. Das ist meiner Ansicht nach eine, ja die Voraussetzung dafür, dass die Opfer zur Versöhnung bereit sind beziehungsweise zur Versöhnung bereit sein können.

Leider ist noch immer viel Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung zu leisten, damit bei allen ein objektives Bild über geschehenes Unrecht entsteht. Nach wie vor stehen wir im Spannungsfeld zwischen Erinnern und Vergessen. Wir sind aber auf gutem Wege, mit der Vergangenheit ins Reine zu kommen und eine bessere Zukunft des Miteinanders zu erreichen.

An dieser Stelle möchte ich auch einen besonderen Dank aussprechen. Der Dank an Sie, Frau Präsidentin, kommt noch; aber jetzt möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, auch Herrn Präsidenten Jabloner und der Historikerkommission einen Dank auszusprechen. Denn die Historikerkommission hat zwei Gutachten zum Themenbereich Zwangsarbeit in Auftrag gegeben und damit ermöglicht, dass die Wahrheit ans Licht gebracht werden kann. Wenn man Wahrheit ans Licht bringt, ist das ein erster Sieg der Gerechtigkeit und ein Trost für die Opfer.

Die Geste, die wir mit der Einrichtung des Fonds setzen, kann niemals das Leid ungeschehen machen. Aber tätige Reue ist es allemal, wenn der Fonds rasch aufgefüllt wird und Österreich damit einen Beitrag im Sinne des Bewusstseins von Verantwortlichkeit gegenüber geschundenen und gedemütigten Menschen leistet.

Ich hoffe daher, dass diejenigen, die aufgefordert sind, den Fonds zu füllen, nicht zu abwartend und zögernd an die Sache herangehen und nicht erst durch wachsenden Druck von Klagsdrohungen und öffentlichen Äußerungen, insbesondere in den USA, konkrete Schritte zur Auffüllung des Fonds unternehmen werden. Im Interesse des Rufes Österreichs, aber vor allem und zuallererst im Interesse der vielen Betroffenen, die in den Staaten Osteuropas oft unter bedrückenden und teilweise menschenunwürdigen Umständen ihren Lebensabend verbringen müssen, ist Eile angesagt. In jedem Monat, der verstreicht, sterben Hunderte Betroffene, ohne je eine finanzielle Leistung für die von ihnen erbrachte Arbeit erhalten zu haben.

Meine Damen und Herren! Wir können nicht wieder gutmachen. Wir können nicht moralisch freigesprochen werden. Wir dürfen nicht vergessen. Wir dürfen schon gar nicht versuchen, aufzurechnen. Eigenes Leid darf niemals dazu führen, die Opferrolle für sich zu reklamieren und damit blind gegenüber dem Leiden der Mitmenschen zu sein.

Durch die Einrichtung des Fonds befreien wir uns von dem Odium der Vergesslichkeit und der Verdrängungstaktik. Sie, verehrte Frau Präsidentin, haben großen Anteil daran. Wir sind Ihnen und allen, die mit Ihnen gearbeitet haben, zu ganz großem Dank verpflichtet! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch etwas sehr Persönliches zu diesem Thema. Mein Vater hat manchmal erzählt, dass er zu Ende des Krieges von bereits im Innviertel stehenden amerikanischen Truppenangehörigen zu einem Lager für polnische Zwangsarbeiterinnen gebracht wurde. Das deutsche Wachpersonal hatte die Flucht ergriffen und die Frauen mit ihren Säuglingen dem Hungertod und tödlichen Krankheiten preisgegeben. In den Augen meines Vaters konnte ich sehen, und am Klang seiner Stimme konnte man hören, wie sehr ihn dieses Erlebnis erschüttert hat und wie verzweifelt er darüber war, dass Menschen Menschen Derartiges antun können.

Ich glaube, er wäre heute sehr erleichtert und sehr zufrieden darüber, dass dieses Gesetz zu Stande kommt. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

11.27


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

11.28

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Verehrte Frau Regierungsbeauftragte! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Uns liegt heute das kurz so genannte Versöhnungsfonds-Gesetz zur Beschlussfassung vor. Meine Fraktion wird diesem Vorhaben zustimmen, sehen wir doch darin eine wohl erwogene politische Entscheidung der Bundesregierung und des Nationalrates unter einer vornehmlich humanitären Perspektive.

Zweifellos handelt es sich hiebei nämlich um eine vorrangig moralisch gebotene Geste gegenüber den Betroffenen aus einer totalitärer Unterdrückung erwachsenen, schweren menschlichen Tragik. Auch ich spreche da bewusst nicht von einer Form der "Wiedergutmachung" im eigentlichen Sinne wie bei rechtswidrigem Vermögensentzug oder für direkte Schädigungen an Leib und Leben, bei denen der Begriff freilich schon problematisch wird. Noch unpassender wäre er aber hier.

Denn zum einen kann das der Person als solcher widerfahrene Unrecht, das durch Zwangsarbeit bewirkt worden ist, gewiss nicht durch materielle Leistungen adäquat entschädigt werden. Das wurde bereits ausgeführt. Meines Erachtens geht es dabei wohl eher um eine Art von Ausgleich immaterieller, das heißt, ideeller Schäden der Opfer aus ihrer Freiheitsberaubung, ihren physischen Belastungen und den ihnen zugefügten seelischen Leiden sowie deren Spätfolgen.

Zum anderen kann es sich dabei nicht um die Befriedigung von eindeutig verankerten Rechtsansprüchen handeln; denn klassische Rechtstitel für die mit diesem Gesetz geplanten Entschädigungszahlungen bestanden bisher nicht und wären auch nach allgemein – völkerrechtlichen oder – zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen so nicht ohne weiteres zu begründen. Auch die Artikel 21 und 26 des Staatsvertrages von Wien 1955 stünden solchen Ansprüchen jedenfalls entgegen. Vielmehr geht es uns allen im Hohen Haus hiebei um die Setzung eines primär rechtsethischen Zeichens im Geiste der Versöhnung.

Zwangsarbeit ist gemäß unserer heutigen Bewertung zweifellos eine ganz schwere Verletzung von Menschenrechten, und dem soll auch noch im Nachhinein Rechnung getragen werden, soweit das in der Verschiebung des Generationenhorizontes überhaupt möglich und vertretbar ist. Damit meine ich zum einen, dass heute nur noch ein Bruchteil der damals von der Zwangsarbeit betroffenen Opfer am Leben ist; das bedauerlicherweise vor allem auch deshalb, weil sich erst die gegenwärtige Bundesregierung zu einer solchen Solidaraktion entschlossen hat. Zum anderen meine ich, dass diese spezifische Entschädigung, hätte es in der Zweiten Republik keine ursprüngliche und noch lange danach andauernde Blockade gegenüber solchen Aktionen gegeben, gerechterweise viel eher den tatsächlich für das Unrecht Verantwortlichen und den wahren ökonomischen Nutznießern der Zwangsarbeit als der heutigen, daran jedenfalls schuldlosen Generation aufzuerlegen gewesen wäre!

Dieser durchaus auch moralisch-politische Wermutstropfen gilt natürlich für all jene Unternehmen, die entweder als damals wie auch heute bestehende Betriebe überhaupt keine Zwangsarbeiter beschäftigt hatten oder die zumindest nicht als echte Rechtsnachfolger von Zwangsarbeiter einsetzenden Unternehmen anzusehen sind.

Dennoch lasse ich all das um des Zieles und der guten Sache willen völlig außer Betracht. Vielmehr komme ich auf meine eingangs erwähnte Zielsetzung dieser Vorlage zurück, die meine Fraktion vollinhaltlich teilt: nämlich eine humanitäre Aktion zu setzen! Gerade in diesem Zusammenhang möchte ich, wollen wir vor allem der höchst professionellen Arbeit der Regierungsbeauftragten, Frau Präsidentin Dr. Maria Schaumayer, die uns heute die Ehre ihrer Anwesenheit erweist, unseren Respekt zollen und unseren Dank aussprechen. (Allgemeiner Beifall.)


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Wir erkennen es unter anderem als ihr persönliches Verdienst an, dass sie sich den Pressionen bestimmter US-amerikanischer Rechtsanwälte entzogen hat, die unter der Androhung von Sammelklagen mit geradezu astronomischen Ersatzforderungen auf die Verhandlungen Österreichs mit den USA beziehungsweise den die Opfer tatsächlich repräsentierenden Verbänden unziemlichen Einfluss nehmen wollten.

Das vorliegende Gesetz ist nach Regelungsinhalt und -technik gewiss ein Unikat, das sich nur aus seiner Entstehungsgeschichte, seinem Gegenstand und seiner Zielvorstellung erklärt. Zum einen legt es nämlich Entschädigungszahlungen fest, ohne selbst für die entsprechende finanzielle Bedeckung zu sorgen. Die aliquote Aufteilung der Dotierung des mit 6 Milliarden Schilling begrenzten Gesamtvolumens des Versöhnungsfonds in der Proportion von zirka 1 : 1 zwischen der Wirtschaft, also den gewerblichen Unternehmen und der Landwirtschaft, einerseits und den Gebietskörperschaften andererseits ist nur intern vereinbart. Der Erfolg hängt demnach von der Bereitschaft der Privatwirtschaft ab, sich freiwillig an Einzahlungen in diesen Fonds zu beteiligen.

Zum anderen sollen all die vorgesehenen Leistungen unter dem weiteren Vorbehalt stehen, dass damit "Rechtsfrieden" auf den ost- und südosteuropäischen Märkten und in den USA erreicht wird. Mit anderen Worten wollen die zahlungsbereiten Unternehmen und die in Pflicht genommenen Gebietskörperschaften sicherstellen, dass nicht insbesondere auf Grund weiterer Sammelklagen in den USA neue Ansprüche entstehen können.

Dazu halte ich fest, dass ich gerade als Fachvertreter des Verfahrensrechtes das amerikanische Institut der "class action" aus unserer Sicht als rechtsstaatlich äußerst problematisch beurteile. Dabei befinde ich mich in voller Übereinstimmung mit unserem langjährigen Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Professor Franz Matscher.

Diese Einschätzung ändert freilich nichts daran, dass wir solche Sammelklagen in den USA nicht absolut verhindern werden können. Allerdings hat uns – auch das ist ein Verdienst der Frau Regierungsbeauftragten – die US-Administration durch den auf ihrer Seite die Verhandlungen führenden Unterstaatssekretär Stuart Eizenstat verbindlich zugesagt, dass die Regierung der Vereinigten Staaten ihren Gerichten notifizieren wird, dass die weitere Geltendmachung von Ersatzansprüchen im Bereich der völkervertraglichen Vereinbarung zwischen den USA und Österreich nicht im Interesse der Vereinigten Staaten liege.

Ein solcher "public interest-Vorbehalt" der Regierung der USA bindet zwar deren Gerichte formell nicht – sie sind ja unabhängig –, er wird aber von ihnen im Regelfall durchaus beachtet. Einige Sammelklagen sind bisher bereits aus diesem Grund abgelehnt worden, weil die angerufenen Gerichte den Klagsanspruch insofern nicht mehr als zivilrechtliche Rechtssache werteten, als er unter eine völkerrechtliche Abmachung fiel. Im selben Umfang können wir wohl davon ausgehen, dass die US-amerikanischen Gerichte die dem vorliegenden Gesetz zugrunde liegende Vereinbarung Österreichs mit den Vereinigten Staaten respektieren werden und insoweit der von unseren Unternehmen verständlicherweise eingemahnte Rechtsfrieden weitestgehend eintreten wird.

Als beachtlich darf ich nicht zuletzt hervorheben, dass laut Umfragen unsere Bevölkerung den mit dem heute zu beschließenden Gesetz vorgesehenen Entschädigungen mit deutlicher Mehrheit zustimmen soll. Das ist keineswegs selbstverständlich, das ist vielmehr so anerkennenswert, dass es auch die drei Weisen beeindrucken müsste.

Das gilt nach denselben Umfragen freilich mit dem Vorbehalt, dass damit ein echter Schlussstrich unter die finanzielle Bewältigung der mit diesem Gesetz erfassten Probleme unserer höchst leidvollen Vergangenheit gezogen wird.

Lassen Sie mich aber noch eine letzte Anmerkung anfügen, meine Damen und Herren! Sosehr auch meine Fraktion die mit dem Versöhnungsfonds projektierte Entschädigung der ausländischen Zwangsarbeiter des NS-Unrechtsregimes begrüßt, sosehr ist uns in weiterer Folge auch eine gleichartige Entschädigung unserer Zwangsarbeiter angelegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Darunter verstehe ich sowohl die – auch im damaligen Völkerrecht respektive Kriegs


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recht nicht gedeckte – Zwangsarbeit der in der Deutschen Wehrmacht des Zweiten Weltkrieges zwangsverpflichteten Österreicher, die insbesondere in sowjetrussische Kriegsgefangenschaft geraten sind, als auch der Altösterreicher deutscher Muttersprache, die in ost- und südosteuropäischen Staaten nach dem kommunistischen Machtwechsel zu Zwangsarbeit verhalten und zum Teil auch zu diesem Zweck deportiert worden sind.

Um aber nicht heute zum Zeitpunkt einer geradezu historischen Beschlussfassung missverstanden zu werden, stelle ich für meine Fraktion ausdrücklich klar: Wir fordern keine politische Junktimierung beider Regelungsziele. Wir tragen mit anderen Worten das heute auf der Tagesordnung stehende Vorhaben vorbehaltlos mit. Wir bringen lediglich aus diesem Anlass unsere begründete Erwartung zum Ausdruck, dass sowohl im Interesse allseitiger Gerechtigkeit als auch im Sinne des Regierungsübereinkommens nun nicht minder die Zwangsarbeit unserer Kriegsgefangenen und unserer Volksgruppenangehörigen in absehbarer Zeit einer zufriedenstellenden Regelung zugeführt werden kann.

Im Hinblick auf das heutige Anliegen, gravierendem historischem Unrecht, das von unserem Boden, wenn auch nicht unter staatlicher Autorität Österreichs, ausgegangen ist, angemessen gerecht zu werden, soweit dies heute noch möglich ist, gibt meine Fraktion der betreffenden Vorlage aus rechtsethischen Erwägungen ihre Zustimmung. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Milan Linzer das Wort. – Bitte.

11.38

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Präsidentin Dr. Schaumayer! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Es wird nicht wenige Zeitzeugen dieser Zeit vor 1945 in diesem Hause geben. Um mit den Worten des Kollegen Himmer zu sprechen, ich hatte das "Privileg" – unter Anführungszeichen –, einige Jahre davor geboren zu sein und ebendiese Zeit als Bub miterlebt zu haben.

Es war auch ein gewisses Schlüsselerlebnis, das ich mit fünf Jahren hatte, als ich mit diesem Thema konfrontiert worden bin, wiewohl wir damals im so genannten Kindergarten und in der ersten Klasse, die ich absolviert habe, über die Hintergründe der Geschichte eben nicht informiert worden sind und uns eine andere Seite der Medaille vorgesetzt worden ist.

In einigen Sätzen möchte ich dieses Schlüsselerlebnis kurz erzählen, nachdem Frau Präsidentin Haselbach Ähnliches von ihrem Vater erzählt hat.

Wir Jungen – mein Bruder, der ein Jahr älter ist als ich,  und ich – wohnten damals mit den Eltern vis-à-vis dem Donaukanal. Wir waren, weil der Vater auch streng war mit uns, sehr brave Buben und mussten die Bombenangriffe immer im Keller über uns ergehen lassen. Eines Nachmittags waren wir – es sollte eine Belohnung sein – mit dem Vater auf dem Weg zur Urania, um uns einen Film anzusehen.

Kurz bevor wir bei der Urania angekommen waren, tauchte eine junge Frau – wie mir nachher der Vater erzählt hat: jüdischen Glaubens – entsetzt vor uns auf mit einem Säugling in den Armen, der offenbar kurz zuvor verhungert war. Sie war natürlich völlig außer sich. Mein Vater hat sich dann ihrer angenommen, uns einfach kurz nach Hause geschickt, uns aber am Abend dann erzählt, worum es sich gehandelt hatte. Er hat uns dann sozusagen die erste Aufklärung über die damaligen Ereignisse gegeben, dies völlig diametral, also im Gegensatz zu dem, was wir in der ersten Klasse Volksschule zu hören bekommen haben.

Meine Damen und Herren! Wir haben schon gehört: Es war damals die Zeit, in der es Österreich nicht gegeben hat. Aber ich glaube, dass wir Österreicherinnen und Österreicher uns der Verantwortung dafür, was damals geschehen ist, nicht entziehen können.


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Ich glaube, es ist durchaus als Verdienst dieser Bundesregierung zu sehen, dass sie sich dieser Problematik angenommen hat. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat in seiner Regierungserklärung zu erkennen gegeben: Wer mit der Jugend über die Zukunft reden möchte, muss auch die Geschichte dieses Landes der Jugend sozusagen bis ins letzte Detail vermitteln. – Diese Geschichte zeigt natürlich auch auf, dass es Sklaverei, Zwangsarbeit et cetera gegeben hat, auch wenn Kollegin Präsidentin Haselbach eben erwähnt hat, dass eine Historikerkommission noch nachforschen und wirklich summarisch und bis ins letzte Detail diese Dinge aufarbeiten wird.

Worum es uns aber vor allem auch geht – neben einer moralischen Verpflichtung, dieses Leid wieder gutzumachen, soweit es geht –, ist, natürlich auch zu zeigen, dass wir als Kulturnation und als so genanntes noch immer neutrales Land eine Verpflichtung gegenüber diesen geschädigten Menschen haben, sozusagen für Wiedergutmachung zu sorgen, und dass wir als vorbildlicher Rechtsstaat auch versuchen – Kollege Böhm hat das bereits angeführt –, Rechtsfrieden vorzuleben und auch zu erzeugen – prophylaktisch zumindest.

Es ist auch unsere Aufgabe, es unserer Wirtschaft zu ermöglichen, sich auf den Weltmärkten – in Amerika, Osteuropa, im Fernen Osten – auch weiterhin zu behaupten.

Meine Damen und Herren! Mein Dank gilt natürlich auch Frau Präsidentin Schaumayer. Ich habe da auch ein kleines Privileg, wenn wir schon von Privilegien reden – die Frau Präsidentin weiß das nicht –: Ich hatte auch die Ehre, meine Gymnasialzeit in Fürstenfeld in der Steiermark zu verbringen. Die Frau Präsidentin ist das Aushängeschild des Fürstenfelder Gymnasiums, wenn ich so sagen darf.

Frau Präsidentin! Herzlichen Dank für Ihre Arbeit! Wir wissen, dass Sie nicht am Beginn stehen, sondern bereits mittendrin sind – Kollege Böhm hat das erwähnt. Dieses Gesetz bietet die Grundlage dafür, die Regierungsübereinkommen zu treffen. Aber es gibt doch noch immer sehr viele charmante Männer, die mit Ihnen so schwierige Verhandlungen führen und zeigen, dass wir auch ein wenig optimistisch sein können, dass diese Verhandlungen zu einem guten Gelingen führen werden.

In diesem Sinne wird meine Fraktion diesem Gesetz gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten von den Freiheitlichen und der SPÖ.)

11.45

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Staatssekretär Franz Morak das Wort. – Bitte.

11.45

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Regierungsbeauftragte! Vor knapp zwei Jahren begann die Frage der auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich zwischen 1939 und 1945 tätigen ausländischen Zwangsarbeiter in der öffentlichen Diskussion verstärkt eine Rolle zu spielen. Im Zuge der damals begonnenen generellen Diskussion um die Aufarbeitung und allfällige materielle Entschädigung für nationalsozialistisches Unrecht wurde vermehrt die Forderung laut, auch in der Frage der ausländischen Zwangsarbeiter eine Lösung in Form von Entschädigungszahlungen zu finden.

Diese Bundesregierung hat es sich unmittelbar nach ihrer Bildung zum Ziel gesetzt, in dieser Frage rasch eine Lösung zu finden. Dass dies in so kurzer Zeit gelungen ist, war nur dank der Unterstützung und der Mitarbeit der Abgeordneten beider Kammern des österreichischen Parlaments möglich. Deshalb vorweg mein Dank allen in diesem Haus vertretenen Parteien, die heute diesem Gesetz zustimmen werden. Meinen aufrichtigen Dank möchte ich den Damen und Herren Abgeordneten dieser beiden Häuser aussprechen. Sie haben damit das gemeinsame Interesse Österreichs an der Aufarbeitung seiner Geschichte über das Trennende gestellt, das Gemeinsame über das Trennende gestellt und mit dem vorliegenden Gesetz ein Signal an die internationale Gemeinschaft und die Opfer der Sklaven- und Zwangsarbeit gesetzt.


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Der Dank, dass es möglich war, binnen so kurzer Zeit eine Lösung zu finden, die auch international auf große Anerkennung und Resonanz gestoßen ist, gilt aber auch – das ist heute schon mehrmals und zu Recht erwähnt worden – der Regierungsbeauftragten Dr. Maria Schaumayer und ihrer Task-Force, die in weniger als fünf Monaten das vorliegende Gesetz ausgearbeitet haben. Ich darf mir privat eine Meinung erlauben: Auf der nach oben hin offenen Skala für Verhandlungsgeschick, Kompetenz und Zielorientiertheit setzt Frau Dr. Maria Schaumayer damit neue Maßstäbe. (Allgemeiner Beifall.)

Ich weiß, dass das, was für uns alle im Umgang mit dieser Materie und mit vielem, was hier noch kommt, aufgedeckt wird und von der Historikerkommission bestätigt oder aufgedeckt wird, für uns alle eine Verpflichtung sein wird, so damit umzugehen, wie sie uns das vorgelebt hat.

Wir haben seit 1995 verschiedene Maßnahmen gesetzt, um Aspekte des während der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Unrechts aufzuarbeiten beziehungsweise allfällige materiell-rechtliche Konsequenzen zu ziehen. Ich darf in erster Linie auf den 1995 vom National- und Bundesrat beschlossenen und bei diesem Hohen Haus angesiedelten Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus verweisen, weiters auf die Einsetzung der so genannten Historikerkommission, auf die Initiativen zur Rückgabe in den Besitz österreichischer Bundesmuseen gelangter Kunstgegenstände, die während der NS-Zeit ihren Eigentümern unrechtmäßig entzogen worden waren, und die Beteiligung Österreichs am internationalen "Nazi Persecutee Relief Fund".

Das heute zur Beschlussfassung anstehende Gesetz soll ein weiterer wichtiger Mosaikstein im Rahmen dieser Maßnahmen sein. Ich möchte dabei ausdrücklich unterstreichen, dass es sich dabei niemals um einen moralischen Schlussstrich unter die Aufarbeitung der österreichischen Vergangenheit handelt; vielmehr geht es darum, gegenüber den noch lebenden Opfern des Nationalsozialismus eine Geste der Versöhnung zu setzen.

55 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges setzt Österreich mit dem vorliegenden Gesetz eine Geste an einen Personenkreis, der auf besondere Weise unter dem NS-Regime gelitten und bisher noch nie nennenswerte Entschädigung erhalten hat: Sklaven- und Zwangsarbeiter, die von einem verbrecherischen Regime als Zivilpersonen deportiert und zur Arbeit auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich gezwungen wurden oder als Österreicher aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, der Religion, der Nationalität oder anderer Diskriminierung zur Arbeit verpflichtet wurden.

Die Leistungen, die den ehemaligen Sklaven- und Zwangsarbeitern aufgrund des Versöhnungsfonds zugute kommen werden, sind eine freiwillige Geste Österreichs und der österreichischen Wirtschaft, mit der der Beitrag der Sklaven- und Zwangsarbeiter zur damaligen Wirtschaft, der heute noch in manchen Fällen nachwirkt, anerkannt wird.

Das von Maria Schaumayer ausgearbeitete Konzept sieht eine unmittelbare Zusammenarbeit mit den Betroffenen – ohne die Mediation von Anwälten – vor. In einem Brief, der gegenwärtig an alle österreichischen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern ausgesendet wird, wird um eine freiwillige Einzahlung in den Versöhnungsfonds gebeten, quasi als eine Geste moralischer Solidarität der österreichischen Privatwirtschaft. Ich bin froh darüber, dass erste Unternehmen bereits mit gutem Beispiel vorangegangen sind; der Bund und die Länder werden ebenfalls ihren Beitrag zu den veranschlagten 6 Milliarden Schilling leisten.

Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen wird, durch bilaterale Verhandlungen mit den Heimatländern der Opfer bald Rechtsfrieden für die Unternehmen herbeizuführen, was für die Erschließung der Märkte in Osteuropa und den USA auch ein wesentliches Element für die österreichische Wirtschaft ist. Zuversichtlich bin ich auch im Hinblick auf die Anzahl der Firmen, die sich bereit erklären werden, an dieser solidarischen Aktion mitzuwirken.

Unter dem Titel "Wider die Sünden des Vergessens" hat Erhard Busek anlässlich des 90. Geburtstages von Simon Wiesenthal, im Dezember 1998, geschrieben: Diese Vergangenheit kann schnell Gegenwart sein, wenn wir sie hinter uns zu lassen glauben.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne sollte die gegenwärtige Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit als Chance gesehen werden, historische Hypotheken zu bewältigen, um sich von einer gesicherten und auf einer soliden Grundlage stehenden eigenen Identität den globalen Herausforderungen eines größeren Europas an der Schwelle zum 21. Jahrhundert stellen zu können. – Ich danke Ihnen schön. (Allgemeiner Beifall.)

11.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. – Bitte.

11.53

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Frau Regierungsbeauftragte Dr. Schaumayer! Wenn wir nun – wahrscheinlich in ganz wenigen Minuten – hier in diesem Parlament einstimmig ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes beschließen werden, so darf dabei nicht unerwähnt bleiben, dass diese Beschlussfassung erst möglich wurde, weil es in der Vergangenheit in der Republik Österreich bedeutende Persönlichkeiten und verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker gegeben hat, die sich der Aufgabe und der Herausforderung gestellt haben, die Rolle Österreichs während des Nazi-Regimes nicht weiter zu tabuisieren, nicht weiter zu verklären, sondern der historischen Wahrheit und der historischen Wirklichkeit zum Durchbruch zu verhelfen.

Daher werden Sie verstehen, dass ich, wenn es heute auch darum geht, zu danken, politisch danke sage einem Bundeskanzler der Republik Österreich, nämlich Dr. Franz Vranitzky, der sich mit einer weltweit respektierten, historisch und politisch bedeutungsvollen Erklärung für Österreich verdient gemacht hat. Ich möchte hier auch erwähnen, dass das ein mutiger Schritt war, denn alle Zeitzeugen wissen, dass es nicht einfach und nicht undiskutiert war, als sich Dr. Franz Vranitzky, und zwar am 8. Juli 1991 im Nationalrat, erstmals auch zur Mitverantwortung Österreichs am nationalsozialistischen Regime bekannte, indem er ein Bekenntnis zu allen Daten und Taten unserer Geschichte, aus allen Teilen unserer Bevölkerung – zu den Guten wie den Bösen –, ablegte.

Aus Anlass des 50. Jahrestages der Wiedererrichtung der Republik Österreich wurde der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet, und zwar um an das unfassbare – wie es der junge Kollege von der ÖVP auch formulierte – und letztlich unermessliche Leid zu erinnern, das der Nationalsozialismus über Millionen und Abermillionen von Menschen – nicht nur in Österreich – gebracht hat.

Dieser Tatsache zu gedenken, bedeutet, auch heute ins Gedächtnis zu rufen, dass auch wir Österreicherinnen und Österreicher an diesen Verbrechen beteiligt waren.

Nach Einrichtung dieses Fonds hat die österreichische Bundesregierung, mit Bundeskanzler Viktor Klima an der Spitze, und zwar durch die Einsetzung der von Herrn Staatssekretär Morak bereits genannten Historikerkommission der Republik Österreich 1998, einen konsequenten und weiteren Schritt in Richtung Aufarbeitung der eigenen Geschichte gesetzt.

In diesem Jahr hat auch der Parteivorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Dr. Alfred Gusenbauer einen wesentlichen Teil zur Aufarbeitung der Geschichte der Parteien geleistet, indem er dazu aufgefordert und sich als Parteivorsitzender dazu auch bekannt hat, die braunen Flecken in den eigenen Reihen, in den eigenen Reihen aller Parteien aufzuarbeiten. Das ist ein mutiger und aktueller politischer Schritt. Auch Alfred Gusenbauer danke ich dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Richtigerweise wurde von allen Rednerinnen und Rednern vermerkt, dass es hiebei um eine Geste, um ein Zeichen, aber durchaus auch um finanzielle Entschädigung geht, die niemals "Wiedergutmachung" heißen kann, weil nichts in diesem Abschnitt unserer Geschichte wieder gutgemacht werden kann. Das befreit uns eben nicht davon, sondern dieses Wissen, dass wir nur Gesten und Zeichen setzen können, dass wir das auch für die Zukunft zu verantworten


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haben, muss unser aller Auftrag sein, der Auftrag aller Demokratinnen und Demokraten hier in diesem Parlament in Österreich und anderswo, aus der Geschichte zu lernen. Aus der Geschichte zu lernen bedeutet auch, zeitgenössisch Widerstand zu leisten gegen laute und leise Worte, Widerstand zu leisten gegen laute und leise Maßnahmen, die mit den demokratischen Prinzipien der Menschenrechte, der Menschenwürde oder der Meinungsfreiheit nicht vereinbar sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir unsere Geschichte aufarbeiten und für die Zukunft verantwortungsvoll handeln, dann sind wir alle gefordert – heute, morgen und übermorgen! –, nichts zu verharmlosen, nichts zu tolerieren und nichts zu akzeptieren, was in Anlehnung an den Geist des nationalsozialistischen Regimes oder anderer diktatorischer Regime heute formuliert oder gedacht wird.

Wir haben in der Frage der Aufarbeitung und der Bewältigung unserer eigenen Geschichte noch einen sehr weiten Weg zu gehen, das wissen wir alle. Aber wir müssen diesen schwierigen Weg gehen: nicht nur für uns, sondern insbesondere in Verantwortung für unsere Kinder, denn aus der Geschichte zu lernen bedeutet, Verantwortung zu tragen – im Bewusstsein, dass sich diese Geschichte im zeitgenössischen Kleid nicht wiederholen darf.

Ich darf mich in diesem Zusammenhang bei allen Menschen in Österreich und in anderen Ländern, eben auch bei denen im Ausland, für die Leistungen, für die Bereitschaft und das Engagement bedanken, uns dabei zu helfen, uns unserer Geschichte bewusst zu werden und mit klarem – und nicht getrübtem – Blick in die Vergangenheit die Zukunft zu bewältigen.

Stellvertretend für diese sehr vielen Menschen im Rampenlicht und in der Stille bedanke ich mich bei Professor Gstettner von der Universität in Klagenfurt, der für unser Bundesland Kärnten und für die Republik Österreich im Bereich der Aufarbeitung dieser Zeit sehr Großes geleistet hat; sehr Großes deshalb geleistet hat, weil auch in unserem Lande lange Zeit verschwiegen wurde, dass es eine Außenstelle des KZ Mauthausen am Loibl gegeben hat. Nochmals mein Dank an Professor Gstettner.

Mein Dank geht natürlich auch – wie heute schon so oft – an die Frau Regierungsbeauftragte. Ich möchte Ihnen – gedanklich, denn ich habe sie nicht mit – im doppelten Sinne des Wortes und in der doppelten Bedeutung des Wortes gerne eine weiße Rose als Zeichen für Ihre Leistungen überreichen.

Ich bedanke mich weiters auch beim Präsidenten des Nationalrates Dr. Heinz Fischer, der über Jahre hindurch auch durch die öffentliche Darstellung des Parlaments Wesentliches im Bereich der Erinnerung und der Aufarbeitung geleistet hat.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir die Geschichte aufbereitet haben, dann dürfen wir nicht mehr davon sprechen, dass es übersensibel sei und nicht angebracht wäre, sich aufzuregen, wenn bestimmten Aussagen gegenüber politische Sensibilität an den Tag gelegt wird. Es gibt nichts zu verharmlosen, es gibt nichts zu vertuschen und auch nichts mehr zu tabuisieren! Ich denke, dass wir im Sinne der politischen Kultur, auch des Antifaschismus in Österreich, diese Aussagen in Zukunft nicht mehr als Kavaliersdelikte abtun dürfen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte heute hat mich sehr beeindruckt. Ich werde diese politische Kultur, die diese Debatte heute geprägt hat, in Erinnerung behalten, und ich ersuche heute schon Frau Dr. Schaumayer, uns politischen Kräften zu helfen, dass in der Frage der Aufbringung der 6 Milliarden Schilling ebenfalls diese Sensibilität und diese politische Kultur an den Tag gelegt werden und nicht wieder eine andere Unkultur eintritt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


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Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (127, 164/A, 13/A und 202/NR  sowie 6171/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung: Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Alfred Schöls übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Da auch dieser Bericht schriftlich aufliegt, darf ich auf die Verlesung verzichten.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Ich bitte, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Milan Linzer das Wort. – Bitte.

12.04

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzesbeschluss sieht vor, dass der Minderheitenschutz als Staatsziel erklärt wird. Ich glaube, wir sollten froh darüber sein – wir alle und ich natürlich im Besonderen, weil ich ein Angehöriger der Volksgruppe der Kroaten bin.

Meine Damen und Herren! Diese Staatszielbestimmung ist ein weiterer wichtiger Meilenstein in der staatspolitischen Aufgabe des Minderheitenschutzes. Die Europäische Union sieht natürlich im Zusammenhang mit der Integration, die wir alle wünschen, auch die Lösung der Minderheitenprobleme vor. Unser Land ist hier – das zeigt gerade eben wieder dieses Gesetz – durchaus beispielgebend. Es ist zwar das eine oder andere, was es an den Verpflichtungen vor allem aus dem Staatsvertrag von 1955 gibt, noch nicht zur Gänze ausgeführt, aber insgesamt gesehen – ich möchte jetzt für mein Land, das Burgenland, sprechen – können wir mit der Entwicklung der letzten Jahre auf dem Gebiet des Minderheitenschutzes durchaus zufrieden sein.

Ich darf nur erwähnen: die Zweisprachigkeit im Burgenland angefangen vom Kindergarten, über die Volks- und Hauptschulen bis hin zum Gymnasium. Wir haben ein zweisprachiges Gymna


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sium, das im heurigen Jahr die ersten Maturanten – durchaus mit gutem, teilweise auch sehr gutem Erfolg bestanden – verabschiedet hat. Ich glaube, dass wir Burgenländer diesen Minderheitenschutz, die Toleranz und die Achtung gegenüber den Volksgruppen sehr ernst nehmen und, wie gesagt, beispielgebend sind. Ich denke, dass Österreich insgesamt diesen Weg, den auch die Europäische Union von den Mitgliedsländern verlangt, durchaus in dem gebotenen Ausmaß verfolgt.

Ich darf vielleicht erwähnen, dass sich diese Staatszielbestimmung natürlich auf die autochthonen Volksgruppen beschränkt und nicht allfällige Zufallsgemeinschaften, die sich im Laufe der Zeit bilden können, mit einschließt.

Bundeskanzler Schüssel hat vor kurzem angedeutet, dass auch eine Verbesserung, eine Novellierung des Volksgruppengesetzes kommen wird, und ich denke, dass diese Maßnahme dann zusätzlich noch zur Verfestigung des Minderheitenschutzes in diversen Bereichen führen wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend können wir sagen, dass der Schutz der Minderheiten, die die Vielfalt unseres Landes sozusagen vervollkommnen, wichtig ist. Er verdient es, gefördert zu werden. Wir haben seit mehreren Jahren auf Grund der Schaffung der Volksgruppenbeiräte auch jährlich eine entsprechende finanzielle Dotation, sodass Sprache, Kultur, Medien und letztlich auch natürlich die verschiedenen Vereinstätigkeiten auf dem Gebiet der Musik, Kunst et cetera, natürlich beginnend im Kindergarten beziehungsweise in den ersten Schuljahren, gefördert werden können.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird daher diesem Gesetz gerne die Zustimmung geben. – Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)

12.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gstöttner. Ich darf es auch von hier aus sagen: Ich freue mich, dass du dich wieder so wohl fühlst, dass du das Wort ergreifen kannst. – Bitte.

12.09

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates hat eine lange Vorgeschichte. Erfreulich daran ist, dass eine Vierparteieneinigung im Ausschuss die Grundlage des Nationalratsbeschlusses geworden ist. Das bedeutet, dass die hohe Bedeutung dieses Themas allen bewusst war.

Wie dünn die Schale unserer vermeintlich heilen Welt sein kann, haben die Ereignisse des Attentats im Jahr 1995 in Oberwart gezeigt. Umso wichtiger waren die letztlich gemeinsamen Bemühungen im Sinne unserer Volksgruppen, und es ist erfreulich, dass es hier zu diesen einhelligen Vorschlägen gekommen ist.

Die Staatszielbestimmungen sind ein wichtiger Schritt. Österreich bekennt sich dazu, seine Volksgruppen entsprechend zu fördern, die positive Weiterentwicklung im Auge zu behalten. Die Bereitschaft, unseren Volksgruppen helfend und unterstützend zur Seite zu stehen, muss auch weiterhin unser Ziel sein. Die Vielfalt Österreichs, unserer Heimat, zu schützen und zu fördern, ist unsere erklärte Aufgabe. Wir Sozialdemokraten stehen eindeutig dazu.

Die SPÖ-Bundesräte werden keinen Einspruch gegen den Nationalratsbeschluss erheben. (Allgemeiner Beifall.)

12.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Böhm. – Bitte.

12.11

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Damen und Herren! Mit der heute zu beschließenden


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neuen Staatszielbestimmung setzt Österreich einen geradezu historischen Schritt auf dem Gebiete der Volksgruppenpolitik. Wenn sich die Republik damit zu ihrer geschichtlich gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt bekennt, so ist dabei hervorzuheben, dass diese zutreffend mit den autochthonen Volksgruppen und nicht mit Einwanderern aus anderen Kulturkreisen umschrieben wird!

Gewiss waren die Rechte der in ihrer angestammten österreichischen Heimat ansässigen Minderheiten auch schon bisher nicht ungeschützt, und zwar auch vor dem Volksgruppengesetz nicht; sie waren vielmehr nicht nur schon seit dem Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger von 1867, sondern auch später durch die – den Ersten wie auch den Zweiten Weltkrieg gegenüber den Alliierten Mächten abschließenden – Staatsverträge von St. Germain 1918 und vom Belvedere 1955 im österreichischen Rechtsquellensystem bereits hochrangig verankert. Dennoch ist die substanzielle Verbesserung durch diesen eigenständigen und unmittelbaren verfassungsgesetzlichen Auftrag, positive Maßnahmen zum Schutze und zur Förderung der ethnisch-kulturellen Gruppen zu setzen, unverkennbar.

Meine Fraktion wird dieser Vorlage, an der ihr Abgeordneter Dr. Harald Ofner im Verfassungsausschuss des Nationalrates maßgeblichen Anteil hatte, auch schon deshalb gerne zustimmen, weil diese Verfassungsbestimmung in der Tendenz ihrem eigenen, seit vielen Jahren vertretenen Anliegen entspricht, einem europäischen Volksgruppenrecht näher zu kommen.

Gerade Staaten, die Österreich im Zuge der Sanktionen der EU-14 heftig kritisiert haben, wie insbesondere Frankreich und Spanien, weisen in eben dieser Frage des Minderheitenschutzes erhebliche Defizite auf. Von anderen Ländern können wir aber glaubhaft nur das einfordern, was wir selbst zu leisten beziehungsweise zu garantieren bereit sind.

In diesem Zusammenhang darf ich darauf verweisen, dass auch das aktuelle Linzer Programm der Freiheitlichen Partei – anders als zuvor! – ausdrücklich auf alle angestammten Volksgruppen und Kulturgemeinschaften in Österreich Bezug nimmt und die Erhaltung ihrer Identität und ihre Förderung zur politischen Aufgabe von Staat und Gesellschaft erklärt. Ich bin davon überzeugt, dass das auch den drei so genannten Weisen nicht entgehen wird, wenn sie "die Entwicklung der politischen Natur der FPÖ" überprüfen.

Gewiss überschätze ich die normative Verbindlichkeit der neuen Staatszielbestimmung insofern nicht, als aus ihr allein nicht unmittelbar einklagbare subjektive Rechte ableitbar sind. Mehr als rein politische Programmatik aber enthält sie allemal. Den mit ihr erreichten rechtspolitischen Gewinn sehe ich vornehmlich darin, dass es dabei, anders als etwa bei der Rahmenkonvention des Europarates, nicht bloß um die Garantie der den Angehörigen der einzelnen Volksgruppen zustehenden Individualrechte geht, sondern dass hier vielmehr zugleich eine normative Grundlage für die Anerkennung von Gruppenrechten der ethnisch-kulturellen Gemeinschaften geschaffen worden ist.

Es trifft sich damit – es freut mich, Ihnen, geschätzte Damen und Herren, darüber berichten zu können –, dass es jüngst im Zuge der Verhandlungen zur Erarbeitung einer Grundrechtecharta der Europäischen Union unser österreichischer Delegierter, Professor Brauneder, war, der einen mutigen Vorstoß in diese Richtung unternommen hat. Er hat vorgeschlagen, in diesen Katalog der europäischen Grundrechte auch Rechte der Volksgruppen aufzunehmen, und zwar einerseits "Identitätsrechte" und andererseits "Sprachenrechte".

Am vorliegenden Verfassungsgesetz begrüße ich nicht zuletzt auch, dass es entgegen dem ursprünglichen Entwurf den altehrwürdigen Artikel 19 des Staatsgrundgesetzes von 1867, der in Artikel 149 Abs. 1 B-VG rezipiert worden ist, nicht eliminiert. Einer meines Erachtens verfehlten überwiegenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs folgend, nimmt nämlich der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes an, dass diesem Artikel 19 StGG durch die Artikel 66 bis 68 des Staatsvertrages von St. Germain derogiert worden und daher längst obsolet geworden sei. Mit so renommierten Rechtsgelehrten wie Ermacora, Pernthaler und anderen teile ich diese Rechtsauffassung aber keineswegs.


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Zuletzt hat auch ein junger Autor in einem hier im Hohen Hause präsentierten Buch die Weitergeltung des Artikels 19 Staatsgrundgesetz überzeugend begründet. Beim Verfasser, burgenländisch-kroatischer Herkunft, handelt es sich um den letzten Habilitanten des inzwischen emeritierten bekannten Staatsrechtlers Professor Robert Walter, nämlich um Dieter Kolonovits, dessen Werk "Sprachenrecht in Österreich", erschienen 1999, ich allen an Fragen des Volksgruppen- und Minderheitenschutzrechtes Interessierten nur empfehlen kann.

Der aus der alten Österreich-ungarischen Monarchie überkommene Verfassungsauftrag des Artikels 19 lautet so: "Alle Volksstämme des Staates sind gleichberechtigt, und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.

Die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben wird vom Staate anerkannt."

Daran knüpft sich noch das Recht, Schulunterricht in der angestammten Muttersprache zu erhalten.

All das verträgt sich doch recht gut mit der verfassungs-, gesellschafts- und kulturpolitischen Intention der neuen Staatszielbestimmung, mag sie jetzt auch in zeitnäherer Sprache formuliert worden sein!

Zusammenfassend halte ich daher fest, dass wir mit dieser Proklamation durchaus kein Bekenntnis zum zeitgeistigen "Multikulturalismus", vielmehr eine Verpflichtung auf die zeitlose Aufgabe verbinden, die Identität der autochthonen Volksgruppen in Österreich, das heißt, ihren Bestand und ihre Erhaltung zu wahren und ihre sprachliche und kulturelle Entwicklung zu sichern und zu fördern.

Zugleich erhoffen wir uns davon, indirekt damit auch einen beispielgebenden Impuls für ein europaweites Volksgruppenrecht zu setzen.

All das motiviert meine Fraktion ganz besonders, dieser so grundlegenden, weil die Staatsziele betreffenden Ergänzung unserer Bundesverfassung zuzustimmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

12.18

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn Sie heute, wie ich zur Freude höre, mit den Stimmen aller Fraktionen eine Staatszielbestimmung beschließen, der zufolge sich die Republik Österreich zu ihrer sprachlichen und kulturellen Vielfalt und zum Schutz und zur Förderung der autochthonen Volksgruppen bekennt, so ist dies zunächst einmal ein Anlass zur Freude darüber, dass es möglich war, diesen wichtigen Schritt bei der Umsetzung der Anliegen des Memorandums der österreichischen Volksgruppen im Konsens aller im Nationalrat vertretenen politischen Parteien zu setzen.

Die gewählte Form einer Staatszielbestimmung ist aber auch Anlass, kurz in der Geschichte unserer Republik zurückzublicken.

Die österreichische Bundesverfassung, die am 10. November 1920, also vor nunmehr bald 80 Jahren, in Kraft getreten ist, enthielt nur wenige Bestimmungen mit programmatischem Inhalt, und zwar das Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich im Artikel 1 einerseits und zur Bundesstaatlichkeit Österreichs im Artikel 2 andererseits. Dies ist sicherlich auch auf die weltanschaulichen Gegensätze der an der Entstehung der Bundesverfassung beteiligten politischen Parteien zurückzuführen, die gerade in programmatischen Fragen nur einen politischen Minimalkonsens zuließen.


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Darüber hinaus ist die Zurückhaltung der Bundesverfassung gegenüber programmatischen Bestimmungen aber auch charakteristisch für das formale Verständnis der Schöpfer der Bundesverfassung von 1920. Nach diesem formalen Konzept hat die Verfassung nur die Funktion einer Spielregel, einer Verfahrensordnung für politische Prozesse, die der Politik jedoch keine Inhalte vorgeben soll.

Das Konzept der Spielregelverfassung ist jedoch nicht nur auf dem Gebiet der Interpretation durch ein wertorientiertes Verfassungsverständnis abgelöst worden. Seit etwa Mitte der siebziger Jahre haben zahlreiche programmatische Bestimmungen in die Bundesverfassung Aufnahme gefunden wie etwa das Bekenntnis zur umfassenden Landesverteidigung oder zur Parteiendemokratie, die Erklärung zum Rundfunk als öffentliche Aufgabe und in jüngster Vergangenheit zur Gleichbehandlung von Behinderten und zur Gleichstellung von Mann und Frau.

Dass diese Staatszielbestimmung im Nationalrat durchwegs einstimmig beschlossen wurde, macht zunächst deutlich, dass zwischen den politischen Parteien heute ein erheblich breiterer politischer Konsens besteht als zur Zeit der Gründung der Republik. Da gerade in jüngster Vergangenheit angesichts der heftigen und schärfer gewordenen Auseinandersetzung zwischen den politischen Parteien die Befürchtung laut geworden ist, der Konsens der Zweiten Republik löse sich auf beziehungsweise das politische System entwickle sich weg vom Modell der Konsensdemokratie, scheint es mir doch wesentlich zu sein, heute hier hervorzuheben, dass – wie die Einhelligkeit in Bezug auf die vorliegende Staatszielbestimmung zeigt – der politische Grundkonsens der im Nationalrat vertretenen Parteien auch heute noch zu finden ist.

Es bleibt aber die Frage – das ist heute schon angeklungen –, welche rechtliche Bedeutung Staatszielbestimmungen zukommt. Laut Bericht der Sachverständigen-Kommission des Deutschen Bundestages haben Staatszielbestimmungen, Gesetzesaufträge aus dem Jahre 1983 normative Richtlinienfunktion für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. Damit ist zunächst der positive Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers angesprochen, der im zweiten Satz des Artikels 8 Abs. 2: Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung der autochthonen Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern, auch explizit zum Ausdruck kommt.

Für die Verwaltung ist die Staatszielbestimmung unmittelbar anzuwenden, einerseits als Interpretationsmaßstab, andererseits als Abwägungsgebot für den Bereich des Ermessens. Auch für die Gerichtsbarkeit, hier vor allem für die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, dient die Staatszielbestimmung als Interpretationsmaßstab. Schon bisher ist der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die einschlägigen verfassungsrechtlichen Normen eine Werteentscheidung zu Gunsten des Minderheitenschutzes enthalten. Diese Werteentscheidung wird durch die hier zur Debatte stehende Staatszielbestimmung näher verdeutlicht.

In diesem Sinn hat der Verfassungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen, dass die Staatsziele eine sachliche Rechtfertigung für gesetzliche Regelungen darstellen können. Je nach dem Regelungsgegenstand ist nach dieser Rechtsprechung der Schutz von Angehörigen einer Minderheit gegenüber Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen sachlich zu rechtfertigen oder ist es sogar erforderlich, die Minderheit in gewissen Belangen zu bevorzugen.

Was die Bundesregierung betrifft, möchte ich darauf verweisen, dass sie in Umsetzung ihres Regierungsprogramms bereits in den ersten Monaten ihrer Amtszeit eine Reihe positiver Maßnahmen für die anerkannten autochthonen Volksgruppen in Österreich gesetzt hat. Ich verweise hier auf die Topografieverordnung Burgenland, und auch die am 14. Juni 2000 beschlossene ungarische Amtssprachenverordnung ist hier zu nennen. Auch dem Gesetzesbeschluss, der heute hier gefasst werden soll, liegt eine Vorlage der Bundesregierung zu Grunde. – All dies, so meine ich, zeigt deutlich das Bemühen der Bundesregierung um Fortschritte, was die Situation der Volksgruppen betrifft.


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Die Bundesregierung wird daher auch den in der neuen Staatszielbestimmung enthaltenen Verfassungsauftrag ernst nehmen und den von ihr eingeschlagenen Weg weiterhin fortsetzen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

12.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

12.24

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Artikel 7 des Staatsvertrages ist und wird endlich verwirklicht. – Dazu hat es einer freiheitlichen Regierungsbeteiligung bedurft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Ja, so lange hat es gedauert.

Kärnten übernahm die Vorreiterrolle. Schon vor zehn Jahren wurde die Landeshymne auf slowenisch nachempfunden und wird seither gemeinsam von den Deutschkärntnern und den slowenischen Kärntnern gesungen. Das halte ich für eine gute Zusammenarbeit zwischen zwei Sprachgruppen, zwischen zwei Volksstämmen. Und das wollen wir jetzt in ganz Österreich haben – mit oder ohne EU!

Ein schon vom ÖVP-Abgeordneten Universitätsprofessor Ermacora gefordertes europäisches Volksgruppenrecht ist zu verlangen und wird von mir verlangt. Problematisch für die Volksgruppenrechte wird es dann – das ist für Europa wahrscheinlich sehr entscheidend –, wenn jeder Staat sein eigenes Volksgruppenrecht artikuliert. Ich hoffe, dass es gelingt, ein grenzüberschreitendes, ein europäisches – das heißt nicht unbedingt ein EU-europäisches – Volksgruppenrecht zu schaffen. Ich meine, Österreich übernimmt hier die Vorreiterrolle, ist aber nicht in der Lage, der Schweiz auf diesem Gebiet den Rang abzulaufen.

Aber weil wir gerade von den drei Weisen beobachtet werden – ich weiß nicht, von wie viel Botschaften, ich weiß nicht, von wie viel Journalen –, möchte ich jetzt kurz die Situation in Frankreich und Spanien darlegen, diese ist nämlich nicht rosig. Diese Länder haben Österreich nicht zu maßregeln.

Die okzidentanische Sprache der Provence soll diesem prachtvollen Lande zurückgegeben werden, verlangen die Okzidentanier. Ihr Glanz, ihre Stellung, die ihr im Mittelalter die Minnesänger vermittelt hatten, sollen wieder offiziell werden. Noch vor 135 Jahren galten mehr als 90 Prozent der Kommunen der Provence und der Bretagne als nicht französischsprachig. 15 Prozent beherrschen noch heute die lokalen Dialekte, 40 Prozent verstehen und 80 Prozent befürworten seine Belebung. Bretonisch war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Sprache der sozialen Unterschicht in diesen Bereichen. Das Okzidentanische wird im Zentralmassiv seit 40, 50 Jahren zurückgedrängt.

Im Baskenland sieht es ähnlich aus. Die baskische Identität gewinnt auch in Frankreich an Anhängern, und man fordert ein Departement Baskenland. Premierminister Jospin, ein Sozialist, hat seinen Wahlkampf damit geführt, diesen Minderheiten ihre Rechte zu geben, und kommt jetzt in Paris wahrlich in Bedrängnis.

Die Bürgermeister und Gemeinden des Departements Atlantik-Pyrenäen, so heißen sie bis jetzt, sind für eine Umwandlung in ein Departement Baskenland. Paris antwortet auf dieses Ipparalda, das heißt Baskenland des Nordens, mit polizeilicher Überwachung.

Die katalanische Sprache hat sich auch in Frankreich noch immer behauptet. Das Elsässische und das Korsische verlieren etwas an Boden, doch das korsische Regionalparlament soll gesetzgeberische Befugnisse erhalten und soll von bisher zwei Departements, die leichter von Paris aus zu gestalten und verwalten waren, auf ein Departement zusammengelegt werden. – Auch das versprach Jospin. Er versprach eine Behandlung der Minoritäten ohne Tabus, blieb aber bislang noch fast alles schuldig.


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Das Französische galt im 14. Jahrhundert als die Sprache der Engel, ab der Aufklärung als Sprache der Vernunft. Vielleicht werden die Franzosen jetzt bald so vernünftig werden, auch die Minoritäten an ihren Rechten teilhaben zu lassen. Korsen, Bretonen und Savoyer wandten sich deshalb auch an das Europäische Parlament, um die Belebung ihrer Sprache zu bewerben. – Das war in Österreich gar nicht notwendig. Wir machen das selbst. Sollen doch diese Minoritäten zu uns kommen, hier finden sie Verständnis. Wir werden sie auch, so gut wir können, im Europäischen Parlament vertreten. Uns sind Minoritäten ein Anliegen!

1992 hat Frankreich die vom Europarat entworfene Charta der Regionalsprachen unterzeichnet. Der Conseil Constitionnel meint, diese wäre verfassungswidrig und stünde im Widerspruch zu einer unteilbaren Republik. Ihre Unterzeichnung bedeute, Frankreich werde anerkennen, ein mehrsprachiges Land zu sein. Daher geschieht bis jetzt nichts.

In Spanien sind es die Katalanen, die Galizier und die Basken, die eine eigene Sprache haben und zum Ärger der Zentralregierung hartnäckig ihre soziokulturellen Besonderheiten vorzeigen und an ihrem Geschichtsbild festhalten. Es ist eben nicht nur das rein spanische Geschichtsbild. Das Volk hat ein Recht darauf, seine wahre Geschichte zu erfahren, verlangen diese drei Minderheitsgruppen. Doch wer definiert, was jeder der 39 Millionen Spanier oder der 60 Millionen Franzosen als sein Geschichtsbild betrachten darf, soll oder muss? – Gottlob, Österreich hat es besser! Wir können den anderen zeigen, wie es gemacht wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.31

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Scheuch. – Bitte.

12.32

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hochgeschätzter Bundesrat! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Diese Staatszielbestimmung zum Schutz der autochthonen Volksgruppen, über die wir heute reden, ist, so glaube ich – das hat auch schon ein Vorredner heute hier gesagt –, wirklich ein Meilenstein im Umgang Österreichs mit den verschiedenen Volksgruppen.

Das hat auch die Debatte im Nationalrat ganz klar gezeigt. Es hat dort einen sehr scharf geführten Vaterschaftsprozess um diese Staatszielbestimmung gegeben. Ich stehe gar nicht an, hier zu sagen, dass es für mich als jungen Politiker, der oft auch die Reibung mit seinem politischen Gegenüber sucht, einen gewissen Reiz in sich bergen würde, gewisse Doppelbödigkeiten hier zum Thema zu machen, aber ich möchte doch auch ganz klar vom Rednerpult aus sagen, dass mir dieses Thema zu schade ist, um politisches Kleingeld einzusammeln.

Etwas ist allerdings auch besonders schade, und ich denke, das sollte man doch hier im Bundesrat vorbringen. So hat zum Beispiel ein Mitglied des Minderheitenausschusses, nämlich Dieter Brosz, seines Zeichens Bildungssprecher der Grünen, im Nationalrat doch tatsächlich gemeint – ich zitiere aus dem Protokoll der Nationalratssitzung vom 7. Juli 2000 –: "Es gibt keine zweisprachigen Kindergärten. Dieses Modell beginnt, wo überhaupt, erst im Schulsystem. Im Burgenland gibt es sie übrigens, aber vor allem in Kärnten gibt es sie nicht, was vielleicht auch eine Antwort der FPÖ bedingen würde ..."

Ich finde es eigentlich traurig, dass Leute, die im Nationalrat sitzen, sich so uninformiert zu Wort melden und solche Sachen in den Raum stellen. Es hat dann Gott sei Dank eine tatsächliche Berichtigung gegeben, und ich glaube, auch die Vertreter von Kärnten, die heute hier sitzen, wissen, dass es in Kärnten natürlich zweisprachige Kindergärten gibt.

Ich halte es da beinahe ein bisschen mit Professor Öhlinger, der in einem Artikel über den Verfassungsschutz von ethnischen Gruppen in Österreich Folgendes geschrieben hat: Eine rationale Diskussion der Rechtsprobleme ethnischer Minderheiten ist überlagert von Emotion, Verurteilung und Angst.


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Dabei wäre es eigentlich gar nicht so schwer, gute Minderheitenpolitik zu machen, wie es auch diese Staatszielbestimmung zeigt. Es geht eigentlich nur darum, dass man vertrauensbildende Maßnahmen von Seiten der Mehrheitsbevölkerung gegenüber den Minderheiten setzt und man dann in einen Dialog tritt, wie das auch im Jahre 1997 passiert ist, als der Regierung von sechs Volksgruppenvertretern ein Memorandum überreicht wurde.

Was steht in diesem Memorandum? – Es sind dies eigentlich alles nachvollziehbare Forderungen. Es geht um den Respekt gegenüber der Volksgruppen, es geht um die Bewahrung sprachlicher Eigenheiten, es geht um Ortsbeschilderungen, topographische Beschilderungen, es geht um Radioprogramme, und es geht um ein eigenständiges Brauchtum.

Ich glaube, hier wirklich einen Schwenk – deswegen habe ich mich auch zu Wort gemeldet – nach Kärnten machen zu müssen, um Ihnen anhand der dort lebenden slowenischen Volksgruppe, die als autochthon zu bezeichnen ist, zu demonstrieren, dass diese nicht nur den Abwehrkampf in Kärnten mit uns geführt hat, sondern sich vor 80 Jahren bei der Abstimmung am 10. Oktober auch zu Kärnten und somit auch zum Verbleib dieser Gebiete beim Staatsgebilde Österreich bekannt hat.

Nicht immer, so muss ich aber sagen, war die Minderheitenpolitik in Kärnten harmonisch. Das weiß man auch, und das ist, so glaube ich, gar kein Geheimnis. Wir sollten hier auch kein Tabuthema daraus machen, dass es zum Beispiel sehr wohl einen Ortstafelsturm in Kärnten gegeben hat, der letztendlich dann auch Altlandeshauptmann Sima zum Rücktritt bewogen hat. Die Politik, die Wagner als sein Nachfolger dort dann weiter betrieben hat, war in gewissen Teilen sicher gut, hat aber letztendlich auch Ansätze einer Inhalation der Volksgruppe gezeigt, was meines Erachtens sehr problematisch gewesen wäre.

Und dann, überraschend für alle, überraschend auch – das verschweige ich hier gar nicht – für uns als Parteimitglieder, überraschend aber vor allem auch für die Mitglieder der Volksgruppe, hat Dr. Jörg Haider bei seinem ersten Amtsantritt in Kärnten 1989 einen Dialog mit der slowenischen Volksgruppe eröffnet. Er hat einen "Runden Tisch" einberufen; daraus entstand dann ein Volksgruppenkongress, der heuer übrigens zum zehnten Mal tagen wird. Unter seiner Führung wurde – das ist noch nie dagewesen in Österreich – ein Volksgruppenbüro in der Landesregierung installiert, das auch dort die Anliegen der Minderheit vertritt. Es ist zum Beispiel dazu gekommen, dass auch eine zweisprachige HAK in Kärnten errichtet wurde. (Bundesrätin Mag. Trunk: Aber nicht vom Dr. Haider!) – Natürlich von Herrn Dr. Haider! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) – Ich weiß schon, dass Sie das nicht so gerne hören, weil Sie für die Volksgruppe verhältnismäßig wenig tun. (Lebhafte Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Am Wort ist Herr Bundesrat Ing. Scheuch. – Bitte.

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (fortsetzend): Es ist eben so, und man merkt es lustigerweise auch an den Reaktionen meiner Kollegen aus Kärnten, dass sie es anscheinend nicht so gerne hören, dass ein Mann wie Dr. Jörg Haider – das werde ich auch gleich weiter beweisen – wirklich sehr viel für diese Volksgruppe weitergebracht hat. Als er nämlich wieder den Landeshauptmann-Sessel erklommen hat ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Seine 10.-Oktober-Rede vom Vorjahr, kennen Sie die? Wissen Sie, was er damals gesagt hat?) – Sie wissen anscheinend gar nichts. Das ist peinlich. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wissen Sie, was er gesagt hat?) – Das hoffen wir doch. (Bundesrätin Mag. Trunk: Diese Rede werden wir gerne verteilen!) – Ich habe keine Angst davor. Ich identifiziere mich natürlich auch mit meinen Reden, Frau Melitta Trunk!

Grundsätzlich ist es so, dass Landeshauptmann Jörg Haider, als er wieder den Landeshauptmann-Sessel erklommen hat – zwar nicht mit Ihrer Unterstützung, aber mit der Unterstützung der Wähler –, natürlich versucht hat – das werde ich jetzt gleich klarlegen –, eine Aussöhnung der Volksgruppe durch Abbau von Vorurteilen zu betreiben. Zum Beispiel hat er Mag. Smrtnik, Angehöriger der Volksgruppe, zu seinem Protokollchef ernannt. Zum Beispiel wurde die Minderheitenschulfrage in Kärnten jetzt wieder diskutiert, und ich zeige Ihnen hier einen Artikel,


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Frau Trunk, von einer uns nicht gerade freundlich gesinnten Zeitung, die tituliert: Historische Einigung. Haider führt selbst Regie. Schulfrage: Auch Kärntner Slowenen stimmen jetzt zu. Historische Einigung in der Frage des Minderheitenschulwesens in Kärnten.

Unter der Regie von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider einigten sich Dienstag die Slowenenvertreter, FPÖ, SPÖ und ÖVP im Landesausschuss auf einen gemeinsamen Vorschlag, der von uns eingebracht wurde, und natürlich können Sie auch versuchen, das wegzudiskutieren, was Ihnen über Jahre nicht gelungen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Über Jahre ist es Ihnen nicht gelungen, etwas weiterzubringen mit der doppelzüngigen Politik, die Sie dort gefahren sind. (Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!) Und das ist das Verwerflichste an dieser ganzen Geschichte, das sage ich Ihnen hier posthum. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das Minderheitenschulwesen in Kärnten wurde durch sozialistische Politiker eingeführt! – Weitere Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat, bitte, Sie sind am Wort.

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (fortsetzend): Weiters hat es auch viele kleine Dinge gegeben. Zum Beispiel war es unter sozialistischen Landeshauptmännern nie üblich, dass Kärntner Slowenen in der Landesregierung ihre Kunstwerke, sprich ihre Kultur zur Schau stellen durften. (Bundesrätin Mag. Trunk: Valentin ... war zweimal im Landhaus!) – Die hat es gar nicht gegeben, meine Liebe! (Bundesrätin Mag. Trunk: Wie bitte? Das hat es nicht gegeben?) Sie verwechseln das Landhaus mit der Landesregierung. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Es hat keine Ausstellungen in der Landesregierung gegeben. Sie verwechseln die Landesregierung mit dem Landhaus, Frau Trunk, und da müssen Sie sich halt ein bisschen besser informieren. (Bundesrätin Mag. Trunk: Nein, in der Landesgalerie!) – Landesgalerie ist aber nicht die Landesregierung, Frau Trunk! Ich sage Ihnen, Sie sind so desinformiert, dass es beinahe peinlich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Manche von Ihnen waren, so glaube ich, auch bei der Präsentation hier in der Säulenhalle, bei der Dr. Jörg Haider und die Kärntner Landesregierung, natürlich auch hohe Vertreter der SPÖ, das Parlament eingeladen haben, an den 10.-Oktober-Feierlichkeiten teilzunehmen. Es ist für uns selbstverständlich, dass dort natürlich auch slowenische Chöre auftreten, und im Stift Ossiach zum Beispiel ist zurzeit ein europäisches Forschungszentrum für Minderheiten eingerichtet, getragen von der Kärntner Landesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube doch, dass das Leistungen sind, die auch ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Wer ist denn dafür zuständig?) Ich gebe durchaus zu, dass sehr wohl auch die SPÖ in der Landesregierung sitzt, aber die Federführung, meine sehr geehrte Kollegin, hat dann doch Dr. Jörg Haider in diesem Bereich. (Bundesrätin Mag. Trunk: Er ist auch zuständig dafür!) – Er ist auch zuständig, und deswegen macht er das auch. Aber SPÖ-Landesräte waren auch zuständig und haben eben nichts weitergebracht.

Ich möchte Ihnen auch noch eine, wie ich meine, freudige Botschaft aus dem Bundesland Kärnten überbringen. In der letzten Regierungssitzung wurde beschlossen, die restlichen Ortstafeln, die noch fehlen – bei uns sind immerhin schon weit über 50 aufgestellt –, zu installieren. Landeshauptmann Dr. Jörg Haider denkt auch – wieder ad personam – laut darüber nach, einen Fonds für zweisprachige Kindergärten ins Leben zu rufen. – Solche Beispiele könnte ich weiter und weiter anführen.

Etwas sage ich auch noch ganz klar an Ihre Adresse: Aus diesem Grund ... (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk ) – ich will Sie hier nicht überschreien – ist es wahrscheinlich so, dass gerade Slowenien, als es zu einer unglaublichen Menschenhatz in Europa gekommen ist, für Dr. Haider Partei ergriffen hat, und zwar in der Person von Herrn Ministerpräsidenten Drnovšek, der sich als kärntenfreundlich bezeichnet hat.

Eines glaube ich abschließend auch noch allen ins Stammbuch schreiben zu müssen, Vertretern der Mehrheit und Vertretern der Minderheit: Minderheiten- und Volksgruppenpolitik sind keine Einbahnstraße. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sieht man auch sehr gut in Kärnten, weil uns zum Beispiel die Kärntner Volksgruppe der Slowenen im Interesse der Gottscheer, der


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deutschsprachigen Minderheit in Slowenien, durchaus auch unterstützend zur Seite steht und versucht, dort ihre Kontakte zu nützen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Haunschmid: Bravo!)

Es ist in Kärnten überhaupt kein Problem (Zwischenruf von Bundesrätin Mag. Trunk )  – Frau Trunk hat anscheinend wirklich ein Problem damit, dass in Kärnten etwas weitergeht –, dass zum Beispiel die Autobahnbeschilderungen, die zurzeit eben nur in slowenischer Sprache – zum Beispiel "Ljubljana" – zu sehen sind, durchaus auch geändert und jetzt mit dem Untertitel "Laibach" versehen werden. Es gibt eben diese Einbahnstraße nicht.

Abschließend meine ich, dass diese Staatszielbestimmung in der Zukunft der richtige Wegweiser für einen respektvollen Umgang mit den Volksgruppen ist, was aber natürlich auch viel Arbeit impliziert: Arbeit auf Gemeindeebene, auf Länderebene und auf Bundesebene. Aber der Weg wurde von dieser Regierung – ich betone noch einmal: von dieser Regierung! – richtig beschritten. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. 

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.  – Ich warte noch die Sekunde, bis die Kollegen ihre Plätze eingenommen haben.

Bei dem vorliegenden Beschluss handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedarf.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (98 und 262/NR sowie 6172/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hensler übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe Ihnen den Bericht des Ausschusses für Verfassung und


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Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf das Wesentliche.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

12.47

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss kommen. (Heiterkeit.) Ich glaube, dass dieses vorliegende Gesetz eine höchst notwendige Anpassung des Mediengesetzes im Sinne der bisherigen Diskussion, die im Parlament stattgefunden hat, war. Dank des Staatssekretärs, der sich der Medienfragen annimmt, ist es jetzt dementsprechend rasch gegangen.

Ich möchte daher nur kurz sagen: Wir begrüßen diesen Fortschritt, halten diese Einigung, die es im Parlament gegeben hat, für wahnsinnig wichtig. Wir glauben auch, dass auf Grund der Technologieentwicklung, die noch vor uns steht, einige Anpassungen notwendig sein werden, aber dass diese Anpassung heute zu beschließen ist, unterstützen wir. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

12.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: In der Kürze liegt die Würze.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

12.48

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Herrn Kollegen Maier danke ich für seine präzise Aussage. Ich habe mir Ähnliches vorbereitet, jetzt muss ich ein bisserl weiter ausholen, damit man uns da nicht missversteht.

Ich habe mir dieses Gesetz angeschaut, das wirklich ein ganz notwendige Angelegenheit ist, und es ist unsere Pflicht, Wissenswertes zu erhalten, und zwar nicht nur offline, sondern auch online. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Wenn man aber die Reden der Nationalräte dazu liest, dann sprechen die einen von einer hervorragenden Weiterführung auf dem medialen Wege, und eine andere Partei spricht davon, dass der totale Stopp und der Stau im Medienrecht dadurch durchbrochen wurden.

Ich glaube, meine Damen und Herren, das Gesetz muss man so, wie es ist, natürlich zur Kenntnis nehmen, akzeptieren, um der Nachwelt das zu erhalten, was wir zurzeit in der Lage sind, ihr auf CD-ROMs zu übermitteln.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber noch einen Satz dazu anmerken: Wenn es darum geht, die Medien entsprechend zu werten, wenn es darum geht, den Medien Voraussetzungen zu geben, zu schreiben, zu sagen, was zu sagen ist, dann sollte man in Zeiten wie diesen auch beizeiten daran denken, dass es momentan Mode ist, dass die Regierung einen "Einsager aus Kärnten" hat, der sich bei allen Gelegenheiten mit Themen, die er vorgibt, durchsetzt. So, wie er sich zum Beispiel bei der Volksbefragung, die da jetzt ins Haus steht, durchgesetzt hat, habe ich die Sorge, dass er sich mit anderen Meldungen vielleicht auch durchzusetzen beginnt. Wenn man sich das "profil" vom Montag anschaut, so sieht man dort auf einer Seite ein Plakat mit der Aufschrift "Volksbefragung". Davor steht der Bundeskanzler mit einem Handy und fragt: "Und jetzt, Jörg?"


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Meine Damen und Herren! Ich meine, wenn wir schon von Medien, Medienrecht, freien Medien sprechen, sollten wir den Sager des Herrn Haider auch noch einmal Revue passieren lassen, in dem er gemeint hat, wenn er etwas zu sagen hat, dann wird in den Redaktionsstuben die Wahrheit geschrieben werden.

Meine Damen und Herren! Wir haben gemeinsam die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Medien unabhängig bleiben können. Wir von der Opposition werden garantiert versuchen, das aufrechtzuerhalten. Die Koalition fordere ich auf, klare Bekenntnisse zur freien Meinungsäußerung abzugeben! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Aber nicht zu Unwahrheiten!)

12.51

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Buchinger. – Bitte.

12.51

Bundesrat Ludwig Buchinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Wesentlichen handelt es sich bei der vorliegenden Novelle des Mediengesetzes darum, eine Anpassung unseres Rechts an EU- und an amerikanische Normen herzustellen. Der zentrale Punkt dieser Gesetzesänderung ist die Erweiterung der Ablieferungs- und Anbietungspflicht.

Bisher schon mussten Zeitungen, Zeitschriften und Bücher systematisch gesammelt und in der Nationalbibliothek archiviert werden. Das wird jeder wissen, der schon einmal eine politische Zeitung verfasst hat. Mit dieser Novelle wird die Ablieferungspflicht auch auf elektronische Medienwerke, also auf Offline-Produkte wie CD-ROMs und CDs, erweitert. Dies vor allem aus dem Grund, da die technologische Entwicklung immer rasanter voranschreitet und nur mit der Ablieferungspflicht gewährleistet ist, dass jener Teil unseres Kulturgutes erhalten bleibt, der auf Offline-Produkten produziert wird. Schätzungen zufolge werden rund 100 bis 200 solcher CDs und CD-ROMs jährlich an die Nationalbibliothek abzuliefern sein. Demgegenüber stehen rund 50 000 bis 60 000 Druckwerke, die jährlich abgeliefert werden.

Meine Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen, weil es sinnvoll ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

12.52

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Auch ich werde mich an die Länge, die Herr Bundesrat Dr. Maier vorgegeben hat, halten. Nur vorweg eine Replik zur Pressefreiheit: Glauben Sie mir, Herr Bundesrat, natürlich bekennt sich diese Bundesregierung und jeder in diesem Hause zur Pressefreiheit, zur Medienfreiheit in diesem Land, und zwar nicht nur deswegen, weil es ein Grundrecht in dieser Republik ist, und nicht nur deswegen, weil es ein Paragraph in der Menschenrechtskonvention ist, sondern ich nehme an, das ist ein allgemeines Bedürfnis von jedem einzelnen Abgeordneten in diesem Haus und selbstverständlich auch von der Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Prähauser. )

Zum Mediengesetz: Das Mediengesetz ist eine Weiterentwicklung der Aufbewahrung von Offline-Medien, das heißt von dem, was bisher die Sammlung der Nationalbibliothek beziehungsweise der anderen Bibliotheken war, nämlich Medienwerke, durch die Mitteilungen oder Darbietungen ausschließlich in Schrift oder Standbildern verbreitet werden. Mit einem Wort, es ist dies eine Weiterentwicklung des Status quo auf Offline-Produkte.

Es sei zugegeben, dass wir uns auch darüber informieren, wie das mit Online-Produkten stattfinden könnte. Dieses Problem ist, wie Sie wissen, relativ groß. Trotzdem haben wir dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um die theoretischen und technischen Voraussetzungen zu schaffen, um auch dieses Problem bewältigen zu können.


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Es wurde in diesem Zusammenhang natürlich auch über Schallträger wie Schallplatten und CDs und darüber diskutiert, dass es kulturpolitisch wünschenswert wäre, auch diese zu sammeln, mussten aber aus kompetenzrechtlichen Gründen von einer derartigen bundesgesetzlichen Regelung Abstand nehmen. Wir werden allerdings dieses Anliegen an die Länder herantragen.

Im Übrigen glaube ich, dass sich das Mediengesetz in seiner Kontinuität langsam – es ist ein kleiner Schritt, aber es ist meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt – einer Arbeitsgrundlage für unsere Bibliotheken nähert. – In diesem Sinne danke ich Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte. (Bundesrätin Haunschmid: Jetzt bin ich gespannt!)

12.54

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Die Vorredner sind in aller Kürze auf die Materie eingegangen, wenngleich ich als medienrechtlich und medienpolitisch Interessierte schon weiß, warum diese Sache auch bereits unter Staatssekretär Peter Wittmann behandelt und jetzt von Ihnen finalisiert wurde: weil natürlich in der Sache, in der Materie – wie heißt das? – der Hund im Detail liegt. Deshalb ist diese Gesetzesänderung keine große medienpolitische Angelegenheit, sie bedeutet aber dennoch die Öffnung einer Schleuse und eine Anpassung an die aktuelle, an die zeitgemäße Mediensituation.

Herr Staatssekretär! Sie werden aber erlauben, dass ich an Sie als den für Medien Zuständigen im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung eine politische Aufforderung beziehungsweise eine Bitte herantrage. Die Sozialdemokratie bekennt sich wie in der Vergangenheit, so auch in der Zukunft offen zu einer offensiven und demokratischen Presseförderung und auch zu einer Medienvielfalt in Österreich. Sie kennen wie die Sozialdemokratie die Problematik der Medienvielfalt in Österreich. Das heißt, Vielfalt reduziert sich nicht nur auf die Bereitschaft, am Markt der Medien Anbieter zu sein, sondern sie hängt sehr oft vom finanziellen Gewicht ab. Das heißt, zur Aufrechterhaltung der Meinungsvielfalt und Medienvielfalt in Österreich ist auch eine offensive Presseförderung notwendig.

In diesem Zusammenhang ersuche ich Sie, im Sinne der Wahrung der Meinungsvielfalt diese Presseförderung offensiv vorzunehmen und hinsichtlich der Abänderungen in anderen Teilbereichen, wie etwa im Bereich des Posttarifgesetzes, das noch nicht so umgesetzt wurde, wie es gedacht war, auch noch einmal Überlegungen anzustellen. Sie wissen, eine Verteuerung der Posttarife für den Bereich der Medien – der kleinen und der großen – bedeutet letztendlich beispielsweise in Kärnten für alle Bezirksmedien den medialen Tod. Das heißt, mit dieser Frage ist sehr sensibel umzugehen.

Ich denke, wir sind beim Tagesordnungspunkt 1 in politischer Kultur übereingekommen, dass wir wachsam und behutsam zu sein haben, wenn es um die Frage der Auseinandersetzung mit Äußerungen geht. In diesem Sinne distanziere ich mich als Sozialdemokratin und für die Sozialdemokratie von Äußerungen von Politikerinnen oder Politikern, die die Frage der Medien betreffend gemeint haben – ich zitiere –: "Die Hand, die füttert, beißt man nicht."

Wer auch immer das gesagt hat – mir ist er bekannt, Ihnen auch –, ich denke, das ist eine Aussage, die striktest zurückgewiesen werden soll. Wir sind nicht jemand, der Medien füttert, sondern jemand, der durch demokratische Presseförderung Meinungsvielfalt ermöglicht. Und dieser Satz, "Eine Hand, die füttert, beißt man nicht!", bedeutet: Presseförderung und öffentliche Förderung nur für jene, die so schreiben, wie ich diktiere. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Und das ist nicht der demokratische Geist, das ist nicht das, was die Sozialdemokratie unter einer offensiven, demokratischen Presse- und Meinungsfreiheit und unter politischer Verantwortung versteht. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Für die Sozialdemokratie distanziere ich mich natürlich auch davon, dass es einen Landeshauptmann in der Republik Österreich gibt, der in dieser seiner Funktion als Landeshauptmann öffentlich dazu aufruft, eine Zeitung, in diesem Fall die "Kleine Zeitung", abzubestellen, weil sie


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nicht schreibt, wie er will. Das ist ein offener Boykott und ein offener Angriff gegen die Meinungsvielfalt. Davon distanziert sich die SPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

12.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Scheuch hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Sie kennen die Vorschriften der Geschäftsordnung über die Dauer Ihrer Wortmeldung. – Bitte.

12.59

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Ich möchte tatsächlich berichtigen, was Frau Trunk wahrscheinlich wieder einmal aus Unwissenheit von sich gegeben hat. (Ironische Heiterkeit der Bundesrätin Mag. Trunk. ) Dr. Jörg Haider hat natürlich niemals dazu aufgerufen, eine Zeitung abzubestellen. Das ist auch beweisbar, und ich würde Sie wirklich bitten, in Zukunft bei der Wahrheit zu bleiben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Wobei? – Weitere Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

12.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000) (181 und 254 und Zu 254/NR sowie 6161 und 6173/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (263/NR sowie 6162 und 6174/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausge


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gliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000) (175 und 259/NR sowie 6163 und 6175/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (Sozialrechtsänderungsgesetz 2000),

ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird, und schließlich

ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2000).

Die Berichterstattung über die Punkte 4 bis 5 hat Frau Bundesrätin Mühlwerth übernommen. Ich darf sie um die Berichte bitten.

Berichterstatterin Monika Mühlwerth: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen in Bezug auf das Sozialrechts-Änderungsgesetz zum Tagesordnungspunkt 4. Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich darf Ihnen daher zur Kenntnis bringen, zu welchem Ergebnis der Ausschuss gekommen ist.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Auch bezüglich des nächsten Tagesordnungspunktes liegt Ihnen der Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen schriftlich vor. Ich darf das Ergebnis, zu welchem der Ausschuss gelangt ist, bekannt geben.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

(Die Bundesräte Gstöttner, Schicker, Prähauser, Meier und Konecny stellen insgesamt sechs Tafeln in weiß, signalgrün und signalrot auf ihre Pulte in der ersten Reihe. Die Tafeln tragen – von links nach rechts gereiht – folgende Aufschriften:

Eingriff in bestehende Pensionen

0,8 % = Pensionssicherungsbeitrag ab 1. Oktober 2000


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Arbeitnehmer finanzieren ihre Pensionen zu 84,4 % selbst

Gewerbetreibende mit 48,6 %, Bauern mit 31,1 %

1/5 = 340 000 Bauern und Gewerbetreibende: Bundesbeitrag 25,3 Mrd

4/5 = 1,6 Millionen Arbeitnehmer: Bundesbeitrag 37,7 Mrd.

Mitarbeiter des ORF filmen die Tafeln. – Unruhe im Saal.)

13.03

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Die von der FPÖ/ÖVP-Regierung geplanten dramatischen Verschlechterungen im Pensionsrecht sind meiner Meinung nach eine grobe Missachtung des verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutzes, der wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Bundesrat sicher nicht die Zustimmung geben können.

Die überfallsartige Anhebung des Pensionsalters ab 1. Oktober 2000, der Wegfall der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit und die Reduktion der Witwen- und Witwerpension bis auf null Prozent sind Maßnahmen, die Tausende Österreicherinnen und Österreicher zu Unrecht schwer treffen werden.

Die FPÖ/ÖVP-Regierung geht von der Fehleinschätzung aus, dass es allein in der Entscheidungsfreiheit der betroffenen Kolleginnen und Kollegen, der Bürgerinnen und Bürger liege, ob sie über das vorzeitige Pensionsalter hinaus in Beschäftigung bleiben können. Mehr als 50 Prozent der Pensionseintritte erfolgen nicht im Anschluss an eine Beschäftigung, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern im Anschluss an Arbeitslosigkeit beziehungsweise nach langen Krankenständen. (Anhaltende Unruhe im Saal im Zusammenhang mit den aufgestellten Tafeln.)  – Darf ich um Ruhe bitten?


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Am Wort ist Kollege Drochter. – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Allein die Tatsache, dass bei diesem Vorhaben der Regierung die meisten strukturellen Schwächen des Pensionssystems – keine Beschäftigungsmöglichkeiten für den Großteil der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, keine kostendeckende Finanzierung der Ersatzzeiten, wie ich bereits erwähnte, sowie ungerechte Finanzierungsstrukturen bei den Pensionen – ungelöst bleiben, zeigt unserer Ansicht nach, dass es der Regierung vorrangig nicht um eine langfristige Lösung und Sicherung geht, sondern in erster Linie um eine Demontage der gesetzlichen Pensionsversicherung. Ich glaube, durch dieses Verhalten verdienen diese Regierung und auch Sie, sehr geehrte Frau Vizekanzlerin, die "rote Karte"! (Die Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ halten rote Karten in die Höhe. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei allen Fraktionen.)

Obwohl die gute Finanzlage im Familienlastenausgleichsfonds und in der Arbeitslosenversicherung die Chance bieten würde, über die Jahre 2000 und 2001 hinaus für die Finanzierung der von der Pensionsversicherung getragenen Ersatzzeiten wie der Zeiten der Kindererziehung und Arbeitslosigkeit zu sorgen, fehlt bis heute auch die Finanzierung der Ersatzzeitenanrechnung für den Wehr- und Zivildienst zur Gänze.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die deutliche Anhebung der Eigenfinanzierungsquote bei den Gewerbetreibenden und den Bauern ist unverzichtbar. Die Pensionen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden zu 84,4 Prozent aus den laufenden Beitragseinnahmen finanziert, die der Gewerbetreibenden aber nur zu 48,6 Prozent und die der Bauern gar nur zu 31,1 Prozent.

Für zirka 1,6 Millionen Pensionisten aus unselbständiger Tätigkeit werden rund 37,7 Milliarden Schilling aufgewendet. (Anhaltende Zwischenrufe und Unruhe im Saal.)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Am Wort ist Kollege Drochter! – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (fortsetzend): Für 340 000 Gewerbetreibende und Bauern macht der Bundesbeitrag – hören Sie aufmerksam zu, meine sehr geehrten Damen und Herren! – 25,3 Milliarden Schilling aus.

Die Sicherung des Lebensstandards im Alter ist aus unserer Sicht eine Aufgabe aller Generationen. (Beifall bei der SPÖ.) Daher treten wir für eine langfristige Absicherung des Pensionssystems ein. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bekennen uns zu einer langfristigen Sicherung der Pensionen. Wir sind davon überzeugt, dass dies auch ohne massive Verschlechterungen möglich ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen dazu einige uns wichtig erscheinende Voraussetzungen aufzählen.

Wir verlangen mehr altersgerechte Arbeitsplätze, eine bessere Gesundheitsvorsorge für die älteren Kolleginnen und Kollegen, einen besseren Kündigungsschutz, einen höheren Malus für Unternehmen, die ältere Arbeitnehmer kündigen und zur Arbeitslosigkeit verdammen, eine konkrete Wiedereinstellungshilfe für ältere Arbeitslose und rechtzeitige Weiterbildungsmaßnahmen für ältere Kolleginnen und Kollegen bereits ab dem vierzigsten Lebensjahr. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das steht eh da drin! Die Regierungsvorlage lesen! – Bundesrätin Haunschmid: Was hat die SPÖ 30 Jahre lang gemacht?! – Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. )

Ich weiß schon, dass Sie unruhig sind, meine sehr geehrten Damen und Herren vor allem von der Freiheitlichen Partei! Wir alle sind betroffen. Die einen sind erregt, die anderen sind totenstill. (Bundesrätin Haunschmid: Sie!)

Wir alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen dafür Sorge tragen, dass es in unserer Gesellschaft bald ein Recht auf Altwerden und Gesundbleiben gibt.

Ich darf daher auch folgenden Antrag der sozialdemokratischen Bundesrätinnen und Bundesräte einbringen:

Antrag

der Bundesräte Karl Drochter, Herbert Würschl, Peter Marizzi, Karl Boden und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 – SRÄG 2000) (181 und 254 und Zu 254/NR der Beilagen)

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 Einspruch zu erheben.

*****

Ich ersuche, diesen Antrag auch in die Debatte einzubringen. (Bundesrätin Haunschmid: ... Kredite aufnehmen! Ihr habt einen Sumpf geschaffen, wie es ärger nicht mehr geht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber auch meine Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes hier erwähnen und darf festhalten: Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat sich – im Gegensatz zu der veröffentlichten Meinung – immer zu Reformen, die die Altersvorsorge längerfristig absichern helfen, bekannt. Das vorliegende Reformvorhaben der Bundesregierung bietet jedoch keine Perspektiven für die Zukunft der Alterssicherung.


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Die Bedenken der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gründen sich insbesondere auf folgende Punkte: Verfassungswidrigkeit im Zusammenhang mit der Zwangspensionierung, die Hinterbliebenenversorgung, die Plötzlichkeit und Intensität des Eingriffs in die Lebensplanung der öffentlich Bediensteten, der Vorwurf der sozialen Unausgewogenheit – das vorliegende Reformvorhaben trifft insbesondere kranke und gefährdete Menschen –, der Eingriff in die Versorgungsleistung durch Bezugskürzungen bei längerer Krankheit ohne begleitende Abfederung im ASVG; und als Letztes möchte ich auch noch widersprüchliche Regelungen aufzeigen, etwa die Anhebung des Pensionsalters und die gleichzeitige Einführung der Zwangspensionierung, die Nivellierung des Leistungsrechtes ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)  – Ja, Sie lachen! Sie lachen, Herr Kollege! Fragen Sie die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes! (Zwischenruf bei der ÖVP. – Bundesrätin Fuchs: Er weiß es nicht! Er hat es nicht gelesen!)

Nein, ich bin kein öffentlich Bediensteter. Aber ich mache keinen Unterschied zwischen ASVG-Bediensteten und öffentlich Bediensteten, weil sie beide unselbständig Erwerbstätige sind. (Bundesrat Schaufler: Wir wollen auch keinen Unterschied machen!)  – Sie machen aber gravierende Unterschiede, Herr Kollege! Sie werden diese Unterschiede heute in Ihrem Abstimmungsverhalten zeigen.

Die Gewerkschaft äußert ferner Bedenken hinsichtlich der Nivellierung des Leistungsrechtes nach unten und einer Auseinanderentwicklung des Beitragsrechtes im ASVG- und Beamten-Pensionsrecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist noch lange keine vollständige Aufzählung, aber diese wenigen Punkte zeigen schon, dass unsere ablehnende Haltung gegen dieses Reformvorhaben verständlich ist. (Bundesrätin Haunschmid: Keine Ahnung! – Bundesrat Dr. Nittmann: Erbärmlich!)

Die sozialdemokratischen Bundesrätinnen und Bundesräte werden diesem Gesetz auch nicht die Zustimmung geben, und wir werden in diesem Zusammenhang der FPÖ/ÖVP-Regierung das zweite Mal heute die "rote Karte" zeigen. (Die Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ halten neuerlich die roten Karten in die Höhe. – Lebhafte Zwischenrufe bei allen Fraktionen. – Unruhe im Saal.)

Abschließend, werte Kolleginnen und Kollegen, darf ich Ihnen einen Brief zitieren, und zwar das Schreiben des Generalsekretärs des ÖAAB, Mag. Walter Tancsits, an die Fachgruppe Flugsicherung und an die Fachgruppe Luftfahrt-Bodenpersonal. Die Kollegen dieser Fachgruppen haben dem ÖAAB-Generalsekretär Tancsits im Zusammenhang mit ihrer Situation einen Brief geschrieben, in dem sie darauf aufmerksam gemacht haben, dass es nach EU-Recht bei ihnen eine Altersgrenze von 60 Jahren gibt.

Im Antwortschreiben von Mag. Tancsits heißt es – ich zitiere –: Sehr geehrte Kollegen! Danke für Ihr Schreiben vom 17. Mai 2000 und für den Hinweis auf Ihre Probleme. Es werden im Durchschnitt alle sieben Jahre die Berufe gewechselt, und es ist daher nicht einzusehen, dass bei einigen Berufsgruppen, wie etwa bei Piloten, automatisch ab dem 60. Lebensjahr in Pension gegangen werden kann. In vielen Berufsgruppen besteht die Möglichkeit nicht, bis zu einem bestimmten Lebensalter den Beruf ausüben zu können – Klammer auf: wie etwa bei einem Schauspieler im Fach des jugendlichen Liebhabers, der im Laufe seines beruflichen Lebens zu anderen Rollen wechseln muss – Klammer geschlossen. (Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

So kann ich mir vorstellen, dass ein Pilot auch mit über 60 Jahren als Lehrer in Technik- und Business-Englisch gefragt sein kann, ebenso als Reiseleiter oder in einer Segelschule als Fachkundiger, der über Wind und Wetter Auskunft geben kann. (Bundesrat Konecny: Zynismus! – Bundesrätin Fuchs: Zynismus pur!)

Ich selbst zum Beispiel habe im Laufe meines Berufslebens dreimal in völlig verschiedenen Branchen Karriere gemacht. Ich denke auch, dass wir zu einer grundlegend anderen Einstellung zum so genannten älteren Arbeitnehmer kommen müssen. Das wird auch durch die demographische Veränderung erforderlich sein.


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Die längere Lebensarbeitszeit für alle sind wir meiner Meinung nach der jüngeren Generation schuldig. Die Sache ist ganz logisch: Wer keine Witwe ist, kriegt keine Witwenpension – (Bundesrätin Fuchs: Auch wenn man Witwe ist, kriegt man keine Witwenpension mehr!)  –, wer keine Waise ist, keine Waisenpension, und wer nicht alt ist, kriegt keine Alterspension. Sind wir doch alle glücklich, dass die Leute länger aktiv bleiben können! Mit freundlichen Grüßen, Mag. Walter Tancsits. – Zitatende. (Bundesrätin Schicker: ÖAAB! – Bundesrätin Fuchs: Eine Schande!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur erwähnt sei auch Tagesordnungspunkt 5, mit dem diese Regierung, diese FPÖ/ÖVP-Regierung, sehr tief in die Taschen der Patienten greift: nämlich bei der Rezeptgebühr und bei der Ambulanzgebühr. (Bundesrat Bieringer: Ich zahle seit 1970 keine Rezeptgebühr und habe mich noch nie aufgeregt darüber! – Bundesrat Konecny: Hört, hört! – Bundesrätin Fuchs: Es geht nur um die Höhe, um die Erhöhung, die Anpassung! – Weitere Zwischenrufe bei allen Fraktionen.)

Ich sage auch, dass die Ambulanzgebühr mit 1 000 S im Jahr begrenzt ist. Für Kinder ist – entgegen ursprünglichen Ankündigungen – keine Ausnahme gewährt worden. Auch der Behandlungsbeitrag ist eine Mehrbelastung.

Wir alle wissen – wir haben das hier in diesem Haus schon sehr oft diskutiert beziehungsweise auch berichtet –, dass auch die ASVG-Versicherten sehr viele Selbstbehalte erbringen. Diese liegen deutlich über 14 Milliarden Schilling pro Jahr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Meine Damen und Herren! Es hat eine kleine Panne bei der elektronischen Anlage gegeben. Das gehört auch zu den Segnungen der Technik. Es wurde der Bericht zum Tagesordnungspunkt 6 nicht erstattet. Ich darf daher jetzt Herrn Bundesrat Ing. Gruber um die Erstattung dieses Berichtes ersuchen.

Davor möchte ich noch bemerken, dass das keinen Einfluss auf die Debatte, die wir bis jetzt geführt haben, hat, dass aber die Antragstellung, die der Berichterstatter jetzt verlesen wird, für die Abstimmung relevant ist, bis zu welcher wir allerdings noch einige Zeit haben.

Bitte, Herr Kollege.

Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Frau Ministerin! Hohe Staatssekretäre! Werter Bundesrat! Der Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend das Pensionsreformgesetz 2000 liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor, daher beschränke ich mich auf die Verlesung des Ausschussantrages.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Ich darf noch Folgendes mitteilen: Der von den Bundesräten Karl Drochter und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Wir setzen die Debatte fort.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Wolfinger. – Bitte, Herr Bundesrat.

13.22

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Pensionsreform ist notwendig und sichert auch die bestehenden Pensionen.


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Österreich hat eines der besten Pensionssysteme auf der Welt. In keinem anderen Land sind die gesetzlichen Pensionen im Verhältnis zum Aktiveinkommen höher als bei uns. Das ist einmal Tatsache! (Beifall bei der ÖVP.)

Die jetzige Pensionsreform gibt den Menschen die Sicherheit, dass das gesetzliche Pensionssystem auch in Zukunft finanzierbar bleibt. Tatsache ist – das müssen wir zur Kenntnis nehmen –, dass gegenwärtig vier von fünf Österreichern frühzeitig in Pension gehen. Die Österreicher sind, so könnte man sagen, Weltmeister bei den Frühpensionierungen. In keinem anderen Land in Europa gehen die Menschen so früh in Pension wie bei uns. Die Statistik zeigt, dass in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen in Österreich nur noch 29,9 Prozent im Erwerbsleben stehen, im sozialistischen Schweden sind es hingegen noch 67,5 Prozent, in Großbritannien 51 Prozent und im EU-Durchschnitt noch immerhin 40,4 Prozent.

Wenn man ein wenig zurückblickt, so stellt man fest: 1970 gingen die Österreicher im Durchschnitt erst mit 62 Jahren in Pension, 1998 lag dieser Wert bereits bei 58 Jahren. (Bundesrätin Fuchs: Vor der Jahrhundertwende haben wir noch Kinderarbeit gehabt! Das sind Vergleiche!) Derzeit tritt nur jeder Fünfte – jeder Fünfte! – zum gesetzlich vorgegebenen Pensionsbeginn in die Pension. Das ist bei den Männern mit 65 Jahren und bei den Frauen mit 60 Jahren. Das heißt, dass 80 Prozent aller Erwerbstätigen vor dem gesetzlichen Antrittsalter in die Pension gehen.

Würden wir das derzeitige System beibehalten, dann würde das – darin sind sich alle Experten einig – über kurz oder lang zu einem Kollaps in unserem Pensionssystem führen und vor allem die Sicherung der Pensionen für die heute 20- bis 40-Jährigen in Frage stellen.

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die Pensionslast, die aus Steuermitteln zu decken wäre, in den nächsten vier Jahren um rund 30 Milliarden Schilling steigen wird.

Warum ist die Pensionsreform noch notwendig? – Erstens ist sie notwendig auf Grund der steigenden Lebenserwartung. Während bei den Männern die durchschnittliche Lebenserwartung von derzeit 79 Jahren auf über 82 Jahre im Jahre 2030 ansteigen wird, erhöht sie sich bei den Frauen von derzeit 83,4 Jahren sogar auf 86,5 Jahre. So erfreulich das auch sein mag, aber es bringt halt Probleme mit sich.

Was kommt noch hinzu? – Hinzu kommt noch, dass gleichzeitig die Geburtenrate massiv abnimmt. Es sind in den nächsten Jahren nur mehr zirka 65 000 Geburten zu erwarten. Dadurch wird die Spanne zwischen der Zahl der Beitragszahler und jener der Pensionisten immer ungünstiger. Im Jahre 1995 kamen auf 1 000 Beitragszahler rund 600 Pensionisten, im Jahre 2015 werden es 794 Pensionisten sein, und im Jahre 2030 werden es bereits 980 Pensionisten sein. Der Anteil der Frühpensionisten lag bei den Pensionsantritten im Jahre 1998 bei 41 Prozent, im Gegensatz dazu lag der Anteil bei den gesetzlichen Alterspensionen nur mehr bei 14 Prozent.

Alle Experten sind der Meinung, dass Änderungen im derzeitigen Pensionssystem notwendig sind. Wer behauptet, Reformen und Änderungen im Pensionssystem seien nicht notwendig, der handelt verantwortungslos gegenüber den kommenden Generationen von Pensionisten.

Eine sozial ausgewogene Pensionsreform ist daher ein Gebot der Stunde. "Sozial ausgewogen" heißt: Erstens: kein Eingriff in bestehende Pensionen; das wurde zugesichert. Zweitens: Pensionserhöhungen, die auch künftig den Geldwertverlust auf Grund der Inflation ausgleichen. Drittens: eine moderate Anhebung des Frühpensionsantrittsalters, um es Schritt für Schritt an das gesetzliche Pensionsantrittsalter heranzuführen. Viertens: Aufbau von überbetrieblichen Pensionskassen. Fünftens: Förderung der privaten Altersvorsorge.

Diese Punkte hat die Politik umzusetzen. Der erste wichtige Schritt ist mit der jetzigen Pensionsreform gesetzt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

13.27


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Nächster Redner ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte, Herr Bundesrat.

13.27

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das Bild, das sich von hier aus bietet (Bundesrätin Fuchs: Ist eindrucksvoll!), lässt keine Zweifel aufkommen, wo jene Damen und Herren Bundesräte anzusiedeln sind, die ein Taferl haben, und wo jene Damen und Herren Bundesräte sind, die keines haben. Es ist symptomatisch, wer die sozialpolitischen Taferlklassler in dieser Republik sind. Meine Damen und Herren! Sie haben sich damit selbst deklariert! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Meier. )

Herr Kollege Meier! Es war auch Folgendes für die Sozialdemokraten symptomatisch: Sie haben Ihrem Kollegen Drochter die "rote Karte" gezeigt! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Fuchs: Das war ein Irrtum! Sie haben nicht zugehört!)

Herr Kollege Drochter! Sie tun mir schön langsam Leid. Werden Sie aus Ihrer Fraktion ausgeschlossen? – Dann machen Sie es bitte in Ihrem Klub, aber nicht hier, meine Damen und Herren!

Sie haben Kollegen Drochter die "rote Karte" gezeigt! Das steht außer Zweifel, Frau Kollegin! (Bundesrätin Fuchs: Das war die "rote Karte" für die Regierung! – Bundesrat Meier: Ich habe es der Frau Vizekanzlerin gesagt! – Bundesrätin Fuchs: Die sitzt hier auf der Regierungsbank!)

Meine Damen und Herren! Für alle Volksvertreter und alle Mandatare, die nicht nur ihr Mandat ausüben, sondern denen auch die Zukunft unserer Jugend, meiner Generation und auch der älteren Generation am Herzen liegt, müsste es ein Selbstverständnis sein, dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 zuzustimmen, weil damit – ich sage Ihnen jetzt die Gründe dafür, meine Damen und Herren – für die jetzige Gruppe der Pensionisten garantiert ist, dass ihre Pension erhalten bleibt und es auf keinen Fall zu einer Verringerung ihrer Pension kommt. (Bundesrat Freiberger: Das machen Sie ja! – Bundesrat Meier: Das ist eine Verunsicherung!)

Meine Damen und Herren! Das ist, Herr Kollege Freiberger, auch in der Regierungsvorlage und im Ausschussbericht nachzulesen. Nehmen Sie sich die Unterlagen zur Hand, lesen Sie es nach! (Präsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Es geht beim vorliegenden Sozialrechts-Änderungsgesetz natürlich um die Sicherung der Pensionen. Es wurde von der sozialdemokratischen Fraktion ein Einspruchsantrag eingebracht. In der Begründung Ihres Antrages geht es Ihnen nicht um die soziale Sicherheit, sondern darum, zu behaupten, dass diese Pensionsreform überfallsartig erfolgt sei.

Überfallsartig ist passiert – ich erinnere mich noch daran –, dass ein nicht unbedeutender Staatsmann, ein Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei, einmal gesagt hat, ihm mache ein Arbeitsloser mehr Sorgen als eine Million Schilling mehr an Budgetdefizit.

Meine Damen und Herren! Heute haben wir beides, und von beidem zu viel! (Bundesrat Meier: Was ist da der Überfall? – Bundesrätin Fuchs: Das war vor 30 Jahren!)  – Überfallsartig war die Situation damals für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im "Konsum", als von Ihrer Seite, also von Seiten der Sozialdemokratie, über Ihre Belegschaftsvertreter immer wieder Arbeitsplatzgarantien ausgesprochen wurden und dann aber das Unternehmen insolvent war. (Bundesrätin Fuchs: "Freies Wohnen Niederösterreich" – auch überfallsartig!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie sprechen im Einspruchsantrag davon, dass das Sozialrechts-Änderungsgesetz ein gravierender Eingriff in die Lebensplanung sei. Ein gravierender Eingriff in die Lebensplanung war das Schicksal jener Tausenden von Menschen, die ihre Arbeit in der Verstaatlichten verloren haben, ein Eingriff in die Lebensplanung der


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Menschen ist auch das Finanzdesaster der Sozialdemokratie, und ein Eingriff in die Lebensplanung – das war heute schon zu Beginn der Sitzung ein Thema – ist auch der Umgang mit dem Geld bei der Bank Burgenland.

Das, meine Damen und Herren ist überfallsartig aufgebrochen, und das, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, ist sozialer Vertrauensbruch. (Bundesrat Meier: Heute nicht zugehört!)

Diese Einwände kommen nicht nur von mir, das beginnt auch in Ihren Reihen bereits Schule zu machen. Sie sollten sich, meine Damen und Herren, bei Ihren Gewerkschaftsfunktionären informieren. Ein selbst für mich Unverdächtiger, nämlich Gewerkschafter Sallmutter, hat zur Pensionsreform ebenfalls eine Position abgegeben. Er spricht davon – ich zitiere –:

Gewerkschaften haben die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. (Bundesrätin Fuchs: Natürlich! Selbstverständlich!) Aus diesem Blickwinkel muss jedoch immer auch das Gesamtwohl des Staates und der Wirtschaft im Auge behalten werden, denn die Partikularinteressen von 1,6 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern korrespondieren sehr stark mit gesamtgesellschaftlichen Interessen. Parteien hingegen haben, insbesondere wenn sie Regierungsverantwortung tragen, darauf zu achten, dass bei der Verfolgung und Erreichung grundsätzlicher Ziele das Gesamtinteresse nicht aus dem Auge verloren geht. (Bundesrat Meier: Richtig!) Sie müssen übergeordnete Ziele oft auch auf Kosten der Einzelinteressen verfolgen und durchsetzen, selbst wenn dies in dem einen oder anderen Fall auch Kerngruppen schmerzt. – Zitatende.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Befragen Sie Sallmutter! (Bundesrätin Fuchs: Ja! Zu dem stehen wir! Das ist unser Verantwortungsbewusstsein!) Sallmutter hat Recht. Daher ist Ihre Position, Herr Kollege Meier, die Sie heute mit dem Einspruchsantrag einnehmen, falsch, sie deckt sich nicht mit Sallmutters Äußerungen! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Fuchs: Fragen Sie Herrn Neugebauer, was er in der "GÖD" schreibt – eine ganze Seite über die Sozialreform!) Es ist reines Parteiinteresse, ein reines Parteispiel, was Sie hier vormachen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dass sich das österreichische Pensionssystem insgesamt mit jenen anderer europäischer Staaten messen kann, steht außer Zweifel. Das geht schon einmal aus den Zahlen bezüglich des Pensionsantrittsalters hervor. Es wird in den meisten Staaten nicht zwischen Frauen und Männern differenziert. (Bundesrat Meier: Will sie das auch ändern? – Bundesrätin Fuchs: 2019! Das ist schon geregelt!) Wenn man also die Zahlen vergleicht, so findet man kaum einen Staat, in dem das Pensionsantrittsalter unter jenem Österreichs liegt. Ich nenne nur einige Beispiele: Dänemark generell 67 Jahre, Schweden 65 Jahre, Niederlande 65 Jahre – es wird geschlechtsspezifisch nicht differenziert.

Da die Damen und Herren der Sozialdemokratie immer von überfallsartig und Vertrauensbruch sprechen, sage ich Ihnen Folgendes: Ihre Kollegen von der SPD in Deutschland haben, wie Ulrich Stocker in der "Kleinen Zeitung" aufzeigt, folgende Vorgangsweise gewählt – ich zitiere Ulrich Stocker aus der "Kleinen Zeitung" –:

"Arbeiten bis 65 und Renten, die nach und nach immer stärker gekürzt werden: Im Vergleich zu dem, was Rot-Grün in Deutschland vorhat, nimmt sich die Pensionsreform in Österreich wie ein laues Lüfterl aus." (Bundesrat Meier: Ein "Lercherl" hat die Frau Ministerin gesagt!)  – Das Zitat ist noch nicht zu Ende, Herr Kollege Meier! (Bundesrat Konecny: Es war die Nachtigall und nicht die Lerche!)  – "Die grauhaarige SPD-Staatssekretärin trägt die Abkehr von sozialpolitischen Mythen ihrer Partei ohne sichtbare Emotion vor. ,Das Rentenzugangsalter‘, erläutert Ulrike Mascher in einem Nebentrakt des Berliner Reichstags, ,wird pro Jahr um ein Jahr angehoben. Ab 2005 gilt auch für die Frauen 65. Wer früher geht, hat einen Abschlag von 3,6 Prozent pro Jahr. Lebenslang‘, streicht sie heraus. Abgeschafft werden sämtliche Formen der Frührente mit 60 – wegen Arbeitslosigkeit, langer Versicherungsdauer ... und Schwerinvalidität. Auch sie haben bis 65 zu werken, soll sie kein Malus treffen. Einzig den Schwerinvaliden werden auch künftig zwei Jahre ,geschenkt‘ ..." – Das, meine Damen und Herren, ist die Pensionspolitik, die Sozialpolitik der Sozialdemokratie!


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Meine Damen und Herren! Sie haben einen zweiten Einspruchsantrag vorbereitet und eingebracht, nämlich zum Pensionsreformgesetz – die Eisenbahnergewerkschaft hat deshalb zu Warnstreiks aufgerufen. Auch da gibt es eine klare Themenvermengung und -verwechslung von Seiten der Gewerkschaft. Das hat kein verdächtiger Freiheitlicher festgestellt, sondern der Chefredakteur der "Kleinen Zeitung". Er fragt sich – ich zitiere –:

"Welche Interessen werden vertreten, wenn der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft erklärt, mit dem Streik wolle man auch für die Rechte der Hausbesorger kämpfen? Was soll der Stillstand der Straßenbahnen, wenn die Wiener Verkehrsbetriebe vom Pensionsrecht der Eisenbahner gar nicht betroffen sind? Und was hat mit all dem die Blockade der Zeitungsauslieferung zu tun?" fragt sich Erwin Zankel von der "Kleinen Zeitung". (Ruf bei der SPÖ: ... Solidarität!)

Meine Damen und Herren der SPÖ! Mit Ihrem heutigen Einspruchsantrag unterliegen Sie genau demselben Irrtum, dem die Gewerkschaft unterlegen ist. Denn Ihr Einspruch bezieht sich nicht auf Inhalte, Sie versuchen nur, Formalismen aufzuzeigen. Das beweist, dass Ihr Einspruchsantrag in der Sache nicht richtig ist und Ihnen die Pensionsregelung kein Anliegen ist, sondern dass es Ihnen lediglich um Parteipolitik und Formalismen geht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Scheuch: Wie so oft!)

13.38

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer. – Bitte, Frau Vizekanzlerin.

13.38

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir fehlt jetzt die rote Karte, die war an sich für mich gedacht. Die Kollegen von der SPÖ sind wohl schon ein bisschen müde geworden. (Die Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ zeigen jeweils eine rote Karte in Richtung der Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer.  – Bundesrätin Fuchs: Das dritte Mal jetzt!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Diese rote Karte zeigen Sie nicht mir, sondern der jungen Generation in diesem Lande (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP), denn das, was Sie vorschlagen, bedeutet, das Alterssicherungssystem für die jungen Menschen in diesem Land, für jene, die heute im Erwerbsleben stehen, in Frage zu stellen. Das entspricht aber auch der Politik, die Sie jahrelang betrieben haben und die immer darin bestanden hat, dass Sie die Verantwortung für jene Probleme, die Sie verursacht haben, immer gerne auf andere abgeschoben haben: die Verantwortung für die verfehlte Alterssicherung auf die jungen Generationen, die Verantwortung für das Zahlen der Budgetschulden, die Sie hinterlassen haben, auf die Steuerzahler, das Zahlen der Schulden, die die Bank Burgenland gemacht hat, auf die Sparer und das Abladen der Schulden, die Ihre eigene Partei gemacht hat, auf Ihre eigenen Mitglieder. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Stimmt ja nicht!)

Das haben Sie jahrzehntelang unter Politik verstanden! – Herr Kollege Drochter! Sie brauchen nicht so "gschreckt" zu schauen (Heiterkeit), denn all das, was ich gesagt habe, ist nachweisbar. (Bundesrat Konecny: Ihre Worte sind tatsächlich erschreckend!) All das, was ich gesagt habe, ist nachweisbar und nachprüfbar anhand der Zahlen und Fakten in diesem Land, denn Ihre Partei und die 30 Jahre hindurch von Ihnen gestellten Finanzminister dieser Republik waren es, die diesem Land und den Menschen in diesem Land einen Schuldenberg in der Höhe von 1 700 Milliarden Schilling hinterlassen haben. Für diesen Schuldenberg müssen wir jetzt im Jahr 100 Milliarden Schilling an Zinsen aus Steuergeldern zahlen – Geld der österreichischen Bürgerinnen und Bürger! Das ist die Bilanz, die Sie hinterlassen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Bundesregierung geht es darum, das Alterssicherungssystem für die jungen Generationen zu sichern. Das ist das, was Ihnen nicht gelungen ist. Es hat Herr Kollege Boden, wenn ich das auf dem Sitzplan richtig gesehen habe, in einem Zwischenruf behauptet, das habe man 1997 auch schon behauptet. – Das ist richtig. Auch damals haben der sozialistische Finanz


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minister Edlinger und Sozialministerin Hostasch behauptet: Wir haben das Pensionssystem gesichert! (Bundesrat Boden: Und der Herr Bundeskanzler Schüssel!)

Das war allerdings die Unwahrheit, und das ist das Problem, vor dem wir heute stehen. Es war die Unwahrheit, weil Sie damals nicht bereit waren, auf die Vorschläge Ihrer eigenen Experten, also jener Experten, die die damalige Bundesregierung bestellt hat – wie etwa Rürup und andere, die entsprechende Gutachten erstellt haben –, einzugehen. Sie sind das wesentliche und wirkliche Problem des Pensionssystems, nämlich das frühe Pensionsantrittsalter, damals nicht angegangen – und deswegen stehen wir heute vor dieser Problematik, und deswegen war es wichtig, diese Pensionsreform zu machen, die genau dem entspricht, was die Experten vorgeschlagen haben.

Diese Pensionsreform hat, ganz im Gegenteil zu dem, was Herr Kollege Drochter behauptet hat, zum Ziel, nicht überfallsartig das Pensionsantrittsalter anzuheben, sondern das Pensionsantrittsalter für Frühpensionen um 18 Monate anzuheben, und zwar schrittweise – beginnend am 1. Oktober dieses Jahres mit zwei Monaten und dann in weiteren Schritten um jeweils zwei Monate. Wäre es nach Ihnen gegangen und säßen Sie heute in dieser Bundesregierung, wäre das Pensionsantrittsalter um zwei Jahre angehoben worden. Das war nämlich der Vorschlag Ihres Finanzministers Edlinger. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Wie war das mit den Abschlagszahlungen?)

Da kann man den Österreichern nur gratulieren, dass Ihnen das erspart geblieben ist, und dafür haben Sie auch am 3. Oktober von den Österreicherinnen und Österreichern die rote Karte erhalten – völlig zu Recht, wie ich meine. (Bundesrätin Fuchs: Wir waren aber die stimmenstärkste Partei! Ich glaube, Sie haben das schon noch in Erinnerung!)  – Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber ich kann Ihnen gerne vorrechnen, wie viele Stimmen Sie bei dieser Wahl und überhaupt in den letzten zehn Jahren verloren haben. (Bundesrätin Fuchs: Wir werden sehen, wie viel Sie bei den nächsten Wahlen verloren haben werden!) Von Wahl zu Wahl – auf Bundesebene, auf Landesebene – haben Ihnen immer mehr Menschen in diesem Land das Vertrauen entzogen, weil sie gesehen haben, dass die Politik, die Sie gemacht haben, sie letztendlich belastet hat, anstatt die Zukunft in diesem Lande zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!)

Wäre die Sozialdemokratische Partei heute in der Bundesregierung, müsste auf diesem Taferl (die Rednerin weist auf die auf den Bänken der SPÖ-Bundesräte stehenden Taferln) nicht stehen: "0,8 Prozent Pensionssicherungsbeitrag ab 1. Oktober", sondern: "1 Prozent Pensionssicherungsbeitrag". (Die Rednerin hält einen Zettel mit der Aufschrift: "1% Pensionssicherungsbeitrag = SPÖ-Vorschlag" in die Höhe.) Das war nämlich der Vorschlag Ihres Exfinanzministers Rudolf Edlinger, der die Pensionssicherungsbeiträge um 1 Prozent anheben wollte. ("Hört, hört"-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Dazu habe ich bisher nichts von Ihnen gehört. (Bundesrätin Fuchs: Er wollte nur die Freiheitlichen verhindern!)

Wenn Sie schon Kritik anbringen, dann müssen Sie in dieser Kritik auch glaubwürdig sein. Diese Glaubwürdigkeit fehlt Ihnen völlig, da wir die Vorschläge, die Sie damals gemacht haben, nicht vergessen haben. All das, was ich gesagt habe, kann schwarz auf weiß nachgeprüft werden, es steht in jenem Vorschlag, den Herr Finanzminister Edlinger seinerzeit präsentiert hat.

Herr Kollege Drochter hat von Ersatzzeiten gesprochen. Dazu muss ich Ihnen sagen: Hätten Sie die Regierungsvorlage und das, was heute zur Beschlussfassung steht, genau gelesen, hätten Sie festgestellt, dass wir für die Frauen eine sehr viel bessere Absicherung garantieren, als das bisher der Fall war, nämlich indem wir Kindererziehungszeiten im Ausmaß von fünf Jahren als pensionsbegründend anrechnen und nicht nur als Ersatzzeiten. Das ist eine wesentliche Verbesserung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Gegensatz zu den Horrorgeschichten, die Sie hier präsentiert haben, ist es so, dass all jene, die tatsächlich krank sind, selbstverständlich so wie bisher ohne Abschläge in die Frühpension gehen können. Auch das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden, denn das ist das, was Sie in Ihrer Darstellung immer weglassen. Ebenso haben Sie weggelassen, dass in der heutigen


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Beschlussfassung selbstverständlich eine deutliche Verbesserung des Kündigungsschutzes enthalten ist, aber das haben Sie sich entweder nicht vollständig angeschaut oder Sie haben es bewusst ausgelassen.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass Herr Kollege Drochter heute etwas gesagt hat, was ich bisher eigentlich von keinem Gewerkschafter in dieser Deutlichkeit gehört habe. Herr Kollege Drochter hat nämlich gesagt – ich habe das mitgeschrieben –: Wir wollen, dass es keinen Unterschied zwischen ASVG-Versicherten und öffentlich Bediensteten gibt! (Rufe bei den Freiheitlichen: Na bitte! Super!)

Herr Kollege Drochter! Ich stimme Ihnen darin zu 100 Prozent zu! Allerdings ist das genau das Gegenteil von dem, was Ihre Gewerkschaftskollegen in den vielen Verhandlungen, die wir geführt haben, vertreten haben. Ich bedauere sehr, dass es nicht möglich war, mit der Gewerkschaft einen Konsens über die Pensionsreform zu finden, weil ich glaube, dass es für das Land wichtig und notwendig gewesen wäre, dass die Menschen sehen, dass auch die Gewerkschaften in diesem Land einen Beitrag zur Zukunftssicherung leisten, und zwar einen konstruktiven Beitrag anstelle des Mauerns und Blockierens von dem, was Sie als wohlerworbene Rechte bezeichnen.

Meiner Ansicht nach war es richtig, eine adäquate Regelung für alle Berufsgruppen zu treffen. Ich kann beim besten Willen der Argumentation nicht folgen, die besagt: Es gibt Gleiche und Gleichere! – "Gleichere" gibt es Ihrer Meinung nach zum Beispiel im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen, wo es immer noch Regelungen gibt, wonach etwa ein ÖBB-Buschauffeur um sieben Jahre früher in Pension gehen kann als jemand in der Privatwirtschaft. Sie müssen mir einmal erklären, welche Rechtfertigung es für derartige Regelungen gibt. Da werden Sie sich schwer tun. (Bundesrätin Fuchs: Da gibt es schon längst eine neue Regelung!)

Wir haben das gesehen, als Sie versucht haben, den Österreichern Ihre Anliegen mit einem "Streikerl" nahe zu bringen. Niemand in diesem Land hat Verständnis dafür! Und niemand in diesem Land hat auch Verständnis dafür, dass Sie mit Streik drohen – denn das ist nicht nur die Gewerkschaft gewesen, sondern es gab auch einen entsprechenden Antrag am Parteitag der Sozialdemokraten, in dem man Streiks angekündigt hat, bevor man noch die Vorschläge der Regierung gekannt hat. Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, müssen der Bevölkerung in diesem Land erklären, wofür Sie streiken (Bundesrätin Fuchs: Werden wir auch! – Bundesrat Konecny: Kein Problem!), nämlich zum Beispiel dafür, dass es ungleiche Regelungen, nicht gerechtfertigte Regelungen in diesem Land gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Dafür stehen wir nicht zur Verfügung! Diese Bundesregierung – das darf ich Ihnen von dieser Stelle aus sagen – ist auch durch noch so massive Drohungen Ihrerseits nicht erpressbar – und das ist die neue Situation, an die Sie sich gewöhnen müssen.

Keine Pensionsreform zu machen – also das, was Sie vorgeschlagen haben –, wäre die schlimmste und unsozialste Politik, denn das würde zur Folge haben, dass das Pensionssystem absehbar, nachweisbar und berechenbar in wenigen Jahren zusammenkracht. Das wollen wir nicht verantworten, denn uns geht es um die Zukunft in diesem Land! Und – das sei auch an Ihre Adresse gesagt – alle, die sich hier mit Taferln herstellen und mit Streik drohen, stellen sich nicht gegen diese Bundesregierung, sondern gegen die künftigen Generationen. (Bravo-Rufe und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.47

Präsident Johann Payer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Karl Drochter gemeldet. – Bitte.

13.47

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Ich möchte drei tatsächliche Berichtigungen zur Kenntnis bringen.


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Ich habe die Regierung nicht bedroht, und auch nicht Sie, Frau Vizekanzlerin Riess-Passer! (Ruf bei den Freiheitlichen: Ich habe das schon gehört! – Widerspruch bei der SPÖ.)

Ich habe auch nicht gesagt, dass ich eine Gleichschaltung der ASVG-Versicherten und der Beamtenversicherten anstrebe, sondern dass ich sowohl die ASVG-Versicherten als auch die Beamtenversicherten vertrete. (Bundesrat Weilharter: Kollege, was berichtigen Sie?)

Und ich ersuche um eine weitere tatsächliche Berichtigung. Die Frau Vizekanzlerin meinte, ich hätte "geschreckt" geschaut. (Heiterkeit im Saal.)  – Das ist nicht richtig! Ich habe erst Angst bekommen, als ich Ihren Diskussionsbeitrag gehört habe, aber keine persönliche Angst, sondern Angst um die Republik Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Würschl. Ich erteile ihm dieses.

13.49

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir vorerst eine Bemerkung. Ich stehe hier auf der Rednerliste mit Namen, Fraktionsbezeichnung und meinem Herkunftsland Kärnten. Es tut mir Leid, dass Herr Gudenus, Ihr Nationalitätenspezialist, jetzt nicht anwesend ist. Er hat gemeint, Kärnten sei einzuteilen in deutschstämmige und slowenischstämmige Bewohner. (Bundesrat Ing. Scheuch: Zum Thema, bitte!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weigere mich, in diese Kategorien eingereiht zu werden. Ich bin Kärntner, kein Deutscher und kein Slowene! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun zu den vorliegenden Gesetzesnovellen. Herr Drochter hat es bereits mit eindeutigen Worten artikuliert: Wir Sozialdemokraten lehnen dieses Gesetzeswerk ab! – Es ist ein finanzieller Raubzug gegen arbeitende Menschen, gegen ältere Menschen, Menschen, die dieses Land aufgebaut haben, und das obwohl – die Frau Vizekanzlerin wird das wissen, da sie jeden zweiten Tag in Kärnten im Bärental ist – sogar Herr Haider zum Ausdruck gebracht hat, dass Österreich ein reiches Land sei.

Frau Vizekanzlerin! Ich frage Sie: Warum ist es dann notwendig, diesen Kahlschlag auf sozialem Gebiet durchzuführen? – Sehr geehrte Damen und Herren! Damit werden nicht nur Reiche, nicht nur Höchsteinkommensbezieher getroffen, sondern auch andere. – Gestatten Sie mir, zwei einfache kurze Beispiele anzubringen:

Ein Arbeiter, der ein Nettoeinkommen in der Höhe von etwa 10 000 S hat und mit 56 Jahren in Pension gehen muss, verliert jährlich 7 300 S. – Sehr geehrte Damen und Herren! Ist das sozial? (Bundesrat Dr. Nittmann: Es ist vor allen Dingen nicht wahr, was Sie da sagen!)

Ein zweites Beispiel, ein höheres Einkommen betreffend: Ein Arbeiter beziehungsweise ein Angestellter, der brutto 25 000 S Pensionsanspruch hat, verliert jährlich 18 000 S. – Ich frage Sie wieder mit gleicher Wortwahl: Ist das sozial? Können Sie das verantworten? (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Diese Pensionsreform, die den Titel "Reform" nicht verdient – da werden keine Strukturmaßnahmen gesetzt –, ist eine Abkassiererei, und dabei wird der Vertrauensgrundsatz verletzt. Wir werden in dieser Frage auch den Weg zum Verfassungsgerichtshof wählen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Und zwar vergebens!) Sie verunsichern Menschen, die dieses Land, wie ich es vorher formuliert habe, aufgebaut und den Wohlstand gesichert haben. Und diese Menschen haben das unserer Meinung nach nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: ... die Jugend ...! – Bundesrat Dr. Nittmann: SPÖ-Erbe!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt einen zweiten wesentlichen Punkt, nämlich die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit. Es wird dazu kommen – und das in verstärktem Ausmaß –, dass ältere Arbeitnehmer, die arbeiten wollen,


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nicht mehr arbeiten können, weil sie eben gekündigt werden. Auch das ist unsozial, und diese Leute verdienen auch diese Maßnahme nicht!

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten kritisieren nicht nur (Bundesrat Dr. Nittmann: Sie haben auch das Land heruntergewirtschaftet!), wir Sozialdemokraten schlagen auch Reformen vor. Ich darf vier davon in der Folge kurz nennen:

Erster Punkt – da darf ich Kollegen Drochter nochmals zitieren; Frau Vizekanzlerin, hören Sie zu! (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer:  Ich höre zu!)  –: Wir wollen ein einheitliches Pensionsrecht – ich werde das jetzt weiter ergänzen –, nämlich ein einheitliches Pensionsrecht für alle, die neu in das Berufsleben eintreten.

Zweiter Punkt: Wir wollen, dass die Ungerechtigkeiten bei der Finanzierung dieses Pensionssystems beseitigt werden. Es ist Ihnen bekannt, dass die ASVG-Versicherten ihre Pensionsleistungen zu rund 85 Prozent selbst finanzieren. Sie sehen das dort. (Der Redner weist auf die noch immer auf den Pulten der SPÖ-Bundesräte stehenden Tafeln.) Sie sehen weiters, dass Unternehmer ihre Pensionen nur zu 48 Prozent selbst finanzieren und die Bauern gar nur zu 31 Prozent. (Bundesrat Hensler: Die werden ja immer weniger! – Weitere Zwischenrufe.)

Frau Vizekanzlerin! Darf ich eine Frage an Sie weiterreichen? Die Frau Vizekanzlerin wird mich aufklären. Ich hätte in Diskussionen gerne immer konkrete Beispiele, darum habe ich auch konkrete Beispiele angeführt. (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber falsche!)

Frau Vizekanzlerin! Wo ist zum Beispiel Ihr Gatte mitversichert? Erzählen Sie uns das in der Öffentlichkeit! (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Das ist eine Unverschämtheit, dass Sie das sagen! – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen dieses Pensionsgesetz ab. Das ist eine reine ... (Bundesrat Konecny: Herr Kollege d'Aron, Sie haben es immer mit dem Rufen! Was ist den "mies" da? Das ist eine unerhörte Wortwahl im Schutz der zweiten Reihe!)

Präsident Johann Payer (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege Würschl ist am Wort. – Herr Bundesrat Würschl, bitte.

Bundesrat Herbert Würschl (fortsetzend): Ich sage Ihnen nochmals, sehr geehrte Damen und Herren, warum wir dieses Pensionsgesetz ablehnen. Das ist eine reine Abkassiererei, um das Budget zu entlasten.

Ein weiterer Punkt – das ist sehr interessant –: In den letzten Wochen und Monaten habe ich die Parteizeitungen der Freiheitlichen Partei und der ÖVP aufmerksamer gelesen. Dabei fiel und fällt mir immer wieder auf, dass private Versicherungsunternehmen dort sehr stark inserieren. Das muss doch einen Grund haben. Sie wollen offensichtlich den privaten Versicherungsmarkt mit dieser Frage beglücken. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Abschließend sei noch – ich bin bald am Ende meiner Ausführungen, ich darf noch um einige Minuten bitten – ganz rasch der öffentliche Bereich erwähnt, da etliche Kolleginnen und Kollegen aus dem öffentlichen Bereich kommen. Auch dort findet das große Abkassieren statt. Ihr "kleines" und "normales" Parteimitglied hat eine sehr wesentliche Gruppe dieses Bereiches als "parasitär" bezeichnet. Darum verwundert es mich auch gar nicht, dass gerade in diesem Bereich besonders abkassiert wird. Wir werden diese Dinge sehr massiv in der Öffentlichkeit aufzeigen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben deshalb auch einen Antrag eingebracht, weil es im Nationalrat große formale Defizite bei der Abstimmung gegeben hat. Dieser Antrag liegt hier vor. Ich nehme an, dass er jetzt in Diskussion gebracht wird. Ich verzichte darauf, ihn vorzulesen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56


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Präsident Johann Payer:
Ich habe das Stenographische Protokoll anfordern lassen. Es hat hier zahlreiche Zwischenrufe und Ausdrücke gegeben, die ich anhand des Protokolls überprüfen werde.

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls. – Bitte.

13.57

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Liebe Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Professor Konecny hat heute nach der Debatte mit dem burgenländischen Landeshauptmann gesagt, dieses Hohe Haus habe heute eine Chance vertan. Ich war mit ihm einer Meinung, was die Diskussion in der Früh betroffen hat. Und ich würde mich freuen, Herr Klubobmann, wenn Sie am Ende meiner Wortmeldung auch mit mir einer Meinung wären (Bundesrat Konecny: Nur wenn Sie sich vom Kollegen ... einmal ordentlich distanzieren!), denn ich bedauere es sehr – ich kann mich nicht genug wundern –, wie schnell die sozialdemokratische Parlamentsfraktion im Abkupfern ist. Gerade Tafeln, die einen hochrangigen Arbeiterkammerfunktionär letztendlich in Probleme gebracht haben – mit dieser Art von Politik kann ich mich überhaupt nicht identifizieren –, haben Sie heute aufgestellt.

Ihrer Aktion mit den roten Karten haben wir es zu verdanken, dass wir heute 20 Minuten Rede und Gegenrede darauf verwendet haben, wer eigentlich wem die rote Karte gezeigt hat. Es ist für die Menschen in diesem Land unerheblich, ob engagierte Arbeitnehmerinteressenvertreter einem Gewerkschaftssekretär die rote Karte zeigen oder einem Verantwortlichen in der Bundesregierung. Unsere gemeinsame Verantwortung als Sozialpartner, als Gewerkschafter und als Regierungsmitglieder hat es zu sein, dass wir das Nötige dazu beitragen, dass die entsprechenden sozialen Systeme abgesichert und abgefedert werden können. Daher tut es mir wirklich Leid, dass wir in dieser Diskussion sehr viel Zeit dafür aufwenden, wer jetzt wem die rote Karte gezeigt hat, ob jetzt der Jugend die rote Karte gezeigt worden ist oder nicht.

Tatsache ist, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass nach meinem Gefühl in dieser Diskussion sehr viel Porzellan zerschlagen wurde, dass in diesem sensiblen Bereich der Sozialpolitik oftmals über das Ziel hinaus geschossen wurde. (Bundesrat Meier: Von wem?) – Lieber Kollege Meier, von wem? Ich tue mir leicht, ich nehme auch Schuld auf mich als Gewerkschafter.

Aber ich nehme auch die Verantwortlichen im Verhandlungsteam der Regierung dahin gehend nicht aus, dass wir – beide Bereiche! – manchmal mit zu flotter Zunge formuliert und uns zu früh einzementiert haben. Ich halte es nicht für eine Stärke der Gewerkschaftsbewegung, dass wir, was den ASVG-Bereich betrifft, als Gewerkschaftsorganisation die Realitäts- und Gesprächsverweigerung – ich sage bewusst: die Realitäts- und Gesprächsverweigerung – manchmal überzogen haben. Das ist für mich als Gewerkschafter nicht positiv. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Wiewohl ich festhalten möchte, dass auch ich bei manchen Endformulierungen und Beschlüssen, die jetzt vorliegen, nicht lauthals "Hurra!" schreie, dass ich nicht alles mit dem Herzen mittrage, aber ich bin doch froh darüber, dass es über Initiative einiger ÖAAB-Abgeordneter beispielsweise gelungen ist, zum Vertrauensschutz ein Fangnetz einzubauen, das nicht das Gelbe vom Ei ist, damit ich nicht falsch verstanden und dann irgendwo falsch zitiert werde, das aber sicherlich die großen Härten vorerst einmal abfedert. Wir werden darüber sicherlich ... (Bundesrat Meier: Vorerst! Das ist äußerst unsicher!) – Kollege Meier! Nichts im Leben ist endgültig. Wir werden aber sicherlich das eine oder andere nachzujustieren haben.

Ich bedauere es aber auf der anderen Seite auch, Frau Vizekanzlerin, dass es hier zu keinem Konsens gekommen ist. Gerade hier haben sich die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes – ich meine damit nicht nur Kollegen Neugebauer von der GÖD, sondern auch Kollegen Weniger von den Gemeindebediensteten und andere – ein bisschen unterschieden von anderen Gewerkschaftsorganisationen, und wir haben sehr wohl Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Ich weiß aus vielen Gesprächen mit meinem Freund Fritz Neugebauer, dass wir auch


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bis zuletzt guter Hoffnung waren, dass es zu einem Konsens – ich weiß nicht, ob es auch ein Kompromiss war – kommen würde.

Ich bedauere sehr, dass Kollegin Melitta Trunk, die heute schon einige Male "berühmt" geworden ist, als wir beim Versöhnungsfondsgesetz die Würdigung der derzeitigen Bundesregierung vorgenommen haben, als wir beim Mediengesetz darauf hingewiesen haben, dass das jetzt geschehen ist, dann gesagt hat (eine Frauenstimme nachahmend): Ich darf in Erinnerung rufen, im vergangenen Jahrhundert hat es auch sozialistische Regierungsmitglieder gegeben, die dabei waren. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: So über jemanden spotten, das tut man nicht! Das ist die unterste Lade!)

Ich würde mich freuen, wenn jetzt vielleicht Kollegin Trunk käme und sagen würde ... (Bundesrat Meier: Das ist die unterste Lade!)

Präsident Johann Payer: Herr Kollege Schöls! Sie wissen, wie sehr ich Ihre Aussagen oft schätze, aber ich bitte Sie, zur Sache zu sprechen. Wir sind nicht im Reinhardt-Seminar. – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (fortsetzend): Ich spreche zur Sache, nämlich zu dem Punkt, der uns als Gewerkschaft öffentlicher Dienst tief getroffen hat. Wir haben wohl gemerkt, dass es in vielen Bereichen einen Gesinnungs-, einen Stil- und einen Kurswechsel durch die neue Bundesregierung gegeben hat, aber was die Angriffe auf den öffentlichen Dienst und auf die öffentlich Bediensteten betrifft, haben wir hier eine Fortschreibung dessen, was der seinerzeitige Staatssekretär Einem tat, dem es vorbehalten blieb, vom "geschützten Bereich" zu sprechen, was Staatssekretär Schlögl, für den öffentlichen Dienst zuständig, und auch Staatssekretär Ruttenstorfer, ebenfalls für den öffentlichen Dienst zuständig, taten.

Frau Vizekanzlerin! Sie schreiben hier nahtlos fort, und ich bedauere das wirklich. Sie schreiben das nahtlos fort, und die Aussagen, die hier nach dem Motto "Wünsch dir was" zu Einsparungen im öffentlichen Dienst getroffen werden, die Aussagen, die zu einigen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst getroffen werden, beweisen dies.

Natürlich kann man zwei Wochen vor Schulschluss auf die Lehrer leicht "hinpecken", denn da herrscht schon Ferienstimmung, aber das macht mich sehr betroffen. Das ist schlussendlich auch der Grund, dass ich mich entschlossen habe, obwohl ich einer der derzeitigen Regierungsparteien, der Österreichischen Volkspartei, angehöre, der vorliegenden Vorlage im Hinblick auf die Bestimmungen für den öffentlichen Dienst meine Zustimmung nicht zu erteilen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

14.05

Präsident Johann Payer: Kolleginnen und Kollegen! Ich werde sehr oft von verschiedensten Seiten aufgefordert, Ordnungsrufe zu erteilen. In diesem Fall würde ich Sie beziehungsweise dich, Kollege Schöls, bitten, diesen kurzen Theaterdonner, den du da hereingebracht hast, vielleicht persönlich mit Kollegin Trunk auszusprechen. Das wäre vielleicht eine Möglichkeit, dieses kleine Theaterspiel ein bisschen zu entemotionalisieren. – Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen. – Bitte.

14.06

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Wenn ich in Pension gehe, bekomme ich ohnehin keine Pension mehr. – Das war die Aussage der jungen Generation unter einer noch sozialistischen Regierung vor nicht allzu langer Zeit.

Wir haben es weit gebracht, besser gesagt: Sie haben es weit gebracht. War es sozial, dass ihr von der jungen Generation Pensionsbeiträge eingezogen habt und ihr in Aussicht gestellt habt, ohnehin nichts mehr davon zu sehen? War das sozial? War es auch sozial, dieser Generation einen Schuldenberg in der Höhe von 1 700 Milliarden Schilling zu hinterlassen? – Das war ein Vertrauensbruch, ein Bruch des Vertrauensgrundsatzes, das war ein finanzieller Raubzug an der Jugend! Schreiben Sie sich das hinter die Ohren!


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667. Sitzung / Seite 84

Die neue Bundesregierung mit Beteiligung von uns Freiheitlichen ist anders. Wir stehen zu den Generationen, von den Jungen bis zu den Alten. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Wir haben Verantwortungsgefühl, und deshalb ist diese Pensionsreform notwendig, ja sogar dringend notwendig.

Müssen heute etwa drei Erwerbstätige für einen Pensionisten zahlen, so zahlt im Jahr 2030, also dann, wenn ich einmal daran denken darf, in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen – nach dem jetzigen System –, ein Erwerbstätiger für einen Pensionisten. Meine Frage an die Damen und Herren von den Sozialisten: Wäre das sozial gerecht? – Es wäre nicht sozial gerecht, und deshalb muss sich etwas ändern.

Diese Bundesregierung mit uns Freiheitlichen ist angetreten, um die soziale Waage wieder ins Lot zu bringen, und das tun wir mit dieser Pensionsreform. Die Statistik der Struktur der österreichischen Pensionisten aus dem Jahre 1998 besagt, 41 Prozent der Pensionisten erhalten eine Frühpension, 31 Prozent der Pensionisten erhalten eine Hinterbliebenenpension, 14 Prozent eine Invaliditätspension – und nur 14 Prozent erhalten eine Regelpension. Das ist EU-Spitze, aber von hinten angefangen. Da frage ich mich schon, meine Damen und Herren: Sind wir ein Land von Frühpensionisten, Witwen und Invaliden? – Wenn ich mich hier so umschaue, dann muss ich sagen, ich glaube das nicht.

Wenn man bedenkt, dass wir heute, um das Pensionsniveau halten zu können, aus dem Budget bereits 73 Milliarden Schilling zuschießen müssen, wären das im Jahr 2030, also dann, wenn ich daran denken könnte, in Pension zu gehen, 618 Milliarden Schilling, also fast so viel, wie das heutige Bundesbudget beträgt. Das müsste doch dem Dümmsten einleuchten, dass es so nicht weitergehen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Deshalb ist diese Pensionsreform unbedingt notwendig, um auch der künftigen Generation noch eine Pension zu sichern.

Ein Wörtchen noch zu euch Sozialisten: Wenn ich bedenke, dass in dem Koalitionsabkommen mit der ÖVP, das gescheitert ist (Bundesrätin Schicker: Das heißt immer noch: Zu Ihnen! – Ich bin nicht per du mit dem Herrn!), die Anhebung des frühzeitigen Pensionsalter mit zwei Jahren festgesetzt war, während es in der nun vorliegenden Pensionsreform eineinhalb Jahre sind, muss ich mich schon fragen, wer sozialer ist.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass in die bestehenden Pensionen nicht eingegriffen wird, denn wir Freiheitlichen halten, was wir versprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.11

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.11

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Geschätzter Bundesrat! Diese Bundesregierung steht für soziale Sicherheit, für ein tragfähiges soziales Netz. Diese Bundesregierung steht für die Erhaltung der solidarischen Sozialversicherung. Sie steht für einen gelebten Generationenvertrag, in den alle ihren Beitrag einbringen müssen.

Erlauben Sie mir noch ein persönliches Wort: Für mich persönlich steht immer der Mensch im Mittelpunkt, und zwar gerade der sozial Schwache. Er bedarf der Hilfe der öffentlichen Hand und darf nicht im Regen stehen gelassen werden. Deshalb ist es notwendig, dass wir für ein Klima der Wärme und der Geborgenheit in diesem Staat stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP und demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Gerade weil wir das System erhalten wollen, müssen wir rechtzeitig Reformen Platz greifen lassen. Es ist höchste Zeit dafür, und daher sieht dieses Sozialrechts-Änderungsgesetz einerseits eine sehr moderate Pensionsreform und andererseits die Reform des Sozialversicherungssystems als einen ersten Schritt vor.


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Zur Pensionsreform. Wir stehen zum Umlagesystem, wir stehen zur Erhaltung einer hohen Nettoersatzrate. Weil wir das wollen, ist es notwendig, dass in diesem Pensionssystem endlich Reformen Platz greifen, die schon längst hätten Platz greifen sollen. Das System ist Anfang der fünfziger Jahre geschaffen worden und seither nicht wesentlich verändert worden. Es ist auf den dramatischen demographischen Wandel, der sich heute abzeichnet, keine Rücksicht genommen worden. Wir müssen aber diesem Wandel nunmehr Rechnung tragen.

Wir haben in Österreich das niedrigste Antrittsalter, wir haben die höchsten Pensionen. Hier besteht Handlungsbedarf. Wir wollen sowohl für die heutigen Pensionsbezieher als auch für die nachfolgenden Generationen die Pensionen und damit auch den Wohlstand der Menschen in unserem Land sichern.

Lassen Sie mich nun auf einige Details eingehen, die sehr deutlich zeigen, wie sozial verträglich, wie moderat diese Pensionsreform ist.

Es gibt eine sehr sanfte Einschleifregelung, die sich über zwei Jahre hinzieht, und es gibt nur eine Anhebung des Abschlages um einen Prozentpunkt, die auch proportional innerhalb von zwei Jahren umgesetzt wird. Es ist eine Härteklausel eingeführt worden, um eventuell betroffene Einzelfälle berücksichtigen zu können. Es wurde eine Vertrauensschutzklausel für Dienstnehmer geschaffen, die eine gewisse Übergangslösung bietet, sodass es auch hier zu keinen Härtefällen kommen kann. In bestehende Pensionen wird nicht eingegriffen. Es muss auch klar gesagt werden: Alle Berufsgruppen sind gleich betroffen – gelernte, ungelernte Arbeitnehmer, Gewerbetreibende, Bauern. Diese Reform bezieht sich auf alle.

Auch Männer und Frauen sind gleich betroffen. Wenn man das nachrechnet, erkennt man, dass das tatsächlich der Fall ist, dass keine der beiden Gruppen irgendwo stärker betroffen ist.

Es wurde ein gleichartiger Berufsschutz für alle Berufsgruppen geschaffen, und man kann sagen, ein bereits lange gehegter Wunsch der ungelernten Arbeitnehmer, einen besseren Berufsschutz zu haben, ist erfüllt worden. Auch die besonders sensiblen Gruppen, wie zum Beispiel die Bauarbeiter, können nach wie vor unter den gleichen Bedingungen in Pension gehen.

Unter den flankierenden Maßnahmen ist als besonders wichtig das beschäftigungspolitische Paket für ältere Arbeitnehmer zu erwähnen. Selbstverständlich werden wir uns mit den Arbeitnehmervertretern zusammen setzen, um auch ihre Vorschläge betreffend Beschäftigungspolitik und vor allem auch Gesundheitspolitik zu diskutieren und einfließen zu lassen. Ich darf Ihnen hier berichten, dass eine entsprechende Arbeitsgruppe bereits tagt, um diese wichtigen Anliegen – Beschäftigungspolitik für ältere Menschen, Gesundheitspolitik – wahrzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Geschätzter Kollege Würschl! Sie haben zwei Beispiele genannt. Meine Experten haben diese nachgerechnet, und ich darf Ihnen folgendes Ergebnis darlegen:

Das erste Beispiel, dass ein Mann, der mit 56 Jahren mit einem Gehalt in der Höhe von 10 000 S in Pension gehen möchte, 7 300 S im Jahr verliert, lässt sich nicht nachvollziehen. Es müsste eine Invaliditätspension sein, sagen die Experten, aber diese Gruppe ist gar nicht betroffen.

Das zweite Beispiel: Jemand mit 25 000 S Bruttopension verliert monatlich 18 000 S, das wurde hier behauptet. (Rufe bei der SPÖ: Im Jahr!) – Das ist unrichtig, denn in bestehende Pensionen wird gar nicht eingegriffen.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich auch noch auf ein zweites Thema des Sozialrechts-Änderungsgesetzes eingehe. Ich vermisse dieses Thema eigentlich in den Diskussionsbeiträgen, aber ich halte es für ein sehr wichtiges Thema: ein erster Schritt in Richtung Reform der Sozialversicherungsträger. Gerade weil wir die Sozialversicherung erhalten wollen, muss sie reformiert werden. Gerade weil wir für die Erhaltung der Solidarität sind, muss hier etwas getan werden. Ich meine Solidarität in dem Sinne, dass der Gesunde für den Kranken,


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dass der Einkommensstärkere für den Einkommensschwächeren mit zahlt. Das ist ein wichtiges Prinzip.

Das soziale Netz in Österreich soll erhalten bleiben. Daher ist eine Reform notwendig. Wir wissen, dass es im Bereich der Sozialversicherungsträger entsprechende Studien gibt: 1992 die Häusermann-Studie, 1998 die KPMG-Studie, die sehr genau sagt, was zu geschehen hat, es soll nämlich eine stärkere Vernetzung, eine stärkere Kooperation der Sozialversicherungsträger erfolgen, es soll stärkere Durchgriffsmöglichkeiten seitens des Hauptverbandes geben.

Hier ist ein wichtiger Schritt gesetzt worden. Die Sozialversicherungsträger verwalten heute Milliardenbeträge an Beiträgen der Österreicherinnen und Österreicher und verfügen immer noch nicht über ein Instrumentarium, wie es für jedes private Unternehmen selbstverständlich ist. Es geht um eine Verstärkung der Effizienzprüfung. Es geht um ein frühzeitiges Aufzeigen von Fehlentwicklungen. Daher haben wir in diesem Gesetz ein Controlling-System vorgesehen, das den Hauptverband in Richtung einer Holding entwickelt, sodass ein besserer Durchgriff auf die einzelnen Träger möglich ist, sodass eine stärkere Vernetzung der Träger, eine bessere Kooperation gegeben ist und es dadurch zu Einsparungen, zu einer Synergienutzung, zu einer Effizienzsteigerung kommen wird.

Auf diese Weise werden die Beiträge der Versicherten wirtschaftlich und sparsam verwaltet und eingesetzt. Das ist unser Anliegen, und das wird auch durch die Reform umgesetzt, die wir heute beschließen werden.

Es tut mir daher Leid, dass die Opposition diesem so gut abgestimmten, wohl ausgewogenen Gesetz, das sehr sorgfältig und verantwortungsbewusst von uns formuliert worden ist, nicht die Zustimmung geben kann. Wir sind an jene Themen herangegangen, die uns die vergangenen Bundesregierungen als Hypothek hinterlassen haben: Wir haben die Pensionsreform in Angriff genommen und werden die Sozialversicherung als Ganzes renovieren und modernisieren.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir abschließend noch, einige Worte zur derzeit laufenden Debatte über eine weitere Anhebung des Pensionsalters und über die Aufgabe der Pensionsreformkommission zu sagen. Es geht wirklich, wie man in den Medien lesen kann, um eine künstliche Aufregung und eine Nulldebatte, allerdings initiiert von Seiten der Medien. Ich weise mit aller Entschiedenheit zurück, dass ich einen Vorstoß oder Vorschlag in Richtung Erhöhung des Pensionsalters gemacht hätte oder dass es einen diesbezüglichen Auftrag von mir an die Pensionsreformkommission gäbe. Nichts dergleichen, absolut nichts. (Bundesrätin Schicker: Aber Sie haben es gesagt!)

Das heißt, hier wird über ein Nichts, über ein Nullum geschrieben und diskutiert. Daher hat Herr Klubobmann Peter Westenthaler völlig Recht, wenn er von einer Nulldebatte spricht.

In einem Gespräch mit einem APA-Redakteur habe ich auf die europaweite Pensionsdebatte und besonders auf die Entwicklung in Deutschland hingewiesen, wo ein Pensionsantrittsalter von 67 Jahren zur Diskussion steht. Vor diesem Hintergrund habe ich klargemacht, dass die Pensionsreform 2000 in Österreich mit einer Anhebung des Antrittsalters für Frühpensionisten von eineinhalb Jahren vergleichsweise maßvoll ist.

Gemäß dem Willen der Bundesregierung erhielt die Pensionsreformkommission von mir jetzt den Auftrag, Vorschläge zu einer langfristigen Anpassung des Pensionssystems an den demographischen Wandel zu entwickeln. Das entspricht vorausschauendem, verantwortungsvollem Handeln. Es gibt von mir nur drei konkrete Aufträge an die Kommission:

Der erste Auftrag bezieht sich auf die Modernisierung der Invaliditätspension, der zweite Auftrag auf den Ausbau der zweiten Säule, der betrieblichen Pensionsversicherung, und der dritte Auftrag besteht darin, eine langfristige Lösung im Dauerrecht für die so genannte Hackler-Regelung zu finden. Auch die Sozialpartner werden im November dieses Jahres eingeladen sein, ihre Zukunftsvorstellungen einzubringen. In Ruhe und ohne Zeitdruck kann somit von der Kommission ein gesamtheitliches Konzept entwickelt werden, das auf einem breiten Konsens basieren sollte.


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Es ist Aufgabe der Kommission, von sich aus Vorschläge für die Politik zu erarbeiten und ohne politische Vorgaben einen geeigneten zukunftsorientierten Maßnahmenkatalog zu entwickeln. Einen Auftrag an die Kommission meinerseits – das sage ich ganz klar und dezidiert –, über eine weitere Anhebung des Anfallsalters für die Regel- oder Frühpension nachzudenken, gibt es nicht und wird es auch nie geben. In diesem Sinne verstehe ich meine jetzige Wortmeldung auch nicht als eine Rücknahme, sondern lediglich als Klarstellung meiner Ausführungen im APA-Interview, welches diese überflüssige Diskussion ausgelöst hat. Der mir in den Mund gelegte Satz "Ohne Anhebung wird es nicht gehen" ist nachweislich nicht gefallen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal eindeutig klarstellen: Die Diskussion der letzten Tage ist aus meiner Sicht ein krampfhafter Versuch der Medien, das Sommerloch zu füllen. Ich habe keinen wie immer gearteten Vorstoß hinsichtlich einer weiteren Anhebung des Pensionsalters unternommen. Jede andere Darstellung in den Medien entspricht nicht der Wahrheit. Die Pensionsreformkommission hat von mir gemäß dem Willen der Bundesregierung den Auftrag, frei von politischen Vorgaben Konzepte für eine langfristige Sicherung der Pensionen über die Legislaturperiode hinaus zu entwickeln. Mit der heutigen Beschlussfassung der Pensionsreform 2000 ist das wichtigste Vorhaben dieser Legislaturperiode in Sachen Pensionssicherung umgesetzt.

Geschätzte Damen und Herren! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.23

Präsident Johann Payer: Der vorhin von Bundesrat Würschl eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Marizzi. Ich erteile dieses.

14.23

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Vizekanzlerin! Sie haben gesagt, die Verschuldensrate beträgt 1 700 Milliarden. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Staatsschulden!)  – Staatsschulden. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Sofort!

Ein Vergleich zeigt – Sie kennen die Zahlen genau –, bezogen auf das BIP liegt Österreich im EU-Schnitt von ungefähr 67,6 Prozent (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Auf dem letzten Platz von allen 15!) bei 64,5 Prozent. (Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Auf dem letzten Platz von allen 15!)

Frau Vizekanzlerin! Das stimmt schon. Aber, Frau Vizekanzlerin, Sie kennen das Ministeriengesetz sehr gut. Sie machen das sehr geschickt, und ich bewundere Sie, wie Sie das immer wieder über die Medien bringen, dass Sie sagen: Die sozialistischen Finanzminister haben diesen Staat in diese Schuldenmasse hineingetrieben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Das ist richtig!) – Moment! Das kommt immer richtig durch. Aber Sie, Frau Vizekanzlerin, kennen auch das Ministeriengesetz und wissen ganz genau, dass die Ministerratsbeschlüsse einstimmig sind. Das heißt, von den 1 700 Milliarden gehören natürlich 850 dann auch der ÖVP, weil diese Ministeriengesetze einstimmig beschlossen worden sind. (Ruf bei der ÖVP: Aber wir haben nicht den Finanzminister gehabt!)

Herr Kollege! Wissen Sie nicht, wie in einem Ministerrat beschlossen wird? – Einstimmig! Alle Beschlüsse müssen einstimmig gefasst sein. Also: Der Schuldenberg wird halbiert zwischen Rot und Schwarz; das geben wir zu. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Natürlich muss man dazusagen, dass für diese Schulden auch Ausgaben getätigt worden sind: Straßen, Schulen, Universitäten. Es sind Werte geschaffen worden, es sind Sozialleistungen getätigt worden. Wir genieren uns nicht dafür. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Dazu


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komme ich noch. Es ist klar, dass – dazu eignet sich besonders die jetzige Konjunkturlage – diese Schulden abgebaut werden müssen. Ich bin überzeugt davon, dass das notwendig ist. Aber eine derartige Kindesweglegung, dass nur die Sozialdemokraten die Schuldenmacher sind, können Sie von der ÖVP nicht betreiben. Ihr Wappentier ist offenbar der Hase: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Sozialministerin! Es geht heute um Anhebungen, Verschärfungen, Abschöpfungen, Kürzungen und so weiter. Ich sage auch ganz offen – ich habe das schon einmal gesagt –, dass Pensionsreformen sicherlich notwendig sind. Ich bin der Meinung, dass sie gemacht werden sollen, aber nicht mit dieser Geschwindigkeit und nicht – ich komme später noch darauf – in einer teilweise sozial so ungerechten Weise.

Wir hätten auch Pensionsreformen machen müssen, aber anders; ich erläutere Ihnen das anhand einiger Beispiele.

Sie haben die Beispiele des Kollegen Würschl geprüft. Frau Sozialministerin! Ich stelle Ihnen meine Beispiele gerne zur Verfügung.

Ich lasse jetzt die Milliarden, die Einsparungen von 2000 bis 2004, die einzelnen Teile weg. Bei den Unselbstständigen und Selbstständigen sind es 17 Milliarden Schilling, bei den Pensionsversicherungen, Herr Kollege Schöls, des öffentlichen Dienstes sind es 3,6 Milliarden. Das sind in den nächsten Jahren rund 53 Milliarden. Das wird notwendig sein, das wird auch machbar sein, aber ich komme später noch darauf zurück, wie das die so genannten kleinen, fleißigen Leute trifft.

Frau Bundesministerin! Zum Beispiel der Fall der Frau Wimmer, Jahrgang 1948, Schneiderin. Sie wird mit 52 Jahren arbeitslos, bekommt keine Arbeit mehr. Ein Jahr Arbeitslosenentgeltanspruch, dann kein Notstandshilfeanspruch, weil das Einkommen des Ehemannes die Freigrenze übersteigt; Bemessungsgrundlage 15 000 S; 35 Versicherungsjahre, mit 55 Jahren muss sie auf die Pension, jetzt 56,5 Jahre, warten, geht wegen Arbeitslosigkeit mit 56,5 Jahren in die vorzeitige Alterspension.

Der Pensionsanspruch für Frau Wimmer wäre nach geltendem Recht 9 000 S ab 55 Jahren. Der Pensionsanspruch nach dieser neuen Pensionsreform 2000: Frau Wimmer bekommt ab 56,5 Jahren 8 925 S bis zu ihrem Lebensende.

Frau Bundesministerin! Sie haben heute gesagt: sozial gerecht, und wir müssen im Herzen eine soziale Wärme erzeugen. Wir alle wissen, was das für eine Frau, die Schneiderin war, bedeutet. Da sagen manche, die paar hundert Schilling sind nicht viel, aber für diese Frau ist das ein ziemlicher Batzen Geld.

Oder nehmen wir als Beispiel Frau Berger: Sie kann bis zur neuen Altersgrenze weiter arbeiten. Frau Berger ist Arbeiterin, verheiratet, derzeit 54 Jahre alt, erreicht in zweieinhalb Jahren, also mit 37,5 Versicherungsjahren, die Voraussetzung für den Bezug einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer; Bemessungsgrundlage für die Pension: 15 000 S. Der Pensionsanspruch nach altem Recht wäre 10 200 S, ab 56,5 Jahren beträgt der Pensionsanspruch nach Ihrer Reform, Frau Bundesministerin, jetzt 9 675 S.

Frau Bundesministerin! Frau Berger verliert mit einem Schlag im Monat 525 S. Darüber können Sie jetzt wieder lachen. Das sind 5 Prozent ihrer Pension. Auf das Jahr bezogen bedeutet das einen lächerlichen Verlust in der Höhe von 7 350 S, und zwar für den Rest ihres Lebens. Angesichts dessen spricht man von Wärme und sozialer Gerechtigkeit.

Frau Bundesministerin! Ich möchte mit dem zweiten Teil meiner Rede ein bisschen ironisch beginnen. Am Sonntag hat die Formel 1 hat sehr nett begonnen. Überall gab es blaue Plakate, auf denen stand: Wir sind nicht zu bremsen. – Ich habe geglaubt, das gilt auch für Kollegen Wurz. Dann habe ich näher hingesehen und kam drauf, gemeint ist die Regierung. Es war auch ein netter Tag, kein Franzose war in der ersten Startreihe. Der rote Wagen des Deutschen war in der ersten Runde draußen, überall gab es Fotos von der Frau Vizekanzlerin, von Herrn Haider


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im Gokart, im Porsche. Ich war also richtig stolz auf Österreich. Es war ein netter Tag, alles hat auf Österreich geschaut. (Bundesrat Dr. Nittmann: Bravo! Weiter so!) Bernie Ecclestone hat einen Orden bekommen, es war ein wunderbarer Tag. (Beifall des Bundesrates Ledolter. )

Aber dann kam der Schock, dann kam der Schock, mein Herr mit dem Halstuch, als ich am Abend in die APA gesehen habe. Frau Bundesministerin! Ich glaube Ihnen schon, dass Sie vieles nicht so gesagt haben, aber Sie haben dann eine Reaktionssekunde von Sonntag bis heute gehabt und haben gesagt, dass die 67 Jahre nicht gelten. Ich habe mir dann die Abendzeitungen und die Morgenzeitungen gekauft, und da lese ich in den "Oberösterreichischen Nachrichten": Sickl denkt schon an die nächste Pensionsreform. "Kurier": Pensionsalter muss weiter erhöht werden, meint Sickl. (Bundesrat Meier: Das sind keine SPÖ-nahen Zeitungen!) – All das sind keine Parteizeitungen. Sickl will das Pensionsalter auf 67 Jahre erhöhen. Nachdenken über den Pensionsantritt mit 67 Jahren stand im "Standard" zu lesen.

Frau Bundesministerin! Am Montag hätten Sie sagen müssen: Ihr bösen Zeitungen, ihr schlimmen Journalisten habt mir das in den Mund gelegt, ich klage euch jetzt. – Aber Sie haben von Sonntagabend bis heute eine Reaktionssekunde gebraucht. In Wirklichkeit haben Sie von der eigenen Partei – ich möchte das jetzt gar nicht aussprechen – eine schwere Rüge bekommen. Frau Rauch-Kallat hat Sie auch schon gestoppt, und Herr Westenthaler hat gesagt, das ist eine Nullum-Debatte. (Bundesministerin Dr. Sickl: Ich war im Ausland!)

Wenn Sie am Tag der Formel 1 die Formel 67 erfinden, dann muss ich sagen, ich habe wirklich Angst, dass Sie so weitermachen. Die schwarz-blaue Koalition müsste so ehrlich sein und sagen: Ihr bösen Österreicher verdient euch die Pension überhaupt nicht. Ihr werdet von der Wiege bis zur Bahre arbeiten. Dann wäre all das in Ordnung. (Beifall bei der SPÖ.) Dann wüssten die Österreicher, sie brauchen sich nicht mehr zu fürchten, weil dann sind die 61,5 Jahre, mit denen wir jetzt in Pension gehen können, direkt eine Wohltat. Dann würden wir sagen, mein Gott, die Frau Ministerin diskutiert schon 67 Jahre, da kann ich mit meinen 61,5 Jahren eigentlich um 5,5 Jahre früher gehen. Wenn die Frau Ministerin die nächste Drohung macht, dann wird es vielleicht noch schlimmer, dann dürfen wir überhaupt nicht mehr in Pension gehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines sage ich Ihnen: Ich glaube – so ehrlich sind wir alle –, wir müssen in Zukunft die Pensionen für die Jugend sichern. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.) Aber schreiben Sie sich eines ins politische Stammbuch: Es muss sozial und gerecht sein, man soll nicht drüberfahren und sagen, dich stimmen wir jetzt nieder, es ist ohnehin Wurscht, wir haben momentan die Mehrheit. In Zukunft machen wir, was wir wollen. Sie werden die Rechnung auch einmal bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ing. Gruber: Sie sprechen aus Erfahrung!)

14.35

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer. Ich erteile ihr dieses.

14.35

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe in letzter Zeit oft überlegt, ob ich diesem Gesetzeskonvolut, das auch das Pensionsgesetz der öffentlich Bediensteten enthält, aus Sicht einer öffentlich Bediensteten meine Zustimmung geben kann. Ich habe mich trotz einiger Bedenken zur Zustimmung entschlossen, weil ich einfach der Überzeugung bin, dass dieses Paket viele notwendige Änderungen enthält. Ich möchte aber meine Zustimmung nicht geben, ohne gleichzeitig auch meine Kritik an jenen Punkten, die mir persönlich am meisten wehtun, anzubringen.

Wenn ich jetzt sage mir persönlich, dann meine ich das nicht als Betroffene, sondern als Personalvertreterin, die schon jahrelang in diesem Bereich, vor allem im Bereich der Pensionierungen im öffentlich Dienst, beratend tätig ist.


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Ich glaube grundsätzlich, dass wir auch im öffentlichen Dienst langfristig nicht um eine umfassende Pensionsreform herumkommen, das fordern vor allem auch unsere jüngeren Kolleginnen und Kollegen, und ich weiß, dass das auch von vielen älteren Kollegen mitgetragen wird.

Die vorliegende Korrektur des Pensionsgesetzes im öffentlichen Dienst stellt aber meiner Meinung nach vor allem eine Solidaraktion mit den Arbeitnehmern im ASVG dar. Denn ich denke, den Betroffenen im ASVG wäre sicherlich die notwendige Anhebung des Pensionsalters noch viel weniger einsichtig gewesen, wenn dieselbe Maßnahme nicht auch für alle anderen Arbeitnehmerbereiche getroffen worden wäre.

Aber ich frage mich wirklich, wenn ich jetzt an meinen Bereich, an den öffentlichen Dienst denke, ob es dadurch Einsparungen für das Budget geben wird. Ein öffentlich Bediensteter, der mit 60 Jahren seine Höchstpension, also die letzte Gehaltsstufe noch nicht erreicht hat und nun auf Grund dieser Gesetzesänderung länger im Dienst bleiben muss, rückt möglicherweise noch einmal vor, wird also mehr kosten, wird zusätzliche Pensionsjahre erwerben und wird dadurch eine höhere Pension erwerben. Ich glaube auch, dass im Widerspruch zu dieser Anhebung des Pensionsalters die Regelung, die heute schon einmal erwähnt worden ist, steht, dass man künftig auch Beamte sozusagen von Amts wegen pensionieren kann, wenn sie das pensionsfähige Alter erreicht haben. Das heißt, auf der einen Seite bringt man zum Ausdruck, Beamte sollen länger arbeiten, und auf der anderen Seite drückt der Dienstgeber sein Interesse daran aus, dass Beamte doch nicht zu lange arbeiten sollten. Ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass es da in den nächsten eineinhalb bis zwei Jahren keine Einsparungen geben wird.

Ich möchte nun zwei meiner Hauptkritikpunkte herausgreifen. Der erste betrifft die Änderung im Gehaltsgesetz. Da ist vorgesehen – auch das ist heute schon erwähnt worden –, dass es nach einem sechsmonatigen Krankenstand zu einer Bezugskürzung um ein Drittel kommen wird, jedoch – auch das ist schon gesagt worden – ohne jede begleitende Abfederung wie etwa im ASVG. Die Begründungen, die ich dazu gehört oder gelesen habe, finde ich eigentlich absurd. Die eine hat gelautet, dass es derzeit keinen Anreiz gibt, sich jeder möglichen Heilbehandlung zu unterziehen. Ich kenne keinen Kranken, der nicht danach trachtet, mit allen möglichen Mitteln wieder gesund zu werden.

Es ist auch die Rede davon gewesen, dass es sich um Hygienemaßnahmen handelt, die verhindern sollen, dass man sich in die Pension schummelt. Es gab auch die Begründung, dass man mit dieser neuen Bestimmung, also mit der Bezugskürzung um ein Drittel, längere ungerechtfertigte Krankenstände hintanhalten möchte. Ich frage mich: Was ist ein ungerechtfertigter Krankenstand? – Denn diesen darf es eigentlich gar nicht geben.

Im Dienstrecht der Beamten, also im BDG und im LDG, gibt es eine Bestimmung, die besagt, dass nach spätestens drei Monaten eine Vorladung zum Amtsarzt erfolgen muss, die aber jederzeit vorher schon erfolgen kann, wenn der Verdacht besteht oder wenn man glaubt, dass der Betroffene den Dienst schon wieder antreten kann. Wenn man das verabsäumt, dann ist es ein Versäumnis der Behörde.

Ich denke, einen Missbrauch durch Gefälligkeitsgutachten von Ärzten wird man nie ganz verhindern können, aber wenn es so etwas gibt, dann ist ein Krankenstand schon ab dem ersten Tag ungerechtfertigt, ein Betrug am Dienstgeber und an der Öffentlichkeit und nicht erst nach sechs Monaten. (Bundesrat Meier: Richtig!)

Ich kenne viele Fälle aus meiner Erfahrung in der Personalvertretung, bei denen es sich um lange Krankenstände handelt, beispielsweise nach einem Infarkt, nach Krebsoperationen oder nach schweren Unfällen, bei denen aber doch Aussicht auf eine vollständige Genesung besteht. Ich weiß aus der Erfahrung, dass sich die Betroffenen nicht in die Pension schummeln wollen. (Bundesrat Meier: Richtig!) Im Gegenteil: Je jünger sie sind, umso eher bringen sie zum Ausdruck: Ich möchte im Berufsleben bleiben, hoffentlich werde ich wieder gesund. (Bundesrat Meier: Das sind keine Parasiten!) – Ich glaube, dass diese Bezugskürzung vielleicht eher forciert, dass man in Pension geht, und ich denke, da ist der volkswirtschaftliche Schaden doch größer.


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Zu meinem zweiten Punkt: Es gibt derzeit einen Abschlag vom erreichten Prozentsatz oder von den erreichten Pensionsjahren, wenn man als Beamter vorzeitig wegen gesundheitlicher Gründe in Pension geht. Da gibt es Unterscheidungen, ob man auf Dauer dienstunfähig ist, ob man zu einem zumutbaren Erwerb unfähig ist oder ob man total erwerbsunfähig ist.

Derzeit gibt es einen Abschlag bei den ersten beiden Fällen, nicht aber, wenn man total erwerbsunfähig ist, also wenn es sich tatsächlich um eine ganz schwere gesundheitliche Beeinträchtigung handelt. Das wollte man ursprünglich in der vorliegenden Novelle ändern, dass ohne Unterscheidung, also in jedem Fall, ein Abschlag erfolgt. Im Vorfeld ist aber noch eine Änderung gelungen, auch das ist heute schon erwähnt worden. Ich denke an Kollegen Spindelegger im ÖAAB, der einige Abgeordnete davon überzeugt hat, dass es nicht in allen Fällen einsichtig ist, dass ein Abschlag erfolgt. Als Beispiel wird immer der Fall eines Gendarmen oder Polizisten vorgebracht, der in Ausübung seines Berufes schwer verletzt und erwerbsunfähig wird.

Nun hat man auf Grund eines Abänderungsantrages wieder vom generellen Abschlag Abstand genommen. Es sind von diesen Abschlägen künftig Dienstunfälle ausgenommen. Ich bin sehr dankbar dafür, aber man hat vergessen, diese Änderung auch in die zweite Passage bei den Übergangsbestimmungen hineinzunehmen Das heißt also, das, was hier Gott sei Dank noch repariert wurde, gilt, weil es in der Übergangsbestimmung fehlt, in einer anderen Passage nur bis Ende 2002. Ich denke nicht, dass das beabsichtigt war, sondern dass das passiert ist.

Frau Vizekanzlerin! Ich ersuche Sie, das zu reparieren, denn wenn man diese Änderung bewusst so zugelassen hat, den Hintergedanken gehabt hat, das gilt nur für zwei Jahre, dann halte ich es für eine Pflanzerei und nicht für ehrlich. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass es nur ein Versehen war und dass man das reparieren wird. (Bundesrat Meier: Vielleicht nur für die Übergangszeit!)

Das sind zwei Beispiele, die mich doch gravierend irritieren.

Bezüglich der Behauptung, dass die Anhebung des Pensionsalters trotz dieser Übergangsregelungen, die in dem Gesetz aufscheinen, überfallsartig erfolgt ist, kann ich nur sagen: Warten wir ab, nachdem Klagen angekündigt worden sind, was der Verfassungsgerichtshof dazu sagt! – Das, was er feststellen wird, haben wir alle dann zur Kenntnis zu nehmen. (Bundesrat Meier: Darum stimmen wir nicht mit, Frau Kollegin!)

Mit diesen meinen Vorbehalten und meiner Kritik werde ich trotzdem grundsätzlich zustimmen, habe aber – das möchte ich auch betonen – größten Respekt und Verständnis für meinen Kollegen Schöls, der aus berechtigten und mir doch auch sehr einsichtigen Überlegungen bei seiner Haltung bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Meier: Der ÖAAB tut sich sehr schwer! Das ist richtig!)

14.45

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz. – Bitte, Herr Staatssekretär.

14.45

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte in der Reihenfolge auf die einzelnen Argumente eingehen.

Herr Bundesrat Drochter hat von der Zwangspensionierung gesprochen, jetzt ist sie wieder zitiert worden. Es gibt keine zwangsweise Pensionierung, sondern ab dem Alter, ab dem der Beamte selbst mittels Erklärung in Pension gehen kann, wobei er keinen Grund angeben muss, kann aus wichtigen dienstlichen Interessen eine amtsseitige Pensionierung ausgesprochen werden. Das kann zum Beispiel erfolgen, wenn eine Dienststelle aufgelöst wird, was jetzt wichtig ist, weil die Verwaltungsreform nun mit mehr Impetus als bisher angegangen wird. Zur Budgetkonsolidierung ist es notwendig, dass gewisse Reformen endlich einmal gesetzt werden. Da kann auch aus wichtigen dienstlichen Interessen eine amtsseitige Pensionierung erfolgen. (Bundesrätin Fuchs: Nicht zwangsweise!)


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Wichtig dabei ist: aus wichtigen dienstlichen Interessen und zu einem Zeitpunkt, zu dem der Beamte selbst gehen kann. Er braucht keine Gründe anzugeben. Das ist meiner Meinung nach ein Schritt zur Waffengleichheit zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Ko
necny: Die große Republik und der kleine Mitarbeiter!)

Herr Bundesrat Würschl hat vom Abkassieren gesprochen. Hier geht es nicht um ein Abkassieren (Rufe bei der SPÖ: Oh ja!), sondern um die Finanzierung von Pensionssystemen. Ein Pensionssystem wird im Wesentlichen durch drei Faktoren bestimmt: Wie lange fällt eine Pension an? Wie hoch ist die Höhe der Pension? Wie hoch sind die Beiträge?

Bezüglich Pensionssicherung: Wir hätten dem Umstand schon seit längerem Rechnung tragen müssen, dass unsere Bevölkerung – Gott sei Dank – durch die moderne Medizin älter wird und dass es geburtenschwache Jahrgänge gibt. Von dieser Sicht aus muss das Pensionssystem in Ordnung gebracht werden. Es geht um die Sicherung der Nachhaltigkeit. Aber Österreich hat die Frage des Pensionsantrittsalters, obwohl sie schon jahrelang diskutiert wird – ich erinnere an Rürup –, nie in Angriff genommen und hat sich geweigert, der Bevölkerung gewisse Realitäten bekannt zu geben und entsprechende legistische Maßnahmen umzusetzen. Da ist ein großer Nachholbedarf, und deshalb war relativ rasch eine Änderung notwendig. Das ist kein Überfall gewesen, sondern es wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass das Alter in einem Dezennium ungefähr um zwei Jahre steigt. Dieser Umstand wird nun angepasst.

Nun zur Höhe der Pension: Diesbezüglich hat man relativ wenig gemacht. Beim öffentlichen Dienst hat man die Pensionsreform 1997 etappenweise, also in ersten Schritten, indem man mit einer Durchrechnung ab dem Jahr 2003 beginnt, sehr zaghaft eingeleitet. So lange hat man sich Zeit gelassen. Dadurch ergab sich auf längere Sicht ebenfalls ein Ballast für die Budgetgestaltung, sodass wir jährlich ein Defizit gemacht haben, das bis zu 125 Milliarden Schilling angewachsen ist. Daher war es ebenfalls ein wichtiger Beitrag, dass wir diese Zwischenfrist bis 2003 mittels Pensionssicherungsbeiträge überbrücken, bis diese Bestimmungen wirksam werden, dass die Pensionshöhe und die Pensionsbemessungsgrundlage erstmals spürbar den neuen Umständen Rechnung tragen werden.

Bei den Pensionsbeiträgen muss in Hinkunft der Grundsatz gelten, dass für Beiträge immer eine Finanzierungsleistung vorhanden sein muss. Geschenke, dass Pensionszeiten anerkannt werden, ohne dass eine entsprechende Finanzierung gegeben ist, gibt es nicht mehr. Dieser Grundsatz sollte in Hinkunft nicht durchbrochen werden.

Herr Bundesrat Schöls! Du hast heute zu meinem großen Bedauern dieser Pensionsreform für den öffentlichen Dienst nicht zugestimmt. Das bedauere ich sehr, und zwar aus einem Grund: Wir haben mit den öffentlichen Gewerkschaften sehr intensiv verhandelt. Die ersten, die überhaupt nicht verhandelt haben, waren die Eisenbahner. Sie haben gesagt, 1997 haben wir unsere Pensionsreform gehabt, das interessiert uns nicht mehr, wir wollen weiterhin mit 53 Jahren in Pension gehen. (Rufe bei der SPÖ: Das stimmt doch nicht! – Bundesrat Ing. Scheuch: Hört! Hört!) – Man muss allerdings dazu sagen, dass es bei den Eisenbahnern schon 6 000 Jungeisenbahner mit einer ASVG-Regelung gibt. (Bundesrat Meier: Das muss man sagen!) Das sind Verschieber, die jetzt mit dem normalen Pensionsalter in Pension gehen müssen. Die Alteisenbahner aber wollen sich ihre Privilegien, dass sie mit 35 Dienstjahren, ist gleich 53 Jahre, in Pension gehen, weiterhin erhalten. Diese haben nicht verhandelt, da gab es keine Sozialpartnerschaft. Sie haben sich gleich ausgeklinkt und haben mit einem Gewerkschaftsstreik gedroht und ihn tatsächlich für eine Stunde durchgeführt. (Bundesrat Konecny: Was soll ein Gewerkschaftsstreik sein?) – Ich meine den Eisenbahner-Streik. (Bundesrat Konecny: Das Vokabel habe ich nicht gekannt!)

Die Nächsten, die sich ausgeklinkt haben, waren die Post-Bediensteten – nicht deshalb, weil sie dieser Reform nicht zustimmen konnten, sondern weil sie gewaltige Probleme in ihrem Betrieb haben. Es ist nämlich der sozialistisch geführten Politik gelungen, dass die Post trotz der höchsten Telefongebühren in Europa, trotz Einnahmen in der Höhe von 17 Milliarden Schilling pro Jahr binnen weniger Jahre ein Defizit in der Höhe von 100 Milliarden Schilling erzeugt hat. 40 Milliarden davon sind noch in der ÖIAG geparkt. Innerhalb weniger Jahre ist es gelungen,


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100 Milliarden Abgang zu erzielen. Allein bei der "Gelben Post" haben wir einen jährlichen Abgang von 5 Milliarden Schilling gehabt. (Bundesrat Meier: Die ÖVP hat das nicht gewusst?) – Trotzdem war ein sozialistischer Verkehrsminister dafür zuständig, er hat sogar einmal Klima geheißen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Meier: Sie haben nichts gewusst! Sie waren nicht dabei!)

Ich weiß schon, dass Sie das nicht gerne hören; ich weiß, dass Sie von dieser Art von Misswirtschaft nicht gerne hören! (Bundesrätin Schicker: Polemik von der Regierungsbank!) Jetzt müssen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit – die Telekom hat schon Mitbewerber, was für sie sehr schmerzlich ist – und zur Vorbereitung des Börsenganges all diese Privilegien, die dort herrschen, zurückgenommen werden. Daher nahmen die Post-Gewerkschafter auf jeden Fall Streikposition ein und konnten nicht mitstimmen.

Bis zum Schluss gab es die Hoffnung, dass die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten mitzieht – dort waren die Verhandlungen schon sehr weit fortgeschritten. Warum sind sie dann nicht mitgezogen? – Die Gewerkschaft hat in einer Resolution gefordert: Redet nicht nur allein von diesen 61,5 Jahren! Was kommt danach? – Wortwörtlich hat sie die Bundesregierung aufgefordert, in weiteren Verhandlungen langfristige Pensionsperspektiven zu erarbeiten. Dabei ist die etappenweise Anhebung des Pensionsanfallsalters – die Gewerkschafter haben das gesagt, bitte! – unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung und der Wahrung des Vertrauensschutzes zu beachten.

Gut, haben wir gesagt. Wir waren sogar bereit, den Pensionssicherungsbeitrag, um diese Verhandlungen nicht zu belasten, auszusetzen, und haben gesagt: Verhandeln wir im Sommer bis zum Herbst weiter über eine allfällige Anhebung im Sinne des Vorschlages für die nächste Legislaturperiode. – Diesen Punkt hat dann der Vertreter von den Gemeinden, Kollege Weninger, zum Anlass genommen, um abzuspringen. Damit kam es zu der prekären Situation für die Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Sie ist unter Druck gekommen und konnte den bereits erzielten Kompromissen, die viele Fragen beantwortet hätten – was gerade Frau Bundesrätin Pühringer angeführt hat –, nicht zustimmen. (Bundesrat Meier: Kollege Neugebauer ist wegen Kollegen Weninger umgefallen!)

Er ist unter den Druck der sozialistischen Gewerkschaften gekommen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Meier: Sie wissen doch, wer das Sagen hat! Sie wissen das doch!)

Offensichtlich haben Sie nicht alle Meldungen gelesen, die gegen Neugebauer gerichtet waren. Er möge nicht umfallen, es gibt nur eine Solidarität. – Dann haben Sie all diese Zeitungsmeldungen übersehen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Kollege Neugebauer ist ein sehr furchtsamer Mensch!)

Herr Bundesrat Marizzi! Sie haben eine Schuldenrechnung angestellt, die ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann. Sie reden offensichtlich von den 1 700 Milliarden Schilling Schulden. – Das ist eine unvorstellbare Zahl, vor allem wenn man weiß, dass in den sechziger Jahren die allein regierende sozialistische Bundesregierung mit 7 Milliarden Staatsschuld angetreten ist. Und jetzt hat uns Herr Finanzminister Edlinger eine Staatsschuld in der Höhe von insgesamt 1 700 und weitere 300 Milliarden, die in diversen Gesellschaften geparkt sind, hinterlassen. (Bundesrätin Schicker: Sie wissen schon, was in den letzten 30 Jahren passiert ist?)

2 300 Prozentpunkte! Die Einnahmen sind in dieser Zeit um 800 Prozent gestiegen, und die Schulden sind um 2 300 Prozentpunkte gestiegen! (Bundesrätin Schicker: Weil Österreich modern geworden ist!) Die Kunst der sozialistischen Finanzminister war: erst ausgeben und dann nachdenken, wie man die Ausgaben finanzieren kann. – Das war jahrzehntelang sozialistische Politik. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Gasteiger: Sie haben ja dazu gesagt!)

Die ÖVP hat immer wieder versucht – sie hat sogar 1995 Neuwahlen erzwungen –, die Budgetfrage ins Lot zu bringen – leider erst relativ spät, denn jetzt müssen wir eine derartig schwere Krise bewältigen. Aber wir werden Sie bewältigen, haben Sie keine Sorge! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Frau Bundesrätin Pühringer! Sie haben beklagt, dass das Maßnahmenpaket keine Einsparungen bringen wird. Der Zuwachs wird durch die gesetzten Maßnahmen in etwa halbiert werden.

Natürlich steht der Plan, dass wir Beamten-Dienstposten nicht mehr nachbesetzen, um einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung zu leisten, in einem gewissen Widerspruch dazu, dass ich das Pensionsalter hinaufsetze. Aber es sollte doch ein Schritt im System gesetzt werden, dass wir alle generell länger arbeiten müssen. Und davon hätten wir keine Berufsgruppen ausnehmen können. Natürlich steht das in einem gewissen Spannungsverhältnis zu der betriebswirtschaftlichen Forderung, dass ich quasi einen Abbau erreichen will. Aber wir haben diese eine Bestimmung mit der amtsseitigen Pensionierung aus diesem Grund hineingekommen, damit man in dem Fall, wenn Dienststellen aufgelöst werden, wenigstens mit 61,5 Jahren eine Pensionierung aussprechen kann.

Die Bezugskürzung nach sechs Monaten ist gerechtfertigt, obwohl sie eigentlich mit der Pensionierung nichts zu tun hat. Es hat aber in gewissen Bereichen – da kann ich auch aus Erfahrung aus meiner früheren Tätigkeit sprechen –, in gewissen Verwaltungsbereichen die Übung gegeben, dass man vorher quasi ein Krankenstandsjahr angetreten hat. Diese Situation ist jetzt etwas besser geworden, weil schon einschlägige Bestimmungen getroffen wurden. Aber es gibt noch immer Fälle, bei denen die Dienstbehörde von sich aus nichts macht, keine Gesundenuntersuchung, keine Krankenuntersuchung einleitet, und diese Bestimmung soll jetzt einen gewissen Druck auslösen: Es soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Klarheit darüber bestehen, ob der Betroffene krank ist, und welche Maßnahmen für die Gesundung oder eine Pensionierung gesetzt werden können. In diesem Sinne hilft die Bestimmung.

Der Dienstunfall ist jetzt von der Abschlagsregelung ausgenommen – das sollte eine dauerhafte Lösung sein. Wenn in einer Übergangsbestimmung ein Fehler passiert sein soll, dann werden wir uns das genau ansehen; es war auf jeden Fall als Dauerbestimmung und nicht als eine vorübergehende Bestimmung gedacht. Wenn so etwas passiert ist, tut es mir Leid. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.59

Präsident Johann Payer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Karl Boden zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhaltes zu beschränken.

Ich erteile Herrn Bundesrat Karl Boden das Wort. – Bitte.

14.59

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Ministerin! Meine sehr verehrten Staatssekretäre! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte folgende Behauptung richtig stellen: Dass die Gewerkschaft der Eisenbahner nicht verhandelt hat, ist falsch. – Frau Vizekanzlerin! Sie werden mir das bestätigen.

Herr Verkehrsminister Schmid hatte ein Verhandlungsmandat für die Gespräche mit den Eisenbahnern. Er hat zwar keine Entscheidungskraft gehabt, er musste wegen jeder Sache Sie fragen, aber er hatte ein Verhandlungsmandat. (Bundesrat Konecny: Das nennt man Ministerverantwortlichkeit!) Er hatte ein Verhandlungsmandat, und die Gewerkschaft der Eisenbahner hat verhandelt. (Beifall bei der SPÖ.)

15.00

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. Ich erteile ihm dieses.

15.00

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Gestatten Sie mir, noch einmal die Ausgangssituation, wie sie sich für Österreich darstellt, vorzutragen, sodass wir von demselben reden. Ich möchte


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667. Sitzung / Seite 95

Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, schon darlegen, wo in Ihren Ausführungen Widersprüche enthalten sind. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Österreich hat – dem stimmen alle drei Fraktionen hier zu – 1 700 Milliarden Schilling Gesamtschulden, dazu 50 Milliarden Schilling bei den ÖBB, 35 Milliarden Schilling bei der Schieneninfrastruktur, 90 Milliarden Schilling bei der Asfinag, 82 Milliarden Schilling bei der ÖIAG. Das heißt, Österreich ist mit etwa 2 000 Milliarden Schilling Schulden belastet. Das ist ein Betrag, den selbst ich mir nicht wirklich vorstellen kann.

Jeder Österreicher – man muss das herunter brechen –, egal ob er erwerbstätig ist oder nicht, ist daher mit mehr als 200 000 S belastet. Bei einer vierköpfigen Familie, in der zum Beispiel nur einer erwerbstätig ist, macht das dann eine knappe Million Schilling aus. Das ist eine äußerst schwierige Situation, in der sich unser Land befindet. Wir befinden uns in einer Bewertungssituation der EU. Wir wissen, wo wir liegen: Wir liegen an letzter Stelle. Das wissen alle drei Fraktionen, die hier anwesend sind, und da brauchen wir nicht herumzudeuteln.

Zweitens: Wir alle, die wir hier anwesend sind, wissen, wie die Alterspyramide in Österreich ausschaut. Es ist die typische Alterspyramide eines Wohlfahrtsstaates. Sie ist nicht mehr pyramidenförmig, sondern der Keil wächst hinauf. Wir alle wissen, wie die Untersuchungen betreffend durchschnittliche Lebenserwartung sowohl bei Männern als auch bei Frauen ausschauen. Wir wissen, wie sich das entwickelt, und wir wissen, dass diese demographische Entwicklung in Österreich zu finanzieren ist. Darüber kommen wir nun einmal nicht hinweg. (Bundesrätin Schicker: Ist es Ihnen unangenehm, alt zu werden in einem Wohlfahrtsstaat?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt, in solch einer Situation, muss man das machen und einhalten, wozu wir Freiheitlichen uns bekennen – Sie von der Sozialdemokratie offenbar nicht. Wir wollen den Mut zu Reformen haben. Glauben Sie, es fällt uns so leicht, Leuten etwas wegzunehmen? (Bundesrätin Schicker: Ihnen schon, Herr Kollege!) – Nein, das fällt uns nicht leicht. (Bundesrätin Schicker: Das unterstelle ich Ihnen: Ihnen schon!)

Aber wir sehen die Republik Österreich im Vordergrund. Wir sehen die Sicherung der Generationen und die Gerechtigkeit im Vordergrund.

Ich möchte nunmehr konkret auf das Gesetz, auf das Sozialrechts-Änderungsgesetz eingehen, das von zwei Überlegungen getragen ist, wobei Sie eine Überlegung nicht mittragen. Die erste Überlegung betrifft die Gerechtigkeit. Die zweite Überlegung in diesem Gesetz betrifft die Finanzierbarkeit.

Ich sage jetzt etwas zur Gerechtigkeit: Gerechtigkeit bedeutet für uns nicht das, was Sie in der Diskussion ausgeführt haben, wie Sie es auch hier auf dieser Tafel stehen haben, dass zum Beispiel die Bauern etwas anderes sind, nicht zur österreichischen Bevölkerung zu gehören haben, weil sie einen anderen Beitrag leisten. Gerechtigkeit bedeutet, dass wir Männer und Frauen in den Notwendigkeiten, die uns bevorstehen, gleichstellen. Gerechtigkeit bedeutet für uns auch Leistung. Deswegen gibt es für uns auch die Hackler-Regelung für jene Personen, die schon sehr lange im Arbeitsverhältnis sind.

Gerechtigkeit bedeutet für uns keine politische Diskussion über die Erhöhung der Pension, sondern einen gerechten Wertausgleich durch eine neutrale Kommission zur langfristigen Pensionssicherung. Gerechtigkeit ist für uns eine neue Regelung der Witwer- und Witwenpension mit einer Anhebung des Schutzbetrages auf 20 000 S.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Ich frage Sie: Sind Sie zum Beispiel gegen diese Regelung? Werden Sie dem Sozialrechts-Änderungsgesetz gesamthaft Ihre Zustimmung verweigern? Können Sie sich nicht bereit erklären, gerechten Regelungen zuzustimmen?

Gerechtigkeit bedeutet der Ausschluss des rückwirkenden Wegfalls von Frühpensionen. Gerechtigkeit ist auch der Ausgleich von Härten bei Anhebung des Pensionsanfallsalters durch Gewährung von Leistungen aus dem Unterstützungsfonds.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Sie von der SPÖ wissen genau, welche Situation wir in Österreich haben, und Sie haben dieser Situation auch im Rahmen Ihrer Verhandlungen mit der ÖVP Ihre Zustimmung erteilt. Sie haben gesagt – nicht wie wir jetzt in dieser Regierung gesagt haben: eineinhalb Jahre –: zwei Jahre. Sie haben nicht von 0,8 Prozent Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages gesprochen, Sie haben von 1 Prozent Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages gesprochen. (Bundesrätin Schicker: Aber nicht überfallsartig, Herr Dr. d'Aron!) – Ja, Sie haben das ausgeführt. Sie haben diese Notwendigkeit gesehen.

Heute betreiben Sie Kindesweglegung. Heute sagen Sie, uns ist diese Republik offenbar nicht so wichtig. – Aus parteipolitischen Gründen – um Wähler zu gewinnen, aber nicht im Rahmen einer Verantwortung für dieses Land – sagen Sie zu allem Nein. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben heute eine dringliche Anfrage eingebracht, und diese dringliche Anfrage ist bezeichnend für Sie. Es handelt sich um die dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Belastungspaket für die Länder. Darin zitieren Sie Ihre Stadträtin Ederer von der Gemeinde Wien. Sie sagt:

"Der Herr Finanzminister glaubt offenbar an ein Wunder." – Jetzt kommt es: "Aber: Einem Nackerten kannst nicht ins Taschl greifen." – Das bedeutet sozialdemokratische Führung einer Gebietskörperschaft, sozialdemokratisches Management im Finanzwesen. Die Gemeinde Wien hat 49,3 Milliarden Schilling Schulden, bei ungefähr 14 Milliarden Schilling Rücklagen ergibt das Nettoschulden in der Höhe von 35 Milliarden Schilling bei 2 Millionen Einwohnern.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Bekennen Sie sich endlich dazu, dass es eine Zukunftssicherung für dieses Land geben muss. Gehen Sie in sich, stimmen Sie dem Sozialrechts-Änderungsgesetz, wie es uns nunmehr vorliegt, dennoch zu und haben Sie den Mut zu Reformen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Karl Boden. – Bitte.

15.07

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Weilharter! Ich zeige dir trotz des Einwandes unseres Kollegen Schöls nochmals die rote Karte (der Redner hält eine rote Karte in die Höhe), damit nicht der Eindruck entsteht, du hättest sie mir gezeigt. Man weiß nicht, wie es aufgefasst wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon einiges über diese Pensionsreform gehört. Eines möchte ich noch ergänzen, das mir doch Sorgen bereitet: Durch das Schüren von Neid und Gerechtigkeitssinn werden einzelne Berufsgruppen gegeneinander ausgespielt. Am ersten Tag spricht man von den Privilegien der Lehrer, am nächsten Tag redet man von den Privilegien der Beamten, und am dritten Tag, Herr Kollege d'Aron, geht es um die Privilegien der Eisenbahner. Um genau diese geht es mir.

Ich als Lokführer bei den Österreichischen Bundesbahnen nütze natürlich all diese Privilegien voll aus. Bei jedem Tagdienst, bei jedem Nachtdienst, an Sonn- und Feiertagen, zu Weihnachten, zu Silvester und all diesen anderen gesetzlichen Feiertagen – ich nütze meine Privilegien voll aus. (Bundesrat Hagen: Aber das macht der Exekutivbeamte auch!) – Auch er macht es. (Bundesrat Grissemann: Und er geht erst mit 61,5 Jahren in Pension!)

Ich bin auch ein Privilegierter, der mit 35 Dienstjahren und 53 Jahren in Pension gehen könnte. Auch ich könnte mit 35 Dienstjahren in Pension gehen. (Bundesrat Grissemann: Eben!)

Nehmen wir einen Studenten her, der bis zum 30. Lebensjahr studiert und auch mit 61,5 Jahren in Pension geht. Hat er auch 35 Dienstjahre? (Bundesrat Hagen: Fragen Sie Herrn Klima! –


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Bundesrat Dr. Böhm: Auf die Beitragszeiten kommt es an!) – Ja. (Bundesrätin Fuchs: Das ist eine zu schwierige Rechnung!) – Er muss sie nachkaufen.

Ein einfaches Parteimitglied, Herr Kollege d′Aron, behauptet, die Eisenbahner sitzen nur faul in ihrem Büro herum und warten, bis sie in Pension gehen können. (Bundesrat Dr. Böhm: Das sagt niemand!) Ich vermute, er hat die sozialdemokratischen Eisenbahner gemeint. Ich glaube nicht, dass er Sie gemeint hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt, ein Eisenbahner, der mit 53 Jahren in Pension gehen kann, muss zumindest ab dem 18. Lebensjahr ununterbrochen im Betrieb sein, sonst hat er keine Chance. (Bundesrat Grissemann: Das sind wir auch!) Das sind maximal 1 500 Bedienstete, die dieses Privileg haben. Alle anderen gehen wesentlich später in Pension.

Frau Vizekanzlerin! Zur Pensionsreform von 1997, gefordert vom derzeitigen Bundeskanzler: Wir Eisenbahner sind damals zu dieser Pensionsreform gestanden. Wir haben eine 4-prozentige höhere Beitragsleistung gehabt und haben sie auch noch, auch diese wurde nicht verändert. Uns wurde damals versichert, diese Pensionsreform hielte bis 2030. Es wurden Übergangszeiten bis 2018 vereinbart, all das wurde versprochen und nicht gehalten. (Bundesrat Weilharter: Wer hat denn das versprochen?)

Da gibt es unterschriebene Verträge, Herr Kollege, die nicht eingehalten werden. Diese 4 Prozent machen im Durchschnitt pro Eisenbahner ungefähr 1 000 S aus, die jeder Eisenbahner im Monat mehr bezahlt. (Bundesrätin Fuchs: Das muss man laut sagen!)

Das sind die Privilegien, meine Damen und Herren, die die Eisenbahner haben und von denen man immer wieder spricht. (Bundesrat Weilharter: 1997 versprochen! Wer hat es denn versprochen? Sagen Sie es!)

Aber mir fallen zu dieser Sache noch einige Privilegien ein. Ich möchte ein paar Jahre zurück gehen. Schade, dass meine Schulkollegin momentan nicht im Saal ist, denn sie könnte es vielleicht bestätigen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Wer ist das?) – Meine Schulkollegin ist Maria Grander. Vielleicht könnte sie das bestätigen.

Ich habe damals, als ich vor 30 Jahren bei den Österreichischen Bundesbahnen meinen Dienst angetreten habe, zu meinen Schulkollegen öfter gesagt, bei den Bundesbahnen werde Personal aufgenommen, und sie gefragt: Warum willst du nicht anfangen? – Jeder hat damals gefragt: Was verdient man bei der Eisenbahn? – Vor 30 Jahren habe ich 3 400 S verdient. Jeder hat damals gesagt: Um diesen Hungerlohn gehe ich nicht arbeiten. – Genau diese Kollegen und diese Menschen sind es, die heute mit dem Finger auf die Eisenbahner zeigen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer, ein Abzeichen des Redners bewundernd: Jö, gibt es ein neues Abzeichen? Das Mascherl funktioniert nicht mehr! Habt ihr jetzt ein neues erfunden?) – Es trägt niemand mehr ein Mascherl. (Heiterkeit.) Das ist nicht mehr modern. Ein Mascherl ist nicht mehr modern.

Ein weiteres Privileg möchte ich Ihnen noch zu Gemüte führen, nämlich die Abfertigung. Kann mir jemand einen Eisenbahner nennen, der schon eine Abfertigung bekommen hat? (Bundesrat Bieringer: Da gibt es mehrere öffentliche Bedienstete, die keine bekommen!) – Man geht doch immer nur auf die Eisenbahner los.

Oder den Arbeitslosenbeitrag haben jetzt auch die Eisenbahner zu bezahlen. (Bundesrat Mag. Himmer: Das heißt, die Eisenbahner sind unterprivilegiert?) Es gibt keinen Eisenbahner, der jemals eine Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen kann. (Bundesrat Dr. Nittmann: Welche Regierung hat denn den Nachkauf der Studienzeiten eingeführt, Herr Kollege? Wer war denn das? Wer hat denn die Studenten und die Schüler so extrem benachteiligt? Das waren Sie 1990! Da haben Sie nicht aufgeschrien!)

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich 1990 dabei war. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das kann schon sein, dass Gedächtnisverluste vorliegen!)


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667. Sitzung / Seite 98

Ihre Partei hat vor der Wahl sehr viel versprochen (Bundesrätin Fuchs: Aber nichts gehalten!), aber nach der Wahl nichts mehr gehalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz allem lassen wir Eisenbahner uns nicht entmutigen oder auseinander dividieren. (Beifall bei der SPÖ.) Wir werden weiterhin im Dienste der Gesellschaft und im Dienste unserer Kunden vollmotiviert unseren Dienst versehen. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Ing. Polleruhs .)

15.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Staatssekretärin Mares Rossmann das Wort. – Bitte.

15.15

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Es ist heute schon öfters die Sorge um die Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer gefallen. Ich wundere mich, Herr Bundesrat Würschl, dass Sie diese Sorge erst heute hier deponieren. Wo haben Sie Ihre Sorgen in den letzten zehn und 20 Jahren deponiert? (Bundesrätin Mag. Trunk: Hat er! – Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Diese Regierung hat sich dieser Sorge angenommen (Bundesrat Konecny: Wir machen uns vor allem Sorgen ...! – Bundesrat Prähauser: Sie machen sich ja keine Sorgen um die Arbeitslosen! Sie lesen nur etwas vor!), und das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat ein allumfassendes Paket verabschiedet; gesetzliche und arbeitsmarktpolitische Begleitmaßnahmen, um eben gegen die Arbeitslosigkeit von älteren Menschen anzukämpfen.

Ich möchte ein paar Maßnahmen hervorheben, die Versäumnisse der letzten Jahre waren. Ein Beispiel: Zur Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser gab es immer Schulungen. Wenn ein älterer Arbeitsloser nun eine Schulung besucht hat, wurde das Arbeitslosengeld dafür herangezogen, und er hatte nach dieser Schulung keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld. Dadurch war der Anreiz, eine Schulung zu machen, natürlich gering. – Diese neue Regierung hat jetzt eine eigenes Schulungsgeld geschaffen, und dieses Schulungsgeld schiebt das Arbeitslosengeld auf. Das ist der Schritt in die richtige Richtung.

Ein zweiter Punkt, der wesentlich ist, ist ein Deckelungsschutz beim Arbeitslosengeld für Beschäftigungen, die eine niedere Entlohnung nach sich ziehen würden. Das heißt, wenn jemand eine Beschäftigung aufnimmt, die eine niedere Entlohnung hat, hat er trotzdem, falls er arbeitslos wird, den Anspruch auf Arbeitslosengeld in der vorherigen Höhe. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung. (Bundesrat Konecny: Das ist aber keine neue Erfindung! Das hat aber mit Ihrer Regierungstätigkeit nichts zu tun, Frau Staatssekretärin!)

Eine unbegrenzte Rahmenfristerstreckung für die Zeit einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit ist wesentlich bei der Arbeitslosenversicherung für Selbständige und Bauern. Was Sie nicht geschafft haben, hat diese neue Bundesregierung geschafft, nämlich endlich auch da das soziale Gleichgewicht herzustellen. Wenn jemand unselbständig beschäftigt war, dort Versicherungszeiten erworben hat, dann eine Zeitlang selbständig war und aus finanziellen oder sonstigen Gründen seinen Betrieb schließen musste, dann hatte er bisher keinen Anspruch auf irgendein Arbeitslosengeld und war Sozialhilfeempfänger. Das muss man auch sagen.

Jetzt hat es diese neue Bundesregierung ermöglicht, dass er, wenn er einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hat, unbegrenzt darauf zurückgreifen kann. Das gilt übrigens auch für die Bauern.

Ein wesentlicher Punkt – das sage ich als Frau –, den auch die vorherige Regierung nicht geschafft hat, nämlich einen Punkt des Frauen-Volksbegehrens umzusetzen, ist, dass man in Bezug auf Ersatzzeiten von Pensionsversicherungen auch bei Arbeitslosigkeit von Frauen unabhängig vom Einkommen des Partners nun die Möglichkeit hat, das anzurechnen. (Bundesrätin Schicker: Da müssen Sie auf die rechte Seite schauen, Frau Staatssekretärin!) – Sie haben es nicht geschafft, und wir haben es geschafft, das ist der Unterschied.


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667. Sitzung / Seite 99

Aber bezüglich Frühwarnsystem – das ist sehr wichtig – zum Zeitpunkt der Kündigung geht das AMS neue Wege. AMS ist in dem Fall Partner und nicht Sanktionsinstitution, also Partner mit den Unternehmen, um weitere Fördermaßnahmen für den Zeitpunkt der Kündigung zu erarbeiten.

Das sind nur ein paar Punkte als gesetzliche Begleitmaßnahmen. Wir haben weiters noch ein gesamtes Paket arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen. Wenn das zur Umsetzung kommt, würde das in Summe 30 000 Arbeitsplätze mehr bringen. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny. ) – Ich weiß, Sie wollen das nicht hören, es ist aber ein Faktum. Die Regierung lässt sich das etwas kosten. Ich habe es erwähnt, weil das neue Wege sind, um die Versäumnisse der letzten Jahre aufzuarbeiten. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.20

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Anna Höllerer das Wort. – Bitte.

15.20

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Werte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zustimmung in der österreichischen Bevölkerung zu dieser Pensionsreform ist gewaltig, das kann man schon sagen. Solch eine große Zustimmung (Zwischenruf des Bundesrates Konecny ) hat es bei keiner anderen Veränderung im Pensionssystem vorher je gegeben. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Das bedeutet, dass die Österreicherinnen und Österreicher sehr wohl über die Finanzierungsprobleme in den Sozialversicherungen ganz genau Bescheid wissen. Ich habe heute auch bemerkt, dass es Ihnen allen bewusst ist, dass eine Notwendigkeit der Konsolidierung des Bundesbudgets notwendig ist (Bundesrätin Schicker: Das haben wir nie bestritten!) und dass auch zunehmend eine positive Stellungnahme zu einem paktierten Finanzausgleich angezeigt wurde. (Bundesrat Konecny: Den hat es bisher immer gegeben, und das seit 50 Jahren!)

Wann soll man denn eine Veränderung vornehmen, wann soll denn tatsächlich eine Reform im Pensionssystem vorgenommen werden, wenn nicht in Zeiten einer guten Wirtschaftskonjunktur, wenn nicht in Zeiten einer positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, so wie wir sie jetzt erleben?

Sie reden hier von der großen Überraschung und von der überfallsartigen Anhebung der vorzeitigen Alterspension. Dem kann ich nicht ganz beipflichten, denn Sie wissen ganz genau, dass in den Verhandlungen über das Regierungsprogramm zwischen ÖVP und SPÖ sehr wohl auch Finanzminister Edlinger für eine Anhebung des Pensionsantrittsalters um 24 Monate eingetreten ist. (Bundesrätin Schicker: Aber nicht überfallsartig! Das ist der Unterschied! Das ist der Unterschied! Das wollen Sie nicht wahrhaben!)

Jetzt haben wir eine schrittweise moderate Anhebung um 18 Monate in Zwei-Monat-Schritten, die jetzt angesagt ist. Dieses Finanzierungsproblem ist auch nicht neu. Es gab bereits 1997 Gutachten, es gab 1991 Studien, es gab 1997 die Pensionsreform, die notwendig war, die aber nicht so umfassend gegriffen hat und auch nicht so durchgeführt wurde, wie es notwendig gewesen wäre, um tatsächlich längerfristig absichern zu können.

Die Hauptprobleme, die damals aufgezeigt wurden, sind auch genau diejenigen, mit denen wir heute noch zu kämpfen haben: Das ist das niedrige Pensionsantrittsalter in Österreich; das ist die Veränderung in der Bevölkerungsstruktur, mit der wir zu kämpfen haben, hervorgerufen durch die längere Lebenserwartung und den enormen Rückgang bei den Geburten; und das bedeutet eben, dass jetzt die vorzeitige Alterspension angehoben wird. Das ist eine Einrichtung, die ursprünglich dazu geschaffen wurde, jenen Menschen, die sich in besonders schwierigen Situationen befinden, Hilfestellung zu geben. Das sollte eine Ausnahme darstellen und ist jetzt sozusagen zur Gewohnheit oder zur Regel geworden. (Bundesrätin Schicker: Das waren die langen Versicherungszeiten!) Immerhin treten nur mehr 14 Prozent der Pensionsberechtigten


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 100

eine normale Regelpension an, sie gehen mit dem gesetzlichen Pensionsalter in Pension, alle anderen gehen früher.

Ich habe leider von meinem Sitzplatz aus nicht die Möglichkeit gehabt, alle Taferln zu lesen, die Sie aufgestellt haben. (Bundesrat Prähauser: Jetzt geht es aber ganz gut! – Bundesrat Konecny: Jetzt geht es!) – Jetzt geht es. Ich merke eines, mir fehlt ein rotes Taferl, Sie haben nämlich vergessen, die Versicherungsanstalt der Eisenbahner anzuführen, die einen sehr hohen Bundesbeitrag hat, es werden nämlich 51,81 Prozent zugeschossen.

Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, haben sich die Solidarität auf die Fahnen geheftet. Mir ist bewusst, warum das so ist: Das sind Strukturveränderungen, die stattgefunden haben, genauso wie bei den Bauern – da haben Sie es sehr wohl hingeschrieben. Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit enormen Strukturveränderungen zu kämpfen gehabt. Selbstverständlich ist natürlich auch eine dementsprechende Gewichtung da: Es gibt auch in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern schon mehr Pensionisten und Angehörige, die Leistungen beziehen, als Bauern, die in dieses System einzahlen. Sie haben die Unternehmer angeführt – das haben Sie sehr wohl –, die selbstverständlich auch zu kämpfen haben, Sie haben aber nicht angeführt, dass auch Unternehmer im Durchschnitt 15 Jahre unselbständig erwerbstätig sind und in andere Versicherungen einzahlen, aus denen sie dann keine Leistungen zu bekommen haben. (Bundesrat Konecny: Natürlich bekommen sie Leistungen! – Bundesrat Prähauser: Weniger halt!) – Pensionsversicherungsleistungen ja.

Aber das ist kein Paket, das mitgenommen werden kann, das muss auch einmal angeführt werden. Es muss diese Strukturveränderung selbstverständlich ... (Bundesrat Konecny: Das wird doch überwiesen! – Bundesrat Meier: Das wird doch übertragen!)  – Aber dann könnten Sie nicht 48,6 Prozent hinschreiben. Würden Sie das umlegen, dann hätten sie eine 100-prozentige Absicherung in der Pension, die sie selbst leisten. Das haben Sie auf Ihren Schildern nicht angeführt, das muss ich schon dazu sagen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gerade die Bauern und die Unternehmer haben bei diesem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz eine sehr hohe Last zu tragen. Die Bauern haben sich noch dazu entschlossen, in der Verwaltung im Krankenversicherungssystem einen Umbau vorzunehmen und somit eine Vorreiterrolle einzunehmen, die gewaltige Einbrüche geltend machen und tatsächlich einschneidende Maßnahmen für die Klientel setzen wird.

Wir wissen, dass in Zukunft ein Drei-Säulen-Modell für die Absicherung der Pensionen notwendig sein wird. Es ist uns ein Anliegen, dass die staatliche Pension sehr wohl die wichtigste, die tragende Säule sein soll. Es ist natürlich auch notwendig, ergänzend eine private Vorsorge zu forcieren. Es wird auch noch Schritte geben müssen, um gesetzliche Förderungen geltend zu machen, die dann auch den entsprechenden Ansporn bieten.

Ein Pensionssystem, ein Sozialversicherungssystem kann niemals ein starres System sein. Das muss selbstverständlich dynamisiert werden, es muss immer wieder Änderungen geben, das wissen Sie alle, das ist auch in der Vergangenheit so gehandhabt worden. Mit dieser Regelung, die heute hier getroffen wird, schafft man es, Sicherheit, Vertrauen für die Zukunft gesetzmäßig zu verankern – Vertrauen für die jungen Menschen, für die jetzt erwerbstätigen Menschen, dass sie auch in Zukunft eine Pension haben können. Ich möchte Sie zum Abschluss bitten, argumentieren Sie korrekt und sachlich und verunsichern Sie nicht mit unfairen Argumenten die Bevölkerung draußen, denn das schafft Angst. (Bundesrat Meier: Sie brauchen nur zu sagen, wie es ist! – Bundesrat Konecny: Die Wahrheit ist abschreckend genug!)

Es ist ein wichtiger Schritt für unsere junge Generation, damit sie auch Vertrauen haben können, dass auch sie einmal einen Anspruch auf eine Pension geltend machen können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 101

15.28

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Josef Saller. Ich erteile ihm das Wort.

15.28

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Die Sicherung des hohen Lebensstandards im Alter ist für die ÖVP von zentraler Bedeutung. In der letzten Legislaturperiode – ich darf daran erinnern – hat man an einer Pensionsreform gebastelt, die aber die Pensionen nicht ausreichend und nicht langfristig sicherte. Das war 1997, das war ein erster Schritt, aber noch nicht ausreichend.

Die Zeit ist einfach abgelaufen, und dieses Reformpaket ist dringend notwendig. Die dramatische Entwicklung einer längeren Ausbildungszeit, eines kürzeren Arbeitslebens und einer längeren Pensionszeit ist zu stoppen, und dem ist entgegenzuwirken.

Es geht einerseits um die Sicherung für die ältere Generation, aber parallel dazu andererseits auch darum, für die Jugend Grundbausteine zu schaffen, um später das Pensionssystem wirken zu lassen.

Die Österreicher sind mehrheitlich mit zirka 75 Prozent für eine Pensionsreform, das haben die Umfragen im Mai gezeigt. Einige wollen kleinere Einschnitte, andere wollen größere Einschnitte. Nur ein relativ kleiner Prozentsatz von zirka 17 Prozent hält das Ganze für übertrieben.

Seitens der österreichischen Senioren gibt es ein umfangreiches Forderungsprogramm an die Bundesregierung. Die ältere Generation anerkennt aber auch die Notwendigkeit einer tief greifenden Pensionsreform. Allerdings – das muss man auch durchaus anmerken – ist die Einbindung der Seniorenvertretungen, also auch der Betroffenen, bei künftigen Verhandlungen unerlässlich und notwendig.

Die ÖVP steht für einen fairen Generationenvertrag. Die Aktiven im Berufsleben leisten bekanntlich das Dreifache: die Erziehung und Ausbildung der eigenen Kinder, die Vorsorge für die eigenen wirtschaftlichen Bedürfnisse und auch die Einzahlung in den Pensionstopf. Dieser Pensionstopf darf natürlich nicht ausgeräumt werden, sondern muss gefüllt bleiben. Die Sicherheit der Pensionen hängt natürlich neben vielen anderen Dingen auch von den Einzahlungen in diesen Topf ab.

Ansprechen möchte ich auch noch kurz die Hinterbliebenenpension. Hier gibt es – das ist eine Tatsache – gewisse Überversorgungen, und diese Frage gehört im Zuge der Sparmaßnahmen neu geregelt beziehungsweise in Angriff genommen.

Um nicht in späteren Jahrzehnten beim Existenzminimum zu landen, müssen jetzt diese schmerzlichen Eingriffe erfolgen. Darum kommen wir nicht umhin. Diese schmerzlichen Einschnitte dienen langfristig ausschließlich der Sicherung unseres Pensionssystems. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.32

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich weiters Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile es ihm.

15.33

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Vizekanzlerin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Begründung des Antrags auf Erhebung eines Einspruches von der sozialdemokratischen Fraktion steht in den letzten zwei Absätzen zu lesen – ich zitiere –: "Noch schwerer wiegt, dass die 3. Lesung nach Korrektur von Punkten in 2. Lesung nicht mehr wiederholt wurde. Das heißt, dass über positiv beschlossene Punkte keine 3. Lesung stattgefunden hat, weshalb der vorliegende Gesetzesbeschluss nur als verfassungs- und geschäftsordnungswidrig zustande gekommen bezeichnet werden kann.

Es ist daher für das Selbstverständnis des Bundesrates von besonderer Bedeutung, diesen Beschluss zu beeinspruchen, um nicht für fehlerhafte Vorgänge im Nationalrat die Haftung zu übernehmen."


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 102

Ich halte für die ÖVP-Fraktion ausdrücklich fest, dass es nicht Aufgabe des Bundesrates ist, darüber zu befinden, ob ein Gesetzesbeschluss des Nationalrates gesetzeskonform zu Stande gekommen ist. Trotzdem erlaube ich mir mit Genehmigung des Herrn Präsidenten, aus dem Protokoll der 32. und 34. Sitzung des Nationalrates zu zitieren:

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn stellte in der 32. Sitzung fest:

"Es liegt mir ein Vorhalt der Grünen und der sozialistischen Fraktion vor, dass ich bei den Abstimmungen der Abänderungsanträge der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen bei Artikel 2 Ziffer 7 statt "Ziffer 7" "Ziffer 9" gesagt hätte. Ebenfalls hätte ich beim Abänderungsantrag zu Artikel 2 statt "Ziffer 5" "Ziffer 9" gesagt.

Ich lasse mir daher das Stenographische Protokoll vorlegen, unterbreche für einige Minuten die Sitzung und werde dann die weitere Vorgangsweise festlegen."

Nach der Sitzungsunterbrechung hat Herr Präsident Prinzhorn zugegeben, dass es sich um einen Irrtum gehandelt hat, und hat eine Wiederholung der Abstimmung vorgenommen. Nachzulesen im Stenographischen Protokoll der 32. Sitzung.

In der 34. Sitzung hat der Präsident des Nationalrates Dr. Heinz Fischer Folgendes erklärt:

"Ich habe Folgendes bekannt zu geben: Das Amtliche Protokoll der 32. Sitzung des Nationalrates ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen. Es sind gegen dieses Amtliche Protokoll von Herrn Klubobmann Dr. Kostelka sowie von Klubobmann Dr. Van der Bellen schriftliche Einwendungen erhoben worden.

Diese Einwendungen beziehen sich auf die Tatsache, dass über Abänderungsanträge des Abgeordneten Dr. Kostelka irrtümlich nicht exakt abgestimmt wurde. Ich weise aber darauf hin, dass der den Vorsitz führende Präsident nach einer Sitzungsunterbrechung zwei Abstimmungen nachgeholt hat, sodass ich diese beiden Punkte als saniert betrachte.

In den Einwendungen wird noch ein dritter und ein vierter Punkt angeschnitten und darauf hingewiesen, dass auch ein weiterer Antrag des Abgeordneten Dr. Kostelka zu Art. 2 Z 8 dieser Vorlage nicht zur Abstimmung gelangte. Dies bedeutet, dass über beantragte Abänderungen im Zusammenhang mit dem Datum des In-Kraft-Tretens der Vorlage nicht abgestimmt wurde. Die so genannte Gegenabstimmung über Art. 2 Z 8 in der Fassung des Ausschussberichtes hat jedoch stattgefunden.

Weiters wurde releviert, dass nach der irrtümlichen Abstimmung über Art. 2 Z 9 des Abänderungsantrages des Abgeordneten Dr. Kostelka sogleich die Abstimmung ,über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes‘ durchgeführt wurde, der Ausschussbericht jedoch keinen Art. 2 Z 9 enthalten hat.

Ich werde den Einwendungen gegen das Amtliche Protokoll insofern Rechnung tragen, als ergänzend im Amtlichen Protokoll festgehalten wird, dass über den Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Kostelka, der sich auf Art. 2 Z 8 bezog, irrtümlicherweise nicht abgestimmt wurde, über den entsprechenden Text in der Fassung des Ausschussberichtes hingegen abgestimmt wurde, und ferner, dass ein im Ausschussbericht enthaltener Art. 2 Z 9 zur Abstimmung gelangte.

Zu diesem Ergebnis bin ich nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes und nach Kontaktnahme mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz, insbesondere mit dem Zweiten Präsidenten, gekommen.

Ich werde diese Feststellungen dem Amtlichen Protokoll hinzufügen und den Gesetzesbeschluss an den Bundesrat weiterleiten."

Mit Ihrer Begründung in Ihrem Antrag desavouieren Sie Ihren eigenen Präsidenten, den Staatsrechtslehrer Professor Dr. Heinz Fischer. Das ist nicht mein Problem. Aber für meine Fraktion


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 103

darf ich erklären, ich halte vom Staatsrechtler Dr. Fischer weitaus mehr als von Taferlklasslern, die bekanntlich in der ersten Klasse Volksschule sitzen. Wir werden daher Ihrem Antrag keinesfalls die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000.

Es liegt zunächst ein Antrag der Bundesräte Drochter und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag eintreten, um ein entsprechendes Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. Dazu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 GO-BR erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mühlwerth und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Wir werden das Abstimmungsergebnis sofort nach Auszählung der Stimmen bekannt geben.

Ich unterbreche zu diesem Zweck kurz die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 15.42 Uhr unterbrochen und um 15.43 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt.

Auf den Antrag den Ausschusses, keinen Einspruch zu erheben, entfielen 36 "Ja"-Stimmen und 19 "Nein"-Stimmen.

Der Antrag ist somit angenommen.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Ager, Dr. Aspöck;


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 104

Bieringer, Dr. Böhm, Buchinger;

Dr. d'Aron;

Fösleitner;

Giesinger, Grander, Grissemann, Ing. Gruber;

Hagen, Haunschmid, Hensler, Mag. Himmer, Höllerer;

Keuschnigg, Kneifel, Koller;

Ledolter;

Dr. Maier, Dipl.-Ing. Missethon, Mühlwerth;

Mag. Neuner, Dr. Nittmann;

Ing. Polleruhs, Pühringer;

Ram;

Saller, Schaufler, Ing. Scheuch, Schöls, Steinbichler, Mag. Strugl;

Weilharter, Wolfinger.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Boden;

Drochter;

Freiberger, Fuchs;

Gasteiger, Grillenberger, Gstöttner;

Mag. Hoscher;

Konecny, Kraml;

Marizzi, Meier;

Payer, Prähauser;

Schicker;

Thumpser, Mag. Trunk;

Winter, Würschl.

*****

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird. Auch hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein".


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 105

Ich ersuche die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mühlwerth und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Stimmenauszählung unterbreche ich kurz die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 15.47 Uhr unterbrochen und um 15.48 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt.

Auf den Antrag des Ausschusses, keinen Einspruch zu erheben, entfielen 37 "Ja"-Stimmen und 19 "Nein"-Stimmen.

Der Antrag des Ausschusses, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Ager, Dr. Aspöck;

Bieringer, Dr. Böhm, Buchinger;

Dr. d'Aron;

Fösleitner;

Giesinger, Grander, Grissemann, Ing. Gruber, Mag. Gudenus;

Hagen, Haunschmid, Hensler, Mag. Himmer, Höllerer;

Keuschnigg, Kneifel, Koller;

Ledolter;

Dr. Maier, Dipl.-Ing. Missethon, Mühlwerth;

Mag. Neuner, Dr. Nittmann;

Ing. Polleruhs, Pühringer;

Ram;

Saller, Schaufler, Ing. Scheuch, Schöls, Steinbichler, Mag. Strugl;

Weilharter, Wolfinger.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Boden;

Drochter;

Freiberger, Fuchs;

Gasteiger, Grillenberger, Gstöttner;


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 106

Mag. Hoscher;

Konecny, Kraml;

Marizzi, Meier;

Payer, Prähauser;

Schicker;

Thumpser, Mag. Trunk;

Winter, Würschl.

*****

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend das Pensionsreformgesetz 2000.

Es liegt zunächst ein Antrag der Bundesräte Karl Drochter und Genossen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag eintreten, um ein entsprechendes Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist nicht angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. Auch dazu ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Dieses Verlangen wurde von fünf Bundesräten gestellt, und daher gehe ich so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 erfolgt die Stimmabgabe wieder nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit "Ja" oder "Nein".

Ich ersuche die Schriftführung um den Aufruf der Bundesräte.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mühlwerth und Giesinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten bekannt.)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche kurz die Sitzung. (Die Sitzung wird um 15.53 Uhr unterbrochen und um 15.54 wieder aufgenommen. )

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Auf den Antrag, keinen Einspruch zu erheben, entfallen 36 "Ja"-Stimmen, 20 Stimmen lauteten auf "Nein".

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

*****

Mit "Ja" stimmten die Bundesräte:

Ager, Dr. Aspöck;


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 107

Bieringer, Dr. Böhm;

Dr. d'Aron;

Fösleitner;

Giesinger, Grander, Grissemann, Ing. Gruber, Mag. Gudenus;

Hagen, Haunschmid, Hensler, Mag. Himmer, Höllerer;

Keuschnigg, Kneifel, Koller;

Ledolter, Dr. Linzer;

Dr. Maier, Dipl.-Ing. Missethon, Mühlwerth;

Mag. Neuner, Dr. Nittmann;

Ing. Polleruhs, Pühringer;

Ram;

Saller, Schaufler, Ing. Scheuch, Steinbichler, Mag. Strugl;

Weilharter, Wolfinger.

Mit "Nein" stimmten die Bundesräte:

Boden;

Drochter;

Freiberger, Fuchs;

Gasteiger, Grillenberger, Gstöttner;

Mag. Hoscher;

Konecny, Kraml;

Marizzi, Meier;

Payer, Prähauser;

Schicker, Schöls;

Thumpser, Mag. Trunk;

Winter, Würschl.

*****

Vizepräsident Jürgen Weiss: Da wir für 16 Uhr die Behandlung einer dringlichen Anfrage in Aussicht genommen haben, sehe ich davon ab, die nächstfolgenden Tagesordnungspunkte aufzurufen. Im Einvernehmen mit dem Herrn Staatssekretär können wir mit der Behandlung der dringlichen Anfrage sofort beginnen. Ich unterbreche daher die Verhandlungen zur Tagesordnung.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 108

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Belastungspaket für die Länder (1721/J-BR/00)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Konecny und Genossen an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Da diese Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Albrecht Konecny als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

15.55

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe vor Beginn der heutigen Tagesordnung, am Ende unserer Debatte zur Erklärung des Herrn Landeshauptmannes Stix festgehalten, dass ich es für eine versäumte Gelegenheit halte, wenn die Regierung die Gesprächssituation in der Länderkammer mit dem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz nicht nützt.

Ich glaube, dass es notwendig ist, diese Diskussion – wenn auch jetzt ohne den Herrn Landeshauptmann – fortzusetzen, weil klar ist, was die Meinung, die er hier zum Ausdruck gebracht hat, ist und in welcher Form die Länder auf die bisherigen Ansagen von der Regierungsseite reagieren.

Sie werden sehr genau – genauer als ich, wie ich annehme – verfolgt haben, dass seit der Eröffnung der Diskussion durch den Herrn Finanzminister betreffend die neue Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern in den Ländern aus verständlichem Grund ein hohes Maß an Empörung und Aufregung existiert, weil es ein bisschen viel auf einmal ist, die Maastricht-gerechte Reduzierung des eigenen Defizits darauf aufzubauen, dass man einen kumulierten Überschuss der Landesbudgets von 0,5 als Sockel, von dem man sozusagen etwas herunterbeißen darf, von vornherein als gegeben erachtet, und gleichzeitig anzukündigen – sei es jetzt durch konkrete aktuelle Schritte oder über Ankündigungen für den künftigen Finanzausgleich bis zu dessen Infragestellung –, den Ländern ihre finanziellen Möglichkeiten entscheidend einzuschränken.

All das hat sich in der Öffentlichkeit sehr langsam gezeigt, weil es offensichtlich zunächst die Strategie gegeben hat, einiges heimlich, still und leise in die Wege zu leiten. Zunächst einmal war von gar nichts die Rede, es waren dann Medien, die ans Tageslicht gebracht haben, dass beispielsweise die Förderung der Landesbühnen auch durch den Bund schon herausgestrichen ist und selbstverständlich nicht gegeben wird, ebenso wie andere solche Maßnahmen. Es ist das nicht das einzige Gebiet, auf dem das in dieser Weise geschieht.

Sich als Sparmeister zu profilieren, und das zu Lasten anderer, ist zumindest doppelbödig, wenn nicht sogar etwas anderes.

Ein anderes Beispiel: Wenn die Krankenversicherungen ein Defizit haben, zu sagen: Sie müssen das im Verwaltungsbereich einsparen!, völlig unabhängig davon, ob eine seriöse Analyse des Verwaltungsaufwandes dieser Krankenversicherungsträger zeigt, dass sie europaweit betrachtet die niedrigsten Aufwendungen haben, ist eine Verlagerung der Verantwortung zu Lasten Dritter. Und wir könnten uns vorstellen, dass sich in den Bund-Länder-Beziehungen etwas Ähnliches anbahnt.

Die Landespolitiker, die Landeshauptleute haben zu erkennen gegeben, dass sie dieses Misstrauen teilen. Herr Landeshauptmann Sausgruber spricht von einem "noch nie da gewesenen Eingriff in die Finanzkraft der Länder" und fordert den Herrn Finanzminister auf, Drohgebärden zu unterlassen und endlich echte Verhandlungen über einen Finanzausgleich zu beginnen. Ich teile das Urteil, das der Herr Landeshauptmann hier über meine Partei ausspricht, aus nahe


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 109

liegenden Gründen nicht, aber interessant ist es für jemanden aus diesem politischen Lager schon, wenn Herr Landeshauptmann Sausgruber sagt, einen solchen Umgang mit den Ländern habe es selbst unter einer, wie er meint, zentralistisch orientierten SPÖ-Finanzpolitik nie gegeben. 

Die Landeshauptleute – sie haben, so nehme ich doch stark an, einen direkteren Gesprächskontakt mit der Bundesregierung und dem Finanzminister – wissen, ahnen, was da auf sie zukommt.

"Wenn man" – ein anderes Zitat – "die Länder mit perversen Forderungen ruinieren will, soll man es klar sagen." – Würde ich das ohne Anführungszeichen erwähnen, würde ich wohl einen Ordnungsruf dafür bekommen, aber der Landesfinanzreferent Sobotka wird schon wissen, was er in diesem Fall auf Niederösterreich zukommen sieht, dass er solch starke Worte verwendet.

Ich könnte hier eine sehr lange Liste von führenden Landespolitikern, die in unterschiedlich starken Worten alle dasselbe gesagt haben, zitieren, aber ich will Ihnen und mir das ersparen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Bundesländer, deren politische Vertreter im Prozess der Bundesgesetzgebung wir sind, in heller Aufregung sind und dass wir als Bundesrat mit Sicherheit schlecht beraten wären, wenn wir eine von den Ländern so verstandene Vorgangsweise einfach unbeachtet vorübergehen ließen.

Wir haben uns bemüht – ich betone das ausdrücklich –, keine Unterstellungen an die Adresse des Finanzministers zu richten, sondern Fragen zu stellen, mit denen nicht versucht wird, in polemischer Weise eine Antwort vorwegzunehmen.

Ich glaube, dass die Bundesregierung – das ist meine Hauptkritik – eine Bringschuld gegenüber dieser Kammer des Parlaments gehabt hätte, dass sie gut daran getan hätte, Maßnahmen und Pläne, die sie im finanziellen und budgetären Bereich gegenüber den Ländern hegt, in der frühest möglichen Phase – das wäre heute in der Früh gewesen – hier im Haus zu unterbreiten. Ob es einen Grund dafür gibt, dass der Finanzminister es vorgezogen hat, seine Karten nicht auf den Tisch dieses Hauses zu legen, werde ich erst beurteilen können, wenn ich die Antworten des Herrn Staatssekretärs kenne. Ich möchte das gar nicht unterstellen, aber eines sollte klar sein: Sparen zu Lasten Dritter ist jedenfalls keine Vorgangsweise, die dem Gesamtgesellschaftlichen und Gesamtstaatlichen dient. Sich als Sparmeister profilieren zu wollen und dabei – das haben Sie gerade beschlossen – den Bürgerinnen und Bürgern des Landes das Leben schwerer zu machen, ist ebenso abzulehnen wie das Weiterreichen der Sparverantwortung an andere Institutionen oder Gebietskörperschaften. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wäre in noch viel höherem Maße abzulehnen – der Bürger hat zumindest in den nächsten dreieinhalb Jahren keine ernst zu nehmende Möglichkeit, zurückzureden; er kann das erst bei den nächsten Wahlen –, es wäre keine seriöse und keine verantwortbare Vorgangsweise, diese Sparmaßnahmen ohne Konsens mit den Partnern vorzunehmen.

Der paktierte Finanzausgleich – die in härtesten Verhandlungen, jedesmal dramatisch, natürlich, aber letztlich konsensual gefundene Entscheidung über die Verteilung der Finanzmittel zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden – gehört wie unser Sozialsystem auch zu den besten Traditionen dieser Republik. Zu sagen – ich habe das gehört –, es sei bemerkenswert, dass an einen paktierten Finanzausgleich gedacht wird, ist nichts Besonderes. Das ist die Grundvoraussetzung. Einen oktroyierten Finanzausgleich nach dem Motto: Was wir nicht brauchen, können die Länder haben!, der den Ländern die Mitsprache nicht mehr zubilligt, kann ich mir in einer Republik demokratischen Zuschnitts und föderalistischen Aufbaus nicht mehr vorstellen. Jede Bemerkung in diese Richtung, ob sie missverstanden wurde oder missverständlich formuliert wurde, sollte jener, der sie getan hat, möglichst rasch durch Dementi oder Widerruf aus der Welt schaffen.

Die Verhandlungen werden notwendig sein. Vorzuschlagen, bestimmte höhere Ertragsanteile dem Bund in seiner besonderen konkreten Situation zur Verfügung zu stellen, erachte ich als das gute Recht dieser und jeder Bundesregierung. Aber die Finanzkraft der Länder, die eigenständig Aufgaben zu erfüllen haben, die wichtige Aufgaben gegenüber den Bürgerinnen und


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667. Sitzung / Seite 110

Bürgern zu erfüllen haben, darf in dieser Republik nicht ausgehöhlt werden – sie darf es um der Menschen willen nicht, und sie darf es um der föderalistischen Bedürfniserfüllung gegenüber den Bürgern willen nicht werden.

Das ist das politische Ziel, für das wir eintreten, und das ist das politische Erkenntnisinteresse, Herr Staatssekretär, das wir mit dieser Anfrage verbinden.

Ich hoffe – ich sage das ohne Zynismus –, dass wir aus Ihren Worten heraushören können, dass es den Willen zu einem ernsthaft paktierten Finanzausgleich gibt. Aber es ist auch klar, dass es, wenn dieser Wille nicht in deutlichem Maße erkennbar wird, schwerwiegende politische Konsequenzen vor allem für die Länder und auch für das Verhalten der Opposition hätte. Es liegt an Ihnen, Herr Staatssekretär, selbstverständlich in Akkordierung mit dem Herrn Finanzminister – wie ich doch unterstellen darf –, klarzustellen, was Sie tatsächlich vorhaben, um den Rauchvorhang, der in den letzten zehn Tagen ein bisschen über die politische Landschaft heruntergelassen wurde, möglichst rasch wieder zu beseitigen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

16.08

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Die Bundesregierung hat vor einer Woche im Ministerrat ein Budgetprogramm für die Jahre 2001 bis 2003 beschlossen. Dieses Budgetprogramm beinhaltet eine wesentliche Änderung des Budgetpfades zur Konsolidierung.

Der neue, beschleunigte Konsolidierungspfad beinhaltet die Absicht, im nächsten Jahr, im Jahr 2001, ein gesamtstaatliches Defizit – das ist wichtig: ein gesamtstaatliches Defizit, denn gegenüber Europa und gegenüber der Welt gibt es immer nur einen Gesamtstaat und nicht einen Bundesstaat und neun Gliedstaaten –, ein gesamtstaatliches Defizit von 1,3 Prozent des Bruttosozialproduktes und für das Jahr 2002 und für das Jahr 2003 jeweils ein gesamtstaatliches Defizit von 0,0 zu erreichen.

Wir haben damit gegenüber dem ursprünglichen Konsolidierungspfad eine wesentliche Beschleunigung vor. Wieso ist es zu dieser Beschleunigung gekommen? Welche Umstände waren hiefür maßgebend?

Da gibt es einmal den wichtigen Umstand, dass wir eine hervorragende wirtschaftliche Lage wie nie zuvor in ganz Europa und speziell in Österreich haben. Bei einer guten wirtschaftlichen Lage besteht immer die Gefahr, dass sie nicht von Dauer ist, dass sie nicht ewig hält. Es gilt jetzt, diese gute wirtschaftliche Lage, diesen einmaligen Augenblick aus unserer Sicht, für eine rasche, nachhaltige Budgetkonsolidierung zu nutzen.

Darüber hinaus haben natürlich die Partner in Europa auf eine Budgetkonsolidierung gedrängt, sie selbst haben ihre Stabilisierungsprogramme beschleunigt; das hat dazu geführt, dass Österreich zum Schlusslicht geworden ist, und zwar insofern, als es im Vergleich der EU-Länder beim jährlichen Budgetdefizit die letzte Position einnimmt, und dass es bei der Gesamtverschuldung die viertschlechteste Position innehat.

Jetzt kann man natürlich sagen: Was soll’s? – Dann sind eben die anderen schneller und wir langsamer. – Das ist aber ein gewaltiger Unterschied. Finnland hat bereits einen Überschuss von 2,5 Prozent, wird im nächsten Jahr auf 3,5 Prozent erhöhen und will die Hälfte dieses Überschusses direkt in die Forschung und Entwicklung leiten. Was bedeutet das in Wirklichkeit? – Das bedeutet nicht nur einen beschleunigten Defizitabbau, sondern dass im Gegensatz zu Österreich, wo nach dem vorherigen Programm noch immer an der Schuldentilgung gearbeitet worden wäre, in Finnland bereits in die neue Bildungsgesellschaft investiert wird, wodurch bei einem internationalen Wirtschaftswettbewerb, der in Europa und in der ganzen Welt laufend stattfindet, eine wesentlich bessere Ausgangsposition gegeben ist.


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Es ist daher nicht die Mahnung der anderen, die es auch gegeben hat – das gebe ich ohne weiteres zu –, rascher in Österreich eine Budgetkonsolidierung einzuleiten, sondern es ist auf Grund der internationalen Wettbewerbsfähigkeit zur Sicherung für die künftigen Generationen, zur Weiterentwicklung, zur Ausnützung der neuen Wirtschaftstechnologien und für einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung absolut notwendig, diesen beschleunigten Budgetkurs zu einzuschlagen.

Eines möchte ich auch grundsätzlich anführen. Wir haben inzwischen bereits sechs Finanzausgleichsrunden gehabt. Von allen Vertragspartnern – ich betone das Wort "Vertragspartner" –, also Ländern, dem Städtebund und dem Gemeindebund wurde immer die Budgetkonsolidierung als gesamtstaatliche Aufgabe aufgefasst. (Bundesrat Konecny: Wenn Sie da gewesen wären, hätten Sie das vom Landeshauptmann auch gehört!)

Es ist nicht so, dass der Bund einfach seine Schulden den Ländern oder Gemeinden überlastet oder überträgt, sondern er spart bei sich selbst und erwartet im gleichen Ausmaß, dass auch die Länder und die Gemeinden sparen, wobei ich gleich dazusage, bei den Gemeinden wird von Haus aus – Getränkesteuer oder Sonderaufgaben – das Potenzial für Einsparungsmöglichkeiten geringer sein. Unser Hauptpartner, von dem wir ein gewisses Einsparungspotenzial erwarten, sind sicherlich die Länder.

Aber es gibt noch weitere Gesprächsthemen und -runden, und zwar sind diese bis Dezember angesetzt, also bis zum letztmöglichen Zeitpunkt für einen neuen Finanzausgleich. Es werden intensive Gespräche geführt, und diese haben schon einen gewissen Erfolg gehabt. Zu Beginn der Finanzausgleichsverhandlungen haben die Länder gesagt, sie können den positiven Beitrag in der Höhe von 0,5 Prozent nicht erbringen. Inzwischen – auch als Ergebnis der guten wirtschaftlichen Lage – steht der positive Beitrag von 0,5 Prozent außer Streit. Die Länder sagen selbst – das sagen auch die Wirtschaftsexperten –, dieser positive Beitrag von 0,5 Prozent ist zu erwarten. Der Budgetvollzug, wie er vorhergesehen war, wird halten – auch nach Meinung der Wirtschaftsexperten.

Es kommt jetzt darüber hinaus die Bitte und das Ersuchen – da wurden Vorschläge ausgearbeitet, all das ist noch in Diskussion –, diesen Beitrag von 0,5 Prozent – ich werde dann noch das genaue Ausmaß in Beantwortung der einzelnen Fragen nennen – noch weiter zu erhöhen, wobei es bisher schon einen Konsolidierungsbeitrag in der Höhe von 3 Milliarden Schilling gegeben hat und von uns aus nun die Absicht besteht, diesen Konsolidierungsbeitrag noch zu erhöhen. Das ist die Ausgangslage.

Ich darf auf die einzelnen Fragen eingehen und würde vorschlagen, dass ich die Fragen 1 bis 3 vom inhaltlichen Zusammenhang her gemeinsam beantworte:

Der Finanzminister hat wiederholt, was in der Öffentlichkeit bereits bekannt gegeben wurde, dass er nämlich einen positiven Maastricht-Beitrag der Länder und Gemeinden im Ausmaß von 0,5 Prozent des BIP erwartet sowie einen weiteren Beitrag im Ausmaß von – den berühmten – 3 Milliarden Schilling, also eine Steigerung von 15 Milliarden Schilling, wobei derzeit noch nicht festgelegt ist, in welcher Form dieser Beitrag geleistet werden soll. Dieser muss nämlich nicht in einem absoluten Beitrag geleistet werden, sondern man kann Maastricht-Schulden, die Maastricht-Verbindlichkeiten, auch in einer anderen Form erbringen, zum Beispiel durch ein noch engagierteres Privatisierungsprogramm, das man auf die Weise erreicht, dass öffentliche Schulden nicht mehr zu öffentlichen Schulden werden. Das wäre auch eine Form dieses Beitrages, und gerade in diesem Bereich führen wir Diskussionen.

Sofern die Länder und Gemeinden den vom Bund vorgezeigten Weg einer sparsamen Haushaltsführung mitgehen und die erwähnten Maßnahmen in Angriff nehmen, sollte es kein Problem sein, das vorgegebene Ziel zu erreichen, im Jahr 2002 bereits ein Nulldefizit zu haben. Das würde nämlich bedeuten, dass wir im Jahr 2001 die Defizitquote, wenn all diese Maßnahmen greifen – wir hatten noch vor kurzem ein jährliches Defizit in der Höhe von 125 Milliarden Schilling –, auf 38 Milliarden Schilling hinunterdrücken können. Wir werden uns, wenn die Länder ihren Beitrag verdoppeln, mit dem Bundesdefizit ungefähr im Bereich von 30 Milliarden Schilling


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bewegen und durch eine Plus-Eins-Rechnung auf dieses Nulldefizit kommen. (Bundesrat
Konecny: Das war alles zu den dreien?)

Die Fragen 4 bis 6 erlaube ich mir, ebenfalls gemeinsam zu beantworten:

Nach den Vorgaben des Finanzministers erwartet er sich einen Beitrag der Länder und Gemeinden im Ausmaß von 15 Milliarden Schilling, wobei in keiner Weise festgelegt ist – und auch allen Unkenrufen zum Trotz nicht festgelegt ist –, dass diese Mittel im Rahmen der Wohnbauförderung aufgebracht werden müssen. Im Gegenteil! Wir überlegen sogar, die Mittel, die Zweckbindungen in diesem Bereich zu öffnen, damit sich die Länder freier bewegen und auf diese Weise ihren Beitrag leisten können.

Die Frage 7 bezieht sich auf die Landeslehrer.

Bei den Landeslehrern besteht bekanntlich das Problem, dass die Länder für die Anstellung der Lehrer und für die Organisation des Lehrereinsatzes verantwortlich sind und dass der Bund bei den allgemein bildenden Pflichtschulen die Kosten zu 100 Prozent ersetzt. Dieses Auseinanderklaffen der Ausgaben- und Aufgabenverantwortung steht selbstverständlich – wie schon früher – im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen zur Diskussion und sollte einer anderen Lösung zugeführt werden, damit es den Druck gibt, sparsam zu gerieren.

Es gibt auch sehr unterschiedliche Kennzahlen darüber, wie die einzelnen Länder die Durchführung der Verwaltung handhaben. Welche Maßnahmen dabei tatsächlich ergriffen werden, kann erst nach Abschluss der Finanzausgleichsverhandlungen bekannt gegeben werden. Es ist jedoch ein deklarierter Wunsch unserseits, da eine andere Lösung zu finden. Zum Beispiel könnte man pro Schüler gewisse Höchstbeiträge einführen, das deckeln und damit eine sparsamere Gestion herbeiführen. (Bundesrat Meier: Wird das jetzt hinausgeschmissen, das Geld?)

Zur Frage 8 – Investitionen bei Kulturprojekten –:

Diesbezüglich sind in erster Linie Überlegungen von den jeweiligen Fachministerien zu führen, und zwar vom Bildungsministerium beziehungsweise, was Baulichkeiten betrifft, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Hier werden natürlich derzeit in sämtlichen Bereichen Möglichkeiten gesucht, wie man sparsamer agieren kann. Es sind aber noch keine abschließenden Vorgaben oder Lösungen gefunden worden. Das, was in der Presse und in den Medien veröffentlicht wurde, stammt aus einer Sitzung; das waren Vorschläge und Diskussionsbeiträge, aber noch keine endgültigen Entscheidungen. Wir wollen – so wie im bisherigen Sinne – eine Verhandlungslösung anstreben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.20

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass nach der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates bekanntlich mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Stefan Prähauser das Wort. – Bitte.

16.20

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Es fällt mir sehr schwer, auf Grund der Anfragebeantwortung klarer zu sehen als bisher, wie die Koalition die Finanzprobleme und die Sanierung des Haushaltes bestreiten will, wenn sie weiterhin nicht dazu bereit ist, klar auf den Tisch zu legen, wer denn die Zahler sein sollen.

Damit es kein Missverständnis gibt: Auch wir Sozialdemokraten halten das Nulldefizit für sehr erstrebenswert. Die Bemühungen in diese Richtung werden wir auch unterstützen, wenngleich unsere Überlegungen Folgende sind: Sparen ja, aber gerecht für die Menschen und gesund für die Zukunft! Das heißt, ohne dass man klar auf den Tisch legt, wie das mit dem Zahlen der Bei


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träge sein wird, werden wir natürlich nicht für eine Mitarbeit zu gewinnen sein. Nulldefizit darf nicht Nullinvestition, Nullgerechtigkeit und null politisches Gestalten heißen.

Natürlich wissen wir genauso gut wie Sie, dass die derzeitige wirtschaftliche Lage geradezu dazu herausfordert, den Haushalt zu sanieren, den Weg zu gehen, wieder zu einer entsprechenden Senkung des Defizits zu kommen. Gleichzeitig lesen wir aber auch heute wieder, dass die Inflation schon wieder um sich greift, dass sie über die europäische Norm hinweg in Österreich stärker um sich greift. Das ist eine Auswirkung der Maßnahmen, die schon stattgefunden haben, wie die Erhöhung der Energiesteuer, der Stromsteuer, der motorbezogenen Kfz-Steuer und anderes mehr.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, bisher sind ganz wenige zu Zahlern geworden, und diese wollen wir letztendlich – ich will nicht sagen: schützen – bei der Stange halten, wenn wir dieses Vorhaben gemeinsam tragen. Wenn ich aber gleichzeitig weiß, dass zum Beispiel das Road- Pricing die LKW-Lobby ordentlich entlastet, umgekehrt die LKWs die Verkehrsbelastung jedoch nicht gerade erleichtern, die schlechten Straßenzustände nicht zuletzt auf die starke Befahrung durch LKWs zurückzuführen sind – in letzter Zeit waren auf der West Autobahn immer wieder LKWs in schwerste Unfälle verwickelt –, dann kann es wohl nicht so sein, dass man sich immer wieder darauf ausredet, das neueste technologische Instrument abwarten zu wollen, möglicherweise gemeinsam mit Deutschland etwas umzusetzen, um dann die erwarteten 3 bis 4 Milliarden Schilling jährlich einzunehmen.

Meine Damen und Herren! Es wird in der Technik nie möglich sein, den Endpunkt erreicht zu haben. Es wird immer wieder Neuerungen geben, es wird immer wieder Besseres geben. Die computergesteuerte Abbuchung via Satellit mag jetzt etwas Modernes sein; wer weiß – gerade im EDV-Zeitalter haben wir in der vergangenen Zeit sehr viel kennen lernen dürfen –, was in drei Jahren sein wird.

Aber schon 1999 – ich mache da gar keine Ausnahme bezüglich unserer Regierungsbeteiligung – wollten wir das Road-Pricing einführen. Wir haben seinerzeit intern gröbere Probleme in der Koalition gehabt und konnten es nicht durchsetzen. Das sollte man auch hier zugeben. Meine Damen und Herren! Klar ist aber Folgendes: Es ist höchste Zeit, auch auf diese Mittel zurückzugreifen.

Keine Geschenke für Begüterte! Mehrausgaben für jene, die es nicht brauchen, können wir uns nicht leisten. Niemand, der einen hohen Kredit auf sein Haus laufen hat, geht hochtrabend auf Weltreise. Das heißt, ich kann das Geld, das ich nicht besitze, nicht ausgeben, außer ich finde einen Weg, der es mir wieder zuschießt. Diesen Weg haben Sie anscheinend gefunden. Diese Art der Umverteilung müssen wir ablehnen, das können wir natürlich nicht mittragen, Herr Staatssekretär!

Investitionen statt Investitionsstopp, denn Investitionen sind der Treibstoff für den Konjunkturmotor! Wenn dieser stehen bleibt, kostet das Wachstum und Arbeitsplätze. Das gilt besonders für Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung, denn dort zu kürzen, geht auf Kosten unserer Kinder.

Das soziale Gleichgewicht erhalten! Jeder soll seinen gerechten Beitrag nach seinen Möglichkeiten leisten. Die "kleinen" Leute dürfen nicht wieder die großen Zahler werden. Unsere Sorgen gehen in die Richtung, dass tagtäglich nachzulesen ist, dass es aber so ist. Da werden wir Sozialdemokraten natürlich immer unser Veto einlegen und das aufzeigen müssen.

Nulldefizit, aber nicht Nulllohnrunden! Jeder Arbeitnehmer soll seinen gerechten Anteil am gemeinsam erwirtschafteten Wachstum bekommen. Die Arbeitnehmer sollen nicht nur vom Aufschwung hören und lesen, sondern ihn auch in der eigenen Tasche spüren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Sie haben gerade gesagt, der Aufschwung ist da, er muss genutzt werden, um den Haushalt zu sanieren. – Da bin ich bei Ihnen. Aber es müssen auch jene, die den Löwenanteil zu tragen haben, Entlastungen dafür bekommen.


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Meine Damen und Herren! Was steht uns besser an, als von den Besten zu lernen? – Wir wissen, es geht nicht um das Ziel, sondern um den Weg dorthin, und es geht darum zu lernen, wer das in Europa bisher am besten gemacht hat, nämlich gerecht und zukunftsorientiert. Wir wissen das. Schauen wir nach Holland, nach Dänemark oder Schweden, dann wissen wir, dass man einen Haushalt sehr wohl sanieren kann, ohne die Ärmsten und die Armen zu belasten!

Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten haben uns inzwischen in der Rolle der Opposition bestens zurechtgefunden. Die Regierungskoalition ist noch nicht auf demselben Trip. Das muss man aber nicht verlangen, wir werden da schon die entsprechende Triebfeder sein.

Wir werden Ihnen heute abwechselnd bundesländerweit vor Augen führen, was dieser Kahlschlag des Finanzministers in den Ländern und Gemeinden mit sich bringt. Meine Damen und Herren! Ich darf sagen, ich werde mich in der Ausdrucksweise sehr bemühen, nicht demagogisch oder polemisch zu sein. Ich habe wirklich Sorge, wie es zum Beispiel empfunden wurde, als der Finanzminister in Salzburg – wörtlich! – sagte – mein Parteichef Gerhard Buchleitner, Landeshauptmann-Stellvertreter in Salzburg und den Gemeinden dort verantwortlich, hat das etwas anders kommentiert, nämlich "überheblich" und "lässig" habe der Herr Finanzminister mitgeteilt –, dass die Krankenhäuser nicht wirklich leiden würden, wenn sie 3 Milliarden Schilling einsparen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, hier spricht jemand von einer Sache, die er nicht versteht, die er möglicherweise noch nicht spüren musste. Der Eindruck ist so, als ob unser Finanzminister ein sehr gesunder Mensch ist. Er schaut auch gut aus, das ist keine Frage. Er war wohl noch nicht darauf angewiesen, Krankenhäuser aufzusuchen oder dort behandelt zu werden. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass es jemanden gibt, der niemals in einem Krankenhaus war, aber dass man solche Aussagen so locker über die Lippen bringt, kann ich mir auch nicht vorstellen. Auch das Spitalswesen werde nicht zusammenbrechen, wenn 3 Milliarden Schilling eingespart würden.

Grasser denkt hier offensichtlich nur an seine Budgetshow mit Blickrichtung auf das Jahr 2003. Eine bundesweite Kürzung um 3 Milliarden Schilling würde für Salzburgs Spitäler 200 Millionen Schilling pro Jahr weniger bedeuten. Das heißt aber, wenn man schon weiß, dass man pro Jahr 400 Millionen dazuschießen muss, kann man sich gut vorstellen, wie das Geld aufzubringen ist. Das bedeutet schlichtweg: 10 Prozent Einsparungen sind gleich 400 Arbeitsplätze, die auch wieder entsprechend zu versorgen sein werden. Ich frage mich nur, wie das passieren soll.

Beispiel Wohnbau: 50 Prozent an Einsparungen in der Wohnbauförderung würden in Salzburg in der Bauwirtschaft, was Wohnungen betrifft, zum Stillstand führen. Seniorenheime oder Behindertenwohnheime zu errichten, könnte man gemeindeweit auch vergessen. Meine Damen und Herren! Ich glaube, wenn ein Finanzminister, auch wenn er ganz salopp erklärt, wie er sich die Dinge vorstellt, sagt, da müsse man eben in den Ländern auf die Subjektförderung zurückkommen, da könne man das Geld locker einsparen, dann sollte er sich wenigstens anschauen, in welchen Ländern das nicht schon vielleicht der Fall ist. Salzburg hat die Subjektförderung schon seit Jahren. (Bundesrat Meier: Weitgehend!) Hiemit sehe ich auch da keine Möglichkeit, diese Mittel einzusparen, außer wir bringen in der Stadt Salzburg die Wohnbautätigkeit auf null.

Meine Damen und Herren! Die Gemeinden – erst betroffen durch den Wegfall der Getränkesteuer – haben Finanzverluste hinnehmen müssen, die ihre Budgets nicht mehr so leicht bewerkstelligen lassen, wie es bisher der Fall gewesen ist. In Salzburg war das folgendermaßen: Wir hatten landesweit bisher immer zwei Gemeinden, die nicht in der Lage waren, durch eigenes Aufkommen für ihren Haushalt zu sorgen. Dafür gibt es den Gemeindeausgleichsfonds, der dann tätig geworden ist. Jetzt sind es – sage und schreibe! – bereits 25 Gemeinden, die beim Land vorstellig geworden sind, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Kosten mit den normalen Kosten abdecken können.

Meine Damen und Herren! Hier beginnt es, kritisch zu werden. Hier ist es natürlich notwendig –das ist die Aufgabe der Ländervertreter; wir haben auch die Gelegenheit, dies den Regierungsmitgliedern zu sagen –, gemeinsam aufzuzeigen ... (Bundesrat Weilharter:  ... bisher eine


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verfehlte Finanzpolitik!)  – Das ist nicht besser geworden, Herr Kollege Weilharter! Sie wissen das. Die Sorgen der Gemeinden sind erst jetzt aufgekommen, bis vor kurzem waren sie in dieser Form nicht vorhanden.

Ich darf also hier festhalten, dass allein in Salzburg 1 500 Arbeitsplätze verloren gehen würden, würde das so gemacht werden, wie es sich der Herr Finanzminister vorstellt.

Meine Damen und Herren! Wir wissen aber auch, dass es natürlich in dieser Regierung auf Grund von Wahlversprechen zu Geschenken gekommen ist, die weit über 20 Milliarden ausmachen. Gleichzeitig aber sucht man auf der anderen Seite wieder welche, um sie – ich hätte bald gesagt: zu schröpfen – zu zwingen, für die Mittel aufzukommen. Das sind jene, die sich am wenigsten wehren können.

Zu der Sache, meine Damen und Herren: Die ÖVP ist für mich hier nicht der Hauptangriffspunkt. Die ÖVP hat bis jetzt in der Vergangenheit auch nichts anderes getan, als Unternehmungen, Unternehmer zu stützen, deren Interessen zu vertreten. Da gibt es auch einen starken Wirtschaftsbund, wir wissen das, dafür habe ich auch Verständnis. Arbeitgeber, Arbeitnehmer – eine gesunde Symbiose, meine Damen und Herren! (Bundesrätin Haunschmid: Das darf nicht wahr sein!)

Der Koalitionspartner, der aber der größere der Koalitionsregierung ist, ist allerdings angetreten, die Menschen in diesem Land zu entlasten, Geschenke zu machen, es besser zu machen. Er hat auch vor der Wahl die gute Idee gehabt, gebrochene Wahlversprechen einklagbar zu machen. Das ist wirklich wichtig, man muss den Menschen vor der Wahl ehrlich sagen, was sie erwartet, wenn sie ihre Stimme für eine bestimmte Partei abgeben.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie hier informieren, die ersten zwei Klagen sind schon unterwegs. (Bundesrat Ing. Scheuch: Wir fürchten uns nicht!) Es geht nur um zwei Kleinigkeiten. Steuern haben Sie keine erhöht, Sie haben nur angepasst, das wissen wir. Wie Sie die Erhöhung der Kfz-Steuer nennen, konnte ich bis jetzt nicht nachvollziehen, für mich ist es eine Steuererhöhung. Bei den Pässen werden Gebühren erhöht. Bei der Erhöhung der Energieabgabe handelt es sich um keine Steuererhöhung, sondern es bleibt dahingestellt, wie man das bezeichnet. – Aber die 60 000 S "Mindestlohn" – unter Anführungszeichen – für die Abgeordneten, für uns Politiker, sind dann auf ... (Bundesrat Dr. Maier: Für die SPÖ!) Nein, Mindest- und Höchst- gleichzeitig. Ich sage das jetzt einmal sehr kollegial.

Ich bin nicht der Meinung, dass es genug ist, wenn ein Finanzminister 60 000 S verdient. Ich bin auch nicht der Meinung, dass es genug ist, wenn ein Bundeskanzler 60 000 S verdient. Ihr Vorsitzender oder Parteiführer Haider hat das mehrmals verkündet: 60 000 S für Vranitzky sind genug. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. ) Herr Kollege Scheuch! Hör einfach zu, dann weißt du, wovon ich spreche, und dann melde dich zu Wort und sage das Gegenteil! (Bundesrätin Haunschmid: Sie kriegen 100 oder was?)

Ich darf auf jeden Fall jetzt Folgendes festhalten: Wir wissen, dass ein Klubobmann einen gewissen Bezug hat, wir wissen, dass er, wenn er den vollen Bezug bezieht, kein anderes Einkommen haben darf. – Ich lese in einer Zeitschrift, im "Format", dass die Freiheitliche Partei ihn auch mit einer Entschädigung unterstützt. – Wenn das nicht ein gebrochenes Wahlversprechen ist, meine Damen und Herren, dann frage ich mich, was das sonst ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber wir haben schon mehrere Anfragen an dieses Ehrengericht erleben dürfen, und zwar waren es zwei ÖVP-Mandatare. Die Ergebnisse sind allerdings im Sand verlaufen. Kollege Amon hat sich auch hier gemeldet. Aber dies ist im koalitionären Klima wahrscheinlich im Sande verlaufen.

Herr Josseck hat auch ganz klar gesagt: Ja mein Gott, was man vor einer Wahl verspricht, kann man doch dann nicht auf die Goldwaage legen. – Meine Damen und Herren! Auch das ist nachzulesen. Das sind Dinge, die wir uns im Interesse der Bevölkerung nicht gefallen lassen. (Bundesrat Meier: Wahlversprechen sind einklagbar! – Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. ) Das ist noch nicht das Letzte, Herr Kollege Scheuch!


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Nachdem ich auch hier im Haus schon mehrmals erlebt habe, wie der Herr Staatssekretär reagiert, wenn man kritisiert, werde ich das hier nicht tun, sondern – im Gegenteil – ich werde so wie bei meinen Ausführungen zur Regierungsbildung einfach danke sagen, danke für das, was Sie der Bevölkerung antun, damit wir uns leichter tun, den Leuten zu zeigen, was hier am Werke ist, in welche Richtung diese Politik geht, nämlich zu den Reichen, zu den Besitzenden und weg von jenen, die die Masse ausmachen. (Bundesrat Ing. Scheuch: Freuen Sie sich nicht zu früh!) Wir werden dafür sorgen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Demaskierung der FPÖ ist gelungen, die ÖVP soll die Position halten, die sie hat. (Bundesrat Ing. Scheuch: Diese Masche zieht nicht mehr! Fürchten Sie sich nicht!)

Herr Scheuch! Weil Sie so viel wissen, darf ich Ihnen jetzt eines sagen: Meine große Sorge ist eine andere: Herr Bundeskanzler Schüssel hört sehr viel auf Jörg Haider; ich habe das heute schon einmal anführen dürfen. Wenn man die Karikaturen anschaut, stellt man fest, die Medien machen sich auch ein bisschen lustig darüber. Aber ich habe einfach Sorge, dass er zu viel Einfluss bekommt. Dazu muss ich Folgendes feststellen: Die Pro-Kopf-Verschuldung zum Beispiel von Kärnten ist in den letzten Jahren auf die höchste aller Bundesländer angewachsen.

Herr Kollege Scheuch! Lesen Sie es einfach ruhig nach! Kein Bundesland hat eine solch hohe Pro-Kopf-Verschuldung wie Kärnten! Und er sagt der Bundesregierung, wo es langgeht! (Bundesrätin Haunschmid: Wer hat denn das gemacht? Wer war denn bis jetzt Landeshauptmann?) Moment! (Bundesrat Ing. Scheuch: Gefallen!)

Herr Kollege Scheuch! Seien Sie so nett, glauben Sie das einmal. Nicht die Sozialisten oder die Sozialdemokraten haben das erhoben, sondern das Statistische Zentralamt, also jene höchste Stelle, die die wissenschaftlichen Untersuchungen macht. Aber ich bin gerne bereit, Ihnen diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen, damit Sie auch einmal in Kärnten dafür sorgen können, dass es dort ein bisschen anders wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Also meine Sorge ist es, dass Bundeskanzler Schüssel und Grasser einfach dem Einsager aus dem Bärental erliegen und dieselben Fehler machen. Dies wollen wir vermeiden. Daher danke ich für den Kurs dieser Regierung. Wir tun uns auf jeden Fall jetzt leichter, mit den Menschen zu reden und dafür zu sorgen, dass das Gleichgewicht bei der Umverteilung vielleicht doch noch erhalten bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

16.36

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Sitzung des Bundesrates hat uns wieder um eine Erfahrung reicher gemacht. Wir haben studieren können, wie eine ehemalige Regierungsfraktion zu Taferlklasslern wurden (Bundesrat Prähauser: Schon schreiben können!), indem sie einfach da irgendwelche Taferl herzeigen, die teilweise – das hat meine Kollegin auch deutlich dargelegt – gar nicht gestimmt haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, wenn es schon eine Dringliche gibt, dann überlegen sich auch die Vertreter der Regierungspartei: Welche Motive kann man denn haben, eine derartige Dringliche zu stellen, wie Sie es hier tun? – Ich habe mir zunächst einmal überlegt: Das kann nur aus dem Grund sein, dass man jetzt in der Oppositionsrolle ist. Mein Vorredner hat, wie ich meine, versucht darzulegen, dass Sie schon die Oppositionsrolle gefunden hätten. Das finde ich gut, man braucht eine gewisse eigene Blutinjektion und Mutauffrischung, daher ist es nicht schlecht, wenn Sie das von Ihren Kollegen so gehört haben. (Bundesrat Prähauser: Selbstverständnis ist nie schlecht!)

Ich glaube aber auch, es muss schon ein bisschen Frustration mitschwingen, wenn man nicht mehr den Finanzminister stellt. (Rufe bei der SPÖ: Nein!) Es ist wirklich schlimm, wenn man jetzt als jemand, der aus der zweiten Linie in den Bundesländern kommt, in Wien nicht mehr in


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die Himmelpfortgasse gehen und sich bestellen kann, was die Defizite ausgemacht haben, die wir heute auslöffeln müssen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist eine Ungeheuerlichkeit!) Das ist in Wirklichkeit das, was Sie bisher immer gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Dritte, meine sehr geehrten Damen und Herren, könnte auch sein, dass Sie ein wenig – sagen wir es einmal so – übereifrig sind. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das Finanzministerium ist kein Quelle-Katalog!) Das war es bisher bei Ihnen! Das ist der Grund, warum wir jetzt an diesem Defizit laborieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt habe ich mir überlegt: Wenn Sie schon meinen, ein Belastungspaket für die Länder erkennen zu können, dann würde ich das zunächst einmal den Ländern überlassen, diese werden erst verhandeln. Der Herr Staatssekretär hat das sehr eindrucksvoll ausgeführt: Es gibt erst Verhandlungen.

Das, was ich eigentlich von Ihnen erwartet hätte, wenn Sie wirklich schon die Oppositionsrolle spielen könnten, wäre, dass Sie eine Sondersitzung des Bundesrates ankündigen, um dann, wenn Fakten auf dem Tisch liegen, diese zu hinterfragen. Jetzt stellen Sie da irgendwelche Fragen, auf die es nicht einmal irgendwelche Antworten geben kann. (Bundesrat Meier: Keine Antworten!) Ich lade Sie ein: Wenn Sie tatsächlich in die Oppositionsrolle schlüpfen wollen, dann machen Sie Gebrauch davon, dann ist es Ihnen wirklich ernst! Heute verlangen Sie um 16 Uhr eine Dringliche, auf die es noch keine einzige Antwort geben kann, aber die Gelegenheit, bei der Sie wirklich Fakten hören konnten, bei der Sie wirklich diskutieren konnten, nämlich letzten Freitag in der Wiener Hofburg anlässlich des Reformdialogs, haben Sie verpasst. Wo waren Sie denn da? Was hat denn da Ihr Parteivorsitzender gemacht? (Bundesrat Meier: Keine Ahnung! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Dort sind Sie nicht gewesen, dort waren Sie eingeladen! (Bundesrat Meier: Keine Antworten!)

Ich glaube, Sie haben da eine große Chance vertan. Für mich ist es faszinierend, es zeigt mir, dass Sie mit der Rolle der Opposition noch nicht fertiggeworden sind.

Van der Bellen war nicht schlecht! Ich sage Ihnen, Van der Bellen hat unmittelbar nach Bekanntwerden dessen, dass es ein Nulldefizit geben soll, erklärt ja und hat Fakten geschrieben. Ihr Gusenbauer hat sieben Tage gebraucht, meine Damen und Herren: sieben Tage! Das ist kein Oppositioneller! Er muss erst lernen! Wo waren denn Sie in den Ländern? Wenn ihm das ein Anliegen gewesen wäre, hätten Sie ihm doch gleich gesagt, was er zu tun hat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, Sie müssen die Oppositionsrolle erst lernen!

Aber jetzt müssen wir ein bisserl zu den Fakten kommen. Wir alle laborieren ein wenig an Aussagen wie jenen von Herrn Bundeskanzler Kreisky, der einmal gesagt hat: Mir sind ein paar Hundert Millionen Schilling Schulden lieber als Hunderte Arbeitslose. – Sie werden sich erinnern, viele von Ihnen wissen das.

Der sich momentan wieder in aller Munde befindliche Hannes Androsch, ein Meister des Deficit-Spendings, hat genau das gemacht, woran wir jetzt laborieren. Der Nachfolger von Hannes Androsch, ein gewisser Herbert Salcher, hat einmal probiert, eine Steuerreform zu machen. Erinnern Sie sich? Wissen Sie, wie die Steuerreform der SPÖ unter Salcher ausgesehen hat? – Die Gültigkeit der Lohnsteuerkarte wurde von zwei Jahren auf ein Jahr reduziert. Das war die Steuerreform der SPÖ!

Nach Finanzminister Salcher ist Finanzminister Vranitzky gekommen. Dieser hatte Gott sei Dank keine Gelegenheit, sehr stark in die Finanzpolitik einzugreifen, denn zwischenzeitlich hat es bei Ihnen Turbulenzen gegeben, und er wurde von Ihnen zum Bundesvorsitzenden gewählt, und Lacina kam. Heute frage ich mich, und viele von uns fragen sich: Wieso ist Lacina aus dem Amt gegangen? Warum hat Ferdinand Lacina diese Funktion zurückgelegt?


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Wie ernst Sie tatsächlich die Finanzen dieses Bundesstaates nehmen, hat Ihre Fraktion bewiesen, als Sie einen gewissen Staribacher in die Verantwortung geholt haben. Da hat man gewusst, wie Sie mit den Finanzen Österreichs umgehen. Es hat nicht lange gedauert, bis Sie ihn selbst hinausgeschickt und ersetzt haben. Zwischenzeitlich hat es auch Wahlen gegeben. (Bundesrat Mag. Hoscher: Wer hat Ditz hinausgeschickt?) – Johannes Ditz war Wirtschaftsminister und hat den Schüssel-Ditz-Kurs geprägt, und der Schüssel-Ditz-Kurs hat dazu geführt, dass 1995 gewählt werden musste. Was war denn der Grund dafür?

Meine Damen und Herren! Der Finanzminister, der in Wirklichkeit den Schüssel-Ditz-Kurs hätte umsetzen sollen, hat Klima geheißen, und Klima ist bei seinen politischen Aktivitäten genauso behindert worden wie Rudi Edlinger, und zwar, Hand aufs Herz, durch die erstarrten Strukturen Ihrer Partei in den Ländern und vor allem in der Gewerkschaft. Das ist der eigentliche Grund. Ich halte Rudi Edlinger für einen erfolgreichen Finanzpolitiker, ich halte Klima auch für einen erfolgreichen Finanzpolitiker, er war ein schlechter Bundeskanzler. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber Sie haben ihn nicht gelassen, Sie haben ihn betoniert oder zugeschaut, wie er betoniert wurde. Rudi Nürnberger hat verhindert, dass es eine andere Regierung gibt, als wir sie heute haben. (Widerspruch bei der SPÖ.) Das ist der eigentliche Grund, und das gehört schon auch aufgearbeitet anlässlich dieser dringlichen Anfrage, damit nicht irgendwelche Dinge in Vergessenheit geraten.

Meine Damen und Herren! Wenn heute gesagt wird, dass wir keine Schulden machen wollen und die Bundesregierung dies umzusetzen versucht – der Herr Staatssekretär hat sehr deutlich gesagt, warum dieses Ziel erreicht werden soll –, dann wissen Sie nicht, was unter Sparen zu verstehen ist – natürlich, das verstehe ich schon. Sie haben gesagt: einmal sparen, einmal belasten. Sie müssen jetzt langsam einmal dazu übergehen und erklären, dass man zunächst einmal sparen muss, Herr Kollege! (Bundesrat Prähauser: Eine gesunde Verteilung, habe ich gesagt! Gemeinsam das Nulldefizit erreichen! Ihr schenkt 30 Milliarden her, und die Armen müssen es zahlen! Das ist das Problem!) Sparen muss man! Und das werden auch die Bundesländer teilweise lernen müssen. Da muss man ansetzen, und da gehört gespart, und das in einer Zeit – das sage ich Ihnen auch –, in der die Dinge relativ günstig ausschauen.

Ich halte das Wirtschaftswachstum für sehr erfreulich, die Arbeitsmarktsituation ist toll. Es sind die Klein- und Mittelbetriebe dieses Landes, die für Arbeitsplätze sorgen und mehr als 30 000 neue Jobs geschaffen haben. (Bundesrat Prähauser: Wenn die Inflation so weitergeht, ...!) Warum passiert das? – Weil das Klima derartig ist. Reden Sie doch mit internationalen Investoren! Diese sind froh, wenn sie hören, welche Möglichkeiten es in diesem Land gibt und welche Maßnahmen gesetzt werden. Da ist vieles verschlafen worden, meine Damen und Herren! Sie sind bisher gesessen und haben sich nicht einmal getraut, Ihren Finanzminister zu kritisieren. Das war das Problem. Der Finanzminister hat wiederum von der Gewerkschaft die Prügel vor die Füße bekommen und hat nicht das machen können, was er eigentlich hätte machen sollen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube daher, das Ziel soll nicht nur sein, dass wir keine Schulden mehr machen, sondern dass wir vom Schlusslicht, was die Budgetkonsolidierung in der europäischen Liga anlangt, wegkommen und einen Spitzenplatz einnehmen. Da bin ich zunächst schon wieder einmal froh, dass Herr Kollege Gusenbauer nach sieben Tagen Schockzeit draufgekommen ist, dass er auch Vorschläge machen könnte. Das ist ja gut. Vielleicht kann man sich da auch wieder zusammenringen.

Ich würde Ihnen nur vorschlagen, wenn Sie schon die Oppositionsrolle spielen, nehmen Sie dort, wo Sie die Möglichkeit haben, Ideen einzubringen, wie beim Reformdialog letzten Freitag, diese Chance wahr! Es ist Ihnen natürlich unbenommen, jederzeit eine dringliche Anfrage zu stellen. Aber ich würde sie dann stellen, wenn die Fakten auf dem Tisch sind. Da würde ich mich auch nicht scheuen, eine Sondersitzung zu verlangen. (Bundesrat Prähauser: Die Sondersitzung wird es geben, wenn der Herr Finanzminister sagt, was er vorhat!) Aber es ist nicht zielführend, heute eine Art Alibisache zu machen, anstatt die große Chance letzten Freitag in der Hofburg wahrgenommen zu haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.46


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667. Sitzung / Seite 119

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Trunk. – Bitte.

16.46

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Eine kurze Replik auf die Ausführungen des Kollegen Maier. Bei Ihnen bekommt man schon sehr stark den Eindruck, dass Sie in der rhetorischen Auseinandersetzung mit der Aufgabe einer Opposition selbst offensichtlich mittlerweile bald Lust bekommen, als ÖVP in die Opposition zu gehen, denn sonst müssten Sie nicht die SPÖ-Fraktion anagitieren, weil Ihnen nicht einmal mehr der halbe ÖVP-Klub zuhört, nicht einmal mehr körperlich zuhört! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Wo ist Ihr Vorsitzender?)

Ausgezeichnet haben Sie sich nämlich – ich habe mit dem Kuli in der Hand zugehört, um einen Satz mitzuschreiben, der sich substanziell und materiell mit dem Sparkurs der Bundesregierung beschäftigt. Offensichtlich haben Sie ein eklatantes Informationsdefizit und offensichtlich auch keine Meinung. Daher müssen Sie sich 20 Minuten lang Sorgen um die Oppositionsrolle der SPÖ machen. Danke, diese Nachhilfe brauchen wir nicht! Wir schaffen es schon allein. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe.)

Nun zur Sache. Sie können noch so lange, noch so laut, noch so engagiert schreien, Zwischenrufe machen, auch Sie und auch der Herr Staatssekretär werden einsehen und verstehen, dass Folgendes eine klassische Aufgabe der Opposition ist. Eine Bundesregierung plakatiert selbst: Wir lassen uns nicht bremsen! – Das Ziel ist bekannt. Die Meinungen der verschiedenen Parteien dazu auch. Aber Sie haben beschlossen, einen Vollgaskurs zu gehen, diesen Weg dorthin mit Vollgas zu fahren. Jedes Kind – da benenne ich ein Volksschulkind – weiß, was passiert, wenn man ohne Bremse mit Vollgas 280 Stundenkilometer fährt und eine Kurve kommt.

Aufgabe der Opposition und vor allem der Sozialdemokratie ist es, zum Schutz der Umstehenden, nämlich der Bevölkerung, Leitplanken aufzustellen (Beifall bei der SPÖ), die auch den Weg zeichnen. Wenn Sie demokratisch und gescheit genug sind, dann werden Sie sich mit den materiellen Vorschlägen der Opposition auch auseinander setzen. Wenn Sie das nicht tun, ist das Ihre Entscheidung und nicht die Entscheidung der Opposition.

Aber nun zur Situation des Meinungscocktails auf Bundesebene, der Bundesländer und des Bundes. Der Kärntner Karl-Heinz Grasser, Finanzminister, sagt, die Länder werden – ich nenne dieses Wort nicht, denn das klingt zwar rot, aber es ist so blutig, also sie werden "brennen", ich formuliere es charmanter – ebenso wie die Gemeinden beigezogen. Die Länder werden sich unter anderem ihre Theatertempel selbst leisten können. – Das ist einmal das eine.

Es war mir trotz seriöser Arbeit nicht möglich, in Kärnten eine Antwort zu bekommen. Ich habe als Bundesrätin den zuständigen Landeshauptmann angeschrieben, auch den zuständigen Finanzreferenten und ihn um eine Stellungnahme gebeten, um hier die Position Kärntens vertreten zu können. Vielleicht funktionieren Fax, Internet, E-Mail und Post nicht, aber die gelbe Post ist nicht schuld. Also es gibt keine Stellungnahme. Ich verstehe es auch.

Der einzige Finanzreferent eines Bundeslandes, nämlich FPÖ-Finanzreferent Karl Pfeifenberger, sagt – laut Medien – ein bedingungsloses Ja zur Unterstützung des Sparkurses durch das Land Kärnten. Unser Landeshauptmann Jörg Haider sagt zwar nicht nein, aber nachdem Grasser präsentiert hat, was er tun will, hält Haider in Kärnten eine Pressekonferenz ab und spricht ein alternatives Sparbudget und einen alternativen Sparkurs an. – Das heißt, ein Ja des Jörg Haider war nicht zu hören.

Dann forderte Jörg Haider in Anwesenheit der Vizekanzlerin in einer Pressekonferenz in Kärnten: Stopp der Belastung für die Bevölkerung! Österreich ist das viertreichste Land, auch die Bevölkerung soll etwas davon haben.

Letzter Punkt. Natürlich ein Nein zu den Sparvorhaben im Bereich Kunst und Kultur: 40 Millionen weniger für das Stadttheater Klagenfurt. Zu der Sitzung betreffend Theater, bei der ich anwe


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send war, kommt der Herr Landeshauptmann, wir befragen ihn dazu, und er sagt: Blödsinn! Die 40 Millionen wird der Bund uns nicht wegnehmen. Es bleibt alles so wie bisher!

Ich habe jetzt nicht von der Position der SPÖ oder der ÖVP im Lande Kärnten gesprochen. Das war nur einmal ein Blick auf die Meinungsvielfalt der FPÖ im Lande Kärnten. Daher werden Sie verstehen, dass ich hier nicht die Meinung des Landes Kärnten wiedergeben kann, weil der Finanzreferent und der Landeshauptmann eben nicht den gleichen Weg beschreiten, jedenfalls sprachlich nicht.

Aber – das ist gratis für Kollegen Scheuch, Landesgeschäftsführer der FPÖ Kärnten; es gibt dann noch eine Richtigstellung als Nachhilfestunde –: Sie müssten bekommen, das bekommen wir alle, und lesen können wir auch, mit und ohne Brille. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich lasse mir von der FPÖ auch die Farbe Blau nicht nehmen, ich lasse mir gar nichts nehmen von euch. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, zumindest Pfeifenberger und, ich nehme an, auch Scheuch, werden dann sagen, welche Linie der FPÖ in Kärnten sie vertreten, die von Pfeifenberger oder von Haider, oder vielleicht ist auch eine dritte Variante möglich. Sie reden davon, dass das Land Kärnten seinen Beitrag leisten wird. Sie wissen aber nicht und haben nicht nachgelesen, dass in den letzten zehn Jahren im Lande Kärnten, und zwar ohne sozialdemokratischen Landeshauptmann, ohne sozialdemokratischen Finanzreferenten – es gab einen FPÖ/ÖVP-Kurs oder was auch immer, es gab Zernatto und andere; wir reden jetzt vom Finanzreferenten und vom Landeshauptmann (Bundesrat Ing. Scheuch: Unterstützt von der SPÖ!)  –, die Schuldenentwicklung deutlich fortgeschritten ist. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. )  – Wenn man jemandem Nachhilfe geben will, der etwas lernen soll, dann muss man eben so lange warten, bis der Betreffende zuhört. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. )

Die Schuldenentwicklung des Bundeslandes Kärnten in absoluten Beträgen: 1991: 4,5 Milliarden, 2000: 15 Milliarden Schilling. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Was bedeutet das für die Pro-Kopf-Verschuldung der Menschen in Kärnten? – 1991 gab es eine Pro-Kopf-Verschuldung von 8 535,9 S, 2000 eine Pro-Kopf-Verschuldung von 27 600 S! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – ÖVP und FPÖ als Finanzreferent und Landeshauptmann – nein, danke!

Nicht für euch, aber für Herrn Scheuch wiederhole ich: Es gab einen Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung von 8 500 S auf 27 600 S.

Dieses Dreamteam der Finanz- und Regierungspolitik in Kärnten soll jetzt – angesichts dieser Schuldenpolitik der letzten zehn Jahre! – einen offensiven Beitrag zur Entschuldung des Bundes und des Landes leisten? – Ich sage dazu nichts! (Bundesrat Ing. Scheuch: Das ist sehr gescheit!) Sie, Herr Scheuch, werden hier herauskommen und mir eine Antwort geben.

Es gibt allerdings im Lande Kärnten eine einhellige Meinung, keinen Meinungscocktail, aber eine einhellige Meinung, und zwar aller Vertreter aller Gemeinden, und diese Meinung gebe ich hier wieder: Alle Gemeinden, jene, in denen es FPÖ-Bürgermeister gibt, jene, in denen es ÖVP-Bürgermeister gibt, und natürlich auch jene, in denen es SPÖ-Bürgermeister gibt, alle warnen davor, dass die Zahl der Gemeinden, die sich nicht eigenständig erhalten können – mittlerweile 25 bis 50 –, auf weit über 100 ansteigen wird.

Ich erwähne hier das Thema Getränkesteuer. Sie, Herr Scheuch, Ihre Fraktion und die ÖVP, Herr Kollege Gruber, haben vier Monate lang im Kärntner Landtag die Initiative der SPÖ betreffend Bereicherungsverbot verhindert. Letzte Woche haben Sie zugestimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Verzögerung und dann doch Zustimmung, weil sie den Druck der Bevölkerung und der Gemeinden selbst nicht mehr ausgehalten haben! Ich bin nicht so schlitzohrig, Ihnen zu unterstellen, dass Sie nur die Wirtschaftskammerwahlen abgewartet haben. Das kann wohl nicht die Motivation gewesen sein. Das müssen hehrere Motive gewesen sein. (Bundesrat Ing. Scheuch: Übri


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gens hat die SPÖ dem Budget zugestimmt!)  – Trauen Sie sich, melden Sie sich hier zu Wort und reden Sie zum Thema Budgetsanierung, Sparkurs, Vollgas! (Beifall bei der SPÖ.)

Letzter Punkt, nicht nur für jene, die mich als Politikerin kennen: Ich und auch die Sozialdemokraten werden es nicht zulassen, dass wir im sprachlichen Umgang und auch in der optischen Performance so weit gehen, Film- und Romanfiguren als Beispiele aufzugreifen – Beispiele, die man, wenn es nicht Opfer gäbe, als tragikomische Performance abtun könnte und sich nicht weiter dazu äußern müsste. Aber zu einem Finanzminister, der sich auf Hochglanz auf Seite 1 mit der Golden Gun ablichten lässt und James Bond spielt – ich glaube, der junge Karl-Heinz Grasser muss sogar zu wenig Zeit gehabt haben, ins Kino zu gehen, denn sonst müsste er wissen, dass James Bond mit der Lizenz zum Töten ausgestattet ist –, einen Finanzminister, einen der höchsten Repräsentanten der Republik, in der Rolle dieser Symbolfigur werden wir nicht Ja sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Da sagt Kollege Gasteiger schlimmere Dinge hier in diesem Haus! – Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. )

Fürchten Sie sich davor, Ihre Meinung hier zu äußern, Frau Kollegin Haunschmid? – Der Beitrag wäre sehr interessant.

Wir werden gegen eine Form der Verrohung, wie sie durch diese Darstellung symbolisiert wird, energisch auftreten. Wenn nur Medien ihn so darstellen, dann ist das eine Tragödie für den Finanzminister, wenn er sich aber selbst zu dieser Figur äußert und sagt, dass diese Formen der Lösung für ihn Ansätze für seine politischen Lösungen seien, dann sagen wir: Nein! Ich sage das in aller Ernsthaftigkeit.

Die SPÖ-Fraktion bringt daher einen Entschließungsantrag ein. Wenn Sie lachen, so wird Ihnen beim Lachen nach außen in Wirklichkeit das Lachen in der Gurgel stecken bleiben. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Das hätten Sie wohl gerne! – Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. )  – Herr Kollege Scheuch! Sie glauben, wir tappen wieder in die Falle der Täter-Opfer-Verkehrung. Nicht die SPÖ hat sich als James Bond dargestellt, sondern der Herr Finanzminister, angesprochen sind also nicht diejenigen, die sich trauen, das zu kritisieren. (Beifall bei der SPÖ.) Ich hoffe nicht, dass Sie bei Ihren innerparteilichen Querelen James Bond Grasser in die Wege kommen, das würde ich Ihnen nicht gönnen.

Der Entschließungsantrag lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen betreffend Information des Finanzministers

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird aufgefordert sicherzustellen, dass der Bundesminister für Finanzen im Rahmen der Darstellung der Bundesregierung nach außen gemäß Teil 2 Lit. A Z. 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes darauf achtet, dass Dagobert Duck, Sindbad, der Seeräuber, Mowgli, Duffy Duck, Jeannie und James Bond fiktive Figuren sind.

Bei einer Orientierung an diesen Figuren beziehungsweise daher auch an ihren Erfolgen sei daher bei der Erstellung des österreichischen Bundeshaushaltsplanes zu beachten, dass es sich hiebei um fiktive Erfolge handelt."

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

16.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Professor Böhm hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.


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17.00

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich kann mich sehr kurz fassen: Ich stehe auf dem Standpunkt, dass das kein zulässiger Gegenstand eines Entschließungsantrages ist. Ich betrachte es eigentlich als eine Verspottung des Hohen Hauses. – Das ist meine persönliche Wertung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jedenfalls handelt es sich um keinen Gegenstand der Vollziehung, was hier zum Gegenstand eines Entschließungsantrages gemacht wurde. Ich schlage daher vor, dass wir eine Präsidiale einberufen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich unterbreche die Sitzung zur Abhaltung einer Präsidiale. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wie lange die Sitzung unterbrochen sein wird. Ich bitte Sie, sich bereitzuhalten. Es wird eingeläutet werden.

(Die Sitzung wird um 17.01 Uhr unterbrochen und um 17.44 Uhr wieder aufgenommen. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Meier zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.

17.44

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Es geht hier darum, wie das Programm des Sparens umgesetzt wird. Es wurde auch hier schon des Öfteren bestätigt, dass auch die sozialdemokratische Fraktion und Partei weiß, dass wir sparen müssen und uns Ziele setzen sollen. Wenn wir das sagen, dann schaut es so aus, als seien wir 100-prozentig mit dem einverstanden, was die Regierung vorschlägt. Sagen wir das nicht, dann sagt man gleich, wir sind gegen das Sparen. Ich habe diese Situation zum besseren Verständnis geschildert.

Ich meine halt, dass es auch bei einem gemeinsamen Ziel verschiedene Wege gibt, dieses Ziel zu erreichen. Herr Bundesrat Dr. Maier hat in seiner emotionalen Rede gesagt: Wir können Ihnen auf gewisse Fragen noch keine Antworten geben! – Das ist richtig, Herr Staatssekretär Finz, auch Sie können noch nicht alle Fragen beantworten, und das ist zum Beispiel ein Problem, das wir aufwerfen.

Es gibt zweifellos den Beginn einer Diskussion. Regierungsparteien oder einzelne Minister machen irgendeinen Vorschlag, und dann steht er natürlich im Raum, und er steht auch in der Presse. Ich will nicht beurteilen, ob das richtig ist, was die Presse schreibt, oder nicht, aber der Vorschlag wird jedenfalls bekannt. Dann nimmt man natürlich dazu Stellung, und dann kommt es zu Diskussionen. Wartet man das Ergebnis ab, dann ist die Zeit der Diskussion abgelaufen. Beginnt man aber vorher mit der Diskussion, dann heißt es, es ist zu früh, weil das Ergebnis noch nicht vorliegt. – Ich bitte um Verständnis für das Anliegen einer Oppositionspartei, in diese Diskussion einzutreten und an ihr teilhaben zu dürfen!

Was nun das Sparprogramm als solches anlangt, so betrifft es natürlich neben dem Bund auch die Länder und die Gemeinden. Wir haben gerade heute wieder, zu Beginn der Debatte, über den Föderalismus diskutiert, über Reformen, die es auf diesem Gebiete geben muss. Es ist richtig, dass solche Reformen institutionelle, verfassungsmäßige Änderungen beinhalten können. Aber sicherlich sind die Finanzen der verschiedenen Ebenen in unserem Staate und deren Finanzierung auch ein ganz wichtiges Problem. Wenn man also spart und auch der Ebene der Länder und Gemeinden Finanzkraft wegnimmt – denn das heißt Sparen –, dann betrifft es diese Ebene auch.

Wenn es Kritik gegen vorgeschlagene Sparmaßnahmen gibt, dann kommt diese Kritik, meine Damen und Herren, Herr Staatssekretär, nicht nur von der aus Ihrer Sicht – ich sage es unter


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Anführungszeichen – "bösen Opposition", sondern von vielen Schichten in unserem Lande! Ich brauche diverse Aussagen von verschiedenen Landeshauptmännern und Landeshauptfrauen nicht zu zitieren und möchte auch dahin gestellt sein lassen, ob das in der Steiermark vielleicht auch nur deswegen gesagt wird, weil im Oktober Landtagswahlen sind. Tatsächlich hat auch Frau Landeshauptmann Klasnic gesagt, es seien "einseitige Belastungen" und "ein bloßes Abwälzen von Aufgaben". – Soweit ihre Aussage zur Steiermark.

Wenn man nun spart, Herr Staatssekretär, dann muss irgendjemand weniger Geld bekommen. Derzeit stehen 15, 20 oder 25 Milliarden Schilling im Raum, und es wird bei den Lehrern und auch bei den Pensionisten gespart. Denn wenn wir eine Pensionsreform machen, bekommt irgendjemand weniger Geld! Wir können nicht sagen, wir sparen, aber es betrifft niemanden. Daher betreffen diese Sparmaßnahmen natürlich auch die Länder.

Was heißt das? – Das heißt, dass da oder dort eine Straße nicht gebaut werden wird. Gerade unser steirischer Minister Michael Schmid hat eigentlich einen Schlussstrich unter den Semmeringtunnel und einen Schlussstrich unter die Ennstrasse gezogen. Wenn aber dort nicht gebaut wird – damit wird natürlich gespart –, dann verdient die Baufirma nichts, der Planer nichts und der betreffende Arbeiter nichts. Der Gastwirt, bei dem die Arbeiter während der Bauzeit wohnen, verdient nichts, und auch die anderen Geschäfte leiden.

Man muss bei all diesem Sparen auch die gesamten Folgemaßnahmen in Betracht ziehen. Das Sparen ist ein hehres Ziel und sehr wichtig. Ich habe mein ganzes Leben lang gespart. Gott sei Dank war ich nie so arm, dass ich dadurch wirklich hungern musste.

Was heißt das nun bei den Lehrern und bei den Pflichtschulen? – Herr Staatssekretär! Sie haben so quasi gesagt, der Bund zahlt, und die Länder schaffen an. – Erstens wissen wir, wie seinerzeit diese Bezahlung durch den Bund zu Stande gekommen ist. Es gab unterschiedlichste Lehrerbesoldungen, zum Beispiel in den dreißiger Jahren, und später ist sogar eine Biersteuer eingeführt worden, und bei jedem Biertisch mussten sich die Lehrer sagen lassen: Bei der Halben, die ich jetzt trinke, zahle ich für dich ein bisschen mit! – Man wollte im ganzen Land ein einheitliches Besoldungsschema für die Lehrer erwirken, und dazu ist es dann auch gekommen.

Aber jetzt zu sagen, die Lehrer werden, weil sie Landeslehrer sind – ich spreche von den Pflichtschullehrern –, einfach von den Ländern bezahlt, ohne dass die Länder irgendein Äquivalent dafür bekommen, das geht einfach nicht! Herr Staatssekretär! Es ist nicht so, dass die Länder willkürlich Lehrer anstellen, sondern es gibt ein Bundeskontingent, und das geht nach den Schülerzahlen. Es ist genauso, wie Sie, so glaube ich, gesagt haben: Jedes Bundesland bekommt soundso viel Kontingent, vom Land wird das aufgeteilt auf die Bezirke, und der Bezirk teilt es wiederum auf die Schulen auf. Es ist nicht so, dass da wahllos Lehrer angestellt werden, und jeder tut, was er will!

Wenn die Lehrer also von den Ländern bezahlt werden sollen, dann ist es wohl eine berechtigte Forderung der Länder, wenn sie sagen: An Getränkesteuer bekommen wir jetzt ein bisschen weniger, das Äquivalent ist nicht so viel, wie wir vorher an Getränkesteuer eingenommen haben; dort bekommen wir weniger, und da bekommen wir weniger. – Unsere Forderung, darüber nachzudenken, wie diese Finanzierung in einer Sparperiode durchgeführt werden kann, ist sicherlich wichtig.

Wir können die verschiedensten Beispiele anführen, etwa die Bereiche Bildung oder Infrastruktur. Die Wohnbauförderung ist das nächste Thema. Ich gestehe zu – das bestätigen mir auch viele – dass der Wohnbau nicht mehr überall in der gleichen Form notwendig ist. (Bundesrat Dr. d′Aron: Stimmt!) Aber das hängt auch von den verschiedenen Gebieten ab. Es mag Gebiete geben, in denen der Wohnbau noch sehr wichtig ist, aber anderswo gibt es bereits einen gewissen Sättigungsgrad. Dass wir nicht auf Null kommen können, sehen wir, so glaube ich, alle ein; das betrifft auch die Althaussanierung. Man kann also, wie ich meine, nicht sagen, man kürzt die Wohnbauförderung generell, sondern es muss Programme geben, bei denen man auf der Grundlage von konkreten Zahlen sagt: Dort fördern wir vielleicht weniger, aber da nicht.


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Ich bringe jetzt ein Beispiel aus der Steiermark, das von den Finanzen her gar kein großes ist, und zwar geht es um die Bezirksgerichte. Es sollen nun zehn steirische Bezirksgerichte geschlossen werden. Die Debatte darüber haben wir schon oft geführt, und es wurde gesagt, an diesem oder jenem Gericht hat der Richter nur zwei Tage in der Woche etwas zu tun. Ich habe mit einzelnen Richtern gesprochen. Der Richter und der Mitarbeiter, den er dort hat, sagen, das stimmt nicht. Also bitte prüfen Sie das! Legen Sie konkrete Unterlagen vor, die belegen: Auf dem Bezirksgericht Soundso hat der Richter überhaupt nichts mehr zu tun!

Es heißt, die Gerichte in Gröbming, Irdning, Rottenmann, Eisenerz, Mariazell, Oberwölz, Neumarkt, Birkfeld, Wildon und Mureck müssen geschlossen werden. – Ich bin wirklich neugierig, sehr geehrte Damen und Herren der FPÖ-Fraktion, die Sie wissen, dass Herr Dr. Tremmel ein vehementer Verfechter des Nichtschließens oder der Nichtzusammenlegung war, wie Sie diesbezüglich vorgehen werden. Wir haben des Öfteren mit ihm darüber gesprochen. Er hat gesagt: Bitte schön, helft mir da! – Ich habe geantwortet, ja, dort, wo es gerechtfertigt ist! – Jetzt höre ich aber, dass die FPÖ insgesamt, auch Michael Schmid, ohnehin wieder das Gegenteil von dem sagt, was der Justizminister meint.

Ich wollte an diesem Beispiel aufzeigen, wie schwierig es manchmal ist, zu einem vernünftigen, dazwischen liegenden Ergebnis zu kommen, das sowohl den Spargedanken beinhaltet, gleichzeitig aber andere wichtige Interessen nicht verletzt.

Oder: Sparen bei der Flugrettung. Wo man sparen kann, dort sollte man es tun; dieser Grundsatz gilt auch für die Flugrettung. Ich spreche jetzt wieder von meinem Bezirk. Dort gibt es den Stützpunkt in Aigen im Ennstal, ein Militärflughafen. Es gibt in diesem Gebiet sehr viele Unfälle, etwa aus der Dachstein-Tauern-Region. Es gibt zahlreiche Skiunfälle, leider auch viele Verkehrsunfälle. (Zwischenruf bei der ÖVP.)  – Ja ja, alles Mögliche.

Es hat bisher eigentlich bestens funktioniert, weil die Soldaten dort im Einsatz sind, und die Hubschrauber sind auch vorhanden. Dass wir Hubschrauber brauchen, die zeitgemäß und einsatzbereit sind, ist auch klar. Woanders mag vielleicht eine andere Organisation die Flugrettung übernehmen. Speziell dort würde ich aber meinen, dass es besser ist, wenn das Bundesheer die Rettungsflüge macht, wer immer das nun bezahlt. Auch die Einnahmen daraus kommen dem Bundesheer zu, damit ist erstens die Auslastung gegeben, und zweitens hat das Bundesheer sozusagen eine Einnahme aus dem Einsatz des Hubschraubers. Das könnte auch gleichzeitig ein Übungsflug sein.

So wie diese gäbe es eine ganze Reihe von Fragen, die man hier anführen müsste. Sparen wir nicht so, dass wir generell alles über einen Kamm scheren! Sparen wir nicht in allen Gebieten gleichmäßig, sondern punktuell! Sparen wir aber auch nicht so, dass wir damit ganze Regionen wirtschaftlich belasten! Denn wo gespart wird, gibt es weniger Investitionen, und der Kreislauf des Geldes versiegt allmählich. Gerade das Kleingewerbe, die kleineren und mittleren Unternehmen leiden besonders darunter. Dann würde auch der letzte Greißler, den wir noch nicht verloren haben – auch in größeren Orten sind sie schon verschwunden –, durch die Kaufkraftschwächung, die durch das Sparen entsteht, schließen müssen.

All das wollen wir nicht. Das haben, wie ich meine, auch die Landeshauptleute ausgedrückt, und das wollen auch wir Sozialdemokraten hier ganz deutlich sagen. Daher ist es wirklich wichtig, dass man trotz aller Meinungsverschiedenheiten einen möglichst gemeinsamen konsensualen Weg findet, um dieses Problem auf nationaler Ebene im weitesten Sinne zu lösen.

Wir werden die Landeshauptleute natürlich im Auge behalten, um zu sehen, wie Sie dabei vorgehen, genauso, wie wir Herrn Neugebauer dahin gehend beobachten werden, wie er seine Haltung als Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst weiterverfolgt.

Wir Sozialdemokraten werden das Ziel, einen möglichst gerechten Ausgleich beim Sparen zu finden, weiter vertreten. Auch wenn man bei den Pensionen und bei anderen Dingen spart, gibt es doch immer verschiedene Wege. Wir Sozialdemokraten haben einen etwas anderen Weg im Auge, als ihn diese Regierung derzeit vorgibt, meine Damen und Herren! Das wollen wir hier in aller Deutlichkeit ausdrücken.


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Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag und mit einigen Beispielen veranschaulichen konnte, worum es uns dabei geht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grillenberger. – Bitte.

17.57

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Als Burgenländer tue ich mir heute natürlich leicht, weil unser Landeshauptmann heute da war, und er hat hier seine Ziele und Vorstellungen zum Sparen schon ganz klar artikuliert. Er bekennt sich zum Sparen, und auch ich persönlich bekenne mich zum Sparen. Es ist tatsächlich notwendig. (Bundesrat Schaufler: Freut mich!)

Herr Kollege!  Ich lade dich einmal in meine Gemeinde ein –  ich sage das jetzt als Bürgermeister –, und dann können wir uns einmal die Gemeindefinanzen anschauen. Ich halte es mit dem Sparen genauso, und ich glaube, es ist notwendig. (Bundesrat Schaufler: Das freut mich!)  – Ja, wirklich. Es ist so. Man muss das einmal laut und deutlich sagen: So kann es nicht weitergehen!

Wobei ich aber meine Bedenken habe, ist Ihre Vorgangsweise, die Art, wie man derzeit ein Ziel verfolgt und wie man an das Ziel kommt. Diesbezüglich, so finde ich, muss man ein bisschen klarere Vorstellungen haben. Derzeit gibt es fast täglich andere Ankündigungen, und die Sparziele werden immer nur beziffert – 15 Milliarden Schilling, 7 Milliarden Schilling, 3,5 Milliarden Schilling –, aber es wird nicht definitiv erklärt, wo das eingespart werden soll. Das sollten wir einmal ganz klar ausverhandeln. Dazu gibt es die Finanzausgleichsverhandlungen.

Zum Finanzausgleich: Viele Bürgermeister, die Länder, wir alle hoffen, dass der Finanzausgleich gut verhandelt und paktiert wird, damit ein gerechter Ausgleich erfolgt. Ich sage das als Burgenländer, aber ich sage auch dazu, das Ost-West-Gefälle ist schon ganz schön in der Waage. Darüber sind wir uns, so glaube ich, alle einig. Ich weiß, wie schwierig es ist, irgendjemandem etwas wegzunehmen und es bei anderen dazuzulegen, aber ich glaube, das Ost-West-Gefälle ist nach wie vor bei allen Finanzausgleichsverhandlungen immer das Gleiche.

Bezüglich der Besitzer von Zweitwohnungen brauche ich wohl nicht zu erklären, welche Probleme das mit sich bringt. Die Volkszählung steht ins Haus. Die Gemeinden bemühen sich um die Einwohnerzahl. Manche machen das mit großem Eifer bis hin zum Übereifer, damit sie im Finanzausgleich besser abschneiden. Das ist meiner Meinung nach immer legitim. Ich bin allerdings auch davon überzeugt, dass auch die Gemeinden einen Beitrag leisten müssen.

Aber ich möchte feststellen, ich habe schon manchmal – das sage ich jetzt wieder als Bürgermeister – bei den Ertragsanteilen 50 Prozent Abzüge, weil alles andere schon vergeben, verpflastert ist. Wenn sich das jetzt noch weiter reduziert und ändert, dann weiß ich nicht, wie wir weiter vorgehen sollen. Die Gemeinden müssen bei etlichen Dingen zuschießen, die wir vor etlichen Jahren – ich bin schon lange in der Kommunalpolitik – noch nicht gehabt haben. (Bundesrat Meier: Sozialhilfeverband!) – Ja, Sozialhilfeverbände, aber auch viele andere Dinge, Krankenhaus, Krankenhausbeiträge et cetera, der Rettungsschilling und und und. Ich könnte jetzt noch und noch Beispiele dafür aufzählen, was uns als Gemeinden zusätzlich belastet.

Wo ist jetzt der soziale Ausgleich? – Auch jede Gemeinde versucht natürlich, einen sozialen Ausgleich, zumindest irgendwie, zu Stande zu bringen. Ich habe heute während der Unterbrechung schon kurz darüber diskutiert. Wenn man etwa den Kindergartenbeitrag – im Burgenland wird er von den Gemeinden noch eingehoben, da die Gemeinden der Erhalter sind – zu 100 Prozent einheben will, gäbe es – davon bin ich überzeugt – keine Kinder im Kindergarten, weil das so teuer wäre, dass es sich niemand mehr leisten kann. Wird er zu 100 Prozent eingehoben und gleichzeitig damit der Kinderbeitrag, in welcher Form auch immer, als Zuschuss eingeführt, dann stecken wir damit Geld aus einem Sack in den anderen.


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So sollte es nicht sein! Wir sollten das klar aussprechen, klar ausverhandeln. (Präsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Als Burgenländer möchte ich erwähnen, dass wir, wie heute schon der Landeshauptmann gesagt hat, die erste Periode der Ziel-1-Förderung hinter uns haben – die zweite steht vor uns. Das Land Burgenland hat hiebei kofinanziert. Nutznießer ist auch der Staat durch die Steuern. Das muss man ganz offen und ehrlich zugeben. Nun steht also die zweite Periode vor der Tür, und jetzt soll man sparen und reduzieren. Ob dass dann in der geplanten Art und Weise noch kofinanziert werden kann, weiß ich nicht. Ich glaube, diese Dinge sollte man klar ausverhandeln, nicht jeden Tag mit neuen Meldungen an die Öffentlichkeit treten und damit noch mehr verunsichern. Vernünftig verhandeln, Vorschläge machen und dann konstruktiv zusammenarbeiten – so, glaube ich, sollten wir mithelfen, den Staatshaushalt zu sanieren.

Ich weiß, andere Länder stehen vor dem gleichen Problem, es sind zwar nicht mehr viele, aber wir sind darunter. Die anderen machen das aber nicht in solch einer kurzen Zeit und Form, wie es uns der Herr Staatssekretär gerade mitgeteilt hat. (Bundesrat Meier: Finnland hat höhere und andere Steuern, wie wir wissen!) Sie haben früher angefangen. Aber manche hören später auf: Ich weiß, dass es etwa Deutschland einmal bis zum Jahre 2006 machen will. Man sollte meiner Ansicht nach eher so eine Lösung anstreben, anstatt das Ganze auch noch mit einer Schockwirkung zu forcieren.

Das sind meine Bedenken, die ich auch für unser Land, das Burgenland, äußere. Ansonsten bin ich dafür, dass man den Haushalt vernünftig und sparsam führt. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile ihm dieses.

18.02

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich kann mich grundsätzlich den Aussagen meines Vorredners im Zusammenhang mit dem Spargedanken anschließen, möchte allerdings auch als Gemeindevertreter noch hinzufügen, dass gerade in den letzten Monaten und Jahren viele umfangreiche Aufgaben auf die Gemeinden zugekommen sind, die wir auch finanzieren mussten. In diesem Zusammenhang sei nur etwa auf den Bereich der EDV verwiesen.

Die Marktgemeinde Traisen mit einem Budget in der Höhe von rund 65 Millionen Schilling hat in den letzten Jahren mehr als 15 Prozent davon in diese EDV investiert. Herr Staatssekretär! Ich lade Sie ein, wenn Sie einmal Zeit haben: http://www.traisen.com ist wahrscheinlich – zumindest in dieser Größenordnung – eine der besten Homepages, die es in Österreich für eine Gemeinde mit knapp 4 000 Einwohnern gibt. Das heißt, die Gemeinden haben in den letzten Jahren sehr viel investiert, es wurden umfangreichere Leistungen für unsere Bevölkerung angeboten, obwohl, auch auf Grund dessen, was Kollege Grillenberger bereits gesagt hat, permanent gespart werden musste.

Wovor ich jetzt in Zusammenhang mit der Ankündigung seitens des Herrn Finanzministers Angst habe, ist, dass es bei diesem Sparen nicht um eine ausgewogene Zielsetzung, die sozial und gerecht ist, geht. Herr Staatssekretär! Es ist schlussendlich auch eine Frage, wie wir in Zukunft mit der Jugend umgehen. In diesem Zusammenhang nur ein Beispiel: Niederösterreich finanziert pro Jahr rund 20 000 Einheiten, die mit Wohnbauförderungsmitteln gefördert und gestützt werden. Eine Jungfamilie in Niederösterreich bekommt derzeit rund 400 000 S an Förderung. Würden diese Wohnbauförderungsmittel gekürzt, hieße das entweder weniger Förderung um diesen Prozentsatz oder eine längere Wartezeit.

Familien mit einem Kind erhalten zurzeit 330 000 S Förderung beim Bau eines Eigenheims – die Konsequenzen wären hier gleich: entweder weniger Förderung oder längere Wartezeiten.


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Niederösterreich fördert und baut nicht nur Eigenheime, sondern auch im großvolumigen Wohnbau und im Bereich der Althaussanierung. In diesem Bereich stünden wir ebenfalls vor der gleichen Problematik.

Zurzeit wird in Niederösterreich eine Mietwohnung mit rund 65 bis 80 S Miete pro Quadratmeter finanziert. Sollten die Wohnbauförderungsmittel gekürzt werden, hieße das eine dementsprechende Verteuerung der Mietkosten. – 1 Milliarde Schilling weniger an Wohnbauförderung in Niederösterreich würde bedeuten, dass dadurch rund 3,6 Milliarden Schilling Bauvolumen verloren gehen, was in Summe rund 6 500 Arbeitsplätze in Niederösterreich entspricht. Ich hoffe, dass die gute wirtschaftliche Lage, die Sie auch selbst angesprochen haben, in diesem Bereich nicht in Gefahr kommt, da die Bautätigkeit im Wohnbau eine der wesentlichsten Materien ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich folgenden Antrag zur Verlesung bringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vorbilder der Finanzpolitik

Der Bundesminister für Finanzen, Mag. Karl-Heinz Grasser, nimmt zunehmend auf die Agentenfigur "James Bond" Bezug und erklärte in einem Zeitungsinterview, "James Bond gewinnt auch immer am Ende."

James Bond wird als smarter, weltgewandter Agent dargestellt, der bei Frauen großen Erfolg hat und nebenbei seine Gegner besiegt. Für die Erstellung des österreichischen Budgets scheint die Bezugnahme auf diese Roman- und Filmfigur jedoch außerordentlich problematisch zu sein.

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, bei der öffentlichen Darstellung seiner Finanzpolitik nicht eine fiktive Gestalt wie James Bond als Vorbild anzuführen, die auf Grund ihrer unseriösen und brutalen Vorgangsweise denkbar ungeeignet ist, ein Modell für eine konsensuale und demokratische Budgetpolitik darzustellen."

*****

Gleichzeitig teile ich mit, dass der von Frau Bundesrätin Melitta Trunk eingebrachte Antrag derselben Antragsteller zu Gunsten dieses Antrages zurückgezogen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich hoffe, dass die Staatsfinanzen Österreichs nicht allein am Wohnbau hängen bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08

Präsident Johann Payer: Der von den Bundesräten Professor Albrecht Konecny und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Vorbilder der Finanzpolitik ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner. Ich erteile ihm dieses.

18.08

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vom Film zurück zur Realität in den Gemeinden und Ländern. Tatsache ist, dass es mit den finanziellen Möglichkeiten in fast allen Gemeinden


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immer schwieriger und enger wird. Es gibt wenige, die Rücklagen bilden oder sich noch rühren können. Der Großteil der Gemeinden wird mit den Aufgaben kaum mehr fertig. Es ist daher ein Anliegen, festzuhalten, dass man bei Aufgabenverlagerungen vom Bund ans Land beziehungsweise an die Gemeinden daran denken sollte, dass diese Verlagerungen Kostensteigerungen für die Gemeinden verursachen und dass man damit schon an die Grenze der Belastbarkeit geht.

Man muss auch erwähnen, dass die Getränkesteuerersatzlösung den Gemeinden nicht das gebracht hat, was man erwartet hat. Wir haben zwar befürchtet, dass es so ausgehen wird, aber es sind gewaltige Lücken offen geblieben, und wir fürchten alle miteinander, dass das, was sich in der Frage der Rückzahlungen tun kann, eventuell zum Tragen kommt und damit in den Haushalten finanzielle Löcher entstehen, die überhaupt nicht mehr abzudecken sind. Daher kann nur die Bitte geäußert werden, alles daranzusetzen, dass es zu keiner Rückzahlung der Getränkesteuer kommt, weil das die Gemeinden wirklich völlig ruinieren würde. – Das ist das eine.

Außerdem hat auch Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer als Finanzreferent von Oberösterreich zum Ausdruck gebracht, dass es notwendig ist zu sparen. Wir sind uns auch in den Gemeinden dessen bewusst, dass es nicht anders geht – und wir tun das auch schon seit Jahren, weil wir eben beengte finanzielle Möglichkeiten haben. Ich gebe dem Herrn Landeshauptmann jedoch darin Recht, dass dieses Sparen mit Augenmaß erfolgen muss und dass man immer daran denken muss, jedem, dem man etwas überträgt, auch von der finanziellen Seite her die Sicherheit zu geben, dass er sich noch "rühren" kann.

Damit bin ich wieder genau dort, wo ich vorhin aufgehört habe, nämlich bei der Getränkesteuer: Wenn es tatsächlich zu Rückzahlungen kommt, dann ist das das Aus für die Gemeindearbeit!

Eine Bemerkung darf ich noch hinzufügen, Herr Staatssekretär: Wir sind uns natürlich dessen bewusst, dass gespart werden muss – das geht allen so, das ist für alle klar. Ich darf wiederholen, dass es nichts Neues ist, dass gespart wird – aber mit Augenmaß und mit dem Gespür dafür, dass man, wenn man eine Aufgabe überträgt, darauf bedacht sein muss, dass die Gemeinden, wenn sie die Letzten sind, die in diesem Glied dann aushalten müssen, das auch verkraften können müssen – es gibt dort Bürger, die auch schon an die Grenzen der Belastbarkeit gekommen sind.

Leider ist es so, dass die Wünsche und Erwartungen von Gemeinde zu Gemeinde und von Land zu Land unterschiedlich sind. Man muss oft sagen, dass es sich aus finanziellen Gründen nicht durchführen lässt, und dann kommt häufig die Bemerkung der Bürger: Warum geht es dort, warum geht es bei euch nicht? – All das sind Dinge, die man überlegen sollte.

Es ist heute schon angeklungen – auch das soll nochmals festgestellt werden –, dass wir zwar zum Beispiel für die Krankenhäuser Sprengelbeiträge leisten oder auch – darauf sind wir sehr stolz – im Bereich der Sozialhilfe-Verbände mit den Altenheimen, mit den Pflegeheimen viel tun konnten, dass wir aber, wenn wir in Zukunft nicht mehr in der Lage sind, soziale Dienste, Hauskrankenpflege, "Essen auf Rädern" und Ähnliches mit freiwilligen Kräften aufrechterhalten zu können – dazu braucht man Zivildiener, das möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal unterstreichen –, dieses Angebot nicht weiter leisten werden können. Dann müssen wir nämlich die Pflegeheime und die Sozialdienststellen personell entsprechend ausstatten – das ist aber eine Kostenbelastung, die niemand mehr tragen kann!

Vergessen wir also bei all den Überlegungen, die hier getroffen werden, bitte nicht, dass die Zivildiener nicht irgendein lästiges Anhängsel, sondern sehr wichtig in der Abwicklung solcher Leistungen sind!

Herr Staatssekretär! Ich weiß, dass Sie sich jetzt wahrscheinlich als Klagemauer fühlen, aber das soll nicht so verstanden werden. Das sind unsere ehrlichen Bedenken, die wir als die Vertreter in den Ländern und Gemeinden haben, und diese sollen auch zum Ausdruck gebracht werden. Wenn Sie es nicht erfahren, tun Sie sich schwer, sich darauf einzustellen.


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667. Sitzung / Seite 129

Wir erwarten Ihre Unterstützung, denn anders kann dieses Problem nicht gelöst werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

18.13


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 130

Präsident Johann Payer:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Klaus Gasteiger. Ich erteile ihm dieses.

18.13

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Tirol sagt nein zum Belastungspaket in dieser Form. (Bundesrätin Haunschmid: Ganz Tirol?)  – Tirol! Ich bin Tiroler: ich sage nein! (Bundesrat Grissemann: Ihr seid nur 20 Prozent in Tirol!)  – Auch Tirol, geschätzter Freund Grissemann! Tirol sagt nein zum Belastungspaket in dieser Form. Ich hoffe, meine Kollegin und meine Kollegen aus Tirol, geschätzter Kollege Grissemann, sagen ebenfalls nein zum Belastungspaket in dieser Form. (Bundesrat Meier: Er ist für das Belastungspaket!)

Ein paar Schlagworte dazu (der Redner hält einen Zeitungsausschnitt hoch): Die Getränkesteuer kostete Tirol rund 800 Millionen Schilling! – Frau Kollegin Haunschmid! Ich verweise jetzt nicht auf die in Oberösterreich durchgeführte Untersuchung, in der 71 Prozent der 325 untersuchten Gastronomiebetriebe angaben, keine Preisveränderung vorgenommen zu haben.

Auch bei den anderen Schlagworten ist es so: Der Abbau der Beamten wird natürlich – das ist ganz logisch! – auch das Bundesland Tirol treffen und ohnehin einige hundert Millionen Schilling kosten, ebenso der Verkauf der landeseigenen Liegenschaften beziehungsweise – wie in jüngster Vergangenheit in den Medien gefordert – jener landeseigenen Beteiligungen, die nicht defizitär sind, wie die Tiroler Wasserkraftwerke, die Beteiligung an der Hypo – sie alle schreiben positive Zahlen. Das würde auch einiges kosten: 1,2 Milliarden Schilling, geschätzte Damen und Herren, Herr Staatssekretär, für das Bundesland Tirol wäre der Grassersche Plan.

All das bei einer prognostizierten Entwicklung des Tiroler Schuldenstandes von 2,56 Prozent im Jahre 2000! – Diese 2,56 Prozent bedeuten im Ranking der österreichischen Bundesländer die vorletzte Stelle hinter Vorarlberg – das heißt, wir sind eigentlich bei den Spitzenreitern! –, und diese 2,56 Prozent seien das Ergebnis einer ÖVP/SPÖ-Landesregierung, welche einstimmige – ebenso wie auch in den letzten 13 Jahren in der Bundesregierung – Beschlüsse fassen muss, um ihr Budget durchzubringen.

Eine Schlagzeile in der "Tiroler Tageszeitung" von gestern beziehungsweise heute lautete: Weingartner lässt ein paar hundert Millionen Schilling einsparen! – Ein paar hundert Millionen Schilling, geschätzte Damen und Herren, kann man sich, so die Finanzexperten unseres Landes, vorstellen, aber keine 1,2 Milliarden! Dies kann man sich deshalb schon gar nicht vorstellen, wenn in derselben Zeitung ein paar Lettern weiter steht: Gehrer kann nicht 6 Milliarden Schilling einsparen! Finanzminister Karl-Heinz Grasser verlangt Einsparungen von 6 Milliarden Schilling in ihrem Bereich, die sie allerdings nicht aufbringen kann, nur 2,8 bis 3 Milliarden Schilling.

Geschätzte Damen und Herren! Natürlich soll man sich Ziele setzen, das ist keine Frage, aber man darf sich diese Ziele nicht zu hoch setzen, denn wie es mit dem Fuchs und den Trauben ist, wissen wir, so glaube ich, alle.

Abschließend erlaube ich mir, kurz aus einer Aussendung zu zitieren, Herr Präsident: "In diesem Zusammenhang müsse aber auch festgestellt werden, dass es sich dabei um das ,Geld der Bürger‘ handle. Mit diesem würden wichtige Aufgaben erfüllt – etwa in Bezug auf Krankenhäuser, Sozialleistungen und Schulen. Die Länder verteidigten somit das ,Geld der Bürger‘ und nicht ,eigene Besitzstände‘." – Eine Aussendung unseres geschätzten Herrn Landeshauptmannes in der APA vom 11. Juli 2000.

Deshalb fordere ich Sie, Kollege Grissemann, und die anderen Tiroler Bundesrätinnen und Bundesräte auf, nein zu sagen zum Belastungspaket in dieser Form und in dieser Höhe für unser Bundesland Tirol. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.18

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile ihr dieses.

18.18

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gibt wieder einmal etwas Neues in dieser Bundesregierung: Der Finanzminister lässt den Ländern beziehungsweise den Landeshauptleuten – egal welcher Couleur – über die Medien Veränderungen an dem mit dem Bund vereinbarten Stabilitätspakt ausrichten. Das ist neuerlich ein Beispiel für den neuen Stil.

Wir haben gestern in der "ZiB 2" zu diesem Thema folgende Stellungnahmen gehört: Landeshauptmann Pühringer spricht von "Opferlämmern, die auf dem Bundesaltar ... geschlachtet werden", Landeshauptmann Pröll von der "Pistole auf dem Tisch" und Landeshauptmann und Bürgermeister Dr. Häupl von einem "Crash-Kurs gegen die gute Konjunktur und gegen die kleinen Leute". (Bundesrat Wolfinger: Zitieren Sie vollständig!)  – Ich habe das in Schlagworten zusammengefasst. (Bundesrat Wolfinger: Das habe ich gehört!)  – Ja, genau.

Wien – ich spreche jetzt für Wien – trägt einen Länderanteil in der Höhe von 23 Prozent, und das ist bei einem geforderten Solidaritätsbeitrag von 15 Milliarden Schilling nicht gerade unerheblich. Wien hat im Vorjahr 46 Milliarden an nachhaltig wirksamen Ausgaben getätigt. Wenn diese nun halbiert werden müssten, dann bedeutete dies eine Gefährdung von 25 000 Arbeitsplätzen. Wir wissen, davon wären auch sehr viele Frauen betroffen, weil Wien das Bundesland mit dem größten Anteil erwerbstätiger, aber auch allein erziehender Frauen ist. Zudem gibt es keine Kinderbetreuungsmilliarde mehr, und viele Wiener Fraueneinrichtungen wären in ihrem Weiterbestehen gefährdet.

Wesentliche Einschränkungen im Bereich der Wohnbauförderung würden nicht nur den Wohnungsneubau und die Wohnungssanierung beträchtlich kürzen, sondern auch die Lebensqualität, besonders der jungen Menschen, beeinträchtigen. Wir haben heute schon mehrfach gehört, wie wichtig uns die jungen Menschen und deren Lebensqualität sind. Jetzt aber – das möchte ich schon sagen – haben Sie ein bisschen auf die jungen Menschen vergessen. Sie hätten nämlich bei einem wesentlich geringeren Angebot – in Wien wären das 1 000 statt 6 000 pro Jahr – noch wesentlich höhere Mieten zu bezahlen, wenn diese Einsparung im Bereich der Wohnbauförderung zum Tragen käme.

Die Liste der Verschlechterungen und Beeinträchtigungen ließe sich leider noch weiter fortsetzen. Ich will das aber nicht tun; es ist heute schon sehr vieles genannt worden. Ich meine nur, der Finanzminister versucht, seine politische Verantwortung auf die Länder und die Gemeinden abzuwälzen. Ich stelle jetzt als Vertreterin des Bundeslandes Wien fest, dass Wien bereit ist, über einen Solidaritätsbeitrag zu verhandeln. Wien steht aber nicht dafür zur Verfügung, Einsparungen zu Lasten der Wienerinnen und Wiener mitzutragen, wenn gleichzeitig die Bundesregierung Geschenke an Arbeitgeber, Bauern, Familien, Militär und so weiter verteilt.

Unser Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei, Herr Dr. Gusenbauer, hat gestern gesagt – das können Sie überall nachlesen –: Ich kann nicht mit dem Schulden-Reduzieren beginnen, indem ich zuallererst einen Porsche kaufe. – Zu dem stehen wir. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz. – Bitte.

18.22

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich begrüße zunächst einmal das heute auch von den Sozialdemokraten ausdrücklich zum Ausdruck gebrachte Bekenntnis zur Spargesinnung. Das ist schon etwas sehr Positives (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), weil man eine solche Gesinnung in der Vergangenheit an der Entwicklung der Staatsschuld eigentlich nicht gemerkt hat. Aber es ist


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positiv, und wir wollen eigentlich nur das gutmachen – und möglichst rasch gutmachen –, was jahrzehntelang nicht erfolgt ist.

Zu Deutschland. Es wurde zunächst gesagt, Deutschland mache das gemächlicher und lasse sich mehr Zeit. Das möchte ich berichtigen. Der ECOFIN-Rat hat am 8. Mai den Beschluss gefasst, dass auf Grund der guten konjunkturellen Lage die für 2003 gesetzten Ziele um ein Jahr vorverlegt werden sollen – in allen Staaten! –, und man wollte dann in einer weiteren Sitzung die für 2002 schon vorverlegten Ziele auf das Jahr 2001 vorverlegen. Das ist am Widerspruch von Österreich gescheitert, weil wir das nicht zu leisten vermögen.

Alle Länder im ECOFIN-Rat, alle EU-Länder, die so genannte Euro-Zone, haben beschlossen, ihre Ziele, vor allem auch im Hinblick darauf, dass man befürchtet, dass ab der zweiten Hälfte des Jahres 2002 aus den USA – sie sind derzeit der Motor der Konjunktur – eine Abschwächung kommen könnte, zu erreichen, um dies rechtzeitig auffangen zu können. Insofern möchte ich das berichtigen.

Zur Frau Bundesrätin Fuchs: Sie haben gesagt, das ist neu, dass der Finanzminister über die Medien Grüße ausrichtet. Das war nicht so. Es war eine Finanzausgleichssitzung, in der diese Fragen behandelt wurden – es gab sicherlich Gespräche und Vorstellungen –, und aus der Sitzung wurde dann von einem Vertreter, und zwar aus Salzburg, darüber hinaus in der Presse berichtet. Also nicht der Finanzminister hat das der Presse gegeben und etwas ausrichten lassen, sondern es wurde die Vertraulichkeit gebrochen.

Im Übrigen wurde heute generell bekrittelt, dass in meiner Anfragebeantwortung oder auch sonst keine genauen Zahlen genannt werden. Sie können noch nicht genannt werden, weil wir derzeit noch in Budgetverhandlungen sind. Wir bereiten derzeit das Budget 2001 beziehungsweise dann in weiterer Folge das Budget 2002 vor und befinden uns vor einem Roll-out für die Ressorts und die Ressortverhandlungen, und wir verhandeln jetzt die Eckdaten. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang. Die Daten werden wir dem Parlament rechtzeitig bei der parlamentarischen Behandlung des Bundesvoranschlages liefern. Jetzt etwas zu verkünden, das wir uns erst erarbeiten müssen, wäre ein bisschen zu früh. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.25

Präsident Johann Payer: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. d'Aron. – Bitte.

18.25

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich kurz halten, denn es ist schon langsam fortgeschrittene Stunde. (Bundesrätin Schicker: Es wird noch viel fortgeschrittener! Es ist noch früh!)

Im Wesentlichen geht es um zwei Bereiche, die uns hier beschäftigen. Auf der einen Seite ist es das hohe Defizit unserer Republik, die hohe Staatsverschuldung, die wir aufzuweisen haben – darauf sind wir heute schon mehrfach eingegangen, dass jeder Österreicher mit mehr als 200 000 S belastet ist; bei einer vierköpfigen Familie bedeutet das eine knappe Million Schilling –, und auf der anderen Seite gibt es die Frage – das wurde durch Ihre Anfrage ausgelöst –, inwieweit die österreichischen Bürger, die Bürger der Länder, die Bürger der Gemeinden – es sind immer dieselben Personen, die sich in verschiedenen Gebietskörperschaften wieder finden –, durch entsprechende Schulden der anderen Gebietskörperschaften als dem Bund belastet werden, also Gemeinde Wien.

Ich habe mir das in der Zwischenzeit angeschaut. Die Schuld der Gemeinde Wien beträgt 49,3 Milliarden Schilling; minus 14,6 Milliarden Schilling Rücklagen kann man gegenrechnen; das ergibt 34,7 Milliarden Schilling. Bei einer vierköpfigen Familie wäre das etwa eine Belastung in der Höhe von 100 000 S, die dazukommt.

Nun ist durch die Maastricht-Kriterien nicht nur die Republik als Bund angesprochen, sondern es sind alle Gebietskörperschaften angesprochen, die Bundesländer und die Gemeinden. Deshalb ist es für uns als Bundesräte – sagen wir es so – zumindest nicht leicht zu sagen, uns geht all das nichts an, was in den Ländern vor sich geht, denn es ist der Gesamtstaat mit allen Ge


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bietskörperschaften angesprochen und wird daran gemessen. Der Gesamtstaat spart auch und muss auch sparen, weil wir eben auch dazu aufgefordert sind.

Sie haben in Ihrer Anfrage erwähnt, dass es sozusagen zu einer Abwälzung dieser Sparbelastung kommen soll. Das wird nicht so sein, sondern es wird alle Gebietskörperschaften treffen, also auch die Länder und die Gemeinden, auch die Gemeinde Wien, für die ich Bundesrat bin. Dass das Sparen an sich bedeutet, dass wir unseren Gürtel enger schnallen müssen, dass wir uns nicht mehr alle Ausgaben leisten können, die wir uns geleistet haben, dass wir kräftige Wirtschaftsimpulse setzen müssen, dass wir genau überlegen müssen, wo wir das Geld in welche Förderungen investieren, das ist schon klar. Dieser Zukunft sehen wir entgegen.

Ich möchte mich schon den Ausführungen des Herrn Staatssekretärs anschließen, der sagt, dass eine Situation, in der man einen Überschuss hat, immer dazu angetan ist, die Schulden, die man hat, abzubauen. Das ist auch die Grundidee des Keynesianismus, das Deficit-spending. Deficit-spending soll es nur dann geben, wenn es einer Wirtschaft schlecht geht. Um diese Wirtschaft wieder zu verbessern, investiert man per Schulden-Machen durch den Staat. Das ist die grundsätzliche Idee des Keynesianismus gewesen. Wir haben allerdings in den letzten 30 Jahren auch im Rahmen der Gemeinde Wien keinen Keynesianismus, sondern ein Deficit-spending betrieben. Wir haben immer mehr ausgegeben, als wir gehabt haben. Von dieser grundsätzlichen Idee müssen wir einmal weggehen.

Was für mich in dieser Diskussion wirklich erschütternd war, war eine Bemerkung des Herrn Staatssekretärs über die Situation in Finnland. Wenn es nämlich so ist, dass die Finnen die Hälfte ihres Staatsüberschusses dazu verwenden, diesen in den Bereich Forschung und Entwicklung zu investieren, dann frage ich mich: Wo bleiben dann wir eigentlich? – Dann wird sich ein Land, das einen derartigen Schub in Forschung und Entwicklung hat, natürlich deutlich besser entwickeln als Österreich. Wir kommen in einen krassen Wettbewerbsnachteil hinein, das heißt, es wird für uns noch deutlich schlechter werden. Das wiederum spricht dafür – Sie sagen, es geht zu schnell –, dass wir das möglichst schnell machen.

Da wir von "möglichst schnell machen" sprechen, möchte ich etwas dazu sagen, und Sie haben auch die Wohnbauförderung angesprochen: Da gibt es einen entsprechenden Pressedienst. Wohnbauexperten der beiden führenden Wirtschaftsforschungsinstitute des Landes haben am Donnerstag, 6. Juli, tief greifende Änderungen in der österreichischen Wohnungspolitik gefordert und teilweise radikale Kürzungsvorschläge für die Wohnbauförderung vorgelegt. Darin heißt es: "Wenn Sie einem Hund den Schwanz kupieren wollen, würden Sie diesen auch nicht in Teilen abschlagen", meinte Felderer zur Erläuterung seiner Präferenz für einen raschen tiefen Einschnitt. "Ich glaube auch nicht, dass eine Kürzung von 15 bis 20 Milliarden Schilling ins Chaos führen würde."

Das meinen die Wirtschaftsforscher. Sie meinen eher, man soll das schnell machen. Das spricht für den Kurs, den diese Bundesregierung fährt.

Noch etwas Konkretes zur Wiener Wohnbausituation. In Wien – das wird den Wiener Bundesräten nicht unbekannt sein – haben wir in hohem Maße Wohnbautätigkeiten durchgeführt, und wir haben derzeit auch eine relativ hohe Leerstehungsquote. Wir haben sie besonders in den Randsiedlungen von Wien. Die Leute wählen schon ganz genau, ob sie einen guten Verkehrsanschluss haben oder ob sie sozusagen in der freien Fläche stehen. In Breitenlee, in Süßenbrunn und so weiter gibt es das. Es wurde teilweise zu viel gebaut, zu viel gebaut, als der Markt verkraftet hat.

Ich meine daher ... (Bundesrätin Fuchs: Das ist aber eine Aussage von einem Hausbesitzer! Das kann nur ein Hausbesitzer behaupten!)  – Sie gestatten, dass ich das näher ausführe. – Wir meinen daher, der Bürger, der sozial bedürftige Bürger, ist auf jeden Fall zu fördern, und das wollen wir alle, die wir hier sind. Wir wollen auf Sicht gesehen eine Subjektförderung für den sozial bedürftigen Bürger. Da gebe ich Ihnen schon Recht, Frau Bundesrätin: Wir glauben nämlich, dass die Privatwirtschaft Probleme besser löst, wenn man es sozial abfedert, als die öffentliche Wirtschaft.


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Was die öffentliche Wirtschaft angeht: Es gibt einen Entschließungsantrag, in dem auch ausgeführt wird, wer von der SPÖ-Seite in den einzelnen Wohnbaugenossenschaften mitmischt und wie die Kreditvergaben sind. Dazu gibt es eine Studie der Arbeiterkammer, und wenn Sie wollen, kann ich Ihnen gleich sagen, was diese sagen. Da steht: Diese Entwicklung hat dazu geführt, wie die AK bereits im Jahr 1990 bemerkt hat, dass nicht mehr die Interessen der Wohnungsnutzer im Vordergrund stehen, sondern vorwiegend die Profitinteressen der beteiligten Kreditinstitute, Versicherungen und Vorfeldorganisationen von SPÖ und auch ÖVP. – Das muss ich auch sagen. Aber das meint die Arbeiterkammer, und auch wir Freiheitlichen meinen: weg von der Politik, hin zur Wirtschaft, Stärkung des Einzelnen. Der Einzelne soll die Möglichkeit haben, Geld zu verdienen, sozial schwierige Bereiche sollen abgefedert werden. (Bundesrätin Fuchs: Hin zum "Freien Wohnen"! – Bundesrat Marizzi: Das "Freie Wohnen" war eine nette Gesellschaft!)

Herr Staatssekretär! Ich wünsche mir daher, dass es zu einer guten Sanierung des Budgets kommt, dass dadurch auch ein gewisser Impuls für die Landesbudgets gegeben wird, darüber nachzudenken, wie man Mittel einsetzt. Wir Freiheitlichen in Wien werden jedenfalls darauf achten, dass es auch zu einem ordentlichen Wiener Landeshaushalt kommt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.33

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Kollegin Haunschmid, bitte.

18.33

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Nachdem ich jetzt zwei Mal direkt angesprochen worden bin, möchte ich in aller Kürze darauf eingehen.

Ich glaube, es sind nicht die Dinge selbst, die Sie, meine Damen und Herren der SPÖ, beunruhigen, sondern Ihre Einstellung zu diesen Dingen. Sie haben auf Kosten Dritter die Schulden gemacht. Warum versuchen Sie nun nicht, mit Hilfe von Dritten das Nulldefizit zu erreichen? (Bundesrätin Fuchs: Wer sind die Dritten?)

Herr Kollege Konecny hat deutlich erklärt, der Herr Finanzminister Grasser versucht mit Hilfe von Dritten zu diesem Nulldefizit zu kommen. Die Dritten sind alle, die wir hier sind, wir alle sind gefordert. (Bundesrat Konecny: Ich habe Sie nicht ganz verstanden!)

Für Finanzminister Grasser möchte ich sagen, er droht nicht, wie Sie in Ihrer dringlichen Anfrage der SPÖ sagen, sondern er setzt Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, in zwei Jahren das Nulldefizit für Österreich zu erreichen. – Ein Ziel, das nicht allein vom Bund und nicht alleine von den Regierungsparteien, sondern von uns allen zusammen zu tragen ist.

Ich wundere mich über Ihre dringliche Anfrage, sehr geehrte Damen und Herren der SPÖ, da sich doch gerade Ihr Vorsitzender, Alfred Gusenbauer, grundsätzlich mit dem Ziel eines Budgets ohne Neuverschuldung einverstanden erklärt. Das ist vielleicht eine andere Sache.

Aber was in aller Kürze festzustellen ist: Es herrscht in Ihren Reihen eine Doppelzüngigkeit erster Klasse. Für Gusenbauer ist die Familie Luxus, für Gusenbauer ist der Erhalt des wirtschaftlichen Wettbewerbs Luxus, ja sogar das Heer und die Landwirtschaft sind Luxus. (Bundesrat Prähauser: Die Familie ist auch der einzige Luxus, den wir haben!) Das heißt, um Sie aufzuklären: kein Karenzgeld, kein Kindergeld für alle. Das war der sozialistischen Partei schon immer ein Dorn im Auge (Zwischenrufe bei der SPÖ), hätte doch Edlingers Steuerreform eine Kürzung des Arbeitgeberbeitrages an den Familienlastenausgleichsfonds von sage und schreibe 9 Milliarden Schilling vorgesehen. (Bundesrätin Schicker: Ich bin für die selbständige Frau, für die eigenständige Frau!)

Frau Kollegin Schicker! Gerade Sie haben mir in diesem Hause erklärt, wir selbständigen Frauen haben überhaupt nicht das Recht, Kindergeld zu bekommen, weil wir noch nie einen


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Beitrag dazu geleistet haben. Da möchte ich Sie aufklären: 1 Prozent von diesen 4 Prozent, die Finanzminister Edlinger, der ehemalige Finanzminister, von den Arbeitgeberanteilen am Familienlastenausgleichsfonds reduzieren wollte, machen 9 Milliarden Schilling aus. Daher ist ersichtlich gewesen, dass Ihnen ein Kindergeld für alle von vornherein ein Dorn im Auge war.

Aber wo bleibt Ihre Arbeitnehmervertretung? – Keine Lohnnebenkostensenkung, meine Damen und Herren, laut Gusenbauer. Das betrifft nicht nur die Arbeitgeber, das bedeutet auch einen größeren Nettolohn bei gleich bleibenden Bruttolöhnen.

Was wollen Sie mit dieser Anfrage? – Es ist ein steiniger Weg zu einem Budget ohne Neuverschuldung. Dieser Weg wurde aber von Ihnen, meine Damen und Herren, in den Jahren Ihrer Regierungstätigkeit mit Steinen gepflastert.

Zu Herrn Kollegen Gasteiger betreffend Kontrolle: Ich habe hier von Frau Landesrätin Haubner das Ergebnis der Kontrollen der Preisauszeichnung vor mir liegen. Ich bin stolz, dass wir Wirte und wir Tourismusunternehmer eigentlich den ersten Schritt zur Sanierung dieses Landes und zur Schuldentilgung dieses Landes mit gesetzt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Wie denn?)

Ich darf kurz antworten – Sie fragen mich, wie –: Wir haben die Getränkesteuerersatzbestimmungen mitgetragen. (Bundesrat Prähauser: Aber die zahlen ja nicht Sie, Frau Kollegin, die zahlt ja der Konsument! Sie sind ja nur der Zwischenwirt!) Das ist kein Weitergeben, Sie haben das falsch verstanden. Soll ich Ihnen das zitieren?

Wir haben 14 Prozent statt 10 Prozent Mehrwertsteuer auf sämtliche Speisen, und es wurde von 82 Prozent nicht erhöht. (Bundesrat Prähauser: Das zahlen ja nicht Sie!) Herr Kollege! Es wurden unsere Preise nicht erhöht! Der Wirt trägt das jetzt mit, weil wir wissen, dass wir die Preise mitten in der Saison nicht erhöhen können. Aber wir wollen, dass unser Land wieder gedeiht und schuldenfrei dasteht, und daher werden wir auch das mittragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.38

Präsident Johann Payer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Peter Marizzi zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhalts zu beschränken.

Ich erteile Herrn Bundesrat Peter Marizzi das Wort. – Bitte.

18.39

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Haunstein hat gemeint (Rufe: Haunschmid!) – ich bitte um Entschuldigung, das war ein Versprecher; das kann passieren –, die Sozialdemokraten oder die Sozialisten seien nur Schuldenmacher.

Ich behaupte und halte dem entgegen, dass mir die Entwicklung des Schuldenstandes der Bundesländer ohne Wien vorliegt, und hier verweise ich auf folgende Statistik:

Kärnten: Seit 1990 Landeshauptmann Haider (Bundesrätin Haunschmid: 1990!), dann kurzzeitig wieder abgewählt und zurückgetreten, wieder angetreten, dann Reichhold, Grasser, Pfeifenberger als Wirtschaftsfinanzreferenten et cetera. Ich nenne Ihnen jetzt nur die Zahlen.

Ich nenne jetzt nur die Zahlen und berichtige tatsächlich, weil man gesagt hat, nur die Sozialdemokraten machen Schulden: Kärnten 1991: 4,5 Milliarden, 1992: 5,4 Milliarden, 1993 – man höre –: 6,6 Milliarden, 1994: 8 Milliarden – ich lasse die Kommastellen weg –, 1995: 10 Milliarden (Bundesrätin Haunschmid: Auch nicht Landeshauptmann!), 1996: 11,7 Milliarden – man höre und staune –, 1998 – es wird nicht besser, wenn Sie lauter rufen –: 13 Milliarden Schilling, es wird immer mehr, 1999: 14 Milliarden Schilling und 2000: 15 Milliarden Schilling.


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Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schuldenstand in Kärnten hat sich vervierfacht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser. – Bitte.

18.41

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Ich möchte nur auf die Ausführungen von Kollegen d'Aron eingehen, ohne mich jetzt auf eine Wohnbauförderungsdiskussion einzulassen. Aber: Freistehende Wohnungen haben auch etwas mit Leistbarkeit zu tun. Und Leistbarkeit hängt von den Mieten ab. (Bundesrat Dr. d′Aron: Von der Gemeinde Wien!) Ich bin stolz darauf – das muss ich sagen –, dass wir in Niederösterreich relativ gute Werte in diesen Bereichen haben, und jede Reduktion der Wohnbauförderung würde die Miete in die Höhe schnellen lassen.

Lieber Kollege d'Aron! Sie verweisen immer so gerne auf den freien Markt und auf die Privatwirtschaft. Wissen Sie, wie viel Prozent Wohnbauförderung, gemessen am BIP, die USA haben? – 1,6 Prozent. Die USA haben 1,6 Prozent im Gegensatz zu Österreich mit 1,3 Prozent. 77 Prozent dieser 1,6 Prozent des BIPs der USA sind Subjektförderung. Ich frage Sie jetzt: Ist das Wohnen in Österreich oder in Amerika wesentlich besser? – Ich glaube, dass das Wohnen in Österreich nicht nur leistbarer, sondern auch qualitativ besser ist. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Aspöck: Herr Kollege! Darf ich Ihnen einen Satz sagen?)

Zum Zweiten: Sie haben vorher Finnland zitiert. Österreich hat eine Abgabenquote in der Höhe von 43 Prozent. Wissen Sie, welche Abgabenquote Finnland hat? – 46 Prozent. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.43

Präsident Johann Payer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk gemeldet. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte, Frau Bundesrätin.

18.43

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Ich melde mich zu einer tatsächlichen Berichtigung zum Tagesordnungspunkt Mediengesetznovelle.

Ich korrigiere mich: Es war nicht Jörg Haider, der zur Abbestellung der Abonnements der "Kleinen Zeitung" aufgefordert hat, sondern – ich zitiere – es war Bundesrat Kurt Scheuch. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Also so geht es wirklich nicht!)

18.44

Präsident Johann Payer: Wir sind jetzt bei der dringlichen Anfrage. Sie können jetzt keine tatsächliche Berichtigung zu einem vorhergehenden Punkt anbringen.

Es liegt mir eine weitere Wortmeldung von Herrn Bundesrat Konecny vor. – Bitte. (Bundesrat Bieringer: Da brauchen wir eh keine Geschäftsordnung mehr!)

18.44

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Wenn sich der Herr Klubobmann und Fraktionsvorsitzende beruhigt hat, dann können wir vielleicht weitermachen. (Bundesrat Dr. Böhm: Er hat aber Recht!)

Frau Kollegin Haunschmid hat vorhin von Stolz und von einem von ihr nicht verlesenen Brief der Landesrätin Haubner gesprochen. Ich weiß nicht ... (Bundesrätin Haunschmid: Ich habe ihn da!) – Ist schon gut, ich lege keinen gesteigerten Wert darauf.

Ich habe – es wäre sonst ein Zwischenruf geworden – den Artikel nicht so schnell gefunden. Die heutige Tagespresse vermeldet, dass eine Umfrage in Oberösterreich unter 325 Wirten gezeigt


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hat (Bundesrat Meier: Von dort kommt sie her!), dass 71 Prozent davon trotz Falles der Getränkesteuer ihre Getränkepreise nicht reduziert haben. Mir ist nicht ganz klar, worauf Kollegin Haunschmid stolz ist. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Prähauser: Wahnsinn!)

18.45

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kurt Scheuch. Ich habe jetzt Herrn Bundesrat Kurt Scheuch das Wort erteilt, anschließend kommen wir zur tatsächlichen Berichtigung. – Bitte, Herr Bundesrat.

18.45

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich möchte nur mit einem Satz den falschen Eindruck, den hier Herr Bundesrat und Kollege Peter Marizzi in den Raum gestellt hat, etwas korrigieren.

In den Jahren, die Sie vorgelesen haben, hat es in Kärnten eine Koalition zwischen SPÖ und ÖVP gegeben. Im Landtag ... (Bundesrat Marizzi: Nein, nein, nein! – Bundesrätin Mag. Trunk: Grasser! Zernatto!) – Das ist ein Blödsinn.

Präsident Johann Payer: Kolleginnen und Kollegen! Zwischenrufe beleben die Debatte, aber man muss sie auch verstehen. Trotz bestem Willen verstehe ich sie nicht, und Kollege Scheuch versteht sie auch nicht. Machen Sie es so konzentriert, dass man darauf reagieren kann.

Jetzt ist Kollege Scheuch am Wort. – Bitte.

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (fortsetzend): Es ändern auch die Zwischenrufe nichts an der Tatsache, dass es eine SPÖ/ÖVP-Koalition in der Kärntner Landesregierung gegeben hat und dass es in diesen Jahren, die Sie vorgelesen haben – vorbehaltlich das Jahr 1999 –, keine Zustimmung der FPÖ-Fraktion im Kärntner Landtag zu den Budgets gegeben hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: Hört! Hört!) Mit dem Jahr 1991 haben Sie angefangen.

Besondere Pikanterie an der ganzen Geschichte, Herr Bundesrat Marizzi, ist – Sie sollten sich anscheinend wirklich besser informieren –, dass Ihre Fraktion allerdings dem Budget im letzten Jahr, also einem freiheitlichen Budget, die Zustimmung erteilt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Marizzi: Nein, das stimmt nicht! – Bundesrat Dr. Nittmann: Hört! Hört!)

18.47

Präsident Johann Payer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin.

18.47

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Meine Damen und Herren! Zur tatsächlichen Berichtigung: Herr Kollege Konecny! Ich möchte Ihnen, wenn Sie schon solchen Wert darauf legen, diese Information der Frau Landesrätin Ursula Haubner vorlesen, die, wie Sie wissen, den Bereich Konsumentenschutz übernimmt. (Bundesrat Konecny: Nein!) – Bitte, Sie wollen es hören. (Bundesrat Konecny: Sie können sich zu Wort melden!)

Präsident Johann Payer: Frau Kollegin Haunschmid! Wir haben heute sehr viele tatsächliche Berichtigungen gehabt. Ich bitte Sie, im Rahmen der Geschäftsordnung Ihre tatsächliche Berichtigung vorzubringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (fortsetzend): Die tatsächliche Berichtigung mache ich ganz kurz. Sie haben mir erklärt, was Sie in den Zeitungen gelesen haben, und ich sage Ihnen, wie es tatsächlich ist. (Allgemeine Heiterkeit.)

Bei Speisen gab es eine Preiserhöhung ab 1. 6. 2000. Die Überprüfung hat ergeben, dass im Prüfungszeitraum 68 der überprüften Betriebe oder 21 Prozent ihre Preise für Speisen erhöht haben.

Speisen zu gleichen Preisen: 257 Betriebe, also 79 Prozent, hatten zum Zeitpunkt der Kontrolle auf Befragung durch die Preiskontrollorgane keine Preiserhöhung bei Speisen trotz Erhöhung


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der Mehrwertsteuer durchgeführt, meine Damen und Herren! Bitte, darauf bin ich stolz. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Bei den Getränken holen sie es sich wieder! – Bundesrat Kone
cny: Peinlich, peinlich, Frau Kollegin!)

18.49

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Professor Konecny und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Vorbilder der Finanzpolitik vor.

Ich lasse zuerst über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Johann Payer: Ich nehme die Verhandlungen über die Tagesordnung wieder auf.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesbediensteten-Schutzgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Landesvertragslehrergesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrergesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Verwaltungsakademiegesetz, das Auslandszulagengesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte sowie das Poststrukturgesetz geändert werden (Dienstrechts-Novelle 2000) (176 und 260/NR sowie 6176/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (179 und 261/NR sowie 6177/BR der Beilagen)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden (188/A und 264/NR sowie 6166 und 6178/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir kommen nun zur Verhandlung über die Punkte 7 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt werden.


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Es sind dies:

die Dienstrechts-Novelle 2000,

ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 7 bis 9 hat Herr Bundesrat Gottfried Kneifel übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Gottfried Kneifel: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend die Dienstrechts-Novelle 2000 zur Kenntnis bringen.

Bei der Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes an den Universitätskliniken ist auf die Erfordernisse einer qualifizierten Krankenbetreuung, auf die Gewährleistung der gebotenen Behandlungskontinuität, weiters auf die räumlichen und organisatorischen Kapazitäten der Universitätskliniken und auf die Anforderungen an die Facharztausbildung sorgfältig Bedacht zu nehmen; schließlich ist zu beachten, dass auf die zulässige Wochendienstzeit auch die universitäre Tätigkeit in Forschung und Lehre anzurechnen ist. Dies setzt jenen Umsetzungsvorschriften Grenzen, die mit einer Aufstockung des Personalstandes verbunden sind, und erfordert die Anwendung des im Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes vorgesehenen Instrumentes der verlängerten Dienste. Die Zulässigkeit solcher Dienste ist an den Anschluss einer Vereinbarung gemäß § 3 Abs. 4 und 5 und § 4 Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geknüpft.

Im Rahmen von Maßnahmen über die arbeitsrechtliche Gleichstellung der Arbeiter und der Angestellten für das Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 ist eine Aliquotierung des Urlaubs und der Entfall des Postensuchtages vorgesehen. Da in diesen Bereichen ein ständiger Gleichklang zwischen dem Angestelltenrecht und dem Vertragsbedienstetenrecht des Bundes besteht, sind entsprechende Angleichungsmaßnahmen erforderlich.

Ziel des vorliegenden Gesetzesbeschlusses des Nationalrates ist unter anderem die sachgerechte Umsetzung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes an den Universitätskliniken durch ein Maßnahmenpaket, zu dem unter anderem der Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 3 Abs. 4 und 5 und § 4 Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz sowie dienst- und besoldungsrechtliche Regelungen zählen, die die Besonderheiten der Verwendung der Klinikärzte berücksichtigen, sowie die Beibehaltung des Gleichklangs des Rechts der Vertragsbediensteten des Bundes mit dem der Angestellten in der Privatwirtschaft auch im Bereich der Urlaubsaliquotierung und hinsichtlich des Postensuchtages.

Neben anderen Maßnahmen sind auch Sonderregelungen für Bedienstete in bestimmten vorübergehenden Verwendungen vorgesehen.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Ich ersuche, in die Debatte einzugehen und um Beschlussfassung.

Präsident Johann Payer: Ich darf vielleicht hier Folgendes wiederholen: Wir haben uns in der Präsidiale darauf geeinigt, dass wir die Kurzform des Gesetzes verwenden können, und wichtig für die Berichterstattung ist der Antrag. Wegen der fortgeschrittenen Zeit, ohne Sie korrigieren zu wollen, bitte ich, darauf Bedacht zu nehmen. – Ich bitte um den zweiten Bericht.

Berichterstatter Gottfried Kneifel: Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend


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ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden. Es geht dabei um das Pensionsantrittsalter.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat! Ich darf Sie korrigieren. Sie haben jetzt einen Bericht ausgelassen, und zwar betreffend das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz. Diesen Bericht brauchen wir auch noch.

Berichterstatter Gottfried Kneifel: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird.

Die EU-Richtlinien zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit wurden bisher für den Bereich der Landeslehrer innerstaatlich noch nicht umgesetzt.

Der vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates hat den Einbau entsprechender Bestimmungen in den Abschnitt "X" des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, welcher den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Landeslehrer regelt, zum Ziel.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Danke.

Ich bitte nun um den dritten Bericht betreffend das Bundesbezügegesetz.

Berichterstatter Gottfried Kneifel: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz und das Bundesbezügegesetz geändert werden.

Mit dem vorliegenden Gesetzesbeschluss des Nationalrates werden für Politiker die gleichen Änderungen im Pensionsrecht durchgeführt wie bei allen Österreicherinnen und Österreichern.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Karl Boden. Ich erteile ihm dieses.

18.58

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Die vorliegende Dienstrechts-Novelle ist weitgehend eine Anpassung an die neuen Zuständigkeiten. Weiters handelt es sich um zahlreiche technische Adaptierungen, die sich auf alle Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes verteilen.

In letzter Zeit hört man immer wieder den Satz: Wir müssen sparen. In diesem Zusammenhang stelle ich zwei entscheidende Fragen. Erstens: Wer ist das viel zitierte wir? Zweitens: Wer spart für wen?

Wenn man das Regierungsübereinkommen liest, dann bemerkt man, dass es nicht wirklich ums Sparen geht. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden von den Gesamtmaßnahmen der Regierung mit 13,3 Milliarden belastet, Großunternehmer, Hausherren und Großbauern aber mit 20,65 Milliarden Schilling entlastet. Es geht also in erster Linie um eine drastische Umverteilung, die die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößert. (Bundesrat Hensler: Klassenkampf pur! – Bundesrätin Fuchs: Tatsachen!)


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Daran zeigt sich, dass unterschiedliche Interessen gegenüberstehen und das viel zitierte Wir nicht existiert. Denn was verbindet zum Beispiel eine Putzfrau mit einem Großunternehmer, und warum soll Erstere für Zweiteren sparen?

In dieser Novelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird für Vertragsbedienstete die Urlaubsaliquotierung und der Entfall des Postensuchtages eingeführt. Die Kleinen bestraft man, und die Großen belohnt man.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsparteien, ist Ihre Form des neuen Regierens und der angeblichen sozialen Gerechtigkeit. Es hat noch nie in Österreich eine Regierung gegeben, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Lohnkürzungen zugemutet hat, die weder dem Budget zugute kommen, noch sonst jemandem helfen außer der Umverteilung. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Wo gibt es die Lohnkürzungen, Herr Kollege? Wo gibt es die Lohnkürzungen?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Da sich nach unserem Verständnis in dieser Dienstrechts-Novelle ebenfalls die Umverteilung von den Kleinen zu Großen widerspiegelt, können wir, die Sozialdemokraten, dieser nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer. – Bitte, Frau Bundesrätin.

19.01

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe bei meiner vorhergehenden Wortmeldung überzogen – ich meine zeitlich überzogen, sonst hoffentlich nicht – und möchte das jetzt einsparen und zu allen drei Punkten eine jeweils kurze Anmerkung machen.

Zur Dienstrechts-Novelle hat schon der Vorredner gesagt, dass es um notwendige Anpassungen und Korrekturen von Unstimmigkeiten geht, wobei Unstimmigkeiten nicht im herkömmlichen Sprachgebrauch gemeint sind, sondern es geht um die Anpassung von Gesetzen, die untereinander nicht stimmig sind.

Im zweiten Gesetz, im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, geht es, wie schon gesagt wurde, um eine EU-Bestimmung bezüglich des Schutzes von Arbeitnehmern vor einer Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, die nun auch im Dienstrecht der Lehrer verankert werden soll. Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, wo es bei uns Landeslehrern um biologische Arbeitsstoffe geht, und habe dann den Hinweis gefunden, dass es ein ganz kleines Segment im Berufsschulbereich gibt, das davon betroffen ist, und zwar jenes, bei dem es um Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung geht. Also ist diese Anpassung für einen kleinen Bereich notwendig.

Was das Bezügegesetz betrifft, glaube ich, es ist uns allen einsichtig, dass das, was wir anderen Arbeitnehmern im Pensionsgesetz zumuten, natürlich auch auf uns alle zutreffen wird müssen. Meine Fraktion wird daher dem vorliegenden Gesetz die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.03

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Christoph Hagen. Ich erteile dieses.

19.03

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich werde mich kurz fassen. Durch die so genannte Dienstrechts-Novelle 2000 werden im Beamtendienstrecht eine ganze Reihe an Änderungen und Anpassungen vorgenommen: von der Wochenarbeitszeit für Ärzte an den Universitätskliniken bis zur Anrechnung von Karenzurlauben für Austauschlehrer.

Besonders möchte ich aber jene gesetzlichen Änderungen hervorheben, welche sich auf die Soldaten des Bundesheeres beziehen. Wie wir alle wissen, nehmen nämlich diese Soldaten im


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Assistenzeinsatz an den Grenzen sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahr, indem sie Illegale festnehmen, Gepäcks- und Personendurchsuchungen durchführen. Wenn bei einer solchen Tätigkeit ein Soldat verletzt wird oder einen Unfall erleidet, wird er nun durch diese Novelle nach dem Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz den Wachebediensteten sozialrechtlich gleichgestellt. Das ist eine sozialrechtliche Gleichstellung, die wir diesen jungen Wehrdienern sehr wohl schuldig sind. – Es kann wohl nicht sein, dass der eine für ein und dieselbe Tätigkeit besser abgesichert ist als der andere, nur weil einer Exekutivbeamter und einer Soldat ist.

Ich möchte nur festhalten, dass diese Novellierung des Beamtendienstrechtes notwendig ist, um mehr Gerechtigkeit zu erwirken und das Leistungsprinzip in den Vordergrund zu stellen. Eine Verteilung von unten nach oben, wie dies von der Opposition gerne behauptet wird, liegt sicher nicht vor. Deshalb wird meine Fraktion für diese Novelle stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.05

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile dieses.

19.05

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es wurde schon viel über diese Dienstrechts-Novelle beziehungsweise auch über die Anpassungen, die diese enthält, gesagt. Ich finde durchaus Punkte, denen man zustimmen kann, auch im Zusammenhang mit dem Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz und mit der Regelung bezüglich der Planstellen. Schade ist nur, dass diese durchaus guten Punkte in einer Novelle beschlossen werden sollen, in deren Rahmen es doch einige wesentliche Punkte gibt, die zu Verschlechterungen führen.

Zwei dieser Verschlechterungen sind sicherlich der Entfall des Postensuchtages und die Frage der Urlaubsaliquotierungen. Begründet wird dies, wie so vieles in dieser Zeit, mit zwei Argumenten: einerseits um Privilegien abzubauen und andererseits um des Sparens willen. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )

Zum Ersten möchte ich anführen, dass es anscheinend wieder gelungen ist, Berufsgruppen untereinander auszuspielen und über die angeblichen Privilegien der anderen, nämlich der Vertragsbediensteten, Sozialabbau zu betreiben. Zum Zweiten – über das wurde heute schon sehr viel gesagt – ist Sparen angesagt; Sparen ist angesagt bei den privilegierten Vertragsbediensteten. Wenn man die Meldungen in den Zeitungen der letzten Wochen und Monate aufmerksam verfolgt, stellt man fest, Sparen im Bereich der Ministersekretäre ist anscheinend nicht so angesagt. Es soll doch etliche Ministersekretäre geben, deren Gehalt in die Höhe von jenen von Sektionschefs angehoben wurde, und damit gibt es mit einem Federstrich eine Verdoppelung der Anzahl von Damen und Herren mit derartigen Bezügen. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Irgendwann wird es bei dieser Fluktuation von Ministersekretären wahrscheinlich eine Vielzahl von dementsprechenden Damen und Herren geben. Nachdem, wie gesagt, diese Dienstrechts-Novelle für mich eine Umverteilung von den Kleinen zu den Großen ist, werden wir Tagesordnungspunkt 7 ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.07

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz. Ich erteile dieses.

19.07

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte zum x-ten Mal etwas korrigieren, das sich immer wieder hält: Die Anzahl der Ministersekretäre hat sich gegenüber der vorigen Regierung um rund ein Drittel reduziert. (Rufe bei den Freiheitlichen: Hört! Hört!)


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Die Bezugsregelung ist nur eine technische Anpassung. Es bekommt niemand mehr, sondern es ist nur eine bezugsrechtliche Regelung, dass mit dem Ministerwechsel auch die Ministersekretäre abberufen werden können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.08

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend die Dienstrechts-Novelle 2000.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, und das Bundesbezügegesetz – BBG, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (184, 72/A, 80/A und 224/NR sowie 6206/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (181/A und 225/NR sowie 6169 und 6207/BR der Beilagen)


Bundesrat
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12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird (180 und 220/NR sowie 6208/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 10 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 10 und 11 hat Herr Bundesrat Josef Saller übernommen. Die Berichterstattung über Punkt 12 hat Herr Bundesrat Georg Keuschnigg übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Josef Saller: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Danke. Ich bitte um den Bericht zu Tagesordnungspunkt 11.

Berichterstatter Josef Saller: Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Danke. Ich bitte um den Bericht zu Tagesordnungspunkt 12.

Berichterstatter Georg Keuschnigg: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile dieses. – Herr Bundesrat Himmer ist nicht im Saal anwesend. Ich gehe weiter in der Rednerliste.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Würschl. Ich erteile dieses.

19.12

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten stimmen dieser Novelle zum Studienförderungsgesetz zu. Es ist heute so, dass das Studienförderungsgesetz auf ein Vollzeitstudium ausgelegt ist,


Bundesrat
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das wissen wir alle. Es ist aber auch Tatsache, dass nur mehr etwa 40 Prozent bis 42 Prozent an den heutigen Universitäten Vollzeitstudenten sind.

Der Trend geht in die Richtung, dass junge Menschen aus dem Berufsleben kommen und Studien ergreifen oder Studenten in den Beruf gehen – aus verschiedenen Gründen, aus sozialen, familiären oder regionalen Gesichtspunkten. Das heißt also, dass diese Novelle eine Verbesserung für berufstätige Studenten bedeutet. Deshalb stimmen wir Sozialdemokraten dieser Novelle auch gerne zu. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Zum zweiten Punkt, zum Universitäts-Studiengesetz. Dagegen haben wir vor zwei Tagen Einwände gehabt, nämlich aus dem Grund, weil wir nicht sicher waren, dass sozialdemokratische Anliegen auch tatsächlich voll integriert und eingearbeitet wurden. Wir konnten uns davon überzeugen, dass das in der Zwischenzeit geschehen ist. Deshalb werden wir auch dieser Novelle zustimmen, weil zwei Punkte für uns sehr positiv sind.

Der erste Punkt: Das Bakkalaureat ist durchaus zu begrüßen, ebenso wie die Dreistufigkeit im Studiengang. Den zweiten Punkt, die Ausbildung von Lehrern im Bereich des Informatikmanagements, halten wir für sehr positiv. Es ist auch zu erwähnen, dass es notwendig ist, im Bereich der Kommunikation und im Bereich der Information Studiengänge für Lehrer anzubieten, was heute nicht in entsprechender Weise gegeben ist. Deshalb sind wir auch der Meinung, dass wir diesem Gesetz die Zustimmung geben werden.

Zum dritten Gesetz, dem Unterrichtspraktikumsgesetz: Dabei handelt es sich um eine Reparatur, eine Gesetzeslücke wird geschlossen. Es ist bekannt, dass in erster Linie natürlich Unterrichtspraktikantinnen betroffen sind und damit die rechtliche Möglichkeit geschaffen wird, Schutzmaßnahmen vor sexuellen Belästigungen zu ergreifen. Das ist ein für uns sehr wichtiger Bereich, und wir begrüßen das auch. Wir alle wissen, dass das Unterrichtspraktikum für die jungen Studentinnen und Studenten ein sehr sensibler Bereich ist. Wir wissen, dass es in verschiedenen Bundesländern Objektivierungsrichtlinien bei der Aufnahme von Lehrerinnen und Lehrern gibt. Es gibt beim Unterrichtspraktikum bekanntlich die Benotung, und das ist dann ein wesentliches Kriterium bei der Aufnahme. Deshalb begrüßen wir diese Novelle zum Unterrichtspraktikumsgesetz. Wir Sozialdemokraten stimmen den drei Gesetzesnovellen zu. (Beifall bei der SPÖ.)

19.16

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile dieses.

19.16

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auch wir werden allen drei Vorlagen zustimmen. Aus Zeitgründen möchte ich mich auf das Studienförderungsgesetz beschränken.

Vorbehaltlos stimmen wir beiden Hauptzielen zu: zum einen Studierenden mit abgeschlossenem Bakkalaureatsstudium bei der Studienförderung mit den übrigen Studierenden des Regelstudiums gleich zu behandeln und zum anderen Vollzeitstudierende auch an im Inland akkreditierten Privatuniversitäten im Bereich der Fernstudien ausreichend zu fördern.

Zum ersten Anliegen ist erläuternd festzuhalten, dass es dabei um die Förderung von Magister- und Doktoratsstudien nach Absolvierung eines Bakkalaureatsstudiums geht. Zum zweiten Vorhaben ist näher auszuführen, dass für bestimmte Studiengänge an Privatuniversitäten ebenso ein Anspruch auf Studienbeihilfe verankert werden soll wie für die Absolvierung von Studiengängen an nicht-österreichischen Fernuniversitäten im In- und Ausland. Auf die Erweiterung des Anspruchs auf Studienbeihilfe auch auf Teilzeitstudierende insbesondere für die Studienabschlussphase hat mein Vorredner schon hingewiesen.

Ich möchte zuletzt auch noch aus unserer Sicht besonders begrüßen, dass auf die Entwicklung des Hochschulsektors in Südtirol, die mit der Republik Österreich und in Bezug auf das Angebot


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insbesondere mit dem Land Tirol und der Universität Innsbruck abgestimmt ist, Rücksicht genommen wird. So wie seit dem Bundesgesetz von 1979 Südtiroler beim Studium in Österreich den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind, soll nun auch umgekehrt das Studium für österreichische Staatsbürger in Südtirol jenen in Österreich hinsichtlich des Anspruchs auf Studienbeihilfe gleichgestellt werden. Vom Land Südtirol oder der Republik Italien zuerkannte Studienbeihilfen sind natürlich bei der Einkommensberechnung entsprechend zu berücksichtigen.

Wir stimmen aber, wie gesagt, auch dem Universitäts-Studiengesetz, das einige wichtige, auch technische Bereinigungen gebracht hat, und dem Unterrichtspraktikumsgesetz zu. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.18

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Erhard Meier. – Bitte, Herr Bundesrat.

19.18

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kurz ein paar Worte zu diesen drei Gesetzen:

Das Studienförderungsgesetz enthält auch das Bakkalaureatstudium, das sich zweifellos bewähren wird, weil es auch in anderen Ländern angewandt wird. Es ist auch ersichtlich, dass das Studium kürzer sein kann. Wahrscheinlich ist das ein Grund, dass neben der Praxisnähe die Fachhochschulen einen solch großen Zustrom erleben.

Immer mehr Studierende müssen aber auch nebenbei einen Beruf oder einen Teilzeitberuf ausüben. Ich glaube, es ist wichtig, dass man das anerkennt. Ich schätze jemanden, der selbst einen Beitrag zum Studium durch Arbeit leisten muss. Es sollte diese Studienabschlussstipendien noch geben. Es heißt jetzt: Die Flexibilisierung der Studienabschlussstipendien bei Teilzeitstudenten ist möglich. – Flexibilisierung steht statt dem Wort Rechtsanspruch. Es entstehen immer neue Wörter. Man muss aufpassen: Anpassung heißt eher verschlechtern, Umschichtung heißt wegnehmen und irgendwo dazugeben, und Flexibilisierung heißt, es ist noch vorhanden. – Das war auch unser Vorbehalt.

Zum Universitäts-Studiengesetz: Da geht es wieder um das Bakkalaureat, aber auch um Anrechnungspunkte. Es ist wichtig, dass in einem europäischen System die Anrechnung von Studienleistungen vorgenommen wird.

Es ist dieses Europa auch kein volles Ausland mehr – obwohl natürlich noch Ausland –, aber es sollten doch alle Leistungen enthalten sein: die Vorbereitung auf die Prüfung, die Diplomarbeit und auch eine notwendige Praxiszeit. Diese Anrechnung halte ich für wichtig, damit nicht jemand Studienzeiten dadurch verliert, dass er an anderen Universitäten – vielleicht auch sehr wertvolle – Erkenntnisse gewonnen hat. Ich glaube, dass hiefür noch eine weitere EU-Regelung notwendig sein wird.

Ich möchte auch eine Frage stellen, die mir Herr Staatssekretär Finz vielleicht nicht beantworten kann: Wie geht es mit dem "Master of Advanced Studies" – "MAS"-Grad – weiter, und welche Anerkennung wird er in Österreich erhalten? – Diese Anerkennung ist europaweit verschieden. Ich kenne "MAS"-Absolventen, die in Brüssel sehr wohl als Akademiker anerkannt wurden; als sie aber dann nach Österreich zurückkamen, galt das nicht mehr. Das ist selbstverständlich auch eine finanzielle Frage.

Geregelt ist weiters das Diplomstudium für die Studienrichtung Zahnmedizin. Ich glaube, es ist jetzt auch geregelt, welcher Titel jenen Ärzten zukommt, die schon in einer allgemein humanmedizinischen Ausbildung einen Titel erworben haben und zusätzlich das Zahnarztstudium absolvieren. Das ist sozusagen durch eine Ergänzung des Doktorgrades möglich geworden.

Was ich für wichtig halte, ist die Frage der Informatik, vor allem für Pädagogen aller Schularten. Die Informatik muss selbstverständlich überall Eingang finden. Ich kenne das auch von den


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667. Sitzung / Seite 146

Pflichtschulen her: Es geht nicht nur darum, dass sich der Lehrer bei der Hardware – diese wird ohnehin zur Verfügung gestellt –, bei der Software und ihrer Anwendung auskennt, sondern vor allem um die Betreuung, wenn eine Schule zwei Informatik-Räume hat, wenn die Direktion und das Konferenzzimmer damit ausgestattet sind. Irgendjemand ist auch in einem Wirtschaftsbetrieb dafür zuständig und muss die Kenntnisse haben, diese Geräte entsprechend zu warten, anderen Mitarbeitern zu helfen und in der Fortbildung da zu sein. Auch das ist, zumindest was die Bundesschulen betrifft, durch dieses Gesetz richtig geregelt.

Ich möchte grundsätzlich sagen, dass wir im Bildungsbereich mit Einsparungen sehr vorsichtig sein sollten. Im Besonderen betrifft das auch den Forschungsbereich. Beides hängt irgendwie zusammen.

Meine Damen und Herren! Auch wenn es nicht Gegenstand dieses Gesetzes ist: Wir sollten sehr vorsichtig sein, dass Studieren teurer wird und dass Studiengebühren kommen.

Drittes Gesetz – Unterrichtspraktikumsgesetz: Das gehört eigentlich zu einem anderen Tagesordnungspunkt, den wir heute zum Schluss behandeln werden. Es geht um gleiche Rechte für die Frauen in der speziellen Gruppe von Unterrichtspraktikanten und vor allem -praktikantinnen. Dass sie, weil sie im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz nicht erfasst sind, in dieser Richtung selbstverständlich auch gleichgestellt sein und den gleichen Schutz haben sollen, ist selbstverständlich!

In diesem Sinne sind es drei sehr positive Gesetze. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.23

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. – Bitte, Herr Bundesrat.

19.23

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Zunächst darf ich mich entschuldigen. Meinen Aufzeichnungen nach war Kollegin Fuchs zu Wort gemeldet. Da dachte ich mir, dass mir das zumindest 30 Sekunden ermöglicht.

Die vorliegende Gesetzesmaterie enthält einige wichtige Punkte dafür, wie zum Beispiel Bakkalaureat-, Magister- und Doktoratsstudium kompatibel gemacht werden.

Was uns ebenfalls sehr wichtig ist, ist ein Bekenntnis zur Gleichrangigkeit privater und öffentlicher Universitäten durch den Zugang zu Studienbeihilfen auch für Studierende an Privat-, aber auch Fernuniversitäten.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir wissen, dass viele Studierende Teilzeitjobs ausüben, auf der einen Seite, um Berufserfahrung zu sammeln, auf der anderen Seite, weil sie das nötige Kleingeld brauchen. So ist sicherlich die Möglichkeit, im letzten Studienjahr ein Stipendium oder eine Studienbeihilfe zu empfangen, etwas, was eine weitere sinnvolle Maßnahme in die Richtung ist, die ohnehin bereits gesunkene Studienabbruchsquote weiter nach unten zu bringen.

Das sind aus meiner Sicht drei gute Gründe dafür, allen Gesetzesvorlagen die Zustimmung zu geben. Das wird unsere Fraktion auch tun. (Beifall bei der ÖVP.)

19.25

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.


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667. Sitzung / Seite 147

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit (65 und 248/NR sowie 6179/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit (74 und 249/NR sowie 6180/BR der Beilagen)

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit (82 und 250/NR sowie 6181/BR der Beilagen)

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit (88 und 251/NR sowie 6182/BR der Beilagen)


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667. Sitzung / Seite 148

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit (89 und 252/NR sowie 6183/BR der Beilagen)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit (112 und 253/NR sowie 6184/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit,

das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit und

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit.

Die Berichterstattung über die Punkte 13 bis 18 hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Horst Freiberger: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe die Berichte zu den Tagesordnungspunkten 13 bis 18. Da alle Berichte schriftlich vorliegen, erspare ich mir die Verlesung der Texte. Ich werde nur die Beschlussanträge stellen.

Zu Tagesordnungspunkt 13: Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit:


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667. Sitzung / Seite 149

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 14: Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 15: Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 16: Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 17: Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 18: Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit:

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.


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667. Sitzung / Seite 150

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über soziale Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über soziale Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über soziale Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über soziale Sicherheit.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird (6 und 152/NR sowie 6185/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten geändert wird.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatterin Monika Mühlwerth: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen. Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich bringe Ihnen zur Kenntnis, zu welchem Ergebnis der Ausschuss nach seinen Beratungen gekommen ist. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Leopold Steinbichler das Wort. – Bitte.

19.35

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hauptkern der vorliegenden Novelle zum Bundesgesetz


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667. Sitzung / Seite 151

über die veterinärmedizinischen Bundesanstalten ist die Zusammenlegung der Bundesanstalten von Wien und Mödling. In weiterer Folge kommt es zu einem positiven Synergieeffekt und zu einem optimalen Einsatz der vorhandenen Personalressourcen.

Durch die Globalisierung des Warenverkehrs auch bei den Lebensmitteln kommt den veterinärmedizinischen Anstalten große Bedeutung zu. Es gibt aber bereits viele Möglichkeiten sowohl für die Produzenten – sprich: Bauern – als auch für die Konsumenten, die eine wertvolle Unterstützung beim täglichen Einkauf und Konsum zusätzlich zu den angesprochenen Untersuchungen geben.

Als Erstes darf ich auf die strengen Kontrollen in Österreich sowohl bei den Futtermitteln als auch in den Schlachthöfen hinweisen. Erwähnen möchte ich hier die positive Zusammenarbeit mit unseren Tierärzten, zum Beispiel dem Schweine-Gesundheitsdienst. Ich darf auch feststellen, dass die Einführung des Rinder-Gesundheitsdienstes schneller vorangetrieben werden sollte.

Besonders erwähnenswert ist die strenge Kontrolle bei Trinkmilch. Zirka einmal wöchentlich wird ohne Ankündigung strengstens kontrolliert.

Wesentlich mehr Unterstützung erwarte ich mir von der Arbeiterkammer und den Konsumentenschützern. Mit der Einführung des AMA-Gütesiegels ist es erstmals gelungen, von der Geburt eines Tieres bis zum Schlachthof ohne Unterbrechung ausnahmslos eine Garantie über die Haltung, Fütterung und Abstammung zu geben. Mit Verwunderung muss ich feststellen, dass sich Großmärkte – als Beispiel möchte ich Billa anführen – krampfhaft gegen die Verwendung dieses Qualitätszeichens wehren und mit einer Eigenmarke – im angesprochenen Fall mit "Ja natürlich" – bis hin zur Banane eine sehr fragwürdige Herkunftsgarantie abgeben.

Ebenso erwarte ich mir von der Arbeiterkammer und den Konsumentenschützern Unterstützung bei einer Klärung bezüglich des Zeichens "Ja zu A" – eines rot-weiß-roten A –, das keine Garantie über Herkunft und Produktion eines Lebensmittels gibt, sondern lediglich etwas über die Wertschöpfung aussagt.

Positiv erwähnen möchte ich den hohen Standard, den Österreich bei der Bekämpfung von Tierseuchen erreicht hat. Ich darf anmerken, dass es zum Beispiel bei der wirtschaftlich so schädlichen Seuche BSE in Österreich zu keinen Problemen gekommen ist, weil zum Beispiel unsere Tierkörperverwertungsanstalten die Schlachtabfälle ordentlich verarbeiten und ordentlich erhitzen. Sie sparen nicht bei den Qualitätsstandards wie internationale, privatisierte Betreiber, die mit unseren qualitativ hochwertigen Standards und analytisch besten Methoden nicht mithalten können und schon gar nicht damit vergleichbar sind. (Bundesrat Meier: Bis diese privatisiert werden ...!)

Einen Denkanstoß möchte ich noch einbringen. In Kundl in Tirol wird das Wachstumshormon Bovines Somatropin, kurz BST, erzeugt. Es wäre an der Zeit, solche Produkte, die Gott sei Dank nicht in Österreich, sondern vorwiegend in den USA eingesetzt werden, zu Zeiten der Überschussdiskussion vom Markt zu nehmen. Die Arbeitsplätze in diesen Firmen sollten durch verstärkte Forschung und Entwicklung neuer Produkte, eventuell auf pflanzlicher Basis, gesichert werden.

Wie gesagt, möchte ich zu diesem Gesetz festhalten: Wir bekennen uns zu einer strengen Kontrolle, in erster Linie bei den Importlebensmitteln, weil der Konsument dort am wenigsten Sicherheit darüber hat, wie und mit welchen Zusatzstoffen diese Lebensmittel produziert wurden. Ich darf in diesem Zusammenhang auf unsere kleinbäuerlich strukturierte Landwirtschaft und auf diese glaubwürdige, nachvollziehbare Produktion verweisen.

Wir von der ÖVP werden der vorliegenden Novelle die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.39


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667. Sitzung / Seite 152

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk das Wort. – Bitte.

19.39

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Zu dem Ersuchen des Kollegen Steinbichler im Hinblick auf bessere Kooperation und seiner Aufforderung an die Arbeiterkammer, und zwar ohne Parteilichkeit: Die Aufgabe der Arbeiterkammer in diesen Fragen ist es, Konsumentenschützerin und erste Vertreterin der Konsumentinnen und Konsumenten zu sein. Die Untersuchungen, die seitens der Arbeiterkammer gemacht werden, sowie auch Unzulänglichkeiten, die aufgezeigt werden, beweisen die Qualität der Leistung der Arbeiterkammer in diesem Zusammenhang.

Ich darf später noch kurz auf den illegalen Einsatz von Antibiotika zu sprechen kommen.

Grundsätzlich gibt die sozialdemokratische Fraktion dieser Gesetzesänderung ihre Zustimmung. Denn wir erhoffen uns davon eine Effizienzsteigerung, wenn auch nicht so sehr ein Einsparungspotenzial. Ich glaube, genau im Bereich der stärkeren Kontrolle und des Einsatzes von qualifiziertem Personal – um diese stärkere Kontrolle wirksam werden zu lassen – wäre es – unter Anführungszeichen – "gefährlich" und würde letztlich die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger schädigen, wenn man da Einsparungen vornähme. Aber es gibt dazu ein grundsätzliches Ja seitens der Sozialdemokratie.

Ich möchte jetzt nicht explizit auf die entsprechende Auseinandersetzung im Nationalrat eingehen, um hier nicht eine Fortsetzung stattfinden zu lassen und weil ich konkrete Schuldzuweisungen und Namensnennungen dann nicht pflege, wenn ich die Täter nicht kenne. Daher werde ich das unterlassen.

Aber ich denke, dass wir bei allen positiven Maßnahmen in diesem Bereich, die von Ihnen angesprochen wurden – im Bereich der Kontrolle und der präventiven Maßnahmen –, trotzdem nach dem Motto "Wo viel Licht ist, ist auch Schatten" eine Tendenz nicht übersehen sollten, die uns der WHO-Bericht sehr alarmierend vor Augen führt. In dem WHO-Bericht heißt es, dass die Resistenz gegen Antibiotika steigt und die Medizin um Jahrzehnte zurückgeworfen wird: Diese zunehmende Resistenz gefährlicher Bakterien gegen Antibiotika drohe den medizinischen Fortschritt um Jahrzehnte zurückzuwerfen.

Dafür verantwortlich ist das Faktum des verstärkten Einsatzes von Antibiotika in der Tierzucht und in der Futterproduktion. Ich denke, auch ohne Schuldzuweisung, sondern eher mit dem Dank an die ausführenden Organe, in dem Fall die Zollbehörde, müssen wir hellhörig werden, wenn wir wissen, dass Anfang Juni – also vor knapp einem Monat – an der österreichisch-bayerischen Nicht-Grenze, aber trotzdem Grenze, ein Tierarzt aus Bayern angetroffen wurde, der über 300 Kilogramm an Tiermedikamenten – und zwar solchen, die nicht zum Einsatz gebracht werden sollen – mit sich getragen hat. Nach Schätzung der Zollbeamten – also nicht nach Schätzung der Sozialdemokratie, sondern der zuständigen Beamten – hätten damit 70 bis 80 österreichische Bauern beliefert werden sollen.

Ich denke, laut Auskunft ... (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Das ist gut, ja, es gibt keinen Widerspruch. Wir sollten aber bei der Zunahme der Illegalität des Einsatzes von Antibiotika – auf welchen Wegen auch immer – hellhörig werden, das heißt, uns bei dem Lob der Qualitätsverbesserung nicht in Sicherheit wiegen, weil das in Wirklichkeit eine Verantwortungslosigkeit gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten wäre. Jedes Gesetz ist so gut wie die Möglichkeit der Kontrolle und der Umsetzung. (Bundesrat Steinbichler: Frau Kollegin! Eine Anmerkung! Ich hoffe nicht ...!) Das können Sie mir dann persönlich geben. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Es wäre vielleicht eine Anregung an den anwesenden Staatssekretär, sich einfach Folgendes zu überlegen. Auch diese Regierung hat sich wie die vorige vorgenommen, eine Effizienzsteigerung im Bereich der Kompetenzen zu erreichen. Ich hielte es für nachdenkenswert, wenn nicht überhaupt für gescheit, wenn man da eine Kompetenzzusammenlegung erfolgen ließe. Es ist nicht


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667. Sitzung / Seite 153

gescheit, dass Herr Kollege Molterer für Futtermittel und Frau Kollegin Sickl für Fleisch zuständig ist. Vielleicht kann man sich dort eine Kompetenzzusammenlegung überlegen, weil damit eventuell auch die Exekutierung und Durchführung der Gesetze gescheiter erfolgen könnte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steinbichler: Frau Kollegin!)

19.44

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Franz Koller. Ich erteile ihm das Wort.

19.44

Bundesrat Franz Koller (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich möchte zu zwei veterinärmedizinischen Anliegen Stellung nehmen. Die eine Stellungnahme betrifft die Rinderkrankheiten, die andere die Schlachttier-Untersuchungen.

Das Tiergesundheitsgesetz enthält Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit von Tieren in Betrieben. Die Bangseuche, Rinderleukose sowie die Rindererkrankungen IBR und IPV sind per Gesetz geregelt. Das Tiergesundheitsgesetz ermächtigt auch den Bundeskanzler und die Landeshauptleute, Verordnungen zu erlassen.

Besonders wichtig wäre es, eine gezielte Bekämpfung der BVD – einer muskulären Erkrankung von Rindern – durchzuführen. Große Exportchancen für Rinder würden sich bei einem österreichweiten BVD-freien Bestand ergeben. Die skandinavischen Länder sind BVD-frei, daher würden besonders Norwegen, aber auch Schweden gute Rinderpreise bezahlen. Auch innerhalb der EU könnten wir einen hohen Level erreichen und dadurch einen Schutz gegenüber anderen Staaten aufbauen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt seit einiger Zeit einen vertragslosen Zustand zwischen den Tierärzten und den Schlachthöfen über die Schlachttier-Untersuchungen, die sogenannte Beschau. Eine EU-Richtlinie schreibt die Gebühren genau vor, zum Beispiel bei Rindern 4,5 Euro. Damit sind die Tierärzte noch einverstanden. Aber bei Schweinen sind es 1,3 Euro – das sind 18 S und einige Groschen –, und das ist den Tierärzten zu wenig. Die Schlachthöfe beharren auf diesen Richtpreisen, aber den Tierärzten ist es, wie gesagt, viel zu wenig.

Die Tierärzte berufen sich auf die Richtlinie, nach der Mehrkosten verrechnet werden könnten, wenn Uneinheitlichkeit bei den Schlachttieren entsteht, bei Verzögerung der Schlachttier-Anlieferung, bei Verzögerung der Schlachtung der Tiere und bei Mehrkosten durch besondere Wegzeiten. Bei uns in der Steiermark sollte der zuständige Landesrat Erich Pöltl die Gebühren für die Fleischbeschau per Verordnung regeln. Er tat dies nicht – mit dem Ansinnen, er wolle ein Gutachten einholen. Dieses liegt bis heute nicht vor.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch in anderen Bundesländern gibt es diese Probleme, wie ich gehört habe. Ich befürchte, dass die Schlachtbetriebe Lobbyismus betreiben, ihre Stärke gegenüber den Tierärzten ausspielen und diese dann alle Möglichkeiten ausschöpfen. Dies geschieht dann auf dem Rücken und zu Lasten der Bauern. Ich ersuche hier um Vernunft, dass eine für alle akzeptable Lösung herauskommt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einem weiteren Debattenbeitrag hat sich Herr Bundesrat Leopold Steinbichler gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

19.47

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu Kollegin Trunk möchte ich noch gern eine kurze Anmerkung vorbringen. Ich denke, das ist aus Verständnisgründen, weil jetzt gerade Urlaubs- und Reisezeit ist, besonders passend.


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667. Sitzung / Seite 154

Ich bin natürlich dafür, dass schwarze Schafe gestellt und anonyme Zustände bereinigt werden. Man weiß, wie locker zum Beispiel im Osten mit Arzneiwaren umgegangen wird. Man weiß auch nicht, wo dieser Tierarzt hingefahren wäre.

Aber es wäre zu einfach, Frau Kollegin, diese Allergien und die Resistenz gegen Antibiotika auf die heutige Ernährung zurückzuführen, wenn die Leute ohnehin so wenig Fleisch essen.

Frau Kollegin! Schauen wir uns einmal an, wie viele Antibiotika sich die Leute in den Drogerien und Apotheken kaufen! Denn sie brauchen für jede Krankheit ein Pulverl, für jede Reise eine Vorsorgeimpfung und eine Vorsorgespritze. Vielleicht kann man die Antibiotika-Resistenz auch einmal aus dieser Sicht betrachten.

Ich denke, man sollte es sich nicht ganz so einfach machen und wirklich einmal den täglichen Antibiotika-Genuss aus der Apotheke durchleuchten. Ich bitte darum, ich bin einfach für eine objektive Darstellung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

19.49

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Waneck das Wort. – Bitte.

19.49

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Gestatten Sie mir nur ein paar kurze Bemerkungen. Ich darf darauf hinweisen, dass unter der gegenwärtigen Regierung eine ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen dem Landwirtschaftsministerium und dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen besteht, sodass dort momentan keinerlei Friktionen vorhanden sind, auch was die verschiedenen Kompetenzaufteilungen betrifft. – Das ist das eine.

Das Zweite ist, dass das Fleischuntersuchungsgesetz ausschließlich Landessache ist und nicht in unserer Kompetenz liegt.

Das Dritte ist, dass wir ein noch viel größeres Problem auf uns zukommen sehen, vor dem wir uns wappnen und gegen das wir geeignete Maßnahmen finden müssen. Es wird derzeit innerhalb der EU an einer Richtlinie beziehungsweise an einer Entscheidung gearbeitet, die es ermöglichen würde, dass man sich jedes Medikament in jedem EU-Land in beliebiger Weise besorgen kann. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.50

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird (182 und 233/NR sowie 6186/BR der Beilagen)


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667. Sitzung / Seite 155

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (183 und 236/NR sowie 6187/BR der Beilagen)

22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geändert wird (182/A und 237/NR sowie 6188/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 bis 22 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird, und schließlich

ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, geändert wird.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth übernommen. Ich bitte sie darum.

Berichterstatterin Monika Mühlwerth: Der Bericht zu Tagesordnungspunkt 20 betreffend das Krankenanstaltengesetz liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 21 betreffend das Dentistengesetz: Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 22 betreffend das Ärztegesetz: Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Maria Grander das Wort. – Bitte.

19.52

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Im Zusammenhang mit dem Thema Krankenanstaltengesetz möchte ich feststellen, dass das KAG in der Kurzform die Rahmenbedingungen schafft, und ich möchte in einigen Punkten auf die Krankenpflege eingehen.

Trotz der gesetzlichen Regelungen gibt es über einzelne Punkte immer wieder heiße Diskussionen, besonders über den Bereich der Pflege, vor allem was den gehobenen Dienst im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege betrifft. Hier werden immer wieder von anderen Berufsgruppen Rationalisierungsmaßnahmen vorgeschlagen, und es werden solche auch durchge


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667. Sitzung / Seite 156

führt. Man hat den Eindruck, dass hier offenbar die Meinung herrscht – und auch in eine Tatsache umzusetzen versucht wird –, dass die größte Berufsgruppe, die deshalb auch über die meisten Planstellen verfügt, die ersten Sparmaßnahmen treffen soll, so nach dem Motto: Das sind sowieso so viele, da können wir einmal zu sparen beginnen – obwohl auch hier das Arbeitszeitgesetz durchzuführen ist. Ich höre immer von ärztlicher Seite sehr viel über das Arbeitszeitgesetz, weil es dort zu sehr starken Veränderungen geführt hat, aber ich darf feststellen, dass auch der Pflegebereich vom Arbeitszeitgesetz betroffen ist. Auch wir haben sehr stark umstrukturieren müssen.

Ich stelle auch hier fest: Die Pflege ist das Rückgrat eines Krankenhauses, und daher ist in der Gesamtorganisation in allen Berufsgruppen dieser "Produktionsstätte" im Sinne einer patientenorientierten Organisation zuzuarbeiten.

Auch wird immer wieder die tief greifende Diskussion über die Notwendigkeit der Pflegedirektionen geführt. Man kann das in der Arbeitsgemeinschaft der Pflegedirektoren Österreichs oder auch der einzelnen Bundesländer ständig miterleben: In jedem Bundesland entstehen immer wieder diese Diskussionen. Wenn es auch Krankenanstalten gibt, in denen Pflegepersonen ein Vorstellungsgespräch mit dem Verwaltungsdirektor führen und von diesem auch die Anstellung dieser Personen erfolgt, so ist daraus nicht zu schließen, dass Pflegedirektionen nicht notwendig wären. Die Personalanstellung ist eines der wenigen Dinge, die in diesem Zusammenhang genannt werden könnten, aber ich frage mich, wie in diesen Fällen dann die fachliche Qualifikation der Pflegepersonen überprüft wird, und diese hat auch Einfluss auf das Sparen, wie man grundsätzlich feststellen muss.

Die Diskussion darüber, das Triumvirat in der Direktion, in der Leitung eines Hauses – ärztliche, Pflege- und Verwaltungsdirektion – in Richtung einer dualen Führung – ärztliche Direktion und Verwaltungsdirektion – zu verändern, sehe ich sehr kritisch, und sie ist sicher auch nicht patientenorientiert. Diese Überlegung bitte ich sehr kritisch zu hinterfragen.

Ein weiteres Thema ist immer wieder die Hygiene-Fachkraft, die dem Krankenhaushygieniker als qualifizierte Fachkraft zur Seite zu stehen hat. Dies ist auch immer wieder ein sehr umstrittener Diskussionspunkt. Die Notwendigkeit bekundet jeder, die Installierung dieser Planstellen hinkt aber immer nach. – Hier ist festzustellen, dass durch eine gut funktionierende Krankenhaushygiene viel an Kosten gespart werden kann.

Bezüglich Qualitätssicherung, die auch immer wieder ein wichtiges Thema ist, kann angemerkt werden, dass die Qualitätssicherungsmaßnahmen, so glaube ich, in einigen oder in vielen Häusern auch schon greifen. Ich bin der Meinung, dass die Qualitätssicherung in den Anstalten auch schon gut durchgeführt wird. Dabei erweisen sich Qualitätszirkel, in denen alle Berufsgruppen vertreten sind, als effizient. Es handelt sich dabei um eine auf freiwilliger Basis gebildete Gruppe, deren Themen vorgegeben sind und in die sich Personen aus jeder Berufsgruppe freiwillig melden.

Meine Bitte ist es auch, im Hinblick auf Diskussionen um Strukturänderungen oder Finanzierungsfragen auch Pflegepersonen in die betreffenden Arbeitsgruppen mit einzubeziehen.

Meine Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.56

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Johanna Schicker. Ich erteile ihr das Wort.

19.56

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat sehr praxisorientiert gesprochen – sie ist eine Fachfrau auf diesem Gebiet. Ich darf nur noch einige Anmerkungen, die nicht den Pflegebereich betreffen, zu einigen notwendigen Punkten dieser Novellierung des Krankenanstaltengesetzes hinzufügen.


Bundesrat
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Ich finde es ganz wichtig, dass es auch in Bezug auf die bereits bestehenden Patientenrechte insofern Verbesserungen gibt, als die Heranziehung von Patienten zu klinischem Unterricht nur mit Zustimmung der Betroffenen erfolgen darf. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn unter dem Begriff "klinischer Unterricht" versteht man die Heranziehung von Patienten zu Falldemonstrationen in Hörsälen.

Eine EU-Anpassung betrifft unter anderem § 20 Abs. 3. Dieser sieht vor, dass jene Krankenanstalten, die über keine anstaltseigene Apotheke verfügen, nunmehr EU-weit ihre Medikamente beziehen können. Das sollte letztendlich auch zu einer Kostenreduktion in diesen Krankenanstalten führen, weil anzunehmen ist, dass die Möglichkeit des Arzneimittelbezuges aus Apotheken im EWR-Raum dann in Anspruch genommen werden wird, wenn dies für die Träger kostengünstiger ist. Ich glaube, das ist auch der springende Punkt.

Weiters ist als positiv zu vermerken, dass den Mitgliedern der Ausbildungskommissionen nunmehr auch der Zutritt zu Krankenanstalten, die als Ausbildungsstätten oder Lehrambulatorien anerkannt sind, gestattet wird. Ihnen ist dann in alle Unterlagen Einsicht zu gewähren, die die Ausbildung der Turnusärzte betreffen.

Zusammenfassend darf ich feststellen, dass diese Novelle eine Weiterentwicklung in unserem, so meine ich, guten Gesundheitssystem darstellt. Unsere sozialdemokratische Fraktion wird dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

19.58

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Christof Neuner das Wort. – Bitte.

19.58

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir gehen zwar davon aus, dass das österreichische Gesundheitswesen eines der leistungsfähigsten der Welt ist; allerdings hat sich in der Vergangenheit auch gezeigt, dass die in den letzten Jahren begonnenen und nur teilweise umgesetzten Reformen nicht ausreichend sein werden, um einerseits die Erhaltung der Qualität des Systems und andererseits auch die rasche und adäquate Einbringung neuer medizinischer Erkenntnisse in das Leistungssystem zu ermöglichen. – So müssen unter anderem wesentliche Ziele der Gesundheitsplanung wie etwa die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips aus Kosten- und Qualitätsgründen, das bedarfsgerechte Angebot und die Transparenz einer qualitätsorientierten Behandlungskette – sprich: Patientenmanagement – verwirklicht werden. Die wirklich großen Reformvorhaben liegen noch vor uns, zum Beispiel wenn es im Herbst um das Krankenfinanzierungsgesetz gehen wird.

Bei der uns heute vorliegenden Krankenanstaltengesetz-Novelle handelt es sich um eine EU-Rechtsanpassung in Richtung Patientenrecht. Es geht dabei um schnellere Datenübertragung. Auch können jetzt Arzneimittel für Krankenanstaltsapotheken aus dem EWR-Raum bezogen werden. Das wird in Summe sicherlich auch günstigere Einkaufsmöglichkeiten ergeben.

Bei der Änderung des Ärztegesetzes 1998 geht es um administrative Änderungen bei der Beitragseinhebung. Hier soll im Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die vor dem Ärztegesetz bestehende Rechtslage wieder hergestellt werden, da es in der Vergangenheit zu Missverständnissen gekommen ist.

Die Änderung des Dentistengesetzes stellt klar, dass auch Qualifikationsnachweise, die nichtösterreichischen EWR-Staatsangehörigen – zum Beispiel Südtirolern – ausgestellt werden, zur Berufsausübung in Österreich berechtigen.

Ich bin überzeugt, dass unsere Regierung, vor allem unser Herr Staatssekretär, im Sinne unserer Patienten arbeitet und die Qualität sichert und kontrolliert, und zwar nicht nur in unseren Krankenanstalten, sondern im gesamten Gesundheitssystem.


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 158

Wir werden dieser Vorlage zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.01

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Staatssekretär Dr. Waneck, ich erteile es Ihnen. – Bitte.

20.01

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Nur ganz kurz: Dieses Gesetz beinhaltet noch viele andere Dinge auch. Es geht darin nicht nur um die bereits erwähnten und sehr notwendigen Anpassungen, sondern auch noch um andere, durchaus einfache Dinge, die aber doch insgesamt die Situation in den Krankenanstalten verbessern sollen. Das beginnt mit der Sichtbarmachung der Anstaltsordnung für alle – nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Patienten – und mit Anpassungen an das Datenschutzgesetz, die deshalb notwendig sind, weil wir seit vier Jahren bereits über sehr viele Daten über die Krankenanstalten verfügen und das in Zukunft, wenn der Ambulanzbereich und der niedergelassene Bereich hinzukommen sollen, noch weiter ausgeweitet werden wird.

Weiters geht es in diesem Gesetz um die Ergänzung von Tätigkeiten des Sicherheitsbeauftragten, um die Ausweitung der Verschwiegenheitspflicht auch auf die Ausbildungskommission, die jetzt zu Krankenanstalten Zutritt hat, oder auch um die zwingende Bestellung von LeiterInnen der gehobenen Dienste für Gesundheits- und Pflegeberufe. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die erste Rednerin eingehen: Ich glaube auch, dass es sehr wichtig ist, in Hinkunft Hygieniker in einer erforderlichen Anzahl zwingend zu installieren. Das wird aber eine Frage sein, die man im Rahmen der Artikel 15a-Vereinbarung mit den Bundesländern besprechen muss, weil das letztlich in ihre Kompetenz fällt. Ich ersuche Sie, soweit Sie als Bundesräte in den Bundesländern tätig sind, bereits jetzt dahin gehend mitzuwirken, dass seitens der mit uns verhandelnden Bundesländer eine positive Stimmung für solche wichtige Veränderungen besteht.

Ich glaube auch, dass eine Jobangst unbegründet ist. Wir verfügen über eine sehr neue Studie über die Entwicklung im Gesundheitswesen im Laufe der letzten zehn Jahre, laut der eine stetige Zunahme von Pflegepersonen, nicht nur der Ärzte, zu erkennen ist und diese Tendenz auch weiterhin anhalten wird, soweit unser Land seinen Wohlstand bewahren kann, was wir alle doch hoffen.

Hinsichtlich der Mitbestimmung und Mitverantwortung des Pflegebereiches bin ich der Meinung, dass diese unverzichtbar sind und auch weiterhin erhalten werden müssen.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob nicht die kollegiale Führung in der jetzigen Form, wie sie eigentlich nur mehr in Österreich existiert, die zwar für kleinere Einheiten durchaus zweckmäßig ist, für größere Spitäler in dieser Form unzureichend geworden ist, überdacht werden muss und ob nicht in Zukunft einfach ein Krankenhausvorstand – auch das wird man sich überlegen müssen – die einzelnen Funktionen wahrnehmen wird müssen, weil sie für die Einzelpersonen – ich selbst spreche als ehemaliger ärztlicher Direktor aus eigener Erfahrung – einfach zu viel geworden sind. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.04

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wird noch eine weitere Wortmeldung gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Von der Berichterstattung wird ebenfalls kein Schlusswort gewünscht.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird.


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (187/A und 243/NR sowie 6189/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen auf dem Gebiete der Währung im Zusammenhang mit der Ausgabe der Euro-Banknoten und -Münzen erlassen werden (Eurogesetz), und das Scheidemünzenge


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setz 1988 und das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden (174 und 244/NR sowie 6190/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 24. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen auf dem Gebiete der Währung im Zusammenhang mit der Ausgabe der Euro-Banknoten und -Münzen erlassen werden (Eurogesetz), und das Scheidemünzengesetz 1988 und das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Christof Neuner übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen auf dem Gebiete der Währung im Zusammenhang mit der Ausgabe der Euro-Banknoten und -Münzen erlassen werden (Eurogesetz), und das Scheidemünzengesetz 1988 und das Nationalbankgesetz 1984 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche um die Debatte und um die Beschlussfassung.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Grillenberger das Wort. – Bitte.

20.07

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Eurogesetz werden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einführung des Euro als Zahlungsmittel mit 1. Jänner 2002 geschaffen. Was die Länge der Phase des dualen Bargeldumlaufes von Euro und Schilling betrifft, so können gemäß Artikel 15 der 2. Euro-Verordnung die dafür vorgesehenen sechs Monate durch nationale Regelungen verkürzt werden.

Ich frage mich, warum wir nicht diesen Zeitraum von sechs Monaten nützen und unseren Bürgern die Umtauschmöglichkeit bis zum 30. Juni 2002 bieten. Mit dieser Gesetzesvorlage geben wir unseren Bürgern nur zwei Monate lang – von 1. Jänner bis Ende Februar 2002 – die Möglichkeit, ihr Geld bei den Bankinstituten kostenlos umzutauschen. Danach macht es nur mehr die Nationalbank. Ab diesem Zeitpunkt müssen die Menschen, wenn sie noch irgendwo Schillingbestände finden, zu der in ihrem jeweiligen Bundesland bestehenden Außenstelle der Nationalbank fahren. (Bundesrat Grissemann: Nein, ...!) – Ich glaube schon!

Ich glaube, wir sollten im Sinne des Bürgerservice doch die Möglichkeiten ausnützen und den gesamten Zeitraum von sechs Monaten für die Umtauschmöglichkeit vorsehen.

Daher werden wir Sozialdemokraten dieser Vorlage keine Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann. Ich erteile ihm das Wort.

20.09

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ziel des vorliegenden Gesetzesbeschlusses des Nationalrates ist in erster Linie die Verkürzung des Zeitraums des doppelten Bargeldumlaufes auf zwei Monate.


Bundesrat
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Abgesehen davon, dass eine Währungsumstellung natürlich immer mit etwas Unbehagen aufgenommen wird, wäre ein doppelter Bargeldumlauf über einen Zeitraum von sechs Monaten – stellen Sie sich das vor! – natürlich eine unnotwendige Belastung, vor allem im Bereich des Handels.

Ein weiterer Effekt dessen ist, neben den bekannten Vorteilen, dass die Eingewöhnungsphase nun extrem kurz ist, was natürlich zugegebenermaßen auch Erschwernisse mit sich bringt, besonders für unsere älteren Mitbürger. Eine gewisse Betreuung im Sinne einer Aufklärung, insbesondere durch die Medien, wird hier sicher noch notwendig sein.

Herr Kollege Grillenberger! Ich glaube, ich kann Sie aber beruhigen, was die Einwechslungsmöglichkeiten nach diesen zwei Monaten betrifft. Es wird doch in der Praxis so sein, dass die Banken, die in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen, es sich nicht leisten können, ein altes Mütterchen oder einen Pensionisten eiskalt zur Nationalbank oder deren Filiale zu schicken. Ich kann mir das nicht vorstellen! Ich glaube, das kann sich keine Bank leisten! Das wird sich also durch den Wettbewerb praktisch erledigen. (Bundesrat Grillenberger: Wir würden es begrüßen!) Ich stelle es mir so vor. Ich kann es mir nicht anders vorstellen. Im allerschlimmsten Fall ist, wie gesagt, natürlich in jeder Landeshauptstadt auch eine Niederlassung der Nationalbank; aber ich glaube, diesen Umtausch werden sicher die Banken übernehmen. Ich habe allerdings zugegebenermaßen noch nichts davon gelesen oder gehört; aber das wird sich, so kann ich mir vorstellen, einspielen, sobald die erste Bank diesen Service übernimmt.

Jetzt aber komme ich auf etwas anderes zu sprechen. Ein Problem ist leider überhaupt noch nicht gelöst und könnte überhaupt nur auf bilateraler Ebene gelöst werden – und da haben wir derzeit die bekannten Probleme –, und ich möchte es hier im österreichischen Bundesrat auch noch einmal ansprechen: Aus mir unverständlichen Gründen wurde bekanntlich bei der Stückelung der Euro-Banknoten – wer immer dafür zuständig war – auf die Einführung einer 1-Euro-Banknote verzichtet. – Nun weiß jeder, der so wie ich öfters in den USA weilt, dass die 1-Dollar-Banknote, der die 1-Euro-Banknote etwa entsprechen würde, praktisch unverzichtbar ist. Ich kann mir das, bei meinen vielen Aufenthalten in den USA, gar nicht vorstellen, dass es diese nicht gäbe. Bei uns in Europa wird das dann aber so werden, dass man mit prallen Säcken voller Münzen herumlaufen wird. (Bundesrat Grillenberger: ... Plastikgeld!) Meines Wissens ist die erste Banknote eine 5-Euro-Note. Man stelle sich das einmal vor!

Ich weiß nicht, wer das verzapft oder "verbrochen" hat. Das müsste wirklich bereinigt werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das so bleibt. Die Praxis wird zeigen, dass hier Handlungsbedarf besteht, und ich kann mir vorstellen, dass es in absehbarer Zeit auch eine 1-Euro-Banknote geben wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.12

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Dr. Finz das Wort. – Bitte.

20.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Der doppelte Bargeldumlauf ist eine technische Schwierigkeit, und ich möchte davor warnen, einen allzu langen Zeitraum dafür vorzusehen. Sie müssen dabei an Taxifahrer, an den Handel, an Trafikanten und an all jene, die viel mit Kleingeld zu tun haben, denken: Für sie ist das eine furchtbare Erschwernis.

Ein anderer Punkt, der davon zu unterscheiden ist, ist die Umtauschmöglichkeit. Eine gesetzliche kostenlose Umtauschmöglichkeit gibt es an und für sich nirgends in Europa. Die Banken haben uns aber versichert, dass sie in ihrem Kundenbereich da überhaupt keine Probleme machen werden. Sie wollen eine kostenlose Umtauschpflicht aber auch deshalb nicht gesetzlich verankert haben, weil sie befürchten, dass dann zum Beispiel irgendwelche Guthaben aus den Oststaaten ins Rollen gebracht werden könnten und sie dann noch gesetzlich verpflichtet wären, Beträge in unzumutbarer Höhe kostenlos umzutauschen. In ihren Geschäftsbereichen beziehungsweise Kundenbereichen werden die Banken einen kostenlosen Umtausch aber ohne weiteres durchführen.


Bundesrat
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Ein Punkt, bei dem auch ich ein Problem sehe, ist die Stückelung der Banknoten. Wir werden sicherlich viele schwere Taschen mit uns herumtragen und die Anzugtaschen durchbrechen. Es wäre die Banknotenstückelung sicherlich auch nach meiner oder nach unserer Sicht weiter nach unten vorzunehmen gewesen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? (Bundesrat Mag. Neuner: Nein!)  – Das ist ebenfalls nicht der Fall. – Danke.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

25. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird (173 und 245/NR sowie 6191/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 25. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ludwig Buchinger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Ludwig Buchinger: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz geändert wird.

Der Bericht liegt schriftlich vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herbert Thumpser das Wort. – Bitte.

20.15

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Das vor uns liegende Pensionskassengesetz unterscheidet sich von bisherigen ähnlichen Gesetzesmaterien, was den Ablauf bis hin zur Gesetzeswerdung betrifft, dadurch, dass keine Gespräche auf Sozialpartnerschaftsebene mehr stattfinden, dass im Vorfeld eines offiziellen Begutachtungsverfahrens der Informationsaustausch der beteiligten Sozialpartner nicht mehr gepflegt wird. Dies dokumentiert auch ein Brief der Bundesarbeitskammer an das Finanzministerium vom 9. Mai 2000.

Grundsätzlich wird die Schaffung der Möglichkeit von Pensionskassenlösungen für alle öffentlich Bediensteten begrüßt. Der Grund dafür, dass wir als Sozialdemokraten diesem Gesetz nicht zustimmen, liegt jedoch im Detail. Es geht hier um eine neue Pensionskasse, und im Zusammenhang mit diesem Pensionskassengesetz stellt sich die Frage, wie sicher eigentlich diese


Bundesrat
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neue Pensionskasse ist, vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Liberalisierung der Veranlagungsrichtlinien entsprechend vorangetrieben wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat im Gegensatz zum angelsächsischen Raum eine andere Einstellung zu den Pensionen: Eine Pensionskasse soll stabile und werthaltige Pensionen garantieren und nicht auf die Jagd nach Spitzenrenditen gehen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre konnte man mit höheren Aktienanteilen höhere Renditen erzielen, doch sollte man nicht vergessen, dass nach den Gesetzen der ökonomischen Logik Aktienmärkte nicht ewig doppelt so rasch wie die Gesamtwirtschaft wachsen können. Zusatzpensionen können auch sinken, und ich glaube, dass dies nicht im Sinne dieses Gesetzes ist. Auf Grund dessen werden wir dieser Gesetzesmaterie nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Alfred Schöls das Wort. – Bitte.

20.17

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Beginn der Debatte zu dieser Materie ein klares Bekenntnis zum Umlagesystem bei den Pensionen ablegen und klar festhalten, dass Pensionskassen für mich kein Ersatz für die bestehende Pension sein können, sondern dass eine Pensionskassenregelung nur ein Angebot für eine auf freiwilliger Basis bestehende zusätzliche Vorsorge, zusätzlich zur bestehenden gesetzlichen Altersvorsorge, sein kann. Daher kann ich Herrn Kollegen Thumpser versichern, dass wir als ÖAAB und als FCG und auch, was weite Teile meiner Mutterpartei betrifft, überhaupt nie einen Zweifel daran gelassen haben, dass wir am bestehenden Umlagesystem und an der staatlichen Altersvorsorge als Grundvorsorge festhalten.

Die vorliegende Vorlage ist eine nötige – ob sinnvolle, wage ich nicht zu beurteilen – Ergänzung zu dem, was bereits am Markt vorhanden ist, da vor einigen Monaten für die Vertragsbediensteten des Bundes und auch für Vertragsbedienstete in einigen Bundesländern die Möglichkeit des freiwilligen Zuganges zu Pensionskassen geschaffen wurde. Es würde der Systematik des öffentlichen Dienstes nicht entsprechen, wenn wir nicht auch für die öffentlich-rechtlich Bediensteten, im Volksmund besser bekannt als die pragmatisch Bediensteten, diese Möglichkeit eröffnen würden.

Insofern scheint mir die vorliegende Novelle ein durchaus interessanter – gestatten Sie mir, das so salopp zu formulieren – Feldversuch zu sein, und man sollte ihr die Möglichkeit geben, erprobt zu werden. Aus diesem Grund werde ich und wird die ÖVP-Fraktion der Vorlage die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.19

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter das Wort. – Bitte.

20.19

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich darf ganz kurz auf die Ausführungen von Kollegen Thumpser zurückkommen: Es geht bei dieser Vorlage nicht um eine Gefährdung der Sozialpartnerschaft, sondern, wie mein Vorredner bereits erwähnt hat und wie auch dem Bericht zu entnehmen ist, darum, dass eben die öffentlich-rechtlich Bediensteten auch diese Möglichkeit eingeräumt bekommen.

Meine Damen und Herren! Da die Sozialdemokratie dieser Vorlage nicht zustimmen kann, stellt sich die Frage, warum die Sozialdemokratie generell keinen Einwand erhoben hat. Denn die große Gruppe der ASVG-Versicherten – oder eben der nicht öffentlich Bediensteten – hat ebenfalls die Möglichkeit dieser Zusatzlösung, nämlich des Pensionsfonds.


Bundesrat
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Weil Kollege Thumpser die Frage der Spekulation angesprochen hat, möchte ich feststellen, meine Damen und Herren, dass gerade wir Parlamentarier uns auch zu dieser Lösung entschlossen haben. Ich glaube nicht, dass es für diese Entscheidung einen spekulativen Grund gab.

Daher meine ich abschließend: Jeder, der gegen diese Vorlage stimmt, ist eigentlich gegen die öffentlich-rechtlich Bediensteten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.20

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldung liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 9. Dezember 1976 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (71 und 242/NR sowie 6192/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 26. Punkt der Tagesordnung: Protokoll zur Abänderung des am 9. Dezember 1976 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses, der Ihnen in schriftlicher Form vorliegt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates die Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau (216/A und 265/NR sowie 6193/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau.

Die Berichterstattung hat wiederum Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Na, der ist im Einsatz! Sportler!) – Bitte.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich bringe den Antrag:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Gottfried Kneifel das Wort. – Bitte.

20.23

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sperre der Donau durch Serbien hat beträchtliche Folgen für die Rohstoffversorgung der österreichischen Industriebetriebe mit sich gebracht. Allein die VOEST musste große Probleme hinnehmen, beispielsweise für die Erztransporte, die für diesen Betrieb lebenswichtig sind.

Die Sperre der Donau stellte die Transporteure vor die Tatsache, die Transportrouten generell zu verändern und völlig neu zu gestalten. Deshalb ist es erfreulich, dass die Donaukommission, auch unter Federführung von Österreich und Wien, stark eingegriffen und ein Projekt zur Räumung der Donau bei Novi Sad beschlossen hat. Vor wenigen Tagen hat auch das Europäische Parlament rund 22 Millionen Euro zur Finanzierung dieses Projektes bereitgestellt.

Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass vom Transitverkehr Österreichs ungefähr zwei Drittel des gesamten Volumens die Nord-Süd- und Süd-Nord-Achse und -Relation betreffen sowie ungefähr ein Drittel die Ost-West-Relation betrifft, dann wird uns klar, welche Bedeutung die Donau derzeit schon hat und auch in Zukunft – ich denke da etwa an die EU-Osterweiterung – haben wird. Ich glaube, das sollten wir uns vor Augen führen, wenn wir an die weitere Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft denken.

Wir wissen auch, dass die Autobahn – die A 1 – an ihrer Belastungsgrenze angelangt ist und dass die Österreichischen Bundesbahnen in der Ost-West-Relation keine zusätzlichen Güterzüge mehr verkraften. Im Gegensatz dazu sind die Schleusen der Donau bisher nur zu rund 20 Prozent ausgelastet. Daraus erkennen wir ihren Wert für die Bewältigung der Transportprobleme der Zukunft.


Bundesrat
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Auch in diesem Bereich hat die neue Bundesregierung große Altlasten und Versäumnisse zu bewältigen, und zwar mit dem Ziel, die Donau noch attraktiver und zukunftsorientierter zu gestalten, nämlich sie als modernen Verkehrsträger aufzuwerten. Es ist mehr als verwunderlich, dass die bisherigen Bundesregierungen in den vergangenen Jahren der Donau als internationalem Verkehrsweg kaum Beachtung geschenkt haben.

Wenn man den Masterplan des Verkehrsministeriums der vergangenen Funktionsperiode genau durchgesehen hat – ich habe das getan –, hat man bemerkt, dass dort die Donau mit keinem Wort aufscheint. Es ist darin – zu Recht! – sehr viel von der Schiene die Rede, und es ist auch zu Recht von der Straße und vom Ausbau der zukünftigen Verkehrswege die Rede. Aber darin steht kein einziges Wort über die Donau! Dabei wissen wir, dass die ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist ungeheuerlich!) – Es stimmt, es steht kein einziges Wort über die Donau darin, geschweige denn, dass Zukunftsperspektiven dafür angeboten werden, wie wir die Donau besser nutzen könnten, die uns als natürlicher Verkehrsträger gegeben ist.

Mit Verwunderung musste ich außerdem feststellen, dass die Donau auch bei der jüngsten europäischen Verkehrsministerkonferenz nicht behandelt wurde. Deshalb ist Infrastrukturminister Dipl.-Ing. Schmid herzlich dafür zu danken, dass er diesen Mangel in der österreichischen Verkehrsplanung erkannt und die erforderlichen Schritte eingeleitet hat, um die Donau in den österreichischen Verkehrswegeplan, in dem sie derzeit nicht aufscheint, einzubinden.

Die Bundesregierung und das Infrastrukturministerium sind gerade dabei, neue Prioritäten im Verkehrswegebau in Österreich zu setzen. Jetzt besteht die Chance, der Donau ihren wichtigen Platz zuzuordnen, damit sie in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur angespannten Situation des Güterverkehrs in Österreich, aber auch in Europa leisten kann.

Die Vorteile der Schifffahrt sind unübersehbar. Sie hat im Vergleich von Schiff, Bahn und LKW den geringsten Energieverbrauch. Sie hat die geringsten Frachtkosten im Vergleich zu Bahn und LKW: Diese Kosten verhalten sich im Verhältnis wie 1 :  3,7 :  7; das heißt, ich habe siebenmal so hohe Frachtkosten, wenn ich mit dem LKW transportiere. Externe Kosten betreffend Luftverschmutzung, Verschlechterung der Lebensqualität durch Lärm, Boden- und Wasserbelastung sowie Unfälle verhalten sich zwischen Schiff, Bahn und LKW im Verhältnis wie 1 : 3 : 14.

Meine Damen und Herren! Deshalb wäre es sinnvoll, einmal einen Prioritätenkatalog und ein Maßnahmenpaket dafür zu erstellen, wie wir der Donau in Zukunft einen höheren Stellenwert bei der Bewältigung der Ost-West-Verkehrsströme beimessen können. Ich stelle mir vor, dass als Erstes ein Logistiknetz Österreich im Hinblick auf die EU-Erweiterung nach Südosteuropa erstellt werden sollte, und zwar mit dem Schwerpunkt, die Verkehrsströme auf Straße, Schiene und Schiff besser zu erfassen. Ich glaube weiters, dass die Containerströme über Schiene, Straße und Schiff nach Anzahl und Art der Güter erfasst werden könnten. Das könnte über die Statistik Österreich geschehen.

Außerdem denke ich, dass eine Integration der Bundesbahn-Güterverkehrszentren mit den österreichischen Donauhäfen – es gibt vier sehr gute Häfen – vorgenommen werden sollte. Darüber hinaus sollte meiner Ansicht nach die Schleusenorganisation bei den österreichischen Donaukraftwerken verbessert werden, mit dem Ziel, eine Voranmeldung und Reihung zu bewirken, damit der Verkehr flüssiger und kontinuierlicher abgewickelt werden kann.

Des Weiteren glaube ich, dass der Ausbau der internationalen Wasserstraße unterhalb des Kraftwerks Freudenau, südlich von Wien, vorrangig betrieben werden sollte. Letztlich sollte in der nächsten europäischen Verkehrsministerkonferenz das Thema der Niederwasserstrecke Straubing – Vilshofen angesprochen werden, und dort sollten dafür Lösungsansätze diskutiert werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Geben wir der Donau-Wasserstraße eine Chance, damit sie ihre Funktion als Güterverkehrsträger künftig noch besser erfüllen kann. Setzen wir die skizzierten Maßnahmen schrittweise um! Denn alles spricht für eine sichere, energiesparende, kostengünstige und unfallarme Donau-Wasserstraße. Wir werden diese Wasserstraße zur


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Bewältigung unserer Verkehrsströme nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa in Zukunft noch mehr brauchen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.31

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Johanna Schicker das Wort. – Bitte.

20.31

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu diesem Tagesordnungspunkt nicht deshalb zu Wort gemeldet, um inhaltlich etwas dazu zu sagen – das wird mein Kollege nach mir machen, der als Niederösterreicher sozusagen ein Anrainer der Donau ist –, sondern ich habe mich deswegen zu Wort gemeldet, weil ich Ihnen, Herr Staatssekretär, einen Bericht über die Sitzung des Finanzausschusses am vergangenen Montag geben möchte. Es war nämlich – obwohl sehr viele Beamte des Finanzministeriums für alle anderen Tagesordnungspunkte zur Verfügung standen, um Debattenbeiträge der Bundesrätinnen und Bundesräte entgegenzunehmen – zu diesem Tagesordnungspunkt niemand zugegen.

Auf Grund von Recherchen – für die ich im Grunde nicht zuständig bin – habe ich erfahren, dass es im Nationalrat irgendwelche Differenzen darüber gegeben hat. Man wusste nicht, welchem Ministerium das zuzuordnen wäre. Das ist jedoch nicht Aufgabe einer Ausschussvorsitzenden und auch nicht Aufgabe der Bundesräte. Darum ersuche ich Sie, Herr Staatssekretär, in Zukunft dafür zu sorgen, dass Bundesräten auch hier Auskünfte erteilt werden.

Ich sage das nicht polemisch, denn diese Debattenbeiträge wären von ÖVP-Bundesräten gekommen. Ich glaube, ich bin dafür bekannt, eine korrekte Ausschussvorsitzführung auszuüben. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) – Danke, Herr Kollege Schöls! – Deshalb möchte ich sagen, dass die Kollegen Gerstl, Saller, Schöls und Kneifel – ich weiß nicht, ob sonst noch jemand dabei war – sehr gerne Auskünfte über dieses Bundesgesetz gehabt hätten. Das möchte ich hier feststellen, weil ich es als Missachtung des Bundesrates empfunden habe. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.33

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Andre d'Aron. Ich erteile ihm das Wort.

20.33

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner Bundesrat Kneifel hat bereits die Vorzüge des Verkehrsweges Schifffahrt – Schiff, Wasser, Donau – genannt. Deshalb kann ich mir das ersparen.

Der gegenständliche Entwurf wurde letztlich vom Außenamt eingebracht – das darf ich zu Frau Bundesrätin Schicker sagen –, und er beinhaltet im Wesentlichen den Fonds.

Wie ist es dazu gekommen? – Wir wissen, dass von März bis Juni 1999 drei Donaubrücken im Raum Novi Sad durch NATO-Manöver zerstört worden sind. Es ist dringend notwendig, das Flussbett wieder herzustellen, aber auch nicht explodierte Sprengkörper zu entfernen.

Wir haben eine Empfehlung der Europäischen Kommission in Rat und Parlament vorliegen, die darauf lautet, dass 85 Prozent der Räumungskosten übernommen werden. Das Europäische Parlament hat dafür das schnelle Verfahren gewählt, um zu einem entsprechenden Beschluss zu finden. Wenn das Geld vorhanden ist, wird die sofortige Räumung der Donau vorgenommen. – Das ist das eine.

Das andere, das in dieser Hinsicht wesentlich ist und in der Debatte untergeht, ist, dass der Sitz dieses Fonds in Wien ist. Das ist selbstverständlich ein deutliches Signal. Es ist deswegen ein Signal, weil Wien sozusagen als Drehscheibenfunktion für die Donau gewählt wurde. Das ist


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eine Sache, die wirklich bedeutend ist und die man absolut hervorstreichen sollte: Wien als Drehscheibe in der Flussschifffahrt!

Ich freue mich daher, dass dieses Gesetz – ich habe den Eindruck, dass es einstimmig beschlossen werden wird – bei allen Anwesenden derartigen Anklang findet. Insbesondere freue ich mich darüber, dass der Fonds in Wien ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. Ich erteile ihm das Wort.

20.36

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Verehrte Damen und Herren! Der zur Diskussion stehende Gesetzesbeschluss berührt wohl eines der dunkelsten Geschehnisse des letzten Jahrzehnts in Europa. Nachdem die harte, ja eiserne Hand der Nachkriegsjahrzehnte bei unserem südöstlichen Nachbarn Jugoslawien der Vergangenheit angehörte, begann sich dieser Staaten-Länder-Verband aufzulösen. Der Drang nach Freiheit, nach mehr Demokratie und nach Selbstbestimmung war selbst unter Androhung von militärischer Gewalt und schließlich auch mit dem tatsächlichen Einsatz von militärischen Zentralkräften nicht zu verhindern.

Der Drang nach Freiheit und Selbstbestimmung kann auf Dauer durch Gewalt und Krieg nicht unterbunden werden. Es zeigt sich, dass Demokratie trotz mancher Probleme und Schwächen durch kein wie immer geartetes System ersetzt werden kann. Wir Österreicher sollten uns, im Donauraum lebend, dessen bewusst sein und uns glücklich schätzen, dass wir seit mehr als 55 Jahren wieder in demokratischen Verhältnissen und seit mehr als 45 Jahren wieder in Freiheit leben können.

Gewalt und Krieg lösen keine Probleme, Gewalt und Krieg schaffen Probleme. So ist es auch im gegenständlichen Fall im Donauraum. Dort ist wegen der Zerstörung einiger Brücken die Schifffahrt auf einer Strecke von fünf Kilometern nicht möglich. Die Trümmer der Brücken und die schon genannten Blindgänger – damit meine ich nicht explodierte Sprengkörper; das Wort wird oft auch anders verwendet – müssen entfernt werden, damit die Schiffe wieder ungehindert passieren können.

Die Kosten der Räumung – daran erkennt man schon, worum es geht – sind enorm. Die Europäische Union hat beschlossen, 303 Millionen Schilling zur Verfügung zu stellen; das sind 85 Prozent der notwendigen Mittel. Der Restbetrag von immerhin noch 53 Millionen Schilling ist teilweise offen. Österreich stellt 10 Millionen Schilling zur Verfügung. 43 Millionen Schilling sind noch durch andere Staaten aufzubringen, aber sie können auch – das ist im Gesetz vorgesehen – durch Private aufgebracht werden. Ich hoffe, dass die Finanzierung gelingen wird. Denn die Donau ist eine Transportschiene – das wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen –, der in den nächsten Jahren mehr und mehr an Bedeutung zukommen wird.

Dem wird auch in einem weiteren Tagesordnungspunkt – wenn wir unter Tagesordnungspunkt 40 das Binnenschifffahrtsfondsgesetz behandeln werden – Rechnung getragen werden. Dort geht es um kapazitätsbeschränkende Maßnahmen für die Binnenschifffahrt insgesamt, dort ist von Ausgleichszahlungen die Rede, wenn nicht für ein neues Schiff ein anderes Schiff stillgelegt wird. Aber im Bereich der Donauschifffahrt gibt es Ausnahmen, weil man EU-weit erkannt hat, dass diese Transportschiene in Zukunft von ganz besonderer Bedeutung sein wird.

Denn im Zuge der Ost- und Südosterweiterung der Europäischen Union wird der Austausch von Waren selbstverständlich wesentlich zunehmen. Wir sehen schon heute, dass die Straße und die Schiene einfach nicht in der Lage sind, diese Vermehrung zu bewältigen. Staus auf den Ostrouten haben wir jetzt schon täglich, diese dürfen sich nicht weiter vermehren. Daher muss die Donau mehr und mehr genutzt werden.


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Abschließend hoffe ich, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung im Donauraum und bei den Donauvölkern festigen wird. Sie soll und muss sich gut entwickeln, damit die demokratischen Verhältnisse stabiler werden können und damit auch die anderen Donauvölker in Frieden und Freiheit mit uns leben können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ernst Winter. Ich erteile ihm das Wort.

20.40

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zu diesem Gesetz schon sehr viel gesagt worden, aber ich darf vielleicht doch noch einige Worte hinzufügen. Ich hoffe sehr, es kann in Zukunft vermieden werden, dass Bomben auf Menschen, Städte, Dörfer und Gott sei Dank auch ins Wasser fallen. Auch hoffe ich, dass wir uns in Zukunft viel Geld für Brückensanierungen und Brückenräumungen aus dem Donaubett und somit auch einen Fonds, der mit 22 Millionen Euro dotiert ist, ersparen können.

Die Sperre der Donau kostet natürlich viel Geld. Man braucht nur die Umweltschäden zu betrachten und die Staus, die im Transitverkehr durch die Grenzabfertigungen zu Stande kommen.

Herr Kollege Kneifel! Auch die Sozialdemokratische Partei hat in der Vergangenheit viele Vorschläge gemacht. Wenn hier gesagt wird, dass nicht viel oder gar nichts geschehen sei, dann muss ich dem widersprechen. Denken wir allein an den Ausbau des Donauhafens in Enns und des Donauhafens in Krems! Es ist sehr viel investiert worden. Aber die ÖVP war immer auf der Blockiererseite; vielleicht war es die Verkehrslobby – ich weiß nicht, wer dahinter gesteckt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten werden uns, wie schon in der Vergangenheit, selbstverständlich auch in Zukunft bemühen, die Donau als Schifffahrtsstraße weiterhin attraktiv zu machen. Meine Fraktion wird daher dem Gesetz zustimmen. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.42

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteilte Herrn Staatssekretär Dr. Finz das Wort. – Bitte.

20.42

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte zur gesetzlichen Lage nur Folgendes ergänzen:

Die Vollziehung des gegenständlichen Gesetzes obliegt der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten. Der Bundesminister für Finanzen ist lediglich mit der Vollziehung der Erbschafts- und Schenkungssteuerbefreiung – sie ist im § 2 Abs. 3 geregelt – betraut. Das ergibt sich aus der Vollziehungsklausel. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.43

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Dr. Nittmann.

20.43

Bundesrat Dr. Klaus Peter Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Ich möchte noch eine kleine oberösterreichische Anmerkung machen.

Herr Kollege Kneifel! Ihre Ausführungen waren für mich äußerst interessant. Sie wissen sicherlich, dass in Linz eine Oper gebaut werden soll. Die Baustelle liegt direkt neben der Donau. Es wird darüber in Oberösterreich eine Volksbefragung durchgeführt werden.

Sollte sich die Politik über das Votum des Volkes, also der Oberösterreicher, hinwegsetzen und die Oper dennoch gebaut werden, würde ich Sie ersuchen, auf den Landeshauptmann dahin


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gehend einzuwirken, dass der Abtransport des Aushubmaterials – es geht um einige hunderttausend Tonnen Felsgestein – nicht mit LKW erfolgen soll, sondern, wie ursprünglich geplant, mit Schiffen über die Donau.

Die Meinungsbildung darüber wurde nämlich kurzfristig geändert; man hat gesagt, die Donau sei zu teuer. Jetzt höre ich von Ihnen, die Donau sei der günstigste Weg, auch verglichen mit LKW! Wir werden Sie beim Wort nehmen.

Sollte es doch zu diesem Opernbau kommen, werden Sie, so hoffe ich, darauf hinwirken, dass der Abtransport über die Donau erfolgt und nicht mittels 40 000 LKW durch die Stadt Linz! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Ing. Scheuch: Das ist eine sehr gute Idee!)

20.44

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden (226/A, 229/A und 266/NR sowie 6194/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zum 28. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden.

Artikel 2 unterliegt gemäß § 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Friedrich Hensler das Wort. – Bitte.

20.46

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Heute stehen diese Änderungen des Katastrophenfondsgesetzes und des Bundesfinanzgesetzes auf der Tagesordnung.


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Warum werden sie geändert? – Schlicht und einfach deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil wir im abgelaufenen Jahr eine verheerende Dürre, eine Katastrophe hatten, wie es sie schon seit Jahrzehnten nicht gegeben hatte. Aus diesem Grund war es außerordentlich wichtig, den Bauern wegen dieser Witterungsbedingungen Hilfe zu leisten. Wenn man bedenkt, dass im Steinfeld etliche Bauern überhaupt nicht ernten konnten und die Existenzen dieser Bauern zweifelsohne gefährdet waren, ist es zu begrüßen, dass es möglich war, 100 Millionen Schilling für Betriebsmittel und Bedarfsartikel zur Verfügung zu stellen, und zwar – das sage ich ganz wertfrei – trotz der angespannten Situation im Budget. Danke schön dafür, Herr Staatssekretär!

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren: Diese Bundesregierung hat dokumentiert, dass sie zu den Bauern steht – auf der einen Seite gibt es den Grundkonsens der Bauern und auf der anderen Seite den der Konsumenten. In diesem Sinne wird meine Fraktion sehr gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Ernst Winter das Wort. – Bitte.

20.47

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Da auch ich – wie Kollege Hensler – aus einem Gebiet in Niederösterreich, das allgemein zu den niederschlagsärmsten in unserem Bundesland zählt, und aus einer Marktgemeinde, die durch viele landwirtschaftliche Betriebe gekennzeichnet ist, komme, kenne natürlich auch ich die Sorgen und Probleme der Landwirtschaft.

Die Landwirtschaft ist vor Naturkatastrophen nicht gefeit. Wie wir alle wissen, hängt das bäuerliche Einkommen immer wieder auch von der Witterung ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich bin froh, dass es gelungen ist, über die Parteigrenzen hinweg auf Grund der Änderung des Katastrophenfondsgesetzes den geschädigten Bäuerinnen und Bauern Unterstützung zukommen zu lassen und damit ihre Existenzen abzusichern. Ich hoffe aber sehr und bitte Sie darum, Herr Staatssekretär, Ihr besonderes Augenmerk auch darauf zu legen, dass diese 100 Millionen Schilling wirklich dürregeschädigten Bauern zugute kommen und nicht auf Großgrundbesitzer und Großbauern beziehungsweise auf Hagelversicherungen niederprasseln.

Selbstverständlich wird auch meine Fraktion zustimmen. – Ich danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

20.50

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Franz Koller. Ich erteile ihm das Wort.

20.50

Bundesrat Franz Koller (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Im heurigen Jahr sind schwere Schäden in der Landwirtschaft durch Trockenheit und Hagelschlag entstanden. Besonders Ostösterreich war davon stark betroffen. Wenn auch in letzter Zeit durch Regen die Natur wieder auflebt, so ist die Ernte von zigtausend Hektar vernichtet. Mein Kollege Hensler hat das schon erwähnt. Viele Bauern mussten ihre Getreidefelder eingrubbern, und die ganze Ernte war vernichtet. Aber auch schwere Hagelunwetter zeichnen das Jahr 2000 mit dem heißesten Frühjahr, seit sich die ältesten Menschen zurückerinnern können, aus.

Gerade mein Heimatbezirk Hartberg war durch Hagelunwetter schwer betroffen. Aber auch in Teilen der Süd- und Obersteiermark hat es Unwetter gegeben. Allein das durch den Hagelschlag am 7. Juli entstandene Schadensausmaß dürfte nur in der Oststeiermark bereits 100 Mil


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lionen Schilling ausmachen. Dabei wurden vor allem Mais, Getreide und Kürbiskulturen, aber auch Obstanlagen – selbst jene, die durch Hagelschutznetze geschützt waren – vernichtet.

Bezüglich der Trockenheit kann ich nur über die Steiermark Zahlen berichten: Zirka 5 000 Hektar Grünland und 3 500 Hektar Ackerland sind geschädigt.

Viele der Bauern, die betroffen waren – egal, ob durch Trockenheit oder durch Hagelschlag –, sind in ihrer Existenz bedroht. Die Bundesregierung hat rasch reagiert und 100 Millionen Schilling aus dem Katastrophenfonds bereitgestellt. Der Ankauf von Betriebsmitteln, insbesondere von Futter für viehhaltende Betriebe soll dadurch ermöglicht werden.

Meine Fraktion begrüßt diese Maßnahme, besonders im Hinblick auf das rasche Handeln, und hofft, dass dadurch den Betroffenen eine Überbrückung geboten werden kann. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz – GWG), das Bundesgesetz betreffend den stufenweisen Übergang zu der im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehenen Marktorganisation erlassen wird, das Preisgesetz 1992, die Gewerbeordnung 1994, das Rohrleitungsgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz, das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert werden und das Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission sowie das Bundesgesetz, mit dem die Ausübungsvoraussetzungen, die Aufgaben und die Befugnisse der Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie geregelt werden, erlassen werden (Energieliberalisierungsgesetz) (66 und Zu 66 und 210/NR sowie 6167 und 6195/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 29. Punkt der Tagesordnung: Energieliberalisierungsgesetz.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid übernommen. Ich bitte sie darum.

Berichterstatterin Ulrike Haunschmid: Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden, liegt Ihnen schriftlich vor.


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Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Mag. Michael Strugl das Wort. – Bitte.

20.54

Bundesrat Mag. Michael Strugl (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ist es einmal erfreulich, dass es zur vorliegenden Materie einen Konsens über die Fraktionsgrenzen hinweg gibt, abgesehen von jenem Detail, das die 51-Prozent-Bestimmung beim Verbund betrifft. Aber auch hier wurde Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Das war nicht immer so. Wir erinnern uns: Vor ziemlich genau zwei Jahren haben wir hier über das ElWOG beraten. Damals wurde sogar eine namentliche Abstimmung verlangt. Ich selbst habe hier am Rednerpult erklären müssen, warum wir, speziell die oberösterreichischen Bundesräte, der Regelung zustimmen, und ich habe das damals damit begründet, dass wir davon ausgehen, dass die totale Öffnung früher kommen wird, als dies im ursprünglichen Gesetz in Aussicht genommen wurde. Genau das ist jetzt passiert.

Wir stehen damit sowohl im Strom- als auch im Gasbereich an der Spitze der europäischen Entwicklung. Beim Gas ist es überhaupt so, dass bekanntlich jetzt ab 1. August für die industriellen Großabnehmer die Öffnung wirksam wird und dann ab 2002 die Totalöffnung erfolgt. Im europäischen Vergleich liegen wir damit mit England und Deutschland, wie gesagt, an der Spitze.

Das bringt viele Vorteile, zunächst für den Wirtschaftsstandort. Man kann davon ausgehen, dass es für die Konkurrenzfähigkeit der Betriebe Vorteile bringt, dass es aber letztlich auch für die Konsumenten und für die Haushalte Kostenvorteile bringen wird, wenngleich diese vielleicht im Gasbereich nicht in jenem Ausmaß wahrnehmbar sein werden wie im Strombereich, und zwar einfach deshalb, weil wir hier im Unterschied zum Strombereich nicht die Möglichkeit haben, über die Produktion selbst mitzusteuern, weil bekanntlich der Großteil der Gaslieferungen aus dem EU-Ausland und, was Österreich betrifft, aus Russland bezogen wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Nicht verschwiegen werden soll an dieser Stelle, dass es damit für die heimische Gaswirtschaft natürlich auch Probleme gibt. Als Beispiel aus meinem eigenen Bundesland nenne ich die OÖ. Ferngas AG, die einen signifikant hohen Anteil von insgesamt 85 Prozent an Industriekunden, also solchen, die schon im ersten Liberalisierungsschritt betroffen sind, hat. Mit den bekannten Take-or-pay-Verträgen, den langfristigen Verträgen, wird es dazu kommen, dass überschüssige Mengen auf den Markt gelangen. Man wird sehen, wie es in der Praxis funktioniert, wie das Versteigerungsverfahren dann hier Abhilfe schaffen kann. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass bei der Weiterentwicklung des Gesetzes darauf geachtet wird, dass die so genannte Reziprozität, so wie sie auch in der Richtlinie vorgesehen ist, gewahrt wird.

Trotzdem ist insbesondere in Anbetracht dessen, dass Gas ein sehr wesentlicher Träger des Gesamtenergieaufkommens ist, als positiv zu vermerken, dass es mit dem Gaswirtschaftsgesetz nunmehr eine einheitliche Rechtsgrundlage gibt, wogegen die Bestimmungen vorher stark zersplittert waren – Energiewirtschaftsgesetz, Rohrleitungsgesetz, Berggesetz, Gewerbeordnung. Weiters muss als wesentlicher Fortschritt erwähnt werden, dass im Bereich des energierechtlichen Verfahrens eine konkrete Ausgestaltung dahin gehend erfolgte, dass mehr Rechtssicherheit für alle Betroffenen gewährleistet ist.

Zum ElWOG: Die 100-prozentige Öffnung kommt, wie gesagt, früher. Neben den anderen Kernpunkten des Gesetzes, die bekannt sind, möchte ich insbesondere noch auf die mit dieser Änderung verbundenen ökologischen Aspekte hinweisen, insbesondere darauf, dass alternative


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Energieanlagen – Biomasse, Wind, Sonne, Mischfeueranlagen – hineingenommen wurden und dass die Länder die Möglichkeit haben, in den Ausführungsgesetzen entsprechende Regelungen zu treffen, die auf die spezifischen Gegebenheiten Rücksicht nehmen. Denn es hat in einigen Ländern gerade in diesen Bereichen erst jüngst neue Regelungen gegeben, die ansonsten wieder geändert werden müssten.

Als weitere Punkte wären in diesem Zusammenhang zu nennen: die 8-prozentige Abnahmeverpflichtung für Strom aus Kleinwasserkraftanlagen auf Grund der Zertifikatregelung; der § 13, das Atomstrom-Importverbot, das den Import von Strom, der in Anlagen gewonnen wird, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, aus Drittstaaten verbietet; sowie die Verpflichtung für den Lieferanten, auf der Rechnung – auch für den Endverbraucher – auszuweisen, wie sich das Aufkommen zusammensetzt, was im Sinne der Transparenz für den Konsumenten ist.

Alles in allem: Es ist ein wichtiges Gesetz, und es ist umso erfreulicher, dass es in einem Konsens zu Stande gekommen ist – einem Konsens nicht nur zwischen den Fraktionen, sondern letztlich auch zwischen Bund und Ländern, was aus Sicht der Länderkammer erfreulich ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

20.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

20.59

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Regelwerk, das wir jetzt beschließen, ist geradezu ein Musterbeispiel dafür, was durch konstruktiv und sachbezogen ausgelegte politische Zusammenarbeit, durch einen offenen und ehrlichen Dialog und durch ein offenes und vor allem ehrliches Zugehen auf die Opposition – das hoffentlich nicht nur deshalb erfolgt ist, weil man hier eine Verfassungsmehrheit benötigt hat – erreicht werden kann. Bis dato war diese Vorgangsweise von Seiten der Regierungsparteien eigentlich ein Einzelfall. Aus unserer Sicht kann ich sagen, dass ein solches Ergebnis, wenn man in dieser Weise vorgeht, sicherlich wiederholbar ist. Damit wird auch dieses durchsichtige Gerede von der angeblichen Fundamentalopposition ad absurdum geführt.

Zum Thema: Der Energiesektor – hier kann ich Herrn Kollegen Strugl in etlichen Punkten zustimmen – ist nicht nur ein Bereich der direkten Infrastruktur, sondern hat natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf die Einkommen der privaten Haushalte. Ebenso ist er ein bedeutender Faktor für die Standortqualität einer Volkswirtschaft.

Dem Ziel, gerade für die privaten Haushalte wie auch für die KMUs – über die wir beim übernächsten Punkt noch einmal sprechen werden – Entlastungen auf dem Energiesektor herbeizuführen, kommt man mit diesem Gesetz sicherlich einen Schritt näher. Das war immer ein besonders wichtiger Aspekt für uns. Ich darf daran erinnern, dass es gerade die SPÖ war, die im Zuge der Diskussionen um das ElWOG 1998 in einem Entschließungsantrag festgehalten hat, dass Preiserhöhungen für Kleinkunden nicht stattfinden sollen, was bis dato im Wesentlichen auch nicht passiert ist.

In aller Kürze: Was uns besonders wichtig erscheint, ist unter anderem die Einführung des Regulators, eines unabhängigen, verfassungsmäßig abgesicherten Instrumentes – ein Modell, das sich etwa auch im Telekombereich schon bewährt hat. Denn das mit dem ElWOG angestrebte Marktöffnungsziel ist zugegebenermaßen sehr ambitioniert, und wozu überstürzte Deregulierungen führen, hat uns gerade das Beispiel des bundesdeutschen Nachbarn vor Augen geführt. Ich glaube, dass damit ein wesentlicher Schritt getan wurde, der gerade auch auf Drängen der Sozialdemokraten in dieses Gesetz aufgenommen wurde.

Ein Kritikpunkt ist – trotz des in dieser Kammer selbstverständlichen Bekenntnisses zum Föderalismus – die Tatsache, dass wir immer noch drei Regelzonen haben werden. Ich glaube, dass eine Regelzone über ganz Österreich ausgereicht hätte, wiewohl natürlich im Sinne des Föderalismus auch anzuerkennen ist, dass hier gerade auch traditionelle Aspekte eine Rolle


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spielen, etwa im Falle von Vorarlberg, das der Regelzone Baden-Württembergs angehört. Trotzdem sollte man festhalten, dass die Bundesrepublik Deutschland – auch auf Grund der Erfahrungen, die man dort mit der überstürzten Deregulierung gemacht hat – zurzeit die Zahl der Regelzonen auf sechs vermindert und dass etwa Finnland, Schweden und Norwegen überhaupt zusammen nur eine Regelzone sind. Ich glaube, da kann man vielleicht in Zukunft noch einen Schritt weiter gehen.

Ein Punkt, der gerade im städtischen Bereich, im Ballungsbereich – das ist auch für Wien ein wesentlicher Punkt – mit dem Gesetz zumindest vorläufig abgesichert wird, ist der Betrieb von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wie auch die Fernwärmeerzeugung, die einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung gerade im städtischen Bereich liefern. Hier wäre ohne entsprechende Maßnahmen in diesem Gesetz, die wiederum stark von der Sozialdemokratie betrieben wurden, durch die Liberalisierung etliches unter Druck gekommen. Man muss sich nur vor Augen halten, dass etwa zwei Drittel der heimischen Fernwärme in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit Wirkungsgraden bis zu 90 Prozent erzeugt werden und dass Studien der TU Wien beispielsweise gezeigt haben, dass 1998 beim Einsatz von Fernwärme über eine Million Tonnen CO2 eingespart werden konnte und dass sich dieser Einsparungseffekt bis 2010 auf 1,7 Millionen Tonnen erhöhen könnte. Zudem trägt vor allem in Ballungsräumen die Fernwärme auch erheblich zur Verbesserung der Luftqualität bei.

Die europaweite Liberalisierung gefährdet in diesem Bereich die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, da vielfach der Bezug ausländischer Energie für den Netzbetreiber kostengünstiger ist, als eigene Kraftwerksanlagen in diesem Bereich zu finanzieren und zu betreiben.

Insgesamt bin ich daher – ich verhehle nicht, dass es für einzelne Bundesländer, etwa auch für das Burgenland, im Bereich des Gasbereiches mit den Take-or-pay-Verträgen auch Probleme geben könnte – mit dem vorliegenden Gesetz durchaus zufrieden, auch wenn wir in einigen Punkten zum Teil gerne auch noch weiter gegangen wären, wie etwa bei der Öffnung des Strommarktes für die KMUs oder für Verteilunternehmen bereits mit 1. Jänner 2001. Wir sind hier aber, so glaube ich, trotzdem zu einem guten Kompromiss gekommen, der aus meiner Sicht auch ein richtungsweisender Kompromiss ist, auch was den Bereich des Atomstroms anlangt. Wir werden daher gegen dieses Gesetz keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.04

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. d'Aron. – Bitte.

21.04

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister, der gerade bei uns eingelangt ist! Wir haben auch hier im Rahmen des Energieliberalisierungsgesetzes jenes Konzept, das immer unterscheidet zwischen der Infrastruktur auf der einen Seite und dem Produkt, das sich auf dieser Infrastruktur bewegt, auf der anderen Seite. Wir haben dieses Konzept bei der Schiene, im Telekombereich, bei der Schifffahrt, bei der Luftfahrt, und wir haben das natürlich auch bei der Gaswirtschaft und bei der Elektrizitätswirtschaft, sodass sich im Rahmen des Betriebes des Produktes, das sich auf der Infrastruktur bewegt, ein Wettbewerb entwickeln kann, der dadurch, dass eine Kontrollinstanz eingerichtet wird, fair erfolgt. Das haben wir auch im Telekombereich so, wir haben das auch bei der Schiene so, und wir haben das natürlich auch im Elektrizitätswesen so. Das ist letztlich auch in der Gaswirtschaft das Ziel, obwohl darüber eine sehr intensive Diskussion geführt wurde, dass sich der Preis für den Endverbraucher und für die Unternehmen reduziert, sodass in Österreich insgesamt eine bessere Lebensqualität für die einzelnen Bürger und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit für die Unternehmen geschaffen werden.

Die entsprechenden Übergangsfristen sind bekannt. Es wurde die 100-prozentige Strommarktöffnung vorgezogen: Sie soll bereits ab 1. Oktober 2001 stattfinden. Die Gasmarktöffnung soll ab 1. Oktober 2002 erfolgen. Es gibt im Gesetzentwurf eine Regelung bezüglich allfälliger


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"Stranded Costs" auf Grund langfristiger Verträge für die Gaswirtschaft: Es wurde ein Bidding-Verfahren eingerichtet.

In der Gaswirtschaft – das möchte ich schon gerne noch hervorheben – wird schon deshalb eine Kostensenkung erfolgen, weil ganz andere Vertriebsstrukturen zum Tragen kommen werden.

Ein wesentlicher Punkt des vorliegenden Gesetzes ist die Umweltsituation, die massiv angesprochen wird. Wie schon ausgeführt wurde, geht es um die Frage des Atomstroms, der verhindert werden soll. Es geht auf der anderen Seite auch um die Zuspeisung durch Ökostromanlagen. Es gibt hiefür einen entsprechenden Zeitplan. Diese Zuspeisung soll in einem Ausmaß von 1 bis 4 Prozent erfolgen.

Für Wien ist das deshalb interessant – ich bin ein Bundesrat aus Wien, wie Sie wissen –, weil hier entsprechende Landesgesetze zu erlassen sind. Es wird die Frage sein, wie diese Zuspeisung durch Ökostromanlagen erfolgt, welcher Investitionsschub zum Beispiel im Bereich der Solarenergie oder der Windenergie erfolgen wird.

Ich möchte noch etwas sagen, was mir als freiheitlicher Bundesrat ein ganz großes Anliegen ist: Durch diesen Gesetzentwurf tritt noch etwas ein, was in diesem Entwurf nicht steht, was sich aber durch die Marktöffnung ergibt und was uns wirklich ein deutliches Anliegen ist, nämlich die Entpolitisierung und die Hervorkehrung des Marktes – und nicht der Parteiproporz. Es wird in Zukunft erforderlich sein, dass man die besten Leute findet, um die Unternehmen, die sich am Markt behaupten müssen, zu führen.

Ich freue mich darüber, dass das eintritt, ich freue mich, dass unsere Wirtschaft in Österreich dynamisiert wird, und ich freue mich auch darüber, dass die Damen und Herren von der Sozialdemokratie diesem Gesetz zustimmen werden und diese Initiative der Bundesregierung als positiv sehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Staatssekretärin. – Bitte.

21.08

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich werde die Zeit nicht verlängern und möchte nur ganz kurz ein paar Worte aus unserer Sicht hinzufügen:

Ich glaube, ich kann mit den Worten des Herrn Bundesministers sprechen und sagen, dass diesmal die Zusammenarbeit mit der sozialdemokratischen Fraktion äußerst konstruktiv war. – Das muss erwähnt werden.

Die Vollliberalisierung im Strom- und Gasbereich – das glaube ich auch – lässt Österreich einmal nicht Schlusslicht in der EU sein, sondern wir können hier eine Vorzeigerolle übernehmen. Sie bedeutet, wie wir heute schon gehört haben, Standortqualität, aber auch eine Kostensenkung für klein- und mittelständische Wirtschaftsbereiche – das ist uns sehr wichtig gewesen – und eine Kostensenkung für die privaten Haushalte. Auch damit wird ein weiterer Punkt des Regierungsübereinkommens noch vor dem Sommer umgesetzt. Viele Unkenrufe haben es für nicht möglich gehalten. Ich habe immer wieder gehört: "Ihr werdet das nie schaffen!" Deshalb gilt mein spezieller Dank auch hier vor dem Bundesrat der unermüdlichen Beamtenschaft (allgemeiner Beifall), ohne die es wirklich nicht möglich gewesen wäre, dieses Gesetz in kürzester Zeit ins Hohe Haus zu bringen.

Abschließend wäre noch zu sagen, dass sich die Debatte über gewisse Regelbereiche erübrigt hat, und das ist aus meiner Sicht auch sehr erfreulich. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


Bundesrat
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Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der gegenständliche Beschluss enthält in Artikel 7 Z 2, § 1 Z 3b, § 5 Abs. 2 Z 7, § 10 Z 15, § 20 Abs. 2 Z 22, § 24 Z 29, § 31 Z 31, § 33 Z 37, § 46 Abs. 5 Z 38, § 47 Abs. 4 Z 50, § 66a Abs. 1 Z 56, § 71 Abs. 9 sowie in dessen Artikel 8 § 1, § 16 Abs. 1, § 29 Abs. 5 und § 30 Z 1 Verfassungsbestimmungen, die nach Artikel 44 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jetzt jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates im Sinnes des Artikels 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (166/A und 212/NR sowie 6164 und 6196/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 30. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Haunschmid übernommen. Ich bitte sie um den Bericht.

Berichterstatterin Ulrike Haunschmid: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

21.13

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Änderung der Gewerbeordnung, die uns heute vorliegt, hat – wie wir das auch später noch beim UVP-Gesetz hören werden – ein Defizit bei den Bürgerrechten. Es werden Richtlinien umgesetzt, aber nicht vollständig und vor allem nicht über das absolute Mindestmaß hinaus. Die Richtlinie über die inte


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grierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung wird zum Beispiel für land- und forstwirtschaftliche Anlagen überhaupt nicht umgesetzt. Die Seveso-II-Richtlinie, die schwere Unfälle mit gefährlichen Stoffen verhüten soll, wird überhaupt nur für gewerbliche Anlagen umgesetzt. Gleichzeitig wird aber besseres österreichisches Recht abgeschafft.

Darüber hinaus wird die Umsetzung der Richtlinien zum Vorwand dafür genommen, in Österreich bestehende Schutzstandards zu senken und die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu schmälern. Es werden zahlreiche unklare und schwammige neue Begriffsbestimmungen eingeführt, die darüber hinaus nicht den Vorgaben der EU-Richtlinien entsprechen. Zahlreiche Bestimmungen der EU-Richtlinien werden durch dieses Gesetz nicht übernommen, zum Beispiel betreffend die Genehmigung bestehender Altanlagen. Es gibt keinen Stichtag für bestehende Anlagen. Ebenso wird die Anlagenliste unvollständig umgesetzt: Hier fehlt zum Beispiel die Intensivtierhaltung.

Mit der Umsetzung der Seveso-II-Richtlinie wird die Störfallverordnung aufgehoben, und die bisher niedrigen Schwellenwerte werden auf die höheren Schwellenwerte der EU-Richtlinien angehoben. So sollen beispielsweise die Schwellenwerte für explosionsgefährliche Stoffe von 1 Tonne auf 50 Tonnen bis 200 Tonnen angehoben werden und für Stoffe mit dem Gefahrenhinweis "R 3" auf 50 Tonnen. Bei den leicht entzündlichen Flüssigkeiten wird von 50 Tonnen beziehungsweise 300 Tonnen auf 5 000 bis 50 000 Tonnen gegangen. Einige chlorierte Kohlenwasserstoffe, zum Beispiel das Krebs erzeugende Methylenchlorid, werden durch die vorliegende Änderung überhaupt nicht mehr erfasst.

Meine Damen und Herren! Mit den vorliegenden Änderungen und Umsetzungen in der Gewerbeordnung kann man nicht zufrieden sein. Es fehlen wesentliche Anlagen, es werden die Schwellenwerte erhöht, und es fehlt der Nachbarschutz.

Wir Sozialdemokraten können diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Ager zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.16

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Im Vordergrund dieser Gewerbeordnungsänderung steht, wie wir gerade gehört haben, die Umsetzung der EU-Richtlinie IPPC sowie der Seveso-II-Richtlinie, an der man schon seit längerer Zeit gearbeitet hat, die man aber in der letzten Legislaturperiode nicht mehr zusammengebracht hat. Jetzt hat man diese Richtlinien umgesetzt. Im Wesentlichen beinhaltet diese Änderung eine integrierte Betrachtung der Umweltauswirkungen bei Betriebsanlagen und eine Interpretation des derzeitigen Standes der Technik.

Herr Kollege! Ganz befriedigend wird das natürlich nie sein. Auf der anderen Seite darf ich aber schon auch hervorheben, dass die Belastungen für die Betriebe – speziell auch für die Großbetriebe – enorm sind.

Die Änderung der Gewerbeordnung 1994 ist aber auch eng mit dem Thema Nahversorgung in unserem Land verbunden, das, wie ich glaube, ein sehr wesentlicher Aspekt ist, der die Menschen in unserem Land sehr berührt. Die Situation der österreichischen Nahversorgung ist – das wissen Sie alle – von einem enormen Verdrängungswettbewerb in einigen Branchen des Einzelhandels geprägt. Das Übersiedeln der großen Handelsketten und Supermärkte aus den Orts- und Stadtkernen auf die grüne Wiese hat in den Ortskernen zu großen Schäden geführt. Denn nur ein pulsierendes Leben und Treiben in unseren Zentren, Orten und Städten sichert deren Existenz. Ich brauche Ihnen nicht vor Augen zu führen, wie wichtig das auch für einen florierenden Tourismus ist.

Patentrezepte wird es in der Nahversorgung nicht geben, aber es hat, wie ich glaube, diesmal das Zusammenspiel zwischen Bund, Ministerium, Wirtschaftskammer, Land und Gemeinden funktioniert. Die mit der Kompetenz für Raumordnung und Baurecht ausgestatteten Länder und


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Gemeinden können meistens vor Ort die Situation besser beurteilen. (Bundesrat Grissemann: Bartenstein muss die Einkaufszentrenverordnung so reparieren, dass die Nahversorgung ...!)

Herr Kollege! Das hatten wir schon in all den vorangehenden Legislaturperioden – du weißt das auch. Wir haben immer wieder etwas repariert, aber eine volle Zufriedenheit wird es auch da nicht geben. (Bundesrat Grissemann: Ich bitte, ... einzuwirken! Das ist euer Minister!)

Als Beispiel darf ich, weil wir gerade dabei sind, Tirol hervorheben: Tirol hat – das muss man sich einmal vor Augen führen! – mehr als doppelt so viel Verkaufsfläche im Lebensmittelhandel als die große Bundeshauptstadt Wien. Wir müssen daher trotz freier Marktwirtschaft, der wir alle das Wort reden, ein gewisses Regulativ zum Schutze der kleinen und mittleren Händler haben. Wir dürfen uns nicht, wie wir das bisher sehr oft getan haben, in einem sinnlosen Kampf – Kleine gegen Große – verzetteln, denn auch Große können gute Nahversorger sein.

Zum Schluss möchte ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die beste Förderung der Nahversorgung verraten – und ihr wisst das auch alle –: Kaufen Sie all die Dinge des täglichen Bedarfs bei Ihrem Händler und Versorger vor Ort!

Dies erfordert in erster Linie ein Umdenken in jedem einzelnen Kopf. Wir sollten in dieser Sache zum Wohle unseres Lebensraumes gemeinsam noch sehr viel überlegen. Dieses Gesetz ist ein erster, aber guter Schritt dazu. Meine Fraktion wird ihm daher gerne die Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.20

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Neuner. – Bitte.

21.20

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Gewerbeordnung wird auch insofern geändert, als für Betriebe des Handels sowie von ausschließlich oder überwiegend für Handelsbetriebe vorgesehenen Gesamtanlagen – sprich: Einkaufszentren – zusätzliche Vorschriften vorgesehen werden, die die Nahversorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern des kurzfristigen und des täglichen Bedarfs absichern sollen. Das haben wir bereits gehört. Dies betrifft vor allem Betriebsanlagen mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern. Bis zu dieser Grenze kann jeder handeln, wie er will.

Auf diesen Punkt möchte ich besonders eingehen. Ich war zehn Jahre lang Obmann der Klagenfurter Innenstadt-Kaufleute. Das war eine Vereinigung von über 200 Betrieben, die sich schon vor langer Zeit zur Belebung der Innenstadt zusammengeschlossen hatten. Ich glaube daher, die Problematik "Stadt- und Ortskern versus Einkaufszentrum auf der grünen Wiese" zu kennen.

Draußen kommen Betonparkplätze hin; die Infrastruktur – wie Buslinien – wird nachgeliefert. Die gewachsenen Strukturen und die Vielfalt der Innenstadt sind in diesem ungleichen Match gegen anonyme Kapitalgesellschaften faktisch ausgeliefert. Wenn man in Betracht zieht, dass die Innenstadt-Kaufleute über viele Jahrzehnte die größten Steuerzahler waren und dass sie die größten Lehrlingsausbildner sind, ist zu sagen, dass wieder Chancengleichheit bestehen sollte.

Meine Familie und heute ich selbst führen seit über 200 Jahren ein Geschäft am gleichen Ort mit dem gleichen Produkt. (Ruf bei der ÖVP: So alt sind Sie nicht!) – Meine Familie, habe ich gesagt, und heute ich. – Wir hatten vor einigen Jahren die 200-Jahr-Feier, da wurde von der Stadtplanung an eine Vitrine gedacht. Damals war ich politisch interessiert, aber nicht politisch tätig. In meiner Funktion als Obmann war es mir nicht möglich, diese Vitrine bei den Beamten, sprich bei den Politikern, durchzubringen.

In der gleichen Zeit ist auf der grünen Wiese ein Einkaufszentrum nach dem anderen entstanden. Teilweise ist bei bestehenden Einkaufszentren Lagerfläche über Nacht zu Verkaufsfläche umgewidmet worden. Da gehört ein Umdenken her, oder ... (Bundesrat Grissemann: Die


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Kleinen schikaniert man, die Großen ...!) Eben! Diese haben es sich nicht so richten können, wie das den größeren Konzernen anscheinend gelungen ist.

Noch ein Beispiel: Von einem Baumarkt waren an allen Straßen Hinweistafeln aufgestellt worden. Als wir aber versuchten, diese Möglichkeit auch für die Innenstadt-Kaufleute zu bekommen, hieß es: An Bundesstraßen ist das nicht möglich. – Es waren viele Argumente nötig, und irgendwann haben wir es dann bekommen. Da sollte wirklich wieder mehr der Chancengleichheit das Wort geredet werden.

In Klagenfurt – ich kann das jetzt nur von Kärnten sagen – stehen derzeit zum Beispiel 50 Geschäfte leer. Es ist nicht Sinn der Sache, dass die gewachsene Struktur wie ein Museum ist und dort, wo nichts ist, auch nichts mehr hinzukommt. Dafür ist in diesem Gesetz eine Ausnahme vorgesehen; es gibt keine Vorschriften, dass das im Innenstadtbereich oder im Ortskernbereich – das ist in diesem Gesetz neu definiert – nicht geht.

In Klagenfurt haben wir derzeit ungefähr 100 000 Quadratmeter Verkaufsfläche für Lebensmittel gewidmet. Diese bleiben bestehen und werden jetzt nicht verändert. Wenn etwas verkauft wird, kauft sich eben irgendein Konzern ein, aber zusätzlich brauchen wir das nicht mehr. Deswegen glaube ich, dass das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Es gehören noch ein paar Maßnahmen gesetzt. Dazu habe ich mir auch Folgendes aufgeschrieben: Im Grünbuch der Europäischen Union wird festgestellt, dass eine lebendige Handelslandschaft der Eckpfeiler des sozialökonomischen Modells in Europa ist. Es gibt Untersuchungen darüber, dass ein Arbeitsplatz auf der Wiese – damit wird immer wieder argumentiert – drei bis vier Arbeitsplätze in der Innenstadt vernichtet.

Wie gesagt: Die Innenstädte und die Ortskerne sind eine gewachsene Struktur. Es geht um Arbeitsplätze, Angebotsvielfalt für den Tourismus und positive Mittelstandspolitik. Darum werde ich diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

21.25

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz, das heute zur Debatte steht, ist ein weiterer konkreter Schritt zur Umsetzung des Leitbildes einer ökosozialen Marktwirtschaft. Der integrierte Ansatz bei der behördlichen Genehmigung von Betriebsanlagen ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch ein bemerkenswerter Fortschritt.

Was die Annäherung an das One-Stop-Shop-Prinzip betrifft, muss man beachten, dass bereits viele Bundesländer in ihrem eigenen Wirkungsbereich sehr praktikable Modelle von Verfahrenskonzentration und Verwaltungsvereinfachung beim Betriebsanlagenrecht durchgesetzt haben. Ich kann nur aus meinem eigenen Bundesland berichten. Dort dauerten zu Beginn der Amtszeit des ehemaligen oberösterreichischen Wirtschaftslandesrates Christoph Leitl beispielsweise die Genehmigungsverfahren rund 36 Monate. Zehn Jahre später, also heuer, braucht man bei Vorliegen aller Unterlagen für das gleiche Verfahren nur noch 29 Tage. Es sind also die Bundesländer – nicht nur Oberösterreich, sondern auch andere – sehr unterwegs, um in ihrem gesetzlich vorgegebenen Rahmen die Genehmigungszeiten stark zu reduzieren.

Unser Land ist schon längst mit Amerika und Asien im Standortwettbewerb. Der internationale Standortwettbewerb wird in den kommenden Jahren eher noch schärfer werden. Nicht von der Höhe der Förderungen allein wird es abhängen, wo ein Unternehmen investiert, sondern von der Zeit der Genehmigungsverfahren und von der Qualität der Mitarbeiter. Unser Ziel muss es daher sein, alle Verfahren zu beschleunigen und die Verfahrensdauer weiter drastisch zu verkürzen.

Mit dieser Linie ist es in den vergangenen Jahren gelungen, in den Bundesländern spektakuläre Betriebsansiedlungen und Erweiterungen durchzusetzen. Wir haben aber in diesem Bereich


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noch längst nicht alles erreicht, was an Bürokratieabbau und Verfahrensbeschleunigung möglich ist. Das nächste Ziel muss ein einheitliches Anlagenrecht sein, so wie es sich diese Bundesregierung im Regierungsprogramm vorgenommen hat.

Derzeit ist diese Rechtsmaterie noch immer viel zu sehr aufgesplittert und für Betriebsgründer und Investoren kaum übersehbar. Es erhebt sich die Frage, ob wirklich alles im Bundesministerium entschieden werden muss, oder ob man auch das Anlagenrecht dezentralisieren und diese Kompetenzen für Betriebsgründungen den Ländern übertragen kann. Ich glaube, diese Frage muss in diesem Zusammenhang gestellt werden.

Es erhebt sich weiters die Frage, ob wirklich jede Berufung bis ins Bundesministerium gehen muss oder ob mit der Errichtung von Landesverwaltungsgerichtshöfen die Kompetenzen der Länder aufgewertet werden könnten, so wie dies auch im Regierungsprogramm vorgesehen ist. Ich glaube, diesem Ziel sollten wir uns möglichst zügig annähern.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Reformzug beim Anlagenrecht muss sich schleunigst weiterbewegen. Denn die Wirtschaft ist dynamisch und flexibel, und mit dieser Flexibilität erzeugt sie immer neue Herausforderungen, auch an die Politik. Es gilt, sich diesen Herausforderungen zu stellen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die helfen, Arbeit und Wohlstand in unserer Gesellschaft zu sichern.

Mit einer Reformgesinnung, die verbunden sein muss mit dem ehrgeizigen Anspruch, die Reform in weiterer Folge auch konkret umzusetzen, können wir am Beginn des neuen Jahrhunderts zuversichtlich und optimistisch in die Zukunft gehen, was die Sicherung der Arbeitsplätze, Betriebsgründungen und die Bereitstellung von neuen Beschäftigungsmöglichkeiten betrifft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

21.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird (203/A und 214/NR sowie 6197/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 31. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Mag. Neuner übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird. Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.


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Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche um Debatte und Beschlussfassung.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke. Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ager. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.

21.32

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das KMU-Förderungsgesetz – "KMU" steht nicht für "Keine Mittel für Unternehmer", sondern für das Gegenteil, es ist eine besondere Förderung von kleinen und mittleren Unternehmungen – ermöglichte es bisher der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft mit beschränkter Haftung – ÖHT –, Bundesausfallshaftungen im Einzelfall bis zu einem Obligo in der Höhe von 25 Millionen Schilling zu gewähren. Die BÜRGES Förderungsbank Gesellschaft mit beschränkter Haftung, kurz BÜRGES genannt, durfte dies bisher nur bis zu einem Obligo in der Höhe von 10 Millionen Schilling tun.

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf soll zum einen die Gleichstellung von ÖHT und BÜRGES bewerkstelligt werden und zum anderen die Gleichstellung bei Vergabe von Krediten der ÖHT mit anderen Banken möglich gemacht werden. Die ÖHT soll entsprechend ihrer Bankkonzession auch gemeinsam mit der BÜRGES als Förderungsabwickler eurofit gemacht werden.

Diese Erhöhung der Bürgschafts- und Garantieobergrenze von 10 auf 25 Millionen Schilling wird nach den bisherigen Erfahrungen zu einer Mehrbelastung in der Höhe von rund 7 Millionen Schilling führen. Die bisherige Ausfallsquote – dass wir das auch einmal sagen –, die der Bund zu übernehmen hätte, liegt bei zirka 2 Prozent, ist also verschwindend gering. Die Erhöhung dieser 7 Millionen Schilling kommt aus dem Titel Wirtschaftsförderung und ist gedeckt, meine Damen und Herren!

Mit der Änderung dieses Gesetzes würde auch der Zugang für kleine und mittlere Betriebe zu Finanzmitteln wesentlich erleichtert. Weiters würde durch ein Bündel von Maßnahmen in dieser Gesetzesänderung sowohl eine kostenmäßige als auch administrative Entlastung der Klein- und Mittelunternehmen ermöglicht werden.

Es ist müßig, darauf hinzuweisen, wie viel an Infrastruktur – ich denke da im Speziellen an Schilifte, Bergbahnen, Hallenbäder, Veranstaltungssäle und so weiter – in unserem Lande mit diesem Geld geschaffen wurde. Wenn wir außerdem in Betracht ziehen, dass investierende Klein- und Mittelunternehmen Arbeitsplätze schaffen und sichern, sollten wir alle diesem Gesetz zustimmen. Meine Fraktion wird das sicher tun. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

21.34

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

21.35

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! In aller Kürze: Auch unsere Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen – trotz angedichteter Fundamentalopposition!

Inhaltlich wurde bereits etliches ausgeführt, was die ÖHT angeht. Im Wesentlichen korrigieren wir hier ein legistisches Versehen, so würde ich einmal sagen. Wir haben lange Zeit auch in der alten Koalition darüber gestritten, dass dieses legistische Versehen beseitigt wird. Jetzt wird das endlich getan.

Gerade bei der Hotel- und Tourismusbank, die für die Finanzierung des Fremdenverkehrs nicht ganz unwesentlich ist und rund 10 Prozent dieser Finanzierungsanteile übernimmt – mit einer


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Bilanzsumme von rund 10,5 Milliarden Schilling –, muss man sagen, dass die Haftungen in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in der Vergangenheit etwas Unbekannteres waren. Wir haben mit Einmalzuschüssen gearbeitet, wir haben stark mit Zinsenzuschüssen gearbeitet. Es war ständig ein Anliegen der Sozialdemokratischen Partei – auch in der Koalition mit der ÖVP –, dieses Finanzierungsinstrument auch im Tourismusbereich ins Spiel zu bringen. Das ist letztlich auch gelungen, aber, wie gesagt, mit diesem kleinen legistischen Versehen.

Man muss dazu sagen, dass wir für diese Vorschläge häufig kritisiert worden sind, beispielsweise auch von der FPÖ, als sie noch in Opposition war, wogegen jetzt Staatssekretärin Rossmann "verdienstvollerweise" diese Ansätze offensichtlich doch nicht für so schlecht hält – etwas, was jetzt – wenn mir die kleine Abschweifung gestattet ist – auch bei der Österreich Werbung der Fall ist. Dafür wird, wie ich höre, jetzt auch von Bundeskanzler Schüssel in einer Presseaussendung eine Kapitalgesellschaft gefordert. Das ist etwas, was Kollege Parnigoni und ich bereits vor zehn Jahren vorgeschlagen haben und wofür wir von der ÖVP wie auch von der FPÖ heftig kritisiert wurden. Dabei gilt das für die jetzige Zeit natürlich nur dann, wenn im Rahmen des derzeitigen Chaos von der Österreich Werbung überhaupt irgendetwas übrig bleiben wird, was man dann noch in eine Kapitalgesellschaft umwandeln kann.

In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant, zu erfahren, was Herr Bundeskanzler Schüssel in der APA-Aussendung meint, wenn er sagt, dass das bisherige Verfahren zur Bestellung des Chefs der Österreich Werbung schwere Mängel gehabt habe. Es würde uns sehr interessieren, welche Mängel das waren, in die sich das Wirtschaftsministerium bei der entsprechenden Ausschreibung begeben hat.

Aber zurück zur ÖHT und zu den Haftungen: Die Finanzierungsmisere des heimischen Tourismus, die im Eigenkapitalbereich unbestritten gegeben ist – mit zum Teil negativem Eigenkapital in einigen Kategorien, mit negativem bilanziellen Eigenkapital –, wird in Verbindung mit noch immer bestehenden Überkapazitäten – es wird mittlerweile von keiner Partei mehr bestritten, dass sie vorhanden sind – und strukturellen Problemen gemeinsam zu lösen sein.

Selbstverständlich wird die Fremdkapitalaufbringung angesichts dieser Bilanzzahlen erschwert, sodass gerade Zinsenzuschüsse eben nicht in der Lage sind, hiefür strukturelle Abhilfe zu schaffen. Daher sind wir sehr froh, dass Haftungen und Bürgschaften bessere Chancen dafür bieten und jetzt auch in Anspruch genommen werden. Denn dadurch können zum Beispiel auch überregionale innovative Projekte gefördert werden, deren wirtschaftliche Erfolgsaussichten a priori nicht so klar abschätzbar sind, die aber auf der anderen Seite auch für die regionalen Betriebe enorme Chancen mit sich bringen – wenn sie denn erfolgreich sind. In dieser Hinsicht kann man mit Haftungen und Garantien wirklich wichtige Impulse schaffen.

Außerdem sind sie ein wichtiges Instrument dafür, Beteiligungskapital aufzubringen. Das ist etwas, was in der Tourismusbranche erst seit relativ kurzer Zeit mit einigem Erfolg gemacht wird. Denn damit erhält der Investor eine gewisse Absicherung für sein Kapital auf eine gewisse Zeit, und die Tourismusbranche, die bisher für Beteiligungskapital nicht sehr interessant war, erfährt dadurch einen gewissen Impuls.

In diesem Zusammenhang leistet die ÖHT auch mit den Restrukturierungskonzepten, die sie vorlegt, sehr erfolgreiche Arbeit, weil sich in der Vergangenheit gerade auch in dieser Branche erwiesen hat, dass es nicht damit getan ist, Förderungsmittel zur Verfügung zu stellen und dann die Unternehmen mit diesen Förderungsmitteln allein zu lassen. Denn auf Grund der kleinen Struktur sind die regionalen Abschätzungsmöglichkeiten oftmals nicht gegeben, um zu erkennen, wie man sich in das überregionale Tourismusangebot einbinden soll und wie man Kooperationen eingehen könnte. Hiefür leistet die ÖHT sicherlich sehr wertvolle Arbeit, auch mit ihren Expertisen im immateriellen Beratungsbereich.

In diesem Sinne ist eigentlich nur zu hoffen, dass dieses Instrument weiter ausgebaut wird und nicht wieder – etwa im Zuge überhasteter Budgetmaßnahmen; dazu waren bereits einige Aussagen zu hören – unter die Räder gerät. Es geht darum, dass die Tourismusbranche, die einen


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sehr wesentlichen Bestandteil der österreichischen Volkswirtschaft ausmacht, diese Förderungen weiterhin erhalten kann. (Beifall bei der SPÖ.)

21.39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

21.40

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hoher Bundesrat! Der Mittelstand tut sich in Österreich ein bisschen schwer. Er hat eigentlich keine Lobby.

Wenn ich mich hier umschaue: Herr Ager, Herr Neuner, meine Wenigkeit noch – ich glaube, dann haben wir es schon mit den Selbständigen. (Staatssekretärin Rossmann: Die Staatssekretärin!) Entschuldigung, Frau Staatssekretärin! (Bundesrätin Haunschmid: Ich auch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es sind also ein paar – Entschuldigung! Wir sind vielleicht fünf oder sechs Leute, also 7 oder 8 Prozent des österreichischen Bundesrates. Immerhin, Kollege Ager ... (Bundesrat Prähauser: 10 Prozent sind es schon! – Staatssekretärin Rossmann: Mehr als im Nationalrat!) Ja, es wird so sein, Frau Staatssekretärin! Irgendwie ist das doch wieder eine Bestätigung des vorhin Gesagten. Herr Kollege Ager und Herr Kollege Neuner haben mir natürlich aus dem Herzen gesprochen. Mögen wir mit unseren Anmerkungen auch ein bisschen durchdringen!

Nun noch ein paar kurze Anmerkungen zu dieser Vorlage: Dass der bewährte BÜRGES-Apparat nun bis zu einem Obligo in der Höhe von 25 Millionen Schilling Garantien mit Bundesausfallshaftung gewähren kann, ist sinnvoll. Es ist ein bewährter Apparat, und das ist vor allem für die Klein- und Mittelbetriebe im Handel von Vorteil. Soweit ist es also ein guter Antrag des Kollegen Haigermoser und damit auch ein guter Gesetzesbeschluss, dem wir Freiheitlichen im Bundesrat natürlich gerne die Zustimmung geben. Man tut also einiges für mittelständische Unternehmen.

Wenig erfreut – ich bitte Sie, mir da zuzuhören – ist der österreichische Handel über die beabsichtigte – unter Anführungszeichen – "Reparatur" der vom Höchstgericht gekippten Einkaufszentrenverordnung. Hier ersuche ich alle Mandatare guten Willens und bitte auch Sie, Frau Staatssekretärin, nochmals auf Herrn Minister Bartenstein dahin gehend einzuwirken, dass er das Gutachten der Bundeswirtschaftskammer – es gibt ein Gutachten; es hat, so glaube ich, sehr viel Geld gekostet, wie man mir zugeflüstert hat – in seine Lösung einbaut, damit nicht wieder die totale Liberalisierung und damit der ungezügelte Wildwuchs – ich sage: der ungezügelte Wildwuchs – von Einkaufszentren gefördert wird.

Denn sonst wäre es skurril: Dann hätten wir den Zustand, dass auf der einen Seite mit dem hier vorliegenden Gesetzesbeschluss zwar dem Mittelstand geholfen wird – sodass er gefördert wird –; aber gleichzeitig würde er mit der neuen EKZ-Verordnung wieder zu Tode konkurrenziert werden. Unser guter Wille wäre dann von der anderen Verordnung praktisch wieder aufgehoben.

Wie gesagt, habe ich mit Herrn Minister Bartenstein ein Gespräch führen können. Es sieht so aus, als ob er seine ursprünglich geplante totale Liberalisierung wieder ein bisschen überdenkt. Vielleicht ist das noch möglich. Wer auf den Herrn Minister einwirken kann, möge das bitte tun! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

21.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Staatssekretärin. – Bitte.

21.43

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Hoher Bundesrat! Ich möchte nur kurz – um die Sitzungszeit nicht zu verlängern – auf Herrn Mag. Hoscher replizieren. Ist er noch im Raum? – Jawohl.


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 185

Ich verwahre mich strikt dagegen, dass Sie von einem Chaos in der Österreich Werbung sprechen. Gerade aus Ihrem Mund tut das ganz besonders weh. Denn Sie sollten eigentlich wissen, wie demotiviert Mitarbeiter sind, wenn sie das hören und wenn sie es auch von einem Bundesrat hören. Das bewegt mich sehr, und deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet.

Ich verwahre mich dagegen: Es ist kein Chaos in der Österreich Werbung! (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. ) Die Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit und sind, Gott sei Dank, trotz aller Berichterstattung motiviert. (Bundesrat Konecny: Das ist richtig! – Weitere Zwischenrufe. – Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn man einen potenziellen Mitarbeiter, einen potenziellen Geschäftsführer in Aussicht hat und der derzeitige Arbeitgeber ihn nicht freigibt, dann gebe ich Ihnen Recht, wenn man von Mängeln spricht. (Zwischenruf des Bundesrates Prähauser. ) So war das auch gemeint. Er ist nicht abkömmlich gewesen und hatte es mit seinem jetzigen Arbeitgeber nicht vorher abgeklärt.

Aber nun zurück zum eigentlichen Tagesordnungspunkt, zur ÖHT: Auch aus meiner Sicht möchte ich sagen, dass die ÖHT im Tourismusgeschehen nicht mehr wegzudenken ist. Ich glaube, da sind wir uns einig. Die ÖHT leistet mittlerweile beste touristische Arbeit für Österreich, in Form eines Grundverständnisses, das sonst kaum irgendwo so verankert ist wie in der ÖHT, und weiters in einem perfekten Coaching zur Gesundung der Betriebe.

Ich glaube, die ÖHT sollte in diesem Punkt gestärkt werden. Das ist der richtige Schritt, damit die ÖHT diese Arbeit für Österreich und für den österreichischen Tourismus auch in Zukunft leisten kann. Es würde die Einkommenssituation, die Eigenkapitalsituation noch viel schlechter und drastischer aussehen, wenn es die ÖHT nicht gäbe. Das ist aus meiner Sicht ein klares Bekenntnis dazu! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich kann Ihnen hier mitteilen, dass wir jetzt zusammen mit der ÖHT ein Förderhandbuch gezielt zur Saisonverlängerung erarbeiten. Es ist ein Arbeitsprogramm von mir zusammen mit der ÖHT, ein Intensivprogramm darüber, was man alles unternehmen kann, um die Saisonen zu verlängern. Ich sage das hier, weil Sie vielleicht noch nicht davon gehört haben. Wir haben im österreichischen Durchschnitt – das ist dramatisch –, die Stadt-Hotellerie ausgenommen, eine Auslastung von nur 27 Prozent. Ich glaube, jeder, der ein bisschen rechnen kann, weiß, was das heißt. Wir alle sind gefordert! Ich bitte Sie, mitzuarbeiten und mitzuwirken, wo immer es geht, um die Auslastung der Betriebe voranzutreiben. Ein Schritt dazu ist die Saisonverlängerung.

Ich habe das hier, wenn ich so sagen darf, aus meinem Bereich angeschlossen. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Mag. Hoscher hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.45

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! In aller Kürze, noch kürzer als vorhin: Es waren natürlich nicht die Mitarbeiter der Österreich Werbung gemeint, das ist ganz klar. Gerade ich als vergangenes – vielleicht auch zukünftiges, zumindest aber als vergangenes – Mitglied des Präsidiums der Österreich Werbung stehe hier, so glaube ich, wirklich außer Verdacht, damit die Mitarbeiter zu meinen. Das ist jedenfalls auch in den Protokollen der Präsidiumssitzungen der Österreich Werbung nachzulesen.

Gemeint war selbstverständlich das Drumherum um die Österreich Werbung, beginnend bei der Bestellung Macho – Vertragsabschlüsse, die, sagen wir einmal, einige Probleme aufgeworfen haben –, und dann, wie gesagt, solche Aussagen. Ich habe nur aus der Presseaussendung vom 11. Juli von Bundeskanzler Schüssel zitiert. Darin hat er Folgendes gemeint: Im bisherigen Verfahren zur Bestellung des Chefs habe es schwere Mängel bei der Österreich Werbung – das heißt, im Wirtschaftsministerium bei dieser Ausschreibung – gegeben.


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 186

Diese Vorgänge halte ich persönlich für etwas chaotisch. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

32. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden (216/NR sowie 6165 und 6198/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 32. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden.

Die Berichterstattung hat wieder Herr Bundesrat Mag. Neuner übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche um Debatte und Beschlussfassung.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

21.48

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Mit dem heute zum Beschluss vorliegenden Berufsausbildungsgesetz geht die Regierung – sprich FPÖ/ÖVP – nicht den Weg in Richtung von mehr Ausbildung, mehr Qualifikation und sozialer Ausgewogenheit, sondern das Gegenteil ist der Fall.


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 187

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung! Sie verurteilen junge Mädchen und Burschen durch die Ausweitung der Vorlehre zu billigster Hilfsarbeit ohne weitere Zukunftschancen. Die Vorlehre – das wissen Sie ganz genau – hat sich schon bisher nicht besonders bewährt. Daher geben wir Sozialdemokraten dieser Novellierung des Berufsausbildungsgesetzes nicht die Zustimmung.

Die geplante Vorlehre für alle wird für viele Jugendliche mit einer "Schmalspurausbildung" und ohne qualifizierten Berufsschulabschluss in eine berufliche, bildungsmäßige Sackgasse führen, aus der es nur unter schwierigsten Bedingungen eine Umkehr geben kann – wenn das überhaupt der Fall sein wird.

In der Vorlehre werden nämlich nur bestimmte einfache Tätigkeiten angelernt, und das bis zu drei Jahre lang für eine Lehrlingsentschädigung auf dem Niveau des ersten Lehrjahres.

Dazu kommt noch, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Vorlehrlinge keinen anerkannten Lehrabschluss haben. Sie können nur in eine richtige Lehre wechseln, wenn der Lehrberechtigte dazu seine Zustimmung gibt. Sollte der Lehrberechtigte dem Wechsel in eine Lehre zustimmen, dann wird von der Vorlehre weniger angerechnet, als das bisher der Fall gewesen ist. Der Jugendliche lernt dann für seinen Lehrabschluss nicht mehr drei Jahre, sondern viereinhalb und im Höchstfall sogar fünfeinhalb Jahre lang.

Bisher war die Vorlehre für behinderte und für besonders lernschwache Jugendliche vorgesehen. Auch das Arbeitsmarktservice hatte ein gewichtiges Wort mitzureden und war bei der Zuteilung der Vorlehre beigezogen.

Die Mitgestaltung und die Mitverantwortung des Arbeitsmarktservices bei der Vorlehre wurde aus diesem Gesetz bewusst herausgestrichen. Jetzt – das sind die Folgen – können Unternehmen einseitig die Vorlehre auf alle Lehrberufe und auf alle Jugendlichen ausweiten. Mit diesem so genannten "Pakt für die Jugend" liefert die Österreichische Volkspartei gemeinsam mit der Freiheitlichen Partei mit ihrer Regierung die Jugendlichen vollständig an die Unternehmen aus. Diese Regierung zieht sogar noch den jüngsten und den schwächsten Gliedern in der Arbeitswelt das Geld aus der Tasche.

Ich darf das an einem Beispiel eines Frisörlehrlings deutlich machen: Ein Vorlehrling bekommt nach jetziger kollektivvertraglicher Regelung in drei Jahren eine Lehrlingsentschädigung im Höchstausmaß von 138 000 S. Ein Lehrling im dualen Ausbildungssystem würde für den gleichen Zeitraum 194 000 S bekommen. Die Ersparnis für den Lehrherrn beträgt somit 56 000 S. (Bundesrätin Haunschmid: Der ist ja gar nicht so einsatzfähig!) Als besonderes Dankeschön hat der Vorlehrling nach drei Jahren keinen Anspruch auf ein echtes Lehrverhältnis! (Bundesrätin Haunschmid: Der ist ja gar nicht so einsatzfähig wie ein anderer! So etwas Blödes!)

Die Zeche dieser "Schmalspurausbildung" zahlen die jungen Burschen und die jungen Mädchen sowie deren Eltern. Für viele wird nach der Vorlehre der nächste Weg wahrscheinlich jener zum Arbeitsmarktservice sein, um einen Umschulungsplatz beziehungsweise Arbeitslosengeld zu beantragen. Das sind wieder zusätzliche Kosten, ganz abgesehen von dem persönlichen Leid, von dem diese jungen Burschen und Mädchen betroffen sein können. Manche Mitarbeiter des Arbeitsmarktservices sagen voraus, dass künftig auch Hilfsarbeiter durch billigere Vorlehrlinge ersetzt werden.

Wir fordern daher eine Einschränkung der Vorlehre, eine Ausdehnung des Lehrinhaltes des ersten Lehrjahres auf zwei Jahre, eine erhöhte Lehrlingsentschädigung im zweiten Vorlehrjahr und eine einheitliche Probezeit für Lehrlinge und Vorlehrlinge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Berufsausbildungsgesetz beinhaltet noch weitere Diktate, auch für Burschen und Mädchen, die sich im dualen Ausbildungssystem befinden: So wird die Probezeit auf drei Monate verlängert, es erfolgt eine Ausweitung der Arbeitszeit bis 23 Uhr im Gastgewerbe, eine Verkürzung der Behaltefrist von vier auf drei Monate, eine Förderung von Ausbildungsbetrieben ohne die bisher notwendige Qualifikations


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kontrolle und eine Ausweitung einer weiteren "Schmalspurausbildung": Ich darf hiezu auf den Lehrberuf "Gastgewerbeservice" verweisen, der auf gut Deutsch nichts anderes ist als eine Ausbildung zum Speisenträger oder zur Speisenträgerin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei, der Freiheitlichen Partei und der Regierung! Ich darf hier auch die Wirtschaft ansprechen. Ich möchte an Sie appellieren und Sie eindringlich ersuchen, den jungen Menschen in unserem Lande, die in einer solchen Situation sind oder in eine solche Situation gedrängt werden, weiterhin die reale, die ehrliche Chance zu geben, aktiv und qualifiziert ihren Beitrag in der Wirtschaft zu leisten. Geben Sie den jungen Menschen die Chance, aber auch die Gewissheit, qualifiziert ausgebildet zu werden, mit ihrer Ausbildung, mit ihrer Qualifikation ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft zu sein und sich auch international im Wettbewerb behaupten zu können!

Mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf entfernen wir uns von unserer bisherigen sehr hoch qualitativen Lehrlingsausbildung im dualen Ausbildungssystem, und wir verfehlen auch die Zielsetzung, zu der wir uns sicherlich alle gemeinsam bekennen. Es ist daher, so glaube ich, keine Überraschung, dass die Sozialdemokratie dieser Novellierung des Berufsausbildungsgesetzes nicht die Zustimmung geben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

21.56

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Grander zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.57

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Drochter! Ich habe die Lehrlingsausbildung anders erlebt. Mein Mann hat sehr viele Kochlehrlinge ausgebildet. Wir haben im Betrieb meiner Schwiegereltern selbst Kochlehrlinge gehabt (Bundesrat Drochter: In der Vorlehre?) – nein, keine Vorlehrlinge (Bundesrat Drochter: Von denen habe ich aber geredet!)  –, und es hat dort der Lehrling auch Tennis gespielt – meisterhaft sogar. – Aber auch die Vorlehre ist sicher keine Sackgasse.

Ich kann Ihnen auch aus der Krankenpflegeausbildung berichten, dass sich die Krankenpflegeschüler wünschen würden, einen Status zu haben, der zum Beispiel in die Richtung einer Lehrlingsausbildung gehen könnte. Sie stehen zwischendrin, zwischen Lehrling und Schüler: Sie sind weder Schüler noch Lehrling. Es kommt oft der Wunsch durch, auch in diesem Bereich eine Lehrlingsausbildung zu haben. Ganz so ist es also nicht!

Die duale Ausbildung gibt es nicht nur im Lehrlingsbereich, sondern auch besonders bei uns in der Krankenpflege hat sich die duale Ausbildungsform, bei der Theorie und Praxis miteinander verknüpft werden – das ist sehr sinnvoll, was Schule betrifft –, bewährt.

Ich persönlich stelle also fest, dass das Lehrlingswesen an Bedeutung gewonnen hat. Durch die Berufsreifeprüfung haben sich auch für ausgebildete Lehrlinge sehr viele Wege eröffnet. Im internationalen Wettbewerb können wir es immer wieder bestätigt sehen, dass die Qualität der Lehrlingsausbildung sehr gut ist. Das sehe ich bei uns in Tirol zum Beispiel an den Tischlerlehrlingen, für die es sehr viel Anerkennung gibt – ich weiß das von einem Bekannten, der in diesem Bereich im Wifi ausbildet.

Die Entwicklung, dass es offene Lehrstellen gibt, ist sehr begrüßenswert. Man muss das nicht nur negativ sehen, sondern das hat auch seine guten Seiten. In vielen beruflichen Bereichen wie etwa in der Krankenpflege – ich nehme jetzt meinen eigenen Beruf als Beispiel – ist ein Lehrberuf mit Abschluss oft auch ein Schritt auf dem Weg zur späteren beruflichen Neuorientierung. Wir haben in der Krankenpflege sehr viele Leute, die gelernte Schlosser, gelernte Tischler oder Kunsttischler sind. Sie kommen aus allen möglichen Bereichen oder Sparten, sind dort in einer Fachausbildung in ihrem jeweiligen Beruf gestanden und haben sich dann später neu orientiert.


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Die vorliegende Änderung bedeutet eine gute Weiterentwicklung des österreichischen Berufsausbildungsrechtes. Damit gewährleistet sie auch, dass viele Schulabgänger in Lehrverhältnissen unterkommen können. Meine Fraktion wird diesem Gesetz daher ihre Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

21.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Haunschmid zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.59

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Gesetze sollen heute Probleme von morgen lösen. Mit schon lange von der Gastronomie geforderten und notwendigen Maßnahmen will diese Regierung dies tun. Lehrlinge in der Gastronomie sollen statt bisher nur bis 22 Uhr in Zukunft bis 23 Uhr arbeiten können – bei gleich bleibender Gesamtarbeitszeit. Der Grund für diese Regelung war die Verschiebung der Essenszeiten durch die Sommerzeit, aber auch die durch diese Maßnahme gebotene Lehrmöglichkeit bei Gesellschaftsessen, Galaabenden und so weiter. Ich persönlich freue mich als Wirtin über diesen Beschluss des Wirtschaftsministeriums! (Bundesrat Drochter: Das glaube ich!)

Es soll mehr Saisoniers geben – der einzige Grund dafür war ein anhaltender Arbeitskräftemangel in der Gastronomie während der Hochsaison –, die Probezeit wird von zwei auf drei Monate ausgeweitet, bei der Vorlehre werden neue Möglichkeiten geschaffen und so weiter.

Gegen diese Maßnahmen opponierte der Tourismusgewerkschafter Kaske, gegen die Arbeitszeitregelung für die Gastronomielehrlinge sogar mit maßloser Agitation. Die Devise der Regierung laute – so seine Worte –: Der Jugend keine Chance!

Es stellt sich die Frage, wo er die Chance sieht, meine Damen und Herren: in einer nächtlichen Freizeitbeschäftigung oder in einer intensiveren Lehre, die – ich weiß es aus jahrelanger Erfahrung – auch der Lehrling will? – Was soll zukünftig ein Lehrling zwischen 22 und 23 Uhr lernen, was er nicht vor 22 Uhr lernen hätte können, fragte Kaske und gab gleich selbst die Antwort: eigentlich nur, dass es der Regierung nicht um seine Ausbildung, sondern um seine Ausbeutung geht – wie schon Herr Kollege Drochter zuerst gesagt hat. Dieser Vorsitzende wies darauf hin, dass ein Lehrling dem Arbeitgeber im Jahr um brutto 100 000 S billiger komme als eine Hilfskraft oder eine Fachkraft im ersten Gehilfenjahr. Da sollen rund zwei Drittel der 13 500 Gastgewerbelehrlinge teurere Erwachsene ersetzen, was für die Arbeitgeberseite eine geschätzte Lohnkostenersparnis in der Höhe von 400 bis 500 Millionen Schilling brutto im Jahr ausmachen würde!

Das wahre Problem, meine Damen und Herren, das sich hinter solchen Aussagen von Herrn Kaske und seiner Fraktion verbirgt, sind Sie selbst! Zunächst interessieren Sie die Sachprobleme nicht, und deshalb wollen Sie sie auch nicht lösen. Es ist Ihnen gleichgültig, ob unsere Betriebe – nicht nur deren Chefs, wohlgemerkt, sondern vor allem ihre Mitarbeiter – im Wettbewerb besser oder schlechter liegen. Unterliegt nämlich der Arbeitgeber, so gehen Arbeitsplätze verloren, und er kann auch keine Lehrlinge ausbilden.

Ist es das, was Kaske und die SPÖ wollen? Sollen die Jugendlichen auf der Straße stehen oder einen Lehrplatz haben?

Hinsichtlich der Saisoniers müsste Kaske aus Erfahrung wissen, meine Damen und Herren, dass Arbeitslose und offene Stellen schon lange nicht zusammenfinden – erst recht nicht in den wenigen Wochen einer Sommersaison. Eine Stunde länger am Abend und mehr Saisoniers machen unsere Gastwirte und Hoteliers jetzt fitter im Wettbewerb.

Was die Verlängerung der Probezeit von zwei auf drei Monate betrifft, so möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren der SPÖ, wenn Sie uns mit Ihren Augen schon als Ausnützer sehen – wir Wirte werden Lehrlinge nur als Billigarbeitskräfte einstellen und nach drei Monaten, wenn die Saisonarbeit vorbei ist, entlassen, das sind Ihre Worte –, Folgendes sagen: Erstens dauert die


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Saison länger als drei Monate, und zweitens frage ich mich, ob Sie wirklich eine Ahnung von der Praxis einer Lehrlingsausbildung haben! Zwei Monate braucht der Lehrling sicherlich, um sich einzugewöhnen, und kein Betrieb kann es sich heutzutage leisten, nur kurzfristig Arbeitskräfte einzustellen! Sie haben es noch immer nicht begriffen (Beifall bei den Freiheitlichen): Das Arbeitsverhältnis ist anders geworden! Nicht Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt es, sondern Partner! Das ist der Schlüssel zum Erfolg!

Aber wie der Schelm ist, so denkt er: Ihnen geht es nicht um die Person des Lehrlings, sondern Ihnen geht es um die Daseinsberechtigung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrätin Fuchs: Das ist die beste Meldung! Das ist die Spitzenmeldung des Tages!) Denn wenn unter dem alten Gesetz nach zwei Monaten der Lehrling und der Lehrherr festgestellt haben, es passt nicht so richtig, dann schaltete sich ganz schnell der Österreichische Gewerkschaftsbund ein und suchte nach dem Schuldigen.

Sie tun dem Lehrling nichts Gutes, das steht fest. Sie machen ihm den Einstieg in einen anderen Betrieb oder in einen anderen Lehrberuf, wenn er es will, nicht leichter. Ich habe es zuerst schon gesagt: Es sind nicht die Dinge selbst, die Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, beunruhigen, sondern es ist Ihre Einstellung zu all diesen Themen. Ich habe mit Ihrem Tourismusgewerkschafter telefoniert, weil ich von ihm selbst hören wollte, was er mit "der Jugend keine Chance" meint, wenn man bemüht ist, Lehrlingsplätze zu schaffen und die Betriebe wieder zu animieren, Lehrlinge auszubilden. Dass es an der Qualität der Ausbildung gerade in Österreich nicht fehlt, zeigen doch die beeindruckenden Ergebnisse im Rahmen internationaler Wettbewerbe. Diese Regierung ist bemüht, die Attraktivität der Ausbildung und die Bereitschaft zur Ausbildung und damit die Ausbildungsmöglichkeit zu fördern, zu erhalten und zu erhöhen!

Nach heftigen Diskussionen mit Ihrem Herrn Kaske kam dann endlich die Wahrheit ans Licht –hören Sie einmal ganz genau zu, meine Damen und Herren von der SPÖ, denn es ist damit das einzige Interesse Kaskes und seiner Fraktion erklärt! –: Ich werde erst wieder glücklich sein, wenn es diese Regierung nicht mehr gibt – das waren seine Worte mir gegenüber – und wir für die Jugend wieder lebenswerte Gesetze machen können! (Bundesrätin Fuchs: Da gibt es mehr Leute, die so reden! – Bundesrat Winter: Die gibt es jetzt ohnedies schon lange, diese Regierung!)

Kaske verwechselt etwas, meine Damen und Herren: Nicht Gesetze sind lebenswert, sondern ausschließlich das Leben ist lebenswert! Es wäre wünschenswert, dass das Interesse Kaskes und seiner Fraktion dem wirklichen Jugendschutz gelten würde, so wie es der freiheitliche Finanzminister handhabt: Getränkesteuer weg von alkoholfreien Getränken für die Jugend! (Bundesrat Meier: Aber wenn ihr sie nicht weitergebt!)

Offenbar ist der Tourismusgewerkschafter Kaske und sind Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, nicht in der Lage, umzudenken und sich von den alten Steinzeitstrukturen einer roten Proporzregierung zu verabschieden. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. ) Schlussendlich hat es, wenn man sich die Aussagen Ihres Parteikollegen vor Augen führt, den Anschein, dass es Ihnen wiederum nicht nur um die Sache, sondern um die Parteipolitik geht, weil Sie mit dieser Regierung nicht zusammenarbeiten wollen! (Heiterkeit der Bundesrätin Fuchs.  – Bundesrat Meier: Das unterscheidet sich ...!) Sie wären, wenn Sie in dieser Gesetzesvorlage auch die Vorteile für die Lehrlinge und nicht immer nur die Vorteile für die Lehrherren sehen würden, schon gefordert, endgültig einmal Flexibilität zu zeigen und diesem Gesetz zuzustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.07

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Freiberger zu Wort gemeldet. – Bitte.

22.08

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf die hier vorliegenden Gesetzesänderungen kurz eingehe, ein Wort zu Kollegin Haunschmid, die hier glaubte, darüber lamentieren zu müssen, dass sich Gewerkschafter für die Interessen der Jugendlichen einsetzen und


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den Jugendlichen natürlich sofort unterstützen: Das ist wohl selbstverständlich! Das ist ihre Pflicht und Aufgabe! (Bundesrätin Haunschmid: Das ist ja nicht "einsetzen"! Das ist ja nicht "unterstützen"!)

Ich darf dazu etwas aus meiner beruflichen Praxis sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir haben die meisten Rechtsfälle, was Jugendliche betrifft, aus der Gastronomie! Das Gastronomiegewerbe ist hier Spitzenreiter! Die Jugendlichen werden um ihre karge Lehrlingsentschädigung betrogen, und wir müssen häufig klagen und vor Gericht gehen, um die Ansprüche für diese Jugendlichen zu erstreiten – und wir sind auch meistens erfolgreich. – Dieser Zustand stimmt mich nicht sehr glücklich, weil es an sich so sein müsste, dass die Betriebe für Arbeit, die geleistet wird, selbstverständlich auch diese mickrige Lehrlingsentschädigung zahlen. Aber selbst das tun sie nicht, und deshalb haben wir hier die meisten Rechtsfälle. (Bundesrätin Haunschmid: ... zahlen keine Lehrlingsentschädigungen?!) Es ist sehr betrüblich und sehr bedauerlich, dass das in einer Branche – wie vor allem im Bereich der Gastronomie, wo dies verstärkt auftritt – ein derartiges Ausmaß angenommen hat! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid  – zur SPÖ-Fraktion gewandt –: ... Dann bilden wir überhaupt keine aus! Dann stehen eben alle auf der Straße!)

Bevor man diese Materie diskutiert, muss man, so glaube ich, grundsätzlich feststellen, dass das duale Berufsausbildungssystem, das in Österreich so hochgelobt wird, nicht überall so gut funktioniert, wie oft getan wird. Wir haben ganz spezielle Branchen, wie etwa jene der Elektroinstallateure in der Steiermark, in denen wir beim erstmaligen Antreten bei den Lehrabschlussprüfungen jedes Jahr Durchfallsquoten von rund 40 Prozent haben: 40 Prozent aller Lehrlinge im Beruf Elektroinstallateur schaffen beim erstmaligen Antreten die Lehrabschlussprüfung nicht! Da kann man nicht einfach sagen, dass plötzlich alle Jugendlichen geistig benachteiligt oder was auch immer sind, sondern da krankt etwas am Ausbildungssystem! Das ist eindeutig feststellbar. Deshalb geht es uns als SPÖ und als Gewerkschafter vor allem immer um eine Qualitätsverbesserung der Ausbildung! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Maßnahmen, die heute zum Beschluss vorliegen, bewirken das genaue Gegenteil. Es ist darunter nämlich kein einziger Schritt, der in die Richtung einer Qualitätsverbesserung geht, sondern ganz im Gegenteil: Auf Qualität wird absolut kein Wert mehr gelegt! Mit der Einführung der Vorlehre wird hauptsächlich das Ziel einer Lohnkosteneinsparung verfolgt. Es ist wirklich ein Verrat an den jungen Menschen in Österreich, sie nunmehr maximal sechs Jahre lang für einen Lehrberuf lernen zu lassen – wenn etwa bei einem normalen Lehrberuf mit einer dreieinhalbjährigen Lehrzeit ein Lehrling vorher drei Jahre lang in der Vorlehre ist und nur sechs Monate davon angerechnet werden –, dessen Erlernung bis jetzt in dreieinhalb Jahren zu bewerkstelligen war. Das ist wirklich ein Schritt in die falsche Richtung, und wir werden dem selbstverständlich nie die Zustimmung geben.

Es gibt absolut keine laufende Kontrolle bei der Vorlehre, im Gegenteil: Die Unternehmen entscheiden jetzt selbst, ohne irgendwelche Kriterien, ob sie einen Vorlehrling oder einen Lehrling aufnehmen. Es gibt keine Kriterien dafür, wann ein Unternehmer jemanden als Vorlehrling einstufen kann und wann er ihn als Lehrling einzustufen hat. Das war bis jetzt beim Arbeitsmarktservice angesiedelt. Bis jetzt hat das Arbeitsmarktservice im Rahmen der Sozialpartnerschaft entschieden, und es hat eine Richtlinie dafür gegeben, welche Personengruppe für eine Vorlehre in Frage kommt.

Durch die Einführung dieses jetzt umfangreichen Vorlehremodells werden andere, bereits bestehende erfolgreiche Modelle sehr gefährdet. Ich nenne Ihnen ein Beispiel – ich glaube, ich habe es im Bundesrat schon einmal erwähnt –: Wir haben im Bezirk Fürstenfeld zusammen mit dem Land Steiermark und mit dem Arbeitsmarktservice ein Ausbildungsmodell für benachteiligte Jugendliche unter dem Titel – das ist ein sehr komplizierter Name, aber es trifft inhaltlich so zu – "Individualisierte Berufsfindung und Berufsbildung für am Arbeitsmarkt benachteiligte Jugendliche" ins Leben gerufen. Mit dieser Jugendausbildung in Söchau haben wir eine Möglichkeit für wirklich schwache Jugendliche, die das Lehrziel in einem Regellehrverhältnis nicht gleich erreichen würden – solche Jugendliche gibt es eben in unserer Gesellschaft –, geschaffen. In diesem Modell sind die Jugendlichen ganz speziell und individuell betreut worden.


Bundesrat
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Die Ausbildung erfolgt und funktioniert in Partnerbetrieben: Der Partnerbetrieb geht einen Ausbildungsvertrag mit der Ausbildungseinrichtung ein und verpflichtet sich, der Einrichtung die Defizite genau bekannt zu geben. In der Einrichtung wird dann ganz individuell mit dem Jugendlichen gearbeitet. So ist es häufig schon gelungen, solche Jugendlichen zum Lehrabschluss zu bringen – natürlich auch bei längerer Ausbildungsdauer, weil es sich hier um die schwachen Jugendlichen handelt – und an die Lehrabschlussprüfung heranzuführen.

Mit der Einführung der Vorlehre ist dieses Modell ausgeschaltet worden. Das ist sehr schade, denn jetzt fällt diese ganz persönliche, individuelle Unterstützung und Betreuung, die die Jugendlichen in diesem Segment brauchen würden, einfach weg, weil sich im Betrieb – dies ist aus der Erfahrung gesprochen – niemand die Zeit nimmt, mit benachteiligten Jugendlichen ganz speziell zu arbeiten, sondern da werden sie eher als billige Arbeitskräfte herangezogen.

Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass diese erfolgreichen Maßnahmen, die da und dort über Initiativen geschaffen wurden, mit der Novelle dieses Gesetzes ausgeschaltet werden. Es ist für uns als SPÖ und als Gewerkschafter ein besonderes Anliegen, diese benachteiligten Jugendlichen ganz speziell zu betreuen, und das ist jetzt nicht mehr möglich.

Durch diese Novelle gibt es, wie gesagt, massive Verschlechterungen für die betroffenen Jugendlichen. Die Regierungsparteien machen hier einen Rückschritt. Es passiert anscheinend alles unter der Maxime: Gewinn geht vor Chancen für die Jugend. Bei all den Maßnahmen, die hier gesetzt werden, zahlen die Jugendlichen und die Arbeitnehmer die Zeche. Ich bin schon sehr gespannt – aber einige haben es schon angekündigt –, wie vor allem die ÖAAB-Vertreter diesen Gesetzesvorlagen gegenüberstehen werden.

Zusammenfassend ist vielleicht noch anzumerken: Das Auffangnetz für lehrstellensuchende Jugendliche wird zerrissen, und Stiftungen werden gestrichen. Die Ausbildungszeit in Lehrgängen wird nicht mehr anerkannt. Die Probezeit für Vorlehrlinge wird auf sechs Monate erhöht, die Probezeit für Lehrlinge wird auf drei Monate erhöht. Die Weiterverwendungszeit wird auf drei Monate verkürzt. Die Lehrzeiten werden durch die Einführung einer Vorlehre massiv verlängert: bis zu sechs Jahren – ich habe es bereits angekündigt. Lehrabschlüsse für Vorlehrlinge werden erheblich erschwert beziehungsweise unmöglich gemacht. Lehrlinge werden durch die Verlängerung der Lehrzeit für den Lehrbetrieb immer billiger.

Meine Damen und Herren! Die Änderungen im Bereich der Berufsausbildung und der Jugendbeschäftigung gehen massiv zulasten der Jugendlichen und zu Gunsten der Betriebe. Diese Schritte, die Sie hier setzen, sind ein Schritt in die Steinzeit der Berufsausbildung! Die SPÖ wird deshalb diesen Vorlagen nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Marizzi: Bravo!)

22.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

22.16

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was heute zur Diskussion und zur Beschlussfassung ansteht, ist eine Novelle zur Materie Berufsausbildung. Was wir hier in einer sehr bescheidenen Darbietung vorgeführt bekommen, ist nach dem Lamento von Herrn Bundesrat Drochter eine Fülle von Unterstellungen bis hin zu ehrenrührigen Anschuldigungen und schlecht machenden Behauptungen gegenüber einer Branche, aber auch gegenüber einer Regierung, die hier durch eine Staatssekretärin vertreten ist und die es sich letztendlich auch zum Ziel gesetzt hat, Probleme zu lösen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren vor allem auch von der Sozialdemokratie! Hätten wir nicht in der Vergangenheit einen in vielen Facetten falschen Weg beschritten, dann wäre hier und heute der Handlungsbedarf nicht so groß, wie er sich tatsächlich darstellt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Schon wieder!)


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Ich möchte trotzdem den Versuch machen, die Fakten ein bisschen zu erhellen. Hinter diesem Nebelvorhang, der da aus der Ecke der sozialistischen Gewerkschaften errichtet wurde, verbirgt sich sicherlich besseres Wissen und bessere Einsicht. Denn alle, die mit der Materie zu tun haben, wissen, a) dass es so, wie Sie es darzustellen versucht haben, nicht ist und b) dass die Ergebnisse genau dieses dualen Berufsausbildungssystems wesentlich besser sind als jene, von denen Sie hier sprechen, wenn Sie versuchen, sie schlecht zu machen. (Bundesrat Freiberger: 40 Prozent fliegen durch! 40 Prozent!)

Ganz kurz nur zum Thema Vorlehre: Die Vorlehre soll nichts anderes sein als ein erleichterter Einstieg für jene, die einen bescheidenen Zugang zum Lehrabschluss oder zur Lehre überhaupt haben. (Zwischenrufe der Bundesräte Winter und Marizzi. ) Was ist Ihnen denn lieber (Bundesrätin Fuchs: ... in eine ordentliche Ausbildung! In eine ordnungsgemäß bezahlte!), meine verehrten Kollegen von der sozialistischen Fraktion der Gewerkschaften: dass die Leute auf der Straße stehen, in keine Ausbildung kommen, nie die Chance haben, in einem Betrieb praxisorientiertes Arbeiten zu lernen oder dass sie diesen bescheidenen Zutritt finden und in betriebliche Obhut genommen werden?

Weil Sie es so darstellen, als wäre das das Diktat der Unternehmungen: Ein Lehrvertrag ist immerhin noch eine zweiseitige Willenserklärung, zu der auch die Eltern ihre Zustimmung zu geben haben! (Bundesrätin Haunschmid: Genau!) Da, so glaube ich, sollten Sie doch ein bischen mehr von dem Demokratieverständnis zeigen, das Sie immer auf den Lippen führen, aber dort, wo es angebracht ist, es auch in die Tat umzusetzen, immer mehr vermissen lassen! Lassen Sie doch die Menschen entscheiden, was für sie gut ist!

Aber das zieht sich wie ein roter Faden hindurch. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist der Versuch, immer wieder zu dirigieren und einzugreifen – Vorschriften, Vorschriften und immer wieder Vorschriften, das ist das Credo! – Es zeigt sich, dass das schief gegangen ist.

Ein Wort noch zu der Behauptung, dass alles zu Gunsten der Wirtschaft geschieht: Sie werden doch nicht glauben, dass es zu Gunsten der Wirtschaft ist, wenn genau diese Wirtschaft die Kosten und die Lasten der Berufsausbildung nach wie vor mitträgt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Denn was ist im AHS-Bereich – wenn Sie noch so laut schreien, ändert das nichts! –, was ist im BHS-Bereich? Wer zahlt die Ausbildungskosten in den Fachschulen? – Da höre ich immer wieder: Geschenke an die Unternehmungen, Geschenke an die Wirtschaft. (Bundesrat Würschl: Das ist es auch!) Das stimmt hinten und vorne nicht, meine Herrschaften! Das sind Nützlichkeitsbehauptungen, sonst nichts!

Sie alterieren sich darüber, dass die ach so armen Jugendlichen jetzt im Gastgewerbe bis 23 Uhr arbeiten dürfen. (Bundesrätin Fuchs: Müssen!) Na, das ist auch nur ein Schritt hin zu mehr Konsumentenorientierung, ein Schritt der Anpassung an die berufliche Praxis, wie es eben gefordert wird. Wir alle, so wie wir hier sitzen, sind froh, wenn wir die Frühstückssemmeln in der Früh möglichst frisch bekommen.

Meine Damen und Herren! Eines lässt sich auch hier nicht wegdiskutieren. Diese Regierung tut etwas, sie setzt Maßnahmen, und sie setzt gute Maßnahmen! Sie macht es nicht so wie in der Vergangenheit, als der ehemalige Bundeskanzler meinte, er würde für jeden Jugendlichen einen Lehrplatz zur Verfügung stellen – nur konnte er das natürlich nicht! (Bundesrat Freiberger: Aber es versuchen!) Hier und heute ist die Situation so, dass das Verhältnis zwischen den angebotenen Lehrstellen und den Jugendlichen, die Lehrplätze suchen, sehr ausgewogen ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte nur auf eines noch eingehen, meine Damen und Herren! Die Sozialistische Jugend steht nicht an – ich nehme an, dass das massiv von der sozialistischen Fraktion im ÖGB kommt –, Broschüren an junge Leute zu versenden, in denen von bitteren Pillen für die Jugend die Rede ist: bittere Pillen, weil die Regierung die Lehrlingsausbildung untergräbt. – Darin steht wortwörtlich auch Folgendes: Ein neuerliches Diktat der Regierung ermöglicht der Wirtschaft die Ausbeutung der Jugendlichen.


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Meine Damen und Herren! Das sind die Klassenkampfparolen, mit denen Sie keinen Hund mehr hinterm Ofen hervorlocken, von denen Sie aber immer noch glauben, dass Sie sie verbreiten müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Prähauser: Aber Sie regen sich auf, Herr Kollege! – Weitere Zwischenrufe.)

Darin steht auch das zitierte Beispiel von dem ach so geschädigten Lehrling, der weniger Lehrlingsentschädigung bekommt. – Ich nehme das rote Licht zur Kenntnis, weil ich die Sitzung nicht unnötig verlängern will. Es wäre noch viel dazu zu sagen, bis hin zu dem Sager: und das, nachdem die Arbeitergeber Milliarden an Förderungsmitteln eingestrichen haben. (Bundesrat Prähauser: Das ist zu spät gekommen! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Mit solchen Botschaften werden Sie das weiter fortsetzen, was Sie bisher schon mit sehr bescheidenem Erfolg betrieben haben, nämlich Leute dazu zu bringen, dass sie die Welt, vor allem die Arbeitswelt, nur schwarzweiß sehen, und dass die Terminologie der Ausbeutung der Lohnabhängigen nicht in Vergessenheit gerät. Sie tragen aber nichts dazu bei – ich sehe das rote Licht, Herr Klubobmann, danke schön –, dass man etwas mehr Harmonie in die Arbeitswelt bringt, dass man in der Arbeitswelt etwas mehr Gestaltungsspielraum zulässt und dass man vor allem motivierten und engagierten Jugendlichen die Möglichkeit gibt, sich in der Arbeitswelt zu entfalten.

Mit diesen Klassenkampfparolen locken Sie nur ein paar in Ihre Reihen und vielleicht zur Mitgliedschaft – die Sie damit auch anstreben –, die durch Leistungsverweigerung und ein sehr negatives Bild der Arbeitswelt geprägt sind. Das wollen wir von den Regierungsparteien nicht, meine Damen und Herren! Daher sind wir für dieses Gesetz durchaus positiv eingestellt und werden ihm auch die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

22.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Würschl. – Bitte.

22.25

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Herrn Leodolter (Rufe bei der ÖVP: Ledolter!) – Ledolter, Entschuldigung – erspare ich mir Kommentare. Entschuldigung, Sie sind nämlich – regional und begrenzt gesehen, wie ich gehört habe – eine Berühmtheit in der Frage der Lehrlingsausbildung! Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen. Ich habe das aus diesem Kreis gehört. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Fuchs: Jetzt wissen wir es! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Zweitens zu Frau Haunschmid – ich werde versuchen, freundlicher zu sein, sie ist nämlich meine Sitznachbarin; aber trotzdem zwei Bemerkungen –: Frau Haunschmid freut sich sehr, dass sie Jugendliche bis 23 Uhr beschäftigen kann. (Bundesrätin Haunschmid: Ja! Weil sie wollen! – Weitere Zwischenrufe.) Sie freut sich auch darüber, dass die Jugendlichen auf Grund der Maßnahme, die hier gesetzt werden soll, von der Straße kommen. (Bundesrätin Haunschmid: Habe ich auch nicht gesagt!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir können, so glaube ich, drei Meter weiter denken, was diese Philosophie betrifft. Ich erwarte mir nicht, dass man einmal die Empfehlung ausspricht oder eine Novelle dazu vorbereitet, dass man die Jugendlichen in der Nacht überhaupt einsperrt, damit sie nicht auf die Straße kommen. (Bundesrat Dr. Linzer: Das ist billig!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Für uns als Sozialdemokraten ist ganz klar, dass wir diesen Novellen nicht zustimmen können. Denn diese Novellen richten sich eindeutig gegen unsere Kinder und gegen unsere Jugendlichen, und das ist schäbig! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn wir die weiteren Passagen der Gesetzesnovelle lesen, dann sehen wir, dass es ausschließlich um Profitinteressen geht! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten


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haben nichts gegen die Lehre und gegen das duale Ausbildungssystem. Aber wir haben verdammt viel gegen die Ausbeutung unserer Jugend! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Prähauser: Bravo! – Weitere Zwischenrufe.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in Kärnten eine Untersuchung durchgeführt. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Wer?) Wir haben uns Daten von der Wirtschaftskammer geben lassen und uns angesehen, wo die ehrenwerten Unternehmer – solche sitzen angeblich auch hier – ihre Kinder hinschicken. Es war für uns höchst erfreulich – oder auch nicht erfreulich, je nachdem, wo man bei der ganzen Betrachtung steht (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo steht ihr denn?)  –, dass die Unternehmer, die durch die Wirtschaftskammer – daran können Sie sich höchstwahrscheinlich noch erinnern – ganz groß "Karriere mit Lehre" plakatieren ließen, ihre eigenen Kinder nicht in der Lehre haben, wo sie Karriere machen, sondern in den höheren Schulen. (Bundesrat Grissemann: Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Liebe Freunde von der FPÖ und der ÖVP! Ich möchte Sie bitten und auffordern (Bundesrat Grissemann: Mein Bub ist Mechanikerlehrling!), endlich ehrlich zu unserer Jugend zu sein. (Bundesrat Weilharter: Wie viele Lehrlinge haben denn Sie ausgebildet?) Ich würde den Jugendlichen auch empfehlen, nicht auf Ihre Karriereversprechen einzusteigen, sondern in Österreich die berufsbildende mittlere und höhere Schule zu besuchen. Denn dort werden sie besser ausgebildet und nicht ausgenützt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde mir jetzt die weiteren Ausführungen sparen, weil sehr viele wahre Dinge bereits gesagt wurden. (Bravorufe und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Aber, liebe und sehr geehrte Damen und Herren, es ist eine Katastrophe! (Präsident Payer übernimmt den Vorsitz.) Da hat man auf Profitinteressen hin orientiert gesetzliche Rahmenbedingungen formuliert, ohne darüber nachzudenken, wie die benachteiligten Kinder unserer Gesellschaft pädagogisch ausgebildet werden sollen. (Bundesrat Steinbichler: So arm sind die Kinder, ganz fürchterlich, wenn Sie sie so sehen ...! – Weitere Zwischenrufe.)

Zum Abschluss: In dieser Gesetzesnovelle steht formuliert, dass benachteiligte Jugendliche mit persönlichen Vermittlungshindernissen der Personenkreis sind, der für die Vorlehre vorgesehen ist. Das ist sowieso das Größte, dass jetzt die Unternehmer feststellen, wer die benachteiligten Kinder sind. Das ist, so finde ich, eine Sauerei gegenüber unserer Jugend! (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.30

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Mares Rossmann. Ich erteile dieses.

22.30

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren des Bundesrates! Manchmal wundere ich mich nicht, dass es manche Zustände in dieser Republik gibt, wenn ich Ihre letzten Debattenbeiträge gehört habe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie sprechen vom Verabschieden von der Lehrlingsausbildung. Sie sprechen vom Profitinteresse der Betriebe.

Ich kann Ihnen auch aus meiner Erfahrung – ich habe in meiner beruflichen Tätigkeit als Lehrherrin mindestens 50 Lehrlinge ausgebildet – sagen: Man ist gerne bereit, Lehrlinge auszubilden. Sie kosten Zeit, Nerven und viel Geld. Das duale Ausbildungssystem ist eben so, dass der Unternehmer seinen Beitrag leistet, um die Jugendlichen an eine Berufsausbildung heranzuführen. Aber in allen Debatten wird immer vergessen, dass auch das Elternhaus das Seine dazu beiträgt, mehr als sonst wo! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sehe diese Form vor allem der Vorlehre als den endlich erfolgenden Schritt in die richtige Richtung, um benachteiligte Jugendliche wirklich an eine Lehre heranzuführen. Hier spreche ich auch aus eigener Erfahrung in zweijähriger Tätigkeit als Stadträtin für Wirtschaft in Graz.


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Mir waren auch die Lehrlinge im Stadtgebiet Graz zugeordnet, und ich habe es mit großer Besorgnis betrachtet. Einmal bin ich hergegangen und habe mir den Sockel der nicht mehr vermittelbaren Lehrlinge angesehen. Das sind Jugendliche, die sich in einer schwierigsten Lebensphase, nämlich in der Pubertät, befinden. Sie sind im Elternhaus nicht mehr motivierbar gewesen, einen richtigen Schulabschluss zu machen. Sie haben teilweise entweder versäumte Unterrichtsstunden, oder sie haben mehrheitlich negative Beurteilungen im Zeugnis oder gar keinen Schulabschluss. Das heißt, diese Jugendlichen sind nicht vermittelbar. Das ist der große, der breite nicht mehr vermittelbare Bereich der Lehrlinge.

Genau da setzt die Vorlehre an. Es geht darum, dass diese Jugendlichen in Zukunft endlich einen Weg in eine Lehre finden. Allen Unternehmern gilt wirklich großer Dank dafür, dass sie sich dazu bereit erklären. Denn das sind teilweise schwierige Jugendliche in einer schwierigen, pubertären Phase, mit nichts als Frust in den letzten Monaten und vielleicht Jahren. Diese Jugendlichen muss man aus dieser Frustration wieder herausholen, ihnen wieder Lebensperspektiven und Motivation geben. Das ist Aufgabe des Lehrherrn zusammen mit dem Elternhaus, und das ist nicht einfach! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wer hier von Ausbeutung oder von Profitdenken spricht, hat nicht verstanden, dass es um die Zukunft von Jugendlichen geht, die bereits in ihrer jungen Laufbahn benachteiligt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber erlauben Sie mir auch ein Wort zur Verlängerung der Probephase, der Probezeit und zur Beschäftigung der Lehrlinge in der Gastronomie bis 23 Uhr. Das ist – Herr Ledolter hat es schon erwähnt – eine Anpassung an moderne Bedürfnisse. Ich weiß aus meiner Tätigkeit auch, dass es im Hinblick auf den Nachwuchs an Fachkräften in Hotellerie und Gastronomie in nächster Zeit dramatisch werden wird. Wenn wir nicht darauf achten, dass wieder mehr Lehrlinge ausgebildet werden, werden wir einen effektiven Fachkräftemangel für Service und Küche haben, und dann werden wir Probleme haben.

Das ist jetzt ein Schritt, um auch einen Anreiz für die Lehrherren zu schaffen, in Zukunft wieder Lehrlinge auszubilden. Denn man kann von einem Lehrherrn nicht verlangen, dass er in zwei Monaten einen Lehrling kennt. Drei Monate sind gerecht fürs Elternhaus, für den Lehrling und für den Lehrherrn, damit man sich besser kennen lernt.

Eine Arbeitszeit für Lehrlinge bis 23 Uhr bei insgesamt gleich bleibender Arbeitszeit und auch bei eingehaltenen Ruhensphasen muss legitim sein, wenn man weiß, dass ein großer Teil des Hauptgeschäftes auch am Abend stattfindet. Das ist ein Faktum. Auch der Lehrling weiß, wenn er den Beruf ergreift, was ihn in Zukunft erwartet. Denn sonst müssten wir mit Sonntagsbeschäftigung und so weiter aufhören; dann sperren wir in Zukunft überhaupt zu! Dann können wir aber auch den österreichischen Tourismus zusperren.

Das ist, so glaube ich, der richtige Weg, damit Facharbeiter im Tourismus auch in Zukunft in Österreich ausgebildet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.) Ich glaube, es beweist – da geht es sicherlich Ihnen allen gleich, wo immer man auf der Welt hinkommt –, wir haben es international mit ausgezeichneten österreichischen Kräften zu tun, mit Kräften, die in Österreich ausgebildet wurden, auf allen Ebenen! Das ist auch die Zukunft, um weiterhin Fachkräfte in Österreich auszubilden. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.35

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile dieses.

22.35

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich wehre mich mit aller Entschiedenheit dagegen, dass man sagt – wie vorhin die drei Gewerkschafter zu diesem Tagesordnungspunkt behauptet haben –: Die Unternehmer sind Ausbeuter, die Unternehmer bilden die Lehrlinge nicht aus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Ich wehre mich gegen solche Verallgemeinerungen und habe das auch schon öfters hier im Hohen Haus gesagt. Es gibt sicherlich Unternehmer, die Lehrlinge nicht gut ausbilden und Lehrlinge vielleicht auch ausnützen. (Bundesrätin Fuchs: Die haben wir gemeint! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber es gibt auch Lehrlinge, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Unternehmen ausnützen. (Bundesrätin Haunschmid  – in Richtung SPÖ –: Es gibt auch schlechte Leute unter euch, oder?) Es gibt schwarze Schafe auf beiden Seiten, und es gibt viele weiße Schafe. Es gibt viele gute Unternehmer, es gibt viele gute Unternehmerinnen, es gibt auch viele gute Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Lehrlinge.

Aber ich verwahre mich dagegen, dass Sie von der SPÖ heute, bei diesem Tagesordnungspunkt, dauernd verallgemeinern und so tun, als ob alle Unternehmer Ausbeuter wären, als ob sie Unternehmer wären, die die Lehrlinge nicht ausbilden. Das haben Sie gesagt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch einmal betonen: Ich kenne genügend Betriebe, die sehr viel Kraft und Geld in ihre Lehrlingsausbildung stecken. Denn wir sitzen im selben Boot, Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. (Bundesrätin Fuchs: Wer rudert?) Bitte merken Sie sich das einmal, und seien Sie nicht immer so klassenkämpferisch! Manchmal habe ich das Gefühl, Sie haben die Zeichen der Zeit noch nicht verstanden, und Sie wissen nicht, was es heißt, im Jahre 2000 in eine neue Zukunft zu gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

22.38


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667. Sitzung / Seite 198

Präsident Johann Payer:
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck. Ich erteile dieses.

22.38

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Es geschehen schon erstaunliche Dinge, nach dem, was man hier so hört. Nach dem Grazer Spitzelbrief gibt es jetzt die Kärntner Geheimuntersuchung. Es ist sagenhaft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich wundere mich (Bundesrat Würschl: Wir sehen das Problem!), wie Sie dagegen auftreten können, dass man die Polizei genau ermitteln lässt, nur um Verbrechen zu verhindern, oder dass man das Bundesheer mehr ermitteln lässt. Auf der anderen Seite schreien Sie geradezu nach dem gläsernen Menschen!

Haben Sie auch schon eine Untersuchung gemacht, wie viele Kinder roter Politiker in die Mittelschule gehen? (Bundesrätin Fuchs: Sehr viele!)  – Das sind doch Ideen, die geradezu absurd sind! (Bundesrätin Fuchs: Weil die besonders gescheit sind!) Nein, das ist nicht besonders gescheit! Ich finde es nicht besonders gescheit, dass man mit solchen Sachen überhaupt politisch argumentiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. )

Meine Damen und Herren! Sie benützen Kammern und Gewerkschaftsbund zu Spitzeluntersuchungen und sonst gar nichts! (Bundesrätin Fuchs: Auf Ihre Argumente brauchen Sie auch nicht stolz zu sein!) Sie benützen offensichtlich die Mitgliedsbeiträge Ihrer armen Mitglieder beim ÖGB oder der Zwangsmitglieder bei den Kammern dazu, dass Sie solche unsinnigen Geheimuntersuchungen machen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Fuchs: Das sind Unterstellungen!)

Ein Zweites, meine Damen und Herren – ich habe es Ihnen mehrfach gesagt, und auch andere Redner haben es schon sehr oft gesagt (Bundesrätin Mag. Trunk: Werden Ihnen trotzdem nicht zuhören!)  –: Vergessen Sie endlich dieses uralte Klischee, dass Unternehmer und Dienstnehmer Feinde sind! Wir wollen in eine Zukunft, in der zusammengearbeitet wird (Bundesrätin Fuchs: Wir auch!), in der man kooperative Aspekte und nicht das alte sozialistische Feindbild sieht! (Bravorufe und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.40

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile dieses.

22.40

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Meine Damen und Herren! Jeder von uns hat seine Aufgabenstellung und seine Pflichterfüllung. Ich kann nur an die Worte des Vorredners anschließen und darf Ihnen versichern, als Unternehmervertreter und natürlich auch selbst als Unternehmer halten wir es längst so – da darf ich auch für meine Kollegen sprechen –, dass es nur einen Erfolg gibt, wenn wir im Zuge einer Kooperation mit den Arbeitnehmern, mit unseren Dienstnehmern versuchen (Bundesrätin Mag. Trunk: Ja!), gemeinsam sozial gerechtfertigt zu einem Erfolg zu kommen. (Allgemeiner Beifall. – Bundesrätin Fuchs: Ja, das ist die richtige ...!)

Ich danke für den Applaus. (Bundesrat Freiberger: Woher sind dann die ganzen Rechtsfälle? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber wenn ich – wie gesagt, bei allem Respekt für Ihre Aufgabe als Opposition – hier vernommen habe, sozusagen in Wort und Bild, wie sich vor allem Kollege Würschl gegeben hat, muss ich ehrlich gestanden sagen: Ich war im wahrsten Sinne des Wortes entsetzt darüber, Herr Kollege Würschl, mit welcher Aggression und mit welcher Bitterkeit Sie als ein echter, alter Klassenkämpfer aufgetreten sind. (Bundesrätin Mag. Trunk: Soll ich Ihnen einen Spiegel geben?)

Wissen Sie, Sie haben, so glaube ich, von der Praxis keine Ahnung! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich darf Ihnen sagen, was hier heute beschlossen worden ist, das habe ich ... (Bundesrat Würschl: Von Steuerhinterziehung habe ich keine Ahnung, ja! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, ich lade Sie gerne ein, kommen Sie zu mir! Ich habe nämlich so ... (Unruhe im Saal.)

Präsident Johann Payer (das Glockenzeichen gebend): Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesrat Linzer ist am Wort.

Bundesrat Dr. Milan Linzer (fortsetzend): Wir haben ein Institut, das sich mit Jugendlichen beschäftigt, die schwer in den Arbeitsprozess hineinkommen, weil sie benachteiligt sind. Ich bin vor 14 Tagen angerufen und gefragt worden, ob ich jemanden aufnehmen könnte. Da habe ich mir den Fall schildern lassen. Ich habe dann eine junge Dame aufgenommen, die eben irgendwie benachteiligt ist. Kommen Sie zu mir, ich zeige Ihnen den Fall und zeige Ihnen die Praxis! Ich sage Ihnen, das Kind hat mir gestern Abend mit Tränen in den Augen gezeigt, wie wohl es sich bei mir fühlt, weil es großartig aufgenommen worden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege! Seien Sie mir nicht böse, aber ich muss Ihnen Folgendes sagen: Wissen Sie, wie wir Burgenländer zu solchen Auftritten sagen, wie Sie jetzt einen gehabt haben? – Seien Sie nicht böse, ich will Sie nicht beleidigen, aber ich habe den Eindruck, als ob Sie ein Schreibtischtäter wären. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.43

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte.

22.44

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Einen Satz muss man dazu noch sagen, weil Sie vorhin gesagt haben, lieber Kollege: Alle Unternehmer schicken ihre Kinder auf höhere Schulen.

Ich bin auch ein Unternehmer, wenngleich ein kleiner, und habe zwei Söhne. Einer hat Koch gelernt, einer Mechaniker. Ich bin sehr froh und glücklich darüber. (Bundesrat Würschl: Ein Exote!) Darin wird die Zukunft liegen, lieber Kollege! Wenn alle in die höheren Schulen gehen werden, dann kann ich nur sagen, ich wünsche Ihnen viel Glück und dazu ein schönes Wetter, wie Sie die alle in geschützten Bereichen unterbringen werden, die es nicht mehr geben wird.

Ich weiß nicht – auch ich möchte Sie nicht beleidigen –, wo Sie herkommen und was Sie bisher gemacht haben. (Bundesrat Würschl: Ich bin ein Lehrer!) Aber ich nehme an, dass Sie aus


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667. Sitzung / Seite 199

einem geschützten Bereich kommen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wie viele Kinder?) Aus einer geschützten Werkstätte möchte ich da nicht sagen, aber in Bezug auf das, was Sie bisher gemacht haben.

Ich wollte auch friedlich in die Sommerpause gehen. Aber die Sommerpause schaut bei uns anders aus, lieber Kollege! Wir arbeiten auch zu Hause, unsere Betriebe erfordern unseren Einsatz, wir bekommen nicht 14 Monatsgehälter – ob schönes Wetter ist oder ob es regnet. Ich glaube, das Thema werden wir im Herbst ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Haben Sie sich freiwillig dazu entschlossen, oder wurden Sie gezwungen dazu? – Weitere Zwischenrufe.) Ich habe mich freiwillig dazu entschlossen. Sie hätten mich gar nicht dazu zwingen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber das muss ich auch sagen: Das werden wir im Herbst thematisieren, weil es nämlich genau das ist, womit wir uns wirklich herumschlagen, und zwar seit Jahrzehnten. Jetzt sind wir wieder mitten in dem Klassenkampf.

Eines möchte ich zum Schluss noch sagen. Was Sie wollen, ist – zumindest habe ich es so verstanden –, die Lehrlinge in geschützten Werkstätten auszubilden. Dazu brauchen Sie aber auch wieder uns nützliche Idioten, denn einer muss es zahlen! (Bundesrätin Haunschmid: Die brauchen keinen Arbeitsplatz mehr!) Das wollte ich noch gesagt haben. – Ich wünsche trotzdem schöne Ferien! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.46

Präsident Johann Payer: Noch eine Wortmeldung. – Bitte, Herr Kollege.

22.46

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Hoher Bundesrat! Überhaupt nur einen Satz; ich habe ihn Ihnen, Herr Kollege Würschl, schon zugerufen und möchte das ganz offiziell feststellen: Mein Sohn ist Mechanikerlehrling. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.46

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

33. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung geändert wird (168/A und 228/NR sowie 6199/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 33. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Franz Wolfinger übernommen. Ich bitte um den Bericht.


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Berichterstatter Franz Wolfinger:
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft. Der Inhalt dieses Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft ... (Unruhe im Saal.)

Präsident Johann Payer (das Glockenzeichen gebend): Kolleginnen und Kollegen! Das ist unerträglich, man versteht den Berichterstatter nicht! Ich bitte Sie wirklich um mehr Disziplin. – Bitte, Herr Berichterstatter.

Berichterstatter Franz Wolfinger (fortsetzend): Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Kraml. Ich erteile dieses.

22.48

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich konnte auf sein UVP-Gesetz stolz sein. Es war ein gutes Gesetz, auch wenn es manchmal etwas mühsam war, die entsprechenden Genehmigungen zu erreichen. Dass dies oft mühsam war, hat aber auch dazu beigetragen, dass erstens die Umwelt optimal geschützt worden ist und dass zweitens auch die Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte hatten.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Beides wird mit der vorliegenden Änderung aufgeweicht – um es einmal so salopp zu formulieren. Es entsteht ein Bürgerbeteiligungsgesetz ohne Beteiligung der Bürger.

Es wird das vereinfachte Verfahren eingeführt. Das hört sich zwar sehr gut an, aber was ist dieses vereinfachte Verfahren? – Gemeint ist damit, dass zum Beispiel bei der Massentierhaltung auch die Schweine- und Geflügelzuchtbetriebe unter dieses vereinfachte Verfahren fallen, wenn sie unter einer bestimmten Größe liegen. Es gibt dann bei solchen Betrieben kein UVP-Gutachten mehr. Das Kernstück der Prüfung ist also nicht mehr vorhanden.

Die Behörde allein entscheidet über die Umweltauswirkungen derartiger Betriebe. Drei Viertel aller Großbetriebe, meine Damen und Herren, werden künftig in diesem vereinfachten Schnellverfahren geprüft werden.

Dazu werden dann auch noch die Schwellenwerte drastisch angehoben. Da geht es zum Beispiel um die Gentechnikanlagen: Auch da gibt es bis zur Sicherheitsstufe 3 nur das vereinfachte Verfahren. Auf Anlagen für organische Grundchemikalien bis zu 150 Tonnen ist ebenfalls das vereinfachte Verfahren anwendbar. – Dazu ist anzumerken, dass die weltgrößte Anlage auf 180 Tonnen ausgerichtet ist!

Meine Damen und Herren! Es ist eben einfacher, wenn man sich nicht mehr mit Bürgerinitiativen auseinander setzen und herumstreiten muss. Es ist überhaupt einfacher, wenn man mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr zu sprechen braucht.

Dass die ÖVP diese Änderungen will, ist mir klar. Da geht es um die Wirtschaft, und diese hat sich hier immer noch durchgesetzt.

Was mir nicht mehr so klar ist, ist das Verhalten der FPÖ, wenn Sie diesem Gesetz zustimmen. Ich erinnere mich noch an die letzten hier im Haus zu diesem Thema geführten Diskussionen zurück, und da haben Sie ganz vehement die Bürgerbeteiligung eingefordert. Es war Ihnen da


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mals eigentlich alles, was auf dem Tisch gelegen ist, zu wenig, und jetzt stimmen Sie einer Verminderung der Bürgerbeteiligung auf einmal zu!

Meine Damen und Herren! Die Schwellenwerte hinaufsetzen und gleichzeitig die Bürgerbeteiligung reduzieren – dem können wir Sozialdemokraten keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

22.52

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile ihm dieses.

22.52

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Bundesrates! (Bundesrat Konecny: Redest du jetzt über die Bürgerbeteiligung?) Lassen Sie mich, bevor ich ein paar Sätze zum gegenständlichen Gesetzesbeschluss sage, eine Feststellung treffen. Ich habe die Ehre, diesem Hohen Hause seit 16 Jahren anzugehören. (Bundesrat Prähauser: Mit kurzen Unterbrechungen!) Heute war sicherlich keine Sternstunde des Bundesrates – das möchte ich ausdrücklich festhalten –, denn wenn um 13 Uhr ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Für Sie nicht!)

Frau Kollegin Trunk! Ob für Sie eine Sternstunde da ist oder nicht ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Da werden wir unterschiedliche Meinungen haben!)  – Das mag ich sehr schwer bezweifeln, denn Sie glauben anscheinend, dass hier eine Juxveranstaltung stattfindet und nicht die zweite Kammer dieser Republik tagt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass heute bereits um 13.26 Uhr zu einem Tagesordnungspunkt, der hier um etwa 20 Uhr aufgerufen wurde, im "Standard" ein E-Mail unter dem Titel "So lustig geht’s im österreichischen Bundesrat zu" gesendet wurde, deren Untertitel lautet: SPÖ beleuchtet Verhältnis Grassers zu James Bond, und so auch wir (die gelbe Seite ist fast so witzig wie der Bundesrat), mag Ihnen, Frau Trunk, gut erscheinen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Nein! Dem Herrn Grasser!) – Nicht Herr Grasser, Sie haben das in die Welt gesetzt (Bundesrätin Fuchs: Wer behauptet das?): einen Antrag, der – das möchte ich ausdrücklich festhalten – wieder zurückgezogen wurde, weil die beiden Regierungsparteien das nicht hinnehmen wollten! Aber Sie haben schon Stunden vorher diesen Stumpfsinn – das sage ich bewusst – via Internet verbreitet! Da brauchen Sie nicht zu erwarten, dass wir dem noch zustimmen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Fuchs: "Stumpfsinn" – das ist aber schon ein Ordnungsruf!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun zu diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates betreffend die Prüfung von Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung: Wenn Sie, Herr Kollege Kraml, behaupten, dass hier eine Verschlechterung eintritt, dann muss ich Ihnen sagen: Hätten Sie im Ausschuss aufgepasst, was der Vertreter des Ministeriums auf die Frage eines Ausschussmitgliedes gesagt hat. Er hat dort uneingeschränkt gesagt: Summa summarum wird mit diesem Gesetz eine Verbesserung eintreten. – Dann können Sie hier nicht behaupten, dass das eine Verschlechterung ist!

Niemand will die Bürgerbeteiligung einschränken. Wir leben in einem Land, in dem es üblich ist, dass Bürgerinitiativen mitreden. Ob es uns passt oder nicht: Es ist so. Ich selbst habe in meiner Gemeinde zwei Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt und durchführen lassen, und wir haben beste Erfahrungen damit gemacht. Aber ich habe gegen etwas etwas (Heiterkeit des Bundesrates Prähauser ): und zwar dagegen, dass sich selbst ernannte Bürgerinitiativen zum Richter über alles andere aufspielen (Bundesrätin Mag. Trunk: Das tun sie nicht!) und dann glauben, sie können mit ihrer Meinung genauso mit dem Kopf durch die Wand wie so manch anderer. Dagegen habe ich etwas! Es gibt in dieser Republik gewählte Organe, und diese sollen entscheiden. Es gibt Behörden (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Trunk ) – Frau Mag. Trunk, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Bundesrätin Mag. Trunk: Nein!)  –, die vom Gesetz dazu bestimmt sind, Entscheidungen zu treffen (Bundesrätin Mag. Trunk: Sie werden nicht bestimmen, was ich zur Kenntnis zu nehmen habe!), und diese werden Entscheidungen treffen, ob


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es Ihnen passt oder nicht! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrätin Mag. Trunk: Zur Kenntnis nehmen muss ich gar nichts!)

Meine Damen und Herren! Mit dieser Regelung wird genau festgelegt, welche Umweltverträglichkeitsprüfung für welches Projekt durchzuführen ist. Ich finde das richtig und wichtig, denn bisher war es so, dass sich niemand ausgekannt hat: Brauchen wir eine Umweltverträglichkeitsprüfung, oder brauchen wir keine? – Jetzt ist das genau festgelegt. Jetzt können wir so vorgehen.

Daher sind wir froh darüber, dass dieses Gesetz eingebracht wurde und beschlossen wird. Ich darf Ihnen versichern: Wir von der ÖVP-Fraktion werden gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates mit Sicherheit keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Nona! – Bundesrätin Fuchs: Zur Sache war nicht viel dabei!)

22.56

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

22.57

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben mit dem Gesetz, mit dieser Änderung, die wir heute beschließen, einerseits eine EU-Richtlinie umzusetzen und andererseits der Rechtsprechung des EuGH gemäß auch einige Anpassungen vorzunehmen. Es gibt schon bei Entscheidungen nach dem jetzt geltenden Recht, dem UVP-Verfahren von 1993, Konzentrationsverfahren aller Bundes- und Landesmaterien, das so genannte One-Stop-Shop-Prinzip. Dieses System hat sich bewährt. Was sich jetzt ändert, ist, dass es erweitert wird, und zwar auf alle Anlagen, die im Anhang 1 zu finden sind. Daher ist auch in diesem Fall das Bürgerbeteiligungsverfahren nicht mehr notwendig, weil es auf alle Anlagengenehmigungen erweitert wird.

Es ist richtig, dass es jetzt zwei Verfahren gibt: Es gibt das normale Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, wie wir es bisher auch gekannt haben. Dabei gibt es überhaupt keine Beschneidung der Rechte der Bürgerinitiativen, denn hier haben sie Parteistellung, wie sie sie auch bisher gehabt haben. Die Änderung ist jene, dass es jetzt ein vereinfachtes Verfahren gibt, und dabei ist ein ganz wesentlicher Faktor, den ich als besonders positiv herausstreichen möchte, dass der Anrainer seine Parteistellung hat. Damit sind die Anrainerrechte absolut gewahrt. Ich glaube schon, dass es sehr wichtig ist, dass der jeweils betroffene Anrainer die Möglichkeit hat, sich zu äußern, und dass er auch Parteienrechte hat und dass nicht einer, der am anderen Ende einer Stadt oder einer Gemeinde wohnt – in Wien ist dies besonders krass –, eine Bürgerinitiative bilden kann, die dann bei allem dreinredet, aber nicht dort, wo es wirklich notwendig und sinnvoll und wichtig und richtig ist, sondern bei allen möglichen anderen Angelegenheiten, aus welchen Gründen auch immer – ohne dass ich jetzt jemandem niedrige Motive unterstellen möchte. Es gibt auch besonders schützenswerte Gebiete, wo gerade bei den Schwellenwerten, die schon angesprochen worden sind, im Einzelfall zu prüfen ist, wie vorgegangen werden muss und ob es sich um eine besonders schützenswürdige Kategorie handelt.

Ich glaube, dass das auch sehr gut ist. Denn in der letzten Zeit, bei dem geltenden UVP-Gesetz, haben wir eines gehabt – das kennen wir doch alle –: Es hat auf Grund der mangelnden Kumulation eine Aufsplitterung auf verschiedene Betreiber gegeben. Ich nenne als besonderes Beispiel den Lainzer Tunnel, bei dem man es natürlich geschafft hat, das UVP-Verfahren zu umgehen, indem man das ganze Projekt in einzelne Scheibchen zerstückelt hat, damit man das nicht machen kann. – Das wird in Zukunft nicht mehr gehen, und das halte ich für eine sehr richtige und für den Umweltschutz sehr wichtige Neuregelung. Ich verstehe da die Kritik der SPÖ überhaupt nicht.

Der einzige Punkt, der mir nicht so gut gefallen hat und zu dem ich auch selbst eine kleine Kritik anbringen muss – ich weiß, dass es darüber auch im Umweltausschuss des Nationalrates heiße Diskussionen gegeben hat –, betrifft die Schwellenwerte, vor allem bei den Massentier


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haltungen. Obwohl sie jetzt gesenkt sind, gestehe ich, dass ich mit dem Ergebnis auch nicht 100-prozentig zufrieden bin. Aber vielleicht wird man sich da in weiterer Folge noch eines Besseren besinnen.

Trotzdem darf man nicht so tun, als ob das Gesetz jetzt als Ganzes schlecht wäre, nur weil uns – oder auch nur einigen von uns – vielleicht einzelne Punkte nicht so gut gefallen. Denn ich glaube, einem Gesetz, das Vereinfachung bedeutet, gleichzeitig die Rechte der Bürger wahrt und schützt und den Umweltschutz auf einem hohen Niveau sichert, kann man ruhigen Gewissens zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

23.01

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer. Ich erteile ihm dieses.

23.01

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zu drei Bemerkungen Stellung nehmen. Erstens: Dieses Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz sichert die hohen Umweltstandards. Entgegen allen Behauptungen würde ich sogar sagen, es weitet die Standards aus, wenn ich etwa an die Kumulierungsbestimmung denke, die ein wesentlicher Fortschritt im Vergleich zur geltenden Regelung ist, und – ich meine, dass das nichts Schlechtes ist, Herr Bundesrat Kraml – es sichert gleichzeitig die Anforderungen des Wirtschaftsstandortes. Denn ich gehe davon aus, dass in Unternehmen Menschen beschäftigt sind und dass wir daher ein Interesse daran haben müssen, Unternehmen zu haben, um auch Beschäftigung zu haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens: Dieses Gesetz stellt sicher, dass wir die Anwendungsbereiche der UVP ausweiten – von 50 Anwendungsbereichen auf 88, Herr Bundesrat! Selbstverständlich geht damit auch eine Vereinfachung im Sinne von UVP und vereinfachtem Verfahren einher, weil die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat, dass die Sicherung des Umweltstandards auch mit Verwaltungsvereinfachung, mit vereinfachtem Verfahren, funktioniert und funktionieren muss.

Drittens – auch das möchte ich noch sagen –: In Summe werden die Rechte in diesem UVP sogar ausgeweitet, etwa in der Frage der Nachbarn oder angrenzender Gemeinden. Zu den Bürgerinitiativen steht im Gesetz Folgendes – auch das soll hier gesagt werden –: Die Bürgerinitiativen haben selbstverständlich, so wie bisher, Parteistellung beim UVP-Verfahren, und sie haben Beteiligtenstellung beim vereinfachten Verfahren.

Ich meine, dass wir auch dann, wenn wir darüber sprechen, was wir mit diesem Gesetz vorhaben, die Wahrheit sagen sollten: Umweltstandards sichern, Bürgerbeteiligung sichern und den Wirtschaftsstandort sichern – das ist das Konzept, das dahinter steht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.0


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 204

3

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

34. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (AWG-Novelle Deponien) (178, 167/A und 230/NR sowie 6200/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 34. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (AWG-Novelle Deponien).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Franz Wolfinger übernommen. Ich bitte um den Bericht, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden.

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Grillenberger. Ich erteile ihm dieses.

23.05

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes werden Bestimmungen aus dem Wasserrechtsgesetz in das Abfallwirtschaftsgesetz übernommen. In weiterer Folge wird die Richtlinie 1999/31/EG des Rates über Abfalldeponien in nationales Recht umgesetzt. Für Deponien werden entsprechende Verfahrensbestimmungen sowie Bestimmungen für den Betrieb, die Überwachung und die Anpassung bestehender Deponien an den Stand der Deponietechnik gemäß der Deponieverordnung und allfällige verwaltungspolizeiliche Aufträge normiert.

Mit der Zusammenführung der gesetzlichen Bestimmungen sollen Doppelgleisigkeiten vermieden und die Rechtsbereiche übersichtlicher werden. Mit der Zusammenlegung von Bestimmungen aus dem Bereich der Wasserwirtschaft mit dem Bereich der Abfallwirtschaft ist sicherlich ein positiver Effekt im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung verbunden. Aber durch die Abänderung einiger Punkte in diesem Gesetz wurden die Umweltstandards nicht besonders gehoben, sondern punktuell in manchen Bereichen sogar etwas verschlechtert.

Negativ zu sehen ist das Fehlen von Bestimmungen, die den Entzug der Genehmigung wegen oftmaligen Zuwiderhandelns gegen das Gesetz ermöglichen, was im Wasserrechtsgesetz, wie ich glaube, vorher vorgesehen war, oder des Antragsrechtes Betroffener zur Erwirkung eines behördlichen Beseitigungsauftrages.

Mit dieser Novelle driften vor allem auch im Zusammenhang mit der Gewerbeordnung die gewerbliche Abfallbehandlung auf der einen Seite und die kommunale Abfallbehandlung auf der anderen Seite noch etwas weiter auseinander, der Unterschied wird noch größer: Es gibt hier einen einseitigen Vorteil. Daher werden wir dieser Novelle keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)


Bundesrat
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23.07

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. Ich erteile ihm dieses.

23.07

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zur vorliegenden Novelle, mit der das Abfallwirtschaftsgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden, ist grundsätzlich festzuhalten: Bei der AWG-Novelle geht es vorwiegend um eine Rechtsbereinigung, und die Bestimmungen für Deponien werden aus dem Wasserrechtsgesetz übernommen.

Ferner werden entsprechende Verfahrensbestimmungen sowie Bestimmungen über den Betrieb, die Überwachung und die Anpassung von Deponien an den Stand der Deponietechnik gemäß Deponieverordnung neu festgelegt. Damit werden in Zukunft unnötige Doppelgleisigkeiten verhindert. Ein kurzes praktisches Beispiel: Bisher war es so, dass eine Deponie zur Altlast erklärt wurde und auf Grund des Wasserrechtsgesetzes sofort ein Räumungsbescheid erlassen wurde. Oftmals ergab dies Räumungskosten, die für die betroffenen Gemeinden schlichtweg nicht bezahlbar gewesen wären. Daher wurde dann unter Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes gegen die Bescheide angekämpft und viel Geld für unnötige Bürokratie ausgegeben.

Durch die neue Novelle ist es möglich, durch Beprobungen und Beobachtungen den aktuellen Zustand der Deponie zu erfassen. Deuten die Ergebnisse auf einen stabilen Zustand, kann man von einer Räumung Abstand nehmen.

Wir von der ÖVP-Fraktion halten diese Novelle für sehr zielführend und werden daher die Zustimmung dazu erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.09

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Kurt Scheuch. Ich erteile ihm dieses.

23.09

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoch geschätzter Bundesrat! Freiheitliche Politik hat gewisse Grundmaximen, so wie auch die Politik der SPÖ und die Politik der ÖVP. Zu unseren Grundmaximen gehören Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung. Das ist auch die Formel, die diesem heute vorliegenden Gesetz zugrunde liegt. Es kommt sozusagen zu einer Kompetenzverlagerung von der Wasserwirtschaft in den Bereich der Abfallwirtschaft, und das Ganze ergibt eine Verwaltungsvereinfachung.

Nebenprodukte dieser Formel sind eine Erweiterung der Genehmigungskriterien und – wie mein Vorredner gerade skizziert hat – die Schaffung neuer Wege durch Maßnahmen wie die Beprobung oder die Vorlage von Sicherungskonzepten für bestehende Deponien, welche natürlich auch gerade aus der Sicht der Gemeinden als sehr interessant zu bewerten sind.

Grundsätzlich wird meine Fraktion dieser Novelle natürlich ihre Zustimmung erteilen, wobei allerdings hinzuzufügen ist, dass diese Materie auch in Zukunft weiter diskutiert werden muss, weil es um einen sehr dynamischen Bereich geht, in dem es sicher noch einiger Nachbesserungen bedürfen wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.10

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.


Bundesrat
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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

35. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird (227/NR sowie 6168 und 6201/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 35. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Friedrich Hensler übernommen. Ich bitte um den Bericht, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe Ihnen den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltförderungsgesetz geändert wird, zu Gehör.


Bundesrat
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Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


Bundesrat
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Präsident Johann Payer:
Ich danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

36. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizerischen Bundesrat über den frühzeitigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes ("Nuklearinformationsabkommen" Österreich – Schweiz) samt Anhang und Gemeinsamer Erklärung (53 und 231/NR sowie 6202/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 36. Punkt der Tagesordnung: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizerischen Bundesrat über den frühzeitigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes ("Nuklearinformationsabkommen" Österreich – Schweiz) samt Anhang und Gemeinsamer Erklärung.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Friedrich Hensler übernommen. Ich bitte um den Bericht, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Schweizerischen Bundesrat.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. – Ich erteile ihm dieses. (In Abwesenheit von Bundesrat Mag. Gudenus begibt sich Bundesrat Dr. Böhm zum Präsidium und gibt bekannt, dass die Wortmeldung zurückgezogen wurde.)

Die Wortmeldung ist zurückgezogen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

37. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden (76 und 218/NR sowie 6203/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 37. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth übernommen. Ich bitte um den Bericht. – Die Berichterstatterin ist nicht anwesend.

Ich bitte daher den stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Mag. John Gudenus, den Bericht zu bringen. – Bitte, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Mag. John Gudenus: Ich bringe den Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor.

Ich bitte, dem Bericht zuzustimmen.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat! Ich weiß, Sie sind jetzt eingesprungen. Ich darf Sie bitten, den Antrag, den der Ausschuss beschlossen hat, vorzulesen. 

Berichterstatter Mag. John Gudenus (fortsetzend): Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Danke schön.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ernst Winter. Ich erteile ihm dieses.

23.17

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt uns heute mit dem Militärbefugnisgesetz eine Regierungsvorlage vor, die, wie ich meine, im Schnellverfahren und eher mit etwas Bauchweh ausverhandelt wurde.

Natürlich begrüßen auch wir Sozialdemokraten das Bemühen um eine rechtliche Grundlage für das Handeln der militärischen Dienste. Es muss aber dazugesagt werden, dass in dieser Regierungsvorlage keine eindeutige und auch keine ausreichende gesetzliche Regelung vorgesehen ist. Es werden durch sie vielmehr wesentliche Bürgerrechte und rechtsstaatliche Prinzipien, so meine ich, sehr massiv verletzt.

Wir Sozialdemokraten sind immer für klare Regelungen eingetreten. (Ruf bei der ÖVP: Das ist es auch!) – Ja, natürlich, Herr Kollege! – Unsere Vorschläge für mehr Rechtssicherheit wurden von den Regierungsparteien einfach vom Tisch gewischt! Sensiblen Demokraten muss bange werden, wenn sie den Umfang der Militärbefugnisse erkennen, denn dieses Gesetz gibt den Nachrichtendiensten weitgehend freie Hand. Es kann uns Sozialdemokraten daher nicht ungerührt lassen, wenn derart massive Eingriffe in die Privatsphäre geplant sind. Oder soll es der totale Überwachungsstaat werden? (Bundesrat Dr. Böhm: Für den großen Lauschangriff warst du schon!)

Eine Regierung, der die Grundrechte der StaatsbürgerInnen am Herzen liegen, hätte die guten Vorschläge der Sozialdemokraten berücksichtigen müssen.

Es finden sich in dieser Vorlage auch Bestimmungen, wonach Richter, Staatsanwälte oder auch Rechtsanwälte nicht bestellt werden dürfen. Will man etwa weisungsgebundene Beamte einsetzen? (Bundesrat Dr. Böhm: Er ist ja unabhängig!)

Nicht angenommen wurde auch der Vorschlag der Einschränkung der Befugnisse, insbesondere der Übermittlung von Daten ins Ausland und einer nachträglichen Meldung jener Stellen, an die Daten übermittelt wurden.

Nächster Punkt, Herr Bundesminister: Das Budget der militärischen Nachrichtendienste bleibt auch weiterhin im Dunkeln. Es gibt keinerlei Budgetgenehmigung und schon gar keine Budgetkontrolle. Wir Sozialdemokraten haben immer wieder die Errichtung eines Haushaltskontrollausschusses nach deutschem Muster hier im Parlament verlangt. Auch dazu gab es von den Regierungsparteien keinerlei Zustimmung.

Meine Damen und Herren! Die Aufgaben und die Ermächtigung vor allem der nachrichtlichen Abwehr überschreiten verfassungsrechtlich festgelegte Aufgaben des Bundesheeres bei weitem. Tragende Teile des Gesetzes – und im Besonderen jene, die die nachrichtlichen dienstlichen Aufgaben und Befugnisse betreffen – sind, so glaube ich, verfassungswidrig. Sie sind nicht durch Artikel 79 des Bundes-Verfassungsgesetzes abgedeckt.

Alles geht in Richtung geheime Informationsgewinnung, zum Teil auch auf der Grundlage von Täuschungen durch den Einsatz von Organen mit falscher Identität. Die Eingriffsermächti


Bundesrat
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gungen betreffen alle Gesellschaftsbereiche bis tief hinein in die Privatsphäre jedes einzelnen Bürgers.

Es gibt mehr Befugnisse und mehr Eingriffsrechte, aber keine wirksame Kontrolle. Eine parlamentarische Kontrolle fehlt überhaupt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist daher zu befürchten, dass Österreich mit diesem Militärbefugnisgesetz still und heimlich zu einem totalen Überwachungsstaat wird.

Ich darf daher einen Antrag der sozialdemokratischen Bundesräte einbringen und darum bitten, ihn in die Debatte aufzunehmen.

Antrag

der Bundesräte Ernst Winter, Herbert Thumpser, Erhard Meier und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz – MBG) eingeführt sowie das Sperrgebietsgesetz 1995 geändert werden (76 und 218/NR der Beilagen)

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend Militärbefugnisgesetz Einspruch zu erheben.

*****

Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

23.24


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 210

Präsident Johann Payer:
Der von den Bundesräten Ernst Winter und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile dieses.

23.24

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der vorliegenden Materie zum Militärbefugnisgesetz handelt es sich um ein Problem, das Jahre hindurch beraten wurde. Über 40 Gespräche hat es zu diesem Thema in der seinerzeitigen Koalitionsregierung gegeben. Ich persönlich habe gehofft, dass diese Frage noch in der alten Koalition geklärt wird.

Kollege Winter! Auch ich bin ein sensibler Demokrat. Aber mir wird trotzdem nicht bange, wenn wir heute dieser Gesetzesmaterie – das gilt nicht nur für mich persönlich, sondern das darf ich auch im Namen meiner Fraktion mitteilen – die Zustimmung erteilen. Es handelt sich um eine logische Ergänzung zum Sicherheitspolizeigesetz, über das wir heute ebenfalls noch befinden werden. Daher werden in diesem Militärbefugnisgesetz die im militärischen Bereich bestehenden Probleme behandelt.

Weil du beklagt hast, dass die Geheimdienste verdeckt arbeiten und dass man ihre Arbeit nicht kennt, möchte ich feststellen: Das haben Geheimdienste so an sich, dass sie sich weder durch das "Düdeldüdeldü" von Ö 3 ankündigen, wenn sie irgendetwas machen, noch dass sie in einem Inserat im "Standard" oder in der "Kronen Zeitung" oder sonst irgendwo ankündigen, welche Tätigkeiten es sind.

Es ist für mich ein schlüssiges und ein logisches Gesetz. Daher werden wir dieser Vorlage die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Winter: Stark übertrieben!)

23.26

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile dieses.

23.27

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte sagen: Endlich gibt es dieses Gesetz oder wird es dieses Gesetz jetzt geben! Sechs Jahre lang – das hat schon mein Vorredner Schöls gesagt – ist an diesem Gesetz gearbeitet worden. Sowohl die Sozialdemokraten als auch die ÖVP haben gemeinsam für dieses Gesetz riesig viel eingebracht. Den Sozialdemokraten sei für ihre guten Einbringungen, die im vorliegenden Gesetz auch verwirklicht sind, herzlich gedankt. Betreiben Sie also jetzt nicht Kindesweglegung, Sie haben daran mitgewirkt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sogar schon am 23. März 1999 gab es dazu eine Regierungsvorlage – eine Regierungsvorlage! –, und Sie waren damals mit in der Regierung. Ihr Vertrauensmann, Universitätsprofessor Funk, hat sehr wohl den Großteil – ich sage ausdrücklich: den Großteil – des heute vorliegenden Gesetzes mitgetragen und für gut befunden. Wenn Sie es heute nicht für gut befinden, so verstehe ich das, denn ich habe ein bisschen Verständnis dafür, dass Sie die Rolle der Opposition ausfüllen wollen und dieses Ausfüllen durch Negierung einer Notwendigkeit dokumentieren.

Ihr Antrag trägt nicht dazu bei, das Verständnis zu wecken, und soll es vielleicht auch nicht. Aber ich möchte einzelne Punkte herausnehmen, ohne jetzt auf Ihren Antrag im Speziellen einzugehen; diejenigen, die ihn vor sich liegen haben, werden es finden.

Erst durch diese legistische Maßnahme wird eine umfassende gesetzliche Regelung geschaffen. Bisher waren Regelungen, die im zweiten Teil zusammengefasst sind, gesetzlich nicht normiert – jetzt haben wir eine Normierung. Überdies gehen Teile der Normierung, die bisher Gültigkeit hatte, noch auf das Jahr 1855 zurück – auf § 185 des Militärstrafgesetzes! Wollen wir das weiterhin beibehalten? – Bald 150 Jahre lang haben wir das schon gehabt; wir hätten damit noch ein paar Jahre weitermachen können, dann hätten wir hier den 200-jährigen Geburtstag des Militärstrafgesetzbuches feiern können! – Herr Kollege Winter! Diese Absicht haben wir gemeinsam sicherlich nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Winter: Sagt ja auch keiner! Habe ich nicht gesagt!)

Im Interesse der Rechtssicherheit werden jetzt die Aufgaben nachrichtendienstlicher Abwehr und Aufklärung eindeutig auf militärische Nachrichtendienste zugeschnitten, und es werden eindeutige Zuordnungen zu Aufgaben und Befugnissen im § 20 Abs. 3 gegeben. Das ist etwas, was Sie in Frage stellen. Ich sage hingegen, es ist eindeutig geregelt. Lesen Sie im Gesetz nach!

Die Bestimmungen des Wach- und Sicherheitsdienstes werden in den §§ 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12 klar und eindeutig definiert. Bitte nachlesen! Ich bin nicht bereit, für Sie jetzt hier die Leseschule zu machen. (Bundesrat Winter: Das brauchen Sie auch nicht!) Das muss jeder für sich selbst erledigen. (Bundesrat Winter: Hat niemand verlangt!)

Die Leistungsrechte des Bundesheers im Einsatz zur Auftragserfüllung sind unverzichtbar, und sie sind den Bestimmungen des § 44 SPG vergleichbar. Bisher war das Leistungsrecht zur Auftragserfüllung im Rahmen der militärischen Landesverteidigung nicht ausreichend!

Die militärische Sicherheit ist in § 4 klar und eindeutig definiert. Es ist also nichts Unklares vorhanden. Bitte lesen Sie es nach! Sie werden diesen Satz noch ein paar Mal von mir hören. Dann würden wir uns nämlich heute diesen Teil der Sitzung ersparen.

Die Datenermittlungen sind in § 22 eindeutig eingeschränkt.

Klare Abgrenzungen gibt es zum SPG, da die Dienste nur im Zusammenhang mit militärischen und damit im Zusammenhang stehenden Tatsachen, Vorgängen und Vorhaben Informationen


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einholen dürfen oder bei "vorsätzlichen Angriffen gegen militärische Rechtsgüter zur Beeinträchtigung der militärischen Sicherheit" eingeschaltet werden dürfen.

In Ihrer Bemerkung steht: "Keine verlässliche Abgrenzung zur Sicherheitspolizei". – Das ist eindeutig abgegrenzt. Darauf möchten wir bestehen: eindeutig! Da können Sie noch so oft sagen, dies sei zweideutig oder nicht eindeutig.

Die Leistungsinanspruchnahme jeglichen Privatguts ist nicht möglich, da eine Einschränkung in der Art vorliegt, dass ein unbedingt notwendiger militärischer Bedarf, "der auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht vollständig gedeckt werden kann", gegeben sein muss und "auf den Bedarf des Bundes, der Länder und Gemeinden" Bedacht zu nehmen ist.

Ferner dürfen Gegenstände zur Befriedigung des täglichen Lebens überhaupt nicht in Anspruch genommen werden. Weitere Einschränkungen finden Sie auch in § 28. Ich geben Ihnen den Rat: Lesen Sie auch das nach!

Außerdem wird vorgehalten, dass "in der Regelung der Aufgaben und Befugnisse der Luftraumüberwachung" eine versteckte "Forderung nach Abfangjägern" enthalten ist. Herr Kollege! Ich frage Sie: Wie wollen Sie eine Luftraumüberwachung ohne Abfangjäger machen? – Die Papierflieger funktionieren dort oben nicht mehr.

Sie müssen diese haben, wenn wir uns zur Luftraumüberwachung bekennen! Aber Sie stellen sie nicht in Frage, sondern Sie fragen nur, wie das gemacht wird. (Bundesrätin Schicker: Das ist ganz etwas anderes!) Lassen wir das! Sie stehen auf einem nicht sehr sicheren Fundament, liebe Kollegen und Kolleginnen von der Sozialdemokratie, die hier einen Einspruchsantrag vorgelegt haben. (Bundesrätin Schicker: Wir müssen sparen!)

Nun zur Kontrolle: Es ist, so glaube ich, kein Gesetz so sehr kontrollierbar wie dieses. Erstens: Artikel 52a B-VG, ständiger parlamentarischer Unterausschuss zur Überprüfung der nachrichtendienstlichen Maßnahmen in der militärischen Landesverteidigung. Zweitens: der Rechtsschutzbeauftragte gemäß § 57. Drittens: die Volksanwaltschaft. Viertens: unabhängige Verwaltungssenate. Fünftens: der Verwaltungsgerichtshof. Sechstens: der Verfassungsgerichtshof.

Wenn Ihnen das nicht reicht, dann schaffen wir ein neues Amt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.34

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile es.

23.34

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuerst zwei Bemerkungen zu Kollegen Gudenus. Die Erste: Ersparen sollten wir uns hier in diesem Raum keine Diskussion. Denn ich denke, Diskussionen gehören zum demokratischen Prozess. Zum Zweiten: Kollege Gudenus! Ich kenne dieses Papier. Ich habe es auch gelesen. – Das nur zu Ihren Bemerkungen, dass man es auch lesen sollte. (Bundesrat Mag. Gudenus: Ja, aber dann müssten Sie es gegenseitig verstehen! Interpretieren müssen Sie es!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Leider wird das Gesetz in dieser Form wahrscheinlich beschlossen werden, und wahrscheinlich auch wäre eine andere Überschrift besser gewesen, nämlich "maximale Überwachung und minimaler Schutz". (Bundesrat Mag. Gudenus: Aber Sie sind ein Übertreiber, Herr Kollege!) So könnte dieses hier diskutierte Militärbefugnisgesetz wahrscheinlich treffender tituliert sein.

Ich möchte das auch auf Ihre Bemerkung zur Kindesweglegung hin feststellen. Grundsätzlich – Sie haben es selbst gesagt – hat es eine jahrelange Diskussion über dieses Gesetz gegeben. Es hat immer ein klares Bekenntnis der Sozialdemokratie zu einer erweiterten Gefahrenforschung gegeben. (Ruf bei der ÖVP: Wo ist es geblieben?) Es hat aber auch das klare Bekenntnis zu den rechtlichen Möglichkeiten gegeben.


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Genauso unbestreitbar muss es sein, dass man in dem jeweiligen Gesetz auch eine entsprechende Kontrolle vorsieht. (Bundesrat Mag. Gudenus: Da habe ich Ihnen sechs genannt!) Diese muss umso entsprechender sein, je größer der Eingriff in die Grundrechte der Menschen ist.

Mit dem Gesetz, das Sie heute hier wahrscheinlich beschließen werden, werden systematisch wesentliche Bürgerrechte und rechtsstaatliche Prinzipien in massiver Weise verletzt. Es werden damit im Gegensatz zu dem, was Sie ausgeführt haben, keine klaren gesetzlichen Regelungen geschaffen, um mehr Rechtssicherheit in diesem Bereich zu bekommen. Gerade das Gegenteil ist der Fall!

Dieses Gesetz gibt den Nachrichtendiensten weitgehend freie Hand, unter dem Motto "Big Brother is watching you". Ich möchte das kurz an drei Punkten dokumentieren.

Erstens wird nicht ausreichend zwischen militärischen und nichtmilitärischen Bereichen unterschieden. Das heißt, nach wie vor – das steht auch hier so – können die Heeresdienste gegen jeden Österreicher und gegen jede Österreicherin ermitteln. Die Abgrenzung zwischen Sicherheitspolizei und dem militärischen Bereich ist nicht gegeben, es gibt de facto keine Trennung. All jene, die davon ausgehen, dass wir nun eine zweite Staatspolizei haben, haben wahrscheinlich Recht.

Zum Zweiten, verdeckte Ermittlung: Es ist mehr als bedenklich, dass mit diesem Gesetz ein weitgehend ungehinderter Zugang zur Privatsphäre der Österreicherinnen und Österreicher gegeben ist, und dies auch – darüber kann man ebenfalls diskutieren – unter Vortäuschung einer falschen Identität. (Bundesrat Mag. Gudenus: § 57 regelt auch das!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Muss ich als ein vielleicht pazifistisch denkender Mensch, wenn ich zum Beispiel an einer Demonstration gegen Abfangjäger oder für die Rechte von Zivildienern teilnehme, damit rechnen, dass morgen ein als Gaskassier getarnter Mann des Abwehramtes zu mir kommt und bei mir ermittelt? (Bundesrat Ing. Scheuch: Fürchten Sie sich doch nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Muss ich damit rechnen, dass mich in den nächsten Wochen und Monaten regelmäßig Mitglieder des Abwehramtes besuchen werden? (Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gesetzt die Tatsache, ich bin weitestgehend unbescholten, frage ich Sie: Bekomme ich die über mich zusammengetragenen Informationen, oder bekomme ich diese nicht? (Bundesrat Dr. Nittmann: James Bond!)

Zum dritten Punkt, dem Bereich der Kontrolle: Herr Bundesminister! Sie bestellen sich Ihren Kontrollor selbst. In einer derart sensiblen Materie ist das für mich ein gravierender Fehler. Sie bestellen einen Rechtsschutzbeauftragten, der kein unabhängiger Richter oder auch kein Rechtsanwalt sein darf. Mit diesem Gesetz – um im militärischen Jargon zu bleiben – degradieren Sie Ihren Rechtsschutzbeauftragten zu einem reinen Hilfsorgan.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Militärbefugnisgesetz hat bereits zu einer breiten öffentlichen Diskussion und Debatte geführt. Die Öffentlichkeit, die Medien, aber auch Rechtsexperten haben sich in diesem Bereich zu Wort gemeldet. Sie haben sich zu Wort gemeldet, nicht weil Ängste geschürt werden, sondern weil Ängste vorhanden sind und mit diesem Gesetz nicht ausgeräumt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne können wir Sozialdemokraten dem Gesetz nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.40

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Herbert Scheibner. Ich erteile dieses.

23.40

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Zum einen darf ich meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass


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endlich, nach vielen Jahren, ja fast Jahrzehnten der Diskussion einige wichtige Befugnisse und Aufgaben des österreichischen Bundesheeres zur Aufrechterhaltung der militärischen Landesverteidigung einer eindeutigen und klaren gesetzlichen Regelung unterzogen werden.

Herr Bundesrat Thumpser! Sie haben mich gefragt, ob Sie sich jetzt fürchten müssen, weil Sie ein Kritiker des Bundesheeres sind (Bundesrat Thumpser: Vielleicht!), und ob Sie jetzt zum Zentrum nachrichtendienstlicher oder abwehrdienstlicher Ermittlungen werden. Darauf darf ich Ihnen mit einer Gegenfrage antworten: Herr Bundesrat! Haben Sie vor, gegen Einrichtungen des österreichischen Bundesheeres rechtswidrige, vorsätzliche Angriffe zu führen? Rechtswidrige, vorsätzliche Angriffe? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und zwar in folgender Form, Herr Bundesrat: durch Gewaltdelikte wie Mord, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Wehrmittelsabotage oder auch – bezüglich strafbarer Handlungen ohne Gewaltanwendung – Verrat, Preisgabe und Ausspionierung von Staatsgeheimnissen, geheimen militärischen Nachrichtendienst, Ansammeln von Kampfmitteln oder Preisgabe militärischer Geheimnisse. (Bundesrätin Mag. Trunk: Sachbeschädigung ist aber etwas anderes!)

Herr Bundesrat! Ich hoffe und glaube auch nicht, dass Sie derartige Dinge vorhaben. Wenn Sie derartige Dinge nicht vorhaben, dann werden Sie auch niemals zum Zentrum irgendeiner nachrichtendienstlichen Tätigkeit werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Genau darum geht es! Wenn Sie das Gesetz lesen, wenn Sie es objektiv lesen, dann sehen Sie darin ganz deutlich, dass genau die Befugnisse, die Sie heute kritisiert haben, einer klaren Regelung unterzogen werden, dass eine klare Abgrenzung auch zu den Agenden des Sicherheitspolizeigesetzes vorgenommen wird und dass alle Befugnisse, ob sie jetzt im Wachdienst, im Bereich des Heeres-Nachrichtenamtes oder des Abwehramtes Gültigkeit haben, nur in den Fällen zutreffen, in denen militärische Belange betroffen sind. Selbst im Wachdienst gilt – wenn Sie das Gesetz richtig lesen, wissen Sie das –, dass die Befugnisse subsidiär wirken, nämlich nur dort, wo Sicherheitspolizeibehörden nicht oder nicht rechtzeitig die notwendigen Sicherungsmaßnahmen setzen können.

Meine Damen und Herren! Es klingt immer wieder durch, das jeder hier betroffen sein könnte. Ich glaube, ich habe jetzt klar und deutlich gesagt, dass es selbstverständlich nicht jeder Österreicher sein kann. Da ist schon ein bisschen Panikmache und Angstmache im Spiel, wie ich das von einer staatstragenden Partei eigentlich nicht erwartete hätte. – Was die Grünen betrifft, wie wir sie im Nationalrat und bei der öffentlichen Debatte gesehen haben, ist das etwas anderes.

Da ist immer wieder ... (Bundesrätin Mag. Trunk: Wieso unterstellen Sie das ...?) Frau Kollegin! Da ist immer wieder ein Beispiel gebracht worden – ich möchte Ihnen belegen, wie dabei argumentiert wurde –, es ist immer wieder angeführt worden, dass jeder Österreicher, der heereskritisch ist, bespitzelt oder beamtshandelt werden könnte. Aus den Erläuterungen wurde zitiert, dass auch Journalisten oder Gruppierungen, die dem Heer kritisch gegenüberstehen, entsprechend zum Zentrum derartiger Amtshandlungen werden können.

Nicht dazugesagt worden ist jedoch, meine Damen und Herren, woher dieses Zitat stammt. Das ist nämlich nicht die Meinung des Ressorts. Es ist auch nicht die Meinung des Ministers oder des österreichischen Bundesheeres, sondern das war ein Zitat der Rechtsprechung oder der entsprechenden Entscheidungssammlung der Datenschutzkommission über die Rechte und Befugnisse des Abwehramtes, bevor die jetzt vorgesehene gesetzliche Regelung in Diskussion gestellt worden ist. (Ruf bei der ÖVP: Hört! Hört!)

Diese Zitate aus der Datenschutzkommission werden jetzt so dargestellt, als ob wir in unserem Gesetz für die Zukunft diese Befugnisse für uns arrondieren wollten, meine Damen und Herren! Das waren aber die Rechte, die die Datenschutzkommission – sie ist, so glaube ich, über jeden Verdacht erhaben – für die Arbeit der Nachrichtendienste bis heute als rechtmäßig festgestellt hat.


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Ich meine, dass durch dieses Gesetz eine derart weitreichende Befugnis für die Nachrichtendienste nicht mehr gegeben ist, sondern dass hier ganz im Gegenteil eine klare Determinierung und auch eine Einschränkung der Befugnisse verankert ist. (Bundesrat Hensler  – in Richtung SPÖ –: Dann müsst ihr ja zustimmen!) Meine Damen und Herren! Man sollte eben nicht nur den ersten Absatz lesen – darin geht es um die Rechte –, sondern man sollte auch die weiteren vier, fünf oder sechs Absätze lesen. Darin geht es um die Einschränkung dieser Rechte und Befugnisse.

Sie wissen auch ganz genau – in Ihrem Abänderungsantrag wird dies moniert –, dass über die Löschung der Daten et cetera in diesem Gesetz nichts geschrieben steht. Denn es gelten neben dem Militärbefugnisgesetz selbstverständlich weiterhin alle anderen Schutzgesetze wie etwa das Datenschutzgesetz, worin die Löschung von erhobenen Daten ganz klar verankert ist. Diese Gesetze sind selbstverständlich auch für den militärischen Bereich in Geltung.

Von Bundesrat Winter ist angesprochen worden, dass es keine Auskunft über das Budget und keine entsprechende parlamentarische Kontrolle gibt. Es verwundert mich – ich sage das als ehemaliger Parlamentarier, der Gründungsmitglied des parlamentarischen Kontrollausschusses für die Nachrichtendienste gewesen ist –, dass hier im Bundesrat die Informationen darüber anscheinend noch nicht entsprechend vorhanden sind, dass es selbstverständlich zwei parlamentarische Unterausschüsse gibt, die für die parlamentarische Kontrolle in diesem Bereich zuständig sind und in denen selbstverständlich auch Auskunft über das Budget und das Personal der Nachrichtendienste gegeben werden kann.

Ich habe aber als Parlamentarier – ich sage das auch heute als Minister – immer kritisiert, dass die Rechte und Befugnisse dieser Kontrollausschüsse zu wenig determiniert sind und dass es bis heute noch keine klare Verfahrensordnung für diese Ausschüsse gibt. Das ist aber – ich sage: leider – in den fünf Jahren, seit es diese Ausschüsse gibt, nicht gelungen.

Ich kann heute als Minister dem Parlament als Volksvertretung selbstverständlich keine Tipps und auch keine Richtlinien geben, wie es sein Kontrollinstrument selbst gestaltet. Dass man aber dann kritisiert, wenn es zusätzlich zu dieser parlamentarischen Kontrolle jetzt auch noch einen Rechtsschutzbeauftragten gibt, der – das ist ebenfalls determiniert – mehr Rechte als das parlamentarische Kontrollorgan hat, kann ich, ehrlich gesagt, nicht verstehen. Man kann darüber diskutieren, ob er mehr Rechte haben oder anders organisiert sein sollte. Aber dass man jetzt wegen der Einrichtung dieses zusätzlich kontrollierenden Rechtsschutzbeauftragten argumentiert, dass es ein Weniger an Kontrolle gibt – diese Logik ist mir bis jetzt verborgen und verschlossen geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, vor allem von der Sozialdemokratischen Partei! Wir waren nicht so erfinderisch, dass wir dieses Gesetz innerhalb von vier oder fünf Monaten neu gestaltet und alle diese Paragraphen völlig neu formuliert haben, sondern wir haben uns im Großen und Ganzen an das Sicherheitspolizeigesetz angelehnt, das die vorige Bundesregierung – in der Ihre Fraktion vertreten war – verabschiedet hat. Wir haben uns weiters gerade bei der Einrichtung des Rechtsschutzbeauftragten fast wortidentisch an einer Formulierung orientiert, die in der Regierungsvorlage, die Bundesrat Gudenus schon angesprochen hat, verankert war – einer Regierungsvorlage, die im Ministerrat von einer Regierung zwischen Sozialdemokraten und der Österreichischen Volkspartei einstimmig beschlossen wurde.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass es damals im Nachhinein noch Diskussionen darüber gab. Aber es gab zu dieser Regelung einen einstimmigen Beschluss einer Bundesregierung, der kein freiheitlicher Minister angehörte. Man kann jetzt sagen, dass man sich damals geirrt hat. Aber man sollte das nicht so darstellen, als ob das jetzt eine furchtbare Erfindung der neuen ÖVP- und FPÖ-Regierung wäre.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss zu der Verfassungswidrigkeit, die angesprochen worden ist: Ich weiß nicht, Herr Bundesrat Winter, wieso Sie Artikel 79 ansprechen, der grundsätzlich nur die Befugnisse oder die verfassungsrechtliche Verankerung der militärischen Lan


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desverteidigung behandelt. Im Prinzip war es – auch von Ihren Experten – unbestritten, dass die nachrichtendienstliche Tätigkeit einen Bestandteil der militärischen Landesverteidigung darstellt.

Es würde die Grenzen und den Rahmen – vor allem auch den zeitlichen Rahmen – dieser heutigen Sitzung sprengen, das jetzt anhand von Beispielen näher zu erläutern. Aber wieso eine klare gesetzliche Determinierung dieser im Artikel 79 B-VG verankerten grundsätzlichen Bestimmung der militärischen Landesverteidigung verfassungswidrig sein soll, auch das kann ich nicht ganz verstehen!

In der öffentlichen Debatte wurde nur eines als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen: dass der Rechtsschutzbeauftragte nicht in Form einer Verfassungsbestimmung, sondern in einem einfachen Gesetz verankert worden ist. Hiezu gibt es unterschiedliche Meinungen, das gebe ich zu. Es gibt Verfassungsexperten, die sagen, das ist zulässig, weil es auch andere Bereiche, wie etwa jenen der Strafprozessordnung, gibt, wo ebenfalls weisungsfreie – das ist auch ganz wichtig – Rechtsschutzbeauftragte in einfachen Gesetzen verankert werden, und es gibt andere Verfassungsexperten, die meinen, das sei verfassungswidrig.

Nun hat Ihre Fraktion, ebenso wie die Fraktion der Grünen, angekündigt, dass sie eine Klage beim Verfassungsgerichtshof – die interessanterweise gerade gegen den Ausbau des Rechtsschutzes gerichtet ist – einbringen möchte. Das ist Ihnen selbstverständlich unbenommen, und ich sehe darin auch überhaupt kein Problem. Denn warum soll es denn ein Problem sein, dass jetzt endlich – im Gegensatz zu früher – der Verfassungsgerichtshof seine Kontrollbefugnisse gegenüber dem Gesetzgeber wahrnehmen kann? – Denn wir haben doch immer wieder kritisiert – das war auch immer wieder Gegenstand von verfassungsrechtlichen Studien –, dass durch den übermäßigen Gebrauch von Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen viele Materien, die möglicherweise problematisch gewesen sind, der verfassungsrechtlichen Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof entzogen worden sind. Ich würde eher sagen: Das ist eine Rückkehr zur demokratischen und verfassungsrechtlichen Normalität, dass wir jetzt das, was unserer Meinung nach einfachgesetzlich zu regeln ist, in einfachen Gesetzen machen und dadurch erst die Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof ermöglichen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Wenn der Verfassungsgerichtshof meint, Teilbereiche dieses Gesetzes seien verfassungswidrig, dann müssen wir das selbstverständlich reparieren. Ich bin davon überzeugt, dass der Verfassungsgerichtshof der Meinung der Mehrheit im Nationalrat – und, wie ich hoffe, auch der Mehrheit hier im Bundesrat – folgen wird und die Verfassungskonformität feststellen wird.

Insgesamt möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es um keine Ausweitung der Rechte oder der Befugnisse von militärischen Organen, sondern, ganz im Gegenteil, um eine in verschiedenen Bestimmungen seit Jahrzehnten geforderte einfachgesetzliche Regelung des Rechtsschutzes und der Befugnisse von militärischen Organen geht. Es war längst fällig, dass diese auch endlich beschlossen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.53

Präsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt zunächst ein Antrag der Bundesräte Ernst Winter und Genossen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.


Bundesrat
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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

38. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 1992, das Auslandseinsatzgesetz, das Militärleistungsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 1995, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Verwundetenmedaillengesetz, das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 und das Kärntner Kreuz-Zulagengesetz 1970 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Wehrrecht – EUGW) (90 und 177/NR sowie 6204/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 38. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990, das Heeresdisziplinargesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 1992, das Auslandseinsatzgesetz, das Militärleistungsgesetz, das Sperrgebietsgesetz 1995, das Munitionslagergesetz, das Militär-Auszeichnungsgesetz, das Verwundetenmedaillengesetz, das Tapferkeitsmedaillen-Zulagengesetz 1962 und das Kärntner Kreuz-Zulagengesetz 1970 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz-Wehrrecht).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner übernommen. Ich bitte um den Bericht, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Ferdinand Gstöttner: Mit Wirksamkeit 1. Jänner 2002 hat die Umstellung sämtlicher Schillingangaben im Wehrrecht in die entsprechenden Euroangaben zu erfolgen.

Mit dem gegenständlichen Gesetzesbeschluss werden in sämtlichen dem Wehrrecht zuzurechnenden Bundesgesetzen die in Rede stehenden Formalanpassungen vorgenommen.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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39. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (81 und 223/NR sowie 6205/BR der Beilagen)

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 39. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Michael Strugl übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Mag. Michael Strugl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird, und verweise hiezu auf den Ihnen vorliegenden schriftlichen Bericht.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile ihr dieses.

23.58

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, die, wie Herr Minister Scheibner bereits angemerkt hat, im Vorjahr im Ministerrat von SPÖ und ÖVP einstimmig beschlossen wurde, waren viele Maßnahmen vorgesehen, die den Schutz der Grundrechte der Menschen in diesem Land gewährleistet haben. Wir sind entsetzt darüber, dass diese Kontrollrechte in dieser Vorlage nicht berücksichtigt worden sind! Wenn ich dann noch laut ausgesprochene Drohungen der Freiheitlichen, in denen von gerichtlicher Verfolgung von Kritikern dieser Regierung (Bundesrat Dr. Böhm: Nicht von Kritikern!) oder von Strafandrohungen gegen Abgeordnete bei Schulterschlussverweigerung die Rede ist (Bundesrat Dr. Böhm: Nicht von Kritikern! Das ist unrichtig!), im Ohr habe und daran denke, dass der Justizminister das für überlegens- und diskussionswert hält (Bundesrat Dr. Böhm: Nicht Kritiker!), dann fürchte ich, dass diese Regierung auf dem Weg ist, die Republik Österreich aus dem Demokratisierungsprozess der Europäischen Union auszunehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Antrag

der Bundesräte Brunhilde Fuchs, Herbert Würschl und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (81 und 223/NR der Beilagen)

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend Sicherheitspolizeigesetz Einspruch zu erheben.

*****

Die Begründung dieses Einspruchs ist in folgenden acht Schwerpunkten zusammengefasst:


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Erstens: der Entfall der Rechtsschutzkommission. Anstelle der Rechtsschutzkommission sieht der Beschluss jetzt lediglich eine Genehmigung durch den Rechtsschutzbeauftragten vor, und zwar ohne jede zeitliche Beschränkung.

Zweitens: kein richterlicher Rechtsschutzbeauftragter. Es wird ausdrücklich verboten, dass diese Person Richter oder Rechtsanwalt ist.

Diese Form des Rechtsschutzbeauftragten würde einer Verfassungsbestimmung bedürfen. Der Beschluss enthält diese Bestimmung hingegen lediglich einfachgesetzlich. Insofern ist der Beschluss verfassungswidrig.

Drittens: keine Bestellung des Rechtsschutzbeauftragten durch den Bundesminister für Justiz. Damit bestellt sich der Kontrollierte selbst den Kontrollor, der noch dazu, wie schon gesagt, kein unabhängiger Richter oder Rechtsanwalt sein darf.

Viertens: keine Genehmigung der Observation durch den Rechtsschutzbeauftragten. Nunmehr ist der Rechtsschutzbeauftragte bei konkreten Maßnahmen der erweiterten Gefahrenforschung in keiner Weise mehr eingebunden.

Fünfter Punkt: keine Information des Rechtsschutzbeauftragten durch den Bundesminister für Inneres. Damit kann der Rechtsschutzbeauftragte keine wirkungsvolle Kontrolle mehr ausüben.

Sechster Punkt: die Einschränkung der Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Rechtsschutzbeauftragten.

Der siebente Punkt unserer Kritik ist, dass es keine Information des parlamentarischen Unterausschusses gibt. Nach der ursprünglichen Vorlage musste nämlich der Unterausschuss des Innenausschusses regelmäßig vom Rechtsschutzbeauftragten informiert werden. Diese Befugnisse entfallen. Anstelle dessen tritt eine verfassungswidrige Einschränkung der Informationspflicht des Bundesministers: Er hat dem Unterausschuss lediglich darüber zu berichten, was ihm der Rechtsschutzbeauftragte an Wahrnehmungen mitteilt, nicht aber über das, was ihm die Ermittler, die die erweiterte Gefahrenforschung durchführen, mitteilen.

Achter und letzter Punkt: keine Zugangsschranke. Bei der Entscheidung, ob sich eine Aufgabe der erweiterten Gefahrenforschung stellt und daher besonders bezogene Daten ermittelt werden dürfen, muss der Rechtsschutzbeauftragte nicht eingebunden werden. – Das ist unvorstellbar für uns Sozialdemokraten! – Seine Äußerungen sind unverbindlich. Er wird in aller Regel nicht erfahren, dass eine Sicherheitsbehörde erweiterte Gefahrenforschung betreibt, und daher kann der Rechtsschutzbeauftragte auch keine begleitende Kontrolle ausüben. Alles, was er kann, ist, eine Beschwerde an die Datenschutzkommission zu richten. Bis diese entscheidet, hat die Sicherheitsbehörde aber vielleicht schon zu Ende ermittelt. – Das ist für uns absolut unzureichend!

Meine Damen und Herren! Rechtsschutz und Kontrolle sind absolut unzureichend und in dieser Form für uns Sozialdemokraten nicht akzeptabel! Daher können wir dieser Novelle nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: ... SPÖ! Was ist mit diesen Daten passiert?)

0.03

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm gemeldet. Ich erteile ihm unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung das Wort.

0.03

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Meine Damen und Herren! Ich möchte folgende tatsächliche Berichtigung vornehmen und beziehe mich dabei auf die Behauptung meiner Vorrednerin, dass vom Justizminister der Vorschlag gekommen sei, Kritiker strafrechtlich zu verfolgen:


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Ohne mich mit dem zugrunde liegenden rechtspolitischen Vorschlag selbst im Geringsten zu identifizieren, halte ich fest, dass das unrichtig ist, weil sich erstens der Justizminister von seiner Aussage, das sei verfolgenswert – im Sinne von bedenkenswert –, in der Zwischenzeit distanziert hat (Bundesrätin Fuchs: Aber gesagt hat er es! Er hat gesagt, das sei verfolgenswert!) und sich zweitens auch der zugrunde liegende Vorschlag von Dr. Jörg Haider niemals auf Kritik bezogen hat, sondern auf eine allfällige strafrechtliche Verantwortung für eindeutige Handlungen im Ausland gegen die Republik Österreich, die dem geleisteten Treueeid eines Ministers oder Abgeordneten widersprechen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Fuchs: Wir alle haben es im Fernsehen gesehen!)

0.04

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gebe bekannt, dass der von den Bundesräten Brunhilde Fuchs und GenossInnen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung beigegebenen Begründung genügend unterstützt ist und demnach mit in Verhandlung steht.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Alfred Schöls das Wort. – Bitte.

0.05

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Beginn meiner Ausführungen zu diesem Thema Sicherheitspolizeigesetz und Arbeit der Sicherheitsexekutive ist es mir ein Bedürfnis, auch wenn wir die Geisterstunde schon überschritten haben, den Kolleginnen und Kollegen im Bereich der Exekutive für ihre Arbeit zu danken. Denn, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich glaube, es kann gar nicht oft genug herausgestrichen werden, dass wir uns hier, gerade im Zusammenhang mit dem Sicherheitspolizeigesetz, über einen Bereich unterhalten, in dem die Exekutivbeamten unter in den meisten Fällen erschwerten Bedingungen ihren Dienst versehen. Daher ein aufrichtiger Dank allen Bediensteten der österreichischen Sicherheitsorgane, ob jetzt in den Sondereinheiten oder in den "normalen" – unter Anführungszeichen – Dienststellen unseres Bundesgebietes! (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte aber auch dem Ressortchef recht herzlich dafür danken, dass er durch diese Bestimmungen, die jetzt mit dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz eingearbeitet werden, den Exekutivbeamten auch entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um in unserer Gesellschaft 99,9 Prozent, hätte ich beinahe gesagt, der Bevölkerung zu schützen. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ungerechtfertigt, hier Ängste zu schüren und so zu tun, als ob wegen jedem, der einmal die Straßenverkehrsordnung übertreten hat, weil er mit einer Geschwindigkeit von 65 Kilometern pro Stunde durch das Ortsgebiet gefahren ist, dann sofort die erweiterte Gefahrenforschung eingesetzt würde und Exekutivbeamte abgestellt würden, um ihn zu verfolgen und ihm entsprechende Maßnahmen aufzubrummen.

Ich glaube, man muss einmal klarstellen, dass die Bestimmungen, die mit dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz eingearbeitet werden, nicht den sprichwörtlichen und sehr oft zitierten "Hendldieb" betreffen, sondern dass es da um Fälle von Schwerkriminalität, von organisierter Kriminalität, von gewerbsmäßiger Bandenbildung geht. Internationale Organisationen, denen ein Menschenleben überhaupt nichts bedeutet – ich wiederhole: denen ein Menschenleben überhaupt nichts bedeutet! – tun sich zusammen und gehen gegen die Institutionen des Staates vor, und mit dieser Novelle betreffend die erweiterte Gefahrenforschung werden auch für die Exekutivbeamten entsprechende Regelmechanismen geschaffen.

Daher, Herr Bundesminister, dir und auch den Mitarbeitern deines Ressorts ein Dankeschön dafür, dass das, was in Verhandlungen in der letzten Legislaturperiode schon sehr weit fortgeschritten war, nun auch abgeschlossen wird.

Ich erinnere mich noch daran – es ist noch gar nicht so lange her –, dass zur Zeit der Vorfälle um Herrn Öcalan und die PKK auch Abgeordnete dieses Hauses gesagt haben, dass es jetzt notwendig wäre, entsprechende Möglichkeiten der erweiterten Gefahrenforschung vorzusehen, um diesen Banden – ich sage das jetzt bewusst so – auch entsprechend Einhalt gebieten zu können. Es ist sicherlich kein Zufall, dass der seinerzeitige ressortzuständige Minister und jetzi


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ge Nationalratsabgeordnete Mag. Karl Schlögl in der Debatte im Nationalrat, die sehr engagiert und auch emotional geführt wurde, sich dann sogar versprochen und gesagt hat, er werde dieser Novelle auch die Zustimmung erteilen, weil natürlich der Konsens in den Vorberatungen schon sehr weit gediehen war.

Wenn von Frau Kollegin Fuchs die Frage des Rechtsschutzbeauftragten und vor allem die Form seiner Bestellung reklamiert wird, so kann ich dazu nur anmerken: So arg wird es um die Siegesfreude der Sozialdemokratischen Partei nicht bestellt sein, dass sie fürchtet, dass sie nicht mehr den Präsidenten des Nationalrates stellt! Denn der Präsident des Nationalrates und die Präsidenten der Höchstgerichte sind in die Bestellung des Rechtsschutzbeauftragten auch entsprechend eingebunden. (Bundesrätin Fuchs: Die machen ja nur einen Vorschlag! Auswählen tut ihn dann der Herr Minister! Der Herr Minister wählt sich seinen Kontrollor selbst!) Ich glaube, man soll hier nicht Blend- oder Nebelgranaten werfen, um irgendein Szenario zu malen, das nicht gegeben ist. (Bundesrätin Fuchs: Aber in so einer sensiblen Frage ...!)

Ich bekenne mich dazu, dass diese Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz heute auch entsprechend beschlossen wird, und ich danke den Exekutivbeamten nochmals für ihre hervorragende Arbeit. Seien wir froh, liebe Kolleginnen und Kollegen – auch als politisch Verantwortliche –, dass unsere Sicherheitsorgane so aktiv sind und dass die Probleme, die es in vielen anderen Staaten mit dem organisierten Verbrechen und mit der organisierten Kriminalität gibt, bei uns auf Grund von hochmotivierten, gut ausgebildeten Beamten – denen wir als Parlamentarier die notwendige rechtliche Grundlage geben – nicht vorhanden sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

0.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Christoph Hagen das Wort. – Bitte.

0.11

Bundesrat Christoph Hagen (Freiheitliche, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Liebe Genossen links von mir! (Bundesrat Prähauser: Rechts gibt es keine mehr!) Durch dieses Gesetz wird jeder Österreicher zum "Big Brother"-Teilnehmer. – Oder wäre Ihnen vielleicht die Schlingensiefaktion lieber? – So hallt jedenfalls der Tenor der Linken in diesem Staate: Wir werden nun in diesem Staate bespitzelt. – Das sind doch die Aussagen der SPÖ und der Grünen! Ist es nicht das, was Sie den Leuten weismachen wollen?

Ja richtig, wir werden bespitzelt! Das werden wir, absolut, und zwar von der SPÖ Steiermark! Sie erinnern sich: Wir brauchen deine Hilfe, wir möchten dich um deine Mithilfe bitten und so weiter und so fort. (Bundesrätin Schicker: Das ist schon ein alter Kaffee!)  – Sie kennen das Schreiben. Ich könnte es jetzt zitieren, aber ich tue es lieber nicht. Diese Zeit spare ich mir. (Bundesrätin Fuchs: Regierungspartner ÖVP in Liezen!) Ich glaube, Sie wissen schon, wovon ich rede – das weiß wohl jeder in diesem Haus. Das sind Methoden wie im Ostblock! Sofern ich richtig informiert bin, sitzen auch hier herinnen Leute, die diese Bespitzelungsaktion unterstützt und daran mitgearbeitet haben. (Bundesrat Meier: Wer denn?) – Nun ja, haben wir Steirer? – Von denen wird schon jemand im Landesvorstand sitzen, oder?

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist ein Mittel zur erweiterten Gefahrenerforschung und damit ein Hauptinstrument gegen die organisierte Kriminalität. (Anhaltende Zwischenbemerkungen von Bundesräten der Freiheitlichen in Richtung der SPÖ-Fraktion und Gegenbemerkungen durch Bundesräte der SPÖ.) – Sie können sich später auch noch zu Wort melden, wenn Sie möchten! – Täglich sind wir mit dieser organisierten Kriminalität konfrontiert, zum Beispiel im Bereich des Schlepperwesens, des Menschenhandels oder des Drogenhandels. Da dürfen wir einfach nicht zusehen! Dass dieses Problem aktuell ist, können wir heute wieder in der Abendausgabe der "Kronen Zeitung" lesen: "Schlepper karrten sie bis vor Wien: 42 Flüchtlinge auf der Ostautobahn ausgesetzt!" – Wir kennen das also. Das ist tagtäglich am Laufen. Dass man da eine Kontrolle braucht, ist wohl verständlich. (Bundesrat Meier: Das bestreitet ja niemand!)


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Auch der ehemalige Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Dr. Sika hat sich für die erweiterte Gefahrenforschung ausgesprochen. (Bundesrätin Fuchs: Aber unter anderen Bedingungen!) Er war auch der Meinung, dass man sonst der Gefahr hilflos gegenübersteht: Deshalb ist es notwendig, Gefahrenerforschung zu betreiben, noch bevor die Gefahr eintritt. – Zitat Dr. Sika, und ich glaube, er ist eher auf der Seite der sozialistischen Partei einzuordnen. (Bundesrätin Fuchs: ... nicht immer einer Meinung!)

Österreich ist bereits prophezeit worden, dass die organisierte Kriminalität Fuß fassen wird. Man spricht sogar davon, dass diese Kriminalität bereits Fuß gefasst hat und Österreich eine Drehscheibe der internationalen Kriminalität ist. (Bundesrat Meier: Das sind wir auch schon immer!) Wenn ich bedenke, dass schon 1998 unter einem sozialistischen Innenminister auf die Notwendigkeit dieser Gefahrenerforschung hingewiesen und auf ihre Einführung hingearbeitet wurde, dann verstehe ich nicht, warum heute die SPÖ eine 180-Grad-Wendung absolviert – oder, besser gesagt, nicht nur eine 180-Grad-Wendung, sondern sogar einen Salto mortale! (Bundesrätin Fuchs: Sie haben nicht zugehört! Sie haben meinen Ausführungen nicht zugehört, sonst würden Sie es verstehen!) – Ich habe sehr wohl zugehört!

Wenn Sie ehrlich wären, müssten Sie heute für dieses Gesetz stimmen und die Verbreitung der Horrorszenarien, die Sie hier betreiben, unterlassen!

Wir Freiheitliche werden jedenfalls mit gutem Gewissen zum Schutz des anständigen Bürgers in diesem Land für dieses Gesetz stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Ja! Ihr seid ja die Anständigen!)

0.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Herbert Würschl. Ich erteile ihm das Wort.

0.15

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben erfreulicherweise in einem sehr friedlichen Land. Deshalb ist es für mich völlig unverständlich, dass man die so genannte erweiterte Gefahrenerforschung durch Instrumentarien besetzt, die einfach undemokratisch sind.

Meine Kollegin hat das schon entsprechend begründet: Wenn der Herr Bundesminister für Inneres als zu Kontrollierender den Kontrollor bestellt, dann frage ich mich, wo ist dann der Bereich des Rechtsschutzes gegeben? (Bundesrat Dr. Nittmann: Durch das Parlament! Lernen Sie Verfassung, Herr Kollege!)

Wir Sozialdemokraten glauben, dass hier die Tür für Missbräuche einfach zu weit aufgemacht wird, und das können wir in einer demokratischen Gesellschaft nicht akzeptieren! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Lernen Sie Verfassung, Herr Kollege!)

Ich würde Sie dringend darum bitten, dass wir über diese sehr autoritären Züge, die hier einfließen, über diese erweiterten polizeilichen Autoritäten, die hier fixiert werden, noch einmal nachdenken und dieser Gesetzesnovelle nicht unsere Zustimmung geben! (Beifall bei der SPÖ.)

0.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Ernst Strasser das Wort. – Bitte.

0.17

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erweiterte Gefahrenforschung ist notwendig, ist in Mitteleuropa gängige Rechtspraxis und ist daher zu Recht geplant. Ich bin dankbar dafür, dass es in sehr kurzer Zeit – in nicht einmal einem halben Jahr – gelungen ist, das auch im Ministerrat und im Nationalrat zur Abstimmung zu bringen und hier jetzt zur Diskussion zu stellen.


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Wir werden – das wird vielfach nicht bedacht, und das bitte ich Sie deshalb auch zu sehen – einen zusätzlichen Rechtsschutz zu dem, was wir bisher bereits gehabt haben – dem vorbildhaften Rechtsschutz der §§ 88 und 90 –, schaffen, der zusätzlich eine begleitende Kontrolle der Sicherheitsexekutive bringen wird. Im Rahmen der begleitenden Kontrolle kann der Rechtsschutzbeauftragte jederzeit – das heißt, auch im laufenden Verfahren – eingeschaltet werden und sich selbst einschalten. Die begleitende Kontrolle bringt mehr an Flexibilität und eine enge Einbindung des Rechtsschutzbeauftragten in die Sachlage selbst. Die Regelung ist praxisnahe gestaltet.

Da in einigen Debattenbeiträgen die Beauftragung durch den Innenminister angesprochen wurde, darf ich Ihnen aus der gängigen Praxis des derzeit bestehenden Rechtsschutzbeauftragten, der derzeit vom Justizminister beauftragt zu werden hat und diesem Bericht zu erstatten hat, den Effekt dieser Situation schildern: Der Innenminister, weil die Bestimmungen hier nicht ganz klar sind, bekommt nicht einmal den Bericht dieses Rechtsschutzbeauftragten zu lesen und kann damit auch nicht auf etwaige Vorkommnisse reagieren! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nicht praxisnahe, und das ist auch nicht im Sinne der Anwaltschaft für den Bürger! Daher ist es sinnvoll, notwendig und richtig, dass der Rechtsschutzbeauftragte vom Innenminister bestellt wird, ihm auch Bericht erstattet und der Innenminister auch dem entsprechenden Ausschuss des Parlamentes entsprechend Bericht zu erstatten und Rede und Antwort zu stehen hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Zum Zweiten, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich Ihnen die Gutachten, die Verfassungsrechtler hiezu vorgelegt haben, zur Kenntnis bringen: Der Rechtsschutzbeauftragte ist nicht in die Verwaltung integriert, er führt nicht die Verwaltung; er macht vielmehr gegen die Verwaltung gerichtete Rechte, wie Antrags- und Beschwerderechte, geltend.

Er prüft begleitend, ob Grundsätze der Verhältnismäßigkeit gewahrt sind oder Rechte Betroffener verletzt werden würden. Die eigenständige Beurteilungsbefugnis des Innenministers und seine Leitungsbefugnis gegenüber den nachgeordneten Sicherheitsbehörden bleibt völlig unberührt. Eine Bindung ist nicht gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte, das auch in Ihrer Würdigung des Sachverhaltes mit einzubeziehen.

Verehrter Vorredner! Ich bin tief betroffen – ich sage das sehr offen –, dass Sie mir als Innenminister Missbrauch vorwerfen. Ich bitte Sie, diesen Vorwurf entweder zu präzisieren oder zurückzunehmen. Ich habe es, glaube ich, wie niemand in dieser Republik nicht verdient, vor einem hohen Gremium wie dem Bundesrat des Missbrauchs und autoritärer Züge geziehen zu werden. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich das mit aller Kraft zurückweise und dass ich hier darum ersuche, dass Sie das klarstellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist, mit Verlaub, ein Vorwurf, den ich nicht gerne auf mir sitzen lassen würde. Daher ersuche ich Sie in aller Form, diese beiden Vorwürfe zu präzisieren oder sie zurückzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf in gebotener Kürze und in Anbetracht der Zeit auf zwei Punkte hinweisen, die in dieser Novelle – neben den diskutierten Punkten – ebenfalls angesprochen werden.

Was den 1999 geschaffenen Identitätsausweis betrifft, wird hier dem Datenschutzrat Rechnung getragen und daher in Richtung der Empfehlungen des Datenschutzrates eine Weiterentwicklung vorgesehen.

Im § 54 betreffend Observation haben wir den Wünschen der Justiz Rechnung getragen und eine Einschränkung auf Verbrechen mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe vorgenommen.

Ich möchte auch meinen Dank aussprechen. Zuerst möchte ich jenen Beamtinnen und Beamten herzlich danken, die sich jahrelang bemüht haben, sachgerecht und der Praxis sowie den notwendigen Voraussetzungen für die Polizei entsprechend Vorschläge zu verwirklichen und diese immer wieder dem jeweiligen Bundesminister, den Parlamentsausschüssen und auch dem Bundesratsausschuss vorzutragen. Ich danke ihnen herzlich für ihre Beharrlichkeit, und ich


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hoffe, dass ihre Arbeit mit einem etwaigen Beschluss auch belohnt wird. Ich danke ihnen herzlich für diese Tätigkeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ganz besonders möchte ich den Mitgliedern des Innenausschusses des Bundesrates, insbesondere auch dem Herrn Vorsitzenden, dafür danken, dass sie sich engagiert und initiativ für die Sorgen und Wünsche der Polizei und der Exekutive auch vor Ort zur Verfügung stellen und Zeit nehmen.

Gerade in diesen Tagen haben Sie eine der Vorbildeinrichtungen besucht, nämlich das Gendarmerieeinsatzkommando. Ich habe mir von unseren Beamten berichten lassen, dass dieser Besuch außerordentlich wertvoll war und dass wir Ihnen wichtige Informationen weitergeben konnten. Ich bedauere ein wenig, dass nicht alle Fraktionen an diesem Besuch teilnehmen konnten. Aber vielleicht lässt sich das in Zukunft machen. Unser Haus steht offen, wir stehen zur Verfügung, und wir freuen uns über eine enge Zusammenarbeit mit dem Innenausschuss. Wir bedanken uns dafür, dass das in dieser Art und Weise geschehen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte schließlich allen Mitgliedern des Bundesrates danken, die dieser Vorlage mit ihrer Zustimmung jetzt die Rechtskraft geben. Es ist damit ein zusätzliches wichtiges Instrumentarium für unsere Polizei und für unsere Exekutive gegeben, um der organisierten Kriminalität mit aller Kraft einen Riegel entgegenzusetzen. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie uns ein zusätzliches Mittel gegeben haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.2


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4

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt zunächst ein Antrag der Bundesräte Brunhilde Fuchs und Genossinnen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

40. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zu Bestimmungen der Europäischen Union über kapazitätsbezogene Maßnahmen für die Binnenschifffahrtsflotten der Gemeinschaft zur Förderung des Binnenschiffsverkehrs erlassen, das Bundesfinanzierungsgesetz geändert und das Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschifffahrt außer Kraft gesetzt wird (Binnenschifffahrtsfondsgesetz) (84 und 155/NR sowie 6209/BR der Beilagen)

41. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn- und Straßenverkehr (32 und 156/NR sowie 6210/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 40 und 41 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Binnenschifffahrtsfondsgesetz und

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn- und Straßenverkehr.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Dr. Peter Böhm: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich erstatte Ihnen zu Tagesordnungspunkt 40 den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Binnenschifffahrtsfondsgesetz.

Der Bericht liegt Ihnen inhaltlich in schriftlicher Form vor. Ich beschränke mich auf die Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich erstatte ferner zu Tagesordnungspunkt 41 den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn- und Straßenverkehr.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, sodass ich mich auch hier auf die Antragstellung beschränke.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend das Binnenschifffahrtsfondsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn- und Straßenverkehr.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

42. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen (109 und 205/NR sowie 6211/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 42. Punkt der Tagesordnung: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Engelbert Schaufler übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Engelbert Schaufler: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen vortragen.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, sodass ich mich auf den Antrag beschränken kann.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

43. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (169 und 206/NR sowie 6212/BR der Beilagen)

44. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseiti


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gung jeder Form von Diskriminierung der Frau (170 und 207/NR sowie 6213/BR der Beilagen)

45. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau (171 und 208/NR sowie 6214/BR der Beilagen)

46. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995 (172 und 209/NR sowie 6215/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 43 bis 46 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,

eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau sowie

eine Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Johann Ledolter übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Johann Ledolter: Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Ich erstatte hiemit den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

Da dieser Bericht schriftlich vorliegt und auch sehr umfangreich ist, darf ich mich auf den Antrag beschränken.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 44 erstatte ich den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

Auch dieser Bericht liegt schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf den Antrag.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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Zu Tagesordnungspunkt 45 erstatte ich den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau.

Auch dieser Bericht liegt schriftlich vor.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 46 erstatte ich den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995.

Auch dieser Bericht ist schriftlich zugegangen. Daher beschränke ich mich auf den Antrag.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Maria Grander das Wort. – Bitte.

0.33

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorerst möchte ich einen herzlichen Dank an die Frau Außenministerin richten, die mit der Vorlage des Fakultativprotokolls einen wesentlichen Schritt für die Frauenpolitik in Österreich setzt und die Frauenpolitik auch weltweit weiterbringt.

Dieses Protokoll bringt für die Frauen eine wesentliche Verbesserung vor allem im Bereich des Beschwerderechtes für Einzelpersonen. Aber auch Gruppen von Einzelpersonen haben einen besseren Zugang.

Das Verbot der Diskriminierung ist wichtig. Wichtig ist auch, dass von den einzelnen Ländern Berichte gelegt werden müssen. Österreich hat im Juni Bericht erstattet. Das Komitee hat Österreich attestiert, dass es insgesamt einen sehr hohen Stand der Wahrung und Förderung der Frauenrechte hat.

Weiters gilt der Dank den zahlreichen Mitarbeiterinnen Österreichs, die ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass wir heute hier beschließen können, was in Zukunft hoffentlich Frauen weltweit einen Schritt nach vorne bringen wird.

Eine persönliche Anmerkung: Eine Selbstverständlichkeit sollte es auch sein, dass Frauen in allen Bereichen mit weiblichen Titeln und mit weiblichen Funktionsbezeichnungen angesprochen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

0.34

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile ihr das Wort.

0.34

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten


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667. Sitzung / Seite 228

werden diesen Ratifizierungen sehr gerne zustimmen, weil es um den Grundrechtsschutz, den Schutz vor Diskriminierung der Frauen geht.

Wir sind davon überzeugt, dass es wichtig ist, Druck zu machen, dass in möglichst allen Staaten dieser Welt möglichst schnell Gleichheit und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern hergestellt und auch kontrolliert wird, damit wir dem Ziel einer humanen Gesellschaft entsprechen.

Zur Sensibilisierung der Gesellschaft zu Frauenthemen ist noch vieles verbesserungswürdig. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden unseren Teil beitragen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

0.35


Bundesrat
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667. Sitzung / Seite 229

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr das Wort. (Bundesrat Grissemann: Bist du wohl auch dafür?)

0.35

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ist international mittlerweile von 165 Staaten unterzeichnet worden. Erfreulich daran ist, dass dies am 6. Oktober in der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Konsens angenommen worden ist – was nicht selbstverständlich ist. Damit ist dieses Fakultativprotokoll das einzig verbindliche Menschenrechtsinstrument der Vereinten Nationen, das mit Konsens angenommen wurde, was eine breite politische Akzeptanz untermauert.

Mittlerweile ist es von 43 Staaten unterzeichnet worden, darunter von allen EU-Staaten mit Ausnahme von Großbritannien und Irland. Ratifiziert wurde es allerdings – das ist bedauerlich –, insgesamt erst von, ich glaube, elf Staaten. Darunter sind aber nur zwei europäische Staaten, nämlich Dänemark und Frankreich, die in dieser Hinsicht offensichtlich Vorreiter sein sollen.

Es gibt einige wichtige Dinge, die in diesem Fakultativprotokoll beschlossen worden und damit auch zu unterzeichnen sind. Einige Männer blicken sehr skeptisch, also muss man ihnen sagen, worum es da geht:

die Anerkennung der Zuständigkeit des Komitees für die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zur Entgegennahme und Behandlung von Individualbeschwerden durch den Vertragsstaat;

ein Beschwerderecht – das ist ganz wesentlich – für Einzelpersonen oder Gruppen von Einzelpersonen, die behaupten, Opfer einer Konventionsverletzung zu sein;

die Befugnis des Komitees, einen Vertragsstaat aufzufordern, einstweilige Maßnahmen zu treffen, um allfällige irreparable Schäden für die oder das Opfer angeblicher oder behaupteter Konventionsverletzungen zu vermeiden;

in Fällen schwerer oder systematischer Verletzungen der Konvention gibt es eine Durchführung eines Untersuchungsverfahrens, das mit Zustimmung des Vertragsstaates auch einen Besuch auf seinem Hoheitsgebiet mit einschließen kann; und

ein ganz wesentlicher Punkt ist auch das Verbot der Diskriminierung von Personen, die ein Beschwerdeverfahren beim Komitee eingeleitet haben.

Ich glaube, dass das ein richtiger und wichtiger Schritt in der Frauenpolitik ist. Aber es wird sicherlich nicht der Letzte sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

0.38

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Erhard Meier das Wort. – Bitte.

0.38

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Es sollte nicht Zeichen der Missachtung der Frauen sein, dass dieser Tagesordnungspunkt der Letzte unserer umfangreichen Tagesordnung ist. (Bundesrat Dr. Nittmann: Der Wichtigste!)

Liebe Frau Bundesrätin Mühlwerth! Wenn Sie in Ihrer Männerriege Probleme haben, sich durchzusetzen, würde ich Sie gerne unterstützen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Nein! – Weiterer Widerspruch bei den Freiheitlichen.) Es war schon erfolgreich.

Meine Damen und Herren! Diese Konvention beziehungsweise deren Ergänzung scheint mir wirklich sehr wichtig zu sein. Denn eine Konvention ist dazu da, dass sie auch eingehalten wird – zum Unterschied von einer Deklaration.

Wir können wirklich sagen, dass es in Österreich schon eine Reihe von Gesetzen gibt, die diese Inhalte umsetzen und zur Gleichstellung beitragen werden: das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, auch das heute beschlossene Unterrichtspraktikumsgesetz und viele andere, auch der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 7 B-VG.

Das Gesetz über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer hat ebenfalls damit zu tun. Darum gibt es hier zwei Rückzüge von ursprünglichen Anträgen.

Es geht also überall um die tatsächliche Gleichstellung und Gleichbehandlung der Frau. Ich brauche diese Gebiete hier nicht aufzuzählen.

Dass dafür das Außenministerium – vertreten durch Herrn Minister Schmid – zuständig ist, obwohl es eine Frauenfrage ist, kommt nur deshalb zu Stande, weil es sich hierbei um einen internationalen Vertrag handelt. Ich meine, dass die Schwierigkeit in internationaler Hinsicht bei der Frauenfrage deshalb gegeben ist, weil es Unterschiede in der Kultur, der Religion, der Tradition, des sozialen Status, der Bildung und anderer Dinge gibt, sodass man Frauengleichberechtigung nicht in allen Ländern dieser Welt gleich sehen und vergleichen kann.

Mit dem vorliegenden Fakultativprotokoll zur Konvention gegen jede Form der Diskriminierung wird eine grundsätzliche Verbesserung dadurch erreicht, dass nun das Komitee zur Beseitigung dieser Diskriminierungen von den Vertragsstaaten anerkannt wird und dieses Komitee dadurch die Berichte der Staaten begutachten, Empfehlungen betreffend Diskriminierungen abgeben und die Durchführung von Untersuchungsverfahren sichern kann. Das ist also eine Kontrolle gegenüber den einzelnen Staaten. Es können nun auch Einzelpersonen oder Personengruppen und deren Vertreter das Recht zur Individualbeschwerde eingeräumt bekommen.

Man muss sich vorstellen, wie es ist, wenn dort, wo es irgendwelche Verletzungen gibt, die entsprechende Person gar nicht in der Lage ist, zu sprechen – etwa weil sie Analphabetin in irgendeinem afrikanischen Land ist, weil sie den rechtlichen Weg nicht findet oder weil sie keinen rechtlichen Beistand hat. Ich meine, dass das daher sehr wichtig ist, damit der Schutz auch dort möglich ist. Das betrifft daher meiner Ansicht nach Österreich weniger.

Österreich hat zu dieser Konvention zusätzliche interpretative Erklärungen abgegeben, welche auch dieses Komitee berücksichtigen wird. So meine ich, dass durch die Möglichkeit dieses Berichtes des Vergleiches der Behandlung in den verschiedenen Staaten, durch die Möglichkeit, von diesen Staaten eine halbjährliche Stellungnahme zu erhalten, und einen notwendigerweise alljährlich abzugebenden Bericht ein Vergleich und eine Kontrolle in diesen Fragen gegeben ist.


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Daher ist es wichtig, dass wir alle uns dazu bekennen, ganz gleich, ob Frauen oder Männer. Ich unterstütze diese Thematik auch im Namen meiner Fraktion und des gesamten Bundesrates. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

0.43

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen letztlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend eine Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung der heutigen Sitzung ist erschöpft.

Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt acht Anfragen, 1717/J bis 1724/J, eingebracht wurden.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 12. Oktober 2000, 9 Uhr in Aussicht genommen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung / Seite 231

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 10. Oktober 2000, ab 14 Uhr vorgesehen.

Im Einvernehmen mit dem Herrn Präsidenten und der Frau Vizepräsidentin darf ich Ihnen allen eine erholsame Sommerzeit und eine gute Nacht wünschen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 0.45 Uhr