Stenographisches Protokoll

138. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Montag, 13. Februar 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

138. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                 Montag, 13. Februar 2006

Dauer der Sitzung

Montag, 13. Februar 2006:     12.02 – 12.05 Uhr
                                           15.00 – 18.49 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 10

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolle­ginnen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle), (1302 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. Februar 2006 zu setzen ..................................................................... 12

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 12

Redner:

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 71

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 72

Kurt Eder ....................................................................................................................... 73

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 75

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 76

Annahme des Fristsetzungsantrages ............................................................................ 78

Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 717/A (E) betreffend nationale Maßnahmen zum Schutz vor gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 27. Februar 2006 zu setzen ..................................................................... 12

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG – Verlangen kann nicht statt­gegeben werden ..........................  12, 12

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 78


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 2

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 13

Redeordnung nach Festlegung in der Präsidialkonferenz ........................................... 19

Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses zur Durchführung des Projektes Chip­karte (e-card) gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 78

Bekanntgabe ................................................................................................................... 55

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 55

Redner:

Karl Öllinger .................................................................................................................. 80

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 82

Dr. Günther Kräuter ..................................................................................................... 86

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 88

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 89

Ablehnung des Antrages ........................................................................................... ..... 87

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 10

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rekordarbeitslosigkeit in Österreich (786/A) (E) .................................................................................................... 13

Begründung: Friedrich Verzetnitsch ............................................................................ 20

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 25

Debatte:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 30

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 32

Maximilian Walch ......................................................................................................... 34

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 36

Bundesministerin Ursula Haubner ............................................................................ 39

Doris Bures ................................................................................................................... 41

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 43

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 44

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 46

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 48

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 49

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 50

Karl Öllinger .................................................................................................................. 51

Franz Riepl .................................................................................................................... 53

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 55

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 58

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 59

Michaela Sburny ........................................................................................................... 60

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 62

Herta Mikesch ............................................................................................................... 63

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 67

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 68


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 3

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 69

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 70

Entschließungsantrag der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Reduzierung der LehrerInnen-Arbeitslosigkeit durch Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahlen – Ablehnung           54, 70

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herta Mikesch, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen der Bundes­regie­rung für Wachstum und Beschäftigung – Annahme (E 171) ..................................................................................................................................  64, 70

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 786/A (E) ............................... 70

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 10

1298: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die „Diplomatische Aka­demie Wien“ (DAK-Gesetz 1996) geändert wird

1299: Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG

1300: Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zur Gründung einer Partner­schaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Tadschikistan andererseits samt Schlussakte, An­hänge, Protokoll und Erklärungen

Berichte ......................................................................................................................... 10

Vorlage 42 BA: Bericht betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundes­vermögen im Jahr 2005; BM f. Finanzen

Vorlage 43 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 4. Quartal 2005; BM f. Finanzen

Vorlage 44 BA: Bericht gemäß § 65 Absatz 5 des Bundeshaushaltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 2005; BM f. Finanzen

III-198: Bericht zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kom­mission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006; Bundeskanzler

III-199: Bericht zum EU-Arbeitsprogramm 2006; BM f. Wirtschaft und Arbeit

Einspruch des Bundesrates ....................................................................................... 11

1302: Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle)

Anträge der Abgeordneten

Friedrich Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rekordarbeitslosigkeit in Österreich (786/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Berücksichtigung der Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht (787/A) (E)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 4

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorsorge gegen unverant­wortliches Rasen – „160 muss 160 bleiben!“ (788/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Verbes­serung der Unfallbilanz bei vierrädrigen Leichtfahrzeugen – Microcars (789/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hausbrieffachanlagen (790/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ortstafeln in Bleiburg und Bleiburg-Ebersdorf (Anregung einer Verordnungsprüfung) (791/A) (E)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Enthebung von Mag. Her­bert Haupt von der Funktion des Behindertenanwaltes (792/A) (E)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung von sozialen Grundrechten und Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates (793/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesbeschaffung und Novellierung der „Änderung der Verordnung zur Bestimmung jener Güter und Dienst­leistungen, die nach dem BG über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesell­schaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) zu beschaffen sind“ (BGBl. II Nr. 208/2001 idF. BGBl. II Nr. 312/2002) [(518/A) (E)] [(Zu 518/A) (E)]

Anfragen der Abgeordneten

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die unterschiedlichen Beitragssätze von Arbeitern und Angestellten zur Krankenversicherung (3910/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Heer bekommt Essen auf Rädern (3911/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend neue Details zu illegalem Visahandel (3912/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend neue Details zu illegalem Visahandel (3913/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Tod des Yankuba Ceesay (3914/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Anzeigenzurücklegung im Verfahren Yankuba Ceesay durch die STA Linz (3915/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rech­nungshofes betreffend Einmietungen von Bundesbehörden und bundeseigenen Institu­tionen (3916/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend peinliche Pannen beim Pen­sionsfolder (3917/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhalten des österreichischen Botschafters im Iran bzgl. Karikaturen-Streit (3918/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 5

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Abzug der Tragtierstaffel des JgB 26 aus Spittal/Drau (3919/J)

Mag. Norbert Darabos, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Werbung als ÖVP-Obmann oder Bundeskanzler? (3920/J)

Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Personalmaßnahmen bei der Bundespolizeidirektion Leoben (3921/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Stromversorgung (3922/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend: Mangelnde mündliche Beantwortung der Dringlichen Anfrage 3890/J (3923/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einsatz eines kaufmännischen Direktors im Kunsthistorischen Museum (KHM) (3924/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Schirmherrschaft einer Tagung (3925/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Behindertenanwalt als Wahlkämpfer (3926/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Integrative Berufsausbildung“ (3927/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 6

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3928/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dienst­wagen und Partikelfilter (3929/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3930/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3931/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Dienstwagen und Partikelfilter (3932/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3933/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3934/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3935/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3936/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3937/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Dienstwagen und Par­tikel­filter (3938/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Dienstwagen und Partikelfilter (3939/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend verschärftes Rauchverbot in Bildungseinrichtungen (3940/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Pocket-Bikes – Rechtsfragen“ (3941/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3604/AB zu 3657/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3605/AB zu 3687/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3606/AB zu 3703/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3607/AB zu 3702/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3608/AB zu 3678/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3609/AB zu 3754/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3610/AB zu 3654/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3611/AB zu 3676/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3612/AB zu 3685/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3613/AB zu 3694/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3614/AB zu 3691/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3615/AB zu 3717/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 7

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3616/AB zu 3720/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3617/AB zu 3682/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3618/AB zu 3655/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3619/AB zu 3661/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3620/AB zu 3681/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (3621/AB zu 3698/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolle­ginnen und Kollegen (3622/AB zu 3680/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen (3623/AB zu 3684/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3624/AB zu 3700/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3625/AB zu 3688/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3626/AB zu 3696/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3627/AB zu 3658/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3628/AB zu 3659/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3629/AB zu 3660/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (3630/AB zu 3686/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3631/AB zu 3692/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen (3632/AB zu 3656/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3633/AB zu 3704/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 8

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3634/AB zu 3675/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3635/AB zu 3679/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3636/AB zu 3689/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3637/AB zu 3662/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3638/AB zu 3663/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3639/AB zu 3665/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3640/AB zu 3666/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3641/AB zu 3667/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3642/AB zu 3668/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3643/AB zu 3669/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3644/AB zu 3670/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3645/AB zu 3671/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3646/AB zu 3672/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3647/AB zu 3673/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3648/AB zu 3674/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3649/AB zu 3695/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (3650/AB zu 3699/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen (3651/AB zu 3701/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3652/AB zu 3713/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3653/AB zu 3714/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schieder, Kolleginnen und Kollegen (3654/AB zu 3707/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 9

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3655/AB zu 3753/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (3656/AB zu 3705/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3657/AB zu 3706/J)


 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 10

12.01.45Beginn der Sitzung: 12.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 138. Sitzung des Nationalrates, die auf Grund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 7 des Geschäfts­ordnungsgesetzes einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 137. Sitzung vom 2. Februar 2006 lag in der Parlaments­direktion auf und blieb unbeanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Rasinger, Riener, Mag. Darabos, Hagenhofer, Dr. Jarolim, Dr. Rada, Dr. Partik-Pablé, Mandak, Rosenkranz und Mag. Stoisits.

12.02.22 Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3910/J bis 3918/J;

2. Anfragebeantwortungen: 3604/AB bis 3657/AB;

3. Initiativanträge: Zurückziehung: 518/A (E);

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ (DAK-Gesetz 1996) geändert wird (1298 d.B.),

Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG (1299 d.B.).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen im Jahr 2005 (Vorlage 42 BA),


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 11

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplan­mäßi­gen Ausgaben im 4. Quartal 2005 (Vorlage 43 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 65 Absatz 5 des Bundeshaushalts­gesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanz­schulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 2005 (Vorlage 44 BA);

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 783/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan für Gesundheit und Alten-/Langzeitpflege;

Außenpolitischer Ausschuss:

Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zur Gründung einer Partnerschaft zwi­schen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Tadschikistan andererseits samt Schlussakte, Anhänge, Protokoll und Erklä­rungen (1300 d.B.);

Finanzausschuss:

Antrag 785/A (E) der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Bundesbeschaffung und Änderung der „Verordnung: Bestimmung jener Güter und Dienstleistungen, die nach dem Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundes­beschaffungs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) zu beschaf­fen sind“ (BGBl. II Nr. 208/2001 idF. BGBl. II Nr. 312/2002 und BGBl. II Nr. 213/2005);

Verfassungsausschuss:

Antrag 782/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Christine Muttonen, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen und das Gesetz vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geändert werden (Restitutionsrechtsänderungs­ge­setz);

Verkehrsausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerschein­gesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (1302 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Antrag 784/A (E) der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Insolvenzabsicherung der Reiseveranstalter;


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 12

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verfassungsausschuss:

Bericht des Bundeskanzlers zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2006 und zum operativen Jahresprogramm des Rates für 2006 (III-198 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit zum EU-Arbeitsprogramm 2006 (III-199 d.B.).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kolle­gen haben das Verlangen gestellt, den Selbständigen Antrag 786/A (E) der Abgeord­neten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rekordarbeitslosigkeit in Österreich dringlich zu behandeln.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend die 9. FSG-Novelle, 1302 der Beilagen, eine Frist bis 24. Februar 2006 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an die Behandlung des Dringlichen Antrages stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen. – Der Aufruf des Dringlichen Antrages wird um 15 Uhr erfolgen.

Weiters gebe ich vor Eingang in die Tagesordnung bekannt, dass ein Antrag und Verlangen der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde auf Fristsetzung vorliegt, nämlich dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 717/A (E) betreffend nationale Maßnahmen zum Schutz vor gentechnisch veränderten Organismen – GVO eine Frist bis zum 27. Februar 2006 zu setzen.

Gleichzeitig verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

Da wir bereits eine Kurzdebatte, nämlich die zum Fristsetzungsantrag der Abg. Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen haben, kann ich auf Grund der Ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 13

schäftsordnung diesem Verlangen auf Debatte nicht stattgeben, aber es kommt dieser Fristsetzungsantrag ohne Debatte – nach Abstimmung über den ersten Fristset­zungs­antrag – zur Abstimmung.

*****

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.

*****

12.04.59 (Die Sitzung wird um 12.05 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

15.00.18Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rekordarbeitslosigkeit in Österreich (786/A) (E)

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 786/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist bedrückend. Österreich erlebt unter der Regierung Schüssel jeden Monat neue, nie gekannte Rekordwerte an Arbeitssuchenden. Besonders schockierend ist die ständig steigende Zahl arbeitsloser Jugendlicher, ob Lehrlinge oder junge Akademiker und ältere ArbeitnehmerInnen.

Die traurige Bilanz: Wolfgang Schüssel verantwortet nach sechs Jahren schwarz-blau-oranger Regierung die höchste Arbeitslosigkeit in der Geschichte Österreichs.

Im Jänner 2006 waren in Österreich so viele Menschen arbeitslos wie niemals zuvor in der Zweiten Republik. Inklusive der SchulungsteilnehmerInnen suchen 380.379 Per­sonen Arbeit – 71.137 davon sind jünger als 25 Jahre. Seit dem Amtsantritt der Regierung Schüssel hat die Arbeitslosigkeit somit um 75.165 zugenommen, die Jugendarbeitslosigkeit ist um 24.398 gestiegen.

Österreich hat sich – bei für alle EU-Staaten gleichermaßen ungünstigem inter­nationalem Umfeld – in den für Wachstum und Beschäftigung wesentlichen Bereichen schlechter entwickelt als die anderen EU-Staaten. Für dieses Abschneiden ist überwiegend die falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik der schwarz-blau-orangen Bun­desregierung unter Wolfgang Schüssel verantwortlich.

Das Wirtschaftswachstum bleibt zurück

Österreich ist beim realen Wirtschaftswachstum deutlich hinter die Werte der späten 90er Jahre zurückgefallen.

In den letzten fünf Jahren gehörte Österreich in drei von fünf Jahren zu den Ländern mit dem niedrigsten Wirtschaftswachstum innerhalb der EU.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 14

Vergleichbare Länder – wie die skandinavischen Staaten – weisen ein höheres Wachstum als Österreich auf. Österreich würde ein durchschnittliches Wirtschafts­wachstum von 2,5% bis 3% benötigen, um die Beschäftigungssituation nachhaltig zu verbessern und die Arbeitslosigkeit zu senken.

Beim „BIP pro Kopf“ zurückgefallen

Während sich die meisten der 25 EU-Mitgliedstaaten seit 2000 beim „BIP pro Kopf“ zum Teil wesentlich verbessert haben, ist Österreich 2006 zurückgefallen und gehört zu jenen acht Mitgliedstaaten, in denen sich dieser Wert verschlechtert hat.

Lag Österreich im Jahr 2000 beim „BIP pro Kopf“ noch um fast 15% über dem EU-Durchschnitt, waren es 2006 nur noch rund 10%. Österreich verlor rund ein Drittel seines Vorsprungs. Großbritannien, Schweden und Belgien konnten aufschließen und werden uns demnächst überholen.

Die Entwicklung war beim „BIP pro Kopf“ in den Jahren 2000 bis 2006 nur in Italien, Portugal und Malta schlechter als in Österreich.

Die Reallöhne stagnieren

Auch bei der Entwicklung der Reallöhne ist Österreich zurückgefallen. Als Folge zunehmender Steuerbelastungen mussten Einbußen bei den Nettolöhnen hinge­nom­men werden. Diese Belastungen wurden durch die Steuerreform 2005 bei weitem nicht wettgemacht.

In vergleichbaren Staaten steigen dagegen die Reallöhne deutlich, weshalb dort auch der private Konsum und dadurch das BIP stärker wachsen.

Das Wachstum des privaten Konsums ist deutlich geringer als 1999

Beim Wachstum des privaten Konsums hinkt Österreich im EU-Vergleich nach.

Das Wachstum des privaten Konsums in Österreich liegt seit dem Jahr 2000 deutlich unter den Werten der späten 90er Jahre. Das durchschnittliche Wachstum der Konsum­ausgaben betrug 1996 bis 2000 2,7%. Im Vergleich dazu liegt der Durchschnittswert von 2000 bis 2005 bei 1,36%.

Das Wachstum des privaten Konsums ist 2005 (1,4%) trotz Steuerreform deutlich geringer als 1999 (2,4%). Die Steuerreform 2005 wirkte sich nicht positiv auf den privaten Konsum aus, weil Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen davon nicht bzw. kaum profitieren.

Das Wachstum der Unternehmensinvestitionen geht ebenfalls zurück

Die Abschaffung der Investitionsförderungen, die Verlängerung der Dauer der Ab­schreibungen, aber auch die Steuerreform haben bei österreichischen Unternehmen zu einer geringeren Investitionsbereitschaft geführt. Die steuerliche Begünstigung von Realinvestitionen wurde zu Gunsten von Förderungen für Finanzanlagen reduziert.

Die Folge: Österreich fällt beim Beschäftigungswachstum zurück

Beim Beschäftigungswachstum fällt Österreich im europäischen Vergleich zurück.

Seit dem Jahr 2001 ist das Beschäftigungswachstum in Österreich deutlich unter den EU-Durchschnitt zurückgefallen. Im Jahr 2002 kam es sogar zu einem Beschäftigungs­rückgang.

Österreich liegt beim Beschäftigungswachstum in den Jahren 1999 bis 2005 um 60 Prozent unter dem EU-15-Durchschnitt.

Die weitere Folge: Rekordarbeitslosigkeit in Österreich


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 15

In 17 EU-Staaten sinkt die Arbeitslosigkeit, in Österreich steigt sie. Österreich belegte 2005 nur mehr den fünften Platz, 1999 nahm Österreich noch den dritten Platz ein. Nur 8 Länder – darunter Österreich – weisen eine höhere Arbeitslosenrate als 1999 auf.

Seit 1999 hat sich die Arbeitslosenquote in der EU-25 leicht verbessert; sie sank um 0,4 Prozentpunkte auf 8,7%, in der EU-15 sank sie sogar um 0,8% auf 7,8%, während sie in Österreich um 1,3 Prozentpunkte auf 5,2% anstieg.

Der neuerliche Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jänner 2006 auf einen Rekordwert von 380.379 Arbeit suchenden Menschen (einschließlich SchulungsteilnehmerInnen) ist die Folge der Untätigkeit der Regierung Schüssel.

Zusätzlich beziehen über 15.000 Personen Pensionsvorschuss oder Übergangsgeld. Wenn man diese Personen dazuzählt, sind derzeit über 395.000 Menschen arbeitslos.

Die Arbeitslosigkeit ist von Jänner 2000 bis Jänner 2006 um fast 25% gestiegen, während die von der österreichischen Wirtschaft angebotenen Vollzeitarbeitsplätze in den Jahren 2000 bis 2005 gesunken sind.

Mittlerweile sind ca. 800.000 ArbeitnehmerInnen pro Jahr von Arbeitslosigkeit betrof­fen. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit hat besonders gering qualifizierte Arbeit­neh­merInnen, Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr, Frauen und ältere Arbeitneh­merInnen betroffen.

Kamen im Jahr 2000 noch 6,3 Arbeitssuchende (inklusive Schulungen) auf eine gemeldete offene Stelle, so hat sich der Stellenandrang beinahe verdoppelt: 2005 gab es bereits 11,49 Arbeitssuchende pro offene Stelle.

Dramatisch ist die Situation bei den Jugendlichen. Insgesamt waren im Jänner 2006 71.137 Jugendliche ohne Beschäftigung, seit dem Jahr 2000 ist die Jugendarbeits­losigkeit um 52,2% gestiegen. Diese Entwicklung ist in höchstem Maße besorgniserregend. Es ist unerträglich, dass die Bundesregierung jungen Menschen jede Hoffnung und Perspektive nimmt.

Angesichts der wirtschaftspolitischen Nicht-Reaktion der Bundesregierung auf die Krise verwundert der überdurchschnittlich starke Wachstumseinbruch seit 2001 in Österreich nicht.

Zunächst beschloss die Regierung krisenverschärfend wirkende Belastungen (Er­höhung der überwiegend regressiv wirkenden Massensteuern). 2001 brachen die Investitionen, der öffentliche und private Konsum ein, nur die Nettoexporte trugen positiv zum Wachstum bei. Das Wachstum reduzierte sich von 3,4% (2000) um 2,6 Prozentpunkte auf 0,8% (2001). Die ohnehin durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt sehr eingeschränkten fiskalischen Spielräume wurden nicht nur nicht genützt, sondern sogar ein Budgetüberschuss von 0,1% des BIP erzielt. Die Bundesregierung verstärkte damit den Konjunktureinbruch.

Auf Druck der Opposition und der Sozialpartner wurden von der Regierung nur zögerlich und viel zu spät eine Reihe von Ad-hoc-Maßnahmen gesetzt, die allerdings keine zeitlich und inhaltlich kohärente Beschäftigungs- und Wachstumsstrategie erken­nen lassen und mehr dem Wahlzyklus folgten als den konjunkturellen Notwendigkeiten.

Hinter den Maßnahmenpaketen verstecken sich Belastungen von ArbeitnehmerInnen und Entlastungen für Unternehmen. Die aktuelle Wirtschafts- und Beschäftigungskrise wird für eine Umverteilungspolitik von unten nach oben genutzt.

Bis 2005 sind in Vollzeitäquivalenten gerechnet fast 30.000 Arbeitsplätze verloren ge­gangen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 16

Das „Beschäftigungswachstum“ ist unter dieser Regierung in erster Linie deshalb zustande gekommen, weil es einen dramatischen Zuwachs an atypischen Beschäf­tigungsverhältnissen – mittlerweile auf rund eine Million – gegeben hat.

Zwar liegt Österreich beim Indikator für die Beschäftigungsentwicklung – der „Beschäf­tigungsquote“ – im vorderen europäischen Mittelfeld. Aber die Einbeziehung der in Österreich vergleichsweise zahlreichen KindergeldbezieherInnen, sowie der starke Anstieg der atypischen Arbeitsverhältnisse lässt die Beschäftigungsquote höher erscheinen.

2004 lag die Beschäftigungsquote in Österreich bei 67,8 %. Seit 1999 entspricht dies einem Rückgang von 0,8 Prozentpunkten.

Im Gegensatz dazu wuchs die Beschäftigungsquote in der EU-15 um 2,1 Pro­zentpunkte auf 64,8% (EU-25: +1,3 Prozent-Punkte). Die Spitzengruppe Dänemark, Niederlande und Schweden konnte trotz hohem Niveau ihre Beschäftigungsquote von 73,1 um 0,5 Prozentpunkte auf 73,6% steigern. Österreich ist eines der wenigen Länder, das in dieser Kategorie seit 1999 einen Rückgang ausweist.

1999                   2004                   Veränderung in %-Punkten

Österreich      68,6 %              67,8 %              - 0,8 %

EU-15               62,6 %              64,7 %              + 2,1 %

EU-25               62,0 %              63,3 %              + 1,3 %

Top3(DK,NL,S)73,1 %             73,6 %              + 0,5 %

Bei der Beschäftigungsquote älterer ArbeitnehmerInnen hat Österreich eine der niedrigsten Quoten innerhalb der EU.

Österreich hat das EU-Ziel zur Frauenbeschäftigung für 2010 von 60% mit einer Frauen­beschäftigungsquote von 60,7% zwar im Jahr 2004 erfüllt. Die Beschäf­tigungsquote ist allerdings aufgrund der Einbeziehung nicht beschäftigter Personen in Karenz deutlich überhöht und spiegelt daher nicht die Realität wieder. (Ohne diesen Personenkreis liegt die Frauenbeschäftigungsquote 2004 laut Statistik Austria lediglich bei 57,9%).

Abgesehen davon, dass das Frauenbeschäftigungswachstum zu gering ist, ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschäftigungszuwachs bei den Frauen in Österreich fast ausschließlich auf die Steigerung der Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist. 2004 arbeiteten bereits 40% aller erwerbstätigen Frauen in Teilzeit – aber nur 6% der erwerbstätigen Männer.

Österreich gehört zu jenen Ländern in Europa, in denen sich Frauen mit Kindern häufig aus dem Erwerbsleben ganz oder teilweise zurückziehen. Die familienpolitischen Maßnahmen (Kindergeld, Erhöhung des Alleinverdienerabsetzbetrages) der Bundes­regierung haben dafür eher noch zusätzliche Anreize geschaffen.

Besorgniserregend ist weiters, dass nicht genügend Kinderbetreuungsplätze geschaf­fen wurden, um den Bedürfnissen erwerbstätiger Eltern gerecht zu werden. Diese Kritik brachte auch die EU-Kommission vor kurzem zum Ausdruck.

Der Großteil der Kinderbetreuungseinrichtungen findet sich in Wien, massive Unter­versorgung besteht in anderen Bundesländern.

Die Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen stellt auch wegen ihrer gesellschafts­politischen negativen Aspekte das größte Problem am Arbeitsmarkt dar. Der Gesamt­stand der Lehrlinge steigt zwar, aber großteils in Ausbildungsmaßnahmen und nicht im Bereich der betrieblichen Ausbildung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 17

49.940 Jugendliche waren Ende Jänner beim AMS als arbeitslos registriert (um 1.100 oder 2,3% mehr als ein Jahr zuvor). Dazu kommen noch 21.197, die in Lehrgängen oder Schulungen untergebracht sind und ebenfalls Arbeit suchen. Im Jänner 2006 befanden sich somit 71.137 Jugendliche auf Arbeitssuche.

Die Lehrstellenlücke ist seit 2000 um 6.502 (87,8%) gestiegen. Mit Stichtag 31.12. 2005 fehlten 13.910 Lehrstellen.

Seitdem das Pensionsalter schrittweise hinaufgesetzt wurde, werden weniger Arbeits­plätze für Junge frei. Die steigende Jugendarbeitslosigkeit ist aber auch eine Folge der Versäumnisse in der Bildungs- und Ausbildungspolitik.

Laut der Internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit machen 11,3% der 15- bis 19-Jährigen in Österreich weder eine Ausbildung noch haben sie einen Arbeitsplatz.

Steigende Armut als Resultat der schwarz-blau-orangen Politik

1,044.000 Menschen (13,2% der Bevölkerung) leben in Haushalten, deren Einkommen unter der Armutsgrenze von 785 € liegt. Von akuter Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind rund 460.000 Personen (5,9%). Aus dem aktuellen österreichischen Sozialbericht 2003-2004 geht hervor, dass in den letzten fünf Jahren die Armut in Österreich gestiegen ist.

Die Politik der Bundesregierung seit dem Jahr 2000 ist dafür verantwortlich, dass um 170.000 mehr Menschen akut arm und 114.000 mehr armutsgefährdet sind als noch vor fünf Jahren. Somit ist jeder achte von Armut betroffen.

Arbeitslosigkeit gilt bereits als Verarmungsrisiko Nummer eins. Die Zahl der von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen ist so stark gestiegen, dass für rund ein Drittel der Beschäftigten im privaten Sektor Arbeitslosigkeit jährlich zur bitteren Realität wird. Gleichzeitig zeigen Analysen, dass im Jahr 2004 die durchschnittlichen Geldleistungen bei Arbeitslosigkeit lediglich bei den über 45-jährigen Männern über dem als Armuts­grenze angesehenen Ausgleichszulagenrichtsatz der Pensionsversicherung liegen. Wegen fehlender Valorisierungen müssen Arbeitssuchende ständige Kaufkraftverluste hinnehmen.

Die stark steigende Verarmungsgefahr bei Arbeitslosigkeit ist in den Sozial­hilfestatistiken der Bundesländer erkennbar: So sind rund 35 % der Sozialhilfe­bezie­herInnen in Wien LeistungsbezieherInnen aus der Arbeitslosenversicherung. Unzureichen­de Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit hat mittelfristig negative stand­ort­­politische Folgen, denn es beeinflusst die Weiterbildungsbereitschaft von Arbeits­suchenden negativ.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, angesichts der dramatischen Situation am Arbeitsmarkt dem Nationalrat unverzüglich Regierungsvorlagen vorzulegen und geeig­nete zielführende Maßnahmen zu setzen, die insbesondere Folgendes sicherstellen:

1. Ratspräsidentschaft für gestaltende Politik nutzen:

Wie das WIFO empfiehlt, muss Österreich im Rahmen seiner EU-Präsidentschaft die Erstellung nationaler Pläne zur Umsetzung der Lissabon-Agenda forcieren, um die Erfolgschancen einer Wachstumsstrategie zu maximieren. Gerade eine kleine Volks-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 18

wirtschaft wie Österreich kann nur dann erfolgreich sein, wenn auch die Nachbarländer versuchen, das Wachstum zu verstärken, da viele Projekte transnational geplant oder finanziert werden müssen.

2. EU-Steuerdumping stoppen:

Der Zeitraum der österreichischen EU-Präsidentschaft muss auch dazu genutzt werden, wirksame Maßnahmen gegen das ruinöse Steuerdumping durchzusetzen. Gegenwärtig werden aus den EU-Beiträgen Steuersenkungen für Unternehmens­gewinne finanziert; diese Praxis muss ein Ende haben, bevor der vom Europäischen Parlament abgelehnte Vorschlag für das EU-Budget weiter diskutiert wird.

3. EU-Dienstleistungsrichtlinie überarbeiten:

Die Erstellung der EU-Dienstleistungsrichtlinie darf nicht dazu dienen, Arbeits-, Sozial-, Konsumenten- und Umweltschutz zu schwächen und somit die nationalen Arbeits­märkte noch mehr unter Druck zu bringen. Dementsprechend muss das angedachte Herkunftslandprinzip unbedingt verhindert werden.

Die Kontrollmöglichkeiten der Mitgliedsstaaten im eigenen Hoheitsgebiet über Dienst- und Arbeitsleistungen müssen in vollem Umfang erhalten bleiben, um eine kon­sequente Überwachung des rechtmäßigen Verhaltens von Dienstleistern gewährleisten zu können.

Die tatsächliche Durchsetzung des österreichischen Rechts muss auch dann gesichert sein, wenn ausländische Dienstleister in Österreich tätig sind. Dazu ist die Schaffung entsprechender rechtlicher und praktischer Rahmenbedingungen erforderlich, um bei den Behördenkontrollen festgestellte Verstöße auch in einem anderen Mitgliedstaat effektiv sanktionieren zu können.

Entsendete Nicht-EU-BürgerInnen müssen im Herkunftsstaat in einem ordnungs­gemäßen und dauerhaften Arbeitsverhältnis zum Dienstleister stehen und im Herkunfts­land über eine Zulassung zum Arbeitsmarkt verfügen und ein Aufent­haltsrecht besitzen, das unabhängig von der Entsendung besteht. Weiters müssen die Zielstaaten von Nicht-EU-BürgerInnen ein Visum verlangen dürfen.

4. Investitionen in die Infrastruktur tätigen:

Straße und Schiene müssen auch in Anbetracht der Verbesserung des öster­reichischen Wirtschaftsstandortes vor dem Hintergrund der Osterweiterung der EU rasch ausgebaut werden. Im Bereich der immateriellen Infrastruktur ist die Breit­bandanbindung zu forcieren. Ein höherer Finanzierungsbeitrag der EU bei zahlreichen TEN-Projekten könnte die abwartende Haltung vieler Länder – auch Österreichs – reduzieren.

5. Investitionsprogramme zur thermischen Gebäudesanierung forcieren:

Es muss mehr Investitionen in thermische Gebäudesanierung aus Mitteln der Wohnbauförderung geben. Dabei geht es um besonders beschäftigungsintensive und vor allem saisonunabhängige Bereiche. Darüber hinaus sparen sanierte Gebäude Energie und helfen das Kyoto-Ziel zu erreichen.

6. Erhöhung der öffentlichen Investitionsquote:

Österreich ist bei den öffentlichen Investitionen EU-Schlusslicht. Betrug die Inves­titionsquote 1999 noch 1,7% des BIP und lag somit nur knapp unter dem EU-Durchschnitt, ist Österreich derzeit mit einer Quote von 1,1% vom EU-Schnitt (2,4%) weit entfernt. Hier besteht nationaler Spielraum, der unbedingt genutzt werden muss.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 19

7. Steuerpolitik, die Wachstum und Beschäftigung fördert:

In Österreich wurde in den vergangenen fünf Jahren mit insgesamt 58 Belas­tungsmaßnahmen insbesondere der Mittelstand belastet. Gleichzeitig wurde für Großkonzerne im Rahmen der Steuerreform die Möglichkeit geschaffen, Verluste steuergünstig abzuschreiben. Nun müssen Klein- und MittelverdienerInnen sowie Klein- und Mittelunternehmen zur Ankurbelung des Konsums, des Wachstums und somit der Beschäftigung dringend und in spürbarem Ausmaß entlastet werden.

8. Mehr Geld für Forschung und Entwicklung:

Als Beschäftigungsmotor schlechthin müssen Forschung und Entwicklung gerade bei der Erhöhung der öffentlichen Investitionen im Vordergrund stehen. Diesem Bereich muss auch gerade in Zeiten der verstärkten Privatisierung durch eine wirksame Headquarter-Politik absolute Priorität zukommen.

9. Effektive Bekämpfung illegaler Beschäftigung und Sozialbetrugs:

Es braucht eine Generalunternehmerhaftung für Sozialabgaben. Schwarze Schafe unter den UnternehmerInnen gefährden durch ihre unsaubere Vorgangsweise die Arbeitsplätze in den ehrlich arbeitenden Betrieben.

10. Alternatives Arbeitsmarktpaket:

Die derzeitigen Programme der Bundesregierung sind eher auf kurzfristige statistische Effekte als auf nachhaltige Wirkung ausgerichtet. Eine effektivere Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel muss die Schwerpunkte deutlich verschieben zu Gunsten der direkten Beschäftigungsförderung und der Förderung vollständiger Berufs­aus­bildung. Um ein Budget von 290 Mio. Euro könnte demnach für 20.000 Jugendliche die Berufsausbildung finanziert und für 30.000 ältere Arbeitslose und Wieder­ein­stei­gerInnen konkrete Beschäftigungsförderung durchgeführt werden; diese Beschäfti­gungs­förderung sollte einen deutlichen Schwerpunkt in Richtung Kommunen und Nonprofitsektor haben, um nach dem Vorbild der ehemaligen „Aktion 8.000“ eine hohe zusätzliche Beschäftigungswirkung entfalten zu können.“

In formeller Hinsicht wird gemäß § 93 Abs. 1 GOG verlangt, diesen Antrag dringlich zu behandeln.

*****

Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem Antragsteller das Wort erteile, gebe ich noch bekannt, dass in der Präsidialkonferenz für die Zeit von 15 bis 17 Uhr, die vom ORF übertragen wird, folgende Redeordnung festgelegt wurde:

Der Antragsteller für die Begründung des Dringlichen Antrages 20 Minuten, ein Regie­rungsmitglied ebenfalls 20 Minuten, anschließend je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je acht Minuten, sodann ein weiteres Regierungsmitglied mit zehn Minuten, an­schließend je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je fünf Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je drei Minuten.

Von einem Redner in der Fernsehzeit nicht in Anspruch genommene Redezeit kann vom nächsten Redner der Fraktion verbraucht werden. Eine Vermehrung der Anzahl der Redner ist dadurch aber nicht möglich.

Tatsächliche Berichtigungen gelangen erst nach Beendigung der Fernsehübertragung zum Aufruf. Es werden keine Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung während der Zeit der Fernsehübertragung aufgerufen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 20

Ich erteile nunmehr Herrn Abgeordnetem Verzetnitsch als Antragsteller zur Begrün­dung des Dringlichen Antrages das Wort. Seine Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte.

 


15.01.48

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ja, es stimmt: Millionen Men­schen werden in wenigen Stunden ihren heutigen Arbeitstag beenden, aber es stimmt genauso, dass Millionen Menschen in Europa heute wieder vergeblich versucht haben, Arbeit zu bekommen, und am Ende des Tages wieder feststellen müssen, man braucht sie nicht. Und das ist, so glaube ich, Anlass genug, eine Sondersitzung einzuberufen und vor allem in Österreich einen Kurswechsel in der Politik herbeizuführen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

In den letzten Tagen haben Statistiken wieder die Situation auf dem Arbeitsmarkt gezeigt. Es ist schon richtig, 380 000 Menschen suchen zurzeit Arbeit in Österreich. Es ist ganz entscheidend festzustellen ... (Abg. Ellmauer: Das ist falsch!) – Sagen Sie nicht, das ist falsch! Es sind Ende Jänner 380 000 Menschen, die Arbeit suchen – nicht weniger! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Vergessen Sie aber nicht, dass es nicht nur die 380 000 sind, sondern auch deren Familien, die dieses Schicksal mit tragen! Und damit das noch plastischer wird, weil diese Zahlen oft genug gar nicht zu begreifen sind: Ganz Vorarlberg, mehr als ganz Vorarlberg ohne Beschäftigung! – Nur damit wir wissen, worüber wir reden.

Und wenn Sie die Schulungen ansprechen: 53 000 Menschen suchen zurzeit in einer Ausbildung eine bessere Qualifikation. Da wäre zum Beispiel ganz Villach auf Schulung. Nur damit begreiflich wird, worum es in Wirklichkeit dabei geht.

71 000 Menschen unter 25, Menschen, die die Schule hinter sich gebracht haben, denen man gesagt hat, ihr müsst euch weiterbilden, damit ihr im Arbeitsleben bestehen könnt, müssen dann erfahren, dass sie eigentlich gar nicht gebraucht werden. 71 000 Menschen – das wäre die Bevölkerung von ganz Wels und Stockerau zusammengezählt.

Wir dürfen jene Menschen nicht vergessen, die heute auf dem Arbeitsmarkt oft genug erfahren, dass sie zu alt für die Arbeit sind, und in die Pension abgedrängt werden. Zurzeit sind es 15 000, die einen Pensionsantrag stellen. Das wäre die Bevölkerung von ganz Kufstein, die Pensionsanträge stellen würde. Und wer die Geschichte der Pensionsanträge kennt, weiß ganz genau, dass rund zwei Drittel dieser Anträge abgelehnt werden und diese Leute wieder auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Wir reden daher von einer sehr großen Zahl von Menschen in unserem Lande, die eine andere Politik erwarten als den dauernden Hinweis, in Europa ist es aus öster­reichischer Sicht sowieso wesentlich besser und so schlecht liegen wir doch eigentlich gar nicht.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es würde zu kurz greifen, würden wir nur die Arbeitslosenstatistik heranziehen. Schauen wir uns den Arbeitsmarkt einmal im Detail an! Mehr als eine Million Menschen ist zurzeit in so genannten atypischen Arbeitsverhältnissen tätig. – Keine Gewerkschaftsstatistik, keine AMS-Statistik, son­dern eine Statistik der Statistik Austria. 148 000 davon arbeiten weniger als zwölf Stunden in der Woche in diesen Beschäftigungsverhältnissen.

Sie können ja auf das Arbeitsamt gehen. Ich war heute früh beim Arbeitsmarktservice in der Dresdnerstraße, um mir dort anzuschauen, welche Stellen angeboten werden. Hilfstätigkeiten: 5,35 € bis 5,80 € pro Stunde. Das sind 890 € im Monat bei Vollzeitbeschäftigung – weit entfernt von dem, was wir alle miteinander wollen, nämlich 1 000 € Mindesteinkommen für Vollzeitarbeit. Das brauchen wir in diesem Land, meine


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 21

sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich bin schon sehr dafür, dass die Gewerkschaften eine entsprechende Lohnpolitik machen, und die betreiben sie ja. Aber eines will ich auch klar und deutlich sagen, Herr Abgeordneter Amon: Sie dürfen nicht vergessen, was diese Regierung den Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmern seit dem Jahr 2000 an Belastungen aufgebürdet hat. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo denn?) Das dürfen Sie bei der Betrachtung nicht vergessen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen uns auch vergegenwärtigen, was das eigentlich heißt, nämlich eine Million Menschen in atypischen Arbeitsverhältnissen. Welche Auswirkungen hat das auf die Sozialsysteme? – Wir debattieren zurzeit darüber, wie wir das Sozialsystem finan­zieren können. Faktum ist, dass, wenn ich das Jahr 2000 als Maßstab nehme, bis zum Jahr 2005 durch den immer stärkeren Zuwachs der Zahl der Teilzeitbeschäftigten und den stärkeren Verlust von Vollzeitarbeitsplätzen alleine die Arbeitsunfallversicherung 15 Millionen € an Einnahmenentfall hat. 15 Millionen € an Einnahmenentfall!

Ich glaube, dass es notwendiger denn je ist, dass wir nicht nur über die Arbeits­losigkeit, sondern auch über die Frage, welche Beschäftigung wir im Land haben, diskutieren und vor allem die Vollzeitarbeit mehr denn je in den Vordergrund rücken. Denn das Wifo sagt klar und deutlich: Der Beschäftigungszuwachs der letzten Jahre, für die Sie Verantwortung tragen, geht überwiegend auf Teilzeitarbeit und nicht auf Vollzeitarbeit zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das sollte man meiner Meinung nach auch betrachten. Frauen – überwiegend in Teilzeitbeschäftigung; von fünf Frauen sind zwei in Teilzeitbeschäftigung. Ein Mann von 17 ist teil­zeitbeschäftigt.

Frau Bundesministerin Rauch-Kallat hat gemeint: Wenn man weniger einzahlt, kann man nicht eine Höchstpension erwarten – das ist Teil der Wahlfreiheit. Jede Frau kann freiwillig höhere Beiträge in die Pensionsversicherung einzahlen, damit sie später mehr Pension bekommt. – 15. März 2003.

Das ist für uns nicht Teil der Wahlfreiheit! Das ist leider Realität für viele Menschen, die nicht das Geld haben, mehr Pensionsbeiträge einzubezahlen, und gerne Vollzeit­arbeitsplätze hätten. Und das muss das Ziel unserer Politik sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Qualifizierung, Vollzeitangebote und vor allem Kinderbetreuungseinrichtungen – um die geht es. Das sagen nicht nur wir Sozialdemokraten oder Gewerkschafterinnen oder Gewerkschafter, sondern das sagt zum Beispiel auch die Europäische Kommission in ihrem Länderbericht über Österreich, wenn es um die Lissabon-Ziele geht.

Das Herausrechnen von Arbeitslosen aus der Statistik bringt keine Arbeit. Was wir brauchen, ist neue Arbeit, vor allem auch auf der Angebotsseite. Da wird ja oft genug auch von der Wirtschaft behauptet, Österreich sei nicht flexibel genug. Auch hier sei ins Stammbuch geschrieben: Zwei Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten nicht jede Woche gleich viel, nicht mit gleichem Beginn und gleichem Ende. Hier sind wir im Spitzenfeld der Europäischen Union. Also flexibel wird in Österreich gearbeitet, denn sonst gäbe es das nicht, dass wir in Wirklichkeit in unserem Lande rund um die Uhr werktätig sein können. Knapp die Hälfte hat keinen fixen Arbeits­zeitbeginn und auch kein fixes Arbeitszeitende. Und jeder Vierte arbeitet regelmäßig am Samstag, jeder Siebente regelmäßig am Sonntag.

Da möchte ich ganz bewusst auf ein neues Modewort der Europäischen Union eingehen, nämlich Flexurity. Flexurity, was heißt das eigentlich? – Flexibilität und Sicherheit. Ich frage mich: Welche Möglichkeiten gibt man jenen 200 000, die zum


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 22

Beispiel weniger als eine Vollzeitarbeit haben, die da oder dort flexibel in der Arbeitswelt stehen, Flexurity tatsächlich in Anspruch zu nehmen? Glauben Sie, dass das bei den 150 Mitarbeitern in der Zuckerfabrik Hohenau, die bei der Rübenernte flexibel waren, bei der Kampagne, die auch einen sicheren, einen gesunden Arbeits­platz hatten, auf fruchtbaren Boden fällt, wenn man bei ihnen von Flexurity spricht? Flexurity ohne Opportunities: das ist ein falscher Weg in der Europäischen Union! Wir brauchen Flexurity und Opportunities, Möglichkeiten zur Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Schauen wir uns an, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt hat! War es im Jahre 2000 noch so, dass – im Jahresdurchschnitt – auf eine offene Stelle sechs Suchende gekom­men sind, so hatten wir mit Ende des Vorjahres die Situation, dass auf eine offene Stelle zwölf Suchende kommen. Zwölf Arbeitsplatzsuchende auf eine offene Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Interessant ist auch, sich im Detail anzusehen, wie viele offene Stellen mit welcher Qualifikation angeboten werden. Zurzeit gibt es rund 23 800 offene Stellen, so die Statistik des AMS von Ende Jänner 2006. Bei fast 50 Prozent dieser Stellen wird von Arbeitgeberseite nicht mehr als eine Pflichtschulausbildung verlangt, und für 80 Prozent dieser Stellen insgesamt braucht man nicht mehr als eine Pflicht­schul­ausbildung oder einen Lehrabschluss! Und da wird immer von Höherqualifizierung und von mehr Angeboten gesprochen?!

Denken wir nur daran, dass mit heutigem Tage mehr als 5 000 Jugendliche eine Lehrstelle suchen. Und wenn man sich die Stellenangebote des AMS anschaut – Sie können sich diese jederzeit selbst holen –, muss man feststellen, dass mehr als 90 Prozent der Stellenangebote für Lehrstellen erst ab Sommer kommenden Jahres zur Verfügung stehen.

Es wird also nicht ausreichen, zu sagen: Wir brauchen mehr Ausbildung!, sondern es geht darum, diese Möglichkeiten überhaupt erst anzubieten. Wie geht es denn den Menschen, die arbeitslos sind? – Beispiel: eine Frau, 45 Jahre alt, Diplom-Marke­ting/Sales Managerin – übrigens erfolgreich in einem WIFI-Kurs erlernt –, multinati­o­nale Geschäftsverbindungen. Diese Frau ist seit dem Jahr 2003 arbeitslos. 100 Be­werbungen hat sie abgeschickt; alle ergebnislos.

Oder wie geht es einem Schuharbeiter, der 46 Jahre alt ist, davon mehr als 28 Jahre lang in einer Firma gearbeitet hat, die Schuhfirma jedoch zugesperrt hat? (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Dieser Schuharbeiter ist seit dem Jahre 2003 arbeitslos! Seit dem Jahre 2003! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen wir uns die Stellenangebote an – ich wiederhole: Sie können sich diese jederzeit beim Arbeitsmarktservice holen –, und schauen wir, was da verlangt wird, so zum Beispiel von einem Mitarbeiter in der Druckendfertigung: Dieser müsse „akzentfreies Deutsch“ sprechen und mit der „Papierschneidemaschine umgehen“ können. – Für mich ist das nichts anderes als ein verdeckter Hinweis darauf, dass man keine Ausländer beschäftigen will. Das ist doch nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein weiteres Stellenangebot, wobei bei diesem verlangt wird, dass der Drucker Russisch- und Slowakischkenntnisse haben soll, und dann heißt es weiter: Die Leistung von Überstunden wird erwartet; Entlohnung nach dem Kollektivvertrag. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen Sie sich die Stellenangebote einmal an – und dann reden wir darüber! Ich habe das jedenfalls getan, nicht aus Jux und Tollerei und auch nicht zum Abschreiben. Ich bin sozusagen von meinem Urberuf her Gas- und Wasserleitungsinstallateur. Ich


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 23

habe heute meine Daten in den Computer eingegeben. Abgesehen davon wäre es auch interessant zu erfahren, ob man mich in meinem Alter überhaupt noch nehmen würde. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Erfahrungen dazu habe ich jedenfalls schon gemacht, dass die Mehrheit von Ihnen auch nicht auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar wäre. (Beifall bei der SPÖ sowie den Grünen.)

Schauen wir uns also an, wie das Stellenangebot für einen Gas- und Wasser­leitungsinstallateur aussieht: 100 offene Stellen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Warten Sie einmal, hören Sie zu! – Zwei offene Stellen in Wien, vier in Tirol, in der Steiermark beziehungsweise in Niederösterreich – und 94 davon in der Bundesrepublik Deutschland! Das ist der österreichische Arbeitsmarkt, den Sie von den Koalitionsparteien so verteidigen! (Abg. Neudeck: Pendler!)

Ich zeige Ihnen die Situation an noch an einem weiteren Beispiel auf. Da kündigt die Bundesbahn einerseits an – der zuständige Minister ist ja auch nicht gerade untätig in dieser Richtung –, 9 000 Mitarbeiter abbauen zu wollen. – Andererseits gibt es so schöne ÖBB-Inserate, auf denen steht: Wir brauchen ZugbegleiterInnen, Fahrdienst­leiterInnen, TriebfahrzeugführerInnen, TU-AbsolventInnen – und so weiter. Den „Be­gleittext“ dazu muss man allerdings auch lesen: Ziel dieser Maßnahme ist es – wie gesagt: 9 000 Mitarbeiter will man sozusagen in die Wüste schicken –, im Zuge der Qualifikationsoffensive der „Überalterung des Unternehmens entgegenzuwirken“.

Ab 35 Jahren, meine Damen und Herren, ist man zu alt für die Bundesbahn! Und damit wären die meisten, die hier im Saal sitzen, bei der Bundesbahn nicht vermittelbar! – Das ist eine Arbeitsmarktpolitik, die nicht zum gewünschten Erfolg führt! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir müssen junge und alte Männer und Frauen in Beschäftigung bringen! Das muss Ziel der Politik sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir jedoch diese Situation klar aufzeigen, was hören wir dann? – Das seien „Horrormeldungen“! Hört doch endlich auf damit!, heißt es dann. Ich zitiere:

Die höher werdende Arbeitslosigkeit sei kein Signal, wirtschaftspolitisch einzuschreiten. Wir sollen die 175 000 Arbeitslosen dieses Landes nicht unnötig dramatisieren. – Das sagte im Jahre 2001 Bundesminister Bartenstein.

Zitat aus dem Jahre 2002: Die Talsohle ist erreicht. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist gebremst. Gott sei Dank zeigt sich ein etwas positiveres Bild; die Situation entspannt sich. – So Bundeskanzler Schüssel sowie Bundesminister Bartenstein im Jahre 2002.

Zitat aus dem Jahre 2003: Anstieg bei der Arbeitslosigkeit wird flacher.

Jänner 2005 – ich zitiere –: Bartenstein zeigt sich über die Reform der Maßnahmen der Bundesregierung erfreut; diese zeigen bereits Ergebnisse.

Bundeskanzler Schlüssel dazu: Der Vergleich macht sicher und beruhigt!

Im Sommer 2005 meinte der Sozialsprecher der ÖVP, Walter Tancsits, die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei keineswegs dramatisch. – Das ist übrigens jener Walter Tancsits, der einmal Leuten, die zum Beispiel bei der Austro Control beschäftigt sind, empfohlen hat, sie mögen doch als Segellehrer am Attersee agieren, wenn sie keine Beschäftigung mehr haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Folgen Ihrer Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitions­parteien: Das Wirtschaftswachstum bleibt zurück, und es liegt deutlich unter dem Wert der späten neunziger Jahre! Statistisch nachgewiesen und durch das Wifo belegt!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 24

Was das BIP betrifft, ist Österreich ebenso zurückgefallen. Österreich gehört zu jenen acht Ländern der Europäischen Union, deren Wert sich verschlechtert hat!

Die Reallöhne stagnieren: eine Folge der Steuerbelastungen! – Und zur Steuerreform, die Sie immer wieder erwähnen: Halten wir doch fest, wem diese Steuerreform tatsächlich geholfen hat. (Abg. Grillitsch: Den Menschen!) Bei kleinsten Einkommen nicht! Und genau deswegen verlangen wir, dass die Negativsteuer von 110 € auf 220 € angehoben wird, denn es fehlt an Kaufkraft für die Binnennachfrage in unserem Lande.

Das Wachstum des privaten Konsums: heute deutlich geringer als 1999. In den Jahren 1996 bis 2000 gab es Steigerungen um 2,7 Prozent pro anno; in den Jah­ren 2000 bis 2005 lediglich 1,36 Prozent pro anno.

Das Wachstum in Bezug auf Unternehmensinvestitionen ging gleichfalls zurück. Präsident Leitl und die Wirtschaftskammer insgesamt haben Ihnen das oft genug ins Stammbuch geschrieben, und auch heute können Sie wieder in einer Zeitung nach­lesen: Es geht um Real-Investitionen – und nicht um die Förderung von Finanz­anlagen, wenn man Politik für die Wirtschaft machen möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Folge, meine sehr geehrten Damen und Herren: Seit dem Jahre 2001 liegt Österreich auch in Bezug auf das Beschäftigungswachstum eindeutig unter dem EU-Durchschnitt! 17 EU-Staaten haben eine sinkende Arbeitslosigkeit; bei uns steigt – bedauerlicherweise! – die Arbeitslosigkeit weiter an.

In unserem Lande gibt es bereits1 Million Menschen, deren Einkommen unter der Armutsgrenze von 785 € im Monat liegt. Diesen Menschen muss unsere besondere Aufmerksamkeit gelten! Nicht nur statistische Hinweise, sondern ein Arbeiten dagegen, das ist der ganz entscheidende Punkt. Da bedarf es eines Kurswechsels! Die 285 Millionen €-Offensive von vergangenem Jahr, zu der wir selbstverständlich alle ja gesagt haben, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Wenn es uns nämlich nicht gelingt, Arbeit anzubieten, dann reicht die arbeitsmarktpolitische Weiterbildungs­offensive nicht aus! Ohne Kurswechsel werden wir Ende des Jahres 2006 zwar besser ausgebildete Arbeitslose, aber keine Beschäftigung haben! – Da muss die Politik ansetzen; da muss es einen Kurswechsel geben! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, nochmals: Da muss es einen Kurswechsel geben! Ich meine, dass man unsere Ratspräsidentschaft zum Beispiel auch dazu nützen sollte, eine Wachstumspolitik zu fördern. Das verlangt das Wifo, das verlangen aber auch die Unternehmer. Ich glaube auch, dass es in diesem Zusammenhang wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung, dass wir nicht bis zum 30. April 2006 mit einem Brief nach Brüssel betreffend Übergangsfristen warten, sondern diesen Brief bereits jetzt schicken.

Wir sollten das Steuerdumping in Europa nicht im eigenen Land propagieren, sondern uns die Frage stellen: Wie finanzieren wir Europa, und wofür finanzieren wir Europa? Das EU-Budget steht nicht im Einklang mit den Lissabon-Zielen, und ich meine daher, dass es wichtiger wäre, etwas auf diesem Sektor zu tun.

Es geht auch um die Dienstleistungsrichtlinie: nicht in dem Sinn, dagegen zu sein, sondern um eine bessere Dienstleistungsrichtlinie, darum geht es! Daher bin ich froh darüber, dass die Wirtschaftskammer gemeinsam mit uns, dem ÖGB, vor kurzem einen Brief an alle EU-Abgeordneten gerichtet hat, um klarzustellen, dass es auch um die Rechtsdurchsetzung geht. Wir wollen nicht den gleichen Zustand wie auf Österreichs Straßen, dass jemand mit 160 km/h über die Autobahn „düst“ und den


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 25

Strafzettel zerreißt oder ihn nicht bekommt – oder ihn nicht bekommt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir wollen infolge der Erfahrungen der Subunternehmer in Österreich, dass Rechts­sicherheit für die vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besteht – und für die Arbeitgeber in Österreich, die sich korrekt verhalten. Dies sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen Investitionen in die Infrastruktur. Ich wiederhole mich und erinnere an die 150 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Zuckerfabrik Hohenau: Wie geht es mit ihnen weiter, was die Infrastruktur anlangt? – Auf der einen Seite der Donau gibt es einen Anschluss über die A 4, und auf der gegenüberliegenden Seite gibt es zwar ein Verkehrskonzept, aber weiter ist man noch nicht gekommen. Für diese Menschen bessere Anbindungen zu schaffen, ist meiner Ansicht nach ein ganz entscheidender Punkt.

Dasselbe gilt auch für öffentliche Investitionen. Wer hindert uns bei der Breitband-Investition daran, nicht am Hausende aufzuhören, sondern auch dementsprechend in die Tiefe zu gehen? – Oder denken Sie etwa an die Wärmeisolierungen. Es gibt genug zu tun. Sie haben unseren Antrag, er ist in den wesentlichen Punkten erläutert.

Was wir brauchen, ist ein Kurswechsel! Die Wählerinnen und Wähler werden heuer in Kürze Gelegenheit dazu haben. (Abg. Wattaul: Sollen wir mehr Schulden machen?) Wir brauchen kein Schönreden, wir brauchen Arbeit für die Menschen in unserem Lande – darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

15.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit ist mit 20 Minuten vereinbart. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.22.03

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Zunächst einige ... (Abg. Heinisch-Hosek: Das wird aber schwer!) – Ja, das wird insofern schwer, als Sie jetzt vielleicht einige Botschaften hören müssen, die Ihnen nicht gefallen werden: Ich kann Ihnen einige good news sagen! Zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie eine Sondersitzung abhalten – wofür ich danke, damit können wir nämlich ein wichtiges Thema dis­kutieren –, werden heute 2 000 Arbeitslose einen neuen Arbeitsplatz bekommen. 400 von ihnen wurden vom Arbeitsmarktservice vermittelt. Danke für diese good news, liebes Arbeitsmarktservice! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Herr Präsident Verzetnitsch, ich war eigentlich sehr gespannt darauf, was Sie vor­bringen werden: neben der Analyse, die ja absolut von den Zahlen her – nicht von allen, darauf werde ich noch zurückkommen – durchaus gemeinsam zu treffen sein wird. Wir haben Beschäftigungsrekorde, und zugleich haben wir Arbeitslosenrekorde. Jetzt ist die Frage: Was tun wir dagegen? – Da hätte ich mir eigentlich erwartet, dass vom Präsidenten des Gewerkschaftsbundes und namhaften sozialdemokratischen Abgeordneten ein, zwei neue Ideen kommen. Wir sind da wirklich für alle Ideen zu haben, gerne! Wir sind für alle Ideen zu haben, Herr Präsident Verzetnitsch, nur sollten wir sie dann auch objektiv diskutieren. Ich komme gleich darauf zurück. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Erster Punkt zum Beispiel: Sie verlangen 290 Millionen € für ein Arbeitsmarkt­pro­gramm. – Das haben wir gemeinsam beschlossen! Sie haben gemeinsam mit dem


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 26

Wirtschaftspartner, der Wirtschaftskammer, im Arbeitsmarktservice einstimmig jede einzelne Maßnahme zur Beschäftigung von 20 000, 30 000 Jugendlichen, wie es in Ihrem Programm drinsteht, mit uns beschlossen!

Sie haben beschlossen, dass wir Qualifikationsmaßnahmen für Ältere machen. (Abg. Dr. Puswald: Ist alles zu wenig!) Sie haben mit uns zugestimmt, dass wir für die Wiedereinsteigerinnen nach der Babypause ein spezielles Programm machen, und dass wir jedem die Chance geben, einen Lehrabschluss oder einen Pflichtschul­abschluss nachzuholen. 300 Millionen € stehen dafür zur Verfügung. Aber dazu hätten wir keine Sondersitzung gebraucht, denn: Das hat der Nationalrat im Herbst in dritter Lesung einstimmig beschlossen! Daher: Eine neue Idee ist da nicht dabei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Oder nehmen Sie die Forderung, die richtige Forderung nach Forschung und Entwicklung her. Vollkommen zu Recht verlangen Sie – übrigens mit uns, und hier sitzt der Forschungsminister, Vizekanzler Gorbach ... (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Ja, selbst­verständlich! Vizekanzler Gorbach hat gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister und der Bildungsministerin eine Steigerung der Forschungsausgaben zustande gebracht, und zwar immerhin von 3,7 Milliarden € im Jahre 1999 auf 5,7 Milliarden € im heurigen Jahr! Das ist genau die Erfüllung der Vorschläge, die Sie, Herr Präsident Verzetnitsch, jetzt gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden gleich den Test über Ihr wirkliches Forschungsverständnis machen, wenn es in den nächsten Wochen und Monaten darum geht, ein Österreichisches Institut für Technologie zu beschließen. Die Kommission wird nächste Woche – das möchte ich hier deutlich sagen: bereits nächste Woche! – einen Beschluss für ein European Institute of Technology fassen. Danach wird im Frühjahr beim Europäischen Rat die Entscheidung gefällt werden – hoffentlich wird es eine positive Entscheidung sein –, dass wir das wollen. Und dann stellt sich die Frage, ob wir dabei sind.

Wir sind gewillt, an diesem Zentrum, an diesem Netzwerk mitzuwirken, und wir haben ein meiner Ansicht nach sehr, sehr gutes Projekt mit namhaften Wissenschaftern in Wien-Klosterneuburg angeboten. (Abg. Dr. Puswald: Die nicht mehr mit ...!) Da besteht jetzt die Chance, zu zeigen, ob Sie es ernst meinen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben derzeit die höchste Wachstumsrate bei den Forschungsinvestitionen. Öster­reich ist mittlerweile unter die Top-5-Forschungsländer in der Europäischen Union vorgerückt. Wir haben heute ein sehr heikles Thema entschärft, das uns allen gemein­sam zu schaffen gemacht hat, nämlich in Bezug auf die Medizinstudenten. Sie wissen, dass infolge eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes deutsche Studenten sozusagen en masse hierher gekommen sind und die österreichischen Medizinuni­versitäten „überschwemmt“ haben:

Wir haben nach einer Fülle von Verhandlungen mit unseren Nachbarländern, vor allem mit Deutschland, mit Zustimmung der Deutschen – sie haben diese Lösung begrüßt, die wir jetzt vorlegen – und auch nach inhaltlichen Verhandlungen mit der Kom­mission – und das werden wir Ihnen jetzt vorschlagen – ein Modell gewählt, wonach wir die Zahl der Studienplätze um 20 Prozent erhöhen und damit – beim höchsten Ausländeranteil, den es in der ganzen Europäischen Union gibt, nämlich 25 Prozent! – der gleichen Anzahl österreichischer Studenten die Chance geben, ein Medizinstudium zu ergreifen, wie es auch in der Vergangenheit der Fall war. – Auch da gibt es jetzt für Sie die Probe aufs Exempel, ob Sie einen solchen positiven Weg für unsere Jugendlichen mitgehen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 27

Sie schlagen in Ihrem Zehn-Punkte-Programm einiges richtigerweise vor; darüber braucht man gar nicht zu streiten. Wenn es gute Ideen gibt: herzlich willkommen bei uns auf der Regierungsbank oder in den Mehrheitsfraktionen! Sie schlagen mehr Investitionen in die Infrastruktur vor, und das ist auch vollkommen richtig. Ich setze mich, seit ich vor 16 Jahren als Wirtschaftsminister in die Regierung gekommen bin, dafür ein, dass wir das tun, habe aber nicht immer Verständnis dafür gefunden, wenn es etwa um die Frage der Anschlüsse nach Osteuropa gegangen ist, worüber aber heute, so glaube ich, über alle Parteigrenzen hinweg Übereinstimmung besteht.

Damals – im Jahre 1999, als ein sozialdemokratischer Verkehrsminister, Finanzminis­ter und Bundeskanzler das Sagen hatten – wurden 1,9 Milliarden € in die Infrastruktur investiert. – Heute sind es um 70 Prozent mehr: jährlich 3,3 Milliarden € – Verantwor­tung: Hubert Gorbach, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was diesen Bereich betrifft, Herr Präsident Verzetnitsch, muss ich Sie wirklich korrigieren, denn es sind in Ihrem Papier einige Zahlen schlicht und einfach nicht richtig. Sie monieren und kritisieren, dass wir zum Beispiel in der Investitionsquote mit 1,1 Prozent nicht einmal die Hälfte des EU-Schnitts erreichen. Statistisch mögen Sie Recht haben, aber Sie müssen eben schon Folgendes dazurechnen: die ÖBB, die Bundesimmobiliengesellschaft und die ASFINAG, die alle im 100-prozentigen Eigentum des Bundes stehen und natürlich für uns die Hochbau-, die Straßenbau- und die Eisenbahninvestitionen machen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Sie das tun, sehen Sie: Da hat sich gar nichts verändert. Dann sind wir bei 2,5 Prozent und genau im EU-Schnitt, meine Damen und Herren! Daher haben wir eigentlich das gemacht, was Sie sich hier erwarten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Ein weiterer Punkt ist, dass ich Sie wirklich auffordern möchte, mit dem Märchen von den 50 Belastungen einmal aufzuhören. (Ruf bei der SPÖ: Gar kein Märchen!) Hätten wir die gleiche Abgabenquote wie zu der Zeit, als Viktor Klima Bundeskanzler und Rudolf Edlinger Finanzminister waren, dann wäre wir heute bei einer Abgabenquote von 43,7 Prozent. – In Wirklichkeit sind wir heute aber bei 40,7 Prozent, also um 3 Prozentpunkte niedriger. Und wissen Sie, wie hoch die Differenz ist? – Die Differenz sind sage und schreibe 7 Milliarden €! Das sind zwei satte Steuerreformen, das sind Entlastungen, die damit den österreichischen Steuerzahlern gegeben wurden! Das ist die Wahrheit, und das sollen die Menschen an den Fernsehgeräten durchaus hören! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Genauso wundere ich mich darüber, wieso Sie es als Sozialpartner – und Sie haben ja einen erstklassigen Apparat zur Verfügung – zulassen, dass in die Antragsbegründung folgender Punkt hineinkommt: Wir sind bei den Löhnen, bei der Kaufkraft zurück­gefallen. – Sie müssten es doch besser wissen, Herr Präsident Verzetnitsch! (Zwi­schenruf des Abg. Verzetnitsch.)

Ich nehme jetzt ganz simpel eine objektive Quelle her, nämlich EUROSTAT; EUROSTAT ist unbestechlich. Laut EUROSTAT lagen im Jahre 1999 die Öster­reicherinnen und Österreicher bei einer durchschnittlichen Kaufkraft pro Kopf von 23 500 €. – Heute sind wir bei 30 600 €, das ist also eine Steigerung um ein Viertel, meine Damen und Herren! Das ist doch wirklich nicht schlecht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Österreich ist eines der reichsten Länder Europas. Warum wollen Sie, Herr Präsident Verzetnitsch, Ihren Verhandlungserfolg als Gewerkschaftspräsident klein reden?! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Österreich ist eines der stärksten, eines der wirtschaftlich erfolgreichsten, eines der sozialsten Länder der Europäischen Union! Wir


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 28

können doch stolz auf dieses österreichische Modell sein, bei dem letztlich die Sozial­partner Verantwortung für Löhne und Gehälter zeigen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, da von den Sozialdemokraten – in vielen Bereichen absolut zu Recht – immer wieder auf das Beispiel von Finnland und Schweden hingewiesen wird: Schauen wir uns doch einmal ganz genau an, wo die Schweden und die Finnen, die Sie von der SPÖ immer wieder als Vorbild preisen, besser sind als Österreich! (Abg. Dr. Puswald: Wo ist Österreich besser?)

Ja, die Schweden und Finnen sind besser in der Forschung; diesbezüglich liegen sie noch höher als Österreich, obwohl wir uns mit Riesenschritten einer Forschungsquote von 2,5 Prozent nähern. Die Finnen sind da schon über 4 Prozent; die Schweden über 3 Prozent. Super! – Und wir werden uns anstrengen, das auch zustande zu bringen.

Ja, die Finnen und die Schweden sind besser im Budget. Sie machen nämlich das, was von Ihnen von der SPÖ jetzt ständig kritisiert wird, nämlich solide Staatsfinanzen. Wir in Österreich sind da auch sehr gut unterwegs, aber nicht ganz so gut wie die Finnen und die Schweden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Welches Modell sollen wir uns also zum Vorbild nehmen? Aber wo sind die Finnen und die Schweden nicht ganz so gut? – Beispielsweise sind sie nicht ganz so gut in Bezug auf die Kaufkraft. Was die Kaufkraft anlangt, liegt Österreich – pro Jahr und pro Kopf – um 500 € über jener der Schweden und um 1 600 € über jener der Finnen. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Österreich ist besser, was die Exporte betrifft: Wir haben eine Exportquote von 41 Prozent – die Schweden und die Finnen jeweils von 28 Prozent. Wir haben unsere Exporte um 50 Prozent gesteigert, und zwar in der Zeit, in der diese Bundesregierung im Amt ist, nämlich seit dem Jahre 2000. Das ist eine gewaltige Erfolgsleistung! – In diesem Zusammenhang: danke allen Exportbetrieben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nehmen Sie auch das wohl wichtigste Thema – das uns ja heute hier beschäftigt –, nämlich die Arbeitsmarktsituation her: Österreich hat eine Arbeitslosenrate von 5,2 Prozent, die Schweden 6,3 Prozent und die Finnen 8,4 Prozent. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was die Jugendarbeitslosigkeit anlangt: Österreich 10 Prozent, Schweden 16 Prozent, Finnland 20 Prozent. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage das deswegen, damit man auch ein bisschen zu schätzen weiß, was alles in Österreich geschieht. Bei uns werden täglich 100 Arbeitsplätze neu geschaffen: von den Klein- und Mittelbetrieben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.) Ich erwarte, dass man vor allem den Klein- und Mittelbetrieben ein Dankeschön dafür sagt, dass sie diese „Jobmaschine“ immer wieder für uns anwerfen. Dass wir ihnen dabei entsprechende Entlastung geben, das ist doch wohl selbst­verständlich.

Was die Zahl der Unternehmensgründungen betrifft, ist es auch ganz interessant, den Unterschied zu sehen: Im Jahre 1999 gab es in Österreich 22 000 Unter­neh­mens­gründungen, Jungunternehmer also – und heute liegen wir diesbezüglich bei 32 Pro­zent; eine Steigerung also um 44 Prozent! Das heißt, das ist schon eine gewaltige Sache, etwas, was gut gelaufen ist.

Wenn Sie von der SPÖ vorbringen, dass wir in der Sozialpolitik, in der Armuts­bekämpfung nicht gut genug seien, dann nenne ich Ihnen auch dazu einige wenige Zahlen, wobei ich gleich dazusagen möchte, dass ich selbstverständlich Ihre Meinung teile, dass eine Steigerung der Kaufkraft sowie die Armutsbekämpfung ganz wichtig sind. Diesbezüglich halten wir aber jeden Vergleich aus, das sage ich gleich dazu.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 29

Seit dem Jahre 2000 ist die Ausgleichszulage für Mindestrentner um 1 400 € im Jahr erhöht worden; es sind heute um 1 400 € mehr als im Jahre 1999! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das ist also eine Steigerung um immerhin 17 Prozent. Wir liegen heute, was die Familien betrifft, jährlich um 3 300 € höher als im Jahre 1999: eine Steigerung um satte 30 Prozent, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben von 2005 an die Pensionen um 2,5 Prozent erhöht, die Mindestpensionen um 4 Prozent erhöht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Daher sage ich Ihnen ganz offen: Was die soziale „Temperatur“ in unserem Land betrifft, halten wir jeden Vergleich aus! Wir in Österreich haben die dritthöchste Mindestpension in ganz Europa! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Österreich hat eine soziale Marktwirtschaft: Uns ist die wirtschaftliche Basis und der soziale Zusammenhalt unerhört wichtig. Als Beweis dafür können Sie ja in der Statistik nachschauen. Die Sozialquote ist – in meiner Verant­wortung als Bundeskanzler – seit dem Jahre 2000 von 28,4 auf 29,4 Prozent gesteigert worden. Es ist also nicht kälter in unserem Land geworden, sondern wärmer ist es geworden, und der soziale Zusammenhalt funktioniert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, Folgendes schon auch dazu: Wenn Sie gerne auf die Bundesregierung und die Bundespolitik hinschlagen, dann sage ich Ihnen, dass wir die Pensionen für die Pensionisten mit dem kleinsten Einkommen allein im heurigen Jahr um 4 Prozent erhöht haben. In Wien zum Beispiel haben Ihre Genossen die Sozialhilfe gerade einmal um 4 €, um nicht einmal 1 Prozent erhöht! Das heißt: Wer macht Sozialpolitik?

Und wer macht Belastungen? – Wien war jetzt dran, für Strom, für Gas, für Wasser, für Müll die Tarife zu erhöhen. Wir haben gesenkt, wir haben die Kaufkraft gestärkt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Kaufkraft wird im nächsten Jahr immerhin um 2,8 Prozent steigen, übrigens dank der Sozialpartner und dank der finanziellen Basis, die wir gelegt haben.

Meine Damen und Herren! Wir müssen mehr tun, das ist klar. Daher: jede Unter­stützung für die Klein- und Mittelbetriebe; jede Unterstützung für einen, der eine Idee hat, um Arbeitsplätze anzubieten und zu schaffen – er wird in uns einen Verbündeten finden!

Aber eines sage ich Ihnen auch ganz offen: Es wäre schade, wenn Sie die heutige Sondersitzung nicht auch dazu verwendeten, hier einige neue Ideen einzubringen, wie wir es mit dem Blum-Bonus, mit der Elite-Universität, mit der Forschungsoffensive, mit der Infrastruktur, mit sozialen Maßnahmen, mit dem Arbeitsmarktqualifikations­pro­gramm geschafft haben.

Herzlich willkommen zum Ideenwettbewerb! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. 8,5 Minuten Rede­zeit. – Bitte. (Abg. Mag. Posch – in Richtung ÖVP –: Das Geklatsche war fast schon „euphorisch“ zu nennen!)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 30

15.37.50

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­desregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Rede des Herrn Bundeskanzlers fragen sich viele Menschen vor den Fernsehschirmen und auch viele hier im Hohen Haus (Zwischenrufe bei der ÖVP): Wieso gibt es in Österreich 380 000 Arbeitssuchende, wenn ohnehin alles so perfekt ist, wie es sich der Herr Bun­deskanzler gerne vorstellt? – Die Wahrheit ist: Es gibt 380 000 Arbeitssuchende in Österreich, weil das, was der Bundeskanzler gesagt hat, nicht der Wahrheit und nicht der Lebensrealität der Menschen in unserem Land entspricht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt ja viele, die zwischen brutto und netto nicht unterscheiden können. (Rufe bei der ÖVP: Ja, Gusenbauer!) Dass aber der Bundeskanzler auch dazugehört, ist beschämend. Wenn Sie davon sprechen, dass sich die Kaufkraft der Löhne in den letzten fünf Jahren um 25 Prozent erhöht habe, dies jedoch niemand in Österreich spürt, dann hat das einen einfachen Grund: Das sind die Brutto-Erhöhungen! Wissen Sie, was netto herausgekommen ist? – Nichts! Die Belastungspolitik Ihrer Bundesregierung hat alle Brutto-Lohnerhöhungen wieder aufgefressen! Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Davon zu reden, dass alles so wunderbar gelaufen wäre und überhaupt keine Veran­lassung bestünde, hier im Hohen Haus zu diskutieren angesichts einer Situation, in der wir die höchste Arbeitslosigkeit und die höchste Jugendarbeitslosigkeit in der gesamten Geschichte der Zweiten Republik haben: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wissen Sie, was das ist? – Eine Verhöhnung all jener Menschen, die vom Schicksal der Arbeitslosigkeit betroffen sind! Das ist eines Bundeskanzlers nicht würdig, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Davon zu reden, dass in Österreich die Sozialabgaben angestiegen wären und damit Österreich in den letzten Jahren sozialer geworden wäre (Rufe bei der ÖVP: Ja!), meine Damen und Herren: Wissen Sie, wieso die Sozialausgaben angestiegen sind? – Weil wir heute um über 70 000 Menschen mehr haben, die arbeitslos sind und für die wir die Arbeitslosenunterstützung zahlen! Nicht sozialer ist Österreich geworden, „arbeitsloser“ ist Österreich geworden! Und wir alle haben die Lasten dafür zu tragen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie, Herr Bundeskanzler, stellen sich hier her und sagen: Wunderbar, alles wird gelöst, jeden Tag neue Arbeitsplätze geschaffen! (Abg. Dr. Fekter: Da hat Wien die höchste Arbeitslosigkeit!) – Herr Bundeskanzler, wenn Sie sich schon mit Statistiken beschäf­tigen, dann wird Ihnen doch aufgefallen sein, dass die Lohnquote heute ungefähr so hoch ist wie vor sechs Jahren – und das ist schon positiv bewertet –, obwohl mehr Menschen in Beschäftigung sind.

Was hat das zum Hintergrund? – Dass viele Menschen heute für ihre Arbeit weniger verdienen, weil es eben weniger Menschen gibt, die Vollzeitbeschäftigung haben. Wie hat Präsident Verzetnitsch richtig gesagt? – Ein Großteil des Zuwachses bei den Jobs sind atypische Beschäftigungsverhältnisse und Teilzeitbeschäftigung.

Meine Damen und Herren, das Schicksal dieser Beschäftigungsverhältnisse ist in erster Linie weiblich. Wir wollen, dass die Menschen, die in unserem Land bereit sind, schwer und hart zu arbeiten, auch solche Jobs bekommen, von deren Einkommen sie leben können. Denn es geht nicht nur um Arbeit, es geht auch um Einkommen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundeskanzler, Sie sprechen über die Steuerreform und sagen, „zwei satte Steuer­reformen“ würden da zwischen diesen – obskuren – Zahlenvergleichen liegen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 31

die Sie uns genannt haben. – Von den Steuerreformen, die Sie gemacht haben, hat die große Mehrheit der Bevölkerung nichts gehabt. (Abg. Großruck: Keine Ahnung!) Sie sorgen sich nämlich um diejenigen, um die man sich nicht zu sorgen braucht. Es ist zwar schön, wenn man ein gewinnbringendes Großunternehmen ist, aber dass die insgesamt mehr als 1 Milliarde € durch die Steuerreform bekommen und die kleinen und mittleren Einkommensbezieher im Schnitt 11 € oder überhaupt nichts, das hat mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wissen Sie, wieso Ihre Ankündigungen so hohl klingen? – Weil die Menschen wissen, was Sie sagen und wie die Lebensrealität ist. Ich führe das nur an ein paar Beispielen an, Sie haben heute auch wieder ein paar genannt. (Abg. Hornek: Österreich hat etwas Besseres verdient!)

Sie haben vor der letzten Wahl gesagt, jeder in Österreich soll 1 000 € Mindestlohn bekommen. – Was ist wahr? 20 Prozent der Beschäftigten haben weniger als 1 000 € im Monat.

Sie haben gesagt, Sie werden die Armut bekämpfen. – Die Realität ist, dass die Zahl der Menschen in akuter Armut 460 000 beträgt und die Zahl der Menschen, die armutsgefährdet sind, über eine Million.

Sie, Herr Bundeskanzler, haben vor der letzten Wahl gesagt, durch die Steuerreform bekommt jeder Österreicher um 1 000 € mehr im Jahr. (Abg. Wattaul: Nein! Das hat ...!) – Die Realität ist, dass die meisten 11 € bekommen und eine Million Menschen überhaupt nichts bekommt.

Sie haben vor der letzten Wahl gesagt, die Pensionen sind gesichert, man braucht keine neue Pensionsreform. (Abg. Großruck: Jetzt sind sie gesichert!) – Die Wahrheit ist, dass die Pensionen durch Ihre Reformen im Schnitt um 22 Prozent gekürzt wurden.

Und Sie haben vor der letzten Wahl gesagt, die Eurofighter kosten uns Steuerzahler keinen Euro. – Die Wahrheit ist, dass wir jeden Euro selbst bezahlen müssen.

Mit dieser Politik der Unglaubwürdigkeit kann man das Vertrauen der Bevölkerung nicht gewinnen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, unsere Wirtschaft muss soziale Gerechtigkeit und soziale Gleichheit befördern. Wir verlangen Verantwortung für die Menschen, aber wir ver­lan­gen auch, dass die Menschen die Chancen und Möglichkeiten, die wir ihnen bieten, wahrnehmen. Daher ist das eine geteilte Verantwortung zwischen den Betroffenen und den politisch Verantwortlichen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Murauer und Amon.)

Ich sage Ihnen: Unser großes Ziel wird sein, die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich zu beseitigen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihr einziges Ziel ist, Bundeskanzler zu werden! Das werden wir verhindern!) Das ist das wichtigste Ziel – wenn schon nicht dieser Regierung, dann einer sozialdemokratisch geführten nächsten Regierung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden mit einem Lehrlingsfonds jene Lehrstellen zur Verfügung stellen, die Sie versprechen. Wir werden mit mehr Lehrern für eine bessere Bildungsqualität sorgen, die Sie bis zum heutigen Tag nicht erreicht haben. (Abg. Rädler: Wann? Wann?) Und wir werden an den Universitäten für Verhältnisse sorgen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist eine Drohung!), die nicht zu allmonatlichen Husch-Pfusch-Maßnahmen führen müs­sen, wie Sie es vorexerzieren, sondern eine Ausbildungssicherheit für die öster­reichische Jugend schaffen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist eine gefährliche Drohung!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 32

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der in zehn Punkten zusammengefasste Antrag der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion bietet eine Reihe von Grundlagen für Sie, endlich einmal konstruktiv zu sein (Abg. Wattaul: Das haben wir schon erledigt!) und nicht fundamentalistisch jeden einzelnen Vorschlag der Opposition abzulehnen.

Die Wahrheit ist, dass die Opposition in diesem Parlament sehr oft bereit ist, wenn Sie ausnahmsweise etwas Vernünftiges vorschlagen, mitzugehen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Sie lehnen aber jeden noch so vernünftigen Vorschlag der Opposition ab. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schlusssatz!) Daher ist es Zeit nicht nur für den wirtschaftlichen, sondern auch für den politischen Kurswechsel in Österreich! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

15.47

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Seine Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


15.47.41

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Der Unterschied ist schon frappant: Präsident Verzetnitsch hat sich hier bemüht – ich komme auch auf diesen Redebeitrag noch zu sprechen –, durchaus im engagierten Sinne, der einen Gewerkschafter auch auszeichnen soll, sich einem wirkliche akuten Problem zu widmen, nämlich der Arbeitsmarktsituation. Gusenbauer hat sich jetzt eigentlich demaskiert und genau gezeigt, was die SPÖ will: schlicht und einfach politisches Kleingeld schlagen. Die SPÖ will diese Situation missbrauchen, auch das Schicksal dieser Menschen missbrauchen, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das lehnen wir ab, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Übrigens interessant ist: Ich habe von Ihnen, Herr Dr. Gusenbauer, keinen einzigen Vorschlag gehört, keinen einzigen konkreten Vorschlag. Daher möchte ich mich mit dieser sehr wichtigen Frage aus Sicht der Österreichischen Volkspartei auseinander setzen, damit die Damen und Herren vor den Fernsehschirmen den Unterschied zwischen einer Partei mit Verantwortung und einer Partei, die ausschließlich taktische Spielchen spielt, sehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was sind denn die Fakten? – Wir haben im Jänner 2006 mit 3 185 995 unselbständig Beschäftigten den höchsten Beschäftigungsstand, den wir in dieser Republik je hatten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Nein! Nicht wieder falsche Zahlen! Das stimmt ja nicht!) Wir haben gleichzeitig – und ich beleuchte immer beide Seiten der Medaille – mit 326 774 Österreicherinnen und Österreichern, die als Arbeit suchend gemeldet sind, ebenfalls den höchsten Wert. Ja, das stimmt, Herr Präsident. (Rufe bei der SPÖ: Das ist falsch!) – Nein, das ist nicht falsch. Das ist die Zahl, die Präsident Verzetnitsch genannt hat; ihm werden Sie doch glauben. (Abg. Öllinger: Zu niedrig!)

Meine Damen und Herren, damit wir auch wissen, wie die Faktenlage ist, sage ich Folgendes: Es gibt erstens bei dieser Zahl der Arbeitssuchenden gleichzeitig 113 137 Öster­reicherinnen und Österreicher mit einer Wiedereinstellungsgarantie. Und ich sage Ihnen, ich halte das für ein Problem, das wir angehen müssen. Es kann nicht sein, dass Teile der Probleme in der Kostenfrage sozialisiert werden und alle, auch im Unternehmensbereich, alle Lasten tragen, die eigentlich in den Unternehmens­bereichen selbst im Sinne von Jahresarbeitszeit getragen werden sollten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Der öffentliche Dienst!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 33

Meine Damen und Herren, das ist ein Problem, das ich offen ansprechen möchte. Das ist auch öffentliches Geld, und daher ist das ein Problem. Sie müssen doch erkennen, dass diese 113 000 Personen mit Einstellungsgarantie anders zu sehen sind als jemand, der auf Dauer arbeitslos ist. Das ist die Faktenlage, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens: Was mich sehr stört – das ist bei den Grünen und bei der SPÖ, auch bei Kollegem Gusenbauer ausgeprägt –, ist: Sie kritisieren immer die Zahl der Personen, nämlich diese 53 000, die in Schulung sind. Ja, meine Damen und Herren, was ist denn der Sinn von aktiver Arbeitsmarktpolitik? – Menschen wiederum in Beschäftigung zu bringen – durch Schulung! (Abg. Gradwohl: Tun Sie es doch!) Manchmal habe ich bei Ihnen allerdings den Eindruck, die höchstmögliche Arbeitslosenrate wäre Ihnen fast am liebsten, denn das wäre Wasser auf Ihre politischen Mühlen, meine Damen und Herren von der SPÖ. Sprechen wir das doch ganz offen an! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Frage der Kurstätigkeit ist ein Erfolg. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Machen Sie doch nicht Ihren eigenen Erfolg schlecht, nämlich den Erfolg des Gewerk­schaftsbundes, der beispielsweise mit dem AMS verhandelt und genau die Maß­nahmen, die Sie von der SPÖ kritisieren, dort mit seiner Stimme und mit der Stimme vieler Gewerkschafter durchsetzt! (Abg. Mag. Muttonen: Wie der Schelm denkt, so ist er!) Diese Doppelbödigkeit, meine Damen und Herren von der SPÖ, werden und müssen wir in diesem Zusammenhang aufzeigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Apropos: Ich habe mich sehr genau mit Ihren zehn Punkten beschäftigt, die übrigens kaum Neuigkeiten beinhalten. Aber einige interessante Aspekte sind da zu lesen.

Sie schreiben beispielsweise bei Punkt 1, man müsste die Ratspräsidentschaft für eine Initiative für mehr Wirtschaftswachstum nutzen. – Ja, das geschieht: für Wachstum, Beschäftigung und Mittelstand!

Aber sehr interessant ist, dass Sie dann schreiben: „Gerade eine kleine Volkswirtschaft (...) kann nur dann erfolgreich sein, wenn auch die Nachbarländer versuchen, das Wachstum zu verstärken, (...)“.

Nichts anderes haben wir seit Jahren gesagt: Rot-Grün in Deutschland war ein Desaster, meine Damen und Herren! Und das geben Sie jetzt offensichtlich endlich zu. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei Punkt 3 beispielsweise verlangen Sie eine Überarbeitung der EU-Dienst­leistungs­richtlinie. – Das halte ich überhaupt für eigenwillig. Diese Ihre Unterlage ist übrigens am 6. Februar in einer Pressekonferenz von Gusenbauer vorgestellt worden, heute ist der 13. In dieser einen Woche ist nämlich etwas passiert: Die Dienstleistungs­richtlinie ist überarbeitet worden, Herr Präsident Verzetnitsch!

Ich zitiere jetzt: Swoboda, SPÖ-Abgeordneter im Europäischen Parlament, freut sich über den erzielten Kompromiss. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein guter Mann!) Die Gefahr des Lohn-Dumpings sei ausgeräumt. Nationale Regelungen im Kollektivvertrags- und Sozialversicherungsrecht würden nicht zerstört. Und Swoboda bedankt sich ausdrücklich für die Einbindung der Sozialpartner bei der Überarbeitung der Dienst­leistungsrichtlinie. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Sburny: Was sagt Karas dazu?)

Jetzt kenne ich mich nicht aus. Sie fordern die Überarbeitung, die schon geschehen ist und von Swoboda tatsächlich – meiner Meinung nach zu Recht – gelobt wird. (Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 34

Unter Punkt 6 verlangen Sie im Bereich der Investitionen eine Aufstockung. Sie schrei­ben, die Investitionsquote liege nur bei 1,1 Prozent. (Abg. Dr. Matznetter: Eurostat!) – Sie haben sich schlicht und einfach verrechnet oder nicht genau nachgeschaut. Sie liegt bei 2,6 Prozent (Abg. Dr. Matznetter: Nein!) und damit über dem EU-Durchschnitt, Herr Präsident Verzetnitsch. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder – das ist interessant –: Sie schreiben bei Punkt 8 beispielsweise über eine „wirksame Headquarter-Politik“. – Das unterstütze ich. Aber die Gruppenbesteuerung ist nichts anderes als wirksame Headquarter-Politik, die Sie übrigens ablehnen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Es ist schade, dass Sie, Herr Präsident Verzetnitsch, hier bei dieser Doppelbödigkeit mitgemacht haben. Wissen Sie, warum? – Ich bedauere ausdrücklich, dass Sie sich von Ihrem eigenen Beschluss distanzieren. Sie haben hier mit Ihrer Stimme im Hohen Haus den 285 Millionen zugestimmt, das geschah übrigens mit den Stimmen aller SPÖ-Abgeordneten. Und Sie distanzieren sich jetzt von Ihrem eigenen Verhandlungs­ergebnis mit dem AMS, weil im AMS im Detail jede einzelne Maßnahme sozial­partnerschaftlich verhandelt ist. So gesehen ist dieser Dringliche Antrag eigentlich ein Misstrauensantrag an den Gewerkschaftsbund.

Herr Präsident Verzetnitsch, warum wehren Sie sich nicht gegen Ihre eigene Fraktion? Das wäre eigentlich angebracht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Apropos, Herr Kollege Gusenbauer: Sie hätten sehr viel zu tun. Wissen Sie, wo die Arbeitslosigkeit am höchsten ist? – Im rot regierten Wien! Und wissen Sie, was das wirkliche Problem dahinter ist? – Die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit ist im rot regierten Wien um 40 Prozent höher als im österreichischen Durchschnitt! Dort hätten Sie etwas zu tun, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Abg. Dr. Fekter: Wahnsinn! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie hätten übrigens auch zu tun, endlich gegen die Belastungslawine in Wien vorzu­gehen: plus 5 Prozent beim Strompreis, plus 17 Prozent beim Gaspreis, plus 20 Pro­zent bei den Müllgebühren, plus 28 Prozent bei den Abwassergebühren. (Abg. Dr. Matznetter: Was ist in Niederösterreich?)

Meine Damen und Herren! Ich bin stolz auf dieses österreichische Modell, das Leistungskraft und Sozialverantwortung unter einen Hut bringt. Die Sozialpartnerschaft gehört dazu. (Ruf bei der SPÖ: Nein!)

Herr Präsident Verzetnitsch, lassen Sie sich nicht vor den SPÖ-Karren spannen! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (fortsetzend): Der SPÖ-Karren wird von Gusenbauer gelenkt – und, wie wir wissen, fast immer in die falsche Richtung! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Seine Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte.

 


15.56.49

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Es ist schon interessant: Kollege Verzetnitsch und Kollege Gusenbauer haben für heute eine Sondersitzung beantragt, aber ich habe nichts Neues gehört.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 35

Ich muss euch da wieder ein bisschen helfen, das Gewissen zu erforschen. Die Arbeitslosenzahl in Österreich ist sicher nicht erfreulich, aber wenn ich international vergleiche, kann ich sagen, dass Österreich auf dem fünften Platz liegt. Das ist doch wieder nicht so schlecht. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch.)

Herr Kollege Gusenbauer! Mich würde etwas interessieren, Sie ziehen ja mit einer „Startunklar“-Tour durch das Land: Was erzählen Sie den Menschen dort? (Abg. Verzetnitsch: Die Wahrheit!) Wie wollen Sie den Menschen dort erzählen, welche Wirtschaftspolitik Sie in Österreich machen wollen, welche Arbeitnehmerpolitik, welche Sozialpolitik?

Erzählen Sie den Menschen dort auch, welche Wirtschaftspolitik es gegeben hat, als die SPÖ an der Regierung war? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Erzählen Sie dort, dass 76 000 Arbeitnehmer in der Verstaatlichten unter einem roten Kanzler und einem roten Finanzminister ihren Arbeitsplatz verloren haben? Erzählen Sie dort, dass 10 Milliarden Schilling für die DDSG in den Sand gesetzt worden sind? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Erzählen Sie dort, dass 15 Milliarden Schilling für die AMAG in den Sand gesetzt worden sind? Erzählen Sie dort, dass es beim „Konsum“ eine Pleite von 26 Milliarden Schilling gab und Tausende Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verloren haben? Erzählen Sie dort, dass durch Ihre SPÖ-Regierung viele Privilegien in Öster­reich geschaffen worden sind wie zum Beispiel unterschiedliche Pensionssysteme? (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Ihr habt es euch immer gerichtet, wie es euch am besten gepasst hat. Darum seid ihr ja abgewählt worden. Und jetzt stellt ihr euch hier heraus und wollt das Rad neu erfinden. Das nimmt euch doch kein Mensch ab! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was mich ein bisschen ärgert, Kollege Verzetnitsch, ist, wenn du dich hierher stellst und von 1 000 € Mindestlohn redest. – Du kannst doch selbst den Auftrag dazu geben! Wieso habt ihr das in der Gewerkschaft noch nicht durchgesetzt? Du sitzt doch an diesem Hebel. Habt ihr Argumentationsschwierigkeiten? Wo habt ihr da Probleme? Ladet mich ein, ich helfe euch! Ich habe Argumente, ich werde euch dabei schon helfen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben vorhin gehört, dass wir in Österreich leider 325 000 Arbeitslose haben und 35 Prozent davon haben eine Wiedereinstellungszusage. Wenn ich vom Kollegen Driemer höre, dass die Bauarbeiter doch arbeiten sollen, halte ich hier fest: Ich finde es unverantwortlich und unerhört, wenn ein Bau-Holz-Gewerkschafter sagt, im Winter bei minus 20 Grad sollen Bauarbeiter auf offenen Baustellen arbeiten. Und wenn der Bauarbeiter keinen Urlaub mehr hat, wenn keine Beschäftigung vorhanden ist, dann schickt ihn leider der Arbeitgeber in die Arbeitslose, aber er stellt ihn dann wieder ein.

Ich bin auch dafür, dass man kontrolliert, wenn es zu viele Wiedereinstellungen gibt. Wenn Missstände vorhanden sind, dann müssen sie abgestellt werden.

Kollege Verzetnitsch und auch Kollege Gusenbauer, vom AMS Oberösterreich ist eine Beamtin nach Nürnberg gefahren, um dort ausländische Arbeitnehmer für den Tou­rismus anzuheuern. Sie hat 20 mit einem Bus auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers nach Gmunden zu einem Hotel gebracht, wo sie zu einem Brunch eingeladen wurden, und diese Leute sind dann dort als Arbeitskräfte untergekommen. (Abg. Verzetnitsch: Wer nimmt die auf?) Das sind keine Fachleute, sondern Hilfs­kräfte, Stubenmädchen und Ähnliches mehr. Und wenn dann im Bereich Gmun­den/Vöcklabruck viermal so viel in diesem Ressort arbeitslos sind, dann frage ich mich schon: Wer sitzt da an den entscheidenden Hebeln? Ist das nicht ein Sozialdemokrat? Will man dort nicht die Arbeitslosigkeit bewusst hoch halten? – Ich verbitte mir solche


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 36

Sachen, die gehören abgestellt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.)

Wir schaffen Arbeit! Ich hätte mir eigentlich vom Kollegen Verzetnitsch erwartet, dass er als Gewerkschaftspräsident über den Dingen steht und Positives positiv verkauft! Aber er begibt sich schon wieder auf die Oppositionsschiene nach dem Motto: Sudern und nörgeln wir hintennach! Kollege Verzetnitsch, ich kenne dich an und für sich anders. All die Investitionen, all die Programme, an denen du mitgearbeitet hast, solltest du – vom Kollegen Gusenbauer verlange ich das ohnehin nicht, denn der ist eh ein anderer – als Gewerkschaftspräsident auch in der Öffentlichkeit positiv verkaufen.

Beispiele: Lehrlingsoffensive, Betrugsbekämpfungsgesetz, Familienpolitik mit Uschi Haubner oder der Motor der Bauwirtschaft mit Vizekanzler Gorbach (ironische Heiter­keit bei der SPÖ): 30 Milliarden € für Straße und Schiene. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir werden die Autobahnen so ausbauen, dass wir demnächst 160 km/h fahren können. Das Traurige ist, dass zwar von den Sozialdemokraten bezie­hungsweise von der Opposition darüber geschimpft wird, dass aber hinter vorge­haltener Hand von ihren Chauffeuren gesagt wird, sie müssten schnell fahren, damit sie rechtzeitig am Flughafen ankommen. Also Vorsicht: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!

Nächstes Beispiel: die Leistungen im Bereich der Sozialpolitik, man braucht sich nur anschauen, was allein für die Pensionisten gemacht worden ist. Durch die Steuer­reform konnte den Arbeitnehmern viel Geld zurückgegeben werden, und auch die Pensionisten bekamen Geld zurück. Es gab die größte Pensionserhöhung, und zwar um 2,5 Prozent. Ihr habt 1997 eine Null-Lohnrunde für die Pensionisten gemacht.

Wir haben auch das Kindergeld erhöht. Unter Ministerin Prammer ist die Karenzzeit von zwei Jahren auf eineinhalb Jahre reduziert worden. – Unsere Ministerin Haubner hat sie auf drei Jahre erhöht.

Weitere Beispiele: Anhebung der Zuverdienstgrenze, Erhöhung der Kinderabsetz­beträge und vieles mehr. – Das ist Sozialpolitik, die sich sehen lassen kann!

Also ich muss ehrlich sagen: Wir sind auf dem richtigen Weg! Die Arbeitslosen­bekämpfung ist bei dieser Regierung Tagesordnungspunkt Nummer eins. Wir unter­nehmen alles, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Wir handeln – ihr aber sudert und nörgelt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Wunschredezeit: 6 Minuten; vereinbarte Redezeit: 8 Minuten. Ich stelle die Uhr auf 6 Minuten. – Bitte.

 


16.03.36

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Präsident Verzetnitsch hat so nebenbei einen Satz fallen lassen, der wichtig ist und auf den Bundeskanzler Schüssel nicht eingegangen ist, nämlich: Österreich würde ein Wirtschaftswachstum von 2,5 bis 3 Prozent benötigen, um die Beschäftigungssituation nachhaltig zu verbessern und die Arbeitslosigkeit zu senken.

Ja, das ist nicht nur die übereinstimmende Meinung des Gewerkschaftsbundes, der Wirtschaftsforscher und so weiter, sondern ich stimme dem auch zu: Wir brauchen ein höheres Wirtschaftswachstum in Österreich, selbstverständlich verknüpft mit sozial­politischer Verantwortung und ökologischer Nachhaltigkeit, ganz im Sinne des Lissabon-Prozesses.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 37

Da fragt man sich dann schon: Wenn wir also regelmäßig unter diesen magischen Werten bleiben, wo sitzen dann die Bremser einer Politik, die höhere Wachstumsraten möglich machen würde? Ich kann schon ein paar ausmachen. Die Hauptbremser sitzen natürlich rechts von mir und hinter mir, nämlich bei der ÖVP und bei der österreichischen Bundesregierung (Beifall bei den Grünen und der SPÖ) – der Applaus von Seiten der SPÖ war vielleicht ein bisschen verfrüht –, aber auch bei der SPÖ. Speziell beim Gewerkschaftsbund gibt es einige Bremser, was das höhere Wirtschafts­wachstum betrifft.

Das Hauptproblem sind mit Sicherheit Frau Ministerin Gehrer und Finanzminister Grasser, denn ein höheres Wirtschaftswachstum – Herr Kollege Molterer, da werden Sie mir sicher zustimmen, das ist Common sense – setzt voraus, dass wir mehr tun für Forschung und Entwicklung, für Bildung, für Ausbildung, für Weiterbildung, und das lebensbegleitend. (Beifall bei den Grünen.)

Bildung und Ausbildung sind überhaupt die wichtigsten Vorbeugungsmaßnahmen, Präventionsmaßnahmen gegen zukünftige Arbeitslosigkeit. Und wie haben wir Frau Bundesministerin Gehrer gebeten – geradezu händeringend! –, die Ergebnisse der so genannten PISA-Studie ernst zu nehmen, etwa mit dem Hinweis darauf, dass ein Fünftel aller 15-jährigen Schulabgänger nicht ausreichend, nicht schnell genug, nicht sinn­verstehend lesen können! Die Antwort der Frau Bundesministerin in einem Interview letzten Herbst war – daran kann ich mich genau erinnern –: Papperlapapp! Die österreichischen Schulen sind kerngesund! Da gibt es überhaupt nichts zu refor­mieren!

In einem Punkt stimme ich ihr zu: Die Lehrerinnen und Lehrer bemühen sich wirklich überwiegend, zum weit überwiegenden Teil das Beste zu machen aus einer Situation, in der sie sich schwerer und schwerer tun. Das ändert nichts am Ergebnis, dass wir nicht akzeptieren können, dass so viele junge Menschen mit unzureichenden Fähig­keiten in den Arbeitsmarkt entlassen werden.

Wenn Sie uns schon nicht glauben, Herr Kollege Molterer von der ÖVP, vielleicht glauben Sie der „Presse“; das ist wahrlich kein so genanntes linkes Kampfblatt. Die „Presse“ hat am 9. Februar auf der ersten Seite getitelt: „4 000 ‚verlorene‘ Jugendliche pro Jahr“. Da heißt es unter anderem, 4 Prozent eines Altersjahrgangs könnten in Lehrstellen nicht vermittelt werden.

Das lässt Sie kalt? Glauben Sie wenigstens der „Presse“, die sich ihrerseits auf eine Untersuchung der Wirtschaftskammer Österreich beruft? – Ich glaube, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Das ist eine Erhebung unter Lehrstelleninhabern und Lehr­stellenbewerbern. Hinzu kommt noch ein riesiger Bereich: Laut OECD – wieder gemäß SPÖ-Antrag – sind rund 11 Prozent der Jugendlichen weder in einer Ausbildung noch in einem Betrieb zu finden. Ja was ist denn mit denen? Die haben ja ein extrem hohes Risiko, in Zukunft arbeitslos zu werden. Dort müssen unsere Prioritäten gesetzt werden: bei den Jugendlichen, bei den jungen Menschen, bei den jungen Personen, und das heißt im Wesentlichen am Anfang, nämlich bei der Bildung und Ausbildung! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wieder an die SPÖ und die ÖVP gerichtet: Warum nützt Österreich die Chancen nicht dort, wo wir blendende Marktpositionen hatten und zum Teil immer noch haben, näm­lich im Bereich Umweltschutz und erneuerbare Energien?

Meine Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Ich zitiere in diesem Zusammenhang wieder die „Presse“, und zwar vom 6. Februar. Da heißt es unter der Überschrift „Export-Erfolg durch Klimaschutz“: „... Energietechnik, Biomasse, Solaranlagen, Stahl- und Zellulose-Technologie und Deponietechnik.“ – Dazu sagt die Wirtschaftskammer: Wir wollen diese Bereiche fördern! – Doch was machen Sie?


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 38

Ebenfalls im Wirtschaftsteil der „Presse“ heißt es unter dem Titel „Öko-Energie auf neuem Höhenflug“: Kursfeuerwerk an den Aktienbörsen. Die Nachfrage nach Fotovoltaik-Zellen kann derzeit überhaupt nicht bewältigt werden. Verschiedene Firmen haben da ein Umsatzplus von 40 Prozent pro Jahr.

Und was hat diese Entwicklung gefördert? – Ausgerechnet Präsident Bush, nun nicht berühmt dafür, dass er in ökologischen Fragen der Vorreiter der Welt ist, sagte in seiner „Rede zur Nation“ neulich, die Förderungen für erneuerbare Energien sollen um ein Viertel angehoben werden.

Und was machen Sie? – Sie kürzen die Förderungen für erneuerbare Energien um nicht weniger als 80 Prozent! Sollten Sie sich dafür nicht genieren? (Beifall bei den Grünen.) Wir haben da einen Wachstumsbereich par excellence – doch die Bundes­regierung, das heißt die ÖVP, das BZÖ und die Reste der FPÖ, aber auch die SPÖ im entsprechenden Ausschuss will diese Förderungen um 80 Prozent kürzen! Was glauben Sie, wie sich dieser Markt entwickeln wird: günstig für den österreichischen Arbeitsmarkt oder günstig für die österreichischen Firmen? Oder machen Sie da einen Markt kaputt – mit Absicht!?

Das ist nun wirklich schwer zu verstehen: dass wir in Österreich einen großen wett­bewerbsfähigen Bereich haben, der gut ist für die Wirtschaft, der gut ist für die Arbeitsplätze, der gut ist für wirtschaftliche Perspektiven, aber drei von den vier Parteien im österreichischen Parlament, außer den Grünen, wollen in all diesen Bereichen Kürzungen vornehmen.

Das erklären Sie einmal den Leuten draußen auf der Straße, wenn es darum geht, moderne Arbeitsmarktpolitik zu machen – und das noch dazu vor dem Hintergrund der Ereignisse des letzten Jahres: Stichwort „Ölpreisentwicklung“, Stichwort „Gasversor­gung“. Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt gekommen, aus diesen Sektoren, soweit es irgendwie geht, auszusteigen? Sogar Präsident Bush scheint das verstanden zu haben. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend, meine Kollegen von der Gewerkschaft: Der Europäische Gewerk­schafts­bund ist gegen die Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt, und zwar aus guten Gründen. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch.) Aus guten Gründen, Herr Präsident Verzetnitsch! Auch wir halten diese Übergangsfristen für wirtschaftswachstumsfeindlich in Österreich. Wir glauben, dass das im Wesentlichen den Schwarzmarkt fördert, die Scheinselbständigkeit ... (Abg. Verzetnitsch: Den haben wir so auch!) Ja, aber den fördert man noch extra durch diese Übergangsfristen! – Das fördert auch die Scheinselbständigkeit und last but not least die Saisonniertätigkeit. Das ist ökonomisch ineffizient. Die Leute sind sowieso da, Herr Präsident Verzetnitsch; Sie treiben sie durch die Verlängerung der Übergangsfristen in die Illegalität, wo weder diese Men­schen etwas davon haben noch der österreichische Arbeitsmarkt etwas davon hat, geschweige denn, dass das Wirtschaftswachstum in Österreich dadurch gefördert wird.

Ich halte diese Politik für verfehlt. Abgesehen davon sollten Sie, Herr Präsident Verzet­nitsch, schon auch Folgendes berücksichtigen: Österreichische Firmen sind im osteuropäischen Raum, in den EU-10 und in einigen Ländern darüber hinaus, großartig unterwegs. Großartig! Aber was sollen sich die Leute dort denken, wenn sich öster­reichische Firmen dort einkaufen – ich sage: aus guten Gründen!; ich unterstütze das sehr, das ist wunderbar, das festigt auch die Position der Firmen in Österreich –, aber ihnen die Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt gleichzeitig vorenthalten wird? Ich halte das europapolitisch für nicht richtig. (Beifall bei den Grünen.)

16.12



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 39

Präsident Dr. Andreas Khol: Das waren 8 Minuten, Herr Kollege Van der Bellen.

Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Haubner. Ihre Redezeit ist vereinbart mit 10 Minuten. – Bitte.

 


16.12.10

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kollegen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich glaube, es besteht Konsens hier im Hohen Haus, dass nachhaltige soziale Sicherheit eng mit Arbeitsplätzen, mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und mit der Sicherung von Arbeitsplätzen verbunden ist, und genau in diesem Bewusstsein hat die österreichische Bundesregierung in den letzten Jahren agiert und reagiert. Lieber wäre es auch mir als Sozialministerin, wenn wir auf dem Weg zur Vollbeschäftigung schon am Ende des Weges angelangt wären. Die Bilanz dieser Regierung, was im Bereich der Arbeitsmarktpolitik investiert wurde, kann sich dennoch sehen lassen.

Mit 1,5 Milliarden € hat der Mitteleinsatz für aktive Arbeitsmarktpolitik im Jahr 2005 einen neuen Höchststand erreicht. Für 2006 werden wir mit 133 Prozent mehr an Mitteln für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in die Hand nehmen als im Jahr 1999.

Bei der Regierungskonferenz im Herbst wurde, wie schon angesprochen, ein zusätz­liches, umfassendes Paket, das hier im Hohen Haus auch mit Ihren Stimmen beschlossen wurde, verabschiedet. Das bedeutet zusätzlich 285 Millionen €.

Ein wesentlicher Schwerpunkt in der Arbeitsmarktpolitik ist es natürlich, Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen und jungen Menschen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Wir wollen alle jungen Menschen in Ausbildung, in Jobs, in Vereinen, in Organisationen, aber sicher nicht auf der Straße haben. Daher müssen wir den jungen Menschen Perspektiven geben, denn ohne Arbeit ist auch die Motivation, sich weiter auszubilden, eine sehr, sehr geringe.

Neben der Blum-Prämie im Bereich des Lehrlingssektors, mit der wir bisher sehr erfolgreich gewesen sind, konnten wir gerade Jugendliche, die keinen Abschluss haben, Jugendliche, die beeinträchtigt, die behindert sind, im Rahmen des Qualifizie­rungskurses „Jobs for You(th)“ – im vergangenen Jahr 34 000 Personen, bisher waren es 10 000 Personen – mit einbinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schulabschluss, der Bildungsabschluss ist ein ganz wesentlicher Faktor in diesem Bereich. Die Schaffung der Möglichkeit, diesen nachzuholen, ist ein wichtiger und offensiver Schritt dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist heute auch die Forschungsquote schon angesprochen worden. Forschung ist die Basis für eine weitere positive Arbeitsmarktentwicklung. Österreich liegt mit seiner Forschungsquote von 2,38 Prozent über dem europäischen Durchschnitt. Wir konnten im Vorjahr im Vergleich zu den letzten Jahren eine Steigerung von 8 Prozent verzeich­nen. Dieses Geld fließt nicht nur in große Unternehmen, sondern auch in Klein- und Mittelunternehmen, die das Fundament der österreichischen Wirtschaft sind. Im Rahmen der Forschungsanreize und der Erweiterung des Forschungsfreibetrages kommt das letztendlich jenen Betrieben zugute, die es unbedingt brauchen.

Im Bereich der Infrastruktur ist, wie bereits angeschnitten wurde, gerade die Schnitt­stelle zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt eine sehr, sehr wesentliche. So haben wir in den vergangenen Jahren für das hochrangige Straßen- und Schienennetz und vor allem auch für Lärmschutzmaßnahmen enorme Mittel bereitgestellt. 2004 waren es 1,12 Milliarden €, 2005 bereits 1,3 Milliarden €.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 40

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen auch, dass Investitionen in der Höhe von 1 Milliarde € 15 000 zusätzliche Arbeitsplätze bedeuten, denn Infrastruktur­maßnahmen sind Treibstoff für die Wirtschaft und für die Beschäftigung.

Wir nehmen aber auch unsere Verantwortung im Sozialbereich sehr ernst, insbe­sondere für Menschen mit Behinderung. Das wird in der ganzen Diskussion, die hier geführt wird, immer zu wenig angesprochen. Wir haben große Anstrengungen unter­nommen, um Menschen mit besonderen Bedürfnissen in der Gegenwart und auch in Zukunft in das Erwerbsleben einzugliedern.

Deshalb haben wir seitens der österreichischen Bundesregierung im Jahr 2001 eine Beschäftigungsoffensive mit der Behinderten-Milliarde gestartet. Dabei sind uns drei akute Probleme ganz bewusst: einerseits der Einstieg und andererseits der Wieder­einstieg der Menschen mit Behinderungen in den offenen Arbeitsmarkt und vor allem die Sicherung gefährdeter Arbeitsplätze.

Als Maßnahme zur Integration behinderter Menschen haben wir seither umgesetzt: Integrationsbeihilfen mit befristeter Übernahme der Lohnkosten, die Entwicklung von Projekten der begleitenden Hilfe am Arbeitsplatz, den Aufbau von Nachreifungs­projekten vor allem für behinderte junge Menschen, Arbeitsplatzsicherungsbeihilfen für ältere behinderte Menschen und vor allem den verstärkten Ausbau von Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte hier insbesondere das Clearing und die Jugendarbeitassistenz hervor­heben. Die Clearing-Stellen bilden das erste Bindeglied an der Schnittstelle zwischen dem Übergang von Schule zum Beruf mit vielschichtigen Vernetzungs- und Ver­weisungsfunktionen. Gerade in diesem Bereich ist es notwendig, weiterhin Initiativen zu setzen. Es freut mich sehr, dass gerade diese Clearing-Maßnahme von der Europäischen Kommission für das Jahr 2004 als „Best Practice“-Beispiel auserkoren und den europäischen Mitgliedsländern auch entsprechend präsentiert wurde. Wir haben hier ein weiteres Beispiel für das Lernen von den anderen und voneinander. Ich denke, da können wir seitens Österreich einiges vorzeigen.

Auch der öffentliche Dienst, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht gerade bei Menschen mit Behinderungen als Arbeitgeber mit gutem Beispiel voran. Wir haben in der Herbstklausur der Bundesregierung vergangenen Jahres die Schaffung von 200 zusätzlichen Behinderten-Planstellen im Bundesdienst beschlossen. Allein in meinem Hause und den dazugehörigen Bundessozialämtern sind rund 400 der insge­samt 1 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Menschen mit Beeinträchtigungen.

Wir haben im Jahr 2003 insgesamt 106 Millionen € für arbeitsmarktpolitische Initiativen für Menschen mit Behinderungen verwendet. 2006 wird der Mitteleinsatz noch einmal erhöht, und es stehen dann insgesamt 141 Millionen € zur Verfügung. Auch das sollte man, bitte, im Rahmen dieser Diskussion bedenken! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein weiterer Bereich ist der Bereich der Balance zwischen Familie und Beruf. Und auch da hat diese Bundesregierung in den letzten Jahren nicht nur ihre Hausaufgaben gemacht, sondern sich sehr intensiv weiterentwickelt, denn Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine Kernaufgabe jeder Beschäftigungs- und Generationenpolitik. Gerade mit der Gründung der Familienallianz haben wir, denke ich, einen richtigen Schritt in Richtung Unternehmen gesetzt, um mit den Firmen neue Konzepte der Vereinbarkeit weiterzuentwickeln.

Wir haben mit dem Arbeitsmarktpaket des vorigen Jahres aber auch eine stärkere Qualifizierung von Wiedereinsteigerinnen verbunden. Von den dazu geplanten Kursen werden etwa 22 000 Frauen profitieren.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 41

Ebenso haben wir zusätzliche Investitionen im Bereich der Pflege- und Gesund­heitsberufe gestartet, was gerade wieder sehr vielen Frauen zugute kommt. (Abg. Reheis: Weil eben so viele arbeitslos sind!) Es werden etwa 1 400 Personen von diesen zusätzlichen Maßnahmen profitieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen Frauen im Job, aber wir brauchen auch Familien, wir brauchen auch Kinder. Es wurde noch nie so viel im Bereich der Sicherung der Kaufkraft der Familien und auch im Bereich der Armuts­bekämpfung für Familien getan, denn gerade Familien mit mehreren Kindern und mit Alleinverdienern sind hier besonders gefährdet.

Wir werden aber auch weiter darauf achten, Maßnahmen zu setzen, die dem Wunsch vieler Frauen, nämlich Teilzeit arbeiten zu können, entgegenkommen. Wir wollen dem gerecht werden, denn ein Monitoring hat gezeigt, dass jede zweite Frau, die Kinder­betreuungsgeld bezieht, bereits während dieser Zeit wiederum berufstätig ist. Auch hiermit ist also eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie gegeben, neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Teilzeit, zu Elternteilzeit und Ähnlichem.

Wir haben im Rahmen unseres Familienprojektes auch sehr klar gesagt, wir müssen weiterhin Dienstleistungen unterstützen, die wir zusätzlich fördern in Form von Kinder­betreuungseinrichtungen. Dementsprechend haben wir im Vorjahr 1 000 Plätze zu­sätzlich geschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden auch in Zukunft für alle Gene­rationen Arbeit schaffen und vor allem den sozialen Zusammenhalt und die soziale Sicherheit gewährleisten. Mit einer Sozialquote von 29,3 Prozent sind wir da sicher auf einem guten Weg.

Meine Damen und Herren, wir haben richtig gehandelt! Wir arbeiten weiter – und reden nicht nur die Dinge schlecht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort kommt nunmehr Frau Abgeordnete Bures. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

16.23.15


Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass 380 000 arbeitslose Menschen – Junge, Alte, Männer und Frauen – allemal Grund genug sind, eine Sondersitzung im Parlament abzuhalten, und dass wir Politiker uns mit dieser Situation auch beschäftigen sollten. Ich denke, mir geht es jetzt so wie einigen Zusehern vor den Fernsehschirmen, die erschüttert sind darüber, wie Sie mit diesem Thema umgehen (Abg. Amon: Woher wollen Sie das wissen?), wie unernst Sie mit dieser Situation von 380 000 Menschen in Wirklichkeit umgehen.

Frau Kollegin Haubner, von Ihnen als Sozialministerin hätten sich viele in den letzten Jahren schon viel mehr Engagement gewünscht. Das Einzige, was man Ihnen bei diesem Vortrag jetzt anrechnen muss, ist, dass Sie sichtlich mit einiger Sorge die Zahlen, die Ihnen offensichtlich Wolfgang Schüssel mit seinen Zahlentricks vorge­schrieben hat, hier verlesen haben. Der Bundeskanzler hingegen hat in seinen Ausführungen überhaupt die Worte „arbeitslose Menschen“ nicht ein einziges Mal in den Mund genommen. Er hat nicht ein einziges Mal davon geredet, wie es Menschen geht, die ihrer Zukunftschancen beraubt sind, die keinen Job haben, die am gesell­schaftlichen Leben nicht teilnehmen können, weil sie kein Geld haben. (Abg. Amon – beide Ohren zur Seite ziehend –: Sie müssen zuhören! – Abg. Mag. Molterer: Die haben nicht zugehört!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 42

Kein einziges Wort hat dieser Bundeskanzler in einer so dramatischen Situation über die Lebenssituation dieser Menschen hier von sich gegeben! Und das ist beschämend für einen Bundeskanzler, Herr Kollege Molterer! Das ist beschämend! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Molterer, Sie treten aber ohnehin in die Fußstapfen des Bundeskanzlers. Wenn Sie bei 380 000 arbeitslosen Menschen von politischem Kleingeld reden, dann ist das auch beschämend. (Abg. Schöls: Ihre Aktionen sind beschämend!) Es gelingt Ihnen nicht, Ihre politische Verantwortung, die Sie dafür tragen, dass Österreich den traurigen Rekord des höchsten Arbeitslosenstandes der Zweiten Republik hat, wahr­zunehmen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Österreicherinnen und Österreicher haben es satt, dass sie seit sechs Jahren von Ihnen immer wieder das Gleiche hören. Immer wieder kommen von Ihnen leere Ver­sprechungen, doch die Lebensrealität der Menschen ist leider eine ganz andere, als immer versucht wird, uns hier von diesen Bänken aus zu erzählen.

Tausende arbeitslose Menschen sind Opfer Ihrer schlechten Wirtschaftspolitik, sind Opfer Ihrer schlechten Beschäftigungspolitik, sind Opfer Ihrer leeren Versprechungen. Vor sechs Jahren, Herr Bundeskanzler, haben Sie gesagt, die neue Bundesregierung wird die Arbeitslosigkeit konsequent bekämpfen. Wissen Sie, was konsequent war? – Der Anstieg der Arbeitslosigkeit! Konsequent Jahr für Jahr ist die Arbeitslosigkeit gestiegen. Das ist die Wahrheit, nicht das, was Sie sagen.

Herr Bundeskanzler, Sie haben vor sechs Jahren gesagt, Ziel dieser Bundesregierung ist Vollbeschäftigung. Wissen Sie, was die Wahrheit ist? – Sie haben den Kurs der Vollbeschäftigung, den Österreich immer beschritten hat, in Wirklichkeit zu Grabe getragen! Sie sind der Arbeitslosenrekord-Kanzler in diesem Lande! Sie haben Rekord­arbeitslosigkeit zu verantworten! (Abg. Dr. Fekter: Wien hat die höchste Arbeitslosig­keit! Wien drückt Österreich hinunter!)

Wir begeben uns nicht in Richtung Vollbeschäftigung, sondern in Richtung 10-Prozent-Marke, was die Arbeitslosigkeit betrifft. Das ist die Lebensrealität, die Sie jedoch leider nicht zur Kenntnis nehmen wollen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Wien! Wien! Sagen Sie es doch! Warum ist Wien so schlecht?)

Herr Bundeskanzler, Sie haben auch den jungen Menschen viel versprochen. Sie und die ÖVP haben vor vier Jahren ein Sofortprogramm für arbeitslose Jugendliche ver­sprochen. Vor vier Jahren war das. – Nichts ist mit dem „Sofortprogramm“! Vier Jahre lang warten junge Menschen nun schon auf dieses „Sofortprogramm“.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Ihrer Regierungszeit um 53 Prozent gestiegen. Das heißt, das Einzige, was Sie sofort gemacht haben, ist eine so schlechte Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, dass wir einen rasanten Anstieg an Jugendarbeitslosigkeit haben. Sie sind damit dafür verantwortlich, dass unsere Jugend in vielen Bereichen, dass über 50 000 junge Menschen leider keine Zukunftschancen in diesem Land mehr haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben die Chance gehabt, Herr Bundeskanzler. Sechs Jahre lang haben Sie viel versprochen. – Sie haben davon jedoch überhaupt nichts gehalten – und  neben Ihren leeren Versprechungen auch noch eine Menge an Ausreden verwendet! Sie haben gesagt, schuld an der Arbeitslosigkeit sind die Deutschen, die Ausländer, die Einge­bürgerten – und die Opposition, weil sie das Problem auf den Tisch legt. Vor kurzem haben Sie gesagt, der strenge Winter sei schuld an der Arbeitslosigkeit. – Diese Ihre Art im Umgang mit der Arbeitslosigkeit ist beschämend, Herr Bundeskanzler! (Abg. Grillitsch: Beschämend ist, dass Sie überhaupt keine Ahnung haben!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 43

Herr Bundeskanzler, wissen Sie, was der Unterschied zwischen uns und Ihnen ist? – Wir nehmen uns das zu Herzen, wir nehmen uns das Schicksal dieser Menschen zu Herzen. (Abg. Amon: Das sieht man Ihnen an!) Daher hat Dr. Alfred Gusenbauer ein Zehn-Punkte-Programm präsentiert, und ich fordere Sie auf: Nehmen Sie dieses Programm an! Fritz Verzetnitsch und Alfred Gusenbauer haben hier auf den Tisch gelegt, wie es für Österreich besser sein könnte. Es muss nicht so schlecht laufen für Tausende Menschen, wie das unter Ihrer Regierungsverantwortung der Fall ist, Herr Bundeskanzler! (Abg. Dr. Stummvoll: Sehen Sie sich unser Wirtschaftsprogramm an!) Es könnte in Österreich viel besser gehen, wenn man sich der Sorgen der Menschen annähme.

Daher wird es einen politischen Kurswechsel in Österreich geben, weil wir uns alle etwas Besseres verdient haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Auch er spricht 5 Minuten zu uns. – Bitte.

 


16.29.00

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätz­te Damen und Herren der Bundesregierung! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Arbeitslosigkeit ist mit Sicherheit ein Problem, das man nicht ernst genug nehmen kann. Und wenn etwas richtig ist im Dringlichen Antrag der Sozialdemokraten, dann der erste Satz, nämlich dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt bedrückend ist. Nur, meine Damen und Herren, die Frage ist nicht: Ist die Situation eben so, wie sie ist?, sondern: Wie geht man damit um? Die Frage ist letzten Endes: Will man einen Beitrag zur Problemlösung leisten – oder will man so wie Sie politischer Profiteur dieser drama­tischen, dieser schwierigen Situation sein?

Wenn Sie es mir nicht glauben wollen: Herr Czoklich hat es Ihnen heute im Ö1-„Mittagsjournal“ deutlich gesagt: Dass jetzt Arbeiterkammer, Gewerkschaft, SPÖ die Schulungen immer eingerechnet haben und zuletzt sogar noch Bezieher von Pen­sionszuschüssen und Altersübergangsgeld dazu gerechnet werden, nur um diese Zahl der Arbeitslosen politisch möglichst hoch erscheinen zu lassen, halte ich schon für sehr problematisch.

Um es mit Ihren Worten zu sagen, liebe Frau Bures: Ich halte das nicht nur für prob­lematisch, sondern für beschämend! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da Sie hier immer so tun, als ob wir nichts getan hätten: Herr Czoklich hat wiederum treffend festgestellt, dass man, sachlich betrachtet, schon sagen muss, dass die Regierung in den letzten Jahren eine Reihe von Beschäftigungs- und Konjunktur­paketen geschnürt hat.

Meine Damen und Herren! Taten sind es letzten Endes, die Fakten schaffen – und nicht Behauptungen. Es hat in Österreich noch nie so viele Beschäftigte gegeben wie derzeit – ob Sie von der SPÖ das nun hören wollen oder nicht. Es hat noch nie eine höhere Wirtschaftsleistung und ein höheres Wirtschaftswachstum gegeben; wir haben ein höheres als alle anderen. Wir haben eine niedrigere Arbeitslosigkeit als der Schnitt der anderen. Die Menschen sind bei uns kürzer arbeitslos als in anderen Ländern. Es ist uns erstmals gelungen, die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit auf 99 Tage zu drücken, bei den Jugendlichen sogar auf 68 Tage. Wir haben weniger Jugendarbeits­lose als alle anderen Länder (Abg. Öllinger: Nein, das stimmt nicht!); als fast alle anderen Länder, um korrekt zu bleiben. (Abg. Öllinger: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das ist ja unglaublich!) Wir sind international auf dem vierten Platz.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 44

Noch einmal der Herr Czoklich: Die SPÖ, die diese Sitzung hier angestrengt hat, meine Damen und Herren, soll auch einmal sagen, wo sie denn diese 50 000 Arbeitsplätze schaffen will. – Sie tut das jedoch nicht! (Abg. Parnigoni: Entweder Sie kennen sich nicht aus – oder Sie wollen es nicht verstehen!)

Ihr tut nicht nur das nicht, liebe Freunde von der Sozialdemokratie, ihr wendet euch sogar von den eigenen Beschlüssen ab. Ihr habt mit uns hier in diesem Hohen Haus ein Paket mit 285 Millionen € für die aktive Arbeitsmarktpolitik beschlossen. – Jetzt aber sagen Sie auf einmal, die sollen anders eingesetzt werden. Sie haben ja alle ein­zelnen Maßnahmen in den Gremien des AMS mit beschlossen, jetzt sagen Sie – entgegen den Beschlüssen Ihrer Sozialpartnerseite –, die Mittel sollen anders verwendet werden? Ja was jetzt? – Ich glaube, der Verdacht ist berechtigt: Ihnen kommen diese Arbeitslosenzahlen, politisch gesehen, gerade recht, und Ihnen ist nichts daran gelegen, diese Zahlen zu verbessern.

Kollege Verzetnitsch hat eines vollkommen richtig gesagt: Arbeitsmarktpolitische Maß­nahmen sind das eine – Wachstum zu schaffen und dadurch Beschäftigung zu generieren, ist das andere. Die Marktwirtschaft – heute im „profil“ nachzulesen; der US-Ökonom Peter Boettke hat das richtig gesagt – folgt ihren Regeln, nicht romantischen Vorstellungen.

Darum zielt unsere Steuerpolitik auch genau darauf ab, Wachstum zu schaffen. Unsere Steuerreform – das Wifo sagt das – schafft langfristig zusätzlich fast 1 Prozent mehr Wachstum. Das sind zusätzlich 12 000 bis 15 000 Jobs, meine Damen und Herren. – Vom Wifo dekretiert, nicht von uns behauptet. Und die öffentliche Investitionsquote, ein Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur, liegt bei 2,3 Prozent – und nicht, wie von Ihnen behauptet, bei 1,1 Prozent.

Meine Damen und Herren! Wir entlasten mit unserer Steuerpolitik die Unternehmen und den Mittelstand. Was sagt die „Kronen Zeitung“ zur SPÖ? – Die „grausame Höher­besteuerung des Mittelstandes“ steht im Entwurf des neuen SP-Wirtschaftsprogramms. (Ah- und Oh-Rufe bei der ÖVP.) Viel drastischer könnte man es nicht mehr aus­drücken, als Ihnen das die „Kronen Zeitung“ gesagt hat.

Meine Damen und Herren! Wir haben Probleme am Arbeitsmarkt, jawohl, aber wir packen – im Gegensatz zu Ihnen – diese Probleme an und leisten Beiträge zur Lösung dieser Probleme. Wir sollten es, glaube ich, den Menschen in diesem Land ersparen, dass Sie von der SPÖ – und wenn es auch nur an der zweiten Stelle wäre – wieder in die Regierungsverantwortung kommen. Sie von der SPÖ wollen den Mittelstand belasten, und Sie wollen von den politischen Problemen profitieren, statt sie zu lösen. – Nicht mit uns, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Seine Redezeit: 6,5 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


16.34.35

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Minister der Bundesregierung! Frau Kollegin Bures, Sie haben behauptet, wir würden diese The­matik nicht genug ernst nehmen. – Überhaupt keine Frage: Natürlich ist die Prob­lematik der Schaffung von Arbeitsplätzen eine ganz wichtige Angelegenheit, und selbstverständlich ist es auch gerechtfertigt, darüber eine Sondersitzung abzuhalten, damit wir hier über notwendige Maßnahmen diskutieren können. Nur: Ganz so ernst, wie Sie das hier darstellen, dürften Sie es nicht nehmen mit dieser Frage, denn sonst hätten Sie ja diese Sondersitzung schon verlangen können, als diese sicherlich bedenklichen Daten veröffentlicht worden sind. Da gab es ja eine Sondersitzung,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 45

meine Damen und Herren, Frau Kollegin Bures, genau zu der Zeit, als diese Daten veröffentlicht wurden, aber da war es Ihnen von der SPÖ nicht wichtig, über die Arbeitsmarktpolitik zu diskutieren, sondern da war es Ihnen wichtig, darüber zu diskutieren, wie die Sicherheitsmaßnahmen im Kunsthistorischen Museum von der Frau Unterrichtsministerin hätten verbessert werden können. – Also da sind Ihre Prioritäten auch zu hinterfragen.

Da Sie dieses Ihr Zehn-Punkte-Programm so bejubeln, sage ich Ihnen: Das ist ein Zehn-Punkte-Programm der Vergangenheit, denn das alles ist bereits umgesetzt, was Sie hier in den Überschriften dargelegt haben. Wir sollen uns ja über die Zukunft unterhalten, wie wir es schaffen, nachhaltig Arbeitsplätze zu schaffen, wie wir es schaffen, die Wirtschaft hier in Österreich so zu unterstützen und zu stärken, dass sie mehr Arbeitsplätze durch stärkeres Wachstum schaffen kann.

Herr Kollege Gusenbauer hat erläutert, was geschieht, wenn er in der nächsten Regie­rung sitzt. Wörtlich hat er gesagt: Wir werden Lehrstellen zur Verfügung stellen. – Also Sie, die SPÖ. Herr Kollege Gusenbauer, wo werden Sie die zur Verfügung stellen: in der Löwelstraße, in Ihrer Parteizentrale – oder wo werden diese Lehrstellen zur Verfügung gestellt? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Genau da unterscheiden wir uns: Wir sind der Meinung, der Staat kann und muss die Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen, aber die Arbeits­plätze schafft die Wirtschaft.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Betriebe Lehrstellen und Arbeitsplätze schaffen können, aber nicht über die Parteizentralen. Man sollte also nicht so tun, als ob man selbst Arbeitsplätze garantieren könnte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie von der SPÖ verlangen hier, Forschung und Entwicklung zu stärken. – Na selbst­verständlich! Vizekanzler Gorbach hat das gemacht, eben in diesen letzten fünf oder sechs Jahren.

Sie verlangen mehr Investitionen in Infrastruktur. – Noch nie wurde so viel in Infrastrukturmaßnahmen bei Bahn und Straße investiert wie in diesen sechs Jahren dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren.

Sie verlangen eine wachstumsorientierte Steuerpolitik. Als es aber darum gegangen ist, mit Ihrem Ja unsere Steuersenkung, die die Kaufkraft massiv gesteigert hat, zu unterstützen, da haben Sie dagegen gestimmt, meine Damen und Herren.

Dort, wo es darum geht, die Bürger zu schröpfen, nämlich dort, wo Sie von der SPÖ das Sagen haben, wie etwa in Wien, zeigen Sie ja ganz deutlich, was Ihre Politik ist. Es wurde schon gesagt, aber man muss es noch einmal darstellen: Die Wasser- und Abwassergebühren in Wien werden um 28 Prozent gesteigert, die Müllgebühr um 20 Prozent, Sie verlangen einen Heizkostenzuschuss – und gleichzeitig wird in Wien der Strompreis um 5 Prozent erhöht und der Gaspreis um 17 Prozent, meine Damen und Herren! Sie nehmen sich doch selbst nicht mehr ernst und glauben, dass die Leute Ihnen irgendetwas abnehmen. Na sicherlich nicht!

Das werden wir schon zu verhindern wissen, dass Sie Schröpfungsaktionen, die Sie auch in den neunziger Jahren durchgeführt haben, fortführen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sollten uns darüber unterhalten, meine Damen und Herren, wie es in der Gegen­wart und in der Zukunft gehen kann, um die neuen Herausforderungen anzunehmen und zu bestehen. – Davon merken wir jedoch nichts in Ihrem SP-Vergangenheits­programm, in Ihrem Zehn-Punkte-Programm.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 46

Wie begegnet man auch auf der europäischen Ebene der Globalisierung? Wie begegnet man dem Lohn-Dumping in der Europäischen Union? – Das sind Fragen, die schon auch wichtig sind, aber in der Zukunft müssen wir uns mit dem Lohn-Dumping global auseinander setzen, denn in Asien sind die Märkte, wo mit Lohn-Dumping unseren Betrieben Konkurrenz gemacht wird. Dort werden jetzt die Arbeitsplätze geschaffen, die uns fehlen. Dort wird, weil die Umweltauflagen ganz andere sind als bei uns, billigst produziert, und diese Waren werden nach Europa und in die Euro­päische Union und damit auch nach Österreich importiert.

Wir sollten uns damit auseinander setzen, wie wir den österreichischen Betrieben, die in erster Linie klein- und mittelständisch strukturiert sind, helfen, auf internationalen Märkten Fuß zu fassen. Da wäre natürlich auch die Wirtschaftskammer gefordert. Nicht die Schließung von Außenhandelsstellen sollte hier die Frage sein, sondern es sollte –ganz im Gegenteil – eine Offensive dieser Außenhandelsaktivitäten stattfinden.

Man sollte nicht Minister kritisieren, wenn sie mit ihren Auslandsreisen versuchen, auch österreichische Betriebe zu unterstützen, sondern man sollte lobend erwähnen, dass die Politik genau die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass die exportorientierte Wirtschaft prosperieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Über diese Dinge sollten wir uns unterhalten, meine Damen und Herren, wie wir weiter die Kaufkraft stärken können durch einen weiteren Schritt der Steuer- und Abgaben­senkung, so wie wir das vom Bündnis Zukunft Österreich unterstützen und einfordern. Wir sollten uns auch darüber unterhalten, wie wir durch ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nicht Steuer-Dumping kritisieren, sondern den Wirtschaftsstandort Österreich fördern: durch Attraktivierungsmaßnahmen, so wie wir es – Sie von der SPÖ waren ja dagegen – mit der Absenkung der KöSt geschafft haben.

Das sind sinnvolle und zukunftsorientierte Initiativen, die wirklich Arbeitsplätze schaf­fen – im Gegensatz zu Ihrem SP-Vergangenheitsprogramm, wo Sie glauben, mit Ideologie, mit Marx und Murks könne man in einem Staat etwas Positives für die Zukunft erreichen.

Und: Dem Vergleich, den Sie immer einfordern, halten wir gerne stand. Mit unseren Zukunftsprogrammen werden wir die Trendwende schaffen, denn nur Wachstum und nicht Ideologie – das wissen Sie – schafft Arbeitsplätze. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzin­ger. Wunschredezeit: 4 Minuten; vereinbarungsgemäß stünden Ihnen 5 Minuten zu. Ich stelle die Uhr jetzt auf 4 Minuten. – Bitte.

 


16.41.05

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, seit Sie die Regierung übernommen haben, ist die Frauenarbeitslosigkeit so gestiegen, dass wir mit zusätzlich 18 arbeitslosen Frauen pro Tag Ihrer Regierung rechnen müssen. Das ist Ihre Bilanz!

Und was tun Sie? Sie stellen sich heute her – einmal mehr, muss man sagen – und versuchen, mit irgendwelchen Parolen diese unangenehmen Wahrheiten zuzukleistern. Was macht die Frauenministerin? Sie ist nicht einmal da. Was macht die Sozial­ministerin? Sie hat immerhin ein paar Jobs geschaffen für orange Parteigänger und -gängerinnen, indem sie eine „Familien-GesmbH“ gegründet hat.

Was macht der Herr Arbeits- und Wirtschaftsminister? – Studien unter dem Tisch halten, die unangenehme Wahrheiten wieder ans Tageslicht bringen. So hat er zum


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 47

Beispiel gerade eine Studie über Neue Selbständige und Leiharbeit irgendwo herum­liegen, bei der herausgekommen ist, dass 65 Prozent der Frauen, die in Leiharbeit beschäftigt sind, akut armutsgefährdet sind, das heißt bei weitem nicht leben können von der Arbeit, die sie machen. Das wird halt dann nicht veröffentlicht. Das ist die Bilanz dieser Regierung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man einen gemeinsamen Nenner dessen findet, wie Ihre Politik ausschaut, dann kann man sie nur als Dumping-Politik bezeichnen, und ich werde diesen Vorwurf gerne erhärten.

Sie, Herr Bundeskanzler, haben groß beweihräuchert – das können Sie ja gut –, wie die Beschäftigtenzahlen in Österreich wundersam gestiegen seien. – Wenn ich mir das jetzt anschaue, allein für die Frauen, die immerhin die Hälfte der Bevölkerung aus­machen, und diese Beschäftigungsvermehrung in ganz normale Vollzeitjobs, solche Jobs, von denen eine Frau ein gesichertes Auskommen hat, umrechne, dann stelle ich fest – das sind Eurostat-Quellen; Herr Bundeskanzler, Sie haben ja selbst vorhin gesagt, Eurostat ist unbestechlich –, dass in den letzten zehn Jahren alle Länder der EU-15 einen satten Zuwachs hatten, mit einer Ausnahme: Es gibt einen Staat, in dem die Beschäftigung von Frauen, umgerechnet in Vollzeitjobs, deutlich abgenommen hat: Österreich. Und das halte ich für eine Schande! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Regierungspolitik, die Sie betreiben, verwandelt Vollzeitjobs, von denen Menschen gut leben können, in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, atypische Jobs, Teil­zeitjobs, also alles Beschäftigungen, bei denen man an der Existenzgrenze oder deut­lich darunter leben muss. Und Sie sagen dann sehr gerne, wenn es um die Frauen geht: Die wollen ja solche Jobs!

Zeigen Sie mir eine Frau, die beim Angebot eines gut bezahlten Vollzeitjobs mit einer gut abgesicherten, gut erreichbaren Kinderbetreuung, sagen wir, von 7 Uhr in der Früh bis 20 Uhr (Ruf bei der ÖVP: 24 Stunden wären gleich noch besser!), sagt: Nein, ich hätte lieber eine geringfügige Beschäftigung! – Ihre Argumentation stimmt schlicht und ergreifend nicht! Geben Sie den Frauen gute Rahmenbedingungen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Eine Gruppe liegt mir noch besonders am Herzen, die Sie noch nicht einmal erwähnt oder registriert haben, glaube ich. Von den jungen Frauen, den unter 25-jährigen Frauen, zählt fast die Hälfte, zählen 44 Prozent zu jenem Bereich, der im Arbeits­marktjargon „so schön“ umschrieben wird mit „am Arbeitsmarkt unzureichend abgesichert“, das heißt zu jenen, die gar keinen Job, sondern nur Gelegenheitsjobs haben und ein Jahresbruttoeinkommen von 1 630 € haben. 1 630 € brutto im Jahr! Das ist die Grundlage, auf der junge Menschen ihre Berufslaufbahn, ihre Familie und ihr weiteres Leben aufbauen sollen, die Grundlage, die Sie ihnen bieten?! Nein, danke!

Werte Herren dieser Bundesregierung, hören Sie auf mit Ihrer Lohndumpingpolitik, Ihrer Steuerdumpingpolitik, Ihrer Beschäftigungsdumpingpolitik! Das Einzige, was Sie gerne dumpen können, ist, sich selber; da möchte ich Ihnen Ihre Selbstbestimmung nicht nehmen! Aber sorgen Sie endlich auf dem Arbeitsmarkt für bessere Perspektiven für junge Menschen, für Frauen, für ältere Menschen – statt immer nur einen Kleister­meisterwettbewerb untereinander auszurufen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 48

16.45.51

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Das bedauerliche Thema Rekordarbeitslosigkeit führt heute den Nationalrat wieder einmal zusammen, und ich möchte daran erinnern, dass gerade die österreichische Sozialdemokratie seit Jahren mehrmals darauf hinge­wiesen hat, wie dringend Maßnahmen gegen diese Geißel zu setzen sind.

Aber was waren die Antworten, die wir gehört haben? – Am 12. August des Jahres 2003 gab es eine Sondertagung, weil unser Wirtschaftswachstum deutlich zurück­gefallen ist. Der Finanzminister, der übrigens heute abwesend ist – so viel zum Thema Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit –, antwortete damals auf einen konkreten Vorschlag, die steuerlichen Investitionsanreize in diesem Lande zu verstärken und die Massenkaufkraft durch Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen zu heben, dass die Überzeugung bei ihm vorherrsche – Grasser verwendete übrigens die Wir-Form in einer Art Pluralis Majestatis –, dass derartige Maßnahmen nach allen ökono­mischen Theorien, „die wir kennen“, keinen gezielten Effekt auf die Konjunktur hätten.

Nur: Die Wahrheit, meine Damen und Herren, schaut anders aus: Andere Länder haben bessere Finanzminister, denn die haben Maßnahmen ergriffen, die sehr wohl gegen die Konjunkturschwäche gewirkt haben. Ich darf daher die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers in Bezug auf seine „unbestechlichen“ Statistiken von EUROSTAT ergänzen.

Der Herr Bundeskanzler hat Schweden genannt, Schweden, das angeblich weit hinter Österreich zurückliege. – Was mich interessiert, ist etwas anderes: Schweden hatte in der Zeit von 1999 bis 2005 2,8 Prozent Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, Öster­reich eines von nur 1,9 Prozent. Die Schweden haben eine bessere Wirtschaftspolitik gemacht. Und ich will nicht, dass unser Land eine schlechtere Wirtschaftspolitik macht als Länder, die auf diesem Kontinent für mehr Beschäftigung und weniger Arbeits­losigkeit sorgen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Zum dritten Mal wurde hier behauptet, dass 1,1 Prozent öffentliche Investitionsquote falsch seien. – Sie irren, Herr Klubobmann Scheibner! Sie irren auch, Herr Klubobmann Molterer! Es ist die offizielle EUROSTAT-Statistik, also genau jene, die der Bundeskanzler als „unbestechlich“ bezeichnet hat, die Österreich als Schlusslicht der Europäischen Union mit nur noch 1,1 Prozent an öffentlichen Investitionen ausweist! Das ist das wirklich Dramatische! (Abg. Mag. Molterer: Ohne ÖBB, ohne ASFINAG, ohne ...! Eins und eins ist zwei! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Die Damen und Herren auf der Regierungsbank versuchen, Äpfel und Birnen zusam­menzurechnen. All das, was an öffentlichen Investitionen nicht Maastricht-relevant ist, ist nicht dabei, und in ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Moment! Das ist in allen Ländern so! Und in allen Ländern Europas haben Sie inklusive dieser Inves­titionen einen höheren Wert als in Österreich, und das ist eine Schande für unser Land. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bleiben wir gleich bei den Investitionen: Die Investitionen der privaten Unternehmun­gen sind in diesem Land zurückgegangen, weil Sie die Investitionsförderungen ge­strichen haben, meine Damen und Herren. Diese Maßnahme hatte sehr wohl eine Wirkung auf die Konjunktur, sie hat die Arbeitslosigkeit geschaffen, an der heute 380 000 Menschen leiden. Lassen Sie die Wirtschaft und die Unternehmen investieren, statt im Ausland mit der Gruppenbesteuerung Verlustbetriebe zu fördern! Fördern Sie in Österreich und nicht in China, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

16.49



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 49

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Seine Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


16.49.34

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Es ist eigentlich traurig, dass die Sozialdemokratie das Thema der Arbeitslosigkeit wählt, um hier einen Wahlkampf zu beginnen. Das ist eigentlich sehr enttäuschend, denn das Thema ist ein sehr ernstes, und ich bin sehr stolz darauf, dass der Herr Bundeskanzler, die Frau Sozialministerin und auch der Herr Arbeitsminister, wie im Übrigen die gesamte Bundesregierung, dieses Thema außerordentlich ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Es ist nämlich ein wichtiges Thema – und das nicht erst seit heute, seit Sie von der SPÖ im Wege einer Sondersitzung Maßnahmen verlangen, sondern es ist ein wichtiges Thema, seit wir mit dem Problem, das im Übrigen ein europäisches Problem ist, zu kämpfen haben. Daher ist es auch zulässig, den internationalen Vergleich zu wagen, und Sie dürfen auch einmal anerkennen, dass es die österreichische Bundes­regierung ist, die in der aktiven Arbeitsmarktpolitik erfolgreicher ist, als es 21 andere Regierungen in Europa sind. Dazu ist dieser Bundesregierung, Herr Bundeskanzler, zu gratulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sondersitzungen, Herr Dr. Gusenbauer, schaffen im Übrigen keine Arbeitsplätze. Arbeitsplätze schaffen wirksame Programme in der Arbeitsmarktpolitik. Diese Bundes­regierung nimmt trotz einer nicht einfachen Budgetsituation 285 Millionen € in die Hand, um eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben – einen Betrag übrigens, der ja außer Streit steht, den Sie ja mit beschlossen haben. Sie sagen ja gar nicht, dass es mehr sein müsste. Sie sagen, der Betrag sei in seiner Höhe eigentlich richtig, und der Meinung sind wir auch. Diese Bundesregierung hat dann gesagt: Wir überlassen es den Experten im Arbeitsmarktservice, diese Mittel einzusetzen! Auch dazu ist ein einstimmiger Beschluss vorhanden. Angesichts dessen kann ich Ihnen nur raten, dass Sie sich intern besser mit Ihren Vertretern des Gewerkschaftsbundes abstimmen sollten. Das wäre wirklich wünschenswert.

Zur Frau Kollegin Bures, die meinte, sie höre von uns immer dasselbe! – Das stimmt, weil unser Kurs stimmt! Darum hören Sie von uns immer dasselbe! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Bures, Sie sollten aufpassen, dass Sie das Wort „Kurswechsel“ nicht zu oft in den Mund nehmen, denn immer dann, wenn Sie das Wort „Kurswechsel“ in den Mund nehmen, wechselt Ihr Parteivorsitzender den Kurs, und das ergibt einen Zickzack­kurs, den niemand in diesem Land brauchen kann! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dass die SPÖ nicht wirtschaften kann, hat sie hinlänglich bewiesen. Sie hat es beim „Konsum“ bewiesen, sie hat es bei der Verstaatlichten bewiesen, sie hat es bei der Bank Austria bewiesen, sie hat es bei der Bank Burgenland bewiesen, sie hat es bei der BAWAG und bei der „AZ“ bewiesen. Mit der Wirtschaftspolitik der SPÖ verhält es sich so wie mit dieser Sondersitzung: Außer Spesen nichts gewesen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 3,5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 50

16.53.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine geschätzten Damen und Herren hier im Saal, aber auch meine Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehern! Herr Kollege Gusenbauer hat in seiner Rede sehr eindrucksvoll sein 10-Punkte-Programm präsentiert. Nur: Wenn man sich diese 10 Punkte ansieht – ich habe das soeben gemacht –, so erkennt man, dass sie Schall und Rauch sind. Einiges, was da drinnen steht, ist nicht einmal das Papier wert, worauf es steht, andere Ansätze wären vielleicht ganz gut; ich nehme nur ein einziges Beispiel heraus: die Steigerung der Mittel für Infrastrukturmaßnahmen.

Herr Dr. Gusenbauer, das war zwar vor Ihrer politischen Zeit, das muss man Ihnen zugestehen, da hatten Sie noch keine Verantwortung in der SPÖ (der Redner zeigt ein Balkendiagramm): Von 1985 bis 1999 sind unter SPÖ-Führung für Infrastrukturmaß­nahmen 20,7 Milliarden ausgegeben worden, wohingegen in der Verantwortung unserer Bundesregierung, unter unseren Infrastrukturministern 40,5 Milliarden € für diesen Bereich ausgegeben werden. Das heißt, es gibt eine Verdoppelung der Mittel für die Infrastruktur und somit eine Verdoppelung der Zahl der Arbeitsplätze. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Weil Sie von der SPÖ sich hier herausstellen und uns förmlich damit drohen, dass Sie einen Kurswechsel anstreben und Regierungsverantwortung übernehmen wollen, meine geschätzten Damen und Herren, darf ich zwei Beispiele bringen, wie diese Regierungsverantwortung aussieht. Nehmen wir zuerst ein Beispiel aus der Vergan­genheit; Kollege Amon hat es bereits angedeutet: Da gab es den BAWAG-Skandal, bei dem 425 Millionen € in den Sand gesetzt wurden; das wurde irgendwann einmal an einem Nachmittag ausgemacht. Über 6 Milliarden Schilling wurden dabei in den Sand gesetzt.

Nächstes Beispiel: ÖGB. Der ÖGB schrieb im letzten Jahr einen Rekordverlust von über 40 Millionen €. Der Österreichische Gewerkschaftsbund hat über 40 Millionen € ver­wirtschaftet!

Weitere Beispiele: „Konsum“-Pleite, Bank Austria. Da gibt es eine ganze Menge, die man hier noch erwähnen könnte. Das ist eine Politik, die man wirklich mit Vorsicht „genießen“ sollte! (Abg. Gradwohl: Bleib bei der Landwirtschaft! Von den anderen Sachen verstehst du nichts!)

Jawohl, Heinz Gradwohl, jetzt kommen wir in die Steiermark, nächstes Beispiel: In der Steiermark ist Franz Voves angetreten für einen Wechsel in der Politik. Er hat angekündigt, dieses Land zu reformieren. Hundert Tage Franz Voves: erschreckende Bilanz!

Meine geschätzten Damen und Herren! Vor der Wahl hat Franz Voves gesagt: keine Strompreiserhöhung! – In der Steiermark hat es die massivste Strompreiserhöhung in der Zweiten Republik gegeben. (Abg. Mag. Trunk: Nach Kärnten! Nach Kärnten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es wurde kein einziger Arbeitsplatz in der Steiermark geschaffen! – Ihre Aufgeregtheit zeigt mir, dass ich Recht habe, denn sonst zeigen Sie sich eher gelangweilt in Ihren eigenen Sondersitzungen, aber heute dürfte ich Recht haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Was hingegen hat Franz Voves geschafft? – Er hat in der EStAG und in allen Landes­gesellschaften die Aufsichtsräte ausgetauscht. Herr Dr. Lacina hat endlich wieder einen Job bekommen, damit er weiterwurschteln kann. Der Landesschulratspräsident – und das müssen Sie sich schon einmal überlegen – wurde von einem Bundesrat besetzt. Das heißt, er ist jetzt Bundesrat und Landesschulratspräsident, also Doppel­verdiener. Das ist einzigartig in der Geschichte der Zweiten Republik! (Zwischenruf


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 51

des Abg. Dr. Matznetter.) Und nächstes Jahr übernimmt er noch den Vorsitz im Bundesrat und verdient damit mehr als der Bundespräsident der Republik Österreich. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist die Arbeitsplatzpolitik der SPÖ! Man sieht es in der Steiermark! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Das musst du dir gefallen lassen, das nützt nichts, das ist eure Politik!

Zusätzlich wurden über 60 Mitarbeiter der politischen Büros in die Landesverwaltung übernommen. Das heißt, dort hat man auch Arbeitsplätze für die politischen Versager in den Kabinetten geschaffen. (Abg. Mag. Trunk: In Kärnten! In Kärnten!)

Und der Gipfel ist: Was glauben Sie, wie viele Mitarbeiter Herr Landeshauptmann Voves, der Arbeitsplatzbeschaffer der SPÖ, das Aushängeschild, in seinem Kabinett hat? – 25 Mitarbeiter hat Franz Voves in seinem Kabinett! – Im Vergleich dazu: Frau Justizminister Gastinger hat zehn. – Der Vergleich macht uns sicher! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Trunk: Sie verwechseln Steiermark mit Kärnten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. 3,5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


16.57.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank, hier im Haus! Werte Zu­schauerinnen und Zuschauer! Herr Abgeordneter Scheuch, ich möchte nur mit einem Satz das kommentieren, was Sie jetzt angerichtet haben: Jemand wie Sie, Herr Kollege Scheuch, dessen Parteichef pro Tag 1 000 € Spesen verbrät – und das nicht nur über wenige Wochen, sondern über Jahre –, jemand, der so weit weg ist von dem, was die Österreicherinnen und Österreicher tatsächlich an Problemen haben, sollte zu diesem Punkt wirklich schweigen. Das wäre angebracht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Neudeck: Kommt alles der österreichischen Wirtschaft zugute! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde das tatsächlich deprimierend, dass den Regierungsparteien zu diesem Thema, das sie selbst begrüßt haben, nicht mehr einfällt als Schönfärberei. (Abg. Neudeck: In der Steiermark sind Sie ja gar nicht dabei!)

Herr Abgeordneter Molterer, wir können diskutieren über dieses Thema – aber bitte ohne Weihrauch. (Abg. Wattaul: Von Wirtschaft habt ihr keine Ahnung!) Wir sind nicht diejenigen, die die Bundesregierung, die ÖVP, die FPÖ oder das BZÖ, für alles, was es an Arbeitslosigkeit hier in diesem Land gibt, verantwortlichen machen, aber wir möchten sehr konkret darauf hinweisen, Herr Kollege Molterer, dass für die Defizite im Bereich der Bildung diese Bundesregierung die Verantwortung trägt. Sie sind ver­antwortlich (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), Sie als Bun­desregierung, dass es nach wie vor einen sehr hohen Prozentsatz von jungen Menschen gibt, die de facto als Analphabeten die Schule verlassen! Dass Sie das mit Schulterzucken oder mit „Papperlapapp“ zur Kenntnis nehmen, ist nicht in Ordnung! Das ist die Verantwortung dieser Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir können trefflich darüber streiten, ob wir die höchste Beschäftigung in Österreich haben, die wir jemals hatten. Ich sage: Nein! Herr Bundeskanzler, das, was Sie hier an Zahlen präsentieren, stimmt einfach nicht! Sie können schon mit der Zahl von Unter­nehmensgründungen, die von 22 000 auf 32 000 gestiegen ist, argumentieren, aber


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 52

dann sagen Sie bitte auch dazu, wie viele jährlich in Konkurs gehen, dann sagen Sie bitte dazu – Herr Grillitsch, Sie wissen es –, wie viele Bauern jährlich ihre Erwerbs­tätigkeit einstellen müssen! Wenn Sie alles das zusammenrechnen, dann merken Sie, dass sich in all den Jahren faktisch überhaupt nichts verändert hat – positiv nämlich. (Ironische Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Das war ja der springende Punkt! Sie wollten das Wort „positiv“ nicht hören! Das Wort „positiv“ gibt es bei Ihnen nicht!)

Was die Beschäftigung betrifft, so rechnen Sie, bitte, zusammen die Beschäftigung Unselbständiger und die Beschäftigung Selbständiger! Dann werden Sie sehen: Nichts hat sich verändert – trotz Ihrer Schalmeientöne, trotz Ihres Weihrauchs! Das Einzige, was dramatisch gestiegen ist, ist die Arbeitslosigkeit.

Ich kann mich noch erinnern an das Jahr 1997 – da hatten wir auch eine sehr hohe Arbeitslosigkeit – und daran, was damals los war! Sie waren damals auch in der Regierung, Herr Kollege Molterer (Abg. Steibl: Nicht mit dem Finger zeigen!), und vielleicht wissen Sie es noch von der Perspektive her, was da los war, was die Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei/dem BZÖ damals aufgeführt haben, wen und mit welchen Methoden sie die Mitglieder der Bundesregierung dafür verantwortlich gemacht haben.

Was wir von Ihnen erwarten, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass Sie dort, wo Sie tatsächlich Verantwortung übernehmen müssen – im Bereich der Bildung, im Bereich fehlender Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik beispielsweise, im Bereich falscher Kursmaßnahmen –, tatsächlich die Verantwortung übernehmen. Aber das tun Sie nicht – Sie reden schön, und das ist nicht gut, denn die Wahrheit ist den Menschen zumutbar, Herr Abgeordneter Molterer. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Was ist das mit der siebenjährigen Übergangsfrist? Wie können Sie das verantworten?)

Machen Sie, statt 50 000 Menschen in Kurse zu schicken, die ihnen nicht helfen, Kurse, die den Menschen helfen, die ihnen Qualifikation bieten!

Was wir kritisieren, ist, dass seit Jahren – seit Jahren! – die Aufwendungen pro Maß­nahme sinken! Die Qualität der Kurse wird immer schlechter, es wird immer dünner! Statt da gegenzusteuern und da den Menschen, die es tatsächlich brauchen könnten, mehr Möglichkeiten zu geben, tun Sie nichts. (Abg. Wattaul: Rein politisch geführt, das AMS! Nur Parteipolitik im AMS!)

Schaffen Sie die Möglichkeit für Sabbat-Urlaube! Schaffen Sie die Möglichkeit für Bil­dungsurlaube! (Abg. Wattaul: Hören Sie einmal auf mit der Parteipolitik im AMS!) Schaffen Sie Möglichkeiten für Leute, die in Beschäftigung sind und die unter zu viel Arbeitsbelastung leiden, bewusst aussteigen zu können – für Bildung, aber auch zur Erholung! Das wären Maßnahmen, die wir von Ihnen erwarten. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Schaffen Sie für die jungen Menschen Möglichkeiten, Herr Abgeordneter Molterer, dass sie wirklich einsteigen können in die Arbeit, und nicht, dass sie zwei, drei, vier oder fünf Jahre warten müssen, bis sie überhaupt einmal einen Job haben! – Sie wissen es, Herr Kollege Molterer, welche Konsequenzen das hat und was das überhaupt für die Sicherheit von jungen Menschen insgesamt bedeutet: Da geht es um die Möglichkeit, einen Hausstand zu gründen, die Möglichkeit, Partnerschaften zu leben, die Möglichkeit, Kinder in die Welt zu setzen. All das ist nämlich von dieser extremen Unsicherheit, die es heute mittlerweile für junge Menschen gibt, sehr stark betroffen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 53

Ich sage nicht, dass nur die ÖVP verantwortlich ist, aber Ihren Teil der Verantwortung, den Sie als Regierungspartei tatsächlich haben, übernehmen Sie nicht, den reden Sie schön – und das ist das Falsche in dieser Situation! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Riepl. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


17.03.15

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Was sagte eigent­lich der Arbeitsminister unserer Republik zur steigenden Arbeitslosigkeit vor knapp zwei Jahren, konkret am 5. Mai 2004? – Bundesminister Bartenstein sagte: Wir sind sehr gut unterwegs! Das Ziel bleibt natürlich Vollbeschäftigung – erst dann bin ich als Arbeitsminister zufrieden! – Zitatende.

Herr Bundesminister Bartenstein, wie zufrieden sind Sie heute? – Wir haben noch nichts von Ihnen gehört. Wenn ich mir Ihre Gesichtszüge anschaue, dann muss ich sagen, Sie machen einen zufriedenen Eindruck. Der Wirtschaft geht es gut, die Aktien­kurse steigen – da kann der Wirtschaftsminister meiner Meinung nach zu Recht zufrieden sein. (Abg. Großruck: Es ist besser, sie steigen, als sie fallen!)

Aber als Arbeitsminister? Geht es Ihnen wirklich gut als Arbeitsminister bei diesen Zahlen?

Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, haben versprochen, die Zahl der Arbeitslosen zu senken. – Das Gegenteil ist eingetreten; es ist schon darauf hingewiesen worden.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Täglich um 38 Arbeitslose mehr in den letzten fünf Jahren: Das ist das Ergebnis Ihrer Politik! Ich wiederhole: Jeden Tag gibt es um 38 Arbeitslose mehr, seit Sie in der Regierung sind, konkret in den letzten fünf Jahren!

Herr Bundeskanzler! Herr Arbeitsminister! Man kann es auf den Punkt bringen: In der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben Sie versagt! Und das Beste wäre, Sie würden das machen, was Sie jetzt machen, Herr Bundeskanzler, nämlich: Sie gehen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundeskanzler Dr. Schüssel hat den Sitzungssaal verlassen.)

Für alle Ideen sei die Bundesregierung zu haben, haben wir heute gehört. Ein kon­kretes Beispiel: die Berufsschule für Sanitär- und Heizungstechnik in Wien. Dem Direktor und den Lehrern dort tut es weh, dass es viele gibt, die die Lehre abgebrochen haben und nicht zum Lehrabschluss kommen können. Und sie bemühen sich jetzt, ein Projekt – ein Nachqualifikations-Projekt – zu starten. Der Direktor sagt: Wir wollen nicht zuschauen und warten, ob arbeitslose Jugendliche es schaffen, wieder einen Job zu bekommen, wir wollen helfen, wir wollen etwas tun und wir werden etwas tun! – Da ist Herz-Initiative dabei!

Warum bringe ich dieses Beispiel? – Ich bringe es deshalb, weil das, was an dieser Schule getan wird, gar nicht Aufgabe einer Berufsschule ist. Es wären in diesem Bereich einige gesetzliche Änderungen notwendig. Ich lade Sie ein, Herr Bundes­minister: Gehen Sie mit mir in diese Berufsschule, investieren Sie eine halbe Stunde und hören Sie dort den engagierten Lehrern zu! Da können Sie etwas lernen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt gibt es eine Reihe von Problemen – wir haben schon darauf hingewiesen –: illegale Beschäfti­gung, neue Beschäftigungsformen und vieles andere mehr. Wir werden sicher in den nächsten Ausschusssitzungen im Detail darüber reden können und auch noch weitere Vorschläge einbringen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 54

Heute möchte ich noch einen Entschließungsantrag meiner Fraktion einbringen, einen Antrag der Abgeordneten Riepl, Genossen und Genossinnen betreffend Reduzierung der LehrerInnen-Arbeitslosigkeit durch Senkung der KlassenschülerInnen-Höchst­zahlen, weil die ÖVP-Wien 22 statt 28 SchülerInnen pro Klasse fordert. – Also ganz interessant: Endlich gibt es eine Teilorganisation der ÖVP, die unsere Vorstellungen – nämlich die der Sozialdemokratie – aufgreift, und deshalb dieser Entschließungs­antrag, um auch die Rekordarbeitslosigkeit zu minimieren. Dieser Antrag lautet:

Entschließungsantrag

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, Maß­nahmen zur Reduzierung der LehrerInnen-Arbeitslosigkeit zu setzen und dem Natio­nalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahlen von 30 auf 25 vorsieht.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

Soweit unser Entschließungsantrag, sehr geehrte Damen und Herren.

Herr Klubobmann Molterer, Sie haben auch einen Entschließungsantrag, nämlich den Entschließungsantrag Mikesch, Hofmann eingebracht. Da wird der Geschäftsführer des AMS Wien, Finster, zitiert. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das ist eine Dame, Herr Kollege! Um Gottes willen!) Der Geschäftsführer heißt Claudia Finster, ist eine Kollegin, eine Dame, und es ist ein bisschen peinlich, wenn Sie hier Unterlagen vorlegen, in denen nicht einmal mehr die Geschlechter auseinander gehalten werden. Ich würde sagen: Ziehen Sie das zurück und korrigieren Sie das! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Riepl soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung:

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduzierung der LehrerInnen-Arbeitslosigkeit durch Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahlen, eingebracht im Zuge der Debatte anlässlich der Sondersitzung zum Thema „Rekordarbeitslosigkeit in Österreich“

Im Rahmen einer aktuellen Plakat-Aktion fordert die ÖVP-Wien unter dem Titel „Kleinere Klassen = mehr Qualität für SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen“ eine Senkung der KlassenschülerInnen-Zahlen.

Von der Rekordarbeitslosigkeit sind auch JunglehrerInnen betroffen.

Alljährlich suchen tausende AbsolventInnen von Lehramtsstudien eine Anstellung an Österreichs Pflicht- und allgemein bildenden höheren Schulen. Die befristeten Dienst­verträge werden oft nicht verlängert. Es ist pädagogisch unbestritten, dass in kleineren Klassen mehr auf die individuellen Bedürfnisse der SchülerInnen (Teilleistung­schwächen, sonderpädagogischer Förderbedarf, Behinderungen, besondere Begabun­gen, Integration von SchülerInnen mit nichtdeutscher Muttersprache) eingegangen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 55

werden könnte. Eine Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahlen könnte die Schulqualität verbessern und gleichzeitig die Arbeitslosenrate bei LehrerInnen senken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, Maß­nahmen zur Reduzierung der LehrerInnen-Arbeitslosigkeit zu setzen und dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine Senkung der Klassen­schülerInnen-Höchstzahlen von 30 auf 25 vorsieht.“

*****

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung bean­tragt haben, einen Untersuchungsausschuss zur Durchführung des Projektes Chip­karte/e-card einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bun­desminister.

17.08.44

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich möchte mein Statement beginnen mit der Reaktion auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Riepl:

Selbstverständlich bin ich nicht zufrieden mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt!

Selbstverständlich sind mir 326 000 arbeitslos gemeldete Menschen per Ende Jänner viel zu viel!

Selbstverständlich ist es ein Faktum, dass 54 000 Österreicher und Österreicherinnen in Qualifizierung sind, und das sind Menschen, die man, wenn man so will, als Arbeit suchend bezeichnen kann.

Selbstverständlich ist mir auch die Tendenz, dass wir im Jahresabstand um etwa 10 000 Arbeitslose mehr zu verzeichnen haben, nicht recht.

Aber wie schon am Anfang dieser Sondersitzung des Nationalrates, meine sehr verehrten Damen und Herren, frage ich mich schön langsam ein wenig nach der Ernsthaftigkeit des Anliegens vor allem der sozialdemokratischen Opposition.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man nach mehreren Jahren Tätigkeit im Hohen Haus, noch dazu mit dem Zentrum der Tätigkeit hier in Wien, nicht weiß, wer denn die Geschäftsführer, die stellvertretenden GeschäftsführerInnen des AMS Wien


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 56

sind und dann auch hier zitiert, frage ich mich, Herr Riepl: Was denken Sie sich eigentlich dabei, wenn Sie hier ein derartiges Maß an Unwissen zur Schau stellen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ! Wenn in diesem Dringlichen Antrag ... (Abg. Riepl: Das habe ich nicht verstanden, Herr Bundesminister! Wieder­holen Sie das bitte!) Es wirft ein bezeichnendes Licht auf Sie, sehr geehrter Herr Abgeordneter, und Ihre „Ernsthaftigkeit“. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn noch am 6. Februar dieses Jahres die Sozialdemokraten ihr Maßnahmenpaket vorgestellt haben und in diesem Zusammenhang von 380 000 Arbeitslosen die Rede gewesen ist, Dr. Gusenbauer aber heute immer wieder von 380 000 Arbeit Suchenden gesprochen hat, dann wird man den Verdacht nicht los, dass hier ein Spiel gespielt wird, das – darauf wurde schon hingewiesen – selbst unabhängige Redak­teure des ORF heute als etwas bezeichnen, was politisch möglichst hoch erscheinen soll und daher schon sehr problematisch ist. – Zitat: Da wird meiner Meinung nach ein politisches Spiel auf dem Rücken der Arbeitslosen getrieben. – Meine sehr verehrten Damen und Herren: O-Ton ORF heute Mittag, ein unabhängiger Redakteur. (Abg. Heinzl: Das ist sicher der Herr Mück!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dann auch dem Ansinnen von Dr. Gusenbauer nachgekommen und habe mir den Antrag und seine zehn Punkte, dieses „Maßnahmenpaket“, weiter durchgesehen im Sinne dessen, was man daraus lernen kann und: Ist etwas Neues dabei? – Ich muss sagen: Viel ist es nicht! Im Großen und Ganzen sind es Punkte, die wir ohnehin 1 : 1 umsetzen. Denn: Wir sind für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa, wir investieren in Infrastruktur, wir überlegen uns weitere Investitionsprogramme zur thermischen Gebäudesanierung, und, und, und.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Punkt 10 wird verlangt, es müsse ein alternatives Arbeitsmarktpaket geschnürt werden. – Und das kommt aus dem Mund es Oppositionsführers, der vor einigen Wochen noch hier gesessen ist und gemeinsam mit seiner Fraktion einem Arbeitsmarktpaket die Zustimmung erteilt hat, das all das beinhaltet, was heute neuerlich gefordert wird, mit keinerlei Variationen, eines Oppo­sitionsführers, der zur Kenntnis nehmen muss, dass die Sozialpartner in ihrer Kom­petenz einstimmig dieses Paket in den Leitungsgremien des AMS nicht nur verab­schiedet haben, sondern dort auch die zahlenmäßige Verteilung der entsprechenden Schwerpunkte festgelegt haben.

Ich bin ganz der Meinung des Herrn Professors Van der Bellen, wenn er sagt, Schwer­punkt müsse die Qualifizierung der Jugendlichen sein. Wenn hier aber die Experten des AMS und der Verwaltungsrat zusätzliche Arbeitsmarkt- und Qualifizierungs­pro­gramme für junge Menschen in einer Größenordnung von 30 600 Qualifizierungs­chancen für 2006 festgelegt haben, was denkt sich da Herr Dr. Gusenbauer, wenn er in seinem Antrag formuliert, 20 000 Jugendliche sollen es sein, was um 10 000 weniger sind, als die Experten des AMS einvernehmlich festgelegt haben?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was denkt sich ein Dr. Gusenbauer, wenn er heute hier sagt, 20 Prozent der Arbeitnehmer Österreich würden unter 1 000 € verdienen? Da muss man sich erst einmal überlegen: Was könnte denn da gemeint sein: die geringfügig Beschäftigten, die Teilzeitbeschäftigten? Das wäre sonst eine massive Anklage, gerade gegenüber dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, gegen­über den Sozialpartnern, wenn 20 Prozent der Österreicher unter 1 000 € ver­dienen würden! – So viele sind es Gott sei Dank nicht. Also eine weitere Fehlein­schätzung, eine weitere Aussage des Herrn Dr. Gusenbauer, die wir nicht verstehen, meine sehr verehrten Damen und Herren!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 57

So gesehen von unserer Seite also keine fundamentalistische Ablehnung, sondern ein kritische Analyse dessen, was die Sozialdemokratie und Herr Gusenbauer und natürlich auch Präsident Verzetnitsch heute gesagt haben und was mich jedenfalls sehr weit reichend an der Ernsthaftigkeit dieses Anliegens zweifeln lässt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun auch einige Bemerkungen zur Dienst­leistungsrichtlinie, zu einem Thema, das morgen im Europäischen Parlament in erster Lesung zur Diskussion stehen wird und für Donnerstag zur Abstimmung ansteht.

Was denkt sich die Sozialdemokratie dieses Landes, wenn es Donnerstag letzter Woche zu einem großen Kompromiss – er wurde als „Durchbruch“ bezeichnet – zwischen Christdemokraten und Sozialdemokraten Europas gekommen ist, wenn am Freitag letzter Woche Herr Swoboda, fürwahr kein Unbekannter, sondern ein promi­nenter, ein kompetenter Sozialdemokrat, gemeinsam mit unserem Othmar Karas diesen Kompromiss in Wien vorgestellt hat und er unter anderem auch darauf verwiesen hat, dass zum Beispiel Lohndumping, Sozialdumping auf Grund dieser Richtlinie und auf Grund dieses erzielten Kompromisses nicht mehr möglich sind? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was denkt sich eine Sozialdemokratie Österreichs, wenn in Punkt 3 ihres 10-Punkte-Programms gesagt wird, die EU-Dienstleistungsrichtlinie müsse überarbeitet werden, das angedachte Herkunftslandprinzip müsse unbedingt verhindert werden? – „Her­kunfts­landprinzip“, Herr Verzetnitsch, steht nicht mehr drinnen (Abg. Sburny: Das gibt’s aber trotzdem noch immer!), und das, was drinnen steht, ist von den Sozial­demokraten akzeptiert worden, von Ihrem Herrn Swoboda und von vielen anderen begrüßt worden, und auch ich meine, dass es eine gute Basis für die weitere Tätigkeit ist.

Man fragt sich also als zuständiger Arbeitsminister: Wo ist die Ernsthaftigkeit bei dem Anliegen, eine Sondersitzung abzuhalten, und man merkt die Absicht und ist ein wenig verstimmt, wenn man den Dingen auf den Grund geht. Ich sage einmal, und das ist mehr als ein Verdacht, dass Sie den Österreichern über Wochen Angst machen und Sorge bereiten wollten, dass eine Arbeitslosigkeit von über 400 000 zu befürchten wäre. Sie haben genau gewusst, dazu würde es nicht kommen, aber Sie wollten da auf dem Rücken der Arbeitnehmer ein frivoles Spiel treiben – und Sie tun es noch. Distanziert davon haben Sie sich heute nicht wirklich, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da Herr Professor Van der Bellen seitens der Grünen Kritik an der Verlängerung der Übergangsfristen durch die Bundesregierung, durch mein Haus, um drei Jahre geübt hat, meine ich: Es ist gut, dass auch das im Hohen Haus diskutiert wird. Abgesehen davon sind wir der Auffassung, dass die Kommission, bei aller Wertschätzung ihrer Arbeit und ihres Berichtes, zwei ganz wesentliche Dinge nicht in den Bericht aufgenommen hat, nämlich die Frage der geographischen Verhältnisse in Europa, etwa Nähe Wien – Bratislava im Vergleich zum Beispiel zu Prag – London, dass die Europäische Kommission auch nicht wirklich ein Szenario durchgerechnet hat im Hinblick darauf: Was wäre in Österreich geschehen, hätten wir von den Übergangs­fristen in den ersten zwei Jahren nicht Gebrauch gemacht?

Darf ich Sie schon darauf verweisen, dass Österreich heute schon jenes Land ist, neben den Deutschen und den Spaniern, das auf seinem Arbeitsmarkt den höchsten Anteil an Drittstaatsangehörigen hat und dass wir uns vor nichts und niemandem in Europa verstecken müssen, was unsere Akzeptanz ausländischer Arbeitnehmer aus anderen EU-Ländern oder überhaupt aus Nicht-EU-Ländern anbelangt. Das sei schon einmal mehr sehr deutlich gesagt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 58

Selbstverständlich werden wir im Hinblick auf die zwar nur leicht, aber doch nach wie vor steigende Arbeitslosigkeit in Verantwortung um die Arbeitnehmer Österreichs von der Verlängerung dieser Übergangsfristen Gebrauch machen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich abschließend – weil ich vorhin sehr stark darauf eingegangen bin, dass hier mit Begriffen wie Arbeit Suchende, Arbeitslose ein wenig Polemik auf dem Rücken der Arbeitnehmer betrieben wird – auf die Problematik der Menschen in Österreich mit Wiedereinstellungszusage, mit Einstellungszusage eingehen.

Dass das ein Faktum ist, gewissermaßen gelebte Tradition, dass das nicht zur Gänze vermeidbar ist, insbesondere in den Bereichen Bau und Tourismus, sei hier durchaus konzediert. Aber, Herr Präsident Verzetnitsch, was mich alarmiert, das ist, dass wir zwar per Ende Jänner rund 3 Prozent mehr Arbeitslose in Österreich haben, aber um 13 Prozent mehr Menschen mit Einstellungs- und Wiedereinstellungszusage, dass wir mit 113 000 Arbeitnehmern mit Wiedereinstellungs- und Einstellungszusage hier neue Rekordwerte erreichen, dass wir nicht mehr 80 oder 90 Prozent der Einstellungs­zusagen in den Bereichen Bau und Tourismus haben, also in klassischen Saison­branchen – auch dort soll man verstärkt über Saisonverlängerungsmodelle nachden­ken und diese auch tatsächlich umsetzen –, sondern dass bereits 41 Prozent der Arbeitnehmer mit Einstellungszusage aus anderen Branchen kommen (Abg. Ver­zetnitsch: ... sonst nicht vermittelbar!), sogar aus dem Bereich (Abg. Dr. Van der Bellen: Öffentlicher Dienst!) des öffentlichen Dienstes – da bin ich einmal ausnahms­weise mit Ihnen einer Meinung –, und auch das wird aufzuzeigen und zu analysieren sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! 326 000 Arbeitslose – 326 000 zu viel! Und wenn Sie von Arbeit Suchenden Menschen sprechen, dann können Sie auch diejeni­gen, die in Schulung sind, dazuzählen, aber dann ist es ein Gebot der Fairness und der Ehrlichkeit, auch zu sagen: Die 113 000 Menschen mit Einstellungszusage suchen alles, nur keine Arbeit. Das muss man auch dazusagen, und das hätte ich mir gerade vom Herrn Präsidenten Verzetnitsch als einem der führenden Sozialpartner Europas bei der Erläuterung dieser Dringlichen Anfrage im Rahmen der Sondersitzung schon erwartet. (Beifall bei der ÖVP.)

17.19

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.20.00

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Österreichs Wachstum liegt sys­tematisch über dem europäischen Durchschnitt: Österreich wird von 2002 bis 2006 um insgesamt rund 1,25 Prozentpunkte rascher als der Durchschnitt der EU-15-Länder wachsen. Meine Damen und Herren! Das beweist, dass diese Bundesregierung hervorragende Arbeit geleistet hat! Und im Vergleich zu Deutschland ist Österreich seit der deutschen Wiedervereinigung sogar ein Wachstumsvorsprung von über 10 Pro­zentpunkten gelungen! In Geldgrößen ausgedrückt bedeutet dieser von uns allen in Österreich erarbeitete Wachstumsvorsprung gegenüber Deutschland, dass über die letzten 15 Jahre hinweg die Erwerbstätigen in Österreich pro Kopf im Durchschnitt insgesamt um über 50 000 € mehr an Einkommen erzielt haben. Selten lässt sich so eindrucksvoll aufzeigen, dass höheres Wirtschaftswachstum unmittelbar für mehr Ein­kommen und mehr Wohlstand steht.

Auch die Beschäftigung ist in Österreich im Vergleich zu Deutschland seit dem Jahr 2003 um das Vierfache gestiegen. Meine Damen und Herren! Während die abge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 59

wählte rot-grüne Regierung in Deutschland 1 000 Jobs pro Tag vernichtet hat, schafft die österreichische Bundesregierung durch Steuerreform, durch Konjunkturpakete und so weiter 100 Arbeitsplätze pro Tag (Beifall bei der ÖVP – Abg. Öllinger: Aber nur am Papier! Nur am Papier!) – weil diese Regierung gute Arbeit leistet, Herr Kollege Öllinger, weil diese Regierung den Mut zu diesen Steuerreformen, zu diesen Wachs­tumspaketen hat und somit Beschäftigung in Österreich schafft, weil diese Regierung entsprechende Infrastrukturinvestitionen tätigt, beispielsweise in die so wichtige Breitbandtechnologie, die gerade für den ländlichen Raum enorm wichtig ist, damit wir dort auch den Wirtschaftsstandort entsprechend attraktiv gestalten können!

Da Frau Kollegin Bures hier sagte, sie habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Arbeitslosenzahlen im Winter etwas höher sind, sage ich Ihnen – ich bin auch zuständig für das FHP, für diese Wertschöpfungskette Forst-Holz-Papierindustrie –: Fragen Sie einmal die Forstarbeiter, die Sägearbeiter, ob es bei dieser klirrenden Kälte, bei diesen meterhohen Schneelagen, die es derzeit gibt, lustig ist, in den Wald zu gehen! Es wird dort gezwungenermaßen, weil jetzt zu wenig Holz hereinkommt, die Produktion zurückgenommen, und dadurch stehen dort kurzfristig automatisch weniger Arbeitsplätze zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Wer behauptet, dass das Wetter keine Rolle spielt, und wer für das Wetter die Bundesregierung verantwortlich macht, der hat wirklich keine Ahnung! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dipl.-Ing. Kummerer und Silhavy.)

Abschließend: Herr Kollege Van der Bellen, ich bin in Fragen betreffend Biomasse und Öko-Energie in vielen Teilen Ihrer Meinung, nur nicht bei dem, was Sie heute be­hauptet haben, nämlich dass wir weniger gemacht hätten. Wissen Sie, was mir lieber gewesen wäre? – Wenn Sie einmal eine klare Position eingenommen hätten zur Position der SPÖ, was das Ökostromgesetz betrifft (Abg. Sburny: Haben wir eh!), nämlich dass man über Gas geförderte KWK-Anlagen im Ökostromgesetz unterstützt. Dazu habe ich von Ihnen leider nie etwas gehört (Abg. Dr. Gabriela Moser: Lesen Sie nach in der APA!), weil die Position der SPÖ, was Biomasse betrifft, für uns auch eine eindeutige ist: Diese sind nämlich lieber von den Ölscheichs abhängig als von den österreichischen Bauern und von den österreichischen Energieproduzenten, die sich mit Biomasse auseinander setzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Abschließend: Ihre Arbeitsplatzpolitik, gerade für den ländlichen Raum, kennen wir. Gerade die Förderung für die ländliche Entwicklung, die jetzt Bundeskanzler Schüssel in Brüssel gemeinsam mit Minister Pröll gesichert hat, wollten Sie mit Gusenbauer an der Spitze um 50 Prozent kürzen, meine Damen und Herren! Damit hätten Sie in Österreich 530 000 Arbeitsplätze gefährdet. Daher sage ich Ihnen ganz offen: Öster­reichs Zukunft legen wir auch in Zukunft vertrauensvoll in die Hände unseres Bundeskanzlers Schüssel und seines Teams! (Beifall bei der ÖVP.)

17.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.23.59

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich würde mir tatsächlich mehr Ernsthaftigkeit bei dieser Thematik, der Situation am Arbeitsmarkt, wünschen. Für mich ist es nicht verständlich, da doch die Fakten und die Zahlen zur Arbeitsmarktsituation seit einiger Zeit bekannt sind, warum denn heute dieser Dringliche Antrag gestellt wird. Ich habe mir überlegt: Warum war es in der vorletzten Woche wichtig, über die Sicherheit der „Saliera“ zu sprechen, obwohl diese Zahlen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 60

damals bereits bekannt waren? Ich habe damit gerechnet, dass während der Wiener Ferienwoche beispielsweise eine Sondersitzung anberaumt wird, wenn das Thema entsprechend dringlich ist. Das war es offensichtlich nicht, und man kann auch zurückblicken und schauen, wann denn das letzte Mal eine Sondersitzung in der Wiener Ferienwoche stattgefunden hat: Es waren immer andere Ferienwochen. – So viel zur Dringlichkeit. (Abg. Silhavy: Das ist aber in der Präsidiale beschlossen worden!)

Ich würde mir auch wünschen, geschätzte Damen und Herren, dass Sie Gleiches mit Gleichem vergleichen – und nicht Äpfel mit Birnen, wie Sie es zum Beispiel bei der absoluten Zahl der Arbeitslosigkeit machen: In den neunziger Jahren war es nämlich immer üblich, die Arbeitslosenzahl um die in einer Schulung Befindlichen zu redu­zieren; seit Sie in Opposition sind, findet das von Ihrer Seite und auch medial nicht mehr statt. Ich wünsche mir nicht, dass wir gleichsam in Schulungen Arbeitslose verstecken. Die Schulungen machen Sinn und sorgen letztlich dafür, dass wieder mehr Personen in Beschäftigung gelangen. Aber vergleichen wir Gleiches mit Gleichem!

Sie treffen in Ihrem Dringlichen Antrag die Feststellung, dass ein Wirtschaftswachstum von 2,5 bis 3 Prozent erforderlich wäre, um die Arbeitslosigkeit entsprechend zu reduzieren. Sie hätten jetzt, zumal die Wiener Ferienwoche nicht für eine Sonder­sitzung genutzt wurde, die Zeit nutzen können, um beispielsweise zur Erkenntnis zu gelangen, dass die Zahl, dieser Schwellenwert, ab dem Arbeitslosigkeit reduziert wird, in Österreich derzeit bei 4 Prozent liegt, in der Bundesrepublik Deutschland bei 3,4 Prozent, und könnten sich Gedanken darüber machen, wie wir diesen Schwellen­wert wieder absenken, welche Mechanismen hiefür verantwortlich sind.

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Sie am liebsten auch die Teilzeitbeschäftigten – und ich sage ausdrücklich dazu: es gibt viele Personen, insbesondere weibliche Bürger, denen es ein Anliegen ist, in Teilzeit arbeiten zu können – als Teilzeitarbeitslose betrachten und noch in die Statistik der Arbeitslosen mit aufnehmen würden.

Die Zahlen, geschätzte Damen und Herren, sprechen für sich. Sie haben sich darauf verstiegen, immer nur in der Relation Veränderungen aufzuzeigen; nennen Sie auch einmal die absoluten Zahlen! Diese sind ein Beweis dafür, dass diese Bundesregierung vernünftig gearbeitet hat, eine vernünftige Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik betrie­ben hat, denn ansonsten wäre es nicht möglich, dass wir im Spitzenfeld, nämlich was die Niedrigkeit der Arbeitslosigkeit anlangt, in der Europäischen Union liegen.

Dass die Bundesregierung alles gemacht hat, das beweisen die Konjunkturpakete, das beweisen die Wachstums- und Beschäftigungspakete. Und dass dabei in Österreich der soziale Gedanke nicht zu kurz gekommen ist, beweist der Umstand, dass die Sozialquote um rund 1 Prozent gegenüber dem Jahr 1999 gestiegen ist. In Österreich ist es also auch mit der sozialen Wärme gut bestellt! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. Frau Abgeordnete, Sie haben 5 Minuten Redezeit gewählt; der gesamte Klub hat nur noch 7 Minuten Restredezeit. (Abg. Sburny – auf dem Weg zum Rednerpult –: Dann stellen Sie sie mir auf 4 Minuten ein!) – Gut, 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.28.40

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regie­rungs­mitglieder! Hohes Haus! Ich gebe zu, dass es eine Herausforderung ist, in Zeiten wie diesen neue Arbeitsplätze zu schaffen, aber der Seriosität, mit der Herr Grillitsch hier


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 61

ans Rednerpult tritt und behauptet, die Regierung schaffe 100 Arbeitsplätze pro Tag, kann ich eine ebensolche Seriosität entgegensetzen:

Wenn man das, was Sie da behaupten, nämlich berechnet, dann kommt man in sechs Jahren schwarz-blauer beziehungsweise blau-schwarzer Regierung auf 216 000 Ar­beitsplätze. Wenn man jetzt mit einrechnet, dass Sie bei diesen Zahlen die Kinder­geldbezieherInnen dabei haben – das sind zirka 140 000 – und auch die Zivildiener mit einbeziehen – das sind in sechs Jahren zirka 50 000 –, kommt man auf 190 000. – Das sind jetzt nur einmal die zwei großen Gruppen, die Sie da hineingemixt haben. – Das heißt, es bleiben dann noch 26 000 Arbeitsplätze übrig (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Kumuliert! Kumuliert!), die Sie irgendwie anders, vielleicht durch Teilen von Ganzzeit-Arbeitsplätzen, tatsächlich geschaffen haben. Ich sage Ihnen etwas: Mit der Ökoenergie schaffen wir das locker in drei Jahren! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte bei diesem Thema bleiben, weil Sie das noch einmal angesprochen haben: Sie haben im Jahr 2003 – Respekt! – ein Ökostromgesetz geschaffen, das sicher ein Fortschritt war. Sie haben im Jahr 2004, als Sie gesehen haben, dass es erfolgreich ist, angefangen, es wieder zu demontieren. Und jetzt, im Herbst 2005, ist Ihnen tatsächlich gelungen, auch die SPÖ zu überreden – die im Jahr 2004 noch gesagt hat, sie wird dem nie im Leben zustimmen –, im Ausschuss mit Ihnen mitzugehen. Sie sind drauf und dran, eines der wirklich erfolgreichsten Gesetze – das nämlich auch Arbeits­plätze gebracht hat! – wieder umzubringen. Und das nennen Sie positive Arbeits­marktpolitik?! (Beifall bei den Grünen.)

Ich verstehe das wirklich nicht, denn wenn man sich das rein vom Wirtschaftlichen her anschaut – ich rede jetzt nicht von Klimaschutz, nicht von den Abhängigkeiten vom Öl, sondern ich rede jetzt nur von den Arbeitsplätzen –, wie sich diese Branche entwickelt hat, kann man sehen, dass die Öko-Energie-Branche, im Gegensatz zu vielen anderen Branchen, die einzige ist, die jährliche Wachstumsraten von über 10 Prozent hat – und das, obwohl immer behauptet wird, dass nur der Telekombereich das schaffen werde. Mitnichten: Die Öko-Energie-Branche hat das geschafft!

Sie sagen, ja, das ist so. Aber warum beenden Sie es dann mit der Novelle? Sie machen hier einen Schnitt durch, der genau diese Wachstumsbranche ganz ent­scheidend in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen behindern wird.

Kollege Scheibner hat vorhin gesagt, es geht darum, die Betriebe dabei zu unter­stützen, auch international zu bestehen, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit unsere Betriebe international Fuß fassen können. – Genau das ist passiert: Mit diesem Ökostromgesetz haben Sie eine wichtige Maßnahme dafür gesetzt! Ich nenne nur zwei Beispiele – Sie kennen sicher selbst viele andere –: Die Firma Fronius in Oberöster­reich, Produzent von Wechselrichtern im Solarbereich, ist Weltmarktführer – das ist doch das, was Sie sich immer wünschen! –, 80 Prozent exportorientiert. Und wissen Sie, was Sie mit denen machen? – Sie nehmen ihnen mit dieser neuen Ökostrom­gesetz-Novelle die Planungssicherheit (Ruf bei der ÖVP: Wer hat Ihnen das gesagt?), und Sie verunsichern die gesamte Branche, ebenso wie zum Beispiel in Güssing, wo ein Kompetenzzentrum für Biomasse mit zusätzlichen 400 Arbeitsplätzen geschaffen wird und wo man nicht weiß, ob das nächstes Jahr alles noch Bestand haben wird. (Abg. Hornek: Das ist doch ein Unsinn! Das stimmt nicht!)

So werden Sie in der Branche keine Sicherheit schaffen! Sie schaffen auf diese Weise vielmehr Verunsicherung und Sie verhindern, dass in den nächsten Jahren Tausende Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen werden. (Beifall bei den Grünen. – Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Hornek.)

17.32



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 62

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort. Gesamtrestredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.32.45

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Umgang mit dem Thema Arbeitslosigkeit, der hier von einigen Abgeordneten der Regierungsfraktionen an den Tag gelegt wurde, macht tief betroffen. Aber noch erschütternder war der Umgang des Herrn Bundeskanzlers mit der Thematik Arbeitslosigkeit, als er sich heute geoutet hat, indem er die Höhe der Sozialquote von 29,4 Prozent als positiv hervorgehoben hat, obwohl er ganz genau weiß, dass sie nur wegen der steigenden Arbeitslosigkeit entstanden ist.

Sie nennen hier als Schlagwort eine „Armutsbekämpfung“ seit dem Jahr 2000; in Wirk­lichkeit aber steigt die Armut seit dem Jahr 2000! Wenn in einem reichen Land wie Österreich über eine Million Menschen armutsgefährdet sind, dann sollten Sie hier nicht von erfolgreicher Politik sprechen, meine Damen und Herren. Das ist eine Politik des Versagens und nicht des Erfolges! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, da wir in diesem Land gerade sehr anhaltende Minus­temperaturen verzeichnet haben: Es ist erschütternd, dass Sie trotz dieser Armut, die Sie auch zu verantworten haben, den Ärmsten der Armen nicht einmal einen bundes­einheitlichen Heizkostenzuschuss gewährt haben. (Abg. Murauer: ... nach dem Burgenland richten!) Es ist wirklich sehr traurig und es spricht von der sozialen Kälte, die in diesem Haus auf der rechten Seite herrscht. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Wien: 50 €! – Abg. Freund: Oberösterreich: 150!)

Der Herr Bundeskanzler hat auch die Sozialhilfe angesprochen, die seines Erachtens zu wenig angehoben worden ist. Wieso konnte diese nicht besser angehoben werden? – Weil immer mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit in die Sozialhilfe gehen, weil die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht für den normalen Lebensunterhalt reichen! – Das ist beschämend, dafür sollten Sie sich genieren, und das ist eine Schande für Österreich!

Besonders kaltschnäuzig gehen Sie aber mit Frauen um. Herr Bundesminister Barten­stein hat sich ja so gelobt, dass er so tolle neue Ideen habe. – Eine Idee ist offensichtlich der Dienstleistungsscheck: unter der Geringfügigkeit! Die zweite Idee ist der Kombi-Lohn: unter 1 000 € Einkommen! – Das sind Ihre „zukunftsweisenden“ Vor­stellungen für Menschen, für Frauen in Österreich?! – Wir „danken“ dafür, und die Bevölkerung wird sich auch dafür „bedanken“! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich will das Thema Kindergartenplätze oder flexibles Kinderbetreuungsgeld gar nicht mehr ansprechen. Wir haben das schon so oft hier in diesem Haus angesprochen. Sie sind nicht einmal bereit, darüber zu diskutieren. Sie sagen: Nein, da darf sich nichts ändern! Das könnte ja etwas kosten, und da müsste man ja eventuell flexibler sein – vielleicht auch die Wirtschaft einmal flexibler sein, nicht nur die Arbeitnehmer. Da gibt es also nicht einmal eine Diskussion darüber – nichts!

Da Sie uns von der SPÖ heute vorwerfen, wir hätten keine neuen Ideen, halte ich Ihnen entgegen: Ich habe nichts darüber gehört, was eigentlich dagegen spricht, eine Neuauflage der Aktion 8000 zu machen, warum man so etwas nicht machen könnte! – Kein einziger Redner, keine einzige Rednerin, kein Regierungsmitglied ist darauf eingegangen. Es gibt Analysen, die besagen, diese Aktion war erfolgreich.

Unsere Politik war jedenfalls erfolgreich – im Gegensatz zu Ihrer. Deswegen ist ein Wechsel dringend notwendig für die Menschen in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 63

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mikesch zu Wort. Frau Abgeordnete, Sie haben 3 Minuten Wunschredezeit gewählt; die Ge­samt­restredezeit Ihres Klubs beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


17.36.16

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regie­rungsmitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eines gleich vorweg: Mit Krank­jammern und Schlechtreden schaffen wir sicherlich keinen Arbeitsplatz. Arbeit schafft nur, wer arbeitet, und das tun wir!

Ich danke Herrn Abgeordnetem Riepl für den Hinweis und bringe nun den korrigierten Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herta Mikesch, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend Maßnahmen der Bundesregierung für Wachstum und Beschäftigung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat begrüßt die aktuellen Wachstums- und Beschäftigungsoffensiven der Bundesregierung.“ (Abg. Mag. Kogler: Welche? – Abg. Öllinger: Welche denn?) „Die zuständigen Bundesminister werden ersucht,

die Umsetzung der beschlossenen Initiativen, insbesondere die Qualifikationsoffensive Unternehmen Arbeitsplatz rasch voranzutreiben, um somit möglichst rasch die Chancen von arbeitslosen Menschen für eine erfolgreiche Re-Integration in den Arbeitsmarkt zu steigern,

den erfolgreichen Weg der Lehrlingsförderung fortzusetzen,

das Ziel einer Forschungsquote von 3 Prozent konsequent weiter zu verfolgen, und dadurch, im Zusammenwirken mit den gesetzten bildungspolitischen Maßnahmen Österreich zu einem führenden Wissens- und Innovationsstandort weiterzuentwickeln,

den mit der Steuerreform 2004/2005 begonnenen Weg einer Vereinfachung des Steuer­systems und steuerlichen Entlastung mit dem Ziel der Absenkung der Abgabenquote bis 2010 auf unter 40 Prozent konsequent fortzusetzen,

investitionsfördernde und arbeitsplatzsichernde beziehungsweise -schaffende Maßnah­men für die klein- und mittelständische Wirtschaft fortzusetzen sowie

gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass im Sinne einer stabilitätsorientierten Politik die Budgetdisziplin gewahrt bleibt.“

*****

(Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wittauer.)

Meine Damen und Herren! Im Jahr 2006 wird zirka um 1 Milliarde – oder 133 Prozent – mehr im Kampf gegen Arbeitslosigkeit eingesetzt als im Jahr 1999. EU-Kommissar Špindla (Rufe bei der SPÖ: Špidla!) hat Österreich und Dänemark als die beiden dynamischsten Arbeitsmärkte bezeichnet. Dort freut man sich – bei uns jammern Sie. Aber das ist so mit Ihrer SPÖ-Politik: Viele Worte, wenige Taten. Beim Termin, bei dem es um die Erhaltung von Austria Frost ging, musste der rote Bürgermeister vom Lan­deshauptmann herbeigeholt werden, um diese Arbeitsplätze zu retten! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ: Bei diesem Zickzackkurs, den Sie in den letzten Jahren gelebt haben, kann ich unseren Landeshauptmann schon verstehen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 64

wenn er meinte, dass Alfred Gusenbauer auf dem Weg in die Regierung noch sehr viele Lehrjahre zu absolvieren hat – denn in dieser Position ist ein Meister gefragt, und den haben wir mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel! (Beifall bei der ÖVP.)

17.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Mikesch eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herta Mikesch, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen der Bundesregierung für Wachstum und Beschäfti­gung

Europas Wirtschaft insgesamt leidet seit mehreren Jahren an einer Wachstums­schwäche. Doch mehrten sich im 2. Halbjahr 2005 die Zeichen für eine konjunkturelle Erholung im Euroraum; der Euroraum folgt derzeit einem Aufwärtstrend. Das kräftige Wachstum der Weltwirtschaft kommt bei sinkendem Euro-Kurs verstärkt den Exporten zugute. Österreichs Wachstumsraten liegen seit 2003 über jenen der EU-15 bzw. EU-25.

Das WIFO hat im Dezember 2005 seine Wachstumsprognose erhöht. Für das Jahr 2005 gehen sowohl das WIFO als auch das IHS von einem Wachstum von 1,9 % aus. Für das Jahr 2006 liegen die Prognosen mit 2,4 % (WIFO) bzw. 2,3 % (IHS) deutlich höher.

Österreichs Wirtschaft hat in der 2. Jahreshälfte 2005 an Dynamik gewonnen und die heimische Konjunktur hat sich seit Jahresmitte 2005 gefestigt. Die Konjunkturerholung wird im Wesentlichen von den Exporten und Investitionen getragen. Darüber hinaus wirkt sich die abzeichnende konjunkturelle Verbesserung bei unserem Haupthandels­partner Deutschland besonders positiv auf das heimische Wachstum aus.

Seit einigen Monaten deuten die Unternehmensumfragen im Euroraum auf eine Belebung der Konjunktur hin. Auch in Österreich zeigen die Befragungen im November eine weitere leichte Verbesserung der Auftrags- und Geschäftslage.

Hohe Wettbewerbsfähigkeit, niedrige Inflationsraten und eine – auch im internationalen Vergleich – noch immer geringe Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig stetig ansteigender Beschäftigung sind dafür sichtbare Zeichen.

Zusätzlich zur stabilitätsorientierten Finanzpolitik, die darauf abzielt, öffentliche Aus­gaben zu senken, um Spielraum für Zukunftsinvestitionen zu schaffen, wurden zur richtigen Zeit die richtigen Maßnahmen seitens der Bundesregierung ergriffen.

Die österreichische Bundesregierung hat seit 2001 eine Reihe von kurz- und lang­fristigen Initiativen getroffen. Mit diesen Schritten wurden das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung erhöht. Die Konjunkturbelebungspakete I und II im Frühjahr und Herbst 2002, das Wachstums- und Standortpaket im Herbst 2003, das Wachstums- und Beschäftigungsgesetz 2005 (unter anderem mit einem zusätzlichen Forschungs­schwerpunkt von 1,3 Mrd.€), die regionale Wachstums- und Beschäftigungsoffensive 2005/2006, aber auch die größte Entlastung der vergangenen Jahrzehnte für Unter­nehmer und Konsumenten durch die Steuerreformen der Jahre 2004/2005 mit einem Volumen von 3 Mrd.€ haben zur richtigen Zeit die richtigen Impulse gesetzt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 65

Die Eckpunkte des Wachstums- und Beschäftigungsgesetzes wurden am 1. Mai 2005 im Rahmen des Reformdialoges „Wachstum und Arbeit“ ausführlich mit den Sozial­partnern diskutiert. Diese Ergebnisse bildeten den Kern des nationalen Reform­programms im Rahmen der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung der Europäischen Union, welches Mitte Oktober 2005 an die Europäische Kommission übermittelt wurde. Nach der Bewertung von WIFO bzw. BMF werden diese Wachs­tumsinitiativen bis zu 1 % an zusätzlichem Wachstum im Jahr 2006 bewirken; für die Hälfte davon ist die Steuerreform 2004/2005 verantwortlich.

Trotz des schwierigen konjunkturellen Umfeldes konnten durch eine aktive Arbeits­marktpolitik Erfolge erzielt werden. Mit 1.555 Millionen € hat der Mitteleinsatz im Jahr 2005 für aktive Arbeitsmarktpolitik einen neuen Höchststand erreicht. Der Anteil dieser Maßnahmen am BIP betrug 0,69 Prozent und hat sich damit seit 1999 mehr als verdoppelt. In Österreich hat die Zahl der unselbständig Beschäftigten – trotz schwie­rigen internationalen konjunkturellen Umfeldes - in der Folge von 2000 bis 2005 um 102.605 zugenommen.

Während es dieser Bundesregierung somit gelang, die Gesamtbeschäftigung von 3.133.173 Beschäftigten im Jahr 2000 auf einen Rekordwert von 3.236.343 im Jahres­durchschnitt 2005 zu heben, musste in Wien im Vergleichszeitraum ein Rückgang der Beschäftigten von 770.660 auf 756.506 hingenommen werden.

Darüber hinaus hält die Bundeshauptstadt Wien im Jahresdurchschnitt 2005 mit einer Arbeitslosenquote von 9,7 % den traurigen österreichischen Rekord. Die österreichweit höchste durchschnittliche Verweildauer in der Arbeitslosigkeit mit 151 Tagen (Jahres­durchschnitt 2005) hat ebenfalls Wien aufzuweisen. Seit dem Jahr 1996 sind allein in der Sachgüterproduktion in Wien 31.300 Arbeitsplätze verloren gegangen.

Im Vergleich dazu nimmt die Industriebeschäftigung außerhalb Wiens jährlich um rund 500 Personen zu. So ist die Beschäftigung im Sektor Metall/Elektronik seit 1996 um 21.800 Personen gestiegen, im Fahrzeugbau um 12.200 und in der Chemie um knapp 2.000.

Als Gründe für die Betriebsabwanderungen, von denen zu 50 % das Wiener Umland profitieren, führt das Industriewissenschaftliche Institut unter anderem an:

Bürokratie (Bewilligungsdauer, komplizierte Amtswege)

Ruhender Verkehr (Parkraumbewirtschaftung, Ladezonenproblematik)

Rechtslage (Bauordnung, Umweltauflagen)

Politik (fehlendes Interesse am Halten der Betriebe, kein Bekenntnis zum Produk­tionsstandort Wien)

Flächen (Grundstückspreise, Anrainerprobleme)

Ein tristes Bild für die Zukunft des Wiener Arbeitsmarktes zeichnet der AMS-Wien Geschäftsführer Finster, der ein deutliches Absinken der Arbeitslosenzahlen in Wien jedoch auch durch zusätzliche Mittel kaum für möglich hält. Dazu fehlen seiner Einschätzung zufolge offene Stellen, die aber nur durch ein anziehendes Wachstum entstehen könnten.

Die schlechte wirtschaftliche Lage der Bundeshauptstadt spiegelt sich auch in der Zahl der Sozialhilfeempfänger wider, die sich laut Vizebürgermeister Rieder (Rathaus­kor­respondenz vom 22.11.2005) seit 2000 fast verdoppelt hat. Im Jahr 2000 bekamen in Wien rund 41.700 Personen Sozialhilfe, 2006 werden das laut Schätzungen etwa 80.000 sein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 66

Das von dieser Bundesregierung initiierte Beschäftigungsförderungsgesetz 2005 mit einem Volumen von 285 Mio. € bietet mit seinen Schwerpunkten Lehre und YOBSFORYOU(TH) für Jugendliche, Pflege- und Gesundheitsberufe, Wiedereinstieg von Frauen, sowie dem Kombilohnmodell 61.500 Personen bessere Qualifikationen und Beschäftigung. Damit werden 2006 mit einem Rekordbudget von rund 1.770 Millionen € um rund 1 Milliarde € oder 133% mehr im Kampf gegen Arbeitslosigkeit eingesetzt als im Jahr 1999.

Erste Erfolge zeigen sich bereits, so waren Ende Dezember 2005 mit 122.378 um 3.307 (+2,8%) mehr Lehrlinge in Beschäftigung als im Vorjahr. Mit 38.552 Jugend­lichen haben um 7,3% mehr Personen mit einer Lehre begonnen.

Die Bildungspolitik ist ein wesentlicher Schwerpunkt der österreichischen Standort­politik. Das österreichische differenzierte Schulsystem mit den Allgemein Bildenden Höheren Schulen, der dualen Berufsausbildung und den Mittleren und Höheren Berufsbildenden Schulen bereitet unsere Jugendlichen durch einen praxisnahen Unterricht bestens auf die Arbeitswelt vor.

Die Fachhochschulen wurden in den vergangen Jahren zügig ausgebaut. Heute studieren mit rund 24.000 Personen doppelt so viele vorwiegend junge Menschen an Österreichs Fachhochschulen wie noch im Jahr 2000.

Unser Ausbildungssystem trägt wesentlich dazu bei, dass Österreich mit 10,2 % eine der niedrigsten Jugendarbeitslosenquoten in Europa aufweisen kann. Die Universitäts­milliarde gibt den österreichischen Universitäten die Möglichkeit, ihre Stärken auf höchstem Niveau weiterzuentwickeln.

Die wirtschaftlichen Fakten zeigen die Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und beweisen die Richtigkeit der Maßnahmen der österreichischen Bundes­regierung.

Mit 3.236.343 Beschäftigten im Jahrdurchschnitt 2005 wurde erneut eine Rekord­beschäftigung verzeichnet.

Österreichs Wirtschaft verzeichnete im Jahr 2005 mit einem Exportvolumen von 94,8 Mrd.€ (+5,6 %) wieder einen Rekord. Die Exportquote erreichte mit 40,1 % (inkl. Dienstleistungen 53,8 %) einen neuen Höchststand. Damit ist die 100 Mrd. EURO-Exportschwelle für 2006 greifbar nahe.

Im Jahr 2005 wurden in Österreich mit 31.625 Unternehmen um 1.885 Unternehmen mehr gegründet als im Jahr davor (in der Vorjahresvergleichsperiode + 1.418).

Österreich befindet sich seit dem Jahr 2000 auf dem wirtschaftspolitisch richtigen Kurs, was auch durch Studien internationaler Organisationen wie OECD, IWF etc. anerkannt wird. Um weiterhin im internationalen Standortwettbewerb erfolgreich sein zu können und damit ein Maximum an Beschäftigung zu schaffen, muss dieser Kurs konsequent weiterverfolgt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat begrüßt die aktuellen Wachstums- und Beschäftigungsoffensiven der Bundesregierung. Die zuständigen Bundesminister werden ersucht,

die Umsetzung der beschlossenen Initiativen, insbesondere die Qualifikationsoffensive Unternehmen Arbeitsplatz rasch voranzutreiben, um somit möglichst rasch die Chan-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 67

cen von arbeitslosen Menschen für eine erfolgreiche Re-Integration in den Arbeits­markt zu steigern,

den erfolgreichen Weg der Lehrlingsförderung fortzusetzen,

das Ziel einer Forschungsquote von 3 Prozent konsequent weiter zu verfolgen, und dadurch, im Zusammenwirken mit den gesetzten bildungspolitischen Maßnahmen Österreich zu einem führenden Wissens- und Innovationsstandort weiterzuentwickeln,

den mit der Steuerreform 2004/2005 begonnenen Weg einer Vereinfachung des Steuersystems und steuerlichen Entlastung mit dem Ziel der Absenkung der Abgabenquote bis 2010 auf unter 40 Prozent konsequent fortzusetzen

investitionsfördernde und arbeitsplatzsichernde bzw. -schaffende Maßnahmen für die klein- und mittelständische Wirtschaft fortzusetzen sowie

gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass im Sinne einer stabilitätsorientierten Politik die Budgetdisziplin gewahrt bleibt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wittauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten; Gesamt-Restredezeit des freiheitlichen Klubs: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.39.23

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Werte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Zuerst möchte ich auf die Bemerkung von Klubobmann Van der Bellen eingehen: Wenn er in diesem Hohen Haus George Bush, den ameri­kanischen Präsidenten, als fortschrittlichen alternativen Energiepolitiker darstellt, dann hat er entweder großen Mut, oder – wenn ich das Nächste sagen würde, würde ich wahrscheinlich einen Ordnungsruf bekommen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Sie haben nicht zugehört! – Das wundert mich eh nicht! Sie hören eh nie zu!)

Wenn also Abgeordneter Van der Bellen sagt: George Bush fordert ein Drittel der Mittel für alternative Energien oder eine Erhöhung der Mittel für alternative Energien, dann frage ich Sie, Herr Abgeordneter: Wovon? (Abg. Mag. Weinzinger: Aufpassen!)

Amerika ist sicherlich nicht das Land, das alternative Energien nutzt oder fördert, sondern Amerika ist das Land, das für die meisten Schadstoffe verantwortlich ist und gerade in der globalen Situation unverantwortlich mit der Umwelt umgeht. Die Kyoto-Ziele möchte ich gar nicht erwähnen, auch die haben die Amerikaner aufgegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber wahrscheinlich mangelt es den Grünen an Ideen, sodass sie schon Amerika oder den amerikanischen Präsidenten hier im Hohen Haus in diesem Zusammenhang zitie­ren müssen. Ich kann Ihnen sagen: Von einer positiven Umweltpolitik habe ich von dort noch nie gehört!

Wir in Österreich sind Spitzenreiter in der Umweltpolitik, sei es bei den Bauern, sei es bei alternativen Energien. Wir sind Spitzenreiter bei Förderungen. Wir haben dies­bezüglich pro Kopf höhere Ausgaben als Deutschland, wir fördern die alternative Ener­gie weitaus mehr. Wenn Frau Abgeordnete Sburny darüber spricht, dann soll sie sich das zu Herzen nehmen: Rot-Grün hat es nicht geschafft, wie wir in Österreich pro Kopf mehr für alternative Energien auszugeben!

Noch etwas kommt dazu: Wenn Abgeordneter Gusenbauer davon spricht, wie schlecht wir hier in Österreich stehen, dann sage ich: Schauen wir uns doch die Fakten an! Die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 68

Zahl der Arbeitslosen ist mit 326 000 – darüber brauchen wir gar nicht zu reden – zu hoch. Aber wir liegen auf dem fünften Platz mit 5,2 Prozent, Deutschland liegt nach Rot-Grün hingegen bei 9,6 Prozent. Und wenn ich mir Deutschland ansehe, dann meine ich, dass wir froh sein können, dass wir eine Wirtschaftspolitik gemacht haben, mit der wir uns von Deutschland entkoppelt haben. Wir hatten eine Exportoffensive in den Osten mit einer Steigerung von 50 Prozent innerhalb der letzten sechs Jahre. Durch diese Entkoppelung von der Abhängigkeit von Deutschland befinden wir uns heute in einer besseren Situation, auch betreffend die Arbeitslosen.

Wenn man die Gesamtsumme der Arbeitslosen der Zahl von 113 137 Personen, die Einstellungsgarantien haben, gegenüberstellt, dann ergibt das 34,6 Prozent, und das ist großartig, denn das zeigt, dass der Prozentsatz wiederum gesenkt wird.

Ich sage Ihnen noch etwas zur Land- und Forstwirtschaft: Ich weiß es, und viele in diesem Haus wissen es auch, wie schwer wir uns momentan in den Wäldern mit dem Arbeiten tun. Und deshalb sage ich Ihnen: Unterstützen Sie die Politik dieser Regierung, dann werden wir weiterhin positiv in die Zukunft schauen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Gesamtrestredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.42.59

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! (Abg. Neudeck: Viel Redezeit haben Sie aber nicht mehr!) Der Herr Bundeskanzler hat gemeint, dass wir neue Ideen präsentieren sollen. Ich mache Sie darauf aufmerksam: Wir bringen in jedem Debattenbeitrag neue Vorschläge und auch bewährte Vor­schläge, und wir greifen stets auch auf Studien und Expertisen zurück, die davon handeln, wie Arbeitsplätze geschaffen werden können und wie Beschäftigung voran­getrieben werden kann. (Abg. Steibl: Das glaubt ihr aber selbst nicht!)

Herr Bundesminister, wir haben im Bautenausschuss schon öfters über die thermische Gebäudesanierung diskutiert. Sie sind heute wieder darauf eingegangen. Aber schauen wir uns das einmal ganz konkret an! – Das Wifo meint, dass ein Mehr an Inves­titionen in die thermische Sanierung in der Höhe von 200 Millionen aus der vorhandenen Wohnbauförderung pro Jahr 11 000 Arbeitsplätze mehr bringt und die Klein- und Mittelbetriebe stützt. Warum machen Sie das nicht? Warum gehen Sie nicht in die Bundesländer? (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Warum forcieren Sie nicht, dass verstärkt in die thermische Sanierung investiert wird?

Das ist eine bewährte Idee, das ist eine zum Teil auch wieder neu zu zitierende Idee, und das bringt uns wirklich voran, spart Energie, beschränkt die Betriebskosten, spart den Leuten Heizkosten, schafft Beschäftigung und bringt auch Impulse für die Biomasse.

In diesem Bereich gibt es sehr viele Arbeitsplatzmöglichkeiten. Aber Sie nehmen das viel zu wenig in Angriff! Für Sie ist das eine Floskel! Ich nenne nur den Energie­ausweis. Wie schaut es mit den Energieausweisen aus? Laut EU müssen wir diese im Jahr 2006 vorlegen können. Was aber haben wir bisher in Österreich? Noch nicht einmal eine 15a-Vereinbarung! Das ist doch schändlich, Herr Minister!

Herr Kollege Grillitsch, Sie haben vom ländlichen Raum und von der Breitband­offen­sive gesprochen. – Schauen Sie sich das doch an! Die RTR hat einen Masterplan mit über 42 Vorschlägen entwickelt, wie wirklich über Breitband Infrastruktur und Arbeits­plätze im ländlichen Raum geschaffen und gesichert werden können. Und was ist


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 69

damit geschehen? – Er liegt auf Halde, er verrottet, er wird unaktuell! Und warum? Weil der Herr Bundeskanzler oder Sie, Herr Staatssekretär, nicht in der Lage sind, eine Stabsstelle zu installieren, eine auch den Vorschlägen des Wifo entsprechende, akkordierte Vorgangsweise voranzutreiben, und jetzt wirklich einmal nicht nur Geld in die Hand zu nehmen, sondern zu koordinieren und flächendeckend Breitband anzu­bieten! Das ist Ihr Manko! Das ist Ihr Defizit! Das ist unsere neue Idee, bezüglich welcher wir Anträge gestellt haben, wo aber bei Ihnen nichts weitergeht.

Das letzte Beispiel: Straßenbau und die Infrastruktur: Das Wifo sagt: 1 Milliarde € sind gleich 10 686 Arbeitsplätze im Straßenbau. Das Wifo sagt aber auch, dass dieselbe Milliarde gleich 18 000 Arbeitsplätze auf der Schiene sind. Das ist fast doppelt so viel! Warum investieren wir nicht mehr in die Schiene, in einen besseren öffentlichen Verkehr, in qualitative Angebote, und warum schaffen wir hier nicht mehr Arbeits­plätze? Es wären 172 000 Arbeitsplätze im öffentlichen Verkehrsbereich, sagt der VCÖ. – Das wären unsere Ideen neben verstärkten Frauen- und Jugendlichenoffen­siven in Richtung Arbeitsplätze. Mehr Öko schafft Arbeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. Gesamtrestredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.46.31

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Laut einer Aussendung des Vizebürgermeisters Rieder vom 17. Jänner ist Wiens Problem die geringe Qualifikation der Jobsuchenden. – Sonnenbäder im Wiener Burggarten, Kartenspiele, Museumsbesuche, Beach-Volleyball-Spiele, wie vom AMS Wien angeboten, weisen vielleicht eine kommunikationsfördernde, aber sicherlich keine qualifikationsfördernde Komponente auf. Maßnahmen wie jene, dass etwa Software-Trainer Computerkurse erhalten und PersonalberaterInnen sich einem Bewer­bungstraining unterziehen müssen, fallen eher unter das Kapitel „Zahlen-Schönen“. Dieser Wiener Weg ist jedoch nichts Neues: Vollmundig viel fordern und den Dingen dann ihren Lauf lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gusenbauer nimmt sich gar nichts mehr vollmundig vor: „Österreichs Jugend verdient Perspektiven. Jugendarbeitslosigkeit halbieren“ – so lautet Ihre neueste Botschaft. Dazu kann ich nur sagen: Ein toller Ansatz! So lassen Sie gleich von vornherein die eine Hälfte der arbeitslosen Jugendlichen im Regen stehen, und die andere Hälfte qualifizieren Sie mit Sonnenbaden!

Der neueste Skandal in Wien ist allerdings, dass das AMS Wien Jugendliche in die Richtung berät, die zehnte Schulstufe, in der sie gerade den Hauptschulabschluss nachholen, abzubrechen und einen AMS-Kurs zu besuchen, für den es ihnen 130 € bezahlt und sie damit lockt. Diese armen Jugendlichen können damit allerdings keinen Hauptschulabschluss nachholen und erwerben. Das ist eine Doppelgleisigkeit, die viel kostet und den Jugendlichen lediglich schadet. Das ist ein Skandal in Wien. Da bin ich mit dem Weg der Bundesregierung doch zufriedener, deren Ziel lautet: Voll­beschäf­tigung.

Wir sind auf dem richtigen Weg! – Sie von der SPÖ können mit Ihrem lauen Antrag hingegen überhaupt keinen einzigen Arbeitsplatz schaffen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.48



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 70

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Neudeck. Gesamtrestredezeit: 1 Minute. – Bitte.

 


17.48.41

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Für heute wurde auf Antrag der SPÖ eine Sondersitzung zum Thema „Rekordarbeitslosigkeit in Österreich“ einberufen. Dieses Thema ist sicherlich eine Sondersitzung wert – nicht aber, wenn man dieses Thema so wie Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, behandelt.

Frau Kollegin Silhavy hat hier gesagt: Unsere Regierung war erfolgreich. Darauf stelle ich die Frage: Wieso wurde sie dann abgewählt? So erfolgreich können Sie also nicht gewesen sein! Es wurden Ihnen heute schon einige Beispiele genannt, warum Sie nicht so erfolgreich waren. (Zwischenruf der Abg. SilhavyZwischenruf des Abg. Gradwohl. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt werden Sie munter, Kollegen von der SPÖ! Meine Mutter hat immer gesagt: Am Abend werden die Faulen fleißig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, nach dieser Sondersitzung werden wir gleich viele Arbeitslose haben wie vor dieser Sitzung. Sicher ist aber: Von dieser Opposition sind diese Arbeitslosen mehr enttäuscht als vorher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 786/A (E) der Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rekordarbeits­losig­keit in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduzierung der LehrerInnen-Arbeitslosigkeit durch Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahlen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mikesch, Dipl.-Ing. Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen der Bundesregierung für Wachstum und Beschäftigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und dieser Entschließungsantrag ist somit angenommen. (E 171.)

17.51.21Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zum Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstat­tung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird, 9. FSG-Novelle, 1302 der Beilagen, eine Frist bis 24. Februar 2006 zu setzen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 71

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner und keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.52.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben vor Weihnachten schon eine sehr lebendige Debatte zum Führerscheingesetz geführt. Der Kernpunkt dieser Debatte war, dass wir einen 180-km/h-Deckel für den Entzug des Führerscheins einführen wollen. Der Grund dafür war eine Lücke im Führerscheingesetz und in der Straßenverkehrsordnung. Die Straßen­verkehrsordnung ermöglicht es den Behörden jetzt schon, partiell die Höchstgeschwin­dig­keit zu erhöhen. Deshalb kommen wir möglicherweise über diese 180 km/h, und darum ist es wichtig, dass hier eine Grenze eingezogen wird. Das heißt, wir reparieren ein Gesetz, um das Rasen zu verhindern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Das ist wichtig, und dabei lassen wir uns auch nicht aufhalten, und deshalb stellen wir auch den heutigen Fristsetzungsantrag.

Natürlich werden wir heute auch noch über die 160 km/h diskutieren, ich habe aber schon bei der letzten Debatte darauf hingewiesen, dass die 130 km/h Höchstge­schwin­digkeit, die wir derzeit auf den Autobahnen haben, in den siebziger Jahren eingeführt wurden. Sie werden sich daran erinnern, dass wir in den siebziger Jahren in der Steiermark noch die berühmte „Gastarbeiterroute“ hatten und es auf der Strecke nach Wien noch die Neunkirchner Allee gab.

Ich sage das auch deshalb am Anfang dazu, weil wir so auch sehen, welch enorme Entwicklung der Straßenverkehr in Österreich genommen hat, und zwar erstens bei den Autobahnen selbst: Die Autobahnen als Träger des Verkehrs sind sicherer gewor­den. Es wurden unglaublich viele Maßnahmen zur Verkehrssicherheit gesetzt, die Autobahnen sind breiter geworden, viele Gegenverkehrsbereiche, die zu den Haupt­auslösern schwerer Verkehrsunfälle zählten, sind quasi abgeschafft worden. Wir haben im Bereich der Tunnelsicherheit sehr viel investiert.

Zweitens wurden völlig neue Technologien entwickelt. Ich denke jetzt an den Bereich der Verkehrsleitsysteme. Heute ist zum Beispiel die Section Control im Einsatz. Es gibt flexible Geschwindigkeitsbeschränkungen. Weiters gibt es Informationssysteme über die Beschaffenheit der Fahrbahnen und über die Witterungsverhältnisse.

Begleitend dazu hat es enorme Anstrengungen im Zusammenhang mit der Ausbildung der Verkehrsteilnehmer selbst gegeben. Es gibt den Mehrphasenführerschein, weiters gibt es das Vormerksystem, das Fahren mit Licht am Tag, und es gibt jetzt auch die vorgeschriebene Warnweste.

Zu guter Letzt haben sich auch die Autos zu Hightech-Produkten entwickelt. Denken Sie zurück, damals hat es keine Airbags, keine elektronischen Bremssysteme und keine Antiblockiersysteme gegeben. Das heißt, die heutige Situation ist nicht mehr vergleichbar mit der Situation in den siebziger Jahren.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 72

Die Unfallstatistiken bestätigen den Trend zu mehr Verkehrssicherheit. Wir hatten 1999 in Österreich 1 079 Verkehrstote, und 2005 hatten wir 764 Verkehrstote. Jeder Verkehrstote ist einer zu viel, aber es gibt eindeutige Hinweise darauf, dass viele Maßnahmen, welche die Bundesregierung eingeleitet hat, auch wirklich greifen. Verkehrssicherheit ist nicht nur ein Thema, mit dem wir uns immer wieder hier im Parlament beschäftigen, sondern Verkehrssicherheit hat insbesondere im ersten Halbjahr auch einen besonderen Stellenwert in der europäischen Verkehrspolitik.

Nun zu diesem Testbereich in Kärnten. Ich sage einleitend, dass es für uns wichtig ist, dass ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Herr Kollege Puswald, Kärnten ist gut, und wir schauen auch darauf! Darum führen wir ja dort Tests in einem Geschwin­digkeitskorridor von 80 km/h bis 160 km/h durch. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Herr Kollege Puswald! Ich gehe davon aus, dass Sie auch ein Auto haben und auf der Autobahn fahren, und wie jeder, der auf der Autobahn mit etwa 130 km/h dahinfährt, erstaunt sind, wie oft Sie überholt werden. (Abg. Neudeck: In beiden Richtungen?) Nicht in beiden Richtungen, aber in einer Richtung!

Das bedeutet, dass es mittlerweile sehr viele Verkehrsteilnehmer gibt, die schlicht und einfach schneller fahren. Meine persönliche Einschätzung als Verkehrsteilnehmer dabei ist, dass diejenigen weniger gefährlich sind, die bei schönem Wetter und bei wenig Verkehr 160 km/h fahren, als jene, die bei Regen, Nebel oder Schneefall 130 km/h fahren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Darum glaube ich, dass dieser Test gerechtfertigt ist, und ich stelle die These auf, dass wahrscheinlich dort im Schnitt langsamer gefahren werden wird als auf anderen Autobahn-Teilstrecken.

Unsere Fragestellungen im Rahmen dieses Tests sind: Wie wirkt sich dieser Geschwindigkeitskorridor von 80 km/h bis 160 km/h auf die Verkehrssicherheit aus? Wie wirkt sich das auf die Umwelt aus? Und: Wie wirkt sich das auf den Verkehrsfluss aus?

Fazit: Wir werden mit diesem Fristsetzungsantrag erstens dafür sorgen, dass die Autofahrer nicht schneller als 180 km/h fahren. Zweitens werden wir in Ruhe die Ergebnisse dieses Tests analysieren und dann die weiteren Schritte festlegen. (Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün! Wir werden uns ein Urteil bilden, aber kein Vorurteil! Drittens hat für uns Verkehrssicherheit oberste Priorität. Da lassen wir uns von Ihnen nicht behindern! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der nun folgenden vier Redner und Rednerinnen jeweils 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. – Bitte.

 


18.00.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Der Einspruch des Bundesrates, den wir heute behandeln, ist eine glatte Themenverfehlung. Wenn man die Begründung liest, sieht man, dass sich dieser nämlich überhaupt nicht mit dem Inhalt der gegenständlichen Führerschein­gesetznovelle beschäftigt.

§ 7 Abs. 3 Z. 4 des Führerscheingesetzes hat nämlich eine Lücke, die nun geschlos­sen wird. Es ist nicht beachtet worden, dass in § 43 Abs. 4 der Straßen­verkehrs-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 73

ordnung die Möglichkeit vorhanden ist, dass die Behörde die generell erlaubten Höchstgeschwindigkeiten – nämlich die berühmten 50 km/h, 100 km/h und 130 km/h – erhöhen kann, wenn keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrssicherheit bestehen. Wenn man damit über 130 km/h kommt, ist es sinnvoll, eine generelle Höchstge­schwindigkeit einzuziehen.

Ich habe mir zum Beispiel vorgestellt, es gäbe einen grünen Verkehrsminister in Österreich, der auf Autobahnen auf einzelnen Strecken 180 km/h zuließe. Was wäre dann? – Dann dürfte man 230 km/h fahren. Das ist aber doch ein bisschen viel (Zwischenruf des Abg. Eder), und daher sollte diese Grenze gezogen werden, damit solch unverantwortlichen Fahrern schon bei geringerem Tempo der Führerschein entzogen wird.

Stimmen Sie daher bitte zu, denn das ist ein Beschluss, der konsequent für die Verkehrssicherheit und gegen ein unverantwortliches Rasen eintritt!

Schauen wir aber dorthin, wo es nicht so konsequent zugeht, nämlich nach Wien. Da gibt es eine Super-Stadträtin für Umwelt und offenbar auch für Verkehr: unsere frühere Kollegin Mag. Ulrike Sima. Bisher galt sinnvollerweise Tempo 60 bei der Westeinfahrt, Tempo 70 bei der Südeinfahrt, und im Osten war, außerhalb des verbauten Gebietes, sogar Tempo 100, wie auf Freilandstraßen, vorgesehen.

Nun jedoch, unter der Begründung der Feinstaubbelastung, wird das Fahren mit Geschwindigkeiten über 50 km/h bestraft. Dadurch ergeben sich mehrere hundert­tausend Euro, die für die neuen Ampelschaltungen ausgegeben werden müssen. ÖAMTC und ARBÖ laufen gemeinsam Sturm. Zehntausende Autofahrer schicken Mails, rufen an und faxen. Vor allem aber: Alle fahren so wie bisher – wie die Messungen ergeben haben –, weil diese Maßnahmen nicht einsichtig sind.

Dann zieht Michael Häupl natürlich die Notbremse, beauftragt den eigentlich zustän­digen Stadtrat Schicker mit einer Schadensbegrenzung. Zuerst heißt es, zwei Jahre schaue man sich das an, dann werde evaluiert. Der Zeitraum hat sich jedoch als zu lange erwiesen. Dann werden die Maßnahmen teilweise zurückgenommen. Man hört, angeblich freuen sich gewisse Teile in der Wiener SPÖ, dass die ehrgeizige Ulrike so auf die Nase gefallen ist. Jedenfalls ist außer Spesen für die Steuerzahler nichts gewesen. Die Hauptsache ist wohl, dass Ulrike Sima in der Zeitung steht und den Autofahrern das Leben schwer gemacht wird.

Hohes Haus! Da haben wir von Seiten der Regierung in der Verkehrspolitik eine viel klarere Linie, die schon genannt wurde: Vorrang für die Verkehrssicherheit, ohne dabei die Autofahrerinnen und Autofahrer zu sekkieren. Stimmen Sie daher bitte dem Fristsetzungsantrag zu, damit die bestehende Lücke im Führerscheingesetz möglichst bald geschlossen werden kann! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.03.58

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden dem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen, und ich werde das auch begründen. (Abg. Schöls: Das überrascht uns aber!)

Es war schon bezeichnend, wie die ÖVP jetzt versucht hat, diese gesamte Situation gesundzubeten, denn es war nicht die Idee der ÖVP, dieses Thema aufzugreifen, sondern die Idee des Herrn Ministers Gorbach, über bestimmte Autobahnstrecken schneller als mit 130 km/h, wie bisher, fahren zu können. Und so ist es dazu gekom­men, dass Sie von Seiten der Regierungsparteien das mit allen möglichen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 74

Begründungen zu erklären versuchen. Kollege Regler hat sogar Wien als Krücke genommen, wo man sich mit den Geschwindigkeiten in einem ganz anderen Sicherheitsbereich bewegt als bei 160 km/h oder 180 km/h.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon bezeichnend, dass der Nationalrat, wenn der Bundesrat in dieser Sache Einspruch erhebt, wieder einmal so „locker vom Hocker“ über die Länderkammer drüberfährt und sogar versucht, mit einer Fristsetzung bis 24. Februar durchzupeitschen, dass man in Österreich maximal 180 km/h fahren darf, was noch dazu völlig unnötig ist, weil die derzeitige Rechtslage eine klare ist: Auf Autobahnen sind 130 km/h erlaubt. Dieses Limit darf bis zu 50 km/h überschritten werden. Wenn man noch schneller fährt, dann ist der Führerschein weg.

Sie haben jetzt ein Problem, weil Herr Gorbach mit seinen 160 km/h vorgeprescht ist. Dann sind Sie irgendwann draufgekommen, dass sich das nicht ausgeht, bei der derzeitigen Rechtslage würde der Führerschein dann nicht bei einer Geschwindigkeit von 180 km/h, sondern erst bei über 210 km/h entzogen werden, und daher müssen Sie die Notbremse ziehen! (Abg. Mag. Regler: So ist es! Ziehen Sie mit!) Es ist meines Erachtens ein bisschen lächerlich, wie die ÖVP versucht zu argumentieren.

Ich frage mich überhaupt, warum eine Teststrecke eingerichtet wird! Getestet wurden Geschwindigkeiten genug, meine Damen und Herren! Was wollen Sie eigentlich testen? Experiment am Menschen? Wollen Sie testen – Kollege Missethon, weil Sie die Airbags erwähnt haben –, wie die Airbags aufgehen, wenn man Unfälle hat? Ist es schön, das zu testen, meine Damen und Herren? – Da wäre ich an Ihrer Stelle bei der Argumentation schon ein bisschen vorsichtiger. Oder wollen Sie neu erfinden, dass man bei 160 km/h wesentlich mehr Feinstaub erzeugt als bei 130 km/h? Oder wollen Sie testen, dass es bei 160 km/h weniger oder mehr CO2 gibt? – Ich denke, das sind keine Testmöglichkeiten, all das ist bekannt.

Auch bezüglich des Lärms ist alles klar: Sie wollen es offensichtlich lauter haben auf den Autobahnen, denn ein PKW, der 160 km/h fährt, erzeugt doppelt so viel Lärm wie ein PKW, der 130 km/h fährt. Das muss man auch bedenken! Warum soll das sein? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das der Herr, der für 150 ist?)

Bezüglich des Risikos von Unfällen: Ja, Gott sei Dank ist die Zahl der tödlichen Ver­kehrsunfälle etwas zurückgegangen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kollege Eder, haben Sie nicht gesagt, Sie können sich 150 vorstellen, in einem Interview in der Steiermark?) Aber wenn es zu tödlichen Verkehrsunfällen kommt, zeigt sich, dass zu 36 Prozent die Fahrgeschwindigkeit die Ursache bei tödlichen Verkehrsunfällen ist. Das heißt, wenn man schnell fährt, ist die Wahrscheinlichkeit, einen tödlichen Unfall zu haben oder einen Unfall mit Todesursache, wesentlich größer, als wenn man langsamer fährt. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) – Ich finde es schon bezeichnend, dass die Kolleginnen und Kollegen des BZÖ das sehr lustig finden und sehr über die Ausführungen lachen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja lächerlich!)

Außerdem haben wir dazugesagt, dass dies bei dreispurigen Autobahnen vorstellbar ist. Das wollte Herr Gorbach ursprünglich auch so. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was ist das für ein Unterschied?) – Das ist ein wesentlicher Unterschied (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Beim Lärm?), und bezieht sich auf bestimmte verkehrsmögliche Vor­aus­setzungen! Auch Minister Gorbach wollte das bei dreispurigen Autobahnen haben, er hat aber keinen Landeshauptmann gefunden (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das stimmt ja nicht!), Kollege, in dessen Bundesland dreispurige Autobahnen sind, die das zuge­lassen hätten! Und dann ist er in seiner Not – wie immer – zu seinem Landes­hauptmann Haider gegangen, der gesagt hat: Super, das machen wir schon! Wir haben eine Strecke, jetzt haben wir sie zweispurig, und dort können wir entsprechend rasen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das bricht zusammen!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 75

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden der Fristsetzung sicher nicht zustimmen. Wir werden auch den 160-km/h-Teststrecken nicht zustimmen, weil diese 160 km/h kein Mensch zu testen braucht. Ich denke, dass es wirklich gut für die Sache wäre und Sie gut beraten wären, würden wir das Führerscheingesetz und die Straßen­verkehrsordnung in diesem Bereich so belassen, wie wir es gewohnt sind. Es haben maßgebliche Verkehrspolitiker – auch der ÖVP – in Wirklichkeit diese Meinung. Aber Sie machen hier einen Kniefall vor Minister Gorbach, und ich halte diesen Kniefall für völlig unnötig. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.08.53

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mit dem Einspruch des Bundesrates zum Führerscheingesetz wurde wieder einmal ein Beweis für verantwortungslose Oppositionspolitik abgegeben. Jeder weiß ganz genau, dass das, was Sie beschließen wollen, scheinbar ein höheres Limit als 180 km/h ist, nämlich 210 km/h! 160 plus 50 ergeben 210!

Für die Argumentation des Abgeordneten Eder im Nationalrat habe ich noch Ver­ständnis gehabt, als er begründet hat: Wir sind gegen Tempo 160, und wir wollen daher auch bezüglich der Begrenzung mit 180 km/h nicht mittun. Dass wir aber eine Deckelung brauchen, ist für jeden verständlich. Dass sich der Bundesrat das dann zunutze gemacht hat und uns zwingt, einen Fristsetzungsantrag mit 24. Februar zu beschließen, um die Bevölkerung vor Rasern zu schützen, ist ja das Größte! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Dass ihr lacht, ist mir klar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Also wenn dann auf unseren Autobahnen 210 km/h gefahren wird oder mehr, dann sind schlussendlich die Sozialdemokraten und die Grünen dafür verantwortlich. Das sollten die Damen und Herren auf der Galerie schon wissen, und auch die Menschen draußen! (Abg. Eder: Da oben auf der Galerie?)

Ich schaue mir das gut an, wie Sie dann wieder dagegen stimmen werden, denn dagegen heißt in diesem Falle: für 210 km/h. Das ist doch klar.

Wenn Sie von der Opposition sagen, gegen 160 km/h zu sein, sehe ich das ein, akzep­tiere ich das als Ihre Meinung, allerdings: Bis vor kurzem habe ich nicht gewusst, dass Herr Abgeordneter Eder in der Steiermark 150 km/h gefordert hat. (Abg. Eder: In der Steiermark nicht!) Das ist ein Sinneswandel! Vielleicht hat dich, Kollege Eder, die SPÖ in eurer Klubsitzung so geknebelt, dass du die Forderung 150 km/h österreichweit nicht mehr aufrecht halten kannst.

Was uns anlangt, ist es so, dass wir diese 160 km/h für ausgewählte Teststrecken – bei besten Wetterbedingungen, bei besten Fahrbedingungen – gefordert haben, so­dass man sich das alles auf diesen besonderen Strecken anschauen kann.

Jetzt frage ich Sie von den Oppositionsparteien schon, ob es nicht möglich ist, nach dem vorliegenden Testergebnis mit Experten und hier im Hohen Haus zu diskutieren und dann gemeinsam den Beschluss zu fassen, ob man damit gut fahren würde oder nicht. Zuvor allerdings muss doch abgewartet werden, wie die Testergebnisse aus­schauen. (Zwischenruf des Abg. Eder.)

Herr Abgeordneter Eder, was diese besondere Strecke in Kärnten anlangt, so fahren dort doch ohnehin jetzt schon 75 Prozent aller Lenker über 160 km/h; das haben die Untersuchungen ergeben! (Abg. Mag. Trunk: Das ist ein absoluter Blödsinn!) – Sie müssen sich halt einmal die Statistik anschauen! – Das war ja auch der Grund dafür,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 76

weshalb gerade diese Strecke in Kärnten ausgewählt worden ist. (Neuerliche Zwi­schen­rufe bei der SPÖ.)

Zu dieser künftigen Teststrecke, auf der aber jetzt zu schnell gefahren wird: Da machen wir eine strengere Regelung, das heißt, dass bei Übertretung des Tempolimits der Führerschein sofort weg ist. Ich betone: Mit 160 km/h darf nur bei besonders guten Verhältnissen gefahren werden. Das heißt, wenn schlechtes Wetter herrscht, muss die Geschwindigkeit sowieso reduziert werden. Wenn auf dieser Strecke viel Verkehr herrscht und es schlechtes Wetter gibt, dann darf man zum Beispiel ohnehin nur mit 80 km/h fahren. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) – Du fährst mehr mit dem Zug, das sehe ich schon ein, aber für die Pendler in der Steiermark ist das vielleicht schon auch eine Möglichkeit, schneller von A nach B zu kommen. Aber, wie gesagt: Die Wetter­bedingungen müssen passen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Da Sie sich so aufregen, kann ich nur sagen: Da muss der Inhalt schon sehr gut sein!

Erinnern möchte ich daran, meine Damen und Herren, dass unter Verkehrsminister Gorbach – im Jahr 2000 übernommen, zuerst freiheitliche, dann BZÖ-Politik – die Zahl der Verkehrstoten von 1079 auf 764 gesenkt werden konnte, also um 29,2 Prozent. Diesen Verkehrsminister muss man daher als Verkehrssicherheitsminister bezeich­nen; Vizekanzler Gorbach ist wirklich nicht jemand, der sich das Thema Verkehrs­sicherheit nicht ins Stammbuch geschrieben hätte. Wir haben viele Dinge zur Erhöhung der Verkehrssicherheit gemacht; nur wenige Beispiele: Vormerksystem, Fahren mit Licht am Tag, Mehrphasenführerschein und so weiter.

Ich kann mich daher nur wirklich darüber wundern, meine Damen und Herren von der Opposition, dass Sie all diese Erfolge, die es unter einem Verkehrsminister Gorbach gegeben hat und gibt, nicht anerkennen wollen. All diese Dinge basieren auf ein­deutigen Fakten; das ist alles genau nachweisbar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich fordere Sie, meinen Damen und Herren von den Oppositionsparteien, noch einmal auf, sich hier im Hohen Haus für die Verkehrssicherheit einzusetzen und dieser 180-km/h-Begrenzung zuzustimmen, denn das ist wirklich wichtig! Wenn es künftig vielleicht wieder einmal – was wir allerdings nicht hoffen – einen sozialdemokratischen Verkehrsminister geben sollte und dieser unter Umständen auch so positive Ideen hat wie wir, so könnten wir ja dann auch nach einer Testphase im Ausschuss oder auch im Hohen Haus darüber diskutieren, ob dessen Vorschläge gut oder schlecht sind.

Abschließend: Wenn die Tests ergeben sollten, dass das keine positive Maßnahme auf anderen Strecken wäre, dann würden wir dem selbstverständlich auch nicht zustim­men. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.14.07

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt, so denke ich, schon die vierte Diskussionsrunde betreffend die unsinnige 160-km/h-Vorstellung des Herrn Ministers Gorbach. – Das zum Ersten.

Mit dieser Fristsetzung wird jedoch eine wesentlich wichtigere Fristsetzung verhindert, nämlich die, im Gentechnikgesetz strenge Maßstäbe in Europa und in Österreich beizu­behalten. Das hätten wir gerne hier und heute diskutiert; Sie haben das jedoch mit diesem Ihrem Fristsetzungsantrag verhindert. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt ja nicht!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 77

Zweitens: Der Bundesrat als Kammer der Bundesländer artikuliert in erster Linie den Wunsch der Mehrheit der Landeshauptleute – und die meisten Landeshauptleute sind massiv dagegen, dass solche Tests mit Tempo 160 km/h durchgeführt werden. Es gibt unendlich viele Expertisen – das habe ich Ihnen, glaube ich, schon drei-, vier- oder fünfmal erzählt –, es gibt Fachaussagen, in denen die verschiedensten Aspekte in diesem Zusammenhang immer wieder hervorgestrichen werden, so eben, dass bei Tempo 160 die Verkehrssicherheit vermindert, jedoch die Umweltbelastung auch zusätzlich erhöht wird.

Ich darf Ihnen nun noch zusätzlich die Aussagen eines weiteren Experten zur Kenntnis bringen, und zwar die von Universitätsprofessor Ralf Risser, der befürchtet, dass so die generell zunehmende Neigung um sich greifen wird, noch schneller zu fahren, speziell auch auf Autobahnabfahrten und Bundesstraßen, da man sich, so Professor Risser, auf Grund dieser Testversuche an Tempo 160 gewöhnt und dann das Herunter­bremsen auf 130 km/h oder 100 km/h psychologisch etwas schwieriger sei, da man das Gefühl habe, viel zu langsam zu fahren.

Dieses zusätzliche Expertenurteil, meine Damen und Herren, bestärkt uns in unserer Ablehnung dieses Tests. Der heutige Gesetzesvorschlag, für den Sie eine Fristsetzung beschließen wollen, hat ja als Grundlage nur Ihren Versuch mit Tempo 160. Wir brauchen keine Änderung des Führerscheingesetzes, weil wir haben wollen, dass das Tempolimit auf Autobahnen bei 130 km/h bleibt! Damit ist die Obergrenze klar und im Sinne der Verkehrssicherheit, der Flüssigkeit, der Umwelt et cetera deutlich umrissen, und deswegen ist für uns diese Diskussion bei der Fristsetzung an sich völlig über­flüssig.

Nicht überflüssig hingegen erscheint die generelle Diskussion über Verkehrssicherheit vor dem Hintergrund, dass die Diskussion immer wieder viel zu stark in Richtung Geschwindigkeitsfaktoren gelenkt wird. In Österreich ist im Prinzip bezüglich der Verkehrssicherheit zu wenig klar, dass schnelles Fahren – ganz egal, ob das bei Nebel 50 km/h oder bei bester Sicht 190 km/h sind –, also diese überzogene Geschwindigkeit prinzipiell abzulehnen ist und leider immer wieder eine Ursache für verstärktes Unfallaufkommen bildet.

Was Sie, Kollege Missethon, heute gesagt haben, nämlich wir wollen nicht schneller als 180 km/h fahren, entlarvt sich ja selbst. Es gibt nicht nur die Tests mit 160 km/h, Sie wollen nicht schneller fahren als 180 km/h! Ich meine, da gibt es ja keine Grenze mehr nach oben, dank der neuen Technologie, die Sie immer wieder im Munde führen.

Für uns heißt es klipp und klar: 130 sollen 130 bleiben. (Abg. Neudeck: 130 bleibt eh 130!)

Überlegen Sie es sich einmal volkswirtschaftlich! Sie treten ja immer als die „Volkswirtschaftspartei“ und als die Partei, die die Wirtschaft hinter sich weiß, auf. Volkswirtschaftlich gesehen – das haben Experten immer wieder gesagt – sei eigentlich Tempo 110 am effizientesten. Aber Sie machen eine Diskussion um 160 km/h, nur weil Sie Wählerstimmen haben wollen und nur weil Sie mit irgendeinem Unsinnsthema in den Medien stehen wollen!

Diesem Vorstoß erteilen wir wiederholt unsere Absage, und das ist auch heute so. Deswegen stimmen wir Ihrer Fristsetzung nicht zu und hoffen auf eine gewisse Einsicht, die sich vielleicht doch noch breit macht.

Ich habe jetzt gelesen, Minister Gorbach möchte in der Steiermark auch noch testen! Eine Teststrecke reicht ihm anscheinend nicht.

Ich appelliere an die Vernunft der steirischen PolitikerInnen, hart zu bleiben, und genauso an die der PolitikerInnen in Niederösterreich. Ohne Zustimmung des ent-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 78

sprechen­­den Landes kann Tempo 160 nicht getestet werden, und das ist vernünftig. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Februar 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird, 9. FSG-Novelle, 1302 der Beilagen, eine Frist bis 24. Februar 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, und dieser Antrag ist somit ange­nommen.

18.18.46Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesund­heitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 717/A (E) betreffend nationale Maßnahmen zum Schutz vor gentechnisch veränderten Organismen – GVO eine Frist bis 27. Februar 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, und dieser Antrag ist somit abge­lehnt.

18.20.02Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Durchführung des Projektes Chipkarte (e-card).

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Durchführung des Projektes Chipkarte (e-card)

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V:5, S:4, F:1 und G:1 einzusetzen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Gegenstand der Untersuchung:

Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen sowie des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen sowie des Hauptver­bandes der Sozialversicherungsträger hinsichtlich der Planung, der Vorbereitungs­hand­lungen, der Vertragsverhandlungen, der Vergaben sowie insgesamt der Durch-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 79

führung des Projektes Chipkarte (e-card) ab der Einleitung eines entsprechenden Vergabeverfahrens durch Einladung von fünf Bewerbern zur Anbotslegung im Februar 2000.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen sowie des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen, des Hauptverbandes der Sozialversicherungs­träger und der SV-Chip BE GmbH im Zusammenhang mit dem Untersuchungs­gegenstand sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten überprüfen.

Begründung:

Die bisherigen Berichte des Rechnungshofes zum Thema ChipCard beziehungsweise e-card und der unveröffentlichte Revisionsbericht des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen belegen sehr deutlich, dass:

es selbst lange nach der neuerlichen Vergabe des ChipCard-Projekts im Jahr 2003 weder Kostenschätzungen noch Kostenplanungen für das Gesamtprojekt gab;

die erforderlichen Beschlüsse von Gremien des Hauptverbandes beziehungsweise der SVChipBE für das Gesamtprojekt, aber auch für Detailentscheidungen fehlten;

die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes in zahlreichen Teilen des Projekts nicht eingehalten worden sind;

dem Rechnungshof offensichtlich nicht alle erforderlichen Unterlagen für die Prüfung zur Verfügung gestellt worden sind;

durch die Bestellung beziehungsweise Abberufung von Geschäftsführern und externen Beratern dem Hauptverband beziehungsweise der Versichertengemeinschaft beträcht­liche Mehrkosten erwachsen sind;

die Projektnebenkosten beträchtlich überhöht sind;

die Kosten des Gesamtprojekts beträchtlich über dem erst im Jahr 2004 erstellten Kostenrahmen liegen werden.

Darüber hinaus machen die in einer Klagsschrift gegenüber dem Hauptverband bezie­hungsweise der SVChipBE GmbH geäußerten Vorwürfe einer verteuerten Vergabe des Teilprojekts 1 durch Absprache in einem nicht protokollierten Treffen mit einem Bieter die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mehr als notwendig.

Besonders beunruhigend ist, dass offensichtlich von seiten des Hauptverbandes bezie­hungsweise der SVChipBE GmbH sowohl dem Rechnungshof als auch der Revisions­abteilung des BMSG unvollständige und lückenhafte Informationen beziehungsweise Belege präsentiert wurden.

Nur ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss kann die politische Verantwortung für die Vorgänge rund um die Einführung und Abwicklung des Projekts e-card ebenso klären wie Zahlungsflüsse an beteiligte Externe sowie die Erhöhung der Projektkosten.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 80

Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser De­batte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Öllinger. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.20.45

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß schon, es ist ein ungünstiger Zeitpunkt, um derartige Dinge noch mit einer bestimmten Aufmerksamkeit zu diskutieren. Ich bitte Sie dennoch um Ihre Aufmerksamkeit. (Abg. Mag. Molterer: Cap wollte das nicht ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie werden, nehme ich an, dem Antrag nicht die Zustimmung geben, aber wenn nicht heute, dann vielleicht beim nächsten Mal. Gesagt haben wir es Ihnen jedenfalls heute, warum dieser Untersuchungssausschuss not­wen­dig ist!

Ich beginne damit, dass das Projekt Chip-Card, als es im Jahr 1996 auf den Weg gebracht werden sollte, von Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion, der ÖVP und der freiheitlichen Fraktion begeistert abgestimmt wurde, und zwar damals noch mit dem Zusatz: Es darf für die Versicherten zu keinen Mehrkosten kommen. Natürlich kann man da schon stutzig werden: Was heißt „Mehrkosten“, wenn man die Kosten gar nicht beziffert?

Im Jahr 1998 gab es beim Projekt Chip-Card die erste Kostenschätzung, sie belief sich damals auf 58 Millionen €. Im Jahr 2001 gab es die nächste Kostenschätzung, da waren es dann 78 Millionen €. Im Jahr 2003/2004 gab es die dritte Kostenschätzung – da war schon ein Projekt Chip-Card auf den Weg gebracht und gerade wieder versenkt worden, der erste Auftrag EDS/ORGA –, damals wurde es mit 92 Millionen € beziffert. Im Jahr 2004 gab es zum ersten Mal – das muss man sich vorstellen: zum ersten Mal! – eine Kostenplanung durch den Hauptverband. Die sind in die Sache hinein­marschiert und haben gesagt: Wurscht, wie viel das kostet, irgendetwas wird es schon kosten, daher gibt es auch keine Mehrkosten! Wovon könnte man denn überhaupt Mehrkosten berechnen?

Im Jahr 2004 ist man, nachdem der damalige Sozialminister Haupt Einschau hat halten lassen, draufgekommen, dass es überhaupt keine Kostenplanung für das Projekt Chip-Card gibt. Damals gab es die erste und bis jetzt nach wie vor verbindliche Kosten­schätzung von Seiten des Hauptverbandes, die inzwischen bei 116 Millionen € liegt. Das heißt, gegenüber dem Anfang mit 57 Millionen € ist es zu einer glatten Verdop­pelung gekommen!

Nicht genug damit: Der Rechnungshof – er hat ja die Sache überprüft – rechnet mit weiter steigenden Kosten; er hat sie zuletzt mit 128 Millionen € beziffert. 128 Mil­lionen € gegenüber 57 Millionen €!

Das ist aber noch immer nicht das Ende der Fahnenstange, sondern wir können uns in den nächsten Wochen auf einen weiteren, den inzwischen dritten Rechnungshofbericht vorbereiten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser dritte Rechnungshofbericht nicht


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 81

mehr die 128 Millionen € von der letzten Rechnungshofschätzung beinhalten wird, sondern darüber hinausgeht.

Gut, Sie können noch immer sagen, die Kostensteigerung allein ist für uns kein Grund. Denn immerhin, und das gestehe ich Ihnen sogar zu, das Projekt Chip-Card – ich sage es vorsichtig – scheint auf den Weg gebracht zu sein. Es scheint auf den Weg ge­bracht zu sein, denn es ist noch nicht fertig, Herr Kollege Scheibner, es ist noch nicht fertig. Einmal abgesehen von den „Kinderkrankheiten“ wünschen wir uns, dass es funktioniert, denn immerhin hat die ganze Sache relativ viel Geld gekostet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt wäre es aber doch wichtig, zu sehen, wofür das Geld aufgewendet wurde. Und da ist es interessant, einmal zu lesen oder nachzuvollziehen, wie das Projekt abgewickelt wurde. Bis zum Jahr 2003 hat EDS/ORGA den Auftrag erhalten und betrieben, aber dann hat man schon gesehen, dass das Projekt EDS/ORGA scheitert. Es ist auch gescheitert und mit Pönale­zah­lungen von EDS/ORGA an den Hauptverband aus der Welt geschafft worden, und dann wurde das Projekt in sechs Teilverträgen neu vergeben.

Jetzt ist es, wenn man die Struktur des Hauptverbandes und der politischen Entschei­dungsträger kennt, schon ein großes Risiko, ihnen sechs Teilprojekte zur Betreuung zu übergeben, weil sie offensichtlich schon Schwierigkeiten haben, ein einziges Projekt zu betreuen und zu betreiben. Es wurde dies in sechs Teilprojekten vergeben, und worüber ich hier erzähle, das ist eigentlich nur das Teilprojekt 1, das erste Projekt, das vergeben wurde. Es wurde im Laufe des Jahres 2003 ausgeschrieben, und dann kamen auch etliche Anbote herein, die in den Preisen stark differierten: zwischen 60 und 150 Millionen €.

Na gut, was war die Ursache? – Ungenaue Ausschreibungsunterlagen von Seiten des Hauptverbandes beziehungsweise der SVChip-Betriebs- und -Errichtungsgesellschaft, die der eigentliche Auftraggeber war, und hohe Pönalezahlungen, die verlangt worden sind. (Abg. Neudeck: Die kennen das alle schon? Die hören alle nicht zu!) Ja, macht nichts! (Abg. Neudeck: Die eigene Fraktion hört nicht zu!) Ja, die kennen es schon, die eigene Fraktion kennt es schon. Es ist nur für Sie eine Spezialvorlesung.

Letztendlich – ich mache es kürzer – wurde im Dezember 2003 das Teilprojekt 1 um 36,98 Millionen € vergeben. Und da fängt dann eine Legende an. Wie nämlich von Seiten des Hauptverbandes zuletzt zu lesen war, handelt es sich bei dieser Vergabe um eine absolut korrekte Vergabe; das sagt der Präsident des Hauptverbandes, Herr Laminger. Es hat keine Preisabsprachen gegeben, es ist immer korrekt gegenüber dem Rechnungshof berichtet und umfassend informiert worden, und es ist absurd, eine Absprache zwischen einem Auftraggeber und einem der Bieter als Preisabsprache zu bezeichnen, sagt Herr Laminger.

Was ist passiert? – Der Wert des Anbotes lag, wie man mittlerweile nach Darstellung von Siemens auch weiß, um die 30 Millionen €; vergeben wurde das Projekt aber um 37 Millionen €. Passiert ist Folgendes: Am letzten Tag, bevor der Auftrag vergeben wurde, treffen sich einige Spitzenfunktionäre des Hauptverbandes mit Vertretern von Siemens – aber nicht mit denen, die für die Technik zuständig waren –, und da wird ganz offen darüber gesprochen: Wenn dieser Auftrag unter 38 Millionen € angeboten wird, dann erhält Siemens das Projekt, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch ein anderer Bewerber mit im Spiel war. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Keiner klatscht! Er redet schon 10 Minuten, aber keiner klatscht!)

Interessant, Herr Kollege Scheuch! (Demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner.) Weniger der Applaus ist das Maßgebliche, sondern dass Sie verstanden haben, worum es geht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 82

Entscheidend ist ja, dass dieses Projekt um 37 Millionen € vergeben wurde, obwohl Siemens selbst sagt: Wir haben nie unter 30 Millionen € angeboten. Siemens sagt aber nicht: Ein Preis von 37 Millionen € war der einzige Preis, der zu erzielen war. Der Hauptverband selbst bezeichnet es in seiner Stellungnahme noch im Jänner als absurd und schlichtweg gelogen, dass Anbote der Bieter in einer Höhe von 30 Millionen € vorgelegen sind. Am selben Tag gibt es eine Aussendung von Siemens, die lautet: Unter 30 Millionen € haben wir nicht angeboten. Aber Siemens schließt nicht aus, den Auftrag um 30 Millionen € angenommen zu haben. Der Hauptverband sagt: Das ist absurd. – Was stimmt nun, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Ich bringe Ihnen noch einen zweiten Punkt – eine dritten neben dem allgemeinen Kostenproblem. Der Rechnungshof befasst sich auch mit den speziellen Problemen im Rahmen der externen Beraterverträge, und er sagt: Da hat einer der Berater ein Gesamthonorar von 47 600 € bis ins Jahr 2004 erhalten. Das wurde dem Rech­nungs­hof ganz offensichtlich vom Hauptverband mitgeteilt. Gegenüber dem Sozial­minis­terium erklärt derselbe Hauptverband, dass am 30. Jänner diesem Berater 63 360 € übergeben wurden – nicht 47 000 €, sondern 63 000 €!

Im Verwaltungsrat des Hauptverbandes berichtet der Geschäftsführer Schörghofer, dass Honorare in der Höhe von 120 000 € bezahlt wurden. Der Hauptverband sagt jetzt im Jänner in einer OTS-Aussendung: Es sind Honorare von 92 000 € bezahlt worden. Derjenige, der um sein eigenes Honorar klagt, sagt in der Klage: Mir sind 120 000 € bezahlt worden.

Jetzt frage ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn dem Rechnungshof Belege über Honorare in der Höhe von 47 000 € vorgelegt wurden, wieso kann dann derjenige, der höhere Honorare einklagt, behaupten, dass nur 120 000 € bezahlt worden sind? – Er will ja mehr!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da gibt es ein riesiges Problem, denn es ist ganz offensichtlich, dass der Rechnungshof keine korrekten Unterlagen erhalten hat. Es ist ganz offensichtlich, dass es kurz vor Anbotsende ein Treffen gegeben hat, bei dem führende Vertreter des Hauptverbandes zusammen mit Vertretern von Siemens eine Preisabsprache getroffen haben (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen), in einer Höhe, die durch den tatsächlichen Wert des Anbots nicht zu rechtfertigen war. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Grund genug für einen Untersuchungsausschuss! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Rednerinnen und Redner beträgt jeweils 5 Minuten.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte. (Abg. Dr. Khol – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Tancsits –: Du kannst auch in 1 Minute viel sagen!)

 


18.31.23

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Tatsächlich ist die Geschichte der E-Card so ähnlich, wie sie Kollege Öllinger jetzt dargelegt hat, nur war der Beginn nicht 1996, sondern 1993. Die Chip-Card-Einführung wurde allgemein begrüßt, unter der Federführung sozialistischer Sozial- und Gesundheitsminister wurde aber diesbezüglich nichts zustande gebracht. Mit Beginn 2000/2001 wurde das Projekt energisch vorangetrieben – und von Ihnen wie immer heruntergemacht: Datenschutzproblematik; es wird nie zustande kommen;


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 83

die Komplexität ist zu hoch. (Abg. Gradwohl: Von Ihnen ...! – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

2003 wurde es notwendig, eine Neuausschreibung durchzuführen, und tatsächlich ist das oft totgesagte Projekt im vergangenen Jahr (Abg. Dr. Einem: Das ist der Unter­schied!), mit von Ihnen verschuldeter Verspätung, zügig über die Bühne gegangen. (Abg. Gradwohl: Wer war 2003 Bundeskanzler?) 8,2 Millionen E-Cards sind draußen (Abg. Gradwohl: Herr Kollege Tancsits, wer war 2003 Bundeskanzler?), von den Patienten wird das System angenommen, weil es versicherten- und patientenfreund­licher ist. (Abg. Gradwohl: Wer war damals zuständig ...?)

Es ist das natürlich eine immense Kostenersparnis gegenüber der Zettelwirtschaft, die bisher in den Verrechnungsabteilungen der Krankenkassen geherrscht hat. Das gilt übrigens auch für die Chefarztpflicht, die Sie nach wie vor in dieser alten Schikane-Art, dass man die Patienten zum Formulare-Tragen hin und hergeschickt hat, verteidigen.

Das sehe ich schon ein: Es ist nicht Aufgabe der Opposition, das anzuerkennen. Aber jetzt wird dieses Projekt mit geradezu absurden Argumenten in Details einer Kritik unterzogen. Da wird behauptet, dass eine Preisverhandlung zwischen dem Chef des Hauptverbandes und einem Anbieter eine Preisabsprache wäre – ich komme schon auf das Wort –, und das ist eine Unterstellung. Unter verbotenen Preisabsprachen versteht man normalerweise, dass sich verschiedene Anbieter zusammentun, um dem Ausschreiber nur einen Preis zu servieren. In Wirklichkeit ist es aber gelungen, für den Teilschritt 1 von 67 Millionen € auf 37 Millionen € herunterzukommen – also 30 Mil­lionen € an Preisersparnis! Da könnte man vielleicht, wenn man gutwillig wäre, den Irrtum bezüglich der 30 Millionen, die der Kollege Öllinger anzieht, sehen.

Das Beratungsinstitut RISE, das mit betraut war und in Printartikeln als Zeuge dafür aufgerufen wurde, dass es da nicht mit rechten Dingen zugegangen wäre, stellt dazu in einer Aussendung fest: Zu keinem Zeitpunkt ist zu unserer Kenntnis ein Angebot von 30 Millionen € oder darunter vorgelegen. Die Annahme, die vergebene E-Card-Systemlandschaft wäre industriell zu diesem Preis verfügbar gewesen, ist fachlich nicht haltbar. – Und weiter: Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis des Gesamtprojektes Öster­reichische E-Card ist im internationalen Vergleich transparent herleitbar. Es wurde eine sichere, bundesweite Infrastruktur im Rahmen des geplanten Zeit- und Budgetplanes aufgebaut. Bei IT-Projekten dieser Größenordnung ist dies durchaus nicht der Regel­fall.

Es wurde also vom unabhängigen Forschungsinstitut festgestellt: Eigentlich ist es ein Vorzeigeprojekt. Wäre trotzdem etwas zu überprüfen, dann wird der Rechnungshof das tun – das stellt der Rechnungshofpräsident auch eindeutig fest –, und wir werden es dann im Rechnungshofausschuss behandeln. Dazu einen eigenen Untersuchungs­aus­schuss zu machen, das ist absolut nicht notwendig! (Beifall bei der ÖVP.)

18.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Kräuter. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Oje-Rufe bei der ÖVP.)

 


18.35.56

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn so ein Rechnungshofbericht das Licht der Öffentlichkeit erblickt, wird er meistens irgendwie bewertet: entweder als positiver Bericht oder als kritischer Bericht oder als vernichtender Bericht. Wenn ich so in die Runde fragen darf: Na, wie wird denn der Bericht zum Projekt Chipkarte allgemein bewertet? (Ruf bei der ÖVP: Positiv!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 84

Positiv? – Der Kollege tappt in jede Falle: Zumindest Ihr Koalitionspartner nennt ihn „vernichtend“. Und in der Tat, meine Damen und Herren, ist es ein vernichtender Bericht – dieses Vokabel ist wohl unbestreitbar –: Managementchaos, Kontrolldesas­ter, Kosten- und Personalexplosion, unnötiger Programmdirektor!

Und was macht die Frau Gesundheitsministerin? – Sie feiert das ab, als wäre es eine Weltsensation. (Abg. Mag. Regler: Erfolgreiche Politik!) Und Herr Kandlhofer, der Hauptverantwortliche für das Debakel, behauptet wiederholt – entgegen den Feststel­lungen des Rechnungshofes –, dass kein Euro und kein Cent unnötig „verbraten“ worden wären. Bitte schön, im Bericht steht etwas ganz anderes!

Ich muss wirklich sagen, Herr Kandlhofer erinnert fatal an das Kunsthistorische Museum und einen Herr Seipel. In Wirklichkeit ist Herr Kandlhofer ja der Herr Seipel des Hauptverbandes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Affinität zwischen Kandlhofer und Seipel ist wirklich eindeutig, weil auch Seipel gesagt hat: Vorschriften, Gesetze und solche Dinge brauche ich nicht, wenn ich ein Museum führe. Und was sagt Herr Kandlhofer? – Er könne sich nicht immer nach der Maria-Theresianischen Kanzleiordnung richten.

Meine Damen und Herren, da hört sich aber der Spaß irgendwann auf, wenn Rechtsverstöße erfolgen, wenn das die Antwort auf Rechtsbruch ist, auf den Bruch von Vergaberecht!

Ministerin Rauch-Kallat sagt: 30 Millionen € gespart – ein Riesenerfolg! Natürlich hat es im ÖVP-Bereich „no date“ geheißen, und sie hat das entrüstet abgestritten. Da hat die Frau Bundesministerin aber ein bisschen Pech gehabt, denn inzwischen ist zugegeben worden, dass dieses Treffen am 11. Dezember 2003 stattgefunden hat und dass man sich auf 37 Millionen € geeinigt hat. Das hat der Hauptverbandsvorsitzende Laminger zugegeben. – Stopp, dann schauen wir doch einmal in den Rechnungshofbericht hinein und schlagen wir Seite 38 auf.

Am 11. Dezember 2003 war also der Preis klar, und der Rechnungshof sagt: Eine detaillierte, aber nicht vollständige Kostenaufstellung lag erst Ende Februar 2004 vor.

Herr Tancsits, was heißt denn das? – Dass der Preis längst klar war, aber die Kosten­aufstellung noch nicht einmal erfolgt war? Was ist denn das, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Puswald: Ein Skandal ist das!) – Da ist doch ein Untersuchungs­ausschuss unerlässlich! Das ist eindeutig klar und objektiv nachvollziehbar. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Spärlicher Applaus bei der SPÖ!)

Ich werde dem BZÖ noch eine kleine Entscheidungshilfe geben, weil ich sehe, dass es dort niemand wagt, ans Rednerpult zu treten. Was sagt denn Ihr Chef zu dem Ganzen? – Ich begebe mich hier in eklatante Ordnungsrufgefahr; er sagt nämlich: Einige Herren haben sich unrechtmäßig bereichert; ein Pleiten-, Pech- und Pannen-Projekt; ein vernichtender Rechnungshofbericht; das ist Geldvernichtung; da gibt es kriminelle Vorgänge. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) – Ich habe hier nur Ihren Koalitionspartner zitiert, lieber Kollege Murauer.

Sie sind offensichtlich nicht bereit, hier eine politische Verantwortung als Mandatare wahrzunehmen. Wenn illegale Absprachen zugegeben werden, wenn es einen vernichtenden Rechnungshofbericht gibt, der das Ganze in Grund und Boden verdammt – meine Damen und Herren, wie lange dürfen Leute wie Herr Seipel, Herr Kandlhofer, Herr Laminger noch ihr Unwesen treiben? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich fürchte, noch einige Zeit. Es wird aber nicht sehr lange sein, maximal bis zur Nationalratswahl! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.39



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 85

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler. Herr Abgeordneter, auch für Sie 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.40.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Auffällig ist tatsächlich, dass die blau/orange Abgeordnetenschar – es sind gar nicht mehr alle da, es ist ja ganz interessant, wer mittlerweile das Haus verlassen hat: der Kollege aus Vorarl­berg ... (Abg. Scheibner: Da seid ihr aber ganz still!) – Nein, nein, ich interpretiere ja nur, weil nämlich genau niemand von Ihnen redet. – Aber Scheuch hat ja in der APA geredet und von einem Flop-Projekt gesprochen, das lückenlos aufgeklärt werden muss. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jawohl!) – Ihnen kann geholfen werden! Der Antrag ist evident. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Gut, man kann es ja – der Zwischenruf war berechtigt – ausnahmsweise wirklich un­dramatisch und kurz halten. Es gab hier mehrere Hinweise, die ich kurz kommentieren möchte. Es gab ein Treffen – ein Treffen! – mit einem Anbieter seitens der aus­lobenden, der ausschreibenden Stelle – Bieterabsprache kann man gar nicht so ohne­weiters sagen, denn der zweite Bieter war ja nicht dabei, das ist ja in Wahrheit ein anderer vergaberechtlicher Vorwurf. Es ist ja schlimmer, da die ausschreibende Stelle nämlich jetzt, aus welchen Motiven auch immer, hergeht, sich bei Siemens andient und „einwampert“, dass sie eh mehr Geld verlangen könnten, wenn sie nur unter der besagten Zahl – Kollege Öllinger hat das ja ausgeführt – bleiben würden. – Ein völlig absurder Vorgang!

Die Vorabschätzungen haben zwischen 25 und maximal 30 Millionen ergeben, wurde von der Anbieterfirma bestätigt. Die werden dann eingeladen, und es wird ihnen offe­riert: Solange ihr unter 37 bleibt, passt es eh!, während die zweite Firma im Unklaren gelassen wird, dass überhaupt noch derartige Absprachen erfolgen. Die wären nämlich im Zuge eines zweistufigen Vergabeverfahrens durchaus berechtigt, aber in dem Moment, in dem der eine draußen bleibt und der andere hereingeholt wird, haben sie natürlich den A- und O-Fehler des Vergaberechts begangen, indem sie Ungleichheit in den Verhältnissen herstellen, und das stinkt doch zum Himmel!

Und das ist auch der Grund, warum die einen nicht reden und die anderen mehr oder weniger desorientiert herumtuscheln. Sie wissen ganz genau, was sich da zusam­menbraut! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was ich ja schon bemerkenswert finde, ist, dass Sie nach diesen so genannten Absprachen – im Übrigen dann aus gutem Grund „No-Dates“ genannt; aber so passiert es eben mit manchen „No-Dates“ wie mit „Non-Papers“: manchmal werden sie eben doch kopiert oder tauchen auf – jetzt bei einer doch etwas hilflosen Flucht nach vorne ertappt wurden.

„Blöd“ ist eben auch der Hinweis von dem, sage ich jetzt einmal, vermeintlichen – oder auch tatsächlichen – Kronzeugen in dieser ganzen Angelegenheit, dass das Ganze in ÖVP-Räumen stattgefunden hat. – Sie werden sich das, glaube ich, schon noch einmal auch im eigenen Interesse genauer anschauen müssen und Ihre Fluchtlinie ein bisschen genauer skizzieren müssen, denn sonst werden Sie sich da zusätzlich noch verheddern.

Meiner Ansicht nach ist das ein bezeichnender Hinweis, wenn der Redner der ÖVP hier herausgeht, alles Mögliche erzählt – aber auf die Vorwürfe in keiner Weise eingeht. – Normalerweise müsste solch ein Vorwurf, Herr Kollege Tancsits, ja ein herz­haftes Dementi auslösen.

Ich sage es jetzt noch einmal: Absprachen dieser Art, schlimmer als Bieterabsprachen, in ÖVP-Räumlichkeiten. – Was sagen Sie eigentlich dazu?


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 86

Dies zu untersuchen ist tatsächlich interessant.

Jetzt haben Sie noch einen Einwurf gebracht, den man ja durchaus würdigen könnte, nämlich: Warten wir auf den Rechnungshofbericht!, diesfalls auf den dritten, wenn man so will, Teilbericht – der wird ohnehin schlimm genug ausfallen. – Gut, könnte man meinen, aber die Erfahrungen zu den Verhandlungen im zweiten Teilbericht waren doch folgende: Es ist ja ganz offensichtlich gewesen, dass entweder absichtlich oder vielleicht auch unabsichtlich die Frau Bundesministerin, jedenfalls aber Herr Kandlhofer dort die Unwahrheit gesagt hat, zumindest wenn man das den Aussagen des Anklä­gers, der da zu Gericht gegangen ist, gegenüberstellt. – Und das werden wir uns aber wiederum anschauen, denn so lassen wir mit dem Rechnungshofausschuss nicht umspringen! Sie wissen, dass wir da auch nicht gerade von vornherein klein beigeben wollen, nur weil Sie mit Ihrer Mehrheit wacheln.

Deshalb ist an dieser Stelle immer der gleiche Streit. Sie sagen: Machen wir einen Rechnungshofausschuss! Im Rechnungshofausschuss gerieren Sie sich, wie Sie sich nun einmal mit Ihrer Mehrheit gerieren, und deshalb ist in Wahrheit genau das ein Grund für einen Untersuchungsausschuss! Denn dort hört es sich nämlich auf, dass Ministerinnen erzählen können, was sie glauben, und Herr Kandlhofer ganz eindeutig, wie sich herausstellt, die Unwahrheit sagt. – Das hört sich in einem Untersuchungs­ausschuss insofern auf, als dort ganz andere Sanktionsmöglichkeiten gegeben sind. Sie wissen ja genau, wie ich darüber zu lamentieren pflege, dass wir in diesem Aus­schuss diese Möglichkeiten nicht haben. Aber Sie sollten sich hier einmal auf irgendeine logische Linie verständigen.

Abschließend: Ich glaube, Kollege Kräuter hat da etwas ganz Richtiges getroffen: Herr Kandlhofer ist der Herr Seipel des Hauptverbandes, und viele Ministerien „vergehrern“ zusätzlich.

Fusionieren wir alles: ein Vorwurf, ein Untersuchungsausschuss – die Aufräumarbeiten werden relativ heftig werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neudeck. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.45.26

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Vergabe e-card gibt wieder einmal die Möglichkeit, auf den sozialdemokratischen Misserfolg bei diesem Thema hinzuweisen. Sie haben über viele Jahre bei diesem Thema herumgemurkst und nichts weitergebracht!

Sie haben damals die zuständigen Minister gestellt, Sie haben damals den Obmann des Hauptverbandes gestellt und das alles sehr verteidigt. Dann kam in der finalen Entscheidung Bundesminister Haupt ans Werk und hat das zu einem positiven Ende geführt, und er hat zusätzlich noch zur Überprüfung, damit nichts passiert, den Rechnungshof um Kontrolle gebeten. Wir haben ja den dritten Bericht zu diesem Thema bisher noch nicht vorliegen. Der Rechnungshof prüft derzeit noch und wird auch die Themen, die jetzt auf Grund der Medienberichte in den letzten Tagen und Wochen aufs Tapet gekommen sind, mit prüfen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir diesem Untersuchungsausschuss zustimmen würden, wäre das meines Erachtens ein Misstrauensantrag gegen den derzeit prüfenden Rechnungshof, und für diesen ... (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) – Sie finden das so lustig? – Denken Sie einmal darüber nach! Kollege Cap,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
138. Sitzung / Seite 87

Sie waren ja schon gegangen, weil Sie nicht gewusst haben, dass es noch ein Thema gibt!

Aber grundsätzlich prüft der Rechnungshof! – Ich vertraue dem Rechnungshof und werde mich für dieses ... (Abg. Dr. Cap: Wir auch!) – Na Sie nicht! Sie stimmen also dem Antrag auf Untersuchungsausschuss nicht zu?! (Abg. Dr. Cap: Oh ja!)

Zwei Berichte wollen Sie haben? (Abg. Dr. Cap: Zwei Berichte: Rechnungshof und Untersuchungsausschuss!) – Und Sie suchen sich dann den aus, der Ihnen besser passt?!

Aber, Kollege Cap, ich habe jetzt zur Kenntnis genommen, dass Sie dem Antrag der Grünen nicht zustimmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Er hat gerade gesagt, dass er das nicht mitträgt!

Also diesem Misstrauensantrag gegen den Rechnungshof können wir nicht zustim­men. Daher müssen Sie diesen grünen Hüftschuss alleine verantworten, da Kollege Cap gesagt hat, er stimmt auch nicht zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

18.48.10Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 786/A bis 793/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3919/J bis 3941/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 1. März 2006, 10 Uhr, in Aussicht genommen wird, wird auf schriftlichem Weg einberufen.

Ich erinnere daran, dass der Hauptausschuss im Anschluss an diese Sitzung im Lokal VIII – bitte aufmerksam zuhören: im Lokal VIII! – tagen wird.

Diese Sitzung ist geschlossen.

18.48.51Schluss der Sitzung: 18.49 Uhr

 

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien