Stenographisches Protokoll

666. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Mittwoch, 21. Juni 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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666. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 21. Juni 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 21. Juni 2000: 9.06 – 20.01 Uhr

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Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

2. Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wird

3. Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Anteilen im Rahmen der allgemeinen Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC)

4. Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge

5. Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung

6. Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden

7. Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird (Exekutionsordnungs-Novelle 2000 – EO-Nov. 2000)

8. Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste (Zugangskontrollgesetz – ZuKG)

9. Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird

10. Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden

11. Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G)

12. Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

13. Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern

14. Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind

15. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und


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666. Sitzung / Seite 2

das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 – SVÄG 2000)

16. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation (Bundes-Seniorengesetz) geändert wird

17. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

18. Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend den Anwendungsbereich des Waschens von Erträgen in dem Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich sowie die Aufnahme des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels in das Übereinkommen samt Erklärung der Republik Österreich

19. Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden

20. Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal

21. Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex

22. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit samt Anhängen und Schlussakte

23. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang

24. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang

25. Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlussakte

26. Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzgutgesetz 1997, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 und das Weingesetz 1999 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2000)

27. Bundesgesetz, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden

28. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird

29. Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

30. Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird

31. Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird


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32. Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000)

33. Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Hausbesorgergesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2000 – WRN 2000)

34. Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden

35. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Schauspielergesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden (Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 – ARÄG 2000)

36. Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung

37. Urkunde zur Abänderung der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation

38. Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird

39. Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird

40. Internationales Kaffee-Übereinkommen von 1994 sowie Resolution Nummer 384 betreffend Verlängerung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1994

41. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz – PrAG) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden

42. Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert wird

43. Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2000

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend die Wahl von einem Mitglied und einem Ersatzmitglied in den Bundesrat 16

Angelobung des Bundesrates Herbert Würschl 17

Ordnungsrufe

gemäß § 70 Abs. 3 GO-BR 17

gemäß § 70 Abs. 1 GO-BR 166

Schlussansprache der Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach 173

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2000 171


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 4

Unterbrechung 89

Personalien

Krankmeldungen 16

Entschuldigungen 16

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 34

Ausschüsse

Zuweisungen 34

Fragestunde

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 18

Ludwig Bieringer (1099/M-BR/00); Karl Drochter, Dr. André d'Aron

Karl Drochter (1103/M-BR/00); Mag. John Gudenus, Engelbert Schaufler

Dr. André d'Aron (1106/M-BR/00); Dr. Ferdinand Maier, Mag. Dietmar Hoscher

Ilse Giesinger (1100/M-BR/00); Karl Drochter, Monika Mühlwerth

Klaus Gasteiger (1104/M-BR/00); Wilhelm Grissemann, Johann Ledolter

Dipl.-Ing. Hannes Missethon (1101/M-BR/00); Klaus Gasteiger, Monika Mühlwerth

Mag. Christof Neuner (1107/M-BR/00); Friedrich Hensler, Mag. Melitta Trunk

Johann Grillenberger (1105/M-BR/00); Mag. John Gudenus, Alfred Schöls

Gottfried Kneifel (1102/M-BR/00); Herbert Thumpser, Ulrike Haunschmid

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

(1) Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (57 und 157/NR sowie 6119/BR d. B.)

(2) Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wird (58 und 158/NR sowie 6118 und 6120/BR d. B.)

Berichterstatter: Wilhelm Grissemann 35

[Antrag, zu (1) und (2) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Johann Kraml 36

Ing. Franz Gruber 37

Mag. Christof Neuner 38


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666. Sitzung / Seite 5

Dr. Robert Aspöck 39

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 40

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (1) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 42

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (2) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 42

(3) Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Anteilen im Rahmen der allgemeinen Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC) (105 und 159/NR sowie 6121/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Dietmar Hoscher 42

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 43

Gemeinsame Beratung über

(4) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (47 und 138/NR sowie 6122/BR d. B.)

(5) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend einen Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung (51 und 139/NR sowie 6123/BR d. B.)

(6) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden (92 und 146/NR sowie 6109 und 6124/BR d. B.)

Berichterstatterin: Brunhilde Fuchs 43

[Antrag, zu (4), (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben]

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, zu (4), (5) und (6) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 44

Gemeinsame Beratung über

(7) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird (Exekutionsordnungs-Novelle 2000 – EO-Nov. 2000) (93 und 143/NR sowie 6125/BR d. B.)

(8) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste (Zugangskontrollgesetz – ZuKG) (99 und 144/NR sowie 6126/BR d. B.)

(9) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (83 und 145/NR sowie 6127/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 45

[Antrag, zu (7), (8) und (9) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Milan Linzer 45

Dr. Peter Böhm 46


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666. Sitzung / Seite 6

Ferdinand Gstöttner 48

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 49

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (7), (8) und (9) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 49

Gemeinsame Beratung über

(10) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden (137/A und 133/NR sowie 6128/BR d. B.)

(11) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G) (136/A und 134/NR sowie 6129/BR d. B.)

(12) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (162/A und 136/NR sowie 6130/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 50

[Antrag, zu (10), (11) und (12) keinen Einspruch zu erheben]


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666. Sitzung / Seite 7

Redner:

Johann Kraml 50

Wilhelm Grissemann 51

Dr. Ferdinand Maier 53

Staatssekretär Franz Morak 55

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (10), (11) und (12) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 56

(13) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (126/A und 113/NR sowie 6110 und 6131/BR d. B.)

Berichterstatter: Friedrich Hensler 57

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Monika Mühlwerth 57

Ing. Walter Grasberger 58

Mag. Dietmar Hoscher 60

Jürgen Weiss 61

Staatssekretär Franz Morak 62

Karl Boden 63

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 65

(14) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind (22 und 168/NR sowie 6132/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 65

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Leopold Steinbichler 65

Franz Koller 67

Brunhilde Fuchs 68

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 69

(15) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 – SVÄG 2000) (123/A, 131/A und 187/NR sowie 6112 und 6133/BR d. B.)

Berichterstatterin: Monika Mühlwerth 69

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Karl Drochter 69 und 85

Anna Höllerer 72

Dr. Klaus Nittmann 74

Mag. Melitta Trunk 76

Dr. Robert Aspöck (tatsächliche Berichtigung) 79

Engelbert Schaufler 79 und 88

Alfred Schöls 82

Gottfried Kneifel 84

Peter Marizzi 87

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 89

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Karl Drochter und GenossInnen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 Einspruch zu erheben 71

Ablehnung 94

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 94

(16) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation (Bundes-Seniorengesetz) geändert wird (138/A und 151/NR sowie 6114 und 6134/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 95

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Franz Wolfinger 95

Mag. John Gudenus 96

Johanna Schicker 97

Josef Saller 98

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 98

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 100


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666. Sitzung / Seite 8

(17) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (117/NR sowie 6135/BR d. B.)

Berichterstatterin: Monika Mühlwerth 100

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Melitta Trunk 100

Anna Höllerer 101

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 103

(18) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend das Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend den Anwendungsbereich des Waschens von Erträgen in dem Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich sowie die Aufnahme des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels in das Übereinkommen samt Erklärung der Republik Österreich (23 und 114/NR sowie 6136/BR d. B.)

Berichterstatter: Peter Rodek 103

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 103

(19) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden (110 und 116/NR sowie 6137/BR d. B.)

Berichterstatter: Ing. Walter Grasberger 104

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Grillenberger 104

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 105

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 105

Gemeinsame Beratung über

(20) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal (50 und 128/NR sowie 6138/BR d. B.)

(21) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex (56 und 129/NR sowie 6139/BR d. B.)

(22) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die


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666. Sitzung / Seite 9

Freizügigkeit samt Anhängen und Schlussakte (79 und 130/NR sowie 6117 und 6140/BR d. B.)

(23) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang (63 und 131/NR sowie 6141/BR d. B.)

(24) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang (75 und 132/NR sowie 6142/BR d. B.)

(25) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlussakte (85/NR sowie 6143/BR d. B.)

Berichterstatter: Hans Ager 107

[Antrag, zu (20), (24) und (25) keinen Einspruch zu erheben, zu (21) und (23) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, zu (22) 1. den in Artikel 10 Abs. 2 dritter Satz, Artikel 14 Abs. 1 und 2, Artikel 16 Abs. 2 und Artikel 18 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. dem gegenständlichen Beschluss des Staatsvertrages gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Redner:

Mag. John Gudenus 108

Erhard Meier 109

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (20), (24) und (25) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 111

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (21) und (23) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 111

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (22) 1. den in Artikel 10 Abs. 2 dritter Satz, Artikel 14 Abs. 1 und 2, Artikel 16 Abs. 2 und Artikel 18 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. dem gegenständlichen Beschluss des Staatsvertrages gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 112

(26) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzgutgesetz 1997, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungs


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666. Sitzung / Seite 10

rechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 und das Weingesetz 1999 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2000) (107 und 150/NR sowie 6116 und 6144/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 113

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ernst Winter 113

Franz Koller 114

Friedrich Hensler 116

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 117

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 118

(27) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden (52 und 121/NR sowie 6145/BR d. B.)

Berichterstatter: Franz Wolfinger 119

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Johann Kraml 119

Ulrike Haunschmid 120

Leopold Steinbichler 120

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 122

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 122

Gemeinsame Beratung über

(28) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird (152/A und 160/NR sowie 6146/BR d. B.)

(29) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (151/A und 161/NR sowie 6111 und 6147/BR d. B.)

Berichterstatter: Georg Keuschnigg 123

[Antrag, zu (28) und (29) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Uta Barbara Pühringer 124 und 128

Erhard Meier 124

Josef Saller 127

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 128

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (28) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 129


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 11

Entschließungsantrag der Bundesräte Erhard Meier und Genossen betreffend Förderung der Berufsreifeprüfung 126

Ablehnung 129

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (29) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 130

Entschließungsantrag der Bundesräte Erhard Meier und Genossen betreffend unbefristetes Nachholen des Hauptschulabschlusses 127

Ablehnung 130

(30) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird (107/A und 166/NR sowie 6148/BR d. B.)

Berichterstatter: Leopold Steinbichler 130

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Peter Böhm 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 131

Gemeinsame Beratung über

(31) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird (163/NR sowie 6149/BR d. B.)

(32) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000) (164/NR sowie 6150/BR d. B.)

Berichterstatter: Georg Keuschnigg 132

[Antrag, zu (31) und (32) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Brunhilde Fuchs 132

Dr. Peter Böhm 134

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 134

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 136

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (31) und (32) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 137

Gemeinsame Beratung über

(33) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Hausbesorgergesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2000 – WRN 2000) (129/A und 122/NR sowie 6151/BR d. B.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 12

(34) Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden (123/NR sowie 6152/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 137

[Antrag, zu (33) und (34) keinen Einspruch zu erheben]


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 13

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 138

Jürgen Weiss 140

Ludwig Buchinger 141

Herbert Thumpser 143

Thomas Ram 144

Dr. Robert Aspöck 145

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 146

Peter Marizzi 147

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (33) und (34) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 148

Gemeinsame Beratung über

(35) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Schauspielergesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden (Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 – ARÄG 2000) (91, 130/A, 19/A und 189/NR sowie 6153/BR d. B.)

(36) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (21 und 190/NR sowie 6154/BR d. B.)

(37) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend Urkunde zur Abänderung der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation (39 und 191/NR sowie 6113 und 6155/BR d. B.)

(38) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (94 und 192/NR sowie 6156/BR d. B.)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 14

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 149

[Antrag, zu (35) und (38) keinen Einspruch zu erheben, zu (36) 1. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, zu (37) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen]

Redner:

Karl Drochter 150

Engelbert Schaufler 153

Ulrike Haunschmid 155

Staatssekretärin Mares Rossmann 156

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Karl Drochter und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen das Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 152

Ablehnung 157

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (35) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 158

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (36) 1. dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmenmehrheit) 158

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (36) 2. gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 158

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (37) dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (mit Stimmeneinhelligkeit) 158

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (38) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 158

(39) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird (165/A und 193/NR sowie 6157/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 159

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Horst Freiberger 159

Alfred Schöls 160

Staatssekretärin Mares Rossmann 162 und 166

Dr. André d′Aron 162

Engelbert Schaufler 164

Albrecht Konecny 164

und (tatsächliche Berichtigung) 166

Ing. Kurt Scheuch (tatsächliche Berichtigung) 167

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 167

(40) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen von 1994 sowie Resolution Nummer 384 betreffend Verlängerung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1994 (95 und 147/NR sowie 6158/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 168

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 168

(41) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz – PrAG) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (97 und 148/NR sowie 6115 und 6159/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 168

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher 169

Wilhelm Grissemann 170

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 170

(42) Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert wird (156/A und 149/NR sowie 6160/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Christof Neuner 171

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 171

Eingebracht wurden

Anfragen

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte Christoph Hagen, Ilse Giesinger und Jürgen Weiss an den Bundesminister für Inneres betreffend die Personalsituation der Gendarmerie in Vorarlberg (1713/J-BR/00)

der Bundesräte Uta Barbara Pühringer und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien im Bereich der Schulen (1714/J-BR/00)

der Bundesräte Dipl.-Ing. Hannes Missethon und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern in der Steiermark (1715/J-BR/00)

der Bundesräte Mag. Dietmar Hoscher und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Ausgliederung Bundesmuseen (1716/J-BR/00)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Frage der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen (1573/AB-BR/00 zu 1699/J-BR/00)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 15

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Alfred Gerstl und Kollegen (1574/AB-BR/00 zu 1702/J-BR/00)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Alfred Gerstl und Kollegen (1575/AB-BR/00 zu 1703/J-BR/00)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Ilse Giesinger und Kollegen (1576/AB-BR/00 zu 1705/J-BR/00)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Georg Keuschnigg und Kollegen (1577/AB-BR/00 zu 1704/J-BR/00)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Frage der Bundesräte Ferdinand Gstöttner und Kollegen (1578/AB-BR/00 zu 1706/J-BR/00)


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 16

Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich eröffne die 666. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 665. Sitzung des Bundesrates vom 26. Mai 2000 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet haben sich die Mitglieder des Bundesrates Hedda Kainz und Engelbert Weilharter.

Entschuldigt haben sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Michael Strugl und Mag. Harald Himmer.

Angelobung

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eingelangt ist ein Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend die Wahl von einem Mitglied und einem Ersatzmitglied in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Brunhilde Fuchs: Ich verlese das Schreiben des Ersten Präsidenten des Kärntner Landtages Dipl.- Ing. Jörg Freunschlag an die Frau Präsidentin des Bundesrates Anna Elisabeth Haselbach:

"Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Der Kärntner Landtag hat in seiner 17. Sitzung der 28. Gesetzgebungsperiode am 8. Juni 2000 ein Mitglied des Bundesrates und sein Ersatzmitglied gemäß Artikel 35 Abs. 1 und 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nach dem Verhältniswahlrecht gewählt.

In der Anlage übermittle ich ein Verzeichnis der Gewählten.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Dipl.-Ing. Jörg Freunschlag"

Das Verzeichnis der Gewählten darf ich auch verlesen:

"Mitglieder des Bundesrates und ihre Ersatzmänner vom Kärntner Landtag gewählt, Stand: 8. 6. 2000, 28. Gesetzgebungsperiode

FPÖ:

Erstgenannter: Ing. Kurt Scheuch

Ersatzmitglied: Ing. Gerd Klamt

Zweiter: Mag. Christof Neuner

Ersatzmitglied: Johanna Oberlerchner

SPÖ:

Dritter: Herbert Würschl

Ersatzmitglied: Ana Blatnik

Vierte: Mag. Melitta Trunk

Ersatzmitglied: Günther Molzbichler


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 17

ÖVP:

Fünfter: Ing. Franz Gruber

Ersatzmitglied: Franz Richau"

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Verlesung dieser Schreiben.

Herr Bundesrat Herbert Würschl ist im Hause anwesend, und ich werde daher sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich bitte die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführerin Brunhilde Fuchs: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ): Ich gelobe.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für Ihr Gelöbnis und begrüße Sie ganz herzlich in unserer Mitte. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Berufung in den Bundesrat und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Tätigkeit. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall. – Die Bundesräte der SPÖ begeben sich zu Bundesrat Würschl und gratulieren ihm zu seiner Angelobung. – Bundesrat Mag. Gudenus  – in Richtung der Gratulanten –: Habt ihr keinen Sekt dabei?)

Verehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie alle die Gelegenheit genutzt haben, dem neuen Kollegen zu gratulieren.

Wir setzen nun die Sitzung fort.

Ordnungsruf

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bevor wir zur Fragestunde kommen, teile ich mit, dass ich mir das Stenographische Protokoll der letzten Sitzung noch einmal vorlegen ließ, durchgelesen habe und mich nach Durchsicht dieses Protokolls veranlasst sehe, Herrn Bundesrat Klaus Gasteiger für seine Äußerung "Euthanasieärzte der Gemeindeautonomie" gemäß § 70 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates einen Ordnungsruf zu erteilen.

Ich möchte das aber auch gleich zum Anlass nehmen, noch einmal – so wie ich es unmittelbar, nachdem Herr Kollege Bieringer diesen Tatbestand aufgezeigt hat, getan habe – zu ersuchen, bei der Wahl der Worte in Diskussionen, die wir hier abzuführen haben, besondere Vorsicht walten zu lassen. Ich wollte das noch einmal wiederholen.

Ich möchte aber dem noch Folgendes hinzufügen: Ich hatte natürlich auch mit Herrn Bundesrat Klaus Gasteiger ein Gespräch. Er hat bedauert, dass ihm diese Aussage herausgerutscht ist. Er wird sicherlich in Zukunft wesentlich vorsichtiger in der Wortwahl sein. Er hat es vor allen Dingen beziehungsweise nicht zuletzt auch deshalb bedauert – das war auch in den Zeitungen nachzulesen –, weil er mit diesem Angriff Herrn Staatssekretär Dr. Finz in ganz persönlicher Weise zutiefst getroffen hat. Auch das tut ihm Leid. Er hat in aller Form um Entschuldigung gebeten.

Ich glaube, dass uns auch das ein Wegweiser sein sollte, wie wir miteinander umzugehen haben, wenn wir uns im Ton vergreifen. Es fällt uns kein Stein aus der Krone, wenn wir uns entsprechend entschuldigen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 18

Ich hoffe, dass Sie meine Worte so verstanden haben, wie sie gemeint waren, nämlich als Aufforderung zu einem guten Zusammenarbeiten hier im Bundesrat und vor allen Dingen dazu, dass wir immer bemüht sind, die Würde des anderen hochzuhalten. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Fragestunde

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.13 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die erste Anfrage an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit stellt Herr Bundesrat Bieringer. – Ich bitte ihn um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1099/M-BR/00

Sehen Sie die Angleichung Arbeiter/Angestellte durch das ARÄG 2000 als abgeschlossen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Herr Bundesrat Bieringer! Ich betrachte diese nicht als abgeschlossen, aber es ist ein wichtiger Schritt – jener Schritt, welchen der Gesetzgeber tun kann und tun soll, nämlich die Angleichung der Rechte von Arbeitern an jene der Angestellten in Sachen Krankheit und Dienstverhinderung. Damit wird eine Angleichung durchgeführt. Das Recht auf Entgeltfortzahlung mit sechs Wochen ganz und vier Wochen halb ist dann gleich für Angestellte und Arbeiter.

Nicht angleichen wollen wir auf Gesetzesebene die Kündigungsfristen, das sollen die Kollektivvertragspartner als Sozialpartner tun. Es gibt einzelne Kollektivvertragsgruppen, bei welchen das schon geschehen ist respektive eingeleitet wurde. Insbesondere die Gruppe der Metaller ist da schon recht weit vorangekommen, andere Gruppen werden nachziehen, und ich hoffe, dass dieser Prozess in überschaubarer Zeit abgeschlossen sein wird. Dann könnten wir tatsächlich von einer erfolgten Angleichung der Arbeiter und der Angestellten sprechen, und dann ist Schluss mit dieser Zwei-Klassen-Gesellschaft, die ich für einen Anachronismus halte. Meiner Meinung nach gibt es dafür längst keine Berechtigung mehr.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Welche Kostenauswirkungen hat das Gesamtprojekt, insbesondere im Zusammenhang mit der Lohnnebenkostensenkung?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Die Kostenerhöhung für Unternehmer durch die Übernahme einer längeren Entgeltfortzahlung für Arbeiter liegt bei rund 800 Millionen Schilling. Das betrifft zirka 1,2 Millionen Arbeiter. Das ist ein durchaus überschaubarer Bereich.

Gleichzeitig haben wir die so genannte Urlaubsaliquotierung umgesetzt. Das heißt, dass eine bestehende Ungerechtigkeit, dass nämlich die einen relativ mehr Urlaub oder Abfindung lukrieren als die anderen, beseitigt wird. Das wird in Zukunft nicht mehr möglich sein. Das ist auch ein Stück mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsplatz.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 19

Wir haben aber davon Abstand genommen, den Urlaubsanspruch aliquot entstehen zu lassen. Der Urlaubsanspruch entsteht, Herr Bundesrat, so wie bisher in vollem Ausmaß, es geht lediglich im Trennungsfall des Arbeitnehmers vom Unternehmen darum, den nicht in Anspruch genommenen Urlaub aliquot abzurechnen. Das wirkt sich aus unserer Sicht mit rund 2 Milliarden Schilling kostenentlastend aus. Im Plenum des Nationalrates wurden diesbezüglich von Seiten der Opposition gänzlich andere Zahlen – im Übrigen sehr unterschiedliche Zahlen – genannt, aber wir bleiben dabei: Es sind 2 Milliarden Schilling.

Es wird weiters der so genannte freie Tag zur Postensuche im Falle der Selbstkündigung eines Arbeitnehmers in Zukunft nicht mehr gegeben sein. Das ergibt eine Kostenentlastung in der Höhe von 300 Millionen Schilling. Also: Kostenerhöhung: 800 Millionen Schilling, Kostenentlastung: 2,3 Milliarden Schilling. Das heißt saldiert: eine Lohnnebenkostenentlastung in der Höhe von 1,5 Milliarden Schilling.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Drochter gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werden Sie noch in dieser Legislaturperiode dafür eintreten, dass es zu einer tatsächlichen Angleichung der Rechte der Arbeiter an jene der Angestellte kommt?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich habe, sehr geehrter Herr Bundesrat, schon darauf hingewiesen, dass jetzt der Ball bei den Kollektivvertragspartnern, also den Sozialpartnern liegt. Sie kommen selbst aus einer der Sozialpartner-Strukturen.

Ich glaube nicht, wie bereits gesagt, dass der Gesetzgeber von sich aus jetzt in klassische Sozialpartnerfragen, wie etwa in die Frage der Vereinbarung über Kündigungsfristen, eingreifen sollte. Es sind aber erste Beispiele gesetzt, und es ist auch der politische Wille dahin gehend klar erkennbar, dass Arbeiter an Angestellte hinsichtlich aller Rechte angeglichen werden sollen. Ich bin optimistisch, dass wir am Ende dieser Legislaturperiode mit der Erledigung dieses Vorhabens schon recht weit sind, zumal bis dahin die Kollektivverträge das vereinheitlicht haben werden.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Dr. d'Aron. – Bitte.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Stellungnahme beziehen Sie zum Vorschlag der zuletzt dargestellten Vorschläge der Industriellenvereinigung bezüglich Einschränkung der Mitversicherung von Familienangehörigen bei der Krankenkassa, bezüglich Ruhen des Leistungsanspruches der Arbeitslosenversicherung für einen bestimmten Zeitraum bei Ausbezahlung einer Abfertigung sowie bezüglich teilweiser zeitlicher Anrechnung bei Kur- und Erholungsaufenthalten auf den Urlaubsanspruch?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich kenne diese Vorschläge der Industriellenvereinigung, die Sie gerade referiert haben, lediglich aus den Medien. Sehr geehrter Herr Bundesrat! Es ist meine Aufgabe, gemeinsam mit Sozialministerin Sickl und Finanzminister Grasser im Rahmen der Bundesregierung ein Projekt zur Verbesserung der sozialen Treffsicherheit durchzuführen. Unter der Leitung von Herrn Professor Mazal arbeiten eine Fülle von Experten an Vorschlägen, die durchaus kontroversiell sein mögen, wie das auch diese Vorschläge sind, aber ich möchte keinem dieser Vorschläge vorgreifen und eine politische Wertung durchführen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 20

Das Einsparungsziel, das da budgetiert ist – nämlich 3 Milliarden Schilling durch eine verbesserte soziale Treffsicherheit herauszuholen –, ist ambitioniert und wird nicht einfach zu erreichen sein, aber gleichzeitig wissen wir, dass unser Sozialsystem langfristig besser abgesichert sein wird, wenn wir die soziale Treffsicherheit verbessern.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 2. Anfrage, 1103/M, die Herr Bundesrat Drochter stellen wird. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1103/M-BR/00

Wie hoch sind die jährlichen budgetären Einsparungen, die Sie auf dem Rücken kranker Menschen durch die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit erzielen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Gestatten Sie mir, Herr Bundesrat, dass ich auch auf das "wording" Ihrer Fragestellung eingehe: Ich weise den in Ihrer Fragestellung implizit enthaltenen Vorwurf, etwas "auf dem Rücken kranker Menschen" zu tun, zurück. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist, dass wir nach Schätzungen des zuständigen Sozialministeriums – gerade Sie, Herr Bundesrat, wissen, dass das nicht in meine Kompetenz fällt, sondern in die des Sozialressorts und damit Frau Ministerin Sickl dafür zuständig ist, aber ich antworte gerne, gewissermaßen auch in Abstimmung mit Frau Kollegin Sickl, auf Ihre Frage – durch das Auslaufenlassen der Möglichkeit der Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit mit einer Nettoersparnis in der Höhe von rund 3,25 Milliarden Schilling rechnen können.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen planen Sie noch im Jahr 2000, um ab 2001 ältere, nicht mehr ganz gesunde ArbeitnehmerInnen mit geringerer Qualifikation in Beschäftigung zu halten, um sie nicht in eine längere Arbeitslosigkeit, die für diese Menschen Hoffnungslosigkeit bedeutet, zu treiben?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Drochter! Ich entnehme der heutigen Tagesordnung des Bundesrates, dass heute hier das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz und damit auch diese Fragestellung debattiert wird. Wir haben im Rahmen dieses Gesetzes schon zwei Begleitmaßnahmen vorgesehen: Zum einen haben wir für diejenigen älteren Arbeitnehmer, die gewissermaßen in Übergangsjahrgänge fallen, die Möglichkeit zum Bezug von Arbeitslosengeld von 18 Monaten statt bisher 12 Monaten geschaffen. Zum anderen soll für die Beschäftigten, die in die Übergangsjahrgänge fallen, der Kündigungsschutz, wie er für ältere Arbeitnehmer jetzt in Unternehmungen mit mehr als fünf Mitarbeitern gegeben ist, auf alle Unternehmungen ausgedehnt werden.

Im Übrigen meine ich, dass auch die vorgesehenen Bestimmungen, dass es ab dem Alter von 57 Jahren einen gewissermaßen erleichterten Zugang zur Invaliditätspension geben kann, denjenigen zugute kommen, die aus nachvollziehbaren gesundheitlichen Gründen ihre Tätigkeit nicht mehr aufrechterhalten können.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage wünscht Herr Mag. Gudenus. – Bitte.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 21

Bundesrat Mag. John Gudenus
(Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Die erste Frage bezog sich auf die kranken Menschen in Österreich. Meine Zusatzfrage lautet: Sind die Österreicher so viel kranker als die Bevölkerung in anderen vergleichbaren Staaten, zum Beispiel in skandinavischen Staaten?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Nein, Herr Bundesrat Gudenus, sicherlich nicht, wobei zu sagen ist, dass Daten, die von mehreren Experten stammen – nicht nur von Professor Tomandl, sondern auch von Professor Prinz, einem engen Kollegen von Herrn Professor Marin –, besagen, dass einerseits Österreich im internationalen Vergleich bei jenen, die über 50 Jahre alt sind, einen extrem hohen Anteil an Pensionisten hat, die aus Gesundheitsgründen entweder in die Invaliditätspension oder in die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit gehen, dass andererseits aber bei jenen, die unter 50 Jahre alt sind, dieser Anteil in Österreich vergleichsweise gering ist. Das deutet schon darauf hin, dass bisher diese Wege, eine Pension in Anspruch zu nehmen, gewählt wurden, aber das wahrscheinlich nicht immer auch in voller Deutlichkeit auf den Gesundheitszustand zurückzuführen gewesen sein kann, denn sonst wären diese Abweichungen von den internationalen Zahlen nicht zu erklären.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die nächste Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Schaufler gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Erwarten Sie für die nahe Zukunft noch eine Änderung bei den Abschlagssätzen für die vorzeitige Alterspension?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Sowohl in dieser Beziehung als auch in anderer: Das, was die Bundesregierung jetzt als Regierungsvorlage dem Nationalrat und in Folge dann auch dem Bundesrat zur Debatte und auch zur Beschlussfassung – davon gehe ich aus – zuleitet, ist ein wichtiger Schritt zur Pensionsreform. Es ist nicht der erste Schritt – ich selbst habe die Pensionsreform 1997, damals für den ASVG-Bereich, mit Frau Ministerin Hostasch verhandeln dürfen –, aber es wird auch nicht der letzte sein, sondern es wird weitere Schritte geben müssen, aber einen Schritt im Sinne einer Pensionsreform erwarte ich in dieser Legislaturperiode nicht. Selbstverständlich müssen wir als Gesetzgeber und als Regierung uns Wege offen lassen, um jährlich im Sozialversicherungs- und Sozialbereich Korrekturen durchzuführen, aber eine Pensionsreform, die auch diesen Namen verdienen würde, wird es in dieser Legislaturperiode in zweiter Auflage sicher nicht geben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 3. Anfrage, die Herr Bundesrat Dr. d′Aron stellen wird. Ich bitte ihn um die Verlesung dieser Anfrage.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1106/M-BR/00

Welche Maßnahmen planen Sie im Hinblick auf die Einführung des one-stop-shop-Prinzips im Betriebsanlagenrecht zur Stärkung der heimischen Wirtschaft?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Es fügt sich, dass heute Nachmittag einerseits im Wirtschaftsausschuss vermutlich das Anlagenrecht


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 22

beschlossen werden wird, das eine Umsetzung der EU-Richtlinien IPPC und Seveso mit sich bringt, und dass auf der anderen Seite im Umweltausschuss die Anpassung an die UVP-Richtlinie durchgeführt wird. Das ist der von der Regierung geplante erste Schritt in Richtung eines modernen einheitlichen Anlagenrechtes. Das bringt auch manche Vereinfachung mit sich, gerade auch im Wege der Umweltverträglichkeitsprüfungen, aber noch nicht das einheitliche Anlagenrecht.

Der zweite Schritt ist zurzeit in meinem Haus in Vorbereitung, nämlich die Ausarbeitung eines so genannten Anlagenverfahrensgesetzes, mit dem im Wesentlichen die Bezirkshauptmannschaften als diejenigen Anlaufstellen definiert werden sollen, die anlagenrechtliche Genehmigungen durchführen. Die Begutachtung eines solchen Gesetzes wird aus meiner Sicht im Herbst dieses Jahres möglich sein. Ich füge dem hinzu: Es wird für ein derartiges Gesetz eine Verfassungsbestimmung notwendig sein und damit auch die Kooperation mit der Opposition, aber seit der heute früh gefundenen Einigung mit der großen Oppositionspartei zum Thema ElWOG bin ich optimistisch, dass wir in sachlich wichtigen und in politisch weniger sensiblen Materien trotzdem solche Konsenspunkte erzielen können.

Das ist der zweite Teil, der aber gleichzeitig auch mit einer Rechtsbereinigung einhergehen muss. Das klingt so, als wäre es ein Leichtes, das zu tun, dem ist aber nicht so. Es müssen in den Materienrechten die Genehmigungstatbestände vereinheitlicht werden. Es geht zum Beispiel nicht an, dass der Begriff "Stand der Technik" in den Materienrechten unterschiedlich definiert ist – das ist er jetzt – oder dass andere wichtige Prinzipien unterschiedlich ausgelegt werden. Erst dann, wenn das geschehen ist, können wir in einem dritten großen Schritt herangehen, ein Materienrecht, ein Anlagenrecht zu schaffen, dass dann einheitlich zur Anwendung kommen wird. Bis dahin muss es um Mitanwendung der einzelnen Materiengesetze durch die Bezirkshauptmannschaften, im Regelfall in erster Instanz, gehen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Bundesrat! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hat es in dieser Angelegenheit schon Gespräche mit den Bundesländern, und zwar im Hinblick auf die mittelbare Bundesverwaltung, gegeben?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ja selbstverständlich! Gerade bei solch einer Materie ist der Schulterschluss mit den Ländern sehr eng, weil auch die Länder Interesse daran haben, diese Verfahren besonders ökonomisch, besonders unbürokratisch, gleichzeitig aber auch auf dem in Österreich üblichen hohen Niveau der Umweltberücksichtigung und auch der Einbindung von Anrainern zu setzen. Es ist fast kontinuierlich der Fall, dass da die Bundesländer eingebunden sind.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Bundesminister! Es besteht dann und wann immer wieder die Frage, ob die Rechte der Anrainer bei derartigen Genehmigungsverfahren im Zuge des Betriebsanlagengesetzes eingeschränkt werden. Muss man damit rechnen, oder bleiben die Anrainerrechte ohnehin gewahrt?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Nein, Herr Bundesrat, damit ist nicht zu rechnen, das hielte ich auch nicht für sinnvoll.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 23

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Mag. Hoscher. – Bitte.

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! In welcher Art und Weise planen Sie, Landesmaterien wie etwa Baurecht oder Naturschutz einzubeziehen – da es in der Vergangenheit, insbesondere gegen die letzten Entwürfe, heftige Widerstände von Seiten der Bundesländer gegeben hat?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Im Wege eines Optionsmodells! Das heißt, dass insbesondere in Sachen Baurecht die Gemeinden ermächtigt werden, das Baurecht nach eigenem Dafürhalten kompetenzmäßig an die Bezirkshauptmannschaft abzutreten und dort ein einheitliches, konzentriertes Verfahren abwickeln zu lassen. Das war auch in den Koalitionsverhandlungen mit Ihrer Partei, die letztlich gescheitert sind, ein wesentlicher Punkt. Wir hatten dann zu diesem Punkt einen Konsens im Wege eines Kompromisses gefunden.

Ich halte es nicht für zweckmäßig, den Gemeinden jetzt seitens des Bundesgesetzgebers das Baurecht zu entziehen und zu sagen: Das machen ab sofort nur noch die Bezirkshauptmannschaften. Ich halte es aber auf der anderen Seite auch für zweckmäßig, eine weitere Optionsmöglichkeit zu schaffen, und zwar eine Opting-out-Möglichkeit. Das Erstgenannte – sich an die BH zu wenden – wäre eine Opting-in-Möglichkeit für die Gemeinden; im Übrigen werden sie das, wenn es freiwillig ist, in den allermeisten Fällen tun.

Das andere ist eine Opting-out-Möglichkeit, weil manche Verfahren wie zum Beispiel die abfallrechtlichen Verfahren sehr komplex sind. Dafür gibt es im Regelfall einige wenige Experten auf Landesebene, da alle Beteiligten auch in Zukunft wollen, dass diese Verfahren von Haus aus beim Land und nicht auf Ebene der Bezirkshauptmannschaft durchgeführt werden.

Für solche Spezialfragen sind daher Optionsbestimmungen vorgesehen. Aber ich gehe davon aus, dass der überwiegende, weit über 90 Prozent liegende Anteil der Verfahren in erster Instanz bei der Bezirkshauptmannschaft durchgeführt werden kann. Wir kennen die Bezirkshauptmannschaften als die relativ unbürokratischsten und bürgernächsten Strukturen, die wir im Lande haben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 4. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Giesinger, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1100/M-BR/00

Welche Maßnahmen planen Sie im Bereich des Arbeitnehmerschutzes?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Eine vernünftige Weiterentwicklung des Arbeitnehmerschutzes, Frau Bundesrätin! Der Arbeitnehmerschutz und sein Erfolg sind aus meiner Sicht daran zu messen, wie viele Arbeitsunfälle es gibt und in welcher Schwere sie geschehen. Letztlich geht es auch darum, wie die gesundheitliche Entwicklung von Arbeitnehmern aussieht, aber richtig griffig sind die Unfallzahlen.

In dieser Hinsicht – das ist beispielsweise auch gestern in der im Übrigen nicht besonders erfreulichen Sozialpartner-Runde zum Thema Pensionen angemerkt worden – hat es in den letzten Jahren einen kontinuierlichen Rückgang der Arbeitsunfallzahlen um rund 40 000 gegeben. Den Weg wollen wir weiter beschreiten. Ich möchte auch einige freiwillige Anreize und Incentives bieten, damit in den Unternehmungen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam


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weiterhin Arbeitsunfälle minimieren, das Risiko minimieren und damit etwas für die Volksgesundheit und zur Vermeidung menschlichen Leids tun.

Das Arbeitsinspektorat soll in Richtung von noch mehr Dienstleistung weiterentwickelt werden. Ich halte das in der heutigen Zeit durchaus für vereinbar: eine Behördenfunktion, die im Notfall auch straft, wenn jemand ganz uneinsichtig ist, aber auch ein modernes Dienstleistungs- und Serviceunternehmen. Die über 300 Arbeitsinspektoren erfüllen diese Aufgabe grosso modo ganz ausgezeichnet. Es steht jetzt schon die Dienstleistung Beratung gegenüber dem reinen Strafen im Vordergrund.

Wenn es dazu Änderungen im Arbeitnehmerschutzgesetz braucht, werde ich diese dem Parlament vorschlagen, allerdings, wie gesagt, mit Maß und Ziel. Es wird um Dinge gehen wie etwa die Frage von Einsatzzeiten: ob diese in allen Branchen in der jetzigen Form bestehen bleiben sollen oder ob es bestimmte Branchen gibt, in denen man etwas ändern sollte, weil es in dem Ausmaß nicht notwendig ist. Es wird darum gehen, ob es in jedem Fall notwendig ist, dass Arbeitsinspektoren unangemeldet in Unternehmungen kommen. Es wird sehr wohl auch in Zukunft die Möglichkeit geben müssen, dass Arbeitsinspektoren unangemeldet zu Unternehmungen gehen, wenn sie das für notwendig erachten. Aber ich hätte gerne, was ohnehin geübte Praxis ist – informell und inoffiziell, weil wir in Österreich leben –, nämlich dass es auch Visitationen und Inspektionen nach Anmeldung geben kann.

Es gibt noch viele andere Dinge mehr, aber das wird intensiv diskutiert. Das wird auf Sozialpartnerebene diskutiert werden. Hier möchte ich mir auf gar keinen Fall Schnellschüsse vorwerfen lassen müssen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Frau Bundesrätin, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Herr Minister! In welcher Weise soll sich eine mögliche Reform positiv auf die Unternehmen auswirken?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein:
Zum einen soll das früher einmal gegebene Image, das heute schon nicht mehr zutrifft, nämlich dass Arbeitsinspektoren schikanös vorgingen, völlig verschwinden, sodass sich vor dem Arbeitsinspektor niemand zu fürchten braucht.

Aber vielleicht noch wichtiger ist, dass die Fragen der Arbeitssicherheit auch von den Arbeitsinspektoren als in dieser Frage sehr kompetenten Experten getragen werden. Es ist heute schon so, dass betriebliche Investitionsprojekte in einem sehr frühen Stadium mit den Arbeitsinspektoraten besprochen werden, weil es da um Optimierung und um Abstimmung geht. Dies zu verstärken, kann, so glaube ich, Unternehmungen sehr viel an Fehlinvestitionen und damit an Geld ersparen. Da leisten die Arbeitsinspektorate heute schon sehr Gutes.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Eine Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Durch die Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Unfallversicherung von 1,4 auf 1,2 Prozent gehen der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt jährlich zirka 1,7 Milliarden Schilling verloren.

Meine Frage ist: Wird es im Jahr 2001 trotzdem möglich sein, den bereits geplanten Schwerpunkt – den Arbeitnehmerschutz vor allem in den Klein- und Mittelbetrieben – auch durchzuführen, und wird die Prophylaxe, die in den nächsten Jahren bei der Unfallversicherung im Vordergrund stehen sollte, von dieser Beitragseinnahmen-Einschränkung betroffen sein?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Beitragssenkungen im Bereich der Unfallversicherungen werden sich natürlich auch daran orientieren, dass dadurch die Möglichkeiten der Unfallversicherung, ihre Leistungen im bisherigen Umfang durchzuführen, nicht geschmälert werden.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine Zusatzfrage wird von Frau Bundesrätin Mühlwerth gewünscht. – Bitte.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Es gibt immer noch unterschiedliche Regelungen bei Klein- und Großbetrieben, was die arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Regelung betrifft. Sind Sie gewillt, daran etwas zu ändern, damit jeder Arbeitnehmer unabhängig von der Betriebsgröße gleichermaßen in den Genuss einer Betreuung kommt?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Was die Einsatztätigkeit von Sicherheitskräften und Arbeitsmedizinern anlangt, ist die Unterschiedlichkeit vor allem in der Finanzierung gegeben. Die Unfallversicherung übernimmt dies derzeit und bis auf weiteres für die kleineren Unternehmungen. Ich halte das für wichtig und angemessen.

Generell sollte man auf die Kleinen schauen; die Großen tun sich in mancherlei Beziehung leichter. Österreich ist ein Land der Klein- und Mittelbetriebe. Dort entstehen die Arbeitsplätze, dort sollte man ein bisschen helfen. Dort, wo es vom Marktwirtschaftlichen her gerechtfertigt und kostenmäßig einigermaßen vertretbar ist, bin ich dafür, Frau Bundesrätin, dass man mit den Kleinen ein bisschen anders als mit den Großen umgeht. Wohlgemerkt: Es darf der Arbeitnehmerschutz nicht darunter leiden. Denn es gäbe selbstverständlich keine Rechtfertigung dafür, wenn Arbeitnehmer in kleineren Unternehmungen größeren Gefährdungen als in großen ausgesetzt wären.

Lesen Sie Zeitung – was Sie ohnehin tun –, und Sie sehen, dass die dramatischen, schweren, großen Arbeitsunfälle im Regelfall nicht in den ganz kleinen, sondern in den größeren Unternehmungen – in der Schwerindustrie, der Bauwirtschaft – geschehen. Gut, im letzteren Bereich kann auch ein Baugewerbler, ein Baumeister darunter sein. Aber jedenfalls ist es nicht unbedingt das Kleinunternehmen, in dem die sehr schweren Arbeitsunfälle passieren – Gott sei Dank!

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 5. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Gasteiger, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1104/M-BR/00

Wird die von Ihnen mit 1. Juli 2000 geplante Einkaufszentren-Verordnung vom ausgesendeten Entwurf abweichen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich habe gestern gemeinsam mit unserem Koalitionspartner dem Parlament noch einen Abänderungsantrag zum Thema Einkaufszentren-Verordnung respektive zur Gewerbeordnung und deren gesetzlicher Grundlage vorgelegt. Dieser Antrag ist auch der Opposition vorgelegt worden. Ich gehe davon aus, dass der heutige Wirtschaftsausschuss die gesetzliche Grundlage entsprechend adaptieren wird.


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Es geht vor allem darum, dass der Verfassungsgerichtshof die bestehende Ausnahme für Stadt- und Ortskerne gestrichen hat. Das heißt, es wäre ohne die vorgesehene gesetzliche Neuorientierung und Änderung in Zukunft ein Einkaufszentrum im Stadt- oder Ortskern genauso den Kriterien zu unterwerfen wie ein Einkaufszentrum am Stadtrand. Das will niemand, weil damit in vielen Fällen Einkaufszentren in Stadtkernen nicht mehr möglich wären.

Aufbauend auf dieser gesetzlichen Änderung werden wir danach eine Verordnung herausgeben. Diese wird sich selbstverständlich an dem Verordnungsentwurf, der in Begutachtung gegangen ist, orientieren. Aber es gehört zum Wesen von Begutachtungen, sehr geehrter Herr Bundesrat, dass man die Stellungnahmen berücksichtigt. Sie können daher von Folgendem ausgehen: Der Entwurf ist die Leitlinie; wie die Verordnung im Detail aussehen wird und welche Breite vor allem die Liste derjenigen Güter haben wird, die in solchen Einkaufszentren der Verordnung unterliegen und dort vertrieben werden können, kann ich noch nicht sagen.

Ich sage, es muss drei Prinzipien genügen: Es muss verfassungskonform sein; es muss administrierbar sein; es muss auch einigermaßen marktwirtschaftlich sein, was wir mit der Einkaufszentren-Verordnung als Nachfolgelösung machen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Nein.

Wir kommen daher zur nächsten Zusatzfrage. Herr Bundesrat Grissemann möchte sie stellen. – Bitte.

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sind Sie bereit, auf Grund des Gutachtens der Sektion Handel der Bundeswirtschaftskammer Textilien den Gütern des täglichen Bedarfs zuzuordnen beziehungsweise diese in Ihre Verordnung aufzunehmen, um die Nahversorgung zu sichern und der Verödung der Innenstädte entgegenzuwirken?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Sie wissen, dass die Regelung vom Verfassungsgerichtshof insbesondere mit der Argumentation, die Güter einzuschränken auf Güter des täglichen Bedarfs, aufgehoben wurde. Das heißt, eine Nachfolge-Verordnung muss sich selbstverständlich an diesem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes orientieren. "Täglicher Bedarf" heißt sicherlich nicht, dass das Auto, das man täglich braucht, dazugehört, sondern da geht es nach Rücksprache mit sehr wesentlichen Juristen um Güter, die entweder täglich oder mehrmals wöchentlich nachgefragt werden.

Ich kann Ihnen in Sachen Textilien keine detaillierte Auskunft geben. Es gibt Textilien, die man schnell einmal kauft, wenn Bedarf besteht, aber es gibt sicherlich auch Textilien, die nicht zu den Gütern des täglichen Bedarfs gehören. Diese könnten wir in eine solche Verordnung sicherlich nicht aufnehmen, weil das wiederum der Gefahr unterworfen wäre, verfassungswidrig zu sein.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Minister! Welche positiven Auswirkungen auf die Innenstädte und auf die Ortszentren erwarten Sie sich von der Einkaufszentren-Verordnung?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Man soll jetzt aus der Einkaufszentren-Verordnung nicht etwas machen, was in ihr nicht angelegt ist. Die Gewerbeordnung und in weiterer Folge die Verordnungen, die daraus abgeleitet werden, sind Verordnungen, die den Zugang zum Unternehmertum und letztlich auch den Anlagenqualität-Wettbewerb regeln. Aber sie können die Raumordnung nicht ersetzen. Ich appelliere gerade in der


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Länderkammer vor allem auch an die Gemeinden und an die Länder, im Rahmen ihrer Baurechtskompetenz und ihrer Raumordnungskompetenz die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.

Was jetzt in den Ländern geschieht oder nicht geschieht, was dort zugelassen wird oder nicht zugelassen wird, das kann Wien mit einer Einkaufszentren-Verordnung sicherlich nicht korrigieren. Daher liegt für mich in der Raumordnung und im Baurecht der Schlüssel letztlich vor Ort und nicht in Wien.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 6. Anfrage an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1101/M-BR/00

Wann soll die Reform des Abfertigungsrechtes in Angriff genommen werden?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Jetzt, Herr Bundesrat Missethon! Das ist ein wichtiges Vorhaben. Ich glaube, dass das Austriakum Abfertigung nicht mehr zeitgemäß ist. Man sollte es in Richtung des Aufbaus einer betrieblichen Pensionsvorsorge weiterentwickeln, bei gleichzeitiger Klarheit darüber, dass die staatliche Pensionsvorsorge als erste Säule auch in Zukunft die tragende sein wird. Aber es ist gut, daneben auch eine zweite und dritte im Sinn einer privaten Vorsorge zu entwickeln.

Es sind noch wichtige Fragen zu klären. Zum Beispiel: Wie hoch ist der Beitrag, der monatlich in eine entsprechende Kasse abzuführen sein wird? – Denn das Geld geht dann aus dem Unternehmen hinaus. Es müssen auch Übergangsbestimmungen näher definiert werden. Eine Fülle von Fragen ist weiterhin offen. Ich bin optimistisch, dass durch dieses Modell Abfertigung-Neu der wahrscheinlich entscheidende Ansatz auch für die Entwicklung einer betrieblichen Pensionsvorsorge gegeben sein kann, es werden jedoch bis zur Verwirklichung noch relativ viele Hürden zu überwinden sein.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage, Herr Bundesrat? – Bitte.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Ist geplant, die Abfertigung in ein reines Pensionsvorsorgesystem umzuwandeln?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: In der Weise verkürzt möchte ich das nicht bestätigen. Es soll in Richtung einer betrieblichen Pensionsvorsorge gehen. Aber dass ich jetzt sage: statt der Abfertigung gibt es künftig eine Art verpflichtender betrieblicher Pensionsvorsorge – so apodiktisch kann und will ich es nicht sagen!

Sehr interessant finde ich die deutsche Entwicklung. Dort wird sehr wohl darüber diskutiert, einen Betrag von 4 Prozent zwar seitens der Arbeitnehmer, aber verpflichtend – ein sozialdemokratischer Vorschlag in Deutschland, meine Damen und Herren! – in ein solches Modell einzuzahlen. Man wird sich die deutsche Entwicklung sicherlich genau anschauen. Dabei sind 4 Prozent in der derzeitigen Abfertigungsregelung sicherlich nicht drinnen. Ich möchte das nicht genau quantifizieren. Aber es werden 2 Prozent oder vielleicht etwas mehr oder etwas weniger sein. In dieser Größenordnung wird es sich, wenn man von der Abfertigung ausgeht, abspielen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.


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Eine Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Gasteiger gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werden Sie verhindern, dass die Abfertigung verpflichtend in eine private oder betriebliche Pensionsvorsorge umgewandelt wird?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich habe die Antwort auf Ihre Frage schon gegeben. Es wird während der Tätigkeit eines Arbeitnehmers in einem Unternehmen für den Arbeitgeber selbstverständlich verpflichtend sein, diese Beiträge abzuführen. Es ist auch klar, dass es ein Huckepack-Modell geben soll, sodass der Arbeitnehmer das, was er an Kapital angespart hat, mitnehmen kann.

Inwieweit und zu welchem Zeitpunkt er sich Beträge vorzeitig auszahlen lassen kann, ist noch nicht ausdiskutiert. Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, ich habe dazu auch persönlich noch keine fertig ausgebildete Meinung. Dazu gibt es verschiedene Überlegungen. Sicher ist, dass es selbstverständlich der Regelfall sein soll, dass der Arbeitnehmer dann, wenn er in Pension geht, eine vernünftige Zusatzpension aus diesem Titel, aus der betrieblichen Altersvorsorge, haben soll. Das soll der Regelfall sein. Für welche Sonderfälle man Möglichkeiten schafft, ist noch nicht ausdiskutiert.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Die nächste Zusatzfrage wünscht Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Wie sollen künftig auch Beschäftigte in Saisonberufen einen Anspruch auf die Abfertigung-Neu erwerben können?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Die derzeitigen Überlegungen gehen davon aus, dass ein Arbeitnehmer mindestens ein Jahr bei einem Dienstgeber beschäftigt sein muss. Das würde die allermeisten Saisonarbeitskräfte nicht betreffen, das ist richtig. Auf der anderen Seite begünstigt auch das derzeitige Abfertigungsrecht Saisonarbeitskräfte nicht, weil erst nach drei Jahren ein Abfertigungsanspruch entsteht.

Es ist jedenfalls das derzeit in Diskussion stehende Modell, dass nach einjähriger Tätigkeit beim Arbeitgeber mit solchen Einzahlungen durch den Arbeitgeber begonnen wird.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 7. Anfrage. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mag. Neuner, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1107/M-BR/00

Welche Maßnahmen sehen Sie für weitere Strompreissenkungen vor?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! In dem schon zitierten Wirtschaftsausschuss heute Nachmittag wird unter anderem die Vollliberalisierung unseres Strom- und Gasmarktes im Wege einer Novelle zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, kurz ElWOG, und eines Gaswirtschaftsgesetzes beschlossen werden. Zu


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diesem Thema konnte es zu meiner großen Freude offensichtlich zu einem Konsens mit der sozialdemokratischen Opposition kommen.

Auf Grund dieser Liberalisierung sprechen die Experten des Wifo – das ist nicht meine persönliche Position, weil ich das nicht abschätzen will und kann – von einer möglichen weiteren Stromsenkung von 12 bis 15 Prozent für die Haushalte.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): In welcher Form wird im Zuge der Strommarktliberalisierung der Förderung der erneuerbaren Energien Rechnung getragen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: In recht beachtlicher, Herr Bundesrat! Einerseits wird der Kleinwasserkraft wesentlich mehr Raum als bisher eingeräumt. Erst gestern haben wir uns darauf verständigt – ich bekomme das Signal, dass wir uns wirklich darauf verständigt haben –, dass als Kleinwasserkraft die Wasserkraft bis zu einer Engpassleistung von 10 Megawatt definiert wird. Bisher waren es lediglich 500 Kilowatt. Die Europäische Union ermöglicht es, bis zu 10 Megawatt zu gehen; mein bisheriger Entwurf sprach von 5 Megawatt. Diese Engpassleistung von 10 Megawatt ist sicherlich ein weiterer Schritt.

Gleichzeitig besteht die Verpflichtung, bis zum Jahre 2005 zu erreichen, dass 8 Prozent des Stromaufkommens aus dem Titel "Kleinwasserkraft" kommen müssen und dass darüber hinaus – in Stufen von 1, 2 und 3 Prozent bis zum Jahre 2005 – 3 Prozent aus alternativer erneuerbarer Energie kommen müssen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, weil es im Moment nur knapp 0,2 Prozent sind; von 0,2 auf 3 Prozent zu kommen, ist ambitioniert. Das betrifft Strom aus Biomasse, Strom aus Windenergie, Photovoltaik und anderen erneuerbaren, alternativen Energiequellen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Hensler. – Bitte.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Verehrter Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, die Einsparungen für die Konsumenten betragen 12 bis 15 Prozent. Ist das in allen Bundesländern gleich, oder gibt es dahin gehend eine Abstufung?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Es ist jetzt schon so, dass das Strompreisniveau in den Bundesländern unterschiedlich ist. Gewissermaßen vorauseilend vor der Vollliberalisierung des Strommarktes haben schon viele Landes-EVUs – meistens in enger Kooperation mit ihren Eigentümern, den Ländern, und den politisch Verantwortlichen, den Landeshauptleuten – Strompreissenkungen durchgeführt. Ich begrüße das sehr.

Was jetzt die Liberalisierung gewissermaßen an Vereinheitlichung des Strompreisniveaus in Österreich bringen wird, kann ich nicht sagen. Das ist möglich, aber es ist nicht unbedingt so, weil auch die Stromaufbringung in den einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedlich ist.

Ich darf Ihnen sagen, dass wir vor kurzem Experten aus Norwegen zu Besuch hatten. Es gibt dort das höchste Maß an Strommarktliberalisierung, und dort gibt es auch eine Strombörse, genannt "Nord-Pool". Diese Strombörse, die jetzt schon ganz Skandinavien einschließlich Dänemark umfasst, reagiert auf Regen. Wenn Regen fällt, dann sinken die Strompreise, und zwar über Nacht, eben weil dadurch Strom aus Wasserkraft billiger und leichter aufbringbar wird.


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Bis wir dorthin kommen werden, wird es noch einige Zeit dauern. Aber es wird auch in Österreich letztlich schneller gehen, als wir uns den Abschied von Monopolen und Oligopolen vorgestellt hätten.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Mag. Trunk. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Laut mündlichen Aussagen und schriftlichen Erklärungen des Landeshauptmannes von Kärnten wurde der Strompreis in Kärnten im Österreich-Vergleich massiv und radikal gesenkt.

Sind Sie in der Lage, mir darüber Auskunft zu geben, wie die Strompreisgestaltung der österreichischen EVUs aussieht, und zwar im nationalen Bundesländer-Vergleich? Können Sie mir sagen, in welchem Bereich Kärnten in diesem Österreich-Vergleich im Ranking liegt? Sind Sie vielleicht außerdem in der Lage, in dem Ranking zwischen Privathaushalten, das heißt den privaten Konsumenten, und dem Industriebereich zu differenzieren?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Entschuldigung, Herr Bundesminister! Bevor ich Sie bitte, die Antwort zu geben, darf ich noch einmal auf Folgendes hinweisen: Zusatzfragen haben kurz zu sein und vor allen Dingen nur eine Frage zu beinhalten.

Herr Bundesminister! Es liegt an Ihnen, wie Sie die Antwort geben. – Bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin Trunk! Ihre Frage überfordert mich einfach. Aber da unsere Energie-Sektion nach Beschlussfassung des ElWOG und des Gaswirtschaftsgesetzes hoffentlich wieder einige freie Kapazitäten haben wird, werde ich meine Mitarbeiter bitten, Ihnen Daten über die österreichweite Strompreisgestaltung und über jene in Kärnten im Vergleich zu Rest-Österreich zu schicken. Wenn Sie wollen, schicken wir Ihnen Entsprechendes zum Thema Benzinpreise gleich mit. (Bundesrätin Mag. Trunk: Bitte!)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 8. Anfrage. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Grillenberger, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1105/M-BR/00

Wie wird sich die überfallsartige Anhebung des Pensionsalters auf die ohnehin schon sehr angespannte Arbeitsmarktsituation der 55- bis 60-jährigen Frauen beziehungsweise 60- bis 65-jährigen Männer auswirken?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: In dem Fall, Herr Bundesrat, darf ich zuerst einmal auf Ihre Frage eingehen. Es handelt sich nicht um eine "überfallsartige Anhebung", sondern es handelt sich um eine Anhebung in maßvollen Schritten ab Oktober dieses Jahres, pro Quartal um zwei Monate. Das ist verkraftbar.

Zum Zweiten ist es sicherlich nicht das Verdienst des Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzlerin Riess-Passer, dass der Arbeitsmarkt sich jetzt so erfreulich entwickelt. Das ist letztlich auch die gute Konjunktur. Ich möchte das keinesfalls ausschließlich an den Hut der Regierung heften.

Aber Tatsache ist, der Arbeitsmarkt entwickelt sich nicht nur erfreulich, sondern über alle Erwartungen erfreulich. Er entwickelt sich so erfreulich, dass wir längst auch bei den älteren Arbeit


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nehmern die Trendwende geschafft haben. Bei jenen, die über 50, über 55 Jahre alt sind, geht die Arbeitslosigkeit ebenfalls zurück. Wir sind in Wirklichkeit unterwegs in Richtung Vollbeschäftigung. Unsere Arbeitslosenrate in der Höhe von 3,3 Prozent wird dementsprechend international als Vollbeschäftigung gesehen.

Das soll heißen, der Arbeitsmarkt ist in diesem Bereich nicht nur nicht besonders angespannt, sondern er ist ein sich entspannender. Gerade in diesem Umfeld einer boomenden Wirtschaft und einer sehr erfreulichen Entwicklung des Arbeitsmarktes auch für ältere Arbeitnehmer ist es selbstverständlich leichter möglich, zu sagen: Liebe ältere Arbeitnehmer! Der Zugang zur vorzeitigen Alterspension wird künftig erst um18 Monate später als bisher möglich sein, weil es sich Österreich nicht länger leisten kann, das Land mit den jüngsten Frühpensionisten der Welt zu sein. Es kann nicht länger so sein, dass in diesem Lande Menschen im Alter von unter 58 Jahren in Pension gehen, denn das ist nicht leistbar. Die Lebenserwartung steigt, Gott sei Dank, und das muss finanziert werden. Das ist sonst nicht mehr machbar. Zur langfristigen Absicherung der Pensionen gerade für die Jungen gehen wir diesen Schritt.

Das heißt unter dem Strich: Ich erwarte, dass der Arbeitsmarkt grosso modo diese Pensionsreform verkraften kann und dass es nicht zu dem von manchen befürchteten Anstieg irgendwelcher Arbeitslosenzahlen kommen wird.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Nein.

Wir kommen daher zu der Zusatzfrage, die Herr Bundesrat Mag. Gudenus stellen möchte. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Sie beantworteten eben eine Frage des Kollegen Grillenberger über die Überfallsartigkeit und Unzumutbarkeit der Pensionsaltererhöhung. Können Sie uns vielleicht Auskunft darüber geben, welche Inhalte die ursprünglichen Koalitionsvereinbarungen zwischen SPÖ und ÖVP beinhalteten, damit wir wieder hören, was damals der Inhalt der Absprachen war?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr ähnliche, sehr geehrter Herr Bundesrat Gudenus! Mit dem einen Unterschied, dass es da nicht 18 Monate, sondern 24 Monate gewesen wären.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die nächste Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Welche gesetzlichen Maßnahmen planen Sie in Hinkunft zum Schutz älterer Dienstnehmer?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Es ist dies eine Fülle von Maßnahmen, sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich habe schon darauf hingewiesen, dass als Begleitmaßnahmen zum Auslaufen der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit die verlängerte Bezugsdauer, das Arbeitslosengeld für 18 Monate und der verbesserte Kündigungsschutz von älteren Arbeitnehmern auch in Kleinbetrieben dem Parlament vorliegen. Das gilt für die Übergangsjahrgänge, die von dieser Pensionsreform betroffen sein könnten. Darüber hinaus geht es aber auch um die Weiterentwicklung des Frühwarnsystems; völlig unbürokratisch! Ich möchte, dass Betriebe, wenn ältere Arbeitnehmer, also über 50-Jährige, gekündigt werden, formlos auch das AMS verständigen, damit das AMS schon sehr frühzeitig mit Maßnahmen eingreifen kann und nicht erst mit einigen Wochen Verzögerung.


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Ich möchte gemeinsam mit Justizminister Böhmdorfer erreichen, dass es einen schnelleren Zugang zum Recht gibt, weil eine Einspruchsmöglichkeit gegen Kündigung zwar schön ist, aber wenn das Verfahren dann drei Jahre lang dauert, sind Hopfen und Malz verloren. Es soll also einen viel schnelleren Zugang zum Recht geben. Es soll zu einer verbesserten Inanspruchnahme von Altersteilzeit kommen, sehr geehrter Herr Bundesrat! Bis jetzt war es zum Teil erforderlich, eine Ersatzarbeitskraft einzustellen, nämlich dann, wenn das AMS die Altersteilzeit finanziert hat. In Zukunft soll es auch ohne Ersatzarbeitskraft möglich sein, dass ältere Arbeitnehmer in Altersteilzeit gehen.

Wir wollen die Gleitpension attraktivieren. Die Gleitpension ist jetzt etwas, was zwar auf dem Papier steht, aber noch sehr selten und viel zu wenig in Anspruch genommen wird. Das Ganze ist ein umfangreiches Paket für ältere Arbeitnehmer, das die Beschäftigung und die Erwerbschancen der Älteren in Österreich sichert. Ich sage Ihnen, dass sich auf Grund der Entwicklung des Arbeitsmarktes auf der einen Seite und auf Grund der Demographie auf der anderen Seite die Frage stellt, wie viele junge Menschen, die jetzt zum Teil auch hier im Bundesrat als Zuhörer anwesend sind, denn dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Wir werden in einigen Jahren bereits die Situation haben, dass sich die Arbeitgeber um ältere Arbeitnehmer – Gott sei Dank! – wieder raufen werden, weil sie deren Arbeitskraft und deren Erfahrung ganz dringend brauchen.


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Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 9. Anfrage, die Herr Bundesrat Kneifel stellt. Ich bitte ihn um die Verlesung seiner Frage.

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1102/M-BR/00

Welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen sehen Sie als zielführend zur Sicherung der Nahversorgung?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich habe an anderer Stelle schon ausgeführt, Herr Bundesrat, dass ich den Schlüssel jetzt vor allem im Bereich der Raumordnung und im Bereich der Bauordnung sehe. Ich meine, dass man vor allem den Nahversorgern direkt unter die Arme greifen kann. Ich glaube allerdings nicht, dass man jetzt eine Zauberformel entdecken kann, die lautet, das wird den Nahversorgern ab morgen deutlich helfen. Aber ein Nahversorgungsförderungsprogramm, die Möglichkeiten für die Nahversorger, jetzt leichter zu Bewilligungen zu kommen, sich in der Gemeinde leichter zu tun, hielte ich für eine dankbare Aufgabe, wobei einige Länder diesbezüglich auch einiges tun.

Weiters geht es vor allem um das Konsumentenverhalten. Wenn Herr und Frau Österreicher ungeachtet hoher und höchster Benzinpreise, ungeachtet der Vollkosten für ein Auto trotzdem lieber 20 oder 30 Kilometer in das nächste Einkaufszentrum fahren, um dort die preisgünstigen Kisten Bier abzuholen, dann wird sich der Nahversorger schwer tun. Der Nahversorger hat keine Überlebenschance, wenn er nur dann herhalten muss, wenn die Hausfrauen und Hausmänner schnell das kaufen, was sie ein paar Tage vorher im Supermarkt vergessen haben. Es bedarf auch einer Bewusstseinsänderung, dass die Menschen in der Gemeinde vor Ort den Greißler wollen. Und wenn sie ihn wollen, dann sollen sie auch dort einkaufen. Das kann der Bundesrat, das kann der Nationalrat, das kann der Wirtschaftsminister nicht verfügen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Gibt es in Ihrem Ministerium Studien zum Thema Nahversorgung?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Gott sei Dank bin ich auf diese Frage vorbereitet, weil es in einem großen Haus wie dem Wirtschafts- und Arbeitsministerium natürlich eine Fülle von Studien gibt.

Einer der Hauptpunkte des Berichtes über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 1998/99 widmete sich dem Kapitel Nahversorgung in Österreich. Ich würde empfehlen, diesen Mittelstandsbericht zur Hand zu nehmen.

Es ist weiters bei uns ein Gutachten des Linzer Professors Schneider aus dem Jahre 1997 zum Thema "Die Zukunft der Nahversorgung" unter Beteiligung von Professor Schnedlitz und Dr. Kotzab verfügbar.

Außerdem gibt es einen Endbericht zu einem Forschungsprojekt mit dem Titel "Ökosoziale Umstellung auf Landesebene, Raumstruktur und Nahversorgung" des Instituts für Raumplanung und Regionalentwicklung der Wirtschaftsuniversität Wien.

Wir stellen Ihnen diese Studien sehr gerne zur Verfügung, jetzt über die Feiertage ist ein bisschen Muße zum Lesen da. Herr Bundesrat! Das machen wir gerne.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Thumpser. – Bitte.

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben es gerade selbst angesprochen: Viele Greißler kämpfen ums Überleben. Wie sehen Sie daher in diesem Zusammenhang die rapide Zunahme der Anzahl der Tankstellenshops, die wesentliche Wettbewerbsvorteile haben, im Verhältnis zur Sicherung der Nahversorgung und der Greißler?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Diese stehen im Wettbewerb mit den Nahversorgern, sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich weiß schon, die Benzinfirmen, die Ölmultis argumentieren damit – in nachvollziehbarer Weise –, dass sich die österreichischen Beschränkungen bei den Tankstellenshops – mit 80 Quadratmetern und Sortimentseinschränkungen – mit ungefähr 25 Groschen pro Liter auf den Benzinpreis auswirken.

Ich bin aber weder in der Lage noch willens zu sagen: Gut, wir liberalisieren diesen Bereich voll – auch weil ich wüsste, dass mir das Parlament da nicht folgen würde –, und dafür wird Benzin um 25 Groschen pro Liter billiger. Das steht in einem Zusammenhang, das muss man wissen. Ebenso geht es auch darum, die Wettbewerbssituation zwischen einem Tankstellenshop und einem Nahversorger im Auge zu haben.

Die Gewerbeordnungsnovelle, die ich für den Herbst dieses Jahres plane – im Sinne einer Aufnahme der Arbeiten, das bedeutet nicht, dass das schon parlamentsreif wäre –, wird sich mit diesem Thema befassen müssen und auch befassen sollen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zu einer weiteren Zusatzfrage, die Frau Bundesrätin Haunschmid stellt. – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Laut Tourismusbericht 1998/99 von Oberösterreich hatten die Zwei- und Einsternhotels einen weiteren Rückgang von 6,17 Prozent und damit den höchsten Wirtschaftseinbruch aller Hotelkategorien zu verzeichnen. Nun sind diese Zwei- und Einsternhotels mit 17 678 Betten noch immer die größte Hotelkategorie, obwohl in den letzten zehn Jahren die Anzahl der Betten um


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44 Prozent reduziert wurde. Sie sind aber noch immer ein sehr wesentlicher und unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor in der heimischen Nahversorgung.

Ich frage Sie daher: Planen Sie Maßnahmen, um diese Talfahrt zu stoppen?

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es ist letztendlich das Wort "Nahversorgung" doch noch vorgekommen. – Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Bundesrätin! Es ist richtig, dass insgesamt in den letzten Jahren die Entwicklung in den Beherbergungsbetrieben, also in den Hotels und Pensionen, umso besser war, je mehr Sterne vorhanden waren. Das ist ein eindeutiger Trend, daran ist nicht zu rütteln. Auch dass die Zahl der Betten reduziert wurde, ist eine Entwicklung, die strukturpolitisch gewünscht ist. Das ist zwar auf der einzelbetrieblichen Ebene vielleicht manchmal unerfreulich – das weiß ich schon –, aber insgesamt sind die Reduktion der Anzahl von Betten und die Erhöhung der Qualität ein tourismuspolitisches Ziel.

Es stellt ohnehin das Förderinstrumentarium des Bundes und der Länder auf die Qualitätsverbesserung im Tourismus ab. Ich kann Ihnen jedoch insgesamt sagen – Sie haben Zahlen von 1998/99 zitiert –: Der Bericht stammt aus dieser Zeit, aber die Tourismusentwicklung ist in den Jahren 1999 und 2000 insgesamt und sicherlich auch in Oberösterreich gut. Besonders erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass ausgerechnet die Zahl der französischen und belgischen Gäste in der letzten Wintersaison sehr stark zugenommen hat. Sie sind den Warnungen ihrer Minister nicht unbedingt gefolgt. Daran sieht man wieder einmal, wie wenig Einfluss Minister auf das Verhalten von Bürgern haben – in Belgien offensichtlich. (Heiterkeit.)

Das heißt, ich bin sicher, dass, wenn Sie sich jetzt die Zahlen für Oberösterreich anschauen, diese wahrscheinlich viel besser ausschauen würden. Wir haben ein Nächtigungsplus, und wir haben vor allem ein über das Nächtigungsplus hinausgehendes Umsatzplus zu verzeichnen.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Beantwortung der Fragen, Herr Bundesminister!

Wir hätten noch 4 Minuten Zeit für die Fragestunde. So toll waren wir selten in der Zeit. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Beantwortungen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich teile Ihnen mit: Eingelangt sind sechs Anfragebeantwortungen, 1573/AB bis 1578/AB, die den Anfragestellern übermittelt wurden. Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Eingelangt sind weiters jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Ich habe diese Beschlüsse den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe all diese Vorlagen sowie den Tagesordnungspunkt Wahl der beiden Vizepräsidenten des Bundesrates sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2000 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 4 bis 6, 7 bis 9, 10 bis 12, 20 bis 25, 28 und 29, 31 und 32, 33 und 34 sowie 35 bis 38 der Tagesordnung unter einem abzuführen.


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Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Es ist dies nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

1. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (57 und 157/NR sowie 6119/BR der Beilagen)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wird (58 und 158/NR sowie 6118 und 6120/BR der Beilagen)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 1 und 2 hat Herr Bundesrat Grissemann übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Wilhelm Grissemann: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird.

Mit diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates wird die EU-Richtlinie 98/31/EG (CAD II) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Änderung der Richtlinie 93/6/EWG des Rates über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (CAD), ABl. Nr. L 204 vom 21. Juli 1998, S 13 bis 25, umgesetzt.

Die internationalen Bemühungen – insbesondere auch jene der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) und der Europäischen Union – zur Bekämpfung der Geldwäsche finden die volle Unterstützung der österreichischen Bundesregierung.

Die Möglichkeit zur Eröffnung anonymer Sparbücher soll daher so rasch wie möglich beseitigt werden. Hiedurch wird auch den von der FATF geforderten Kriterien entsprochen, deren Gründungsmitglied Österreich ist, das sich auch zur Umsetzung der 40 Empfehlungen der FATF verpflichtet hat. Gleichzeitig ist jedoch auch auf die schützenswerten Interessen der Sparer Bedacht zu nehmen.

Weiters erfolgt die Umsetzung der Richtlinie 98/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Änderung der Richtlinie 87/102/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wird.


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Die Aufhebung der Möglichkeit zur Eröffnung anonymer Sparbücher und damit einhergehend die Umstellung anonymer Sparbücher auf legitimierte soll durch steuerliche Maßnahmen begleitet werden. Damit soll insbesondere erreicht werden, dass es zu keinen unbegründeten Irritationen im Bereich des Geldmarktes kommt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

10.15

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Änderung des Bankwesengesetzes trifft die Anonymität der Sparbücher. Das anonyme Sparbuch, ein den Österreicherinnen und Österreichern lieb gewordenes Gut, darf jetzt auf Druck und auf Forderung der Internationalen Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Geldwäsche so nicht mehr bestehen. Diskussionen darüber hat es bereits seit längerer Zeit gegeben.

Meine Damen und Herren! Die Regelung sieht nun eine Legitimationspflicht bei neu eröffneten Sparbüchern sowie bei erstmaliger Einzahlung auf bestehende anonyme Sparbücher vor. Weiters müssen sich Besitzer anonymer Sparbücher bis 30. Juni 2002 identifizieren. Sollten sie diese Frist versäumen, ist bei Abhebung von solchen Konten auf jeden Fall die EDOK einzuschalten, die dann die Herkunft des Geldes zu recherchieren hat. Das ist eine nicht ganz glückliche Lösung, so meine ich.

Neben der Abschaffung der Anonymität enthält das vorliegende Bankwesengesetz auch noch eine Reihe von Angleichungen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften an die EU-Richtlinien und Verbesserungen im Bereich des Aufsichtsrechts.

Weiters wurden EU-konforme Bedingungen über Waren- und Termingeschäfte und über Verbraucherkredite hergestellt. Es werden damit exaktere Regelungen hinsichtlich der Deckung von Warenpositionsrisken durch Eigenmittel geschaffen.

Kooperationen mit anderen Bankenaufsichtsbehörden entsprechend dem internationalen Standard sollen im mittel- und osteuropäischen Raum ermöglicht werden. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es die umfangreichen Aktivitäten österreichischer Banken erfordern, der Bankenaufsicht auch die gesetzliche Möglichkeit einzuräumen, Prüfungen vorzunehmen und Informationen vor Ort einzuholen.

Meine Damen und Herren! Diesen Änderungen im Bankwesengesetz können wir unsere Zustimmung geben. Anders verhält es sich mit dem Schenkungssteuergesetz. Die im Zusammenhang mit der Abschaffung der Anonymität zu regelnde Schenkungssteuerbefreiung sollte gleich eine große Steueramnestie werden. Die eigene Klientel sollte möglichst gut bedient werden.

Die SPÖ hat im Finanzausschuss des Nationalrates einen Antrag eingebracht, der bei Schenkungen von Sparbüchern bis zu einer Million Schilling zwischen Ehegatten, Lebensgefährten, Eltern und Kindern sowie Großeltern und Enkelkindern eine Befreiung von der Schenkungssteuer vorgesehen hätte. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Beschlossen wurde eine Schenkungssteuerbefreiung für alle Sparbücher, und zwar ohne betragsmäßige Obergrenze – all das bis Mitte 2002 und auf einfachgesetzlicher Ebene!

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Da haben Sie wieder einmal nicht den "kleinen" Sparer im Auge gehabt, wie Sie das bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit immer anführen, sondern gerade das Gegenteil ist der Fall. Der Steuerhinterzieher soll


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geschützt und reingewaschen werden, aber für die öffentliche Diskussion braucht man eben den "kleinen" Sparer.

Das, meine Damen und Herren, lehnen wir ab! Daher geben wir diesem Gesetzentwurf auch nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

10.19

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Gruber. – Bitte.

10.19

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundeskanzler Schüssel und Finanzminister Grasser haben vorgestern und gestern beim EU-Gipfel Folgendes zu verstehen gegeben: Wir haben die Anonymität abgeschafft. Es ist für uns jedoch undenkbar, dass wir nun auch das Bankgeheimnis über Bord werfen.

Es geht bei den Änderungen des Bankwesengesetzes um die Anonymität. Dieser Gesetzesbeschluss ist als Balance zwischen der Erhaltung einer hohen Spargesinnung im Inland und dem Kampf gegen die Geldwäsche zu sehen. Auslösendes Element für die Abschaffung der Anonymität ist aber der drohende Ausschluss aus der Internationalen Organisation zur Bekämpfung der Geldwäsche gewesen. Das war sozusagen ein Erbe, ein Erbe von Klima und Edlinger, ein eigenartiges Erbe, Herr Kraml! Hätten sich Klima und Edlinger vor Jahren so entschlossen verhalten wie Schüssel und Grasser in den letzten Tagen, dann bräuchten wir heute über das Bankwesengesetz nicht abzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist aber nicht das Einzige, was die neue Bundesregierung geerbt hat. Sie hat noch 1 700 Milliarden Schilling an Schulden, 300 Milliarden Schilling an außerbudgetären Schulden, 700 Milliarden Schilling an Haftungen, 80 Milliarden Schilling an ÖIAG-Schulden und – trotz eines Sparpaketes von 100 Milliarden Schilling – ein Budgetdefizit im Ausmaß von 109 Milliarden Schilling geerbt. (Zwischenrufe des Bundesrates Marizzi und der Bundesrätin Schicker. )

Die Krankenkassen sind mit 6 Milliarden Schilling in der Kreide, der frühere Finanzminister hinterließ uns EU-widrige Gesetze (Bundesrätin Schicker: Warum ist Österreich eines der reichsten Länder?), die die neue Bundesregierung aufzuarbeiten hatte und die wir hier im Bundesrat nun absegnen müssen. (Bundesrat Prähauser: Ihr Partner war die letzten zehn Jahre auf Urlaub!) Ich spreche von der Getränkesteuer und von der Anonymität der Sparbücher – ein sauberes Erbe, liebe Genossen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Wo war die ÖVP? – Bundesrat Payer: Wo wart ihr in dieser Zeit? Auf Winterschlaf!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich beugt sich dem EuGH-Urteil, glücklich mit dieser Vorgangsweise sind wir jedoch nicht. Aber wir werden diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben.

Eure Zustimmung zur Änderung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes könntet ihr von der Opposition auch geben, denn das Endbesteuerungsgesetz hängt eng mit dem Bankwesengesetz zusammen, das die SP-Politiker Edlinger und Klima verschuldet haben. (Bundesrat Dr. Böhm: So ist es!)

Die Generalamnestie ohne betragliches Limit verstoße nicht gegen den Grundsatz der sozialen Treffsicherheit, denn die meisten Sparbuchguthaben haben die so genannten kleinen Rentner. Eine Obergrenze bei der Schenkungssteueramnestie sei deshalb nicht eingeführt worden, weil das Risiko der Kapitalflucht zu groß gewesen wäre, heißt es. (Bundesrat Payer: Die Millionäre!)

Liebe Genossen! Daher meine Bitte: keine Neidgenossenschaft und keinen Klassenkampf (ironische Heiterkeit des Bundesrates Payer ), sondern Zustimmung dazu, wie wir es machen. Denn das Bisherige ist ein Erbe der SPÖ-Regierungsmitglieder. (Bundesrat Payer: Da war die ÖVP nicht dabei?)


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Wenn wir schon vom Katastrophenerbe sprechen, dann darf ich ein Beispiel aus der Landwirtschaft bringen. Wenn ein Jungbauer einen Hof mit enormen Schulden übernehmen soll, gibt es zwei Möglichkeiten (Bundesrätin Schicker: Warum haben die Schulden in der heutigen Zeit? – Bundesrat Payer: Warum haben die Schulden in der heutigen Zeit?): Er übernimmt den Betrieb überhaupt nicht oder er übernimmt den Betrieb und verkauft Teile davon. – Die neue Bundesregierung hat ein schweres Erbe übernommen. (Bundesrätin Schicker: Lieber Herr! Die Bauern hätten heute noch keine Pension, wenn nicht die SPÖ sie geschaffen hätte!) Ich mache hier den Vorschlag, dass bei den Bundesforsten eine Flexibilisierung des Grundverkehrs eintreten soll beziehungsweise muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Sie wissen schon, wem die Bauern die Pension zu verdanken haben?)

Die Aufhebung der Möglichkeit zur Eröffnung anonymer Sparbücher und die Umstellung anonymer Sparbücher auf legitimierte Schenkungen und Spareinlagen sollen bis 30. Juni 2002 schenkungssteuerfrei bleiben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Trotz des schweren Erbes ist das ein Erfolg, Herr Kraml, für den kleinen Sparer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.24

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Neuner. – Bitte.

10.24

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf zuerst Herrn Bundesrat Kraml bezüglich Generalamnestie antworten, dass nämlich nicht jeder, der über ein höheres Sparbuchguthaben verfügt, mit einem Steuerhinterzieher gleichzusetzen ist. Das halte ich für sehr bedenklich.

"Adiós, Mister Anonymus!", so titelte letzte Woche eine Wochenzeitung.

Das Ende der Anonymität ist nun beschlossene Sache, ab 1. November 2000 wird sich die Welt zumindest der Form nach für die Sparbuchsparer ändern. Nach dem Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 ist jetzt fix, dass Bankkunden nur dann ein Sparbuch eröffnen dürfen, wenn sie zuvor ihre Identität mittels Ausweis preisgegeben haben. Bareinzahlungen und Überweisungen dürfen nur dann getätigt werden, wenn eindeutig feststeht, wie der Name des Kontoinhabers lautet. Sobald sich aber der Kunde ein einziges Mal legitimiert hat, ist die Sache für ihn erledigt.

Es hat zwei Hauptzielpunkte gegeben, warum dieses Anonymitätspaket einzuführen war: erstens um den Ausschluss Österreichs aus der FATF zu verhindern beziehungsweise eigentlich rückgängig zu machen und zweitens um die vollständige Umsetzung der EU-Geldwäscherei-Richtlinien endgültig sicherzustellen. Die FATF ist eine bei der OECD angesiedelte Organisation, die im Jahre 1989 von den sieben großen Wirtschaftsnationen, den G 7, zum Kampf gegen Geldwäsche eingerichtet wurde. Der Ausschluss aus der FATF würde bedeuten, dass sich das Rating der österreichischen Banken verschlechtert, diese höhere Refinanzierungskosten hätten und diese dann auf die Bevölkerung überwälzen würden, die dadurch schlechtere Konditionen bekommen würde.

Der Wirtschaftsstandort Österreich würde darunter leiden, außerdem wäre Österreich mit dem Vorwurf konfrontiert, dass zu wenig gegen Geldwäsche, Drogenhandel und so weiter unternommen würde. Dies ist absolut zu vermeiden. Die Auswirkung dieses Gesetzes auf den Staatsbürger ist Folgende: Der kleine Sparer wird von den getroffenen Maßnahmen kaum berührt, weil rund 90 Prozent der Sparbücher Guthabenbestände von weniger als 200 000 S aufweisen.

Einziges Erfordernis ist hiebei, dass sich der Sparer zur Verfügung über sein Sparguthaben identifiziert. Bis 30. Juni 2002 ist das noch ohne Identifizierung möglich. Gleichzeitig besteht der Anreiz zu höherwertigen Veranlagungsformen wie zum Beispiel Wertpapieren – auch für die breite Masse der Sparer, was kapitalmarktfördernd wäre.


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Das Bankgeheimnis bleibt weiterhin aufrecht. Heute ist im "Kurier" nachzulesen, dass das in Feira auch ein Thema war. Finanzminister Grasser sagte: Das Bankgeheimnis hat Verfassungsrang, und die Regierung hat kein Interesse, das zu ändern. – Die Meldung vom Finanzminister Eichel aus Deutschland lautete: Österreich ist nicht gemeinschaftsfähig und nicht bereit, simpelste Verträge zu erfüllen. – Man sieht also die Problematik der Anonymität.

Außerdem dürfen ab 30. Juni 2002 bei schon bestehenden anonymen Sparbüchern keine Bindungsfristen abgeschlossen werden. Bestehende Vereinbarungen dieser Art laufen aus.

Die Vorliebe des österreichischen Sparers für die Anonymität hatte mehrere Gründe, aber mit der Einführung der Kapitalertragsteuer im Jahre 1993 ist ein wichtiger steuerlicher Grund weggefallen. Mit verstärkter Aufklärungsarbeit der Banken und dem Trend zu höheren Sparformen wurde das Thema auch weitgehendst entschärft. Die zeitlich befristete Steuerbefreiung soll auch zu dem Zweck eingesetzt werden, volkswirtschaftlich und vom Steueraufkommen schädliche Kapitalabflüsse in das Ausland zu vermeiden.

Ich glaube, die österreichische Regierung hat mit diesem Gesetz wieder einmal gezeigt, dass wir in Österreich bemüht sind, unseren Verpflichtungen angemessen nachzukommen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch betonen, dass internationale Kriminalität wie zum Beispiel Drogenhandel, Geldwäsche und Computerkriminalität nur dann wirkungsvoll zu bekämpfen ist, wenn es diesbezüglich eine internationale Solidarität gibt und wenn die internationale Zusammenarbeit auch auf Basis gemeinsamer rechtlicher Voraussetzungen wahrgenommen werden kann.

Wir werden diesem Gesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.29

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Aspöck. – Bitte.

10.29

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren, vor allem von der Sozialdemokratie! Sie waren es, die viele Jahre lang mit diesem Thema gespielt haben. (Bundesrat Payer: Gemeinsam mit Ihnen!) Ihre Politiker waren es, die mit Augenzwinkern dem Bürger immer wieder signalisiert haben, die Anonymität werde schon bleiben. (Bundesrätin Mühlwerth: So ist es!)

Das haben Sie auf vielen Gebieten getan. Sie haben auch vor gar nicht allzu langer Zeit gesicherte Pensionen versprochen, sogar schriftlich, wie ich mich erinnern kann. Wir sind derlei Dinge gewohnt.

Zu den Ausführungen des Kollegen Kraml ganz kurz: Immer wieder machen Sie Stimmung, Stimmung und nichts als Stimmung, indem Sie Behauptungen aufstellen, von denen Sie wissen, dass sie nicht stimmen! (Bundesrätin Schicker: Das haben wir von euch gelernt!) – Lassen Sie mich ausreden!

Kollege Kraml hat gemeint, dass hier für die eigene Klientel Werbung gemacht wird. Anscheinend hat er die Statistik der eigenen Arbeiterkammer nicht gelesen, meine Damen und Herren! Es gibt 24,4 Millionen Sparbücher, die anonym sind. Mit einer Einlage von bis zu 100 000 S gibt es 20,6 Millionen Sparbücher, mit einer Einlage von bis zu 500 000 S gibt es 3,2 Millionen Sparbücher. Jetzt ist schon fast alles aufgebraucht; mit Spareinlagen bis 1 394 000 S und über 5 Millionen Schilling gibt es zur Bedienung der eigenen Klientel satte 7 627 Sparbücher. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Sie nehmen heute eine absolut notwendige Regelung, deren Durchführung Sie Jahre lang versäumt haben, weil Sie geglaubt haben, auf diese Art Wählerstimmen zu gewinnen, und die vielleicht gerade einmal für 7 000 Menschen zutreffen kann – mein Vorredner hat richtig angemerkt: nicht jeder, der ein paar Millionen Schilling zusammengespart hat, ist gleich ein Steuer


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hinterzieher –, zum Anlass, um sich hier in diesem Hause zu verweigern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.32

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. Ich erteile es ihm.

10.32

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Wie schon gesagt gibt es insgesamt ungefähr 24 Millionen Sparbücher, davon über 21 Millionen mit einer Einlage von bis zu 100 000 S. Diese Zahlen beweisen, dass das Sparbuch kein Instrument zur Geldwäsche ist. Wenn man wirklich Geldwäsche betreiben möchte, macht man das anders. Es gibt genügend Scheinfirmen, die Import-/Exportgeschäfte mit karibischen Partnern betreiben. Daraus ergibt sich auch das Problem mit dem Vorsteuerabzug. Vorsteuerabzüge werden für immaterielle Leistungen kassiert, aber die zweite Buchung, nämlich die Umsatzsteuerbuchung kommt nicht hinzu. Das ist unser wahres Problem und auch das der EU.

Ich möchte nicht verhehlen, zu sagen: Der Grund dafür, dass man trotzdem darauf beharrte, dass unser anonymes Sparbuch verschwindet, lag hauptsächlich darin, dass hier eine europäische Konkurrenz gesehen wurde. Ich komme dann noch auf die Verhandlungen in Feira betreffend die Harmonisierung der Kapitalerträge zu sprechen. Auch hier sind es wieder Konkurrenzgründe, weshalb man darauf drängt, dass Österreich etwas umstellt.

Wir haben trotzdem eine Regelung für den "kleinen" Sparer gefunden. Es wird sich für den "kleinen" Sparer auch ab 1. November faktisch nichts ändern. Der "kleine" Sparer braucht sich nur einmal auszuweisen – ich spreche jetzt von Spareinlagen bis zu 15 000 Euro, sprich 200 000 S –, braucht nur ein Losungswort bekannt zu geben, und schon kann mit dem Losungswort jeder Einzahlungen und Abhebungen tätigen. Es wird Einschleifregelungen in Bezug auf die Sparbuchzinsen geben. Sollte die 200 000-S-Sparsumme überschritten sein, wird Vorsorge dahin gehend getroffen, dass der Sparer nicht sofort pflichtig wird, sich bei jeder Einzahlung und Abhebung auszuweisen.

Es gibt also begleitende Regeln, sodass sich für den so genannten "kleinen" Sparer bis auf die einmalige Identifizierung überhaupt nichts ändert. Nur für den so genannten Großeinleger, also mit mehr als 200 000 S, wird es in Hinkunft immer eine Ausweispflicht geben, egal ob es eine Einzahlung oder Abhebung betrifft.

Warum haben wir für die steuerlichen Begleitmaßnahmen keine Betragsgrenze vorgesehen? – Darüber sollten Sie mit Fachleuten aus Ihrem Bereich sprechen. Generaldirektor Randa hat diese Lösung mitgetragen, er hat sie auch gefordert. Warum hat er sie mitgetragen? – Wenn wir ein Betragslimit eingeführt hätten, wären gerade die hohen Beträge sofort, über Nacht verschwunden. Eine Irritation auf dem Geld- und Kapitalmarkt sollte verhindert werden. Der "kleine" Sparer hat nämlich nicht die Möglichkeit, sein Geld irgendwo anders anzulegen, aber der "Große" verschwindet mit seinem Kapital. Aktuelles Beispiel ist die Bank Burgenland. Dort sind die hohen Einlagen sofort verschwunden; also die "Großen" können sich all das organisieren.

Worum ist es in Feira gegangen? – Es gibt in der EU schon lange die Diskussion um die Harmonisierung der Sparbucherträge. Man hat sich nicht einigen können – die Diskussion wird schon seit Jahren geführt – und hat bei einer ECOFIN-Sitzung im Jahre 1997 ein so genanntes Koexistenz-Modell eingeführt. Man hat es den EU-Mitgliedsländern überlassen – es geht immer um die EU-Ausländer –: Entweder melden sie Erträge aus Sparbüchern oder Kapitalguthaben dem jeweiligen Land oder sie führen eine Quellenbesteuerung für diese ein. Dieses Koexistenz-Modell hat man erlassen.

Dann – das ging von England aus, wurde dann von Frankreich übernommen – hat man gesagt: Nein, dieses zweite Modell, diese zweite Variante soll gestrichen werden, und ein umfassendes Informationssystem soll eingerichtet werden, wonach quasi dem jeweiligen Finanzamt die Kapi


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talerträge gemeldet werden. Ich möchte nur sehen, wie ein derartiges verwaltungsaufwendiges Informationssystem überhaupt eingerichtet wird.

Das Vertrauen auf das Bankgeheimnis bleibt natürlich bei derartigen EDV-Informationssystemen – das war unsere Sorge – auf der Strecke. Dieses System muss aber erst eingerichtet werden. Es gibt einen riesig langen Erprobungszeitraum, um zu sehen, ob das überhaupt funktionieren kann. Ich glaube, wir waren zu Recht dagegen. Leider wurden wir von allen Partnern im Stich gelassen.

Belgien zum Beispiel, Luxemburg insbesondere waren dagegen. Natürlich hat Deutschland zum Beispiel Interesse daran, dass die Informationen aufgelegt werden, weil es natürlich sehr viele deutsche Anleger gibt. Aber wenn Drittländer – das wird das Entscheidende sein –, wenn die Schweiz, wenn Liechtenstein nicht dabei sind, dann hat diese ganze Regelung keinen Sinn, denn dann werden die Anleger eben in die Schweiz und nach Liechtenstein ausweichen. Daher sind relativ lange Übergangszeiträume für diese Neuregelung vorgesehen.

Aber – das ist zu beachten –: Wir waren vertragstreu, wir haben uns ganz genau an dieses Koexistenz-Modell gehalten. Wir haben keine Ausnahme gemacht.

Abschließend möchte ich noch auf etwas anderes zu sprechen kommen. Wie Sie wissen, wurde von Herrn Bundesrat Gasteiger im letzten Plenum im Bundesrat im Zusammenhang mit der Getränkesteuer gesagt, dass ich und Herr Bundesminister Grasser die "Euthanasieärzte der Gemeindeautonomie" seien. Herr Bundesrat Gasteiger hat damals, in dieser Sitzung, eine Entschuldigung abgelehnt und hat dann, als das im "profil" ruchbar wurde, gesagt, wenn er persönliche Gefühle verletzt habe, täte ihm das Leid.

Herr Bundesrat Gasteiger! Sie haben das Problem nicht verstanden, das sage ich Ihnen hier von dieser Stelle aus! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Man kann ein nationalsozialistisches Gewaltsystem, Mördersystem – ich werde Ihnen dann anhand eines Beispiels aus meiner Familie erzählen, was alles passiert ist – nicht mit einem heutigen demokratischen System vergleichen.

Meine Großmutter wurde von einem Euthanasiearzt niedergespritzt, die offizielle Begründung lautete: Lungenentzündung. Sie ist am Gugginger Friedhof begraben, weil sie in Kierling eingeliefert wurde. Auf diesem Friedhof gibt es serienweise Gräber aus dieser Zeit, Todesursache: Lungenentzündung. – Und Sie vergleichen uns beide mit einem Euthanasiearzt, weil wir für die Gemeindeautonomie eingetreten sind – noch dazu, wo der Städtebund dieser Regelung ausdrücklich zugestimmt hat.

Die Brüder meiner Großmutter waren Bibelforscher. Sie sind im KZ Bergen-Belsen gelandet. Einer davon hat, weil er hungrig war, ein Stück Brot gestohlen. Was, glauben Sie, ist mit ihm passiert? – Er wurde in der Früh bei Eiseskälte hinausgezerrt, wurde stundenlang mit kaltem Wasser überschüttet, und dann hat man so lange auf ihn eingeprügelt, bis er unter den Prügeln gestorben ist. Sein Bruder, mein Großonkel, hat mir das erzählt. Dieser hat damals ein Auge verloren. Er war der erste, der mir KZ-Bilder gezeigt hat – als Sechsjährigem. Er hat zur Verdeutlichung dieser Schrecken immer sein Glasauge herausgenommen.

Sie müssten Geschichte lernen, dann würde Ihnen solch ein perverser Vergleich überhaupt nicht einfallen! Schämen Sie sich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Schämen Sie sich!

Herr Bürgermeister Häupl hat gesagt: Entweder ist er ein Nazi oder ein Trottel. – Suchen Sie sich selbst aus, was Sie sind! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 42

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Anteilen im Rahmen der allgemeinen Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC) (105 und 159/NR sowie 6121/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Anteilen im Rahmen der allgemeinen Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft, IIC.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Mag. Dietmar Hoscher: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Anteilen im Rahmen der allgemeinen Kapitalerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft, IIC.

Um die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft (IIC), welche vornehmlich kleine oder mittlere Privatunternehmen in Lateinamerika durch insbesonders Gewährung von Darlehen und Übernahme von Beteiligungen unterstützt, zu ermöglichen, ist eine Erhöhung ihres Kapitals erforderlich.

Am 21. Juli 1999 haben die Gouverneure den Bericht über die allgemeine Mittelerhöhung der Inter-Amerikanischen Investitionsgesellschaft angenommen.

Mit dem gegenständlichen Gesetzesbeschluss des Nationalrates soll die gesetzliche Ermächtigung für die Beteiligung Österreichs an dieser allgemeinen Mittelerhöhung geschaffen werden.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich.

Wortmeldungen liegen nicht vor.


Bundesrat
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Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (47 und 138/NR sowie 6122/BR der Beilagen)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend einen Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung (51 und 139/NR sowie 6123/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden (92 und 146/NR sowie 6109 und 6124/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge,

einen Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung und

ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs übernommen. –Bitte.

Berichterstatterin Brunhilde Fuchs: Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge liegt Ihnen schriftlich vor, daher werde ich ihn auch nicht verlesen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters liegt Ihnen auch der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend einen Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.


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Nun noch zum Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden. – Auch dieser Bericht liegt schriftlich auf.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichterstattung.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend einen Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Kanada über die Auslieferung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird (Exekutionsordnungs-Novelle 2000 – EO-Nov. 2000) (93 und 143/NR sowie 6125/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste (Zugangskontrollgesetz – ZuKG) (99 und 144/NR sowie 6126/BR der Beilagen)


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9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (83 und 145/NR sowie 6127/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 7 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird, Exekutionsordnungs-Novelle 2000,

ein Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste, Zugangskontrollgesetz, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Wolfgang Hager übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend die Exekutionsordnungs-Novelle 2000 liegt schriftlich vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters liegt der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 über das Zugangskontrollgesetz schriftlich vor.

Auch hier stellt der Justizausschuss nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich liegt Ihnen auch der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird, schriftlich vor.

Auch diesbezüglich stellt der Justizausschuss nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile es ihm.

10.49

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Die vorliegende Novelle zur Exekutionsordnung ist sozusagen im Zuge einer großen Reform der Exekutionsordnung der dritte Teil. Nach der Reform der Fahrnisexekution und der Forderungsexekution erfolgt nunmehr die Reform des Zwangsversteigerungsverfahrens. – Wenn wir bedenken, dass dieser Gesetzesteil noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, so kann man ermessen, wie wichtig es war, hier eine Reform anzugehen und nunmehr auch durchzuführen.

Noch in der Ära des Ministers Michalek wurde dankenswerterweise eine Arbeitsgruppe gebildet, deren Ergebnisse nunmehr vorliegen. In meiner Eigenschaft als Praktiker, als einer, der sehr oft mit diesem Zwangsversteigerungsverfahren zu tun hat und diese rigide und zähe Art, wie dieses Verfahren zur Durchführung gelangt, immer hinnehmen musste, begrüße ich es außerordentlich, dass wir nunmehr eine Reform bekommen; eine Reform, die nicht nur dem Gericht dienen soll, die nicht nur zu einer Effizienzsteigerung, zu einer Verwaltungsvereinfachung führen


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soll, sondern die auch dem Schuldnerschutz dient, einer besseren, einer rascheren Verwertung und natürlich auch dem Gläubigerschutz dient, damit diejenigen Rechtsvertreter, die für die Gläubiger arbeiten, schneller zu ihrem Recht kommen.

Letztendlich ist es aber eine Reform, die natürlich dem modernen Wirtschaftsleben Rechnung trägt, die die Nutzbarmachung moderner Technologien verbessert und teilweise auch ermöglicht. Ich will es mir als Praktiker ersparen, zu sehr auf die Details einzugehen. Es handelt sich um ein ganzes Konvolut von Reformen, dessen wissenschaftliche Aufarbeitung und Bearbeitung ich gerne dem nachfolgenden Redner, meinem Kollegen Dr. Böhm, überlassen möchte, der das sicherlich in bewährter Manier erledigen wird.

Ich möchte, wie gesagt, dem Justizministerium unter Minister Dr. Böhmdorfer, das in diesem Bereich großartige Arbeit geleistet hat, zur Fertigstellung dieser Reformen gratulieren, und ich möchte es auch nicht verabsäumen, jenen Damen und Herren, die hinter dem Minister stehen, zu danken. Es waren seinerzeit die "großen" Herren Tades und Dittrich, nunmehr ist es Herr Sektionschef Dr. Hopf, den wir auch hier begrüßen dürfen. Die Justiz kann alle Mal darauf verweisen, dass ganz entscheidende und wichtige Reformen durchgeführt worden sind. Diese Exekutionsordnungs-Novelle ist zweifellos ein Meilenstein, über die wir Abgeordnete uns sehr freuen und ebenso auch jene, die so wie ich als Praktiker damit arbeiten, und die wir mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen.

Ich komme schon zum Schluss. Meine Fraktion wird dieser Novelle sehr gerne die Zustimmung geben und natürlich auch dem Beschluss des Nationalrates betreffend das Zugangskontrollgesetz und die Änderung des Handelsgesetzbuches beitreten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

10.54

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die österreichische Prozessreform der Jahre 1895 und folgende war zweifellos ein historischer Entwicklungssprung, der auch internationale Anerkennung gefunden hat. Das gilt neben der bekannten Zivilprozessordnung auch für die Exekutionsordnung. Dennoch versteht sich von selbst, wie heute schon zu Recht gesagt wurde, dass die Regelungen der Zwangsvollstreckung aus dieser Zeit in mehreren Bereichen nicht mehr den modernen Anforderungen des Wirtschaftslebens im 21. Jahrhundert entsprechen.

Der Aktualisierung diente zunächst die Exekutionsordnungs-Novelle 1991, mit der vorerst die Bestimmungen über die Forderungsexekution überarbeitet worden sind, später die Exekutionsordnungs-Novelle 1995, die der Anpassung der Fahrnisexekution an die heutigen Gegebenheiten galt, aber auch der Einführung des vereinfachten Bewilligungsverfahrens und der automationsunterstützten Erledigung, um den elektronischen Rechtsverkehr zu ermöglichen.

Mit der vorliegenden Novelle geht es heute insbesondere darum, die Zwangsversteigerung von Liegenschaften auf den letzten Stand der gesellschaftlichen und technischen Entwicklung zu bringen. Zielvorstellung war dabei vor allem, die Effektivität der Exekution zu erhöhen, ohne dabei den gebotenen Schuldnerschutz preiszugeben. Das letztgenannte Ziel wird dadurch erreicht, dass der Versteigerungserlös zuerst auf das Kapital und erst dann auf Zinsen und Spesen anzurechnen ist.

Zu begrüßen ist insbesondere, dass der Gesetzgeber auf einen bisher in der Praxis möglichen Missbrauch reagiert hat. Nicht selten haben Schuldner die zu versteigernde Liegenschaft während des anhängigen Exekutionsverfahrens vermietet. Dadurch wurden die Verkaufschancen erheblich vermindert oder die Versteigerung mangels jeglichen Käuferinteresses sogar zur Gänze verhindert.


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Diese faktische Exekutionsvereitelung war möglich, weil der verpflichteten Partei mit der Einleitung des Versteigerungsverfahrens nicht zugleich die Verfügungsbefugnis über die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft entzogen wird. In Zukunft soll eine solche Vermietung nur noch dann zulässig sein, wenn die Vermietung zum ordentlichen Geschäftsbetrieb gehört.

Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Exekutionsverfahrens wird insofern ausgebaut, als künftig der betreibende Gläubiger nicht mehr verpflichtet ist, von ihm selbst entworfene Versteigerungsbedingungen vorzulegen, und dass es keines weiteren Antrags nach einer fruchtlosen Versteigerung bedarf, um einen zweiten Versteigerungsversuch zu unternehmen. Das verringert die Verfahrenskosten, was nicht zuletzt auch im Interesse des Schuldners liegt.

Klar ist, dass die Erzielung eines möglichst hohen Erlöses im gemeinschaftlichen Interesse von Gläubiger und Schuldner liegt. Dem dient das Bestreben, so viele Bieter, das heißt Kaufinteressenten, wie möglich anzuziehen, um die Verkaufschancen und die Chancen auf Erzielung eines möglichst marktkonformen Preises zu erhöhen. Zu diesem Zweck soll künftig auch die über das Internet abrufbare Ediktsdatei genützt werden, in der das Versteigerungsedikt bekannt gegeben werden soll.

Rechtspolitisch begrüße ich es, dass das Bundesministerium für Justiz aus den ablehnenden Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren die Konsequenz gezogen hat, eine noch im Ministerialentwurf vorgesehene gravierende Änderung zu unterlassen, nämlich die Aushöhlung der im ABGB verankerten bücherlichen Veräußerungs- und Belastungsverbote von Liegenschaften zu Gunsten naher Angehöriger.

Denn bei allem Verständnis für die Wahrung legitimer Gläubigerinteressen und die Unterbindung vollstreckungsvereitelnder Strategien von Schuldnern sollte man nämlich Folgendes sehen: Das bücherliche Veräußerungs- und Belastungsverbot von Liegenschaften wurde mit der 3. Teilnovelle zum ABGB bewusst zum Schutz des Familienbesitzes eingeführt, und es sollte daher die betroffene Liegenschaft damit auch gegenüber der Zwangsversteigerung und der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung absichern. Unberührt davon bleibt ohnehin die Möglichkeit der Zwangsverwaltung, Zwangsverpachtung oder Zwangsvermietung, so weit sie in Betracht kommt.

Die Beseitigung des meines Erachtens schon immer entbehrlich gewesenen Instituts der vorläufigen Feststellung des Lastenstandes erscheint sachgerecht. Sie war bisher Voraussetzung dafür, dass die dem betreibenden Gläubiger im Rang vorgehenden Hypothekargläubiger, die im Meistbot keine volle Deckung ihrer pfandgesicherten Forderungen fanden, gegen den Zuschlag der Liegenschaft an den Ersteher Widerspruch erheben konnten. Denn eine Versteigerung, die dem Verpflichteten das Eigentum an seiner Liegenschaft entzieht, ohne ihn von der exekutiv betriebenen Schuld zu befreien, die also den die Exekution betreibenden Gläubigern keinerlei Befriedigung bietet und die dazu führt, dass die vorrangigen Pfandrechte der nicht gedeckten Gläubiger im Grundbuch zu löschen sind, eine solche Exekution, die mit anderen Worten niemandem nützt, aber einigen Beteiligten schadet, sollte als sinnwidrig und ihren Zweck verfehlend jedenfalls unterbleiben.

Der Rechtsbereinigung dient auch die Klarstellung, dass für die mit rechtskräftigem Urteil verfügte Zivilteilung einer im Miteigentum mehrerer Eigentümer stehenden Liegenschaft subsidiär die Regeln der Zwangsversteigerung gelten sollen. Das darf freilich entgegen einem verfehlten Teil der Lehre nicht den Eindruck erwecken, dass es sich dabei um eine echte Zwangsvollstreckung handelt; geht es doch allein um den Vollzug, das heißt: die reale Umsetzung der Aufhebung des Miteigentums, kurz des die Teilung anordnenden Richterspruches, also eines rechtsgestaltenden Urteils.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass die mit der Exekutionsordnungs-Novelle 1995 angestrebte und damals nur unvollkommen geglückte Anpassung der Regelungen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Exekutionstitel an die Übereinkommen von Brüssel und Lugano mit dem vorliegenden Gesetz abgerundet wird. Zugleich trägt es der jüngsten Revision der genannten Übereinkommen Rechnung, wobei das Brüsseler Übereinkommen auf Grund des Vertrages


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von Amsterdam künftig in eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaften umgegossen werden wird.

Der Neuregelung des § 75 letzter Satz Exekutionsordnung kann ich nicht vorbehaltlos zustimmen. Gewiss ist der betreibende Gläubiger mit seiner Vollstreckung aus einem klagsstattgebenden Versäumungsurteil formell gedeckt, woran auch die nachträgliche erfolgreiche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nichts zu ändern vermag. Soll er aber auch dann die Exekutionskosten erhalten, wenn in der Folge seine Klage abgewiesen wird, das heißt, sein materieller Anspruch verneint wird? – Dann stellt sich doch im Nachhinein heraus, dass er sachlich unbegründet Exekution geführt hat!

Persönlich bedauere ich auch, dass das geringste Gebot, also die den Schuldner schützende Verschleuderungsgrenze, jetzt einheitlich nur noch die Hälfte des Liegenschaftswertes beträgt. Das gilt nicht mehr bloß für städtische Gebäude, sondern auch für landwirtschaftliche Grundstücke, bei denen es bisher zwei Drittel ihres Schätzwertes ausmachte.

Alles in allem aber kann der vorliegenden Exekutionsordnungs-Novelle 2000 bescheinigt werden, dass sie einen weiteren Schritt auf dem Wege recht gelungener Anpassungen an die gegenwärtigen sozioökonomischen Rahmenbedingungen sowie auch an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben markiert. Dem Bundesminister für Justiz und ebenso der von ihm eingesetzten Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des Leiters der Abteilung für Exekutions- und Insolvenzrecht Dr. Mohr, aber auch Herrn Sektionschef Dr. Hopf und anderen Mitarbeitern wie Frau Staatsanwältin Dr. Kloiber ist für die professionelle Vorbereitung dieses wichtigen Gesetzesvorhabens höchster Respekt zu zollen. Meine Fraktion wird daher dieser Vorlage gerne ihre Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

11.03

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner. Ich erteile ihm das Wort.

11.03

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht des bereits fachkundig dargestellten Sachverhaltes, der langen Tagesordnung und der langen Rednerliste möchte ich mich kurz fassen.

Zu Tagesordnungspunkt 7: Die vorliegende Exekutionsordnungs-Novelle bedeutet eine Anpassung an die Erfordernisse der heutigen Zeit. Es ist auch sehr zu begrüßen, dass damit die Effektivität des Verfahrens erhöht werden kann. Wichtig ist auch, dass bei einem Belastungs- und Veräußerungsverbot das Verwertungsverbot aufrecht bleibt. Gläubiger können so wie bisher erst nach Wegfall des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ihre Verwertungsinteressen wahrnehmen.

Zu Tagesordnungspunkt 8: Im Sinne der Richtlinien der EU verpflichten sich die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu setzen, mit denen unbefugte Zugangskontrollen verhindert werden können. Entscheidend ist, dass sich zivilrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen gegen gewerbsmäßige Piraten und nicht gegen private Nutzer richten. Es ist durchaus vernünftig, dass der geistige Eigentümer, der eine Leistung erbracht hat, vor jenem, der einen Gewinn ohne entsprechende Leistung haben will, geschützt werden soll.

Es zeichnen sich zeitgemäße Anwendungsmöglichkeiten für Verbraucher ab, die für die europäische Wirtschaft, aber auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer notwendig und bedeutend sind.

Die Ergebnisse dieser drei Tagesordnungspunkte 7 bis 9 sind durchaus positiv. Ich möchte es nicht verabsäumen, den Damen und Herren des Justizministeriums unseren Dank für die hervorragende Arbeit auszusprechen.


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Abschließend treffe ich noch die Feststellung, dass die sozialdemokratischen Bundesräte gegen die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates keinen Einwand erheben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

11.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. Ich erteile es ihm.

11.06

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bedanke mich ausdrücklich für die Anerkennung, die hier von höchster Stelle an das Bundesministerium ausgesprochen wurde. Insoweit diese Mitarbeiter nicht persönlich hier sind und diesen Dank und diese Anerkennung nicht selbst vernehmen konnten, werde ich mir erlauben, das an die entsprechenden Abteilungen weiterzuleiten.

Zu der leise angeklungenen Kritik des Herrn Prof. Dr. Böhm möchte ich Folgendes sagen: Es ist richtig, dass die Exekutionskosten als Titel bestehen bleiben, wenn ein Versäumungsurteil auf Grund einer Wiedereinsetzung aufgehoben wird. Wir wissen aber aus der Praxis, dass in der Regel der Verpflichtete den Wiedereinsetzungsgrund hätte verhindern können, also im weitesten Sinn daran "schuld" – unter Anführungszeichen – ist, und deshalb ist darin meines Erachtens keine wirkliche Ungerechtigkeit zu erblicken.

Was das geringste Gebot anlangt, so ist es richtig, dass dieses nur mehr die Hälfte des Schätzwertes der zu versteigernden Liegenschaft beträgt. Aber wir müssen doch hinzufügen, dass in Bälde, nämlich ab 2002, die Objekte mit Bild im Internet abrufbar sein werden und schon deshalb eine größere Interessenten- beziehungsweise Käuferschar als bisher angesprochen werden wird können. Insgesamt freue ich mich über die positive Aufnahme dieser Novelle. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

11.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung geändert wird (Exekutionsordnungs-Novelle 2000).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz zugangskontrollierter Dienste (Zugangskontrollgesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.


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Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden (137/A und 133/NR sowie 6128/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G) (136/A und 134/NR sowie 6129/BR der Beilagen)

12. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (162/A und 136/NR sowie 6130/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 10 bis 12, über welche die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen und

ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Schöls übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die betreffenden Ausschussberichte schriftlich vorliegen, kann ich auf die Verlesung der Berichte verzichten und darf mitteilen, dass der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus nach Beratung der Vorlagen am 19. Juni 2000 in allen drei Fällen mit Stimmenmehrheit den Antrag stellt, keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Ich bitte die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Kraml das Wort. – Bitte.

11.10

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte leere Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Die drei vorliegenden Gesetzesände


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rungen sollen – ich sage nicht: werden – zu einer Anpassung an internationale Standards in diesem Bereich beitragen.

Vom Inhalt her ist sicher einiges dabei, das positiv gesehen werden kann. Es gibt aber auch einige Vorhaben, die nichts mit moderner und zeitgemäßer Medienpolitik zu tun haben. Es fehlt noch die Liste von Ereignissen, die unverschlüsselt zu übertragen sind. Diese Liste ist aber wiederum für Sportveranstaltungen und diverse andere Veranstalter besonders wichtig. Was wird zum Beispiel künftig unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit sozusagen kodiert gesendet, und was wird für jeden empfangbar übertragen? – Zu diesem Thema gibt es noch keine Vorschläge, da ist die Regierung noch säumig.

Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, ist Ihre Einstellung zu den freien Radios. Sie sind Ihnen, so hat es für mich den Anschein, lästig. (Bundesrat Grissemann: Das Gegenteil ist der Fall!) Am liebsten wäre es Ihnen, würden sie überhaupt aus der Medienlandschaft verschwinden. Sie können das natürlich nicht laut sagen, daher setzen Sie bei der materiellen Grundlage an und geben den freien Radios auch nicht die entsprechende rechtliche Verankerung.

Das ist absolut der falsche Weg unter dem Motto: Wo die Regierungsvertreter schon nicht direkt Druck auf die Medienvertreter ausüben können, dort versuchen sie es über die Finanzmittel. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein Beispiel, wie das geht, haben Sie bereits beim ORF geliefert. Das Kuratorium haben Sie umgefärbt und nicht entpolitisiert, dort können Sie frei entscheiden. Nach den von Ihnen immer wieder zitierten roten Sekretären sitzen jetzt der schwarze und der blaue Klubobmann mit den jeweiligen Gefolgsleuten in diesem Gremium. Sind das die Experten? Ist das die Entpolitisierung? – Nein, das ist es sicher nicht! Das ist schlicht und einfach Wählertäuschung, so würde ich meinen. Dieses Gefolge hat dort offenbar eine Aufpasserfunktion. Es würde mich überhaupt interessieren, wie oft der FPÖ-Klubobmann Westenthaler beim ORF-Kurator Westenthaler interveniert.

Druck auf die Redakteure wird natürlich keiner ausgeübt, sagt man, es wird nur laut über die eine oder andere Umbesetzung nachgedacht, es wird laut darüber nachgedacht, das Rundfunkgesetz zu novellieren, aber nicht dass es zu mehr Demokratie, sondern zu Einschränkungen kommt. Kritische Berichte darf es nicht geben. Wo käme man denn da hin, wenn man sich für diese aufopfernde Tätigkeit auch noch kritisieren lassen sollte?

All diese Aktionen widersprechen der Freiheit des Journalismus und der Freiheit der Berichterstattung. Das läuft alles nach dem Motto: Wir sind die Vertreter der Regierung, wir schaffen an. – Es hat auch einmal einer von der "Hand, die füttert", gesprochen.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht die Freiheit, die wir meinen, und daher gibt es von der SPÖ auch keine Zustimmung zu den vorliegenden Gesetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Grissemann. Ich erteile ihm das Wort.

11.14

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Kraml ist weniger auf die Gesetzesmaterie eingegangen, sondern hat sich eher in Mutmaßungen ergangen, und zwar dahin gehend, wie schrecklich jetzt diese Regierungskoalition auf den ORF einwirken wird.

Sie haben auch geglaubt, feststellen zu müssen, Herr Kollege, dass wir – ich spreche für uns Freiheitliche – besonders gegen die Privatradios oder Regionalradios sind. Das Gegenteil ist der Fall, Herr Kollege Kraml. Ich habe es Ihnen schon von meinem Platz aus gesagt: Das Gegenteil ist der Fall. Wir Freiheitlichen sind jahrelang, seit jeher dafür eingetreten, dass mehr


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Konkurrenz – Konkurrenz belebt, wie man so schön sagt – auf dem Mediensektor herrscht. Das muss ich Ihnen einfach sagen, weil es Tatsache ist.

Die uns heute vorliegende Gesetzesmaterie enthält natürlich im Wesentlichen Anpassungen an EU-Richtlinien. Österreich war halt hier bereits längere Zeit säumig. – Da ich jetzt auf den Herrn Staatssekretär geschaut habe, habe ich eigentlich auf die falsche Seite geschaut. – Es handelt sich dabei auch um Bestimmungen der Niederlassungsfreiheit und den Schutz von Minderjährigen und um die Garantie, dass Ereignisse, die in Österreich von Bedeutung sind, auch frei und unverschlüsselt übertragen werden.

Die Weiterentwicklung des Rundfunks, des Fernsehens, Stichwort Pay-TV, hat diese Gesetzesvorlagen notwendig gemacht. Denken Sie daran, dass zum Beispiel die Rechte von Übertragungen von diesen Gesellschaften erworben werden können und dann unter Umständen nur mehr einem eingeschränkten Personenkreis zur Verfügung stehen.

Stichwort: Schutz von Minderjährigen, Kennzeichnung von jugendgefährdenden Sendungen. – Das geht natürlich ein bisschen an der Realität vorbei, und daher meine ich, wir werden noch viele Ideen entwickeln müssen, es sind auch noch weitere Schutzmechanismen notwendig. Ich stelle mir auch eine Verlagerung auf spätere Nachtzeiten vor, aber da sind wir einsame Rufer in der Wüste, weil die internationale Entwicklung anders ist und mir als Vater manchmal kalte Schauer über den Rücken laufen. Denken Sie daran, was Sie, wenn Sie abends oder spätabends den Fernseher aufdrehen, da geboten bekommen.

In diesem Bereich ist das Versagen der Gesellschaft deutlich erkennbar, ich möchte jetzt nicht von einem Versagen des Gesetzgebers sprechen, meine jedoch, es sind sicher noch viele Gedanken einzubringen, was man da ändern kann.

Stichwort Privatradio gegen ORF. Hier tun sich eben die Privatradios sehr schwer. Die Erhöhung der Werbesendezeiten von 120 auf 172 Minuten wird ein kleines Pflaster sein, ein kleines finanzielles Ansparpflaster gegenüber den Zwangsbeiträgen des ORF. Der ORF ist in vielfacher Hinsicht begünstigt. Wir werden in Wahrheit zwangsbeglückt, ob wir es uns anschauen wollen oder nicht, wir sind Zwangszahler.

Da ist schon ein Unterschied, und ich gebe Ihnen Recht, Herr Kollege Kraml, man wird sich vielleicht noch weitere Maßnahmen überlegen müssen, wie wir die Davide gegen Goliath noch ein bisschen stärken können, keine Frage. Der drohende Lizenzverlust wird jetzt gesetzestechnisch repariert.

Ich möchte aber vielleicht noch einmal kurz auf den ORF eingehen. Es kommt mir fast ein bisschen skurril vor, dass von sozialdemokratischer Seite jetzt auf einmal darauf hingewiesen wird, dass womöglich – für mich gar nicht erkennbare – extreme Einflussnahme auf den ORF ausgeübt wird. Sie wissen ganz genau, Herr Kollege Kraml, von sozialdemokratischer Seite war das Usus, gang und gäbe, das ist einfach so. Das ist ein Faktum, das wird nicht einmal von Ihnen bestritten. Ich könnte Ihnen X-Beispiele von Einflussnahmen bringen. Ich will es mir heute ersparen, weil wir noch einen langen Tag vor uns haben und ich die Polemik gar nicht anheizen will. Dem ORF möge vergönnt sein, dass jetzt endlich Objektivität einkehrt, denn bisher war es immer umgekehrt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen: Hohes Haus! Beim vorliegenden Gesetzentwurf geht es, wie gesagt, um EU-Anpassungen. Es soll allerdings erst ein erster Schritt, ein erster Ansatz in der Medienpolitik sein. Es gibt noch viel zu tun in dieser Richtung. Wir Freiheitlichen werden diesen Gesetzentwürfen die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)


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11.19

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. Ich erteile ihm das Wort.

11.19

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles ist gesagt, einiges sollte man noch ein bisschen herausarbeiten. Die Zuständigkeit für Medienpolitik in diesem Land ist im Bundeskanzleramt gegeben. Zumindest ist es bis jetzt so. Dass wir heute von einer längst fälligen Anpassung sprechen müssen, heißt in Wirklichkeit, dass es in den letzten Jahren einen desaströsen Stillstand in der Medienpolitik gegeben hat, und das ist der Vorwurf an einen Privatmann, der weder in der Sozialdemokratischen Partei eine Funktion hat noch sonst irgendwo in der Republik, nämlich an Altkanzler Viktor Klima, der dafür zuständig war und in Wirklichkeit für diesen Stillstand verantwortlich ist.

Ich glaube auch, dass es peinlich ist, sagen zu müssen, dass wir wegen dieses Stillstands von einer Klage seitens der Europäischen Union bedroht waren. Daher ist es wichtig, dass wir heute diese Gesetze beschließen beziehungsweise diesen Gesetzen unsere Zustimmung geben.

Ich möchte zu den einzelnen Gesetzesbereichen nicht mehr viel anmerken; mein Vorredner hat schon einiges gesagt. Aber weil der Herr Kollege von der Sozialdemokratischen Partei gemeint hat, dass es jetzt irgendeine Umfärbung im Kuratorium und dergleichen mehr gibt: Messen Sie doch die Regierung an Taten und warten Sie ab! Sie wissen – es ist hier angekündigt –, dass es zu einer Novelle des ORF-Gesetzes kommen soll. Es ist angekündigt, dass es zu einem Privatfernsehgesetz kommen soll. Es ist angekündigt, dass es zu einer neuen Formation im Sinne einer Mediengesellschaft beziehungsweise Medienbehörde kommen soll. Wenn es bei der Novellierung des ORF-Gesetzes zu einer Entpolitisierung kommen wird, dann würde ich gerne hören, was Sie dazu sagen werden. Ob das Ihre Freunde, die bisher im Kuratorium gesessen sind, ob das jetzt ein Rudas ist, ob das jetzt ein Cap ist, ob das ein Kramer oder ein Kalina war, dann auch so sehen, darauf bin ich neugierig! Da bin ich schon heute gespannt, was die zu diesem Gesetz, das, wie ich hoffe, noch in diesem Jahr vorliegen wird, sagen werden.

Ich halte das für ganz wichtig, und ich möchte auf Grund der hier vorliegenden Gesetze nur betonen, dass wir dem ORF alle Möglichkeiten geben, bei der Digitalisierung eine Vorreiterrolle zu haben. Das ist im Rahmen der künftigen Entwicklung in diesem Land ganz wichtig. Die Fernsehsignalrichtlinie, die wir heute auf der Tagesordnung haben, ist dieser Schritt dazu, und ich glaube, wir müssen noch mehrere Schritte setzen. Dazu gehören auch die von mir genannten Gesetze, die ich angekündigt habe beziehungsweise die die Regierung angekündigt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man über Medien spricht, sollte man im Rahmen einer medienpolitischen Debatte auch ein wenig die Frage der Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutieren und in Erinnerung rufen, dass dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Kulturauftrag, einen Bildungsauftrag, einen Informationsauftrag, die Pflicht zur Objektivität hat, und all das deshalb, weil der ORF zum Unterschied von Privaten Gebühren einhebt. Das ist der Grund, diesen Auftrag wahrzunehmen, und dafür gibt es auch diese Gebühren.

Weil heute von Interventionen gesprochen wurde, erinnere ich daran, dass ich hier vor zirka einem halben Jahr darauf hingewiesen habe, dass die Objektivität des ORF offensichtlich nicht ganz wahrgenommen wird, und zwar anlässlich der Intervention des damaligen Pressesekretärs des damaligen Bundeskanzlers Klima in der Euroteam-Affäre, als plötzlich acht Sekunden eines Beitrages in der ZiB1 weggeschnitten wurden, weil es Herrn Kalina und dem Herrn Bundeskanzler nicht gepasst hat, dass der Sohn des Herrn Bundeskanzlers in der ZiB1 als Finanzreferent der Firma Euroteam genannt wurde.

Das ist Intervention, das ist nicht in Ordnung, und da ist auch zu hinterfragen, ob der ORF mit Recht diese Gebühren erhält, um der Informationspflicht, dem Kulturauftrag, dem Bildungsauftrag und der Pflicht zur Objektivität nachkommen zu können. Ich sage das deshalb, weil es einen ganz aktuellen Fall gibt, der nichts mit Euroteam zu tun hat, sondern vor kurzem stattgefunden hat. Ich verweise auf die Sendung "Am Schauplatz" vom 30. Mai dieses Jahres, als ein Beitrag zum Thema Tierschutz, Tierhaltung, zur Pelzfrage, zu Jagdfragen und dergleichen mehr ausgestrahlt wurde. Ich sage das deshalb, weil es kaum eine populistischere und


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einseitiger dargestellte Sendung im ORF gegeben hat als diese. Das sage ich als Konsument jetzt sicherlich sehr subjektiv, aber wenn man diese Sendung quasi als Belangsendung von Tierschützern bezeichnet hätte, dann wäre das sehr wohl objektiv und wäre auch weniger peinlich gewesen.

Warum sage ich das, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Da hat es eine Diskussion gegeben. Der ORF hat vier Diskutanten eingeladen: den Innungsmeister der Kürschner, Lederer und Handschuhmacher, den Innungsmeister der Fleischer und zwei Tierschützer. In der Diskussion hat sich herausgestellt, dass diese zwei Tierschützer in Wirklichkeit Veganer waren. Das ist jene Splittergruppe innerhalb der Tierschützer, die ganz militant jegliche Nutzung von Tieren ablehnt, die, wenn Sie so wollen, meint, vom Ei bis zum Blindenhund darf alles nicht sein. Eine derartige Plattform zu organisieren, wie es in dieser Sendung war, mit einer derart unausgewogenen Zusammensetzung, kann nicht der Objektivität des Öffentlich-Rechtlichen entsprechen. Wenn man nicht weiß, wen man einlädt, dann könnte man – da wäre der ORF und wären die zuständigen Sendeverantwortlichen eingeladen – ins Internet schauen und nachsehen. Da gibt es die "Animal Liberation Front", das ist die militanteste terroristischste Aktivistengruppe Europas, wenn Sie so wollen, die Hooligans des Tierschutzes, und diese hat der ORF, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, in die Sendung geholt, unkommentiert, und man hat niemand anderem die Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.

Ich sage Ihnen dazu: Es hat Vorwarnungen gegeben. Die Verantwortlichen für diese Sendung wurden darauf hingewiesen, dass das der falsche Weg ist, und trotzdem kam es zur Ausstrahlung dieser Sendung. Es handelt sich hiebei um Gruppen – manche von Ihnen werden es gelesen oder gehört haben –, die Anschläge auf Geschäfte, Buttersäureattentate auf Kürschnergeschäfte organisiert hat, und auch vor der Martinigansl-Feier gibt es die entsprechenden Attentate auf die Restaurants oder auch auf Geflügelgeschäfte. Klein- und Mittelbetriebe mussten eine eigenen Aktion starten, finanziert durch eigene Mittel! Sie mussten in dieser Stadt vor dem Weihnachtsgeschäft die Aktion gegen Einkaufsterror und für Einkaufskomfort ins Leben rufen, Werbung machen gegen diese terroristischen Gruppen, die der ORF, indem er ihnen die entsprechende Plattform gibt, offensichtlich noch unterstützt.

Im Rahmen dieser Sendung wurde sogar ein Beitrag ausgestrahlt, in dem zu sehen ist, wie in eine Farm eingebrochen und Eigentum beschädigt wurde. Das strahlt der ORF aus! Es gibt einen Beitrag, der nicht aus Österreich stammt, aber so ausgestrahlt wird, dass der Zuseher vermuten müsste, dass das in Österreich passiert.

Da frage ich Sie: Ist das die Objektivität, die im ORF-Gesetz steht, wofür der ORF auch die Gebühr erhält? – Ich glaube, dass dieser Vorschub, der vom ORF da offensichtlich geleistet wird, diese Verharmlosung von terroristischen Gruppen, wie ich sie angesprochen habe, nicht passieren kann und nicht passieren darf. Hier ist es notwendig, wenn Sie so wollen, auch einen gesellschaftspolitischen Konsens über alle Parteiengrenzen hinweg zu erzielen und zu hinterfragen, wann immer der ORF eine nächste Gebührenerhöhung braucht, ob ihm eine solche mit Recht zusteht und ob hier nicht mit unterschiedlichen Maßstäben bei den einen oder anderen Berichterstattungen gemessen wurde.

Natürlich ist auch die Frage zu stellen: Wem nützt es? Wem nützt diese einseitige Berichterstattung? Warum kommt es zu dieser einseitigen Berichterstattung? – Offensichtlich gibt es Gruppen innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die, nachdem die Sozialdemokratische Partei seit Februar dieses Jahres von der Macht abgedrängt wurde, wenn Sie so wollen, im letzten Bollwerk, das aus sozialdemokratischer Sicht im ORF noch zu sein scheint, Hilfestellung geben, um möglichst bald wieder in irgendwelche Machtsituationen zu kommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist nicht im Rahmen der Objektivität! Es kann nicht sein, dass mit Gebührengeld in einer solchen Weise agiert wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden heuer im Herbst noch Gelegenheit haben, bei diesen Gesetzen, die ich angesprochen habe, das Wort zu ergreifen, und dann werden wir darauf hinweisen, dass auch der Generalintendant, dass auch der Informationsintendant gefordert sind, dafür Sorge zu tragen, dass derartige Gruppierungen, wie ich sie beschrieben habe, ihr Handwerk nicht so ausüben


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können, wie sie es bisher getan haben und wie es bei dieser Sendung "Am Schauplatz" am 30. Mai der Fall gewesen ist. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

11.29

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Staatssekretär Franz Morak das Wort. – Bitte.

11.30

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurden heute einige Tagesordnungspunkte in die Diskussion geworfen, die nicht auf der Tagesordnung stehen. Ein paar Dinge möchte ich da schon richtig stellen.

Die Bundesregierung hat das ORF-Kuratorium nicht umgefärbt. Ich glaube, es ist weithin bekannt, dass keine Parteisekretäre mehr im Kuratorium vertreten sind. Das Nominierungsrecht der Parteien allerdings bleibt unangetastet. Das steht auch so im Gesetz, das möchte ich schon sagen.

Ich möchte auf die Ausführungen mancher Bundesräte nicht näher eingehen, wobei ich verstehe, dass die Anrufe des einen oder anderen ehemaligen Zentralsekretärs dieser Partei im ORF durchaus legendär waren. Ich möchte das hier nicht zur Diskussion stellen, aber ich setze es als in all diesen Parteien bekannt voraus. Ich glaube nur, es hat keinen Sinn, wenn wir uns hier gegenseitig noch einmal erzählen, was in diesem Land Geschichte ist.

Lassen Sie mich kurz zur Fernsehrichtlinie Stellung nehmen. Diese Novelle dient vor allem zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie. Sie wissen, die Bundesregierung der letzten GP war säumig, diese EU-Richtlinie umzusetzen. Was Sie hier vorfinden, ist die Aufarbeitung dieser Säumigkeit. Noch dazu ist es ein vorbereitender Teil zum Fernsehexklusivrechtegesetz, das in Begutachtung ist. Darin ist – Sie kennen das – diese Liste der wichtigen Ereignisse, die von allgemeiner gesellschaftlicher Bedeutung sind, enthalten.

Bei der Fernsehsignalrichtlinie handelt es sich um eine Richtlinie über Normen zur Übertragung von Fernsehsignalen. Es geht darum, marktmäßig eine Ausgangslage zu schaffen, die jedem dieselben Startmöglichkeiten gibt, es geht um eine Chancengleichheit des Zuganges. Außerdem wird in diesem Bereich die Set-Top-Box geregelt. Das heißt, wir gehen davon aus, dass es günstig wäre, hier noch ein Common Interface unterzubringen, was allerdings – das sage ich auch gleich dazu – noch nicht europäischer Standard ist. Österreich hat in diesem Bereich eine Vorreiterfunktion.

Beim Regionalradiogesetz war die Gesetzesinitiative davon getragen, nicht schon jetzt, also zu einem Zeitpunkt, in dem die oberstgerichtliche Entscheidung noch nicht gefallen ist, diese Entscheidung vorwegzunehmen und zu korrigieren. Ich finde das rechtshygienisch als für nicht sehr zielführend. Auf dem Boden der derzeit geltenden Verfassungsrechtslage ist es aber ein Ausgleich zwischen den berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Betreiber einerseits und den ebenfalls berechtigten Rechtsschutzinteressen der Beschwerdeführer auf der anderen Seite, ohne die Stellung des Verfassungsgerichtshofes zu beschneiden oder zu beeinträchtigen.

Lassen Sie mich noch einige Worte zu den freien Radios verlieren, weil das hier auch angeklungen ist. Ich möchte Sie da schon an die Worte Ihres ehemaligen Bundeskanzlers Viktor Klima erinnern (Bundesrat Schöls: Wie hat er geheißen?)  – Viktor Klima –, der sich nie für eine Förderung der freien Radios im finanziellen Bereich ausgesprochen hat. Es ist auf Weisung des Staatssekretärs für Kunst dazu gekommen, dass die freien Radios auf Kosten der freien Kulturinitiativen subventioniert wurden. Ich habe diese Entscheidung meinem Beirat freigestellt. Ich war selbst in dieser Beiratssitzung. Ich habe diese Entscheidung freigestellt, und der Beirat hat sich entschlossen, 1,18 Millionen Schilling für die freien Radios zur Verfügung zu stellen.

Ich füge hinzu: Es kann nicht so sein, dass wir solche Initiativen – jeder hier in diesem Raum weiß über die Budgetlage dieser Nation Bescheid – über das Kulturbudget fördern, weil keine anderen Budgetposten offen sind und auch die letzte Regierung solche nicht aufgemacht hat.


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In diesem Sinne bitte ich Sie, auch zu berücksichtigen, dass der freie Zugang zur Frequenz einen Wert an sich darstellt, dass die Frequenzverwaltung einen Wert an sich darstellt, und das wird der Wert sein, auf den sich die Bundesregierung zurückziehen wird.

Es bleibt den freien Radios unbenommen, neue Finanzierungsmodelle auszuarbeiten. Das habe ich ihnen in persönlichen Gesprächen oft gesagt. Um Fälle von privaten, persönlichen Schicksalen, um den Fall einer persönlichen Krida des einen oder anderen haftenden Redakteurs hintanzuhalten, habe ich mich jedoch entschlossen, sie aufzufordern, ein Ausstiegsszenario des Bundes in Anspruch zu nehmen, und dazu stehe ich nach wie vor.

Lassen Sie mich abschließend noch eines sagen: Natürlich ist ein Lokalradio – darum handelt es sich bei den freien Radios – durchaus berechtigt, von der Stadt, von der Gemeinde und vom Land, Subventionen anzufordern, aber es kann nicht Aufgabe des Bundes sein, eine lokale Initiative in diesem Bereich zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.35


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Vizepräsident Jürgen Weiss:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz und das Rundfunkgesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit .

Der Antrag ist angenommen .

13. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (126/A und 113/NR sowie 6110 und 6131/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Friedrich Hensler übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Friedrich Hensler: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich beschränke mich auf das Wesentliche.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth das Wort. – Bitte.

11.38

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich kann man im Zeitalter der totalen Liberalisierung und Globalisierung durchaus darüber nachdenken, ob eine Preisbindung überhaupt noch zeitgemäß und überhaupt noch sinnvoll ist.

Bei Büchern glaube ich, dass das durchaus gerechtfertigt ist – die Geschichte geht jetzt schon seit sechs Jahren –, weil Bücher nicht irgendeine Ware sind, die man im Supermarkt kaufen kann, sondern als Kulturgut zu betrachten sind. Diese Meinung beginnt jetzt auch langsam in den Europäischen Union insgesamt Fuß zu fassen. Bis jetzt war es vor allem eine Sache Deutschlands und Österreichs, aber auch Frankreich geht nun in die Richtung, und es wird im September eine Art Enquete darüber geben, bei der das von allen EU-Ländern besprochen wird.

Ich glaube, auch wenn wir alle oder viele von uns schon gerne im Internet surfen, um zu schauen, was es dort Interessantes und Wissenswertes gibt, so bleibt doch ein Buch, das ich in der Hand halte und lese, immer noch etwas Besonderes. Ich bin auch überzeugt davon, dass es im elektronischen Zeitalter so bleiben wird. Es wird der Reiz des Buches – so hoffe ich wenigstens – immer vorhanden sein, und es ist auch wichtig, dass die Vielfalt der Bücher erhalten bleibt. Ob das jetzt ein trivialer Roman ist – wobei ich das Wort "trivial" schon gerne unter Anführungszeichen setzen möchte, weil ich glaube, dass es sehr unterschiedliche Bewertungen gibt, was trivial ist und was nicht –, ob es ein Klassiker ist, ob es ein Gedichtband ist oder auch das Werk eines noch völlig unbekannten Autors – es soll für jeden Geschmack etwas geben und damit die Vielfalt der Literatur erhalten bleiben. All das soll aber nicht nur in einer relativ unpersönlichen Abteilung einer großen Büchermarktkette stattfinden, sondern es soll auch noch in der anheimelnden Atmosphäre einer kleinen Buchhandlung möglich sein.

Darum geht es eigentlich in dieser Regierungsvorlage. Damit soll es uns gelingen, den kleinen und mittleren Buchhandel auf die neuen Marktsituationen vorzubereiten.

Ein Segment dieser neuen Marktsituation ist natürlich zweifellos der Internethandel. Auch wenn derzeit auf dem Buchsektor der Handel im Internet nur etwa 2 Prozent beträgt, wird sich das in Zukunft natürlich ändern. Wir wissen selbstverständlich nicht, wie schnell und in welcher Größenordnung das stattfinden wird, aber dass Einkaufen im Internet immer interessanter wird, ist, so glaube ich, unbestritten.

Es hat im Kulturausschuss des Nationalrates sehr heftige Diskussionen darüber gegeben, ob der staatliche Internethandel in die Preisbindung einbezogen werden soll oder nicht. Natürlich gibt es bei allen Fragen immer gute Argumente dafür, es gibt aber auch immer gute Argumente


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dagegen. Trotzdem muss man am Ende schauen, was wichtig und was wesentlich ist, und ich glaube, dass es richtig war, dass die Regierungsparteien von FPÖ und ÖVP zu dem Schluss gekommen sind, den staatlichen Internethandel sehr wohl in die Preisbindung mit einzubeziehen, und das aus gutem Grund.

Es gibt seit Mai dieses Jahres die E-Commerce-Richtlinie, eine EU-weite Regelung betreffend den grenzüberschreitenden Internethandel. Sie legt fest, dass es nicht zulässig ist, beim grenzüberschreitenden Internethandel eine nationale Regelung einzubeziehen. Hier ist für uns genau das Problem gelegen, warum der staatliche Internethandel in diese Preisbindung mit hineingenommen worden ist, denn wenn das nicht so wäre – Deutschland hat auch eine staatlich geregelte Bindung beim Internethandel –, dann wäre für jeden deutschen Buchhändler die Möglichkeit offen gewesen, in Österreich einen offenen Markt vorzufinden, und das, was mit der Buchpreisbindung eigentlich gewollt wurde, wäre konterkariert worden. Das geht jetzt nicht mehr.

Bücher sind, wie gesagt, ein wichtiges kulturelles Gut, und sie sollen auch für jedermann erschwinglich sein. Es sollen auch möglichst viele Menschen lesen, vor allem Kinder. Bei den Kindern ist es im Fernsehzeitalter manchmal ein bisschen schwierig, sie zu einem Buch zu bekommen. Es hat einmal jemand, dem Fernsehzeitalter entsprechend, sehr richtig gesagt: Lesen ist Fernsehen im Kopf. Das ist richtig, und daher ist es meiner Meinung auch wichtig, dass wir weiterhin die Möglichkeiten haben, gute und auch erschwingliche Bücher erstehen zu können, um sie auch unseren Kindern näher zu bringen.

Damit es aber möglich ist, Altes zu bewahren, die Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen und in die Zukunft zu blicken, haben wir ein Gesetz geschaffen, das es uns ermöglicht, in den nächsten fünf Jahren – dieses Gesetz ist auf fünf Jahre beschränkt, ist fünf Jahre gültig – zu schauen, was beibehalten werden kann oder muss oder was wir noch besser machen können. Vor allem hat der kleine Buchhandel Zeit, sich in diesen fünf Jahren auf die geänderte Marktsituationen einzustellen.

Wir wollen, dass der kleine Buchhandel neben den großen Ketten, die es heute schon gibt, erhalten bleiben soll, und ich glaube, dass wir mit dieser Regierungsvorlage ein gutes Gesetz dazu geschaffen haben, weshalb ich Sie alle um Ihre Zustimmung bitte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.43

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Ing. Walter Grasberger. Ich erteile ihm das Wort.

11.43

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Buch ist viel mehr als ein gewöhnliches, normales Konsumgut, ein Buch ist ein Kulturgut, welches das gesellschaftliche Leben einer Zeit, die Zeit mit ihren Menschen, mit ihrer Gesellschaft widerspiegelt. Daher sind Bücher, egal wohin man schaut, immer wieder ein Spiegel der jeweiligen Zeit. Sie dokumentieren, bewusst oder unbewusst, einen gewissen gesellschaftlichen Level.

Bücher waren daher auch immer wieder Symbole für Menschen, für Politik, für Inhalte einer Zeit. Da heute in dieser Sitzung das nationalsozialistische Regime in unserer Heimat schon angesprochen wurde, so möchte ich einbringen, dass Bücherverbrennungen während des NS-Regimes oder beispielsweise die Kulturrevolution in China unter Mao Tsetung und auch die Machtübernahme der Roten Khmer in Kambodscha Beispiele dafür sind, wie Bücher sehr wohl als Ventil dafür genommen worden sind, dass ein bestimmtes politisches Regime mit Inhalten, mit Themen, die Menschen in Büchern dargestellt haben, nicht einverstanden war. Bücherverbrennungen waren immer wieder Symbole dafür, dass ein politisches Regime nicht mit dem einverstanden war, was geschehen ist.

Bücher sind, wie gesagt, ein Kulturgut und bedürfen deshalb eines besonderen Schutzes durch die Gesetzgebung. Auch wenn, wie es meine Vorrednerin, Frau Monika Mühlwerth, ange


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sprochen hat, in den vergangenen Jahren das eine oder andere Mal über die Medien das Buch eigentlich schon totgesagt wurde und durch elektronische Medien ersetzt werden sollte, so bin ich froh und glücklich, dass das Buch nach wie vor wesentlicher Bestandteil unseres kulturellen Lebens ist. Ich bin wie Sie, Frau Kollegin, der Meinung, dass das Buch auch in Zukunft nicht durch andere Träger ersetzt werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen und bei Bundesräten der SPÖ.)

Und doch ist es keine Selbstverständlichkeit, dass diese Vielfalt in unseren Buchläden, wie wir sie heute erleben, wenn wir hineingehen, erhalten bleiben kann, denn ohne Regelung eines Mindestverkaufspreises für Bücher würde – davon bin ich überzeugt – eine wesentliche Einschränkung des Buchbestandes in den Verkaufsläden, auf dem Ladentisch erfolgen.

Insbesondere ist es so, dass vor allem kleinere Verlage nur dadurch überleben werden können, dass dieser Mindestpreis bei Büchern gegeben ist. Anders würden sie über kurz oder lang nicht mehr mitkönnen, würden sie keine Chance mehr haben gegen Großhandelsketten, die Bücher nur in einer sehr beschränkten Auswahl anbieten und mit dieser sehr geringen Vielfalt versuchen, entsprechende Geschäfte zu machen.

Die Vorschreibung des Mindestverkaufspreises bei Büchern, und zwar sowohl bei im Inland verlegten als auch bei importierten, ist sicher ein Mittel, diese Vielfalt aufrechtzuerhalten beziehungsweise noch zu fördern.

Ich selbst bin Liebhaber von Büchern, insbesondere von Büchern aus kleinen österreichischen Verlagen, da und dort auch aus Selbstverlagen. Ich habe erst vor einigen Tagen die Buchpräsentation unseres ehemaligen Kollegen – er ist jetzt Landtagsabgeordneter in Wien – Professor Rauchenberger miterleben dürfen. Ich bewundere immer wieder, dass es Menschen mit persönlichem Einsatz und auch dem Einsatz finanzieller Mittel – nicht nur geistiger Mittel, die sie selbstverständlich zur Verfügung haben, sondern auch unter starkem Einsatz finanzieller Mittel – schaffen, Kostbarkeiten in den Handel zu bringen.

Ich möchte daher an dieser Stelle Herrn Professor Rauchenberger, auch wenn er jetzt nicht anwesend sein kann, herzlich gratulieren (allgemeiner Beifall), dass er ein Buch publiziert hat, das mit Sicherheit kein Renner werden wird und sicher nicht auf den Hitlisten der österreichischen Verlage zu finden sein wird, nämlich ein Buch über den österreichischen Bundesrat. Er hat dies unter Einsatz gewaltiger persönlicher Aufwendungen getan, und ich war – das möchte ich klar zum Ausdruck bringen – sehr berührt von seinen persönlichen Worten, die er während der Präsentation des Buches dargelegt hat.

Ähnlich wie im Lebensmittelhandel, wo große Einkaufszentren den Greißler ums Eck heute schwer bedrängen, sind es im Buchhandel Ketten – das müssen wir als Gesetzgeber offen erkennen –, die nur wenige Titel in Masse verkaufen, das, was eben gerade en vogue ist. Man orientiert sich hier an Bestsellerlisten, und ich bin der Überzeugung: Gäbe es keine Buchpreisbindung, dann würde das Angebot auf dem Büchermarkt schmelzen.

Letztlich – das möchte ich hier noch ganz klar ansprechen – ist aber die Buchpreisbindung auch ein wesentliches Mittel für unsere Autoren, dass sie Erfolg haben können. Ich weiß es aus persönlichen Erlebnissen, die mir Schriftsteller dargestellt haben, dass es zumeist ein steiniger, mühsamer Weg ist, bis der erste Erfolg als Schriftsteller – auch geschäftlich – eintritt. Mit diesem Gesetz ist, so glaube ich, gewährleistet, dass ein junger Schriftsteller nach diesem mühsamen, steinigen Pfad, den er zu gehen hat, vom Gesetzgeber her eine Chance eingeräumt bekommt, dass er einmal zu einem Erfolg kommt, auch zu einem geschäftlichen, zu einem finanziellen Erfolg, denn durch einen Mindestpreis beim Kulturgut Buch wird für den Schriftsteller sicherlich auch ein Mindesteinkommen gewährleistet.

Alles in allem also ist das ein Gesetz, das uns als Konsumenten von Büchern die Vielfalt des Angebotes sichern hilft, kleineren Verlagen das Überleben sichert und als dritten Punkt den österreichischen Autoren eine wesentliche Chance für ihre Tätigkeit eröffnet.


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Die Österreichische Volkspartei wird daher diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates die Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

11.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. Ich erteile ihm das Wort.

11.52

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich schließe mich meinen Vorrednern gerne an in der Aussage, dass das Buch keine Ware wie jede andere ist – wie auch Kultur keine Ware wie jede andere ist.

Die Thematik der Buchpreisbindung darf daher meiner Ansicht nach nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen werden. In diesem Sinne beschäftigt uns die Buchpreisbindung – das wurde schon erwähnt – bereits seit einigen Jahren, und ich rechne es Kollegin Wolfmayr von der ÖVP hoch an, auch in der Nationalratsdebatte dezidiert bestätigt zu haben, dass es insbesondere auch die Vorarbeiten des ehemaligen Staatssekretärs Wittmann waren, die das Terrain in dieser Frage aufbereitet haben. (Vizepräsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Alle Parteien haben sich in diesem Sinne konstruktiv bemüht, gesetzliche Übergangsregelungen zu finden, um den Buchhandel wie letztlich auch den Verlagen, den Autoren und den Konsumenten eine geordnete Umstellung auf die neuen, von der EU vorgegebenen liberalisierten Bedingungen zu ermöglichen. Meine Fraktion – das kann ich vorweg sagen – wird daher im Bundesrat keinen Einspruch gegen dieses Gesetz erheben.

Gleichwohl muss ich festhalten, dass wir zu einzelnen Passagen des Gesetzes erhebliche Bedenken anmelden müssen, und dies betrifft insbesondere – nicht überraschend – die offensichtlich auf Druck der Wirtschaftskammer aufgenommene Einbeziehung des nationalen Internetbuchhandels in die nunmehrige Preisbindung, wobei ich nicht verhehle, dass mir auch der grenzüberschreitende elektronische Handel mit Büchern nicht besonders sympathisch ist. Es lässt sich nur EU-rechtlich leider nicht verhindern.

Die nunmehr gewählte Vorgangsweise entspricht allerdings nicht der ursprünglichen Einigung der Parteien, ist verfassungsrechtlich zumindest bedenklich und benachteiligt ganz klar kleine heimische Buchhändler und kleine heimische Verlage. Die Großen werden es sich leisten können, ins Ausland auszuweichen und über das Ausland und das Internet wieder hereinzukommen, die Kleinen hingegen werden die höheren Kosten in diesem Wettbewerb zu tragen haben.

Das bringt aber nicht nur Wettbewerbsnachteile, sondern hat auch Auswirkungen auf den Bereich des Buches als Kulturträger. Gerade Verlage mit hohem kulturellen Anspruch und daher in der Regel geringen Margen und geringen Auflagen kommen damit weiter in Bedrängnis, und ich glaube daher auch nicht, dass mit dem vorliegenden Gesetz der wirkliche kulturpolitische Kern dieser Problematik beseitigt wird.

Die Buchpreisbindung wird nach einer Übergangsfrist wohl fallen. Was danach kommt, ist in Wirklichkeit noch nicht so klar. Dabei ist festzuhalten, dass diese Buchpreisbindung bisher immerhin dazu beigetragen hat, dass gerade auch im österreichischen kulturpolitischen Bereich der kleinen Verlage eine gewisse Vielfalt – mühsam, aber doch – aufrechterhalten werden konnte.

Wenn ich etwa das Beispiel des Residenzverlages nehme, so wird gerade das Fallen der Buchpreisbindung auch für diesen Verlag ein weiteres Problem mit sich bringen, wobei einerseits von Kulturpolitikern – ich nehme da niemanden aus – immer wieder mit Stolz auch auf diesen heimischen Verlag verwiesen wird, andererseits aber weitestgehend negiert wird, dass ohne zielgerichtete öffentliche Kulturpolitik auch das vorliegende Gesetz mit seiner zeitlichen Begrenzung ein weiterer Nagel im Sarg des Residenzverlages sein könnte. Und so geht es auch einigen anderen kleinen Verlagen in Österreich. Ich bin gespannt, wie sich das öffentliche Bekenntnis der Regierung zum Kulturauftrag auch im Literaturbereich gerade in diesem Fall auswirken wird.


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Das vorliegende Gesetz ist jedenfalls keine Lösung für dieses Segment der österreichischen Kulturszene, und man hätte erwarten können, dass im Zusammenhang mit der Diskussion und auch Begründung von der Regierung Vorschläge gekommen wären, wie Unternehmen eben vom Status eines Residenzverlages auch in Hinkunft gesichert tätig sein können werden, damit das Buch als Kulturgut nicht gänzlich in Vergessenheit gerät.

Die Liberalisierung des Buchhandels ist, wie erwähnt, europabedingt und auch bedingt durch die neuen Medien und Vertriebswege nicht aufzuhalten. Davor kann man die Augen nicht schließen, das wäre fatal. Gerade deshalb wird es aber notwendig sein, mit Hochdruck an Lösungen zu arbeiten, um das Kulturgut Buch nicht zu Gunsten kommerziell schnell verwertbarer Bestseller zu opfern. Es müssen neue Wege, und zwar sicherlich gemeinsam neue Wege und Mechanismen gefunden werden, um auch kleinen, spezialisierten Kulturverlagen ein Überleben sichern zu können.

Dazu kann ich sagen: Wir stehen für diese Diskussion jedenfalls gerne und jederzeit zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Hensler. )

11.56

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort hat sich Herr Vizepräsident Jürgen Weiss gemeldet. Ich erteile dieses.

11.56

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich zitiere zunächst aus einer Aussendung des Bundespressedienstes vom 24. Mai dieses Jahres: "Mit 1. Juli endet die deutsch-österreichische Buchpreisbindung. Deutschland ersetzt sie durch eine Vereinbarung der Buchhändler mit den Verlegern, in Österreich verlangte die Buchbranche eine gesetzliche Regelung." – Soweit der Bundespressedienst.

Wenn wir uns gelegentlich Gedanken machen, warum wir in Österreich eine Regelungsflut beklagen, dann wissen wir nun einen kleinen Teil der Antwort darauf. Das ist nicht der einzige Sachverhalt, bei dem das Ausland bei einer gleichartigen Materie mit freiwilligen Vereinbarungen zu Rande kommt und wir in Österreich nach einer gesetzlichen Regelung rufen.

Die Diskussion hat schon deutlich gemacht, dass man zur Buchpreisbindung natürlich verschiedene Positionen einnehmen kann. Man kann nicht daran vorübergehen, dass es keinen absolut zwingenden Zusammenhang zwischen Buchpreisbindung und Bestand und Vielfalt des Kulturgutes Buch gibt – es gibt Massenkulturgüter, die sich auch ohne Preisbindung durchsetzen und erhalten müssen –, es ist aber unter den Bedingungen unserer Diskussion ohne Zweifel richtig, dass das Buch im Verhältnis zum Wettbewerb der schwächere Partner ist. Daher spricht viel dafür, für die Schwächeren Partei zu ergreifen – auch als Gesetzgeber.

Natürlich ist es richtig, dass mit der Buchpreisbindung allein – da stimme ich Herrn Kollegen Hoscher absolut zu – das Problem der kleinen Verlage, das Problem der nicht etablierten Autoren nicht gelöst ist. Hier braucht es – sie werden auch angewandt – ergänzende Instrumentarien, und es wäre fatal, sich auf die Preisbindung allein verlassen zu wollen.

Ich begrüße sehr, dass das Preisbindungsgesetz auf fünf Jahre befristet ist. Ich denke, es ist gut, in dieser Zeit Erfahrungen zu sammeln. Die Entwicklung geht europaweit in eine heute noch nicht abschätzbare Richtung. Ich denke auch, dass wir im Auge behalten sollten, was ich in einem Artikel von Peter Glotz aus dem Jahr 1996 in einem anderen Zusammenhang in den letzten Tagen in die Hand bekommen habe. Er hat einmal geschrieben: Die technischen Neuerungen der Informationsgesellschaft jedenfalls werden uns nicht erschlagen. Allerdings verlangen sie den Mut zur riskanten Selbststeuerung. Und der scheint vielen von uns derzeit zu vergehen.

Es wurde in der Diskussion auch schon angeführt, wie umstritten die Einbeziehung des Internethandels in die Buchpreisbindung ist. Es ist auch ein bisschen merkwürdig, im Bericht des Kulturausschusses des Nationalrates zu lesen, warum all das nicht geht, um dann zu erfahren, dass es doch beschlossen wird.


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Gerade das ist ein gutes Beispiel für die Zweckmäßigkeit der Befristung des Gesetzes. Ich bin davon überzeugt, dass die damit zusammenhängenden Probleme vor dem Ablauf von fünf Jahren eine Änderung erforderlich machen werden. Zum einen haben wir durch die jetzt gewählte Konstruktion das Risiko, dass auch inländische Internet-Anbieter in das Ausland ausweichen und die Regelung dadurch unterlaufen würden, und auf der anderen Seite gehe ich davon aus, dass wir europaweit eine entsprechende Regelung für den Internethandel im Allgemeinen brauchen – nicht zuletzt wegen der heute noch vielfach unterschätzten Auswirkungen auf das Mehrwertsteueraufkommen der nationalen Staaten.

Wenn wir schon über das Kulturgut Buch reden, dann möchte ich auch noch über eine andere Form der Kultur etwas sagen, nämlich über die Gesetzgebungskultur. Das vorliegende Gesetz soll am 30. Juni in Kraft treten, weil mit 1. Juli die Buchpreisbindung fällt, obwohl die Frist für die Erhebung eines Einspruches von acht Wochen erst am 3. August auslaufen würde.

Das heißt, man könnte kritisch anmerken, der Bundesrat wird quasi vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist nicht der Regierung vorzuhalten, sondern dem Nationalrat, der wie auch in vielen anderen Fällen auf solch knappe Fristen Wert legt, insbesondere dann, wenn er vorher lange Zeit verstreichen ließ, um zu einer Regelung zu kommen. Es wird nachher mit Sachzwängen argumentiert, warum das jetzt und sofort in Kraft treten müsse. Es gibt solche Fälle, aber beileibe nicht so viele, wie immer wieder angewandt werden.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir heute insgesamt neun Gesetzesbeschlüsse haben, die am 30. Juni beziehungsweise am 1. Juli in Kraft treten sollen. Weitere vier sind rückwirkend zu beschließen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass damit für die Rechtsunterworfenen und auch für die Verwaltung immer wieder gewaltige Probleme entstehen. Beispielsweise beklagen Beamte einer Bezirkshauptmannschaft zu Recht, dass sie ein Gesetz anwenden sollen, dessen Text sie noch gar nicht kennen oder kennen können, weil sie auf Grund der knappen Fristen das Bundesgesetzblatt noch nicht in Händen haben.

Wir haben heute bei der Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung ein Kuriosum mit beschlossen. Wir haben In-Kraft-Tretensbestimmungen, die sich aus der Verfassung ergeben, nämlich mit der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, oder solche, die datumsmäßig genau bezeichnet sind. Hier aber haben wir die Bestimmung: Dieses Bundesgesetz tritt mit 2000 in Kraft. – Gemeint ist wohl, dass man dann in der Staatsdruckerei das Datum einsetzt. Das halte ich für ein Kuriosum und etwas bedenklich. Auch der Herr Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofes hat zu diesen Vorgängen schon kritische Anmerkungen gemacht, die ich völlig unterstütze.

Was zur Rechtsklarheit auch nicht beiträgt, ist, dass wir heute – das ist nicht das erste Mal, aber heute wieder augenfällig – unter zwei verschiedenen Tagesordnungspunkten das Strafgesetzbuch ändern und dass wir das ohnedies mit Änderungen schon stark strapazierte Allgemeine Sozialversicherungsgesetz unter drei verschiedenen Tagesordnungspunkten auch unter einem drei Mal ändern. Das heißt, der Rechtsunterworfene wird im Bundesgesetzblatt erstaunt feststellen, dass an ein und demselben Tag in drei verschiedenen Gesetzen drei verschiedene Änderungen des ASVG kundgemacht werden.

Ich denke, wenn wir über das Kulturgut Buch reden, dann kann es nicht schaden, auch abschließend an die Gesetzgebungskultur erinnert zu haben, und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.04

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Staatssekretär Franz Morak. – Bitte.

12.04

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich beim Bundesrat für die


Bundesrat
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Flexibilität der Behandlung dieses Bundesgesetzes bedanken, und ich möchte Jürgen Weiss für die Anregung und – ich würde es fast so sagen – für die gewissenhafte Auslegung seiner Funktion danken. Ich werde das an den Herrn Bundeskanzler, aber auch an meinen Klub weitergeben und hoffe, in ihm eine große Stütze zu haben.

Trotzdem möchte ich schon sagen, dass dieses Gesetz eine Ausnahme in der gesamten Behandlung der politischen Kultur in diesem Land darstellt – das muss man auch sagen –, denn jeder kennt die divergierende und nicht sehr konforme politische Meinung im österreichischen politischen Alltag. Trotzdem ist es uns gelungen, auf Basis des Kulturgutes Buch bei diesem Initiativantrag aus dem Parlament ein Zusammenwirken der Fraktionen im Kulturausschuss zu erreichen, was sehr selten ist und auch sehr selten geworden ist, obwohl es in vielen Fällen bei der Behandlung von Gesetzesanträgen um Sachthemen und nicht so sehr um politische Einstellungen geht.

Bei der Bearbeitung dieses Themas wurde der Nationalrat in seiner Beschlussfassung besonders von folgenden Eckpfeilern getragen; Jürgen Weiss hat schon kritisch darauf repliziert: Auf Grund der für Österreich im Gegensatz zu Deutschland wesentlichen Problematik der Reimporte und Importe – denken Sie daran, dass wir in diesem Bereich bei über 80 Prozent von Importen sprechen – konnte diese Regelung nicht mittels eines Vertrages, sondern nur auf gesetzlicher Basis gelöst werden.

Zweitens: Das Gesetz sollte so gestaltet werden, dass die Produktion von hochqualitativen Inhalten gewährleistet wird, eine flächendeckende Versorgung mit dem Buch und auch der Bestand von kleinen Verlagen und kleinen Buchhändlern gesichert bleibt. Deswegen gibt es auch die Lösung mit 5 Prozent Rabattierung, die oft kritisiert wurde, auch im Ausschuss.

Drittens: Um der dynamischen, der wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch der Entwicklung auf dem Buchmarkt Rechnung zu tragen, ist der Nationalrat dankenswerterweise auf einen Vorschlag von mir eingegangen, nämlich das Gesetz auf fünf Jahre zu befristen, um eine Übergangsfrist und auch eine Nachdenkpause für den Gesetzgeber zu schaffen dahin gehend, in welche Richtung sich der Handel, der Vertrieb von Büchern, aber auch die Herstellung von Büchern entwickeln werden.

Im Spannungsfeld zwischen dem Kulturgut Buch, der Ermöglichung eines freien Wettbewerbes sowie gleicher Marktchancen scheint mir der vorliegende Initiativantrag zielführend zu sein – im Hinblick auf die Situation, die wir auf dem Buchmarkt vorfinden.

Ferner möchte ich noch ganz kurz auf eine Kritik eingehen, die hier in Bezug auf den Residenz-Verlag geäußert wurde. Selbstverständlich war ich gleich zu Beginn meiner Tätigkeit im Staatssekretariat mit dem Fall Residenz-Verlag beschäftigt und bin sofort nach Salzburg gefahren, um mit Jochen Jung zu sprechen. Und Sie können mir glauben, bei dem Gespräch war nicht die Kritik an der bestehenden Bundesregierung das Thema. Aber man sollte über die Strukturen im Bundesverlag etwas mehr nachdenken, man sollte auch über die Kultur in diesem Land nachdenken, und man sollte über etwas nachdenken, was, wie ich hoffe, bald Geschichte sein wird, nämlich über die Kultur der Sekretäre. Das ist natürlich auch ein Thema beim Bundesverlag und nicht so sehr beim Residenz-Verlag. – In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.09

Vizepräsident Johann Payer: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Karl Boden. – Bitte.

12.09

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Einer Entscheidung der EU-Kommission vom Februar dieses Jahres zufolge stellt die grenzüberschreitende Buchpreisbindung zwischen Deutschland und Österreich eine Verletzung der Wettbewerbsvorschriften nach Artikel 81 des EG-Vertrages dar. Bei einer Neuregelung der Buchpreisbindung auf nationaler Ebene, die von den Verlagen, den Autoren und den Buchhändlern intensiv gefordert wurde, ist daher insbesondere auf entsprechende EU-Konformität zu


Bundesrat
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achten. Eine Besonderheit der österreichischen Situation ist insoferne gegeben, als 80 Prozent der Bücher aus Deutschland importiert werden.

Der oft gezogene Vergleich mit der Situation in Deutschland ist daher nur bedingt möglich. Durch die Buchpreisbindung soll den Verlegern ermöglicht werden, die Gewinne, die sie aus dem Verkauf von Bestsellern erzielen, zur Subvention risikoreicher kultureller Bücher zu verwenden. Einen direkten Zusammenhang zwischen festem Ladenpreis und der so genannten Mischkalkulation gibt es allerdings nicht. Der Verleger hat keine rechtliche Verpflichtung, im Sinne der vorher genannten Argumentation zu handeln. Es obliegt seiner individuellen und unternehmerischen Entscheidung, wertvolle Bücher zu fördern oder aber den Gewinn einzubehalten.

Meine Damen und Herren! Der von der Regierungspartei vorgelegte Vorschlag zur Buchpreisbindung enthält einige Bestimmungen, die aus Gründen der EU-Konformität erforderlich waren und für den Konsumenten sehr erfreulich sind. Beispielsweise ist es nun im Gegensatz zur bisherigen geltenden Regelung möglich, dass ein Importeur, der Waren zu einem vom üblichen Einkaufspreis abweichenden, niedrigeren Einkaufspreis kauft, den vom Verleger für den Verlagsstart festgesetzten oder empfohlenen Preis im Verhältnis zum erzielten Handelsvorteil unterschreitet. Bisher konnten etwaige vom Händler beim Einkauf erzielten Preisvorteile – Kenner der Branche sprechen von Rabatten von bis zu 50 Prozent vom gebundenen Ladenpreis – nicht an den Konsumenten weitergegeben werden.

Der von der SPÖ eingebrachte Abänderungsantrag im Hinblick auf eine generelle Ausnahmeregelung von der Buchpreisbindung für öffentliche Bibliotheken, wissenschaftliche Bibliotheken und Schulbibliotheken sowie im Hinblick auf den Entfall der vorgesehenen Verpflichtung zur Lagerhaltung von mehr als sechs Monaten als Bedingung für den preisreduzierten Verkauf von Bestsellern und so genannten Long Sellern, um eine Benachteiligung kleiner Buchhandlungen zu vermeiden, wurde von den Regierungsparteien leider nicht angenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, das wirkliche Problem für eine wirksame Buchpreisbindung stellt der grenzüberschreitende Internethandel dar. Dieser ist wegen der EU-Wettbewerbsvorschriften nicht regulierbar. Eine Preisbindung des nationalen Internethandels ist gleichheitswidrig – weil inländerdiskriminierend und ausländische Internethändler begünstigend – und daher verfassungswidrig.

Es soll auch der nationale Internet-Buchhandel von der Preisbindung erfasst werden. Dies führt zu einer Schlechterstellung der Wettbewerbsposition der österreichischen Internethändler, da diese nun – anders als ihre ausländischen Mitbewerber – der Preisbindung unterliegen.

Für finanzstarke Internethändler wird die neue Regelung unter dem Schutz des EU-Rechts leicht zu umgehen sein, womit sich der faktische Wirkungsbereich auf jene finanzschwachen österreichischen Internet-Anbieter reduziert, die nicht in der Lage sind, über den Umweg ins EU-Ausland den Buchhandel zu betreiben. Letztlich trifft also die Regelung, die vorgeblich zum Schutz der kleinen Buchhändler getroffen wurde, genau diese.

Zugegebenermaßen betrifft der Internet-Buchhandel erst 1 bis 2 Prozent des gesamten Buchmarktes. Dies könnte sich aber möglicherweise bald ändern. So ist nach den Beschlüssen des vorigen EU-Gipfels das Internet eine Zukunftsbranche, die europaweit gefördert werden soll.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem Antrag, gegen diesen Beschluss des Nationalrates keinen Einwand zu erheben, zustimmen, da sich der Gesetzesvorschlag in weiten Teilen mit dem von der vorigen Regierung erarbeiteten Entwurf deckt und mit den Forderungen österreichischer Buchhandlungen und österreichischer Autorinnen und Autoren übereinstimmt.

An diesem Gesetzentwurf maßgeblich beteiligt war der frühere Staatssekretär Peter Wittmann, dem ich hiemit für seine Arbeit meine Anerkennung ausdrücken möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

12.15

Vizepräsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.


Bundesrat
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Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind (22 und 168/NR sowie 6132/BR der Beilagen)

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Johanna Schicker übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates soll – in Abstimmung mit der Novellierung des Tierversuchsgesetzes – das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind, sicherstellen.

Ferner wird mit diesem Gesetzesbeschluss die Richtlinie "zur Ausgleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel" umgesetzt.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. Ich erteile ihm dieses.

12.16

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Berichterstatterin hat den Inhalt des Gesetzes bereits dargestellt. Wir wissen genau, dass die Versuche, die mit bestimmten Tieren und Präparaten gemacht wurden, keinen Beweis für die Sicherheit des Präparates lieferten. Es gibt vielmehr nur Vermutungen und Hypothesen. Ab 30. Juni 2000 gibt es jedenfalls keine Kosmetika mehr, die mit Tierversuchen hergestellt wurden.

Ich darf doch etwas weiter ausholen, wie es heute schon bei manchen Gesetzesmaterien geschehen ist. Ich denke, gerade in dieser Kaiserwetter-Zeit, in dieser Urlaubszeit, in dieser Sommerzeit ist es interessant, den Bereich der Tierversuche und des Tierschutzes etwas näher zu beleuchten. Vielfach wird darauf vergessen, dass in dieser Zeit des Badewetters, in der die meisten Leute über diese herrlichen Temperaturen am Strand stöhnen, Tausende Bauern täglich morgens und abends mit der Betreuung der Tiere beschäftigt sind und diese Arbeit trotz größter Hitze, trotz größter Belastung, trotz schlechten Stallklimas – weil das bei diesen Tem


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peraturen nicht besser hinzubringen ist – und mit der größten Hingabe und Selbstverständlichkeit verrichten.

Ich erwarte mir für diese Arbeit auch einmal den Dank der vielen Tierschützer, der selbst ernannten Tierschützer, die sich immer wieder ins Rampenlicht, ins Blickfeld der Medien stellen! Ich erwarte mir auch einmal Anerkennung! Man sollte nicht immer mit Blindheit geschlagen sein und nur einseitig verdammen und verurteilen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser Gelegenheit möchte ich etwas erwähnen, was mich heute noch ärgert, was ich im eigenen Bezirk anlässlich des Agrarministertreffens im Gerichtsbezirk Mondsee erleben musste. Dort gibt es den Betrieb Leireuther, einer der vorbildlichsten Betriebe, das weiß jeder, der den Gerichtsbezirk Mondsee kennt. Wir haben gerade letztes Wochenende den Tag des Bauernhofes gefeiert. Dieses Gebiet ist einer der ökologischsten und der bäuerlichsten Regionen, die es überhaupt gibt! Dort sind anlässlich des EU-Agrarministertreffens die bezahlten, die so genannten Tierschützer, nämlich die Gruppe des Herrn Plank – wenn er von seinem Brotberuf Tierarzt leben müsste, dann wäre er schon vor zehn Jahren verhungert –, gestanden und haben gegen die Massentierhaltung in Österreich demonstriert. – Ich bin froh, dass damals keine oder wenige praktizierende Bauern anwesend waren, weil ich davon überzeugt bin, es wäre zu Eskalationen gekommen.

So verrückt und derart mit Blindheit geschlagen muss man einmal sein, dass man sich das traut und nicht tatsächlich aufzeigt, wo tatsächlich etwas Schlimmes passiert! Wir alle wissen doch, was bei Tierversuchen für die Kosmetik passiert ist: Tiere wurden bei lebendigem Körper angenagelt, ohne Narkose wurden Teile weggeschnitten, und man hat die Tiere gequält.

Ich darf auch noch einen weiteren Punkt erwähnen, der mich besonders stört. Leider wohnt in meinem Bezirk der Präsident der Österreichischen Tierschutzvereinigung, Präsident Lander, der sich bemüßigt fühlt, in Tierschutz-Projektwochen in den Volksschulen zu unterrichten. Wenn man das Unterrichtsmaterial sieht, das er verwendet, dann muss man sagen, das ist ein Zerrbild, das dargestellt wird. Wir werden daher in Zukunft genau darauf schauen, welche Mittel fließen, wenn solche Maßnahmen an öffentlichen Schulen getätigt werden.

Erlauben Sie mir, auch zu einem letzten Bereich etwas weiter auszuholen. Ich denke, es passt ganz gut zu diesem Zerrbild der heutigen Gesellschaft, das wir in vielen wichtigen Positionen und Meinungen vertreten, zum Beispiel beim Verkehr. Wir diskutieren zwar über die zunehmende Belastung, die Verkehrsbelastung, über den vierspurigen Ausbau der Autobahnen, aber wir diskutieren nie darüber, wie viel an Verkehr überhaupt notwendig ist, wie viele Produkte sinnlos kreuz und quer durch Europa gefahren werden.

Ganz aktuell: Vor dem Parlamentseingang steht eine Gruppe von Greenpeace-Aktivisten. Diese demonstrieren oder werben für ein atomfreies Österreich. Wahrscheinlich ist das dieselbe Gruppe von Greenpeace-Aktivisten, die in Lambach gestanden ist und dort gegen das Wasserkraftwerk in Lambach demonstriert hat. – Solch eine Dummheit muss man sich einmal vorstellen! Es muss einem doch bewusst sein, wenn ich für billige Strompreise demonstriere, dass ich Ersatzstrom, Atomstrom aus dem Ausland bekomme! Es muss mir bewusst sein, wenn ich für "grünen" Strom, für das ElWOG, demonstriere, dass die Wasserkraft, die wir in Oberösterreich, in Österreich zur Verfügung haben, genützt gehört. Das ist zweischneidig! (Beifall bei der ÖVP.)

Der letzte Punkt ist mir sehr wesentlich, und das wollte ich als Abschluss bringen. Auch bei diesem Gesetz sieht man das Zerrbild der heutigen Gesellschaft. Wir diskutieren über das Verbot von Tierversuchen bei Kosmetika, aber wir wissen, dass nach wie vor bei Gesichtscremen, bei Gesichtsmasken Föten, Zellen von Föten aus den Abtreibungskliniken verarbeitet werden. Freunde! Das ist die Wahrheit! Ich denke, wir sollten auch bei solchen Themen der Wahrheit auf den Grund gehen. Ich verweise dazu auf die Sendung "Journal Panorama" aus dem Vorjahr. Eine halbe Stunde lang wurde darüber berichtet, dass französische Sattelschlepper mit Föten an der Grenze beschlagnahmt wurden, weil sie zu kosmetischen Firmen unterwegs waren, um die Zellen dort hinzuliefern. Das ist die Wahrheit, darüber sollten wir uns unter


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halten, und wir dürfen nicht die Meinung darüber so verzerren, dass uns Tiere wichtiger sind als Menschen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.22

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Franz Koller. Ich erteile ihm dieses.

12.22

Bundesrat Franz Koller (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Die Kosmetikhersteller bedienen sich der Tierversuche – unter Anführungszeichen – "zur Sicherheit der Kunden", was zur Folge hat, dass Tiere millionenfach gequält und getötet werden, worüber sich viele vor dem Spiegel kaum Gedanken machen.

Der Standard-Test zur Garantierung einer angeblich unbedenklichen Anwendung von Körperpflegemitteln und dekorativer Kosmetika ist der so genannte Draize-Test. Er wurde 1944 vom englischen Toxikologen John Draize eingeführt, und die Kosmetikindustrie bedient sich dieses Tests seit nunmehr 56 Jahren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie funktioniert dieser Test? – Es werden Albinokaninchen verwendet. Diese Tiere werden in körperengen Behältern völlig bewegungslos, bewegungsunfähig gehalten und fixiert. Mit Klammern werden ihnen die Augen offen gehalten, und ohne jegliche Betäubung wird die zu testende Substanz in die Augen eingeträufelt. Da die Kaninchen im Gegensatz zu den Menschen ganz wenig Tränenflüssigkeit haben, kann diese Substanz nicht abfließen und verbleibt, ohne dass sich das Tier in irgendeiner Weise bewegen kann. Diese Tests müssen die Tiere 24 bis maximal 72 Stunden lang ertragen.

Die Bewertung des Verätzungsgrades geschieht visuell, durch Betrachtung, also rein subjektiv. Das heißt, die Beurteilung erfolgt durch verschiedene Personen, was demnach auch zum Teil zu abweichenden Resultaten führt. In vielen Fällen führen diese Tests zur Erblindung der Tiere. Was diese hilflosen Tiere an Qualen erleiden, kann man ermessen, wenn einem nur selbst ein bisschen Seife oder auch nur ein Tropfen eines Spülmittels ins Auge gerät. Das hat sofort zur Folge, dass man sich das Auge reibt oder sich sofort das Auge ausspült.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Draize-Test ist wenig aussagekräftig und daher gefährlich. Das bewies auch eine Universität in den USA. Sie gab den Auftrag, dass 24 verschiedene Labors diese Substanzen überprüfen sollten. Die Aussagen über die Ergebnisse reichten von "keinerlei Reizwirkung" über "schwerwiegende Wirkung" bis hin zu "schwerstwiegenden Wirkungen".

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Engländer John Draize hat diesen Test eingeführt. Ausgerechnet England verbietet als erstes Land Tierversuche in der Kosmetikindustrie. Da aber die meisten Hersteller von Kosmetika darauf bedacht sind, ihren Produkten einen besonderen Stempel aufzudrücken, ist es für sie völlig problemlos, eine entsprechende Zusatzsubstanz beizumengen. Aber nur für einen einzigen zu prüfenden Inhaltsstoff werden nach wie vor bis zu 900 Tiere missbraucht. Und das soll mit diesem Gesetz abgeschafft werden.

Sieben Kosmetikfirmen, sieben Weltkonzerne führen keine Tierversuche mehr durch und bedienen sich anderer Methoden. Manche Hersteller aber verwenden Aufdrucke wie "Wir testen unsere Produkte nicht im Tierversuch", aber das hat einen Pferdefuß: Sie geben die Testung bei anderen Firmen in Auftrag!

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen begrüßen das Bundesgesetz über das Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind. Der in Brüssel ursprünglich auf den 1. Jänner 1998 festgelegte Termin des Verbots von Tierversuchen in Kosmetika wurde auf den 30. Juni 2000 verschoben, weil angeblich noch nicht genügend brauchbare Systeme zur Verfügung standen.


Bundesrat
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Ausgerechnet an der anerkannt unbrauchbaren Methode des Tierversuchs sollen brauchbare Systeme bezüglich ihrer Gültigkeit gemessen werden. Auf das Tierleid wurde bisher wenig Rücksicht genommen. Die Tiere leiden alle gleich. Sicher ist jedoch, dass verschiedenste Labortiere bereits voroperiert oder als Qualzüchtungen von so genannten Tierfarmen wie preiswerte Elektrogeräte angeboten werden. Dieses Gesetz ist ein kleines Mosaiksteinchen. Großer Handlungsbedarf besteht noch, viel Arbeit ist noch nötig. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.28

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile ihr dieses.

12.28

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Werter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Nachdem das Verbot von Tierversuchen für Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen kosmetischer Mittel in Österreich bereits in Kraft ist, muss nun natürlich auch das Verbot des Inverkehrbringens solcher kosmetischer Mittel umgesetzt werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns schon immer für den Tierschutz eingesetzt und stark gemacht, daher werden wir diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung erteilen. Wir hoffen aber auch, dass der nächste Schritt ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz sein wird. (Bundesrat Bieringer: Hoffen können Sie!) – Ich höre schon die Zwischenrufe.

Das wäre eigentlich die Konsequenz aus dem, was meine Vorredner von den Regierungsparteien in ihren Debattenbeiträgen vorhin gemeint haben. Sie haben sich heute deutlich zum Tierschutz bekannt, und ich denke, die logische Schlussfolgerung daraus wäre, dass wir ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz bekommen. Ich hoffe, dass sich diejenigen, die heute in ihren Reden stark gemacht haben, dann auch bei den Interessenvertretern stark machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe sehr, dass Sie heute nicht nur deshalb zugestimmt haben, weil es eine EU-weite Richtlinie notwendig macht, dass wir dieses Gesetz heute beschließen, sondern dass Sie das, was Sie heute gesagt haben, tatsächlich aus ehrlicher Überzeugung gemeint haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Meine Damen und Herren! Wir werden Sie daran messen!

Die Kosmetikindustrie ist nun gezwungen, wie auch schon erwähnt wurde, Substitutionsmethoden und Alternativen zu finden, sich ihrer zu bedienen und ohne Tierversuche zu forschen. Dazu wird ein großes Nachdenken darüber nötig sein, was ethisch möglich ist. Ich denke dabei zum Beispiel an die Organisation "Ärzte gegen Tierversuche" in Deutschland. Diese Ärzte betonen, dass eine Alternativmethode sein könnte, Material aus Operationszellen, aus Fehlgeburten oder Plazenten zu verwenden. Auch die Verwendung von Gewebskulturen aus Hautgewebe und vieles mehr wäre möglich.

Die Forschung ist nun gefordert. Ich hoffe sehr, dass dieses Umdenken schlussendlich auch zu einem Beschluss für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz führen wird – ich wiederhole das, weil mir das äußerst wichtig erscheint –, und zwar im Sinne ethischer Grundsätze und der Achtung vor menschlichem und tierischem Leben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Grander. )

12.30

Vizepräsident Johann Payer : Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.


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Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 – SVÄG 2000) (123/A, 131/A und 187/NR sowie 6112 und 6133/BR der Beilagen)

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zum 15. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000).

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth übernommen. Ich bitte um den Bericht, Frau Bundesrätin.

Berichterstatterin Monika Mühlwerth: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Beschluss des Nationalrates sieht unter anderem Folgendes vor:

Auf Grund eines am 23. Mai 2000 verkündeten Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wird die österreichische Rechtslage, nach der das Anfallsalter für die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (wegen Erwerbsunfähigkeit) für Frauen 55, für Männer 57 Jahre beträgt, als dem EG-Recht widersprechend angesehen, da dieser geschlechtsspezifische Unterschied der Richtlinie des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit widerspricht. Nach der vorhergehenden Judikatur des EuGH zu dieser Richtlinie hat dieses Urteil zur Folge, dass das benachteiligte Geschlecht so lange Anspruch auf dieselben Vergünstigungen hat, als der nationale Gesetzgeber die EG-Widrigkeit nicht behoben hat. Daher haben de facto auf Grund dieses Urteils auch Männer einen Anspruch auf diese vorzeitige Alterspension bereits nach Vollendung des 55. Lebensjahres.

Mit Rücksicht darauf, dass im Entwurf eines SRÄG 2000 ohnehin die Aufhebung des § 253d ASVG samt Parallelbestimmungen mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 2000 vorgesehen ist, erweist es sich als notwendig, im Interesse der Rechtssicherheit sofort wirksame gesetzliche Maßnahmen zu setzen.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Karl Drochter. Ich erteile ihm dieses.

12.34

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht zweifelsohne fest, dass die FPÖ-ÖVP-Regierung nach Zustellung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes am 23. Mai reagieren musste. Ich gestehe auch zu,


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dass sie unter einem gewissen Zeitdruck gestanden ist. Aber ich glaube, dass das noch lange kein Grund ist, so zu reagieren, wie sie reagiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Abschaffung der Pension wegen Erwerbsunfähigkeit – rascheste Abschaffung trotz verfassungsrechtlicher Bedenken! – erfolgt auf dem Rücken kranker Menschen. Das gilt auch für die ganze, noch immer nicht entschiedene Pensionsreform dieser FPÖ-ÖVP-Regierung. Dazu kommen noch leichte Anzeichen, dass sie sich an der Begutachtung vorbeischwindeln will. (Bundesrat Bieringer: Die FPÖ-ÖVP-Regierung ist aber schon die österreichische Regierung!?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Auswirkungen dieser Regierungsmaßnahmen: Die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit war vor allem für gesundheitlich beeinträchtigte Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter, auch für kleine Angestellte, sehr wichtig, da für diese Berufsgruppen der Zugang zur normalen Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension extrem schwierig ist.

Vor der Abschaffung dieser Pension sind rund 14 000 Personen österreichweit davon betroffen gewesen. Mehr als 55 Prozent davon entfielen auf die Gruppe der Arbeiter, 20 Prozent auf die Gruppe der Angestellten und 17 Prozent auf die Beschäftigtengruppe der Bauern. Ich muss wohl nicht dazusagen, dass zu 80 Prozent männliche Beschäftigte die Pension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit in Anspruch genommen haben. Die Regierung selbst gibt an, dass etwa die Hälfte dieser 14 000 betroffenen Kolleginnen und Kollegen in die normale Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension beziehungsweise in die neue Form des Tätigkeitsschutzes für jene, die über 57 Jahre alt sind, ausweichen könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbst wenn man diese optimistische Einschätzung teilt, heißt das für uns, dass zumindest 7 000 gesundheitlich beeinträchtigte Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer – Frauen über 55 Jahre und Männer über 57 Jahre – in Zukunft der Zugang zur Pension verwehrt wird. Für den Großteil der vor allem davon betroffenen männlichen Hilfsarbeiter bedeutet das, dass sie von 57 bis 61,5 Jahren auf ihre Pension warten müssen, im Regelfall ohne Arbeitsmöglichkeit – das bedeutet Arbeitslosigkeit, das bedeutet Notstand!

Ich darf Ihnen ein konkretes Beispiel bringen: Ein Bauhilfsarbeiter, 56 Jahre alt, zuckerkrank, erhöhter Blutdruck, erreicht mit 57 Jahren 42 Versicherungsjahre. Die Bemessungsgrundlage seiner Pension läge bei 20 000 S. Bisher ist es diesem Bauhilfsarbeiter auf Grund des Einsatzes der Belegschaftsvertretung gelungen, seinen Arbeitgeber davon zu überzeugen, dass es bis zum 57. Lebensjahr mit Sicherheit eine Beschäftigung in diesem Unternehmen für ihn gibt. Nach geltendem Recht könnte dann dieser Arbeitnehmer mit 57 Jahren eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit beziehen.

Die Regierung hat diesem 56-jährigen Bauhilfsarbeiter diese Möglichkeit nun verwehrt. Er verliert dann seinen Arbeitsplatz, hat aber auf Grund seines Alters und seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung keine Chance mehr, auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Wie ich schon vorhin gesagt habe, ist er dann im Alter zwischen 57 und 61,5 Jahren auf Arbeitslosengeld und in der Folge auf Notstandshilfe angewiesen.

Ich darf mit diesem Beispielfall fortsetzen: Wie die von der Regierung selbst genannten Zahlen zeigen, ist die neu geschaffene Sonderregelung für jene, die über 57 Jahre alt sind, keine geeignete Ersatzlösung für die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit – dies deshalb, weil die Anspruchskriterien wesentlich strenger als bisher gefasst sind: etwa jenes betreffend zehn Jahre gleiche Tätigkeit innerhalb der letzten 15 Jahre, kein Anspruch bei Vereinbarkeit in andere zumutbare Tätigkeiten, unabhängig davon, ob eine konkrete Arbeitsmöglichkeit besteht oder nicht; für Frauen liegt das Zugangsalter nun um zwei Jahre höher als bei der weggefallenen Form der vorzeitigen Pension.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist damit zu rechnen, dass allein durch die erhebliche Erschwerung des Pensionszuganges für gesundheitlich beeinträchtigte ältere Kollegin


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nen und Kollegen im Anfangsstadium 5 000 und in der Endphase mehr als 9 000 Kolleginnen und Kollegen pro Jahr in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden.

Das Vorhaben der Regierung, die zwischen 23. Mai und 1. Juni dieses Jahres gestellten Anträge von 55- bis 57-jährigen Männern auf Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit generell nicht zu erledigen, steht – das sei hier deutlich gesagt – im Widerspruch zum EU-Recht. Als Interessenvertreter kann ich den davon betroffenen Kollegen nur empfehlen, sich gegen diese Vorgangsweise zu wehren, denn es wäre rechtswidrig, müssten die Pensionsversicherungen Anträge auf Frühpension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit im Auftrag dieser FPÖ-ÖVP-Bundesregierung liegen lassen.

Gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitnehmern, die ihr Leben lang gearbeitet haben, darf nicht verweigert werden, dass sie das für sie geltende Recht in Anspruch nehmen! Auch für diese Menschen müssen rechtsstaatliche Regelungen gelten. Auf Anträge muss es einen Bescheid geben, es muss ein Bescheid ausgestellt werden. Dieses Recht darf auch diese Regierung nicht verweigern!

Nun vielleicht noch einige Anmerkungen zu dem auch zur Diskussion stehenden Sozialversicherungs-Änderungsgesetz: Darin geht es dieser Bundesregierung nicht um die Demokratisierung der Einrichtungen, der Gremien der Sozialversicherungsträger. Sie wollen, besser gesagt: wollten, die Sozialdemokraten aus diesen Gremien entfernen. Die Österreichische Volkspartei und die Freiheitliche Partei wollten sich über Gebühr hineinreklamieren. Aber die Arbeiterkammerwahlen haben ein sehr deutliches Ergebnis erbracht, und so wurde das eine oder andere Ansinnen der Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei zunichte.

Es gibt in diesem Saal den einen oder anderen Kollegen, der sich bei der Arbeiterkammerwahl in Wien zur Wahl gestellt und eine fürchterliche Niederlage erlitten hat. Damit meine ich nicht die Österreichische Volkspartei, aber der Betroffene weiß das ohnehin. Ich gehöre nicht zu jenen, die Personen, die so schwer vom Schicksal getroffen sind, auch noch öffentlich plakatieren. (Heiterkeit.) Das ist nicht mein Stil, auch im Umgang mit politischen Gegnern, das sei hier angemerkt. (Bundesrat Dr. Böhm: Er wird es überleben! – Bundesrat Dr. d′Aron: Ja, ich glaube auch!) Der alleinige Grund dafür, warum diese Gremien von der Aufsichtsbehörde abgesetzt und neu bestellt werden sollten, obwohl sie erst zu Beginn des Jahres neu bestellt wurden und bereits ein halbes Jahr im Amt sind, ist leicht zu eruieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie gehen aber nicht mit allen Selbstverwaltungskörpern gleich um, denn Sie haben ohne Erklärung – oder haben Sie es vergessen? – die Beamtenversicherung ausgenommen. Es steht daher für uns Sozialdemokraten eindeutig fest, dass Sie bei den von Ihnen veranlassten Veränderungen in den Sozialversicherungsgremien keine Gleichbehandlung anstreben. Ich darf Ihnen hier klar und unmissverständlich sagen, dass Ihr Verhalten, meine sehr geehrten Damen und Herren der Freiheitlichen Partei und der Österreichischen Volkspartei, demokratiepolitisch und auch verfassungsrechtlich sehr bedenklich ist! (Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Ich weiß, dass es Ihnen nicht recht ist, wenn das den Kolleginnen und Kollegen mitgeteilt und auch in der Öffentlichkeit kundgetan wird. (Bundesrat Dr. Aspöck: Wenn es so wäre, wäre es nur ein Ausgleich für Ihre ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf daher seitens der sozialdemokratischen Fraktion folgenden Antrag einbringen:

Antrag

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Karl Drochter und GenossInnen

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000 Einspruch zu erheben.

*****


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Ich brauche den Antrag nicht zur Gänze zu verlesen, er liegt schriftlich vor. Ich darf klar und deutlich sagen – das war, so glaube ich, auch meinen Ausführungen zu entnehmen –, dass die sozialdemokratischen Bundesrätinnen und Bundesräte diesem Gesetzesvorhaben nicht die Zustimmung geben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Vizepräsident Johann Payer: Der von den Bundesräten Professor Albrecht Konecny und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Anna Höllerer. Ich erteile ihr dieses. (Demonstrativer Beifall des Bundesrates Mag. Gudenus für die zum Rednerpult tretende Bundesrätin Höllerer. – Heiterkeit.)

12.47

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der zuletzt angesprochenen Neuregelung der Beschickung der Gremien der Sozialversicherungsträger liegt sehr wohl eine sehr demokratische Entscheidung zu Grunde, schließlich und endlich haben Wahlen darüber entschieden, und nach dem Hondtschen System werden dann auch diese Gremien beschickt. (Bundesrat Prähauser: D’hondtsches System!)

Die Finanzierungsprobleme des österreichischen Altersversicherungssystems sind also seit langem bekannt, sie wurden auch intensiv diskutiert und in verschiedenen Studien behandelt – ich verweise auf die Studie des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen aus dem Jahr 1991, ebenso auf das Gutachten von Professor Rürup, das im Jahre 1997 abgehandelt wurde, und zwar jeweils zu den Perspektiven der Pensionsversicherung in Österreich.

Darin ist als Hauptproblem ganz richtig das viel zu niedrig gehaltene Pensionsantrittsalter in Österreich und die zu erwartenden Veränderungen der Bevölkerungsstruktur – hervorgerufen durch die hohe Lebenserwartung und durch den Geburtenrückgang, der uns im Pensionsversicherungssystem enorm zu schaffen macht – erkannt worden.

Wie wird unser Pensionsversicherungssystem finanziert? – Selbstverständlich über Beiträge und über staatliche Zuschüsse. Nun wissen wir aber, dass die Beitragssätze in Österreich innerhalb Europas fast an der Spitze liegen. Eine weitere Anhebung, nur um die Pensionen abzusichern, ist wirklich nicht mehr möglich. Die Ausgaben auch weiterhin durch Zuschüsse abzudecken, würde bedeuten, dass dann – das muss ich Ihnen schon sagen – nur die junge, die jetzt aktive Generation zum Zahlen herangezogen wird, denn Staatszuschüsse werden letztendlich von Steuer- und Abgabenpflichtigen geleistet. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Jede diesbezügliche Maßnahme würde zulasten der aktiven Generation, zulasten der jungen Menschen gehen, und diese brauchen sehr wohl auch in Zukunft Vertrauen in das System. Wenn aber Sie, meine Damen und Herren von der sozialistischen Partei, behaupten, dass es um den Vertrauensschutz geht, dann muss ich Ihnen schon sagen, dass Sie, wenn Sie die Pensionsreform auf diese Weise blockieren, unserer jungen Generation genau das Gegenteil vermitteln.

Was ist eigentlich das Beste von uns, das Beste in dieser Gesellschaft, die wir alle darstellen? – Das sind unsere jungen Menschen, das ist die Jugend! Und für unsere Jugend ist es sehr wohl an der Zeit, maßgeblich Schritte zu setzen, die auch für sie in Zukunft eine Pensionsabsicherung bedeuten.

Es muss einen fairen Ausgleich zwischen Jung und Alt geben. Selbstverständlich sind wir eine Solidargemeinschaft zwischen den Pensionisten und der aktiven Generation. Eine Reform dieses Systems ist aber dringend erforderlich! Es ist bedauerlich, dass es trotz aller Pensions


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reformen, die schon stattgefunden haben, bis jetzt nicht gelungen ist, dermaßen wirksame Schritte zu setzen, dass über einen längeren Zeitraum Sicherheit geboten werden kann.

Die Pensionsreform ist also eine unendliche Geschichte. Es bedeutet, dass man eine kontinuierliche Systempflege benötigt, um ein gut fundiertes Pensionssystem aufrechtzuerhalten. Das bedeutet, dass natürlich immer wieder auf Veränderungen eingegangen werden muss. Aber jetzt muss es einmal geschafft werden, in diesem Bereich Sicherheit für längere Zeit zu bieten. Die österreichische Bevölkerung ist sich dessen bewusst, dass etwas passieren muss, damit sie eben weiterhin Vertrauen in die Zukunft dieses Systems setzen kann.

Wir alle kennen das Paradoxon, dass die Lebenserwartung steigt, aber die Menschen immer früher in Pension gehen wollen und diese auch beanspruchen. Wir wissen, dass das tatsächliche Regelpensionsalter nur zu einem sehr geringen Prozentsatz in Anspruch genommen wird, alle anderen gehen früher in Pension.

Noch etwas muss angeführt werden: Es kann auch nicht angehen, dass es auch noch zwischen den Berufsgruppen Unterschiede beim Pensionsantrittsalter gibt. Zum Beispiel ist es nicht einzusehen, dass ÖBB-Bedienstete achteinhalb Jahre früher in Pension gehen können. Es muss zwar selbstverständlich sein, dass schwer arbeitende Menschen eine Chance haben, dann, wenn sie nicht mehr arbeiten können, in Pension gehen zu können, aber das kann nicht eine Sonderpensionsregelung für eine bestimmte Berufsgruppe bedeuten.

Die Österreicherinnen und Österreicher sind sich dieses Finanzierungsproblems bewusst, sie wissen auch um die Notwendigkeit der Konsolidierung des Bundesbudgets. (Bundesrat Kraml: Aber es geht um Pensionen, oder?) Wann wäre es denn an der Zeit, Maßnahmen zu setzen, wenn nicht während einer guten Wirtschaftskonjunktur und dann, wenn es auch auf dem Arbeitsmarkt die Möglichkeit gibt, schlagende Maßnahmen durchzuführen – auch gegen den Widerstand all jener, die sich davon besonders betroffen fühlen, die gerne eine vorzeitige Alterspension in Anspruch nehmen würden, und auch dann, wenn es für diese Berufsgruppe bedeutet, dass sie eine bittere Pille schlucken muss.

Mit der Feststellung des Europäischen Gerichtshofes vom 23. Mai wurde ein geschlechtsspezifisches Ungleichgewicht aufgezeigt, das auch akzeptiert war. Das wurde mit dem Strukturänderungsgesetz 1996 so gehandhabt. Es ist uns völlig bewusst, dass nun die alle betroffenen Männer anstreben, mit 55 Jahren in Pension gehen zu können. Wenn wir nicht rigorose Maßnahmen dagegen setzen und es tatsächlich so weit kommt, würde das eine enorme Belastung des Bundesbudgets bedeuten. Darum muss man jetzt Schritte dagegen setzen. Es war ohnehin geplant, diese vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit im Rahmen der großen Pensionsreform abzusetzen.

Die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt erlauben es also, jetzt in diesem Bereich tätig zu werden. Ich bringen Ihnen folgende Zahlen des niederösterreichischen Arbeitsmarktes zur Kenntnis: Ende Mai gab es in Niederösterreich um 10,4 Prozent weniger Arbeitslose als im Vergleichszeitraum des letzten Jahres. Ich kann nur sagen, das ist ein großartiger Erfolg, ich freue mich sehr darüber. Es bedeutet auch, dass die Arbeitslosenrate um 4,8 Prozent gesunken ist und jetzt auf dem Niveau von vor zehn Jahren ist. So ist es in Niederösterreich, aber ich weiß, dass es in ganz Österreich ähnlich aussieht.

Besonders freut es mich, dass dieser positive Trend auf dem Arbeitsmarkt vor allem auch den Problemgruppen zugute kommt, denn auch die Frauenarbeitslosigkeit ist um 11,8 Prozent (Bundesrätin Mag. Trunk: Wegen der Frauenförderungsmaßnahmen der Ministerin Hostasch!), die Arbeitslosigkeit der über 50 Jahre alten Personen ist um 12,7 Prozent gesunken.

Es ist natürlich auch notwendig, die flankierenden Maßnahmen für eine gute soziale Abfederung geltend zu machen. Selbstverständlich werden solche Maßnahmen in einem ersten Schritt bereits mit 1. Juli gesetzt. Es muss möglich sein, dass eine grundlegende Neuordnung des Schutzes vor sozialen Risken wie Invalidität und Arbeitslosigkeit in Zukunft gegeben ist.


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Wir brauchen ein System, das allen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, einen Gang in die Pension ermöglicht. Wir brauchen selbstverständlich eine Erleichterung beim Zugang zur Invaliditätspension. Wir plädieren auch für einen besseren Berufsschutz vor allem für ungelernte Arbeiter, für Hilfskräfte, für Bauern und für Gewerbetreibende, die ab einem gewissen Zeitpunkt ihren eigenen Beruf nicht mehr ausüben können, denn auch diesbezüglich muss etwas geschehen. Darum bitte ich Sie: Stimmen Sie zu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.56

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Nittmann. Ich erteile ihm dieses.

12.56

Bundesrat Dr. Klaus Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Max Frisch wird folgender Satz zugeschrieben: Die Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. – Betrachtet man den Crashkurs, auf dem sich unser Pensionssystem bisher befunden hat, so dürfte das schwer fallen. Der Beigeschmack der Katastrophe stellt sich unweigerlich ein. Dasselbe gilt für das Budget und für den Zustand der Krankenkassen.

Erstaunlich dabei ist vor allem, dass sich die Katastrophe seit 15 Jahren ankündigt, aber erst jetzt Schritte unternommen werden, um sie abzuwenden. Da bedurfte es wohl eines Regierungswechsels.

Schon im Juni 1985 setzte der damalige Sozialminister eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit der langfristigen Finanzierung der Pensionsversicherung befassen sollte. Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe, die im Wesentlichen auf eine Durchforstung der Pensionsansprüche hinausliefen, führten zur Pensionsreform 1988. Dieser Reform war kein Erfolg beschieden, denn erstens erwiesen sich die Maßnahmen aus heutiger Sicht als unzureichend, zweitens warf der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber vor, dass die vorgesehenen Ruhensbestimmungen vor allem die Bezieher kleiner Pensionen belastet hätten. Da ist es doch eine Ironie, dass ausgerechnet die SPÖ der Regierung unterstellt, sie wolle von unten nach oben verteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht nur dass die Sozialdemokraten für den Katzenjammer im Pensionssystem verantwortlich sind, hat der Verfassungsgerichtshof der damals regierenden SPÖ auch eine Diskriminierung der kleinen Pensionisten bescheinigt. – Meine Damen und Herren! Von unserer Regierung wird der Verfassungsgerichtshof das nicht sagen können!

Erwähnenswert ist aber auch, dass die SPÖ im Jahre 1991 die beitragsfreie Anrechnung von Schul- und Studienzeiten beseitigte. Diese Maßnahme traf vor allem jene Schüler und Studenten, die sich in der Folge den Nachkauf dieser Ausbildungszeiten nicht leisten konnten und dadurch bis zu 12 Prozent ihrer Alterspension verlieren werden. Das sind Grauslichkeiten! So geht es weiter.

Im Jahre 1991 erstellte der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen eine Studie über die soziale Sicherung im Alter. Sechs Jahre später erstattete Herr Professor Rürup im Auftrag der damaligen Bundesregierung ein Gutachten über die Perspektiven der Pensionsversicherung in Österreich. Als Folge dieser Arbeiten kam es zu den Pensionsreformen 1993 und 1997. Auch diese Reformen griffen jedoch zu kurz, um die langfristigen Finanzierungsprobleme zu lösen. Rürup selbst beklagte mehrfach die unzureichende Umsetzung seiner Vorschläge. Auch die Massenmedien haben immer wieder auf den drohenden Systemkollaps hingewiesen. Die Einzigen, die die Zeichen nicht lesen wollten, welche die Experten und die Medien groß an die Wand geschrieben hatten, waren die Sozialdemokraten.

Während die SPÖ schlief, hat sich die Situation aber laufend zugespitzt, einerseits durch den demographischen Prozess, andererseits durch den Beitritt Österreichs zur EU. Lassen Sie mich das kurz beleuchten. 1960 kamen drei Erwerbstätige auf einen Pensionisten, derzeit nur mehr zwei auf einen Pensionisten. Und wenn nichts geschieht, wird im Jahre 2030 ein Berufstätiger


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für einen Pensionisten aufkommen müssen. Der Trend geht in Richtung: länger lernen, länger leben – aber kürzer arbeiten!

Das ist zwar eine erfreuliche Entwicklung, aber auch dramatisch, denn im Klartext bedeutet das Folgendes – ich darf an die Ausführungen der Frau Kollegin Höllerer anknüpfen –: Die Pensionsversicherung wird aus Beiträgen und aus Staatszuschüssen finanziert. Die Beitragssätze unserer gesetzlichen Pensionsversicherung zählen zu den höchsten in Europa. Eine weitere Anhebung erscheint derzeit nicht vertretbar. Jene Ausgaben, die nicht durch die Beiträge gedeckt sind, müssen daher durch Zuschüsse aus dem Budget finanziert werden.

Der Beirat für die Renten- und Pensionsanpassung sagt voraus, dass sich die Belastungen in der Höhe von rund 66 Milliarden Schilling im Jahr 2000 auf rund 90 Milliarden im Jahr 2004 erhöhen werden.

Da die Staatszuschüsse von den Steuerpflichtigen, also hauptsächlich von der Aktivgeneration, aufgebracht werden müssen, führt jede Erhöhung der Beiträge oder Staatszuschüsse zu einer Mehrbelastung der jungen Generation. Es muss aber das Ziel einer vorausschauenden Politik sein, die Belastung der Jungen in jenen Grenzen zu halten, die weder ihre Leistungsfähigkeit noch ihren Leistungswillen überfordern. Gleichzeitig muss die junge Generation auch selbst auf eine angemessene Alterssicherung vertrauen dürfen.

Dieser Reformzwang wird noch durch die EU-Verpflichtung Österreichs verstärkt, das Defizit des Bundeshaushaltes so rasch wie möglich zu verringern. Die Bundesregierung kommt daher nicht umhin, auch eine Reduktion des Staatszuschusses für die Alterssicherung ins Auge zu fassen. Um die Budgetziele zu erreichen, müssen diese Zuschüsse bis zum Jahr 2003 um 15 Milliarden Schilling gesenkt werden.

Eine wichtige Maßnahme im Sanierungskonzept der Regierung ist dabei die Aufhebung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Wie Sie wissen, wird diese Maßnahme auf Grund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes notwendig. Die Aufhebung ist deshalb zwingend, weil eine Senkung des Zugangsalters für Männer von 57 auf 55 Jahre zu dieser Pensionsform, also eine Gleichstellung mit den Frauen, nicht finanzierbar wäre. Die Mehrbelastung würde sich auf rund 2 Milliarden Schilling im Jahr belaufen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe meine Rede mit einem Zitat von Max Frisch eingeleitet. Dieses lautete: "Die Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen." Der Bundesregierung wird beides gelingen. Schon jetzt hat sie dem Pensionsthema den Beigeschmack der Katastrophe genommen, und sie betreibt die Reform in äußerst produktiver Art und Weise. Das zeigt sich gerade daran, wie umsichtig die Aufhebung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit in Angriff genommen wurde.

Ich darf in diesem Zusammenhang vor allem auf die flankierenden Maßnahmen verweisen. Durch den erleichterten Zugang zur Invaliditäts-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitspension werden die Härtefälle qualitativ und quantitativ abgefedert werden. Zu nennen sind hier aber auch die beschäftigungspolitischen Maßnahmen, welche die Pensionsreform begleiten, etwa die Qualifizierung von älteren Beschäftigten im Rahmen des neuen Ziel 3-Programms des europäischen Sozialfonds oder die Verstärkung des Anreizsystems zur Beschäftigung von Personen über 50 Jahren. Auf die erfreuliche Arbeitsmarktlage ist schon von Herrn Bundesminister Bartenstein hingewiesen worden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung verfolgt bei der Pensionsreform vor allem zwei Ziele: einen fairen Ausgleich zwischen den Generationen und die generationenübergreifende Sicherung der gesetzlichen Pensionen. Seien Sie versichert, sie wird beide Ziele erreichen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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13.03

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. Ich erteile ihr dieses.

13.03

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sie erlauben mir eine kurze Replik auf die Ausführungen meines Vorredners beziehungsweise meiner Vorrednerin.

Ein erster Punkt: Herr Dr. Nittmann! Sie sollten doch versuchen, mit Ihrem Koalitionspartner, der ÖVP, zumindest im Bereich der Bundesrats- und der Nationalratsfraktion eine Sprachregelung herbeizuführen. (Bundesrat Dr. Böhm: Danke für den guten Rat!) Denn Sie müssen sich doch einigen. Ist die SPÖ in den letzten 13 Jahren Alleintäterin und Regierende gewesen, wie wir es mehrheitlich hören (Bundesrätin Haunschmid: Ansagende! Sie haben ja geschlafen!), oder hat die SPÖ 13 Jahre lang, wie Sie es formuliert haben, geschlafen? – Ich glaube, da ist eine Sprachregelung notwendig, denn es ist nicht legitim, wenn der permanenten Täter-Opfer-Verkehrung auch noch zwei Qualitäten hinzugefügt werden, die einander widersprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Wer war Sozialminister?)

Aber wir gehen einmal davon aus. Die Sozialdemokratie hat sich weder aus ihrer Regierungstätigkeit noch aus ihrer jetzigen verantwortungsvollen Tätigkeit der Opposition jemals geschlichen oder herausgeschlichen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Ah! – Bundesrätin Haunschmid: Ihr habt nur sanktioniert! – Beifall bei der SPÖ.) Ich würde als wesentlichen Beitrag vorschlagen ... (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Unrecht wird nicht besser, wenn es lauter wird.

Vizepräsident Johann Payer (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Frau Kollegin Mag. Trunk. – Bitte.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (fortsetzend): Das ist ein wesentlicher Beitrag, und das meine ich absolut nicht humoristisch, wenn auch satirisch. Aber ich denke, ich sollte Ihren Nachdenkprozess etwas beschleunigen, damit sich zumindest einmal die ÖVP-Fraktion einigt, und damit meine ich nicht alle, das sollte selbst gewählt passieren. Jene Bundesräte und -innen und Nationalräte und -innen, die der Auffassung sind, dass sowohl für die positive als auch für die negative Tätigkeit während der letzten 13 Jahre allein die SPÖ verantwortlich war, sollten eigentlich einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten und auf den Pensionsanspruch, den sie 13 Jahre durch Nichtanwesenheit und Nichtverantwortung erworben haben, freiwillig verzichten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Meinen Sie Ihre Sozialminister?)

Das motiviert mich, zu sagen, das ist nicht billig, sondern das ist eine auf der ganz gleichen Ebene gegebene Antwort auf die leider von Kollegin Höllerer gemachten Ausführungen. Ich habe Ihnen bis zum Ende sehr aufmerksam zugehört, und es steht mir sehr fern, besonders eine weibliche Kollegin zu kritisieren. Daher frage ich Sie nur, und ich kritisiere nicht. Sie haben wortwörtlich gefordert: Wir brauchen ein System, das ungelernten Hilfskräften und kranken Menschen den Weg in die Pension ermöglicht. (Bundesministerin Dr. Sickl: Haben wir ja jetzt!)

Sie sagen es, Frau Ministerin, das bisherige System ermöglicht es, und Sie erschweren beziehungsweise schaffen diese Möglichkeit mit der jetzigen so genannten Reform ab. (Bundesministerin Dr. Sickl: Nein, überhaupt nicht! 255 Abs. 4!) Daher weiß ich nicht, wovon Sie gesprochen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Sie werden sich gleich zu Wort melden und Ihre Ausführungen formulieren können.

Aber ganz kurz zu dem Punkt der Reform betreffend Beschickung der Sozialversicherungsgremien. Während Kollegin Höllerer hier noch verbal eine demokratische Qualität dieser Reform der Beschickung einbringen wollte, hat Herr Dr. Aspöck von der FPÖ in einem Zwischenruf leider diese Bemühungen konterkariert. Nachdem Kollege Drochter hier gesprochen und gesagt hat, dass es sich nicht um eine Demokratisierung, sondern um eine Verparteipolitisierung im Sinne der jetzigen Regierung handelt – das ist ein Faktum –, haben Sie ganz klar wortwörtlich gesagt: Selbst wenn es so ist, dann steht uns das zu, das jetzt zu machen, was früher war. – Sie haben das konterkariert. (Bundesrat Dr. Aspöck: Tatsächliche Berichtigung!) – Sie können sich dann zu einer Berichtigung zu Wort melden.


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Tatsache aber ist, dass es sich nicht um eine Demokratisierung handelt. Es wäre weiter nicht zu kritisieren, wenn Sie den bisherigen Weg fortsetzten. Aber wenn Sie glauben, den Proporz jetzt durch einen "Majorz" ersetzen zu müssen, und wenn Sie glauben, dass es genügt, das Wort "Demokratie" in die Überschrift hineinzuschreiben, während Sie in Wirklichkeit eine Verkoalitionierung betreiben, dann muss ich sagen, das ist die falsche Überschrift zum richtigen Text, der uns Gott sei Dank vorliegt.

Zweiter Punkt: zu den Ausführungen des sehr jungen Kollegen von der FPÖ, der sich um die junge Generation Sorgen macht. Es ist sehr augenfällig, dass es, wenn es um die Pensionsreform geht, in den öffentlichen und auch parlamentarischen Aussagen eigentlich weniger um Reformansätze, also um das Kernproblem, geht, sondern man begibt sich vorwiegend auf die Schiene junge und alte Arbeitnehmer und -innen. Ich sage Ihnen, ein Pensionssystem kann nur im solidarischen Ausgleich bestehen, und es ist nicht seriös, Junge gegen Alte auszuspielen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Weisheiten, die wir vorher gehört haben, dass natürlich die arbeitenden Menschen heute ihre Beiträge leisten, damit die Pensionen derer, die früher gearbeitet haben, gesichert werden, sind doch keine Neuigkeit. Es ist nicht seriös. (Bundesministerin Dr. Sickl: Das stimmt ja nicht! – Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. )  – Bitte, ich möchte seinen Zwischenruf hören, auf den freue ich mich.

Wissen Sie, wie man das macht? – Man macht es nicht mit einer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, in deren Rahmen Arbeitslosigkeit produziert wird, sondern eine gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik und auch Pensionssicherungspolitik zeigen sich darin, dass möglichst viele Menschen in Beschäftigung sind, und zwar mit gerechten Löhnen, damit sie auch die Beiträge – sowohl Steuern als auch Pensionsbeiträge – zahlen können, um so die nächste Generation zu sichern.

Wenn wir aber eine Politik betreiben, in deren Rahmen die Arbeitslosigkeit immer höher wird und die Beiträge natürlich geringer werden, dann ist das eine Politik, die selbst diese Situation ... (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Die Arbeitslosigkeit sinkt! Sie behaupten, die Arbeitslosigkeit steigt!) – Danke für den Zwischenruf, ich brauche überhaupt nicht auf meinen Zettel zu schauen. Hier hat Herr Minister Bartenstein gesagt, dass das ein Sicherungsbeitrag zum derzeitigen Budget in der Höhe von 3,5 Milliarden ist. Kollege Haupt hat im Nationalrat noch von 1 Milliarde gesprochen. Also ich denke, ich glaube Minister Bartenstein.

Nun zu dem, was Sie hier eingeworfen haben. Seien Sie so nett und wiederholen Sie das noch einmal, damit Sie sich nicht zu Wort melden müssen. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Die Arbeitslosigkeit sinkt!)  – Ja, ich wollte das noch einmal hören. Das ist genau die Konsequenz der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik Ihrer Vorgängerin, geschätzte Frau Ministerin, denn niemand von Ihnen wird glauben, dass sich durch bisher nicht gesetzte Maßnahmen dieser Bundesregierung, oh Wunder, plötzlich die Arbeitsmarktsituation verbessert.

Es gab damals die begleitenden und flankierenden Maßnahmen, von denen Gott sei Dank erstens die Menschen in Österreich jetzt profitieren und auch die jetzige Regierung. Nur Minister Bartenstein war ehrlich genug, zuzugeben, dass das Maßnahmen der Vergangenheit waren, die heute wirksam werden. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Alles streckt sich über die Wirtschaft und nicht der Staat!) Ich denke, dass Wirtschaft alle Teile der Gesellschaft inkludiert und, wie ich hoffe, auch den Staat, weil der Staat aus Menschen besteht.

Weiters zur Pensionsreform: Ich bringe Ihnen ein Beispiel für das, was Sie derzeit tun, abgesehen von der Nichtreform. Die Frau Ministerin wird das viel besser ausführen können, als ich das leider muss. Die vorige Regierung hat es dank der Ministerinnen Hostasch, Prammer und anderer geschafft, beispielsweise – nur ein kleiner Ausschnitt – ein Frauenförderungsmodell quer durch Österreich über das AMS zu entwickeln und wirksam werden zu lassen. (Bundesrätin Haunschmid: Das haben wir gestern erlebt!) Das heißt, die vorige Regierung hat etwa 100 Millionen für solche Frauenbeschäftigungsmaßnahmen aufgewendet, beispielsweise für den Wiedereinstieg und für ältere Arbeitnehmerinnen. Wissen Sie, was Ihre Regierung damit


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macht? – Diese 100 Millionen nehmen Sie, um das Bürgergeld zu finanzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt in Wirklichkeit, beschäftigungslosen kranken Menschen wird nicht, was Kollegin Höllerer gefordert hat, die Möglichkeit gegeben, vorzeitig in Pension zu gehen, sondern aus beschäftigungslosen Menschen werden Bürgergeldarbeiter und -innen. Aus beschäftigungslosen Menschen werden jedenfalls nicht Pensionisten und Pensionistinnen, sondern Notstandsbezieher und -bezieherinnen. Und das kostet wieder, weil es aus einem anderen Budget kommt.

Auf Grund dieses Ansatzes muss ich sagen, dass das, was als Reform verkauft werden will, keine Reform ist, weil sie einfach vom System und der Weitsichtigkeit, die so etwas erfordert, ziemlich weit entfernt ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Pensionsreform 1997!)  – Ja, aber Sie haben selbst zugegeben, dass dieses Ding, das wir heute beschließen sollen, nichts mit Reform zu tun hat, daher hält sich meine Aufregung in Grenzen, sondern ausschließlich 3,5 Milliarden Schilling bringen soll, um das jetzige Budget zu sanieren. (Bundesrat Dr. Böhm: Die Pension zu sichern!)

Sie nehmen 3,5 Milliarden von Menschen, die zu den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gehören, von Menschen, die aus ihrem Job hinausgeschmissen wurden. Ein Job wird sich nicht plötzlich wieder finden, bloß weil Sie verordnen, dass sie länger arbeiten gehen müssen. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist das Schlimme, das Sie tun. 3,5 Milliarden werden von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern genommen, die der Arbeitsmarkt sozusagen nicht mehr braucht, die kaputt und krank sind. Diese schicken Sie als Sozialhilfeempfänger in die Notstandshilfe. Das ist menschenverachtend! (Bundesrätin Haunschmid: Geh, stimmt doch nicht!)

Ein allerletzter Punkt: Wissen Sie, wie zynisch Ihre Maßnahmen sind? – Heute noch werden wir beschließen – im Nationalrat ist es bereits beschlossen worden –, dass wir jene Unternehmer und -innen, die sich in die Gefahr der fahrlässigen Krida begeben haben, in ihrer Verantwortung ein bisschen erleichtern werden, weil wir das nicht mehr strafrechtlich in der Form, wie es in der Vergangenheit der Fall war, verfolgen werden. (Bundesrätin Schicker: Persilschein!)

An diesen zwei Punkten sehen wir die Ungleichbehandlung. Dort, wo wir jetzt vom Budget her Milliarden zu den Millionären verscherbeln, die sich dann eventuell verkalkulieren, werden nicht mehr ... (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) – Ja, Burgenland, das sagt der Kollege von der ÖVP. Wie heißt der Kollege der ÖVP, der als einziger Politiker im Vorstand war? (Bundesrätin Schicker: Widder! – Dr. Widder. Er ist, so glaube ich, ein ÖVP-Mitglied. Die Bank Burgenland hat mit der SPÖ so viel zu tun wie Widder mit der ÖVP, aber in Wirklichkeit und nicht daneben. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Sie schieben die Verantwortung ab, Frau Kollegin!) Schauen Sie, wie es trifft. (Weitere Zwischenrufe.)

Vizepräsident Johann Payer (das Glockenzeichen gebend): Momentan bin ich am Wort, und ich erteile dieses wieder Kollegin Trunk. Ich bitte Sie, etwas geordneter Zwischenrufe zu machen. Zwischenrufe beleben die Sitzung, aber versuchen wir es ein bisschen geordneter. – Danke.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (fortsetzend): Ich denke, ihr braucht euch nicht aufzuregen. Es wird im Burgenland einen Untersuchungsausschuss geben, und dort werden die Fakten zu Tage befördert werden. Aber ich finde es ziemlich makaber, wenn der einzige Politiker, der dort gesessen ist, der ÖVP angehört, aber Sie glauben, Steine in Richtung SPÖ werfen zu können. Das ist nicht gerade fair. Das wird Ihnen aus dem Schlamassel, das Sie argumentativ haben werden, nicht heraushelfen, ganz einfach, weil Kollege Moser straight and clean ist und sagt, wenn mir eine Vermengung vorgeworfen wird, dann ziehe ich mich zurück. Das ist konkrete politische Kultur des Umganges eines Politikers und nicht eine ... (Bundesrätin Haunschmid: Das ist Vogel-Strauß-Politik!)

Jetzt muss ich ein bisschen ablenken. Frau Kollegin von der FPÖ! Wie halten Sie es? – Sie nehmen arbeitslosen, kranken Menschen 3,5 Milliarden weg. Wie halten Sie es mit der unternehmerischen und wirtschaftspolitischen Kultur, wenn Steuerzahler zahlen müssen, weil es einen vormaligen Abgeordneten Rosenstingl gegeben hat? – Ich bin dagegen, dass solche Unternehmertätigkeiten geschützt werden, und ich bin auch dagegen, dass Riess-Passers ge


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schützt werden. (Zwischenrufe der Bundesrätin Mühlwerth. ) Ich wünsche mir eine andere Kultur des Wirtschaftens. ( Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Wieso habt ihr 400 Millionen Schulden gemacht?)

13.17

Vizepräsident Johann Payer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des zu berichtigenden Sachverhaltes zu beschränken.

Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Aspöck das Wort. – Bitte, Herr Bundesrat.

13.18

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Verehrte Frau Kollegin im Besonderen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Zwischenruf wurde von der Frau Kollegin – wie war der Name? (Bundesrätin Haunschmid: Trunk!)  – falsch zitiert. Mein Zwischenruf war im Konjunktiv, also in der Möglichkeitsform, gehalten und hieß: Selbst wenn es so wäre, wäre es nur ein Ausgleich für das, was früher die Sozialdemokraten praktiziert haben.

Herr Präsident! Ich darf einen Satz noch zum Schluss sagen. – Beim Postenschacher waren die früheren Sozialisten und heutigen Sozialdemokraten nämlich immer schon Weltmeister. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Ist das eine Rede? Wo ist die tatsächliche Berichtigung?) Es war ihnen nicht einmal zu blöd, viele, ja Tausende ehemalige Mitglieder aus dem Dritten Reich in ihren BSA aufzunehmen. Anders wäre ein Anschwellen des BSA von 1 700 Mitgliedern 1947 auf über 10 000 1955 unerklärbar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.19

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. Ich erteile ihm dieses.

13.19

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Verehrte Damen und Herren des Bundesrates! An und für sich habe ich gemeint, mich im Wesentlichen bei diesem Tagesordnungspunkt den sachlichen Gesichtspunkten der heutigen Gesetzesmaterie zuwenden zu können, aber das ist mir nicht ganz möglich, denn ein paar Anmerkungen zu den Ausführungen meiner Vorredner und Vorrednerinnen darf ich nur einmal sagen, dann wiederhole ich das nie mehr wieder.

Ich denke, dass der Blick der Sozialisten (Bundesrätin Schicker: Sozialdemokraten!) durch den Machtverlust etwas getrübt wurde. Ich habe Nachsicht mit Kollegen Drochter, wenn er sein Beispiel so wählt, dass es nicht stichhältig ist. Denn auch bei geltendem Recht hätte im vorigen Jahr und am Beginn des heurigen Jahres ein 56-jähriger Bauhilfsarbeiter nicht wegen geminderter Erwerbsfähigkeit in Pension gehen können. Daher bin ich überrascht, aber ich kann das nur – ich darf unter Gewerkschaftern du zu dir sagen – deinem etwas getrübten Blick zuschreiben. (Zwischenruf des Bundesrates Drochter. )

Für Kollegin Trunk gilt das Gleiche. Der Machtverlust ist schwierig, und es gibt ein Desaster nach dem anderen von Kärnten über die Steiermark und weiter. Ich würde Ihnen persönlich empfehlen, heute den Artikel in der "Presse" zu lesen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Habe ich schon gelesen!) Darin heißt es unter der Überschrift "Gusenbauers Bewährungsprobe" – dazu habe ich wenig anzumerken –: "Gefangen in den negativen Energien ..."

Ich habe sicher jetzt starke Worte verwendet, aber wir sollten doch eigentlich das Gemeinsame suchen, und es ist nicht von ungefähr, dass heute Handlungsbedarf – um dieses Wort zu strapazieren – besteht. In den vergangenen Jahrzehnten wurde auf Grund von früheren Konstellationen mehr Geld ausgegeben – dafür zeichnen überwiegend Sie verantwortlich – als vorhanden war. Denn die ÖVP war es, die 1994 gesagt hat: bei der Geldverschwendung nicht mehr mit


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uns! Es ist zu Neuwahlen und auch zu einer Kurskorrektur der Sozialdemokratischen Partei gekommen. Davon möchte man jetzt in der Opposition natürlich nichts mehr wissen. Dass mein Mitbürger und ehemaliger Bundeskanzler Viktor Klima als Schwechater, so meine ich das, versagt hat, indem er seine Mitverhandler nicht im Griff hatte, das können Sie doch nicht uns, der ÖVP, oder dem neuen Koalitionspartner anrechnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ein Beweis dafür, wie trüb Ihr Blick ist, Frau Kollegin Trunk – Kollege Drochter kennt das –, ist diese Broschüre (der Redner zeigt sie), in der Sie den Bürgern in Österreich weismachen wollen, dass ein Mann, der in Zukunft mit 60 Jahren in Pension ginge, 20 Prozent Pensionsabschläge hätte. Sie wissen und haben bei der Erstellung dieser Broschüre gewusst, dass das die Unwahrheit ist. (Bundesrat Dr. Böhm: Schlimm!) Warum Sie es gemacht haben, liegt auf der Hand. Es waren Arbeiterkammerwahlen. Okay, diese sind geschlagen. Wahlergebnisse sind zur Kenntnis zu nehmen. Tun Sie es doch! Das Wahlergebnis der letzten Nationalratswahl und die späteren Regierungsverhandlungen sind zur Kenntnis zu nehmen.

Da hat der ÖGB – das geht an die Adresse des Kollegen Drochter – ein sehr klares Papier gemeinsam zu Stande gebracht, in dem er festgestellt hat, dass diese Regierung auf legalem Wege zu Stande gekommen ist. Das, so glaube ich, sollten wir hin und wieder sagen.

Mich hat irritiert, als das Wort "Demokratie" gleichzeitig mit dem Wort "d’hondtsches Verfahren" in den Mund genommen wurde. Das d’hondtsche Verfahren ist doch Ausfluss der Demokratie und legt die Regeln innerhalb des Verhältniswahlrechtes fest. Wenn sich heute die Regelung der Versicherungsvertreter in die Richtung ändert, dass Wahlergebnisse zu Grunde zu legen sind, dann meine ich, dass es eine demokratische Entscheidung war.

Zur Frau Kollegin Trunk die letzte Bemerkung, dann gehe ich auf die Sache ein. Sie haben von Frau Prammer gesprochen. Frau Prammer war wirklich einzigartig. Wir, die wir aus dem so genannten grünen Bereich kommen, sollten nicht vergessen, dass sie einzigartig in Europa einen Berufsstand, nämlich Selbständige und Unselbständige, in Verruf gebracht hat – ich könnte ein stärkeres Wort verwenden, ich tue es nicht –, nämlich die Landwirtschaft im Gesamten, und dieser Landwirtschaft sehr maßgeblich geschadet hat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Was hat das mit der Pensionsreform zu tun?)

Ich möchte nicht auf das schnelle Fax zu sprechen kommen, das die Arbeiterkammern, Rot dominiert, am 24. Mai ausgesendet haben, im Wissen, dass die Dinge nicht halten werden. Aber ich komme ohnedies in der Sache noch darauf zu sprechen.

Wenn wir uns dieser Gesetzesmaterie zuwenden, dann müssen wir alle, die wir hier sitzen, gemeinsam die Problematik 55 beziehungsweise 57 Jahre zur Kenntnis nehmen. Ich bitte Sie geradezu, meine Rede zu dem Thema aus dem Jahre 1996 vor der Frau Sozialministerin Hostasch nachzulesen, in der ich klar zum Ausdruck gebracht habe, dass dieser Beschluss nicht halten wird. Ich habe nicht dagegen gestimmt und begründe das auch heute wie seinerzeit damit, dass es klar war, dass die Frauen davon profitieren: ein Jahr, ein halbes Jahr, zwei oder drei Jahre. Es sind vier Jahre geworden, eigentlich dreieinhalb, in denen die Frauen von dieser verfassungswidrigen Regelung profitiert haben – Gott sei Dank könnte man sagen, und ich sage es auch. Gott sei Dank haben sie profitiert. Aber eines war auch klar: dass für beide Geschlechter, für Frauen und Männer, 55 Jahre nicht zu halten sein würden.

Ich darf Ihnen kurz die Zugangszahlen bekannt geben. Im Jahre 1996 sind in diese Pensionsform – ich runde auf ganze Hundert – 22 800 Männer und insgesamt 28 800 Menschen gegangen. Im Jahre 1997 sind es auf Grund der Neuregelung 57 und 55 Jahre 12 100 Männer und 4 500 Frauen, also insgesamt 16 600 Personen gewesen. Da hat sich nichts geändert gehabt. Aber die Zahl hat sich ein bisschen verändert. Bei den Männern, die vorerst mit 55 Jahren nicht in Pension gehen konnten, waren es 1999 15 000, insgesamt waren es 19 000 Frauen und Männer. Es ist klar, dass dieses frühe Pensionsalter bei steigender Lebenserwartung und auf Grund der Finanzsituation, die wir in Österreich haben – ich wiederhole mich nicht, weil ich


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denke, ich habe das in meiner Präambel klar und deutlich zum Ausdruck gebracht –, auf Dauer nicht haltbar sein würde.

Wenn sich jemand von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes überrascht zeigt, dann muss ich sagen, er kennt die österreichische Bundesverfassung auch nicht, denn auch dort ist von Gleichbehandlung die Rede. Eine Zeitung – ich glaube, es war auch die "Presse" – hat im Kasten "Seinerzeit" geschrieben: vom Erwartbaren überrascht. – Von Erwartbarem kann man nicht überrascht sein.

Es ist jetzt notwendig, den seinerzeitigen Beschluss aufzuheben, der – ich sage es noch einmal – den Frauen über einige Jahre Vorteile verschafft hat. Heute stehen wir davor, dass das nicht hält, erwartungsgemäß nicht hält. (Bundesrätin Mag. Trunk: Es sind aber Begleitmaßnahmen zu setzen, die Sie vergessen!) – Frau Kollegin Trunk! Das ist ein anderes Thema, dazu komme ich noch.

Eines ist auch klar: Dass eine Senkung des Frühpensionsalters der Männer neuerlich auf 55 Jahre nicht machbar ist, werden selbst Sie zugestehen. (Bundesrätin Mag. Trunk nickt.) – Danke.

Nun zum zweiten Thema: Da diese Pension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit einen so starken Zuzug hatte, weil die Kriterien vielleicht – so könnte man aus rein finanztechnischen Überlegungen sagen – ein bisschen zu locker waren, war der Zugang groß und die Kosten dementsprechend. Wir haben daher Maßnahmen zu setzen.

Es hat Überlegungen gegeben, diese Pensionsform aus rein finanztechnischen Gründen komplett und ersatzlos zu streichen. So ist es nicht geschehen. Es gibt weiterhin eine Regelung, dass Frauen und Männer jetzt entsprechend den europäischen Richtlinien und auch der österreichischen Bundesverfassung mit 57 Jahren einen Tätigkeitsschutz haben.

Was hat sich denn so sehr verschlechtert? – Früher war der Beobachtungszeitraum 15 Jahre, und in dieser Zeit musste man überwiegend einen Beruf ausgeübt haben, um hinein zu können, sage ich jetzt in der Kurzfassung. Ja, es musste sich überwiegend um die gleiche Tätigkeit handeln. Das Wort "sieben" war entscheidend, das habe ich immer gesagt, sieben Jahre und sieben Monate, denn das ist bereits überwiegend im Sinne der Bestimmungen gewesen. Jetzt ist das verschärft worden, 15 Jahre bleiben gleich, und man muss die gleiche Tätigkeit zehn Jahre lang ausüben. Also um so viel geht es hier nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Drochter. ) – Ich komme noch darauf zu sprechen, Kollege Drochter, dazu komme ich auch noch.

Das ist die Gegenüberstellung, die man einmal im Kopf haben muss, um sagen zu können, was sich verändern wird. Für die ungelernten Arbeiter ist diese Regelung mit 57 Jahren von besonderer Bedeutung, das wissen Sie. Ich darf Ihnen aber auch sagen, dass das ursprünglich nicht angedacht war. Es hat ein paar aufrechte Arbeitnehmervertreter gegeben, die ernsthaft verhandelt haben und nicht nur dort gesessen sind, so wie sozialistische Vertreter, von denen Folgendes zu hören war: Persönlich könnten wir mit der neuen Regelung mitgehen, aber offiziell und tatsächlich dürfen wir keine Zustimmung signalisieren. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Das war für mich bezeichnend. Ich bin selbst dort dabei gewesen, wir haben diese neue Bestimmung betreffend 57 Jahre erkämpft. Ich denke, dass gerade für den vom Kollegen Drochter und auch von Kollegin Trunk angesprochenen Bereich de facto eine Entschärfung zu Stande gekommen ist.

Dass nicht alles so bleiben kann, wie es war, das wissen wir, und das habe ich anhand der Budgetzahlen vorgelegt. Wenn Sie es hören möchten: Wir haben 1 767 Milliarden Schilling Schulden, die wir abbauen müssen, und das betrifft natürlich alle Bereiche. Es macht mir keine Freude, dass diese Bestimmungen heute beschlossen werden, aber es ist im Sinne des Ganzen, im Sinne der Sicherung unseres guten Pensionssystems. In diesem Zusammenhang muss ich auch dem Kollegen widersprechen, der gemeint hat, wir steuern auf eine Crash-Situation


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und auf Katastrophen zu. Nein, wir steuern nicht daraufhin, wenn wir rechtzeitig die Weichen stellen.

Ich meine, dass die Ablehnung der neuen Regelung für die 57-jährigen Männer und Frauen eigentlich nicht die geeignete Maßnahme ist, um das Vertrauen der österreichischen Bürger in das System zu festigen, sondern eigentlich sollten wir alle in Anbetracht dieser Tatsachen, diesen neuen Bestimmungen gemeinsam zustimmen und es gemeinsam tragen. Sie wissen ganz genau, was im SPÖ-ÖVP-Koalitionspakt vorgesehen war, den ich nicht mehr ansprechen möchte.

Die SPÖ behauptet auch – das ist auch in den Zwischenrufen herausgekommen –, die Jungen werden keinen Arbeitsplatz mehr erhalten. Die Zahlen sprechen jedoch eine ganz andere Sprache. Wir haben bei der Jugendarbeitslosigkeit einen Rückgang von 13 Prozent. (Bundesrätin Schicker: Sie müssen schon dazusagen warum!) Wir können bei den Arbeitslosen im Alter von über 50 Jahren einen Rückgang von über 8 Prozent verzeichnen. Wir haben im April viele offene Lehrstellen gehabt, das war seit 1985 nicht mehr der Fall. Angesichts dessen muss man doch sagen, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gut entwickelt haben. Sie haben Ihren Anteil noch dabei. (Bundesrätin Schicker: Was heißt noch dabei?)  – Noch dabei, das sage ich ganz klar und deutlich. Wenn wir nicht dann an der Schraube drehen, wenn es aus wirtschaftlicher Überlegung möglich ist, dann werden wir den richtigen Zeitpunkt versäumen, und das wäre schade.

Nehmen Sie von der sozialistischen Seite doch wenigstens zur Kenntnis, dass die Fakten objektiv und klar auf dem Tisch liegen. Nehmen Sie aber auch zur Kenntnis, dass die Neuregelung auch eines verfassungswidrigen Gesetzes absolut notwendig ist. Ich meine, vielleicht könnten sich doch manche, deren Blick – ich sage das abschließend – jetzt ein bisschen klarer geworden ist, dazu aufraffen, diesen neuen Bestimmungen ihre Zustimmung zu geben. Ansonsten empfehle ich nochmals, den Artikel von der negativen Energie zu lesen. – Ich bedanke mich herzlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Marizzi: Sehr überheblich!)

13.35

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kollegen! Ich spreche jetzt vor allen Dingen die Kollegen an. Es hat hier im Saal eine ordentliche Hitze. Wer immer sein Sakko ausziehen möchte, möge das auch tun. (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

13.35

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Sozialpolitiker bin ich sehr froh darüber, dass wir in dieser zweiten Kammer des Parlaments Reformen zu Sozialgesetzen diskutieren, die auf einem hohen Level stehen. Ich bin überhaupt nicht bereit, mich dafür herzugeben, dass Krisenszenarien gemalt werden. Auch wenn es manchen nicht passt, weil es in die Konzeption nicht hineinpasst, aber es waren engagierte Gewerkschafter aus den traditionellen Lagern, die an dieser Sozialgesetzgebung mitgewirkt haben.

Ich lasse es nicht zu, dass hier so getan wird, als ob die Ideen der Textilarbeitergewerkschafterin Grete Rehor, ob die Ideen des GPA-Gewerkschafters Dallinger, ob die Ideen des Gewerkschafters der öffentlich Bediensteten Hans Gassner und ob die Idee des Rudi Häuser nur davon geprägt gewesen wären, dass wir schlechte Sozialpolitik machen, im Gegenteil: Wir haben gemeinsam gute Sozialgesetze gebaut. (Beifall bei der SPÖ.) Es hat überhaupt niemand Anlass, unseren Sozialgesetzen die Totenglocke zu läuten. Das ist eine Feststellung, die ich klar treffen möchte.

Kollege Drochter! Es bringt aber auch nichts, wenn wir als Gewerkschafter und Sozialpolitiker Realitätsverweigerung betreiben. Das führt dann dazu, dass Kollegin Trunk hier am Rednerpult steht und so quasi nach dem Motto: Wer bin ich, oder was bin ich?, versucht, für sich selbst den Standort zu finden. Wenn Kollege Nittmann in seiner Wortmeldung – für mich völlig unge


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rechtfertigt – so getan hat, als ob wir auf irgendwelche neo-liberalen Ideen oder irgendwelche neuen Zeitgeister warten müssen, die uns jetzt sagen, wie Sozialpolitik in Zukunft zu gestalten ist, dann muss ich sagen: Schlag nach bei Rehor, schlag nach bei Häuser, schlag nach bei Gassner, schlag nach bei Dallinger! (Beifall des Bundesrates Schaufler. )

Da haben wir die Grundpositionen für die österreichische Sozialpolitik gelegt, und darüber freue ich mich, und darauf bin ich als Politiker, der sich in diesem Bereich auch zur Sozialpartnerschaft bekennt, stolz. Ich sage aber auch – das ist das Entscheidende –, wenn wir diesen hohen Standard halten wollen, wenn wir nicht wollen, dass dieses Umlagesystem, das ein bewährtes System ist und das bei weitem gegen das von manchen Neo-Liberalen angedachte Kapitaldeckungssystem siegen wird, ins Rutschen kommt, dann ist es ganz einfach notwendig, dass wir uns den internationalen gesetzlichen Gegebenheiten anpassen. Bezüglich der Frage des ungleichen Pensionsantrittsalters wegen geminderter Erwerbsfähigkeit ist es auch notwendig und keine Frage, dass wir uns den demoskopischen Entwicklungen nicht verschließen dürfen. Das ist für mich der Grund, warum ich diesem Gesetz bei aller Problematik, die sich auch für mich bei der Gesetzwerdung ergeben hat, trotzdem die Zustimmung geben werde.

Ich glaube, wir als Volkspartei, insbesondere die Exponenten des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes, haben sehr früh darauf hingewiesen, dass wir uns den bewährten Mechanismen der Sozialpartnerschaft verpflichtet fühlen.

All jene, die meinen, dass man irgendwelche neuen geschäftsordnungsmäßigen Möglichkeiten versuchen sollte, um die Frage der Begutachtung zu umgehen, sei gesagt: So neu sind diese Instrumente nicht, Karl Drochter! Wir als Parlamentarier kennen auch aus der Vergangenheit, dass manche Regierungsmitglieder, egal welcher Fraktion sie angehören, manches Mal der Versuchung erliegen, mit irgendwelchen Möglichkeiten – ich sage nicht Tricks, weil das die Würde des Hauses verletzen würde – Begutachtungen zu umgehen. Kanzler Klima und Herr Staatssekretär Ruttenstorfer – beide sind ehemalig – waren betreffend öffentlicher Dienst berühmt dafür, dass sie Initiativanträge eingebracht und damit die Mitwirkungsmöglichkeit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst zu reduzieren versucht haben.

Ich meine, man sollte diesbezüglich nicht zu wehleidig sein, wenn ich auch die Professionalität mancher neu in dieser Bundesregierung befindlichen Mitglieder da und dort noch vermisse. Aber ich bin nicht verzagt, weil es auch einmal einen Staribacher gegeben hat – ich meine nicht den verdienten Vorsitzenden der Gewerkschaft der Textilarbeiter, sondern seinen Sohn –, der versucht hat, im Regierungsbereich das Gehen zu lernen, der der Windelhose in der Regierung nicht entwachsen ist und noch als Baby aus dieser Regierung wieder ausgeschieden ist. Ich glaube, dass wir hier die entsprechende Gelassenheit (Bundesrätin Mag. Trunk: Also bitte! – Bundesrat Meier: Das war nicht sehr nett! – Bundesrätin Schicker: Auf dieser Ebene – nein!) an den Tag legen sollten, wenn der eine oder andere meint, dass es besser sei, wieder in die Privatwirtschaft zu gehen, nachdem er es versucht hat. Man soll keinen Ziehenden hindern, aber man soll es auch nicht überdramatisieren. – Das ist der Punkt, warum wir dem Gesetz zustimmen werden.

Kollege Drochter! Es ist mir wirklich ein Bedürfnis – ich werde dann auch noch auf die Änderungen des Arbeiterkammergesetzes zu sprechen kommen –, zu erwähnen, dass das niederösterreichische Klima in der Sozialpartnerschaft, in der Gewerkschaftsbewegung und auch in der Landespolitik anders ist, als das in manch anderen Bundesländern der Fall ist. Auch neu in den Startlöchern scharrende Landeshauptmann-Stellvertreter in Niederösterreich werden noch draufkommen, dass man mit Landeshauptmann Pröll durchaus gut zusammenarbeiten kann und dass man sich nicht allzu sehr profilieren muss.

Aber wir haben Gott sei Dank in Niederösterreich das Problem nicht gehabt, aber es war fürwahr so, dass bei der Entsendung in die Selbstverwaltungsorgane in vielen Bereichen die Präsidenten der Arbeiterkammern das ihnen vom Gesetz her zustehende Recht – ich möchte nicht falsch verstanden werden: das ihnen vom Gesetz her zustehende Recht – sehr exzessiv ausgenutzt und das Gespräch mit den anderen Fraktionen nicht in dem Maß gesucht haben, wie es notwendig gewesen wäre. Es hat dann eine gewisse Ich-bin-ich-Mentalität eingesetzt, und


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der Präsident hat ad personam die Vorschläge für die Besetzung der Selbstverwaltungsorgane getroffen. Es wurde schlicht und einfach – da bin ich bei Freund Engelbert Schaufler – das, was in vielen Bereichen Gott sei Dank schon selbstverständlich war, auch jetzt im Gesetz festgehalten, nämlich dass das Kollegialorgan die Vollversammlung nach dem d'hondtschen System die Bestellung vorzunehmen hat.

Kollege Drochter! Wenn du reklamierst, dass das für den Bereich der BVA keine Gültigkeit hat – als Vorsitzender des Landesstellenausschusses für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, der die Mehrheitsverhältnisse bei den Personalvertretungswahlen sehr gut kennt –, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass du möchtest, dass Kollege Hanke weniger Möglichkeiten bei der Mitgestaltung in der Sozialversicherung des öffentlichen Dienstes hat. (Zwischenruf des Bundesrates Drochter. )

Daher: Warum beklagst du, dass die Sozialpartnerschaft auch auf Handschlagqualität beruht?

In diesem Sinn darf ich noch einmal festhalten, dass die Volkspartei den vorliegenden Gesetzesänderungen zustimmen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

13.44

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

13.44

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wenn die Debatte zum Sozialversicherungsrecht und zu den Reformen, die heute zur Beschlussfassung vorliegen, auch different und unterschiedlich geführt wird, so gibt es doch eine große Übereinstimmung in diesem Haus, dass wir generell über eine sehr gute soziale Absicherung für unsere Bevölkerung verfügen und dass wir, so glaube ich, in den vergangenen Jahren auch alle gut gehandelt haben. Ich möchte in diesem Hause niemandem den guten Willen absprechen, dass er nicht das Beste und seinen besten Einsatz für die Gruppe, die er hier vertritt, oder für dieses Land, für das er tätig ist, gibt und leistet. Ich glaube, es ist nicht dienlich, vorzuwerfen, dass jemand geschlafen oder verschlafen hat, und ich glaube, dass wir die Debatte wieder etwas versachlichen sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gute Sozialgesetze und eine gute Sozialversicherung sind für dieses Land – nicht nur für den Einzelnen, für den einzelnen Menschen und für das Einzelindividuum, sondern für die gesamte Gesellschaft und auch für die Wirtschaft – ein großer Wettbewerbsvorteil. Wir können stolz sein auf diese sozialen Errungenschaften, die es gibt und die natürlich selbstverständlich einem ständigen Wandel unterworfen sind und sein müssen, sollen sie nachhaltig gesichert sein und sollen sie auch in Zukunft diese Qualität erbringen, die wir alle von unserer Sozialversicherung und von unseren Sozialversicherungsgesetzen verlangen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Deshalb geht an der von der Bundesregierung angepeilten Pensionsreform kein Weg vorbei. Das Ziel ist es, die Pensionen – heute ist es schon gesagt worden – für jüngere und mittlere Generationen langfristig und vor allem nachhaltig zu sichern.

Den vom Ministerrat beschlossenen Pensionsstrukturreformen muss man insofern soziale Gerechtigkeit attestieren, als sie allen Bevölkerungsgruppen – angefangen bei den Arbeitern und Angestellten, über Beamte bis hin zu Bauern und Selbständigen – einen Sanierungsbeitrag für das finanziell überforderte Pensionssystem abverlangen.

Von der geplanten Anhebung des Pensionsantrittsalters für vorzeitige Alterspensionen sowie der Aufhebung der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit beziehungsweise wegen Arbeitsunfähigkeit sind allerdings – auch darauf sei hingewiesen – Gewerbetreibende im Vergleich zu unselbständig Beschäftigten besonders hart getroffen.


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Warum? – Weil unselbständig Erwerbstätige im Regelfall Anspruch auf Arbeitslosengeld und Notstandsbeihilfe haben, während für Gewerbetreibende in den meisten Fällen die Anspruchsvoraussetzungen auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld nicht gegeben sind. Wenn wir von nachhaltiger Sicherung des sozialen Systems sprechen – diesem Postulat fühlen wir alle uns verpflichtet –, müssen wir dabei auch soziale Gerechtigkeit für Gewerbetreibende herstellen.

Vorrangig betroffen sind Klein- und Kleinstunternehmer – das sind rund 75 Prozent aller Gesamtbetroffenen –, die bei Führung eines Einzelunternehmens nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz pensions- und krankenversichert sind. Im Normalfall haben größere Betriebe bessere Gestaltungsmöglichkeiten, da etwa bei GmbHs häufig ein Dienstverhältnis nach dem ASVG begründet wird und somit ein Arbeitslosenversicherungsschutz vorliegt. Inhaber von Einzelunternehmen, aber auch Komplementäre von KGs, KEGs, Gesellschaftern von OHGs haben diese Möglichkeit nicht. Besonders gravierend sind jene Fälle, in denen auf Grund von gesundheitlichen Beschwerden – es wird jeder einmal krank; jeder kann in solch eine Situation kommen – eine Betriebsschließung erfolgen muss, gleichzeitig eine Pensionszuerkennung aber nicht möglich ist. Dazu kommt noch, dass Gewerbetreibenden aus der gesetzlichen Krankenversicherung auch kein Krankengeld zusteht.

Gerade für Inhaber kleinerer Unternehmen wäre es sinnvoll, die derzeit nur wenig hilfreiche Regelung der Arbeitslosenversicherung für Selbständige durch das frühere Arbeitslosenversicherungsmodell, wie es vor dem 1. 5. 1996 gegolten hat, zu ersetzen. Danach kann jeder Unternehmer, der früher einmal unselbständig beschäftigt war – das waren die meisten –, bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen Arbeitslose beziehen und damit zumindest eine gewisse Zeit überbrücken.

Wohlgemerkt: Das ist kein Geschenk an Unternehmer, sondern ein legitimer Anspruch, weil sie als unselbständig Beschäftigte auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bezahlt haben. Wir wissen: Kein Meister fällt vom Himmel. Jeder muss zuerst einmal Gesellenjahre absolvieren, während denen er meistens angestellt ist. Bis derjenige die Meisterprüfung machen kann, ist er oft bereits 35, 40 Jahre alt. Er hat also seine Beiträge geleistet, um zumindest kurzfristig dafür auch diese Leistungen beziehen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf diese Art würden Unselbständige und Selbständige gleichgestellt. Frau Sozialministerin! Ich glaube, es wäre ein Gebot der Fairness, bei der nächsten Reform an diese Gruppe zu denken, damit in diesen speziellen Situationen soziale Gerechtigkeit für alle Bevölkerungsgruppen hergestellt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.51

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Drochter zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.51

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf meinem Vorredner Recht geben, und ich habe auch Verständnis, wenn er aufzeigt, dass es auch Selbständige gibt, die wirtschaftlich in eine schwierige Lage geraten, wenn sie krank werden oder ihren Betrieb schließen müssen. Es ist aber für einen Anspruch Voraussetzung, dass man permanent und regelmäßig Beiträge zahlt, genauso wie die Unselbständigen.

Der eigentliche Grund, warum ich mich nochmals zu Wort gemeldet habe, war, dass es doch eine Reihe von Rednern der Österreichischen Volkspartei und der FPÖ gegeben hat, die der SPÖ Realitätsverweigerung vorgeworfen haben. Ich darf dem mit aller Vehemenz widersprechen und darauf hinweisen, dass wir eben andere Ansätze zur Lösung der anstehenden Problematik haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Beiträgen der Sprecher der Freiheitlichen und der Österreichischen Volkspartei war nicht ein einziger sozial verträglicher Vorschlag zu entdecken, der umgesetzt hätte werden können.


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Wir Sozialdemokraten haben eine Reihe von sozial verträglichen Alternativen vorgeschlagen. Sie wurden nur leider von der jetzt amtierenden Regierung überhaupt nicht mit in die Diskussion aufgenommen. Wir verlangen und könnten uns vorstellen, dass man für ältere Kolleginnen und Kollegen so wie in anderen Ländern, in den nordischen Ländern zum Beispiel – das nördliche Europa ist bereits als Beispiel angeführt worden – zeitgerecht altersgerechte Arbeitsplätze schafft. (Bundesrat Ledolter: Zeitgerecht!) – Zeitgerecht, Herr Kollege! (Bundesrat Ledolter: Warum geschah das nicht in den vorangegangenen Regierungsperioden?)

Da waren Sie auch dabei, Herr Kollege! Zur Österreichischen Volkspartei, die uns hier permanent eine unglaubwürdige Kindesweglegung vorführt, komme ich noch. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich könnte mir auch vorstellen, dass es finanzielle Mittel dafür gibt, um auch älteren Kolleginnen und Kollegen die Chance der Höherqualifizierung beziehungsweise die Möglichkeit, sich dem Qualifikationsbedarf anzupassen, zu geben. Ich glaube auch, dass es Sinn machen würde, wenn man älteren Kolleginnen und Kollegen ab einem gewissen Alter einen besseren Kündigungsschutz zugestehen würde. Ich denke, dass man auch die Arbeitgeber oder die Unternehmen mit einem stärkeren Malus belasten könnte, wenn sie ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kündigen. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Die Realität ist eine andere!) Ich würde sogar so weit gehen – lassen Sie mich ausreden, Herr Kollege –, dass ich dafür eintrete, dass jene Unternehmerinnen und Unternehmer, die ältere Kolleginnen und Kollegen einstellen, eine Wiedereinstellungsbeihilfe bekommen. (Bundesrat Schaufler: Das ist im neu geplanten Bonus-Malus-System vorhanden, Herr Kollege!) – Ja, Herr Kollege, aber noch lange nicht umgesetzt. (Bundesministerin Dr. Sickl: Wie denn auch, wenn es erst beschlossen wird!)

Würde man die vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen, könnte bis zum Ende dieser Legislaturperiode das durchschnittliche Pensionsantrittsalter in Österreich um mindestens ein Jahr angehoben werden. Stellt man eine Gegenrechnung zu den Mehrausgaben für die Beschäftigungssicherung und eine offensive, konsequente Beschäftigungspolitik an, dann würde man draufkommen, dass sich ein Einsparungsvolumen von mindestens 5 Milliarden Schilling ergibt.

Man könnte auch beim Bundeszuschuss zu den Pensionen etliche Milliarden einsparen, wenn man bei den Selbständigen und bei den Bauern den Eigenfinanzierungsgrad erhöhen würde. Die Frau Bundesministerin wird es sicherlich nicht verabsäumen, uns den Eigenfinanzierungsgrad der Selbständigen und der Bauern bei den Pensionen zu sagen. (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. ) Dieser liegt bei den Bauern knapp unter 32 Prozent und bei den Selbständigen nicht einmal bei 50 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind auch für eine gerechtere Finanzierung der Ersatzzeiten, auch das wäre eine Überlegung. (Bundesrat Ledolter: Gott sei Dank, dass Sie nicht mehr das Sagen haben!)

Ich glaube, dass es schon lange an der Zeit wäre – es war dies unter der SPÖ/ÖVP-Regierung nicht möglich –, dass wir zu einer gemeinsamen Bekämpfung der illegalen Beschäftigung kommen. Des Öfteren habe ich schon darauf hingewiesen, dass durch eine Bekämpfung der organisierten illegalen Beschäftigung, die sich in Österreich fast gleichmäßig über alle Branchen verteilt – nur wurde das (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon ) in der vergangenen Legislaturperiode von der Österreichischen Volkspartei abgelehnt –, Milliarden an Sozialversicherungsbeiträgen mehr eingezahlt werden und auch die Steuereinnahmen um Milliarden höher sein würden.

Auch heute wurde bereits öfters der Milliardenschuldenstand angesprochen. Es ist nicht schön und auch nicht zu bejubeln, dass wir 1 600 oder 1 700 Milliarden Schilling Schulden haben. (Bundesrat Ledolter: Das ist leider die Wahrheit!) Meine sehr geehrten Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei! Ich darf Ihnen aber auch sagen und in Erinnerung rufen, dass die Staatsschulden während der SPÖ-Alleinregierung, also von 1970 bis 1983, um 1,7 Prozent gestiegen sind, während der gemeinsamen Regierung SPÖ/Freiheitliche Partei um zirka 0,3 Prozent und während der "segensreichen" Regierungszeit mit der Österreichischen Volkspartei, meine sehr geehrten Damen und Herren der ÖVP, in den Jahren 1986 bis 1999, also mit Ihrer Zustimmung, mit Ihrer Verantwortung, um 2,6 Prozent gestiegen sind! (Bundesrat Ledolter:


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Unter sozialdemokratischen Finanzministern!) Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, ob Sie wollen oder nicht. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Sind wir auch für Ihre Parteischulden zuständig? – Bundesrat Thumpser: Typisch Kindesweglegung!)

Ich bin noch nicht am Ende meiner Ausführungen, meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten 30 Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren ... (Weitere Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein bisschen etwas zur Erläuterung: Lieber Herr Kollege! Da Sie aus der Privatwirtschaft kommen, könnte ich Ihnen auch sagen, wie viele Pleiten es im Jahre 1999 gegeben hat. Allein die zehn größten Pleiten – ich könnte sie Ihnen vorlesen – wiesen eine Schadenssumme von weit über 6 Milliarden Schilling auf. (Bundesrat Ing. Gruber: Konsum!)

Das wollte ich gar nicht sagen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zahlen, die ich jetzt sage, sind wirklich ... (Bundesrat Dr. d′Aron: Bank Burgenland! – Bundesrat Ing. Scheuch: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: War da die SPÖ wieder nicht verantwortlich?)

Ihnen ist heute bereits vom zuständigen burgenländischen Kollegen gesagt worden, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank Burgenland einer Ihrer engsten Mitarbeiter in der Österreichischen Volkspartei im Burgenland ist. (Bundesrat Ledolter: War der vielleicht verantwortlich?) – Ich mache ihn nicht verantwortlich, ich will das an sich auch gar nicht sagen. Es ist nur so, wenn Sie derart unqualifizierte Zwischenrufe machen, erlaube ich mir auch, Ihnen Antwort zu geben.

Meine Damen und Herren! Nun zu meinen letzten Sätzen, bitte hören Sie mir zu! In den letzten 30 Jahren, also von 1969 bis 1999, wurden den Bauern, den Selbständigen vom Bund aus Steuermitteln 510 Milliarden Schilling zur Finanzierung der Pensionen zugeschossen. Die Krankenkasse der Bauern erhielt im gleichen Zeitraum zur Finanzierung vom Bund einen Zuschuss in der Höhe von 17 Milliarden Schilling. Die Bauernkrankenkasse ist die einzige Krankenkasse, die in Österreich Bundeszuschüsse erhält – ich sage das nur der Gerechtigkeit halber dazu. (Bundesrat Hensler: Wo sind denn unsere Kinder? Wo sind denn unsere Kinder? Wo sind die Bauernkinder?)

Lieber Herr Kollege! Das hat mit den Kindern nichts zu tun. Ich nenne nur Zahlen, so wie Sie der SPÖ die Bundesschulden in der Höhe von 1 700 Milliarden Schilling vorwerfen. Ich sage Ihnen leidenschaftslos, was davon auf Leistungen an die Bauern, an die Selbständigen, an deren Krankenkassen und Pensionsversicherungen entfällt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Marizzi zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.01

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf die Ausführungen des Kollegen Schöls eingehen, den ich persönlich sehr schätze – du weißt es. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls. ) Er hat aber eine Aussage gemacht, die ich analysieren beziehungsweise der ich widersprechen will.

Er hat dem Neoliberalismus eine klare Absage erteilt. Das freut mich von dir, Kollege Schöls! Du hast aber anscheinend die Ausgabe von "News" nicht gelesen, in der der Klubobmann der ÖVP, Herr Abgeordneter Dr. Khol, ausgeführt hat, Margret Thatcher sei sein politisches Vorbild. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schöls: Alfred Gusenbauer hat Che Guevara als Vorbild genannt!)

Nein, das regt mich überhaupt nicht auf, Kollege Schöls! Mich interessiert Che Guevara nicht, mich interessieren die Reformen der österreichischen Bundesregierung. Genau das, was du gesagt hast, ist jetzt letztendlich die Ursache dafür, dass mit einem neuen Neoliberalismus in


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Österreich der Sozialstaat umgebaut werden soll. Selbstverständlich bin auch ich überzeugt und weiß das auch selbst, dass Pensionssysteme, Sozialversicherungssysteme nach einer gewissen Zeit reformiert werden müssen. Ich füge noch hinzu, dass wir nicht so dumm oder solche "Betonschädel" sind, dass wir nicht wüssten, dass Pensionssysteme reformiert werden müssen. Das wurde heute ausführlich diskutiert. (Bundesrat Ledolter : Das sagst du aber in die falsche Richtung!)

Moment! Es kommt jedoch erstens auf die Geschwindigkeit, zweitens auf das Vertrauen und drittens auf die damit verbundene Verteilungspolitik an. Die Verteilungspolitik, die ihr jetzt betreibt, die Geschwindigkeit und die Gerechtigkeit haben den Hauch von Neoliberalismus. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Gruber. ) Genau dort steuern wir hin: mit Geschwindigkeit zur sozialen Ungerechtigkeit der Maßnahmen und zur Verteilung der Lasten zu den kleineren Leuten. Ich könnte das mit Beispielen unterfüttern.

Nun zum zweiten Punkt, warum ich mich gemeldet habe, Kollege Schöls! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einmal eine Koalition mit den Freiheitlichen gehabt. Kollege Drochter hat das anhand der Zahlen in der Budgetentwicklung ganz genau analysiert, und wir haben dann 13 Jahre lang eine Koalition mit der Österreichischen Volkspartei gehabt. Wir waren nie so vermessen – weder vorher, als wir mit den Freiheitlichen in einer Koalition waren, noch nachher –, auf den ehemaligen Koalitionspartner hinzudreschen oder das Erinnerungsvermögen zu trüben. (Bundesrat Rodek: Da warst du noch gar nicht im Bundesrat!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Wart ihr 13 Jahre auf Urlaub, oder habt ihr 13 Jahre geschlafen, oder waren wir in einer Koalition? (Beifall bei der SPÖ.)

Heute wurde manchmal dahergeredet, es wären nur Herr Edlinger und Herr Klima gewesen. (Bundesrat Schaufler: Und auch Vranitzky! Und auch Lacina!) – Oder wer immer! Liebe Freunde! Glaubt mir – ihr wisst das selbst so gut wie ich –, dass im Ministerrat nur gemeinsame Beschlüsse gefasst werden. Darum hört auf mit dieser "Walze", dass ihr euch jetzt von diesen 13 Jahren Koalition verabschiedet. Wir haben all das gemeinsam beschlossen, es waren auch gute Jahre dabei, und wir alle haben gemeinsam Fehler gemacht, genauso wie Sie in Zukunft auch Gutes und auch Fehler machen werden. Aber was haben Sie heute in der Debatte nicht alles versucht, um es so darzustellen, als wären es 13 Jahre SPÖ-Schuldenpolitik gewesen! Was war denn der Schüssel-Ditz Kurs? Wer hat den Kassasturz verlangt? Wer war der Wirtschaftsminister? – Lernen Sie bitte Geschichte oder erinnern Sie sich zurück! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mag. Gudenus. )

14.06

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Schaufler zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.06

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Verehrte Damen, geschätzte Herren! Ich erinnere mich an einen ehemaligen Finanzminister, einen Wiener, der in seiner wienerisch-schnoddrigen Art einen Sager rund um die Knackwurst geprägt hat. Sie alle erinnern sich, es ist nicht so lange her. (Bundesrätin Fuchs: Recht hat er gehabt!)

Ich möchte Ihnen dazu Folgendes sagen: Wo immer im Wesentlichen die Sozialdemokratie über Geld verfügt, ist bald keines mehr. Denn die Knackwurst, die der Exfinanzminister angesprochen hat, auf die er keinen Schwarzen aufpassen lassen wollte, ist längst nicht mehr vorhanden. Denn überall dort, wo Rote Finanzpolitik machen, ist alles verschwunden. So beim "Konsum", so im Bund, so im Burgenland – hören Sie mir zu –, so in der SPÖ-Parteikasse. (Bundesrat Boden: Was war in Deutschland? – Bundesrätin Mag. Trunk: Bei euch auch!)

Die SPÖ hat sich in den letzten Jahrzehnten mehrmals gewandelt – das habe ich miterlebt –: von der sozialistischen Partei zur Sozialdemokratischen Partei und schlussendlich zur Spenderpartei. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk:


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Die ÖVP aber auch! Das Christlich-Soziale habt ihr am Weg verloren! – Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und der SPÖ.)

14.07

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe im Moment nichts dagegen, wenn die Diskussion im Saal weitergeht. Die Frau Bundesministerin ist kurzfristig aus dem Raum gegangen. Sie wäre die nächste Rednerin. Ich glaube, es gebietet die Höflichkeit, zu warten, bis sie wieder da ist, damit sie ihre Stellungnahme abgeben kann. Ich frage inzwischen, ob es eine Wortmeldung gibt? – Nein, dann unterbreche ich die Sitzung für die wenigen Augenblicke, bis die Frau Ministerin wieder im Saale ist.

(Die Sitzung wird um 14.08 Uhr unterbrochen und um 14.09 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Am Wort ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.

14.09

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich freue mich, dass ich heute bei Ihnen zu Wort kommen darf. Ich freue mich auch über die trotz mancher Zwischenrufe sehr sachlich geführte Diskussion, denn ich meine, dass die Zwischenrufe eine Debatte sehr spritzig und abwechslungsreich gestalten.

Ich möchte Ihnen zunächst ein paar Zeilen aus einem Interview des Universitätsprofessor Dr. Erich Streissler vorlesen, der ein Pensionsexperte ist und der feststellt: Ein späterer gesetzlicher Pensionsantritt bedeutet keineswegs, dass Kranke gezwungen würden, sich noch länger abzurackern. Für den Einzelfall früher Krankheit ist ohnehin die Invaliditätspension vorgesehen. Nach einer Erhebung der "Statistik Österreich" fühlen sich 17 Prozent der 60- bis 65-jährigen Männer sehr und 46 Prozent gesund, während in dieser Altersklasse nur noch 7 Prozent berufstätig sind; bei den Frauen ist es ähnlich. 56 Prozent der gesunden Männer arbeiten also in dieser Altersklasse nicht mehr. Im Schnitt gehen die Österreicher bei erfreulich blühender Gesundheit in Pension.

Es ist heute in den Wortmeldungen auch schon angeklungen, dass es uns darum geht und ein Anliegen ist, dieses an sich gute System zu reformieren, sodass die Sicherheit für die Zukunft erhalten bleibt. Ich möchte ganz klar sagen, diese einhellige Stellungnahme zu dem System unserer Sozialversicherung hat mich sehr beruhigt, vor allem in Bezug auf die Solidarität, welche die Sicherheit für alle bietet. Wenn Einkommensstarke für Einkommensschwache, Gesunde für Kranke, besser verdienende Männer für weniger gut verdienende Frauen mit verdienen, dann ist das ein System, das für alle ein sicheres Netz bietet und das wir erhalten müssen. (Allgemeiner Beifall.)

Dass dieses System, meine Damen und Herren, in Wahrnehmung hoher politischer Verantwortung auch ständig eine Systempflege braucht und dass die demographischen Veränderungen einfließen müssen, dessen sind wir alle uns auch bewusst. Dass die heutige Reform, die wir nun einmal als einen notwendigen ersten Schritt Platz greifen lassen müssen, beschlossen werden muss, und zwar so rasch wie möglich, wissen auch alle, obwohl es die Oppositionskollegen nicht wahrhaben und nicht gelten lassen wollen.

Ich möchte sagen, es ist ganz wichtig, dass wir auch in Zukunft unser System erhalten und dass es nicht zu einem extremen kapitalistischen Denken kommen darf, wonach Arme immer ärmer und Reiche immer reicher werden. (Allgemeiner Beifall.) Gerade ich als Sozialministerin möchte ganz klar und deutlich sagen, dass das mein hohes soziales Anliegen auch bei allen Maßnahmen, die in dieser Regierung Platz greifen, ist.

Ich darf kurz zu dem heute zur Debatte stehenden Gesetz, dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, Stellung nehmen, bei dem es um zwei Punkte geht:


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Einerseits geht es um die notwendige Demokratisierung der Gremien der Sozialversicherungsträger, andererseits geht es um die Reaktion Österreichs auf das EuGH-Erkenntnis vom 23. Mai.

Ich darf zur Demokratisierung der Sozialversicherungsträger sagen: Das ist ein unbedingt notwendiges Nachholverfahren, das deshalb Platz zu greifen hat, weil der Zustand bisher unhaltbar war. Der Präsident hat nach Ermessen, also quasi willkürlich, über die Besetzung dieser Gremien verfügt. Heute erfolgt diese im demokratischen Verfahren nach d’Hondt. Das soll aber nur ein Zwischenschritt sein, denn wir möchten, dass letztendlich Ende 2000 direkte Wahlen stattfinden.

Ich möchte dem Vorwurf des Kollegen Drochter, der gesagt hat, dass dieses System und dieses Gesetz nicht der Demokratisierung, sondern lediglich der Parteipolitik dienen, entgegenhalten, dass die Demokratisierung das Ziel ist. (Bundesrat Drochter: Das habe ich nicht gesagt!) – Es ist auch in Zwischenrufen so zum Ausdruck gekommen. Ich darf sagen: im Gegenteil.

Ich darf Ihnen dazu einen Beweis liefern: Bei mir waren Vertreter der Sozialversicherungsanstalt der Eisenbahner. Sie haben die große Sorge deponiert, dass durch dieses Gesetz ihre spezielle Situation – es ist eine kleine bundesweite Organisation – unter die Räder kommen könnte und die von ihnen zu vertretenden Personen durch diese Neuregelung betroffen sein könnten. Darauf habe ich gesagt: Um Gottes willen, das darf nicht passieren. Wir wollen demokratisieren, und wir werden auf ihre spezielle Situation Rücksicht nehmen. – Das ist auch im Gesetz passiert. Die Zusammensetzung der Gremien wird nach den Betriebsratswahlen erfolgen. Also das ist der Beweis, dass es uns sehr wohl um die Demokratisierung geht.

Ich darf noch etwas anführen, was uns Kollege Drochter vorgehalten hat, nämlich dass es für die Beamten keine Lösung gibt. Das ist richtig, aber im Zuge des zweiten Schrittes, nämlich bei der Festsetzung von direkten Wahlen, wird es natürlich auch die Beamten betreffen. (Bundesrat Drochter: Nachgeholt! – Bundesrat Schöls: Wobei Direktwahlen noch nicht ausverhandelt sind!)

Ich darf nun auf den notwendigen Schritt zu sprechen kommen, nämlich die Reaktion auf das EuGH-Erkenntnis. Als Erstes darf ich darauf hinweisen, es ist doch nicht so, wie die Kollegen von der SPÖ betont haben, dass nun auf diese Art Kranke nicht mehr in Pension gehen können. § 255 (4) schafft ein wortgleiches Auffangnetz für alle Berufsgruppen: für Selbständige, also Bauern und Gewerbetreibende, für gelernte und ungelernte Arbeitnehmer. Damit wird einem lang gehegten Wunsch, dass ungelernte Arbeitnehmer einen erhöhten Berufsschutz bekommen – durch dieses Gesetz bekommen sie einen erhöhten Berufsschutz –, Rechnung getragen, alle werden gleich behandelt.

Ich möchte auf die Flexibilität der Regierungsfraktionen hinweisen. Im Ausschuss ist der Einwand von Seiten der Opposition gekommen, dass zwölf Jahre gleichförmige Tätigkeit zu lange seien – nicht 144 Monate, sondern 120 Monate. Das haben wir ernst genommen, und wir haben entsprechend reagiert: Im Gesetz stehen jetzt 120 Monate.

Ich möchte auf einen Zwischenruf, der von der Seite der SPÖ gekommen ist, eingehen, in dem es zu diesem Thema geheißen hat, dass sozusagen drei Jahre übrigbleiben. Da wurde gefragt: Was passiert mit diesen drei Jahren? – In diesen müssen die Menschen arbeitslos sein. – Darum geht es nicht. In diesem Paragraphen steht: Es wird ein Invalider nur mehr auf eine bestimmte Tätigkeit vermittelt. Es werden die letzten 15 Jahre berücksichtigt. Innerhalb der 15 Jahre muss er zehn Jahre lang die gleichförmige Tätigkeit ausgeübt haben. – Also in diesem Zusammenhang von einer Arbeitslosigkeit zu sprechen, trifft den Nagel tatsächlich nicht auf den Kopf.

Ich darf darauf eingehen, wie denn überhaupt diese Pensionsform der geminderten Arbeitsfähigkeit entstanden ist. – Sie ist als ausgesprochene Ausnahme vom System im Jahre 1993 entstanden, als man beschäftigungspolitische Maßnahmen setzte (Beifall bei Bundesräten der ÖVP) und damit gewisse große Unternehmungen entlasten wollte, indem man diese Arbeitnehmer in Pension geschickt hat. Damals ist der Tätigkeitsschutz festgehalten worden, der auch


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nicht unbedingt dem System entspricht. Man hat 1996 im Hinblick auf die Tatsache der schweren Finanzierbarkeit das Pensionsantrittsalter für die Männer auf 57 Jahre angehoben. Diese Ungleichbehandlung wurde jetzt vom EuGH aufgehoben.

Zu einem weiteren Vorwurf des Kollegen Drochter, der von 5 000 Fällen gesprochen hat, möchte ich Folgendes sagen: Es gibt 3 464 Anträge, die jetzt auf Entsendung in die Frühpension gestellt worden sind. Es ist nicht so, dass diese Anträge nicht behandelt werden, sondern ich darf Ihnen zur Kenntnis bringen, dass nach den vorliegenden Zahlen unserer Pensionsversicherungsträger in der Zeit von 1. Mai bis 1. Juni insgesamt 3 464 Anträge auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit beziehungsweise wegen Erwerbsunfähigkeit gestellt worden sind.

Die Pensionsversicherungsträger können diese Anträge nur im Vollzug der bestehenden Gesetze behandeln. (Bundesrat Drochter: Aber sie werden nicht behandelt!) – Sehr wohl werden sie behandelt. In dem heute dem Bundesrat zur Beschlussfassung vorliegenden Gesetzesbeschluss des Nationalrates sind für solche Anträge entsprechende Übergangsregelungen enthalten.

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen hat am 15. 5. 2000 einen entsprechenden Erlass an den Hauptverband gerichtet, in dem die Vorgangsweise der Pensionsversicherungsträger für die verschiedenen Fallgruppen genauer festgelegt wird. Die Vorgangsweise für Anträge, die zwischen dem 23. 5. und 30. 5. gestellt worden sind, ist daher ganz genau festgelegt. Die Pensionsversicherungsträger werden dementsprechend vorgehen, sobald das Bundesgesetz ordnungsgemäß im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden ist. (Bundesrat Drochter: Ich habe eine Frage, Frau Ministerin! Bekommen diese einen Bescheid?)

Es muss noch einmal gesagt werden, die Pensionsversicherungsträger lassen somit die gestellten Pensionsanträge nicht fahrlässig liegen – ich glaube, es ist wichtig, das auch im Interesse der Träger zu sagen –, sondern sie handeln entsprechend den rechtsstaatlichen Prinzipien.

Ich darf auch noch auf das Fallbeispiel eingehen, das Sie, Herr Kollege Drochter, geliefert haben, als Sie von einer Benachteiligung eines 57-jährigen Arbeitnehmers sprachen. Dieser Fall wurde von den Experten nachgerechnet. Ich darf Ihnen sagen, dass das nicht stimmt, was Sie gesagt haben.

Wenn jemand mit 57 Jahren und 52 Versicherungsjahren (Bundesrat Drochter: 42!)  – 42 Versicherungsjahren – in Pension geht (Bundesrat Drochter: Wer zuckerkrank ist und hohen Blutdruck hat!), so bekommt er eine Pension in der Höhe von 14 800 S nach der geltenden Regelung. Nach der zukünftigen Regelung kann er mit 61,5 Jahren und 46 Versicherungsjahren in Pension gehen und hat dann eine Pension in der Höhe von 16 000 S. Das heißt, das ergibt eine monatliche Differenz in der Höhe von 1 200 S zum Vorteil des Pensionisten. (Bundesrat Drochter: Tatsächliche Berichtigung! – Bundesrat Marizzi: Nein, sie soll uns das schriftlich geben!) Wenn man diese auf die Pensionserwartungszeit umrechnet, so sind das 420 000 S. Das heißt, der Entfall dadurch, dass dieser Bürger einige Zeit Arbeitslosengeld beziehen musste, wird durch die höhere Pension kompensiert.

Ich möchte in dem Zusammenhang doch auch darauf eingehen, dass es immer wieder heißt, dass diese Bundesregierung einen Sozialabbau betreibt, gerade wieder im Zusammenhang mit diesem Beispiel. Im Gegenteil! Es geht uns darum, das soziale Netz für die Zukunft zu sichern und sicherzustellen, dass die Pensionen in Zukunft bezahlt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Frau Kollegin Trunk versucht, die Stimmung zu erzeugen, dass Alt und Jung auseinander dividiert wird, dann muss ich sagen, das ist doch keineswegs der Fall. Im Gegenteil: In all meinen Aussagen betone ich immer, dass es wichtig ist, sowohl die Aktiven zu schützen, damit sie zukünftig in Pension gehen können, als auch die derzeitigen Pensionisten, die noch länger ihre Pension beziehen möchten.


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Wenn Kollegin Trunk sagt, diese Reform sei nicht weitsichtig, dann möchte ich erwidern, dann war auch Kollege Edlinger nicht weitsichtig, wenn er eine Hinaufsetzung des Pensionsantrittsalters für Frühpensionisten um zwei Jahre verlangt hat. Wir verlangen lediglich eine Anhebung um ein Jahr. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Aber mit anderen Abschlägen und später! Aber mit anderen Abschlägen! Das müssen Sie zugeben! Aber mit anderen Abschlägen und später! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Abschläge in der Höhe von 2 Prozent gelten doch jetzt schon. Ab 1. Jänner 2000 haben wir auf Grund der Pensionsreform 1997 bereits Abschläge in der Höhe von 2 Prozent. Unsere vorgesehenen Abschläge von einem zusätzlichen Prozentpunkt sind wirklich außerordentlich moderat. (Bundesrätin Fuchs: Für den Betroffenen aber nicht!) Man muss noch hinzufügen, wenn die Pensionsreform ab 1. Oktober 2000 in Kraft tritt, werden nur die Abschläge in der Höhe von 2 Prozent plus dem aliquoten Teil – auf 1,5 Jahre von diesem 1 Prozent aufgeteilt, also das sind hundertstel Prozentpunkte – abgezogen.

Diese Reform ist sehr moderat. Sie sprechen davon, dass diese Reform überfallsartig sei. Angesichts dessen, dass jemand mit 60 Jahren am 1. Oktober nicht in Pension gehen darf, sondern erst zwei Monate später und dann mit einem Abschlag in der Höhe von 2 Prozent, der ohnehin schon gilt, und zusätzlich minimalen zehntel, hundertstel Prozenten von dem 1 Prozent, von überfallsartig und sozial unverträglich zu sprechen, trifft den Nagel wirklich nicht auf den Kopf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf auch dazu sagen, dass doch alles, was wir heute tun – wir nehmen diese Anschuldigungen bezüglich überfallsartig in Kauf, es ist aber nicht angenehm, wie wir das heute machen müssen –, in Verantwortung für die Zukunft geschieht. Wir tun das auch in sehr genauer Übereinstimmung mit den Gutachten, die in der vergangenen Legislaturperiode eingeholt worden sind. Professor Bernd Rürup, der von der Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode herangezogen worden ist, hat dasselbe gesagt, was wir heute sagen, nämlich dass die Hinaufsetzung des Pensionsantrittsalters notwendig ist, eine Conditio sine qua non darstellt. Wir machen das sehr moderat.

Ich darf Ihnen sagen, wenn heute in der Schweiz über ein Pensionsantrittsalter von 69 Jahren diskutiert wird, dann ist doch das, was wir heute vorhaben – erlauben Sie mir ein Wienerisches Wort –, wirklich ein Lercherl. (Zwischenruf des Bundesrates Winter. ) – Wenn Sie sagen, dass das zynisch ist, dann muss ich Ihnen entgegnen, das ist nicht zynisch, sondern verantwortungsbewusst.

Ich darf auch darauf eingehen, was Kollege Schöls im Zusammenhang mit dem Parlament und mit dem etwaigen Umgehen der Begutachtung gesagt hat. Wenn auch nur eine leise Anspielung auf mein Ministerium beinhaltet sein sollte, so möchte ich dazu sagen: Das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz ist ein Initiativantrag – das ist richtig –, unterlag aber dem Begutachtungsverfahren.

Die notwendige Reaktion auf das EuGH-Urteil ist ein Abänderungsantrag. Über Wunsch der Oppositionsparteien wurden die Verhandlungen im Ausschuss unterbrochen, und es wurde ein sehr ausführliches, einen ganzen Tag lang dauerndes Hearing im Ausschuss abgewickelt, in dem alle Parteien die Möglichkeit hatten, die von ihnen gewünschten Experten zu Wort kommen zu lassen. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig. Ich persönlich möchte betonen, wie sehr ich mich zum Parlamentarismus bekenne.

Es ist auch noch gesagt worden, dass diese Bundesregierung nicht bereit ist, über sinnvolle beschäftigungspolitische Maßnahmen, die die Opposition beziehungsweise die Arbeitnehmerseite vorschlagen, zu verhandeln.

Ich darf Ihnen sagen, das stimmt nicht. Gestern fanden Sozialpartnergespräche auf Minister- und Präsidentenebene statt. Da haben wir eine Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer aus den Töpfen Unfallversicherung und Insolvenzausgleichsfonds vorgeschlagen. Es wurde von der Arbeitnehmerseite abgelehnt, überhaupt nur darüber zu sprechen (Oh-Rufe


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bei der ÖVP), und es ist gesagt worden, wir sprechen über beschäftigungspolitische Maßnahmen nur, wenn unser Pensionsreformpaket aufgemacht und völlig neu verhandelt wird.

Meine Damen und Herren! Das kann es nicht sein. Sie wissen genau, diese Eckpunkte müssen Platz greifen und sind äußerst sozial verträglich, sonst passiert uns dasselbe, was den Vorgängern in der letzten Legislaturperiode passiert ist, nämlich dass die Reform einfach nicht greift. Das wollen wir nicht, aber es wäre sinnvoll, dass man zusätzlich über beschäftigungspolitische Maßnahmen verhandelt. Kollege Bartenstein hat der Pensionsreform ein Paket von beschäftigungspolitischen Maßnahmen angeschlossen, beides gemeinsam wurde im Ministerrat beschlossen und ist jetzt gemeinsam in der parlamentarischen Behandlung.

Wenn die Oppositionsparteien noch weitere beschäftigungspolitische Maßnahmen hineinreklamieren, so hätte man sinnvollerweise auch über diese sprechen können, aber hier beißt man auf Granit. Angesichts dessen muss ich sagen, das ist diese negative Energie, in der derzeit manche Politiker gefangen sind – sehr zum Nachteil, so möchte ich sagen, unserer österreichischen Bürgerinnen und Bürger. Denn wir sollten über alles sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir sollten – basierend auf der großen Übereinstimmung, was unsere Auffassung von der Sozialpolitik ganz grundsätzlich, von Solidarität, von Sozialversicherung anlangt, basierend auf all diesen Fakten, zu denen wir stehen – auch in diesen Details das Gespräch finden.

Wenn wieder die Ersatzzeiten und deren Finanzierung aus den verschiedenen Töpfen angeschnitten werden, so möchte ich sagen, das wird natürlich ein Thema für die weitere notwendige Systempflege sein. Die Expertenkommission wird sich damit beschäftigen müssen.

Es ist auch das Thema Eigenfinanzierung der Bauern und der Gewerbetreibenden angeschnitten worden. Die in unserem Koalitionsübereinkommen vorgesehenen 250 Millionen werden erbracht werden, obwohl man besonders bei den Bauern sieht, wie schwierig deren Situation ist, da sie 60 Prozent Pensionisten haben.

Ich darf in diesem Zusammenhang sagen, der Bundesbeitrag in der Krankenversicherung der Bauern wird, so wie es jetzt aussieht, auch fallen, sodass wir auch diese Gruppe sozusagen einer Gleichschaltung zuführen.

Es wird in Zukunft sicher auch bei der langfristigen Systempflege das Problem sein, dass wir keine verschiedenartige Behandlung der verschiedenen Berufsgruppen zulassen werden können, sondern dass wir versuchen müssen, dass es zu einer Gleichbehandlung kommt.

Ich darf abschließend noch sagen, weil auch immer wieder das Thema EU angeschnitten wird: Wenn wir diese Pensionsreform vollziehen, dann sind wir EU-weit gesehen immer noch an der untersten Grenze, was das Pensionsantrittsalter anlangt. Ich darf Ihnen ergänzend mitteilen, dass von Seiten der EU eine Empfehlung an Österreich ergangen ist, eine Pensionsreform durchzuführen. Erfreulicherweise ist in Europa derzeit die langfristige Finanzierung der Pensionen ein allgemeines Thema, und wenn wir uns mit der jetzigen Pensionsreform, aber auch mit der Erkenntnis, dass wir in Zukunft noch weitere Anpassungsmaßnahmen erreichen müssen, auseinander setzen, dann sind wir durchaus mit der EU auf Schiene. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.31

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist auch nicht der Fall.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.


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666. Sitzung / Seite 94

Es liegt zunächst ein Antrag der Bundesräte Professor Kone
cny und Genossen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit.

Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Behandlung des 16. Tagesordnungspunktes kommen, möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Es sind noch 38 Rednerinnen und Redner zu Wort gemeldet. Aber wir haben ein kleines Problem mit der Kühlung dieses Raumes. Es sind nicht nur unsere Debatten sehr heiß gewesen, sondern es ist leider auch eine Kühlmaschine heißgelaufen und musste daher abgeschaltet werden. Es ist die Feuerwache auf dem Dachboden, um alles zu kontrollieren, Sie brauchen also diesbezüglich keine Sorge zu haben, nur ist es hier bei uns halt eher warm.

Es stehen uns zwei große Ventilatoren zur Verfügung, die wir aufstellen könnten, um ein bisschen Kühlung zu verschaffen. Nur haben diese Ventilatoren einen Nachteil: Es bläst einem entweder die kühle Luft mitten ins Gesicht, oder man bekommt ein steifes Genick, oder es ist sonst irgendwie unangenehm. Also, wie gesagt, ich stelle es Ihnen frei, zu entscheiden, ob wir diese Ventilatoren aufstellen sollen oder nicht.

Wenn jetzt die Mehrheit sagt: Es macht nichts, wenn wir ein steifes Genick bekommen, wichtig ist, dass es kühler wird!, dann stellen wir die beiden Ventilatoren auf.

Wenn Sie aber meinen, wir halten die Hitze noch aus, dann lassen wir die Ventilatoren dort, wo sie sind, und kühlen unser Mütchen nicht gerade bei grausigen Diskussionen, sondern versuchen, alles in Ruhe und kühl über uns ergehen zu lassen.

Die Haustechnik hat sich bemüht, aber auf Grund der Außentemperaturen ist eine der Kühlmaschinen heißgelaufen, und die Feuerwache hat veranlasst, dass sie abgedreht wird.

Wie gesagt, wenn jetzt die Mehrheit sagt, es mache nichts, wenn es zieht, dann holen wir die Ventilatoren (Rufe: Nein!), wenn Sie aber meinen, es genüge, wenn die Herren die Sakkos ausziehen, dann machen wir es ohne Ventilatoren. (Rufe: Ohne Ventilatoren!) – Gut. Dann ist das geklärt.

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation (Bundes-Seniorengesetz) geändert wird (138/A und 151/NR sowie 6114 und 6134/BR der Beilagen)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten. (Bundesrat Hager befindet sich nicht im Sitzungssaal.)


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Ist der oder die Ausschussvorsitzende im Raum? (Bundesrat Wolfinger: Hier!)  – Dann darf ich bitten, dass Sie so freundlich sind und den Bericht bringen.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für soziale Sicherheit und Generationen über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation (Bundes-Seniorengesetz) geändert wird.

Der Inhalt dieses Gesetzesbeschlusses liegt allen Bundesrätinnen und Bundesräten in schriftlicher Form vor, daher brauche ich ihn nicht zu verlesen.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf gleich hier stehen bleiben, da ich als erster Redner zu Wort gemeldet bin.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ja. – Ich danke Ihnen für die Berichterstattung.

Es ist an sich sonst nicht üblich, dass Berichterstattung und Wortmeldung von ein und derselben Person abgegeben werden, aber in diesem konkreten Fall bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie den Bericht erstattet und im Namen des Ausschusses den Antrag gestellt haben.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich darf Sie, Herr Bundesrat Wolfinger, jetzt bitten, das Wort zu ergreifen.

14.37

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Es wird sicherlich nicht mehr so heiß debattiert werden wie beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt.

Geschätzte Damen und Herren! Wir haben heute ein Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation, das so genannte Bundes-Seniorengesetz, zu beschließen.

Nach jahrelangen Bemühungen der Seniorenorganisationen Österreichs ist es nun gelungen, ein Bundes-Seniorengesetz zu schaffen. In den letzten Jahren hat sich eine große demographische Umwälzung in der gesamten Menschheitsgeschichte vollzogen, die aber noch keineswegs zum Abschluss gekommen ist.

In früheren Zeiten war es nur wenigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern gegönnt, nach einem harten langen Arbeitsleben noch ein paar Jahre des Ruhestandes zu genießen. Die Zahl jener, die über 60 Jahre alt sind, ist in Österreich heute auf 20 Prozent der Gesamtbevölkerung angestiegen. Das sind zirka 1,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Diese Zahl wird sich in den nächsten 30 Jahren auf zirka 2,7 Millionen erhöhen. Das heißt, dass die Zahl der Pensionisten in Österreich bereits jetzt die 2-Millionen-Grenze überschritten hat, und sie wird noch weiter ansteigen.

Für die Teilnahme der Senioren am gesellschaftlichen Leben auf allen Ebenen waren daher entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Österreichische Seniorenrat als gesetzliche Vertretung der älteren Generation muss aber auch in der Zukunft bei der Festsetzung der Richtsätze für die Ausgleichszulagen miteinbezogen werden, und die Wertsicherung der Pensionen ist auch in Verhandlungen der Bundesregierung mit den Vertretern des Österreichischen Seniorenrates als der gesetzlichen Interessenvertretung zu fixieren.

Durch die gesetzliche Anerkennung und Aufwertung des Österreichischen Seniorenrates als Interessenvertretung der älteren Generation wird eine entsprechende Vertretung der Anliegen der älteren Menschen sichergestellt. Daher waren, so meine ich, die jahrzehntelangen Forderungen des Österreichischen Seniorenbundes und der anderen Seniorenorganisationen mehr als gerechtfertigt.


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Es freut mich, nun feststellen zu können, dass die jetzige Bundesregierung durch die nun zur Beschlussfassung anstehende Novelle die Gleichbehandlung der älteren Generation anerkannt hat. Zentraler Punkt dieser Novelle ist die Installierung des Österreichischen Seniorenrates, dem 34 Mitglieder angehören und in welchem schwerpunktmäßig die Seniorenvertreter die Anliegen der älteren Generation endlich tatsächlich mitbestimmen können.

Der Österreichische Seniorenrat wird somit den gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer, der Wirtschaftstreibenden und der Landwirte gleichgestellt. Das heißt, dass der Österreichische Seniorenrat die gesetzliche Interessenvertretung in der Sozialpartnerschaft ist. Somit ist erstmals – durch diese Bundesregierung durchgesetzt – die Mitsprache der älteren Generation gegeben und damit die volle Gleichrangigkeit der Senioren sichergestellt. Dies ist ein weiterer Meilenstein in der Durchsetzung der Rechte für die älteren Mitbürger in unserem Lande.

Ich freue mich, dass wir heute dieses Bundes-Seniorengesetz in der vorliegenden Form beschließen können. Die ÖVP-Fraktion wird diesem Gesetz gerne ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.40

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

14.40

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Dem vorliegenden Gesetz, das wir heute behandeln, kann man eigentlich nur guten Sinnes zustimmen. Es ist an der Zeit, dass endlich ein Bundes-Seniorengesetz geschaffen wird. Es ist an der Zeit, dass die Anliegen der Senioren in einem Ministerium, bei einer Ministerin in diesem Fall, wahrgenommen werden. Es ist dies das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen.

Es ist auch an der Zeit, dass die Senioren ihre gesetzliche Anerkennung und Aufwertung finden. Das war bislang nicht der Fall. Man redet immer nur davon, wie wichtig die Senioren sind, man übersieht aber dabei, dass die Lebenserwartung in den letzten Jahren bedeutend gestiegen ist. Wie die Frau Ministerin auch meinte, wäre es vielleicht auch überlegenswert – andere Staaten tun dies auch –, die Lebensarbeitszeit nach oben hin zu verlängern.

Ich stehe sehr zu diesem Wort: Die Senioren sind ältere Menschen. Das heißt aber nicht, dass sie altes Eisen wären und arbeitsunwillig sind. Unser Sozialstaat funktioniert deshalb auch neben den gesetzlichen Vorlagen so gut, weil die Senioren sehr viele Leistungen erbringen, für die sie keine finanzielle und gesetzliche Absicherung finden.

Für die Teilnahme der älteren Menschen am gesellschaftlichen Leben auf allen Ebenen sind entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen; so steht es auch in den Erläuterungen. Ich meine, die Senioren selbst haben sich diese Rahmenbedingungen zu schaffen und haben sich nicht alles vorsetzen zu lassen.

Wenn der Österreichische Seniorenrat als Interessenvertretung der älteren Generationen eine verstärkte Vertretung der Anliegen der älteren Menschen Österreichs gegenüber den Entscheidungsträgern auf Bundesebene und anderen Bevölkerungsgruppen sicherstellen will, müssen die Senioren auch selbst verstärkt ins öffentliche Rampenlicht treten.

Ich fordere daher auf – wir sind einige hier in diesem Raum, die 60 Jahre alt oder sogar älter sind –, dass die Senioren den Mut haben, aktiv an allen Bereichen, die auch in die Öffentlichkeit gehen und nicht nur im privaten Bereich stattfinden, teilzunehmen. Ich fordere die politischen Parteien auf, davon abzugehen, einer Jugendeuphorie zu folgen – vor 30 Jahren war das nämlich so üblich – und nur junge Leute, sehr junge Leute, auch oft ohne Arbeitserfahrung, in die gesetzlichen Körperschaften zu schicken beziehungsweise zu entsenden und sie dafür aufzustellen.


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Ich bin der Meinung, dass die Senioren ein wertvolles, mit Erfahrung ausgestattetes Humankapital in diesem Staat sind, welches auch in staatlichen, gesetzgebenden Körperschaften verstärkt vertreten sein sollte, und sei es ein Viertel oder ein Fünftel der Volksvertreter, und zwar so viele, wie es in der Altersstruktur vorgegeben ist.

Wir haben gehört, dass ein Fünftel der Bevölkerung Österreichs ältere Menschen sind, und zwar 1,6 Millionen. Wenn ein Fünftel der Volksvertreter über 60 Jahre sein würden, dann würden manche Dinge vielleicht auch für die Jungen besser aussehen, denn die Älteren bringen Lebenserfahrung ein, die Jungen Mut, und gemeinsam würden sie es schaffen: eine Republik Österreich, die sorgenfrei und schuldenfrei ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.44

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schicker. – Bitte.

14.44

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Ich komme Ihren Empfehlungen gerne nach, Frau Präsidentin, ich werde mich kurz fassen. Ich werde meine Ausführungen auch so gestalten, dass ich keine Emotionen wecke und dass es nicht laut und heiß wird. Ich möchte gleich zu Beginn meiner Ausführungen sagen, dass die sozialdemokratische Fraktion diesem Gesetz ihre Zustimmung geben wird, und auch deswegen wird es vielleicht nicht so zu Emotionen kommen, wenngleich ich sagen muss, dass das nicht heißen soll, dass wir nicht zu einigen Punkten dieses Bundes-Seniorengesetzes auch kritische Betrachtungen angestellt haben, da sie unseren Vorstellungen bezüglich einer gerechten Behandlung nicht so entsprechen, wie meine Vorredner es gesagt haben. Ich werde ganz kurz darauf eingehen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Es wird zwar immer behauptet, dass die Beschlussfassung dieses Seniorengesetzes eine Aufwertung der Senioren wäre. Auf der einen Seite stimme ich dem zu, aber wenn wir jetzt wieder hören müssen, dass nach der Novellierung dieses Gesetzes der Seniorenbeirat sozusagen vom Bundeskanzleramt ausgesiedelt wird, dann muss ich auf der anderen Seite sagen: Das ist unserer Meinung nach keine Aufwertung, sondern eine Abwertung. Es ist keine Abwertung, weil es in Ihr Ressort kommt, Frau Bundesministerin, sondern deshalb, weil es viele Seniorenbeiräte gibt und nicht nur um soziale Belange geht. Es geht auch um andere Themen, und unseres Erachtens wäre es gerechter, wenn die nunmehrige Interessenvertretung – deren gesetzliche Anerkennung Inhalt dieses Gesetzes ist und die wir auch positiv bewerten – weiterhin im Bundeskanzleramt angesiedelt wäre.

Ich frage mich – ich glaube, dies fragen sich viele –: Wie verträgt sich das zum Beispiel mit dem Umstand, dass der Seniorenbeirat zwar in den Rang einer gesetzlichen Interessenvertretung wie zum Beispiel jener der Gewerkschaft oder der Bauern oder anderer Gesellschaftsgruppen erhoben wird, aber dann, wenn es um die wichtigsten Anliegen der Pensionisten geht, nämlich bei den Verhandlungen über die Pensionsanpassungen, ausgeschlossen bleibt? (Bundesministerin Dr. Sickl: Das stimmt gar nicht!) – Da frage ich mich: Ist das gerecht?

Ich finde, Frau Ministerin, dass es eine Augenauswischerei ist, wenn ich auf der einen Seite sage: Es ist eine Aufwertung des Seniorenbeirates, der Interessenvertretung der Senioren!, aber auf der anderen Seite bei wichtigen Angelegenheiten und Themen, die die Senioren betreffen, dieser Seniorenbeirat nicht eingeladen wird.

Ich warne davor, dass wir über diese große Gesellschaftsgruppe, nämlich jene der Pensionisten – Herr Kollege Gudenus hat es angesprochen, es geht bald zu der 2-Millionen-Grenze hin –, einfach drüberfahren.

Wir alle – aber insbesondere die jetzige Regierung – werden auch daran gemessen werden, wie wir mit der älteren Generation umgehen. Ich ersuche Sie, in Zukunft diesem Aspekt besondere Priorität einzuräumen, denn unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger haben es sich verdient, dass sie auf allen Ebenen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können – das wurde


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auch schon angeschnitten – und nicht als geduldete Mitbürgerinnen und Mitbürger, sondern als eigenständige Persönlichkeiten behandelt werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Josef Saller das Wort. – Bitte. (Bundesrat Mag. Gudenus: Ein Jugendlicher auf dem Weg zum Seniorenbund! – Bundesrat Prähauser: So jung ist er gar nicht, er schaut nur so aus! – Bundesrat Saller: Nein, nein! Vom Alter her passe ich schon hierher!)

14.47

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf zu Beginn meiner Ausführungen feststellen, dass es bis jetzt viele Entscheidungen in Sachen Senioren gegeben hat, bei welchen die Einbindung der älteren Generation grundsätzlich gefehlt hat und bei welchen sich viele staatliche Institutionen an die Veränderung in Richtung älterer Generation nicht gehalten und sich auch noch nicht daran gewöhnt haben. Das vorliegende Gesetz ist also ein wichtiger und richtiger Schritt bei der Erfüllung der dringend notwendigen Anliegen der älteren Generation. Ich möchte nur einen Punkt kurz hervorheben, und zwar die Seniorenorganisationen und die Förderung der Seniorenorganisationen. (Bundesrat Mag. Gudenus: Diese ist ganz mies!)

Das ist eine wichtige Sache, und das muss man speziell ansprechen. Wenn, wie man weiß, zirka 50 Prozent der Senioren organisiert sind, sei es in politischen oder in überparteilichen Organisationen, dann ist das eine gewaltige Sache, und die Arbeit der Seniorenorganisationen muss man besonders anerkennen und aufwerten.

Ich möchte anhand eines Beispiels, nämlich am Salzburger Seniorenbund – damit man einmal die Größenordnung sieht; ich nehme nur ein Bundesland her, und dabei auch nur eine Organisation von mehreren –, kurz aufzeigen, wie notwendig das ist.

Im Jahre 1999 fanden im Rahmen des Salzburger Seniorenbundes 1 787 Veranstaltungen auf Landes-, Bezirks- und Ortsebene statt: 300 auf Landesebene, 147 auf Bezirksebene und 1 340 auf Ortsebene. Es wurde eine Seniorenschule eingerichtet, und dort gibt es 1 143 Teilnehmer. Dabei geht es um qualitative Veranstaltungen. Diese betreffen Fremdsprachen, Geschichte, Gedächtnistraining, Foto, Video, Kunstgeschichte und und und – diese Aufzählung ließe sich unendlich lang fortsetzen. Außerdem gibt es Bildungswochen, Sporteinheiten, Großveranstaltungen, Erholungsaufenthalte, Feiern und Ausflüge.

Dieses große Paket trifft nicht nur für den Seniorenbund zu, sondern mit Sicherheit in der Vielfalt genauso für SPÖ-Organisationen, FPÖ-Organisationen und überparteiliche Organisationen.

Ich möchte abschließend sagen, dass die Förderungen gerechtfertigt beziehungsweise angebracht, sinnvoll und notwendig sind und das vorliegende Gesetz ein guter, erster Schritt zur Bewältigung der Aufgaben der künftigen älteren Generation ist. – Danke. (Bravoruf und Beifall bei der ÖVP.)

14.51

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl das Wort. – Bitte.

14.51

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich möchte zu diesem Thema ein paar kurze Bemerkungen machen. Ich will betonen, dass es uns darum geht, dass gerade durch dieses Bundes-Seniorengesetz der Generationenvertrag neu belebt wird und dass wir Jung und Alt nicht auseinander dividieren, sondern die Solidarität stärken und klarmachen, dass alle in diesem solidarischen Gedanken auch einen Beitrag zum Wohl der Gemeinschaft leisten müssen. Ich finde es ganz wichtig, zu betonen, dass all das, was die Senioren durch ihre Erfahrung angesammelt haben, ein unverzichtbares Potenzial für die Gesellschaft zu sein hat


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und dass wir daher den Senioren eine institutionelle Möglichkeit schaffen müssen, um all diese Erfahrungen zum Wohle der Republik einbringen zu können.

Wenn wir das Bundes-Seniorengesetz beschließen, so nehmen wir auch eine Vorreiterrolle in der EU ein. Es gibt im Amsterdamer Vertrag den Artikel 13, in welchem eine Diskriminierung von Menschen auf Grund des Alters ausgeschlossen wird, und wenn wir dieses Gesetz beschließen, tragen wir diesem Artikel Rechnung.

Ich werde mich auch bemühen, so bald wie möglich, wenn dieses Gesetz veröffentlicht ist, eine konstituierende Sitzung beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen einzuberufen.

Vieles von dem, was von meinen Vorrednern gesagt wurde, kann ich nur unterstreichen. Ich möchte aber zu den Einwendungen der Frau Bundesrätin Schicker kurz Stellung nehmen. Wenn sie sagt, dass sie es nicht so sehr goutiert, wenn nun der Seniorenrat vom BKA in das Ministerium verlagert wird, darf ich dazu sagen: Wenn wir die verfassungsmäßige Position unserer Ministerien im Vergleich zum Bundeskanzleramt betrachten, so ist der Bundeskanzler Primus inter Pares. Das heißt, alle Ministerien sind einander gleichgestellt. Es müssen einstimmige Ministerratsbeschlüsse gefällt werden, und es gibt keine Weisungen des Bundeskanzlers an die einzelnen Minister. Daher ist es, so glaube ich, formalrechtlich gesehen keine Verschlechterung.

Ich darf noch etwas dazu sagen: Dieses Ministerium ist eben das Ministerium für Generationen und nimmt sich der Jugend und der Familien sowie der Frauen an. Daher passt das sehr gut zusammen. Mein nächster Schritt wird sein, einen Jugendbeirat analog zum Seniorenbeirat zu etablieren, weil ich der Meinung bin, dass wir auch die Jugendlichen nicht übersehen dürfen.

Wenn kritisiert wird, dass die Senioren bei der Pensionsreform nicht mitwirken dürfen und dass das ein schlechtes Zeichen und kontraproduktiv sei, so darf ich Ihnen Folgendes sagen: In der Expertenkommission betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz, in der der Anpassungsfaktor festgesetzt wird – Kollege Blecha nennt das eine bunt zusammengewürfelte Kommission; das muss ich dezidiert zurückweisen; sie besteht aus Experten, und die Senioren sind darin vertreten, und zwar über mein Bemühen, und zwar nicht durch einen Vertreter, der aus dem Bereich des Seniorenbeirates gewählt werden soll, sondern durch drei –, sind die drei größten Parteien durch einen Vertreter präsentiert, also Verband, Ring und Bund sind in dieser Expertenkommission vertreten.

Was die Verteilung der Einmalzahlung im Zusammenhang mit der Pensionsanpassung anlangt, sind die Vertreter des Seniorenbundes, des Ringes und des Verbandes bei mir gewesen, und wir haben uns darauf verständigt, dass einerseits der Anpassungsfaktor durch diese Expertenkommission festgesetzt wird, dass aber dann die Verteilung durch eine Verordnung des Sozialministeriums, bei der sehr wohl die Seniorenvertreter mitwirken können und angehört werden, erfolgt.

Ich glaube, das ist medial nicht richtig berichtet worden, und ich darf das hiemit ins rechte Licht rücken. – Schönen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.56

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein.

Wir kommen somit zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit angenommen.

17. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (117/NR sowie 6135/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth übernommen. Ich bitte sie darum.

Berichterstatterin Monika Mühlwerth: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der letzten Novelle zum Fremdengesetz wird im Fremdengesetz ein eigener Erntehelferstatus geschaffen. Dadurch kann in Hinkunft der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Falle eines kurzfristig auftretenden oder eines vorübergehenden zusätzlichen Arbeitskräftebedarfs per Verordnung Kontingente für die Beschäftigung ausländischer Erntehelfer festlegen.

Mit dem gegenständlichen Gesetzesbeschluss werden diese Erntehelfer von der Pensionsversicherung ausgenommen.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit und Generationen stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Mag. Melitta Trunk das Wort. – Bitte.

14.57

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich ist es nicht negativ, wenn im Fremdengesetz dieser Erntehelferstatus geschaffen wird, weil damit, wie wir aus der Praxis wissen, sehr oft im Bereich der Beschäftigung ein illegaler Status legalisiert wird.

Dennoch halten wir es für bedenklich beziehungsweise ist es nicht unserer vollen Intention entsprechend, dass wir eine unterschiedliche Qualität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich schaffen, nämlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sozialrechtlich voll versichert sind, das heißt, dass Beitragspflichten von beiden Seiten bestehen, und solche, die nur teilweise oder gar keine Beitragspflicht zu leisten haben.

Aus unserer Sicht ist ein Arbeitsmarkt in einem Staat so zu regeln, dass alle Arbeit nehmenden und Arbeit gebenden Menschen gleichgestellt sind, denn nur eine Gleichstellung bewahrt uns vor dem, was sehr oft in polemischer Form thematisiert wird, nämlich dass österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Arbeitnehmer aus anderen Ländern ersetzt werden.

Ich denke, wir sollten uns nicht in diskriminierender Form mit diesem Thema auseinander setzen, sondern in Zukunft unsere Bemühungen dahin gehend setzen, alle ArbeitnehmerInnen, sowohl österreichische als auch jene aus anderen Ländern, gleichzustellen, um nicht unterschiedliche Qualitäten zu haben und um zu verhindern – ich sage es abgekürzt –, dass billigere Arbeitskräfte, Menschen aus anderen Ländern mit schlechterer sozialrechtlicher Absicherung,


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österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorgezogen werden. Aus diesem Grund wird die SPÖ diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Anna Höllerer. Ich erteile ihr das Wort.

14.59

Bundesrätin Anna Höllerer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Die Frau Bundesministerin ist gerade aus dem Raum gegangen. – Werte Damen und Herren! Mit diesem Abänderungsantrag im Fremdengesetz wird vor allem darauf Rücksicht genommen, dass das vorhandene Arbeitskraftpotenzial bei weitem nicht ausreicht, um den Anforderungen des Fremdenverkehrs, der Wirtschaft und der Landwirtschaft gerecht zu werden.

Die so genannten Saisoniers gab es eigentlich schon immer, und die Kontingente, die alle Jahre ausverhandelt werden, wurden immer auf einem ganz korrekten Verhandlungsweg festgesetzt. Vor allem kommen die Saisoniers dann zum Einsatz, wenn es keine inländischen Arbeitskräfte gibt, die in einem bestimmten Bereich tätig werden können.

Wir wissen aber ganz genau, dass wir immer zu wenig Saisoniers hatten, dass vor allem immer gerade im Bereich Tourismus und Fremdenverkehr enormer Arbeitskräftemangel herrschte und dass es äußerst schwierig war, während der Saison im Falle eines Ausfalls auf neue Arbeitskräfte zurückzugreifen. Dieser Mangel an Mitarbeitern hat natürlich auch dazu beigetragen, dass es in vielen Bereichen nicht möglich war, die Betriebe tatsächlich auszulasten, und das, meine Damen und Herren, ist sehr wohl auch gegen das volkswirtschaftliche Interesse. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass es jetzt auf Grund dieser Neuregelung sehr wohl möglich sein wird, auch diese Kontingente anzuheben.

Im neu geschaffenen Erntehelferstatus geht es vor allem um die Erntehelfer, die in der Landwirtschaft tätig werden. Es wird ein Kontingent für 7 000 Erntehelfer möglich gemacht, die höchstens sechs Wochen in Österreich tätig werden können.

Die Abwicklung erfolgt über das Arbeitsmarktservice. Ich weiß ganz genau, wovon ich hier spreche, denn auch in unserem Betrieb sind immer wieder Erntehelfer von Nöten und werden auch regelmäßig beschäftigt. Die Kontingente waren immer zu niedrig, daher war es auch unbedingt notwendig, eine Aufstockung vorzunehmen.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass keiner dieser Erntehelfer, dieser ausländischen Arbeitnehmer einen inländischen Arbeitsplatz gefährdet. Ich darf Ihnen vielleicht einmal ganz kurz erklären, wie diese Erntehelfer angefordert werden. Man muss als landwirtschaftlicher Betrieb ungefähr vier Wochen vor Beginn der Ernte, also vier Wochen bevor man diese Arbeitnehmer braucht, deren Bedarf beim Arbeitsmarktservice anmelden. Da ist natürlich schon ein gewisses Risiko gegeben, denn man weiß nie, ob die Witterung mitspielt, und daher ist es ein bisschen schwierig, diese Zeit genau einzuhalten, aber es wird so praktiziert. Dieser Bedarf an Arbeitskräften wird dann vom Arbeitsmarktservice bundesweit ausgeschrieben, und ich garantiere Ihnen, es ist in den letzten drei Jahren kein einziger inländischer Arbeitnehmer an mich mit der Bitte herangetreten, er wolle einen Arbeitsplatz haben.

Ich kann das auch völlig verstehen: Es ist dies ein kurzfristiger Arbeitsplatz, im Höchstfall für sechs Wochen, und es ist ein Arbeitsplatz, der von der Witterung abhängig ist; man kann nicht alle Tage ernten, man ist abhängig von den Witterungsverhältnissen. Jeder, der einen Arbeitsplatz sucht, will diesen auf lange Zeit und nicht lediglich für einige Tage sozusagen als Taglöhner, abrufbar von Stunde zu Stunde, haben.

Wenn nach vier Wochen keine inländische Arbeitskraft zu bekommen ist, muss man beim Arbeitsmarktservice einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung stellen, der selbstverständlich stempelmarkenpflichtig ist, und erst nach Erteilung dieser Beschäftigungsbewilligung kann man auf ausländische Arbeitskräfte zurückgreifen. Im Zuge der Erteilung dieser Beschäftigungsbewilligung muss man auch noch einen Sichtvermerk im Reisepass des jeweiligen ausländischen


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Arbeitnehmers anbringen lassen, was natürlich wiederum kostenpflichtig ist. Erst dann können diese ausländischen Arbeitskräfte auch tatsächlich tätig werden.

Ich kann Ihnen garantieren, dass dieser Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft durch den Strukturwandel verursacht ist. Es ist leider so, dass viele junge Menschen aus der Landwirtschaft abwandern, in andere Berufe gehen und dort einen Nebenerwerb, einen Vollerwerb, einen Zuerwerb suchen und sich nicht so wie noch vor 20 Jahren einfach als Taglöhner in anderen Produktionszeiten zur Verfügung stellen.

Es ist für uns auch äußerst schwierig, die ältere Generation heranzuziehen, da all jene, die tatsächlich arbeiten wollen, sehr lange im Beruf stehen sollten – was nicht immer der Fall ist –, aber auf jeden Fall nicht im landwirtschaftlichen Bereich tätig werden sollten.

Der Einsatz von ausländischen Arbeitskräften als Erntehelfer ist also unumstritten. Die Kontingenterhöhung ist eine langjährige Forderung und zu Arbeitsspitzen auch unbedingt notwendig; und eine Ernte ist eine Arbeitsspitze. Ich weiß aus Erfahrung in meinem Betrieb, was es heißt, bei der Ernte keine Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben. Nachdem ich im letzten Jahr diesen bürokratischen Hürdenlauf über das AMS und alles, was notwendig ist, überstanden hatte und drei polnische Arbeitskräfte für die Weinlese beschäftigen konnte, ist nach drei Tagen einer dieser Erntehelfer erkrankt. Er hatte einen grippalen Infekt, und ich wollte ihn zum Arzt bringen. Er hat sich aber geweigert, zum Arzt zu gehen, da er der deutschen Sprache nicht mächtig war und auch nicht wusste, ob er auch gut oder bestens versorgt wird. Daraufhin haben diese drei Männer einfach beschlossen, nach Hause zu fahren, was auch ihr gutes Recht ist, selbstverständlich! Aber wir standen ohne Hilfskräfte da, obwohl wir für einen bestimmten Zeitraum die Zusage und die Arbeitsbewilligung hatten.

Ich habe drei Tage gebraucht, um neue ausländische Hilfskräfte zu finden, die einspringen hätten können. Das habe ich dann dem Arbeitsamt gemeldet, aber zu dieser Zeit war das Kontingent bereits ausgeschöpft. Es ist uns nur deshalb gelungen, diese Zeit zu überbrücken, weil unsere Kunden und unsere Familienmitglieder mitgearbeitet haben. – Das ist die Tatsache, muss ich Ihnen sagen.

Wenn es also Kontingente gibt, dann muss es auch einen gewissen Spielraum geben, denn sonst verliert dieses System an Sinn und an Wirkung.

Ich muss Ihnen auch sagen, dass Saisoniers selbstverständlich ganz normal sozialrechtlich abgesichert sind, so wie jeder Österreicher auch, dass die Erntehelfer sehr wohl für die kurze Zeit, die sie da sind, auch sozialabgabepflichtig sind, sie zahlen Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung. Eine Ausnahme besteht lediglich für die gesetzliche Pensionsversicherung und auch nur für landwirtschaftliche Arbeitskräfte, die fremdenrechtlich als Erntehelfer eingesetzt werden. Das gilt also nur für diesen Bereich!

Diese Kurzzeitbeschäftigung würde auch niemals einen Anspruch dieser Personen auf eine Pension in Österreich rechtfertigen. Sie können einfach keinen Anspruch stellen. Sie wissen ganz genau, dass man mindestens 60 Monate an Versicherungszeiten nachweisen muss, um tatsächlich einen Anspruch auf Pension geltend machen zu können. Jetzt können Sie sich ausrechnen, wie lange man als Erntehelfer tätig sein muss; selbst dann, wenn man nur eine Invaliditätspension erreichen will.

Das Einbringen der Ernte erfordert Schnelligkeit und Flexibilität. Wenn die Bauernfamilien es nicht rechtzeitig schaffen, ihre Ernte einzubringen, so bedeutet das für sie einen enormen Verlust am Jahreseinkommen. Das kann ich Ihnen sagen, das ist gewiss. Ernten kann man nur einmal im Jahr, und ernten kann man nur dann, wenn die natürliche Reife gegeben ist – nicht früher und nicht später! Ich bitte Sie daher: Zeigen auch Sie Flexibilität, und stimmen Sie dieser Gesetzesänderung zu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 103

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Von der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend das Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend den Anwendungsbereich des Waschens von Erträgen in dem Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich sowie die Aufnahme des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels in das Übereinkommen samt Erklärung der Republik Österreich (23 und 114/NR sowie 6136/BR der Beilagen)


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666. Sitzung / Seite 104

Vizepräsident Jürgen Weiss:
Wir gelangen zum 18. Punkt der Tagesordnung: Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend den Anwendungsbereich des Waschens von Erträgen in dem Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich sowie die Aufnahme des amtlichen Kennzeichens des Transportmittels in das Übereinkommen samt Erklärung der Republik Österreich.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Peter Rodek übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Peter Rodek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschussbericht liegt schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf die Verlesung der Antragsformel.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden (110 und 116/NR sowie 6137/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 19. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Ing. Walter Grasberger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Mitglied des Ausschusses für innere Angelegenheiten darf ich ebenfalls auf die Verlesung dieses Berichtes über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden, verzichten.

Ich möchte Ihnen mitteilen, dass der Ausschuss für innere Angelegenheiten nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, keinen Einspruch zu erheben. – Ich danke Ihnen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Johann Grillenberger. – Bitte.

15.11

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier nicht mit Statistiken und Zahlen aufwarten, denn es ist nur gedrucktes Papier, das das Schlepperunwesen an unseren Grenzen, das fast tagtäglich stattfindet, aufzeigt und damit untermauert, wann wo mehr oder weniger Menschen über unsere Grenzen kommen. Gerade in den letzten Tagen haben die Medien – nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa – von Flüchtlingen berichtet, die mittels Schlepper versuchen, mit ihrem letzten Hab und Gut – ich möchte sagen – in ein gelobtes Land zu kommen, weil sie in diesem neue Hoffnungen für ihr weiteres Leben schöpfen. Oft endet ihre Flucht aber mit viel Leid und sogar mit dem Tod.

Die Bekämpfung des Schlepperunwesens war in den letzten Jahren und soll auch in Zukunft ein zentraler Schwerpunkt sein. Wir müssen alles daransetzen, damit sich die Schlepperei, dieser Menschenhandel für diejenigen, die nachweislich aus der Not und dem Elend anderer Menschen materiellen Profit machen, nicht mehr lohnt. Deshalb müssen wir alles unternehmen, um die Täter, aber nicht die Opfer zu treffen, wie es leider allzu oft passiert.

Meine Damen und Herren! Das organisierte Schlepperunwesen von heute handelt wie die Menschenhändler, ja, ich möchte sagen, wie die Sklavenhändler von gestern. Deshalb wurden die gesetzlichen Strafbestimmungen auch schon in der Vergangenheit, das letzte Mal 1997, deutlich verschärft. Manchmal hat man aber den Eindruck, dass bei den Prozessen der derzeitige gesetzliche Rahmen an Strafverfügungen, der schon jetzt der Justiz zur Verfügung steht, nicht ganz ausgeschöpft wird.

Meine Damen und Herren! Gerade als Burgenländer muss ich darauf hinweisen, wie wichtig der Grenzschutz ist, der von der Bevölkerung begrüßt und anerkannt wird. Die tagtäglichen Aufgriffe beweisen, dass sich dieser Grenzdienst bewährt. (Allgemeiner Beifall.)

Ich hoffe, dass auch in Zukunft, solange es notwendig ist, die nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen, um diese erfolgreiche Tätigkeit an unseren Grenzen fortsetzen zu können. Danke sagen möchte ich an dieser Stelle den Diensthabenden, die tagtäglich zur Verfügung stehen und ihren Dienst auch unter Einsatz ihres Lebens versehen.

Dem Schlepperunwesen kann man nicht nur mit Repressionen begegnen. Das, so glaube ich, wäre Selbsttäuschung und würde letztlich nur dazu führen, dass der Preis für die Geschleppten noch mehr in die Höhe getrieben werden würde. Deshalb stimmen wir den Änderungen des


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Fremdengesetzes und des Strafgesetzbuches zu, damit diesen unmenschlichen Praktiken von Schleppern, wie ich hoffe, ein Ende gesetzt wird. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

15.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

15.15

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich möchte dem Innenausschuss für die Unterstützung unserer Initiative herzlich danken. Ich möchte auch dem Vorredner für das klare Aufzeigen der Probleme danken. Tatsache ist, die Schlepperei nimmt zu. Wir haben gerade in diesen Tagen einen entsetzlichen Fall in England über die Medien geschildert bekommen und gesehen, mit welch perfiden Mitteln die Hasardeure und Geschäftemacher mit den Ärmsten der Armen Profit machen. Ich stehe voll hinter Ihrem Anspruch: Den Opfern müssen wir helfen, die Täter müssen wir aber sehr konsequent verfolgen!

In diesem Sinne möchte ich von dieser Stelle aus auch unserer Exekutive nicht nur an der Grenze, aber auch an der Grenze danken. Ich möchte den Freunden vom Bundesheer danken, die durch ihren Assistenzeinsatz die Grenze, insbesondere im Burgenland, noch sicherer machen.

Ich darf Ihnen versichern, dass ich als Bundesminister für innere Angelegenheiten alles tun werde, um die Ressourcen sicherzustellen, um den Schutz unserer Grenzen, zur Sicherheit unserer Bevölkerung und der Republik, weiter zu gewährleisten. – Ich danke Ihnen dafür, dass Sie diese Initiative unterstützen! (Allgemeiner Beifall.)

15.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal (50 und 128/NR sowie 6138/BR der Beilagen)

21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex (56 und 129/NR sowie 6139/BR der Beilagen)


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22. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit samt Anhängen und Schlussakte (79 und 130/NR sowie 6117 und 6140/BR der Beilagen)

23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang (63 und 131/NR sowie 6141/BR der Beilagen)

24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang (75 und 132/NR sowie 6142/BR der Beilagen)

25. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlussakte (85/NR sowie 6143/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zu den Punkten 20 bis 25 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex,

ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit samt Anhängen und Schlussakte,

ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang,

ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang und schließlich

das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlussakte.

Die Berichterstattung über alle diese Punkte hat Herr Bundesrat Hans Ager übernommen. Ich bitte ihn darum.


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Berichterstatter Hans Ager:
Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie wir schon gehört haben, stehen die Punkte 20 bis 25 unter einem zur Diskussion.

Die Berichte liegen schriftlich vor. Ich habe schon in den Ausschüssen das Vergnügen gehabt, die Thematik vorzutragen. Wenn Sie gestatten, werde ich mich in aller Kürze auf das Wesentliche beschränken.

Erstens: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal.


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Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zweitens: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Drittens: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit samt Anhängen und Schlussakte.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, erstens den in Artikel 10 Abs. 2 dritter Satz, Artikel 14 Abs. 1 und 2, Artikel 16 Abs. 2 und Artikel 18 des gegenständlichen Staatsvertrages enthaltenen Verfassungsbestimmungen gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, zweitens dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Viertens: Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Fünftens: Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Und sechstens: Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlussakte.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. – Danke schön.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Erster Redner ist Herr Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

15.21

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister für Inneres! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir zuerst das Thema betreffend das Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD), welches den Sitz in Wien hat, behandeln, so kann man durchaus sagen, dass dieses Zentrum in der letzten Zeit, in den letzten Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewonnen hat. Es hat folgende statutenmäßige Aufgaben: Forschungsarbeiten im Auftrag der Mitgliedstaaten durchzuführen, wissenschaftliche Untersuchungen zu verfassen und zu publizieren, Beratungsarbeiten und Sekretariatsfunktionen für Konferenzen und internationale Foren zu geben, für die Zusammenarbeit einzutreten und Veranstaltungen zu organisieren.

Die Aufgaben dieses Migrationszentrums sind immer bedeutender geworden, der Inhalt der Arbeit konzentriert sich entsprechend der Satzungen auf die Entwicklungen mittel- und langfristiger Strategien in der Wanderungspolitik, auch im Bereich der Erarbeitung von Frühwarnsystemen, der Bekämpfung von Wanderungsursachen, der Vereinheitlichung von Grenzkontrollen und der Koordination der Fremden-, Asyl- und Flüchtlingspolitik.

Für uns von Bedeutung ist natürlich gewissermaßen die Kostenfrage, und da können wir feststellen, dass die Kosten beziehungsweise das, was wir an Einnahmen vielleicht nicht lukrieren können, nicht sehr bedeutend sind. Die jährliche Umsatzsteuerrückvergütung beträgt rund 500 000 S, der Steuerausfall für den Erwerb von zwei Kraftfahrzeugen wird mit 300 000 S angesetzt, der Einnahmenentfall auf Grund der Steuerbefreiung von Gehältern mit Stand Januar 2000 und 24 Bediensteten dürfte rund 2 Millionen Schilling im Jahr betragen. Für die nächsten drei Jahre wird es wohl keine weiteren Zollbefreiungen geben, steht in den Erläuterungen.

Es wird also bis zum Jahr 2002 ein Betrag in der Höhe von 7,7 Millionen Schilling sein, der Österreich entgehen wird, aber die Aufgabe ist so wichtig, dass wir dieser Gesetzesvorlage durchaus zustimmen werden.

Im zweiten Teil meiner Ausführungen komme ich auf die Abkommen, die die Europäische Gemeinschaft mit ihren Mitgliedstaaten abschließen wird, zu sprechen. Zum einen geht es um das Abkommen mit der Schweizer Eidgenossenschaft über die Freizügigkeit samt Anhängen. Es handelt sich hiebei um sieben Verträge betreffend das Recht auf Einreise, Aufenthalt, Zugang zu einer unselbständigen Erwerbstätigkeit und Niederlassung als Selbständiger sowie das Bleiberecht im Hoheitsrecht der Vertragsparteien, die Erleichterung der Erbringung von Dienstleistungen, der Einräumung des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien für Personen, die im Aufnahmeland keine Erwerbstätigkeit ausüben, und die Einräumung der gleichen Lebens-, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen für Inländer.

Es fällt einem leicht, diesem Abkommen zuzustimmen, insbesondere dann, wenn man mit großer Sympathie die Politik der Schweiz in den letzten Jahren verfolgt hat und feststellt, dass sich die Schweiz eigentlich ohne Beitragszahlungen, aber auch sehr wohl ohne Mitspracherecht in weiterer Folge fast wie ein Mitglied geben kann, ohne die Pflichten, die die Mitglieder haben, erfüllen zu müssen.

Die derzeitige außenpolitische Situation Österreichs erfüllt mich mit einer gewissen Bitterkeit, wenn ich an die Sanktionen denke, obwohl eine von Rechts wegen völlig einwandfreie Regierung gebildet worden ist. Dazu möchte ich einen Leserbrief aus der heutigen "Presse" verkürzt


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wiedergeben. Ein gewisser Rudolf Formanek aus dem 22. Wiener Gemeindebezirk schreibt da etwa:

"Wir haben die Diktatur der Kommunisten und Nazis gegen die einer Oligarchie Europas eingetauscht, unsere Freiheit, unser Geld, unsere guten Sitten verloren. Hoffentlich zerfällt dieser Zentralstaat Europas. Es werde ein Europa der gegenseitigen Respektierung souveräner Staaten – das wünschen mit mir sicherlich viele meiner Mitbürger." (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diesen Wunsch kann ich also nur ... (Bundesrat Konecny: Das ist das Bekenntnis zu Europa dieser Bundesregierung, oder wie?)  – Ja, so ähnlich hat er das vielleicht gemeint, Herr Kollege, Herr Professor!

Aber ich sehe, dass Bürger der Republik Österreich unter diesem Zustand leiden. Ich wäre gerne als Österreicher jetzt an Schweizer Stelle: Wir müssten uns nicht rechtfertigen vor der internationalen Staatengemeinschaft, welche Regierung wir haben, und wir müssten nicht Mitgliedsbeiträge zahlen, die höher sind als das, was wir gegenteilig zurückbekommen.

Es gibt eine europäische Verfassungsgruppe, die 1993 anregte, Europa aus einem obligatorischen Kernbereich zu einem Europa der freiwilligen Gemeinschaftspolitiken zu machen. Diese Verfassungsgruppe stellt durchaus fest, dass wir doch gewisse Bereiche haben, bei denen europäische Staaten nicht mittun. Zum Beispiel beim Schengener Abkommen machen nicht alle EU-Staaten mit, bei der Währungsunion machen nicht alle mit, und der Vertrag von Amsterdam lässt einen solchen Klub im Klub auch ausdrücklich zu. Was er nicht erlaubt – das ist der Punkt, den ich hier im Namen dieser europäischen Verfassungsgruppe ansprechen möchte –, ist, dass man, wenn man einmal einer dieser Abmachungen zugestimmt hat, das nicht mehr rückgängig machen kann. Also wenn man einmal dem Euro zugestimmt hat, dann kann man nicht wieder aussteigen, wenn man einmal bei der Schengener Gruppe dabei ist, kann man nicht wieder aussteigen. Aber vorher hätte man sich durchaus herausreklamieren können! – Das ist meines Erachtens ein Mangel dieser vielen Verträge.

Ich halte Europa für eine wunderbare Idee, ich freue mich, dass die Schweiz dieser Organisation beitreten wird, ohne Vollmitglied zu sein. Ich halte die Schweizer Politik wie immer für eine sehr gute, vom Hausverstand geprägte Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.28

Vizepräsident Jürgen Weiss: Die Wortmeldung des Herrn Bundesrates Dr. Milan Linzer verfällt mangels Anwesenheit.

Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Erhard Meier das Wort. – Bitte.

15.28

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Erlauben Sie mir zu den vorliegenden Gesetzesbeschlüssen folgende kurze, stichwortartige Anmerkungen.

Zuerst zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen: Das UN-Personal verdient selbstverständlich entsprechenden Schutz, wo immer es im Einsatz ist – sei es militärisches, polizeiliches oder ziviles Personal –, das soll aber auch für Bedienstete und Sachverständige gelten und für Personen, die von anderen zwischenstaatlichen Organisationen mit Zustimmung des UN-Generalsekretärs im Einsatz sind. – Dies gilt also für alle Personen, die in Übereinstimmung mit der Satzung der UN und unter der Autorität und Kontrolle der UN im Einsatz sind – sowohl im Gaststaat, das ist der Einsatzstaat, als natürlich auch im Transitstaat, wenn man irgendwo durchreisen muss.

Natürlich hat das UN-Personal die Gesetze und Vorschriften des Gaststaates und Transitstaates einzuhalten und sich natürlich auch so zu verhalten, dass die Tätigkeit mit dem unparteilichen und internationalen Charakter seiner Aufgaben vereinbar ist. Ich glaube aber, dass der verbesserte Schutz und die Verpflichtung zur strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten gegen


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die durch dieses Übereinkommen geschützten Personen sehr wichtig sind. Wir werden daher diesem Gesetz auch die Zustimmung geben.

Zum Zweiten befinden wir über das Abkommen zwischen Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung mit Sitz in Wien. Dieses Institut wurde 1993 von der Schweiz und Österreich gegründet, später folgten Beitritte von Ungarn und Slowenien; Polen und Tschechien sind als nächste Staaten in Beitrittsverhandlungen. Dieses Zentrum wurde 1996 völkerrechtlich als internationale Organisation anerkannt, sodass ihm natürlich die gleichen Privilegien und Immunitäten wie anderen internationalen Organisationen eingeräumt werden sollen.

Das Ziel dieser Organisation sind die Entwicklung mittel- und langfristiger Strategien in der Wanderungspolitik, die Bekämpfung der Wanderungsursachen, die Erarbeitung von Frühwarnsystemen, die Koordination von Fremden-, Asyl- und Flüchtlingspolitik und die Vereinheitlichung von Grenzkontrollen.

Der Personalstand dieses Zentrums wird sich vergrößern, denn es hat auch die Funktionen des so genannten Budapest-Prozesses – das ist ein gesamteuropäisches Koordinationsforum der Justiz- und Innenminister – übernommen und sich auch bei der Rückführung von Flüchtlingen in den Balkanraum sehr bewährt.

Ich glaube, dass die durch diese Begünstigungen entgehenden Steuern durch andere Ausgaben, die diese Mitarbeiter in Österreich tätigen, aber auch durch die Bedeutung einer solchen Institution in Österreich wettgemacht werden, sodass auch dieses Gesetz zu befürworten ist.

Drittens: Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Schweiz. Es ist schon gesagt worden, dass es sich hier um ein Vertragspaket aus sieben Verträgen handelt. Die Schweiz hat kürzlich in einer Volksabstimmung diesem Paket zugestimmt. Eine Herauslösung einzelner Verträge ist nicht möglich. Es ist ein Abkommen, das auf sieben Jahr abgeschlossen wird, dann aber stillschweigend auf unbeschränkte Zeit verlängert werden soll.

Dieser Abschluss eines Staatsvertrages ist durchaus positiv, und ich meine, dass er im Gesamten von der EU aus gesehen auch ein Schritt auf dem Weg der Werdung eines Mitgliedstaates Schweiz ist. Natürlich hat die Schweiz damit – das beruht auf Gegenseitigkeit – gewisse Vorteile, die aber auch die EU-Staaten haben, die gerade auch Österreich hat. Ich glaube, in Vorarlberg wirkt sich die Freizügigkeit der Arbeitnehmer besonders aus. Meines Wissens nach sind es viel mehr Österreicher, die in der Schweiz einen Arbeitsplatz haben, als dies umgekehrt der Fall ist.

Zu den Anmerkungen meines Vorredners möchte ich sagen: Wenn alle immer so lange warteten, bis sie jeder Gemeinschaft beitreten könnten, wäre die Gesamtentwicklung verzögert. So meine ich, dass es positiv zu sehen ist – auch wenn man dazu wie Österreich etwas beitragen muss –, wenn man sich von vornherein bemüht, für die Aufgaben einer neuen Gemeinschaft – in diesem Fall des Vereinten Europas – von vornherein einen Beitrag zu leisten, und nicht immer wartet, bis die Vorreiter positive Erfolge haben. Ich glaube, dass das ein moralisch positiver Gesichtspunkt ist, dass wir schon Vollmitglied sind und die Schweiz noch nicht. (Bundesrat Mag. Gudenus: Was ist daran moralisch positiv?) Würden wir alle so lange warten wie die Schweizer, dann hätten wir die EU noch nicht. Das sage ich hier, ohne die Schweizer Haltung irgendwie kritisieren zu wollen.

Nächster Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik. Die Slowakei ist seit der Trennung von Tschechien ein unabhängiger Staat. Die Slowakei ist auch EU-Beitrittswerber und ist ein sehr nahe gelegener Nachbarstaat. Von Wien nach Bratislava ist es eine weitere Straßenbahnentfernung, so könnte man sagen. Es bestünde also kein ... (Bundesrat Grissemann: Pressburg!)  – Pressburg. Auch Bratislava sage ich gerne. Ich habe überhaupt keine Bedenken, hier zweisprachig zu agieren, meine Damen und Herren! (Bundesrat Mag. Gudenus: Die Deutschen können auch deutsch reden!)


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Es bestünde also kein Grund, mit der Slowakischen Republik nicht auch Kulturabkommen zu schließen, wie wir sie mit vielen anderen Staaten bis hin zur Russischen Föderation auch haben. Es liegt ein klassisches bilaterales Kulturabkommen vor, das sich mit auf alle kulturellen und bildungsmäßigen Punkte von Theater bis Musik, Jugendkontakte, Wissenschaft, Erziehung, Kulturinstitute, Universitätswesen erstreckt, sodass dieses Abkommen auch sehr zu befürworten ist. Die Kosten würden höchstens mit einer zunehmenden positiven Aktivität steigen, also es entstehen grundsätzlich auch keine wesentlichen Kosten.

Zum Schluss noch zu den beiden anderen Abkommen. Eines befasst sich mit dem Militärdienst für Doppelbürger, wieder Österreich und die Schweiz betreffend. Ich glaube, es ist logisch, dass es hier ein Übereinkommen gibt, damit nicht jemand da und dort – was ohnehin gar nicht recht möglich ist – Militärdienst ableisten müsste.

Zweitens geht es um das Europa-Mittelmeer-Abkommen mit dem Königreich Jordanien. Es erweitert die Beziehungen der Europäischen Union mit den Ländern, die rund um das Mittelmeer liegen, auch wenn sie an dieses nicht direkt angrenzen und keinen Hafen haben. Aber Jordanien gehört im näheren Osten zweifellos zum Mittelmeerraum, sodass auch dieses Abkommen zu befürworten ist.

Die sozialdemokratische Fraktion wird gegen alle diese Vorhaben keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

15.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz Bundes-Verfassungsgesetz.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen .


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Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit samt Anhängen und Schlussakte.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Überdies enthält er im Artikel 10 Abs. 2 dritter Satz, Artikel 14 Abs. 1 und 2, Artikel 16 Abs. 2 und Artikel 18 verfassungsändernde Bestimmungen, die gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen bedürfen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den in Artikel 10 Abs. 2 dritter Satz, Artikel 14 Abs. 1 und 2, Artikel 16 Abs. 2 und Artikel 18 des vorliegenden Beschlusses enthaltenen verfassungsändernden Bestimmungen die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, dem Beschluss des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen .

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ich bitte ferner jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikels 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist somit angenommen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit in den Bereichen der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft samt Anhang.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist angenommen .

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst für Doppelbürger samt Anhang.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist angenommen .


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Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlussakte.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag ist angenommen .

26. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzgutgesetz 1997, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 und das Weingesetz 1999 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2000) (107 und 150/NR sowie 6116 und 6144/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung: Agrarrechtsänderungsgesetz 2000.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Franz Wolfinger übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzgutgesetz 1997, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 und das Weingesetz 1999 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2000).

Der Inhalt dieses Gesetzes liegt im Bericht schriftlich vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ernst Winter das Wort. – Bitte.

15.43

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich auf einige für mich wichtige Punkte bei dieser Gesetzesnovelle eingehen. Diese regelt unter anderem auch das Wasserrecht.

Grundsätzlich – das darf man sagen – können wir auf unser Grundwasser stolz sein, es muss aber in Zukunft noch sehr viel getan werden. In vielen Gebieten – ich nehme hier nur das Marchfeld heraus – sollte dringend eingegriffen werden.

Ich glaube aber, dass durch Verordnungen über Schwellenwerte eine Verschlechterung des Grundwassers nicht verhindert werden kann. Schwellenwerte sind eigentlich bekannt. Da gibt es


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eine eigene Grundwasserschwellenwertverordnung. Dort, wo man damit nicht zu Rande kommt, nimmt sich der Minister das Recht heraus, andere, wie ich annehme, höhere und damit schlechtere Schwellenwerte festzusetzen. (Bundesminister Mag. Molterer: Ich lege keinen Schwellenwert fest!)

Das zweite Kriterium in der Verordnung ist meiner Meinung nach die Interpretation der Messergebnisse. Eine Interpretation der Messergebnisse kann sich nur nach dem Stand der Technik richten, und ich weiß nicht, wie man mit einer Verordnung das Grundwasser auf Grund von Messergebnissen in gutes und schlechtes einteilen könnte. Das geht jedenfalls nur mit freiwilligen Maßnahmen, denn zwingende Maßnahmen, die man mit gutem Willen hineininterpretieren kann, erfolgen vielleicht nur sporadisch. Sehen kann man sie jedenfalls nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Sätze zum Weingesetz: Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick auf das Jahr 1985, denn dieses Jahr ist uns allen, so glaube ich, und vor allem der Weinwirtschaft noch in bester Erinnerung. (Bundesrat Grissemann: In bester Erinnerung?) 1985 haben wir das weltweit strengste und beste Weingesetz, welches in der Zwischenzeit ein Gratismarketinginstrument wurde, zur Absicherung der Konsumenten und auch zur Sicherung einer steigenden Qualität beschlossen. Doch wegen ein paar schwarzer Schafe unter den Weinbauern und natürlich auch unter den Weinhändlern wurde dieser Berufsstand immer nur verurteilt. (Bundesrat Steinbichler: Mit eurer Unterstützung!)  – Mit medialer Unterstützung natürlich. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Auf Grund der damaligen Vorkommnisse wurde auch das Weingesetz novelliert, und in der Folge konnte durch rigorose Kontrollmaßnahmen der gute Ruf unserer Weinbauern wieder hergestellt werden. Es ging Qualität vor Quantität, und dies war auch die gemeinsame Lösung des Problems.

Der Hintergrund der seinerzeitigen Maßnahmen war natürlich auch, den wirtschaftlichen Schaden von den seriösen Winzern und Weinhändlern fernzuhalten und das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen, was auch bestens gelungen ist.

Die Weinwirtschaft und die Politik waren stolz auf dieses strenge und moderne Weingesetz, und wir haben darüber auch im Ausland selbstbewusst berichtet. Die Konsumenten nahmen die neue Qualitätslinie dankbar an, und auch die Winzer erreichten dadurch Spitzenleistungen.

Jetzt, Herr Bundesminister, wollen die Regierungsparteien diese Erfolge vielleicht wieder zunichte machen, denn mit der Änderung des Weingesetzes wird die Qualitätslinie durchbrochen und wieder rückgängig gemacht. (Bundesminister Mag. Molterer: Wieso denn?) Derzeit ist die rechtswidrige Restsüßeherstellung bei Prädikatsweinen zum Beispiel ein Gerichtsdelikt, in Zukunft soll es nur mehr ein bloßes Verwaltungsdelikt sein. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wissen, was das bedeutet. Das bedeutet letztlich die Abkehr von der Qualitätslinie, und Sie setzen damit meiner Meinung nach ein falsches Zeichen.

Meine Fraktion spricht sich im Interesse der seriösen Weinbauern, der Konsumenten im In- und Ausland und letztlich auch im Interesse des österreichischen Weinimage gegen diese Verwässerung aus. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.48

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Franz Koller das Wort. – Bitte.

15.48

Bundesrat Franz Koller (Freiheitliche, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Das Agrarrechtsänderungsgesetz bringt im Wege einer Sammelnovelle eine Reihe von Änderungen. Insgesamt werden neun Bundesgesetze geändert, und ich möchte zu einigen Gesetzesänderungen Stellung nehmen.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 115

Zum Pflanzenschutzmittelgesetz: Zentraler Punkt ist die Neuordnung der Gebührenregelung, vor allem die Einführung von Grenzkontrollgebühren. Weiters werden Anpassungen zur besseren Vollziehbarkeit des Gesetzes vorgenommen. So sollen zum Beispiel bei Pflanzenschutzmittelkontrollen Organe der öffentlichen Sicherheit herangezogen werden dürfen, es erfolgen Klarstellungen, wie bei Untersuchungen vorgegangen werden soll, und es wird eine Präzisierung der Aufbewahrungspflichten bei bestimmten Betrieben vorgenommen.

Zum Pflanzgutgesetz: In der Novelle enthalten ist vor allem eine sachliche Ausdehnung des Anwendungsbereiches. Nunmehr sind alle Zierpflanzenarten erfasst. Es erfolgt eine Neufestlegung des persönlichen Anwendungsbereiches durch die Neudefinition von Versorgen und In-Verkehr-Bringen. Weiters erfolgt eine Änderung des In-Verkehr-Bringens unter einer Sortenbezeichnung.

Nun zum Saatgutgesetz: Die EU-Richtlinien betreffend großes und kleines Saatgutpaket werden umgesetzt. Ziele sind die Erhaltung des Genpotenzials, weiters eine Neufassung des In-Verkehr-Bringens, eine Neuorganisation der Behördenzuständigkeit von einer örtlichen zu einer sachlichen Zuständigkeit, die Zulassung des In-Verkehr-Bringens von pflanzengenetischen Ressourcen. Der Entwurf beinhaltet weiters Regelungen über die Zulassung und das In-Verkehr-Bringen von gentechnisch veränderten Sorten und Saatgut.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zu bedenken ist, dass das Landwirteprivileg von der EU nicht anerkannt wurde. In einer Ausschussfeststellung im Landwirtschaftsausschuss des Nationalrates wurde jedoch klargestellt, dass der Austausch von Saatgut zwischen landwirtschaftlichen Betrieben innerhalb der Gemeindegrenzen oder der Nachbargemeinde unter bestimmten Voraussetzungen nicht als In-Verkehr-Bringen betrachtet werden könne. Die bäuerliche Nachbarschaftshilfe im Rahmen des Saatgutaustausches müsse unbedingt erhalten bleiben.

Herr Bundesminister! Ich habe im Ausschuss die Beamten befragt, ob die Bauern diesbezüglich eine Rechtssicherheit haben. Dies wurde bejaht. Ich möchte dies auch von Ihnen bestätigt wissen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)  – Damit keine Unklarheiten bestehen, damit nicht die Bauern einen Saatgutaustausch durchführen und dann wieder im rechtsunsicheren Raum stehen. Ich möchte hier wirklich eine Bestätigung dafür erhalten.

Zum Wasserrechtsgesetz: Mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1999 wurde durch § 55b des Wasserrechtsgesetzes 1959 die Möglichkeit geschaffen, Programme zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben im Rahmen der Europäischen Integration zu erstellen und rechtsverbindlich verankern zu können. Gestützt auf diese Bestimmung wurde das Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat erlassen.

Mit der vorliegenden Novelle soll nun auch formal den diesbezüglichen Bedenken der Europäischen Union Rechnung getragen werden. Die Änderung des Wasserrechtsgesetzes stellt keinen Rückschritt dar. Selbstverständlich hält die Bundesregierung am Konzept des flächendeckenden Grundwasserschutzes fest. Grundeigentümer sind Vertragspartner für die freiwilligen Maßnahmen. Das ist ganz wichtig für uns. Ich möchte daher meinen Vorredner berichtigen, der dies anders erklärt hat. Es geschieht auf freiwilliger Basis. Österreichs Bauern haben die strengsten Vorschriften in der EU und müssen mit billigen Produkten aus anderen Staaten konkurrieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion besteht auf der Beibehaltung der Einstimmigkeit in Wasserrechtsfragen auf EU-Ebene.

Nun zum Schluss zum Weingesetz: Derzeit ist auf Grund des Weingesetzes 1999 die Restsüßeherstellung bei Prädikatsweinen, die nicht im Wege einer Gärungsunterbrechung erfolgt, ein Gerichtsdelikt. Die Regelung der Restsüßeherstellung soll weiter beibehalten werden, also nur durch Gärungsunterbrechung erlaubt sein, aber die rechtswidrige Süßung eine Verwaltungsübertretung werden. Die verbotene Anreicherung bleibt weiterhin Gerichtsdelikt. – Auch hier eine Korrektur zu meinem Vorredner.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 116

Begrüßenswert ist auch die Abschaffung der zweiten Bestandsmeldung, da sie nur einen unnötigen bürokratischen Aufwand gebracht hat. Vor 1999 haben die Weinbauern vier Meldungen abgeben müssen, jetzt sind nur mehr zwei notwendig. (Bravoruf bei der ÖVP.)

Mit dem Agrarrechtsänderungsgesetz wurde ein Reformstau beseitigt. Möge sich diese umfangreiche Gesetzesmaterie zum Wohle unserer bäuerlichen Familienbetriebe auswirken. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.55

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Friedrich Hensler. Ich erteile ihm das Wort.

15.55

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren des Bundesrates! Wir haben heute die Agrarrechtsänderungsgesetze auf der Tagesordnung, und ich möchte eingangs Folgendes klar und deutlich sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es sind dies wichtige Gesetze für die Bauern in Österreich. Mich persönlich hat die Vorgangsweise, wie schnell diese Gesetze, wie schnell diese neun Novellen Wirklichkeit werden konnten, sehr beeindruckt. Das dokumentiert – das möchte ich auch vehement unterstreichen –, dass diese Bundesregierung zielführend und zweckmäßig im Interesse der Bauern und im Interesse der Konsumenten arbeitet. Das ist eine Grundvoraussetzung des arbeitsfähigen Klimas unserer Bundesregierung. Ein Dankeschön den Beamten und ein Dankeschön Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister, in diese Richtung. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Einige Punkte möchte ich hervorstreichen. Erstens: Die Betriebsmittel sind billiger geworden. Dies war zweifelsohne eine wichtige Forderung, die in dieser Überlegung im landwirtschaftlichen Bereich einen Eckpfeiler darstellt.

Zweitens: ökologische Bewirtschaftung, neue Impulse. Auch das ist unheimlich wichtig im Denken der Konsumenten. Gleichzeitig erfolgte ein Abbau der Bürokratie. Ich glaube, in diesem Bereich wurden sehr viele Akzente in dieser Novelle gesetzt.

Hoher Bundesrat! Ich möchte nun aber auf einige Gesetze eingehen, von denen ich persönlich glaube, dass sie dokumentieren, wie zielführend und zweckmäßig diese Bundesregierung arbeitet.

Zunächst komme ich zum Wasserrechtsgesetz 1959 generell und zur heutigen Novelle. Ich möchte zum Wasser Folgendes sagen, und das ist zweifelsohne unbestritten: Ich glaube, in Zukunft gibt es kein größeres Gut für die Menschen als das Wasser. Es ist unbestritten, dass uns die Länder in ganz Europa und in der ganzen Welt um unsere hervorragende Wasserqualität beneiden. Dieses Gesetz dient dazu – ich sage ganz wertfrei: dient – und geht in diese Richtung, dass auf der einen Seite unsere Wasserqualität für den Konsumenten, für jeden Einzelnen von uns gesichert wird, und es dient auf der anderen Seite dazu, dass gleichzeitig auch die Bauern einen Beitrag dazu leisten. Zudem ist es eine Sicherung der Grundwasserqualität überhaupt.

Erlauben Sie mir, dass ich vom Standpunkt der Bauern etwas zum ÖPUL sage. Wir haben dieses ÖPUL-Programm auf Betreiben Österreichs schon etliche Jahre organisiert und gestaltet. Es ist das einzige in der EU überhaupt, und es ist europaweit anerkannt. Dieses ÖPUL 2000, das jetzt aktualisiert wird, das generell noch in das Gesetz eingegliedert wird, bietet die Voraussetzung dafür, dass die Bauern auf freiwilliger Basis ökologisch wirtschaften.

Die Bauern leisten das auf freiwilliger Basis, deshalb möchte ich zum Kollegen Winter Folgendes sagen: Herr Kollege Winter! Du hast gesagt, im Machfeld müsste etwas getan werden. Ich bin sehr nahe dem Machfeld beheimatet und weiß, wovon ich spreche. Hier bemühen sich die Bauern vehement. Du wirst wissen, dass es da Brachflächen gibt et cetera. Da werden wirklich sehr wichtige Akzente gesetzt, um dieses Grundwasserreservoir für die Menschen aktiv zu organisieren.


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Zum Pflanzenschutzgesetz möchte ich auch etwas sagen. Es geht um den Wettbewerb. Es wurde von meinem Vorredner Koller schon sehr treffend gesagt, dass die Bauern dem Wettbewerb ausgesetzt sind und deshalb ein gerechter Preis und die Konkurrenzfähigkeit unheimlich wichtig sind. Parallelimporte bei Pflanzenschutzmitteln sind jetzt wesentlich leichter durchzuführen. Das dient sicher auch den Bauern, denn ich streite nicht ab, dass es dadurch natürlich auch möglich ist, dass die Pflanzenschutzmittel, wie ich schon gesagt habe, berechtigt billiger werden. Das bedeutet, dass in diesem Bereich der Preis, gleichzeitig aber auch die Konkurrenzfähigkeit mit den anderen EU-Ländern gewährleistet sind. Wir haben einen gerechteren Wettbewerb, wir befinden uns auf dem Binnenmarkt. Gleichzeitig – das möchte ich auch noch sagen – haben wir bessere Mittel zur Verfügung, ökologische Mittel, die besser verträglich sind und eine bessere Qualität für die Konsumenten sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Zum Weingesetz möchte abschließend sagen, dass dieses Weingesetz immer wieder Diskussionen aufflammen lässt. Als praktizierender Bauer und praktizierender Weinbauer muss ich feststellen, dass auf Grund dieses Weingesetzes, das wir 1999 novelliert haben, in sehr vielen Bereichen ein weiterer Bürokratieabbau erfolgt. Es wurde schon darauf verwiesen, dass manches wesentlich einfacher wird und für den Konsumenten eine gleich bleibende, hervorragende Qualität unserer Produkte auch in Zukunft gewährleistet sein wird.

Der Bürokratieabbau ist sicher sehr wichtig. Beispielsweise entfällt ab 30. November die Erntemeldung.

Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, diese Agraränderungsgesetze sind ein Schritt in die richtige Richtung – auf der einen Seite in Richtung des Konsumenten, auf der anderen Seite in Richtung der Produzenten. Diese Gesetze sind richtungsweisend für die Zukunft.

Die Österreichische Volkspartei wird diesen Gesetzesbeschlüssen gerne ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

16.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Mag. Willi Molterer das Wort. – Bitte.

16.02

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte nur ganz kurz zum Agrarrechtsänderungsgesetz und zu den wichtigsten angesprochenen Fragen Stellung nehmen.

Erstens zum Wasserrechtsgesetz: Das Wasserrechtsgesetz ist ein effizientes Schutzgesetz, Herr Bundesrat, das das Ziel hat, dass das gesamte Grundwasser in Trinkwasserqualität zur Verfügung steht. Wir haben einiges zu tun, um dieses Ziel zu erreichen. Mit dieser Novelle wird es nun möglich, effizienter an die Zielerreichung heranzugehen. Warum? – Weil wir klar festhalten können, wo wir die Prioritäten setzen, und ich meine, dass wir auch die Verpflichtung haben, nicht nur das Schutzziel einzuhalten, sondern uns auch die Frage zu stellen: Wie können wir ein Ziel effizient erreichen und mit den vorhandenen Mitteln das Bestmögliche tun?

Daher stimmt es nicht, was Sie gesagt haben, nämlich dass es mehrere Schwellenwerte geben wird, sondern es wird eine Verordnung geben, in der ein Schwellenwert festgelegt wird, der im Übrigen in gleicher Höhe – das kann ich jetzt schon sagen – verordnet werden wird wie bisher, nämlich bei Nitrat etwa mit 45 Milligramm, also unter dem Grenzwert des Trinkwassers, Herr Bundesrat!

Zweitens: Durch die Verordnungen des Bundes und der Länder sind sehr klare Spielregeln vorgesehen, wie die Umsetzung dieser Maßnahmen auf der Fläche tatsächlich zu erfolgen hat.

Drittens bekenne ich mich zu folgendem Prinzip – wenn das im Widerspruch zu Ihrer Meinung steht, soll dieser Widerspruch klar herausgearbeitet werden –: Für mich gilt: freiwillige Maß


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666. Sitzung / Seite 118

nahme vor Zwang. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Herr Bundesrat! Nur dann, wenn die freiwillige Maßnahme nicht den gewünschten Effekt hat, ist es im Sinne des gesamthaften Zieles selbstverständlich auch notwendig, rechtlich verbindliche Maßnahmen umzusetzen. Aber ich weiß, wie offensiv die Bauern letztendlich diese Gedanken annehmen, und ich bin daher optimistisch, dass wir hier eine vernünftige Verbesserung und Weiterentwicklung erzielen.

Zum zweiten angesprochenen Gesetz, dem Saatgutgesetz: Herr Bundesrat! Das Landwirteprivileg als solches ist nie zur Diskussion gestanden. Das Landwirteprivileg besagt nämlich, dass ein Bauer das Recht hat, seine eigene Nachzucht durchzuführen. Worum es gegangen ist, ist die Frage der Nachbarschaftshilfe. Ich kann Ihnen sagen, dass mit dem Rechtsrahmen Unterausschuss-Feststellung die Rechtssicherheit für die Bauern in diesem Zusammenhang gegeben ist.

Drittens zum Weingesetz: Meine Damen und Herren! Ich bin stolz auf den österreichischen Wein und auf die Leistungen der Winzerinnen und Winzer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Beifall bei Bundesräten der SPÖ.) Ich sage Ihnen, das lasse ich mir auch nicht schlecht machen. Bitte, schauen Sie sich an, was wir mit dem Weingesetz geschaffen haben!

Erstens haben wir die Möglichkeiten geschaffen, die EU-Weinmarktordnung umzusetzen, Umstrukturierungen und Verbesserungen in der Weinwirtschaft vorzunehmen. Bedenken Sie bitte auch die Mittel, die wir letztendlich in Brüssel haben.

Zweitens haben wir die rechtliche Möglichkeit für Branchenverbände, das heißt freiwillige Marketing-Vereinbarungen zwischen Winzern und Vermarktern geschaffen.

Drittens: Wir haben Bürokratie abgebaut, indem eine zusätzliche Bestandsmeldung entfällt.

Wissen Sie, Herr Bundesrat, was wir bei der von Ihnen angesprochenen Frage Restsüße gemacht haben? – Wir haben das Verbot selbstverständlich aufrechterhalten. Ich möchte nur in einem Nebensatz bemerken, dass das, was in Österreich verboten ist, in Deutschland erlaubt ist.

Weiters haben wir aus einem Gerichtsdelikt ein Verwaltungsdelikt gemacht. Ich würde auch um ein gewisses Gefühl dafür bitten, was der Rechtsrahmen letztendlich sein soll. Wenn ein Winzer gerichtlich vorbestraft ist, dann würde ich doch fragen: Haben wir denn noch das richtige Maß zwischen Strafrecht – in dem Fall gerichtlicher Verfolgung – und Verwaltungstatbestand? – Ich meine, dass der Winzer von einer Verwaltungsstrafe genau so betroffen ist, ja dass sogar noch effizienter vorgegangen werden kann, weil tatsächlich schnell reagiert wird.

In diesem Sinne appelliere ich an alle Beteiligten, diese Weingesetz-Novelle als das zu sehen, was sie ist: ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der unverzichtbaren österreichischen Qualitätsstrategie. Das ist eigentlich etwas, worauf wir stolz sein sollten und woran wir alle arbeiten sollten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 119

27. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden (52 und 121/NR sowie 6145/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Franz Wolfinger übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Franz Wolfinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Inhalt des Berichtes des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Biozid-Produkte-Gesetz erlassen wird sowie das Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 geändert werden, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Johann Kraml das Wort. – Bitte.

16.08

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das vorliegende Biozid-Produkte-Gesetz war in der Grundintention auch für uns in Ordnung, ja wir hätten dem auch zustimmen können, aber dann kamen die Abänderungsanträge der Regierungsparteien, die das Gesetz wieder aufweichten. Die Chemielobby hat sich also durchgesetzt.

Im Biozid-Produkte-Gesetz ist vorgesehen, dass sämtliche Wirkstoffe in Zukunft identifiziert und notifiziert und sodann in Gefahrengutklassen eingestuft werden sollten. Die EU hat die Einteilung in alte und neue Wirkstoffe vorgenommen. Alte Wirkstoffe sind jene, die vor dem 14. Mai 2000 zugelassen wurden, und neue jene, die nach diesem Datum zugelassen wurden. Die EU beabsichtigt weiters, bis zum Jahr 2001 eine Liste der alten Wirkstoffe anzufertigen und eine Klassifizierung nach Gefährlichkeitsklassen durchzuführen.

Wie sich die Interventionen der Wirtschaft auswirken, sieht man allein an den Fristen. Ursprünglich war es der 1. 1. 2001, dann wurde daraus der 1. 7. 2001, und jetzt sind wir bei 2004. Nach dem Willen der Regierungsparteien können Biozid-Produkte, die nur alte Wirkstoffe enthalten, noch bis längstens 18 Monate nach Veröffentlichung und Notifizierung ohne Kennzeichnung und ohne Einstufung in Verkehr gebracht werden.

Diese alten Wirkstoffe, meine Damen und Herren, sind nicht ohne. Diese Wirkstoffe können zum Beispiel erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend sein und sind noch dazu sehr schwer abbaubar. Meldepflichtig sind diese Stoffe nach dem vorliegenden Gesetz erst dann, wenn sie, über einen längeren Zeitraum verwendet, eine andauernde Belastung für Mensch und Tier oder Umwelt hervorgerufen haben und wenn bereits einschlägige fachliche Informationen über toxische oder ökotoxische Wirkungen vorliegen. – Einfach ausgedrückt heißt das, dass Vergiftungsmeldungen vorliegen müssen. Erst dann muss der Wirkstoff gemeldet werden.

Ein weiterer Bereich, der etwas verwässert ist, ist die Konsequenz, die bei Vergiftungsmeldungen gezogen wird. Da sind so genannte Sicherheitsschleifen eingebaut, bis es zur Beschlagnahme dieser gefährlichen Stoffe kommen kann. Da müssen zuerst entsprechende Meldungen gemacht werden, bis die Behörden aktiv werden können – wenn sie es überhaupt können.


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Meine Damen und Herren! Es geht hier nicht um den wirtschaftlichen Erfolg, es geht hier in erster Linie um die Gesundheit der Menschen, und da hört sich meiner Meinung nach die Geschäftemacherei auf. Da ist die Politik gefordert, und Lobbys dürfen einfach nicht auf Kosten der Gesundheit ihr Ziel erreichen. Gerade in diesem sehr sensiblen Bereich wären kurze Übergangsfristen wirkungsvoll gewesen – zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten.

Die SPÖ kann daher diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.12

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid das Wort. – Bitte.

16.12

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Schädigungen verhindern, Schadorganismus zerstören, abzuschrecken, unschädlich machen – laut EU-Richtlinien sind Biozidprodukte so definiert. Dass es für uns eine Selbstverständlichkeit ist, das umzusetzen, war auch dieser Regierung völlig klar.

Mit diesem Gesetzentwurf soll also die Umsetzung dieser EU-Richtlinien in österreichisches Recht erfolgen. Es hat zwar auch die vorhergehende Regierung dieses Thema schon längst in Augenschein genommen – meine Vorredner hatten Recht –, nur frage ich mich: Warum ist das auf die lange Bank geschoben worden?

Dieser Gesetzentwurf, also dieser Bericht, ist das Ergebnis der Aufarbeitung einer schon längst im Raum stehenden EU-Richtlinie, und es ist mir unerklärlich, dass dies überhaupt noch einer Debatte bedarf.

Der Vater des Biozidentwurfes, Herr Ministerialrat Dr. Plattner – er gilt als SPÖ-nahe –, wollte sich gerne eine eigenes Imperium schaffen, eine Sektion mit 20 Dienstposten, nicht mehr und nicht weniger, darunter 14 A-Posten, meine Damen und Herren! Es ist nicht so, wie Sie sagen, dass diese Regierung nicht der Gesundheit dienen will, aber unsere Aufgabe ist es, einen Ausgleich zwischen Industrie und Umwelt mit den ökologischen Anliegen herbeizuführen. Und das ist, so glaube ich, dieser Regierung mit dieser Gesetzgebung gelungen.

Zufriedenstellend, unbürokratisch, mit wenig Verwaltungsaufwand verbunden – das war das Ziel der Freiheitlichen, meine Damen und Herren! Wir wehrten uns gegen ein solches Imperium von einer Sektion mit 20 neuen Mitarbeitern. Überschneidende Regelungen und Doppelgleisigkeit führen zu nichts. Daher war es für uns Freiheitliche klar, es hätte auch die Umsetzung der EU-Richtlinien in nationales Recht mit der Integration in das bestehende Chemikaliengesetz genügt, zumal sich viele wortidente Textpassagen im Biozid-Produkte-Gesetz finden. Die ordnungsgemäße Anwendung von Biozidprodukten, Herr Kollege Kraml, ist bereits im Umweltstrafrecht, im Strafgesetzbuch, im Arbeitnehmerschutzgesetz, im Chemikaliengesetz, in der Gewerbeordnung und in den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen geregelt. Hier sind die Verpflichtungen in Österreich bereits erfüllt.

Es ist der Regierung, aber vor allem uns Freiheitlichen gelungen, einen akzeptablen Ausgleich mit der Industrie zu schaffen, Übergangszeiten für die Industrie einzuräumen, in denen diese die alten Produkte der neuen Regelung anpassen kann, damit sie keine finanziellen Einbußen erleiden. Eine Sektion mit maximal 10 Mitarbeitern, die Ordnung schafft und hält, wünschen sich die Freiheitlichen und diese Regierung, aber vor allem der österreichische Bürger. – Sparsam, konsequent, effizient arbeiten, so sachlich wie nur möglich, eben ein schlanker Staat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

16.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Leopold Steinbichler. Ich erteile ihm das Wort.

16.16

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch für mich ist es verwunderlich, wenn jetzt


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 121

von der SPÖ bei diesem Gesetz auf die Zeit gedrängt wird, denn ich denke, dass gerade unter einer Konsumentenschutzministerin Prammer das vorhandene Lebensmittelgesetz 1975 und das Chemikaliengesetz 1996 wesentlich strenger administriert werden hätten können, wenn es Bedenken gegeben hätte.

Tatsache ist, dass bei diesem vorliegenden Biozid-Produkte-Gesetz 23 Produktarten betroffen sind, es ist also ein sehr umfassendes – das sage ich jetzt unter Anführungszeichen – "Betätigungsfeld", angefangen beim Hygienebereich über den Veterinär-, Futter- und Lebensmittelbereich bis hin zum Bereich Holzschutzmittel und Insektizide. All das sind, wie bereits erwähnt, Produkte, mit denen wir im Alltag immer wieder in engste Berührung kommen.

Einer der wichtigen Punkte in diesem neuen Gesetz ist meiner Meinung nach, dass die Vorschriften für Verpackung, Bewerbung, Produktanwendung und Produktbeobachtung ganz klar geregelt sind. Ich habe heute bei einem anderen Gesetz schon einmal einen kleinen Ausflug in den Tierschutzbereich gewagt, und nachdem auch dieser Bereich wieder ganz klar betroffen ist, weil auch die Schädlingsbekämpfungsmittel geregelt werden, möchte ich doch noch einmal zu den Tierschützern ein Wort sagen.

Sie sind anscheinend auf einem Auge blind oder auf einer Herzhälfte gefühllos. Wir werden zwar im Heimtier- und Nutztierbereich strengstens beobachtet und oftmals zu Unrecht vernadert, besonders die Landwirtschaft, aber mich wundert, dass im Bereich Heimtiere oder Gartentiere – fangen wir einmal bei den lieben "Schneckilein" an, die jeden Tag am Morgen aufgespießt und dann ertränkt oder geröstet oder gesalzen werden –, bis hin zu den lieben Ratten und Mäusen in den Großstädten und den hübschen Tauben auf den Dächern, ganz brutal Gift eingesetzt werden kann, um diese so genannten Schädlinge zu bekämpfen.

Meine Frage ist: Sind das nicht auch Lebewesen, Tiere wie alle anderen Heim- und Nutztiere, über die wir debattieren? – Ich glaube, auch das ist einmal zu diskutieren, und auch da wäre es angebracht, einen Diskussionsgleichstand herzustellen.

Nun zu einem weiteren Bereich, nachdem in diesem Produktbereich auch der Lebensmittelbereich sehr stark betroffen ist: Herr Minister! Es hat in Bad Ischl eine Ernährungskonferenz, einen Kongress "Leben aus dem Chemielabor" gegeben. Tatsächlich kommt es immer wieder durch chemische Lebensmittel, durch Substitute, durch Ersatzprodukte, mit denen sich die Leute heutzutage ernähren – ich denke zum Beispiel an eine "Knorr Goldaugensuppe", die niemals mit Hühner- oder Rinderfleisch in Berührung gekommen ist, aber natürlich wunderbar medial zu verwerten und zu bewerben ist, oder an die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten –, zu Problemen. Wenn beispielsweise vermehrt Allergien auftreten, sollte man das auch in diesem Zusammenhang hinterfragen, und daher erwarte ich mir auch von der Ärzteschaft und von der Ernährungswissenschaft endlich einmal Schützenhilfe in Richtung der traditionellen, gewohnten Ernährungsweise. Ich denke an einen guten Schweinebraten, an einen guten Rinderbraten, an ein gutes Glas Milch, das offenbar so schädlich ist. Ich habe es anscheinend ohne Schäden überlebt – und ohne Zusatzstoffe. (Bundesrätin Schicker: Wenn man darf! Bei hohem Cholesterin darf man nicht!)

Man sollte nicht immer, wenn Allergien, wenn andere Gesundheitsprobleme auftreten, unsere traditionelle, herkömmliche, gesunde Ernährung dafür verantwortlich machen, sondern auch einmal diesen Chemiebereich deutlich durchleuchten und untersuchen, was da zugesetzt wird.

Zurück zum Biozid-Produkte-Gesetz: Ich denke, es ist ein zeitgemäßes, ein modernes Gesetz, das Mensch, Tier und Umwelt nachhaltig vor negativen Folgen schützt und auch in der Bürokratie effizienter ist als die vorherigen Gesetze. Wir von Seiten der ÖVP-Fraktion werden diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 122

16.20

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile Herrn Bundesminister Mag. Willi Molterer das Wort. – Bitte.

16.20

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich ist es so, dass dieses Biozid-Produkte-Gesetz ein ganz wesentliches Umweltschutz- und Konsumentenschutzgesetz ist, das einen wichtigen Lebensbereich erfasst, ein höheres Niveau an Sicherheit bietet und – das sage ich auch dazu – im Hinblick auf den Terminfahrplan der Europäischen Union auch zeitgerecht umgesetzt wurde.

Herr Bundesrat Kraml! Ich möchte auf die von Ihnen angesprochene Übergangsfrage eingehen. Wissen Sie, mich irritiert das insofern, als die jetzt im Verkehr befindlichen Produkte – Sie wissen, dass der 14. Mai der Stichtag war – selbstverständlich nach den bisher geltenden Rechtsgrundlagen zugelassen waren. Sie werden doch nicht sagen, dass etwa das Lebensmittelrecht oder das Chemikaliengesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage ist. Sie erwecken den Eindruck, als ob es sich hier um illegale Produkte handeln würde. Das ist nicht der Fall. Diese sind bisher nach einer klaren Rechtsgrundlage zugelassen worden.

Zweitens: Das bringt auch für die alten Produkte eine Verbesserung. Warum? – Auch die alten Produkte werden jetzt Schritt für Schritt überprüft, bei dieser Überprüfung werden zusätzlich Qualitätskriterien, etwa betreffend das Anwendungsgebiet, angewendet. Was mir wichtig ist, ist, dass für besonders sensible Produkte eine Meldepflicht entsteht. Für die Frage der Qualifikation, die als besonders sensibel gilt, gibt es mehrere Kriterien und nicht nur das eine von Ihnen angesprochene. Also ich bitte auch hier, bei dem zu bleiben, was Sache ist.

Wenn Sie einem Gesetz nicht zustimmen wollen, dann ist das okay, das ist Ihr demokratisches Recht, aber bitte nicht mit einem Argument, das in der Sache nicht gerechtfertigt ist.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nur festhalten, dass sich unter meiner Führung das Bundesministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft selbstverständlich der Verwaltungsinnovation und der Effizienz unterwirft. Ich möchte aber auch festhalten, Frau Bundesrätin, dass für mich die Qualifikation der Mitarbeiter und nicht die angebliche Nähe dort- oder dahin zählt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.

28. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird (152/A und 160/NR sowie 6146/BR der Beilagen)


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 123

29. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (151/A und 161/NR sowie 6111 und 6147/BR der Beilagen)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 28 und 29 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über beide Punkte hat Herr Bundesrat Georg Keuschnigg übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Georg Keuschnigg: Hohes Haus! Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Da Ihnen der Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird, schriftlich vorliegt, darf ich zur Verlesung des Antrages kommen.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Auch der Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, liegt Ihnen schriftlich vor. Ich darf daher zum Antrag kommen:

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Als erster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer das Wort. – Bitte.

16.25

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass Kollegin Mühlwerth vor mir zu Wort gemeldet ist und ein wenig auf den Inhalt der beiden Gesetze eingehen wird. Ich habe mir gedacht, weil wir uns über den positiven Aspekt dieser beiden Gesetze einig sind, könnte ich es mir ersparen, diese zu erläutern. Ich sage nur zu jedem der beiden Gesetze einen Satz und komme dann zu jenen Anmerkungen, die ich mir auf Grund der Ausführungen, die es sowohl im Nationalrat als auch im Ausschuss des Bundesrates gegeben hat, die sich nun genau auf jene Punkte beziehen, die dann in einem vorliegenden Entschließungsantrag zur Sprache kommen – ich weiß nicht, ob ich darauf schon eingehen darf –, vorgenommen habe.

Das erste Gesetz bezieht sich auf die Berufsreifeprüfung. Diese Möglichkeit gibt es seit einigen Jahren im Gesetz, und das, was wir heute beschließen, bringt eine wesentliche Erweiterung der Voraussetzungen für eine bestimmte Personengruppe aus zwei wichtigen Berufsgruppen, und zwar aus dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich und dem Gesundheitswesen. (Vizepräsident Payer übernimmt den Vorsitz.)

Nun ist sowohl im Nationalrat als auch im Ausschuss des Bundesrates die Forderung nach einer finanziellen Beihilfe beziehungsweise Anerkennung oder einer Prämie für jene erhoben worden, die diese Berufsreifeprüfung abschließen. Wir haben schon im Ausschuss den Hinweis darauf gehört, dass das sicherlich derzeit aus budgetären Überlegungen nicht realisierbar ist. Zusätzlich kann man vielleicht dazu anmerken, dass es sich bei dieser Prüfung um eine


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Externistenprüfung handelt, und wenn man bei der Berufsreifeprüfung eine Prämie bezahlen oder vorsehen würde, würde das wahrscheinlich Beispielsfolgerungen nach sich ziehen.

Aus meinem Bundesland darf ich berichten, dass wir in Oberösterreich das so genannte Bildungskonto haben, das auch für diesen Personenkreis, also für jene, die die Berufsreifeprüfung ablegen, eine Abgeltung vorsieht, und zwar bis zu 50 Prozent der Kurskosten, maximal 20 000 S, und eine Abgeltung der Kosten, die für Bücher und Lernmaterialien anfallen.

Ich habe im Entschließungsantrag gelesen, dass es solche Regelungen auch in anderen Bundesländern mit Ausnahme von zwei gibt, und ich glaube, man sollte auf diese zwei Bundesländer einwirken, dass sie sich an den anderen ein Beispiel nehmen.

Nun zum zweiten Punkt, zu dieser NAP-Aktion. – Es hat jetzt zwei Jahre lang für jene, die innerhalb der Pflichtschulzeit den Pflichtschulabschluss in der Hauptschule oder im Polytechnischen Lehrgang nicht geschafft haben, die Möglichkeit gegeben, diesen in der Pflichtschule bis zum 18. Geburtstag nachholen zu können, und diese Möglichkeit soll, wenn das Gesetz heute von uns nicht beeinsprucht wird, um zwei Jahre verlängert werden.

Sowohl im Nationalrat als auch im Ausschuss ist die Frage aufgetaucht, warum man denn nur wieder um zwei Jahre verlängert und diese Möglichkeit nicht unbefristet einführt. Ich habe mir selbst die Frage gestellt: Was spricht dafür, diese Möglichkeit ohne Befristung festzulegen, oder was ist der Profit einer Befristung? Vorweg möchte ich aber gleich dazu sagen, dass weder die eine noch die andere Lösung allein die richtige oder allein die falsche ist. Meine Überlegung dazu: In Zeiten des Lehrstellenmangels ist es, so glaube ich, sinnvoll, wenn man einem Schüler eine sinnvolle Überbrückungsmöglichkeit bietet, wenn er die Chance hat, den Pflichtschulabschluss in der Zeit, in der er noch keine Lehrstelle hat, nachzuholen.

Aber in Zeiten eines ausreichenden Lehrstellenangebotes – ich glaube, die Entwicklung dorthin zeichnet sich schon ab – ist es meiner Meinung nach sicher günstiger, wenn ein Schüler, auch wenn er den Pflichtschulabschluss nicht geschafft hat, eine Lehrstelle annimmt und die Berufsschule besucht.

Wenn später aus irgendwelchen beruflichen Gründen oder weil dem Betreffenden der Knopf erst später aufgeht, dieser Pflichtschulabschluss nachgeholt werden soll, dann ist das jederzeit in Form einer Externistenprüfung möglich.

Etwas möchte ich Ihnen noch sagen, was mir viele Lehrer bestätigt haben: Für manche Schüler mag es vielleicht eine Verlockung sein, die Anstrengungen im 9. Schuljahr zu wenig intensiv zu betreiben, wenn sie wissen, es gibt ohnehin noch ein Jahr und dann noch ein Jahr. Damit geht sicherlich ein wertvolles Jahr der Lebenszeit im Beruf verloren.

Noch einmal: Ich denke, dass es günstiger und wichtiger ist, dass ein solcher Schüler eine Lehrstelle annimmt. Lehrer sind sehr bemüht, mittels Differenzierungsmaßnahmen, mittels besonderer Fördermaßnahmen im Unterricht die Schüler zu einem positiven Abschluss zu bringen. Aber die Schüler müssen auch das Ihre dazu beitragen und sollten sich nicht von vornherein auf gewisse Spekulationen verlassen können.

Ich meine, dass es weder für das eine noch für das andere zwingende Gründe gibt, und es ist sicherlich nicht falsch, wenn man wieder für zwei Jahre beschließt, das zu ermöglichen, und gleichzeitig beobachtet, evaluiert und dann auf Grund der Situation des Lehrstellenmarktes entscheidet, wie es weiter geht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Schicker. )

16.32

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Erhard Meier. Ich erteile ihm dieses.

16.32

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich möchte gleich mit einem Anführungszeichen beginnen und zitiere:


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"Das heutige Gesetz betreffend die Berufsreifeprüfung klingt zwar auf den ersten Blick bestechend, geht aber meiner Meinung nach an der Problematik völlig vorbei. Es wird kein einziger Lehrling deswegen einen Arbeitsplatz erhalten, nur weil das Bildungssystem durchlässiger geworden ist. ... Unter dem völlig falsch verstandenen Begriff der Chancengleichheit hat man zu Beginn der siebziger Jahre damit angefangen, der Bevölkerung einzureden, daß es wichtig sei, daß jeder Matura hat. Das ist für mich nicht Chancengleichheit. ... Heute geht nahezu jeder ... von der Volksschule in die Mittelschule. ... Folglich mußte man, da so viele Schüler in die AHS streben, aber nicht alle mitkommen und nicht alle das Bildungsziel erreichen können, auch in diesem Schultyp das Niveau kontinuierlich absenken. Das heißt, die Matura hat eine gewisse Inflation erlitten, und das fällt uns natürlich auch bei den Lehrlingen auf den Kopf. ... Bekennen Sie sich zu einem Leistungssystem! ... Ein Leistungssystem ist etwas ganz Wichtiges. Es ist auch wichtig, dass wir uns zu einer Elitenbildung bekennen. Die Mittelschüler sollen nun einmal die geistige Elite des Landes darstellen. ... Um einen Kasten zu bauen, muß er nicht unbedingt eine Matura haben!" – Und so weiter, meine Damen und Herren! Ende des Zitates.

Jetzt würde ich um Applaus der FPÖ bitten, denn den gab es auch damals, als am 26. Juni 1997 Frau Bundesrätin Mühlwerth mit diesen Worten zu diesem Gesetz Stellung genommen hat. (Bundesrat Ing. Scheuch: Bei einer guten Rede gibt es einen Applaus!)

Ich habe aus dieser Rede zitiert, aber Sie klatschen heute natürlich nicht mehr. Schade, dass ich nicht mit ihr persönlich in einen Dialog treten kann, ich hätte das wirklich gerne getan. Frau Bundesrätin Moser ist in dieser Hinsicht noch weiter gegangen.

Ich habe einleitend auf das Anführungszeichen hingewiesen. Ich habe diese Rede nur zitiert. Das ist natürlich nicht meine Meinung.

Ich habe schon damals gemeint, dass diese Berufsreifeprüfung eine Möglichkeit für Menschen ist, die aus irgendwelchen Gründen nicht durch den Besuch einer AHS oder einer anderen Schule die Matura ablegen konnten, die nicht die Möglichkeit haben, eine Abendschule zu besuchen, weil sie etwa zu weit weg ist, und diese Berufsreifeprüfung abzulegen.

An diesem Beispiel sieht man, wie rasch sich eine Haltung ändern kann. Dass es aber auch Novellierungen gibt – das ist eine sehr wertvolle Ergänzung, die jetzt geschieht –, die sehr positiv sind, wird damit auch deutlich. Es heißt oft, ein Gesetz, das in solch kurzer Zeit schon wieder novelliert wird, hat irgendwelche Fehler gehabt. Die vorliegende Novellierung ist eine notwendige Ergänzung.

Ich möchte jetzt nicht mehr auf die Vorteile dieser Berufsreifeprüfung eingehen. Es gibt tatsächlich schon sehr viele Interessenten. Darüber gibt es schon Statistiken. Es ist auch so, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Berufsschüler von der Möglichkeit der Berufsreifeprüfung Kenntnis haben. Das scheint mir auch sehr wichtig zu sein. Bei der Reihung der Möglichkeiten der Weiterbildungspläne liegt die Berufsreifeprüfung bei den Berufsschülern mit etwa 28 Prozent an erster Stelle.

Ich denke, all diese Daten und die in den letzten drei Jahren gemachten Erfahrungen sprechen sehr dafür. Die Erweiterung, die von meiner Vorrednerin schon genannt wurde, für Schulen landwirtschaftlichen Charakters und Krankenpflegeschulen ist auch sehr positiv, weil das auch ein Kreis ist, der dazu passt und der diese Möglichkeiten haben sollte.

Ich glaube natürlich nicht, dass es dort keine Leistungen geben sollte. Das wäre ungerecht. Aber die Erfahrungen, die diese Menschen aus dem Beruf schon mitbringen, sind auch ein wichtiger Bestandteil eines abgerundeten Bildes einer Matura, einer Reifeprüfung für einen bestimmten Zweck. Ich meine, dass es wichtig ist, dass begabten, strebsamen und fleißigen Menschen in Zukunft die Möglichkeit der Ausbildung, der Weiterbildung – sie müssen deshalb gar nicht alle weiter studieren – und der Höherqualifikation ohne Nachteil aus der vorigen schulischen Laufbahn gegeben werden sollte.

Ich möchte zu diesem Punkt einen Entschließungsantrag einbringen, der finanzielle Dinge betrifft. Meine Damen und Herren! Es gibt natürlich auch für die Berufsreifeprüfung Zuschüsse, die


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in den verschiedenen Ländern unterschiedlich gestaltet sind. Ich möchte einen
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Entschließungsantrag einbringen, der darauf abzielt, auch in diesem Bereich eine finanzielle Förderung zu gewährleisten.

Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Erhard Meier und Genossen betreffend Förderung der Berufsreifeprüfung

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesrat hat beschlossen:

"Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, die Berufsreifeprüfung in einem höheren Ausmaß als bisher in einer treffsicheren Form zu fördern. Die ,Berufsreifeprüfungs-Prämie‘ soll insgesamt 8 000 S für jede/n Absolventen/in betragen. Die Ausschüttung soll in vier Stückelungen und zu je 2 000 S nach jeder positiv absolvierten Teilprüfung erfolgen. Die entsprechend beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einzureichenden Antragsformulare sollen gleichzeitig die Grundlage zum Aufbau einer Datenbank und repräsentativen Statistik zur Berufsreifeprüfung sein.

Unter einem wird die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur ersucht, mit den Ländern Gespräche aufzunehmen, um eine gleichmäßige Förderung sicherzustellen."

*****

Ich nehme an, dass der Antrag ordnungsgemäß unterzeichnet eingebracht ist.

Der nächste Tagesordnungspunkt betrifft das Nachholen des Hauptschulabschlusses in einem zehnten oder elften Schuljahr.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass das unabhängig von der NAP-Regelung besonders wichtig ist. Ich kenne einen Fall, den ich im Ausschuss schon zur Kenntnis gebracht habe, der derzeit an meiner Schule aufgetreten ist. Ein Schüler, der wegen seiner Legasthenie drei Jahre in der Volksschule verloren hat, ist jetzt in einem elften Schuljahr in der Lage, die Hauptschule abzuschließen, und zwar ohne Klassenverlust in der Hauptschule – je älter er geworden ist, umso eher war er in der Lage, mitzukommen – und auch ohne andere Probleme wie etwa, dass er zu alt sei, um mit den anderen Schülern in dieser Stufe zu sein.

Es ist also grundsätzlich sehr zu befürworten, dass die Möglichkeit eines Hauptschulabschlusses oder des Abschlusses der Polytechnischen Schule gegeben ist. Denn wo immer so ein junger Mensch hinkommt, auch in späteren Jahren, wird zunächst einmal das Hauptschulzeugnis, das Pflichtschulzeugnis verlangt und dann eben weitere Ausbildungsmöglichkeiten.

Ich befürworte also auch dieses Gesetz und diese Novellierung, möchte aber auch dazu einen Entschließungsantrag einbringen, der darauf abzielt, die Möglichkeit der Ablegung bis zum 18. Lebensjahr in Form eines zehnten oder elften Schuljahres nicht auf zwei Jahre zu befristen. Ich glaube, das hat mit dem NAP eigentlich nichts zu tun, denn es wird immer die Notwendigkeit geben, dass Menschen den Schulabschluss in dieser Form bewältigen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in zwei Jahren anders ist, und dann müssten wir in zwei Jahren wieder darüber sprechen.

Der Entschließungsantrag lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Erhard Meier und Genossen betreffend unbefristetes Nachholen des Hauptschulabschlusses

Der Bundesrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Bundesrat hat beschlossen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Möglichkeit des Nachholens des Hauptschulabschlusses zur Erlangung des Pflichtschulabschlusses, um den Betroffenen für ihr zukünftiges Berufsleben die Chancen zu verbessern, zu gewährleisten und dies als Grundsatz im Bildungssystem unbefristet zu verankern."

*****

Ich finde, das ist keine ideologische Frage, auch sonst keine schwierige Frage. Es ist dies ein Vorschlag, dem man tatsächlich näher treten könnte. Wenn das jetzt nicht geschieht, dann bin ich davon überzeugt, dass wir uns ohnehin in zwei Jahren hier wiederum zusammenfinden und diese Möglichkeit über die zwei Jahre hinaus verlängern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.41

Vizepräsident Johann Payer: Der von den Bundesräten Erhard Meier und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Förderung der Berufsreifeprüfung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Der von den Bundesräten Erhard Maier und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend unbefristetes Nachholen des Hauptschulabschlusses ist ebenfalls genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesrat Josef Saller. Ich erteile ihm dieses.

16.42

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs muss ich sagen, der Vorredner hat mir aus dem Herzen gesprochen, als er gesagt hat, wir bekennen uns zum Leistungssystem. Ich füge noch hinzu, zur Vielfalt der Bildung natürlich auch, aber darin sind wir uns ohnehin einig.

Ich möchte etwas anderes sagen, und zwar zum Schulunterrichtsgesetz betreffend die Höchstdauer, und aus privater Sicht eine Anmerkung dazu machen.

Zum vorliegenden, sehr positiven Gesetzeswerk möchte ich besonders auch auf die äußerst notwendige Schulpartnerschaft Eltern – Schüler – Lehrer hinweisen. Denn neben den gesetzlichen Möglichkeiten muss unbedingt auch die Leistungsbereitschaft der betroffenen Schüler, die den Abschluss erreichen wollen, gegeben sein. Das ist ein wichtiger Punkt, den ich speziell ansprechen möchte. Die Schüler müssen den Abschluss von sich aus auch wirklich wollen!

Die Zwangsbeglückung wird es nicht geben, und man darf nicht vergessen, dass es auch eine Belastung für die Schüler ist, wenn sie sich zum Beispiel als 17-Jährige in eine Klasse von 14-Jährigen setzen müssen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Die Frage ist: Wie oft wird das der Fall sein? Handelt es sich dabei eher um Ausnahmefälle, oder tritt das ein, was Frau Kollegin Pühringer schon gesagt hat, und erfolgt das im Rahmen von Externistenprüfungen?

Dass es solche Schüler gibt, für die wir dieses Gesetzeswerk brauchen, kann ich als Schulleiter anhand der Zahlen von unserer Schule bestätigen. Wir haben zum Beispiel in den zweiten Klassen, in der sechsten Schulstufe, elf Schüler, die bereits im siebenten Jahr sind. Das heißt, diese Schüler haben ein Jahr Verlust. Ferner gibt es fünf Schüler, die bereits im achten


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Schuljahr sind – da tritt dann schon das elfte Schuljahr in Kraft –, und einen Schüler im neunten Schuljahr. Ein ähnliches Bild gibt es in den dritten Klassen, in denen wir einen Schüler im zehnten Schuljahr, zwei Schüler im neunten Schuljahr und 14 Schüler im achten Schuljahr haben. Das heißt, diese machen dann das neunte Schuljahr bereits als Schulabschluss.

Ich möchte abschließend sagen: Ja, es ist ein gutes Gesetz, es setzt aber auch das Wollen, die Leistungsbereitschaft und den Willen der Schüler voraus. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Meier: Dem möchte ich zustimmen!)

16.45

Vizepräsident Johann Payer: Nochmals zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer. – Bitte.

16.45

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Ich bin in meiner ersten Wortmeldung inhaltlich schon auf die beiden Forderungen eingegangen, konnte aber noch nicht die Entschließungsanträge von Herrn Bundesrat Meier erwähnen, weil sie erst nach meiner Wortmeldung offiziell eingebracht wurden.

Daher kann ich jetzt nachträglich, nachdem die beiden Entschließungsanträge von Ihnen vorgebracht wurden, bekannt geben, dass meine Fraktion diesen Anträgen nicht zustimmen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

16.45

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer. Ich erteile ihr dieses.

16.45

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich zuerst einmal herzlich dafür bedanken, dass für die beiden Gesetzesvorlagen von allen Seiten dieses Hauses eine Zustimmung zu bestehen scheint, also dafür, dass man keinen Einspruch erhebt. Es sind zwei vielleicht auf den ersten Blick kleine Gesetze, aber es sind Gesetze, die wiederum in die richtige Richtung weisen.

Die Berufsreifeprüfung ist ein Erfolgsrezept. 4 000 Jugendliche machen derzeit die Berufsreifeprüfung. Sie hat bewirkt, dass jeder, der eine Lehre macht, weiß, dass er ohne weiteres den Anschluss an eine weiterführende Bildung haben kann.

Wir wollen erreichen, dass man in unserer Gesellschaft sieht, dass es verschiedene Menschen mit verschiedenen Kompetenzen und verschiedenen Anlagen gibt. Man kann den Menschen nicht auf ein Menschenbild hintrimmen. Man muss ihm verschiedene Chancen geben, man muss ihm verschiedene Möglichkeiten geben. Man soll aber auch immer noch die Chance auf eine weiterführende Bildung haben.

Durch diese Berufsreifeprüfung ist es gelungen, dass man das Know-how aus einer Lehre, die Persönlichkeit, die Selbständigkeit, die sich bei Berufstätigkeit entwickelt, auch bewertet, dass man die Kenntnisse einer Lehre als Facharbeit wertet und dass man dazu noch Allgemeinbildung verlangt.

Mein großes Anliegen ist es, dass wir das Niveau der Berufsreifeprüfung halten, denn meiner Ansicht nach ist es wichtig, dem jungen Menschen auch nichts Falsches vorzugaukeln.

Der Antrag des Kollegen Meier im Zusammenhang mit der Berufsreifeprüfung, man möge den jungen Menschen 8 000 S geben, zeigt für mich in die falsche Richtung. Das ist wieder ein System, mit dem ich zuerst dem Steuerzahler sozusagen das Geld wegnehme und dann irgendjemandem wieder etwas gebe. Ich finde, es ist wichtiger und richtiger, derartige Unterstützungen in den Regionen zu geben.

Ich meine auch, dass sich jene Institutionen, die die Berufsreifeprüfung anbieten – das sind Erwachsenenbildungsinstitutionen –, sehr wohl überlegen sollten, ob sie nicht gerade diese


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Angebote besonders günstig machen wollen. Wir haben im Erwachsenenbildungsbereich sowohl vom Bund als auch von den Ländern aus eine Objektförderung. Wir fördern die Institutionen, etwa die Arbeiterkammern und ihre verschiedenen Einrichtungen. Es bleibt jeder Arbeiterkammer unbenommen, gerade für die Berufsreifeprüfung besonders günstige Angebote zu machen, wenn ihr die Jugend und besonders die ausgebildeten Lehrlinge am Herzen liegen. Ich meine, so sollte man das sehen. Es kann von jeder Arbeiterkammer, von jedem, der ein Angebot macht, die Förderung, die wir geben, speziell auf dieses Angebot, auf diese jungen Menschen umgelegt werden. (Bundesrat Meier: Es gibt schon auch andere Anbieter!) – Selbstverständlich! Es wird auch die breite Palette der Anbieter von uns gefördert, wenn sie im allgemeinen Erwachsenenbildungsbereich tätig sind. All diese Anbieter erhalten eine Objektförderung.

Zum Abschluss der Pflichtschulzeit möchte ich noch kurz einen Punkt erwähnen. Herr Bundesrat Meier! Bei Ihrem Antrag fehlt mir einfach – vielleicht habe ich es aber nur übersehen, ich habe den Antrag nicht ganz genau gelesen – die Polytechnische Schule. Auch die Polytechnische Schule ist ein Abschluss der Schulpflicht. Man sollte das bitte nicht vergessen! Man sollte auch jenen, die es möchten, die Chance geben, eine Polytechnische Schule zu absolvieren, denn auch das ist ein Abschluss der Schulpflicht. Das ist im Gesetz extra auch so vorgesehen: entweder die Hauptschule oder die Polytechnische Schule als Abschluss.

Ich finde, es ist sehr gut, wenn wir bei besonderen Maßnahmen immer wieder einen Zwischenschritt machen, nämlich einen Schritt zur Evaluierung. Ein solcher Anlass, wenn man diese Maßnahme auf zwei Jahre begrenzt, ist wieder ein Schritt zur Evaluierung. Es steht dem nichts entgegen, dass man es, wenn es notwendig ist, dann weiter verlängert.

Ich bedanke mich jedenfalls sehr herzlich für die konstruktive Diskussion und freue mich darüber, dass auch in diesem Haus die Bildung einen hohen Stellenwert hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Gudenus. )

16.49

Vizepräsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Erhard Meier und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Förderung der Berufsreifeprüfung vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ferner der Antrag der Bundesräte Erhard Meier und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend unbefristetes Nachholen des Hauptschulabschlusses vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

30. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird (107/A und 166/NR sowie 6148/BR der Beilagen)

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nun zum 30. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Leopold Steinbichler übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Leopold Steinbichler: Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Akkreditierungsgesetz geändert wird, liegt in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. – Bitte.

16.53

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Der in diesem Gesetz vorgesehene Akkreditierungsrat ist dem Ziel verpflichtet, die Qualitätssicherung und Kontrolle sehr ernst zu nehmen und genau zu überprüfen, ob akademische Grade, die Privatuniversitäten verleihen, von ihrem Ausbildungsgang her wirklich vergleichbar sind. Denn es sollen akademische Grade ausländischer Privatuniversitäten in Österreich inländischen Abschlüssen gleichgestellt werden, und zwar nicht durch eine individuelle, sondern durch eine gleichsam institutionelle Nostrifizierung der Abschlüsse der ausländischen Studiengänge – im Einzelfall durch den Akkreditierungsrat.

Das setzt freilich voraus, dass die Curricula der Privatuniversitäten denjenigen vergleichbarer Studienrichtungen an inländischen Universitäten gleichwertig sind. Das muss gewährleistet sein und streng geprüft werden. Ich räume ein, dass in dieser Materie so manche Frage offen bleiben mag, und zwar nicht allein in Bezug auf das Förderungs- und Subventionsverbot des Bundes,


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sondern insbesondere auch darauf, dass zu vermeiden ist, dass durch die Schaffung zweier Kategorien von Studierenden negative Auswirkungen auf das öffentliche Hochschulsystem und damit auf den gleichen Bildungszugang aller Bildungswilligen entstehen.

Die in diesem Zusammenhang nicht normierte studentische Mitbestimmung vermisse ich dabei allerdings nicht allzu sehr. Erstaunlich finde ich nur, dass die SPÖ im Nationalrat in diesem Gesetzesvorhaben zwar an sich keinen Schritt in die richtige Richtung erblickt hat, jedoch immerhin zugesteht, dass der Inhalt des vorliegenden Vorhabens einen kleinen Schritt zu mehr Qualitätssicherung darstellt. Das räumt auch die SPÖ ein.

Damit nicht ganz vereinbar ist es aber, wenn der Bildungssprecher der SPÖ die Frage stellt, wie sich die Studienabschlüsse an Hochschulen für pädagogische Berufe zu jenen an Fachhochschulen und zu jenen des Bakkalaureatsstudiums verhalten.

Gewiss stellt sich auch das Problem der Neuordnung des Dienstrechts der Universitätsangehörigen im Kontext der Akkreditierung von Privatuniversitäten.

Da die verliehenen akademischen Grade also in das inländische System unserer akademischen Grade und Diplome zu integrieren sind, muss dies durch einen entsprechenden österreichischen Rechtsakt umgesetzt werden, und zwar geschieht das eben auf Grund dieser Novelle künftig, wie bereits erwähnt, durch eine institutionelle Ex-ante-Nostrifizierung der Studienabschlüsse. Wir werden daher diesem zukunftsweisenden Vorhaben unsere Zustimmung gerne erteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.56

Vizepräsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

31. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird (163/NR sowie 6149/BR der Beilagen)

32. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000) (164/NR sowie 6150/BR der Beilagen)

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nun zu den Punkten 31 und 32 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird, und


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ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird – Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000.

Die Berichterstattung über die Punkte 31 und 32 hat Herr Bundesrat Georg Keuschnigg übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Georg Keuschnigg: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird. Die Textierung dieses Berichtes liegt schriftlich vor, ich darf daher den Antrag vortragen:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie und möchte zu Beginn eine Druckfehlerberichtigung hinsichtlich des vorliegenden Textes und Titels des Beschlusses des Nationalrates vorbringen.

Der Beschluss des Nationalrates hat richtig zu lauten: "Der Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000)".

Der Text liegt auch hier wiederum schriftlich vor. Ich darf daher den Antrag verlesen.

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. – Bitte.

16.59

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Werter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und Wissenschaft ist es unabdingbar – darin sind wir uns einig –, dass die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Technologie einen besonderen Stellenwert einnimmt. Auch die Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft, von universitärer Forschung und angewandter Forschung und Technologieentwicklung in den Unternehmen stehen als Notwendigkeit außer Frage.

Und gerade diesen Forderungen entsprechen meiner Meinung nach die heute zu beschließenden Gesetze nicht in ausreichendem Maße, daher wird meine Fraktion nicht zustimmen.

Die Forschung ist das Stiefkind dieser Bundesregierung, denn Forschung wird nach wie vor nicht in jenem Umfang und Ausmaß betrieben, wie es im Grünbuch festgelegt ist. Allein durch die Schaffung eines Rates für Forschung und Technologieentwicklung wird man diesen vielfältigen Anforderungen nicht gerecht werden können, und das vor allem auch deswegen, weil die Sozialpartner davon ausgenommen und auch die finanziellen Mittel nicht wesentlich aufgestockt werden.

Die sozialdemokratische Fraktion im Nationalrat hat diesbezüglich einen Antrag gestellt, der – wie kann es auch anders sein – mehrheitlich abgelehnt wurde. ÖVP-Abgeordnete Dr. Brinek hat diesen Antrag allerdings als unterstützenswert bezeichnet, weil sie – anscheinend als eine der wenigen in ihrer Fraktion – die Situation an unseren Universitäten kennt.

Meine Damen und Herren! Forschungspolitik hat in Österreich einen durchaus guten Ruf. Setzen wir diesen guten Ruf nicht leichtfertig aufs Spiel! (Bundesrätin Haunschmid: Was haben


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Sie denn 30 Jahre gemacht?)  – Wir haben einen guten Ruf, habe ich gesagt, und das ist das Ergebnis dessen, was in den letzten Jahren passiert ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Sie haben schlecht zugehört. Ich habe gesagt: Setzen wir diesen guten Ruf nicht leichtfertig aufs Spiel! (Bundesrätin Haunschmid: Wir setzen ihn eh nicht aufs Spiel!)  – Das hat seinen Grund: Mein diesbezüglicher Optimismus hält sich nämlich in Grenzen, wenn ich daran denke, dass die Bedingungen für Forschung und Entwicklung durch diese neue Bundesregierung verschlechtert wurden.

Erstens: Wir waren immer bemüht, Kompetenzen zusammenzuführen, Sie haben jetzt die Kompetenzen auf fünf, sechs Ministerien gesplittet.

Zweitens: Die budgetären Mittel sind gekürzt worden, heuer ist es eine halbe Milliarde. Für die Folgejahre ist dies ebenfalls zu befürchten, wenn ich die Aussagen des Finanzministers richtig interpretiere.

Drittens: Wir stehen, was die Forschungsausgaben betrifft, am Ende der Skala der europäischen Länder. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. )  – Diese Zwischenrufe sind nicht sehr passend, denn es geht um die richtige Verteilung dieser Gelder, liebe Frau Kollegin! Es geht nicht darum, dass wir das Geld beliebig vermehren wollen, wir sind nur der Meinung, wir könnten es besser verteilen und viel effizienter einsetzen. So ist es gemeint! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Verteilt habe wir es 30 Jahre, jetzt setzen wir es ein!)

Meine Damen und Herren! Die Experten haben uns klar und deutlich vor Augen geführt, dass, sollte die Forschungspolitik nicht besser gefördert werden, unsere jungen Forscher und Spezialisten Österreich verlassen und wir auf ausländische Kapazitäten angewiesen sein werden. Sofern Sie das nicht sofort tun, sollten Sie das Protokoll der Nationalratsdebatte vom 6. Juni dieses Jahres gelesen haben – ich zitiere aus einem Redebeitrag von Dr. Graf von den Freiheitlichen:

"Die Universitäten müssen lernen, auch zu sagen, warum und wozu sie Geld brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn sie begründen können, warum und wozu sie Geld brauchen, dann wird es auch diesbezügliche finanzielle Mittel geben. Die ausgetrampelten Pfade, dass man einfach nur sagt, wir brauchen Geld, aber nicht sagt, warum und wozu, werden jedoch verlassen werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)" – (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.) Auch jetzt wieder!

Dr. Graf setzt fort – ich zitiere –: "Das wird die neue Politik sein! Diesbezüglich werden auch die Universitäten einen Lern- und Aufholbedarf haben, und wenn die Universitäten das nicht lernen, dann werden wir ihnen Nachhilfestunden dafür geben." – Also wenn das nicht anmaßend ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Das sagte Abgeordneter Dr. Graf in seiner Rede im Nationalrat. Ich will jetzt nicht behaupten, dass er die Autonomie der Universitäten damit in Frage stellen will. Ich zitiere weiter: "Sie werden sich artikulieren müssen, warum und wozu sie das Geld brauchen" – da wiederholt er sich ein paarmal –, "dann wird ihnen die Politik sicherlich hilfreich zur Seite stehen. Ich glaube, dieser neue Ansatz wird in der gesamten Forschungs- und Universitätspolitik tatsächlich Platz greifen müssen. Wir müssen entpolitisieren, damit wir etwas voranbringen, und den Proporz auch dort beseitigen, wo Sie ihn noch gerne haben möchten." (Bundesrätin Haunschmid: Jawohl, genau so ist es!) "Dann wird es Lösungen geben." – Ende des Zitats. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen! Ich hoffe sehr, dass Sie sich von solchen Aussagen Ihrer Mandatare distanzieren, denn darin wird eine völlig andere, eine sehr gefährliche Geisteshaltung dokumentiert. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Böhm. Ich erteile ihm dieses.


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666. Sitzung / Seite 134

17.06

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich kann es relativ kurz machen: Absolut zu begrüßen ist die Einrichtung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, der die Bundesregierung in der forschungspolitischen Schwerpunktsetzung beraten soll. Diese Beratungen sollen auf der Grundlage von entsprechenden Evaluationsprogrammen stattfinden, und diese sollen ihrerseits wieder auf eine mittelfristig fundierte Budgetplanung hinwirken. – Man bedenke dabei, dass sich die Bundesregierung in ihrer Regierungserklärung auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschungsmittel als Zielvorstellung festgelegt hat.

Der Rat wird aus acht Personen bestehen, also dem Gebot der schlanken Verwaltung entsprechen. Seine Funktion ist es, den Investitionen im Forschungsbereich die richtige Zielsetzung zu geben, insbesondere ist die Beratung im Bereich der Forschungsgroßprojekte diesem Rat aufgegeben. Die parteipolitische Unabhängigkeit der Mitglieder ist uns dabei ein vorrangiges Anliegen.

Nun zwei Worte zu meiner Vorrednerin. Zunächst möchte ich zu ihrer Kritik an den Ausführungen des Kollegen Graf im Nationalrat sagen, dass man die Frage der Autonomie der Universitäten nicht mit Verantwortungslosigkeit im Umgang mit öffentlichen Mitteln verwechseln darf. Auch im Rahmen der Autonomie ist es Sache der Universitäten, entsprechende Forschungsplanungen vorzunehmen und einen effizienten Einsatz der Mittel vorzusehen und zu verantworten.

Was ferner die Finanzierung der Forschung insgesamt anlangt, muss man fairerweise hervorheben, dass die Mittel für die Forschung, die bei den Universitäten verblieben ist, und auch jene für die Forschungsbereiche der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beibehalten worden sind.

Insbesondere sind zwei Forschungseinrichtungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, nämlich das Institut für Molekulare und Zelluläre Bioinformatik sowie das Zentrum für Molekulare Medizin – also beides durchaus Zukunftsmaterien – finanziell abgesichert worden. Es ist der Frau Bundesministerin zu verdanken, für die entsprechende Budgetierung Sorge getragen zu haben.

Wie gesagt, es geht bei der vorliegenden Novelle vorrangig um die Koordination der österreichischen Forschungspolitik, insbesondere auch um die bessere Kooperation universitärer und außeruniversitärer beziehungsweise wirtschaftsnaher Forschung sowie um die Neuformulierung kurz- und langfristiger Forschungsprogramme.

Meine Fraktion wird daher diesen beiden Gesetzesvorlagen gerne ihre Zustimmung erteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.09

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon. Ich erteile ihm dieses.

17.09

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Ich möchte zuerst noch einmal auf die Wortmeldung des Herrn Kollegen Peter Marizzi eingehen, der uns quasi vorgeworfen hat, wir würden uns von der gemeinsamen Vergangenheit verabschieden. – Dem ist nicht so, das möchte ich in aller Deutlichkeit feststellen.

Ich halte aber auch fest, dass wir natürlich andere gesellschaftspolitische Ansätze für die Zukunft Österreichs für uns definiert haben. Etwa zum Thema Budget möchte ich daran erinnern, dass die ÖVP im Jahre 1995 wegen des Budgets aus der Regierung ausgestiegen ist, und die Hauptverantwortung für das Budget – das möchte ich schon einmal in aller Deutlichkeit festhalten – hatten Sie! Sie haben 30 Jahre den Bundeskanzler und 30 Jahre den Finanzminister


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gestellt – das heißt, so einfach "rüberputzen" ist hier nicht möglich. Vergangenheitsbewältigung funktioniert nur dann, wenn jeder seine eigene Verantwortung im gesamten Prozess hinterfragt und reflektiert. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs.  – Bundesrätin Schicker: Ihr habt 13 Jahre ein ...! Tun Sie doch nicht so!)

Ich möchte das auch für den Bereich der Technologieentwicklung und der Forschung hinterfragen. Wissen Sie, seit wann es die Forderung "2,5 Prozent des BIP!" gibt? Wann ist diese das erste Mal aufgestellt worden? – 1972!

Im Jahre 1972 gab es erstmals die Forderung, 2,5 Prozent des BIP für die Forschung zu verwenden. Es ist im Grunde genommen 30 Jahre nichts passiert – auf staatlicher Ebene! Ich sage das deshalb bewusst dazu, weil in Österreich natürlich Forschung und Entwicklung betrieben wird, und zwar auch sehr stark von Wirtschaftsunternehmen, von KMUs! (Bundesrätin Schicker: Soll auch so sein!) Es gibt eine Studie, die besagt, dass in Österreich der Entwicklungsbereich gerade bei den KMUs über dem EU-Durchschnitt, bei den Großkonzernen aber eher unter dem Durchschnitt liegt.

Daraus ziehe ich folgenden Schluss: Wir haben ein Problem im Bereich der strategischen Technologiepolitik! Man muss deutlich dazu sagen, dieses Problem haben wir in den letzten Jahren aus mannigfaltigen Gründen gehabt.

Klar analysiert haben das eigentlich die Sozialpartner. Es gibt nämlich beispielsweise eine Arbeitsgruppe "Technologiepolitik" der Sozialpartner – also Wirtschaftskammer, Bundesarbeitskammer, ÖGB und Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer –, in der honorige Leute wie Richard Leutner, der Ihnen ein Begriff sein müsste, und Werner Muhm sitzen.

Diese haben einen Ländervergleich der Technologiepolitik gemacht, das heißt, sie haben sich den technologiepolitischen Prozess angesehen: Welche Ziele werden definiert, wie werden sie definiert, wie wird die Strategie entwickelt, wie wird die Strategie evaluiert, wie schaut das Redesign dieses technologiepolitischen Prozesses aus? – In diesem Heftchen (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe) steht das sehr klar. In Finnland beispielsweise bilden Planung, Umsetzung, Evaluierung und Redesign eine klare Abfolge, der technologiepolitischer Prozess ist eine Aufgabe der Politik.

Was steht darin zu Österreich: Derzeit ist noch kein wirklich systematischer Prozess erkennbar. – Das ist eine ganz eine klare Feststellung! Es werden auch mögliche Gründe angeführt, beispielsweise dass das damals, 1999, bestehende Bundesministeriengesetz die Zuständigkeit für eine strategisch ausgerichtete Technologiepolitik nicht ausdrücklich festhalte, dass keine gemeinsamen Zielsetzungen formuliert worden seien und dass Technologiepolitik kein Thema sei, dem starke öffentliche Aufmerksamkeit zukomme, daher sei die Bereitschaft der politischen Führung, technologiepolitisch Akzente zu setzen, in der Vergangenheit gering gewesen.

Welche möglichen Lösungsansätze hat nun diese Arbeitsgruppe der Sozialpartner konzipiert? – Sie meinte, das Beratungswesen müsste neu strukturiert werden. Genau das geschieht mit diesem Gesetz! Bei diesem Gesetz geht es nicht um Mittel, sondern im Grunde genommen um eine Neuorganisation der strategischen Technologiepolitik. Dieser Rat für Forschung und Technologieentwicklung ersetzt nämlich die anderen Räte, die es bisher dazu gegeben hat.

Dieses Beratungsgremium sollte eine entsprechend starke Stellung und formale, finanzielle sowie personelle Unabhängigkeit aufweisen – das sagt sehr klar die Arbeitsgruppe der Sozialpartnerschaft, in der auch der ÖGB und die Arbeiterkammer vertreten sind.

Ich meine daher, wir sollten diesem Rat des ÖGB und der Arbeiterkammer folgen, und ich bitte Sie, dieses Gesetz zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)


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17.15

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer. Frau Bundesministerin, ich erteile Ihnen dieses.

17.15

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Hohes Haus! Ich möchte zu den Ausführungen der Erstrednerin schon feststellen: Es ist nichts Unanständiges, von jemandem, der mit Steuergeldern arbeitet, Rechenschaft darüber zu verlangen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Bundesrätin Fuchs. )

Es ist meiner Ansicht nach etwas Selbstverständliches, wenn man mit Steuergeldern arbeitet, zu begründen, warum man sie braucht, zu sagen, wozu man sie braucht. Ich halte es auch für richtig, dass wir in allen Bereichen vergleichbare Kennzahlen erarbeiten. Ich halte es auch für notwendig, dass wir im Universitätsbereich mit Kennzahlen arbeiten, damit wir wissen, warum dieses Institut so teuer und jenes Institut günstiger kommt, und zwar nicht um zu sagen, das eine sind die Bösen, und das andere sind die Guten, sondern um zu wissen, was die Kosten verursacht! Wenn man nie nach Kostenwahrheit und Kostentransparenz fragt, wird man auch nie zu Maßnahmen kommen, die Synergieeffekte ermöglichen, die irgendwelche positiven Effekte haben, indem man sagt, dort können wir vernünftige Maßnahmen setzen, um Kosten einzusparen, oder dort braucht es mehr Unterstützung. All das muss meiner Meinung nach auf eine objektivierbare Basis gebracht werden.

Auch im Forschungsbereich halte ich es für besonders notwendig, dass diese Anträge gut begründet werden, dass Sinn und Zweck immer dargelegt wird. Ich habe dafür gesorgt, dass im Wissenschaftsbereich die Grundlagenforschung für die Universitäten ausreichend dotiert wird.

Wir wissen ganz genau, dass dort, wo Forschung und Wissenschaft besonders im Mittelpunkt stehen, auch neue und innovative Betriebe entstehen, denn Betriebe siedeln sich nicht auf der "grünen Wiese" an, wo es billiger ist, sondern gehen dorthin, wo es Ausbildung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wo es gut ausgebildete Fachleute und einen hohen kulturellen Level gibt. Österreich hat das Glück, solche Angebote machen zu können, deshalb ist derzeit auch ein sehr gutes Wirtschaftswachstum zu vermerken. Mit den Maßnahmen, die wir nun setzen, wird das Wirtschaftswachstum sicher auf diesem Level gehalten werden können.

Es ist mir auch ein besonderes Anliegen, dass dieser Rat für Forschung und Technologieentwicklung ein echtes Expertengremium ist, ein Gremium, in dem Fachleute sitzen, die einen Überblick haben, die wissen, wo die wichtigen Forschungspunkte sind, die vor allem für die Zukunft relevant sind – Experten aus Österreich und internationale Experten, damit eine gute Mischung entsteht –, und die Experten aus Österreich können uns aus ihrer Kenntnis der Forschungs- und Wirtschaftslandschaft Österreichs heraus gemeinsam mit den internationalen Experten richtige und wichtige Vorschläge machen.

Ich glaube, dass dieser Rat für Forschung und Technologieentwicklung ein ganz entscheidendes Kriterium für eine strategische Forschung im Wirtschaftsbereich und für eine strategische Zukunftsforschung für Österreich sein wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.18

Vizepräsident Johann Payer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsförderungsgesetz 1982 geändert wird (Forschungsförderungsgesetz-Novelle 2000).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

33. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Hausbesorgergesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2000 – WRN 2000) (129/A und 122/NR sowie 6151/BR der Beilagen)

34. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden (123/NR sowie 6152/BR der Beilagen)

Vizepräsident Johann Payer: Wir gelangen nun zu den Punkten 33 und 34 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

Wohnrechtsnovelle 2000 sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden.

Die Berichterstattung über die Punkte 33 und 34 hat Herr Bundesrat Mag. Christof Neuner übernommen. Ich bitte ihn um die Berichterstattung.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Hausbesorgergesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2000). Der Inhalt des Gesetzes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden.


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Der gegenständliche Beschluss beruht auf einem Antrag des Bautenausschusses des Nationalrates, den dieser gemäß § 27 Abs. 1 GOG-NR in inhaltlichem Zusammenhang mit dem dort verhandelten Initiativantrag (129/A) betreffend eine Wohnrechtsnovelle 2000 gestellt hat. Dieser Antrag hat eine Novelle des Arbeitszeitgesetzes und des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen zum Gegenstand.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Johann Payer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die beiden Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher. Ich erteile ihm dieses.

17.23

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Das Thema Wohnen stellt einen zentralen Bereich der Lebensplanung jedes Menschen dar, vor allem junge Familien trifft es im Stadium der Existenzgründung im besonderen Maße. Gleichzeitig ist bei der Erstellung zukunftsorientierter Wohnbaukonzepte ein hohes Maß auch an politischer Flexibilität erforderlich, sieht sich doch diese Materie einem ständigen gesellschaftlichen Wandel gegenüber.

Politische Verhandlungen auf dem Gebiet des Bundeswohnrechtes waren daher stets relativ langwierig und von der Komplexität der Aufgabenstellung wie auch der unterschiedlichen ideologischen Ansätze geprägt. Wohnen ist eines der letzten Gebiete, die legistischen Schnellschüssen zugänglich gemacht werden dürfen – ein Vorwurf, der unserer Meinung nach der vorliegenden Novelle über weite Strecken leider nicht erspart werden kann. Nicht von ungefähr hat es im Expertenhearing dazu praktisch keine einzige wirklich positive Stellungnahme gegeben, auch nicht von den Professoren Würth, Call oder Schauer, die gerade in diesem Bereich nicht "irgendjemand" sind.

Verteuerungen im Wohnen hat es in den letzten Wochen einige gegeben, von der Erhöhung der Elektrizitätsabgabe, welche die Haushalte mit etwa 3 Milliarden Schilling belasten wird, bis zur Steigerung der Kosten im Bereich des Bausparens und der gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen durch den Wegfall bisher geltender Gebührenbefreiungen – all das haben wir im vergangenen Bundesratsplenum schon besprochen.

In diesem Sinne sind die vorliegenden Reformen durchaus als konsequent zu qualifizieren, denn auch sie werden letztlich nicht unbeträchtlich zu einer Steigerung der Wohnkosten beitragen, die faktische Durchsetzung des Mieterschutzes untergraben und damit auch die Rechtsunsicherheit der Mieter erhöhen!

Wer glaubt, Wohnen sei ein Gut wie jedes andere, das den Gesetzen des freien Marktes unterworfen werden sollte, ist entweder ein berufsmäßiger Zyniker, oder er hat die Befriedigung spezieller Partikularinteressen im Auge. Gerade der Wohnungsmarkt ist bekanntlich ein nahezu klassisches Beispiel für Marktversagen. Wohnen gehört schließlich zur grundlegenden Infrastruktur, nicht nur individuell, sondern vor allem auch sozioökonomisch betrachtet. Das zieht sich einheitlich sowohl durch die finanzwissenschaftliche Lehre als auch durch die zu Grunde liegende Empirie. Wohnrecht ohne ein vernünftiges Ausmaß an Regulierung schließt soziale Verantwortung aus und führt automatisch zu quantitativer und/oder qualitativer Unterversorgung.

Es geht nicht darum, jeglichen Profit aus der Wohnwirtschaft zu verbannen, es geht aber sehr wohl darum, die damit verbundenen Belastungen fair auszugestalten. Salzburg etwa ist das Bundesland mit dem höchsten Anteil an Eigentumswohnungen und auch an vermieteten Eigentumswohnungen. Man könnte also sagen, hier ist der Markt besonders ausgeprägt. Salzburg hat aber die höchsten Wohnkosten in Österreich. Zuletzt stiegen die Mieten dort um 6,9 Prozent!


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Wenn nun etwa die Immobilieninvestoren diesen Punkt und auch diese Novelle gutheißen, dann spricht das für sich, umso mehr, wenn man sich die diesbezügliche Argumentation vor Augen hält. Da wird nämlich argumentiert – ich zitiere –: Die Vermietung und Bewirtschaftung von Zinshäusern wird mit dieser Novelle in Zukunft lukrativer und wird wieder mehr abwerfen. – Zitatende. Mit Mieterschutz kann das Gesetz daher nicht viel am Hut haben, denn ebendiese Mieter sind es, die in Zukunft die gestiegene Rentabilität dieser Zinshäuser für die Eigentümer bezahlen werden müssen.

Die neue Regelung der Befristung von Mietverträgen etwa sowie die Wiederzulassung von Kettenverträgen werden in der Praxis dazu führen, dass der Anteil der auf drei Jahre befristeten Mietverhältnisse und damit die Unsicherheit der Mieter steigen wird. Der in den Vordergrund gestellte einheitliche Abschlag in der Höhe von 25 Prozent ist dabei völlig irrelevant. Zum Ersten scheitert seine Effizienz am weiterhin nicht begrenzten Zuschlagsystem, gegen dessen Fixierung sich insbesondere die ÖVP in jahrelangen Wohnrechtsverhandlungen immer quer gelegt hat – und in dieser mieterfeindlichen Haltung nunmehr auch die FPÖ mit ins Boot geholt hat –, zum Zweiten wird wohl kein Mieter, vor allem keine junge Familie mit Kindern, den Mietzins und damit auch den angeblichen Abschlag von 25 Prozent überprüfen lassen, wenn man damit quasi automatisch fürchten muss, mit der Verlängerung des befristeten Mietverhältnisses nach drei Jahren Probleme zu bekommen – Probleme, die sich nicht nur auf die Wohnung selbst beziehen, sondern in Folge des Wohnungswechsels dann natürlich auch auf den Kindergartenplatz, auf den Schulplatz und so weiter. Gleiches gilt für die Betriebskostenabrechnung. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)  – Das sind Dinge, die uns auch die internationale Praxis lehrt, und wenn Sie Probleme mit dem Mieterschutz haben, dann ist das bezeichnend.

Im Hearing wurde gerade auch von den Experten der ÖVP deutlich betont – ich zitiere wieder wörtlich aus dem Hearing –: Die Zunahme von befristeten Mietverträgen führt zu Verteuerungen. – Von Seiten der Immobilien- und Vermögenstreuhänder hieß es, dass die Chancen auf langfristige Mietverhältnisse erheblich eingeschränkt würden. Statt zu einem Abschlag für befristete Verträge wird es in der Praxis de facto zu einem Zuschlag für unbefristete Verträge kommen, wovon im Jahr ungefähr 40 000 Haushalte, das sind ungefähr 100 000 Personen, betroffen sein werden.

Letztlich wird mit der Novelle aber auch die Wirtschaft belastet. Denn gerade auch die kleinen Geschäftsraummieter finden im Zuge der Befristungen nun verschlechterte Rahmenbedingungen vor – der Herr Justizminister hat das im Nationalrat etwas salopp bestätigt, in dem er dort meinte, für die Unternehmer werde es zugegebenermaßen ein bisserl schwieriger. Vor allem für die kleinen Unternehmer wird es ein bisschen schwieriger, die Großen werden da sicherlich einige Möglichkeiten auszuweichen vorfinden.

Auch die Wirtschaftskammer Wien hielt dazu fest: "Ein finanzielles Interesse an befristeten Verträgen kann ein Vermieter nur dann haben, wenn er auf zusätzliche Einnahmen anlässlich der Vertragsverlängerungsverhandlungen hofft." – Ein, wie ich meine, wahres Wort!

Am Rande möchte ich noch die im europäischen Umfeld exorbitant überhöhten Maklerpro-visionen erwähnen, die wiederum umso häufiger anfallen, je öfter eine Wohnung gewechselt werden muss, je höher also die Anzahl der Befristungen ist.

Auf das Hausbesorgergesetz brauche ich hier nicht einzugehen. Das wird Kollege Thumpser machen.

Ein weiterer schwerwiegender Kritikpunkt von unserer Seite betrifft die neue Regelung zum Eigentumserwerb bei gemeinnützigen Wohnbauträgern. Es wird nämlich nicht überlegt, wer im Zusammenhang mit der neuen 50 Euro-Grenze in Hinkunft die Zeche zahlen müssen wird, denn dass die gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen diese Belastungen nicht alleine tragen werden können, sofern sie im Mietbereich verbleiben wollen, ist wohl jedem klar, der – wie es Ex-Minister Farnleitner in einem anderen Zusammenhang so treffend formulierte – zwei und zwei zusammenzählen kann – Minister Farnleitner bezog sich dabei auf das Budgetdefizit und die


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angebliche Unkenntnis der ÖVP in diesem Zusammenhang, im Übrigen auch hier im Bundesrat von ihm so vorgetragen.

Was die Bundesländer etwa über ihre Wohnbauförderungen nicht abfedern können werden, wird sich notgedrungen in einer Erhöhung der Mieten niederschlagen. – Das wiederum hebt übrigens die nicht gerade sozialdemokratisch dominierte Vorarlberger Landesregierung hervor! Bei den Wohnbeihilfesystemen werde es auf Grund dieser Novelle ebenfalls zu Problemen kommen, wird dort befürchtet.

In Wien etwa würde ohne zusätzliche Förderung die Mietenerhöhung bei geförderten Neubaumietwohnungen laut Expertenschätzung zwischen 30 und 45 Prozent betragen, sodass man sich langsam fragen muss, ob hinter dieser ganzen Novelle nicht in Wirklichkeit eine politische Strategie steckt, die mit dem Wohnrecht an sich gar nicht mehr so viel zu tun hat.

Im Übrigen wird auch mit keiner Silbe bedacht, dass vom Mieter realisierte Eigentumserwerbe auf der anderen Seite den Bestand an günstigen gemeinnützig geförderten Mietwohnungen vermindern. Gerade einkommensschwache junge Familien mit Kindern werden daher wieder negativ betroffen sein.

Zudem wird in nun schon bewährter Manier – das sind wir inzwischen schon gewohnt – auch über verfassungsrechtliche Bedenken drübergefahren, denn für die privaten Bauträger wird diese Eigentumszwangsmaßnahme natürlich nicht gelten. Ich meine, wie sollte sie auch gelten, wenn, wie eingangs festgehalten, Vermieten durch diese Novelle lukrativer werden soll.

Mit dem vorliegenden Gesetz verabschiedet sich unserer Meinung nach die blau-schwarze Koalition damit auch im Wohnrecht von einer sozial ausgewogenen Linie. Ginge es tatsächlich um die Entlastung der Konsumenten und nicht um die Bevorzugung bestimmter Klientels, so könnten beispielsweise allein schon durch die Vereinheitlichung von Verfahrensvorschriften im Baurecht zumindest 2 bis 4 Prozent Wohnbaukosten eingespart werden. Die Erweiterung des Geschäftskreises der gemeinnützigen Bauvereinigungen wiederum würde ein Übriges dazu tun, den Markt zu beleben, würde verstärkt leistbaren Wohnraum bereitstellen. Stattdessen wird der Versuch unternommen, diesen Wohnbauträgern langsam, aber sicher die wirtschaftliche Existenzgrundlage zu entziehen.

Sozialbindungen von Wohnungen scheinen nicht mehr gefragt zu sein. Eine flexible Gestaltung etwa des § 17 WGG steht offensichtlich nicht zur Debatte. Gerade in diesem Fall könnte man sowohl eine stärkere Eigentumsbildung als auch die Möglichkeit günstiger Mietwohnungen vereinbaren. Die kolportierte und teilweise auch plakatierte Entlastung für Mieter wird jedenfalls unserer Meinung nach mit dieser Novelle nicht eintreten, sondern das Gegenteil wird der Fall sein. (Beifall bei der SPÖ.)

17.32

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. Ich erteile ihm dieses.

17.32

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Wohnrechtsnovelle ist nach meiner Überzeugung ein Schritt hin zu einem Mietrecht, das das Ungleichgewicht zulasten des Marktes durch Überregulierung in einem international sonst nicht zu beobachtenden Ausmaß wieder schrittweise rückgängig macht, wieder hinführt zu einer stärkeren Vereinheitlichung und zu einer größeren Transparenz des Mietrechtes, wenngleich es sich auch bei dem vorliegenden Gesetzesbeschluss lediglich um einen Versuch handelt.

Das Mietrechtsgesetz stellt nach wie vor eine qualifizierte Denksportaufgabe dar. Das wird jeder bestätigen können, der auch mit einer gewissen Vorkenntnis damit umgehen muss.


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Wir haben durch diese Überregulierung natürlich das Problem, dass jede Veränderung Wenn und Aber aufwirft, dass das nicht schmerzlos und nicht reibungslos geht, aber es muss in Angriff genommen werden. Der Gesetzesbeschluss stellt einen wichtigen ersten Schritt dar.

Mit einem Punkt bin ich aber aus Sicht des Landes Vorarlberg ganz und gar nicht zufrieden – ich möchte jetzt näher erläutern, warum die Stellungnahme der Vorarlberger Landesregierung auch etwas kritisch ausgefallen ist –, und zwar mit der Frage der befristeten Mietverträge. Sie kennen die Geschichte. 1994 wurde eine Befristung auf drei Jahre möglich gemacht, nicht kürzer und nicht länger. 1997, als diese Dreijahresfrist bei den ersten Mietverträgen schlagend geworden wäre, hat man eine Änderung, eine Lockerung durchgeführt. Mietverträge konnten dann zwischen drei und zehn Jahren befristet werden. Nun wird das insofern vereinheitlicht, als Mietverträge mit einer Mindestdauer von drei Jahren auf eine beliebige Zeit hin befristet abgeschlossen werden können, aber nicht auf weniger als drei Jahre.

Das Problem beginnt nun damit, dass im Zuge der Vereinheitlichung nach unserer Auffassung etwas über das Ziel geschossen wurde. Bisher waren von allen diesen Befristungsbestimmungen Wohnungen – nicht Geschäftslokale – in Ein- und Zweifamilienhäusern ausgenommen. Die Vertragsdauer konnte beliebig befristet werden, also auch auf weniger als drei Jahre. Diese Möglichkeit, die praxisgerecht ist, ist nun dieser Vereinheitlichung – ob bewusst oder unbewusst, will ich hier nicht qualifizieren – zum Opfer gefallen. Welche Auswirkungen hat das? – Das hat natürlich keine beim klassischen Zinshaus, das der Erzielung von Mieteinnahmen dient, zu diesem Zweck errichtet oder gekauft wird, wo es natürlich auch ein Schutzbedürfnis des Mieters gibt; das ist gar keine Frage.

Eine andere Situation ist bei den Ein- und Zweifamilienhäusern, die zwar regional unterschiedlich, aber beispielsweise bei uns in Vorarlberg eine ganz große Bedeutung für die Wohnungsstruktur haben. Sie werden in erster Linie in großer Zahl für die Wohnbedürfnisse der eigenen Familie beziehungsweise der Eltern oder Kinder errichtet, nicht primär zur Vermietung. Sie werden dann teilweise vermietet, wenn der Wohnbedarf der eigenen Familie das möglich macht. Das erfordert natürlich eine gewisse Flexibilität. Es gibt viele, die wissen, dass sie etwa zwei Jahre lang keinen eigenen Bedarf an dieser Wohnung haben, und einen auf zwei Jahre befristeten Mietvertrag abschließen. Damit ist dem Vermieter und dem in Kenntnis dieser Dauer auch den Vertrag schließenden Mieter geholfen, weil damit zusätzlicher Wohnraum auf den Markt kommt.

Wenn nun dieses Befristungsregime auch erstmals auf Ein- und Zweifamilienhäuser ausgedehnt ist, ist zu befürchten, dass diese Wohnungen nicht mehr auf den Markt kommen, weil sich der Betreffende sagt, das Risiko, dass ich die Wohnung für meine eigenen Kinder oder für meine eigenen Eltern, die ich zu mir nehmen möchte, dann nicht in Anspruch nehmen kann, ist mir zu groß. In der Regel sind die Mieteinnahmen auf diese Dauer gerechnet auch nicht so schlagend, dass jemand im Einzelfall nicht lieber darauf verzichten würde.

Das ist ein Problem, das die Vorarlberger Landesregierung veranlasst hat, sich dazu kritisch zu äußern. Das tue ich hiermit auch. Ich darf auch schon ankündigen, dass wir bei aller Zustimmung zu diesem Gesetzesbeschluss eine Initiative ergreifen werden, damit ein bisschen stärker auf solche regionalen Besonderheiten in notwendiger Flexibilität eingegangen werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.37

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Buchinger. Ich erteile ihm dieses.

17.37

Bundesrat Ludwig Buchinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wohnrechtsnovelle, die im Nationalrat von den Regierungsparteien beschlossen wurde und für die meine Fraktion auch hier im Bundesrat eintreten wird, dokumentiert eindeutig die ideologischen Unterschiede zwischen uns und der Opposition. Die Opposition möchte regulieren, möchte Planwirtschaft, möchte einzementieren und Obergrenzen. Wir wollen eine Marktwirtschaft, die sozial abgefedert ist. Wir wollen klare Verhältnisse und ein klares Gesetz, und wir wollen, dass der Mieter einen ge


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rechten Preis für die Miete und für Nebenleistungen bezahlt. (Bundesrat Grillenberger: Wie geht das?)

Wir wollen Eigentumsbildung, wie sie im vorliegenden Gesetz klar umschrieben ist. Wir wollen den leichten Zugang zum Eigentum. Das ist ein allgemeiner volkswirtschaftlicher Wunsch, der dem Empfinden der meisten Menschen in Österreich, nämlich von rund 80 Prozent der Bevölkerung, entspricht und der allseits anerkannt ist.

Die vorliegende Wohnrechtsnovelle ist allerdings erst der erste Schritt in die richtige Richtung, denn Jahrzehnte sozialistischer und sozialdemokratischer Miet- und Wohnrechtspolitik kann man leider nicht in 100 Tagen korrigieren. In ihrer Miet- und Wohnrechtspolitik ist nie das Bedürfnis der wohnungssuchenden Bevölkerung im Vordergrund gestanden, sondern stets der Schutz der Wohnenden und Privilegierten.

Sie müssen schon einmal einem wohnungssuchenden Bürger erklären, warum Abgeordnete der Opposition nach etlichen Jahren Abgeordnetentätigkeit noch immer zu Billigstmieten in Gemeindewohnungen wohnen (Bundesrat Marizzi: Sagen Sie einmal: Wie war denn das in Niederösterreich?), wie Herr Peter Pilz zum Beispiel, und so den zahlreichen Wohnungssuchenden die Wohnungen wegnehmen. Dem Einfallsreichtum sind da keine Grenzen gesetzt.

Das dokumentiert ein Beispiel aus meiner Heimatgemeinde Tulln. Da hat der damalige Vizebürgermeister – übrigens ein Parteikollege von Ihnen, Herr Marizzi – eine Gemeindewohnung gehabt und dann ein Haus in einer anderen Gemeinde gekauft. Aber um seinen Wohnsitz in Tulln aufrechtzuhalten, hat er sich die Wohnung behalten, sie aber nicht mehr benutzt. (Bundesrat Drochter: Hat er selbst bezahlt!)  – Ja, aber einem anderen, weniger begüterten Menschen hat er sie weggenommen. Er ließ eine automatische elektrische Beleuchtung installieren, um der Bevölkerung vorzugaukeln, dass er ohnehin dort wohne. Vizebürgermeister ist er zwar nicht mehr, aber die Wohnung blockiert er noch immer, und das nach sieben Jahren. Das sind Ihre Genossen, Frau Trunk! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dem Wunsch der Wohnungssuchenden entsprechend wurden die Befristungsmöglichkeiten ausgeweitet und der Befristungszuschlag zum Leidwesen der Vermieter auf hohem Niveau vereinheitlicht. Die Möglichkeit der Befristung auch bei den Geschäftsmieten belebt den Markt. Die Aufhebung des Hausbesorgergesetzes wird eine erhebliche Senkung der Betriebskosten bringen, was letztlich wiederum den Mietern zugute kommt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Pilz kann nicht so lange leben als die 500 Millionen des "Freien Wohnens" Ihrer Partei!)

Schauen Sie sich bitte selbst an, was Sie für einen Saustall in dieser Republik hinterlassen haben. Sie sollten eigentlich ganz ruhig sein, Frau Trunk! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn jetzt von einigen die Privilegien der Hausbesorger verteidigt werden, muss man schon den Hintergrund dieser Tatsache ausleuchten. Den Hausbesorgern ist es in den letzen Jahrzehnten gelungen (Zwischenrufe bei der SPÖ)  – Sie können dann gerne herauskommen und Ihre Meinung kundtun, wir sind zurzeit in keinem Chor –, ihre Rechte laufend zu erweitern, neue Kosten zu verursachen und die Pflichten immer mehr einzuschränken. (Bundesrätin Mag. Trunk: Selber beleidigt sein! Zwischenrufe parieren ist eine Qualität!) Verhandlungen mit den zuständigen Gewerkschaften über ein modernes Hausbesorgerrecht waren weder für Mieter noch für Vermieter zielführend. Die Anwesenheitspflicht des Hausbesorgers ist längst gefallen. Der Glühbirnen wechselnde Hausbesorger ist wahrscheinlich auch in Kärnten längst nicht mehr Realität. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Nein, ich meine Sie, denn die Hausbesorger sind keine Freiheitlichen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Jetzt lesen wir weiter! Sie meinen meinen Landeshauptmann!)

Durch die Aufhebung des § 64 Mietrechtgesetz ist nunmehr gewährleistet, dass bei lange aufrechten Mietverhältnissen der Mietzins außer Streit gestellt ist. Dieser Schritt führt zu mehr Rechtssicherheit für Vermieter und Mieter, spart langwierige Ahnenforschung der Wohnungsbesitzer über mehrere Jahrhunderte und ist somit für Vermieter und Mieter ein Weg zu mehr Rechtssicherheit.


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Abschließend halte ich noch einmal fest: Diese Novelle ist ein erster Schritt. Die Vereinheitlichung des Miet- und Wohnrechtes ist damit nicht abgeschlossen. Ziel soll ein für Vermieter und Mieter verständliches Wohnrecht sein. Die Regierung hat innerhalb kürzester Zeit den ersten Schritt getan. Die Ersparnisse für die Mieter liegen auf der Hand. Seit einiger Zeit ist der Mietermarkt kein Vermietermarkt mehr. Durch diese Marktdrehungen werden Vermieter froh sein, wenn sie langfristig vermieten können. Dieses Gesetz bringt mehr Markt zum Wohl der Mieter und weniger Sozialismus zu Gunsten der Privilegierten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Marizzi: Super!)

17.42

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile ihm dieses. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Meine Damen und Herren! Kollege Thumpser ist am Wort.

17.43

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Ich habe gar nicht gewusst, dass diese Materie so lustig sein kann. Aber bitte, auch etwas Heiterkeit gehört ins Haus.

Kollege Buchinger! Es ist heute in der Früh in diesem Haus von der Mäßigung der Ausdrücke und auch Worte gesprochen worden. Ich muss sagen, ich bin, so glaube ich, einer, der dies auch beherzigt. Ich bitte auch Sie, Worte wie "Saustall" an diesem Rednerpult nicht zu verwenden, denn da fielen mir noch ganz andere Ausdrücke ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem, Kollege Buchinger: Ein bisschen mehr hätte ich mir von deiner Rede schon erwartet, als das Nationalratsprotokoll fast eins zu eins herunterzulesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich weiß nicht, ob Sie neben der politischen Tätigkeit auch die Möglichkeit haben, hie und da fernzusehen. Es ist zwar nicht oft, aber hin und wieder doch möglich. (Bundesrätin Mühlwerth: Schaut aber auch ein bisschen abgelesen aus!) Da gibt es eine Werbung, die ein amerikanisches Ehepaar auf einer vibrierenden Veranda, einen so genannten amerikanischen Markenartikel namens Pommes frites essend, zeigt. Die nächste Einstellung in dieser Werbung zeigt einen LKW, einen Tieflader. Auf diesem Tieflader steht das Haus der so genannten Familie McCain. Ich würde sagen, das ist nicht nur eine Werbung für ein amerikanisches Produkt, es ist auch Werbung für das amerikanische Nomadentum mit Tradition, für das amerikanische Nomadentum mit einem Zugang zum Standortwechsel. Ich glaube, das ist auch deshalb so, weil die USA eines der liberalsten Mietrechtsgesetze haben. Ich befürchte – das mag jetzt durchaus etwas überspitzt sein – ein durch diese Gesetzesnovelle ausgelöstes, nicht gewolltes österreichisches Nomadentum. (Bundesrat Ing. Scheuch: Fürchten Sie sich nicht!)

Wohnen ist meiner Meinung nach ein Grundbedürfnis. Wohnen hat mit Geld zu tun. Wohnen hat aber auch sehr viel mit Gefühl zu tun. Sicheres und leistbares Wohnen ist eines der Grundelemente. Ich glaube, dass durch diese Novelle Wohnen nicht sicherer, sondern unsicherer wird und dass vor allem Wohnen nicht leistbarer, sondern teurer wird.

Herr Bundesminister! Ich bin Bürgermeister einer kleinen niederösterreichischen Gemeinde, in der in den letzten Jahren Genossenschaften sehr viele Mietwohnungen an Private verkauft haben. Bei diesen privaten Verkäufen sind – in Wien würde man das so sagen – so genannte Miethaie in die Gemeinde gekommen. In diesen Wohnungen leben zum Teil Menschen mit 70, 80 Jahren mit unbefristeten Mietverträgen, die zwar übernommen wurden, aber was diese neuen Eigentümer mit den alten Mietern – sowohl nach Lebensjahren als auch nach der Ansässigkeit am Wohnsitz – aufgeführt haben, treibt mir die Gänsehaut hinauf und hinunter. Es wurde nur über Rechtsanwälte korrespondiert, nur mit eingeschriebenen Briefen, mit einem Ziel: diese Mieter aus ihren Wohnungen zu bekommen und dann Eigentum weiterzuverkaufen. (Bundesrat Dr. Aspöck: Nicht berufsschädigend werden!)


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Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich befürchte dasselbe durch unbefristete Mietverträge, nämlich dass Mieter, die jahre-, ja jahrzehntelang an einem Ort gewohnt haben, dort nicht mehr weiterwohnen können, sondern zu diesem österreichischen Nomadentum gezwungen werden.

Zum Bereich der Hausbesorger. Im Nationalrat wurde auch – vielleicht etwas polemisch, aber doch – darüber diskutiert, dass die Arbeit nicht ausgeht, dass auch ohne Hausbesorger der Schnee geräumt wird, dass auch ohne Hausbesorger diverse Arbeiten verrichtet werden. Das ist durchaus richtig. Ich glaube aber, dass unter dem Hausbesorger heutzutage ein falsches Bild verstanden wird. Der Hausbesorger – jetzt vielleicht noch einmal ein Vergleich mit dem Fernsehen – wird heute noch vielfach als Frau Koziber vom "Kaisermühlen Blues" angesehen, eine Frau, aus dem Fenster schauend, Tratsch und Klatsch aufnehmend und weitergebend, eine kinderfeindliche Hüterin der Gemeindehausordnung.

Ich glaube, dass dieses Bild falsch ist, denn der Hausbesorger hat in der heutigen Zeit wesentlich mehr Funktionen zu erfüllen. Er hat Managementfunktionen zu erfüllen – eine davon: rund um die Uhr erreichbar zu sein –, und der Hausbesorger hat auch eine zutiefst soziale Funktion.

Es hat in einer niederösterreichischen Wochenzeitung eine Umfrage zu diesem Thema – diese Wochenzeitung ist nicht gerade eine sozialdemokratische Wochenzeitung, es ist nämlich die "NÖN" – unter dem Titel "Braucht man wirklich einen Hausbesorger?" gegeben. Von den fünf Antworten, die gekommen sind, möchte ich nur vier zitieren. Die erste: "Es ist für die Bewohner ja viel besser, wenn eine Bezugsperson da ist, an die man sich jederzeit wenden kann." Die zweite: "Zum Hausmeister kann ich jederzeit hingehen, die Firma dagegen ist meistens nicht da." Die dritte: "Ich finde die Hausmeister sehr wichtig. Erstens ist ihre Leistung sehr groß, und zweitens ist der persönliche Kontakt ausschlaggebend." (Bundesrat Dr. Böhm: Unsere Hausbesorgerin war nie da!) Die vierte: "Reinigungsfirmen kann man vergessen. Ich weiß das aus Erfahrung."

Sehr geehrter Herr Minister! Mit dieser Novelle schaffen Sie unter dem Deckmantel der Mietensenkung eine ganze Berufsgruppe ab.

Was passiert ohne Hausmeister? – Eventuell eine kurzfristige Mietensenkung. Die Reinigung kann sicher eine Firma übernehmen. Zweitens – das ist für mich viel schlimmer –: Man hat einen Sündenbock für eine Zeit gefunden, in der man vielleicht dem Hausmeister viel zu viel bezahlt hat. Was bei dieser ganzen Debatte auf der Strecke bleibt, ist die soziale Funktion und das Gefühl der Mieterinnen und Mieter, das auch Geborgenheit vermittelt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass durch dieses Gesetz Wohnen in Zukunft nicht billiger wird.

Ich möchte abschließend zur Gänze das Schreiben der Vorarlberger Landesregierung nochmals vorlesen, in dem es heißt: Höhere Mieten – das heißt, Sie gehen schon davon aus, dass es auf Grund dieses Gesetzes höhere Mieten geben wird –, so wie es sich aus diesem Gesetz ableiten lässt, führen auch zu höheren Wohnbeihilfen, und da beißt sich mehr oder weniger die Katze in den Schwanz. Sie erhöhen die Mieten, und gleichzeitig drängen Sie die Kommunen und die Länder zu einer Erhöhung der Wohnbeihilfen, die dann wieder das Budget, sei es des Bundes, sei es der Länder, sei es der Kommunen, belasten oder über den Finanzausgleich finanziert werden.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie diesem Gesetz zustimmen, dann stimmen Sie für die Makler und für die Hausbesitzer. Wir allerdings sind nicht nur auf der Seite der Hausbesorger, sondern vor allem auch auf der Seite der Mieter. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.52

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Thomas Ram. Ich erteile ihm dieses.

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Bundesrat Thomas Ram (Freiheitliche, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Sehr geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kol


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legen! Besonders liebe Freunde von der SPÖ! (Bundesrat Thumpser: Nein, das stimmt nicht!) Dann sollte ich besser sagen: Liebe Genossen von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Kollege Thumpser und Kollege Hoscher haben eindeutig dargestellt, in welcher Zeit ihr noch lebt. Ihr lebt in einer Zeit, in der der Sozialismus noch die einzige Form war, die in diesem Land gezählt hat, und ich glaube, mit dieser Zeit sollte schön langsam Schluss sein, und daher sollten wir versuchen, dieses Land moderner zu gestalten. In diese Richtung, liebe Freunde, geht auch diese Wohnrechtsnovelle, über die wir uns jetzt ein bisschen unterhalten möchten.

Kollege Buchinger hat schon sehr eindringlich einiges sehr Wichtiges und Richtiges gesagt, daher möchte ich nicht näher darauf eingehen, sondern vielmehr eure Ausführungen kommentieren.

Kollege Thumpser! Du hast gesagt, dass die heutige Novelle eher für die Hausbesitzer und nicht für die Mieter ist. Ich und meine Fraktion sind der Meinung, dass diese Novelle eine erhebliche Verbesserung für die Mieter bedeutet, und darum werden wir auch zustimmen. Du hast auch sehr viel über das Hausbesorgergesetz aus dem Jahr 1922 gesprochen. Dieses Hausbesorgergesetz ist längst veraltet und sollte demnächst den heutigen Erfordernissen angepasst werden, und darum wird es hier auch behandelt.

Zu diesem Hausbesorgergesetz darf ich nur eines sagen: Vielleicht ist dir der Name Dr. Ludl, Generaldirektor der Sozialbau – das ist nicht gerade eine blaue oder schwarze Institution –, geläufig. Ich hatte ein Gespräch mit diesem Herrn, und dieser Herr hat sehr wohl gesagt, dass das Hausbesorgergesetz geändert, ja eigentlich abgeschafft gehört, und daher glaube ich, dass das eine Entscheidung in die richtige Richtung ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Kollege Hoscher – er ist jetzt leider, so glaube ich, nicht da – hat einige Diskussionspunkte gebracht und sehr viel kritisiert. Nur eines sollte er bedenken: Für das, was er kritisiert hat, sind nicht wir Freiheitlichen und meiner Meinung nach auch nicht die ÖVP verantwortlich, sondern das war die Handschrift des Sozialismus, und das sollte auch klar und deutlich gesagt werden.

Jetzt einiges zum Inhaltlichen. Wir alle wissen, das Wohnungsrecht ist eine sehr komplizierte Materie, die für sehr viele Mieter ganz einfach schwer verständlich ist. Deswegen muss es unser Ziel sein, Miete und Betriebskosten transparent und übersichtlich darzustellen und zu gestalten. Auch deswegen ist diese heutige Novelle ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung.

Weiters ist zu bemerken, dass auch der Schritt in Richtung Eigentumserwerb den Mietern zugute kommt. Für viele junge Personen und junge Familien waren Wohnungen in letzter Zeit nicht leistbar. Mit dieser Möglichkeit zum Eigentumserwerb wollen wir einen Schritt in diese Richtung gehen, dass Wohnen wieder leistbar wird.

Zwei Punkte noch zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Positiv ist die Möglichkeit des Contractings, und positiv finde ich auch die Möglichkeit der Öffnung der Geschäftsfelder für die gemeinnützigen Bauvereinigungen. Hier ist geregelt, dass die gemeinnützigen Bauvereinigungen in Zukunft vermehrt in Richtung Dienstleistung arbeiten können und ihnen die Möglichkeiten gegeben werden. Gerade in den Diskussionen um die Gemeinnützigkeit, über das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, ist das meiner Meinung nach von enormer Bedeutung.

Kurz und gut, diese heutige Novelle ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Daher wird meine Fraktion gerne zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.57

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck. Ich erteile ihm dieses.

17.57

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nur noch einige kurze Anmerkungen. Einer meiner Kollegen in Salzburg, der früher selbst in Kommissionen fleißig mitarbeitete, hat


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sich einmal die Mühe gemacht und konnte feststellen: Das alte Mietrecht kannte 29 verschiedene Vertragstypen.

Kollege Thumpser! Wenn man mit Sozialdemokraten über das Mietrecht spricht, dann hat man – ich zumindest – das Gefühl, mit Ursozialisten zu reden – im Gegensatz zu vielen anderen Themen –, die dem Ursozialisten-Motto "Eigentum ist Diebstahl" frönen. (Bundesrat Meier: He!) So ungefähr klingen Ihre Wort, wenn Sie über das Mietrecht reden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich nehme doch an, dass Sie als moderne Sozialdemokraten die totale Preisregelung aller notwendigen Güter des täglichen Bedarfes für jede Familie längst überwunden haben. Ich nenne Ihnen solche Güter: Milch, Butter, Käse, Kartoffeln, Salat, Auto, Schuhe. Und beim Mietrecht soll es nicht gelten. (Bundesrat Thumpser: Schau die Wohnbauförderung an!)

Ich darf zunächst einmal festhalten: Unter sozialistischer Ägide hat es ein österreichisches Mietrecht, meine Damen und Herren, nie gegeben. Es hat immer nur ein Wiener Mietrecht, genau zugeschnitten auf die politischen Bedürfnisse von Wien, gegeben, das einfach per Bundesgesetz für Gesamtösterreich bis Vorarlberg Gültigkeit hatte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und was immer dann die Oberkapazunder dieses Mietrechtes in dieses hineinreklamierten: Es wurde immer irrwitziger und geistig nicht mehr nachvollziehbar. Völlig wahnwitzige Unterscheidungen führten nicht zu mehr Gerechtigkeit, sondern zu mehr Ungerechtigkeit. (Präsident Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage Ihnen zwei Beispiele: Halten Sie es für gerecht, dass die Hofratswitwe in der Acht-Zimmer-Flucht im ersten Wiener Bezirk um 927, 80 S wohnt und die Jungfamilie, die sich eine neue Wohnung zum Mieten suchen muss, auf einen verknappten, sündteuren Markt stößt, weil sich natürlich gerade die Hauseigentümer, die es sich leisten können, auf Grund ihres früheren Mietrechtes nicht mehr für die Vermietung entscheiden? Können Sie mir erklären, was das soll?

Kann mir jemand in diesem Hause erklären, wo die vernünftige Ratio liegt, dass eine Wohnung, wenn sie vor 1945, also ein Altbau, gebaut wurde und das Haus nicht parifiziert ist, unter diese Bestimmung fällt, wenn sie aber nach 1968 gebaut wurde – das ist Neubau und daher ohne Förderungsmittel –, unter jene Bestimmung fällt? – Dazu kommt noch, wenn dieses Althaus parifiziert worden ist, aber der großköpfige Hausherr nicht mehr als 50 Prozent der Mietwohnungen in Eigentum hat, dann wird es wieder anders behandelt. – Wo liegt die Vernunft in diesem Mietrecht? Wo ist die Vernunft in den alten Friedenszinskronenregelungen gelegen? – Denken Sie zurück an die Historie. Wissen Sie, was der Friedenszins war? – Das war eine Stütze für die Witwen von gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges. Da hat sich der Kaiser entschlossen, dass er diesen armen, plötzlich zu Witwen gewordenen Frauen mit ihren Kindern die Mieten einfriert, und daraus haben Sie dann eine Sozialaktion gemacht, die zu den absurdesten Ergebnissen eines Gesetzes geführt hat, die ich jemals erlebt habe.

Die bisherigen Unterscheidungen sind durch nichts gerechtfertigt. Die nunmehrige Regierungsvorlage ist natürlich nur ein erster Schritt, und auf Dinge, wie sie Herr Präsident Weiss gesagt hat, wird man eingehen. Man wird natürlich auch darüber reden können, dass es Befristungen für ein Jahr gibt. Aber ich sage Ihnen eines: Wir brauchen einen ordentlichen Markt für Wohnungen, ebenso wie für Milch, Butter und Käse. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.02

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

18.02

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte doch eine Kerninformation oder eine grundsätzliche Stellungnahme zur Frage der befristeten Mietverträge geben, die meines Erachtens einem dringenden Praxisbedürfnis entsprechen und eine segensreiche Auswirkung haben werden. Sie werden sich vor allem zu Gunsten der Mieter auswirken.


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Erstens einmal müssen wir selbsterklärende, einfache und lesbare Gesetze machen, und das ist in dieser Frage ein Schritt – wie heute schon oft erwähnt wurde – in die richtige Richtung. Diese Regelung ist tatsächlich verständlich. Man bekommt einen Mietzins, der 25 Prozent günstiger ist als der angemessene Mietzins oder der Richtwertmietzins, und die Befristung ist nach oben hin zeitlich unbegrenzt. Einfacher geht es nicht.

Die Frage, ob dabei die Mieter schlechter gestellt werden, ist einfach zu beantworten. Sie werden mit Sicherheit nicht schlechter gestellt. Es ist auch – das ist eine Neuerung, die interessanterweise von niemandem erwähnt wurde, die aber grundsätzlich ist – eine Neuerung in folgenden Punkten gegeben: Sechs Monate nach Beendigung des befristeten Mietvertrages oder nach Umwandlung in einen unbefristeten Mietvertrag kann der Mietzins noch überprüft werden. Das heißt also, in einem Zustand völliger mietrechtlicher Unabhängigkeit kann der Mieter zur Schlichtungsstelle gehen, diese Überprüfung beantragen, und bekommt dann das zu viel Bezahlte nachträglich ersetzt. Das ist eine Regelung, die man schon herausstreichen muss, weil sie dem Hauseigentümer auf den Kopf fällt, wenn er einen zu hohen Mietvertrag, einen zu hohen Mietzins durch Übervorteilung abschließt.

Die Befristung bedeutet für den Hauseigentümer aber auch etwas, was Sie nicht übersehen dürfen: Sie bedeutet für ihn Leerstandszeiten. Sie bedeutet einen geringeren Ertrag in der Höhe von 25 Prozent. Sie bedeutet für ihn bei der Neuvermietung Provisionszahlungsverpflichtung, und sie bedeutet bei der Neuvermietung auch die Verpflichtung, das Objekt wieder herzustellen. Es kann nicht im Interesse des Hauseigentümers liegen, viele oder gar allzu viele Mietverträge befristet abzuschließen. Das ist eine Regelung, die alleine im Interesse der Mieter gelegen ist, und ich glaube, Sie sollten das von diesem Blickwinkel aus begrüßen.

Was den Hausbesorger anlangt, so haben die Mieter tatsächlich unter zu hohen, unter steigenden Betriebskosten gelitten. Diese Hausbesorgerregelung war ein großer Posten bei den Betriebskosten. Mit dieser Neuregelung wird der wahrscheinlich richtige und glückliche Versuch unternommen, diese Betriebskosten zu senken. Auch das ist im Interesse der Mieter zu begrüßen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.05

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Marizzi. – Bitte.

18.05

Bundesrat Peter Marizzi (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Kollege Buchinger, der jetzt nicht anwesend ist, hat gemeint: Ihr habt heute einen Saustall hinterlassen. (Bundesrätin Haunschmid: Das haben wir eh schon gehört!) – Das haben wir schon gehört, aber es war sehr lustig. Herr Bundeskanzler Schüssel sagt immer, man solle die Worte abrüsten. Die Frau Präsidentin hat heute gemeint, man solle sich in den Worten mäßigen.

Den Satz: Ihr habt einen Saustall hinterlassen!, kann man vielleicht in einem Bierzelt sagen, kann man vielleicht bei internen Parteisitzungen sagen, aber ich meine, bei allem Respekt vor diesem Haus sollte man das hier unterlassen. Es entsteht dann Gelächter, und es ist eine Riesenhetz, wenn man sagt: Ihr habt einen Saustall hinterlassen. Gemeint ist damit die Koalition, die 13 Jahre lang dieses Land mit Erfolg oder weniger Erfolg regiert hat. Das hat mich irgendwie betroffen gemacht, Herr Bundesminister für Justiz!

Ich habe Herrn Kollegen Buchinger nie vorgeworfen und mache es auch jetzt nicht, weil ich es nicht beweisen kann, dass er angeblich in einem sehr schlüpfrigen Gewerbe tätig war. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Nein, nein, ich mache es nicht, weil es nicht beweisbar ist, und – das sage ich auch – ich würde es auch nicht tun. Es liegt auf der Hand, es zu tun und sich zu revanchieren (Bun


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desrat Dr. Nittmann: Es liegt nicht auf der Hand!), aber ich mache es nicht. Ich sage es bewusst. Nein, nein, ich mache es nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber wenn man sich da herstellt und sagt: Ihr habt einen Saustall hinterlassen!, dann frage ich mich, wieweit das beim nächsten Mal geht. (Bundesrat Dr. Nittmann: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!) – Ich werfe überhaupt nicht mit Steinen, ich sage hier öffentlich: Ich unterstelle Herrn Kollegen Buchinger bezüglich seines Berufes überhaupt nichts. Ich kommentiere auch nicht die Zeitungsmeldungen. Wenn jemand ein Gewerbe hat und nichts damit anstellt, dann ist das ordentlich. Es gibt mehrere solche Gewerbe, und daher werfe ich ihm das nicht vor. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Aber das, was ich ihm jetzt vorwerfe, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist für die Freiheitliche Partei in Niederösterreich wesentlich interessanter und passt auch, da wir gerade über das Wohnrecht sprechen. Ich sage dazu nicht Saustall, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ! (Bundesrat Ing. Scheuch: Jetzt haben Sie es eh schon dreimal gesagt!) – Sie sollen es hören. Ich sage nicht Saustall dazu. Ihr habt ein Problem gehabt, das eine sehr große Dimension für die Mieter und für die Menschen, die noch monatelang und jahrelang Schulden für das so genannte Projekt "Freier Wohnen" zahlen, hat. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. ) Daher legitimiert Sie das überhaupt nicht, zu irgendwelchen Dingen Saustall zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Richtwertgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz und das Hausbesorgergesetz geändert werden, Wohnrechtsnovelle 2000.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

35. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Schauspielergesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversiche


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rungsgesetz 1977, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden (Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 – ARÄG 2000) (91, 130/A, 19/A und 189/NR sowie 6153/BR der Beilagen)

36. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (21 und 190/NR sowie 6154/BR der Beilagen)

37. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend Urkunde zur Abänderung der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation (39 und 191/NR sowie 6113 und 6155/BR der Beilagen)

38. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (94 und 192/NR sowie 6156/BR der Beilagen)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkt 35 bis 38 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

das Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000,

ein Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung,

eine Urkunde zur Abänderung der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation und

ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 35 bis 38 hat Herr Bundesrat Mag. Neuner übernommen. Ich darf ihn bitten, uns die Berichte zu bringen.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Tagesordnungspunkt 35 betrifft den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Schauspielergesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 150

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 36 bringe ich den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung.

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, erstens dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

zweitens gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 37 erstatte ich den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend eine Urkunde zur Abänderung der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation.

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Tagesordnungspunkt 38 betrifft den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird.

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Drochter. – Bitte.

18.15

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen! Liebe Kollegen des Bundesrates! Die heute zur Beschlussfassung vorliegende Initiative der FPÖ/ÖVP-Regierung soll eine Gleichstellung der Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter an jene der Angestellten bringen.

Zu meinem großen Bedauern muss ich die Feststellung treffen, dass das Gegenteil der Fall ist. Der vorliegende Vorschlag von FPÖ und ÖVP hat mit der "Aktion Fairness" der Gewerkschaften und des ÖGB – diese Forderung wurde von allen 14 Gewerkschaften mitgetragen und von mehr als 300 000 Österreicherinnen und Österreichern unterschrieben – nichts mehr gemeinsam.

Darüber hinaus wird diese Forderung nach Gleichstellung von Arbeiterinnen und Arbeiter mit den Angestellten von mehr als 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung verlangt. Die Österreicherinnen und Österreicher meinen, dass die Benachteiligung der Arbeiterinnen und der Arbeiter längst überholt ist und empfinden diese Situation als äußerst ungerecht.

Die heute zum Beschluss vorliegenden Gesetzentwürfe müssen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Zukunft sehr teuer bezahlen. Es wird lediglich den Arbeiterinnen und Arbeitern – aber auch das nicht in gleichem Ausmaß wie bei den Angestellten – eine höhere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gnadenhalber zugestanden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf der Bundesrätin Giesinger. ) Und dies, obwohl im Regierungsübereinkommen von FPÖ und ÖVP unter Punkt 3, "Aktion Fairness", steht: gleiche Entgeltfortzahlung für Arbeiter und Angestellte im Krankheitsfall.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 151

Es wird, wie ich schon erwähnt habe, den Arbeiterinnen und den Arbeitern lediglich eine höhere Entgeltfortzahlung, die jedoch nicht im gleichen Ausmaß ist wie bei den Angestellten, im Krankheitsfall gnadenhalber zugestanden.

Die FPÖ- und ÖVP-Aktion Unfairness wird allen ArbeitnehmerInnen mehr kosten, als sie ihnen bringen wird. Für die lückenhafte Angleichung von Arbeitern an die Angestellten bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wird die Regierung den Arbeitnehmern, vor allem den Arbeiterinnen und Arbeitern, aber auch den Angestellten mehr als 4 Milliarden Schilling unbegründet und unberechtigt aus der Tasche ziehen.

Auch das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist keine Erfindung von mir oder von einer Gewerkschaft, sondern das können Sie einer APA-Aussendung der Wirtschaftskammer vom 31. August des vergangenen Jahres entnehmen. Den heute zur Beschlussfassung vorliegenden Gesetzentwurf müssen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teuer bezahlen, das habe ich schon erwähnt.

Die ÖVP- und FPÖ-Aktion Unfairness ... (Bundesrat Schöls: Das ist eine unsachliche Positionierung, Herr Kollege!) – Das ist eine tatsächliche und eine richtige Positionierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Mehrkosten der Arbeitgeber – das sei hier zugestanden – sind laut Mitteilung im Sozialausschuss am vergangenen Montag mit nicht mehr als mit 800 Millionen Schilling zu beziffern. Wenn man das jetzt einfach rechnet, meine sehr geehrten Damen und Herren, beträgt die Differenz zwischen dem Gewinn für die Arbeitgeber und dem Verlust für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens 3 Milliarden Schilling, und die fließen ausschließlich in die Kassen der Arbeitgeber – Dank der österreichischen Regierung FPÖ und Österreichische Volkspartei. (Bundesrat Dr. Nittmann: Ihr habt 30 Jahre lang Zeit gehabt, die "Aktion Fairness" durchzusetzen! Ihr habt nichts getan für die Arbeitnehmer! 30 Jahre nichts! 30 Jahre haben Sie Zeit gehabt, lieber Herr Kollege Drochter!)

Lieber Herr Kollege! Diese Maßnahme hätten wir schon haben können, da haben Sie wahrscheinlich noch gar nicht den Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten gekannt. Aber wir würden nie eine solche Vereinbarung treffen, die ausschließlich auf Kosten der Arbeitnehmer geht. (Bundesrat Dr. Nittmann: Ihr habt 30 Jahre lang gar nichts getan!)

Lieber Herr Kollege! Das stimmt nicht, was Sie sagen, das ist eine Behauptung, die Sie nie beweisen werden können. (Bundesrätin Haunschmid: Beweisen Sie das! – Bundesrat Dr. Nittmann: Das solltet ihr der Arbeiterschaft einmal klarmachen!) Sie vergessen ganz, was ich vorher erwähnt habe. Ich will sachlich bleiben, weil ich Sie auch als sachlichen Bundesrat kenne. Es gibt 300 000 Unterschriften von Österreicherinnen und Österreichern, und es gibt einige Umfragen. (Bundesrätin Haunschmid: Mit falschen Fragestellungen!) Es war aber in der SPÖ/ÖVP-Regierung nicht möglich, das umzusetzen, obwohl es auch im Regierungsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP gestanden wäre. (Bundesrätin Giesinger: Sie sind nicht sachlich! – Bundesrätin Haunschmid: Warum nicht? – Bundesrat Dr. Nittmann: Warum nicht?) Es war deshalb nicht möglich, weil die Österreichische Volkspartei nicht die Zustimmung gegeben hat.

Nunmehr hat sich die Österreichische Volkspartei die Freiheitliche Partei unter den Nagel gerissen, und das Ergebnis ist – das sei hier sehr deutlich gesagt –: Einsatz der Arbeitgeber 1 Milliarde Schilling, Kosten und Belastung für die Arbeiter und Angestellten 4 Milliarden Schilling, also 3 Milliarden Schilling gehen ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer. (Bundesrätin Giesinger: Die Arbeiter und die Angestellten haben früher schon mehr bekommen und die Unternehmer nichts!)

Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Ich darf nunmehr ausführen, welche Maßnahmen notwendig beziehungsweise erforderlich wären, um tatsächlich die Ungleichbehandlung der Arbeiter im Arbeitsrecht zu beseitigen. Die vollständige Angleichung der Regelung über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist ein Punkt. Die Angleichung im Bereich der Entgeltfortzahlung aus sonstigen persönlichen Verhinderungsgründen ein weiterer. (Zwischenruf


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der Bundesrätin Giesinger.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Angestellte haben einen weder durch Kollektivvertrag noch durch individuelle Vereinbarung beschränkbaren Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Dienstverhinderung aus Krankheits- oder aus persönlichen Gründen. Bei Arbeitern kann dieser Anspruch auf bestimmte Fälle und auf eine bestimmte Höchstdauer eingeschränkt werden, wovon die meisten Arbeiterkollektivverträge Gebrauch machen, Kollegin Giesinger!

Die Angleichung im Bereich der Kündigungsfristen und -termine ist immer noch ungelöst. Die Angleichung der aliquoten Sonderzahlungen im letzten Kalenderjahr des Arbeitsverhältnisses, die Angleichung im Bereich der Entgeltfortzahlung bei Unterbleiben der Arbeitsleistung aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, die Angleichung der Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus einem wichtigen Grund sind jene Punkte, die immer noch bei Arbeitern und Angestellten unterschiedlich sind. Sie geben heute vor, mit dieser Maßnahme hätten Sie eine Gleichberechtigung der Arbeiter und Angestellten durchgesetzt. (Zwischenruf des Bundesrates Schaufler. )

Kollege Schaufler! Ich bin schon auf Ihren Beitrag neugierig, weil Sie nämlich auch zu jenen gehören, die die "Aktion Fairness" unterschrieben haben, und Ihre Gewerkschaft ist auch dafür eingetreten. (Bundesrat Schaufler: Selbstverständlich!) Ich werde sehr genau aufpassen und registrieren, ob Sie schon absolut zufrieden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte in dieser wichtigen und sehr sensiblen Sache nur darauf aufmerksam machen, dass Sie heute keiner völligen Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten das Wort reden, wenn Sie dieser Initiative die Zustimmung geben. Sie stimmen heute ausschließlich über eine ungeheuerliche, unbegründete Mehrbelastung aller Arbeitnehmer in der Höhe von 3 Milliarden Schilling ab. (Bundesrätin Haunschmid: Das darf doch nicht wahr sein! Definieren Sie einmal die 3 Milliarden, Herr Kollege! Wie kommen Sie auf 3 Milliarden? Sagen Sie das!)  – Das ist keine Erfindung, liebe Kollegin! Ich habe schon die APA-Aussendung vom August des Jahres 1999 zitiert. Die Bundeswirtschaftskammer hat diese Berechnung selbst angestellt. (Bundesrätin Haunschmid: Definieren Sie die 3 Milliarden! Erklären Sie die 3 Milliarden!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch Sie tragen Verantwortung dafür – insbesondere Sie, liebe Kollegin, Sie gehören der FPÖ an, aber auch die Kolleginnen und Kollegen der ÖVP –, ob aus der "Aktion Fairness", die von der Bevölkerung zu über 80 Prozent mitgetragen wird, eine Aktion Unfairness der Österreichischen Volkspartei, der Freiheitlichen Partei, des Herrn Bundeskanzlers Schüssel und der Frau Vizekanzlerin Riess-Passer wird. Das ist auch der Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum wir sozialdemokratischen Bundesrätinnen und Bundesräte folgenden Antrag, der in schriftlicher Form vorliegt, einbringen:

Antrag

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Karl Drochter und GenossInnen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Erhebung eines Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend das Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000

Die unterzeichneten Betriebsräte stellen den Antrag (Bundesrat Bieringer: Bundesräte), gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend das Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000 Einspruch zu erheben.

*****

(Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Ich habe nichts gegen Betriebsräte!)

Sollte ich mich versprochen haben, stehe ich nicht an, das richtig zu stellen. Das Wort "Betriebsräte" – obwohl sich ausschließlich beziehungsweise in überwiegendem Maße Betriebsräte für diese Aktion eingesetzt haben, ich weiß, dass Sie ein sehr engagierter Personalvertreter ge


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wesen sind (Bundesrat Bieringer: Richtig!) – soll durch das Wort "Bundesräte" ersetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.26

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Professor Konecny, Drochter und Genossen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, samt der gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates beigegebenen Begründung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schaufler. – Bitte.

18.27

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Sie erlauben mir, auch die von mir so sehr geschätzte Sektionschefin zu begrüßen. – Sie sitzt ganz bescheiden hinten an der Wand.

Wir haben vieles im Bereich des Landarbeitsgesetzes gemeinsam gemacht, wir haben viele Erfolge für die Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft nach Hause gebracht. Ich werde später noch darauf zu sprechen kommen. Doch ich bin aufgefordert, auf die Ausführungen meiner Vorredner zu replizieren. Selbstverständlich und gerne habe ich vor zwei oder vielleicht schon drei Jahren solidarisch diese "Aktion Fairness" unterschrieben. Selbstverständlich und gerne habe ich das deshalb gemacht, weil wir in dem Bereich, in dem ich tätig bin, diese Dinge schon seit mehr als 50 Jahren erreicht haben, und wir können sagen, die Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft, egal, ob Angestellte oder Arbeit, haben zwar nicht ganz genau gleiches Recht, aber wenn man alles abwägt, haben wir gleiches Arbeitsrecht.

Manchmal gibt es Besserstellungen im Bereich der Arbeiter gegenüber den Angestellten, und manchmal auch umgekehrt. Die Kluft ist also in diesem Bereich nicht ganz so groß. Man könnte jetzt noch eine Rosinentheorie entwickeln und sagen, das müssen wir noch haben, und die anderen sagen, das bräuchten wir noch. Die "Aktion Fairness" habe ich gerne unterschrieben.

Ich habe auch schon in einem leisen Zwischenruf angedeutet, dass es sicherlich richtig ist, wenn Kollege Drochter sagt, dass mit dem vorliegenden Gesetz nicht die absolute Angleichung an die Rechte der Angestellten erreicht wird. Aber wir alle wissen im Bereich der Lohnverhandlungen, der arbeitsrechtlichen Verhandlungen, dass weder ein Gesetz den Wünschen absolut entsprechen kann noch dass Rom an einem Tag erbaut wurde. (Bundesrat Freiberger: Da wird etwas weggenommen!)

Es gibt halt ein ständiges Verhandeln, ein ständiges Vorwärtsdrängen, und wenn die Möglichkeiten gegeben sind, gibt es einen Fortschritt. Ich möchte doch sagen, dass das Angestelltengesetz in seiner Grundform seit dem Jahre 1921 besteht und dass das Landarbeitsgesetz mit seiner gesetzlichen Abfertigung, mit der Entgeltfortzahlung und mit anderem in den Grundzügen seit 1948 besteht. In manchen Bereichen, die heute die Proponenten der "Aktion Fairness" sofort umgesetzt sehen wollen, ist viele Jahrzehnte lang relativ wenig geschehen. Ich möchte nicht sagen: nichts, das wäre falsch. Das betrifft beispielsweise den Bereich der Entgeltfortzahlung und auch den Bereich der Abfertigung – das wurde erst 1979 geregelt. Das Urlaubsrecht, das die Angestellten auch einmal besser geregelt hatten als der übrige Teil der Beschäftigten, wurde erst etwa 1974/76 neu geregelt. Es hat sich also schon etwas getan, aber seit 1979 eher wenig.

Wenn es sich diese Regierungskoalition schon im Regierungsabkommen zum Ziel gesetzt hat, auch in diesem Bereich wieder etwas zu tun, und es nach knapp 100 Tagen Arbeit einen Gesetzentwurf gibt, aus dessen Regelungen die Arbeiter, etwa 1,2 Millionen Betroffene, Vorteile ziehen werden, weil beispielsweise die 14 Tage Wartefrist entfällt, weil die Anspruchsdauer erweitert wird, dann kann man das nicht mit der Linken oder mit der Rechten – ich meine das jetzt wirklich nicht parteipolitisch – wegputzen, sondern man muss sagen, hier geschieht etwas in Richtung Angleichung der Arbeitsregelungen. (Bundesrat Drochter: Ist Ihnen der Preis nicht zu hoch?)


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Der Preis, über den man natürlich reden muss, ist sicherlich kein unbedeutender. Dazu muss man aber auch sagen, dass von Anfang an klar war, dass es in diesem Bereich auch zu einer Lohnnebenkostensenkung kommen soll, um den Standort, den Wirtschaftsstandort Österreich wettbewerbsfähiger zu machen und zu halten. Das sind auch Ziele, die gemeinsam von allen Interessenvertretern erkannt werden und erkannt wurden und zu vertreten sind.

Zur Urlaubsaliquotierung – das ist das Stichwort für die bemängelten Kosten oder den kritisierten Preis (Bundesrat Drochter: Das stimmt nicht!) – erhebt sich, wenn man ehrlich darüber diskutiert, die Frage, ob es wirklich auf Dauer zumutbar und haltbar ist, dass jemand – es war eine gute Bestimmung –, wenn er nach sechseinhalb Monaten seinen Dienst beendet, 100 Prozent des Urlaubs in Anspruch nehmen kann. Das ist eine Diskussion wert, und es wird in dem Fall eingesetzt, das ist der Preis, um den es geht.

Ich meine aber, dass dieser Schritt, bei der Entgeltfortzahlung eine Angleichung – nicht gänzlich, darin gebe ich dir Recht, wir kennen die Gesetzeslage gut genug, aber doch annähernd – zu erreichen, tatsächlich ein Schritt ist. Der nächste Schritt wird im Bereich der Abfertigung erfolgen. Ich bedauere es, dass die Anträge im Jahre 1999 von der ÖVP, meiner Partei, und von deiner Partei, der Sozialdemokratischen Partei, viel zu spät gekommen sind, weil schon der Wahlkampf aufgebrandet ist, denn die Nähe war sehr groß, und das Bisschen, was die beiden Anträge voneinander getrennt hat, war vernachlässigbar. Das könnten wir eigentlich schon als abgehakt betrachten. Ich weiß, wir werden dann, wenn es so weit ist, genau so hart oder weniger hart, jedenfalls sachlich debattieren, weil uns beiden die Sache am Herzen liegt und weniger die Polemik. (Bundesrat Drochter: Du solltest auch sagen, warum es gescheitert ist!)

Ich habe bereits vorhin angekündigt, dass ich dazu Stellung nehmen werde, wo die Unterschiede zum Landarbeitsgesetz liegen, das heute mit einer Reihe von Bestimmungen auch Gegenstand ist – vielleicht ein bisschen später als im Gewerbe und in der Industrie. Früher war man es gewohnt, dass die Sechsmonatsfrist oft vervielfacht wurde. Jetzt geht all das ein bisschen schneller, und die anstehenden Gesetzesmaterien werden relativ schnell umgesetzt, weil wir im land- und forstwirtschaftlichen Bereich vorerst ein Grundsatzgesetz und dann die Ausführungsgesetze der Länder brauchen.

Ich habe mir eine kleine Aufstellung gemacht, aus der ersichtlich ist, dass wir in dem Bereich, obwohl es ein kleiner Bereich ist, in all den Jahrzehnten nicht untätig waren und tatsächlich ein vergleichbares Arbeitsrecht haben, wie im Angestelltenbereich. Wir haben eine Abfertigungsregelung – wie überall entsteht nach drei Jahren der Anspruch –, die sich aber prozentuell pro Dienstjahr fortsetzt. Das heißt, wir haben die exorbitante Stufenregelung nicht. Dazu bringe ich ein Beispiel:

Ein Angestellter, der 19 Jahre lang im Betrieb war, wird gekündigt. Er hat de facto sechs Monatsentgelte als Abfertigung zu bekommen, das entspricht 50 Prozent eines Jahreseinkommens. Ein Arbeiter in der Land- und Forstwirtschaft bekommt pro Dienstjahr 4 Prozent, und vier mal 19 ist noch immer 76 Prozent. Also hier ist eine gewaltige Besserstellung vorhanden, die wir uns mühsam erkämpft haben, die aber gerecht ist, weil pro Dienstjahr 4 Prozent dazukommen. Das ergibt nach 25 Dienstjahren 100 Prozent, so wie auch im Angestelltenbereich. Ich meine, das sollte man im Bereich der Abfertigung-neu auch einmal mitdiskutieren, ob wir nicht diese Stufenregelung modifizieren, die nicht immer günstig ist, weil sie unter Umständen zur Spekulation verleitet, eine Kündigung ein Jahr früher vorzunehmen, als vielleicht ansonsten geplant gewesen wäre.

Wir haben Kündigungsfristen, die de facto immer nur zum Monatsende wirksam werden, von 14 Tagen im ersten Jahr bis zu fünf Monaten. Ich weiß, dass der "Aktion Fairness" auch dies ein Anliegen ist. Heute hat der zuständige Minister darauf hingewiesen, dass in diesem Bereich die Sozialpartner bei den Kollektivvertragsverhandlungen Regelungsbedarf hätten. Er hat nicht ganz Unrecht. Schöner wäre natürlich eine gesetzliche Regelung, aber ob das dann wirklich für alle Branchen genau das Richtige ist, ist die Frage. Wir in der Land- und Forstwirtschaft haben uns auf lange Kündigungsfristen mit zunehmender Beschäftigungsdauer geeinigt, und das ist gut so. Wir haben in diesem Bereich keinen wie immer gearteten Handlungsbedarf.


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Es gäbe noch ein paar Ansätze im Bereich der Abfertigung, bei der wir durchaus eine bessere Regelung haben als die Angestellten. Ich denke zum Beispiel daran, dass, wenn jemand in den Ruhestand tritt, ein Angestellter oder ein Arbeiter nach dem Arbeiterabfertigungsrecht zumindest zehn Jahre im Betrieb sein muss. Wir brauchen das im Landarbeitsrecht nicht. Ich darf nur so einstreuen, dass ich damit einmal gegenüber einem Kollegen aus der Metallergewerkschaft, die eine starke Gewerkschaft ist, eine Wette gewonnen habe, weil er nicht glauben konnte, dass wir seit 1948 ein Abfertigungsgesetz haben. Er hat das bestritten. Die Wette war leicht zu gewinnen, weil ich natürlich ein altes Gesetz aufgetrieben habe.

So geht es weiter: Auch in der Frage der Entgeltfortzahlung haben wir im land- und forstwirtschaftlichen Bereich eine sehr vernünftige Regelung, die fast gleich ist wie die Regelung, die die Angestellten seit längerem haben. Auch meine Gewerkschaft und auch der Fachbereich Land und Forst haben die "Aktion Fairness" unterschrieben, wie du richtig gesagt hast, ich meine und sage es noch einmal: aus Gründen der Solidarität, selbstverständlich. Nur geht es nicht an, zu verlangen, in einem halben Jahr einen Sprung von 100 Metern vorwärts zu machen, wenn man nur in der Lage ist, einen Sprung von vielleicht fünf Metern – schon dafür muss man im Weitsprung trainiert sein – zu machen.

Ich meine also, dass die vorliegende Materie im Bereich der Gleichstellung einen Schritt bedeutet. Es ist dies sicherlich nicht der allergrößte; ich könnte mir vorstellen, dass weitere Schritte rasch folgen. Aber: Wir haben im Landarbeitsgesetz gezeigt, dass es möglich ist. Wir zeigen es nach wie vor, denn das, was wir heute beschließen werden, sind Anpassungen im Bereich der Prävention, die auch in kleineren Betrieben stattfinden soll. Wir haben sozialpartnerschaftlich im letzten Moment eine lange umstrittene Regelung vereinbart – dafür sage ich der Frau Sektionschefin wirklich ein herzliches Dankeschön! – betreffend die Frage der gesetzlichen Regelung der Bezahlung von Überstunden. Das war seit 40 oder 50 Jahren in der Praxis klar, doch dann gab es wieder einmal Diskussionen, und jetzt haben wir es im zweiten Anlauf geschafft.

Ich freue mich also über die heute zu beschließenden Gesetzesmaterien, im Besonderen über jene im Bereich des Landarbeitsgesetzes. Ich bin aber auch nicht unglücklich über die Schritte im allgemeinen Bereich der Arbeiterschaft und im Bereich der Entgeltfortzahlung, denn das ist ein Weg, der in allen Bereichen Zug um Zug zu beschreiten sein wird. (Zwischenruf des Bundesrates Drochter. ) Da werden wir nicht locker lassen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.41

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

18.41

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Staatssekretärin! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Erneuerung des österreichischen Sozialrechts ist ein berechtigtes Anliegen. Die Bundesregierung hat diese in ihr Regierungsprogramm aufgenommen und bereits fast in die Tat umgesetzt.

Meine Damen und Herren! Nach 100 Tagen Regierung ist das ein gewaltiger Schritt, überhaupt wenn man bedenkt, dass die Sozialdemokratische Partei das jahrzehntelang gefordert und in Aussicht gestellt, jedoch nichts durchgesetzt und in diesem Sektor wirklich nichts erreicht hat. – Dafür richte ich unser herzliches Dankeschön an die jetzige Regierung!

Warum habe ich mich als Arbeitgeber zu diesem Thema gemeldet? – Ich ergreife deshalb das Wort, weil dies endlich einmal ein Gesetz ist, das soziale Gerechtigkeit am Arbeitsplatz bedeutet, und soziale Gerechtigkeit am Arbeitsplatz bedeutet auch für uns Arbeitgeber ein besseres Klima am Arbeitsplatz. – Das ist mein erster Punkt.

Zweitens handelt es sich um ein Gesetz, das einen Betrieb nicht zusätzlich belastet. Wenn nämlich den Belastungen der Arbeitgeber durch die Angleichung im Bereich der Entgeltfortzahlung die durch die Urlaubsaliquotierung und den Entfall der Postensuchtage eintretenden Entlastungen gegenübergestellt werden, dann treten keine Mehrbelastungen auf Arbeitgeberseite auf. Vielmehr ist ein Entlastungseffekt im Bereich der Lohnnebenkosten zu erwarten, und


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ich glaube, das ist dringend notwendig. Gerade Sie, Herr Kollege Drochter, müssen daran denken, dass ein gesunder Betrieb auch einen sicheren Arbeitsplatz darstellt, und auch das brauchen wir in der Wirtschaft ganz besonders dringend! (Bundesrätin Giesinger: Er ist gar nicht da!) – Er ist schon gegangen! Wahrscheinlich war es ihm schon ein bisschen zu viel!

Eine Aufarbeitung ist nun gelungen. Es gibt mehr Sicherheit für den Arbeiter bei Krankheit. Er behält den Anspruch auf Entgeltfortzahlung mit einer 14-tägigen Wartefrist bei geringerer Dauer der Fortzahlung; die Ersatzleistung anstelle des Urlaubsentgelts ist durchgegangen und vieles andere mehr. Er behält aber nicht nur bei Krankheit, sondern auch bei anderen wichtigen Gründen dieses Recht.

Meine Damen und Herren! Glauben Sie mir: Diese Regierung weiß ganz genau, dass dies nur ein Teil der Verbesserung eines Gesetzes, aber noch lange nicht der Idealfall ist! Warum aber ist die Umsetzung dieses Idealfalles nicht möglich? – Das brauche ich, wie ich glaube, gerade der sozialistischen Partei nicht zu erklären! – Es war nämlich finanziell nicht möglich! Jetzt kann ich mir auch erklären, warum Sie das nie in die Tat umgesetzt haben: Sie haben gewusst, wie es um die budgetäre Lage steht! Wir sind nun aber vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Als wir das gesehen haben, war endgültig klar, dass das Regierungsprogramm nicht total und sofort umgesetzt werden kann!

Meine Damen und Herren! Wir haben nun eine Kompromisslösung getroffen, aber es ist eine gute Lösung, sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer, insbesondere für die älteren Arbeitnehmer sowie – ganz bewusst und sozial denkend – auch für Kleinunternehmer. Schauen Sie sich das ganz genau an: Für die Genannten ist das eine besonders gute Lösung!

Es ist dies der kleinste gemeinsame finanzierbare Nenner, der für diese Regierung jetzt möglich war. Aber ich kann Ihnen sagen: Wir Freiheitlichen sind glücklich darüber, dass das gelungen ist, und ich bedanke mich noch einmal ganz herzlich im Namen meiner Fraktion für diese Lösung, die zu Stande gekommen ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.45

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist die Frau Staatssekretärin. – Bitte.

18.45

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Sektionschefin dieser Sektion! Auch ich sage, dass dieses Gesetz ein erster Schritt in die richtige Richtung ist. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis, auch wenn Sie es nicht hören wollen! Immerhin war es eine langjährige Forderung gerade der Gewerkschaften und der Arbeiter selbst, dass endlich einmal eine Angleichung bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu Stande gebracht wird. Und wenn Sie hier jetzt den Vorwurf erheben, dass das nicht dem entspreche, wofür im Rahmen der "Aktion Fairness" mit 300 000 Unterschriften gestimmt wurde, dann muss ich doch fragen: Wieso haben Sie nicht wenigstens diesen ersten Schritt im Laufe Ihrer Regierungsbeteiligung von weit mehr als 30 Jahren umgesetzt? – Diese Frage steht jetzt im Raum. (Bundesrat Ing. Scheuch: Hört! Hört!)

Es handelt sich hier – wie ich von Frau Bundesrätin Haunschmid und auch von anderen Rednern vernommen habe – um ein ausgewogenes Paket. Auch das haben Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass es nämlich sowohl zu einer monetären Besserstellung der Arbeiter als auch zu einer Entlastung der Unternehmer kommt!

Ich betone: In einer funktionierenden Volkswirtschaft muss es möglich sein, über eine Entlastung der Unternehmer zu sprechen, noch dazu im Bereich der Lohnnebenkostensenkung, die für die Unternehmer erforderlich ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist gerade in Österreich mit seiner kleinstgewerblichen Struktur notwendig. Wir befinden uns, wenn wir in EU-Dimensionen betreffend gewerbliche Wirtschaft, aber auch betreffend Dienstleistungsbereich sprechen, im Mikrobereich. Bei Lohnnebenkosten wird dann immer ...


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(Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich kenne Ihre Argumente! Dann wird immer die Produktivität genannt und gesagt: Gemessen an der Produktivität liegen wir absolut gut mit den Arbeitskosten. – Bei uns gibt es aber auch zahlreiche kleinstgewerbliche Betriebe und einen großen Dienstleistungsbereich, der Gott sei Dank auch in Österreich im Wachsen begriffen ist, und genau hier gilt es mit der Lohnnebenkostensenkung anzusetzen! Das ist das Gebot der Stunde! Und ich füge hinzu: Das ist erst der Beginn einer Lohnnebenkostensenkung, aber auf Grund des Regierungsübereinkommens werden Gott sei Dank noch weitere Lohnnebenkostensenkungen folgen!

Was Sie nicht dazu gesagt haben ist, dass es mit der Beendigung beziehungsweise dem Auslaufen des Entgeltfortzahlungsfonds auch zu einer Erleichterung im Verwaltungsbereich der Sozialversicherungsanstalten gekommen ist. Auch dort wird es entsprechende Erleichterungen und ein Einsparungspotenzial geben.

Kollegin Haunschmid hat bereits angeschnitten, dass es uns gelungen ist, einen erhöhten Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer zu bewerkstelligen. Auch das ist ein Gebot der Stunde! Gerade ältere Arbeitnehmer, die nicht geschützt sind, werden nach wie vor freigesetzt. Diesbezüglich wird auch ein Umdenken der Betriebe erforderlich sein. Außerdem muss der Stellenwert des älteren Arbeitnehmers in der betrieblichen und beruflichen Laufbahn gefördert werden. – Bitte nehmen Sie auch das zur Kenntnis, auch wenn Sie es nicht hören wollen!

Abschließend kann ich sagen: Wir sind stolz auf dieses Gesetz, und wir sind auch stolz darauf, dass uns dessen Schaffung so rasch gelungen ist. Das beweist einmal mehr, dass diese Regierung Reformen anpackt, die bisher nicht möglich waren. Aber nicht nur das: Diese Reformregierung schafft auch Reformen, und darum geht es letztendlich. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass das der erste Schritt ist. Sie werden sich noch wundern, welche weiteren Schritte folgen werden. (Rufe bei der SPÖ. – Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.49

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse, welche getrennt erfolgt.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, das Hausbesorgergesetz, das Heimarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Schauspielergesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden.

Es liegt zunächst ein Antrag der Bundesräte Konecny und Genossen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates samt der angeschlossenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit.

Der Antrag, gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates Einspruch zu erheben, ist somit abgelehnt.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die für diesen Antrag eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit angenommen.

Weiters bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend Urkunde zur Abänderung der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder regelt und überdies als zur Gänze verfassungsändernd anzusehen ist, bedarf er gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise gemäß Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jetzt jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

39. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird (165/A und 193/NR sowie 6157/BR der Beilagen)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zum 39. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Neuner übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Freiberger. – Bitte.

18.57

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Änderung zum Arbeiterkammergesetz 1992 möchte ich salopp einmal als eine "Scheinaktivität" dieser Bundesregierung bezeichnen. Es soll nämlich der Eindruck erweckt werden, dass es in den Arbeiterkammern noch Privilegien gibt.

Die Klubobleute Khol und Westenthaler haben behauptet, dass bei AK-Pensionen noch einiges aufzuklären sei und dass es auch noch einige Leichen in den Kellern geben soll. – Meine Damen und Herren! Das Wirtschaftsministerium als Aufsichtsbehörde hat nach entsprechender Prüfung genau festgestellt, dass es keine Beanstandungen gibt. Die Leichensuche war also ziemlich erfolglos! In der Öffentlichkeit wird absichtlich ein falscher Eindruck erweckt, um auf die Arbeiterkammern politischen Druck auszuüben. Die Ankündigung, dass die AK-Umlage gesenkt werden soll, passt ebenso in dieses Bild: Man will bei der Interessenvertretung der Arbeitnehmer eine Schwächung erreichen!

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen und vor allem die Kolleginnen und Kollegen vom ÖAAB! Ihr spielt dieses Spiel hurtig mit, ihr lasst euch dafür missbrauchen, ihr seid Erfüllungsgehilfen für eine Politik gegen Arbeitnehmer! (Beifall bei der SPÖ.)

Bei den AK-Wahlen haben die Arbeitnehmer sowohl dem ÖAAB als auch der selbst ernannten freiheitlichen Arbeiterpartei eine deutliche Abfuhr erteilt. Die Wählerinnen und Wähler sind dieser verräterischen Politik nicht auf den Leim gegangen! Diese Wahlen waren durch einen erfreulichen Anstieg der Wahlbeteiligung gekennzeichnet. (Bundesrat Dr. d′Aron: Wie hoch war sie? Wie hoch?) – Sie betrug nahezu 50 Prozent in der Steiermark, und es war ein Anstieg von knapp über 30 Prozent auf nahezu 50 Prozent zu verzeichnen. (Bundesrat Dr. d′Aron: 50 Pro


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zent?) Einen solchen Anstieg bei der Wahlbeteiligung, womit die arbeitenden Menschen ihr Interesse stark zum Ausdruck gebracht haben, hat es schon lange nicht gegeben! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schöls. )

Die Arbeitnehmer wollen nämlich eine starke AK! Deshalb haben sie den sozialdemokratischen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern erhöhtes Vertrauen ausgesprochen.

Meine Damen und Herren! Durch eine aktuelle Umfrage wird bestätigt, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die AK deutlich höher liegt als das in die neue Bundesregierung. (Bundesrätin Mühlwerth: Das können aber nur interne Umfragen sein!) Diese Umfrage ist ebenso repräsentativ und über ein offizielles Meinungsforschungsinstitut vorgenommen worden. (Bundesrätin Mühlwerth: Es kommt immer darauf an, wie man fragt!) Die Ergebnisse können nicht in Abrede gestellt werden und sind auch nicht in Abrede gestellt worden! (Bundesrätin Mühlwerth: Das will ich auch nicht!)

Angesichts der fortgeschrittenen Stunde erspare ich mir Details, denn ich gehe davon aus, dass in diesem Haus die Leistungen, die die Arbeiterkammern in Österreich für die unselbständig Erwerbstätigen erbringen, sehr wohl bekannt sind. Deshalb erspare ich mir jetzt eine zusätzliche Aufzählung, die die Wichtigkeit dieser Einrichtungen unterstreicht.

Meine Damen und Herren! Die Privilegiendebatten sind nur ein Vorwand für eine Strategie, mit welcher die Arbeitnehmerorganisationen geschwächt werden sollen. Mit solchen Methoden sollen die kritischen Stimmen der AK zum Schweigen gebracht werden. Wir werden das aber sicherlich nicht zulassen!

Der Antrag ist reine Kosmetik. Es gibt in den Arbeiterkammern keine Privilegien, weder bei den Pensionen noch bei den Abfertigungen, den Präsidentenverträgen beziehungsweise den Funktionsgebühren. All diese Vorfälle, die es in der Vergangenheit in den Arbeiterkammern gegeben hat – aber nicht nur in den Arbeiterkammern, um das nicht isoliert zu betrachten –, wurden durch Gesetzesänderungen bereits bereinigt, ich erinnere etwa an das Arbeiterkammergesetz 1992 und an die weitere Novelle im Jahr 1997.

Meine Damen und Herren! Es gibt also keine Privilegien, die abzubauen wären! Der Herr Bundesminister – ich habe es bereits angeführt – hat nach der Prüfung durch das Ministerium als Aufsichtsbehörde zugegeben und zugeben müssen, dass es keinerlei Beanstandungen in diesem Bereich gibt.

Ziel jener Initiative ist vielmehr, die AK in eine negative Diskussion und in Misskredit zu bringen. Wir spielen bei diesem Theater sicherlich nicht mit! Wir sehen diesbezüglich keinen Handlungsbedarf, weil ohnehin alles in Ordnung ist. Wir stimmen deshalb dieser Vorlage nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

19.03

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mich zur Novelle zum Arbeiterkammergesetz äußere, ist es mir ein Bedürfnis, eine Bemerkung zu machen, und zwar hinsichtlich des sehr emotionalen Statements der Frau Staatssekretärin, denn ich verstehe Emotionen, weil auch ich ein sehr emotionaler Typ bin.

Frau Staatssekretärin! Ich als vom Niederösterreichischen Landtag in dieses Hohe Haus entsandter Bundesrat lasse mir von keinem Mitglied der Bundesregierung, egal welcher Fraktion es angehört, sagen, was ich zur Kenntnis zu nehmen habe! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schaufler. )


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Ich habe Stricherl gemacht: Sie haben uns als Bundesräten dieses Hauses gezählte fünf Mal gesagt, was wir zur Kenntnis zur nehmen haben und was wir zur Kenntnis nehmen müssen! Wir werden immer sachlich diskutieren, und von dieser Sachlichkeit werden auch die Beiträge gekennzeichnet sein. – Das wollte ich am Beginn festgestellt haben, damit kein falscher Eindruck entsteht! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das "Parlament der Arbeitnehmer" – so nennt sich die österreichische Arbeiterkammer – wurde mit dem Arbeiterkammergesetz im Jahr 1920 gegründet, und der Wirkungsbereich dieses "Parlaments der Arbeitnehmer" reicht weit über den Bereich der Arbeitnehmer hinaus. Kollege Freiberger hat in der Kürze der Zeit darauf verzichtet – auch ich werde darauf verzichten –, alle Punkte anzuführen. Ich meine aber, dass wir uns dessen bewusst sein müssen, dass die Aktivitäten und Positionen der Arbeiterkammer etwa in Fragen des Konsumentenschutzes oder der Gesetzesbegutachtung, welche zum Großteil auch von unabhängigen Experten bewertet werden, allen Menschen in diesem Land zugute kommen.

Ich möchte auf diese Institution Arbeiterkammer nicht verzichten. Ich war auch sehr engagiert mit dabei, als sich die tragenden Fraktionen dieses "Parlaments der Arbeitnehmer" vor drei oder vier Jahren an einer Umfrage beteiligt haben, zu deren Vornahme wir – unter welchen Beweggründen auch immer, die heute nicht mehr zur Diskussion stehen, weil sie der Geschichte angehören – vom seinerzeitigen Bundeskanzler Vranitzky als Arbeitnehmerinteressenvertreter genötigt wurden. – Ich bin froh darüber, dass wir durch diese Kammerumfrage legitimiert sind und eine hohe Akzeptanz der Arbeiterkammer haben!

Bedauerlich ist, lieber Freund Freiberger, das, was dazu geführt hat, dass wir uns heute wieder über dieses Thema unterhalten müssen: Die Krise der Arbeiterkammer – so hätte ich fast gesagt – hat nämlich einen Namen, und es ist eine Ironie des Schicksals, dass ein steirischer Bundesrat namens Freiberger von diesem Rednerpult aus heute zur Problematik der Arbeiterkammer Stellung bezieht, für welche ein Rechberger der Auslöser war! Das war das Problem, mit dem wir als Arbeitnehmervertreter nie fertig geworden sind! (Zwischenruf des Bundesrates Freiberger. )

Ich bin bei dir! Es gibt keine Privilegien, es gibt keine Pfründe! Daher bin ich froh, dass mit dieser Gesetzesnovelle – das hat auch Kollegin Reitsamer im Nationalrat klar festgelegt – am geltenden Recht nichts verändert wird, weil nichts zu verändern ist – mit einer Ausnahme, nämlich dass die Bezügeregelung jetzt noch transparenter – ich betone: noch transparenter! – erfolgt. Bisher hat der Vorstand der Arbeiterkammer die Bezüge der Funktionäre der Arbeiterkammer festgelegt, und dies wurde der Vollversammlung zur Kenntnis gebracht. Nunmehr ist die Transparenz ausgeweitet: Die Vollversammlung der Arbeiterkammer wird diese Bezügeregelung zu beschließen haben.

Da ich, obwohl ich selbst auf Grund meines Berufsstandes nicht wahlberechtigt bin, großes Vertrauen in die Arbeiterkammer habe, habe ich überhaupt kein Problem damit, dass wir mit dieser Novelle einen Beitrag zu mehr Transparenz im Bereich der Arbeiterkammer leisten. Ich verspreche euch, dass wir im ÖAAB uns dafür einsetzen werden, dass in der Frage der Kürzung der Kammerumlage nichts passiert! Dabei darf auch nicht verschwiegen werden, dass die Arbeiterkammer eine überparteiliche Institution ist. Manchmal – gerade in den letzten Wochen und Monaten – waren aber einige Aussagen, die aus diesem Bereich gekommen sind, nicht parteiisch, sondern parteilich. Man hat die Mehrheitsverhältnisse im Vorstand und in den Ausschüssen sehr wohl bemerkt!

Liebe Freunde! Wir tun der Institution Arbeiterkammer nichts Gutes, wenn wir aus parteipolitischen Gründen die Institution Arbeiterkammer in Geiselhaft nehmen. Es ist viel zu schade um diese gute Einrichtung, für die ich weiter kämpfen werde, als dass wir sie einer Partei, auch wenn es die Sozialdemokratische Partei ist, überlassen! Es ist dies eine Einrichtung, die uns allen gehört, und daran wollen wir auch in Zukunft arbeiten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.09


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Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zu Wort gemeldet ist die Frau Staatssekretärin. – Bitte.

19.09

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Jahren führen wir bekanntlich die Diskussion über die AK, über dort existierende Privilegien, auch wenn Sie diese jetzt verneinen, über unverhältnismäßige Bezugszahlungen und über Pensionsregelungen.

Ich erinnere nur an die letzten Veröffentlichungen der Pensionsregelungen in der Steiermark in den vergangenen Monaten! Ich sage dazu: Diese sind gesetzlich beziehungsweise nicht ungesetzlich. Diese Gesetze wurden allerdings von Ihnen, von der alten Koalition, gemacht, und sie sind für die Arbeitnehmer in unserem Land völlig unverständlich! Kein Arbeitnehmer in diesem Land hat Verständnis für diese Gesetze! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Wer sagt das? – Weitere Rufe bei der SPÖ: Wer sagt das? – Bundesrat Konecny: Woher wissen Sie das?)

Ich sage das mit einem Blick in Richtung Europäische Union. Deshalb möchte ich Ihnen berichten. Im so genannten High Level Forum auf europäischer Ebene hat die erste informelle Sitzung stattgefunden. In diesem High Level Forum stand Österreich diesbezüglich im Mittelpunkt, da sich die Sozialpartnerschaft auf europäischer Ebene natürlich mit Blick auf Österreich orientieren will. Österreich hat diesbezüglich ein Modell, das Tradition hat, und die europäischen Länder schauen auf Österreich, wie die Sozialpartnerschaft bei uns gewachsen ist und wie sie sich entwickelt hat. (Bundesrat Meier: Na und?) In diesem Zusammenhang wird aber auch auf Österreich geschaut, wie es mit überbordenden und nicht mehr zeitgemäßen Privilegien innerhalb dieser Sozialpartnerschaft ausschaut. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da sind alle mit einbezogen, da spreche ich jetzt nicht nur die Arbeiterkammer an. Das heißt – ich habe es auch dort gesagt –: Wir sind das einzige Land außer Luxemburg, das eine Pflichtmitgliedschaft kennt, und das ist für andere Staaten völlig unverständlich. (Bundesrat Konecny: Frau Staatssekretärin! Das ist nicht das Thema der heutigen Debatte!) Man kann dazu stehen, wie immer man will. (Bundesrat Meier: Sie ist doch gegen die Arbeiterkammer! Das hört man!) Ich meine, dass diese Pflichtmitgliedschaft nur dann Sinn macht und von den Arbeitnehmern weiterhin akzeptiert wird, wenn es Gerechtigkeit in den Organisationen gibt, wenn diejenigen, die die Arbeitnehmer in dieser Organisation vertreten, ein Gerechtigkeitsempfinden mit dem Selbstverständnis haben, dass man sagen kann: Der oder jener in der Kammer hat die gleichen Pensionsregelungen wie ich als einfacher Arbeiter. – Das möchte ich hier deponieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die jetzige gesetzliche Regelung geht genau in diese richtige Richtung. (Bundesrat Konecny: Nein! Es ist ein Scheingesetz!) Damit werden überbordende Privilegien schrittweise abgeschafft, damit endlich auch die Akzeptanz von Seiten der Arbeitnehmer gegeben ist. (Bundesrat Konecny: Die Akzeptanz war recht gut für die Sozialdemokraten!) Ich sage das auch, damit sich die Arbeiterkammer auch für die Zukunft die Akzeptanz selbst sichert. (Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist aber nett!) Denn wenn die Akzeptanz nicht mehr gegeben ist, wird die Arbeiterkammer auf lange Sicht diese auch durch eine Pflichtmitgliedschaft nicht mehr bekommen! (Bundesrat Konecny: Die Akzeptanz der freiheitlichen Kandidaten ist nicht gegeben!)

Ich ersuche Sie, das nicht so sensibel zu sehen! (Bundesrätin Schicker: Sie sehen es so, nicht wir!) Das ist natürlich eine heiße Debatte, das wissen wir, und diese wird immer geführt werden. – Dieses Gesetz geht in die richtige Richtung. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.14

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. d'Aron. – Bitte.

19.14

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren vor allem von der SPÖ! Reden wir


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konkret über die Arbeiterkammer, über die Institution Arbeiterkammer und darüber, was sie in Wirklichkeit bedeutet! – In Wirklichkeit kommt es zu einer völligen Loslösung von den Interessen der Arbeitnehmer, und zwar aus folgendem Grund: Eine Institution entwickelt sich, bekommt eine Eigendynamik und ist letztlich für niemanden in irgendeiner Weise greifbar, hat keine interne Kontrolle und keine Aufsichtsbehörde. Das haben wir jetzt im Gesetz verankert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wie sind denn die Verträge der Präsidenten der Arbeiterkammer zu Stande gekommen? – Der Vorstand hat mit dem Präsidenten den Vertrag gemacht, das ist ein Insichgeschäft und juristisch äußerst dubios. Mit diesem Gesetz haben wir die Möglichkeit, dass nunmehr ein entsprechendes Aufsichtsorgan in Form des Ministeriums gegeben ist. (Bundesrätin Schicker: Sie ist nicht mehr gegeben! Fragen Sie die Frau Staatssekretärin! Sie muss das doch wissen! Wissen Sie das nicht?) Wie hat es denn mit den Dienstwagen und den Dienstwohnungen ausgeschaut? Können Sie ausschließen, dass die Präsidenten der Kammern in den einzelnen Bundesländern keine Dienstwohnungen in Anspruch nehmen? (Bundesrat Konecny: Herr Kollege! Das ist peinlich!) Ist es nicht so? Können Sie es ausschließen, Herr Fraktionsvorsitzender? (Bundesrat Konecny: So ist es nicht!) – Es ist so!

Nehmen Sie an, ich bin ein ÖBB-Bediensteter und betrete einen Bahnhof in der Woche vor der Wahl zur Arbeiterkammer. Was findet dort statt? – Dort wird auf Kosten der Arbeiterkammer – auch auf meine Kosten, denn ich zahle Arbeiterkammerumlage – für den SPÖ-Spitzenkandidaten geworben. Wir bei den Österreichischen Bundesbahnen haben den Grundsatz, dass wir keine politische Werbung auf Bahngrund wünschen. Dennoch wird schamlos politische Werbung gemacht und werden Strukturen der SPÖ ausgenutzt. Das ist die Wahrheit! Sie benützen die Arbeiterkammer als Institution der SPÖ! Sie bringen Informationen in die Bevölkerung, die unwahr sind! (Bundesrätin Schicker: Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass die SPÖ dort die Mehrheit hat!) Stehen Sie dazu! Was war mit der Aussage über den 13. und 14. Monatsgehalt, den die Arbeiterkammer gebracht hat? (Bundesrat Meier: Er ist gegen die AK! Die FPÖ ist dagegen!)

Ich möchte noch etwas zu meinen Vorrednern sagen. Herr Kollege Freiberger! Es ist keine Scheinaktivität, wenn eine Kontrollbehörde eingeführt wird und wenn Höchstgrenzen geschaffen werden! Das ist selbstverständlich keine Scheinaktivität, denn es ist notwendig, dass in diesem Bereich einmal eine entsprechende Kontrolle eingeführt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie sprechen von einer "deutlichen Abfuhr". – Mit Fehlinformationen kann man eine Wahl führen, das ist schon richtig! (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) 50 Prozent Wahlbeteiligung ist auch nicht übermäßig! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Schöls! Ich muss sagen: Wenn ich "Kenntnisnahme" sage, dann meine ich damit, dass ... (Bundesrätin Schicker, dem Redner etwas auf das Rednerpult legend: Es tut mir leid, Frau Präsidentin! Ich muss ihm etwas zeigen! Er glaubt es nicht!) Kenntnisnahme bedeutet, dass etwas zur Kenntnis gebracht wird! Das bedeutet aber nicht, dass der, dem etwas zur Kenntnis gebracht wird, dem auch zustimmen muss. Das ist unrichtig! Ich stimme Ihnen in der Aussage zu, dass die Arbeiterkammer eine überparteiliche Organisation werden muss. Das muss sie werden, das kann sie aber sehr schwer werden, weil letztlich überwiegend im Sinne der SPÖ vorgegangen wird! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die langjährige Forderung der FPÖ wiederholen: Uns ist wichtig, dass die Arbeitnehmer optimal vertreten werden! (Rufe bei der SPÖ: Jawohl! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Allerdings haben wir in Österreich drei Institutionen, die die Arbeitnehmer vertreten, nämlich die Arbeiterkammer, die als Gegenpol zur Wirtschaftskammer ... (Bundesrat Meier: Sagen Sie nur nicht: die Wirtschaftskammer! – Ruf: Vier!) – Richtig! Wir haben vier Institutionen! Sie haben Recht! Wir haben vier Institutionen. Wir haben auf der einen Seite die Arbeiterkammer, die eigentlich nur als Gegenpol zur Wirtschaftskammer gegründet wurde. Wir haben den Österreichischen Gewerkschaftsbund. Wir haben den Bereich der Personalvertretung und des Arbeitsverfassungsrechts. (Bundesrat Marizzi: Wo?)


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Und wir haben letztlich – da haben Sie Recht, danke, dass Sie darauf hingewiesen haben! – den Bereich der FPÖ! Dazu gratuliere ich auch den Arbeitnehmern, denn wir werden weiterhin für eine Senkung der Arbeiterkammerbeiträge eintreten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Sie haben sich schon bedankt!)

19.19

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Kollege Schaufler.

19.19

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Ich hatte nicht vor, noch einmal ans Rednerpult zu treten, aber die Diskussion um die gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und auch anderer Organisationen, die vielleicht in Misskredit gebracht werden, kann ich nicht zulassen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Konecny: Richtig!)

Ich möchte Kollegen d'Aron sagen, er möge sich den Begleittext zur Sonderausgabe – ich denke, es war "75 Jahre Arbeiterkammer" – lesen. In diesem Begleittext wird objektiv und historisch begründet und klar erläutert, warum es überhaupt zur Bildung von Kammern im Allgemeinen gekommen ist: Die Wirtschaftskammer war im vorigen Jahrhundert die erste, die gegründet wurde (Bundesrat Dr. d′Aron: Richtig!), und alle Kammern wurden gegründet, um der Staatsallmacht einen Gegenpol entgegenzusetzen. Daraus ist in Österreich das Besondere entstanden, nämlich eine Sozialpartnerschaft, der wir grundsätzlich sehr viel verdanken. Sie scheinen die Kammern und die freiwilligen Interessenvertretungen nicht sehr zu lieben! Wenn aber selbst Industrielle eine Interessenvertretungen benötigen, dann muss es wohl auch einem Arbeitnehmer und anderen möglich sein, sich in eine freiwillige Interessenvertretung zu begeben oder nicht zu begeben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die gesetzlichen Interessenvertretungen sind die Begründer der Sozialpartnerschaft, und auf dieser Sozialpartnerschaft beruht der Aufstieg Österreichs nach 1945 zu Wohlstand und zu sozialer Sicherheit. – Das wollte ich hier angemerkt haben. (Bundesrat Dr. d′Aron: Wer hat die Kollektivvertragsfähigkeit: die Gewerkschaft oder die Arbeiterkammer?) – Sowohl als auch, Herr Kollege! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) – Das ist etwas, was wir Österreicher wissen sollten!

Ich habe es miterlebt, als die jungen Demokratien im Osten nicht wussten, wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber miteinander umgehen sollen, zu uns gekommen sind und gebeten haben, an Lohnverhandlungen, arbeitsrechtlichen Verhandlungen und dergleichen mehr teilnehmen zu dürfen, und uns um die Strukturen, die wir haben, beneidet haben und nach wie vor beneiden!

Im westlichen Europa, das demokratisch eben weiter entwickelt ist, wird unser System manchmal ein bisschen anders gesehen. Aber im Stillen beneidet man uns um den sozialen Frieden. Denn wenn wir nach wie vor Streiks in Sekunden pro Arbeitnehmer bemessen, dann ist das ein gewaltiger Erfolg dieser Sozialpartnerschaft und bringt uns auch wirtschaftlich etwas ein!

Ich möchte zur Frau Staatssekretärin noch Folgendes sagen. Ich hätte zuerst eine härtere Formulierung gewählt, aber ich habe Ihre Zwischenbemerkung gehört. Ich meine, dass auch Sie wissen sollten – aber Sie wissen es in der Zwischenzeit vermutlich ohnehin schon –, dass Mandatare keine Befehlsempfänger und auch keine Befehlsausteiler sind! Miteinander werden wir jedoch noch einiges zu Stande bringen! Um das Gemeinsame, gerade in der Sozialpartnerschaft, ersuche ich! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Winter: Seid ihr euch sicher mit dem Koalitionspartner?)

19.23

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Professor Konecny. – Bitte.

19.23

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal sind Bemerkungen, die gewissermaßen spontan erfolgen, tatsächlich viel aussagekräftiger als wohl vorbereitete Reden. Ich glaube, wir haben heute – im Übrigen zweimal – solche aussagekräftigen Reden gehört, die Befürchtungen tatsächlich rechtfertigen.


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Meine Damen und Herren! Die Arbeiterkammern sind – es gibt diesbezüglich keine Nuance, in der sich meine Bewertung von jener des Kollegen Schaufler unterscheidet – ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen sozialpartnerschaftlichen Systems, auf das Europa tatsächlich mit großem Interesse schaut. Natürlich hat jede Institution ihre Geschichte. Frau Staatssekretärin! Dass die Europäische Union in Entsetzen verfällt, weil es bei uns im Bereich der Kammern eine Zwangsmitgliedschaft, wie Sie das immer genannt haben, also eine obligatorische Mitgliedschaft gibt, ist schlichtweg falsch! Aber das soll bei Aussagen von Ihrer Seite öfters vorkommen! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Tatsache, dass wir hier eine bestimmte historische Entwicklung haben, ist eine Tatsache, die ... (Bundesrat Ing. Scheuch: Das ist eine Frechheit! Das ist eine unglaubliche Frechheit!) Aber Herr Kollege! Warum liegen denn die Nerven heute so blank?

Herr Kollege d'Aron hat mit der ihm eigenen Art zu argumentieren eine Hasstirade – anders ist das nicht zu bezeichnen – gegen die Arbeiterkammern losgelassen. – Wahr ist, dass es dabei um eine Einrichtung geht, der die Arbeiter und Angestellten in diesem Land ein hohes Maß an Kompetenz zuerkennen. Es gibt aber nicht einen Arbeitnehmer, der – wie Sie so schön gesagt haben – das billigt. Ganz im Gegenteil! Unzählige Umfragen und die Inanspruchnahme der Einrichtungen der Kammern zeigen, wie sehr diese Einrichtungen ein Teil des Lebens der Arbeitnehmer sind. Weil die Arbeiterkammer in politischer Diskussion stand, sage ich: Es ist auch gelungen, einen hohen Prozentsatz – im Regelfall weit über 50 Prozent – der Arbeitnehmer dafür zu gewinnen, ihre Zustimmung zu dieser Einrichtung nicht nur bei den seinerzeitigen Abstimmungen, sondern auch diesmal durch die aktive Teilnahme an der Wahl zum Ausdruck zu bringen.

Meine Damen und Herren! Natürlich gibt es in demokratischen Einrichtungen – das ist in der Gemeinde oder im Bundesland nicht anders –, in denen Wahlen durchgeführt werden, politische Mehrheiten: in sieben der Arbeiterkammern deutliche sozialdemokratische Mehrheiten, in zwei der Kammern deutliche Mehrheiten der FCG beziehungsweise des ÖAAB. Es ist wohl kein Zufall – ich will das gar nicht parteipolitisch vereinnahmen –, dass durchwegs die Präsidentenfraktionen gestärkt wurden, weil es eben eine große Gruppe von Arbeitnehmern gegeben hat, die einfach der Institution – der Präsident oder die Mehrheitsfraktion haben diese verkörpert – ihre Unterstützung bekunden wollten. (Zwischenrufe der Bundesräte Dr. d′Aron und Ing. Scheuch. )

Sie sind dabei durchgefallen! Aber glauben Sie mir: Demokratischer Geist beginnt dort, wo man zur Kenntnis nehmen kann, dass eine Institution gute Arbeit leistet, auch wenn man selbst dort einen politischen Misserfolg erleidet!

Ich sage nochmals: Im Gegensatz zu dem, was ich hier herausgehört habe, möchte ich Sie darum ersuchen – wir werden politischen Widerstand leisten, aber Minderheiten sind Minderheiten, und deren Möglichkeiten sind beschränkt –, jenen für unser Staatsgefüge und für unsere Gesellschaft verhängnisvollen Schritt oder andere Schritte nicht zu tun und nicht jetzt aus Groll darüber, dass Sie von den Arbeitern und Angestellten eine solch massive Zurückweisung erfahren haben, eine Einrichtung, die in deren Dienst steht, zu demolieren! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Der Plan hängt immer noch in der Luft, die Arbeiterkammer faktisch durch die 40-prozentige Kürzung des Beitragsniveaus ihrer Arbeitsmöglichkeiten zu berauben. Dieser Plan ist in Ihren Reihen ganz offensichtlich noch immer politisch virulent. Ich wende mich ganz offen an Kollegen Schaufler und die anderen Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, deren Qualifikation als Arbeitnehmervertreter – bei allen politischen Differenzen – ich nicht in Zweifel ziehen will, solche Pläne zu verhindern! Demokratische Einrichtungen sind nicht dann gut, wenn man in ihnen die Mehrheit hat oder dort gewinnt. Vielmehr sind demokratische Einrichtungen und Interessenvertretungen – wenn sie richtig konstruiert sind – als solche gut. Wenn man nicht gut genug ist, um gewählt zu werden – das gilt, wie Sie richtig gesagt haben, natürlich auch auf politischer Ebene –, dann hat man das bedauernd, aber mit dem Anreiz, mehr zu tun, zur Kenntnis zu nehmen! (Bundesrat Ing. Scheuch: Sie sprechen da aus Erfahrung!) – Selbstverständlich, Herr


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Kollege! Ich habe kein Problem damit! Sie brauchen mich nicht daran zu erinnern, dass wir eine Wahlniederlage erlitten haben! Eine Partei, die sich um Stimmen von Menschen bewirbt, muss eine Zurückweisung – diese haben wir erfahren – zur Kenntnis nehmen und muss daraus Konsequenzen ziehen! Ob dies die richtigen sind, unterliegt dann abermals der Beurteilung durch die Institution Wähler.

Aber es verhält sich so, wie Otto Bauer einmal geschrieben hat: Was uns trennt, ist ganz offensichtlich die Einstellung zu den Grundregeln. Man kann Schach spielen und verlieren, und dann kann man üben und ein zweites Mal antreten und versuchen, zu gewinnen. Was man in der Demokratie nicht darf, ist, wenn man verliert, das Schachbrett umzuwerfen und zu sagen: Es darf nie wieder Schach gespielt werden! – Das aber ist Ihre Haltung! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

19.30

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Staatssekretärin, ich bitte aber noch um einen Moment Geduld!

Herr Bundesrat Scheuch! Sie haben laut, betont und mehrmals das Wort "Frechheit" dem Redner gegenüber in den Saal gerufen. Sie wissen, dass auf den Ausdruck "Frechheit" ein Ordnungsruf gegeben wird, was ich hiemit tue.

Ich sage dazu: Ich tue es nicht gerne, weil ich das Gefühl gehabt habe, dass man jetzt der etwas eigenartigen Trophäe "Heute hole ich mir auch noch einen Ordnungsruf!" nachläuft. Sie haben ganz genau gewusst, was Sie provozieren, wenn Sie das Wort "Frechheit" rufen! Sie haben es getan, und ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf! (Bundesrat Ing. Scheuch: Frau Präsidentin! Sie haben mir einen Ordnungsruf erteilt! Den nehme ich an! Eine Wertung Ihrerseits, so glaube ich, ist übertrieben und nicht gerechtfertigt!) – Ich bin gerne bereit, mir einen Diskussionsbeitrag von Ihnen anzuhören! Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich diesen Ordnungsruf erteilt habe!

Kollege d'Aron ist zu mir gekommen und hat sich über einen Ausdruck beklagt, der auf seine Rede gemünzt war. Ich bitte, mir die fragliche Stelle zur Verfügung zu stellen, dass ich das nachlesen kann. Wenn dieser Ausdruck gefallen ist, dann werden wir oder werde ich eine Entscheidung treffen.

Die Frau Staatssekretärin hat sich zu Wort gemeldet. Sie wollte eine tatsächliche Berichtigung anbringen. Ich darf nur kurz aus unserer Geschäftsordnung zitieren: "Tatsächliche Berichtigungen können von Bundesräten abgegeben werden." – Selbstverständlich hat die Frau Staatssekretärin jederzeit das Recht, das Wort zu ergreifen, und ich erteile ihr das Wort, möchte aber auch ihr sagen, dass wir selbstverständlich das Protokoll anfordern werden. – Bitte.

19.32

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Danke für die Worterteilung.

Ich bin mir zu 99,9 Prozent sicher, dass ich nicht das Wort "Zwangsmitgliedschaft" verwendet habe, sondern sicherlich "Pflichtmitgliedschaft" gesagt habe. Das Protokoll wird uns das zeigen.

19.33

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich höre gerade von den Beamten, dass es zirka eine Stunde dauern wird, bis das Protokoll zu haben ist.

Es erfolgt nun eine tatsächliche Berichtigung des Bundesrates Konecny. Sie kennen die Regeln betreffend die Redezeit. – Bitte.

19.33

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Ich habe nicht gesagt – ich berichtige mich selbst –, dass Sie persönlich "Zwangsmitgliedschaft" gesagt haben, sondern ich habe gemeint und gesagt, dass das von der FPÖ als "Zwangsmitgliedschaft" bezeichnet wurde, und zwar zu unzähligen Malen. Sollten Sie den Eindruck gewonnen haben, ich hätte in Zitierung dessen, was Sie hier gesagt haben, diesen Ausdruck verwendet, dann ziehe ich das ausdrücklich zurück! So


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war es nicht gemeint! Aber im Bereich der FPÖ ist dieser Ausdruck, wie jeder, der im politischen Leben steht, bestätigen kann, nicht selten gefallen. Sie persönlich habe ich damit aber nicht gemeint. – Entschuldigung!

19.34


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Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Ing. Scheuch gemeldet. – Bitte.

19.34

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Es wurde hier behauptet, dass ich sozusagen – wenn man es richtig interpretiert – auf der Jagd nach Ordnungsrufen wäre. – Ich möchte dies tatsächlich berichtigen.

Ich bin keineswegs auf der Jagd nach Ordnungsrufen, und ich habe auch nicht gewusst, dass man das Wort "Frechheit" in diesem Raum nicht verwenden darf. Ich werde mich zukünftig daran halten und dieses Wort nicht aussprechen, verwahre mich aber auf das Schärfste – auf das Allerschärfste! – dagegen, von der Präsidentin als Jäger nach Ordnungsruf-Trophäen bezeichnet zu werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) 

19.35

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege Scheuch! Es gibt lange Listen, sowohl beim Nationalrat als auch beim Bundesrat, in denen sämtliche Ausdrücke angeführt werden, die Ordnungsrufe nach sich ziehen. Ich würde es für durchaus sinnvoll halten, wenn diese Listen im Rahmen unserer Fraktionen einmal verteilt werden, weil ich glaube, dass es durchaus zweckmäßig wäre, wenn alle Angehörigen dieses Hauses diese Listen einmal kennen! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ und der ÖVP.)

Wenn ich einen falschen Eindruck hatte, Herr Kollege, dann bitte ich Sie von diesem Platz aus um Verzeihung! Das tut mir Leid! Ich hatte aber – seien Sie mir bitte nicht böse! – wirklich den Eindruck, nachdem Sie dieses Wort so oft verwendet haben, dass Sie genau wissen, was Sie provozieren! Sie haben jetzt glaubhaft erklärt, dass Sie das nicht gewusst haben. Daher ziehe ich das, was ich gesagt habe, mit Bedauern zurück! Der Ordnungsruf bleibt aber aufrecht!

Weitere Wortmeldungen sind nicht mehr gewünscht.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Mehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Ich darf jetzt nur noch ganz kurz bemerken, weil ich gesagt habe, dass es zirka eine Stunde dauern wird, bis das Protokoll vorliegt: Frau Staatssekretärin! Wir werden uns selbstverständlich in der nächsten Plenarsitzung damit beschäftigen. Ich hoffe, dass das auch in Ihrem Sinne ist. (Bundesrat Dr. d′Aron: Ich hoffe, auch mit der anderen Äußerung!)  – Selbstverständlich! Ich muss nur warten, bis das Protokoll da ist.

40. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen von 1994 sowie Resolution Nummer 384 betreffend Verlängerung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1994 (95 und 147/NR sowie 6158/BR der Beilagen)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 40. Punkt der Tagesordnung: Internationales Kaffee-Übereinkommen von 1994 sowie Resolution Nummer 384 betreffend Verlängerung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1994.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Mag. Neuner übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Hohes Haus! Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 40, und ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Internationales Kaffee-Übereinkommen von 1994 sowie Resolution Nummer 384 betreffend Verlängerung des Internationalen Kaffee-Übereinkommens von 1994.

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Sie haben den Antrag des Ausschusses zu Tagesordnungspunkt 40 gehört.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort dazu? – Ich sehe keine Wortmeldungen.

Wir kommen daher zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

41. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz – PrAG) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (97 und 148/NR sowie 6115 und 6159/BR der Beilagen)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 41. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz – PrAG) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden.

Ich darf Sie bitten, Herr Kollege Mag. Neuner, den Bericht zu bringen.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Auszeichnung von Preisen (Preisauszeichnungsgesetz) und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden.

Der Inhalt des Berichtes liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 169

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

19.40

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich möchte in der gebotenen Kürze dazu Stellung nehmen, wobei es Ihnen in demokratischer Weise natürlich völlig freisteht, das zur Kenntnis zu nehmen oder nicht.

Das Positive an der Novelle vorweg: Sie basiert auf einer EU-Richtlinie, die den Konsumenten erhöhte Transparenz bringen soll.

Das für uns Negative an der Novelle: Sie tut das nur mangelhaft und nutzt den Spielraum der EU-Richtlinie zu Ungunsten der Konsumenten nicht aus. Dieses Negative überwiegt unserer Meinung nach.

Für Konsumenten wird es – wir erfahren das selbst im täglichen Leben – immer komplizierter, Preisvergleiche anzustellen, sich angesichts eines stark steigenden Warenangebotes beim Vergleichen der Preise zurechtzufinden. Verpackungseinheiten variieren stark, Waren werden verdichtet und so weiter.

Auf legistischer Ebene wäre daher eine Vereinheitlichung und Zusammenfassung der zersplitterten Preisauszeichnungsvorschriften höchst wünschenswert. Derartige Bestimmungen finden sich unter anderem auch im Bankwesengesetz, im Telekommunikationsgesetz oder bei der Kraftfahrzeuggesetz-Durchführungsverordnung. Banken, Fahrschulen, Wechselstuben und so weiter sind davon betroffen.

Diese nicht nur für die Konsumenten, sondern auch für die Rechtssicherheit der Wirtschaft wichtige Zusammenfassung wurde aber leider verabsäumt.

Die angesprochene EU-Richtlinie legt nun Ausnahmen für wenige Bereiche bei den Nahrungsmitteln nahe. Diese Ausnahmen sind durchaus zu befürworten und sind auch praktikabel. Demgegenüber fehlt aber die nationale Positivliste der grundpreisauszeichnungspflichtigen Nicht-Nahrungsmittel.

Da die hier vorgesehene entsprechende Verordnung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Nationalrat noch nicht vorlag, ist auch nicht feststellbar, ob die EU-Richtlinie durch dieses Gesetz inhaltlich tatsächlich erfüllt wird oder nicht. Auch die Ausnahme von ganzen Produktgruppen wie etwa Fertiggerichten erscheint uns als überzogen und im Widerspruch zu den berechtigten Interessen der Konsumenten stehend.

Noch stärker gilt das unserer Ansicht nach aber im Bereich der Ausnahmeregelung für Kleinbetriebe. Hier ist vorgesehen, dass Geschäfte mit bis zu neun Vollzeitbeschäftigten – in den ersten Planungen des Wirtschaftsministeriums war übrigens noch von fünf Vollzeitbeschäftigten die Rede – ebenso wie Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 250 Quadratmetern von der Regelung ausgenommen sind – dies alles mit dem Argument, dass es sich um die Nahversorgung handelt.

Es stellt sich für mich schon die Frage, was die Nahversorgung fördern soll, wenn Grundpreise nicht ausgezeichnet werden, und ob viele Geschäfte dieser Größenordnung tatsächlich noch als Nahversorger zu bezeichnen sind. Ich zitiere Kollegen Mitterlehner, der in der Nationalratsdebatte ausführte, dass auf Grund dieses Gesetzes rund zwei Drittel aller Betriebe ausgenommen sein werden und nur rund 16 Prozent aller Umsätze von der Grundpreisauszeichnung erfasst sind. Der Endeffekt sei, so die Meinung Mitterlehners, dass Billa und andere Große betroffen sind und daher die Kleinen aus Marketinggründen bei diesem Gesetz ohnehin nachziehen werden, dass sie also die Preisauszeichnung auch anwenden werden. Man beschließt also – nach Mitterlehner – eine "Lex Billa" und hofft, dass die kleinen Nahversorger mit bis zu neun Beschäftigten sich etwas von Billa abschauen und ebenfalls die Preisauszeichnung


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 170

einführen werden. Dies ist, so meine ich, eine eher seltsame Vorgangsweise, denn das hätte man doch gleich ins Gesetz hineinnehmen können.

Weiters schließt das Gesetz Sachgüter aus, die im Rahmen einer Dienstleistung angeboten werden. Das betrifft zum Beispiel das berühmte Fläschchen Shampoo oder Kosmetikprodukte beim Frisör.

Insgesamt gibt es daher in etlichen relevanten Bereichen wieder keine einheitliche und transparente Preisauszeichnung. Die Ausnahmen von der Grundpreisauszeichnung sind überzogen und dienen nicht fairen Verhältnissen für die Konsumenten. Die vorliegende Novelle ist somit in erster Linie eine Novelle der nicht genutzten Chancen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.44


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 171

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

19.44

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte! Es hat, so glaube ich, niemand etwas dagegen, wenn ich mich sehr beeile und ganze Sätze auslasse.

Diesem Gesetz kann man ohne weiteres zustimmen, zumal auch die Industrie reagieren und Preis- und Verpackungsgestaltung analog zu diesem Gesetz vornehmen wird. Damit ist auch in den Kleinformen des Handels, die an und für sich von diesem Gesetz her ausgenommen wären, eine Vergleichsmöglichkeit sichergestellt. – So weit, so gut.

Eine Anmerkung zum Euro-Währungsangabengesetz sei mir jedoch gestattet. Dieses Gesetz war damals ein "legistisches Meisterwerk" – unter Anführungszeichen –: Auf sieben Seiten nur Ärger, Schikane und Plage für den österreichischen Handel – ich sage das ganz deutlich –, in dieser Form in Europa einmalig!

Ich habe im Bundesrat schon damals auf die Unsinnigkeiten aufmerksam gemacht und natürlich auch dagegen gestimmt. Eine Novellierung bietet sich direkt an. Wer Entbürokratisierung ernst nimmt, sollte dafür sein.

Dem heute vorliegenden Gesetz allerdings stimmt meine Fraktion zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.45

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

42. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert wird (156/A und 149/NR sowie 6160/BR der Beilagen)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zum 42. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert wird.

Ich darf wieder Herrn Bundesrat Mag. Neuner um die Berichterstattung bitten.

Berichterstatter Mag. Christof Neuner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juni 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 geändert wird.

Der Inhalt des Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Juni 2000 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für diesen Bericht.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

43. Punkt

Wahl der beiden Vizepräsidenten sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2000

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 43. Punkt der Tagesordnung: Wahl der Vizepräsidenten des Bundesrates sowie der Schriftführer und der Ordner für das 2. Halbjahr 2000.

Mit 1. Juli 2000 geht der Vorsitz des Bundesrates auf das Bundesland Burgenland über. Zum Vorsitz berufen ist gemäß Artikel 36 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes der an erster Stelle entsandte Vertreter dieses Bundeslandes, Herr Bundesrat Johann Payer.

Die übrigen Mitglieder des Präsidiums des Bundesrates sind gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung für das kommende Halbjahr neu zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich werde die Wahl der beiden Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des ersten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Herrn Bundesrat Jürgen Weiss lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Ich danke Ihnen. Das ist Stimmeneinhelligkeit.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 172

Der Vorschlag ist somit angenommen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich frage den Gewählten: Herr Vizepräsident! Nehmen Sie die Wahl an?

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Ich bedanke mich bei Ihnen allen für das Vertrauen und nehme die Wahl gerne an.

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke Ihnen für die Erklärung und gratuliere ganz herzlich zu dieser Wahl!

Wir kommen nunmehr zur Wahl des zweiten zu wählenden Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hiefür der SPÖ-Fraktion das Vorschlagsrecht zu. Es liegt hiefür ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach lautet.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich darf Ihnen von diesem Platz aus erklären, dass ich mich für das Vertrauen sehr bedanke und die Wahl gerne annehme. (Allgemeiner Beifall.)

Wahl der Schriftführer

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nun zur Wahl der Schriftführer.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesrätinnen Ilse Giesinger, Hedda Kainz und Monika Mühlwerth für das 2. Halbjahr 2000 zu Schriftführerinnen des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich diese Wahl unter einem vor. – Ich sehe, es wird (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer ) kein Einwand erhoben.

Ich bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen. – Ich darf Ihnen gleich zur Kenntnis bringen, dass uns Frau Bundesrätin Hedda Kainz, die diesmal krankheitshalber entschuldigt ist, mitgeteilt hat, dass sie die Wahl gerne annehmen wird.

Ich darf nun Frau Ilse Giesinger fragen, ob sie die Wahl annimmt.

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Ich nehme die Wahl an und danke Ihnen allen für Ihr Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Zusage und wünsche alles Gute!

Ich darf nun Frau Bundesrätin Mühlwerth fragen, ob sie die Wahl zur Schriftführerin annimmt.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Ich nehme die Wahl an und danke für das Vertrauen. (Allgemeiner Beifall.)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke und wünsche Ihnen alles Gute bei Ihrer neuen Tätigkeit!

Wahl der Ordner

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen nunmehr zur Wahl der Ordner.


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 173

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Bundesräte Engelbert Schaufler, Erhard Meier und Engelbert Weilharter für das 2. Halbjahr 2000 zu Ordnern des Bundesrates zu wählen.

Falls kein Einwand erhoben wird, nehme ich auch diese Wahl unter einem vor. – Einwand wird nicht erhoben.

Ich bitte daher jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählten, ob sie die Wahl annehmen. – Ich darf Ihnen auch hier zur Kenntnis bringen, dass uns Herr Bundesrat Weilharter, der für heute entschuldigt ist, mitgeteilt hat, dass er die Wahl gerne annehmen wird.

Ich darf nun Herrn Bundesrat Schaufler fragen, ob er die Wahl annimmt.

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Ich nehme die Wahl an und bedanke mich. (Allgemeiner Beifall.)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke vielmals und wünsche auch für Ihre Tätigkeit alles Gute. Es ist nicht immer einfach, alle "Schäfchen" zusammenzutreiben, wenn Abstimmungen und sonstige Anlässe dies erfordern. (Heiterkeit des Bundesrat Konecny. )

Ich darf auch Herrn Bundesrat Meier fragen, ob er die Wahl annimmt.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Ich bedanke mich und nehme die Wahl an. (Allgemeiner Beifall.)

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für Ihre Zusage. Ich gratuliere auch ganz herzlich zur Wahl in diese Funktion!

Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Tagesordnung ist hiemit erschöpft.

Schlussansprache der Präsidentin

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es ist üblich, dass Präsidenten des Bundesrates, wenn sie ihre Funktion abgeben, weil das nächste Bundesland an der Reihe ist und ein neuer Präsident diesen Platz einnimmt, eine Abschiedsrede halten. Es ist jetzt zehn Minuten vor 20 Uhr, und morgen ist ein Feiertag. Alle Kolleginnen und Kollegen wünschen sich natürlich, bald nach Hause zu kommen, und viele von Ihnen haben noch einen sehr weiten Weg. Ich werde daher nur ganz wenige Sätze sagen.

Wir haben dieses Halbjahr in einer für uns alle neuen Situation zugebracht. Dort, wo gehobelt wird, fallen Späne, so sagt man. Die Späne waren manchmal ein bisschen dicker und haben ein bisschen mehr wehgetan, manche wiederum waren ganz fein. Aber es sind Späne geflogen, und es sind, so glaube ich, auch Verletzungen passiert, die hoffentlich ausgeräumt werden konnten.

Ich hoffe für meine Person, dass mir meine Fehler – denn auch ich habe solche gemacht –verziehen werden und dass wir die Geschäfte des Bundesrates in einer guten, durchaus amikalen Weise, um die ich mich immer bemüht habe, erledigen können.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang ganz herzlich bei den beiden Vizepräsidenten bedanken, vor allen Dingen bei Herrn Vizepräsidenten Weiss, der in den Präsidialsitzungen immer da war und uns viele gute Anregungen gegeben hat. Ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken! (Allgemeiner Beifall.)


Bundesrat
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666. Sitzung / Seite 174

Kollege Payer, der in diesem Halbjahr Vizepräsident war, musste zu einem wichtigen Termin und ist derzeit leider nicht da. Ich kann mich daher jetzt nicht bei ihm für seine Mitarbeit im Präsidium bedanken, werde das aber selbstverständlich nachholen. Ich hätte ihm auch sehr gerne persönlich zu seinem zukünftigen Amt als Präsident gratuliert, aber ich werde das selbstverständlich nachholen können und werde das mit großer Freude tun.

Ich habe in diesem Halbjahr den Bundesrat sehr häufig nach außen vertreten – in nicht immer leichten Situationen. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, vor allen Dingen jenem Prinzip zum Durchbruch zu verhelfen, welches auch von Seiten jener Staaten, die meinten, sie müssten gegenüber Österreich Sanktionen in Kraft setzen, immer betont wurde, nämlich dass solche Sanktionen die Regierungsebene betreffen, aber nicht die parlamentarische Arbeit. Ich kann Ihnen berichten, es war nicht immer einfach, aber es ist dann letztendlich die österreichische parlamentarische Arbeit anerkannt worden.

Es fand eine Konferenz der Senatspräsidenten in Frankreich statt, eine Präsidentenkonferenz in Polen, eine Straßburg und eine in Alexandria. Ich habe diese Konferenzen besucht, habe dort überall das Wort ergriffen. Man hat mir zugehört, man hat mir zugestimmt, und die österreichische parlamentarische Arbeit auf dem Gebiet der zweiten Kammern ist positiv aufgenommen worden. Ich hoffe, dass ich damit unserem Haus einen Dienst erwiesen habe.

Es war in diesem Halbjahr auch Besuch bei uns in Wien. Es kam die Präsidentin der kroatischen zweiten Kammer. Wir konnten, so glaube ich, sehr gute Gespräche mir ihr führen. Es war auch bei den Kroaten klar, dass die österreichische parlamentarische und die österreichische politische Arbeit in geordneten Bahnen verläuft und dass wir – wenngleich Kroatien kein direkter Nachbar Österreichs ist – gutnachbarliche Beziehungen pflegen.

Ich habe auch noch einen ganz kurzen inoffiziellen Besuch in Slowenien abgestattet und habe dort die Möglichkeit gehabt, den slowenischen Staatsratspräsidenten zu treffen. Auch von Präsidenten Hrovat darf ich beste Grüße und beste Wünsche für unsere Kammer übermitteln. Auch hier bestehen beste nachbarschaftliche Beziehungen.

Meine Damen und Herren! Ich habe noch einen Dank abzustatten: den Dank an die Beamten der Parlamentsdirektion. Dr. Labuda an der Spitze und seine Mitarbeiter haben in jeder nur erdenklichen Weise meine Arbeit beziehungsweise die Arbeit des Präsidiums des Bundesrates unterstützt. Ich möchte dafür ganz herzlichen Dank sagen.

Auch Ihnen, meine Damen und Herren, Danke für Ihre Arbeit in diesem Halbjahr, die, wie gesagt, nicht leicht war, denn wir alle hatten uns in neue Rollen einzufinden.

Ich darf Sie zum Abschluss nur noch einmal bitten, mit der Wahl der Worte sorgsam umzugehen. Ein lieber Kollege des Bundesrates hat mir – das bringe ich zum Abschluss, weil es, so glaube ich, meine Situation ganz gut beleuchtet – ein Büchlein von Wilhelm Busch in die Hand gedrückt und mich auf Folgendes hingewiesen: "Ein guter Mensch gibt gerne Acht, ob auch der andre Böses macht, und strebt durch eifrige Belehrung nach dessen Besserung und Bekehrung." (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ, der ÖVP sowie der Freiheitlichen.)

Ich hoffe, Sie können über mich genauso lachen, wie ich es kann, nachdem man mir das in die Hand gedrückt hat. Aber wenn ich versuche, auf alle einzuwirken, sich im Ton zu mäßigen, so tue ich das nicht, weil ich ein Gutmensch bin, sondern weil ich möchte, dass wir uns alle weiterhin gut verstehen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen vor allen Dingen morgen einen schönen Feiertag! Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe nun noch etwas bekanntzugeben, was auch im Protokoll zu stehen hat, nämlich dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt vier Anfragen eingebracht wurden.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
666. Sitzung / Seite 175

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird wie immer auf schriftlichem Weg erfolgen. Als Sitzungstermin ist Mittwoch, der 19. Juli 2000, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Montag, den 17. Juli 2000, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist hiemit geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.01 Uhr