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Plenarsitzung

des Bundesrates

Stenographisches Protokoll

 

961. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 20. Dezember 2023

 

 

 

 

Bundesratssaal


Stenographisches Protokoll

961. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 20. Dezember 2023

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 20. Dezember 2023: 13.00 – 20.37 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Län­dern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2024 bis 2028

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert wird

4. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung einer ge­bietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank


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5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabga­benordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kommunalsteuerge­setz 1993 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden
(Start-Up-Förderungsgesetz)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen erlassen wird
und die Bundesabgabenordnung sowie das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Mindestbesteuerungsreformgesetz – MinBestRefG)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gebührenge­setz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz
und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsreformge­setz 2023 – GemRefG 2023)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraftfahr­zeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabe­gesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bundesabgabenordnung ge­ändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-Gesetz)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kessel­anlagen geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert
werden


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13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungs­gesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Genossenschaftsgesetz, das SE-Gesetz, das SCE-Gesetz und das Fir­menbuchgesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsge­setz 2023 – GesDigG 2023)

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz er­lassen wird sowie das GmbH-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechts­pflegergesetz, das Notariatstarifgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Wirt­schaftliche Eigentümer Registergesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 – GesRÄG 2023)

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche
Gesetzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023)

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz 2013
geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das All-


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gemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebüh­rengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staats­anwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Aus­lieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 ge­ändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG)

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhand­lungen über den Neuabschluss eines Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kolumbien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen
und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkür­zung und ‑umgehung .............................................................................................     20

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 Abs. 3 GO-BR ............................     24

Ersuchen des Bundesrates Marco Schreuder um Erteilung eines Ordnungs­rufes .........................................................................................................................  179

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA ...............................  243

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ........................  246

Personalien


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 5

Verhinderung ..........................................................................................................     17

Ordnungsrufe ....................................................................................  57, 65, 193

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ............................................................................................     24

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ...................................................................     24

Ausschüsse

Zuweisungen ............................................................................................  17, 247

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbil­dung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflicht­schulabschlusses für die Jahre 2024 bis 2028 (2311 d.B. und 2330 d.B. so­wie 11382/BR d.B.) ................................................................................................     25

Berichterstatter: Christoph Stillebacher ...............................................................     25

Redner:innen:

Klemens Kofler .........................................................................................................     26

Margit Göll ...............................................................................................................     27

Doris Hahn, MEd MA ...............................................................................................     30

Simone Jagl ..............................................................................................................     35

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ....................................................................     38

Christoph Steiner .....................................................................................................     40


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 6

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................     44

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen
wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdaten­bankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden (2305 d.B. und 2375 d.B. sowie 11360/BR d.B. und 11405/BR d.B.) .......................................................................................................     44

Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................     45

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geän­dert wird (2306 d.B. und 2376 d.B. sowie 11406/BR d.B.) ..............................     44

Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................     45

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung
einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank (2314 d.B. und 2377 d.B. sowie 11407/BR d.B.) ...............................................     44

Berichterstatterin: Bernadette Geieregger, BA ....................................................     45

Redner:innen:

Markus Steinmaurer ................................................................................................     46

Mag. Christian Buchmann ......................................................................................     47

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................     51

Mag. Sascha Obrecht ..............................................................................................     52

Marco Schreuder .....................................................................................................     55

Markus Stotter, BA ..................................................................................................     59


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 7

Dominik Reisinger ....................................................................................................     61

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ..........................................................     65

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................     71

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, 1. gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben
und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .....................................     71

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................     71

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Kör­perschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesab­gabenordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kom­munalsteuergesetz 1993 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ge­ändert werden (Start-Up-Förderungsgesetz) (2321 d.B. und 2378 d.B.
sowie 11363/BR d.B. und 11408/BR d.B.) .........................................................     72

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................     73

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung
einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen erlassen wird und die Bundesabgabenordnung sowie das Unternehmensgesetz­buch geändert werden (Mindestbesteuerungsreformgesetz – MinBestRefG) (2322 d.B. und 2379 d.B. sowie 11409/BR d.B.) .....................     72

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................     73


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 8

Redner:innen:

Günter Kovacs .........................................................................................................     74

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................     76

Günter Pröller ...........................................................................................................     79

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................     81

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................     84

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................     84

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gebüh­rengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz
und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsreform­gesetz 2023 – GemRefG 2023) (2319 d.B. und 2380 d.B. sowie 11361/BR d.B. und 11410/BR d.B.) ....................................................................     84

Berichterstatter: Mag. Franz Ebner .......................................................................     85

Redner:innen:

Doris Hahn, MEd MA ...............................................................................................     85

Silvester Gfrerer .......................................................................................................     88

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................     90

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................     92

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................     93

Gemeinsame Beratung über


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 9

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraft­fahrzeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabga­begesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (3777/A und 2381 d.B. sowie 11362/BR d.B.
und 11411/BR d.B.) ...............................................................................................     93

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................     94

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung
einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) geän­dert wird (2382 d.B. sowie 11412/BR d.B.) ........................................................     93

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................     94

Redner:innen:

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................     94

Christoph Stillebacher .............................................................................................     96

Dr. Manfred Mertel ..................................................................................................     98

Michael Bernard .....................................................................................  101, 108

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................  104

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  109

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  109

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung
(HBB-Gesetz) (2312 d.B. und 2348 d.B. sowie 11376/BR d.B.) ......................  109

Berichterstatterin: Elisabeth Wolff, BA ................................................................  110


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 10

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanla­gen geändert wird (2246 d.B. und 2347 d.B. sowie 11377/BR d.B.) ..............  109

Berichterstatterin: Elisabeth Wolff, BA ................................................................  110

Redner:innen:

Mag. Christine Schwarz-Fuchs ...............................................................................  110

Mag. Sandra Gerdenitsch ........................................................................................  113

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................  116

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................  117

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............  119

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 11, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............  119

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsge­setz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden (2307 d.B. und 2394 d.B. sowie 11369/BR d.B.) .......................................................................................................  119

Berichterstatter: Günther Ruprecht ......................................................................  120

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz
und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (3774/A und 2395 d.B. sowie 11370/BR d.B.) ..................................................................  119

Berichterstatter: Günther Ruprecht ......................................................................  120

Redner:innen:


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 11

Günter Pröller ...........................................................................................................  121

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................  124

Daniel Schmid ..........................................................................................................  125

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................  131

Christoph Steiner .....................................................................................................  134

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit der unqualifizierten Zuwanderung
in unser Arbeitsmarktbudget“ – Ablehnung ......................................  123, 137

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 12, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............  136

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............  136

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz
und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (3. Miet­rechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG) (3558/A und
2398 d.B. sowie 11394/BR d.B.) ..........................................................................  137

Berichterstatterin: Viktoria Hutter .......................................................................  138

Redner:innen:

Korinna Schumann ..................................................................................................  138

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................  142

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  146

Sandra Lassnig .........................................................................................................  149

Mag. Sascha Obrecht ..............................................................................................  151

Christoph Steiner ....................................................................................  156, 166

Matthias Zauner ......................................................................................................  159


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 12

Günter Kovacs .........................................................................................................  163

Mag. Harald Himmer ..............................................................................  164, 167

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp im freien Wohnungs­markt“ – Ablehnung ..............................................................................  141, 168

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Mag. Sascha Obrecht, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“ – Ablehnung ................  151, 169

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  168

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das
Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023)
(2285 d.B. und 2340 d.B. sowie 11364/BR d.B. und 11395/BR d.B.) ............  169

Berichterstatterin: Klara Neurauter ......................................................................  169

Redner:innen:

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  170

Marco Schreuder .....................................................................................................  179

Barbara Prügl ...........................................................................................................  183

Stefan Schennach ....................................................................................................  186

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  189

Markus Leinfellner ...................................................................................................  193

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  198


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 13

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktienge­setz, das Genossenschaftsgesetz, das SE-Gesetz, das SCE-Gesetz und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023 – GesDigG 2023) (2228 d.B. und 2341 d.B. sowie 11396/BR d.B.) ............................................................................................  198

Berichterstatterin: Barbara Prügl ..........................................................................  198

Redner:innen:

Dr. Manfred Mertel ..................................................................................................  199

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................  202

Marlies Doppler .......................................................................................................  204

Mag. Christine Schwarz-Fuchs ...............................................................................  205

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  207

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Flexible-Kapitalgesellschafts-Ge­setz erlassen wird sowie das GmbH-Gesetz, das Firmenbuchgesetz,
das Rechtspflegergesetz, das Notariatstarifgesetz, das Rechtsan­waltstarifgesetz, das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 – GesRÄG 2023) (2320 d.B. und 2342 d.B. sowie 11397/BR d.B.) .......................................................................................................  207

Berichterstatterin: Sandra Lassnig ........................................................................  207

Redner:innen:

Mag. Elisabeth Grossmann .....................................................................................  208

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................  209

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  212

Matthias Zauner ......................................................................................................  217

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  218


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 14

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  221

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Ge­setzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023) (3754/A und 2345 d.B. sowie 11365/BR d.B. und 11398/BR d.B.) .......................................................................................................  221

Berichterstatter: Christoph Stillebacher ...............................................................  221

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz 2013
geändert wird (2354 d.B. sowie 11399/BR d.B.) ...............................................  221

Berichterstatter: Christoph Stillebacher ...............................................................  221

Redner:innen:

Markus Leinfellner ...................................................................................................  222

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................  222

Viktoria Hutter .........................................................................................................  225

Mag. Elisabeth Grossmann .....................................................................................  227

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  227

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............  228

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............  228


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 15

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Diens­te-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßord­nung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die jus­tizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz
und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleit­gesetz – DSA-BegG) (2309 d.B. und 2344 d.B. sowie 11366/BR d.B.
und 11400/BR d.B.) ...............................................................................................  229

Berichterstatterin: Viktoria Hutter .......................................................................  230

Redner:innen:

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  230

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................  233

Klara Neurauter .......................................................................................................  236

Stefan Schennach ....................................................................................................  238

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  241

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum
Leben erwecken“ – Ablehnung ...........................................................  240, 242

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  242

Eingebracht wurden

Anträge der Bundesrät:innen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Personalaufstockung beim Arbeitsmarktservice und der Arbeitsinspektion (406/A(E)-BR/2023)


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 16

Marlies Doppler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung des Interna­tionalen Gebrauchshundesports in all seinen Facetten in Österreich
(407/A(E)-BR/2023)

Anfragen der Bundesrät:innen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Wo sind die Fördermittel zur Gewaltprävention für Frauen und Mädchen mit Behinderung?
(4139/J-BR/2023)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wo
sind die Fördermittel zur Gewaltprävention für Menschen mit Behinderung? (4140/J-BR/2023)

Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln in Österreich (4141/J-BR/2023

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Andrea Mi­chaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermittlungsverfahren gegen Grazer KFG-Gemeinderat Michael Winter (3822/AB-BR/2023
zu 4127/J-BR/2023)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eisenbahnkreuzungen in der Steiermark (3823/AB-BR/2023 zu 4126/J-BR/2023)


 


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 17

13.00.05Beginn der Sitzung: 13 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag.a Claudia Arpa, Vizepräsidentin Margit Göll, Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA.

13.00.07*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich eröffne die 961. Sitzung des Bundesrates.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 960. Sitzung
des Bundesrates vom 7. Dezember 2023 sind aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet ist das Mitglied des Bundesrates Mag.a Isabella Theuermann.

Begrüßen möchte ich an dieser Stelle Herrn Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen und eines Schreibens des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz verweise ich gemäß § 41
Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen der 961. und der 962. Sitzung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung
auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen der 961. und der 962. Sitzung des Bundesrates, die
dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 18

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 16)

2. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG

Schreiben des Bundesministers für Finanzen betreffend Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über den Neuabschluss eines Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Kolumbien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhin­derung der Steuerverkürzung und -umgehung (Anlage 2)

B. Zuweisungen

Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung)

*****


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 19

*****


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*****


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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Eingelangt ist ein Schreiben des Ministerrats­dienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt des Herrn Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft Univ.-Prof. Dr. Martin Kocher vom 17. bis 21. Dezember 2023 im Oman bei gleichzeitiger Beauftragung von
Herrn Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner gemäß Art. 73 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz mit seiner Vertretung.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung
sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte zu den vorliegenden Verhandlungsgegenständen Abstand zu nehmen.

Hierzu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stim­men erforderlich.

Ich bitte also jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständli­chen Ausschussberichte einverstanden sind, um ein Handzeichnen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundes­rates erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

*****


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 25

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Aufgrund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Tagesordnungspunkte 2 bis 4, 5 und 6, 8 und 9, 10 und 11, 12 und 13 sowie 18 und 19 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Auch das ist nicht der Fall.

Somit gehen wir in die Tagesordnung ein.

13.03.361. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie
von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2024 bis 2028 (2311 d.B. und 2330 d.B. sowie 11382/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. – Ich bitte um
den Bericht. Bitte sehr, Herr Bundesrat.


13.04.12

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwi­schen dem Bund und den Ländern über die Förderung von Bildungsmaß­nahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2024 bis 2028.


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Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates
keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Klemens Kofler. – Bitte sehr,
Herr Bundesrat.


13.04.59

Bundesrat Klemens Kofler (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kollegen aus dem Bundesrat!
Liebe Freunde hier und zu Hause! Grüß Gott! Es ist mir eine außerordentliche Ehre, obwohl es nur Zufall ist, dass ich heute der erste Redner sein darf.
Also legen wir einmal los! Warum gibt es überhaupt so einen drastischen Nach­holbedarf bei den Pflichtschulabschlüssen? – Das liegt ganz sicher nicht
an den Lehrern, das liegt auch nicht an den Schülern und auch nicht an deren Eltern.

Warum dann der Pisa-Schock? – Die Pisa-Studie hat uns ja wieder drastisch vor Augen geführt, dass die Leistungen massiv gesunken sind. Jetzt kann man natürlich drüber reden, vielleicht könnte man eine NGO oder eine Stif­tung gründen, lang und breit diskutieren, vielleicht könnten wir auch noch die selbsternannten Experten befragen – das ist auch immer recht amüsant –,
aber es wird nichts nutzen, denn der einzige Grund ist die Zuwanderung (Ah-Rufe bei der SPÖ), die eben nicht koordiniert ist. Nur daran liegt es. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schennach: Sehr überraschend!)

Wie soll denn das funktionieren? – Ein Lehrer kommt in das Klassenzimmer rein und niemand kann Deutsch außer er selber. Da ist der Unterricht ja nicht


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möglich. So viel ist eigentlich logisch, aber darüber darf man ja nicht reden. (Bun­desrätin Schumann: Das ist in der International School in Wien ...!) Darüber
darf man nicht reden. Wenn man sagt, da kann man halt nichts machen!, dann sage ich, ein Parlamentarier, der sagt: Da kann man halt nichts machen!,
kann aufstehen und nach Hause gehen. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ. – Bun­desrat Schreuder: Ja, man merkt, Sie dürfen nicht darüber reden, Sie tun
es aber jetzt! Sie dürfen auch im Parlament dann nicht darüber reden!) 
– Ja, ich rede.

Dann kommt auch die Coronakrise dazu (Bundesrat Schreuder: Corona!
Corona ist auch noch schuld!),
die die Lage natürlich verschärft hat, weil die Maß­nahmen ja grundfalsch waren, obwohl es Lösungen gegeben hätte. Ich darf
da an Bundesrat Spanring erinnern, der damals schon gesagt hat, man soll Luft­filter einbauen, damit man die Viren zurückdrängt und eben auch in den
Schulen unterrichten kann und nicht nur die Kinder dort unterbringt. Ohne Un­terricht hat ja Schule keinen Sinn.

So aber wird das zur Dauerlösung werden. Wir werden immer wieder Geld in­vestieren, 6 000 Euro kostet das pro Hauptschulabschluss – das wäre ja
noch sinnvoll investiert, das ist das einzig Gute an der ganzen Sache, da könnte ich ja noch mitgehen, aber nicht als Dauerlösung. Die Schule muss wieder funktionieren und die kann auch funktionieren. Wir haben die Lehrer, wir haben gescheite Schüler und ordentliche Eltern. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.07


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet
ist Frau Bundesrätin und meine Vizepräsidentin Margit Göll. – Bitte sehr.


13.07.44

Bundesrätin Margit Göll (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer! Ja, für mich ist die Freude auch groß, als zweite Rednerin hier am Pult stehen zu dürfen und besonders zu diesem Thema sprechen zu dürfen,
aber ich möchte mit einem Zitat beginnen. Es lautet: Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung, nämlich keine Bildung.


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Bildung – das wissen wir – beginnt ja nicht erst in der Schule und endet mit dem Schulaustritt. Wir alle wissen, lebenslanges Lernen umfasst genau das, was
es eben aussagt: lebenslanges Lernen. Als erster Bildungsort gilt natürlich das El­ternhaus, die Familie (Bundesrätin Doppler: Ah, da schau her! Richtig!), in die
wir hineingeboren werden. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.) Der Kindergarten ist die erste Bildungsinstitution und erste Bildungseinrichtung, und dem Kinder­garten kommt da auch eine sehr große Bedeutung zu.

Wenn Menschen nach neun Jahren Pflichtschule keinen Pflichtschulabschluss erlangen, aus welchen Gründen auch immer (Ruf bei der FPÖ: Die ÖVP
findet wieder zurück!),
müssen wir die Voraussetzungen schaffen, diesen jungen Menschen diese Möglichkeit offenzuhalten, diesen Abschluss zu erlangen
und Bildungslücken auch zu schließen.

Es gibt viele Menschen, die erkennen, dass sie etwas nachholen wollen, was bis­her in ihrem Leben nicht vorhanden war, und das müssen wir natürlich unterstützen. Daher ist diese Maßnahme auch so wichtig.

Ich habe es eingangs schon erwähnt: Mich freut es, dass diese Maßnahme für die Basisbildung, aber auch für den Pflichtschulabschluss, diese 15a-Vereinba­rung zwischen dem Bund und den Ländern hier festgeschrieben wird
und wir wahrscheinlich sehr vielen Menschen helfen, wieder einen Job, wieder einen Arbeitsplatz zu finden.

Es ist nämlich so – ja, das ist eine Tatsache –, dass es immer noch viele
junge Menschen gibt, die über keinen Pflichtschulabschluss verfügen, und es wird natürlich das Bild auch dramatisch, wenn man sich die Gruppe der Jugendlichen zwischen 16 und 24 ansieht, die weder eine Ausbildung noch eine Beschäftigung haben.

Da reden wir schon von 75 000 Jugendlichen. Wir müssen daher auch sicherstellen und Maßnahmen setzen, dass alle Schülerinnen und Schüler, die das Schulsystem verlassen, gewisse Mindeststandards, die für die 8. Schul-


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stufe gelten, beherrschen. Da rede ich in der Pflichtschule von Grundkompeten­zen. Wir kennen diese Grundkompetenzen alle – das sind natürlich Lesen, Rechnen und Schreiben –, und diese gilt es auch ausreichend zu vermitteln. Sie sind die Grundlage für ein erfülltes Leben und natürlich auch für Erfolg
im Beruf.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ihnen wird es sicherlich auch schon bei ei­nem Besuch in einer Firma so gegangen sein, dass der Firmenchef erzählt,
dass er händeringend junge Menschen anwerben möchte (Bundesrätin Schumann: Ältere bitte auch! Ältere nehmts auch!), damit sie eine Lehre machen, und dann feststellen muss, einfache Aufgaben können nicht gelöst wer­den. (Bundesrat Steiner: Handeln!)

Das muss uns schon zu denken geben und daher müssen wir natürlich alle Maß­nahmen setzen und sicherstellen, dass am Ende der 8. Schulstufe gewisse Mindeststandards beherrscht werden. Es ist von enormer Bedeutung, dass wir den Jugendlichen in der Pflichtschule Lesen, Rechnen und Schreiben
vermitteln.

Nur wenn Schüler sinnerfassend lesen können, sind sie in der Schule und auch im weiteren Leben und auch in der Arbeitswelt erfolgreich. Lernen beginnt
ja lange vor dem Schuleintritt – das habe ich schon erwähnt –, weshalb
man auch die vorherige Entwicklung der Kinder kennen und beachten muss, und da kommt dem Elementarbereich eine enorm wichtige Bedeutung zu.

Es sind aber – ich spreche das jetzt auch ganz deutlich an – auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen. Die Kinder sind viele Jahre zu Hause, und es ist wichtig,
dass die Eltern mit den Kindern von deren Geburt an in Kontakt und in Kommu­nikation treten. Das ist sehr, sehr wichtig. Es ist auch wichtig, dass Eltern
ihren Kindern vorlesen – lesen, lesen, lesen ist ganz, ganz wichtig.

Wir müssen alles daransetzen, jeden Jugendlichen zu begleiten und zu unterstüt­zen. Ich freue mich wirklich besonders, dass 173 Millionen Euro für das


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Nachholen der Basisbildung und für den Pflichtschulabschluss zur Verfügung ge­stellt werden. Bereits 2012 wurde diese Vereinbarung ja schon einmal ab­geschlossen, diese Maßnahme gesetzt. Das soll jetzt fortgesetzt werden, es wer­den 23 000 Personen die Möglichkeit haben, Bildungsangebote in An­spruch zu nehmen, und 11 000 Personen können den Pflichtschulabschluss nachholen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bildung muss in jedem Alter möglich sein, und da sollten wir auch entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Wir finden, das ist ein guter Schritt
in die richtige Richtung, und werden natürlich diesen Antrag sehr gerne unter­stützen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.13


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist die andere Vizepräsidentin, Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte sehr.


13.13.39

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäs­te hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Bevor ich in meine Rede ein­gehe, zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Kofler nur eine kleine Aufklärung: Die Hauptschule gibt es schon, ich weiß nicht, über zehn Jahre nicht mehr. Das dürfte sich aber bis zur FPÖ noch nicht ganz durchgesprochen
haben, aber ist ja eine Kleinigkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich möchte auch mit einem Zitat beginnen, nämlich von einem Arzt und
Lyriker, Ernst von Feuchtersleben, der gemeint hat: „Wenn das Leben das höchs­te Gut ist, so ist Bildung der Schlüssel zum höchsten Gut.“ In diesem Sinne, glaube ich, kann man Bildung durchaus auch als ganz, ganz wichtige Grundlage für ein selbstbestimmtes, für ein erfülltes Leben, aber vor allen Dingen
auch für ein gesundes und zufriedenes Leben verstehen.


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In weiterer Folge ist ein Bildungsabschluss auch eine ganz essenzielle Frage der gesellschaftlichen Teilhabe. Das heißt, wenn wir uns vorstellen – und ich
glaube, solche Situationen kennen wir alle –, wenn Menschen vielleicht Schwie­rigkeiten haben, Verträge zu lesen oder Formulare auszufüllen, oder wenn
schon der Beipackzettel eines Medikaments oder auch der Fahrplan
an der Bahnhofsanzeige zu einer schier überwindbaren Hürde werden, dann geht das oftmals mit ganz großer Verunsicherung und unter Umständen auch mit großer Scham einher.

Ich glaube, das ist durchaus nachvollziehbar und verständlich und führt in weite­rer Folge auch dazu, dass Menschen sich zurückziehen, sich aus dem ge­sellschaftlichen, aus dem öffentlichen Leben zurücknehmen, und sie fallen leider vielfach auch aus dem Arbeitsmarkt, aus dem Arbeitsleben heraus.

Das heißt, Bildung ist mit ein ganz klar wesentlicher Beitrag zu einer offenen und solidarischen Gemeinschaft und zu einer zukunftsgerichteten Gesellschaft,
wie wir sie brauchen. Unter diesem Aspekt ist auch der vorliegende Gesetzent­wurf aus meiner Sicht zu betrachten.

Zu Grunde liegt ja unter anderem die Piaac-Studie, also das Programme
for the International Assessment of Adult Competencies der OECD. Diese Studie gibt uns unter anderem auch großen Aufschluss über die Kompetenzen Erwachsener in den Bereichern der Schlüsselkompetenzen, nämlich
Lesen, Schreiben, Rechnen – Kollegin Göll hat es schon angesprochen. Da wird den Menschen in Österreich im Vergleich zu jenen in anderen Nationen,
die an der Studie teilgenommen haben, leider eine eher unterdurchschnittliche Lesekompetenz bescheinigt. (Ruf bei der FPÖ: Ja warum wohl?)

Zum Glück hat man diese Problematik in der Bildungspolitik aber schon vor Jah­ren erkannt, und unter Bundesministerin Claudia Schmied wurde damals
schon, 2012, finanziert von Bund und Ländern, aber auch vom Europäischen Sozialfonds, die Initiative Erwachsenbildung ins Leben gerufen, mit der
dann auch ein flächendeckendes standardisiertes Angebot geschaffen wurde,


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damit auch eine entsprechende grundlegende Basisbildung sowie die Möglichkeit, den Pflichtschulabschluss nachzuholen, gewährleistet werden konnten.

Inzwischen, viele Jahre später, hat man gesehen, dass das Angebot ein gutes ist, ein wichtiges ist, dass das Angebot allerdings noch viel zu gering ist und
die Nachfrage immer größer wird. Teilweise gibt es bei den Einrichtungen lange Wartelisten. Wir haben im Ausschuss auch mit den Experten darüber gesprochen und sind informiert worden, dass knapp 70 Prozent der Kursteilneh­mer:innen in diesem Zusammenhang unter 25 Jahre alt sind. Seit 2012
waren es insgesamt 10 500 Personen, die über die Initiative Erwachsenenbil­dung den Pflichtschulabschluss nachgeholt haben, bei immerhin über 50 Einrichtungen. Das ist, glaube ich, eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.

Daher gibt es auch von unserer Seite die vollste Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf. Wir haben es schon gehört: Es werden immerhin neuer­lich 170 Millionen Euro in die Hand genommen, um das Angebot noch weiter voranzutreiben und auszubauen.

Das bedeutet dann auch in Zahlen, dass weitere 23 000 Menschen im Bereich der Basisbildung unterstützt werden können und rund 11 000 Menschen
ihren Pflichtschulabschluss nachholen können. Das ist so weit positiv, da können wir auf alle Fälle mitgehen.

Ich glaube, es muss in unser aller Interesse sein, und das richte ich jetzt auch entsprechend an die FPÖ, die ja offensichtlich ihre Zustimmung hier
nicht gibt, dass jeder und jede junge Erwachsene, die vielleicht irgendwo am Bildungsweg verloren gegangen sind oder verloren gehen, auch die Mög­lichkeit erhalten, diesen Weg, wenn auch später und vielleicht auch
über Umwege, weiterzugehen, denn wir wissen: Die Gründe dafür, die Schule ohne Abschluss zu verlassen, sind vielfältig. Oftmals kann der oder die Betroffene rein gar nichts dafür. Da geht es unter Umständen auch um Krank­heitsfälle, da geht es um Depression, da geht es um schwierige Familien­verhältnisse, auch um plötzliche Schicksalsschläge und vieles mehr.


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Das heißt, schön, dass sich hier auch über die Fraktionsgrenzen hinweg eine Einigung zeigt und, sagen wir es einmal so, weite Teile des parlamenta­rischen Prozesses dieser Investition positiv gegenüberstehen.

Spannend finde ich wie gesagt, dass ausgerechnet die FPÖ da nicht zustimmt, schließlich ist die FPÖ immer die Partei, die sich ganz gerne als die Partei
des kleinen Mannes bezeichnet. Dass das hier verweigert wird, finde ich insofern ein bissel unverständlich (Bundesrat Spanring: Sie verstehen vieles nicht!), als,
und so ehrlich müssen wir schon sein, gerade dieses Angebot eben nicht auf die Bildungselite abzielt, sondern ganz stark und vor allem auf einkommensschwache und armutsgefährdete Personen. Ich glaube, gerade aus diesem Grund wäre es vielleicht an der Tagesordnung, darüber noch ein­mal nachzudenken und hier zuzustimmen – aber wie gesagt, das muss die FPÖ auch selbst entscheiden.

Eine kleine Anmerkung sei mir noch gestattet, was die Piaac-Studie betrifft: Es wurden im Zuge dessen ja auch Kompetenzen im Bereich der digitalen Bil­dung überprüft, und da kommt diese Studie leider auch zu – teilweise – erschütternden Ergebnissen, so ehrlich muss man es sagen.

Österreich belegt demnach bei Kompetenzstufe drei – das ist sozusagen keine Raketenwissenschaft, das entspricht ungefähr dem Europäischen Computerführerschein, was die Kompetenzen betrifft – lediglich Platz 14 von 19 teilnehmenden Nationen. Das ist also nichts, worauf man sich in
Ruhe ausruhen kann und darf.

30 Prozent, also ein Drittel der 44- bis 65-Jährigen in Österreich geben an, dass sie über keine oder kaum Computerkenntnisse verfügen, und ich glaube, das sollte uns zu denken geben.

Das betrifft selbst die Jungen, also die Digital Natives, wenn man sie so nennen möchte, die grundsätzlich zwar viel ungehemmter und intuitiver mit digi­talen Medien umgehen, was aber noch lange keine Garantie ist, dass auch die Kenntnisse dementsprechend sind.


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Das heißt: Im Umgang mit Computer und Co hat Österreich einfach noch einen riesengroßen Aufholbedarf. Ich glaube, wir können das auch so interpre­tieren, dass das mit einer der Gründe dafür ist, dass Österreich im Vergleich zu vielen anderen Ländern der Digitalisierung einfach grundsätzlich skeptisch gegenübersteht.

Also besonders in diesem Bereich müssen wir versuchen, alle Teile der Gesell­schaft mitzunehmen, schließlich geht es auch da wieder – wie zu Beginn
meiner Rede schon ausgeführt – in einem ganz hohen Maß um gesellschaftliche Teilhabe, um Partizipation. Wir kennen das alle: Bankgeschäfte gehen
heute nur noch digital, mit PC und Smartphone, ohne das geht es einfach nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbst, wenn es nur um das Herunterladen des eigenen Lohnzettels geht, wozu ich meine ID Austria brauche: Viele ältere Menschen geben es zu: Ich
habe die Kenntnisse und die Kompetenz dazu nicht mehr. – Das erzeugt einfach große Schwierigkeiten und große Verunsicherung.

Ich glaube, damit wird sich die Politik und ganz besonders natürlich die Bil­dungspolitik auseinandersetzen müssen, und zwar jetzt. Ich glaube,
dieser Skepsis – eigentlich ist es ein Mangel – müssen wir möglichst schnell entgegenwirken. Das wäre vielleicht meine Bitte ans Christkind oder vielmehr an den Minister.

Abschließend – weil es mir ein großes Anliegen ist und ich aus dem Bereich komme – darf ich an dieser Stelle, da wir uns ja wieder mit einer großen Grippe­welle im Bildungsbereich, in der Schule, im Kindergarten, in den elemen­tarpädagogischen Einrichtungen konfrontiert sehen, ein großes Dankeschön an alle Pädagoginnen und Pädagogen, an alle Lehrkräfte, an alle Schulleiterin­nen und Schulleiter richten, die im Moment wirklich Immenses leisten, die teil­weise an ihre Grenzen gehen müssen, weil einfach das Personal nicht da
ist, weil das Personal grundsätzlich fehlt oder weil es krank ist. Sie haben wirklich meine Hochachtung, es ist eine ganz wichtige Aufgabe, die da trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten erfüllt wird. Ich glaube, das kann man nicht


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hoch genug schätzen, das muss man wertschätzen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP
und Grünen.)

Die, die im Bildungsbereich immer wieder ganz gerne vergessen werden, gehö­ren natürlich auch dazu: alle Freizeitpädagog:innen, Betreuer:innen, Sozial­arbeiter:innen, auch die Schulpsychologie darf ich nicht außen vor lassen. Ihnen allen sei ein großes Dankeschön ausgerichtet, und ich hoffe, sie haben
ein paar schöne, erholsame Tage jetzt über Weihnachten, damit das Jahr 2024 wieder voller Energie starten kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.23


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Simone Jagl. Ich erteile ihr dieses. – Bitte schön.


13.23.35

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Willkommen, Herr Bundesminister! Willkommen, Besucherinnen und Besucher hier bei uns im Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer wieder spannend, wie es die FPÖ schafft, vor allem bei Bereichen, in denen sie sich nicht wirklich auskennt, zu ihren Lieblingsthemen zu kommen (Ruf bei
der FPÖ: Ja, weil’s stimmt!) –
auch wenn es nicht stimmt (Zwischenrufe der Bundes­räte Leinfellner, Spanring und Steiner), aber ja, dann muss man halt auf
Fakenews ausweichen und Fakten außer Acht lassen. (Bundesrat Steiner: ... un­glaublich gut erkannt! Unglaublich gut! – Zwischenruf des Bundesrates Lein­fellner.) – Genau. (Bundesrat Steiner: ... unglaublich gut! Jetzt fang zum Lesen an einmal! Lesen ist - -!)

Überlegen wir uns das einmal: Ein Kind kommt mit ungefähr sechs Jahren in die Schule, idealerweise mit etwas mehr Vorerfahrung als nur dem verpflich­tenden Kindergartenjahr, und im Laufe der Schullaufbahn erwirbt es nicht nur, aber im Wesentlichen ganz essenzielle Grundkompetenzen. Wir haben
es schon gehört: Lesen, Schreiben, Rechnen, aber mittlerweile gehören auch digitale Kompetenzen zu diesen Grundkompetenzen. Ich glaube, jede


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und jeder hier herinnen, die oder der Kinder hat, kennt es von den eigenen Kin­dern, dass es dann manchmal heißt: Ach, wozu brauche ich das denn
später? Mathematik, Lesen oder Schreiben ist mühsam! Wozu brauche ich das?

Die meisten Kinder schaffen es aber, sich zumindest diese Kompetenzen im Laufe ihrer Schulzeit anzueignen. Das ist der Idealzustand. (Ruf bei der FPÖ: Sonst gehen sie zu den Grünen, ist auch okay! – Bundesrat Leinfellner: Und die anderen werden Parteimitglied bei den Grünen! – Bundesrat Steiner: Ja!)

Jetzt gibt es aber Umstände, die nichts mit kognitiven Fähigkeiten zu tun ha­ben – und da muss ich Kollegen Kofler recht geben, auch nicht mit den Lehrenden, die wirklich ihr Bestes geben –, sondern einfach Gegebenheiten, Umstände sind, die diese ideale Bildungslaufbahn stören. Das können, wir haben es auch schon gehört, Krankheiten sein oder unvorhergesehene Ereignisse,
wir wissen, da gehören (Ruf bei der FPÖ: Migration!) – ja – tatsächlich
auch Fluchterfahrungen dazu, das sucht sich niemand aus.

Wir haben hier schon öfter darüber gesprochen, dass Bildung in Österreich nach wie vor zu einem großen Teil vererbt wird, auch aus einem bildungsfernen –
sage ich einmal – Haushalt zu kommen kann die Schullaufbahn, den schulischen Erfolg massiv beeinträchtigen. Manche Menschen verlieren aber auch erst
im Erwachsenenalter den Anschluss. Die Herausforderungen im Zusammenhang mit technologischen Neuerungen sind etwas, das vielen Menschen Proble­me bereitet.

Die sozialen und ökonomischen Auswirkungen – Kollegin Hahn hat es recht an­schaulich ausgeführt – liegen auf der Hand, die Betroffenen leiden unter Diskriminierung und Minderwertigkeitsgefühlen. Es ist ein schambehaftetes The­ma, wenn man selbst merkt, dass die Kompetenzen einfach mangelhaft
sind, die Betroffenen täuschen über die mangelnden Kompetenzen hinweg, sie täuschen teilweise sogar Familie und Freunde. Gleichzeitig – und das sei
auch speziell an die FPÖ gerichtet – haben all diese Menschen andere Kompe­tenzen, haben Potenziale, die wir nicht liegenlassen können. (Beifall bei


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den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ.) Alles andere ist volkswirtschaft­licher Irrsinn und sozialer sowieso.

Die beiden Programmteile, um die es heute geht, Basisbildung und Nachholen des Pflichtschulabschlusses, richten sich im Besonderen an Menschen
ab dem 15. Lebensjahr. Während die Angebote für die Basisbildung vermehrt von Erwachsenen in Anspruch genommen werden, ist die Zielgruppe
beim Nachholen des Pflichtschulabschlusses eher jünger. Basisbildung zeichnet sich auch besonders dadurch aus, dass sie wirklich auf die individuellen Biografien der Menschen eingeht und auch mit den vorhandenen Kompetenzen arbeitet, sich an diesen orientiert und auf diesen aufbaut. Letztlich geht
es darum – das wurde auch schon ausführlich besprochen –, die Bereiche des Lebens der betroffenen Personen zu erfassen und die Handlungsmöglich­keiten zu erweitern. In Österreich begann die Basisbildungsarbeit Ende der Acht­ziger-, Anfang der Neunzigerjahre mit Kursangeboten in Wien, mittlerweile
gibt es zahlreiche wirklich tolle Angebote.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Sache hinweisen, auf die
ich im Zuge meiner Vorbereitungen gestoßen bin: das Alfatelefon. Das ist eine Hotline, die einerseits ganz niederschwellig Informationen zu Kursange­boten zur Basisbildung gibt. Das ist auch anonym möglich. Andererseits bietet sie aber auch Soforthilfe an, zum Beispiel, wenn es um das Ausfüllen von Formularen geht, um das Verfassen von E-Mails, um schriftliche Tätigkeiten in der Arbeit und so weiter. Das Ganze ist wie gesagt sehr niederschwellig
und über zahlreiche Kanäle möglich: telefonisch, per Mail, aber auch über Mes­sengerdienste. Das ist jetzt gar kein Widerspruch, denn besonders diese Möglichkeiten helfen Betroffenen bei Problemen hinsichtlich Sprache zu Text und im Umgang mit diesen Medien.

Super finde ich auch, dass wir jetzt die Bundesjugendvertretung in der Steuerungsgruppe dabei haben, weil ja Jugendliche wirklich auch sehr stark betroffen sind, das haben wir von Frau Kollegin Hahn schon gehört. Die Bundesmittel wurden um 30 Prozent auf 11,7 Millionen Euro pro Jahr erhöht,


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und insgesamt wurde von 28 auf 35 Millionen Euro erhöht: Das ist wirk­lich gut angelegtes Geld, es ermöglicht die Weiterführung dieser wichtigen un­entgeltlichen Angebote für Jugendliche und Erwachsene.

Wie gesagt: Wir dürfen niemanden zurücklassen, wir müssen alle Kompetenzen und Potenziale heben, auch von Menschen, die Krisen hinter sich haben. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.29


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desminister Martin Polaschek. – Bitte sehr, Herr Minister.


13.30.12

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Sie haben zu Recht die Bedeutung dieser Maßnahmen gewürdigt. Ich danke Ih­nen auch dafür, weil diese wirklich sehr wichtig sind, um Menschen, die
aus verschiedenen Gründen Bildungsabschlüsse nicht erreicht haben, entspre­chend zu unterstützen.

Es sei gerade auch hier in der Länderkammer noch einmal ausdrücklich erwähnt, dass ja nicht nur vonseiten des Bundes, mit Unterstützung des Europäi­schen Sozialfonds, Mittel zur Verfügung gestellt werden, sondern auch vonseiten der Länder über 58 Millionen Euro in diesen gemeinsamen Topf fließen.

Gestatten Sie mir, dass ich zu zwei Punkten direkt etwas ergänze; zum einen, weil Frau Bundesrätin Hahn das Thema Digitalisierung angesprochen hat: Gerade aus diesem Grund, weil die Digitalisierung alle unsere Lebensbereiche immer mehr betrifft, haben wir ein eigenes Unterrichtsfach digitale Grundbildung eingeführt, um den jungen Menschen sowohl die Chancen der Digitalisierung als auch deren Gefahren und Risiken nahezubringen.

Darüber hinaus ist es in die Lehrpläne, auch in der Primarstufe, als unterrichts­übergreifendes Thema eingeflossen, weil auch die Jüngeren schon sensi­bilisiert werden müssen, denn die Digitalisierung wird wie gesagt unser Leben


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immer mehr beeinflussen. Das betrifft natürlich auch die Erwachsenen,
und ja, es ist in unser aller Verantwortung, darauf zu achten, dass es keine Digi­talisierungsverlierer gibt, dass wir auch Menschen, gerade ältere Men­schen, die aus welchen Gründen auch immer mit der digitalen Welt nicht so zurechtkommen, entsprechend zu unterstützen.

Ein Punkt, den Sie auch angesprochen haben, was die Lehrerinnen und Lehrer angeht: Ja, wir müssen natürlich darauf achten, dass wir möglichst viele,
auch gut ausgebildete, Lehrerinnen und Lehrer in die Schulen bekommen. Wir sind intensiv an verschiedenen Maßnahmen dran.

Ich werte es als ein besonders schönes Signal, dass wir auf einem richtigen Weg sind, dass allein heuer, in diesem Studienjahr, über 900 Personen zusätzlich Lehramtsstudien begonnen haben, das heißt, es gibt im Bereich Lehramtsstudien österreichweit eine Zunahme von Studienanfängerinnen und -anfängern
von 17 Prozent. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Das ist wirklich eine sehr große Zahl, und das stimmt mich guten Mutes, dass es uns gelingen wird, das Ruder herumzureißen und künftig wieder mehr Leh­rerinnen und Lehrer zur Verfügung zu haben.

Abschließend, weil es auch Frau Bundesrätin Göll angesprochen hat: Lesen ist ganz wichtig, deshalb haben wir dieses Schuljahr unter das Stichwort Lesekompetenz gestellt. Wir werden natürlich auch über dieses Jahr hinaus Initiativen setzen, aber gerade Lesen ist meines Erachtens die wichtigste Kompetenz, die die jungen Leute brauchen, und deshalb ist das einer der Schwerpunkte in diesem Jahr.

Ich danke Ihnen allen für die breite Unterstützung für diesen Gesetzentwurf und darf mich an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit bedanken, und da
ich keine Regierungsvorlage mehr hier im Bundesrat zu vertreten habe, darf ich Ihnen jetzt schon ein schönes Fest wünschen. – Vielen Dank. (Beifall bei
ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

13.33



BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 40

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Steiner hebt die Hand.) – Herr Kollege Steiner, bitte.


13.33.57

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Präsident! Ich fange einmal mit einem Zitat an: „Es ist keine Schande nichts zu wissen, wohl aber, nichts
lernen zu wollen.“ Das passt ganz gut in die heutige Zeit, das passt ganz gut zur Bundesregierung. Sie hat aus den vergangenen Jahren auch nichts gelernt,
nach dem zu urteilen, was sie mit uns Österreichern aufgeführt hat. Es
passt aber auch ganz gut zu den zugewanderten, nicht integrierbaren Berei­cherern aus dem Jahr 2015, weitergehend bis heute, unveränderte ille­gale Zuwanderung, was wir dann auch im Bildungssystem – Herr Minister, Sie werden es genau wissen – mit allen Auswirkungen büßen.

Worum geht es jetzt bei dem Gesetz? – Es geht um eine Bund-Länder-Verein­barung, genauer gesagt um 117,2 Millionen Euro, von 2024 bis 2028, um Erwachsene den Pflichtschulabschluss nachholen zu lassen.

Es gibt das Gesetz – so viel zur Genese – seit 2011; damals, Herr Minister, das war vor Ihrer Zeit, war das einstimmig. Damals waren auch wir dabei. Wir
haben aber schon 2011 davor gewarnt und gesagt, es braucht Begleitmaßnah­men bei dieser Aktion. Die gibt es bis heute nicht.

Und zwar: Wie viele bringt das tatsächlich in Beschäftigung und Arbeit? Wie er­folgreich ist diese Aktion in ihrer Gesamtheit? – Man weiß es nicht, Herr Minister. Sie wissen es bis heute nicht, und seit 2011 gibt es das wieder, jetzt verlängern wir es einfach so mir nichts, dir nichts wieder weiter, wissen
aber nicht, was uns diese 117,2 Millionen Euro wirklich bringen. Somit verpufft ganz, ganz viel Geld nicht nachhaltig. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist aber leider Gottes sinnbildlich für diese Regierung. Was wäre denn wich­tig? Natürlich wollen es die Grünen und die Sozialisten nicht hören. Die


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ÖVP probiert jetzt wieder, ein bisschen umzuschwenken, schauen wir einmal, wie das funktioniert. – Großes Augenmerk ist auf die Sprachbildung zu
legen, das ist so. Warum ist das so? – Na logisch, wenn 60, 70, manchmal 80 Prozent der Schüler in der Klasse mit nicht deutscher Muttersprache
sitzen, dann ist es halt einmal schwierig. Bei uns war das früher kein Problem. (Bundesrat Schreuder: Na ja, die FPÖ-Plakate, die sind auch ... Recht­schreib...!) – Geh, halt einmal den Schlopfn! (Ah-Rufe bei ÖVP und Grünen.)

In meiner Bildungszeit war das ganz einfach, da gab es eine Klasse mit 27 Schü­lern. (Bundesrat Schreuder: Aha, du tust nie dazwischenrufen, oder? Tust du
nie dazwischenrufen, Steiner, oder was? Was soll das?)
In dieser Klasse gab es ge­nau zwei mit nicht deutscher Muttersprache. So, und was ist dann pas­siert? – Die zwei sind mitgenommen worden, die zwei wurden von den 25 an­deren mitgenommen, bilateral, in den Pausen, überall, nicht nur in der
Klasse, sondern überall. Die Freundeskreise waren ganz andere. Natürlich wur­den diese Kinder, die damals mit nicht deutscher Muttersprache zu uns gekommen sind, in die Freundeskreise von uns integriert, und da ist halt einmal Zillertalerisch gesprochen worden. Bei denen, bei meinen Schulkollegen
von damals, merkt heute niemand, dass die damals mit nicht deutscher Mutter­sprache gekommen sind, und das ist der große Unterschied!
(Beifall bei der FPÖ.)

Aber wenn man alles offen hat, wenn man jeden aus jedem Hergottsland einlädt und sagt: Kommt zu uns, hier fließen Milch und Honig!, dann haben wir das Problem, und dann büßen das auch leider Gottes unsere einheimischen Kinder. (Beifall bei der FPÖ.)

Was macht der Bildungsminister, seit er in Amt und Würden ist? – Er hat es jetzt gerade selber gesagt: Vor Weihnachten ist immer ein Mordsgesetzesreigen,
der Herr Bildungsminister bringt eine Gesetzesvorlage, die stammt nicht einmal von ihm selber – ich habe es vorhin gerade erklärt –, sondern ist lediglich
eine Verlängerung von 2011.


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Es kracht im ganzen Bildungssystem, überall gehen Löcher auf, dann stopft man notdürftig ein Loch, und nichts Gescheites kommt heraus. Herr Minister,
nicht nur die Regierung versagt, Sie persönlich versagen in diesem Ministerium kläglichst, Herr Minister, kläglichst! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemer­kung von Bundesminister Polaschek.)

Das muss man Ihnen dann halt schon zum Vorwurf machen, denn, Herr Minister, wer Bildung verschläft, produziert Klimaterroristen am laufenden Band. (Zwi­schenrufe bei den Grünen.) Das ist das Problem. (Beifall bei der FPÖ.)

Da spricht die Pisa-Studie eine ganz klare Sprache. Auf dem Regierungspro­gramm, das ja nicht Sie mitverhandelt haben, weil Sie ja dann nachgerutscht sind, steht „Aus Verantwortung für Österreich“. Wenn man jetzt bilanziert, ein
Jahr vor der Neuwahl, kurz vor Weihnachten, kann man sagen: Wir gehen ver­antwortungslos mit Österreich um.

Jetzt sind aber im Bildungsbereich vielleicht nicht Sie allein schuld, Herr Minister, denn die Sozialisten haben auch schon einiges dazu beigetragen, dass wir
jetzt da sind, wo wir sind. In der Zweiten Republik, nur zur Aufklärung, gab es nämlich ganz am Anfang einen Kommunisten als Bildungsminister, der
war das aber nur acht Monate lang, und seither gab es zehn von der ÖVP und neun von den Sozialisten. (Bundesrat Schreuder: Zum Glück niemanden
von der FPÖ!)

Was macht Bildung? Herr Schreuder, jetzt hör genau zu! (Bundesrat Schreuder: Nein, ich höre nicht zu! Du sagst mir nicht, ob ich zuhören soll oder nicht! Du
sagst mir nicht, ob ich zuhören soll oder nicht bei so einem Blödsinn!)
Was macht Bildung? – Bildung macht stark. Bildung, Herr Schreuder, macht glücklich. Bildung rettet Leben. Bildung schafft Perspektiven. Bildung stärkt das Selbstbe­wusstsein. (Ruf bei der ÖVP: Ja, ja, ja! – Bundesrat Schreuder: Das merkt
man an den FPÖ-Plakaten, die überhaupt vor Deutschfehlern nur so strotzen!)
Bil­dung macht Spaß und Bildung hält gesund. (Bundesrat Schreuder: Ihr
tätets mehr Bildung brauchen!)
Und: Bildung erfüllt alles. Bildung ist auch gut, wenn man 2024 eine neue Regierung wählt. (Beifall bei der FPÖ.)


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Und, Herr Schreuder, wenn du sagst, das ist ein Blödsinn, dann weiß ich, warum du bei den Grünen bist.

Zu Frau Göll noch, die vorhin geredet hat: Ich darf Ihnen gratulieren – die ÖVP findet wieder dahin zurück, wo sie vor 20 oder 30 Jahren ursprünglich ein­mal gewesen ist. Sie haben gesagt: Bildung beginnt in der Familie. (Bundesrätin Miesenberger: Da haben wir nie was anderes gesagt!) Ich würde es erwei­tern: Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft – und auch unserer Kin­der für ihr zukünftiges Leben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn die ÖVP wieder zurückfindet – back to the roots –: herzliche Gratulation! Es freut uns, wenn ihr uns andauernd kopiert, weil die Leute verstanden
haben, was mit der Kopiermaschine los ist.

Frau Kollegin Hahn hat auch gesagt, dass es ja schon über zehn Jahre oder so keine Hauptschule mehr gibt. Leider Gottes hat die sozialistische Partei (Bundesrätin Hahn: Sozialdemokratische Partei!) die Hauptschule eingestampft und daraus eine Mittelschule gemacht. Was hat sich verbessert, Frau Kollegin
Hahn? (Rufe bei der FPÖ: Nix! Nichts!) – Nichts. Es ist alles schlechter geworden mit Ihrer ideologischen Mittelschule! Alles ist schlechter geworden.
(Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Hahn, noch als Abschluss zu Ihnen: Danke für Ihre Belehrungen! (Bundesrätin Hahn: Bitte! Immer gern!) Sie sind ja Lehrerin und somit aktiv
für unsere Bildung in Österreich tätig. (Bundesrat Schreuder: Im Gegensatz zu dir!) Das haben Sie die letzten Jahrzehnte ja wunderbar und toll gemacht – Pisa
lässt grüßen. Vielen Dank, Frau Kollegin Hahn! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Das ist eine Unverschämtheit!)

13.42


13.42.03

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die
Debatte geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 44

Wir gelangen zur Abstimmung. – Die Plätze sind eingenommen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.42.402. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförderungsgesetz, das
Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden (2305 d.B.
und 2375 d.B. sowie 11360/BR d.B. und 11405/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesge­setz, mit das Transparenzdatenbankgesetz 2012 geändert wird (2306 d.B.
und 2376 d.B. sowie 11406/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend eine Vereinba­rung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung einer gebietskörper­schaftenübergreifenden Transparenzdatenbank (2314 d.B. und 2377 d.B. sowie 11407/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunk­ten 2 bis 4, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 2 bis 4 ist Frau Bernadette Geieregger. – Ich bitte um den


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 45

Bericht.


13.43.36

Berichterstatterin Bernadette Geieregger, BA: Ich darf Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezem­ber betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanzausgleichsgesetz 2024 er­lassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Umweltförde­rungsgesetz, das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz, das Transparenzdaten­bankgesetz 2012 und das Bildungsinvestitionsgesetz geändert werden,
zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 3 und darf Ihnen auch den Bericht des Fi­nanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezem­ber 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Transparenzdatenbank­gesetz 2012 geändert wird, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben und dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu geben.

Zu Tagesordnungspunkt 4 darf ich Ihnen ebenso den Bericht des Finanzaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank zur
Kenntnis bringen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 46

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich gerne Herrn Bundesminister für Finanzen Magnus Brunner begrüßen: Herzlich willkommen! (Beifall bei
ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Markus Steinmaurer. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


13.45.47

Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseher zu Hause
und im Bundesratssaal! Bei TOP 2 geht es um die Dotierung eines Zukunftsfonds und um die Finanzzuweisung vom Bund an die Länder und Gemeinden.

Grundsätzlich gehen uns diese Änderungen nicht weit genug. Die Gemeinden und die Länder werden ausgehungert, dadurch wird bei den Ländern eine gewisse Schockstarre verursacht. Wir fordern daher, dass der Finanzausgleich sofort aufgeschnürt wird, damit die Länder und Gemeinden mehr Geld bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Einigung in den Finanzausgleichsverhandlungen kann nur als Grundsatzeini­gung gesehen werden. Artikel 5 wird für inhaltlich richtig und notwendig er­achtet, der Rest wird von uns abgelehnt.

Zu TOP 3: Der Aufnahme des neuen § 1 Abs. 3 des Transparenzdatenbankgeset­zes 2012 in den Verfassungsrang wird zugestimmt.


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Zu TOP 4, Vereinbarung über die Etablierung einer gebietskörperschaftenüber­greifenden Transparenzdatenbank: In dieser Vereinbarung sind Bund,
Länder und Gemeinden übereingekommen und haben sich etwa in Bezug auf die Überprüfung des Bestehens gleichgelagerter Förderungen, die Durchfüh­rung personenbezogener Abfragen, etwaige Doppelförderungen oder die Abstim­mung von gebietskörperschaftenübergreifenden Weiterentwicklungen im Koordinierungsausschuss geeinigt. Da die aktuellen Krisen mehr denn je erfor­dern, dass Förderungen treffsicher und zielgerichtet ausbezahlt werden,
sind Bund und Länder im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen diesbe­züglich übereingekommen.

Diese Zielsetzung von Bund und Ländern wird mittels der TDB flächendeckend ermöglicht. In diesem Sinne enthält die Vereinbarung gemäß
Artikel 15a B-VG gemeinsame Prämissen für eine gebietskörperschaftenüber­greifende Verwirklichung. Ob es auf Dauer ausreicht, dass die Länder nur
jene Leistungen verpflichtend einmelden müssen, welche aufgrund derzeit gel­tender Vereinbarungen bereits als Leistungsangebot in der TDB zu erfas­sen sind, muss weiter verfolgt werden. Vonseiten der FPÖ-Bundesratsfraktion wird TOP 4 zugestimmt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.48


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Mag. Christian Buchmann. – Herr Bundesrat, bitte sehr.


13.48.38

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Geschätzter Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es geht um den Finanzausgleich. Der Finanzausgleich regelt bekanntermaßen die Verteilung der Bundesfi­nanzmittel. Die gemeinschaftlichen Bundesabgaben werden auf die Gebietskör­perschaften verteilt: auf den Bund, auf die neun Bundesländer und auf


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die mehr als 2 000 Gemeinden und Städte im Lande. Diese Maßnahme ist not­wendig, um die Möglichkeit zu eröffnen, die geplanten Ziele zu erreichen
und die geplanten Maßnahmen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger abzu­arbeiten.

Der Ruf nach mehr Mitteln ist immer verständlich, Herr Kollege Steinmaurer – die Frage ist nur, woher die Mehrmittel kommen (Bundesrat Spanring:
Koste es, was es wolle!):
Entweder gibt es ein entsprechendes Wirtschaftswachs­tum, das mehr Mittel in die öffentlichen Kassen spült – das ist in Zeiten
wie diesen besonders herausfordernd –, oder die Gemeindebürger werden durch neue Steuern belastet. Letzteres ist nicht unbedingt ein Thema, das meine Gesinnungsgemeinschaft besonders favorisiert. Daher: Der Ruf nach mehr Geld ist relativ rasch ausgesprochen. Wie man tatsächlich mehr Mittel lukrieren
kann, ist aber immer auch eine Frage dessen, wie man es mit der Bevölkerung abspricht.

Ich spüre in den Gesprächen, die ich mit Unternehmerinnen, mit Unternehmern, mit Bürger:innen im Lande und auch in meiner Heimatgemeinde, der steiri­schen Landeshauptstadt, habe, wenig Sympathie dafür, neue Steuern einzufüh­ren oder gar neue Steuern zu erfinden. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bun­desrätin Schumann: Lasst die Reichen reich sein! Schützt die Reichen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Finanzausgleich für die neue Pe­riode geht von 2024 bis einschließlich 2027. Mit diesem Paktum werden 146 Milliarden Euro mobilisiert – eine gigantische Summe, die in diesen vier Jah­ren unter den Gebietskörperschaften verteilt wird. Es werden 12,5 Milliar­den Euro an zusätzlichen Mitteln für die Länder und die Gemeinden möglich ge­macht. Das ist insbesondere, wenn man sich die Ziele ansieht, die damit verbunden sind, ein großer Brocken an öffentlichem Steuergeld, der da einge­setzt ist.

Ich bin sehr froh, dass es nach sehr harten, auch sehr schwierigen Verhand­lungen gelungen ist – ich gratuliere dem Finanzminister dazu, aber


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auch den Landesfinanzreferenten, den Gemeinden und dem Städtebund –, dass man sich gemeinsam zu einer Lösung durchgerungen hat, auch einen Zu­kunftsfonds möglich zu machen, der abbildet, dass es einen Ausbau bei den Kin­derbetreuungsplätzen, beim Thema der Elementarpädagogik geben wird –
für 2024 beispielsweise 500 Millionen Euro –, dass es gelungen ist,
dem Flächenverbrauch und der Flächenversiegelung entsprechende Maßnahmen entgegenzustellen, im Kapitel des Wohnens und des Sanierens immerhin
auch 300 Millionen Euro oder, wenn es um den Heizkesseltausch im Bereich Umwelt und Klima geht, ebenfalls 300 Millionen Euro im Jahr 2024 mög­lich zu machen.

Dazu kommt, dass es zusätzliche Mittel für strukturschwache Gemeinden gibt. Die werden, wenn ich es richtig gesehen habe, sogar verdoppelt. Auch die medizinische Versorgung im niedergelassenen Bereich – Stichwort Gesundheit – wird entsprechend ausgebaut.

Wenn wir über strukturschwache Gemeinden reden, ist natürlich auch wichtig, zu erwähnen, dass der Personennahverkehr entsprechend dotiert wird.
Sie alle haben möglicherweise mitbekommen, dass es gerade im Bereich der Schülertransporte gewisse Schwierigkeiten in den Bundesländern und
in den Gemeinden gab, und auch dafür stehen zusätzliche Mittel zu Verfügung. Ich glaube, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Finanzausgleichspaktum ist auch verhandelt worden – ich begrüße das außerordentlich –, dass es zu einem Transparenzdatenbankgesetz kommt.
Wie manche von Ihnen wissen, war ich eine Zeit lang Mitglied der steiermärki­schen Landesregierung. Ich habe vor rund zehn Jahren – damals freiwil­lig, das war noch keine Artikel-15a-Vereinbarung oder gesetzliche Vorgabe – für die Ressorts, die mir zugeordnet waren, nämlich das Wirtschaftsressort und
auch das Kulturressort, eine solche Datenbank eingerichtet, die es den Bürgerin­nen und Bürgern des Landes möglich gemacht hat, nahezu tagesaktuell zu
sehen, wohin öffentliche Gelder fließen.


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Das wird seit damals beispielsweise von der Steirischen Wirtschaftsförderungs­gesellschaft, der SFG, unter dem Titel Einblick geöffnet – also transpa­rente und offene Kassen – oder auch durch den Kulturförderungsbericht des Landes Steiermark. Landeshauptmann Christopher Drexler ist aktuell der Kulturreferent des Landes Steiermark und stellt die diesbezüglichen Daten auch tagesaktuell der Öffentlichkeit zur Verfügung. Damit ist einerseits Trans­parenz verknüpft und andererseits der Nachweis erbracht, dass diese Mittel sinn­voll investiert werden. Ich muss Ihnen sagen, an dem Tag, an dem das gesche­hen ist, haben auch die Debatten über so manche Förderungen aufgehört, weil die Menschen gesehen haben, für welche Projekte, für welche juristischen Personen, für welche natürlichen Personen diese Mittel zur Verfügung gestellt werden.

So gesehen: Danke für diesen Schritt in die richtige Richtung! Ich glaube, das dient der Transparenz. Es zeigt auch, dass wir uns sehr bewusst sind,
dass es möglicherweise in manchen Bereichen auch Doppelförderungen gibt, die nicht im Sinne des Erfinders liegen und die damit in Zukunft hoffentlich
auch eingedämmt werden können.

Für mich ist der Finanzausgleich eine Form des gelebten Föderalismus. Es ist das stete Ringen um die Mittel und um die zweckmäßige Verwendung dieser
Mittel, die zwischen den Gebietskörperschaften aufgeteilt werden. Damit ist na­türlich auch immer eine Diskussion über die Kompetenzverteilung zwischen
den Gebietskörperschaften verbunden. Es ist aber jedenfalls im Inter­esse der Bürgerinnen und Bürger, es ist im Interesse eines gelebten Föderalis­mus und es ist im Interesse einer Zukunftsgestaltung, bei der es darum
geht, für die Elementarpädagogik, für Wohnen und Sanieren, für Umwelt und Klima, für Nahverkehr und Schülertransporte auch für jene Gemeinden,
die es manchmal sehr, sehr schwer haben, weil sie nicht in einem Speckgürtel, sondern in peripheren Lagen liegen, trotzdem jene Mittel zu erhalten,


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die sie brauchen, um den Menschen, die in diesen Gemeinden leben, die in die­sen Regionen zu Hause sind, ein Stück Heimat zu öffnen. (Beifall bei
der ÖVP.)

13.56


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


13.56.25

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das
neue Finanzausgleichsgesetz ist eine verpasste Chance. Der Finanzausgleich ge­hört nämlich grundlegend reformiert. Stattdessen pumpt die Regierung
mehr Geld in ineffiziente Strukturen. Der neue Zukunftsfonds hat nur eine un­verbindliche Zielorientierung. Wir NEOS fordern – das ist in der Zwischen­zeit hoffentlich bekannt – eine radikale Entflechtung und Transparenz der Mit­telflüsse zwischen den Gebietskörperschaften, mehr Aufgabenorientie­rung und eine echte Abgabenautonomie der Länder und Gemeinden. Die Ausga­benverantwortung muss auch mit einer Einnahmenverantwortung
einhergehen.

Zum Zukunftsfonds: Dieser hat einige positive Aspekte. Mit ihm kümmert man sich um Zukunftsbereiche wie Elementarbildung, Klima oder Energiewende.
Es gibt Ziele, die darin festgehalten werden, und es ist auch die Rede von einer Evaluierung und einer Transparenz betreffend Mittelverwendung. Die Ziel­setzungen sind allerdings aus unserer Sicht zu wenig ambitioniert, etwa auf den Gebieten des Ausbaus der erneuerbaren Energie oder der Kinderbetreu­ung, und wichtige Ziele wie zum Beispiel die Bodenversiegelung
fehlen überhaupt.

Ein Verfehlen der Ziele bleibt außerdem sanktionslos. Die Gelder fließen, auch wenn die Ziele nicht erreicht werden beziehungsweise gar nicht erreicht
werden können, wie das zum Beispiel bereits jetzt im Bereich der Kinderbetreu­ung absehbar ist, weil es zu wenig Personal gibt.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 52

In diesem Zusammenhang auch noch zur Transparenzdatenbank: Gegen die­jenigen Änderungen der Transparenzdatenbank, die beschlossen werden sollen, ist nichts einzuwenden; einige Empfehlungen des Rechnungshofes wurden aufgegriffen. Es handelt sich aber wieder um ein Klein-Klein statt einer echten Reform. Wir NEOS fordern eine Ausweitung des Kreises der Einsichtsbe­rechtigten, zum Beispiel auf den Nationalrat und den Bundesrat, und eine öf­fentliche Einsichtnahme zu den Zahlungen, die an juristische Perso­nen wie Vereine und Unternehmen fließen und die über 2 000 Euro betragen.

Ebenfalls wurde die Empfehlung des Rechnungshofes für die Transpa­renzdatenbank nicht umgesetzt, dass auch die Gemeinden eine Einmeldepflicht haben sollen, speziell was sowohl das Leistungsangebot als auch deren Zahlungen betrifft. Deswegen können wir der Änderung der Transparenzdaten­bank nicht zustimmen. – Danke sehr.

13.58


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Sascha Obrecht. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


13.59.04

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist das ein bisschen eine ungewöhnliche Situation, so als Proredner eingeteilt zu sein, wenn der Finanzminister da ist. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von SPÖ, ÖVP
und Grünen. – Bundesminister Brunner: Stimmt eigentlich! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, ist für uns auch ungewöhnlich! – Bundesrat Buchmann: Man kann ja auch gescheiter werden!)
Ich habe tatsächlich überlegt, was ich sagen kann.
(Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Insofern fangen wir mit etwas Positivem an, damit es praktisch auch eine Pro­rede ist: Der Finanzausgleich selbst stellt für den Finanzminister sicher
eine der schwierigsten Verhandlungssituationen dar, die er überhaupt zu bewäl­tigen hat. Das ist zu einem Ergebnis gebracht worden, und das ist für sich


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schon eine Leistung, die man anerkennen kann (Zwischenruf des Bundesrates Span­ring), und das tue ich hiermit auch ausdrücklich. (Beifall bei der ÖVP sowie
des Bundesrates Schreuder.)

Es gab da ja auch einen breiten Konsens unter den Landeshauptleuten. Auch mein Landeshauptmann in Wien hat dann schlussendlich dem Finanzaus­gleich zugestimmt, also kann ich prinzipiell gar nicht dagegen argumentieren. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja genau! Ja, das ist gescheit! – Zwischen­bemerkung von Bundesminister Brunner.) Das liegt irgendwie nicht in der Natur der Sache – das verstehe ich schon, das ist klar.

Insofern werde ich es – jetzt kommt das Aber, das haben Sie eh schon vermutet (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner) – aber vielleicht bei ei­ner grundsätzlichen Kritik belassen. Ich glaube, dass Sie in vielen Fällen leider die falschen Schwerpunkte setzen – das liegt auch in der Natur der Sache, Sie vertreten politisch andere Menschen, als ich das tue. Ich glaube, dass wir den Men­schen in Österreich ein grundlegendes Versprechen geben müssen, zumin­dest in meinem politischen Verständnis, nämlich dass es, wenn sie sich in diesem Land anstrengen, wenn sie etwas weiterbringen wollen, ihnen selbst und
ihren Kindern besser geht. Das ist, glaube ich, ein Versprechen, das wir den Men­schen schulden. Ich glaube, dass dieses Versprechen von dieser Regierung
nicht wahrgenommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt vielmehr ein anderes grundlegendes Versprechen, nämlich jenes, dass es, wenn sie sich anstrengen, wenn sie ganz viel arbeiten, dann am Ende kaum reichen wird, um über die Runden zu kommen. (Bundesrat Buchmann: Das ist eine Unterstellung!) Es gibt das Versprechen: Wenn Sie viel haben, dann werden
Sie viel behalten, weil wir es nicht angreifen werden! – Im Gegensatz zum Kolle­gen bin ich nämlich der Auffassung, dass eine Millionärsabgabe sehr
wohl nottut, um eine Schieflage in diesem Land zu beenden. (Beifall bei der SPÖ.)

Den letzten Punkt will ich gar nicht zu ausführlich beschreiben, weil wir
auch das in der Vergangenheit erlebt haben: Das dritte Versprechen ist, dass es


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einem, wenn man sich mit der ÖVP gut stellt, von der Republik auch ge­richtet wird. Auch das ist ein Versprechen, das man vielleicht kritisieren muss und das in Zukunft bei einer neuen Regierung anders sein sollte. – Das
sind so die drei Dinge, die ich mitgeben will.

Zur Transparenzdatenbank: Dem kann ich mich anschließen, das halte ich prin­zipiell für eine gute Sache. Wenn wir zukünftig wollen, dass Gemeindever­bände auch einmelden können, halte ich die Legistik für unzureichend – das ha­be ich Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch gesagt. Gebietskör­perschaftsübergreifend führt dazu – als Begriff schon per se ‑, dass Gemeinde­verbände nicht einmelden können, weil sie keine Gebietskörperschaften
sind. Insofern wird da zukünftig, denke ich, tatsächlich juristisch nachgebessert werden müssen. Ziel sollte sein, dass auch Gemeindeverbände zukünftig
melden sollen. Ich glaube, da gibt es noch ein bisschen Bedarf und Stellen, an de­nen man etwas nachholen sollte.

Insofern vielleicht abschließend noch: Ich darf heute noch eine etwas kritischere Rede zu einem anderen Thema halten, die nicht den Finanzminister trifft,
aber ich will vielleicht noch ein paar Zahlen mitgeben, die mich zum Denken an­regen: Die „Financial Times“, kein Blatt des Marxismus, hat die fortgeschrit­tenen Volkswirtschaften der Welt und deren Performance in diesem Jahr vergli­chen. Österreich ist auf Platz 33 von 35 gelandet, wir sind Vorvorletzter.
Es mag schon sein, dass es eine punktuelle Betrachtung für ein Jahr ist, aber es sollte uns zu denken geben.

Wifo-Chef Felbermayr sagt, das hat zwei Gründe: die hohe Inflation und das ge­ringe Wachstum. Für die hohe Inflation gibt es unterschiedliche Erklär­muster. Der Finanzminister sagt, die hohe Inflation liegt an den hohen Lohnab­schlüssen, und er vergleicht uns mit Belgien. Er sagt, Belgien hat ähnlich
hohe Lohnabschlüsse. – Der Unterschied ist, dass Belgien eine Inflation von 0,7 Prozent hat und wir eine von 5,3 Prozent haben. Die Lohnabschlüsse
können es also auch monokausal sicher nicht sein. Das halte ich tatsächlich für eine unredliche Argumentation. (Beifall bei der SPÖ.)


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Da muss mehr gemacht werden, denn die Inflation frisst sich bei uns
allen ein, auch im Alltag. Das wird die vordringlichste Aufgabe für nächstes Jahr. Daran werden Sie (in Richtung Bundesminister Brunner), daran wird die ÖVP, daran werden auch die Grünen gemessen werden. Ich glaube, dass es sich nicht mehr ausgeht, dass man das Ruder herumreißt – also für Sie zumindest, wir
sind ja nicht Teil der Regierung. Ich hoffe, dass eine Sozialdemokratie
in der nächsten Regierung vertreten sein wird, um die Scherbenhaufen, die Folgen der Inflation, der viel zu hohen Inflation, aufräumen zu können. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.03


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Marco Schreuder. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


14.03.36

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Die Valorisierung der Sozialhilfe als „Scherbenhau­fen“ zu bezeichnen, das weise ich schon zurück, Herr Kollege. (Bundesrätin Schu­mann: Na geh! Eine Inflation, dass die Tür nicht zugeht!) Das möchte ich schon deutlich sagen, denn das hat davor niemand gemacht, sondern das hat diese Regierung gemacht. Ich verstehe schon, man hat natürlich in vielen Bereichen unterschiedliche Schwerpunkte, das ist ja auch in Ordnung, aber eines möchte ich schon sagen: Die Schwerpunkte – und das ist von meinem Kolle­gen Buchmann ganz klar hervorgehoben worden –, die wir in den Bereichen Kli­maschutz, Umweltschutz, Elementarpädagogik bereits vorbereiten, sind
schon auch soziale Maßnahmen, die wir zur Verfügung stellen, damit Gemeinden und Länder das ausgeben können.

Jetzt habe ich – um das noch zu sagen – vergessen zu sagen: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier über den Finanzausgleich, und – wie es schon vorhin gesagt worden ist – die­ser stellt auch für uns im Bundesrat als Länderkammer natürlich immer


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einen der zentralen Punkte dar. Daran sieht man schon, wie wichtig es ist, dass wir in einer Demokratie eine Dialogfähigkeit aufrechterhalten.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir es im Bundesrat aufgrund dieser brutalen Attacken, wie ich sie gerade hier erleben musste, nicht mehr schaffen, in
einen Dialog und in einen Austausch der unterschiedlichen Ideen zu kommen, weil hier immer unter der Gürtellinie persönlich angegriffen wird. Der Finanzausgleich zeigt eigentlich, wie wichtig Dialogfähigkeit in einer Demokratie ist, wenn Länder, Gemeinden und der Bund gemeinsam zu Lösungen für Österreich kommen müssen.

Deswegen möchte ich schon sagen, dass die auf mich bezogenen Attacken von Herrn Kollegen Steiner von vorhin eine brutalo-oppositionelle Vorgehens­weise, ein Polithooliganismus sind, die ich zurückweisen muss. Gerade diese Schizophrenie ist sichtbar: In vielen Ländern regiert die FPÖ, und die
sind total schizophren. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler.) Während Sie auf Länderebene sehr wohl Projekte mittragen und mitverhandeln und auch Lösungen mitdiskutieren müssen, erleben wir hier eine Brutalität, die ich wirklich nicht mehr ertrage – ich sage es ganz ehrlich. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Die Bundesrätinnen Doppler und Schartel: Dann musst du dein Mandat zurücklegen! – Bundesrat Spanring: Rücktritt!)

So, jetzt konzentriere ich mich aber auf den Finanzausgleich, weil der Zukunfts­fonds tatsächlich ein ganz zentraler Bestandteil dieses Finanzausgleichs
ist. (Bundesrat Spanring: Aber von Schizophrenie reden, von einer Geisteskrankheit!) Dieser zentrale und wichtige Schritt in der Zusammenarbeit (Bundesrat
Spanring: So ein Heuchler!)
aller Gebietskörperschaften stellt zusätzliche - - Wie haben Sie mich gerade genannt? (Bundesrat Spanring: Heuchler!) – Frau Präsidentin! (Bundesrätin Doppler: „Schizophren“! Das war repliziert auf „schizo­phren“!)

14.06.19*****



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Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herr Kollege! Darf ich bitte daran erinnern, dass wir im Hohen Haus einen wertschätzenden Umgang pflegen? Viel­leicht nehmen Sie das Wort „Schizophrenie“ zurück, Herr Kollege, sonst muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. Nehmen Sie das zurück? (Bundesrat
Schreuder: Nein!)
 – Nicht. Dann erteile ich Ihnen jetzt einen Ordnungsruf. – Bitte sehr. (Bundesrat Spanring – erheitert –: Das ist jetzt in die Hose gegangen,
Herr Kollege Schreuder!)

*****


14.06.45

Bundesrat Marco Schreuder (fortsetzend): Wenn im Bundesrat Polithooliga­nismus betrieben wird und auf Länderebene Lösungen gesucht werden, ist es für mich politische Schizophrenie; dabei bleibe ich.

Wir haben drei zentrale Themen, die wir in diesem Zukunftsfonds in den Vorder­grund rücken. (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Es gibt ja auch kein
anderes Wort dafür!)
Das ist zum Ersten die Elementarpädagogik, zum Zweiten - -

Übrigens (in Richtung Präsidentin Arpa): Für „Heuchler“ gibt es keinen Ord­nungsruf?


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich bitte Sie, einfach in der Debatte weiterzu­gehen. (Bundesrat Schreuder: Ich frage: Gibt es für „Heuchler“ keinen
Ordnungsruf?)

Herr Kollege! Wir hätten uns darauf geeinigt, dass wir einen wertschätzenden Umgang pflegen, dass wir im Dialog bleiben. (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Für Schizophrenie gibt es kein anderes Wort, wenn man diesen Zustand beschreiben will!) Ich möchte bitten, dass wir uns in Zukunft daran erinnern,
dass es möglich ist, dass wir im Dialog bleiben. – Bitte sehr. (Bundesrat Gross: Ja, aber dann betrifft es nicht den Marco Schreuder!)


Bundesrat Marco Schreuder (fortsetzend): Entschuldigung, in diesem Haus ist für das Wort Heuchler immer ein Ordnungsruf erteilt worden. Ich nehme zur


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Kenntnis, dass Frau Präsidentin Arpa für das Wort Heuchler keinen Ordnungsruf erteilt. Ich finde das sehr erstaunlich, muss ich sagen. Ich finde das auch
sehr enttäuschend zum Abschluss Ihrer Präsidentschaft, das möchte ich hier auch ganz deutlich sagen.

Wir haben drei große Themen, die wir in diesem Zukunftsfonds behandeln: Das sind die Elementarpädagogik zum einen, das Sanieren und Wohnen zum
Zweiten und Umwelt und Klima zum Dritten. Das ist wirklich ein großer Schritt. Das sind zukunftsweisende Bereiche, in denen es besondere Anstrengun­gen auf allen Ebenen geben wird. Die gewählten Ziele stellen gegenüber der bis­herigen Ausbaugeschwindigkeit schon eine große Verbesserung dar.

Wichtig ist, dass sich alle Länder, übrigens auch die Länder mit einer FPÖ-Regie­rungsbeteiligung, gemeinsam mit dem Bund zu diesen Zielen bekannt ha­ben. Mit diesem Zukunftsfonds gibt es jetzt – das möchte ich schon betonen, weil von zu wenig Geld gesprochen wird – Geld für einen Reformschub,
Geld, das es vorher nicht gab. Das muss man schon ganz deutlich sagen: Das ist Geld, das es vorher nicht gab. (Bundesrätin Schumann: Aber keine 4,5 Milliar­den, leider! Das ist ...!) Da können wir wirklich stolz darauf sein, und da stellen wir wirklich viel für die Gemeinden zur Verfügung.

Ich weiß, es gab auch Kritik wegen der Sanktionierung der Zielerreichung. Da ha­ben wir auch etwas geschaffen – das finde ich ganz wichtig –: Im Gesetz­entwurf ist sehr klar geregelt, dass die Zielerreichung evaluiert wird. Die Länder erhalten das Geld, und 2026 und 2028 wird dann öffentlich gemacht wer­den, ob die Mittel zielbringend eingesetzt wurden; sie müssen sich
also sehr wohl erklären.

Es ist auch Aufgabe unserer Fraktionen, dann in den Ländern und Gemeinden diese Zielsetzungen zu kontrollieren. (Bundesrätin Schumann: I wish you
good luck!)


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Ein Vorwort sozusagen schon zu den kommenden Tagen: Eines der großen zentralen Projekte in dem Finanzausgleich ist natürlich die Gesundheitsreform. Dazu werden wir in den nächsten Tagen, vor allem meine Kollegin Claudia Hauschildt-Buschberger von unserer Fraktion, sehr ausführlich Stellung nehmen.

Das ist wirklich ein Riesenbrocken, der uns mit diesem Finanzausgleich
gelungen ist. (Bundesrätin Schumann: Was heißt, das ist gelungen?!)

In diesem Finanzausgleich ist uns noch etwas gelungen, was eine langjährige Forderung des Rechnungshofes war: Die Länder sind jetzt verpflichtet, Förderungen in diese Transparenzdatenbank einzumelden. Das ist wirklich ein positiver Schritt für die Transparenzdatenbank und gibt eine sehr wichtige Übersicht über die Förderlandschaft in Österreich. Es ist schon gesagt worden: Je transparenter man solche Förderungen macht, desto stärker ist das Ver­trauen da, desto stärker ist das Wissen da und desto seltener passiert natürlich auch etwas, das nicht passieren soll, weil es öffentlich gemacht wird. Das
finden wir sehr gut: mehr Transparenz, mehr Wissen über die Förderlandschaf­ten in Österreich.

Zu den Schwerpunkten Elementarpädagogik, Wohnen und Sanieren und Klimaschutz: Das sind wirklich Meilensteine. Ich möchte als Bundesrat und als Vertreter eines Landes, nämlich Wien, deutlich sagen, dass ich sehr froh
bin, dass wir das gemeinsam – alle Länder gemeinsam mit dem Bund – geschafft haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)

14.10


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Markus Stotter. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


14.11.09

Bundesrat Markus Stotter, BA (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätz­te Zuseherinnen und Zuseher! Nach einem Jahr an zähen Verhandlungen, nach


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circa 80 Sitzungen, haben wir den Finanzausgleich so weit, dass wir ihn heute final beschließen können. Bund, Länder, Städte und Gemeinden haben
sich auf ein Paket verständigen können.

Ich versuche, abschließend zu den Verhandlungen ein paar Eckdaten herauszu­streichen. Worum geht es im Wesentlichen? – Die Kernthemen sind sicher Gesundheit und Pflege, und was man auch erwähnen muss: Erstmals findet eine Valorisierung statt. Der Zukunftsfonds steht zum größten Teil für Woh­nen, Sanieren, Umwelt, Klima und Kinderbetreuung zur Verfügung. Wenn man sich das durchrechnet, erkennt man: Es steht achtmal so viel wie 2016
an frischem Geld zur Verfügung, das ist eine Steigerung von 300 Millionen Euro
auf 2,4 Milliarden Euro jährlich.

In Summe muss man aber festhalten, dass wir Gemeinden zunehmend vor wach­senden Herausforderungen stehen. Jetzt spreche ich natürlich als Bürger­meister. In meiner Gemeinde erhöhen sich im nächsten Jahr allein die Ausgaben im Bereich Soziales und Gesundheit um 12 Prozent, die Löhne steigen mit Vorrückungen um circa 10 Prozent. In einer kleinen Gemeinde wie bei mir, 4 Mil­lionen Euro Budget, macht nur dieser Bereich auch 100 000 Euro aus. Die Zinsbelastung hat sich im Vergleich zu den Vorjahren verändert, aber auch die Energiekosten haben sich vervielfacht. Im Gegensatz dazu sind die Ertrags­anteile, wie wir wissen, nicht gestiegen. Wir müssen also weiterhin
genau hinschauen.

Ich glaube, der Finanzausgleich ist ein Schritt in die richtige Richtung – das hat Kollege Buchmann vorhin auch schon betont –, aber der Konjunkturmotor Gemeinden – ich habe immer ein Auge darauf – muss einfach laufen.

Meine Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen im Saal werden mir sicher bei­pflichten, wenn ich sage, es könnte immer ein bisschen mehr sein oder
werden. (Bundesrätin Göll: Ja!) Wir haben aber schon gehört, warum nicht mehr möglich ist. Zu Tode gejammert ist aber auch gestorben: Ich glaube einfach,
dass es wichtig ist, den Finanzausgleich jetzt einmal wirken zu lassen.


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Auch 2008 sind wir Gemeinden vor einer ungewissen Zeit gestanden und haben diese gleich wie in der Coronapandemie mit Bravour gemeistert. Dabei sind
uns der Bund und vor allem die Bundesregierung sehr zur Seite gestan­den; deshalb sind wir ja auch die Bürgermeisterpartei. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenrufe der Bundesrät:innen Hahn und Steiner.)

Jetzt komme ich wieder zum optimistischen Teil: Genau an den Optimismus glaube ich auch weiterhin und deswegen: Danke, Herr Finanzminister, für den Finanzausgleich! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

14.14


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dominik Reisinger. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


14.14.30

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer:innen! Ich bin doch froh, dass heute der Finanzminister bei uns ist,
wenn wir dieses wichtige Thema debattieren. Ich debattiere ehrlich gesagt lieber mit dem zuständigen Minister als mit dem Staatssekretär wie vor zwei Wo­chen. (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Als Kommunalsprecher werde ich mich natürlich wieder – sonst würde ich mei­ner Verantwortung nicht nachkommen – den Gemeindefinanzen widmen,
mich darauf fokussieren. Die Kritik fällt mir ein bisschen leichter als meinem Kol­legen Sascha Obrecht, denn ich komme aus einem ÖVP-dominierten Bun­desland, aus Oberösterreich. Das ist aber bitte nicht falsch zu verstehen, denn ich sehe diese Diskussion, diese Debatte nicht als verbale Auseinander­setzung, sondern als sachlichen Austausch, der aber sehr, sehr viel Brisanz in sich hat, weil es um die Finanzen der Kommunen wirklich extrem schlecht
bestellt ist.

Wir als SPÖ werden diesen Gesetzesanträgen zustimmen, aber nicht weil wir da­mit zu 100 Prozent einverstanden sind, sondern – ganz ehrlich – weil uns als


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 62

Opposition ein bisschen die Option fehlt: Wir müssen das nehmen, was zur Ver­fügung gestellt wird, auch wenn es zu wenig ist. (Bundesrat Himmer:
Man nimmt, was man kriegt! – Bundesminister Brunner: Einstimmiger Beschluss!)

Ganz kurz: Wie sieht das Umfeld aus, in dem wir uns befinden? – Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit und die Verschuldung steigen, und die Teue­rung rauscht noch immer ungebremst durch das Land. Die Menschen
müssen weiter darunter leiden, und die Gemeinden fahren – das muss ich fest­halten –, nur weil Sie das Steuer nicht herumreißen – der Finanzausgleich
wäre eine sehr, sehr große Chance dafür gewesen –, ungebremst gegen die Wand.

Schauen wir uns die Situation in den Gemeinden und Städten an: Verein­facht könnte man sagen, dass die Ausgaben und die Verantwortung steigen, die Einnahmen sinken. So werden die Gemeinden und die Kommunen ausge­hungert und – das ist das Tragische – zu Bittstellern degradiert. Die Gemeinde­autonomie ist dadurch natürlich auch infrage gestellt. Das heißt, die Not
der Gemeinden wird immer größer und die Zahl der Abgangsgemeinden – also jener, die nicht mehr ausgleichen können – nimmt dramatisch zu. Nicht
nur in Oberösterreich werden 2024 – ich habe das schon vor zwei Wochen gesagt – rund die Hälfte aller Gemeinden ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können, und das ist eine sehr dramatische und besorgniserregende Entwick­lung. (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichzeitig fehlen auch die notwendigen finanziellen Spielräume für Investitio­nen in wichtige Zukunftsbereiche – in die Kinderbildung oder auch in den Klimaschutz –, und das schadet natürlich der regionalen Wirtschaft und gefähr­det dort die Arbeitsplätze, weil unsere Projekte leider in den Schubladen
liegen bleiben müssen.

Jetzt komme ich zum Finanzausgleich, der diese Fehlentwicklung – das ist sie aus meiner Sicht – zwar etwas bremst, aber ihr keinesfalls nachhaltig entgegen­wirkt, denn die Realität ist eine ganz andere, was wir jetzt anhand der Zahlen se-


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hen. Das versprochene Geld – wir hören das ja ständig in den Debattenbei­trägen – kommt bei den Gemeinden nicht an und vieles versickert in den Bundes­ländern. Das hat jetzt sogar der ÖVP-dominierte Gemeindebund erken­nen müssen. Am Anfang hat er über das Ergebnis des Finanzausgleiches ja noch mitgejubelt, jetzt kommt sozusagen die Erkenntnis, dass die Gemeinden
sehr, sehr große Schwierigkeiten haben, ihre Budgets zu erstellen, und nun for­dert er auf einmal neuerliche Gespräche mit dem Bund. Es ist schade, dass
man diese Debatte nicht in den monatelangen Verhandlungen geführt hat, son­dern wenige Tage nach Abschluss der Verhandlungen zu dieser Erkenntnis kommt.

Jetzt noch ein paar Beispiele, die diese Dramatik zeigen – diese Zahlen
sind unverrückbar –: Es wird immer vom Zukunftsfonds gesprochen und der wird auch in alle Höhen gelobt – 1,1 Milliarden Euro –, aber jetzt ist ja die Katze
aus dem Sack, denn wir kennen die Zahlen. Ich nenne eine Zahl aus meiner Ge­meinde zum Thema Kinderbildung und Kinderbetreuung. Wir werden –
das ist eine Hochrechnung für nächstes Jahr – rund 400 000 Euro Abgangsde­ckung zu leisten haben. Der Betrag, der jetzt aus dem Zukunftsfonds
kommt, beträgt satte 68 000 Euro. Mit diesen 68 000 Euro soll man dann auch noch – das ist ja auch das Ziel und der Wunsch der Regierung – die Zahl
der Betreuungsplätze ausbauen und so die Betreuungsquote steigern. – Herr Fi­nanzminister, bei aller Wertschätzung: Wie soll das funktionieren? (Zwi­schenruf des Bundesrates Steiner.)

Ein weiteres Beispiel: Die SHV-Umlage für die Pflege steigt um fast 20 Prozent, und allein diese Steigerung – auch das habe ich schon gesagt – frisst die Steigerung bei den Ertragsanteilen bis auf den letzten Euro weg. Weiters steigen der Krankenanstaltenbeitrag um 7 Prozent, die Personalkosten um mehr
als 9 Prozent. All diese Posten, all diese Kosten erhöhen das Minus in der Ge­meinde. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, die Gemein­den werden so über kurz oder lang in den Ruin getrieben, und das wissen Sie auch.


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Keine Kritik aber ohne Lösungsvorschlag oder Lösungsansatz: Wir
hätten eigentlich im Nationalrat versucht, Lösungen zu präsentieren, und auch einen Antrag gestellt – leider konnten die Regierungsparteien dem nicht zustimmen.

Kurz zusammengefasst: Wir fordern weiterhin die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne (Beifall bei der SPÖ), die Nichtrückzahlung des gewährten Sondervorschusses von 300 Millionen Euro und als dritten Punkt zusätzliche Finanzmittel, die aber bitte nicht über
die Länder an die Gemeinden, sondern direkt an die Gemeinden gehen. (Zwi­schenbemerkung von Bundesminister Brunner.)

Herr Minister, wir werden nicht lockerlassen. Jeden Tag wird die Zahl der Ge­meinden größer, die dieser Kritik folgen. Es gibt, wenn Sie jetzt auf
krone.at nachlesen, auch einen sehr prominenten Unterstützer, nämlich Ihren Landeshauptmann, Landeshauptmann Wallner, der ebenfalls Zusatzmil­lionen für die Gemeinden fordert. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!) Also so falsch können wir da mit unserer Kritik und Analyse ja nicht liegen. Also bitte –
und ich formuliere es als Bitte – entlasten Sie jetzt sofort und vor allem nachhal­tig die österreichischen Gemeinden und Städte! – Danke.
(Beifall bei der SPÖ.)

14.22

14.21.58*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Bevor ich jetzt dem Herrn Bundesminister das Wort erteile, möchte ich noch kurz etwas erklären oder vielleicht einfach noch einmal darauf hinweisen,
dass hier in diesem Haus teilweise Ausdrucksweisen verwendet werden, die zu­nehmend die Würde des Hauses verletzen, und ich bitte, darauf zu ver­zichten. Ich erinnere auch daran, dass wir alle hier herinnen eine Vorbildwirkung haben und es möglich ist, sich präzise und pointiert auszudrücken.


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Ich richte diesen Appell jetzt noch an Herrn Kollegen Bundesrat Steiner. Sie ha­ben vorhin in der Debatte Kollegen Schreuder gesagt, er solle – wie heißt
das? - - (Bundesrat Schreuder: Den Schlapfen halten!) – Genau, er solle den - - – Danke. Ich würde bitten, das einfach zu unterlassen. (Bundesrat Steiner:
Den Schlopfn, habe ich gesagt, auf Zillertalerisch!)
 – Ja, das kann schon sein, dass das auf Zillertalerisch ist, aber vielleicht könnte man sich etwas zurück­nehmen – nehmen Sie das zurück? (Ruf: Ja!) –, das ist aus meiner Sicht nicht irgendetwas, das man tut. (Bundesrat Steiner: Das ist im Zillertal etwas
Liebliches!)

Ich denke, im Zillertal kann das schon sein, aber es ist trotzdem aus meiner Sicht nicht angebracht, und dafür erteile ich Ihnen jetzt einen Ordnungsruf, nach­träglich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Steiner: Danke schön!)

*****

Ich bitte jetzt Herrn Magnus Brunner zu Wort. – Bitte.


14.23.22

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Vielleicht darf ich
zwei Dinge klarstellen oder relativieren: Herr Bundesrat Reisinger, ich bin immer gerne im Bundesrat, das weißt du hoffentlich. Ab und zu, ja, das stimmt, gibt
es Notwendigkeiten – wie heute leider auch –, dass ich mich verabschie­den muss. Heute werden wir hoffentlich endlich die europäischen Fiskalregeln endbeschließen, und ich werde mich in weiterer Folge vom Herrn Staats­sekretär vertreten lassen müssen. Zu deiner Beruhigung, aber du weißt es eh: Ich bin selbstverständlich immer sehr gerne im Bundesrat. (Beifall bei der ÖVP
und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Vielleicht eine Klarstellung, weil du jetzt die unterschiedlichen Zugänge bezie­hungsweise auch die Beschlussfassung des Finanzausgleichs kritisiert hast:


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 66

Es ist ein einstimmiger Beschluss aller Länder, aller neun Bundesländer, übrigens auch SPÖ-geführter Bundesländer, des Städtebundes, auch SPÖ-dominiert,
des Gemeindebundes. (Bundesrat Reisinger: Ich habe nicht ...!) – Du nicht, nein, nein. Ich sage nur, das jetzt aufzuschnüren und neu nachzuverhandeln –
das hätten wir können, wir haben uns ein Jahr lang in über 100 Sitzungen damit auseinandergesetzt. Am Ende des Tages hat es Gott sei Dank eine Lösung
im Sinne der Gemeinden, der Städte und der Bundesländer gegeben.

Ich bin auch gespannt, wie die FPÖ in den Landtagen, in Oberösterreich, in Nie­derösterreich, in Salzburg, entscheiden wird, ob sie den Finanzausgleich
mit unterstützt. (Bundesrat Steiner: Lass dich überraschen!) – Ja, ich bin schon sehr gespannt, ob das dann mit den 15a-Vereinbarungen auch entsprechend um­gesetzt wird.

Zu Herrn Bundesrat Obrecht – bevor ich dann im Detail auf die Tagesordnung eingehe –: Ich unterhalte mich immer gerne mit Ihnen, und vielleicht nur
zur Beruhigung oder um Ihnen die Sorge zu nehmen: Eurostat hat gerade ges­tern klargestellt und veröffentlicht, wo sich Österreich befindet. Wir be­finden uns, was die Kaufkraft betrifft, unter den top drei Europas. Was den Kon­sum – also am Ende des Tages den Wohlstand – betrifft, sind wir unter den
top zwei angelangt, und zwar zum einen mit all den Unterstützungsmaßnahmen, zum anderen aber auch mit den strukturellen Reformen wie Abschaffung
der kalten Progression, Steuerreform und solchen Dingen. Wir sind also top drei bei der Kaufkraft, top zwei beim Wohlstand und beim Konsum.
(Beifall bei
der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Ich darf mich nun aber wieder den Fakten und der Tagesordnung, dem Finanz­ausgleich, widmen. Jetzt wurden nach sieben Jahren – normalerweise fin­den sie alle fünf Jahre statt – die Verhandlungen geführt. Der letzte Finanzminis­ter war Hans Jörg Schelling, wer der nächste sein wird, weiß ich nicht, aber
dass es mich jetzt nach sieben Jahren trifft, ist jedenfalls Pech (erheitert), würde ich einmal sagen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 67

Die Verhandlungen waren intensiv, ja, Bundesrat Obrecht hat es angesprochen, wahrscheinlich das Intensivste, das ich in meiner politischen Laufbahn bis­her erlebt habe, aber auch das Spannendste am Ende des Tages. Es geht wirklich um viel Geld, darum, das viele Geld, Steuergeld übrigens, auch zu verteilen, korrekt zu verteilen, und deswegen verwundert es natürlich auch nicht, dass es im letzten Jahr solch intensive Verhandlungen gegeben hat. Wie gesagt:
ein Jahr lang mit über 100 Sitzungen.

Ich denke – und dafür möchte ich mich wirklich bei allen Verhandlern bedan­ken –, es war immer wertschätzend, und am Ende stand das Gesamtstaat­liche über Eigeninteressen, und zwar über ganz konkreten. Jedes Bundesland hat einen anderen Zugang gehabt, hat eigene Interessen gehabt, die Städte, die Gemeinden, der Bund natürlich auch, und da am Schluss zu einer gesamtstaatli­chen Verantwortung zu kommen ist, glaube ich, auch im Sinne der Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler, denn, wie gesagt, um deren Geld geht es auch.

Dass man natürlich nicht immer 100 Prozent aller Forderungen durchsetzt, liegt, glaube ich, auch in der Natur der Sache bei Verhandlungen, aber wir sind
uns da sehr nahegekommen und diese gesamtstaatliche Verantwortung hat sich dann auch durchgesetzt. Und genau das, glaube ich, erwarten sich die Ös­terreicherinnen und Österreicher auch: dass man wertschätzend miteinander um­geht und dass man am Schluss eben auch zu einer Lösung kommt. (Beifall
bei ÖVP und Grünen.)

Inhaltlich wurde von den Bundesrätinnen und Bundesräten bereits das meiste dargestellt, deswegen werde ich jetzt nicht auf die Details eingehen, aber
eine prinzipielle Neuerung möchte ich schon ansprechen. Mir war in den Ver­handlungen im letzten Jahr wichtig, dass man den Ländern, Städten und Gemeinden nicht einfach so mehr Geld zur Verfügung stellt. Beim letzten Fi­nanzausgleich – wir erinnern uns oder manche von Ihnen, von euch erin­nern sich – waren es am Ende des Tages 300 Millionen Euro – ich nenne sie im­mer die Schelling-Millionen –, die sozusagen zusätzlich ausgegeben und übermittelt worden sind. Wir haben dieses Mal einen anderen Zugang gewählt –


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aber mehr Mittel, ja, die demografischen Herausforderungen im Gesund­heitsbereich, im Pflegebereich, bei der Kinderbetreuung und natürlich auch die Herausforderungen für die Gemeinden waren allen klar, selbstverständlich.

Ich meine, man kann immer alles kritisieren, aber eines kann man nicht kritisieren: Die Bundesregierung hat sich schon immer der Verantwortung gegenüber den Gemeinden gestellt. Ich erinnere an die kommunalen Investitionspakete, die wir geschnürt haben, die wirklich sozusagen eine Erfolgsstory waren und mit denen sich sowohl der Gemeindebund,
der Städtebund als auch, wie ich annehme, die anwesenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister durchaus immer zufrieden gezeigt haben, weil –
und das ist schon ein wichtiger Punkt – damit das Geld direkt an die Gemeinden geht.

Und ja, diese Kritik nehme ich mit: Wie schaffen wir es, dass das Geld unmittelbar zu den Gemeinden kommt? Das haben wir jetzt zum Teil geschafft. Beim Zukunftsfonds beispielsweise, wenn es um die Kinderbetreuung geht,
wird die Hälfte aller Mittel, also 250 Millionen Euro, unmittelbar den Gemeinden zur Verfügung gestellt, und für den anderen Teil erwarte ich mir von den Bundesländern natürlich schon, dass dieser dann schnellstmöglich, unbürokra­tisch von den Ländern auch an die Gemeinden geht, selbstverständlich.
Da gibt es in manchen Bundesländern schon Lösungen, die sich sehen lassen können, die gut sind. Ich weiß nicht, wie es in Oberösterreich ist, in Niederösterreich weiß ich es, da funktioniert es, glaube ich, sehr gut; in Tirol, glaube ich, auch. Das ist jetzt natürlich Sache der Bundesländer, das
Geld dann auch an die Gemeinden weiterzugeben.

Noch ein Satz zur allgemeinen Situation: Das ist eben wirklich ein Paradigmen­wechsel. Es gibt mehr Geld – ja, 2,4 Milliarden Euro zu 300 Millionen Euro letztes Mal vor sieben Jahren; das ist viel mehr Geld –, das ist wieder Steuergeld, und das bringt uns als Bund budgetär natürlich in eine nicht wahnsinnig angenehme Situation. Übrigens geht es dem Bund auch nicht besser als den


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Ländern und den Gemeinden, das ist, glaube ich, auch klar, weil auch
die Zinsbelastungen hauptsächlich den Bund betreffen, aber okay.

Die demografischen Herausforderungen mit den erwähnten Bereichen Pflege, Gesundheit und Kinderbetreuung anzugehen war wohl allen ein Anliegen.
Das eben zum ersten Mal mit Reformen und Zielerreichungen zu verknüpfen war, glaube ich, wichtig und notwendig und ein Paradigmenwechsel in
den Finanzausgleichsverhandlungen.

Der Zukunftsfonds mit 1,1 Milliarden Euro ist sozusagen ein neues Instrument. Wie gesagt liegt auch da der Fokus ganz klar auf der Kinderbetreuung, aber auch auf dem Wohnen, auf dem Sanieren, auf dem Ausbau der erneuerbaren Energien – darauf, auch dort ganz konkrete Ziele zu vereinbaren.

Ein Satz zu den Sanktionen – auch das hat uns in diesem Jahr und in diesen 100 Sitzungen beschäftigt –: Ja, über Sanktionen kann man natürlich reden, das Problem ist nur, verfassungsrechtlich geht das nicht. Es gibt keine verfas­sungsrechtliche Möglichkeit, Sanktionen in diesem Zusammenhang – dem Spiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – auf den Weg zu bringen.

Was man aber sehr wohl machen kann – und das haben wir versucht und, so glaube ich, auch geschafft –, ist, dass man eben Ziele definiert und dass
es eine Evaluierung gibt, ob die Ziele auch erreicht worden sind – und ganz ehrlich: Der Druck der Bevölkerung, des Rechnungshofes, der da zu­schauen wird, wird selbstverständlich dafür sorgen, dass diese Ziele auch er­reicht werden. (Vizepräsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)

Darüber hinaus haben wir ein Anreizsystem geschaffen, indem die Mittel, die so­zusagen übrig bleiben, wenn die Ziele erreicht worden sind, dann für ande­re Projekte verwendet werden können. Das ist, glaube ich, Anreiz genug für Län­der, für Gemeinden, für Städte, diese Ziele am Ende des Tages auch zu er­reichen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Weil jetzt natürlich immer über die Gemeinden gesprochen wird: Was schon auch wichtig ist, ist, dass wir genau deswegen – weil wir wissen, dass bei­spielsweise die Grunderwerbsteuer momentan selbstverständlich zurückgeht – diesen Vorgriff von 300 Millionen Euro im Jahr 2024 ermöglicht haben.
Ich glaube, es ist wichtig, diese Liquiditätsebene für 2024 zu halten, und dann werden wir uns anschauen, wie es sich entwickelt. Wir gehen davon aus,
dass das Wachstum wieder steigt – die Prognosen gehen auf bis zu 1 Prozent im nächsten Jahr –, und dann wird auch die Grunderwerbsteuer wieder nach
oben gehen. Dann werden wir schauen, wie es sich weiterentwickelt, aber wie gesagt, wir haben die Gemeinden sicher noch nie im Stich gelassen. (Beifall
bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Schennach: Ein Widerspruch zum eigenen Landes­hauptmann!)

Was mir in diesem Zusammenhang auch wichtig ist, ist dieses Transparenzthe­ma: Es ist auch das erste Mal, dass wir jetzt wirklich verpflichtende Trans­parenz für die Länder durchgesetzt haben. Das ist, glaube ich, auch ein wichtiger Punkt, und auch da weise ich darauf hin: Es geht um Steuergeld der Öster­reicherinnen und Österreicher, und da transparent zu sein und eine verpflichten­de Einmeldung in die Transparenzdatenbank umzusetzen war ein Anliegen
für uns alle. Es war aber auch ein gegenseitiges Anliegen, und da bin
ich froh, dass es am Ende des Tages auch zu einem Verständnis der Bundeslän­der (Bundesrat Schennach: Wallner sieht einiges anders!) gekommen ist, um
die Fördermittel nachvollziehbar darzustellen, Doppelförderung zu vermeiden und anderes.

Kurzum: Herzlichen Dank an alle! Es war wirklich ein Mammutprojekt,
das wir da nach sieben Jahren umgesetzt haben und mit dem wir mit diesem Mehr an Geld auch zum ersten Mal ganz konkrete Ziele und Reformen verknüpft haben. Danke an alle Beteiligten: über alle Parteigrenzen hinweg und
über alle Gebietskörperschaften hinweg. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.34


14.34.17

Vizepräsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesord­nungspunkte getrennt erfolgen. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanz­ausgleichsgesetz 2024 erlassen wird sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Trans­parenzdatenbankgesetz 2012 geändert wird.

Dieser Beschluss ist ein Fall des Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglie­der und mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mit­glieder des Bundesrates fest.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist einstimmig, vielen Dank. Der Antrag ist somit angenommen.


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Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist auch einstimmig der Fall, vielen Dank. So­mit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend eine Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Etablierung einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenz­datenbank.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit, und somit ist der An­trag auch angenommen.

14.37.305. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabgabenord­nung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kommunalsteuer­gesetz 1993 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geän­dert werden (Start-Up-Förderungsgesetz) (2321 d.B. und 2378 d.B. sowie 11363/BR d.B. und 11408/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen erlassen wird und die Bundesabgabenordnung sowie das Unternehmensgesetzbuch geändert werden


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(Mindestbesteuerungsreformgesetz – MinBestRefG) (2322 d.B. und 2379 d.B. sowie 11409/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 5 und 6, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 5 und 6 ist Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. Ich bitte um den Bericht.


14.38.08

Berichterstatterin Sandra Lassnig: Ich darf Ihnen den Bericht des Finanzaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kom­munalsteuergesetz 1993 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ge­ändert werden, Start-Up-Förderungsgesetz, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich Ihnen den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Bundesgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteue­rung für Unternehmensgruppen erlassen wird und die Bundesabgabenord­nung sowie das Unternehmensgesetzbuch geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher auch da gleich zur Antragstellung:


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Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Danke.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Ich erteile ihm das Wort. (Rufe bei der SPÖ: Falsch!) Ich habe noch nicht wei­tergeschaltet, Entschuldigung. (Bundesrat Schreuder: Der fehlt überhaupt
im Computer! – Bundesrätin Schumann: Das fehlt im Computer! – Bun­desrat Schreuder: Das fehlt im Computer! – Ruf: Nein, nein, weiter unten! – Bun­desrat Schreuder: Das ist weiter unten!)

Herr Bundesrat Günter Kovacs. – Bitte.


14.39.58

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ganz kurz noch auf deine Ausführungen, Herr Finanzminister, eingehen: Du hast vorhin erwähnt, wir seien top zwei in Europa, top drei in Europa. (Bundesminister Brunner: Ja!) – Wirklich top sind wir leider, leider bei der Inflation. Da sind wir, glaube ich, Erster in Europa, und das ist ja das, was die Menschen jeden Tag spüren und wirklich sehr hart spü­ren; sie spüren diese Teuerung. (Rufe bei der ÖVP: Kaufkraft! – Bundesrätin Schu­mann – in Richtung ÖVP –: Die Inflation ist ein riesiges wirtschaftliches Pro­blem, Entschuldigung!) Und es geht weiter: Ab 1. Jänner kommt die CO2-Steuer, die diese Bundesregierung noch installiert hat (Bundesrätin Eder-Gitsch­thaler: Klimabonus!), für alle Pendlerinnen und Pendler wird das Leben also noch teurer. Das ist die Politik in Österreich, das sehe ich. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Ich sage Ihnen schon ganz ehrlich: Wenn mich nur noch 30 Prozent der Bevöl­kerung (Ruf bei der FPÖ: 28!) – Entschuldigung, 28 Prozent der Bevölke­rung – unterstützen, dann würde ich schön langsam anfangen nachzudenken,


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und nicht hereinschreien, dass alles passt – unglaublich! (Beifall bei der
SPÖ sowie Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Kommen wir jetzt zu den zwei Beschlüssen, die anstehen: Das ist auf der einen Seite eben das Start-Up-Förderungsgesetz, auf der anderen Seite das Min­destbesteuerungsreformgesetz. Beim Start-Up-Förderungsgesetz werden wir dagegenstimmen, und das hat Gründe. Die Idee, dass Mitarbeiter sich qua­si in ein Unternehmen mehr einbringen können, selbstständig einbrin­gen können, wäre ja vielleicht gut, aber wenn man sich zum Beispiel die Stel­lungnahme der Arbeiterkammer genau durchliest, sieht man, dass da na­türlich schon eine Gefahr dabei ist: Da wird nämlich der Betriebsrat völlig um­gangen, und so können dann Mitarbeiter wirklich zum Handkuss kommen (Bundesminister Brunner: Nein!), die vielleicht ein, zwei Jahre in einem Unterneh­men praktisch als Unternehmer tätig sind und am Schluss die Dummen
sind, wenn eben – und das sehen wir jetzt gut – keine Unterstützung da ist. Da möchte ich jetzt noch erwähnen: Gott sei Dank gibt es eine Unterstützung
wie den ÖGB, Gott sei Dank gibt es eine Unterstützung wie die Arbeiterkammer. (Beifall bei der SPÖ.)

Was passiert momentan? – 400 000 Menschen warten auf einen Kollektivver­trag (Bundesrätin Schumann: Weil Sie die Inflation nicht runtergebracht ha­ben, ganz einfach!), den ihnen die Arbeitgeber bis heute nicht geben, und diese Menschen hätten sich vielleicht auch frohe Weihnachten verdient, schö­ne Weihnachten verdient, geruhsame Weihnachten verdient, damit sie auch wirklich positiv ins neue Jahr starten können. Vielleicht fangen ja die Dienstgeber heute noch zu überlegen an und ergreifen die ausgestreckte Hand des ÖGB, die ausgestreckte Hand der Interessenvertretung, die für diese 400 000 Menschen einsteht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie gesagt, beim Start-Up-Förderungsgesetz in der vorliegenden Form werden wir nicht dabei sein.


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Beim Mindestbesteuerungsreformgesetz werden wir hingegen dabei sein. Das ist unserer Meinung nach der erste Schritt. Es geht dabei zu Beginn auch lediglich um 15 Prozent, das muss man auch einmal sagen; auf 15 Prozent hat man sich geeinigt. Wir werden dabei sein, aber das kann wie gesagt nur
der erste Schritt sein. Jeder von den erwähnten Handelsangestellten zahlt, glau­be ich, zwischen 30 und 40 Prozent Steuer, das ist auch etwas zum Nachden­ken. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.43


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. – Bitte.


14.43.34

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren
hier im Saal und vor den Bildschirmen! Wir haben es auch heute wieder vom Finanzminister gehört: Wir haben eine Wirtschaftspolitik, die sicherge­stellt hat (Bundesrätin Schumann: Die uns belastet ... mein lieber Schwan!), dass wir – gemessen am Konsum – bei der Kaufkraft und beim Wohlstand im europäischen Spitzenfeld liegen.

Kollege Kovacs hat die Inflation als Indikator hergenommen, darüber haben wir hier auch schon öfter diskutiert, und natürlich ist es wichtig und richtig, inflationsdämpfende Maßnahmen zu setzen. (Bundesrätin Schumann: Das wäre gescheit!) Es ist aber auch eine Tatsache, dass für das reale Leben der Men­schen die genannten Indikatoren der Kaufkraft und des Wohlstands die entschei­denderen sind. (Bundesrätin Schumann: Dank der tollen Lohnverhandlungen!)

Wir haben das Thema schon einmal in einer Debatte gehabt: Sie haben
die sozialistische Regierung in Spanien bejubelt, wo es eine so hervorragend niedrigere Inflation gibt – eine Regierung, die eine Arbeitslosigkeit von 12,5 Prozent zu verantworten hat, eine Regierung, die eine Jugendarbeitslosig­keit von 25 Prozent zu verantworten hat. (Bundesrätin Schumann: Unsere


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ist auch nicht so gering!) Den Jugendlichen in Spanien, die arbeitslos sind, denen es an Kaufkraft mangelt, denen es an Wohlstand mangelt, können Sie dazu gratulieren, dass sie eine niedrigere Inflation haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schachner.)

Zu diesen Gesetzesvorlagen, die wir heute hier beschließen – in gestürzter Reihenfolge –: Es hätte mich ja wirklich gewundert, wenn bei Tagesord­nungspunkt 6, bei der zweiten Gesetzesvorlage, die jetzt zur Beschlussfassung vorliegt, auch noch jemand dagegenstimmen würde. Im Prinzip ist es ja
selten der Fall, dass wir Gesetzesmaterien im Steuerbereich zur Beschlussfas­sung vorliegen haben, mit denen wir etwas beschließen, durch das nicht
die Österreicherinnen und Österreicher, sondern die Konzerne belastet wer­den – zu Recht, weil es nicht so sein sollte, dass digitale Großkonzerne
ihre Steuern nicht entrichten. Daher ist das natürlich eine sehr wichtige Initia­tive, die zu einem guten Teil auch von Österreich ausgegangen ist – im Ratsvorsitz, aber natürlich auch von (Ruf bei der FPÖ: Hubert Fuchs!) den Mitar­beitern des Herrn Finanzministers. (Bundesrat Steiner: Ja sicher, das kannst du schon zugeben!) Die internationale Einigung ist bei einer Mindestbesteuerung wichtig, weil uns das ja nur etwas nützt, wenn andere auch mitmachen. Wir setzen es jetzt einmal in das österreichische Recht um, und ich bin sehr
froh, dass alle dabei sind.

Zum ersten Punkt noch einmal zurückkommend – was die Start-up-Szene in Ös­terreich betrifft –: Generell ist es so, dass in Österreich etwa 35 000 bis 40 000 Unternehmen im Jahr gegründet werden. Das sind nicht alles klassische Start-ups, aber da sind die Start-ups auch dabei, und diese haben eine zen­trale Bedeutung für die Volkswirtschaft, weil es sich dabei ja sehr oft um Unter­nehmen handelt, die neue Ideen haben, die innovative Ideen haben, die
die Volkswirtschaft auch im Bereich der digitalen Transformation sehr maßgeb­lich voranbringen. Natürlich sind da viele junge Unternehmen dabei, die
zum Teil auch ein hohes Risiko eingehen, denn eine gute Geschäftsidee zu haben


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ist das eine, diese tatsächlich zur Umsetzung zu bringen jedoch das wesent­lich Schwierigere.

In die Geschichte gehen dann jene Geschäftsideen ein, die ganz riesig geworden sind, und dann wirkt das im Nachhinein auch immer so einfach: Man muss
nur eine Idee haben, sie umsetzen und ein paar Jahre später gibt es ein großes Unternehmen und ein paar Menschen sind reich geworden. – Das passiert natürlich nur in wenigen Fällen. Für die Volkswirtschaft ist es aber sehr wichtig, dass man den innovativen und den kreativen Kräften die Möglichkeit gibt,
neue Ideen zu umzusetzen, und in so einem Umfeld ist es besonders
wichtig, auch mit Unternehmensbeteiligungen Anreize zu setzen.

Bei dieser Gesetzesvorlage, die wir jetzt wahrscheinlich mit Mehrheit beschlie­ßen werden, ist die Idee, dass derjenige, der die Unternehmensbeteiligung bekommt, dann eben aufgrund des Umstandes, dass er die Beteiligung hat, nicht sofort steuerpflichtig wird, denn andernfalls würde ihm zwar eigentlich et­was Gutes getan, aber in Bezug auf die Liquidität würde es bedeuten, dass er – oder sie, um das richtig zu gendern – zunächst einmal etwas zahlen muss. – Das wird mit dieser Regelung umgangen, und das finde ich sehr positiv.

Das Thema Unterstützung der Start-ups steht heute, glaube ich, etwas
später noch einmal auf der Tagesordnung – bei den Vorlagen aus dem Justiz­bereich –, und zwar im Zusammenhang mit der Flexibilisierung im Be­reich der GmbH. Jetzt geht es eben um den abgabenrechtlichen Teil, darum, einen Schritt zu setzen, durch den es erleichtert wird, Jungunternehmer
in Österreich zu sein, innovative Ideen weiterzubringen, etwas zu machen, das die Volkswirtschaft vorantreibt – damit dann, wenn sich viele von diesen Unternehmen durchgesetzt haben und wiederum alle brav Steuern zahlen, auch der nächste oder übernächste Finanzminister davon berichten kann, was
für eine tolle Kaufkraft und was für einen großen Wohlstand wir haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

14.49



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Vizepräsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. – Bitte.


14.50.02

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Vorsitzende! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Herr Minister, Sie können immer wieder sagen, was
Sie alles gemacht haben, die ÖVP und die Grünen können immer all das loben, was gemacht worden ist – Faktum ist: Es sieht draußen anders aus. Sie können auch versprechen, was Sie in Zukunft alles besser machen werden, aber das hilft Ihnen nichts. Diese Bundesregierung hat das Urvertrauen in der Bevölkerung Österreichs verloren. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist wie in einer Partnerschaft: Wenn der Ehemann oder die Ehefrau den Part­ner betrügt, belügt, dann kann es nur mehr eines geben: die Scheidung. (Bundesrat Schreuder: Ein Blödsinn! Geh, komm!) Die österreichische Bevölkerung wartet nur mehr darauf, sich von dieser Regierung zu trennen. (Beifall bei
der FPÖ.)
Die Österreicher vergessen nicht, was Sie getan haben. (Bundesrat Schreuder: Du hast eine Prorede!)

Wir kommen zu den zwei Tagesordnungspunkten, die sehr komplex sind (Bundesrat Himmer: Und am Ende stimmst du der Gesetzesvorlage zu! – Bundesrat Schreuder: Um die ginge es auch wirklich!), Herr Kollege Himmer. (Bundesrat Himmer: Du bist ein Proredner, nicht?) –Ja, aber bei dieser Regierung (Bundesrat Himmer: Hauptsache, die Stimmung bleibt negativ! – Zwischenruf der Bundes­rätin Miesenberger), die macht, was sie in den letzten drei Jahren gemacht hat, ist nichts, was man loben kann! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Himmer: Ein
gutes Gesetz, aber es ist wichtig, dass die Stimmung negativ bleibt!)
In den letzten drei Jahren war alles falsch, ob das das Asyl war, die Inflation, die Sanktionen,
die Teuerungswelle. Die Österreicher haben kein Vertrauen, und deshalb sind Sie bei 28 Prozent. (Bundesrat Himmer: Und letztlich stimmst du jetzt der Gesetzesvorlage zu!)


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Diesen zwei Tagesordnungspunkten werden wir zustimmen. (Beifall und Bravorufe bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Himmer: Wichtig ist, dass die Stimmung schlecht bleibt!) Das ist sehr komplex, und eine Vielzahl - - (Zwischenbemer­kung von Bundesminister Brunner.) – Das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) – Na, Sie können jetzt machen, was Sie wollen, Sie können uns jeden Tag, ich weiß nicht, 1 000 Euro übergeben, die Leute werden Sie nicht mehr wählen. (Beifall bei
der FPÖ.)

Kollege Himmer und Kollege Kovacs sind auf das Start-Up-Förderungsge­setz schon eingegangen. Es wäre vielleicht noch das eine oder andere Verbesserungspotenzial vorhanden. Auch die dazu eingelangten Stellungnahmen zeigten, dass da noch Verbesserungsbedarf wäre. Einerseits ist die Besteue­rung kritisiert worden – dass der Mischsteuersatz unnötig kompliziert
ist und nicht dem internationalen Standard entspricht –; die Voraussetzungen für den Arbeitnehmer – international üblicher wären kürzere Fristen –; die Voraussetzungen für das Unternehmen – die Schwellenwerte sind viel zu nied­rig, die Schwellenwerte wurden unterhalb der für KMUs gängigen Defini­tion von 249 Mitarbeitern angesetzt.

Es wurden zwar einige Stellungnahmen in das Gesetz eingearbeitet, es hätten aber vermutlich mehr sein können. Jungunternehmer äußern häufig den Wunsch, dass sie verstärkt die eigenen Mitarbeiter ans Unternehmen binden wollen, um sie entsprechend am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen. Selbstverständlich sollen die Firmen die Möglichkeit haben, das jenen Mitarbei­tern anzubieten, die sie langfristig halten wollen. Es ist auch völlig sinnvoll,
diese Partnerschaft an den Verbleib im Unternehmen zu binden, weil es ja der Sinn und Zweck dieser Idee ist, innerhalb solcher Start-up-Unternehmen
viele Gesellschafter zu haben.

Zu Tagesordnungspunkt 6, globale Mindestbesteuerung: Dieses Mindestbe­steuerungsreformgesetz ist für faire Wettbewerbsbedingungen zwi-


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schen den Unternehmen dringend notwendig. Es gibt nach wir vor Unterneh­men, die versuchen, ihre Steuerleistung so zu optimieren, dass sie ihre Steuerpflicht in Länder mit niedriger oder ganz niedriger Besteuerung auslagern. Daran ist sicher niemand von uns interessiert. Es soll auch nicht sein, dass
sich einzelne Länder und einzelne Firmen dieser Verantwortung entziehen kön­nen, deswegen ist es sinnvoll, dass bei multinationalen Unternehmen – und
es geht da nur um ganz große – dieser Steuerflucht oder dieser Gewinnverlage­rung ein Stück weit ein Riegel vorgeschoben wird. Das ist notwendig und selbstverständlich in Ordnung.

Ich möchte mich daher bei vor allem österreichischen kleineren und mittleren Unternehmen und deren Mitarbeitern bedanken. Sie leisten einen wichti­gen Beitrag zum Wirtschaftswachstum, trotz der hohen Belastungen, für die die Regierung mitverantwortlich ist, und schaffen und sichern vor allem Arbeits­plätze. Wir stimmen daher den beiden Tagesordnungspunkten zu.
(Beifall bei der FPÖ.)

14.55


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber. – Bitte.


14.55.03

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kollegin­nen und Kollegen! Verehrte Zuseherinnen hier im Saal! – Heute sind überra­schenderweise nur Damen anwesend. – Liebe Zusehende via Live­stream! Die Gemüter haben sich jetzt Gott sei Dank wieder ein bisschen be­ruhigt. Ich weiß gar nicht, warum Kollege Pröller sich hier so aufregt, wenn er eigentlich beiden Tagesordnungspunkten am Ende des Tages eh zu­stimmt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Den Dank an die Klein- und Mittelbetriebe nehme ich gerne mit: Vielen Dank, die FPÖ bedankt sich auch bei mir, das ist sehr nett. (Heiterkeit der Red­nerin. – Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie Heiterkeit und Beifall bei der


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ÖVP.) Das ist auch einmal etwas Neues hier im Bundesrat, das muss man
ehrlich sagen. (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Leinfellner und Schartel.) – Ja, vielen Dank dafür; ich habe das schon verstanden.

Kommen wir wieder zurück zum Thema! Bei diesen Tagesordnungspunkten geht es um zwei wirklich sehr, sehr wichtige Gesetzentwürfe. Ich möchte auf die beiden auch ganz kurz eingehen.

Zunächst gleich zum Start-up-Paket: Kollege Himmer hat es schon erwähnt, bei diesem Tagesordnungspunkt werden wir nur den ersten Teil beschließen. Dieses Start-up-Paket ist aus meiner Sicht ein weiterer, wesentlicher Baustein, wenn es darum geht, in Österreich ein Klima zu schaffen, in dem Spitzen­forschung in unserem Land betrieben werden kann, ein Klima zu schaffen, in dem die Entwicklung neuer Technologien nachhaltig vorangetrieben werden kann, und ein Klima zu schaffen, in dem wir innovativen Unternehmen die idealen Voraussetzungen bieten, um sich gründen und um wachsen
zu können.

Gleichzeitig stärken wir dadurch unseren Wirtschaftsstandort nachhaltig, denn es ist Fakt: Innovative Unternehmen wachsen schneller, schaffen mehr Arbeitsplätze und sind wesentlich krisenrobuster. Als Unternehmerin kann ich aus eigener Erfahrung sagen: Langfristigen Erfolg erzielen Betriebe nicht
nur dadurch, dass sie es schaffen, Kunden an sich zu binden, sondern vor allem dadurch, dass sie im Unternehmen ein perfekt eingespieltes Team haben,
das davon überzeugt ist, dass sich eine Beschäftigung für sie auch dauerhaft lohnt.

Was braucht es dafür? – Da geht es selbstverständlich darum, faire Löhne
und Gehälter zu zahlen, darüber hinaus ist es aber auch zwingend erforderlich, für ein sehr gutes Arbeitsumfeld zu sorgen, gerade wenn es darum geht,
hoch qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig an das eigene Un­ternehmen zu binden.


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Für Start-ups ist es eine sehr große Herausforderung, gerade die ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und ein Team zu formen, steht man doch immer in unmittelbarem und direktem Wettbewerb zu etablier­ten Unternehmen und großen Konzernen, wenn es um die besten Köpfe geht. Als umso wichtiger sehe ich diese Möglichkeit an, als Gründerin Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter von Anfang an fair am wirtschaftlichen Erfolg des noch jungen Unternehmens beteiligen zu können. Das sorgt dafür, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker mit dem Unternehmen identifizieren können, es sorgt für eine sehr hohe Motivation im Team, wenn man selbst
auch am Erfolg beteiligt ist, und stellt so einen Anreiz dar, langfristig bei einem jungen Unternehmen zu bleiben und sich somit zu einem wertvollen Schlüs­selmitarbeiter oder einer Schlüsselmitarbeiterin zu entwickeln.

Wichtig ist auch – das hat Kollege Himmer schon angesprochen –, dass wir hier­mit eine Regelung schaffen, durch die die Unternehmenswertanteile, die die Beschäftigten bekommen, im Normalfall nicht wie bisher sofort versteuert werden müssen, sondern erst zu dem Zeitpunkt, wenn die Mitarbeiterin
die Anteile verkauft oder das Unternehmen verlässt, weil im Prinzip ja dann der Geldfluss erfolgt.

Abschließend noch ein paar Sätze zum Mindestbesteuerungsreformgesetz: Auch ich freue mich, dass wir einen großen Schritt vorankommen, wenn es darum
geht, internationale Multikonzerne gerechter zu besteuern, die bislang ja durch kreative Konstrukte in der Lage waren, kaum oder gar keine Steuern zu
zahlen. Damit werden hoffentlich künftig Steueroasen weiter ausgetrocknet. Das schafft vor allem faire Bedingungen für alle Unternehmen in Österreich, und selbstverständlich bietet das für den österreichischen Staat auch eine zusätzliche Steuereinnahme.

Kurzum: eine gute Sache, und ich bitte daher wirklich um breite Zustimmung zu beiden Tagesordnungspunkten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.59


14.59.59


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 84

Vizepräsidentin Margit Göll: Ich darf auch Staatssekretär Florian Tursky hier im Bundesrat herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen. (Beifall bei der
ÖVP, bei Bundesrät:innen von SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Start-Up-Förderungsgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Mindestbesteuerungsreformgesetz.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Einstimmigkeit. Somit ist der Antrag angenommen.

15.01.257. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gebührengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das
IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 –


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GemRefG 2023) (2319 d.B. und 2380 d.B. sowie 11361/BR d.B. und 11410/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Franz Ebner. Ich bitte um seinen Bericht.


15.01.46

Berichterstatter Mag. Franz Ebner: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesab­gabenordnung, das Gebührengesetz 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das IST-Austria-Gesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte.


15.02.48

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Gäste hier im Saal und zu Hause vor den Bildschirmen! Hoher Bundesrat! Ja, das Gemeinnützigkeitsreformgesetz steht auf der Tagesordnung. Wenig Licht, viel Schatten!, muss ich sagen, oder, anders formuliert, jetzt im weihnachtlichen Sinne: Die Erleuchtung sehe ich darin
nicht. Daher wird es auch unsererseits keine Zustimmung dazu geben.


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Vorweg sagen und betonen muss ich natürlich, dass auch für die Sozialdemokratie das Ehrenamt in Österreich einen ganz hohen Stellenwert hat. Ich glaube, viele Länder beneiden uns um unser ehrenamtliches System,
gerade auch was die Feuerwehren betrifft, was die Rettungsdienste betrifft. Da beneiden uns viele, viele Länder um unser dicht geknüpftes ehrenamtliches Netz. Das heißt, grundsätzlich sehen wir es natürlich durchaus positiv, wenn man Spenden auch an kleine gemeinnützige Vereine jetzt entsprechend verein­fachen und steuerbegünstigen möchte. – So weit, so gut.

Wenn man aber ganz genau hinschaut, dann findet man durchaus viele, viele Punkte, die hinterfragenswert sind, die kritisierenswert sind, und wir sind
mit dieser Kritik bei Weitem nicht alleine. Ganz im Gegenteil, diverse NGOs – Greenpeace, Volkshilfe, der Verein gegen Tierfabriken –, aber auch die Arbeiterkammer, der ÖGB und viele andere mehr stellen viele, viele Bereiche in diesem Gesetz infrage, und wenn ich mir die NGOs anschaue, dann muss
ich sagen, das sind genau die, die es eigentlich betrifft, um die es in diesem Ge­setz eigentlich geht. Die sollten also wissen, wovon sie sprechen – aber
schauen wir es uns einmal im Konkreten an!

Wo wir noch einigermaßen mitgehen können und könnten, wäre jetzt diese neue Freiwilligenpauschale – klein und groß. Kurz umrissen hier die Zahlen, um diese noch einmal ins Gedächtnis zu rufen: Bei der kleinen Pauschale geht es um höchstens 1 000 Euro pro Jahr für maximal 30 Kalendertage, die dann steu­erbefreit sein sollen, und bei der großen – zum Beispiel für Katastrophenhilfe, für Ausbildner, Übungsleiter und so weiter – um 50 Euro pro Einsatztag
und höchstens 3 000 Euro im Jahr.

Da können wir grundsätzlich noch mit, aber ich muss da jetzt viele Aussagen von NGOs und Vereinen zitieren, die da, und jetzt zitiere ich wörtlich, eine „Ge­fahr einer politischen Erpressbarkeit [...] infolge der Ermessensspielräume der Behörden“ sehen und feststellen, nämlich in puncto Bescheinigung der Ge­meinnützigkeit und somit auch der Spendenabsetzbarkeit.


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Aus meiner Sicht schon einigermaßen skurril ist, dass jetzt bei der Aberkennung die Beschwerde nur dann aufschiebende Wirkung hat, wenn die Behörde,
die sie zuvor auch aberkannt hat, damit einverstanden ist. Das ist irgendwie skur­ril und das sehen auch die NGOs entsprechend kritisch.

Kritisch zu sehen ist ebenfalls, dass jetzt die Bestätigung durch den Wirtschafts­prüfer entfällt. Auch das haben nicht nur wir angemerkt.

Aus Sicht auch der Arbeiterkammer muss man auch ganz genau hinschauen, was die Verwendung der Freiwilligenpauschale betrifft. Da gibt es durchaus auch die Gefahr, dass sie missbräuchlich verwendet wird, sozusagen als steuersparen­des Arbeitsverhältnis herangezogen wird. Ich glaube, da braucht es ein ganz genaues Monitoring und da muss man ganz genau aufpassen, welche Tätigkeit dann auch wirklich so als freiwillig tituliert wird und dass hier kein Schlupfloch in irgendeiner Form gesucht und gefunden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Was aber gar nicht geht – und wir hatten das Bildungsthema heute schon –,
das ist die Begünstigung der Spenden an Schulen, denn ich glaube, wir alle wis­sen, wir müssen dann einmal genauer hinschauen, denn: An welche Schu­len wird denn gespendet, und wo wird gespendet? – Das ist in Wahrheit wieder eine Förderung des Bildungsbürgertums, der Bildungselite, wenn man so möchte. Ich glaube nicht, dass Eltern, die ohnehin finanziell herausfordernde Zei­ten erleben – Inflation und so weiter, wir haben es heute schon gehört –,
an Brennpunktschulen in Großstädten großartig Schulen fördern könnten. Das heißt, Vorteile haben dadurch wieder die Schulen, die es in Wahrheit viel­leicht nicht so dringend brauchen wie Brennpunktschulen.

Vor allen Dingen aber eines – ich glaube, darüber sollten wir uns eigentlich alle hier herinnen einig sein, und das hinterfrage ich insofern schon –: Ich glau­be, es ist eine der Kernaufgaben des Sozialstaates, für entsprechende Bildung zu sorgen. Das an Private auszulagern wäre in Wahrheit ein demokratiepoliti­scher (Beifall bei der SPÖ) und sozialpolitischer Wahnsinn, den wir so nicht akzep-


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tieren können. Ich glaube, wir alle wollen keine amerikanischen oder angli­kanischen Verhältnisse. Das können wir in Österreich so nicht zulassen und nicht akzeptieren, dass hier Schulen von Großspendern in irgendeiner Form un­terstützt werden. Das geht dann immer nur in eine ganz besondere und spezielle Richtung, nämlich im Normallfall in die konservative. Das können wir so al­so nicht akzeptieren, und daher wird es auch in diesem Zusammenhang zu die­sem Tagesordnungspunkt keine Unterstützung unsererseits geben. – Vie­len Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.08


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sil­vester Gfrerer. – Bitte.


15.08.13

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Werter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Österreich ist wirklich ein einzigartiges Land in Europa und, wie ich denke,
auf der ganzen Welt – und das meine ich im positiven Sinn –, was Ehrenamt, Vereinsleben, Rettungs- und Einsatzorganisationen und Gemeinnützig­keit betrifft. Ich glaube, da sind wir sicherlich alle einer Meinung.

Österreich ist das Land der Vereine. Es gibt in etwa 125 000 Vereine mit einer Mitgliederzahl von ungefähr vier Millionen Menschen. Das ist europaweit
die höchste Dichte. Mitglied eines Vereins zu sein macht so viele Men­schen stolz, schafft Zusammenhalt und Vertrauen in der Gesellschaft und fördert natürlich auch das Zusammenleben in jeder Gemeinde.

Viele Maßnahmen und Gesetze wurden in der Vergangenheit gut vorbereitet und ausverhandelt, zum Beispiel das Freiwilligengesetz. Wir haben damit
die Freiwilligeninfrastruktur auf Bundes- und auf Landesebene wesentlich ge­stärkt. Das ist im Juli in Kraft getreten.


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In der letzten Bundesratssitzung haben wir das Rettungs- und Zivilschutz­organisationen-Unterstützungsgesetz beschlossen und für das Ehrenamt allge­mein die Grundlagen verbessert, damit die ehrenamtlich tätigen Menschen
in ihren vielfältigen und verantwortungsvollen Aufgaben, getragen vom ehren­amtlichen Engagement, ihre Einsätze gewissenhaft und erfolgreich absol­vieren können. Die freiwillige, ehrenamtliche Arbeit in Österreich zu stärken und den erfolgreichen Weg fortzusetzen ist der wahre Grund, weshalb das Ge­meinnützigkeitsreformgesetz in dieser Form vorliegt. Nun können wir
es beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die politischen Verhandlungspartner – und das ist mir wirklich wichtig zu er­wähnen –, die Bereichssprecher der Regierungsparteien im Nationalrat, Abgeordneter Hanger und Frau Abgeordnete Blimlinger, und natürlich auch der Finanzminister und die vielen Expertinnen und Experten seines Ressorts,
haben über einen sehr langen Zeitraum gute Gespräche geführt, viele Detail­fragen ausdiskutiert und gute Ergebnisse geliefert. Das muss man an­erkennen. Ich möchte mich dafür auch herzlich bei ihnen allen bedanken.

Eines ist bemerkenswert: In Österreich ist circa ein Drittel der Menschen eh­renamtlich, das heißt freiwillig tätig. Die Leistungen, also die Arbeit im Gemeinnützigen- und Freiwilligenbereich, die in den Freiwilligenorganisationen erbracht wird, im dritten Sektor, wie man sagt, kann man nicht hoch genug einschätzen. Sie ist in Wahrheit nicht bezahlbar. Rund 10 Milliarden Euro tragen die Freiwilligenorganisationen in Österreich zur Wertschöpfung bei. (Bun­desrat Schennach: Der ÖGB zum Beispiel! – Bundesrätin Schumann: Genau, danke! 1,2 Millionen Mitglieder!) Das sind circa 4 Prozent des Bruttoinlandsproduk­tes. Der ideelle Wert, das ist natürlich auch zu erwähnen, in Höhe dessen die Ge­sellschaft und ganz Österreich profitiert, ist nicht zu beziffern, aber jeden­falls um ein Vielfaches höher. Es werden Leistungen erbracht, die man mit Geld nicht aufwiegen kann.

Durch dieses Gesetz – das ist ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt – kommt es zu einer massiven Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit. Es sind in


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Zukunft alle Bereiche erfasst, die die Allgemeinheit fördern. Es ist zum Bei­spiel auch der Bereich Bildung von diesem Paket erfasst, ebenso erfasst sind der Bereich Sport – davon profitieren alle Vereine – und vieles mehr.

Der heutige Beschluss dient dazu, die für die Gesellschaft so wichtige Arbeit von ehrenamtlich Tätigen steuerlich zu unterstützen und für Rechtssicherheit zu sorgen. Er macht es auch möglich, Aufwendungen, die durch Ausübung
des Ehrenamtes entstehen, mit der Freiwilligenpauschale einkommensteuerfrei und auch sozialversicherungsfrei abzugelten. Das ist natürlich auch ein
sehr positiver und wesentlicher Punkt. Dabei geht es nicht um eine Lohnzahlung, sondern darum, ehrenamtliche Arbeit zu erleichtern. Mit dem Beschluss
des Gemeinnützigkeitsreformgesetzes wird ein großes Reformpaket umgesetzt. Ich hoffe auf breite Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie
des Bundesrates Gross.)

15.13


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Dr.in Maria Huber. – Bitte.


15.13.50

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­hende! Österreich ist das Land der Vereine und der Freiwilligen. Mein Vorredner hat es schon angesprochen: Wir haben die höchste Vereinsdichte in ganz Europa. Mehr als 3,7 Millionen Menschen in Österreich sind in einem Verein ak­tiv: von Sportvereinen, der örtlichen Blasmusik, Theatergruppen und ande­ren Kunst- und Kulturinitiativen bis hin zum Umwelt- und Tierschutz.

Ein lebendiges Vereinsleben spielt natürlich auch für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft eine sehr, sehr wichtige Rolle und macht unsere Ge­meinden lebenswert. Umso wichtiger ist es, dass wir heute hier mit die­sem umfassenden Reformpaket einige Vereinfachungen und Verbesserungen für die gemeinnützigen Organisationen in unserem Land schaffen.


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Die Möglichkeit zur Absetzbarkeit von Spenden wird massiv ausgebaut. Alle gemeinnützigen Organisationen sollen von einer Spendenbegünstigung profitieren können. Es zählen jetzt unter anderem auch Umwelt- und Tierschutz, Frauenförderung, Bildung, Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, Men­schenrechte sowie Konsumentenschutz zu den spendenbegünstigten Zwecken. Ausschlaggebend ist künftig nur die Gemeinnützigkeit an sich, da­durch wird beispielsweise auch der Umwelt- und Tierschutz erstmals begünstigt.

Ich möchte, weil Frau Kollegin Hahn vorhin auf das Thema Bildung eingegangen ist, noch zwei Bildungsinitiativen, die man dank dieser Novelle nun unter­stützen kann, hervorheben. Das ist auf der einen Seite Teach for Austria, ein Verein, der Lehrkräfte gezielt an Schulstandorte mit besonderen sozialen Herausforderungen bringt, und auf der anderen das Mentoringprogramm Sind­bad, das benachteiligte Jugendliche bei der Lehrstellensuche begleitet. Es gibt in keinem Fall eine Beschränkung auf spezielle Bildungsinitiativen, wie die SPÖ das in den Raum gestellt hat. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Man kann auch das Lycée fördern!)

Für uns Grüne ist in jedem Fall auch klar, dass eine aktive Zivilgesellschaft sehr wichtig für jede Demokratie ist. Wir haben deswegen auch bei dieser Ge­setzesänderung sehr genau darauf geachtet, dass zivilgesellschaftlicher Protest selbstverständlich möglich bleibt. Missbrauch zum Beispiel durch Finanzde­likte, Betrug oder durch gefährliche, gewaltbereite Gruppen, die die Verbreitung von Hass und Hetze fördern und sich als gemeinnützig tarnen, muss wirk­sam verhindert werden können.

NGOs wie Umweltschutzorganisationen, die schon bisher von der Spendenab­setzbarkeit umfasst wurden, werden selbstverständlich auch weiterhin um­fasst. Bevor eine gemeinnützige Organisation in Gefahr gerät, ihre Spendenbe­günstigung zu verlieren, müsste sie schon gegen eine ganze Reihe an Auf­lagen verstoßen.


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Um in der Vollziehung auch eine Wahrung der Verhältnismäßigkeit sicherzustel­len, gibt es zusätzlich eine regelmäßige Evaluierung im Rahmen des Spen­denarbeitskreises im Finanzministerium, in dem unter anderem das Bündnis für Gemeinnützigkeit und der Fundraising Verband Austria als Dachverbände vertreten sind.

In diesem Sinne: Ich glaube, das ist eine sehr vernünftige Regelung, von der sehr, sehr viele Vereine und Initiativen in Österreich profitieren werden. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.17


Vizepräsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. (Bun­desrätin Schartel: Doch!)

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrätin Schartel: Ich!) – Bitte, Frau Bundesrätin Schartel.


15.17.49

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Werte Kollegen! Frau Kollegin Hahn hat eine sehr engagierte Rede gehal­ten, aber ich muss ihr vorwerfen, dass sie irgendwelchen Verschwörungstheo­rien anheimgefallen ist. (Bundesrat Schreuder: Hahaha! Und das von der
FPÖ! – Bundesrätin Schumann: Der war gut!)
Davon, dass es jetzt Großspender geben wird, die sich sämtliche Schulen kaufen, und amerikanische Verhält­nisse bei uns eintreten, sind wir weit, weit entfernt. (Bundesrätin Hahn: Ach so! Die Partei des kleinen Mannes, ich weiß eh!)

Sie wissen es ganz genau: Es gibt so viele Eltern, die Klopapier für die Schule kaufen müssen (Bundesrätin Hahn: Das sollen jetzt Spender machen?), weil
es der Staat nicht zur Verfügung stellen kann, die Kopiergeld zur Verfügung stel­len, weil sonst nichts kopiert werden kann – sie müssen für dies und für das zahlen. Sie schimpfen aufgrund Ihrer Ideologie immer auf jene Menschen, die es überhaupt möglich machen, Geld zu verteilen. Gäbe es nämlich in Österreich keine Menschen, die gut verdienen, könnten Sie nicht von Ihren Themen


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schwadronieren. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Hahn: Aha, aha! Na dann! – Bundesrätin Schumann: Wow, großartig! – Bundesrat Schennach: Wow,
das war erhellend! – Bundesrätin Schumann: Das war jetzt sehr erhellend! Jetzt kennen wir uns aus! – Ruf bei der SPÖ: Das war jetzt ein Geschenk, danke!)

15.18


15.18.43

Vizepräsidentin Margit Göll: Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Somit ist der Antrag angenommen.

15.19.188. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraftfahrzeugsteuer­gesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabegesetz, das Koh­leabgabegesetz und die Bundesabgabenordnung geändert
werden (3777/A und 2381 d.B. sowie 11362/BR d.B. und 11411/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundes­wettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) geändert wird (2382 d.B. sowie 11412/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 8 und 9 ist Herr Bundesrat Ernest Schwind­sackl. – Ich bitte um die


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Berichte.


15.19.58

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Frau Präsidentin! Geschätzter
Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994, das Kraftfahr­zeugsteuergesetz 1992, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Erdgasabgabe­gesetz, das Kohleabgabegesetz und die Bundesabgabenordnung ge­ändert werden.

Der ausführliche Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 9: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Natio­nalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde ge­ändert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls bereits vor, ich komme zur Antragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Herzlichen Dank.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte sehr.


15.21.38

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich
möchte zu drei Aspekten, die hier in dieser Debatte vorkommen, Stellung nehmen.


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Zuerst einmal zum positiven Punkt: In Ziffer 2 bei TOP 9 geht es darum, dass zur „Stärkung des Wettbewerbsmonitorings [...] und einer damit einhergehen­den verbesserten Transparenz [...] die Beschränkung auf ausschließlich öffentlich verfügbare Daten aufgehoben“ wird. – Das sehen wir als positiven Punkt,
da wird die Bundeswettbewerbsbehörde gestärkt. Prinzipiell sind wir ja dafür, dass die Bundeswettbewerbsbehörde gestärkt wird.

Was allerdings auf der anderen Seite passiert – jetzt komme ich zu den anderen zwei Aspekten, beide beurteilen wir negativ –, ist, dass im Zuge der Umsatz­steuerbefreiung von Fotovoltaikanlagen für die BWB eine Möglichkeit geschaffen werden soll, bei begründetem „Verdacht einer Verletzung der – bereits gesetzlich bestehenden – Verpflichtung zur Weitergabe von Abgabensenkungen gemäß § 7 PreisG 1992“ „eine Branchenuntersuchung im entsprechenden Wirtschaftszweig“ durchzuführen.

Jetzt sehen wir erstens die Umsatzsteuerbefreiung für die Fotovoltaik nicht als den sinnvollsten Weg, um die Fotovoltaiknutzung insbesondere im priva­ten Bereich, um den es jetzt geht, auszubauen. Wir sind sehr dafür, dass die Fotovoltaiknutzung im privaten Bereich ausgebaut wird, aber es gibt auf der einen Seite schon jetzt das Problem, mit dem sich viele Interessenten konfrontiert sehen, dass das Netz nicht ausreichend ausgebaut ist und sie
ihre Anlagen gar nicht anschließen dürfen – da muss man ansetzen.

Wir finden – zweitens – auch, dass die Umsatzsteuerbefreiung nicht der richtige Weg ist, um den Fotovoltaikausbau zu unterstützen, und dass drittens bei
den zusätzlichen Kompetenzen – sagen wir einmal so; es ist ja nicht irgendeine Kompetenz, sondern ein Auftrag an die Bundeswettbewerbsbehörde – systemwidrig eingegriffen wird, weil ja laut § 7 Preisgesetz der Bundesminister – in diesem Fall Kocher – beziehungsweise in weiterer Folge die Bezirksver­waltungsbehörden, die dann in seinem Namen einschreiten, die Kompetenz ha­ben, darauf zu achten, dass Preissenkungen, die sich daraus ergeben, dass Steuern entfallen oder gesenkt werden, weitergegeben werden. Diese Kompe­tenz gibt es ja jetzt schon. Wenn jetzt sondergesetzlich – muss man fast


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 96

sagen – die Wettbewerbsbehörde zusätzlich eingeschaltet wird, ist das – so würde ich fast sagen – ein Kompetenzkonflikt. Jedenfalls ist das keine systematische Legistik.

Auf jeden Fall ist diese Maßnahme nicht das, was im Mai 2023 groß angekündigt wurde, nämlich eine Stärkung der Wettbewerbsbehörde. Vielmehr schaut
es so aus, als würde sich Bundesminister Kocher in diesem Fall an der BWB ab­putzen wollen. – Vielen Dank.

15.24


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Stillebacher. – Bitte.


15.24.57

Bundesrat Christoph Stillebacher (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Vizepräsiden­tin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Bei den Tagesordnungspunkten 8 und 9 – die Punkte gehören ja inhaltlich zusammen – geht es um die Umsatzsteuerbefreiung bei Fotovol­taikanlagen bis zu einer bestimmten Größe. Weiters geht es um die Änderung im Wettbewerbsgesetz, das die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehör­de ermöglicht. Für die Umsetzung dieser Umsatzsteuerbefreiung müssen diese besagten Gesetzesänderungen beschlossen werden. Ich darf den Fokus
auf die drei wichtigsten Aspekte legen.

Der Umsatzsteuerbefreiung liegt zuallererst ein umweltpolitischer Gedanke zu­grunde, zum Zweiten – nicht minder wichtig – eine wesentliche Bürokra­tievereinfachung, und zum Dritten geht es um die Schaffung einer Kontrollins­tanz. Der umweltpolitische Gedanke ist ganz klar: Die Energiewende ist
ein Ziel dieser Bundesregierung, und daher fördern wir auch die Erzeugung er­neuerbarer Energie, insbesondere durch die Errichtung von
Fotovoltaikanlagen.

Wo stehen wir da in der Entwicklung? – Dazu darf ich Ihnen als Tiroler exempla­risch ein paar Zahlen aus meinem Bundesland präsentieren: Mit Ende 2022


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existierten in Tirol bereits etwa 14 500 PV-Anlagen. Alleine zwischen 2021 und 2022 wurden rund 3 000 neue Anlagen errichtet, das entspricht einem
Plus von 29 Prozent. Wir sind also grundsätzlich gut unterwegs, aber noch weit weg vom Ziel. Derzeit deckt die Stromgewinnung aus PV-Anlagen nur
etwa 3 Prozent des Tiroler Strombedarfs. Das Ziel für 2050 ist, den Anteil des PV-Stroms auf mindestens 30 Prozent auszubauen.

Aus umweltpolitischer Sicht geht es also schlicht und einfach darum, dass mög­lichst viele Menschen Fotovoltaikanlagen auf ihren Dächern oder Haus­wänden montieren, damit wir den Zielen näherkommen. Deshalb gibt es die Förderung mittels Änderung des Umsatzsteuergesetzes: Die Änderung
des Umsatzsteuergesetzes bewirkt, dass bei kleineren PV-Anlagen 0 Prozent Mehrwertsteuer anfallen. Die Anlagenbetreiber bekommen schlicht
eine Rechnung mit dem Nettobetrag und dazu 0 Prozent Mehrwertsteuer.

Der Entfall der Umsatzsteuer auf Fotovoltaikanlagen bringt aber zusätzlich eine wesentliche Vereinfachung der Bürokratie. Das heißt, was es bisher an Förderungen gegeben hat, wird jetzt in eine automatische Begünstigung durch den Entfall der Umsatzsteuer übertragen. Damit entfällt ein riesiger Auf­wand für die Förderansuchen, die Prüfung der Anlagen, die Genehmigungen und die Bearbeitung von Förderanträgen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Einsparung beim Verwaltungsaufwand ist somit immens. Umweltpolitisch und verwaltungstechnisch sind das daher sehr wichtige und nutzbringen­de Novellen. Bei all dem muss aber auch sichergestellt werden, dass keine Dop­pelförderung passieren kann. Deshalb kann ein Anlagenbetreiber diese unbürokratische Förderung nur in Anspruch nehmen, wenn er nicht gleichzeitig einen Antrag auf Förderung nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz stellt
oder diesen schon vorher gestellt hat.

Ich darf noch den dritten Aspekt, die Novellierung des Wettbewerbsgesetzes, ansprechen. Diese Änderung dient nämlich genau dazu, dass die Wei-


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 98

tergabe dieser Mehrwertsteuerbefreiung von den Herstellern oder von den Ins­tallierenden an die Konsumentinnen und Konsumenten auch stattfindet.
Die Bundeswettbewerbsbehörde wird zu diesem Zwecke mit erweiterten Kom­petenzen ausgestattet. Sie kann zukünftig bei einer Branchenuntersu­chung Einschau in die Unternehmen nehmen. Bisher war das nicht möglich, jetzt bekommt sie eben diese Kompetenzen. Die Wettbewerbsbehörde ist dann
in der Lage, zu kontrollieren, dass diese 0 Prozent nicht zu einem Aufschlag beim Nettopreis führen.

Alles in allem schaffen diese Novellierungen aus meiner Sicht wirklich attraktive Voraussetzungen zum Bau von PV-Anlagen und zum Umstieg auf erneuer­bare Energie. Ich bitte daher um Zustimmung zu diesen Punkten. – Danke viel­mals. (Beifall bei der ÖVP.)

15.29


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Manfred Mertel. Ich erteile ihm das Wort.


15.29.34

Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Bundesratspräsidentin in spe! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Ich möchte meine Rede in diese Richtung beginnen: Ich habe das letzte Mal sehr aufmerksam eine sehr hektische Debatte ver­folgt, und in dieser hat Kollege Spanring einen weitergehenden Gedankengang ausgeführt. Er hat gesagt: Wir wollen in diesem Saal keine verweichlich­ten Debatten. – Übrigens darf ich sagen, Herr Kollege Spanring, ich höre immer gerne bei Ihren inhaltlichen Reden zu, weil sie doch pointiert und letztend­lich interessant sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, aber auch festhalten zu müssen, dass genau das nicht eintreten darf: dass wir davon ausgehen, miteinander ja nicht kuschelig zu sprechen, so­dass es dann im Endeffekt in diesem Saal Beleidigungen, Diffamierungen gibt, sondern für mich ist es immer wichtig, dass wir den Respekt voreinander,


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den Respekt vor Andersdenkenden haben und letztendlich auch den Gedanken­gang in unserem politischen Wettbewerb klar verfolgen können.

Ich glaube, dafür stehen Sie alle hier im Raum, und auch (in Richtung FPÖ) Ihre Fraktion wird dazu stehen, wenn es darum geht, Österreich voranzubrin­gen und besser zu machen.

So weit meine Gedankengänge zur letzten Sitzung, und gerade in diesem rhetori­schen Spannungsfeld von Wertschätzung und gleichzeitiger Kritik möchte
ich mich auch heute bewegen. Kollege Stillebacher hat mir ja einiges aufgelegt. Ich glaube, darüber sollten wir reden, denn diese Umsatzsteuerbefreiung
geht ja eigentlich in diese Richtung: Die Umsatzsteuer ist eine gemeinschaftliche Bundesabgabe. Wir haben auch gestern im Ausschuss gehört, dass 650 Mil­lionen Euro an Begünstigungen beziehungsweise an Nichteinnahmen zu erwarten sind, und die Folgen sind natürlich, dass diese Gelder dann nicht nur dem Bund fehlen, sondern auch den Ländern und den Gemeinden. Wir ha­ben ja heute im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich bereits gehört, dass es den Gemeinden nicht besonders gut geht.

Es ist also einmal zu erwähnen, dass das kein Geschenk des Bundes ist,
sondern dass das auch zulasten der Gemeinden und der Länder geht. (Beifall
bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang stimme ich auch mit dem Kollegen von den NEOS überein und möchte festhalten, dass wir schon auch auf diese Situation
im Bereich Stromversorgung aufmerksam machen müssen, die vor allem ältere Menschen betrifft, nämlich dass es eigentlich totale Unklarheit gibt, wie
man mit der Energiewende umzugehen hat – auf der einen Seite will man auf­seiten der älteren Generation natürlich den Beitrag leisten, bei der Ener­gieversorgung auf Strom und so weiter umzustellen, andererseits weiß man aber eigentlich nicht, wie das vorangehen soll.


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Auf der einen Seite hört man, es fehlen 20 000 Fachkräfte, auf der anderen Seite sind die Unternehmen – das sieht man, wenn man sich mit Unternehmen be­schäftigt – gar nicht mehr in der Lage, jemandem ein Anbot zu stellen, sondern sie sagen einfach: Die Nachfrage bestimmt den Preis! Und auch in diesem Zusammenhang gebe ich ihnen recht: Wer das Geld hat, dessen Energieversor­gung wird umgestellt, wer das Geld nicht hat, muss also warten.

Das sind also große Probleme, die vor allem die ältere Generation betreffen. Man kann jetzt schon in den Zeitungen lesen, welche Modelle der älte­ren Generation angeboten werden, dass man vielleicht zu ihren Eigentums­häusern kommt, aber auch wenn man sagt: Wir kennen Modelle, bei denen wir das vielleicht vorfinanzieren!, so ist das doch unbefriedigend für die ältere Generation und macht eigentlich unsicher. Und genau diese Richtung müssen wir trotz alledem berücksichtigen, da wir natürlich diese Energiewende brauchen, und wir wünschen uns, dass es da vonseiten der Regierung einmal eine klare und konstruktive Zukunftsgestaltung gibt, dass man also wirklich weiß, wie man dem Ganzen als ältere Generation nachhaltig nähertreten kann.

Wir werden aber trotzdem bei diesem Punkt mit Ja stimmen, weil es – und das hat auch Kollege Stillebacher angekündigt – für Übergangsfälle bürger­freundliche Erleichterungen gibt und weil auch Doppelförderungen ausge­schlossen werden.

Deshalb also von der SPÖ ein klares Ja zu diesem Punkt, trotzdem sollen die kri­tischen Worte meinerseits auch zum Nachdenken anregen, wie wir die Ener­giewende deutlicher und schneller vorantreiben können.

Ich komme zu Punkt 9 der Tagesordnung, zur Wettbewerbsbehörde, und darf auch festhalten, dass die Wettbewerbsbehörde unter Generaldirektor
Dr. Theo Tanner internationale Anerkennung bekommen hat, und gerade jetzt, in einer Zeit, in der es um Inflationsbekämpfung, Teuerungsbekämpfung geht, sollte man diese Behörde mit besseren Instrumenten ausstatten. Das erschließt


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sich daraus, dass es eine Sektorenuntersuchung gegeben hat, was die Ben­zinpreise anlangt, und das Ganze musste mit einem Bericht enden – weitere Maß­nahmen setzen, das heißt, genauere Untersuchungen durchführen, konnte
man nicht.

Auch wenn es ein Antrag beziehungsweise eine Anregung der SPÖ war, dass man doch die Wettbewerbsbehörde vor den Bezirksverwaltungsbehör­den mit der Überprüfung und mit der Einschau betrauen soll, werden wir diesem Punkt nicht zustimmen, weil es eben verabsäumt wurde, gerade diese Zeit
zu nutzen, die Wettbewerbsbehörde mit mehr Personal und einem höheren Bud­get auszustatten, denn letztendlich wird nur ein gut funktionierender
Markt auch ein Beitrag für eine Inflationsdämpfung beziehungsweise für den Kampf gegen die Teuerung sein. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

15.36


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.


15.36.33

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Geht es um die Umsetzung
unter dem Schutzschirm ihrer Klimapolitik stehender Gesetze, ist bei dieser schwarz-grünen Bundesregierung vieles – besser gesagt: alles – möglich, egal ob dies für die österreichische Bevölkerung erträglich ist oder nicht.

Die längst überfällige Änderung der komplizierten Förderabwicklung wird spät, aber doch vorgenommen, weil sie einen grünen Anstrich hat, und die
heute im Fokus stehende Änderung des Umsatzsteuergesetzes für PV-Anlagen wird durchgeführt.

Zur Info für die Zuhörer: Um eine Doppel- beziehungsweise Überförderung für die Anträge bis zum 31. Dezember 2023, die sogenannten Übergangsfälle,


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zu vermeiden, soll der Steuersatz von 0 Prozent nicht zur Anwendung kommen, wenn für die betreffende Fotovoltaikanlage ein Antrag auf Investitionszu­schuss nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz bis 31. Dezember 2023 einge­bracht wurde und diese nach dem 31. Dezember 2023 erstmals in Betrieb genommen wird.

Aber nun zu einem wirklich passenden Zitat für die Arbeitsweise dieser Bundes­regierung: Wo ein Wille, da ist natürlich auch ein Weg – und wo er fehlt,
gibt es viele Ausreden. Bei Ihnen fehlt der Wille, dafür gibt es viele, viele Ausre­den und keine Taten. (Beifall bei der FPÖ.)

Geht es darum, die von uns Freiheitlichen vorgeschlagenen Maßnahmen
zur temporären Senkung beziehungsweise zum gänzlichen Aussetzen der Mehr­wertsteuer auf Grundnahrungsmittel oder auf Energie umzusetzen, oder
um die Senkung der Mineralölsteuer, der Mehrwertsteuer auf Treibstoffe, eine Rücknahme der NoVA-Erhöhung und vieles mehr, was seit Monaten von
uns Freiheitlichen zum Wohle der Bevölkerung gefordert wird, kommen seitens dieser grün-schwarzen Bundesregierung nur billige Ausreden.

Zum Beispiel für den Vorschlag, bei den Lebensmitteln die Mehrwertsteuer zu senken, war die Ausrede wortwörtlich, das sei eine schlechte Politik, näm­lich eine Politik der Gießkanne, dass alle, auch die Reichen, etwas davon hätten. Jetzt frage ich mich, ob das bei diesem Gesetz, wenn es um die grüne Politik geht, anders ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder: Die Senkung der Mehrwertsteuer würde nicht weitergegeben werden, das könne man auch gar nicht kontrollieren. – Was machen wir jetzt in diesem
Falle?

Die leidgeprüfte österreichische Bevölkerung kann diese abgedroschenen Phrasen nicht mehr hören, so viel kann ich Ihnen, Herr Staatssekretär, mitgeben. Aber Sie sind ja mit Ihren Bundesregierungskollegen nicht willens, die österreichische Bevölkerung im täglichen Leben einfach und unbürokratisch


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wirklich zu entlasten. Im Gegenteil, stattdessen heizen Sie weiter mit
Ihren Gesetzen die Inflation an.

Wir Freiheitlichen werden nicht müde werden, für den Wohlstand des österreichischen Volkes zu kämpfen, und wir werden nach den Wahlen 2024 für die österreichische Bevölkerung die vielen Steine, welche sie durch Ihre gesetzten Maßnahmen, durch Ihre Fehlpolitik in den Weg gelegt bekommen hat, gemeinsam mit der Bevölkerung wieder wegräumen. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Buchmann: Schauen wir einmal!)

Angesichts der hohen Nachfrage nach PV-Anlagen werden wir aber der Geset­zesänderung im Sinne der Autarkie der Österreicher und für eine bürger­freundliche Erleichterungsregelung, auch für alle Übergangsfälle, unsere Zustim­mung geben. Es wäre aber nicht die schlechteste Bundesregierung aller
Zeiten, wenn sie nicht wieder auf die höchst notwendigen weiteren Schritte in der Umsetzung der selbigen Maßnahmen in der Stromspeicherung völlig vergessen hätte. Das würde auch die Spitze des fehlenden Netzausbaus ein we­nig abflachen.

Da größtenteils der politische Wille für Eingriffe in die oligopole Macht­herrschaft der Landesenergieversorger völlig fehlt, können wir auf den Zusam­menschluss und die damit verbundene Aufklärungsarbeit der Bundes­wettbewerbsbehörde – ausgestattet mit mehr Rechten – mit der E-Control
nur hoffen.

Man sieht, wie wichtig es ist, wenn, so wie jetzt, eine Bundesregierung völlig versagt, eine funktionierende Bundeswettbewerbsbehörde zu haben und
diese mit mehr Aufgaben und Rechten zielgerichtet auszustatten.
(Beifall bei der FPÖ.)

15.41


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.



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15.41.59

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Abgesehen von der Aufnahme von einer Reihe
von Abgaben – das ist noch gar nicht gesagt worden – in die sogenannte Quo­tenregelung bei Steuererklärungen – ich habe auch nachlesen müssen,
was das ist – stehen die Änderungen, alle anderen, im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerbefreiung für Fotovoltaikanlagen, und zwar nicht generell,
sondern für die Kleinanlagen bis 35 Kilowatt, also der Herabsetzung der Umsatz­steuer, jetzt einmal für zwei Jahre, auf null.

Geschaffen wird tatsächlich eine notwendige Übergangsregelung, etwa für An­lagen, die heuer errichtet wurden, aber noch keine Förderung erhalten haben, und die sollen ja schließlich nicht durch den Rost fallen. (Rufe bei der SPÖ: Oje, oje! Aufpassen!) Damit wird eine unbeabsichtigte Lücke geschlossen.

Wen betrifft die Umsatzsteuerbefreiung? – Das wird de facto die allermeisten privaten Kleinanlagen betreffen und somit tatsächlich eine massive Ver­waltungsvereinfachung mit sich bringen. Es ist auch kein Antrag mehr notwen­dig, es ist nicht mehr notwendig, das ganze Förderprozedere abzuführen.
Die durch die Umsatzsteuerbefreiung resultierende Förderhöhe ist übrigens ungefähr gleich wie die bisherige Investitionsförderung.

Der Zubau von Fotovoltaik ist nach wie vor enorm. Letztes Jahr wurden knapp über 1 000 Megawatt errichtet – 1 000 Megawatt! Für alle Nichttechni­ker:innen: Das ist ungefähr sechsmal die Leistung des Kraftwerks Freudenau, was letztes Jahr an Fotovoltaik zugebaut wurde.

Der Ausbau hat sich seit 2019 verfünffacht und ist mit dem Erneuerbaren-Aus­bau-Gesetz förmlich explodiert. Man kann jetzt ruhig sagen, dass das
EAG funktioniert – ein bisschen mit Understatement –, aber klar, natürlich hat es auch durch die Bestrebungen, aus russischem Gas auszusteigen, einen Schub gegeben.


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Ende letzten Jahres konnte mit Fotovoltaik bereits eine Strommenge erzeugt werden, die äquivalent dem Stromverbrauch von 850 000 Haushalten – 850 000 Haushalten! – ist. (Beifall bei den Grünen.)

Wie es aussieht, geht der Rekordausbau heuer weiter. Jedenfalls wurden in den bisherigen Calls 163 000 Förderzusagen erteilt. Da kann man also schon
zwei Sachen herauslesen, Herr Kollege Bernard: Völliges Versagen sieht doch definitiv anders aus. Ich sehe darin ziemlich das Gegenteil. Was die Kom­plexität der Förderung betrifft: Wenn alleine heuer 163 000 Leute das geschafft haben, ist es sehr wohl beherrschbar. Ich habe das übrigens schon selber gemacht. Das ist wirklich eine sehr, sehr komfortable Homepage, auf der man den Förderantrag stellen kann.
Trotzdem ist es natürlich gut, das jetzt wei­ter zu vereinfachen.

600 Millionen Euro standen heuer für die Fotovoltaikförderung zur Verfügung. Das ist schon eine unfassbare Summe, wenn man ein bisschen schaut,
was es früher, vor unserer Regierungsbeteiligung, gegeben hat. Alle privaten Standard-PV-Anlagen konnten heuer gefördert werden. (Beifall bei den
Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Man kann sich also auf die Rahmenbedingung verlassen. Die Vereinfachung, die jetzt gemacht wird, trifft wirklich sehr viele: von den gerade vorhin zitierten
über 160 000 Förderzusagen, die heuer erteilt worden sind, sind 154 000 Klein­anlagen bis 20 kW. Wenn es also nächstes Jahr nur annähernd so weiter­geht – und es gibt natürlich keinen Grund, das nicht anzunehmen –, dann müs­sen 150 000 Personen keinen Antrag mehr stellen.

Ich möchte schon auch noch dazusagen: Das ist jetzt nicht nur irgendwie etwas Technisches, sondern diese Anlagen – das sind kleine Anlagen, die sich übri­gens auch rechnen – dienen dazu, für sich selbst  man kann sich übrigens auch beteiligen, man muss kein Haus haben – günstigen grünen Strom zu erzeu­gen. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Miesenberger.)


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Ich finde halt schon, dass das auch ein wichtiger Aspekt ist, wenn man ein bisschen an die letzten zwei Jahre zurückdenkt und an die Debatten, die wir hier hinsichtlich der exorbitant hohen Strompreise geführt haben.

Natürlich ist es evident, dass es bei solch einer Dimension von betroffenen Anträgen oder Fällen eine Sicherstellung und eine Kontrollmöglichkeit braucht, dass die Umsatzsteuersenkung auch an Endkunden weitergegeben wird;
das haben wir jetzt mehrfach gehört. Das geschieht jetzt mit einer Erleichterung für die Bundeswettbewerbsbehörde, diese wird gestärkt. Im Übrigen sei angemerkt, dass es eine rechtliche Pflicht gibt, die Umsatzsteuersenkungen weiterzugeben.

Jetzt kann man – no na – darüber diskutieren, was die beste Methode ist, den PV-Ausbau weiter voranzutreiben. Die Umsatzsteuersenkung, ja, das ist
eine Möglichkeit. Ich möchte da schon zu bedenken geben, weil ich dahin ge­hend von Kollegen Manfred Mertel so kritisiert wurde: Ihr habt natürlich
auch bei anderen Gelegenheiten Umsatzsteuernullsetzungen gefordert, klar, das habt ihr woanders auch gemacht, und da kritisiert ihr es. Ich möchte schon
noch einmal betonen: Es geht auch um eine günstige Energieversorgung 
vor al­lem: eine Stromversorgung ist ein Grundbedürfnis –, und man kann es natür­lich schon auch so argumentieren, dass wir das mit diesen Kleinanla­gen – da geht es nicht um die großen Anlagen – natürlich auch mit unterstützen.

Durch die Umsatzsteuerbefreiung gibt es natürlich in Summe mehr Mittel –
weil das EAG ja nichts ist, womit das Volumen verändert wird, gibt es mehr Mit­tel. Die Zahl ist genannt worden. Das ist wirklich eine relevante Summe. Damit können nun verstärkt andere Anlagen gefördert werden: betriebliche An­lagen, größere Anlagen, besonders innovative Anlagen, die künftig auch
stärker gefördert werden sollen, um auch da die Innovationen voranzutreiben.

Das werden wir brauchen, denn um 100 Prozent Ökostrom zu erreichen,
werden wir einen Zubau brauchen, der deutlich über den Zubau hinausgeht, der vor drei Jahren im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz verankert worden ist. Wir


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haben inzwischen neue Entwicklungen: Das ganze Wasserstoffthema ist dort ja nicht eingepreist, die Entwicklung hin zur Elektromobilität, Diversifizierung Industrie, weg vom Gas hin zum Strom. Wir werden also viel, viel mehr brauchen und werden diese Planbarkeit und diese Mittel dringend benötigen, und da braucht es natürlich alle Akteure – ich betone das, das ist nichts Einseitiges. Na­türlich ist das Handwerk gefordert, jetzt auch Kapazitäten aufzubauen; das
tun sie übrigens auch.

Da das immer wieder ins Treffen geführt wird, fehlende Netzwerkkapazitäten: Ja, die gibt es, fehlend zum Teil, aber da sind die Netzbetreiber verant­wortlich, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das kann man nicht dem Bund um­hängen. Das steht jetzt schon im Elektrizitätswirtschafts- und -organisa­tionsgesetz drinnen. Die Netzbetreiber haben vorausschauend entsprechend den Zielen – es ist also sogar auf das EAG Bezug genommen – ihre Netze auszubauen. Jetzt haben sie – sagen wir einmal: einige – die letzten
Jahre gepennt.

Man kann die benennen, wer das alles sind, welche Gesellschaften. Andere haben fleißig ausgebaut. Also bitte da auch wirklich den Druck dorthin zu lenken, zumal es zu einem großen Teil auch Gesellschaften sind, die in Landes­mehrheitseigentum sind.

Fotovoltaik ist ja nicht nur etwas Großartiges, um Strom zu erzeugen, Fotovol­taik ist wunderschön. Darf ich Ihnen das zeigen? (Der Redner hält ein Bild
in die Höhe, das eine Fassade, die mit Fotovoltaikpaneelen verkleidet ist, zeigt.)
Eine wunderschöne Fassade mit Fotovoltaik! Es macht sich übrigens auf Fuß­ballstadien ganz großartig, dafür gibt es ein paar Beispiele. Fotovoltaik ist ja nicht nur schön, sondern auch Wertschöpfung. (Der Redner hält ein weiteres Bild
in die Höhe, auf dem ein Arbeiter auf einer Fotovoltaikanlage zu sehen ist. – Beifall bei den Grünen.)

Viele, viele Milliarden fließen in das lokale Handwerk, in die Elektrotechnik, Ins­tallateure, Dachdecker und so weiter und so fort; Komponentenhersteller,


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 108

wovon wir auch in Österreich eine Reihe haben, beispielsweise für Wechselrich­ter, profitieren davon.

So kann man eigentlich abschließend nur festhalten (erheitert): PV – wow! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

15.51


Vizepräsidentin Margit Göll: Herzlich begrüßen bei uns im Bundesratssaal darf ich nun Frau Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler. (Beifall bei
ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Bernard: Ja!) – Bitte, Herr Bundesrat.


15.51.26

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kollegen! Ich muss mich aufgrund der Aussage von Herrn Gross noch einmal zu Wort melden. Es geht um den Vergleich betreffend Grundbedürfnisse. Wenn Sie sagen, dass Energie als Grundbedürfnis umsatz­steuerfrei sein muss, kann ich Ihnen recht geben. Sie haben aber einen Vergleich mit unserer Forderung gezogen, die Umsatzsteuer auf Nahrungsmittel zu reduzieren oder auf null zu setzen. Für uns sind Nahrungsmittel genau­so ein Grundbedürfnis und etwas, worauf ein Recht besteht, wie die Energie.

Das Thema völliges Versagen habe ich ja auf die Förderpolitik gemünzt,
denn wenn die Personen, die eine Förderung für eine Fotovoltaikanlage bean­tragen wollen, um 12 Uhr in der Nacht am Computer sitzen und warten
müssen, um schnell auf den Knopf zu drücken, damit sie sie irgendwie bekom­men, kann das nicht die richtige Förderpolitik sein. Darum habe ich vom
völligen Versagen gesprochen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.52


15.52.32

Vizepräsidentin Margit Göll: Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 109

Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Um­satzsteuergesetz 1994 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit, und somit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. De­zember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wettbewerbsge­setz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, und somit ist der Antrag angenommen.

15.53.4510. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesge­setz über die höhere berufliche Bildung (HBB-Gesetz) (2312 d.B.
und 2348 d.B. sowie 11376/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert wird (2246 d.B. und 2347 d.B. sowie 11377/BR d.B.)



BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 110

Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunk­ten 10 und 11, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 10 und 11 ist Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. – Ich bitte um den Bericht.


15.54.23

Berichterstatterin Elisabeth Wolff, BA: Ich bringe den Bericht des Wirt­schaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung:

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs. Ich er­teile ihr dieses.


15.55.23

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 111

Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Wie viele Österrei­cherinnen und Österreicher fahre auch ich sehr gerne Ski. Warum erzähle ich das? – Österreich, eine der führenden Skinationen, hat letztes Jahr bei
der Ski-WM in Méribel und Courchevel sieben Medaillen geholt; eine beacht­liche Leistung.

Die Frau Staatssekretärin wird sich sicher auch freuen, wenn wir sehr
viel Werbung für die Skination Österreich machen. Aber warum sage ich das? – Noch mehr Medaillen als im Skifahren konnte das österreichische Team
heuer bei der Berufseuropameisterschaft in Polen gewinnen. Mit 18 Medaillen kamen unsere Fachkräfte zurück. Woran liegt das? – Österreich ist Spitzen­reiter bei der beruflichen Ausbildung. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie
bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Nun ist es allerdings so, dass gerade in Lehrberufen, in denen es keine Meister­prüfung gibt, die Karriereleiter oft mit der Lehrabschlussprüfung endet.
Mit 18 Jahren in dem Beruf angekommen, in dem man bis zur Pension arbeiten sollte, ohne eine Chance auf weitere höhere berufliche Bildung, das klingt frustrierend für viele junge Leute. Damit der Berufsweg der Lehrausbildung auch in Zukunft für die jungen Menschen bei uns im Land attraktiv bleibt, ist es
umso wichtiger, dass wir mit der höheren beruflichen Bildung ein
neues Bildungssegment eröffnen, das gleichwertig mit einer universitären Ausbildung ist.

Die höhere berufliche Bildung wird berufspraktisch ausgerichtet und baut auf einem Lehrabschluss oder einer mehrjährigen einschlägigen Berufspraxis
auf. Diese weiterführende Ausbildung wird auch eigene Abschlussbezeichnun­gen bekommen, sodass in Österreich, im Land der Titel, auch stolz präsen­tiert werden kann, welchen Abschluss man erzielt hat.

Mit den Abschlüssen Höhere Berufsqualifikation, der sich im Nationalen Qualifi­kationsrahmen – beziehungsweise NQR, wie man ihn auch nennt – in der
Stufe fünf befindet, dem Fachdiplom in der NQR-Stufe sechs und dem Höheren


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 112

Fachdiplom in der NQR-Stufe sieben werden diese Ausbildungen einer
Matura an einer BHS, einem Bachelor und das Höhere Fachdiplom sogar dem Master oder Magister gleichgestellt. (Beifall bei der ÖVP. – Vizepräsidentin
Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Mit diesem Gesetz schaffen wir es, auch nach dem Lehrabschluss eine höhere Bildung in einem qualitätsgeprüften Rahmen anzubieten, die vor allem
auch international anerkannt ist. Davon profitieren nicht nur die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, sondern auch die Unternehmen, die sofort wissen, welche Qualifikation sie von einem Bewerber oder einer Bewerberin mit
einem solchen Abschluss erwarten können.

Damit dieses neue Bildungssegment nun zum Vorteil von allen rasch und er­folgreich eingeführt werden kann, ist es entscheidend, den Unterneh­men und den Fachkräften die höhere berufliche Bildung kommunikativ gut zu vermitteln. Wichtig ist vor allem, dass alle relevanten Akteure, das heißt Ministerien, Interessenvertretungen, AMS et cetera, eine gemeinsame Sprache finden, um die Bedeutung der höheren beruflichen Bildung zu vermitteln.

Die in der gegenständlichen Gesetzesvorlage verankerte Dachmarke höhere be­rufliche Bildung geht über die im Gesetz geregelten Qualifikationen hinaus
und soll eine gemeinsame Kommunikation für alle weiterführenden berufsbil­denden Qualifikationen erreichen, also zum Beispiel auch für Meisterin
und Meister oder Ingenieurin und Ingenieur.

Dem laut der Gesetzesvorlage zu gründenden Beirat wird diesbezüglich eine wichtige Rolle zukommen.

Abschließend möchte ich betonen, dass die Lehre eine der besten Ausbil­dungsformen ist. Wir werden auf der ganzen Welt um diese duale Ausbildung beneidet, und durch die Einführung des neuen Bildungssegments der
höheren beruflichen Bildung wird der Weg der dualen Ausbildung weiter auf­gewertet. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 113

In der zweiten Gesetzesvorlage – das heißt im Tagesordnungspunkt 11 – geht es um eine Novelle zum Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen. Mit dieser geplanten Gesetzesänderung soll einerseits eine EU-Richtlinie umgesetzt werden und andererseits ein Schreiben der Europäischen Kommission im Rahmen
eines Vertragsverletzungsverfahrens in Bezug auf die Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen Berücksichtigung finden.

Die Ziele dieser Novelle sind einheitliche Standards im Hinblick auf die Schadstoffemissionen aus Kesselanlagen in die Luft sowie eine Verwaltungsver­einfachung. Konkret soll ein Register eingerichtet werden, in das mittel­große Anlagen mit einer Brennstoffwärmeleistung von mindestens 1 Megawatt und weniger als 50 Megawatt eingetragen werden. Die Emissionen aus
diesen Kesseln sollen langfristig gesenkt werden. Das ist ganz wichtig für unsere Umwelt, aber vor allem auch für die Luftqualität und somit für die Menschen in unserem Land.

Ich bitte daher, auch dieser Gesetzesvorlage zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.01


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Sandra Gerdenitsch. – Bitte, Frau Bundesrätin.


16.01.59

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Kollegin Schwarz-Fuchs hat den Inhalt des vorliegenden Gesetzesbeschlusses schon gut erklärt, vielen Dank.

Es ist begrüßenswert, weitere formale Höherqualifikationen für Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer mit beruflicher Erstausbildung zu etablieren. Es wer­den neue Bildungswege für Personen mit einem Lehrabschluss und mehrjähriger beruflicher Erfahrung eröffnet, es eröffnet Perspektiven der formalen beruf­lichen Höherqualifikation nach dem Lehrabschluss. Das könnte die Entscheidung


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für die Lehre unter jungen Menschen attraktiver machen und gleich­zeitig Berufsbildungsabschlüsse schaffen, die gleichwertig zu allgemeinen und hochschulischen Bildungsabschlüssen sind.

Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und mein Vater erzählt mir regelmäßig, wie schwierig es ist, junge Menschen für den Lehrberuf zu begeistern. Oft scheitert es auch an den Eltern, die sagen: Mein Kind soll es ja einmal besser ha­ben!, also da stimmt leider etwas nicht mit dem Image der Lehre.
(Beifall bei der SPÖ.)

Es gilt nun, die aktuellen Berufsbilder neu zu definieren und mehr Aufklärungs­arbeit im dualen Ausbildungssystem zu schaffen. Ich glaube, das werden
wir uns – trotz der Lobgesänge der Frau Kollegin – nicht ersparen, denn jungen Menschen soll vermittelt werden, dass sie nach einer dualen Ausbildung
eine erfolgreiche Karriere in allen möglichen Bereichen starten können. Junge Menschen sollten aber die Berufswelt auch schon möglichst früh
kennenlernen.

Am Beispiel meines Bruders habe ich gesehen: Die Lehre, gefolgt von der Meis­terprüfung, hat zum Unternehmertum geführt, er führt ein Unternehmen
mit 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ja, auch das geht im sozialdemokrati­schen Bereich. Mit einer Lehre stehen viele Karrierewege offen, aber es
braucht eben auch eine Verbesserung des Images des Lehrberufes.

Wir alle ergreifen einen Beruf, um uns das Leben leisten zu können, und weil ich gerade am Wort bin und wir kurz vor Weihnachten stehen, darf ich das
Wort an Sie richten (in Richtung Staatssekretärin Kraus-Winkler), und ich würde Sie ersuchen, es an Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregie­rung weiterzugeben, da Sie ja letztendlich für das Wohlergehen der Menschen im Land zuständig sind: Das Thema Wohnkosten lässt mich irgendwie
nicht los. Sie lassen die Bevölkerung mit den hohen Wohnkosten weiterhin sehr im Stich. Der neue Entwurf der Schmähpreisbremse ist nichts weiter als
ein PR-Gag. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jede vierte Person in Österreich kann sich das Wohnen kaum noch leisten.


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Ich sage Ihnen, wie und wo es geht: in Wien, in Kärnten und nicht zuletzt im Burgenland. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ja, in sozialdemokratisch geführten Ländern, wo man dazu Willen zeigt, ist vieles möglich. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, Sie wollen das vielleicht jetzt nicht hören, aber zum Beispiel im Burgenland wurden die Mieten im gemeinnützigen Bereich für zwei Jahre eingefro­ren. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: 2015 Salzburg!) Schwarz-blaue Länder, wie zum Beispiel Niederösterreich, verteuern das Wohnen. Das ist sehr schäbig, meine Damen und Herren!

In ein paar Tagen ist Weihnachten. Sie, als christliche Partei, sollten sich viel­leicht ein bisschen etwas dabei denken. Angesichts der hohen Inflation
haben Sie nicht ausreichend Maßnahmen gesetzt, um den aktuellen Herausfor­derungen zu begegnen.

Wenn ich mit der Präsidentin der Volkshilfe Burgenland spreche, die die
Aktion Burgenland schenkt ins Leben gerufen hat, bei der sich die Zahl der zu erfüllenden Wünsche fast verdoppelt hat – 700 Kinder und Jugendliche
haben sich beworben, damit sie ein einziges Weihnachtsgeschenk bekommen –, dann, muss ich sagen, ist das sehr schäbig für ein reiches Land wie Öster­reich, wenn sich die Eltern nicht einmal mehr für die Kinder Weihnachtsgeschen­ke – Kleinigkeiten sind es zumeist, Dinge wie Schuhe oder ein Winterman­tel – leisten können. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) –
Ja, ich glaube eh, dass Sie sich das leider nicht vorstellen können. (Bundesrat Himmer: Wo war das? Im Burgenland?)

Ich wünsche Ihnen friedvolle Weihnachtsfeiertage, vielleicht kommen
Sie ein bisschen ins Denken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bun­desrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr dieses.



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16.06.15

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kollegen! Frau Gerdenitsch, ich möchte Ihnen
nur eines sagen: Sie haben jetzt den Bürgermeister von Wien so lobend erwähnt. Der hat aber die Mieten auch erst gesenkt, nachdem er vorher einmal ganz kräftig alles miteinander erhöht hat. Dann ist es natürlich leicht, auf solche Dinge zu verzichten. (Bundesrätin Schumann: Das ist nicht wahr!) Das ist die Wahr­heit, das nur einmal zu dieser Geschichte. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Al­so das hat man sogar in allen Medien lesen können.

Jetzt kommen wir aber zum Tagesordnungspunkt. Mir gefällt an diesem Tagesordnungspunkt eines besonders, und das sollte man hervorheben: Da das Bildungssystem ja vor allem ideologisch rot geprägt war, hat man nichts ausgelassen, um alles zu verakademisieren. Es war also wichtig, dass eine Kinder­gärtnerin – denn nur mehr dann ist sie etwas wert! – einen Bachelor oder
einen Master hat.

Jetzt besinnt man sich wieder und sagt ehrlich: Auch jene Menschen, die bei uns in Österreich zuerst sozusagen nur einen Pflichtschulabschluss haben, mit Freude eine Lehre machen und dann eine zusätzliche Qualifikation erwerben, sollen in diesem Beruf aufgewertet werden. Das ist ganz, ganz wichtig.

Es gibt noch etwas: Das sind nicht immer nur Menschen, die eine Lehre machen, es gibt auch Menschen – vor allem im kaufmännischen Bereich gibt es das
sehr oft –, die zum Beispiel eine berufsbildende Schule absolvieren, die
einer Lehre gleichgestellt wird, und die sich dann in Form von Zusatzqualifika­tionen – durch Wifi-Kurse, am BFI, an den diversen Steuerberaterkam­mern und so weiter – wirklich gutes, qualifiziertes Wissen aneignen. Ich finde es ganz, ganz wichtig, dass man diese Dinge stärkt.

Was aber in diesem Zusammenhang – und jetzt muss ich an alle Sozialpartner appellieren, die hier sitzen – ganz wichtig ist, ist, dass man diese neuen Zusatzqualifikationen aber bitte auch in die Kollektivverträge bei den Verwen-


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dungsgruppen reinschreibt, damit die Menschen das dann auch beim Ge­halt spüren, dass sie eine wesentlich verbesserte Qualifikation haben, denn die Maturanten stehen drinnen, die Hochschulabsolventen stehen drinnen,
aber diese Zusatzqualifikationen stehen nicht drinnen. (Bundesrätin Schumann: Machen Sie sich keine Sorgen!) Es wird ja wohl nicht zu viel verlangt sein,
Frau Obergewerkschafterin (Bundesrätin Schumann: Danke!), dass man diese Bitte erfüllt, dass man für alle Arbeitnehmer endlich auch einmal etwas Positives macht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Miesenberger.)

16.08


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber. – Bitte schön.


16.08.51

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Liebe Zusehende via Livestream! Jungen Menschen Chancen und Perspektiven zu geben sehe ich als eine sehr wesentli­che Aufgabe der Politik an. Insofern freue ich mich besonders, dass wir
heute bei diesem Tagesordnungspunkt betreffend höhere berufliche Bildung die Weichen dafür stellen, dass jungen Menschen, die in unseren Betrieben
eine Lehre machen, künftig mehr Möglichkeiten zur praxisnahen berufsbeglei­tenden Weiterbildung in ihrem Berufsfeld offenstehen werden.

Mit dem Arbeitskräftemangel steigt auch der Bedarf an beruflicher Höherquali­fikation laufend an. Ich habe mir überlegt, was denkbare Beispiele wären,
und habe mich auf die Suche nach Weiterbildungen im Sinne dieser neuen höhe­ren beruflichen Bildung gemacht, damit man sich das besser vorstellen kann.

Zum Beispiel – das wurde auch im Ausschuss erwähnt –: Eine Person mit einem Lehrabschluss als Dachdecker, Dachdeckerin oder Fassadenbauer, Fassa­denbauerin macht eine Spezialisierung im Bereich Fotovoltaik oder Solarthermie.


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Oder: Ein Rauchfangkehrer, eine Rauchfangkehrerin macht aufbauend
auf den Lehrabschluss eine Höherqualifikation als Energie- und Effizienzberater oder ‑beraterin.

Da geht es wirklich um einen Paradigmenwechsel. Wir schaffen damit
einen komplett neuen Bildungspfad im nicht akademischen Bereich, und beide – sowohl die hochschulisch-akademische Bildung als auch die neue höhere berufliche Bildung – stehen wirklich gleichberechtigt nebeneinander. Daher sind auch diese formalisierten Abschlüsse, die meine Vorrednerin angesprochen
hat, und die Einreihung dieser Abschlüsse in den sogenannten Nationalen Quali­fikationsrahmen so essenziell.

Das Wichtigste ist nämlich: Wir schaffen damit eine Wahlfreiheit in unse­rem Bildungssystem. Jugendliche sollten auf ihre eigenen Fähigkeiten, Talente und Stärken vertrauen können und die gleichen Chancen haben, denn am
Ende zählt im Idealfall die Qualifikation und nicht, wo man diese erworben hat, ob akademisch oder in der beruflichen Praxis.

Junge Menschen sollen in Zukunft im Betrieb dieselben Entwicklungs­chancen haben wie auf der Schulbank oder an der Universität. Das halte ich für wirklich sehr wichtig. Es geht ja schließlich um nichts Geringeres als um
unseren zukünftigen hoch qualifizierten Fachkräftenachwuchs, der die besten Bedingungen in unserem Land vorfinden soll.

Es ist in jedem Fall ein Schritt, die Lehre weiter aufzuwerten und so als
Option für unsere Jugendlichen künftig attraktiver zu machen. Ich bitte daher wirklich um breite Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.11


16.11.57

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Es liegen mir dazu keine weiteren Wort­meldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Die Plätze sind eingenommen.

Wir gelangen also zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz über die höhere berufli­che Bildung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.12.5712. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeits­marktservicegesetz und das Ausbildungspflichtgesetz geändert wer­den (2307 d.B. und 2394 d.B. sowie 11369/BR d.B.)

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (3774/A und 2395 d.B. sowie 11370/BR d.B.)



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Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen somit zu den Tagesordnungspunkten 12 und 13, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 12 und 13 ist Herr Bundesrat Günther Ruprecht. – Ich bitte um die Berichte.


16.13.34

Berichterstatter Günther Ruprecht: Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin!
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Na­tionalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz und
das Ausbildungspflichtgesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters darf ich Ihnen den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales
und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezem­ber 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäfti­gungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.



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Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Vielen Dank für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm dieses.


16.15.00

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Vizepräsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer hier im Saal und vor den Bildschirmen! Mit den vorgeschlagenen Änderungen im Arbeits­losenversicherungsgesetz soll die finanzielle Unterstützung für Jugendliche und junge Erwachsene mit fehlender Arbeitsfähigkeit verbessert werden, eine Betreuung durch das Arbeitsmarktservice ermöglicht werden, um dadurch Chan­cengleichheit zu erreichen.

Ich freue mich persönlich, dass es für junge Menschen mit besonderen Bedürfnissen jetzt besser wird: mit einer Potenzialanalyse, mit individuellen Be­ratungsgesprächen und Jugendcoaching. Wir werden diesem Tagesord­nungspunkt natürlich zustimmen.

Nun zum zweiten Teil, zum Tagesordnungspunkt 13, bei dem das Ausländerbe­schäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geän­dert werden: Es ist halt wie in vielen anderen Bereichen: Diese Bundesregierung ist wirklich am Ende. Es gibt überall Problemstellungen, Herausforderungen,
die diese Regierung durch ihr Handeln mitverursacht hat, und so auch
auf dem Arbeitsmarkt.

Frau Staatssekretärin, eine weitere Aufweichung der Arbeitsmarktpolitik zuguns­ten von Billigstarbeitsplätzen, von Lohn- und Sozialdumping darf es nicht
geben. Aktuell, im November, ist die Arbeitslosigkeit in Österreich um 7 Prozent gestiegen, Tendenz weiterhin steigend. Es gibt leider Gottes eine steigende
Zahl an Konkursen von Unternehmen. Vor allem Klein- und Mittelbetriebe haben immer größere Probleme, weil die Regierung, vor allem die ÖVP, ihren Job
nicht macht.


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Immer mehr Menschen verlieren wie gesagt ihren Job, und leider müssen auch immer mehr Menschen in Privatkonkurs gehen. (Bundesrat Buchmann:
Nimmst du immer dieselbe Rede?)
Das heißt, die Aussichten sind sehr düster. Die Arbeitslosigkeit wird jetzt über den Winter und auch ins Frühjahr hinein
weiter stark zunehmen. In Zeiten, in denen die Arbeitslosigkeit steigt, ist es ein falsches Signal, die Kriterien für die Rot-Weiß-Rot-Karte hinunterzuschrau­ben. (Beifall bei der FPÖ.)

Weiters darf ich daran erinnern: Wir haben auf der einen Seite 50 000 Ukrainer im Land, über 80 000 Asylwerber in der Bundesversorgung, 200 000 Men­schen in der Mindestsicherung. Auf der anderen Seite sollen die Krite­rien für diese berühmte Rot-Weiß-Rot-Karte für Personen aus dem Ausland, also von außerhalb der Europäischen Union, im Bereich des öffentlichen Verkehrs geändert werden.

Ja, wir haben das Problem, dass wir zu wenige Busfahrer und Leute bei den ÖBB haben. Wenn man aber, geschätzte Damen und Herren, auf einem EU-wei­ten Arbeitsmarkt mit 400 Millionen Menschen keine geeigneten Arbeitskräfte findet, dann liegt das vielleicht auch an den derzeitigen Arbeitsbedingun­gen. Vielleicht sollte man da etwas verbessern. (Beifall bei der FPÖ.)

Das alles ist aber das Ergebnis Ihrer Politik. Sie haben über Jahrzehnte 100 000 un­qualifizierte Menschen ins Land geholt, die uns auf dem Arbeitsmarkt nicht helfen, uns aber Milliarden Euro an Kosten verursacht haben, die den Österrei­chern jetzt fehlen. (Beifall bei der FPÖ.)

2024 soll noch ein Sonderbudget am AMS in der Höhe von nicht weniger
als 75 Millionen Euro extra in die Qualifizierung von Asylberechtigten investiert werden.

Daher stellen wir folgenden Antrag:


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Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit der unqualifizierten Zuwanderung in unser Arbeitsmarktbudget“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorla­ge zuzuleiten, die Regelungen für ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich als Konsequenz der nachhaltig wirtschaftsschädli­chen COVID-19-Maßnahmen und einer unsinnigen Sanktionspolitik in
Folge der Ukraine-Krise beinhaltet.

Dieses Maßnahmenpaket soll sektorale Zuzugsbeschränkungen auf dem Arbeits­markt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger (befristet und unbefristet)
nach Maßgabe von Alter, Ausbildungsniveau, besonderen Bedürfnissen und ge­sundheitlichen Einschränkungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und langfristiger Kon­junktur- und Arbeitsmarktprognose beinhalten. Insbesondere sollen
im Zuge dieser Maßnahmen auch die negativen Auswirkungen der COVID-19-Krise und der Sanktionspolitik für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert
werden.

Gleichzeitig sollten Langzeitarbeitslose und Langzeitbeschäftigungslose mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft aus anderen EU-Staaten bzw. Drittstaaten bzw. Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte durch eine degressive Ersatzrate dazu motiviert werden, in ihre Heimatländer bzw.
in andere EU-Länder und Drittstaaten zurückzukehren oder weiterzuwandern.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.19



BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 124

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Schluss mit der unqualifizierten Zuwanderung in unser Arbeitsmarktbudget“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin. Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte.


16.20.19

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr
geehrte Damen und Herren hier im Saal und wo immer sie uns zuhören und zusehen! Kollege Pröller hat den Inhalt dieser beiden Tagesordnungs­punkte schon kurz erklärt. Naturgemäß sehen wir das anders, speziell betreffend den 13. Tagesordnungspunkt.

Ich möchte allerdings nicht gleich auf das Negative, das Bashing vonseiten der FPÖ eingehen, sondern zuerst auf das Positive für Menschen mit Behin­derungen, auf den wichtigen 12. Tagesordnungspunkt eingehen. Da setzen wir heute wirklich einen Meilenstein. Wie war es denn bisher für Menschen
mit Behinderung? – Mit dem 15. Lebensjahr wurde qualifiziert, ob sie arbeits­fähig sind oder nicht. Das setzen wir künftig bis zum 25. Lebensjahr aus.
Damit können diese jungen Menschen die Betreuung des AMS in Anspruch neh­men und auch all die Angebote, die das AMS für alle Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer bietet, nützen. Das betrifft sowohl Fortbildungsangebote als auch finanzielle Anreize; und damit wird eine weitere Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und Menschen mit Nichtbehinderung geschaffen.

Ich denke, das ist wirklich ein Meilenstein. Wir schauen darauf, dass Men­schen mit Behinderung Zeit haben, sich zu entwickeln. Manche brauchen einfach länger, um in den Arbeitsmarkt zu kommen. Auch deshalb ist das wirklich
ein sehr, sehr positiver Gesetzesbeschluss (Beifall bei ÖVP und Grünen), den wir heute hier unterstützen. Wir haben im Ausschuss gehört, dass es eine


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Servicestelle geben wird, die sich zusammen mit dem AMS speziell dieser Men­schen annimmt, und auch dafür sind Gott sei Dank die notwendigen
Mittel da.

Nun komme ich zum 13. Tagesordnungspunkt. Wir sehen das naturgemäß an­ders: Wenn ein Mangel an heimischen Buslenkern und Straßenbahnfah­rern und generell an Personal im öffentlichen Verkehr besteht, dann muss man doch handeln. Wir können doch nicht zuschauen und sagen: Für die Kin­der und die Schülerfreifahrt gibt es keine Buslenker mehr, bei den ÖBB gibt es keine (Ruf: Lokführer!) – danke! – Lokführer mehr!

Mit dieser Maßnahme kümmern wir uns darum, dass Menschen aus der
EU einen noch besseren Zugang zu unserem Arbeitsmarkt bekommen und dass wir mit der Rot-Weiß-Rot-Karte den Zugang auch für Menschen aus
Nicht-EU-Ländern erleichtern. Wir haben das ja auch im Ausschuss besprochen. Die Rot-Weiß-Rot-Karte bedeutet, dass natürlich auf die berufliche Aus­bildung, die Sprachkenntnisse, das Alter und die Berufserfahrung geschaut wird. Das ist ja nur gut und richtig. Man kann dann immer noch feststellen, ob
diese Menschen geeignet sind oder nicht.

Wir handeln also, und wir schauen, dass die heimische Wirtschaft gerade im Bereich der Buslenker, Straßenbahnfahrer und Lokführer im öffentli­chen Verkehr über genügend Fachkräfte verfügt. Wir sehen das Glas nicht halb leer, sondern halb voll – und darum bitte ich Sie um Zustimmung.
(Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.23


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Daniel Schmid. – Bitte, Herr Bundesrat.


16.24.06

Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge­ehrte Zuseherinnen und Zuseher! Auf Tagesordnungspunkt 12 werde ich nicht


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näher eingehen. Wir von der Sozialdemokratie begrüßen diese Maßnah­men und werden dem selbstverständlich zustimmen.

Dafür erlauben Sie mir bitte, etwas ausführlicher auf Tagesordnungspunkt 13 einzugehen. Als ich vor circa einem Monat den Initiativantrag zur Fach­kräfteverordnung zugespielt bekommen habe, habe ich ihn mir natürlich ange­schaut, und ich habe meinen Augen nicht getraut. Seien Sie mir nicht
böse, aber um solch einen Initiativantrag zu erstellen, braucht es eine ganze Portion Inkompetenz und Ignoranz, gepaart mit purer Verzweiflung. –
Das muss ich an dieser Stelle jetzt wirklich einmal sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Mitgliedstaaten der Europäi­schen Union gibt es gemäß der deutschen Onlineplattform Statista eine Erwerbsbevölkerung von 212 Millionen Menschen. Mit Oktober 2023 gab es in der Europäischen Union 13,2 Millionen Menschen ohne Arbeit. Wie Sie viel­leicht bemerken, beziehe ich mich auf die Europäische Union mit ihren 27 Mitgliedstaaten und nicht ausschließlich auf Österreich. Bitte erklären Sie mir, weshalb es beispielsweise nicht möglich ist, ausreichend Buslenkerinnen und Buslenker zu rekrutieren! Wissen Sie was? – Sie suchen gar nicht!

Mit dieser Gesetzesänderung entfällt die Arbeitsmarktprüfung. Das heißt, das Arbeitsmarktservice sucht auf dem Arbeitsmarkt innerhalb der Europäi­schen Union und in Österreich gar nicht mehr nach Buslenkerinnen und Buslen­kern. Ist das wirklich so? (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: ... keine gibt!) – Na, Entschuldigung, ist das wirklich so, haben wir den ganzen europäischen Markt nach Personal abgegrast? Ich wiederhole noch einmal: Gemäß Statista
gibt es eine Erwerbsbevölkerung von 212 Millionen. Seid mir also nicht böse!

Nun zum Nächsten: Wir reden von Fachkräften. Wisst ihr, was Fakt ist? –
In Wirklichkeit werden gerade bei den Buslenkerinnen und Buslenkern ange­lernte Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter – künftig zum Beispiel aus
Tunesien, Kolumbien oder von mir aus Vietnam – angeworben. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: ... die Qualifikation haben!) Das geschieht, um jahrelan­gen Versäumnissen diverser Verkehrsunternehmen und auch zu einem gewissen


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Teil Versäumnissen und der falschen Politik mancher Verkehrsverbünde entgegenzuwirken. Viele Verkehrsunternehmen leben von öffentlichen Aufträ­gen – die öffentlichen Aufträge werden von Steuerzahlerinnen und Steu­erzahlern finanziert –, gehen dann aber ins Ausland und holen sich das Personal aus Drittstaaten. Ja, es gibt Verkehrsunternehmen, die eine ordentliche Personalpolitik betreiben. Das sind jene, die nicht verzweifelt Fahrerinnen und Fahrer suchen – die gibt es.

Ich möchte allerdings nicht den Eindruck zu erwecken, ich wäre der große
Gegner der vom Personalmangel geplagten Verkehrsunternehmen. (Ruf bei der ÖVP: Das klingt aber so!) – Nein, nein! Da gibt es immer noch die Verkehrs­verbünde, die entsprechend an den Vergabekriterien arbeiten müssen. Wo wird denn gespart? – Gespart wird überraschenderweise beim Personal. Wie
wird beim Personal gespart? – Indem es zum Teil massive Versäumnisse bei der Zurverfügungstellung sozialer Infrastruktur, wie zum Beispiel adäquater Aufenthaltsräume, oder auch sanitärer Anlagen gibt. Daran mangelt es sehr häu­fig. (Beifall bei der SPÖ.) Hinzu kommt, dass viele dann auch noch sogenann­te geteilte Dienste haben, die ja besonders familienfreundlich sind. Darauf werde ich noch näher eingehen.

Verkehrsunternehmen, die keine geteilten Dienste haben und ihren Mit­arbeiter:innen soziale Infrastruktur zur Verfügung stellen – ja, sehr geehrte Da­men und Herren, es gibt auch Verkehrsunternehmen, die ihren Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern Wohnungen zur Verfügung stellen (Beifall bei der SPÖ) –, verlieren dann bei Ausschreibungen auch noch die öffentlichen Aufträge.

Was hat das zur Folge? – So kommt es, dass ein Busfahrer oder eine Busfahrerin eines faktisch ausländischen Unternehmens aus einem Nachbarland das
ÖBB-Klo am Bahnhof um 50 Cent benutzen (Zwischenrufe bei der SPÖ) und die Pause in der öffentlichen Wartehalle eines Bahnhofs verbringen muss –
so lange, bis er oder sie der nächsten Verkehrsleistung nachzugehen hat. (Bun­desrat Spanring: Wenn er überhaupt eine Pause hat!)


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Ich rede jetzt zum Beispiel von Dienstteilern. Richtig toll wird es nämlich, wenn es einen Dienstteiler gibt. Was ist denn überhaupt ein Dienstteiler? – Ein Dienstteiler ist: Man beginnt in den frühen Morgenstunden, um die Hauptver­kehrszeit abzuwickeln, dann hat man eine Dienstunterbrechung von meh­reren Stunden, wird in den frühen Abendstunden zur Hauptverkehrszeit wieder eingesetzt und fährt bis in den Abend hinein. (Zwischenruf der Bundes­rätin Schumann.)

Das Problem mit den langen unbezahlten Dienstunterbrechungen ist, dass diese Zeit nachweislich nicht als wirklich freie Zeit empfunden wird. (Bundesrätin Platzer: Herzlich willkommen in der Gastronomie!) – Werte Kollegin, Sie kommen mit der Gastronomie: Ja, es gibt in der Gastronomie die Zimmerstunde.
Wenn man aber – Hausnummer – in Innsbruck bei den Innsbrucker Verkehrsbe­trieben arbeitet und aus dem Ötztal kommt, dann fährt man während des Dienstteilers nicht von Innsbruck ins Ötztal und zurück, sondern dann kann es passieren, dass man stundenlang unbezahlt in einem Warteraum hockt
(Beifall bei SPÖ und FPÖ), damit man in der Nacht wieder Bus fahren kann – und dann wundern wir uns, dass wir kein Personal kriegen. Seid mir nicht böse! Entschuldigung – ja, da komme ich in Rage! (Zwischenrufe der Bundes­rät:innen Schumann und Steiner.)

Sehr geehrte Damen und Herren, was ist denn die Konsequenz daraus? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Die Konsequenz daraus sehen wir bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben. Die hohe Fluktuation bei den Fahrer:innen der IVB
führte ja bereits zum Ausfall von Fahrten und zu einer Ausdünnung des Fahr­plans. Deswegen hat die schwarz-rote Tiroler Landesregierung in guter
Tradition in ihrem Einflussbereich mit den Sozialpartnern vereinbart, dass geteilte Dienste bei künftigen Ausschreibungen grundsätzlich ausgeschlossen sind. Daher gilt mein persönlicher Dank dem Tiroler ÖGB-Chef, Herrn Philip Wohlge­muth, und seinem Team von der Gewerkschaft Vida, das sich tagtäglich für
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsetzt. (Beifall bei der SPÖ.)


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Würde die öffentliche Hand bei der Vergabe vermehrt auf faire und vernünftige Arbeitsbedingungen pochen, würden so manche Unternehmer:innen –
in diesem Wort steckt ja unternehmen drin – endlich etwas unternehmen. Man könnte eine gemeinsame Offensive in Sachen ordentliche Arbeitsbedin­gungen starten und den Beruf endlich attraktivieren, anstatt ständig wegen des Personalmangels zu sudern.

Den Bock abgeschossen haben Sie aber mit der Aufnahme eisenbahnspe­zifischer Berufe in die Mangelberufsliste. Seien Sie mir nicht böse, ich gebe Ih­nen jetzt ein wunderbares veranschaulichendes Beispiel betreffend den Lokführer und die Lokführerin. Ja, Sie haben richtig gehört, Lokführerinnen und Lokführer sollen künftig aus Sri Lanka, Kolumbien und Dschibuti angewor­ben werden. (Bundesrat Spanring: Das ist jetzt aber rassistisch! – Bundesrat Steiner: Sehr rassistisch!) Ich zitiere aus einem Ausschnitt einer Jobbeschreibung für Lokführerinnen und Lokführer (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig): „Sie verfü­gen über sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift“ – Zitatende.
Nun, eine abgeschlossene Berufsausbildung oder Matura versteht sich ja bei die­sem Berufsbild von selbst. Wissen Sie, was beispielsweise jemand aus Ko­lumbien macht, wenn er oder sie einen entsprechenden Bildungsgrad hat und über sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift verfügt? – Vermut­lich sehr vieles, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit werden solche
Menschen nicht Lokführer, Fahrdienstleiter, Wagenmeister oder Zugbegleiter
in Österreich.

Was mir überhaupt nicht einleuchtet: Mitte Juni erfahren wir von der Geschäftsführung eines Eisenbahnverkehrsunternehmens aus den Medien, dass wir in Österreich bei den Lokführer:innen keinen Personalmangel haben,
wir hätten gerade einmal einen erhöhten Personalbedarf. (Ruf bei
der SPÖ: Na geh!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir einmal vom West-Ost-Gefälle absehen, erkennen wir, dass es in Österreich mit Ausnahme Vorarlbergs


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kein wirkliches Rekrutierungsproblem gibt. (Bundesrätin Eder: Oh!) Es schei­tert einfach an den Ausbildungskapazitäten, einhergehend mit einer über Jahre hinweg völlig falschen Personalpolitik, das heißt, dass kein Personal ausge­bildet wurde. Nun fehlt diesen Verkehrsunternehmen das Personal, und das fällt ihnen auf den Schädel. (Rufe bei der FPÖ: Christian Kern!)

Dann sagen die ÖBB: Durch die Aufnahme der eisenbahnspezifischen Berufe in die Mangelberufsliste werde man ihre insgesamt rund 3 000 ausgeschrie­benen Stellen pro Jahr nunmehr besetzen können. Ich weiß da nicht, ob ich zu weinen oder zu lachen anfangen soll. Das schaue ich mir nämlich an, wie
viele Kolleginnen und Kollegen aus Tunesien, Kolumbien, Sri Lanka et cetera wir künftig als Lokführer:innen, Fahrdienstleiter:innen und Wagenmeister:in­nen begrüßen dürfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Vorhaben wird sowas von einem Rohrkrepierer.

Ich komme langsam zum Ende: Im ursprünglichen Gesetzentwurf war
angeblich noch eine gesetzliche Klarstellung enthalten, dass für die Rot-Weiß-Rot-Karte ein existenzsicherndes Beschäftigungsangebot von mindes­tens 30 Wochenstunden und die Anmeldung zur inländischen Sozialversicherung erforderlich ist. Ich habe mich gestern im Ausschuss erkundigt: Ja, das
stimmt wirklich, das stand im Entwurf so drinnen. Dann hat allerdings der politi­sche Prozess zwischen Türkis und Grün begonnen, und siehe da: Weg ist
der Absatz. – Das ist ein völliger Wahnsinn. Das ist für mich völlig unverständ­lich. (Ruf bei der FPÖ: Für uns auch!) Letztendlich geht es dieser Bundesre­gierung nur darum, billige Arbeitskräfte aus dem Ausland zu rekrutieren, statt endlich an guten Arbeitsbedingungen zu arbeiten. Dass Sie diesen Ab­satz aus dem Entwurf wieder herausgenommen haben, beweist das. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Die schwarzen Schafe unter den Verkehrsunternehmen werden belohnt, indem sie durch Ihre Maßnahmen vom Verbesserungsdruck befreit werden, an­statt an den Arbeitsbedingungen arbeiten zu müssen. Je mehr ich mich mit Stel­lenausschreibungen befasse, umso eher komme ich zu dem Schluss,


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dass Fachkräftemangel nicht bedeutet, dass man keine Fachkräfte für eine Stelle findet. (Ruf bei der FPÖ: ... der Regierung auch nicht!) Nein, das bedeutet,
man findet niemanden, der für so wenig Geld und/oder unter so schlechten Rah­menbedingungen arbeiten will. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokrat:innen sagen Ja zur Verkehrswende – sie ist notwendig –,
aber nicht auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund von Lohn- und Sozialdumping, nicht auf Kosten der Ausbildungsqualität und damit ein­hergehend auf Kosten der Sicherheit. Deshalb werden wir dieser Gesetzesände­rung nicht zustimmen. Es ist höchste Zeit, dass zum Wohle Österreichs sowohl das Arbeitsministerium als auch das Verkehrsministerium wieder in rote Hände kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Nein!
Nur das nicht! – Bundesrat Spanring: Nein!)

16.39


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Inzwischen ist Frau Bundesministerin für Justiz Dr.in Alma Zadić, die ich an dieser Stelle recht herzlich begrüßen darf,
im Bundesrat eingetroffen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


16.40.05

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, hier im Saal anwesend und zu Hause! Wie meine Vorredner schon erwähnt haben, behandeln wir zwei Tagesordnungspunkte unter einem, TOP 12 und 13, und es ist mir wichtig, zu beiden Punkten etwas zu sagen.

Die Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ist tatsächlich ein wesent­licher, essenzieller und sehr wichtiger Schritt in Bezug auf die Feststellung
von Arbeitsunfähigkeit bei Jugendlichen. Wir haben es gehört, derzeit findet die­se Feststellung der Arbeitsunfähigkeit schon im jungen Alter von 15 Jahren


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statt. Das führt schlussendlich dazu, dass die Betroffenen keinen Zugang zu Leis­tungen des AMS, insbesondere zu wichtigen Förderungs- und Begleit­maßnahmen, haben und so quasi schon in frühester Jugend auf dem Abstellgleis landen.

Das wird nun endlich geändert und das ist, wie meine Vorredner:innen es
gesagt haben, ein wirklicher Meilenstein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Die jungen Menschen werden nun bis zu einem Alter, wir haben es schon gehört, von 25 Jahren vom AMS und vom Sozialministeriumservice betreut und eben beim AMS vorgemerkt.

Eines ist noch wichtig zu erwähnen, denn das wurde, glaube ich, noch nicht gesagt: Die Betroffenen können bis zum Alter von 25 Jahren nicht mehr verpflichtet werden, sich einer Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu stellen. Im Jahr 2023 darf es tatsächlich keinen Automatismus im Sinne von Sonder­schule, Werkstatt und Sozialhilfe mehr geben.

Vielleicht ist es auch noch interessant, Folgendes aufzugreifen: Was wir heute tun, wird schon lange gefordert und richtet sich auch nach der UN-Behin­dertenrechtskonvention. Wir benutzen jetzt nicht mehr rein medizinische Krite­rien, sondern wir orientieren uns am sozialen Modell von Behinderung.

Anstelle dieses automatischen Abschiebens in die Werkstatt, was bisher sehr oft passierte, soll eine intensive Zusammenarbeit von AMS und SMS – Sozialmi­nisteriumservice – stattfinden. Auch vom SMS werden in Zukunft arbeitsintegra­tive Maßnahmen finanziert werden. So kann mit Jugendlichen mit Behinde­rung ein Perspektivenplan entwickelt werden und es können Möglichkeiten zur Arbeitsmarktintegration aufgezeigt werden.

Dazu gibt es ganz spezielle Programme, zum Beispiel das Jugendcoaching. Ich habe erst kürzlich in Braunau eine Stelle der Volkshilfe besucht, die Jugend­coaching betreibt, und dort findet tatsächlich intensive Arbeit mit und an den


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jungen Menschen statt, mit ganz hohem, sage ich jetzt einmal, Geling­faktor: Teilqualifizierungslehre sei da genannt, es kommt auch die verlängerte Lehre zur Anwendung, die so auch weiterentwickelt wird.

Um die Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt bestmöglich zu unterstützen, werden auch noch 50 Millionen Euro aus dem Ar­beitsmarktbudget bereitgestellt. Der heutige Beschluss ist ein wichtiger
und weiterer wesentlicher Schritt zu einem inklusiven Arbeitsmarkt. Das kann nicht der letzte Schritt sein. Wir bleiben dran. Bei Punkt 12 gehe ich von
breiter Zustimmung aus. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich muss auch zu Punkt 13 und zu Kollegen Schmid etwas sagen, und zwar: Ich schätze die Expertise und ich habe heute sehr viel oder zumindest eini­ges erfahren, was mir zuvor in dieser epischen Breite nicht bekannt gewesen ist. Aufgefallen ist mir und irritiert hat mich allerdings Folgendes: Warum soll­ten Menschen aus Drittstaaten diese wichtige und wertvolle Arbeit nicht auch ausführen können? Ich habe da immer so ein bisschen im Hinterkopf ge­habt: Die werden das nicht können! Warum sollen die das nicht können? (Zwi­schenruf bei der FPÖ.) Wir sind alle Menschen, und ich glaube, dass es
nach entsprechender Ausbildung jedem Menschen möglich ist, Berufe auch auszuüben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Vielleicht noch ganz kurz etwas aus der Praxis: Wie Sie wissen, stamme
ich aus der Atterseeregion. Am 10.12. hat es österreichweit einen Fahrplan­wechsel gegeben, und bei mir in der Region hat sich das Angebot im öf­fentlichem Verkehr erheblich verbessert. Das ist tatsächlich das, was wir wollen und was wir auch brauchen. Nach der Einführung des Klimatickets wird
jetzt sukzessive und sehr intensiv am Ausbau des öffentlichen Verkehrs gearbei­tet. Was uns dazu fehlt, sind tatsächlich Arbeitskräfte, insbesondere – das
fällt mir in meiner Region immer wieder auf – Busfahrerinnen und Busfahrer, die sicherstellen, dass die Linie 565 tatsächlich in guter Taktung von See­walchen nach Vöcklabruck fährt.


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Kollegin Eder-Gitschthaler hat es schon angesprochen: Auch im Sinne der Schü­lerfreifahrt ist es wichtig, in dieser Situation mehr Personal zu bekommen.
Bei mir in der Gemeinde ist es nämlich tatsächlich so, dass gewisse Schulkinder schon um 6.30 Uhr abgeholt werden, damit sie dann um 7.45 Uhr mit der
Schule beginnen können, weil keine Möglichkeit besteht, zwei Busse loszuschi­cken. – Busse wären vorhanden, aber es fehlen Buslenker:innen. Ich glau­be, das sollte für uns alle ein Ansporn sein, diese Situation zu verbessern, und zwar mit verschiedenen Mitteln – wobei ich überhaupt nicht abstreite,
dass die Arbeitsbedingungen sich verbessern müssen. (Beifall bei
Grünen und ÖVP.)

Was wir heute beschließen, ist natürlich kein Allheilmittel, aber es ist ein wich­tiger Schritt. Deshalb ersuche ich auch bei diesem Punkt um Zustim­mung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.46


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Doch, Bundesrat Steiner hat sich ein weiteres Mal zu Wort gemeldet. –
Bitte.


16.46.47

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Vizepräsident! Normalerweise rücke ich nicht zur Verteidigung der Sozialisten aus, aber weil es ein Tiro­ler war: Herr Kollege Schmid, das passt. Du hast da schon recht, auch wenn die grüne Fraktion das jetzt kritisiert hat. Man muss sich einmal anschauen,
was da wirklich passiert. Du hast gefragt, wie es wohl wäre, wenn der Busfahrer etwa aus Dschibuti käme; ich weite es ein bisschen aus: Wie wäre es,
wenn der Taxifahrer im Zillertal aus Dschibuti kommt? – Da schaue ich mir an, wie er das macht, wie er das schafft, wenn er Mitte Dezember oder im
Jänner mit den Schneeketten und so weiter auf den Berg hinauffahren muss. Das wird ein enormes Problem, glaubt mir das. (Zwischenrufe bei SPÖ


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und Grünen.) – Ihr könnt euch jetzt wieder künstlich aufregen, aber ihr ver­schließt einfach die Augen vor der Realität: Das wird nicht funktionieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt weitet man die Rot-Weiß-Rot-Karte aus und sagt, Deutsch ist auch
keine Verpflichtung mehr, nur noch Englisch. Das will ich mir dann anschauen, wie man sich dann austauscht. Das wird ein Riesenproblem. Ihr packt
das Problem nicht an der Wurzel, wie der Kollege von den Sozialisten gesagt hat, und da hat er recht.

Ich hätte dir am Schluss auch noch applaudiert, Kollege Schmid, wenn du
am Schluss nicht gesagt hättest: Deswegen wäre es super, wenn wie­der ein Verkehrsminister von den Sozis kommen würde. Da kann ich dir natürlich nicht beipflichten, denn das wäre furchtbar fürs Land. Ansonsten hast du
mit deiner Rede komplett recht gehabt: Das wird ein Problem werden.

Da die Kollegin von den Grünen vorhin gesagt hat – und deswegen bin ich ei­gentlich rausgegangen –, dass in ihrer Region die Taktung so toll ist: Ich
bin aus Tirol. Bei uns im Bezirk Schwaz gibt es den Bahnhof Jenbach. Ich bin seit 2018 im Bundesrat. Bis vor einem Dreivierteljahr bin ich zu jeder Sitzung mit den ÖBB nach Wien gefahren. Seit einem Dreivierteljahr muss ich aber lei­der – und das ist weit nicht so gfierig und auch nicht stressfrei und un­kompliziert – aufs Auto umsteigen.

Angefangen hat die ganze Geschichte im deutschen Eck mit Ausfällen, Umbau­ten und so weiter, das wissen wir eh alles – kein Problem. Jetzt aber, da
es übers deutsche Eck wieder geht, haben wir das Problem – die Tiroler Kollegen werden mir beipflichten können –, dass der Zug aus Wien in Jenbach
nur noch viermal am Tag Halt macht, und das war’s. (Bundesrat Gross: Fährst
halt nach Wörgl!)

Wo soll ich hinfahren? (Bundesrates Gross: Nach Wörgl zum Beispiel!) – Ach
so! Das heißt, ich fahre mit dem Auto quer durch Tirol, damit ich dann
zum nächsten Bahnhof komme. (Bundesrat Schreuder: Mit der S-Bahn! – Weitere


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Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist also der Zugang des Klimahysteri­kers Adi Gross, dass Christoph Steiner mit dem Auto durch halb Tirol fahren muss, um zu einem Bahnhof zu kommen. Gratuliere! (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das ist die verrückte Klimapolitik der hysterischen Grünen. Genau das bringt uns auch dazu, dass man glaubt, man muss, wenn kein Wind geht,
Frau Kollegin von den Grünen, ein Windrad mit elektrischem Strom betreiben. Genau das bringt uns dorthin, wo wir sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das hat uns diese Ideologie der Grünen, der völlig verqueren Grünen, und auch diese – wie soll man sagen?, wie heißt das Ministerium?, es hat ja ei­nen ewig langen Namen –, sagen wir, Klimaministerin eingebrockt. Wir sind so froh, dass es spätestens in nicht einmal einem Jahr mit diesem Schrecken
vorbei sein wird. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder – in Richtung Vizeprä­sidentin Hahn –: Hysterisch darf man sagen, aber schizophren nicht?)

16.50


16.50.36

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen. (Bundesrat Schreuder: Hysterisch darf man sagen, aber schizophren nicht?)

Wir kommen somit zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesord­nungspunkte getrennt erfolgt. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrat
Schreuder und Bundesrät:innen der SPÖ.) –
Ich darf um Ruhe bitten.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit, der
Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 137

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aus­länderbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Schluss mit der unqualifizierten Zu­wanderung in unser Arbeitsmarktbudget“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, ebenfalls um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der An­trag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit
abgelehnt.

16.52.1614. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeits­gesetz geändert werden (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3. MILG) (3558/A und 2398 d.B. sowie 11394/BR d.B.)


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Wir gelangen somit zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin hierzu ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. – Ich bitte
um den


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Bericht.


16.52.38

Berichterstatterin Viktoria Hutter: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Lin­derung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden, 3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Bundesrätin.


16.53.26

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Jetzt ist es da, das Miet­preisbremserl. Eine Bremse ist es nicht geworden, es ist ein Bremserl ge­worden und – ganz ehrlich – dazu, es auch noch als Inflationslinderungsgesetz zu betiteln, muss man schon wahrlich Mut haben, und den haben Sie. Es wäre gescheiter gewesen, Sie hätten kein kleines Bremserl und keine Schmäh­partie gemacht, sondern eine wirkliche Mietpreisbremse, denn eine solche brau­chen die Menschen in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Inflation ist ein riesiges Problem, und ich verstehe nicht, wie eine Wirt­schaftspartei wie die ÖVP diese schwer belastende Inflation und eine Inflation,


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die nicht schnell genug zurückgeht, nicht als Problematik sehen kann.
Also das ist für mich wirklich unverständlich. Sie ist eine Problematik und sie ist eine große Problematik für die Menschen, weil die Preise nicht hinunter­gehen, sondern nur ein bisschen mehr höher werden. Es ist eine riesige Proble­matik für den Wirtschaftsstandort und für die Konkurrenzfähigkeit unse­res Landes. Die Inflationshöhe, auf der wir uns befinden und die zu senken Sie nicht geschafft haben, ist ein Problem für dieses Land. Es gehört auch
sehr viel Mut dazu, das kleinzureden, und den haben Sie anscheinend. (Beifall
bei der SPÖ.)

Vor 14 Tagen haben wir eine Dringliche genau zu diesem Thema Miet­preisbremse gemacht, die wir so dringend fordern, schon so lange dringend fordern, weil wir wissen, dass die hohen Mieterhöhungen, die 2022 und 2023 die Menschen getroffen haben, für diese eine unglaubliche Belastung sind. Wohnen in Miete wird für die Menschen immer teurer, und das ist eine schwere Last. Wir haben damals schon gesagt: Bitte macht etwas! Setzt die Mieten herunter! Greift in den Markt ein! Das ist jetzt ganz, ganz wichtig.

Sie haben nichts getan. Im Gegenteil, Sie haben es durchlaufen lassen. Sie haben die Mieterhöhungen durchlaufen lassen, und das bedeutet für die Menschen extreme Belastungen. Dann kam die Ankündigung, in diesem Sommer kam die Ankündigung: Wir machen eine Mietpreisbremse! – Wir haben uns alle ge­dacht: Endlich! Jetzt haben sie erkannt, was alle wissen: Die Mietpreisbremse wäre inflationssenkend, wäre wichtig für die Menschen. Was aber ist herausgekommen? – Dieses kleine Bremserl. Es ist zu spät, es ist nicht rück­wirkend, sodass die Menschen nicht rückwirkend entlastet werden. Bei
einer Höhe von 5 Prozent den Deckel einzuziehen, das ist wirklich eine beson­dere Chuzpe, denn ganz ehrlich: Die Inflation geht hoffentlich hinunter,
und dann wird das nicht einmal greifen. Der Deckel liegt viel zu hoch, das ist ganz eindeutig klar.


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Wo Sie hingreifen, das ist bei den niedrigen Mieten. Im sozialen Wohnbau, im geförderten Wohnbau, da machen wir den Deckel fest, aber bei den frei­en Mieten ist nichts gewesen, da machen wir keinen Deckel hinein, denn da müssen wir ja die Gewinne durchlaufen lassen; da greifen wir nicht hin.

Das ist nicht fair! Denn da gibt es 400 000 Menschen, die auch ganz dringend einen Mietpreisdeckel und einen Stopp der Mieten brauchen, weil sie
nicht mehr wissen, wie sie das alles bezahlen sollen. Das ist Ihnen aber völlig egal. Ganz ehrlich, es muss schon klar sein: Wenn die Immobilienwirt­schaft sich über ein Inflationslinderungsgesetz oder Mietpreisdeckerl nicht aufregt, dann weiß man: Sie haben nicht wehgetan, Sie haben jenen
nicht wehgetan, die mit Immobilien Gewinne machen. Denen haben Sie nicht wehgetan. Die ÖVP ist die Hausherrenpartei und bleibt es, auch dieser Mietpreisdeckel zeigt es wieder. Und die Grünen machen mit. (Beifall bei der SPÖ.)

Was mich besonders getroffen hat, ist, dass jene Politikerin von den Grünen, die ich sehr schätze, Kollegin Tomaselli – das ist wirklich eine gescheite Frau –,
gesagt hat: Mit der SPÖ wäre das nicht gegangen, wir wollten in die freien Mie­ten eingreifen, aber die SPÖ hat nicht die Zustimmung für eine Verfas­sungsmehrheit gegeben! – Das ist eine reine Unwahrheit! In keiner der Ver­sionen, die vorgelegt worden sind, war jemals vorgesehen, dass man in die freien Mieten eingreift. Das ist nicht fair! (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz ehrlich: Ich wünsche, dass Sie besonders in jenen Wiener Bezirken, in denen die Grünen sehr stark sind, dann den Menschen auch sagen: Sie wollten nicht bei den freien Mieten eingreifen, Sie wollen, dass die Mieten explo­dieren! Das ist Ihr Wunsch, und das müssen Sie den Menschen dann aber auch eindeutig und ganz klar sagen. Wir werden das auch tun; auch das ist selbstverständlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt würde ich Sie bitten: Nehmen Sie allen Mut zusammen und entlasten Sie die Menschen und gehen Sie mit unserem Entschließungsantrag mit!


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Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt“

Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen folgenden
Antrag:

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird auf­gefordert den eigenen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Begrenzung der Mietsteigerungen im sogenannten freien, nicht preisregulierten Woh­nungsmarkt (Neubau) vorsieht."

*****

Das wäre es! Das wäre der Antrag, dem Sie jetzt zustimmen können, womit Sie jenen Menschen, die jetzt am freien Mietmarkt größte Probleme mit ihren Mieten haben, wirklich helfen könnten. Wir werden sehen, wie Sie abstimmen werden. Im Nationalrat war es eindeutig: Sie haben dagegen gestimmt.
Das werden wir aber den Menschen erzählen, denn es ist Tatsache.

Ganz ehrlich: Sie haben auch in das Mietrecht nicht eingegriffen – das wäre so wichtig. Jede dritte Miete ist bereits keine unbefristete mehr, sondern
eine befristete. Das heißt, wesentlich teurer und für die Menschen eine riesige Belastung, weil Befristungen auslaufen, sie dann die Verträge wieder er­neuern müssen und sich dann die Mietpreise wieder erhöhen.

Ganz ehrlich gesagt: Wir fordern, dass die Mieten bis 2025 eingefroren werden. Wir fordern einen Mietpreisdeckel für alle Mieten und wir fordern, dass
sich der Deckel dem EZB-Leitzinssatz anpasst und höchstens 2 Prozent beträgt. So schaut es aus, weil: Wohnen ist ein Menschenrecht, und die Menschen


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dürfen sich nicht fürchten davor, dass sie ihre Wohnung verlieren, weil sie sich die Mieten nicht mehr leisten können. So kann man mit den Menschen
nicht umgehen. Genieren Sie sich für dieses Mietpreisdeckerl und legen Sie endlich etwas vor, das die Menschen wirklich entlastet! (Beifall bei
der SPÖ.)

17.00


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungs­antrag betreffend „Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag.a Elisabeth Kittl. – Bitte schön.


17.00.55

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Staatssekretärin! Liebe Frau Ministerin! (Die Bundesrät:innen
der SPÖ halten Tafeln mit den Aufschriften „Mietpreisstopp statt PR-Schmäh!“ und „Runter mit den Wohnkosten!“ in die Höhe.)
Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe Besucher:innen hier und liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Wir beschließen heute für drei Viertel aller Mietwohnungen in Österreich –
das sind etwa 2,5 Millionen Menschen – einen Mietpreiserhöhungsstopp für 2024 und eine maximale Erhöhung von 5 Prozent für 2025. (Beifall bei
den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Wir beschließen mit diesem Gesetz eine langfristige Vorhersehbarkeit inflations­bedingter Erhöhungen. Das ist kein Bremserl, das ist keine Schmähpartie,
und wenn Sie das sagen, liebe SPÖ, dann ist das eine Verhöhnung je­ner Menschen, die um jeden Euro im Monat kämpfen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Geh bitte! – Ruf bei
der SPÖ: Hahahaha!)


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 143

Worum geht es konkret? – Es werden die inflationsbedingten Erhöhungen der Kategoriemieten und der Richtwertmieten sowie der gemeinnützigen Woh­nungsmieten ausgesetzt und gedeckelt. Zusätzlich werden die Erhöhungen von Kategorie- und Richtwertmieten zeitlich gleichgestellt. Das heißt, die Kate­goriemieten wurden bisher mehrmals im Jahr erhöht, wenn sie die 5-Prozent-Hürde überschritten haben, und die Richtwertmieten alle zwei Jahre.
Beide wie auch die gemeinnützigen Mieten können ab nun nur einmal im Jahr erhöht werden, was einerseits der Übersichtlichkeit dient und anderer­seits einen sogenannten Glättungseffekt gegen zu sprunghafte oder zu häufige Mieterhöhungen hat. Beide aber, Kategorie- und Richtwertmieten, dürfen
erst 2025 wieder erhöht werden. (Beifall bei den Grünen.)

Eigentlich müssten die Inflationswerte aus 2023 für die Mieterhöhung 2024 he­rangezogen werden. Damit würden die Mieten um knapp 10 Prozent er­höht werden. Sie werden aber um 0 Prozent erhöht. Sie werden um 0 Prozent erhöht, sie werden eingefroren. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:in­nen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Immobilientreuhänder!)

SPÖ und FPÖ stimmen dieser Erleichterung, einer Nullerhöhung 2024, nicht zu. Das sind beide Parteien – und da können Sie Ihre Taferln noch so hoch
halten –, Sie sind angeblich die Parteien, die Menschen vertreten, die nicht mit Vermögen oder hohem Einkommen gesegnet sind, aber heute und hier
vertreten Sie sie nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Die Mieten dürfen erst 2025 und 2026 wieder erhöht werden, sie steigen
aber nur gedeckelt, und zwar gedeckelt mit der Basis der Inflation von 2023 und 2024 im Vergleich. Das ist auch wichtig zu sagen, denn früher hätte man
mit dem VPI 2000 sehr kompliziert erhöhen müssen. Diese Berechnungsmetho­de wird jetzt nicht mehr angewendet, weil es eine immense Mieterhöhung
wäre, sondern die Erhöhung wird nun mit 5 Prozent gedeckelt. Das ist eine kluge und vereinfachte neue Regelung. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Heiterkeit
bei der SPÖ.)


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Bei den gemeinnützigen Wohnungen steht die nächste Erhöhung 2024 ins Haus. Diese wird mit etwa 16 Prozent erwartet. Sie wird aber mit 5 Prozent gede­ckelt, also mehr als 10 Prozent weniger betragen, und das ist eine signifikante Entlastung für mehr als eine Million Menschen – und Sie stimmen dem
nicht zu! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Himmer: Die soziale Kälte
der SPÖ!)

Zum Argument und zu der Drohung, die gemeinnützigen Wohnbauvereinigun­gen können nun nichts mehr bauen, weil ihnen die Einnahmen fehlen: Wir
haben gestern im Ausschuss gehört, dass die Gemeinnützigen sehr kapitalstark sind und dass ihnen sehr wohl Geld zur Verfügung steht, um neu zu bauen
und wieder zu investieren. Ich frage mich: Was soll diese Angstmache?

Sie wissen genauso, zumindest hoffe ich das, dass wir mit dem Zukunftsfonds genau da einen Schwerpunkt setzen, damit nämlich sozialer und ökologi­scher Wohnbau gefördert wird: mit 1,5 Milliarden Euro die nächsten fünf Jahre. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Damit wird die Bauwirtschaft, vor allem die Bauwirtschaft im gemeinnützigen Bereich, angeregt und es wird leistbarer Wohnraum geschaffen. Das ist
super, ganz einfach! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Na dann!)

Zusätzlich schaffen mehr Genossenschafts- und Gemeindebauwohnungen, die gebaut werden, ein weiteres Angebot. Auch das ist eine preisdämpfen­de Maßnahme am Mietenmarkt und damit natürlich auch inflationsdämpfend.

Zudem dienen die Indexierungsgrenzen, die wir ab 2027 langfristig einset­zen, der Planungssicherheit und der Vorhersehbarkeit im Bau- und Wohnsektor, und das sind wichtige Bedingungen für ein kluges Investment.

Insgesamt sind nun in ganz Österreich 2,5 Millionen Menschen von dieser Mietendeckelung betroffen, sie sparen sich bis zu einer Monatsmiete pro Jahr, und das ist gut und richtig. Es bleibt mir hier leider nichts anderes übrig,


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als wieder darauf hinzuweisen – und ich wiederhole mich schon wie bei der letz­ten Sitzung –, dass Sie immer nur auf die Regierung bashen (Oh-Rufe bei
der SPÖ)
und immer wieder sagen, es passiere nichts, aber komischerweise wur­de der Mietpreisdeckel vom Bund im Sommer angekündigt, von Wien
wurde er für den Gemeindebau im Herbst angekündigt und kommt erst 2024; er betrifft auch 400 000 Menschen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Dieser langfristige Mietpreisdeckel ist aber nicht die einzige wohnpolitische Maßnahme. Sie wissen, wir haben auch die unfairen Makler:innenge­bühren für die Mieter:innen abgeschafft. – Das hätten auch Sie alles machen können, aber jetzt wurde es von unserer Regierung gemacht. Die poten­ziellen Mieter:innen sparen sich bis zu zwei Monatsmieten bei der Suche einer Wohnung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Der mit 140 Millionen Euro dotierte Wohnschirm half bisher schon Tausenden Menschen, die mit ihrer Miet- und Energierechnung in Rückstand geraten
sind – genauso wie der mit 675 Millionen Euro dotierte erhöhte Wohn- und Heizkostenzuschuss Zigtausend Menschen unter die Arme greift. Beides
sind extrem treffsichere Maßnahmen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Und ein wichtiger Maßnahmenmix: Dazu gehört auch eine verlängerte Strom­preisbremse und die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe um 90 Prozent, sie erspart den Menschen ebenso viele Hunderte Euro im Jahr.

Nur diesen Mietpreisdeckel zu betrachten und zu kritisieren ist äußerst kurzsichtig, denn diese Maßnahme stellt nur einen kleinen Bruchteil der vielen Maßnahmen der Regierung dar, um die Inflation zu dämpfen und die Kauf­kraft zu stärken. Es geht nämlich genau um diesen Maßnahmenmix, und ich sage: Ja, dieser Maßnahmenmix kann sich sehen lassen, und daher ersuche ich
Sie alle eindringlich, dem 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz zuzustim­men. Jetzt haben Sie noch die Chance, den Menschen ein entlastendes Weihnachtsgeschenk zu machen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

17.08



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Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte schön.


17.08.47

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin!
Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gleich einmal damit anfangen, dass der Kurztitel des Gesetzes ein bisschen ein Etikettenschwindel ist. Wie
man aus dem Langtitel ersieht, geht es natürlich nicht um eine Inflationslinde­rung, weil durch diese Beschränkungen der Wertsicherung die Inflation
so gut wie gar nicht tangiert wird. Gemeint ist natürlich eine Linderung der Fol­gen der Inflation, die sich in einer Wertsicherung auswirken würde.

Genauso, wenn da ab und zu von Mietpreisdeckeln gesprochen wird, in dem Fall nicht so sehr in dem Gesetz - - (Bundesrat Himmer: Wenn die Preise für Mie­ten runtergehen, geht auch die Inflation runter!) – Nicht wirklich. Das schlägt sich höchstens nach der Kommastelle nieder, sodass man es nicht wirklich
merkt. (Bundesrat Himmer: Nach der Kommastelle? Man muss immer nach der Kom­mastelle auch schauen!) – Auch den Zwischenruf des Kollegen Himmer, den
man sonst nicht im Protokoll finden würde.

Wenn die ganze Zeit ein Mietpreisdeckel gefordert wird: Den Deckel gibt es ja schon. Die regulierten Mieten sind ein Mietpreisdeckel. Es geht dann
nur – quantitativ – um die Höhe dieses Deckels. Dann aber davor einen Miet­preisdeckel einzuführen ist die Forderung nach etwas, das es schon seit Jahrzehnten gibt.

Zum konkreten Gesetzesvorschlag – ich beginne mit dem Positiven; wir sehen mehr als eine sinnvolle Maßnahme in diesem Vorschlag –:

Erstens die Harmonisierung der Wertsicherungsberechnung bei den Richtwert­mieten oder eigentlich bei den mietrechtlichen Richtwerten, bei den Ka­tegoriemieten und im gemeinnützigen Bereich: Das halten wir für sehr sinnvoll.


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Zweitens die Umstellung der Wertsicherungsberechnung auf ein System,
bei dem die Durchschnittsinflation der letzten drei Jahre herangezogen wird – was dann ab 2027 gelten wird –, um Spitzen zu glätten und zu verhindern,
dass es dann, falls die Inflation in einem Jahr höher ist, in einem Jahr auch bei den Wertsicherungen Ausreißer gibt: Das halten wir für sinnvoll.

Darüber hinaus ist der Vorschlag aber aus unserer Sicht unzureichend. Dieser Gesetzesvorschlag ist symptomatisch für das Prinzip, das in der Politik der
türkis-grünen Regierung verfolgt wird. Erst wird man sich lange Zeit koalitionsin­tern gar nicht einig, dann wird ein Vorschlag präsentiert, für den ÖVP und
Grüne aber noch andere Parteien brauchen, damit er beschlossen wird, er wird aber schon als Beschluss, als Erfolg kommuniziert und dann scheitern aber
die Verhandlungen.

Der Vorschlag, der jetzt am Tisch liegt, beinhaltet aus unserer Sicht
drei wesentliche Probleme:

Er hilft nicht den Richtigen, weil er ausschließlich in Sektoren eingreift, die bereits streng reguliert sind und im Verhältnis deutlich niedrigere
Mieten aufweisen. Die Schere zwischen dem regulierten und dem unregulierten Wohnungsmarkt geht so noch weiter auf. Die wirksamste Art der Mieten­bremse, die du (in Richtung Bundesrat Himmer) vorhin angesprochen hast, wäre eine vernünftige Inflationsbekämpfung gewesen. Die Politik der Regie­rungsparteien hat das aber in Österreich verabsäumt. Österreich hatte 2022 die höchste Energieinflation in Westeuropa und hat jetzt die höchste Mieten­inflation in Westeuropa – das sind auch Zweitrundeneffekte. (Beifall
bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Zweitens ist zu befürchten, dass diese Regelung das Wohnungsangebot in den reglementierten Sektoren nur noch weiter verknappt, was die Preise im
freien Sektor weiter in die Höhe treiben kann.

Drittens wird, anstatt Anreize zu setzen, gerade im Altbau zu sanieren, wo sich die regulierten Mieten befinden, den KMU-Vermieterinnen


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und -Vermietern – nicht den großen Konzernen! – durch diese Regelung finanzieller Spielraum genommen, gerade jetzt, da thermische Sanierungen und nachhaltiger Heizungstausch extrem wichtig wären. (Zwischenruf bei
der ÖVP.)

Was wir von den NEOS wollen: Die Regierung hatte sich für diese Gesetzge­bungsperiode zu Recht vorgenommen, eine umfassende Reform des Wohnrechts zu verabschieden. Dazu braucht es aber statt der Einzelmaßnah­men, die erst recht in Bereichen zum Einsatz kommen, die bereits jetzt
stark regulierte Mieten haben, auch Förderprogramme, die künftig treffsicher gestaltet werden und nicht diejenigen fördern, die bereits im regulierten
Sektor verhältnismäßig niedrigere Mieten haben.

Es braucht außerdem mehr Anreize, damit die Vermieterinnen und Vermieter Mieteinkünfte in Sanierungen und Heizungstausch investieren. Die Ver­mieterinnen und Vermieter haben ja nichts davon, wenn die Mieterinnen und Mieter niedrigere Heizungskosten haben, aber wir als Österreich hätten
etwas davon, etwa durch eine Ökologisierung der Mietzinsberechnung. Wie sage ich jetzt dazu? Es ist nicht nur die Energieeffizienz der Wohnung, sondern
auch der Heizwärmebedarf der Wohnung, der einen Unterschied dafür machen kann, welche Miete verlangt werden kann – also eine Ökologisierung der Mietzinsberechnung.

Wenn die Regierung wirklich die Kaufkraft der Menschen in Österreich sichern möchte, dann muss sie in Wirklichkeit die Steuern senken und die Einkom­men entlasten. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

17.14


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. – Bitte schön. (Zwischenruf des Bundes­rates Schennach.)



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17.14.18

Bundesrätin Sandra Lassnig (ÖVP, Kärnten): Frau Vizepräsidentin! Die Taferl vermisse ich noch, sie wurden nur bei einer Rede verwendet. (Zwischen­ruf des Bundesrates Schennach.) Das hätte sich ja fast gar nicht ausgezahlt – so ein großer Aufwand. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger. – Bundesrat Mertel hält eine Tafel mit der Aufschrift „Runter mit den Wohnkosten!“ in die Höhe. – Bundesrätin Schumann: ... Bundesrätin und
basht hin permanent! – Bundesrat Schennach: Kärntnerinnen zeigen ja keine Ta­ferl! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretä­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Liebe Zuhörer und Zuseher! Ich darf und muss meiner Kollegin Kittl wirklich recht geben (Rufe
bei der SPÖ: Ja! Ja genau!):
Ihr hättet immer die Möglichkeit gehabt und habt sie auch heute noch, dieser Entlastung der Österreicher und Österreicherin­nen zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Zwi­schenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wir, die Bundesregierung, haben in den letzten Jahren und Monaten auf Hochtouren gearbeitet (Bundesrätin Schumann: „Wir, die Bundesregierung“?!), um den Österreicherinnen und Österreichern zu helfen, sie zu entlasten, sie steuerlich zu unterstützen, und auch, um die Inflation zu bekämpfen. (Bundes­rätin Schumann: Ja, das haben wir gemerkt!) Dass diese Maßnahmen und Direktzahlungen gewirkt haben (Ruf bei der SPÖ: Ja genau!), sehr geehrte Damen und Herren, zeigen die Zahlen. (Ruf bei der SPÖ: Ja genau!) Die Inflation ist gesunken (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ) und die Kaufkraft ist gestie­gen, und das hat heute auch unser Finanzminister schon erwähnt. (Beifall
bei der ÖVP. – Bundesrat Schennach: ... Villacher Fasching!)

Auch ein aktueller Bericht des Budgetdienstes zeigt, dass die Menschen mit ge­ringem Einkommen von den Maßnahmen profitieren (Bundesrätin Schu­mann: Wer hat Ihnen das geschrieben, Frau Bundesrätin?!), und auch, dass die Haushaltseinkommen höher sind. Kollegin Kittl hat das heute inhaltlich


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schon sehr gut ausgeführt. Die Mieterhöhungen werden 2024, 2025 und 2026 auf 5 Prozent begrenzt. (Rufe bei der SPÖ: Danke, danke, danke!) Das be­trifft ungefähr 1,2 Millionen Mietwohnungen mit Richtwert und Kategoriemieten sowie auch Genossenschaftswohnungen im gemeinnützigen Bereich, sehr geehrte Damen und Herren, und damit rund 2,5 Millionen Mieterinnen und Mie­ter in Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Rufe bei der SPÖ: Danke,
danke, danke!) 
– Gerne. (Bundesrat Schennach: Ganz Österreich schreit Danke! – Bundesrätin Schumann: Genau!)

Mit diesen Regelungen schaffen wir eine weitere Entlastung. Im Hinblick
auf die Gehalts- und Lohnerhöhungen und auch auf die Pensionsanpassung ist das 3. Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz ausgewogen und bringt
für die Menschen mehr Planbarkeit, auch mehr Rechtssicherheit und eine weite­re Entlastung. (Bundesrätin Schumann: Im Hinblick auf die Lohnerhöhungen?!
Das ist mir neu!)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Regierung setzt den Weg der Entlastungen in schwierigen Zeiten konsequent fort. (Bundesrätin Schumann: ... eine Lohn­erhöhung kriegen, ja genau!) Ich habe es hier schon mehrmals gesagt und ich sage es auch immer wieder gerne: Wir sind und bleiben der starke Partner (Bun­desrätin Schumann: Für die Hausherren!) der Bevölkerung im Kampf ge­gen die Teuerung und für Entlastung. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

So wie es vorhin Kollegin Gerdenitsch gesagt hat: Weihnachten steht kurz vor der Türe. (Ruf bei der SPÖ: Danke! Hat das auch die Bundesregierung ge­macht?) Macht, Kolleginnen und Kollegen der SPÖ und vielleicht auch von FPÖ und NEOS, vielleicht doch noch eine gute Tat und stimmt dieser Entlas­tung (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ) für die Österreicher und Öster­reicherinnen zu! – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.17



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Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Eine weitere Wortmeldung liegt von Herrn Bundesrat Mag. Sascha Obrecht vor. – Bitte schön. (Ah-Rufe von ÖVP und FPÖ in Richtung des sich mit einer Tafel zum Redner:innenpult begebenden Bundesrates Obrecht. – Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei
der ÖVP.)


17.18.07

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Her­ren! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Mietpreisstopp
statt PR-Schmäh!“ auf das Redner:innenpult.)
Es ist ja nach dem Schild gefragt worden, also kommt es natürlich auch, Frau Kollegin Lassnig. (Beifall bei
der SPÖ. – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Ich darf das sagen: Sie waren bei einer Weltpremiere dabei. Das war die erste Folge der Parlamentsserie Kittls Märchenstunde oder Bei Kittl und Lass­nig, auch ein sehr beliebtes Format. (Heiterkeit und Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenruf bei den Grünen.)
Viel mehr als eine Märchenstunde,
als ein PR-Schmäh war das aber nicht.

Ich komme gleich darauf zu sprechen. – Ich habe nur bei meinen letzten Reden mehrfach darauf vergessen, Entschließungsanträge einzubringen, und muss­te deswegen noch einmal herauskommen. Bevor mein Klubsekretär wieder böse zu mir schaut und mit mir schimpft, bringe ich ihn zuerst ein und erkläre
dann, warum ich ihn einbringe. (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Woh­nen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“

Der Bundesrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen für einen Mietenstopp und eine umfassende Wohnrechtsreform enthalten, insbesondere

- die Rücknahme der Indexierungen der Richtwert- und Kategoriemieten vom 1. April 2023 und 1. Juli 2023, um die Erhöhungen von 15 bis 25% wie­der auf das ursprüngliche Mietpreisniveau zurückzuführen und die Inflationsrate entsprechend zu dämpfen.

- das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2025, um auch hier die entsprechenden Entlastungseffekte zu erzielen.

- ab 2026 erfolgt die Indexierung nicht mehr nach VPI, sondern richtet sich am Leitzinssatz der EZB aus, maximal jedoch 2% p.a. gedeckelt.

- die Einführung eines einheitlichen, transparenten neuen Mietrechts mit gesetz­lich klar definierten Zu- und Abschlägen, unabhängig vom Baujahr des Ge­bäudes (Universalmietrecht), um das stark zerklüftete und unübersichtliche ös­terreichische Mietrecht zu vereinheitlichen und Rechtssicherheit sowohl
für Mieterinnen und Mieter, wie auch für Vermieterinnen und Vermieter zu erreichen.

- die Wiedereinführung der 2018 unter der Regierung Kurz-Strache liquidierten Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) zur Sicherstellung der Finanzierung
des sozialen Wohnbaus und zur Abfederung der steigenden Kosten im sozialen Wohnbau, um das zuletzt stark angestiegene Zinsniveau und die da­durch gestiegenen Bau- und Wohnkosten auszugleichen

- die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung, um den Bundesländern zu ermöglichen den sozialen Wohnbau zu forcieren und
genug leistbaren Wohnraum zu schaffen.


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- die Zurverfügungstellung einer Wohnbaumilliarde für die Länder, um den sozialen Wohnbau anzukurbeln und um den Einbruch der Bauwirt­schaft zu bekämpfen.

- die verfassungsrechtliche Absicherung der Widmungskategorie ‚sozialer Wohnbau‘, um die Rechtsunsicherheit im Kompetenzbereich des Volkswohnungswesens zu bereinigen.

- verfassungsmäßige Ermächtigung der Bundesländer zur Einführung von Leerstandsabgaben, die einen ausreichenden Lenkungseffekt versprechen, um den vorhandenen Leerstand zu mobilisieren und den bereits vorhandenen Wohnraum der Bevölkerung in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen.

- die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes, das für bestimmte Grund­beträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen (angelehnt an die erfolgte Rege­lung in Frankreich) und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungs­kredite festlegt.“

*****

Das wäre das Maßnahmenpaket. Wenn wir dieses beschließen, geht es Öster­reich weit, weit besser, vor allem den vielen Mieterinnen und Mietern.
(Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe aber schon angekündigt, dass ich mich mit dem PR-Schmäh der Bun­desregierung genau auseinandersetze, und möchte dazu zwei Beispiele
bringen, die ich erst vor Kurzem konkret erfragt habe: Das eine betrifft eine Nie­derösterreicherin, die in einer nicht preisregulierten Wohnung gewohnt
hat. Sie hat vor zwei Jahren für 76 Quadratmeter – sie war Alleinerzieherin mit einem Kind – 680 Euro gezahlt, heute zahlt sie 960 Euro – eine Steigerung
von 41 Prozent. (Bundesrätin Schumann: Wahnsinn!) – Großartig, was die Regie­rung da gemacht hat, eine tolle Leistung!


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In Wien (Rufe bei der SPÖ: Danke! Danke!) – unregulierter Bereich, vielen Dank! –: 96 Quadratmeter: eine Familie mit drei Kindern hat zunächst 970 Euro ge­zahlt, binnen der letzten zweieinhalb Jahre ein Anstieg auf 1 346 Euro – eine Steigerung von 38 Prozent! Das ist eine wirklich tolle Leistung, da habt
ihr viel zustande gebracht, liebe Regierung, das ist wirklich, wirklich großartig!

Das ist nicht das Einzige: Sie haben nicht nur nicht eingegriffen, sondern
Sie versuchen, es so darzustellen, als würden Sie großartig etwas machen. Ich erkläre Ihnen, wo Sie überall versuchen, die Leute für dumm zu verkaufen:

Erstens haben Sie zunächst gesagt: Für einen Mietpreisdeckel brauchen wir Verfassungsgesetze und die SPÖ wird nicht mitgehen! – Kollegin Schumann hat völlig richtig gesagt: Ein Vorschlag für einen umfassenden Mietpreisdeckel
lag nie vor! Und warum das ein Verfassungsgesetz braucht, versteht überhaupt niemand, das ist juristisch absolut falsch. Insofern war das ein Versuch,
der SPÖ den Schwarzen Peter für ein unausgereiftes Modell zuzuschieben. Das ist unredlich und war juristisch falsch. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt, bei dem Sie die Österreicherinnen und Österreicher für
dumm verkaufen wollten: August 2023, Sie kommen hierher und sagen: Wir ma­chen einen Mietpreisdeckel für nächstes Jahr – total super! –, wenn die Mietpreise im nächsten Jahr um 5 Prozent steigen, dann ist gedeckelt, mehr geht nicht! – Gleichzeitig sagen die Wirtschaftsforscher: 5 Prozent Inflation
wird es nächstes Jahr nicht geben! – Das war im August eine super Maßnahme, wunderbar; zum Glück machen wir das auch nicht. (Beifall bei der SPÖ.) –
Ich meine, das ist reines Für-blöd-Verkaufen der österreichischen Bevölkerung.

Dann bringen Sie einen Wohnschirm auf den Weg – eine Maßnahme,
die Personen, die mit ihren Mieten wirklich zu kämpfen haben, helfen soll. (Bun­desrätin Eder-Gitschthaler: Die hilft auch!) Da bin ich dabei, das will ich auch, aber überlegen wir einmal, was da tatsächlich dahintersteckt: Die Vermieterin­nen und Vermieter erhöhen, erhöhen, erhöhen, verlangen immer mehr,
die Mieter:innen können sich das nicht leisten – und wir wickeln das jetzt als


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Staat ab und geben den Mieter:innen das Geld, das von einer Tasche,
nämlich der Tasche der Steuerzahler:innen, in die Tasche der Vermieter wan­dert. – Das ist der Wohnschirm, das ist Ihr Wohnschirm! (Beifall bei
der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Genau!)

Sie klopfen sich auch immer toll auf die Schulter: Die Richtwertmieten werden erst wieder 2025 steigen. Wie wäre es denn, wenn wir dieses Gesetz nicht beschließen? Wie wäre das bei den Richtwertmieten? – Genau so! 2024 werden die Richtwertmieten nicht angepasst. Diese Maßnahme bestätigt nur den
Status quo und Sie feiern sich dafür. Ich verstehe es nicht, entweder es ist tat­sächlich Unwissenheit über die mietrechtliche Materie, oder es ist be­wusstes Täuschen der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sagen, Sie unterstützen alle Österreicherinnen und Österreicher. Wie ist es denn in dem Bereich, in dem das Mietrechtsgesetz nicht voll angewendet
wird? Wie ist das mit den 450 000 Mietverträgen, die insgesamt eine Million Ös­terreicherinnen und Österreicher betreffen? – Dort zischt es durch, dort
zischt es einfach durch! Das erwähnen Sie nicht in Ihrer Rede, das kommt ein­fach nicht vor. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.) – Frau Kollegin Kittl, ich
frage mich manchmal, wie das bei den Grünen in Wien abläuft, wenn man sich überlegt, wie man Bundesrat oder Bundesrätin bei den Grünen in Wien
wird. Ich glaube, im Jobassessmentcenter wird verlangt: In jeder Rede muss eine Kritik an der Stadt Wien oder an der SPÖ vorkommen. – Das ist wirklich
so, anders kann ich mir das nicht erklären. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Him­mer: Sonst wäre es ja unredlich!) Bei diesen eine Million Menschen, bei de­nen es durchrennt, profitiert einer, eine Person, nämlich der Vermieter und nie­mand anderer als der Vermieter.

Liebe Österreicherinnen und Österreicher, ich bitte Sie, mir bei einem Gedan­kengang zu folgen: Wenn Sie Erspartes haben und es auf Ihr Sparbuch
legen, dann haben Sie jahrelang 0,125 Prozent bekommen; wenn es gut gelaufen ist, haben Sie das bekommen. Überlegen Sie: Was wäre, wenn Sie eine Wohnung gehabt hätten? Wenn Sie 2020 eine Wohnung gehabt hätten und


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diese nicht dem MRG unterliegen würde, hätten Sie stattdessen 25 Pro­zent Rendite gemacht. Die Sparerinnen und Sparer kriegen 0,125 Prozent, Ver­mieterinnen und Vermieter bekommen 25 Prozent. – Das ist die Politik
dieser Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Der Vermieter muss auch investieren!)

Insgesamt ist es ein PR-Schmäh. Sie versuchen, etwas schönzureden, was nicht schön ist. Es gibt eine Prämisse, nach der Sie in dieser Regierung arbeiten –
das zieht sich durch; es ist gut, wenn es vorbei ist –: Die Prämisse bei
Ihnen lautet: Die Reichen kassieren, die vielen verlieren. – Das ist zu wenig! (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag be­treffend „Wohnen in der Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat, bitte.


17.27.05

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Wir waren Zeuge und ich bin mir ein bisschen zurückversetzt vorgekommen, nämlich in früher, als ÖVP und
SPÖ noch ein bisschen größere Sektoren hatten und der Klassenkampf passiert ist. Dieser Klassenkampf war ganz interessant zum Zuschauen, mittlerweile beteiligen sich ja auch die Grünen am Klassenkampf, weil die Grünen irgendwie versuchen, sich hinüberzuretten, doch noch irgendwie sozial zu sein, aber
von der ÖVP quasi mit all den Gesetzlichkeiten überrumpelt werden.

Kollegin Kittl, bei aller Liebe, und auch Kollegin von der ÖVP aus Kärnten (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Kollegin Lassnig!): Wenn man sich hierherstellt und sagt: Wir machen so viel, wir sind so toll und ihr seid jetzt bei unseren tollen


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Geschichten, die die Leute entlasten, nicht dabei!, dann kommt mir im­mer der Gedanke (Bundesrätin Jagl: Es stimmt! Es ist die Wahrheit!): Spürt ihr euch noch? Lebt ihr schon noch im selben Österreich wie der Rest – also nicht
wie die 28 Prozent, die euch angeblich noch wählen, sondern wie der ganze Rest, nämlich 72 Prozent, die Restlichen in Österreich? Lebt ihr schon noch im
selben Land wie der Rest von Österreich? Das kann ja nicht sein! Ich kann mich da ja nicht aus voller – oder zumindest aus gespielter voller – Überzeugung herstellen und sagen: Wir sind so toll! – Was hat sie, die von der ÖVP,
gesagt? – Wir sind der Partner der Österreicher für leistbares Leben! (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Himmer: So ist es richtig! So ist es auf den Punkt gebracht!)

Ja wisst ihr, was ihr in den letzten Jahren aufgeführt habt? – Diese 72 Prozent, die euch nicht mehr wählen, leben sicher nicht im selben Land, in dem ihr
zu leben glaubt. Für mich ist das irre, was es da oft an Redebeiträgen gibt. Da denke ich mir: Das gibt es doch nicht, dass ihr beinhart behauptet, ihr ent­lastet jetzt die Österreicher! – Das macht ihr aber schon seit Jahren, nur geht euch jetzt das Spielchen nicht mehr auf, also der Hütchenspielertrick hat
sich jetzt erledigt. Es ist nämlich so, dass es tief in die Geldtaschen der österrei­chischen Steuerzahler geht. Es wird immer schwieriger für Vertreter der Regierungsparteien. Die Kollegin von der ÖVP hat auch fälschlicherweise gesagt: Wir von der Regierung! – Nein, nein, ihr als Abgeordnete beziehungs­weise Bundesräte kontrolliert normalerweise die Regierung – nur
zur Erinnerung.

Wenn ihr euch dann aber immer hinstellt und sagt: Wir von den Regierungspar­teien entlasten, diese Regierung entlastet!, und der Österreicher das viel­leicht im ersten Moment glaubt, dann über Jahre aber nichts passiert, im Gegen­teil, es noch schlimmer wird, dann könnt ihr euch die Schmähpartie ab­schminken, weil das, was ihr da aufführt, durchschaubar ist, weil es jetzt ans Ein­gemachte geht.


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Der Österreicher ist leidgeplagt, aber irgendwann hat er – die Schnauze voll,
darf ich nicht sagen – den Rand voll.

Frau Ministerin Zadić, Sie sind eine feine, wirklich nicht unsympathische Frau – das muss ich ganz ehrlich sagen (Heiterkeit des Bundesrates Himmer – Bun­desrat Schreuder: ... das ist furchtbar! – Bundesrat Buchmann: Das war jetzt eine besondere politische Wertung!) –, eine der wenigen in dieser Regierung,
die oft ordentliche Redebeiträge abgibt und sich, glaube ich, im Gegensatz zu Ihren Kollegen von den Grünen schon noch selber spürt. Mit diesem Gesetz aber (Bundesrat Schennach: Das ist ja nicht ... Ministerium!), mit dieser Mietrechts­änderung, für die ihr euch abfeiert, dass jetzt alles so günstig wird, macht ihr gar nichts, rein gar nichts. (Präsidentin Arpa übernimmt den Vorsitz.)

Von der Teuerung brauchen wir gar nicht zu reden. Kollege Obrecht und Kolle­gin Schumann haben den Deckel mit 5 Prozent erwähnt. Wenn wir 4,9 Pro­zent Teuerung haben, dann greift dieser Deckel gar nicht mehr, aber die 4,9 Pro­zent fühlen sich wie 5, 6 oder 7 Prozent an. Seien wir uns also ehrlich:
Was ihr da aufführt, ist leider Gottes nichts als Fakepolitik – das ist Fakepolitik! (Zwischenrufe der Bundesräte Buchmann und Himmer.)

Ihr von der Regierung könnt über Fakenews in der Coronazeit schimpfen. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: ein Fakegesetz oder Fakenews? – Weit­aus schlimmer ist ein Fakegesetz, und diese Regierung ist ein Fake für sich. Leider Gottes haben wir euch noch ein Jahr lang picken. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit der Bundesräte Mertel und Wanner.)

17.31


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht
vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Zauner hebt die Hand.) – Bitte sehr, Herr Bundesrat. (Bundesrat Steiner: Ganz spontan, schau!)



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17.32.04

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Steiner hat die Frage gestellt: Was hat diese Bundesregierung denn ge­macht? – Machen wir einen Blick zurück! (Bundesrat Steiner: Nein, habe ich nicht gesagt! Nein! Nein! Nein! Diese Frage habe ich nicht gestellt! Nein, korrigier es
jetzt, das lasse ich mir nicht unterstellen! Nur weil du, ... überleg dir etwas Besseres für deine Spontanrede da, deiner angeblichen! Einen solchen Packen Zettel mit spontan ...! – Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das macht ihr auch immer so! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) –
Schön ist, dass es bei uns keine beschränkte Redezeit gibt, das ist ja kein Pro­blem. (Bundesrat Steiner: Ja, ich muss eh bis morgen dableiben!) – Eben.

Was hat diese Bundesregierung gemacht? – Ich lade dazu ein, einen Blick zurück zu machen (Unruhe im Saal): Wir waren mit einer Pandemie konfrontiert und
die Aussagen damals waren: ein Wahnsinn, diese Pandemie; nach dieser Pande­mie wird es die große Rezession geben (Bundesrat Steiner: Ja eh, wir sind mitten in einer Rezession!), es werden die Betriebe geschlossen haben und wir werden mit einer Massenarbeitslosigkeit konfrontiert sein. (Die Bundes­räte Leinfellner und Spanring: Ja! Ja!) Was war nach dieser Pandemie? (Bundesrat Spanring: Genau das!) – Das Gegenteil. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit
bei der FPÖ. – Bundesrat Leinfellner: Alles richtig gemacht, gell? – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Nach der Pandemie kam die Energiekrise, und alle Propheten – links
und rechts – haben uns prophezeit: Zu Weihnachten werden wir alle im Kalten sitzen; die Gasspeicher sind leer; wir stehen kurz davor, dass wir nicht wis­sen, wie wir in diesem Land heizen können! (Bundesrat Spanring: Das hat uns über 2 Milliarden Euro zusätzlich gekostet, aber das ist ja nur Steuergeld, gell!) – Was
war das Ergebnis? – Die Bundesregierung hat gehandelt, es war kein kalter Win­ter und wir sind auch gut durch diese Energiekrise durchgekommen. (Beifall
bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Zwischenruf der Bundes­rätin Schumann.)


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Was man sich natürlich anschauen muss – das haben wir ja vor 14 Tagen in die­sem Haus schon einmal ausgeführt –: Ja, das Leben für die Menschen ist
teurer geworden, das stimmt, die Preise sind gestiegen (Bundesrat Steiner: Ah geh, was! Na geh!), die Inflation ist gestiegen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nur: Die Inflation ist das eine, man muss ja immer das gesamte Bild betrachten. Da
gibt es schon zwei ganz wesentliche Zahlen für Österreich. Ich wiederhole sie gerne, obwohl wir sie vor 14 Tagen schon diskutiert haben.

Zunächst einmal die Armutsgefährdung: Österreich hat diesbezüglich den sechstbesten Wert in der Europäischen Union und liegt dreimal besser als der EU-Durchschnitt. Zweitens die Kaufkraft: Österreich ist vom neunten auf
den siebenten Platz gestiegen (Bundesrätin Schumann: Danke an die Gewerkschaf­ten! Danke! – Bundesrat Babler: Danke!), was die Kaufkraft in diesem Land be­trifft. Damit sind die Werte auch in diesem Bereich um 50 Prozent höher als der europäische Durchschnitt. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: ... ver­handelt!)

Das sind Fakten, da muss man sagen: Ja, Österreich steht besser da als andere Länder in der Europäischen Union und Österreich steht auch besser da,
als es der linke und rechte Populismus wahrhaben möchte. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Da hast du dir irgendwas falsch aufgeschrieben! – Ruf bei
der FPÖ: Ja, ich glaube auch! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
 – Zahlen lügen nicht. (Bundesrat Spanring: Zahlen eh nicht, aber ich kenne eine Partie, die
das gerne macht! Sie fängt mit Ö an und hört mit VP auf! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ.) 
Geht es dann wieder? (Ruf bei der SPÖ: Immer!) – Gut, fein.

Dann kommen wir zu Frau Kollegin Gerdenitsch. Ist sie hier? (Bundesrätin Gerde­nitsch: Natürlich!) – Sie ist eh da, wunderbar. Es werden hier ja immer die großen Leistungen der Sozialdemokratie gelobt; wie toll die Sozialdemokratie ist und wie pfui-teufel die ÖVP ist und damit auch gleich die Grünen sind. (Bei­fall bei der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Danke! – Bundesrat Schennach: Endlich einmal eine Aussage! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Genau!


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Wir wurden ja eine Bundesratssitzung lang von der Sozialdemokratie mit Berichten aus der „Wiener Zeitung“ gelangweilt. Das war, glaube ich, übrigens einer von zwei Redebeiträgen des Bundesparteivorsitzenden. (Heiterkeit
bei der ÖVP. – Bundesrat Babler: Kannst du nur bis zwei zählen? – Heiterkeit bei
der SPÖ.)

Es ist heute auch so ein schöner Artikel in der „Wiener Zeitung“ erschienen (Oh-Rufe bei der SPÖ – Ruf bei der SPÖ: Jetzt kommt’s!) und auf diesen möchte
ich schon gerne eingehen. Wir kommen wieder einmal nach Wien. (Ruf bei der SPÖ: Gott sei Dank! – Bundesrätin Schumann: Ja und wir kommen nach Wiener Neustadt demnächst! Städtebund! – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) – Städtetag, sehr gerne, Frau Vizepräsidentin, ich freue mich. (Bundesrätin Schumann: Genau! Sehen Sie, Sie haben es schon gesagt!)

„Siebenmal im Jahr liegt ein knappes Heftchen in den Brigittenauer Briefkästen. Acht Seiten stark, viel Werbung, wenig Text. Auf den ersten Blick ein Pros­pekt. Die Artikel sind kurze Lobeshymnen auf die lokale Politik. Es geht um Rad­wege, Regenbogenzebrastreifen, das Parkpickerl, die Wahl des Präsiden­ten des Wiener Fachverbandes für Trampolinspringen.“ (Heiterkeit bei der ÖVP.) „Es ist klar, woher der Wind weht. Die Zeitung Unsere Brigittenau steht
der SPÖ nahe. Sehr nahe. Layout und Inhalt sind rot. Die Ausgaben können auf der Website der SPÖ Brigittenau heruntergeladen werden.“ (Bundesrätin Miesenberger: So ein Zufall! – Bundesrätin Schumann: Wie war das mit ...?! – Weite­re Zwischenrufe bei der SPÖ.)

„So weit, so gut. Parteinahe Zeitungen gibt es in jedem Nest. Man kennt
sie, überfliegt sie beim Frühstück.“ (Bundesrätin Schumann: Ich habe das Gefühl, man muss ...!) „Wirklich interessant ist Unsere Brigittenau [...] erst auf Sei­te sechs. Unter der Meldung, dass“ die „Bezirksvorsteherin [...] einem Ehepaar zur Steinernen Hochzeit gratulierte, ist ein kleines Kästchen – das Impres­sum der Zeitung.“


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„Ein mächtiger Genosse“ (Bundesrat Steiner: Ist das noch zum Thema?!): „Der ist ein mächtiger Mann mit Einfluss auf Stadtplanung, Verkehr, Flughafen
und Bezirk. Als Gemeinderat sitzt er in vielen Ausschüssen und Gremien, dem wichtigen Gemeinderatsausschuss für Innovation, Stadtplanung und Mobi­lität“. (Bundesrätin Hahn: Ist das jetzt eine Vorlesung?) – Ja, ich lese so vor, wie ihr uns vorgelesen habt (Bundesrätin Schumann: Nein, wir haben nichts vorge­lesen! Nein, nein! Herr Zauner, freie Rede in dem Fall wäre gut! Freie Rede! – Zwi­schenruf der Bundesrätin Hahn.) – Gemeint ist Erich Valentin.

Erich Valentin: 1994 gründete er Damm-Werbung und war deren Geschäftsfüh­rer und Eigentümer, heute ist er laut Website Head of Creation. „Gründer
und Patronanz, also die Leitung der Zeitung, ist der Verein zur Förderung fort­schrittlicher Politik. Der Vereinssitz ist mit dem Firmensitz der Damm Werbung ident. Obmann ist Erich Valentin.“

Um es jetzt frei zu machen: Das ist also ein Konstrukt, bei dem die Stadt Wien (Bundesrätin Schumann: Frei! Frei! Nicht lesen, nicht lesen! Frei!), der Bezirk,
die Stadt inserieren. (Ruf bei der SPÖ: So wie in Niederösterreich!) Insge­samt 25 351 Euro waren es 2022, in einer Zeitung, die der SPÖ nicht nur nahe­steht, sondern die einer SPÖ-Bezirksrätin gehört (Bundesrat Steiner: Ich bin ausgestiegen, ich komme nicht mehr mit, worum es geht! – Bundesrat Kovacs: Ich weiß auch nicht, warum er das gesagt hat! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ)
und bei der ein SPÖ-Gemeinderat entsprechend agiert. Das Netzwerk ist erfolg­reich gemacht, die Reichweite ist beachtlich. (Bundesrätin Schumann: Was
hat das mit der Miete zu tun?! Hausherrenparteien, jetzt machen wir ...! – Bundesrat Spanring: Die werden von der ÖVP gelernt haben! – Ruf bei der SPÖ: Um was
geht es jetzt da? – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Ja, jetzt kommen wir zum Punkt: Die SPÖ wirft uns in diesem Haus immer sämt­liche Dinge vor (Bundesrätin Schumann: Ja wenn’s wahr ist!) und gleichzeitig
hat sie mit Inseratenvergaben in Wien ein großes Thema (Bundesrätin Schumann: Na, in Niederösterreich nicht! Nein! Überhaupt nicht! – Bundesrätin Hahn:
Sowas gibt’s in Niederösterreich nicht!),
wo es zeitgleich Umwidmungen gibt – und


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der SPÖ-Bundesparteivorsitzende schweigt dazu. (Bundesrätin Schumann:
Jetzt wäre ein Applaus ...! – Bundesrat Schennach – in Richtung ÖVP –: Ihr müsst ap­plaudieren für ihn! Er verhungert da draußen!)
 – Nein, ich verhungere über­haupt nicht. (Bundesrat Schennach: Applaus! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Fakt ist, diese Bundesregierung hat es mit all den Maßnahmen, die sie ge­setzt hat, geschafft, dass die Kaufkraft steigt, dass die Inflation sinkt und dass wir in der Armutsbekämpfung bessere Ergebnisse erzielen. Wir brauchen
uns weder von links noch von rechts irgendwo belehren zu lassen. Wir werden diesen Weg gehen und die Menschen weiter entlasten und auch durch alle kommenden Krisen führen. – Vielen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)

17.41


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Günter Kovacs. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Himmer: Kovacs verteidigt Wien!)


17.41.22

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Ich möchte nur ganz kurz auf Kol­legen Steiner reflektieren, der vorhin gefragt hat, ob sich Grün und Schwarz noch spüren. Ich sage dir die Antwort: Na sicher nicht! Die spüren sich
nicht mehr, das kann ich dir sagen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Herr Zauner, Herr Bundesrat Zauner, Sie sind in Person die Arroganz, die Über­heblichkeit pur! (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)
Das genau ist es, was die Österreicherinnen und Österreicher momentan von der Regierung halten, nur 28 Prozent unterstützen euch. Ich als Sozialde­mokrat sage euch: Parteien, die damals, vor zwei Jahren, die Hacklerregelung für Menschen, die 45 Jahre lang gearbeitet haben, abgeschafft haben (Beifall
und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei der FPÖ),
die Menschen ab 1. Jänner mit einer CO2-Steuer belasten, die wieder die Pendlerinnen und Pendler belasten, die haben kein Recht, hier zu stehen und zu sagen, sie hätten eine gute


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Arbeit im Sinne der Österreicher gemacht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei
SPÖ und FPÖ.)

17.42


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen jetzt noch vor. – Bitte, Herr Kollege Himmer.


17.42.49

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Hohes Haus! Frau Staatssekre­tärin! Frau Präsidentin! Manchmal (Bundesrat Schennach: Frau Ministerin!)
haben wir schon recht seltsame Diskussionen, wenn Kollege Matthias Zauner rauskommt und sagt (Bundesrat Steiner: ... seltsam, das stimmt!), er reflek­tiert auf eine Aussage von Kollegen Steiner, der sozusagen metaphorisch sagt, diese Regierung hätte nichts gemacht. (Bundesrat Steiner: Das habe ich
nie gesagt!)
Dann reagiert Herr Steiner und macht 3 Minuten lang Zwischenrufe, nein, das habe er nicht gesagt (Rufe bei der FPÖ: Hat er ja nicht gesagt!), ob­wohl er sich tagaus, tagein, wann immer er hier ans Rednerpult kommt, genau darum bemüht, zu sagen, dass diese Regierung nichts für die Menschen
macht. Darum geht es ja eigentlich in Wahrheit in der Politik. Das kritisiert ihr. Mit welchen Worten das auch immer stattfindet, ihr versucht das.

Noch eine kleine Korrektur, weil du gesagt hast, ehemals habe die ÖVP hier ei­nen großen Sektor gehabt: Die ÖVP hat 25 Mandate (Zwischenruf des Bun­desrates Steiner), das ist an sich nichts Ehemaliges, das ist die Realität, das ist die Gegenwart. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler. – Bundesrat Schennach:
Es geht um den Mietpreis! – Weitere Rufe bei der SPÖ: Mietpreisdeckel!)
 – Es geht um den Mietpreisdeckel, und dieses Thema ist jetzt bereits dahin gehend erweitert worden, dass Kollege Kovacs ans Rednerpult gekommen ist und über Kollegen Steiner und über Kollegen Zauner gesprochen hat, und das Wort Mietpreisdeckel ist bei Kollegen Kovacs nicht vorgekommen. (Bundesrätin Dopp­ler: Aber beim Babler auch nicht!)


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Es geht natürlich insofern um den Mietpreisdeckel, als sich aus dem Mietpreisdeckel heraus eine Debatte entwickelt hat, wie sich die Menschen hier in dem Land das Leben sollen leisten können. Und dieser Konnex zwischen Mietpreisdeckel und der Frage, wie sich die Menschen in diesem Land das Leben leisten können sollen, ist nicht so weit hergeholt. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus diesem Grund würde ich auch Rednern von der Sozialdemokratie und von den Freiheitlichen bei Abschweifungen von diesem Thema nicht unter­stellen, dass sie nicht zur Tagesordnung sprechen. Aber unser Recht ist es eben, dann auch darauf zu reflektieren. Daher kann es ja nicht so sein, dass man hergeht und sagt, Herr Zauner habe überhaupt kein Recht, etwas zu sagen. Ich bekomme sozusagen einen Ruf zur Sache. Da seid ihr immer sehr heikel.
Im Angriff sehr, sehr frisch, im Angriff kommt der große Hammer, und wenn dann die Volkspartei oder die Grünen hie und da herausgehen und einmal
mit dem Hämmerchen ein bisschen zurückhauen (Nau-Rufe bei der SPÖ), kommt das Geheule von links und von rechts. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ihr von links und rechts braucht gar nicht so sehr zu weinen, es gibt viele Maß­nahmen, die diese Bundesregierung gesetzt hat, und somit hat Kollege Zauner natürlich völlig recht gehabt, das an dieser Stelle zu sagen, und dass ein Niederösterreicher Wien kritisiert, das kann halt vorkommen. Wenn er mir
den Artikel von der Brigittenau gegeben hätte, hätte ich ihn auch vorgelesen. Da er das sehr gut gemacht hat, bin ich natürlich dankbar dafür, dass er diese Informationen hier gegeben hat.

Dass dann das Burgenland kommt, um Wien zu verteidigen, das kommt in der SPÖ gar nicht so oft vor. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Eine Koalition Doskozil/Babler ist ja an sich relativ ausgeschlossen (Bundesrat Steiner – erhei­tert –: Der war gut!), aber hat jetzt in diesem Fall hier fast stattgefunden.
Auch wenn wir jetzt von Herrn Kollegen Babler noch nichts gehört haben, so ist er trotzdem indirekt hier ein bisschen vorgekommen. Das freut uns. (Beifall
bei der ÖVP.)

17.47



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Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Eine weitere Wortmeldung liegt nun
vor. – Bitte, Herr Kollege Steiner.

Ich muss jetzt nur eine kurze Frage im Zusammenhang mit dem Pult stellen (Bundesrat Himmer hat während seiner Ausführungen mehrmals den Knopf
zum Hochstellen des Redner:innenpultes gedrückt, ohne dass es hochgefahren ist):
Funktioniert das nicht mit dem Hochstellen? (Bundesrat Steiner – das Redner:innenpult höher stellend –: Man muss nur drücken!) – Ah, danke, es funktioniert doch.


17.47.35

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Nur ganz kurz: Sehr wohl, das passt schon, wenn eine Diskussion geführt wird – Herr Kollege Himmer, da hast
du völlig recht –, dann kann man sich natürlich auch verteidigen und auch einmal abschweifen. Das bitte braucht man nicht zu kritisieren vonseiten der
SPÖ, das ist gelebter Parlamentarismus. So sehe ich das. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann es so oder so machen – Kollege Zauner war super, er kommt
für eine angeblich völlig spontane Rede mit einem dicken Packerl Zettel hier he­raus. Kollege Zauner, ich habe dir gerne zugehört, nur bin ich irgendwann
nach der ersten Minute aus dem Zug ausgestiegen, weil ich nicht mehr gewusst habe, worum es jetzt eigentlich geht. Er hat da irgendetwas von der „Wie­ner Zeitung“ zitiert, kein Mensch weiß, worum es gegangenen ist. Aber gut, es war sehr, sehr amüsant.

Wenn man sich zu einem Tagesordnungspunkt zu Wort meldet und davor
nur zum Tagesordnungspunkt gesprochen worden ist, dann ist das natürlich et­was anderes, dann sollte man schon zum Tagesordnungspunkt reden.
Aber Herr Kollege Zauner ist echt eine Sensation (erheitert), mir taugt das ja wirklich mit den spontanen Geschichten, das ist eine coole Geschichte.
Wenn sie spontan und vorbereitet ist, dann muss sie krachen, Herr Kollege Zauner – und das war ein Schas (Bundesrat Buchmann: Hallo?!), leider
Gottes! (Beifall bei der FPÖ.)


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Dem, was Herr Kollege Kovacs gesagt hat, muss ich zu 100 Prozent beipflichten. Wenn Herr Kollege Zauner sich hier herausstellt, taugt mir das immer ganz besonders. Er ist zu 100 Prozent der Sympathieträger der ÖVP in Menschenge­stalt. Das freut mich. Und wenn Sie, Herr Kollege Himmer, sich hier heraus­stellen und immer frei sprechen, gefällt mir das ja, das ist super, das finde ich gut, aber oft einmal verstrudeln Sie sich ein bisschen. Sie haben Herrn Kollegen Zauner verteidigt, er hätte zum Mietrechtsänderungesetz gesprochen, und da muss ich Sie korrigieren, Herr Kollege Himmer. Er hat einen Artikel aus
der „Wiener Zeitung“ vorgelesen (Rufe bei der ÖVP: Auch! Auch!), in dem es da­rum gegangen ist, dass irgendein Paar die diamantene Hochzeit in Wien gefeiert hat, um uns zu erklären, dass die SPÖ in Wien ihr nahestehende Zeitun­gen betreibt, die aber nicht als SPÖ gekennzeichnet sind. – Na was für
ein Neuigkeitswert! Das hat die SPÖ von der ÖVP gelernt oder umgekehrt, aber das praktizieren beide Parteien seit Jahrzehnten, also das ist keine Neuigkeit.

Dann gibt es die Tränen von links und von rechts. – Ich kann nur für
unsere Fraktion, die jetzt hier herinnen rechts sitzt und auch politisch rechte Politik macht, sagen: Wir weinen nicht, wir gehen sehr fröhlich in das
neue Jahr. – Ich glaube eher, dass bei den Umfrageergebnissen die Tränen bei der ÖVP zu suchen sind. Das entscheidet natürlich die Wahl, aber wenn
man sich draußen mit den Bürgern unterhält, ist die Stimmung eindeutig. (Beifall bei der FPÖ.)

17.50


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Es liegt noch eine weitere Wortmeldung vor. – Bitte, Herr Bundesrat Himmer. (Bundesrat Schennach: ... nicht gleich einen
Sessel mitnehmen? – Ruf: Verzögern die Verbotsgesetz-Novelle!)


17.50.58

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Das ist ja – ich verzichte jetzt auf alle Anreden – das, was mir an der FPÖ so gefällt, und auch jetzt an dem Schmunzeln des Herrn Steiner, diesem fröhlichen Schmunzeln, diesen Zugang zu haben: Dem Land geht es schlecht – hervorragend! (Rufe bei der FPÖ:


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Nein!) –, der FPÖ geht es gut. (Bundesrat Steiner: Du lebst in einer eigenen Welt! – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Das will ich ja nur den Menschen sagen, die dieser Debatte folgen, damit man weiß, worum es hier immer geht: Es geht darum, immer die schlechte Stimmung aufrechtzuerhalten. Es ist wichtig, dass es eine schlechte Stimmung gibt, denn die Leute sollen haß sein und sollen sagen: Es reicht uns, wir
wählen die FPÖ! – (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Deswegen kann man eben auch bei Gesetzen, die nur gut sind (Bundesrätin Schumann: Aber nicht das Mietpreisbremserl! Nicht das Mietpreisbremserl!) – weil es hier um eine Mietzinsbremse geht; jeder, der diesem Gesetz zustimmt, hilft
den Menschen –, nicht hier hergehen und sagen: Ja, das hilft den
Menschen!, sondern man muss die Stimmung aufrechterhalten, und die Stim­mung muss schlecht sein, denn wenn die Stimmung im Land schlecht
ist, ist sie bei den Freiheitlichen gut. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Das ist halt der Egoismus der Freiheitlichen, und wir sind die, die wirklich für die Menschen sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.52


17.52.21

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das sehe ich nun nicht, das ist nicht der
Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Die Plätze sind bereits eingenommen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Mietpreisstopp im freien Woh­nungsmarkt“ vor. Ich lasse jetzt über diesen Entschließungsantrag abstimmen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 169

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschlie­ßungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Ja. (Bundesrat Steiner: Passt!) – Das ist die Minderheit.
Somit ist der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Wohnen in der
Krise – umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen“ vor. Ich lasse auch über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

17.54.0515. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden (Verbotsgesetz-Novelle 2023) (2285 d.B. und 2340 d.B. sowie 11364/BR d.B. und 11395/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter, und ich bitte um den Bericht. – Bitte.


17.54.26

Berichterstatterin Klara Neurauter: Frau Präsidentin! Grüß Gott, Frau Minister! Ich bringe Ihnen den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss
des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbotsgesetz 1947, das Einführungsgesetz zu den Verwal­tungsverfahrensgesetzen 2008, das Abzeichengesetz 1960, das


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 170

Uniform-Verbotsgesetz und das Symbole-Gesetz geändert werden, Verbots­gesetz-Novelle 2023.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat.


17.55.35

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und
Herren zu Hause und hier im Saal! Wir diskutieren heute im Bundesrat eine Novelle des NS-Verbotsgesetzes aus dem Jahre 1947. Infolge der Gräueltaten durch das Naziregime wurde in Österreich nach Kriegsende das Verbots­gesetz beschlossen; man wollte damit jegliche Betätigung im nationalsozialisti­schen Sinne mit dem Ziel untersagen, dass nie mehr wieder ein solches
Regime, das für einen schrecklichen Völkermord verantwortlich war, an die Macht kommt. Es ist zwar eine Selbstverständlichkeit, aber leider muss
ich das erfahrungsgemäß –basierend auf unzähligen gehässigen Meldungen, erst in der letzten Bundesratssitzung ist das wieder passiert, und wegen den
vielen schlechten Schauspielern hier herinnen – auch ganz klar so aussprechen:

Wir Freiheitliche lehnen den Nationalsozialismus, nationalsozialistische Wiederbetätigung in jeder Form genauso wie Judenhass in jedweder Prägung ab (Zwischenruf des Bundesrates Gross), und wir weisen auch jede verharmlosen­de Aussage, mit der man diese schreckliche Zeit mit uns in Verbindung bringen


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will, aufs Schärfste zurück. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Bundes­rät:innen Gross und Jagl.)

Genauso lehnen wir auch Gewalt und Rassismus ab (Bundesrat Gross: Genau!), und im Gegensatz zu anderen Parteien hier im Haus lehnen wir auch
Krieg ab – egal, ob es um den Krieg Russlands mit der Ukraine, bei dem es in­zwischen Hunderttausende Tote und Verletzte gibt, oder um jenen Krieg,
der jetzt im Gazastreifen schon 18 000 Menschen das Leben gekostet und mehr als 49 000 Verletzte gefordert hat, geht.

Wir Freiheitliche sind die letzten Verteidiger der immerwährenden Neutralität in Österreich – und eine kleine Anmerkung am Rande: Bei der UNO-Vollver­sammlung in New York wurde für eine Resolution gestimmt, und zwar betreffend einen humanitären Waffenstillstand in Gaza. Österreich war eines der wenigen Länder, die sich dagegen ausgesprochen haben – und das ist eine Schande. Das ist eine Schande für Österreich! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Jagl.)

Bis zu einem gewissen Punkt ärgert es mich ganz ehrlich, dass ich es überhaupt ansprechen muss, dass wir das ablehnen, weil das ja eine Selbstverständ­lichkeit ist (Bundesrätin Jagl: Ja, genau!), und mir ist auch klar, dass es egal ist, wie oft wir das hier zum Ausdruck bringen – egal, ob mit Worten oder mit
Taten –, es wird immer wieder welche geben, die – besonders von Ihnen, von den Grünen (Bundesrat Gross: Weil man es Ihnen nicht glaubt! Sie sind nicht glaubwürdig! Das ist euer Problem!); Sie beweisen es gerade jetzt wieder – immer wieder versuchen, uns ins extremistische Eck zu stellen, ganz einfach weil
das Ihre einzige Strategie ist. Politisch haben Sie nichts drauf, das ist
die Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist Ihre einzige Strategie. Sachpolitisch sind Sie chancenlos, und das ist halt der Grund (Bundesrat Gross: Das
ist eure Strategie!),
warum Sie so mit Untergriffen arbeiten. Genau das ist es.

Zunächst einmal: Wenn es tatsächlich das Ziel dieser Regierung ist oder
war, gegen die Wurzeln des Judenhasses in Österreich anzutreten, dann muss


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ich Ihnen, Frau Minister, leider sagen, dass Sie mit dieser Novellierung
Ihr durchaus erstrebenswertes Ziel weit verfehlt haben, denn wenn eines in persönlichen Gesprächen immer wieder ganz klar zum Ausdruck kommt,
dann das, dass sich die Juden in Österreich nicht vor irgendwelchen stupiden und ungebildeten Neonazis fürchten, sondern vor dem immer weiter voranschreitenden Islamismus. (Bundesrätin Jagl: Ja, da haben wir es ja! Genau!)

Ganz offensichtlich kommt zu selten in die Öffentlichkeit, wie oft Juden
in Österreich tatsächlich Opfer von Angriffen werden. Das beginnt mit Gesten, aber auch zum Beispiel mit dem Herunterreißen der Israelfahne – das ist
erst jetzt kürzlich wieder in der Seitenstettengasse in Wien passiert, in Salzburg wurde sie bereits dreimal heruntergerissen, und eben erst vor Kurzem ist
es beim Rathaus in Linz passiert, wo man zwei junge Syrer dabei erwischt hat, aber auch in Klagenfurt, wo man versucht hat, die Israelfahne anzuzünden.
Und nein – besonders wieder in Richtung Grüne, die hier gerne zwischenrufen –, das waren keine bösen Rechten; das waren jene Menschen, die Sie ins
Land geholt und gelassen haben, meine Damen und Herren, besonders Sie von den Grünen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir alle haben den Terroranschlag vom 2. November 2020 noch in schmerzli­cher Erinnerung. Damals war der Täter ein Moslem, der im jüdischen Vier­tel vier Menschen mit einer Kalaschnikow erschossen und 17 weitere
teils schwer verletzt hat.

Jetzt kommen wir zum Kernthema: Warum will diese Regierung dieses Gesetz, das zuletzt im Jahr 1992 novelliert wurde, ausgerechnet jetzt verschär­fen? – Nicht etwa wegen der Gründe, die ich jetzt gerade aufgezählt habe, und wegen der Angriffe, die stattgefunden haben. Nein, die Coronademos
sind der Grund, Sie hören richtig: die Coronademos! Es wurde immer wieder, auch hier herinnen, behauptet, dass bei diesen Demos der Antisemitis­mus Fuß gefasst hätte. Wer so etwas behauptet, meine Damen und Herren, der ist falsch informiert oder der informiert falsch – nur mit dem Unterschied:
Ihnen hier herinnen unterstelle ich blanke Absicht. (Beifall bei der FPÖ.)


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Das ging dann sogar so weit, dass der Vizekanzler dieser Republik im Parlament mehrmals davon gesprochen hat, dass bei den Demos „Demokratiefeinde, Staatsverweigerer, Rechtsextreme und Neonazis oft auch an der Spitze herum­spazieren“. – Zitatende. (Zwischenruf bei den Grünen: Stimmt ja!) – Da höre
ich jetzt gerade von grüner Seite: „Stimmt ja!“ Wer so etwas behauptet, ist falsch informiert oder der informiert falsch. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Gegensatz zu Ihnen allen, meine Damen und Herren, und im Gegensatz
zum Vizekanzler war ich auf sehr vielen Demos. (Bundesrätin Jagl: Ja
eben! – Bundesrat Leinfellner: Was war das jetzt: „Ja eben“?!)
Und ja, bei Hundert­tausend Menschen kann es auch vorkommen, dass ein oder zwei Verrück­te darunter sind, das kann man leider nicht verhindern, aber daraus
eine Verschärfung des NS-Verbotsgesetzes abzuleiten, das ist eine komplette Themenverfehlung. (Bundesrat Gross: Sie informieren falsch!)

Noch einmal: Im Gegensatz zu Ihnen hier herinnen war ich auf vielen Demos, und was ich dort gesehen habe, waren keine Nazis und keine Rechtsra­dikalen. Wissen Sie, was ich dort aber gesehen habe? – Viele Menschen mit Israelfahnen. Davon gibt es sogar tolle Fotos, auf einem bin auch ich
mit einer Demogruppe und all den Israelfahnen zu sehen. Da sind Juden mit uns mitmarschiert, die genauso gegen das Coronaregime in Österreich aufge­treten sind, ebenfalls aber auch hier in Österreich zum Ausdruck gebracht haben, dass vieles, was in Israel in der Coronapolitik passiert ist, genauso wenig in Ordnung war. Niemand von denjenigen, der eine Israelfahne hatte, musste auch nur eine Sekunde lang Angst haben, dass ihm irgendetwas passiert. Diese Israelfahnen waren Teil des friedlichen Protests der Demonstranten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, ich habe bei den Coronademos auch Menschen gesehen, die Judensterne getragen haben, und ja, vielleicht war das eine oder andere dabei, was
wirklich ungeschickt und überschießend war. (Bundesrat Schreuder: Was heißt „ungeschickt“?!) Das, was bei den Coronademos gemacht wurde, war vie­les, aber mit Sicherheit keine Verharmlosung und auch keine Verherrlichung des


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Nationalsozialismus. Und ja, meine Damen und Herren, vielleicht war
auch ich in einer meiner Reden ungeschickt und habe übers Ziel hinausgeschos­sen, aber, meine Damen und Herren, das hatte nichts, aber schon gar
nichts mit NS-Verharmlosung oder mit -Verherrlichung zu tun. Das Gegenteil ist der Fall: Unser aller gemeinsames Anliegen war es, aufzuzeigen, dass sich
in der Coronazeit vieles in eine völlig falsche Richtung entwickelt hat und dass vonseiten der Regierung totalitäre Tendenzen zu erkennen waren. Das
war der Grund. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was bei den Demos passiert ist, stand unter dem Motto: Wehret den An­fängen! Wer etwas anderes behauptet, der ist falsch informiert oder
der informiert falsch. – Von Ihnen hier herinnen wissen wir es schon: Da ist es Absicht.

Trotzdem, meine Damen und Herren, bin ich voll und ganz davon über­zeugt, dass vereinzelt genau diese Überspitzungen in der Coronazeit notwendig waren, um Sie hier herinnen aufzuwecken und wachzurütteln. Wäre das
alles nicht passiert, dann wären wir heute noch im sinnlosen Maskenwahnsinn, wir wären im Testwahnsinn, wir wären im Dauerlockdown, und jeder Ös­terreicher müsste sich, ob er will oder nicht, zweimal oder dreimal oder viermal im Jahr seine Zwangsspritze abholen. Und sagen Sie nicht, dass es nicht so
wäre, denn genau so wäre es! (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Warum wir heute gegen diese Novellierung Einspruch erheben, hat mehrere Gründe. (Bundesrätin Schumann: Ja, warum?!) Erstens: Dieser Gesetzes­vorschlag geht wie gesagt an den tatsächlichen Problemen des Judenhasses in Österreich völlig vorbei. Ganz aktuell übrigens: ein Vorfall an der Univer­sität für angewandte Kunst in Wien – gut aufpassen, liebe Grüne –, wo bei einer Veranstaltung allen Ernstes behauptet wurde, es hätte den Angriff der
Hamas auf Israel nicht gegeben. Ein jüdischer Student war dort vor Ort, es gibt ein Video davon (Bundesrat Schreuder: Ich kenne das Video! Ich kenne auch
den Studenten!);
er hat das mitgefilmt, und daraufhin wurde er angegriffen. Und jetzt frage ich Sie: Wo, glauben Sie, sind diese Herrschaften dort auf der


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Universität für angewandte Kunst zu 99,9 Prozent politisch zu verorten? – Richtig: ganz, ganz, ganz weit links. Somit wäre es vielleicht einmal an der Zeit, dass man – auch von Ihrer Seite – beide Augen öffnet und nicht immer
nur auf einem Auge blind ist und den Linksextremismus in Österreich nicht er­kennen will! (Beifall bei der FPÖ.)

Eines fällt schon auch auf: dass Aktivisten und Politiker der Linken – eben gerade vorhin da hinten passiert – immer wieder die freiheitliche Opposition in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken versuchen. (Bundesrätin Schu­mann: Warum stimmts ihr jetzt nicht zu? Ich verstehe es noch immer nicht!) Die Kol­legin hat vorhin allen Ernstes so quasi reingeschrien, dass, weil ich bei der
Demo war, Rechtsextreme und Neonazis bei der Demo waren. – Da muss man sich wirklich fragen, was da bei Ihnen falsch läuft.

Sie versuchen das immer wieder, und das, obwohl wir Freiheitliche im Gegensatz zu dieser aktuellen schwarz-grünen Regierung niemals die Grundrechte der Bürger in Österreich angetastet haben, auch nicht in der Zeit, als wir Freiheitli­che in der Regierung waren. Das haben nur Sie gemacht. (Beifall bei
der FPÖ.)

Obwohl es immer wieder derartige NS-Vergleiche gab, sind mir keine Verfahren oder gar Verurteilungen wegen Verharmlosung der NS-Zeit bekannt. Das,
meine Damen und Herren, könnte sich jetzt aber ändern und zum Bumerang für alle linken, sich moralisch erhaben fühlenden Gutmenschen – so wie Sie
das ausleben – werden (Bundesrätin Schumann: Aber dann könntets ja zustimmen!), denn jetzt wird dann jede Form der Verharmlosung strafbar sein. Bisher
galt das nämlich nur für die gröbliche Verharmlosung. Das Wort „gröblich“ wird jetzt gestrichen, und solche Meldungen wie gerade eben von Ihnen wür­den dann darunterfallen. (Bundesrat Steiner: Hoppala!) Das wurde offensichtlich von den Linken nicht ganz zu Ende gedacht, aber es freut mich ganz beson­ders. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Ja, dann stimmt zu! – Bundesrat Schreuder: Dann stimmt zu!)


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Ein Punkt, den wir sehr kritisch sehen, ist, dass jede Verurteilung eines Beamten nach dem NS-Verbotsgesetz automatisch zum Amtsverlust führt. (Bundes­rat Gross: Ja, selbstverständlich!) Es gibt jetzt klare, einheitliche Regeln, die gut sind, und über diese setzt man sich hinweg und schafft eine eindeutige Un­gleichbehandlung. Wenn man wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung, wegen Reisen für terroristische Zwecke (Bundesrätin Schumann: Afghanistan!), wegen der Aufforde­rung zu einer terroristischen Straftat oder dafür, dass man terroristische Straftaten – wie zum Beispiel die der Hamas – gutheißt, oder auch wegen der Preisgabe von Staatsgeheimnissen und so weiter verurteilt wird, dann
kann man, sofern das Strafmaß bedingt ein Jahr und unbedingt sechs Monate nicht überschreitet (Bundesrätin Schumann: Ja, genau!), weiterhin Beam­ter bleiben. Wird man jedoch nach dem Verbotsgesetz zu einer Strafe von nur einer Woche verurteilt, dann kommt es automatisch zum Amtsverlust
mit all den daran geknüpften Konsequenzen. (Bundesrat Gross: Wir sind beim Verbotsgesetz und nicht ...!)

Das, meine Damen und Herren, ist eine ganz klare Ungleichbehandlung, die auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich ist. (Bundesrat Gross: ... Verbotsge­setz ...!) Das wissen Sie ganz genau, und das wurde auch so angesprochen. Aller­dings wird das Gesetz heute in den Verfassungsrang gehoben, weshalb
der Verfassungsgerichtshof dann auch keine Möglichkeit mehr haben wird, ent­sprechend einzuschreiten.

Und ja, ich weiß, was jetzt für ein Argument kommen wird: Wir wollen
keine Nazis als Beamte. – Das wollen wir genauso wenig! (Bundesrat Schreuder: Dann stimmt zu!) Wir wollen nicht, dass Menschen mit einer derartigen Gesinnung Beamte sind, aber wir wollen genauso wenig (Bundesrat Schreuder: Zustimmen!), dass dann jene Beamte sind, die die Hamas gutheißen oder vielleicht gar als Lehrer einen sexuellen Übergriff auf Kinder begehen und so


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weiter; denn genau diese Straftaten sind es ja leider, die meist sehr ge­ring bestraft werden, und diese Täter können dann im Beamtenstatus bleiben. (Bundesrätin Schumann: Stimmt ja nicht! Da gibt’s ja genug Verfahren!)

Ein weiterer verfassungsrechtlich bedenklicher Inhalt in diesem Gesetz handelt von der Abnahme von NS-Devotionalien. Erstens einmal muss man gleich vorwegnehmen: Wir haben den Begriff Devotionalien immer kritisiert, weil er einfach völlig falsch ist. Es wird damit eine Präsupposition geschaffen,
es wird von vornherein unterstellt, dass man irgendeine emotionale Bindung zu einem entsprechenden Objekt hat und man es deshalb andächtig verehrt. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Das ist aber nicht der Fall. Das alleine ist unpassend und viel besser zum Beispiel der Religion zuzuweisen.

Bisher ist es so, dass solche Gegenstände abgenommen werden können, wenn man damit eine strafbare Handlung gesetzt hat. Wenn man zum Beispiel
etwas fotografiert hat und es 50 Leuten in der Whatsapp-Gruppe geschickt hat – schau, was ich Tolles habe! –, dann ist es einem weggenommen worden –
gut so! Gut so, denn diese Leute sind ein bisschen dumm; aber gut.

Was aber jetzt, mit der heutigen Novellierung, passiert, ist, dass einem einfach so ein Sammlerstück zum Beispiel abgenommen werden kann, weil man zum Beispiel vom Nachbarn denunziert wird, der einen nicht mag, oder weil man zum Beispiel ein Bild seiner Großeltern (Bundesrat Schreuder: Man darf kein Ge­schäft damit machen! Was ist das Problem?), auf dem der Großvater in Uniform zu sehen ist, zu Hause hat. All das kann dann passieren: dass einem das abge­nommen wird; und wir alle wissen, dass es überall in den Haushalten natürlich noch viele Bilder gibt (Bundesrat Schreuder: ... ein Geschäft machen ...! – Zwi­schenrufe bei der ÖVP – Zwischenruf des Bundesrates Gross), ohne dass diese Ob­jekte in irgendeinem Zusammenhang stehen. – Na, Herr Gross, Sie werden
ja auch nicht umsonst Adi heißen! Wer hat Sie denn Adi getauft? Denken Sie einmal ein bisschen darüber nach, bevor Sie hier immer so gescheite Aus­sagen tätigen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Bundesrät:innen Gross und


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Jagl. – Bundesrat Gross steht auf und begibt sich ans Mikrofon in der ersten Bank­reihe.)

Das kann Ihnen abgenommen werden (Bundesrat Gross: Zur Geschäftsordnung!), einfach so (Bundesrat Gross: Frau Vorsitzende! Das geht nicht!), ohne eine Verharmlosung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus oder von Ähnli­chem. (Bundesrat Steiner: Adi, setz dich hin, das geht erst nachher!) – Herr
Gross, Sie können sich dann eh gerne melden (Bundesrat Gross: Nein, Sie entschul­digen sich jetzt, aber blitzartig!), das ist ja kein Problem. (Bundesrat Gross –
in Richtung Präsidentin Arpa –: Das geht nicht! Sie haben es gehört! Das geht doch nicht!)

Da entsteht, meine Damen und Herren, im Strafgesetz etwas, was bisher in Österreich undenkbar war. (Bundesrat Steiner: Setz dich hin! – Bundesrat Gross: Es soll einen Ordnungsruf geben!) Es passiert eine Beweislastumkehr, denn in
der Regel gilt im Strafgesetz: Jeder in Österreich ist so lange unschuldig, bis man ihm seine Schuld nachweisen kann. – Das ändert sich jetzt! Die Beweislast­umkehr dreht diese Nachweispflicht um, sodass der Beschuldigte Beweise fin­den muss, dass er unschuldig ist. Das gibt es normalerweise im Strafrecht
nicht, und Sie schaffen das!

Das zieht sich jetzt vor allem auch in den Bereich von Sammlern hinein; das zieht sich auch in den Bereich von Menschen hinein, die wissenschaftlich arbei­ten. Diese müssen sich künftig automatisch freibeweisen. Da gab es auch ent­sprechend viel Kritik von der Justiz sowie Stellungnahmen – diese haben
Sie alle vom Tisch gewischt und das getrost ignoriert. Dieses Gesetz würde so vor dem Verfassungsgerichtshof sicher nicht standhalten, aber wie schon erwähnt: Sie heben dieses Gesetz einfach in den Verfassungsrang und somit umgehen Sie das Ganze.

Alles in allem kann man sagen: Es liegt uns hier eine rechtsstaatlich bedenkliche Gesetzesnovelle vor, welche die echten Gefahren der Jetztzeit ignoriert


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und somit keinen Beitrag zur Bekämpfung des Judenhasses in Österreich leistet. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Zur Geschäftsordnung!)

18.14


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Marco Schreuder hat sich zur Geschäfts­behandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****


18.14.44

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Ich kenne die Familiengeschichte von Herrn Adi Gross persönlich sehr gut; aber jeman­dem mit seiner Geschichte einen Vornamen vorzuwerfen, das geht nicht! (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler.) Das geht nicht, und dafür muss es einen Ordnungsruf geben, weil man damit auch seine Eltern und seine ganze Fa­milie beleidigt. Das ist auf einer persönlichen Ebene, wie es in diesem Haus nicht passieren darf. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Arla­movsky. – Bundesrat Steiner: Ja, wir haben ihn nicht getauft!)

18.15

*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Ich werde mir das Protokoll kommen lassen, und dann schaue ich mir das an. – Danke schön. (Bundesrat Spanring: Schauen Sie
sich auch die Zwischenrufe an!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat, Sie gelangen zu Wort.


18.15.31

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es ist ein sehr, sehr erns­tes Thema, das wir heute hier besprechen. Es ist tatsächlich so – das ist meine langjährige Erfahrung hier, auch als Angehöriger einer Minderheit –, dass
immer, wenn ein Satz mit: Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber!, Ich habe ja


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nichts gegen Juden, aber!, Ich habe ja nichts gegen Lesben und
Schwule, aber!, Ich habe nichts gegen Roma und Sintize, aber!, Ich habe nichts gegen wen auch immer, aber!, beginnt, dass immer, wenn hinter ein
Ich-habe-nichts-gegen ein Aber gestellt wird, nichts Gutes dabei herauskommt.

Zu Ihrer Rede, Herr Kollege Spanring, muss ich sagen: Sie haben eigentlich
sehr viele Argumente für dieses Gesetz vorgebracht und dann mit sehr dünnen Argumenten gesagt, warum Sie ihm nicht zustimmen – und diese Argu­mente erschüttern mich!

Wenn Sie wollen, dass mit NS-Devotionalien wieder Handel betrieben werden kann – das haben Sie nämlich dann, das ist die Schlussfolgerung –, dann
wollen Sie, dass man auf den Flohmärkten in Österreich, auf Willhaben oder sonst wo Hakenkreuzsymbole einfach wieder verkaufen darf und damit
ein Geschäft machen kann! (Bundesrat Spanring: Hab ich nicht gesagt! Das ist Ihre Schlussfolgerung!) – Nein, das ist die Schlussfolgerung (Bundesrat Spanring:
Ja, Ihre!),
wenn Sie das - - (Bundesrat Spanring: Ihre Schlussfolgerung!) – Nein, das ist die logische Schlussfolgerung! Sie wollen, dass damit wieder Geschäfte gemacht werden können und dass Leute das im Internet verkaufen
können. (Bundesrat Spanring: Das passiert ja jetzt ...!) Und das macht dieses Ge­setz; es sagt: Nein, mit NS-Devotionalien darf man kein Geschäft
machen!, und das ist richtig so! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bun­desrät:innen der SPÖ.)

Gegen eine Unterstellung möchte ich mich hier auch wehren. (Zwischenruf des Bun­desrates Spanring.) – Herr Kollege Spanring, ich kann Ihnen gerne Artikel
aus den Jahren 2012, 2013, glaube ich, zeigen. Einige, die damals schon im Bun­desrat waren, können sich vielleicht erinnern, dass es hier im Bundesrat
einen Antrag gegeben hat, in dem Israel kritisiert wurde, und ich als einziger Bundesrat dagegengestimmt habe. Übrigens hat die freiheitliche Bun­desratsfraktion die Verurteilung Israels mitgetragen. Ich habe damals einen, glaube ich, zweiseitigen Artikel in der „Jerusalem Post“ bekommen. Ich
kann mich noch gut erinnern.


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Das Wichtige für mich damals – immer schon – war: Wenn man Israel für etwas kritisiert, das andere Länder auch machen, und man diese nicht kritisiert,
dann ist das problematisch und dann hat das meistens einen antisemitischen Grund. Und gegen diesen Antisemitismus habe ich mich damals aufgelehnt und werde ich mich heute auflehnen.

Auch religiös motiviertem Antisemitismus, auch muslimisch motiviertem Antise­mitismus von Menschen, egal welcher Herkunft und welcher Religion, werden wir als Grüne uns mit aller Kraft entgegenstellen und sagen: Nein, gegen Antisemitismus, auch von muslimischer Seite, werden wir Widerstand
leisten! Das geht nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Und wenn linke Gruppierungen antisemitische Äußerungen machen,
das vielleicht verstecken – meistens sind das so antiimperialistische Gruppen; so heißt das dann meistens – und es dann auch in antisemitischen Codes formulieren, wenn das von Links kommt, dann werden wir sagen: Nein, das geht nicht, diesen Antisemitismus lehnen wir ab! (Beifall bei den Grünen sowie
bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Der Antisemitismus, den wir seit Langem kennen und der die größten Gräueltaten in diesem Land vollbracht hat, der sechs Millionen Menschen das Leben gekostet hat, ist nach wie vor der nationalsozialistische Antisemi­tismus. Das war die widerlichste und grauenhafteste Fratze dieser Krankheit Antisemitismus.

Seit mehr als 75 Jahren kämpfen wir in Österreich mit dieser Geschichte.
Wir haben das ja alles auch erlebt. Ich habe das als Jugendlicher erlebt. Ich kann mich noch gut an die Auseinandersetzung erinnern, als Waldheim Präsi­dentschaftskandidat war. Ich war selbst in der Schule im Jahr 1988,
als an 50 Jahre Anschluss erinnert worden ist. Ich war damals noch ein Teen­ager – knapp, ich bin ein 1969er-Jahrgang – und ich kann mich auch erinnern, dass mir plötzlich selbst bewusst wurde: Moment! Was wäre mir als


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schwulem Mann eigentlich passiert, wenn ich damals gelebt hätte? –
Meine Eltern waren Zeugen Jehovas. Die wurden in Konzentrationslager ge­steckt, und ich kannte in der Versammlung, wo ich auch als Jugendlicher
immer hingehen musste, Menschen, die siebeneinhalb Jahre Konzentrationslager überlebt haben. Und ich habe mich auch schon als Jugendlicher intensiv
mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Hier zu sagen, wir wollen nicht, dass Wiederbetätigung, wir wollen nicht, dass Handel mit diesen Devotionalien, mit diesen Symbolen – die für den Tod
von so vielen Menschen, für das Leid von so vielen Menschen, für Raub, Mord, Totschlag und all das stehen – bestraft wird, dafür fehlt mir einfach ein Verständnis. Mir fehlt auch das Verständnis dafür, dass man sagt, dass Men­schen, die dieser Ideologie huldigen, weiter im Staatsdienst sein sollen.
Das ist einfach eine Grenze – wenn man die überschreitet, dann geht das nicht mehr, dann kann man diesen Staat nicht repräsentieren. Ich finde das
eigentlich selbstverständlich und ich wundere mich, dass ich das hier verteidigen muss.

Vielleicht zur Erinnerung, worum es in dieser Gesetzesnovelle, die wir hier machen, geht – das ist ja auch kein grünes Gesetz, es ist kein schwarzes Gesetz, es ist kein rotes Gesetz, sondern das ist ein ganz breit getragenes, von Men­schen, von der Zivilgesellschaft, von der Wissenschaft, von ganz vielen Expertin­nen und Experten auf diesem Gebiet zusammen erarbeitetes Gesetz –: Es
geht um die Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit für national­sozialistische Wiederbetätigung, auch wenn sie im Ausland passiert. Es geht um die Einziehung von NS-Devotionalien – wie Hakenkreuzfahnen, SS-Abzei­chen und andere Materialien –, sobald sie in den Handel kommen. Darum geht es. Es geht um den Kampf gegen die Verharmlosung des Terrors und der
Gräuel der nationalsozialistischen Zeit. Es gibt eine höhere Verurteilungsquote und, ja, es gibt den Amtsverlust bei Verurteilung – nicht bei Verdacht, son­dern bei Verurteilung – nach dem Verbotsgesetz, und es gibt eine Erhöhung der Strafen.


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Ich finde, das ist legitim, und ich finde, nach über 75 Jahren nach diesen Gräueltaten ist das schon richtig so, weil nun einmal auch dieses Gesetz, das 75 Jahre alt war und vor 30 Jahren das letzte Mal novelliert worden ist, natürlich angepasst werden muss an die heutige Zeit, an die heutigen digitalen Wege,
die wir haben, an die Globalisierung, die damit auch mit dieser Kommunikation, mit dem Handel, mit all dem zu tun hat. Ich finde, das ist ein richtiger Weg,
und eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, erschüttert es mich, dass über so eine Selbstverständlichkeit in diesem Haus keine Einstimmigkeit besteht. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

18.23


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Barbara Prügl. – Bitte sehr, Frau Bundesrätin.


18.23.30

Bundesrätin Barbara Prügl (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Provokante NS-Propaganda im digitalen Raum, Verleugnen des Holo­causts, ungeniertes Radikalisieren in den sozialen Medien, Geschäftema­chereien mit NS-Devotionalien im Internet – das ist jetzt nicht etwas, was man erfunden hat, sondern das findet statt, und da stellt man sich die Frage:
Ist das eine Entwicklung der Zeit? – Nein. Dieser Entwicklung darf man aber nicht tatenlos zusehen, geschweige denn darf das genährt werden.
Dagegen ist strikt vorzugehen.

Als Anfang der Neunzigerjahre das Verbotsgesetz novelliert wurde, hat
das Internet gerade einmal Österreich erreicht – also noch keine Spur von so­zialen Medien, von digitalen Kommunikationskanälen und Webshops.
Was die letzten 30 Jahre an technischen, an digitalen Entwicklungen geschehen ist, ist im Grunde genommen gut – das ist nicht abzustreiten –, doch den Schattenseiten müssen wir uns stellen.

Provokationen im Netz ohne direktes Gegenüber, Aufwiegelungen, ohne dass deren Auswirkungen direkt spürbar werden, Nachrichten, ob richtig oder


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falsch, ob radikal oder hetzerisch, gehen mit einem Klick in Sekundenschnelle um die Welt. Das macht ja etwas mit den Menschen, das macht etwas mit den Leuten, das verändert und das beeinflusst. Besonders seit dem brutalen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel sind wir mit einer zunehmenden Radikalisierung, einem steigenden Antisemitismus von Menschen und bestimm­ten Gruppen in Europa und auch bei uns in Österreich konfrontiert, und –
es wurde schon angesprochen – Staatsflaggen wurden von Gebäuden gerissen und sogar verbrannt, Symbole des Antisemitismus oder von Terrororga­nisationen werden ungehemmt auf Demonstrationen öffentlich zur Schau ge­stellt. Dafür gibt es kein Verständnis, null Toleranz, und die Regierung
tritt dabei klar auf: klar gegen jegliche Form von Antisemitismus. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Schennach.)

Im Regierungsprogramm 2020–2024, also vor der Coronakrise, verankert und im nationalen Strategiepapier gegen Antisemitismus ausgearbeitet liegt die No­velle zum Verbotsgesetz nun vor. Wir wollen damit jeder Art von Extremismus, der Identifikationssymbole verwendet, entgegenwirken, damit sich Extre­mismus in unserer Gesellschaft nicht noch weiter ausbreiten kann.

Künftig ist also jegliches Relativieren, jegliche Verharmlosung des nationalso­zialistischen Völkermordes oder anderer nationalsozialistischer Verbre­chen gegen die Menschheit strafbar. Damit können nun auch – wir haben es vorhin schon gehört – Österreicherinnen und Österreicher, die vom
Ausland aus NS-Propaganda im Internet betreiben, zur Verantwortung gezogen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, Symbole sind nicht nur bloße Zeichen, sondern sie sind Botschaften, sind Zeichen der Zugehörigkeit und des Interesses.
Das Tragen von Abzeichen der NSDAP zeigt das, das öffentliche Tragen von Symbolen der Hamas, des Islamischen Staates, der Grauen Wölfe, der
PKK, der Hisbollah oder etwa der Identitären zeigt das – und das wird aufgrund der vorliegenden Novelle, die empfindliche Strafen vorsieht, nun auch
streng bestraft.


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Für öffentlich Bedienstete führt eine rechtskräftige Verurteilung – ich wiederhole es gerne auch noch einmal – aufgrund eines Verstoßes gegen das Verbotsgesetz zu einem zwingenden Amts- beziehungsweise Funktions­verlust. Das ist notwendig, denn wir wollen keine Staatsdiener, die Sympathien dafür haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie
des Bundesrates Arlamovsky.)

Neu im Verbotsgesetz ist auch die bessere Differenzierung in Grunddelikt und Qualifikation. Das ist insofern wichtig, denn damit wird der Strafrahmen
bei Grunddelikten gesenkt. Das bedeutet, wir machen damit Diversion möglich. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene wissen leider oft gar nicht,
dass sie eine Straftat begehen, oder ihnen ist das Unrecht der Tat nicht bewusst. Da ist es bestimmt effektiver, ihnen die Diversion zu ermöglichen. Damit
werden sie von Beratern unterstützt, sind in speziellen Programmen und werden darin auch begleitet. Ich denke, das ist zielführender, als sie strafrechtlich
zu verurteilen, weil eine Verurteilung vielleicht eine weitere Radikalisierung nach sich ziehen könnte.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir als Vertreterinnen und Vertreter der Be­völkerung werden auch weiterhin dafür Sorge tragen, dass Radikalismus, Extremismus und Terrorismus bei uns keinen Platz haben. Das vorliegende Ge­setzespaket ist ein notwendiger Rahmen dafür.

Gestattet mir, noch etwas zu sagen: Jede und jeder kann auch selbst durch ihr, sein Zutun zu einem guten Klima in der Gesellschaft beitragen – im Glau­ben an ein gutes und ein friedliches Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

18.29


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.



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18.29.10

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten bei­den Reden habe ich – in ihrem Inhalt, in ihrer Tonlage – schon sehr der Thematik angemessen empfunden, und gerade deswegen – ich weiß, lieber Adi Gross, dieser Sektor (in Richtung SPÖ weisend) gefällt dir nicht – tut es mir namens die­ses Sektors sehr leid, dass das gegenüber Ihnen respektive gegenüber
Ihren Eltern passiert ist. Das gehört sich nicht. Ich hoffe, die Frau Präsidentin wird sich dazu noch äußern. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Das NS-Verbotsgesetz entstand 1945, einen Monat nach Ende des schreckli­chen Zweiten Weltkriegs, noch unter dem vollen Eindruck des Mordens
und des Antisemitismus. Erst 1992 wurde die erste Novellierung daran vorge­nommen, und jetzt wird es wieder novelliert.

Frau Bundesministerin, ich habe mich erkundigt, wie die Vorarbeiten zu diesem Gesetzentwurf waren. Ich möchte Ihnen ein Dankeschön ausrichten, denn
die Arbeitsgruppe in Ihrem Ministerium hat beispielhaft gezeigt, wie man gemein­sam in Würde und in Respekt, unter Einbeziehung der Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren, einen Entwurf wesentlich verbessert – und das ist das, was wir heute hier vorliegen haben.

Das novellierte NS-Verbotsgesetz schafft einige Neuheiten. Die erste ist:
Jeder kennt den Begriff Kellernazis. Warum gibt es diesen Begriff? – Weil in manchen Kellern unfassbare Mengen an NS-Devotionalien lagern (Bun­desrat Schreuder: Sie wurden gehortet!) – ja, gehortet wurden. Was geschah in solchen Fällen bisher? – Wenn man dieser Person nicht nachweisen
konnte, dass sie eine Wiederbetätigung begangen hat, dann musste dieser ganze Schund, Mist und Müll zurückgegeben werden. Das ist jetzt vorbei, und
ich glaube, dass das ein ganz, ganz wichtiger Schritt ist. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)


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Auch vorbei ist, dass Österreicher zum Beispiel nach Teheran reisen und dort den Holocaust oder die Gaskammern verleugnen können. Das ist vorbei,
jetzt greift dieses Gesetz gegenüber Österreichern und Österreicherinnen auch bei Taten, die sie im Ausland begehen. Das ist eine ganz essenzielle Not­wendigkeit: die Ausdehnung der Strafgewalt auch auf das Ausland. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Arlamovsky und Schreuder.)

Kommen wir zu den Sammlern und Forschern: Bitte, das ist ja kein Gesetz, das das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes bedroht,
das Beispiele zeigt, in welcher Geisteshaltung da gehandelt wird. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Leute, die im Grunde Devotionalien verherrli­chen oder ausstellen, können natürlich eine Bedrohung sein.

Die Novelle hat allerdings einen kleinen Beigeschmack: Eigentlich sollte ein NS-Verbotsgesetz auch ein Handwerkszeug für den berüchtigten Stammtisch
sein. Die Novelle enthält allerdings die kleine Regelung, dass, um sich der Leug­nung des Holocausts strafbar zu machen, mindestens zehn Leute anwesend
sein müssen. Das ist ein Heruntersetzen von 30 – 30 waren es bisher, jetzt sind es zehn –, das alles schätze ich, liebe Frau Bundesministerin, aber ich will
auch nicht, dass vor fünf Leuten im Gasthaus der Holocaust oder die Gaskam­mern geleugnet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich noch hervorheben möchte, ist, dass, je nach Tatbestand, drei eigenstän­dige Strafsätze enthalten sind. Das heißt, es gibt Tatbestände mit einer Strafdrohung von sechs Monaten bis fünf Jahren, es gibt Tatbestände, die mit einer Strafe von fünf bis zehn Jahren bedroht sind, und welche von
zehn bis 20 Jahren. Da geht es um Tatbestände nach den Paragrafen 3g und 3h.

Ich sage als jemand, der lange, 35 Jahre, Bewährungshelfer für das Bundes­ministerium für Justiz war – Sie alle erinnern sich an die Jugendlichen in Oberös­terreich; mit denen muss man anders umgehen –: Wir brauchen Präven­tionsmaßnahmen. (Bundesrat Schreuder: Ja!) Das ist in diesem Gesetz drinnen. Das möchte ich besonders unterstreichen, weil nicht jedes Gesetz


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Präventionsmaßnahmen vorsieht. Ich bin für Prävention und nicht für das Ge­fängnis. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie der Bundesräte Arlamovsky
und Preineder.)

Für diese drei, ich sage es einmal so, irregeleiteten Jugendlichen ist es besser, dass sie mit den Gräueltaten des Nationalsozialismus konfrontiert werden.
Ich bin da ganz bei Ihnen, Frau Bundesministerin, Sie haben irgendwo – ich weiß nicht mehr wo, aber ich glaube, ich habe es in einem Interview von Ihnen gelesen; falls nicht, können Sie mich gleich korrigieren – gesagt: „Es reicht nicht aus, einfach nach Mauthausen und wieder zurück zu fahren.“ Das ist keine Prävention, das ist ein Einmal-Hin-und-Zurückfahren. – Das heißt, es muss mehr sein, und deshalb ist auch politische Bildung so wichtig.

Nun zu Ihnen, Herr Kollege Spanring: Sie waren auf vielen Demonstrationen, ha­ben Sie gesagt. Ich bin da mehrmals erzwungenermaßen hineingeraten,
weil ich in der Zeit, in der die Straße den Demonstrant:innen gehört hat, die In­nenstadt durchqueren wollte. Was ich dort schon gesehen habe, waren Menschen mit Judensternen (Bundesrat Steiner: Das hat er eh gesagt! Das hat er ja gesagt!), und da war 88, HH und weiß ich was drauf. (Bundesrat Steiner:
Nein, nein! – Bundesrat Spanring: So ein Schwachsinn! – Bundesrat Steiner: Geh zum Augenarzt oder zu einem Doktor, der ...! – Bundesrat Spanring: Das ist eine mie­se Unterstellung! – Bundesrat Steiner: Eine glatte Lüge!)
 – Danke, danke, ist okay. (Bundesrat Spanring: Die wären sofort verhaftet worden von der Polizei!)

Wenn er das eh gesagt hat, dann unterstreichen wir das hier ja nur. (Bundesrat Spanring: Wo war denn die Polizei? Herr Kollege, erklär mir das! Das schau ich
mir an!)
 – Soweit ich weiß, war die Polizei mehr als oft mit diesen Demonstra­tionen beschäftigt. (Bundesrat Spanring: Du redest nur Blödsinn, wirklich! – Bundesrat Steiner: Das ist reiner Schwachsinn!) Sie hatte wahrscheinlich mehr zu tun, als nur nach dem Verbotsgesetz zu kontrollieren (Ruf bei der FPÖ:
Genau, jetzt auf einmal!),
weil das in der Hochzeit der Pandemie war. (Bundesrat Spanring: Zeig mir die Fotos, Schennach! Das hast du sicher fotografiert!)
Noch einmal: Einer der Gründe, warum es auch bei den Coronademonstrationen


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zur Anwendung dieses Gesetzes gekommen ist, ist, dass es dort zu Ver­leugnungen, zum Missbrauch von Holocaust- und Nazisymbolen gekommen ist. (Ruf bei der FPÖ: Nein, nein!)

Gut, schreit weiter, es ändert nichts daran, dass ihr heute hier dagegenstimmt. (Bundesrat Spanring: Diese Leute hätte ich selber angezeigt! ... Genau so
wäre es gewesen! Das ist eine glatte Lüge von dir, eine glatte Lüge!)
Das müsst ihr mit eurem Gewissen ausmachen. (Bundesrat Steiner: Keine Sorge!) Wir wissen auf jeden Fall, dass diese Verschärfungen des Verbotsgesetzes nach so vielen Jahren nötig sind. Es ist nach 1992 zu aktualisieren und auf den
heutigen Stand zu bringen. Das ist der richtige Schritt, und wir werden dieser Novelle mit Freude zustimmen. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen
von ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

18.38


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Ministerin Dr. Alma Zadić. – Bitte sehr, Frau Minister.


18.38.54

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Das Verbotsgesetz gehört seit mehr als 75 Jahren zum österreichischen Rechtsbe­stand. Die letzte inhaltlich bedeutsame Novelle fand vor mehr als 30 Jah­ren statt. Das bedeutet, dass es angesichts der aktuellen Entwicklungen höchste Zeit war, dass wir eine Reform vornehmen. Als wir mit den Arbeiten begon­nen haben, die Arbeitsgruppe einberufen haben, haben wir nicht damit gerech­net, dass das Thema Antisemitismus wieder so eine traurige und besorg­niserregende Aktualität erfährt.

Seit den terroristischen Gräueltaten der Hamas gegenüber der israelischen Zivil­bevölkerung am 7. Oktober verzeichnen wir auch in Österreich und in
Europa einen erschreckenden Anstieg an antisemitischen Übergriffen von allen Seiten (Bundesrat Steiner: Importierter Antisemitismus! Importiert! – Bundes­rat Spanring: Richtig! – Bundesrat Schreuder: „von allen Seiten“!) und


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verharmlosende Aussagen über nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Wer heute in die sozialen Netzwerke schaut, muss zur Kenntnis nehmen, dass sich die Tatorte von Verbrechen nach dem Verbotsgesetz, aber auch die Gutheißung von Terrorismus oder Verhetzung in den digitalen Raum verlagert haben. Antisemitische, rechtsextreme, rassistische Straftaten werden häu­figer im Internet begangen, Fakenews und Desinformation werden online gezielt eingesetzt, um unsere Demokratie zu schwächen. All dem müssen wir ent­schlossen entgegentreten, es ist unsere historische Pflicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Das Verbotsgesetz entstand ja unter dem Eindruck der begangenen Gräueltaten des Nationalsozialismus. Niemals dürfen wir daher zulassen, dass diese Schrecken des Nationalsozialismus vergessen werden. Nie wieder dürfen wir bei Antisemitismus, bei Rechtsextremismus, bei Rassismus wegschauen. Des­wegen ist es unser Ziel, das Verbotsgesetz für die neuen Herausforderungen der Zeit besser zu wappnen, und das heißt auch, antisemitische Übergriffe von
allen Seiten, egal in welcher Form, nicht zu tolerieren. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Ja, wir haben einiges geändert, beispielsweise haben wir die inländische Ge­richtsbarkeit dahin gehend erweitert, dass auch im Ausland gesetzte Verhaltens­weisen von Österreichern erfasst sind. Dies gilt sowohl für Organisations­delikte als auch für Äußerungsdelikte. So ist zum Beispiel in Zukunft ein österrei­chischer Holocaustleugner strafbar, wenn er die Tat im Ausland begeht
und sie auch „geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu verletzen“. Wenn also bei­spielsweise der Täter die Leugnung im Internet in Österreich abruf­bar macht, dann fällt er unter das Verbotsgesetz, und das ist auch richtig so.

Des Weiteren ist es, glaube ich, auch richtig, dass man eine Unterschei­dung trifft: Bei all den Delikten haben wir eine Unterscheidung zwischen einem Grunddelikt und Delikten mit besonderer Gefährlichkeit vorgenommen –


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da ist die Strafdrohung eine wesentlich höhere. Das ist aus mehreren Gründen richtig, aber aus einem ganz besonders – Abgeordneter Schennach hat es
schon gesagt –: Es schafft bei Tatbeständen in § 3g und § 3h des Verbotsgeset­zes – das ist „Nationalsozialistische Wiederbetätigung“ oder eben „Leug­nung des nationalsozialistischen Völkermords“ – für Personen, die keine verfes­tigte Ideologie haben, die Möglichkeit der Diversion. Ich halte das für
wichtig, weil es präventiv wirkt. Es wirkt präventiv. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Im Vorfeld hat es ja die Sorge gegeben: Ja, aber was genau bedeutet Diversion, gibt man jemandem ein Ticket und schickt ihn nach Mauthausen und das reicht? – Nein, das reicht natürlich nicht. Deswegen haben wir in den Erläute­rungen vorgesehen, dass wir in der Justiz uns dazu verpflichten, dass
wir spezielle Präventionsprogramme erarbeiten und es auch ein entsprechendes Budget für diese Präventionsprogramme gibt, sodass die auch wirklich
wirken, denn es geht uns ja darum, dass wir Personen, die keine verfestigte Ideologie haben, erwischen und sie auf den richtigen Weg bringen.
(Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Was die Leugnung des nationalsozialistischen Völkermords betrifft – das wurde schon erwähnt –, haben wir das Tatbestandsmerkmal „gröblich“ gestrichen
und damit die Möglichkeit geschaffen, dass auch Teilleugnungen unter das Ver­botsgesetz fallen. Das führt auch in der Praxis zu einer wesentlichen Er­leichterung, denn bis jetzt war es immer schwierig: Was ist denn eine gröbliche Leugnung? Deswegen streichen wir das Wort „gröblich“, denn jegliche Leug­nung soll unter das Verbotsgesetz fallen.

Wir haben auch die Publizitätsschwelle von 30 auf zehn Personen herabgesetzt. Da kam auch die Kritik: Was ist, wenn ich am Stammtisch vor drei, vier,
fünf Personen den Holocaust leugne? – Das ist nicht nichts, das ist und bleibt strafbar, zwar nicht nach dem Verbotsgesetz, aber nach dem Verwaltungs­strafrecht. Auch dort haben wir etwas gemacht: Wir haben die Strafen drastisch


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erhöht, die Strafdrohung beträgt jetzt 10 000 Euro und im Wiederholungs­fall 20 000 Euro, und das nicht nur in diesem Fall, sondern bei allen: beim Abzei­chengesetz und beim Symbole-Gesetz – und da ist die Hamas ja mit umfasst. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Einen Punkt möchte ich schon erwähnen: dass die Verurteilung nach
dem Verbotsgesetz bei einem Beamten, aber auch bei einem Vertragsbedienste­ten zu einem sofortigen Verlust des Amtes oder zu einer vorzeitigen Auflö­sung des Dienstverhältnisses führt. Ich halte das für richtig, denn ich finde schon, dass jemand, der nach dem Verbotsgesetz verurteilt ist, in unserem Staats­dienst einfach nichts zu suchen hat. Daher ist diese Änderung besonders wichtig. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe be­danken, weil sie das Verbotsgesetz wirklich aus allen Perspektiven durchleuchtet haben und eine Regelung gefunden oder Vorschläge gemacht haben, die
wir großteils auch so umgesetzt haben. Ich möchte mich auch beim Koalitions­partner und bei Verfassungsministerin Edtstadler für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken, insbesondere aber auch bei der Sozialdemokratie, denn es war auf den letzten Metern schon wichtig, dass wir erstens die Zweidrittelmehrheit sicherstellen und zweitens auch die konstruktiven Vor­schläge, die im Vorfeld gemacht wurden, in diesen Gesetzestext einflie­ßen. Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Spanring, ich schätze ja Ihre konstruktiven Debattenbei­träge, das habe ich auch mehrfach erwähnt, aber Sie haben in Ihrer
Rede auch gesagt, dass Sie bei Ihren Reden bei den Demonstrationen hin und wieder über das „Ziel hinausgeschossen“ sind. (Bundesrat Spanring: Viel­leicht!) Ich muss Ihnen leider sagen, dass ich der Meinung bin, dass Sie mit dieser Rede heute hier auch über das Ziel hinausgeschossen sind, denn Adi Gross
so in diese unpassende Rede hineinzuziehen (Bundesrat Spanring: Na und die Zwi­schenrufe, Frau Minister? Die Zwischenrufe haben Sie gehört, oder?) halte ich


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einfach für fehl am Platz, insbesondere wenn man seine Geschichte kennt. – Vie­len Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

18.47

18.47.39*****


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Herzlichen Dank, Frau Minister.

Ich habe mir das Protokoll kommen lassen. Es besteht ja die Möglichkeit, dass man aufeinander zugeht. Ich möchte da wie Kollegin Prügl appellieren, die heute
so eine schöne Rede gehalten – aus meiner Sicht, wenn ich das als Präsidentin einfach auch sagen darf – und gesagt hat, dass wir ja alle selbst dafür ver­antwortlich sind, auch „ein friedliches Österreich“ zu haben.

Deswegen möchte ich einfach einmal vorlesen, was da gesagt worden ist. Herr Bundesrat Spanring, Sie haben gesagt: „Na, Herr Gross, Sie werden ja auch
nicht umsonst Adi heißen! Wer hat Sie denn Adi getauft? Denken Sie einmal ein bisschen darüber nach, bevor Sie hier immer so gescheite Aussagen tätigen!“

Jetzt ist für mich die Frage: Möchten Sie sich da entschuldigen? (Bundesrat Span­ring schüttelt den Kopf.) – Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, Herr Bundesrat Spanring. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrat Spanring: Okay, nehme ich zur Kenntnis!)

*****

Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte sehr, Herr Kollege Leinfellner. (Bundes­rätin Eder-Gitschthaler: Zufällig! Spontan! – Bundesrat Leinfellner – auf dem
Weg zum Redner:innenpult –: Ja!)


18.49.09

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Ganz spontan, ja – ich will


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nicht sagen, dass ich mich nicht vorbereitet habe (Oh-Rufe bei ÖVP und
SPÖ),
denn ich habe ja schon geahnt, was kommt, aber das, was in dieser De­batte wieder passiert ist, hat mich dann doch dazu bewegt, hier heraus­zukommen, nämlich dieses Weinerliche. (Bundesrätin Platzer: Das trifft wirklich ...!) Wenn das Weinerliche ehrlich gemeint wäre, dann hätten Sie unsere ganze Zustimmung.

Kollege Schreuder, du hast gesagt, dem Antisemitismus werden wir Widerstand leisten müssen. Ja, ich stimme dir zu 100 Prozent zu. Wenn das der Grund
für dieses Gesetz wäre, dann würde es keine einzige Gegenstimme geben, da bin ich mir sicher. Du hast auch gesagt, Menschen, die dieser Ideologie huldi­gen, haben im Staatsdienst nichts verloren. – Ja, ich stimme dir auch da zu. Auch Kinderschänder haben im Staatsdienst nichts verloren, aber da schaffen
wir es nicht, Frau Bundesminister, das gesetzlich zu verankern!
(Beifall bei der FPÖ.)

Zu dem, Kollege Schennach, was du bei den Demonstrationen gesehen hast, kann ich dir nur sagen: Wenn wir das gesehen hätten, dann hätten wir
selbst Anzeige gegen diese Personen erstattet. Weißt du, was wir wirklich ge­sehen haben? – Menschen, die Angst haben, und Menschen, die vor ge­nau solchen Entwicklungen, die aufgrund dieser schwarz-grünen Bundesregie­rung zweieinhalb Jahre in diesem Land Einzug gehalten haben, warnen
wollten. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Wo ist jetzt die Rede zum Verbotsgesetz?)

Frau Bundesminister, Sie haben von Fakenews, von Desinformation im Internet gesprochen, Sie haben von einer präventiven Wirkung der Paragrafen 3g
und 3h und der Möglichkeit der Diversion gesprochen, und auf das möchte ich jetzt etwas genauer eingehen. Wir haben nach der Ausschusssitzung eine schöne Statistik bekommen, die zeigt, dass in der Coronazeit die Verharmlosung des Nationalsozialismus, wie das gerne von der Einheitspartei bezeichnet
wird, in die Höhe geschossen ist.


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Wisst ihr, was wirklich in die Höhe geschossen ist? – Die Anzeigen sind in die Höhe geschossen: 2019 waren wir bei 1 306 Anzeigen und bei 11,3 Pro­zent Verurteilungen. Dann ist das Ganze in die Höhe geschossen, weil man ge­sagt hat: Na das sind ja – wie hat sie der Vizekanzler genannt? – Neo­nazis, Rechtsextreme, Faschisten! Ich weiß nicht, was er noch alles gesagt hat. Dann hat es auf einmal 2 116 Anzeigen nach dem Verbotsgesetz gege­ben, komischerweise aber sind die Verurteilungen auf 6,5 Prozent gesunken. Im Jahr 2021 hat es, wenn ich jetzt § 3h hernehme, nur in 2,2 Prozent der
Fälle Verurteilungen gegeben. Das ist der wahre Grund, warum Sie dieses Gesetz heute verschärfen, und das werde ich Ihnen auch anhand eines konkreten Beispiels näherbringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann ja schon fast sagen, das, was Sie hier betreiben, ist die
wahre Verharmlosung. (Bundesrätin Schumann: Nein, also!) Jemand hat ein Facebook-Posting mit einem Gesundheitspass abgesetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dazu gepostet: Ich bin den Menschen dankbar,
die noch Zeugnisse aus einer Zeit haben, die nie hätten in Vergessenheit geraten sollen, und nun stehen wir an derselben Kreuzung! Dann gibt es einen Kommentar dazu: Das ist der nächste Schritt der Markierung nach der Maske, die zwar nicht hilft, aber die türkise Familie mitverdient!

Wisst ihr, was darauf folgte? – Eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das war dann genau eine dieser Einstellungen. Weil Sie Regierungskritik nicht vertragen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen Sie heute nachschärfen! Das ist der wahre
Grund. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Na geh! – Bun­desrat Schreuder: NS-Wiederbetätigung ist keine Regierungskritik! Das ist doch nicht dasselbe! Entschuldigung! Das ist nicht dasselbe! NS-Wiederbetätigung ist nicht Regierungskritik! Das ist nicht dasselbe!)

Kollege Schreuder, jetzt hör einmal zu! (Zwischenruf des Bundesrates Gross.) – Kollege Gross, das würde ich mir anschauen lassen! Permanent irgend­etwas herauszurufen, ohne gefragt zu sein, das würde ich mir wirklich anschauen


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lassen! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Gross: Mein Gott, ihr armen Frei­heitlichen! – Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: Also in Zukunft keine Zwischen­rufe mehr der FPÖ, ich freue mich! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Der nächste Kommentar: Bald kommen wir wieder in eine Zeit, in der differen­ziert wird, und alle schauen zu, weil sie nichts gelernt haben! – Ist das
eine Verharmlosung des Nationalsozialismus?– Ganz sicher nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Ihrer Gesetzesänderung hätten wir
da bei der Verurteilung nicht null stehen, wir hätten bei der Verurteilung eins stehen. Und das ist das, was Sie wollen, und deswegen ist dieses Gesetz schlicht und ergreifend abzulehnen, Frau Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt noch viele weitere Beispiele: Die Jagd auf Menschen kann beginnen! – Es gab eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Und jetzt als Draufgabe – als Draufgabe! – ein Facebook-Posting mit einem Meerschweindlkäfig, hergerichtet nach der Wikingerzeit, mit der Aufschrift: Sisi. – Es gab eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz, weil das Wikin­ger-S ausschauen soll wie die Runen damals im Zweiten Weltkrieg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir das bestrafen wollen – und ja, das wäre mit diesem Gesetz möglich –, schützen wir niemanden, da schützen wir keine einzige Volksgruppe (Bundesrat Schreuder: Dann haben wir wieder die Hakenkreuze!), für die dieses Gesetz eigentlich gedacht gewe­sen wäre. Das, was Sie da machen, ist nichts anderes als eine wirkliche Verharm­losung, und dafür ist dieses Gesetz schlicht und ergreifend nicht gedacht,
meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreu­der: Also erlauben wir wieder die Hakenkreuze?! Es geht um Ihre Wählerschaft! – Bundesrat Schennach: Und die Liederbücher nicht vergessen!)

Eines kann ich Ihnen schon noch sagen: Ganz egal, was Sie heute hier beschlie­ßen, die Bevölkerung wird sich auch in Zukunft nicht alles von dieser Re­gierung gefallen lassen. Wenn eine Regierung Ansätze wie diese hat und die Bevölkerung vor totalitären Zügen warnt, wie es die letzten zweieinhalb


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Jahre der Fall gewesen ist, wenn diese Bundesregierung den Men­schen die Grund- und Freiheitsrechte nimmt, dann kann man das Verhalten der Menschen, glaube ich, nicht in Verbindung mit dem Verbotsgesetz brin­gen. Und wenn unsere Bevölkerung auf die Straße geht, weil sie Angst vor einem Genexperiment hat – ich sage nur Impfpflicht, Frau Bundesminister–, dann
geht unsere Bevölkerung zu Recht auf die Straße, und ich bin froh, dass sie auf die Straße gegangen ist. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Himmer: Gott sei
Dank sind wir bei der Impfpflicht gelandet! Markus, das wäre mein ...! Keine Rede ohne Impfpflicht!)

Wenn es das nicht gegeben hätte, wenn es die Demonstrationen nicht gegeben hätte, dann würden wir uns heute hier herinnen nicht über diese Gesetzes­änderung unterhalten, Kollege Himmer, das muss man auch einmal klar
und deutlich sagen! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Wording zieht sich ja schon seit drei Jahren durch diese Bundesregierung. Kogler hat am 9.12.2021 bereits gesagt: „wenn Staatsverweigerer, Demo­kratiefeinde, Neonazis und Neofaschisten“ in unseren Straßen spazieren, und so weiter.

Frau Bundesminister, Sie missbrauchen das Verbotsgesetz, um friedliche und rechtschaffene Bürger zu kriminalisieren. (Bundesrat Schreuder: Hast du
das Gesetz gelesen?)
Bei totalitären Fantasien muss jeder schön still sein (Zwi­schenruf der Bundesrätin Kittl), das ist das, was Sie wollen, nämlich diese Menschen in ein rechtes Eck stellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, das ist die wahre Verharmlosung des Nationalsozialismus. Schämen Sie
sich, Frau Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Kittl: Schämen Sie sich! – Bundesrat Schreuder: Geh bitte! Also! Das ist ja wohl eine jenseitige ...!)

18.58


18.58.10

Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Weitere Wortmeldungen dazu
liegen mir zurzeit nicht vor.


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Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die Plätze wurden bereits eingenommen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag
ist somit angenommen. (Bundesrätin Schumann: War das keine Zweidrittelmaterie?)

18.58.4816. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Genos­senschaftsgesetz, das SE-Gesetz, das SCE-Gesetz und das Firmenbuchgesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023 – GesDigG 2023) (2228 d.B. und 2341 d.B. sowie 11396/BR d.B.)


Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tages­ordnung.

Als Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl gemeldet. – Ich
bitte um den Bericht. Bitte sehr.


18.59.23

Berichterstatterin Barbara Prügl: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Genossen­schaftsgesetz, das SE-Gesetz, das SCE-Gesetz und das Firmenbuchge­setz geändert werden, Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2023.

Im Wesentlichen beinhaltet es die Einrichtung eines Systems zur Disqua­lifikation von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern. (Vizepräsidentin Göll übernimmt den Vorsitz.)

Der genaue Inhalt liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:


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Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Manfred Mertel. – Bitte sehr.


19.00.35

Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Ministerin Dr. Zadić! Gestatten Sie mir, da das meine letzte Rede im heurigen Jahr ist, mich bei den Präsidentinnen für die Vorsitzführung, die nicht sehr einfach war, zu bedanken. Ich darf heute auch von einer Länderkampfstimmung hier sprechen, wenn ich das aus der Perspek­tive des Fußballs sehe. (Heiterkeit der Bundesrätin Neurauter.)

Ich habe heute vieles gehört, sehr aufmerksam die Debatten verfolgt und möchte jetzt vieles zum Ausdruck bringen, was mir dadurch auch am Herzen liegt.

Wenn wir von den Zahlen ausgehen, die wir heute gehört haben – wir liegen dort und dort, an der und der Position –, so möchte ich ein bisschen einen Vergleich mit Trainern bringen, die an und für sich nicht erfolgreich sind, weil sie das Spiel nicht verfolgen. Sie wissen zwar, wie hoch die Passquote ist, sie
wissen auch, wie hoch der Spielanteil ist, aber sie bekommen das Spiel unter den Mitmenschen eigentlich nicht mit.

Ich glaube, das sollten wir verhindern, denn der zweite Aspekt, den ich noch einbringen möchte, ist folgender: Als ich heute um 7 Uhr gefrühstückt habe, bin ich auf einer Ebene mit anderen gesessen. Ich bin gesessen, die anderen
haben schwer gearbeitet, das waren circa 20 Bauarbeiter, die ein Mehrpartei­enhaus errichten. Ich habe mir dabei gedacht: Die stehen am 20. De­zember bei Wind, Sturm und bei Regen den Dienstgebern zur Verfügung und machen einen tollen Job.


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Dann habe ich mich erinnert und habe zu mir gesagt: Von unserem Steuer­aufkommen kommen 85 Prozent von den Konsument:innen und von
den Dienstnehmern. Und wenn wir das verfolgen, so sollten wir doch ein biss­chen auch zu dem heutigen Thema, Frau Dr. Zadić, zu dem wir sprechen,
einen Bezug herstellen. Wir sprechen ja von einer EU-Vorgabe, die in nationales Recht umzusetzen ist, und die von disqualifizierten Geschäftsführern
spricht. Und warum stelle ich diesen Bezug her? – Weil mich heute auch Kollege Steiner dazu animiert hat. Wenn Sie sich erinnern - - (Bundesrat Schen­nach: Der ist nicht da!) – Ja, das macht nichts, aber ich möchte diesen Vergleich bringen. Vielleicht lehnen Sie ihn ab, aber vielleicht finden Sie etwas
dabei, was man in Zukunft verändern kann.

Wenn wir Kinder am ersten Schultag in die Volksschule begleiten, so kommt uns in den Sinn: Was wird wohl aus diesem Kind in sieben bis acht Jahren? Wir wünschen dem Kind eine erfolgreiche Schullaufbahn. Wenn es dann vielleicht nach vier Jahren Volksschule entweder in das Gymnasium oder in eine
neue Mittelschule eintritt, fragen wir uns: Was wird in den nächsten sieben bis acht Jahren aus diesem Kind? Wird es eine Lehre machen? Wird es die
Matura anstreben? Wenn wir dann mit Blick auf dieses Kind in einem Alter von 15 Jahren die Überlegung anstellen, okay, er macht eine Lehre: Wird er in
sieben oder acht Jahren vielleicht die Meisterprüfung machen? Wenn Leute die Matura schaffen, dann werden wir uns überlegen, wie sie in den nächsten
sieben Jahren vielleicht ihr Doktorat schaffen oder ihre Fortsetzung im Berufsle­ben sehen.

Warum sage ich das? – Weil mich Kollege Steiner, wenn ich ihn so anspre­chen darf, auf etwas gebracht hat. In diesem Saal sitzen drei Parteien, die in den letzten sieben Jahren die Regierungsverantwortung innegehabt haben. Die Österreicher werden sich fragen: Was ist eigentlich in diesen sieben Jahren alles passiert? Und jetzt komme ich wieder zu dieser Fehlpassquote, von der man sagt, die ist ja gar nicht so schlecht. (Bundesrat Schennach: Entschuldige, die haben


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aber auch Regierungsverantwortung gehabt!)  Drei Parteien. (Ruf: ... vier Par­teien ...!) Ich will sie nicht nennen, ich habe einen anderen Stil, aber ich glaube, je­der darf sich angesprochen fühlen, wenn er mitgewirkt hat.

Ich darf mich auf das beziehen, was du jetzt als Einwand gebracht hast. Es
ist eine Partei hier im Saal, mit dem Kollegen Arlamovsky, die gar nicht eingeladen worden ist (Bundesrat Schennach: Öh!) zu Regierungsgesprächen. Der damalige Geschäftsführer hatte ja eine ganz andere Vorstellung. Er hat ge­sagt, die Sozialpartnerschaft, die über Jahrzehnte funktioniert hat, ist uns ein Dorn im Auge. Und jetzt müssen wir wieder auf die Sozialpartnerschaft zurückgreifen, um all die Probleme zu lösen.

Nun komme ich zu dem eigentlichen Thema, Frau Dr. Zadić: dass die Geschäfts­führerverantwortung in einer Gesellschaft eine sehr wichtige ist und auch
eine Vorbildwirkung hat. Und wenn man sich den Gesetzesbeschluss des Natio­nalrates anschaut, so kommt man doch darauf, dass wir sehr, sehr milde
mit betrügerischen, missbräuchlichen Gestaltungsformen in der Geschäftsfüh­rung umgehen.

Wir sagen, es gibt keine Ex-lege-Enthebung von dieser Funktion, sondern es muss eine rechtskräftige Verurteilung vorliegen – das muss natürlich vo­rauslaufen, das ist keine Frage –, aber er kann selbst seinen Rücktritt erklären, und nach 14 Tagen sollte er seiner Geschäftsführerposition enthoben
sein. Wenn er das nicht macht, so dauert es über Monate, dauert es über Zeit­räume, in denen wir nicht verfolgen können, was da tatsächlich passiert.
Es ist also dann das Firmenbuchgericht am Zug, und wie schnell die Daten zur Verfügung stehen, können wir alle nicht abschätzen.

Ich möchte zum Schluss kommen und Ihnen als Ministerin sagen – ich habe Ihnen das schon einmal im Juni, glaube ich, gesagt, als es um die Korrup­tion gegangen ist –, dass wir vorbildhaft agieren müssen. Die Vorbildhaftigkeit oder Vorbildwirkung muss von uns politisch Tätigen vorangestellt wer­den. Und wenn wir uns nur in einer Aufgabenerfüllung begegnen, dass wir sagen,


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wir müssen diesen Staat, dieser Gesellschaft und letztendlich auch unse­ren Unternehmen dienlich sein, dann werde ich auch die Frage beantworten können, die ich mir heute selbst gestellt habe: Was wird aus diesen Bau­arbeitern, die heute bei Wind, Sturm und Regen ihre Arbeit für eine Immobilie, die sicherlich dann auch dem freien Markt zur Verfügung gestellt wird,
wo wahrscheinlich wiederum Gewinne lukriert werden, verrichtet haben? Das ist natürlich aus der Sicht der Unternehmer durchaus auch in Ordnung, aber
als ich daran gedacht habe, dass man die Hacklerregelung abgeschafft hat, ist mir bei dem heutigen Anblick, obwohl ich in der warmen Stube gesessen bin,
kalt geworden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich darf Ihnen, Frau Ministerin, sa­gen, ich glaube, dass Sie persönlich, Sie selbst immer ein Bestreben haben,
die Dinge so zu sehen, wie sie eigentlich zu sehen sind, aber dass Ihnen
mit einem Koalitionspartner in Ihren Tätigkeiten doch sehr oft die Hände ge­bunden sind. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl. – Bitte.


19.09.05

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Schen­nach: Wien nicht vergessen!) – Bitte? (Bundesrat Schennach: Wien nicht verges­sen!) – Liebe Wiener Kollegen und Kolleginnen! (Heiterkeit bei Bundes­rät:innen von SPÖ und Grünen.) Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Ganz kurz und leider relativ trocken, aber ein bisschen schneller, möchte ich wieder zum Thema zurückkehren. Ich habe zwar gedacht, Sie erzählen mir etwas, Herr Kollege Mertel, über die Disqualifikation, nämlich auch im Fußball.
Da habe ich mir gedacht, das interessiert mich, wie man da den Link schafft, aber das machen Sie vielleicht dann später noch in der Pause.


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Es geht heute darum, dass Personen, die mit einer mehr als sechsmonatigen Frei­heitsstrafe aufgrund von wirtschaftsnahen strafbaren Handlungen rechts­kräftig verurteilt werden, drei Jahre lang nicht mehr als Geschäftsführer in einer GmbH, als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft
oder Direktor:in einer Europäischen Genossenschaft tätig sein dürfen.

Das Firmenbuch wird automationsunterstützt – ich glaube, das ist ganz wichtig in dem Fall – ab dem nächsten Jahr prüfen, ob so eine strafbare Handlung vorliegt, und falls sie vorliegt, disqualifiziert das quasi die Person als Vertretungs­organ dieser Kapitalgesellschaft, und das Firmenbuch fordert die Gesell­schaft auf, diese disqualifizierte Person unverzüglich abzuberufen. Tut sie das nicht, wird diese Person innerhalb von zwei Monaten – das geht also maximal zwei Monate – von Amts wegen gelöscht, und die Person gilt als ab­berufen.

Diese Abberufung tritt damit aber schon nach dem rechtskräftigen Urteil
ein, ohne dass es einer zusätzlichen gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung bedarf, also quasi ex lege. Das ist eigentlich das, was Sie gefordert haben, liebe SPÖ. Das ist im Gesetz so vorgesehen, daher könnten Sie jetzt zustimmen.

Wichtig ist aber da, und das eben, weil es eine EU-Richtlinien-Umsetzung ist, dass es einen grenzüberschreitenden Austausch von Informationen
über disqualifizierte vertretungsbefugte Gesellschaftsorgane zwischen allen europäischen Handelsregistern über die EWR-Registervernetzung gibt.

Dieses Gesetz ist in dem Sinn auch so wichtig, weil es die wirtschaftsnahen De­likte sind, die von einer Vertretung einer Kapitalgesellschaft ausschließen. Taxativ aufgezählt: Da geht es um Betrug, da geht es um Untreue, um Fördermissbrauch, um organisierte Schwarzarbeit und Geldwäscherei, um Ab­sprachen, aber auch um Abgabenbetrug. Das sind Delikte, die zum Scha­den von Personen führen, die mit der Gesellschaft zu tun haben, aber das sind


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auch Delikte, die dem Sozialstaat schaden, weil der Sozialstaat um Abga­ben gebracht wird, und die auch natürlich der Wirtschaft im Gesamten schaden, weil die Personen, die Gesellschaften, die sich redlich verhalten, einen Nach­teil am Markt haben.

Es wurde in der Diskussion – nicht jetzt, aber schon davor – auch behauptet, dass nun niemand mehr Geschäftsführer:in werden will. Das ist meiner Meinung nach ziemlich realitätsfremd, denn einerseits sind das gutbezahlte Jobs, und
zwar genau deswegen, weil sie mit Verantwortung einhergehen, und zweitens greift die Disqualifizierung dieser Geschäftsführer:innen oder vertretungs­befugten Personen von Kapitalgesellschaften nur dann, wenn das strafrechtliche Delikt mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist – und das
ist meistens mit einem Vorsatz, also mit einer absichtlichen Hand­lung verbunden.

Daher ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum die SPÖ und auch die FPÖ diese Regelung ablehnen, die eigentlich das Vertrauen in das wirtschaftli­che Gebaren stärkt und vor allem grenzüberschreitende Rechtssicherheit voran­treibt. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.13


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Marlies Doppler. – Bitte sehr.


19.13.15

Bundesrätin Marlies Doppler (FPÖ, Salzburg): Frau Vizepräsidentin! Frau Minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wird heute ein Gesetz beschlos­sen, mit dem die EU-Digitalisierungsrichtlinie umgesetzt werden soll, nämlich im Hinblick auf disqualifizierte Geschäftsführer. Es geht darum, dafür zu sor­gen, dass Geschäftsführer, welche kriminelle und/oder betrügerische Handlun­gen gesetzt haben, nicht mehr als Geschäftsführer in einem Unternehmen
tätig sein dürfen. Das klingt ja so weit ganz gut. Jedoch ist der Teufel wie so oft


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im Detail verborgen. Daher können wir Freiheitliche heute der Umsetzung
dieser EU-Richtlinie in das nationale Recht nicht zustimmen.

Es gibt keinen abschließenden, taxativen Katalog, wann jemand nicht mehr als Geschäftsführer eingesetzt werden darf, und genau das macht die Ge­schichte brandgefährlich, denn durch die schwammige Formulierung besteht die Gefahr von Willkür in diesem Bereich, und diese Gefahr ist eklatant. (Beifall
bei der FPÖ.)

Mit unserer Ansicht folgen wir auch dem Obersten Gerichtshof. Dieser hat näm­lich gemeint, dass die Art und Weise, wie die Umsetzung erfolgt, viel zu weitläufig ist und am eigentlichen Ziel vorbeigeht, was fast schon richtlinien­widrig ist. Wie gesagt: Wir Freiheitliche können dieser Gesetzesvorla­ge aus diesen Gründen nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.14


Vizepräsidentin Margit Göll: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs. – Bitte.


19.15.20

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Worum es in dieser Gesetzesvorlage geht, hat meine Vorrednerin Bundesrätin Kittl schon im Detail ausgeführt, darum muss und werde ich darauf gar nicht mehr eingehen.

Ich möchte nun ein bisschen auf das eingehen, was meine Vorrednerin Marlies Doppler gesagt hat, und zwar dass es da um Willkür geht. (Bundesrätin Doppler: Dass die Gefahr besteht!) – Dass die Gefahr besteht, dass es um Willkür gehen könnte. (Bundesrätin Doppler: Bitte die Unterscheidung zu machen!)

Ganz generell ist es so, dass die EU-Mitgliedstaaten bei der Festlegung, welche Tatbestände eine Disqualifikation auslösen, frei sind. Um aber ein hohes


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Maß an Rechtssicherheit zu gewährleisten, ist bei uns in Österreich eben vorge­sehen, dass ausschließlich eine Verurteilung aufgrund von wirtschafts­nahen Delikten ausschlaggebend ist. Das schränkt das Ganze also schon ein,
ich sehe da also keine Gefahr von Willkür. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler.)

Es gibt ja sogar auch einen entsprechenden Deliktskatalog, der die straf­baren Handlungen aufzählt, die zu einer Disqualifikation führen. Die sind auch in der Gesetzesvorlage angeführt. Ich möchte ein paar noch einmal nennen, Kollegin Kittl hat eh auch schon einige aufgezählt. Wirtschaftsnahe Delikte sind zum Beispiel Betrug, Untreue, Förderungsmissbrauch, Vorenthaltung von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung oder organisierte Schwarzarbeit, betrügerische Krida, Schädigung fremder Gläubiger oder auch
Abgabenbetrug.

Die Disqualifikationen in anderen Mitgliedstaaten, die dort vielleicht auch auf­grund anderer Verurteilungen möglich sind, müssen in Österreich nicht automatisch anerkannt werden. Damit alle EU-Mitgliedstaaten Informationen über eine geltende Disqualifikation erhalten können, haben die Mitglied­staaten, wie wir bereits gehört haben, ein System zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer einzurichten.
Die Zuständigkeit für diesen grenzüberschreitenden Informationsaustausch wird für ganz Österreich dem Handelsgericht Wien übertragen.

Die gegenständliche Gesetzesvorlage dient dem Schutz der Allgemeinheit bezie­hungsweise außenstehender Dritter vor ungeeigneten Geschäftsführern.
Das ist sehr wichtig, und daher bitte ich Sie alle um Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

19.18


19.18.14

Vizepräsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist
die Debatte geschlossen.


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Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, somit ist der Antrag angenommen.

19.18.4917. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem ein Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz erlassen wird sowie
das GmbH-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz,
das Notariatstarifgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Wirtschaftliche Ei­gentümer Registergesetz und das Gerichtsgebührengesetz geän­dert werden (Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 – GesRÄG 2023) (2320 d.B. und 2342 d.B. sowie 11397/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. Ich bitte um ihren Bericht.


19.19.15

Berichterstatterin Sandra Lassnig: Frau Vizepräsidentin! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. De­zember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Flexible-Kapitalgesell­schafts-Gesetz erlassen wird sowie das GmbH-Gesetz, das Firmenbuch­gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Notariatstarifgesetz, das Rechtsanwalts­tarifgesetz, das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz und das Ge­richtsgebührengesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung:


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Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. – Bitte.


19.20.10

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Flexibilität ist also das neue Zauberwort bei Firmengründungen, flexible Kapitalgesell­schaften sollen möglich werden.

Flexi-KG soll das Ding heißen, schnell gegründet mit einer Urkunde, die auch von einem Advokaten, einer Advokatin im EU-Ausland aufgesetzt werden kann.
Sie können dann auch Eintragungen im Firmenbuch vornehmen. Das Mindest­stammkapital – und damit der Haftungsstock – soll massiv reduziert
werden, Anteilsübertragungen können auch ganz flott, wie es geplant ist,
ohne Notarin, ohne Notar stattfinden.

Gerade Notarinnen – es gibt sehr wenige, leider! –, Notare, die bisher als über Parteiinteressen stehende, neutrale Instanzen für besondere Prüfge­nauigkeit und Transparenz unverzichtbar waren, braucht es künftig für derartige Gründungen eigentlich nicht mehr, weil ja alles easy-peasy und flott und
schnell und flexibel gehen soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Frau Ministerin! Das ist das absolut falsche Signal zum falschen Zeitpunkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir bekommen ja ganz deutlich vor Augen geführt, welch großer Schaden gerade durch verschachtelte Firmenkonstruktionen angerichtet wird,
wie schwierig sich dann die Ermittlungsarbeiten gestalten und welche Probleme


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da entstehen. Da gehen Schnelligkeit und Flexibilität wirklich auf Kosten
der Transparenz und der Sicherheit im Sinne der Haftungssicherheit. Das ist ab­solut abzulehnen.

Positiv ist aber, dass diese Regierungsvorlage erstmals ausschließlich in
der weiblichen Form formuliert ist. Das ist eine willkommene Abwechslung und absolut begrüßenswert, macht aber den Inhalt leider nicht besser. (Beifall
bei der SPÖ.)

19.22


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl. – Bitte sehr.


19.22.51

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Werte Präsidentin! Liebe Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen vor
den Bildschirmen! Ja, zum ersten Mal wurde ein Gesetzentwurf geschrieben, der in seiner Wortwahl nur Frauen zu adressieren scheint, aber Männer sind natürlich mitgemeint.

Noch dazu handelt es sich um ein Gesetz über Start-ups, über Gründerinnen von Unternehmen, von Kapitalgesellschaften, ein Gesetz, das den Mut und die Innovationskraft unterstützt, ein Gesetz übers Wirtschaften und ein Gesetz über den Erfolg.

Was für ein Zeichen, mit diesem Gesetzesinhalt Frauen direkt anzusprechen! Ja, das tut es unumwunden, es spricht Frauen direkt an. Das tun auch viele
andere Gesetze, wenn sie in rein männlicher Form geschrieben sind, dann spre­chen sie nämlich direkt Männer an. Und ja, wir Frauen waren vielleicht
immer mitgemeint, aber wir wurden nie angesprochen.

Die Sprache aber gibt uns die Möglichkeit, alle Gemeinten auch anzusprechen. Sogar das Internet kapiert das. Es kennt das Mitgemeinte gar nicht. Ge­ben Sie Ärzte ein, dann kommen so gut wie nur Männer. Geben Sie Ärztinnen


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ein, dann kommen nur Frauen. Das ist auch logisch, denn das Bezeichnete
wird gezeigt. Das nennen wir auch Definitionsmacht. Wenn ich definiere, dass Frauen bei Ärzten, Doktoren, Politikern, Präsidenten, Pflegern oder
Lehrern mitgemeint sind, dann erkläre ich damit, dass die weiblichen Vertre­terinnen dieser Professionen nicht wichtig sind und sie daher nicht sichtbar sein müssen.

Warum aber ist es durchaus üblich, von Friseurinnen, Kassiererinnen, Kin­dergärtnerinnen und Krankenschwestern zu sprechen? Kommt dabei nur ein Mann vor, wird sofort gegendert oder ein neues Wort erfunden. Sprache
ist ein Machtinstrument und sie ist alles andere als zeitlos. Oder wollen wir die Sprache von vor über 300 Jahren für Gesetzestexte verwenden? – Natür­lich nicht. Wir wollen, dass Frauen sichtbar sind und dass sie gleichberechtigt sind. Mit der Form dieses Gesetzes setzen wir dafür ein Zeichen. (Beifall
bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Ein letzter Satz noch, weil ich mir sicher bin, dass die FPÖ wieder die Traditionen hochhalten wollen wird: In Wirklichkeit aber – das zeigen Sie immer wie­der! – fehlt es Ihnen am Willen, an der Schaffenskraft und an der Fähigkeit, sich auf die tatsächlichen und sich natürlich permanent verändernden Verhält­nisse einzustellen, sowohl in der Gleichberechtigung als auch im Umweltschutz und im Unternehmensrecht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:in­nen von ÖVP und SPÖ.)

Nun aber zum Inhalt des Gesellschaftsrechtsänderungspakets: Es wird nun eine neue innovative und international schon erprobte Gesellschaftsform, näm­lich die flexible Kapitalgesellschaft, geschaffen. Sie ist eine Art Hybridform, eine Mischung aus den Vorteilen der Aktiengesellschaft und der veränderten GesmbH. Damit soll eine Gestaltungsmöglichkeit – das ist ein wichtiger Punkt – im Gesellschaftsvertrag geschaffen und ein geringeres Stammkapital ange­setzt werden. Damit folgen wir den Bedürfnissen von Start-ups und deren Grün­der:innen und machen Österreich auch für innovative Betriebe attraktiver.


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Wir wissen auch, dass Neugründer:innen nicht immer die Reichsten sind, deswe­gen ist diese dauerhafte Herabsetzung auf 10 000 Euro durchaus begrü­ßenswert, sie befindet sich übrigens im europäischen Mittel.

Aufgrund dieser verringerten Bemessungsgrundlage reduzieren sich als weitere gute Folge auch die dafür notwendigen Notariatsgebühren wesentlich, die
bei der Errichtung solch einer Flexkap anfallen. Das betrifft in etwa 15 000 GmbH-Gründungen pro Jahr, also eine ganz schöne Menge an Grün­der:innen.

Um diesen modernen und meist auch sogar hierarchieflachen, aber auch identi­fikatorischen Unternehmensformen gerecht zu werden und um auch An­reize für Mitarbeitende zu schaffen, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen, wird es nun relativ einfach die Möglichkeit geben, andere Personen durch Unternehmenswertanteile am Gewinn des Unternehmens zu beteiligen. Ich be­tone wert so sehr, weil es da nicht um Anteile geht, wie fälschlich gesagt
wurde oder wie vielleicht fälschlich verstanden wurde, es geht nicht um eine An­teilsübertragung im klassischen Sinn, sondern es geht eigentlich um die Gewinnanteilsübertragung.

Dass so etwas möglich ist, wird im Gesellschaftsvertrag und von einem Notar beglaubigt. Es wird aber auch im Gesetz vorgesehen, dass nur maximal 25 Prozent dieser Kapitalanteile an Gewinnbeteiligungen ausgegeben werden dürfen. Das Wichtige daran ist: Diese Gewinnbeteiligungen sind nicht mit
einem Stimmrecht verbunden, nehmen also keinen Einfluss auf das Unterneh­men. Zudem sind – wir haben es im Ausschuss gehört – das Firmenbuch
und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz uneingeschränkt anwendbar.

Dieses von vielen Expert:innen – im Justizministerium unter anderem –
drei Jahre lang ausgearbeitete und sehr wohl an internationalen Vorbildern aus­gerichtete Gesetz wird also kleinere und mittlere Unternehmen stärken
und fördern. Das ist meiner Meinung nach das richtige Signal, denn es begrüßt


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Innovation und stärkt den Binnenmarkt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

19.28


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.


19.28.47

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Minister! Geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Liebe Zuschauer
hier herinnen und vor den Bildschirmen! Ich habe eine Frage an Frau Kollegin Kittl, weil sie das so betont hat: Heißt das jetzt, es dürfen nur Frauen die­se Flexkap gründen? (Bundesrätin Kittl: Nein, Sie haben es falsch verstanden, Sie sind mitgemeint!) – Aha, okay. Das hat so geklungen. Ich fühle mich eh mitbetroffen. (Bundesrat Schreuder: Keine Sorge, Sie dürfen auch! – Bundesrat Schennach: Keine Diskriminierung für Spanring!)

Wir diskutieren also dieses Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz, gegen das wir auf jeden Fall aus mehreren Gründen Einspruch erheben werden. Ein Grund, warum wir gegen diesen Gesetzentwurf Einspruch erheben werden, ist, weil es bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen einen neuartigen Akt gibt, dass man nämlich – und die Grundidee ist gut – bei erfolgreichen Start-ups Unternehmerbeteiligungen steuerlich begünstigen kann. Wie gesagt,
das wäre nachvollziehbar. Das ist aber im Steuerrecht lösbar, dazu braucht man sicher keine neue Gesellschaft zu erfinden, die wieder nichts anderes als
ein neuerliches Experiment ist.

Wir erinnern uns an die GesmbH light. Das war ein Experiment, das erstens or­dentlich schiefgegangen ist und zweitens Österreich damals zu einer inter­nationalen Lachnummer abgestempelt hat.

Jetzt wird das Stammkapital der GesmbH quasi von 35 000 Euro auf 10 000 Euro heruntergesetzt. Das gab es zwischendurch schon, dann ist es wieder hinaufgesetzt worden, jetzt setzt man es wieder herunter. Also, es ist halt


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nicht wirklich durchdacht, und durch diese Senkung wird natürlich der österreichische Staat auch wieder viel Geld verlieren. Das ist Ihnen eh wurscht – koste es, was es wolle –, weil Sie nach Ihrer Regierungszeit verbrannte Erde hinterlassen.

Übrigens: Es wäre zum Beispiel ein Ansatz gewesen, Gründung einfacher zu machen. Das ist aber auch nicht der Fall. Es ist nach wie vor relativ komplex, um nicht zu sagen: kompliziert. Also Verbesserungen sind da nicht wirklich er­kennbar.

Eine neue Urkunde soll eingeführt werden, die dann einen Notariatsakt ersetzt. In Österreich, denke ich, weiß man, was ein Notariatsakt ist. Das ist das,
was allen Beteiligten immer irrsinnige Rechtssicherheit bietet. Das wird eben da durch eine Anwaltsurkunde – auch von Anwälten aus anderen Staaten –
ersetzt. Das ist in Wahrheit eine Hinunternivellierung unserer hohen Standards in Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist vor allem deswegen verwunderlich, weil immer und überall der Kampf gegen Geldwäsche als Vorwand genommen wird, um diverse Gesetze durchzuboxen – Stichwort Bargeldabschaffung. Da wird jetzt aber ganz ab­sichtlich eine Möglichkeit zur Geldwäsche neu geschaffen, die es bis dato nicht gab, und alle machen mit. Das ist in Wahrheit das völlig Absurde und Unver­ständliche daran.

Ein Gesetz sollte grundsätzlich Rechtssicherheit bringen. Dieses Gesetz ist aber voller Experimente, und eines dieser Experimente ist auch das Gendern. Natürlich muss ein Gesetz so ausformuliert sein, dass es möglichst alle verste­hen. Gendern bewirkt aber halt einmal das genaue Gegenteil. (Bundesrat Schreuder: Mah, das tut uns leid! Sorry! So arm, der Herr Spanring!) Lesen Sie einmal zwei längere Texte, von denen einer gegendert und der andere ungegendert
ist! Sie werden draufkommen: Der ungegenderte Text ist einfach viel schöner zu lesen. Das ist nun einmal so. (Beifall bei der FPÖ. – Oh-Rufe bei der SPÖ.)


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Dieses Gesetz ist jetzt in rein weiblicher Form ausformuliert. Das ist ja an sich schon deshalb unsinnig, weil die deutsche Sprache nicht männlich ist,
auch wenn Sie das so projizieren wollen. Das generische Maskulinum, das ver­wendet wird, ist eine geschlechtsneutrale Formulierung (Bundesrat
Schreuder:
Aber Migranten sollen Deutsch lernen! Na servas!), mit der maskuline Substantive und maskuline Pronomen etwas geschlechtsneutral zum Aus­druck bringen. Das verstehen Sie nicht. Ich weiß, die deutsche Spra­che ist schwer. (Bundesrat Schreuder: Frau Zadić und ich wissen das! Wir sind zugewandert!) Besonders bei den Grünen gibt es wieder große Probleme.

Ich werde Ihnen auch gerne heute einige Beispiele bringen, warum diese ge­samte Genderdebatte, die wir jetzt haben, einfach nur heuchlerisch und unehrlich ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Wir sprechen ja oft auch außerhalb des Plenums miteinander über diverse
Dinge – man trifft sich nach einer Ausschusssitzung und redet kurz –, und ko­mischerweise oder, viel besser gesagt, Gott sei Dank gendern da die
wenigsten von Ihnen, fast niemand gendert bei normalen Gesprächen. (Bun­desrat Schreuder: Aber Göttin sei Dank könntest du wenigstens sagen!)

Merken Sie diese Unehrlichkeit? Entweder reden Sie gegendert oder nicht, aber das machen Sie offensichtlich nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat
Schreuder: Ich sage oft:
Göttin sei Dank!) Sie gendern eben nicht. (Zwischenruf
der Bundesrätin Schumann.)

Der größte Genderer ist ja jetzt Herr Schreuder, der sich dafür einsetzt.
Ich bin mir sicher, Herr Schreuder, wenn Sie zu Hause bei Ihrer Familie sind, dann gendern Sie auch nicht. (Bundesrat Schreuder: O ja!) Sie werden
zum Beispiel auch nicht zu Hause zu Ihrem Mann sagen: Heute gab es viele Redner:innenbeiträge von Bundesrät:innen vom Redner:innenpult aus,
welche von Zuschauer:innen verfolgt wurden. (Widerspruch bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.) – So reden Sie miteinander zu Hause? Das erklärt
alles! Wahrscheinlich sagen Sie, wenn Sie zu Weihnachten zu Hause sind, auch nicht: Liebe Mama, lieber Papa, danke, dass es euch gibt!, sondern Sie sagen:


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Danke, lieber Elternteil eins, und danke, lieber Elternteil zwei! – Haltet uns nicht alle für dümmer, als ihr vielleicht selber seid. Nicht böse sein! (Beifall bei
der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Diese Scheinheiligkeit in der Debatte haben wir ja hier im Plenum schon erlebt. Dasselbe haben wir mit den Masken gehabt (Bundesrat Schreuder: Ja! Jetzt
sind sie da! Jawohl! Bullshitbingo! Bullshitbingo eins! Schnapserl trinken! – Heiterkeit bei der SPÖ):
Kameras an! – Oh, ich habe die Maske aufgehabt! Waren
die Kameras weg, haben alle die Masken unten gehabt. Das ist einfach unehrlich, aber das ist halt grün-schwarze Politik. (Bundesrätin Schumann: Gendern
und Masken in einem! – Bundesrat Schreuder: Ja, jetzt fehlen noch die Ausländer!)

Sie erklären uns ja immer – Frau Kittl hat es gerade erklärt –, wie wichtig
das Gendern ist, um die Frauen sichtbar zu machen. Ich kann Ihnen etwas zum Thema Frauen sichtbar machen sagen (Zwischenrufe bei der SPÖ): Die
größte Gefahr für Mütter – Mütter: Sie wissen, das sind die Elternteile eins be­ziehungsweise die gebärenden Personen, die ihr Leben riskiert haben,
um uns auf die Welt zu bringen (Bundesrat Gross: Wir reden über das Gesell­schaftsrechts-Änderungsgesetz!) – und Neugeborene besteht während der Geburt und unmittelbar danach. (Bundesrat Gross: Zur Sache!) Schätzungsweise 2,8 Millionen Mütter und Babys sterben jedes Jahr während der Geburt oder unmittelbar danach. Das ist alle 11 Sekunden eine Mutter oder ein Neu­geborenes auf der ganzen Welt.

Sie wissen ganz genauso gut wie ich, dass das verhinderbar wäre. Man bräuchte dafür eine bezahlbare, qualitativ hochwertigere Gesundheitsversorgung.
Jetzt kommt’s: Berechnungen zufolge würde das pro Jahr 5 Milliarden Euro kos­ten. 5 Milliarden Euro: Wissen Sie, was das ist? – Das ist der Betrag, den Österreich für den ganzen Testwahnsinn hinausgehaut hat (Bundesrätin Huber: Zur Sache!), der nichts gebracht hat (Beifall bei der FPÖ), nicht einmal Er­kenntnisse.


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Damit hätte man mehr als zwei Millionen Frauen und Kinder retten können, aber das ist wahrscheinlich der Grund, warum in Entwicklungsländern nicht
gegendert wird. (Bundesrätin Schumann: Ah! Ja!)

Darum: Ein rein weiblich formuliertes Gesetz ist nichts anderes als ein Placebo der Gutmenschen, bei dem man sich am Abend auf die Schulter klopft
und sagt: Wow! Schau, was wir heute wieder Tolles gemacht haben! (Bundesrätin Schumann: Die Frauen sind nicht das FPÖ-Thema!) Ich kann Ihnen sagen, gar
nichts
haben Sie gemacht. Das, was ich Ihnen gerade gesagt habe,
wäre eine Politik für Frauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Außerdem missachten Sie mit der gegenderten Ausformulierung dieses Gesetzes den Willen der Mehrheitsbevölkerung, denn weit mehr als zwei Drittel der Bevölkerung wollen das Gendern nicht (Bundesrat Schennach: Aber die Mehrheit sind Frauen!), und Sie zwingen uns den Willen einer Minderheit auf und verhunzen damit unsere Sprache. Da passt der Spruch von Mario Barth, der gesagt hat: „Ich gendere nicht, ich habe einen Schulabschluss“. (Beifall
bei der FPÖ.)

Weil wir heute schon eine passende Debatte haben, kann ich auch da ein Beispiel bringen. Die Sprache, meine Damen und Herren, entwickelt sich aus sich heraus. Es ist zwei Mal versucht worden, eine Sprache von oben herab zu diktieren: einmal unter den Nazis und einmal unter den Kommunisten. Das hat natürlich nur unter Druck temporär funktioniert, und sobald der Druck
weg war, war die Sprache Gott sei Dank wieder normal, und das andere war

Gott sei Dank Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie gesagt: Der Großteil unserer Landsleute lehnt das Gendern ab, und wir als FPÖ in Niederösterreich haben dem Ganzen auch gemeinsam mit der ÖVP
einen Riegel vorgeschoben. (Bundesrätin Schumann: Gut gemacht, ja! Danke, ÖVP! Ein Verbot, von oben diktiert! Genau!) Danke, Udo Landbauer, kann ich da
nur sagen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Leider lässt sich die ÖVP auf Bundesebene aber noch immer von den Grünen am Nasenring durch die Manege ziehen. Auch da kann ich Sie aber beruhigen:
Mit einem Volkskanzler Herbert Kickl werden wir eine ordentliche Frauenpolitik machen, die Frauen wieder wirklich etwas bringt (Bundesrätin Schumann:
„eine ordentliche Frauenpolitik“, „ordentliche Frauenpolitik“, „ordentliche Frauenpoli­tik“! Jawohl! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), und das Gendern wird dann Geschichte sein. (Beifall bei der FPÖ.)

19.38


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Matthias Zauner. – Bitte sehr.


19.39.01

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Bundesrätin Schu­mann: Sagen Sie was zur ordentlichen Frauenpolitik!) Österreich ist ein Land der Gründerinnen und Gründer. 15 000 GmbHs sind im Vorjahr in Öster­reich gegründet worden. Mit diesem heutigen Gesetz wollen wir das Gründen einfacher machen und auch den Start-ups das Gründen erleichtern. Es
geht darum, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und niederschwellige Rah­menbedingungen für die besten Ideen in unserem Land zu schaffen.

Kollegin Grossmann, wenn Sie in diesem Zusammenhang von Ermittlungsarbeit und verschränkten Konstruktionen sprechen, dann hoffe ich doch, dass Sie
nicht alle unsere Gründerinnen und Gründer unter Generalverdacht stellen (Bun­desrat Schennach: Tut sie nie! Tut sie nie!), sondern dass wir diejenigen in den Vordergrund stellen, um die es geht. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht um flexiblere Möglichkeiten, die bislang Aktiengesellschaften vorbehalten waren. Es geht darum, Regelungen zu schaffen, die die Mitarbeite­rinnen- und Mitarbeiterbeteiligung einfacher machen, und es geht auch
um eine Flexibilisierung der Anteilsübertragung.


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Und ja, meine Damen und Herren, dieses Gesetz wurde nicht nur hier, sondern auch schon im Nationalratsplenum, auch bei uns im Klub und davor auf
der einen Seite nach dem Inhalt und auf der anderen Seite nach der Form dis­kutiert. Frau Bundesministerin, die Abfassung in weiblicher Form hilft
wohl keiner Unternehmerin und keiner Mitarbeiterin (Ah-Rufe bei der SPÖ), aber der Inhalt dieses Gesetzes tut es.

Frau Bundesministerin, wenn Sie sich mit der Abfassung in weiblicher Form
ein Denkmal setzen wollen, dann soll es so sein. Wir nehmen die Form
in Kauf, weil der Inhalt gut ist. Die Zustimmung zu diesem Gesetz werden Sie von uns bekommen. (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrä­tin 
Schumann: Wo sind denn jetzt die ÖVP-Frauen? Wo sind die ÖVP-Frauen?)

19.40


Vizepräsidentin Margit Göll: Das Wort ist nun bei Frau Bundesminis­terin Dr. Alma Zadić. – Bitte.


19.40.59

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Es
ist mir wirklich eine Freude, dass wir heute die flexible Kapitalgesellschaft be­schließen. Was als Austrian Limited im Jahr 2020 begann, wird heute als flexible Kapitalgesellschaft hoffentlich einen mehrheitlichen Zuspruch bekommen.

Wir setzen damit zwei wichtige Maßnahmen um. Erstens schaffen wir eine neue Rechtsform. Ich glaube, das ist wichtig, wir folgen damit auch internatio­nalen Beispielen. Wir machen nicht den Fehler der British Limited, ganz im Ge­genteil, wir machen diese flexible Kapitalgesellschaft für innovative
Start-ups und für Gründerinnen und Gründer besonders attraktiv, aber gleich­zeitig auch rechtssicher.

Außerdem setzen wir eine Sache um, die wir uns im Regierungspro­gramm vorgenommen haben: Wir senken das gesetzliche Mindeststammkapital


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auf 10 000 Euro ab, und zwar für alle GmbHs, nicht nur für die flexible Kapi­talgesellschaft, sondern für alle. Ich glaube, das ist schon wichtig, denn
die gründungsprivilegierte GmbH, die bis jetzt 10 000 Euro Mindeststammka­pital erfordert hat, hat sich ja bewährt, und ich glaube, es ist gut, dass
wir das jetzt so fixiert haben und die steuerlichen Nachteile für den Staat quasi bewusst in Kauf nehmen.

Der Finanzminister hat in der Pressekonferenz mit mir auch gesagt: Ja, das ist es uns wert! Es geht nämlich darum, Gründer:innen, Gesellschafter:innen tatsächlich zu fördern und eine Möglichkeit zu schaffen, dass gegründet wird. Österreich ist ein Land der Innovationen, der Gründerinnen und Gründer,
und wir wollen alles daransetzen, dass innovative Köpfe nicht auswandern, son­dern in Österreich bleiben. (Bundesrat Schennach: Schön!)

Was haben wir mit der flexiblen Kapitalgesellschaft getan? – Erstens haben
wir eine Hybridform zwischen einer GmbH und einer Aktiengesellschaft geschaffen. Die flexible Kapitalgesellschaft baut grundsätzlich auf dem GmbH-Recht auf, das heißt, wenn man nicht weiß, wie die Regelungen auszule­gen sind, kann man ja immer noch auf das GmbH-Recht blicken.

Wir führen auch eine besondere Klasse von stimmrechtslosen Anteilen ein. Wa­rum ist das wichtig? – Das ist wichtig, um die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Gerade in der Anfangsphase, in dieser Phase der Innovation, in der man Neues schaffen will und nicht
viel Kapital hat, erklären sich ja viele damit einverstanden, dass sie mitwirken. Sie wollen natürlich auch Aktien dafür haben, wollen sich am Unternehmen beteiligen. Wir schaffen dafür einen Rechtsrahmen. Bisher wurden Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter auch beteiligt, aber das Ganze fand im rechts­freien Raum statt. Daher ist es wichtig, dass es einen Rechtsrahmen dafür gibt.

Wir haben auch die Anteilsübertragung flexibilisiert und geöffnet. Damit
die Anteilsübertragung nicht mehr einem starren Notariatsakt unterliegt, haben wir aus Rechtssicherheitsgründen eine Anwaltsurkunde geschaffen, mithilfe


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dieser die strengen Formerfordernisse zurückgefahren werden. Es gibt aufgrund der Anwaltsurkunde auch eine flexiblere Möglichkeit, Anteile zu übertragen.

Meine Damen und Herren, es ist die zentrale Aufgabe von uns Politikerinnen und Politikern, Innovationen zu ermöglichen, zu fördern und bestmöglich voranzutreiben.

Einen Punkt möchte ich schon ansprechen, weil er ja doch die Debatte heute stark prägt, und das ist die weibliche Form dieses Gesetzes. Es war mir
wichtig, dass das Gesetz in weiblicher Form geschrieben wird, weil es ein Wirt­schaftsgesetz ist und wir Gründerinnen, Gesellschafterinnen sichtbar ma­chen wollen. Es gibt so viele Frauen, die in der Wirtschaft tätig sind, es gibt so viele Frauen, die gründen wollen. Ich möchte, dass sie sichtbar sind. (Bei­fall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Dieses Gesetz ist eben nicht gegendert, dieses Gesetz ist nur in weiblicher Form und im generischen Femininum abgefasst – ja, das gibt es auch. Ich halte
auch die Debatte für bezeichnend, denn in dieser Legislaturperiode haben wir Gesetze beschlossen, die nur im generischen Maskulinum verfasst waren,
und da hat es diese Aufregung nicht gegeben. Jetzt aber gibt es diese Aufregung, und das halte ich für bezeichnend. Also insofern: Es ist ein Zeichen dafür,
dass es richtig war, den Spieß einmal umzudrehen und das Ganze im generischen Femininum zu machen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen
der SPÖ.)

Ich hoffe, dass der Gesetzesvorschlag trotz allem auf breite Zustimmung stößt und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen sowie
bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

19.46


19.46.28

Vizepräsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Somit ist
die Debatte geschlossen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 221

Wir kommen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit, und somit ist der Antrag angenommen.

19.47.0018. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023 – AbAG 2023)
(3754/A und 2345 d.B. sowie 11365/BR d.B. und 11398/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Personenstandsgesetz 2013 geändert wird
(2354 d.B. sowie 11399/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 18 und 19, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 18 und 19 ist Herr Bundesrat
Christoph Stillebacher. Ich bitte um seine Berichte.


19.47.39

Berichterstatter Christoph Stillebacher: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird.

Zusätzlich berichte ich über den Beschluss des Nationalrates vom 15. De­zember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personen­standsgesetz 2013 geändert wird.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 222

Die Berichte liegen Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlagen mehrstimmig den Antrag, gegen die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Margit Göll: Vielen Dank für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte.


19.48.32

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Dass wir in diesem Haus in letzter Zeit Gesetze behandeln, die völlig an der Vernunft vorbeigehen, ist
nicht neu, aber dass wir ein Gesetz behandeln, das auch an der Natur vorbeigeht, das ist etwas Neues.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor der Sommerpause wurde der Mutter-Kind-Pass abgeschafft und durch einen Eltern-Kind-Pass ersetzt, und heute beschließen Sie ein Gesetz, nach dem eine Frau die Vaterschaft annehmen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihnen ist wirklich nicht mehr zu helfen. Bei so sinnlosen Gesetzesbestimmungen sind wir Freiheitliche nicht dabei. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.49


Vizepräsidentin Margit Göll: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl. – Bitte sehr.


19.49.28

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank an
den Vorredner für die Kürze der Ausführungen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 223

Ich würde wirklich gerne erleben, dass es uns endlich egal ist, welches Geschlecht ein Mensch hat, den wir lieben, oder welches Geschlecht die Person hat, die unseren Staat lenkt, die uns operiert, die uns lehrt (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler), die forscht, die uns pflegt, die uns erzieht (Bundesrat Lein­fellner: Ja, es braucht halt einmal Manderl und Weiberl für ein ...!), die sich um
uns sorgt, uns liebt oder die unsere Familie ist. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind nämlich nicht die biologischen Geschlechtsmerkmale, die die Qualität unserer Elternschaft ausmachen – es ist unser Charakter, es sind unsere Werte, es sind unsere Fähigkeiten, es ist unsere Liebesfähigkeit und die Sorge um andere, vor allem im familiären Bereich. (Beifall bei den Grünen.)

Warum das vor allem für die FPÖ so schwer zu verstehen ist, ist mir ein Rätsel. Diese Schwerfälligkeit erinnert mich (Zwischenruf bei der FPÖ) – verzeiht
den Exkurs! – an den Foucault’schen biopolitischen Ansatz, laut dem Geschlecht, Liebe und Fortpflanzung zu politischen Steuerungsinstrumenten werden. Entscheidungen in Bezug auf Familie sollen allerdings im Privatbereich liegen, Stichwort pro choice, worum es ja auch immer wieder geht.

Heute gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung Gleichberechtigung aller Geschlechter (Bundesrat Spanring: Aller zwei Geschlechter!) sowie der Gleichstellung von Ehe und eingetragener Partnerschaft. (Ruf bei der FPÖ: Aber zwei Stiere können kein Kalb kriegen!) Ich erkläre das auch kurz, weil es ja
in der Gott sei Dank sehr kurzen Rede vor meiner nicht erklärt wurde: In auf­rechter Ehe oder eingetragener Partnerschaft von verschiedengeschlecht­lichen Paaren wird von Gesetz her vermutet, dass ein Kind von beiden Elterntei­len gezeugt wurde – egal, von wem das Kind tatsächlich stammt. Mit der
Geburt sind beide Ehepartner:innen oder eingetragene Partner:innen rechtlich anerkannte Elternteile.

Bei zwei verheirateten Frauen oder eingetragenen Partnerinnen war das
nicht beziehungsweise nur eingeschränkt der Fall – nämlich dann, wenn eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung vorgenommen wurde. Wurde


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 224

das Kind anders gezeugt, waren nicht beide Elternteile automatisch rechtlich anerkannte Elternteile. Diese Ungleichbehandlung beheben wir heute;
denn oft – und das wissen wir auch aus dem Ausschuss – werden andere Wege der Zeugung gewählt, weil eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung
oft sehr teuer und hochkompliziert ist.

Mit der heutigen Gesetzesänderung wird nun auch die andere Person in der Ehe oder eingetragenen Partnerinnenschaft mit einer Frau automatisch – und
das ist der wichtige Punkt – als anderer Elternteil anerkannt, egal, wie das Kind gezeugt wurde. Wenn die zweite Person in der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft der Fortpflanzung auch noch ausdrücklich zustimmt, kann eine Feststellung der Nichtabstammung vor Gericht nicht begehrt werden.
Das klingt sehr kompliziert, ist aber sehr wichtig, damit eben Abstammungs­verhältnisse – genauso wie in der verschiedengeschlechtlichen Ehe – dauerhaft gesichert sind. Das ist auch wichtig für das Aufwachsen des Kindes, um
eine Sicherheit zu haben, wer die Eltern sind.

Ein Punkt ist nicht zu vernachlässigen: Dies schützt auch Samenspender, damit diese nicht die Vaterschaft übernehmen müssen. Das ist auch eine Art der Rechtssicherheit. Der Beschluss, dass nächstes Jahr ein zentrales Register über Samen- und Eizellenspenden einzurichten ist, ist höchst sinnvoll, denn es
ist extrem zu empfehlen, einen solchen Registereintrag vorzunehmen oder zu­mindest bei der Zustimmungserklärung die Daten des Samenspenders aufzunehmen.

Wir wissen schließlich aus vielen Studien, dass die Offenheit in der Erziehung und bei der Behandlung der Familienverhältnisse oft nicht sehr einfach
ist und immer wieder eine sensible und auch sehr langfristige Auseinanderset­zung mit dem Kind erfordert, aber extrem wichtig für eine gute Entwick­lung des Kindes und für sein Selbstverständnis ist. Ich bin sehr froh, dass wir diese Regelung nun endlich verankert haben. Sie hätte meiner Meinung
nach schon weit früher Eingang ins Gesetz finden sollen, denn es ist und es war immer wahnsinnig enervierend und sehr traurig, dass nicht normative


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 225

Geschlechter oder Beziehungen enormen seelischen Strapazen und Behördenirr­wegen ausgesetzt sind. Das ist natürlich auch für Kinder sehr anstrengend.

Nun werden diese Strapazen weniger und die soziale Familie wird abgesichert. Das ist gut so – denn vorzuschreiben, wer Familie sein kann, ist men­schenrechtlich falsch; und sie jemandem zu verweigern ist höchst unmenschlich. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

19.54


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Viktoria Hutter. – Bitte.


19.54.53

Bundesrätin Viktoria Hutter (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade vor Weihnachten besinnen wir uns ja
immer wieder gerne auf die Familie. Die Feiertage will man im Kreise seiner Liebsten verbringen. Doch was bedeutet Familie überhaupt? – Wenn
man im Duden nach dem Wort Familie sucht, kommt man als Allererstes auf folgende Definition: „aus einem Elternpaar oder einem Elternteil und mindestens einem Kind bestehende [Lebens]gemeinschaft“. Das klingt logisch und ein­fach: Eltern – im Idealfall zwei, wenn eben noch beide vorhanden sind – und ein Kind oder mehrere Kinder.

Leider ist es aber nicht immer so einfach. Gerade wenn es um die Elternschaft in gleichgeschlechtlicher Ehe zweier Frauen geht, dann war das, gerade wenn das Kind aus einer nicht medizinisch unterstützten Fortpflanzung stammt – ein sehr sperriger Begriff –, bisher nicht so genau definiert. Der Verfassungs­gerichtshof hat diesbezüglich Lücken im aktuellen Gesetz aufgedeckt. Darauf müssen wir rasch reagieren, und das werden wir mit dem heutigen Ge­setz auch machen. Ansonsten hätte es auf alle Familien und Ehen unglaubliche Auswirkungen, wenn die automatische Vaterschaft beziehungsweise


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 226

Elternschaft wegfallen würde. Das würde eine Reihe an Komplikationen hin­sichtlich Obsorge, Unterhalt, Erbrecht, Staatsbürgerschaft, Sozialversi­cherung und so weiter mit sich führen.

Bei einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung – also der künstlichen Fort­pflanzung – ist die Rechtslage klar und eindeutig. Da muss in Form eines Notariatsakts die Zustimmung aller beteiligten Personen gewährleistet sein. Bei einer nicht medizinisch unterstützten Fortpflanzung ist das insofern schwie­riger, weil das ja meistens im privaten Bereich passiert und man da auch nicht so den Zugang hat. (Heiterkeit der Bundesrät:innen Miesenberger und Tiefnig.)

Darum haben wir gezielt darauf geachtet, eine niederschwellige Lösung zu fin­den, wodurch der Gang zum Notar nicht erforderlich, aber natürlich schon wünschenswert ist und dringend empfohlen wird, damit Unklarheiten, Unsicher­heiten und Streitigkeiten, die im Nachhinein aufkommen könnten, im Vor­hinein vermieden werden.

Durch dieses Gesetz soll ja in erster Linie das Abstammungsverhältnis von Kin­dern gesichert und geregelt werden, aber auch die Rechtssicherheit der Samenspender gewährleistet werden. Wie Frau Kollegin Kittl schon gesagt hat: In einem weiteren Schritt ist es ganz wichtig, ein zentrales Register für
Samen- und Eizellenspender einzurichten, damit auch das Recht von Kindern auf Kenntnis ihrer genetischen Abstammung verbessert wird.

Weil ja Weihnachten vor der Tür steht und der Titel eines bekannten Weih­nachtsliedes einfach so gut zu diesem Gesetz passt, möchte ich auch damit schließen und kann dank dieser Gesetzesänderung getrost sagen: „Ihr Kinderlein kommet“. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwi­schenruf der Bundesrätin Schumann.)

19.57


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Eli­sabeth Grossmann. – Bitte sehr.



BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 227

19.58.06

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Ihr Kinder­lein kommet“ – mögen viele kommen! Nun kommt kurz vor Ablauf der verfas­sungsrechtlichen Umsetzungsfrist für die Sanierung des § 144 ABGB end­lich auch diese Regierungsvorlage, die eben – es ist schon ausgeführt worden – die beanstandete Diskriminierung im Abstammungsrecht beseitigt. Das
ist gut so, deshalb stimmen wir hier auch zu.

Mein Kollege Troch hat im Nationalrat darauf hingewiesen, dass noch etwas fehlt oder besser reguliert gehört – nämlich der Datenschutz von Samen­spendern, die anonym bleiben wollen. Da gilt es, eine Abwägung zwischen dem Auskunftsrecht des Kindes und diesen Datenschutzbedenken vorzuneh­men. Das steht noch bevor und muss auch dringend geregelt werden. Es ist aber gut, dass jetzt diese Diskriminierung abgeschafft wird.

Wie gesagt, ganz freiwillig war es nicht, es wurde eine Verpflichtung durch den Verfassungsgerichtshof aufgetragen. Ich glaube, sonst hätte sich die
ÖVP da nicht so leicht getan. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreu­der. – Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

19.59


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist nun unsere Minis­terin Dr. Alma Zadić. – Bitte.


19.59.41

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja,
der Verfassungsgerichtshof hat die zentrale Norm im Abstammungsrecht aufge­hoben und uns aufgetragen, eine Verbesserung vorzunehmen.

Jetzt haben wir diese Verbesserung vorliegen, und ich möchte mich zunächst einmal in aller Deutlichkeit beim Koalitionspartner bedanken, denn ich
weiß, dass die Verhandlungen zu diesem Gesetz nicht einfach waren. Ich schätze


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 228

es sehr, dass wirklich beide Parteien aufeinander zugegangen sind, ob­wohl man sich gerade in diesem Bereich in vielerlei Hinsicht schwergetan hat.

Wir haben nun endlich Klarheit – und ich glaube, diese Klarheit ist sehr wichtig ‑, nämlich Klarheit darüber, wer für das Kind die Obsorge übernimmt und wer für das Kind den Unterhalt leisten wird, wenn das Kind bei einem lesbischen Paar zur Welt kommt. Ganz zu schweigen davon, was wäre, wenn wir da
keine Regelung getroffen hätten, welche Auswirkungen das auf die Staatsbür­gerschaft gehabt hätte und welche erbrechtlichen Konsequenzen das ge­habt hätte. Insofern ist es umso besser, dass wir es jetzt kurz vor Jahresende ge­schafft haben, dafür eine Regelung zu finden.

Künftig – und ich glaube, das ist wichtig – werden gleichgeschlechtliche
Ehen mit verschiedengeschlechtlichen Ehen im Abstammungsrecht gleichge­stellt. Das heißt: Elternteil ist die Person, die das Kind anerkannt hat,
und zwar völlig unabhängig vom Geschlecht und völlig unabhängig davon, ob und wie das Kind gezeugt wurde, ob medizinisch unterstützt oder nicht.

Gleichgeschlechtliche Paare können nun unter denselben Bedingungen Kinder anerkennen, wie es heterosexuelle Paare schon bisher konnten. Ich glau­be, das sorgt gerade im Abstammungsverhältnis für eine stabile Beziehung, sorgt für Rechtssicherheit, stärkt die Familie in sozialer Hinsicht und, das ist be­sonders wichtig, stellt das Kindeswohl in den Mittelpunkt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

20.01


20.01.55

Vizepräsidentin Margit Göll: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesord­nungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 229

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. De­zember 2023 betreffend ein Abstammungsrechts-Anpassungsgesetz 2023.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit, somit ist der Antrag angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Per­sonenstandsgesetz 2013 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit, somit ist auch dieser Antrag angenommen.

20.03.0720. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und
das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG) (2309 d.B. und 2344 d.B. sowie 11366/BR d.B. und 11400/BR d.B.)


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Viktoria Hutter. – Ich bitte um
den


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 230

Bericht.


20.03.30

Berichterstatterin Viktoria Hutter: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschafts­gesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden – DSA-Begleitgesetz.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich
zur Antragstellung:

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.

Weiters bringe ich folgende Druckfehlerberichtigung zum Bericht des Justiz­ausschusses, 11400 der Beilagen, vor:

Zur Korrektur eines technischen Versehens wird im gegenständlichen Beschluss der Kurztitel von „DAS-Begleitgesetz – DAS-BegG“ durch „DSA-Begleit­gesetz – DSA-BegG“ ersetzt.


Vizepräsidentin Margit Göll: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte.


20.05.02

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Bundesminister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und
Herren Zuschauer hier und zu Hause! Wir haben es bei der Berichterstattung gehört, aber auch generell – und es tut mir leid, Frau Bundesminister,


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 231

ich muss das jetzt so drastisch sagen –: All das, was hier passiert ist, ist ein Trauerspiel und zeigt, dass diese Regierung nichts Ordentliches mehr
auf den Weg bringt. (Beifall bei der FPÖ.)

Am 17. Dezember 2020 habe ich bereits zum Kommunikationsplattformen-Gesetz gesprochen, und alles, was ich damals kritisiert habe, hat sich mehr oder weniger bewahrheitet. Übrigens hat der Europäische Gerichtshof auch aufgezeigt, dass dieses Gesetz europarechtswidrig war.

Heute sprechen wir über den DSA – nicht über den DAS, wie wir gehört haben ‑, sondern über Digital Services Act. Die Begutachtungsfrist – fangen wir ein­mal damit an – war drei Wochen. Es gibt, darauf weise ich übrigens sehr gerne hin, vom Bundeskanzleramt eine eindeutige Empfehlung, dass eine Begut­achtungsfrist mindestens vier Wochen lang sein soll, aber das ignoriert diese Re­gierung seit Antritt dauernd.

Für diese Regierung ist der Parlamentarismus, so schaut es aus, nur eine lästige Pflicht, und leider hat diese Regierung ihre getreuen Erfüllungsgehilfen hier
im Bundesrat sitzen, aber auch im Nationalrat, nämlich die türkis-schwarz-grü­nen Regierungsgehilfen, die zwar oft gar keine Ahnung haben, aber immer
dann, wenn die Regierenden sagen: Jetzt!, brav ihr Händchen heben.

Den DSA gibt es seit Oktober 2022. Vorhin wurde über ein anderes Gesetz ge­sagt, dass man sich dafür drei Jahre Zeit genommen hat. Ich sage jetzt ein­mal: Man hat einfach so lange gebraucht, bis man irgendetwas auf den Weg ge­bracht hat, nämlich bis vorige Woche, dass man ein entsprechendes Begleit­gesetz oder mehrere Begleitgesetze auf den Weg gebracht hat – um dann am Tag der Nationalratssitzung in den Morgenstunden noch einen Abände­rungsantrag auszuschicken und dann zu Mittag zwei weitere Abänderungsanträ­ge nachträglich auszuschicken. (Bundesrat Himmer: Aber das ist ja der Parla­mentarismus, den du doch haben möchtest! Ist das nicht der Parlamentarismus, den du haben willst? Da ändert man eine Regierungsvorlage ab ...!)


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 232

Ja, das stimmt schon, Herr Himmer, aber jetzt sage ich dir etwas: Bis zur Abstim­mung im Nationalrat war völlig unklar, was da überhaupt abgestimmt wer­den soll. (Bundesrat Himmer: Ja eben, aber Parlamentarismus ist so!) Deshalb haben wir heute sogar von der Schriftführerin gehört, dass da jetzt auch noch etwas korrigiert werden musste (Bundesrat Himmer: Ein Abänderungsantrag!), weil das einfach eine chaotische Flickschusterei der Sonderklasse bis zur letzten Minute war.

Dann wurde ein Antrag wieder zurückgezogen und ein anderer eingebracht. Es herrscht also Chaos pur (Ruf bei der ÖVP: Noch einmal: Das ist Parlamenta­rismus!), und ich wette, die Nationalratsabgeordneten, die dem zugestimmt ha­ben, haben zwar zugestimmt, haben aber keine Ahnung, worüber sie da abgestimmt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Grundsätzlich und offiziell wird uns wieder erklärt werden, es gehe um Hass im Netz. Die Wahrheit schaut ganz anders aus: Dieses Gesetz dient nur ei­nem Zweck, nämlich der Einschränkung und der Unterdrückung der Meinungs- und der Meinungsäußerungsfreiheit. Was noch dazukommt, ist die totale Überwachung aller Bürger im Netz. Der Schutz der Privatsphäre ist dann quasi Schall und Rauch. Big Brother is watching you, jetzt sind wir so weit!

Viele Datenschützer, aber auch Rechtsgutachter stellen diesem DSA ein verhee­rendes Zeugnis aus und sind der Meinung, dass dieses Gesetz gegen die Grundrechtecharta der EU verstößt.

Auch wenn sich hier und heute besonders die Linksparteien über diese Gesetz­gebung freuen, denken Sie daran: Die nächste EU-Wahl kommt bestimmt,
und wie es ausschaut, werden sich die Machtverhältnisse Gott sei Dank Rich­tung Mitte und Mitterechts verschieben, und vielleicht entpuppt sich
das von Ihnen so gut gemeinte Gesetz dann als Bumerang. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch ein kleines Bonmot am Rande: Während der Digital Services Act auch dazu dienen soll, das Mikrotargeting einzuschränken, verwendet die EU-Kom-


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 233

mission genau dieses Instrument jetzt im Netz, um mit ihrer Werbung ganz ge­zielt Personengruppen zu beeinflussen. Also nicht böse sein, aber das ist
ja an Doppelbödigkeit nur schwer zu überbieten! (Bundesrat Schreuder: Ja, das war eh blöd!) Gut, in Österreich schafft das vielleicht die ÖVP, aber
ansonsten ist das wirklich ein hinterlistiges Verhalten, das seinesgleichen sucht.

Mit dem Digital Services Act wird eben eine wahllose Überwachung aller sensiblen Daten stattfinden. Meine Damen und Herren, überlegen Sie es sich künftig vielleicht zweimal, wenn Sie Ihrem Liebsten oder Ihrer Liebsten
eine Whatsapp oder ein SMS, das anzüglich ist, schicken, denn vielleicht liest
von der Leyen mit. (Beifall bei der FPÖ.)

20.10


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl. – Bitte.


20.10.27

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­her:innen vor den Bildschirmen! Ja, schon Ende 2020 haben wir ein umfangrei­ches Gesetzespakt zur Bekämpfung von Hass im Netz beschlossen, und Teil dieses Paketes war das Kommunikationsplattformen-Gesetz, das unter an­derem Betreiber:innen großer Kommunikationsplattformen wie Facebook und Co dazu verpflichtete, ein wirksames Beschwerdeverfahren für Nutzer:in­nen, die mit strafrechtlichen Delikten wie Hass und Hetze konfrontiert
waren, einzurichten; und das war sehr gut so.

Nun wird dieses Gesetz durch den Digital Services Act der EU abgelöst, der User:innen in Europa nun einheitlich vor illegalen Inhalten und undurchsichtigen Algorithmen schützen wird. Ein Hauptaugenmerk des DSA liegt darauf,
dass die Inhalte moderiert und nicht durch die User:innen selbst reguliert wer­den und die Plattformen Transparenzregeln unterliegen. Ich werde dann
gleich dazusagen, warum ich das als gut erachte.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 234

Der DSA wird ab 17. Februar 2024 unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der Union gelten, und heute beschließen wir eben die notwendigen Begleitgesetze.
Es geht um Haftungsregeln, um Sorgfaltspflichten, Transparenzberichtspflichten, Pflichten zur Benennung von Kontaktstellen, Melde- und Abhilfeverfahren
für Posts bei Onlineplattformen, Beschwerdemanagementsysteme für rechts­widrige Inhalte, Werbevorschriften und Sanktionen bei Verstößen. Künf­tig wird also nun europaweit Hass im Netz mit durchsetzbaren Sanktionen effi­zienter bekämpft werden können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Das ist deswegen ein wichtiger Schritt, weil die Kommunikation auf solchen Plattformen eine extrem öffentliche ist. Wir wissen es, geht so ein Post
viral, erreicht er viele Tausende Personen und schadet daher auch
viele Tausende Male. Daher freuen wir uns, dass die Regulierung der Online­plattformen nun gelingt und sie zur Verantwortung gezogen werden,
um Hass und Hetze einzudämmen und um einen zivilisierten Umgang mitein­ander zu fördern.

Es geht beim Digital Services Act aber auch um mehr Transparenz für Konsu­ment:innen. Jede und jeder soll die Freiheit haben, selbst zu entscheiden,
ob ihr Feed von einem Algorithmus sortiert wird oder nicht. Genauso dürfen sensible Daten, wie zum Beispiel ethnische Zugehörigkeit, politische Überzeugungen oder auch sexuelle Orientierung nicht mehr ohne die Zustim­mung der User:innen für personalisierte Werbung verwendet werden.

Beides ist gut, denn es kann dazu beitragen, wieder ein wenig Macht über die auf uns zuströmenden Informationen zu erhalten. Das größte Ziel des
DSA aber ist, Mechanismen und bessere europaweite Behördenkooperationen zu generieren, um rasch und kostengünstig illegale Inhalte von den Platt­formen entfernen zu können, denn Hass und Hetze, aber genauso auch demo­kratiegefährdende Inhalte wie Desinformation können damit effizienter bekämpft werden.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 235

Wir sehen, gerade jetzt wird mit dem Verfahren gegen X von Elon Musk von der EU dieser Digital Services Act zum Leben erweckt. Es wird ein Verfahren
gegen X wegen Verbreitung illegaler Inhalte und fehlender Einhaltung der Trans­parenzregelungen eingeleitet. Wir haben gelesen, Musk wehrt sich und droht, sich aus der EU zurückzuziehen. Ich muss sagen, wir werden ihm keine Tränen nachweinen, denn es gibt, und ich möchte hier vielleicht ein Art in­direkte Werbung machen, auch demokratiefördernde Twitteralternativen, wie zum Beispiel Mastodon, das ist eine auf Open Source basierte Alterna­tive. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Sie verfügt über dezentrale Netzwerke und keine Algorithmen.

Das ist deswegen für mich so wichtig, weil Plattformen uns, aber vor allem auch der Jugend heute als Informationsquelle dienen. Sie sind damit quasi die
vierte Säule der Demokratie. Sie müssen daher unbedingt rechtskonform sein und ihr Aufbau muss transparent sein. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP.)

Daher freuen wir uns über diese Gesetze, denn wir sehen es als essenziell für ei­ne funktionierende Demokratie an, verlässliche Informationen für die Mei­nungsbildung und die Meinungsvielfalt zur Verfügung zu stellen. Wir wissen auch, dass Desinformation und das daraus folgende Informationschaos geopolitisch destabilisierend eingesetzt werden und heute auch schon eine
Form der Kriegstechnik sind.

Daher sind diese neuen Regelungen ein Meilenstein gegen Hetze, aber auch gegen Manipulation und sie haben das Potenzial, einen neuen weltwei­ten Standard zu setzen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.15


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neu­rauter. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 236

20.15.52

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Werte Zuseher und Zuhörer! Meine Kollegin hat schon sehr viele Einzelheiten dargelegt, sodass ich auch angesichts der fortgeschrittenen Stunde nicht
mehr allzu sehr in die Einzelheiten gehen möchte. Was man aber wirklich sagen muss: Was offline verboten ist, das muss auch online verboten sein. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir nehmen nicht zur Kenntnis, dass im Netz beleidigt wird, dass jemand bloß­gestellt wird, dass verhetzt wird oder Ähnliches.

Wichtig ist auch, dass wir nun eine europaweite Lösung haben, ein gemeinsames Gesetz, sodass für alle Mitgliedsländer eine Regelung gilt. Es ist so, dass mit unserem Gesetz Rahmenbedingungen gesetzt werden. Die großen Internetkon­zerne müssen Ansprechpartner in Österreich benennen, sodass wir auch jemanden erreichen können. Es geht auch darum, dass die Verfahren beschleu­nigt werden, denn wenn Personen, meistens Frauen, von irgendwelchen Bloßstellungen betroffen sind, dann darf sich das Verfahren nicht ewig hinzie­hen – es muss schnell gehandelt werden.

Es ist auch geregelt, dass es eine Koordinierungsstelle gibt. Die KommAustria hat auch in der Vergangenheit bereits großes Know-how bewiesen und ist die richtige Stelle, um die betroffenen Firmen und Plattformen zu regulieren und zu beaufsichtigen. Es wird aber auch für die Nutzerinnen und Nutzer eine Streitbeilegungsstelle geben, die bei der RTR GmbH, Fachbereich Medien ange­siedelt wird. Wenn ich also etwas bei einer großen Plattform melde und
die dem nicht nachkommt oder womöglich sogar mein Account gesperrt wird, dann muss es auch eine außergerichtliche Stelle geben, an die man sich
wenden kann.

Es handelt sich nun um ein wirklich lang verhandeltes Werk, an dem man viel­leicht das eine oder andere kritisieren kann, aber in der heutigen Zeit mit


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 237

den heutigen Herausforderungen ist dies notwendig. Ich nenne hier zum Beispiel nur Desinformation und Destabilisierungstendenzen. Hass im Netz ist leider
eine traurige Realität, vor allem für Frauen. Wir erleben Sexismus, wir
erleben Drohungen, wir erleben Bedrohungen, ganz zu schweigen von Deep­fakes, die mithilfe von KI mittlerweile ja sehr flächendeckend möglich sind.

Die Beratungsstelle für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit Zara
hat berichtet, dass seit Eröffnung der Beratungsstelle gegen Hass im Netz im September 2017 bis August dieses Jahres 11 514 Onlinehassmeldungen eingegangen sind. Das muss man sich einmal vorstellen! 11 514 Situationen, in denen ein Mensch in eine schwierige, öffentlich peinliche Lage gebracht
worden ist.

Wir haben Gott sei Dank auf österreichischer Ebene schon vor drei Jahren mit diesem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz reagiert. Wie sich heute zeigt,
war es notwendig. Für Nutzerinnen und Nutzer ist es nicht egal, was im Internet passiert, weil das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Da braucht es klare Schranken und Regulierungen.

Wir glauben, dass das mit dem DSA gelingt und dass damit die Rechtsdurchset­zung wirklich zu schaffen ist. Es ist für uns auch wichtig, zu wissen, welche
Macht Konzerne diesbezüglich haben und wer hinter verschiedenen Aktionen steckt.

Zusätzlich wurde auch noch eine Rechtsgrundlage für einen immateriellen Schadenersatz bei Hasspostings geschaffen. Damit können Opfer auch außerhalb des Medienrechts von demjenigen, der das Hassposting ins Netz gestellt hat, Schadenersatz erlangen. Das ist eine Lücke, die wir mit
diesem Begleitgesetz schließen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wichtig ist, dass man jetzt auch von diesen verschiedenen Instrumenten, die dieses Gesetz bietet, Gebrauch macht. Es sollen sich Betroffene von
Hass im Netz schnell, einfach und kostengünstig zur Wehr setzen können. Bitte


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 238

machen Sie im Falle des Falles Gebrauch davon, denn Hass im Netz darf
niemals durchgehen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.21


Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat
Stefan Schennach. – Bitte sehr.


20.21.24

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Mit dieser Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und mit dem DSA-Begleitgesetz über
digitale Dienste haben wir nichts vorliegen in Richtung Big brother is watching you, sondern es ist eine Maßnahme, damit wir die Möglichkeit haben,
gegen diese irrsinnig großen Konzerne, international agierenden Konzerne auch zu reagieren.

Wer wird denn hier reguliert? – Das sind Onlinevermittler und Plattformen, Marktplätze, soziale Netzwerke, Plattformen zum Teilen von Inhalten, Appstores, Onlineplattformen für Reisen und Unterkünfte.

Es geht darum, illegale und schändliche Aktivitäten im Internet und die Verbrei­tung vor allem von Desinformation zu verhindern. Damit erhöhen wir ers­tens die Haftung der Anbieter, stärken die Sorgfaltspflichten und schaffen ein transparentes und sicheres Onlineumfeld.

Der Digital Services Act ist am 27.10.2022 im Amtsblatt der EU bereits veröf­fentlicht worden, und die Regeln treten am 17. Februar 2024 für alle Plattformen in Kraft. Schon seit August 2023 aber gelten diese Regeln für Platt­formen – nur dass Sie das einmal wissen – mit mehr als 45 Millionen Nut­zern und Nutzerinnen. Das zeigt, welche Macht da auf der einen Seite steht. Da­mit ist diese Verordnung in der gesamten EU unmittelbar anwendbar, und
das ist der ganz, ganz große Fortschritt.

Das Gesetz setzt die KommAustria und auch die RTR, vor allem aber die KommAustria, als Koordinator der digitalen Dienste ein. Es kommt da eine ganze


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Reihe neuer Befugnisse und Aufgaben auf die KommAustria zu, zum Beispiel
die außergerichtliche Streitbeilegung, Vergabe des Status eines vertrauenswür­digen Hinweisgebers, die Zuerkennung des Status für zugelassene For­schung, die Entscheidung über Beschwerden und Informations-, Berichts- und Übermittlungspflichten. Das ist also ein erster und großer politischer Schritt auf gemeinschaftlicher europäischer Ebene diese Plattformen betreffend gegenüber diesen großen, mächtigen Konzernen. Damit schaffen wir eines: demokratische und soziale Errungenschaften abzusichern.

Solch große Plattformen können vor allem im Desinformationsbereich auch eine Gefahr für die Demokratie darstellen, und deshalb gehört das auch abge­wendet. Es werden Wahlen manipuliert, Meinungen unterdrückt und Blasen geschaffen.

Ich bin für den Europarat der Berichterstatter für Slapps. Sowohl die Europäi­sche Union als auch der Ministerrat des Europarates als auch die Parla­mentarische Versammlung werden Spielregeln zu Slapps erlassen, das heißt zu rechtlichen Outlets, die dazu geeignet sind, Meinungen zu unterdrücken
und Menschenrechtsanwälte zu knebeln.

Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen: Der verstorbene Prigoschin zum Beispiel war einer der Mover auf Slapps im Vereinigten Königreich. Jeder, der behaup­tet hat, dass er Chef der Wagner-Söldner ist, landete mit enormen Kosten vor Gericht. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir verhindern, dass Meinun­gen unterdrückt und Blasen geschaffen werden.

Bei Klara Neurauter war ich ganz positiv überrascht, dass sie - - (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Wieso?) – Vorsicht, Andrea, ich sage etwas Positives, du musst
dich nicht aufregen. Ich war überrascht, dass sie Zara als ein positives Beispiel erwähnt hat. Ich möchte aber nicht verschweigen, dass es ÖVP-Regie­rungsmitglieder waren, die die Förderungen für Zara eigentlich abdrehen wollten und Zara fast ruiniert haben.


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Liebe Frau Kittl, ich werde heute nicht schlafen können, du hast vier Reden
ohne Wienkritik gehalten (Bundesrat Steiner: Du hast die ganze Zeit ge­schlafen! – Heiterkeit bei ÖVP, FPÖ und Grünen), aber wäre die Stadt Wien nicht gewesen, wäre Zara nicht mehr am Leben. (Bundesrat Steiner: Du hast 90 Prozent der Sitzung verschlafen!) Es geht darum, dass Einrichtungen wie Zara, Epicenter Works und Internetombudsmänner nicht die nötigen finan­ziellen Ressourcen haben.

Jetzt schaue ich Sascha Obrecht an, weil ich mich dadurch erinnere, dass auch ich einen Entschließungsantrag vorbereitet habe. (Allgemeine Heiterkeit.)
In diesem Entschließungsantrag geht es genau darum, dass diese Organisationen, die auch von Frau Neurauter positiv genannt wurden, nicht über die finan­ziellen Mittel verfügen, um all das zu überprüfen. Deshalb folgender Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Unterstützung von Trusted Flaggern und außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ein eigenes Förderprogramm zu installieren, damit die in Frage kommenden Einrichtungen ihre wichtigen im Digital Services Act vorgesehenen Aufgaben auch voll­umfassend wahrnehmen können.“

*****

Wir appellieren hier für die Unterstützung dieses Antrages.

Ich denke, Frau Bundesministerin, irgendwann müssen wir uns auch einmal darüber unterhalten, ob bei diesen vielen neuen Aufgaben für die KommAustria


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und für die RTR die personelle Ausstattung tatsächlich ausreichend ist.
Die KommAustria hat weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als die ver­gleichbaren Einrichtungen in der Slowakei oder in Schweden. Ob sich
das ausgeht, werden wir jetzt in der Praxis genau beobachten. Ich hoffe, die Regierung ist da gesprächsbereit, wenn es möglicherweise notwendig sein wird, den Personalstand zu erhöhen. Derzeit sind sieben Mitglieder in der KommAustria und zwischen zwölf und 15 Mitglieder bei der RTR dafür verant­wortlich. Das ist enorm viel Arbeit, die da auf diese beiden Organisationen zukommt.

Wir unterstützen natürlich diesen Digital Services Act vollinhaltlich und hoffen, dass er damit auch wirklich zum Leben erweckt ist. – Danke. (Beifall bei
der SPÖ.)

20.29


Vizepräsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“ ist genügend unter­stützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Frau Bundesministerin Dr. Alma Zadić, bitte.


20.30.14

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Ich trenne Sie jetzt vom Ende der Sitzung – keine Sorge, ich werde meine Redezeit nicht strapa­zieren. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Zum DSA wurde ja schon vieles gesagt. Ich wollte aber trotzdem die Gelegenheit ergreifen und mich auch bedanken, weil es trotz der vielen unterschiedlichen Zugänge und der Diskrepanzen für mich immer wieder eine Freude ist,
im Bundesrat zu sein. Allein heute sind einige Zitate gefallen wie „Ihr Kinderlein kommet“. Ganz zu Beginn wurde auch Matthias Strolz zitiert: „Spürt ihr
euch noch?“ – Das fand ich besonders lustig. (Heiterkeit bei Grünen und ÖVP.)


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Mein Highlight von heute, angelehnt an Monty Python – wer es kennt:
Was haben die Römer jemals für euch gemacht? –: Was hat diese Regierung jemals für euch gemacht? (Bundesrat Schreuder: Ja, war super, das stimmt!) – Ich weiß nicht mehr, von wem das kam, aber das fand ich besonders lustig. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Insofern: Was hat diese Regierung jemals für euch gemacht? – Vieles. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Ich wünsche auch allen frohe Weihnachten und erholsame Festtage. Vielen Dank für die spannenden Debatten. Ich freue mich auf ein spannendes Jahr 2024 mit Ihnen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie
des Bundesrates Arlamovsky.)

20.31


20.31.36

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen somit zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen
und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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20.32.31Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Es liegt mir ein schriftliches Verlangen
von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1 bis 20 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Ich werde daher so vorgehen. Ich verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls:

„Tagesordnungspunkt 1

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkte 2 bis 4:

Abstimmungen:

TO-Punkt 2: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

TO-Punkt 3: Berichterstattung: Antrag, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen, 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird bei Anwesenheit von mehr
als der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

TO-Punkt 4: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkte 5 und 6:


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Abstimmungen:

TO-Punkt 5: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

TO-Punkt 6: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkt 7

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkte 8 und 9:

Abstimmungen:

TO-Punkt 8: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

TO-Punkt 9: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkte 10 und 11:

Abstimmungen:

TO-Punkt 10: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

TO-Punkt 11: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkte 12 und 13:

Die Bundesräte Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 13 einen Entschließungsantrag ein.


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Abstimmungen:

TO-Punkt 12: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

TO-Punkt 13: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Der Entschließungsantrag wird abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 14

Die Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 14/1 EA ein.

Die Bundesräte Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 14/2 EA ein.

Abstimmungen:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 14/1 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 14/2 EA wird abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 15:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkt 16:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll961. Sitzung, 961. Sitzung des Bundesrats vom 20. Dezember 2023 / Seite 246

Tagesordnungspunkt 17:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkte 18 und 19:

Abstimmungen:

TO-Punkt 18: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

TO-Punkt 19: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkt 20:

Die Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen bringen einen Entschließungsantrag ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 20: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Der Entschließungsantrag wird abgelehnt.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls? (Bundesrat Himmer: Ja, sag es noch einmal!) – Das ist nicht der Fall.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1 bis 20 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss
dieser Sitzung als genehmigt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner. – Bundesrat Schreuder: Moment!)


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Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfra­gen, 4139/J-BR/2023 bis 4141/J-BR/2023, eingebracht wurden.

Eingelangt sind

der Entschließungsantrag 406/A(E)-BR/2023 der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Personalaufstockung beim Arbeitsmarktservice und der Arbeitsinspektion“, der dem Ausschuss für
Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zugewiesen wird

und der Entschließungsantrag 407/A(E)-BR/2023 der Bundesräte Mar­lies Doppler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhaltung des Internationa­len Gebrauchshundesports in all seinen Facetten in Österreich“, der dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates ist bereits auf schriftli­chem Wege erfolgt. Als Sitzungstermin ist morgen, Donnerstag, der 21. Dezember, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Ich wünsche einen schönen Abend, bis morgen um 9 Uhr!

Die Sitzung ist geschlossen.

20.37.02Schluss der Sitzung: 20.37 Uhr

 

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