Stenographisches Protokoll

89. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 9. Oktober 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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89. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 9. Oktober 1997

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 9. Oktober 1997: 9.03 – 17.44 Uhr

*****

Tagesordnung

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen

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Personalien

Verhinderungen 5

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen, dem Budgetausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 415/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 31. Dezember 1997 zu setzen – Ablehnung 5, 120

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2707/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 5

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 83

Redner:

Herbert Scheibner 84

Anton Gaál 86

Dr. Karl Maitz 87

Dr. Jörg Haider 89

Hans Helmut Moser 90

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 92

Antrag des Abgeordneten Herbert Scheibner, die Anfragebeantwortung 2707/AB nicht zur Kenntnis zu nehmen – Ablehnung 85, 94

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 5


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Bundesregierung

Vertretungsschreiben 5

Ausschüsse

Zuweisungen 5, 120

Verhandlungen

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen (841 und Zu 841 d. B.) 6

Redner:

Dr. Ewald Nowotny 6

Dr. Andreas Khol 9

Dr. Hans Peter Haselsteiner (tatsächliche Berichtigung) 13

Mag. Gilbert Trattner 13

Dr. Hans Peter Haselsteiner 18

Dr. Alexander Van der Bellen 23

Dr. Ilse Mertel 27

Ing. Leopold Maderthaner 30

Bundesminister Rudolf Edlinger 33

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 36

Dr. Volker Kier 39

Karl Öllinger 43

Kurt Eder 47

Dr. Gottfried Feurstein 49

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 50

Maria Schaffenrath 52

Mag. Doris Kammerlander 56

Ing. Kurt Gartlehner 58

Rudolf Schwarzböck 60

Peter Rosenstingl 62

Mag. Helmut Peter 64

Theresia Haidlmayr 67

Annemarie Reitsamer 69

Georg Schwarzenberger 72

Hermann Böhacker 73

Dr. Kurt Heindl 75

Paul Kiss 77

Mag. Herbert Haupt 78

Peter Marizzi 80

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 82

Reinhart Gaugg 94

DDr. Erwin Niederwieser 96

Johann Schuster 97

Helmut Haigermoser 99

Robert Sigl 101

Dr. Gertrude Brinek 103

Mares Rossmann 104

Dr. Alfred Gusenbauer 106

Jakob Auer 108

Mag. Reinhard Firlinger 109

Josef Edler 111

Ridi Steibl 113

Ing. Wolfgang Nußbaumer 114

Katharina Horngacher 116

Franz Stampler 117


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Ingrid Tichy-Schreder 118

Anna Elisabeth Aumayr 119

Zuweisung der Regierungsvorlage 841 und Zu 841 d. B. an den Budgetausschuß 120

Eingebracht wurden

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Erlaß zum Bazillenausscheidergesetz (3081/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Lehrerobjektivierung (3082/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Sprachkurs des Pädagogischen Institutes des Bundes in Wien (3083/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Atomtransporte durch Kärnten (3084/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Neustrukturierung der Bewertungsstellen im Bereich der Finanzlandesdirektion Salzburg und deren nachgeordneten Dienststellen (3085/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Kontrolle österreichischer Fahrgenehmigungen (3086/J)


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Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Durchzugsverkehr" in Oberösterreich (3087/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend internationalen Schlepperring (3088/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Rückgang der Anmeldungen an technisch orientierten Fachhochschulen (3089/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Heeresspital in Wien Floridsdorf (3090/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Euro-Werbekampagne der Bundesregierung (3091/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Gewerbeausübung durch Vereine ohne Gewerbeberechtigung (3092/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend slowakische Handelshemmnisse (3093/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend slowakische Handelshemmnisse (3094/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos Tirol (3095/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich (3096/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos Steiermark (3097/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten (3098/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos Vorarlberg (3099/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg (3100/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Burgenland (3101/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich (3102/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend menschenunwürdiges Verhalten eines Chefarztes der PVA OÖ (3103/J)

Mag. Dr. Josef Trinkl an den Bundeskanzler betreffend oststeirisches Lokalradio "Top Radio" (3104/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die nicht zielführende Anfragebeantwortung 2466/AB auf die parlamentarische Anfrage 2555/J (3105/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Begnadigung ehemaliger österreichischer Südtirolaktivisten (3106/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend § 5a Abs. 3 Z 1 des Sicherheitspolizeigesetzes und der Sicherheitsgebührenverordnung (3107/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2854/AB zu 2940/J)

 


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Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 89. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet für den heutigen Sitzungstag sind folgende Abgeordnete: Haller, Dr. Stippel, Dr. Gredler, Dr. Mock, Dkfm. Bauer, Mag. Frieser und Ablinger.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat für die heutige Sitzung folgende Mitteilung über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung gemacht:

Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer wird durch Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer vertreten. – Ich bitte um Kenntnisnahme.

Einlauf und Zuweisung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die Anfragebeantwortung 2854/AB eingelangt ist.

Den in der letzten Sitzung eingebrachten Antrag 603/A (E) der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend Kontrolle der Berufsausbildung weise ich dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zu.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters gebe ich vor Eingang in die Tagesordnung bekannt, daß Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner beantragt hat, dem Budgetausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 415/A eine Frist bis zum 31. Dezember dieses Jahres zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2707/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, daß mir das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2707/AB der Anfrage 2894/J der Abgeordneten Scheibner und Genossen durch den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet nach § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung um 15 Uhr statt. Ich bitte um Kenntnisnahme. – Der Herr Finanzminister hat daher um 15 Uhr eine kurze Pause.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatte erzielt, und zwar: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 8 Stunden vereinbart, woraus


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sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112 Minuten, Freiheitliche 104 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten. – Soweit der Vorschlag.

Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das so beschlossen.

Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen (841 und Zu 841 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein, die nur einen einzigen Punkt umfaßt, nämlich: Erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen.

Als erster hat sich Herr Abgeordneter Nowotny zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. Die Redezeit beträgt 20 Minuten.

9.06

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die erste Lesung zum Budget findet heuer zu einem ungewöhnlich frühen Zeitpunkt statt. Das hängt damit zusammen, daß wir nach diesem Budget bereits im Frühjahr 1998 das Budget für 1999 beschließen wollen, um uns im zweiten Halbjahr des Jahres 1998 auf die EU-Präsidentschaft konzentrieren zu können.

Hinter diesem erfolgreichen Budgetabschluß steht eine harte und intensive Arbeit, und für diese harte und intensive Arbeit möchte ich nicht nur dem Herrn Bundesminister und seinem Staatssekretär danken, sondern insbesondere den Beamtinnen und Beamten des Finanzressorts und auch allen übrigen Beamtinnen und Beamten, die an der Erstellung dieses Budgets beteiligt waren. Vielen Dank für Ihren Einsatz! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die erste Lesung ist prinzipiell der Zeitpunkt für eine grundsätzliche Debatte über das Budget, wobei es einerseits die politische Seite – auf die politische Seite wird zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Rahmen der Generaldebatte, mein Freund Peter Kostelka eingehen, wenn er wieder Stimme hat und hier im Parlament am Rednerpult stehen kann – und andererseits die wirtschaftliche Seite, zu der ich heute mit aller Nüchternheit Stellung nehmen möchte, gibt.

Um ein Budget zu beurteilen, ist es notwendig, entsprechende Kriterien aufzustellen, wobei üblicherweise drei Aspekte relevant sind. Erster Aspekt: Wie paßt dieses Budget in die konjunkturelle Landschaft? Zweiter Aspekt: Was sind die Verteilungswirkungen? Und der dritte Aspekt: Was sind die Wachstumswirkungen, die mit diesem Budget verbunden sind? – Ich möchte auf alle drei Aspekte kurz eingehen.

Zunächst einmal zum konjunkturellen Aspekt. Man kann davon ausgehen, daß sich die Konjunktur in Österreich deutlich gebessert hat. Wir können für das nächste Jahr mit einem Wachstum von 2,4 Prozent rechnen, das bedeutet, daß die "Wachstumsdelle", die wir auch durch den Einfluß der internationalen Konjunktur erlitten haben, nun ausgeglichen wird.

Das wird auch dazu führen, daß die Beschäftigtenzahlen in Österreich ansteigen, was sich aber leider erst langsam als Reduktion bei den Arbeitslosenzahlen auswirken wird. Es wird daher gerade der Bereich der Beschäftigungspolitik für uns eine zentrale Herausforderung darstellen. Es werden noch Kollegen von mir speziell auf dieses Thema eingehen.

Zur Inflationsrate: Wir haben heuer mit einer Inflationsrate von etwa 1,4 Prozent zu rechnen – das bedeutet, es gibt praktisch keine Preissteigerung, denn dieser Wert berücksichtigt ja nicht die Qualitätsverbesserungen –, und jener Bereich, in dem die österreichische Wirtschaft eine Schwäche aufgewiesen hat, die Leistungsbilanz, zeigt in den letzten Monaten auch eine deutliche Besserung.


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Das bedeutet insgesamt: Wir stehen am Beginn einer deutlich stärkeren wirtschaftlichen Dynamik der österreichischen Wirtschaft. (Abg. Haigermoser: Das ist doch abenteuerlich, was da verzapft wird!)

Lieber Herr Kollege! Wenn Sie sich einmal die Mühe machten, sich die Prognosen des Instituts für Wirtschaftsforschung, die Prognosen des IHS anzuschauen, dann hätten Sie einmal ... (Weiterer Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Das sind Fakten. Und ich würde mich freuen, wenn Sie sich mit Fakten auseinandersetzten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Diese Fakten gehen ja auch aus den Umfragen hervor, die eine deutlich positivere Stimmung sowohl in bezug auf die Investitionen als auch auf die Konsumenten zeigen. Ich gebe schon zu: Diese positivere Stimmung soll nicht zu Euphorie verführen, aber umgekehrt soll man in dieser sensiblen Situation die Konjunktur auch nicht durch Schwarzreden kaputtmachen. Ich glaube, da ist Augenmaß angebracht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich meine, daß für diese konjunkturelle Lage das Budget richtig konzipiert ist. Die beginnende Aufschwungphase wird voll für die Budgetkonsolidierung genutzt. Österreich ist das ja in besonderem Maß gelungen. Wir hatten im Jahr 1995 eine Nettodefizitquote von 5 Prozent und werden jetzt im Budget für 1998 eine Nettodefizitquote von 2,6 Prozent haben. Das bedeutet, daß wir innerhalb von drei Jahren fast eine Halbierung der Defizitquote erreicht haben. Es gibt kaum ein anderes Land in Europa, in dem es gelungen ist, in einem so intensiven Maß die Budgetdefizitquote zurückzufahren und gleichzeitig die wirtschaftliche und soziale Stabilität aufrechtzuerhalten. Das ist ein Erfolg, zu dem wir alle, glaube ich, stehen können. (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal kurz auf folgende Frage eingehen: Warum ist die Budgetkonsolidierung überhaupt notwendig?, und vor allem – das wird man ja oft gefragt –: Warum muß die Budgetkonsolidierung so rasch und so intensiv durchgeführt werden?

Es wäre zu vordergründig, das nur mit Maastricht erklären zu wollen. In Wirklichkeit muß man davon ausgehen, daß es eben genau die Aufgabe eines funktionsfähigen Budgets ist, in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs gegensteuern zu können. Dem muß aber auch entsprechen, daß man später die dadurch eingegangene Verschuldung konsolidiert. Und in beide Richtungen haben wir in Österreich richtig agiert. Wir waren bereit, den wirtschaftlichen Abschwung durch eine höhere öffentliche Verschuldung abzufedern, was auch dazu geführt hat, daß wir in Österreich nach wie vor eine Arbeitslosenrate haben, die weniger als die Hälfte des europäischen Durchschnitts ausmacht.

Man muß sich die Zahlen dieses Bereichs anschauen, und zwar vergleichbare Zahlen, OECD-Zahlen. Wir in Österreich haben mit einer Arbeitslosenrate von etwa 4 Prozent zu rechnen, in Deutschland rechnet man mit 10,9 Prozent, in den USA, die von manchen als Wunderland gepriesen werden, liegt sie mit 5,1 Prozent höher als in Österreich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind ja keine abstrakten Prozentzahlen, es stehen doch Zehntausende Menschen dahinter, die keine Arbeit hätten, wenn Österreich eine Budgetpolitik verfolgt hätte, wie sie andere Staaten verfolgt haben. Diese Zehntausenden Menschen sind es, für die wir arbeiten, und wir sind froh darüber, daß wir eine niedrigere Arbeitslosenrate haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muß einem aber klar sein: Diesem aktiven Einsatz des Budgets muß eine Konsolidierung folgen; nicht zuletzt auch aufgrund der Belastung, die durch die Zinszahlungen entsteht. Der Zinsaufwand im Budget ist von 82 Milliarden Schilling im Jahr 1995 auf 92 Milliarden im Jahr 1998 gestiegen. Das bedeutet: Fast die Hälfte des Lohnsteueraufkommens muß für Zinszahlungen verwendet werden. Daher war und ist es richtig, das kommende Budget im Zusammenhang mit dem Konjunkturaufschwung für eine konsequente Budgetkonsolidierung zu nutzen.


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Genauso ist es auch richtig, die günstige konjunkturelle Lage in Europa zum Übergang zur Wirtschafts- und Währungsunion zu nutzen. Jedes Aufschieben würde zu Turbulenzen führen, die für die gesamteuropäische Wirtschaft negativ wären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zweite Punkt, zu dem ich einige Anmerkungen machen möchte, sind die Verteilungswirkungen, die mit dem Budget verbunden sind. Zunächst einmal begrüße ich – das ist ein sehr aktueller Aspekt –, daß es gestern zu einer Einigung gekommen ist, wonach die österreichischen ASVG-Pensionisten um 1,33 Prozent mehr bekommen und zusätzlich 430 Millionen Schilling für Ausgleichszulagenbezieher bereitgestellt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Jeder hätte ganz gerne immer noch mehr, aber ich meine, die Regierung hat das realisiert, was ökonomisch machbar ist, und vor allem hat sie – und das ist sehr wesentlich – gezeigt, daß sie zu ihrem Wort steht. Auch darauf können wir stolz sein. (Beifall des Abg. Ing. Gartlehner.  – Ruf bei den Freiheitlichen: Kein Applaus?)

Nächster Punkt – das muß ich auch ganz offen sagen –: Selbstverständlich hätte ich es begrüßt, wenn auch andere Transferzahlungen hätten erhöht werden können, etwa die Familienbeihilfe, das Karenzgeld. Wir geben zwar in Österreich allein über den Familienlastenausgleich im nächsten Budget 51,5 Milliarden Schilling für den Familienbereich aus, aber dennoch ist unser Sozialsystem im internationalen Vergleich pensionslastig. Es wird unser Bemühen sein, gerade für Kinder und junge Familien zusätzliche Hilfe zu leisten, wobei es wichtig ist – ich möchte das aus aktuellem Anlaß betonen –, daß es sich dabei um Hilfe handelt, die tatsächlich denen zugute kommt, die diese Hilfe brauchen.

Ich betone das deshalb, weil wir dieser Tage eine Diskussion um Fragen der Familienbesteuerung haben. Es ist ein Verfahren anhängig, bei dem jemand, der offensichtlich einen sehr guten Verdienst hat, einige hunderttausend Schilling als außerordentliche Belastung für seine Familie steuerlich geltend machen möchte. Dazu möchte ich folgendes sehr deutlich sagen: Ich hielte es für pervers, wenn wir Transferleistungen, die etwa jungen Müttern zugute kommen, nicht valorisierten, gleichzeitig aber gut verdienenden Eltern den, wie es so schön heißt, standesgemäßen Unterhalt steuerlich subventionierten.

Ich hoffe sehr, daß der Verfassungsgerichtshof auch die sozialen Auswirkungen verschiedener Modelle im Auge hat. Wir Sozialdemokraten werden uns jedenfalls strikt gegen jede Umverteilung von unten nach oben aussprechen. Ich hoffe, daß das auch berücksichtigt wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Wollen Sie von hier aus den Verfassungsgerichtshof beeinflussen?)  – Ich möchte hier eine politische Stellungnahme als Parlamentarier abgeben, was mein Recht als Parlamentarier ist, wie Sie es hoffentlich wohl auch sehen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der dritte Punkt betrifft die Wachstumsaspekte. Ich kann hier auf Einzelaspekte nicht eingehen, Kollegen werden darauf noch speziell zu sprechen kommen, sondern nur eine grundsätzliche Bemerkung machen: Die wichtigsten Wachstumsvoraussetzungen für die österreichische Wirtschaft sind einerseits ein stabiles soziales Klima und andererseits eine niedrige Inflationsrate, die niedrige Zinssätze ermöglicht.

Was das soziale Klima betrifft, haben wir auch in den letzten Tagen und Wochen Stimmen gehört, die das österreichische System der Sozialpartnerschaft aus meiner Sicht sehr leichtfertig für überflüssig und manchmal sogar für schädlich erklärt haben. Ich kann vor dieser Entwicklung nur warnen. Gerade in einer Zeit, in der die Produktion immer kapitalintensiver wird, in der es wichtig ist, in Ruhe produzieren zu können, ist soziale Stabilität ein ganz wesentlicher Wachstumsfaktor. Eine funktionierende Sozialpartnerschaft ist eine der besten Standortvoraussetzungen, die Österreich haben kann, und wir müssen darauf achten, daß wir diese Standortvoraussetzung nicht beschädigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Beschädigung könnte sowohl von außen als auch von innen kommen, von innen nämlich dann, wenn Unternehmer glauben, sie könnten heute eine neoliberale Unternehmermentalität nach Österreich importieren, bei der die Zahl der Arbeitskräfte einfach nur aus Kostengründen


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minimiert wird. Ich halte das für extrem ökonomisch kurzsichtig und möchte da durchaus an Positionen anschließen, wie sie etwa in England von Tony Blair vertreten werden, der einem kurzfristigen Shareholder-value-Denken das Konzept des Stakeholder-value gegenüberstellt, das heißt der Verantwortung des Unternehmens für seine Aktionäre, das ist legitim, die Verantwortung auch für die Beschäftigten und für die Kunden. Nur dann, wenn wir das gesamtheitlich sehen, werden wir auch in Österreich zu langfristig stabilen Verhältnissen kommen.

Nächster Punkt: Politik niedriger Zinssätze. Und da schließt sich der Kreis zum Budget, denn wenn wir geringere Budgetdefizite haben, wenn wir die Teilnahme an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion erwarten können, dann bedeutet das die langfristige Sicherung niedriger Zinssätze. Das wieder ist eine wesentliche Voraussetzung für Investitionen und damit für langfristig gesicherte Arbeitsplätze.

Nur, um wieder die Größenordnungen zu zeigen: Eine Senkung der Zinssätze um 1 Prozent bedeutet für die österreichischen Unternehmen eine Kostenentlastung in der Höhe von 15 Milliarden Schilling. Das bedeutet, der Zinsenrückgang der letzten drei Jahre hat für die österreichischen Unternehmen erfreulicherweise eine Kostenentlastung von ungefähr 45 Milliarden Schilling gebracht. Man muß ganz deutlich sagen: Das ist wichtiger als jedes Einzelprogramm, das wir machen können. Gleichzeitig haben wir selbstverständlich auch eine Entlastung für die privaten Haushalte, speziell im Wohnbaubereich, was gerade jungen Familien zugute kommt. Ich meine, das ist eine Politik, die wir fortsetzen müssen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluß: Wir leben in keiner idealen Welt, daher gibt es auch kein ideales Budget, das allen Wünschen entspricht, aber das Budget, das uns vorliegt, ist ein vernünftiges und ehrliches Budget, vorgelegt von einem vernünftigen und ehrlichen Bundesminister für Finanzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Es ist ein Budget, das aus konjunktureller Sicht richtig konzipiert ist, es ist ein Budget, das verteilungspolitisch wichtige Akzente setzt, und es ist ein Budget, das die Grundlage für langfristig gesichertes Wachstum und langfristig gesicherte Arbeitsplätze bildet. Wir werden daher diesem Budget zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster hat Herr Abgeordneter Dr. Khol das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.22

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist das das dritte Budget, das wir innerhalb von 18 Monaten in diesem Haus diskutieren. Mit diesem Budget ist politisch auch das vierte Budget, das wir innerhalb von 18 Monaten entworfen haben, verbunden. Alle vier Budgets sind Budgets der neuen Stabilität, mit allen vier Budgets haben wir den Schuldenkurs der Ära Kreisky/Androsch beendet. Die Stabilität beginnt! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mit diesem Budget sichern wir den Wirtschaftsstandort Österreich, den Arbeitsplatzstandort Österreich. Die Sanierungspolitik, die wir mit dem Schüssel/Ditz-Kurs und Klima eingeleitet haben, trägt ihre ersten Früchte. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hatten wir einen Exportboom zu verzeichnen. Wir exportierten 11,2 Prozent mehr als im vergleichbaren halben Jahr des letzten Jahres. 55 Milliarden Schilling Zuwachs – darauf sind wir stolz! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir sichern mit diesen Budgets unser Sozialsystem. Wir müssen bestimmte Abschnitte einfach hinter uns bringen, sind aber nicht dazu verhalten, so schmerzhafte Einschnitte in unser System zu machen wie Schweden oder Italien, da wir rechtzeitig die notwendigen Korrekturen vorgenommen haben. Diese Budgets sichern unser Sozialsystem. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Die Freiheitlichen, die Grünen, die Liberalen haben die Budgets 1996 und 1997 – ich werde Sie noch daran erinnern – Schwindelbudgets genannt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Nein, das war der Schüssel! Das war doch der Schüssel,


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Andreas!) Nein, Sie haben das als Schwindelbudget bezeichnet, Herr Haselsteiner, ich werde es Ihnen noch vorhalten! Herr Haselsteiner hat es Schwindelbudget genannt. Und ich kann Ihnen sagen, daß das Budget ... (Abg. Dr. Haider: Da bist du eingefahren, Andreas! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Niemand kann bestreiten, daß Dr. Khol am Wort ist. – Bitte sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (fortsetzend): Ich werde Ihnen die Zitate von den Schwindelbudgets zeigen, wenn Sie wollen. Herr Böhacker hat vom Schwindelbudget geredet, Herr Haselsteiner hat vom Schwindelbudget geredet, Herr Haider hat vom Schwindelbudget geredet. Aber: 1996 haben wir ein wesentlich geringeres Defizit gehabt, als veranschlagt war. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) 1997 wird das Budget auf Heller und Pfennig eingehalten werden. Die Zahlen stimmen, da haben andere geschwindelt, nicht wir hinsichtlich des Budgets!

Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat es schon gesagt: Der Wirtschaftsaufschwung kommt und wird beschleunigt. Und dem hat die Opposition nichts Dauerhaftes entgegenzusetzen, nicht einmal ein geringes Wort der Anerkennung von Fakten. "Gentlemen agree on facts" hat der Bundeskanzler unlängst hier gesagt. Wenn es hier Gentlemen und Gentlewomen, Frau Schmidt, gibt, dann sollten diese auch Fakten anerkennen. Der Wirtschaftsaufschwung wird beschleunigt, die Budgets stimmen, und wir haben einen neuen Kurs der Stabilität! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Halleluja!)

Meine Damen und Herren! Die FPÖ hat sich immer wieder in der Kritik hervorgetan, und ich kann nur sagen: Der Zickzackkurs der FPÖ, den auch die "Neue Zürcher Zeitung" am Montag sehr schön herausgearbeitet hat, die unausgegorenen Vorschläge verwundern mich nicht, denn wer sich seine Budgetphilosophie in Kursen an amerikanischen Universitäten holt (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), die an die Erfordernisse der Dritten Welt angepaßt sind, wer Vorschläge aus Amerika auf Basis der Dritten-Welt-Budgetpolitik macht, kann nur danebenliegen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich nehme die Kritik des Liberalen Forums an vielen unserer Vorstellungen sehr ernst, weil das Liberale Forum in seinem Wirtschaftswissen den Kompromißcharakter, welcher der sozialen Marktwirtschaft nun einmal innewohnt, sehr oft kritisiert; Herrn Peter und Herrn Haselsteiner geht es zuwenig weit. Aber insgesamt, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum, sind Ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen ganz einfach diskreditiert, nämlich durch Ihre leistungsfeindlichen, illusionären und gleichmacherischen Vorschläge zur Neuordnung unseres Steuersystems durch ein Grundeinkommen für jeden, ob er nun fleißig oder faul ist. Den, der meint, heute mit solch naiven und sozialromantischen Vorschlägen den Marxismus neu erfinden zu müssen, können wir nicht ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Alexander Van der Bellen, ich respektiere Ihre Sachkunde. (Abg. Dr. Van der Bellen: Danke!) Sie haben in der Budgetdebatte vor eineinhalb Jahren gesagt, daß die Zahlen nicht stimmen werden. Wird’s wohl so sein?, Wird die Vollbeschäftigung wieder erreicht werden?, haben Sie gefragt. Sie haben daran gezweifelt, daß die Budgetannahmen zutreffen. Sie haben gezweifelt an der Arbeitslosenentwicklung, Sie haben gezweifelt an den Wirtschaftszahlen, und Sie haben gezweifelt an der Entwicklung des Zinsniveaus. Sie haben aber in all diesen Fragen unrecht behalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Alle anderen der grünen Fraktion kann ich nicht ernst nehmen; denn hier ans Rednerpult zu kommen und für seine Zielgruppen das Gute, Wahre, Schöne, mehr und mehr zu verlangen, ohne den geringsten Bedeckungsvorschlag zu machen, das können wir alle. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Ich darf Sie daran erinnern: 25 Jahre lang haben ÖVP-Finanzminister die Verantwortung in diesem Land für die Staatsfinanzen getragen, von 1945 bis 1970. Als wir die Finanzen des Staates Sozialdemokraten in die Hand geben mußten, hatten wir 47 Milliarden Schilling Staatsschulden und ein Budgetdefizit von 3,2 Milliarden Schilling. 1995 hatten wir nicht ein Budgetdefizit von 3 Milliarden Schilling, sondern eines


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von 117 Milliarden Schilling – nach 25 Jahren sozialdemokratischer Finanzminister! (Zwischenrufe der Abgeordneten Marizzi und Dr. Nowotny. ) Wir hatten Staatsschulden nicht in der Höhe von 47 Milliarden Schilling, sondern in der Höhe von 1 833 Milliarden Schilling. Und der Schüssel/Ditz-Kurs hat dem ein Ende bereitet! (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie es mich am Beispiel der Verstaatlichten sagen. Mein Herz ist voll von Bitterkeit, wenn ich sehe, daß wir bis zum Jahr 2017 117 Milliarden Schilling für die Verstaatlichte zahlen, die wir nicht rechtzeitig privatisiert haben. Heute zahlen wir nicht 9 Milliarden jedes Jahr in ein Faß ohne Boden, sondern die Nachfolgebetriebe der Verstaatlichten, die privatisiert wurden – wo sind Herr Koppler und Herr Seidinger? –, machen 6 Milliarden Gewinn, und sie zahlen ihre Steuern. Hätten wir das früher gemacht, hätte man früher auf uns gehört, hätten wir uns viel erspart. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat bereits darauf hingewiesen: Mit 1,2 Prozent Inflation haben wir dem österreichischen Konsumenten einen großen Dienst erwiesen. Es spürt jeder Familienvater, jede Familienmutter, jeder spürt in diesem Land, daß die Produkte billiger geworden sind, daß die Teuerung gestoppt ist. (Abg. Aumayr: Einen Tausender!) Frau Aumayr! Ich weiß nicht, wie oft Sie einkaufen gehen, ich gehe einkaufen, ich weiß, wieviel heute eine Bluejeans kostet und wieviel sie früher gekostet hat. Ich weiß, wieviel das Mehl kostet, wieviel die Butter kostet. (Abg. Haigermoser: Wieviel kostet die Butter?) Ich kann Ihnen sagen, ein Kilo Mehl kostet heute 4,50 S. Ein Kilo Butter kostet je nachdem zwischen 40 und 45 S. Es hat früher 80 S gekostet. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie können heute ein Kilo Mehl für 4,50 S bekommen, Sie haben noch vor zwei Jahren für ein Kilo Mehl zwischen 9 und 11,50 S gezahlt. Ich weiß das, weil meine Kinder viel Nudeln essen. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit. – Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Nowotny hat darauf hingewiesen – das ist für uns alle sehr wichtig –, daß wir die niedrigsten Bankzinsen seit Jahrzehnten haben. Als ich als junger Mensch eine Eigentumswohnung kaufen mußte, zahlte ich Zwischenkreditzinsen von 9 bis 11 Prozent. Heute zahlen unsere jungen Leute fast die Hälfte. Die Zwischenkreditzinsen liegen zwischen 5,5 und 6 Prozent. Das ist ein großartiger Beitrag zur Familienförderung! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Aufgrund der Stabilitätspolitik, für die ich mich ausdrücklich bei der Bundesregierung und bei Minister Edlinger bedanke, der ein hervorragender Partner ist, können wir beim Euro von Anfang an mittun. Herr Kollege Haider! Lesen Sie englische Zeitungen? – Sie haben da eine rosarote liegen, das ist aber nicht die "Financial Times", die ich Ihnen sehr empfehlen würde, denn dann würden Sie nämlich wissen, daß auch die Engländer im Augenblick darüber diskutieren, ob sie nicht doch von Anfang an beim Euro mittun sollen. Sie haben ja gesagt, wir sollten zugleich mit den Engländern dem Euro beitreten. Vielleicht bleiben Sie doch bei England, oder gehen Sie wieder in die Dritte Welt, Herr Haider? (Beifall bei der ÖVP.)

Der Euro wird für Österreich konkret – geschätzt vom Wirtschaftsforschungsinstitut – einen Wohlstandsgewinn von 30 Milliarden Schilling bringen. Er wird auch eine Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt bringen, das heißt also, die Beschäftigungsquote könnte wieder ansteigen. Und wenn wir nicht daran teilnehmen würden – das möchte ich einmal von den Freiheitlichen hören –, wissen Sie, was das für unsere Sparer bedeuten würde? – Allein das Risiko der Abwertung ist sehr groß. Schauen Sie nach Schweden, Schweden hat abwerten müssen, hat 30 Prozent seiner Währung abwerten müssen. Machen wir nicht beim Euro mit – und das wissen die Österreicher –, dann gerät die Währungsstabilität in Gefahr, und das lehnen wir ab. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade beim Euro ist die Zickzackpolitik der Freiheitlichen, welchen die "Neue Zürcher Zeitung", die sehr objektiv ist, hervorragend analysiert, so deutlich. Noch im Jahr 1995 hat Herr Haider, der Führer der Freiheitlichen, die Hartwährungspolitik Österreichs beklagt und vorgeschlagen, wir müßten etwas weicher sein, weil unsere Wirtschaft von einem weicheren Schilling profitieren würde. Im Jänner 1995 hat er in einem Interview in der in Innsbruck erscheinenden Zeitschrift "Industriemagazin" gesagt, Österreich sollte eine eigenständige Währungspolitik machen, denn


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die sklavische Bindung an die D-Mark ist nicht sehr segensreich. Sie hat der Exportwirtschaft erhebliche Wettbewerbsnachteile beschert. Wir hätten die Aufwertungen der D-Mark nicht immer mitmachen sollen – das heißt also, eine Weichwährungspolitik betreiben sollen. Und jetzt kritisieren Sie den Euro? Wie kommen Sie dazu? Wollen Sie jetzt einen harten Euro, oder wollen Sie einen weichen Schilling? – Wir wollen die Einkommen unserer Sparer sichern! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Dr. Kostelka. )

Meine Damen und Herren! Das Budget 1998 beinhaltet ein umfangreiches Bau- und Investitionsprogramm. Im Hoch- und Straßenbau sind es fast 20 Milliarden, im Umweltschutzbereich 6 Milliarden Schilling, im Verkehrsbereich, Schieneninfrastruktur, Telekommunikation, Hochleistungsstrecken, insgesamt 8 Milliarden. Und der Schutzwasserwirtschaft stehen 2,6 Milliarden zur Verfügung. Damit sichern wir auf Dauer 52 000 Arbeitsplätze. Das haben die Österreicher erwirtschaftet! Wir hätten es gerne, wenn die 6, 7 Milliarden Schilling, die wir jedes Jahr für die Schulden der Verstaatlichten zahlen müssen, auch für Investitionen genützt würden, denn dann könnten wir noch mehr tun. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Meine Damen und Herren! Auch unsere Exportoffensive greift. (Abg. Koppler: Stumpfsinn!) Ich kann mich noch erinnern ... Herr Präsident! Das Wort "Stumpfsinn" nehme ich vom Herrn Kollegen Koppler gelassen hin. (Abg. Haigermoser  – zum Rednerpult gehend –: Herr Kollege Khol! Darf ich Ihnen inzwischen die Butter überreichen!)  – Danke. (Abg. Haigermoser: 18 S das Viertel! – Ironische Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. )

Der Japanexport, der im Zuge unserer Beitrittsdebatte zur EU von so vielen angezweifelt wurde, ist um 23 Prozent gestiegen. Bezüglich der Zulieferbetriebe im Autobereich wurde im Zuge des EU-Beitritts von den Freiheitlichen kritisiert, daß all das nicht mehr gehen werde. Wir exportieren jetzt im Ausmaß von 60 Milliarden Schilling allein aus dem Bereich der Autozulieferbetriebe. – Eine großartige Leistung unserer Wirtschaft! (Beifall bei der ÖVP.)

Im ersten Halbjahr haben wir die Exporte um 11,2 Prozent steigern können. Die fleißigen Österreicher und die guten Betriebe haben es zuwege gebracht, daß 55 Milliarden Schilling mehr nach Österreich fließen. (Beifall bei der ÖVP.) Die Investitionstätigkeit der Industrie ist um 4 Prozent real gestiegen, das heißt also, wir können unseren Wirtschaftsaufschwung unterfüttern, wir können ihn sichern. Die Prognosen sind besser, als wir sie den Budgetannahmen zugrunde gelegt haben, wir haben in diesem Jahr knapp unter 3 Prozent Wirtschaftswachstum, im nächsten Jahr werden wir die 3 Prozent, so hoffe ich, erreichen. Und das ist dann der Weg in die Vollbeschäftigung, die wir alle anstreben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben die großen Löcher im Budget, in den Staatsfinanzen fast gestopft. Und dazu gibt es eben unterschiedliche Budgetphilosophien. Die einen sagen, wenn es bei Löchern herausrinnt – in die Bundesbahn, in die Verstaatlichte, in die Arbeitslose –, dann muß man oben so viel hineinschütten, daß das Faß immer voll bleibt, also immer die Steuern und die Abgaben erhöhen. (Abg. Böhacker: Das ist Ihre Politik!)  – Ich verdanke diesen Vergleich Günther Stummvoll. Wir sind der Meinung, man muß die Löcher stopfen. Wir haben die Bundesbahn ausgegliedert, wir haben die Verstaatlichte privatisiert. (Abg. Koppler: Aber nicht so, wie Sie wollten!) Wir haben den Mißbrauch bei der Arbeitslosenunterstützung bekämpft. Wir haben die Gesundheitsvorsorge auf eine leistungsbezogene Basis gestellt. Wir haben die großen Löcher im Faß der Staatsfinanzen gestopft. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein Loch ist noch offen, das sind die Zuschüsse zu unserer Altersversorgung, zu den Pensionen. Ich gehe davon aus, daß die Bundesregierung morgen die Beschlüsse fassen wird, die wir dann in diesem Hohen Haus beraten und im November beschließen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun zur Kritik der Opposition. Abgeordneter Böhacker hat am 21. März 1996 folgendes gesagt: "Den Vogel abgeschossen hat Klima, als er das Defizit 1996 nur mit 96 Milliarden budgetierte. Hat man schon jeden Realitätssinn verloren?

Ihr Vorgänger, Minister Lacina, hat immer von einem Budgetdefizit in der Größenordnung von 60 bis 70 Milliarden Schilling geträumt. Erreicht hat er es nie. Wir kennen sie alle, diese Schwindelbudgets." – Erinnern Sie sich? – Wir haben diesmal ein Budgetdefizit in Höhe von unter 68 Milli


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arden, und die Budgets haben alle gehalten. (Abg. Böhacker: Aber wie haben Sie das erreicht!) Nehmen Sie den Ausdruck "Schwindelbudgets" zurück. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Haselsteiner hat in einer Rede im Nationalrat – er wird dann tatsächlich berichtigen, das nehme ich fest an, das ist aber keine Berichtigung – gesagt – ich zitiere, Herr Haselsteiner –: "Wir kennen sie alle, diese Schwindelbudgets. Sie sprechen darin von Budgetdefiziten von 90 Milliarden, und es werden 120 Milliarden sein." Genau so mit donnernder Stimme haben Sie es vorgetragen, ich erinnere mich: Sie sprechen von 102 Milliarden, und es werden 118 Milliarden Schilling sein!!! – Nichts ist richtig. Die Zahlen haben gehalten. Der Finanzminister hat recht gehabt. Kommen Sie heraus, und stellen Sie Ihre Behauptung richtig! Gentlemen agree on facts. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen hat im Juli 1996 genau diese Aussagen gemacht, die ich schon vorher gesagt habe: Alles stimmt nicht. – Alles stimmt, Herr Abgeordneter!

Wir werden also entgegen den Aussagen der Oppositionspolitiker unsere Budgets ordentlich machen. Wir werden die großen Strukturziele dieser Republik erreichen. (Abg. Wabl: Welche?) Wir werden bei der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion mitmachen, und wir werden unseren Spitzenplatz als geordnetes, sozial gerechtes, leistungsfähiges, der sozialen Marktwirtschaft verpflichtetes Land halten. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Ära der Schuldenpolitik ist zu Ende. – Ich bedanke mich für die Butter. (Beifall bei der ÖVP.)

9.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Haselsteiner gemeldet. Redezeit: 2 Minuten.

9.42

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Khol hat behauptet, ich hätte die Budgets 1996 und 1997 als Schwindelbudgets bezeichnet. Das ist unrichtig. Ich habe in Zitierung des Herrn Vizekanzlers Schüssel, der vor einem millionenfachen Publikum zugegeben hat, daß er genug hätte von Schwindelbudgets, meinen Verdacht geäußert, daß auch diese beiden Budgets Schwindelbudgets sein könnten. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der geschäftsordnungsmäßigen Seite ist ein Applaus für diese tatsächliche Berichtigung nicht begründet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Trattner.

9.43

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Nowotny! Zu Ihnen nur ein Satz: Sind Sie sicher, daß Sie über das Budget 1998 gesprochen haben? – Ich glaube eher nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Khol! Für Sie wäre es gescheiter gewesen, Sie hätten einen Budgetkurs auf Harvard gemacht und nicht einen Kurs bei den Pradler Ritterspielen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Das ist eine Beleidigung für die Pradler Ritterspiele! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Beruhigen Sie sich, beruhigen Sie sich!

In den "Salzburger Nachrichten" (Abg. Dr. Khol: Das ist eine Beleidigung für die Pradler Ritterspiele!) – jetzt beruhigen Sie sich einmal, beruhigen Sie sich – vom 5. 6. 1997 sagte Andreas Khol, Klubobmann der ÖVP: "Die ÖVP ist für die Budgeterstellung nicht verantwortlich." (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Am 5. 6. stand in den "Salzburger Nachrichten" ganz groß: "Khol: Wir sind für das Budget nicht verantwortlich!" (Neuerliche Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie haben Ihre Ressorts im Griff, aber für das andere ist die Sozialdemokratische Partei zuständig. Das soll der Herr Finanzminister machen. Wenn es um die Budgetkonsolidierung geht, dann


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sind Sie zuständig, wenn es danebengeht, ist der Finanzminister zuständig. Das ist eine typische Aussage von Khol. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Der Finanzminister, nach der Verfassung!)

Bevor wir auf das Budget 1998 eingehen, schauen wir uns einmal das Budget 1997 an. Was sagt denn das Wifo dazu? – Das Wifo sagt, das Budget 1997 wird in etwa zwischen 10 und 17 Milliarden danebenliegen. Sie haben sich für das Budget 1997 ein Defizit in Höhe von 68 Milliarden bei einer Neuverschuldung von 2,7 Prozent vorgenommen, und das Wifo sagt, Sie liegen bei einzelnen Einschätzungen daneben. Sie liegen beim Lohnsteueraufkommen daneben, weil die Beschäftigungspolitik der Bundesregierung nicht das gehalten hat, was sie versprochen hat. Deswegen liegt das Lohnsteueraufkommen hinter Ihren Erwartungen; ebenso verhält es sich mit der Umsatzsteuer.

Sie haben das Problem, daß Sie zwei Gesetze beschlossen haben, die verfassungswidrig waren, nämlich den Werkvertragspfusch und die Körperschaftsteuer, Gesetze, die vom Verfassungsgerichtshof zum Teil aufgehoben worden sind. Jetzt gehen Sie wieder mit einer Gesetzesvorlage bezüglich der Mindestkörperschaftsteuer ins Parlament, obwohl Sie genau wissen, daß dieses Gesetz wahrscheinlich wieder vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird. Das sind Ihre Unsicherheitsfaktoren.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist, daß Sie zu den Pensionen über 5 Milliarden mehr zuschießen müssen, als Sie budgetiert haben.

Und diese 10 bis 17 Milliarden sind noch eine Kleinigkeit, denn Sie wissen ganz genau, daß Sie bereits für das Budget 1997 Tricks anwenden müssen. Sie müssen sich beim Budget 1997 Tricks bedienen, indem Sie die Hälfte der Privatisierungserlöse aus dem Verkauf der CA-Anteile in der Größenordnung von 17 Milliarden Schilling für die Rückführung der ASFINAG-Schulden verwenden. Damit können Sie 50 Prozent dieser Privatisierungserlöse, die sich defizitmäßig nicht Maastricht-konform niederschlagen, nämlich 8,5 Milliarden, Maastricht-konform verbuchen und damit Ihre Lücke etwas mehr schließen.

Das nächste betrifft die derzeit bei der Postbeteiligungsverwaltung liegenden Aktien der Bank Austria, die demnächst verkauft werden sollen. Darüber haben wir im Sommer noch debattiert. Die Postbeteiligungsgesellschaft ist nicht in der Lage, diese Papiere zu veräußern, daher soll das die ÖIAG machen. Warum soll das die ÖIAG machen? – Wenn Sie nämlich die Erlöse aus der Privatisierung der Bundesanteile an der Bank Austria über die ÖIAG verkaufen lassen beziehungsweise an der Börse an sonstige Anteilsinteressenten veräußern, dann kann die ÖIAG damit Schulden bezahlen, für die der Bund normalerweise aufkommen müßte. Das wären allein im Jahr 1997 3,7 Milliarden und für das Jahr 1998 5,7 Milliarden gewesen. Allein mit diesem Trick beschaffen Sie sich 8,5 Milliarden mehr bei der CA-Transaktion und 3,7 Milliarden mehr bei der Transaktion mit den Bank-Austria-Papieren. Das allein macht in etwa 12 Milliarden Schilling aus. Und daher kann ich ganz locker sagen: Dieses Budget – und dazu stehe ich, Herr Kollege Khol – ist ein Schwindelbudget. Das ist ein Schwindelbudget! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben anläßlich der letztjährigen Budgetdebatte Finanzminister Klima, Ihrem Vorgänger, vorgeworfen, die Budgetkonsolidierung sei ein reines Belastungspaket für die Bevölkerung. Er hat immer gesagt, ein Drittel sind Einnahmenerhöhungen, zwei Drittel sind Ausgabenkürzungen. Herausgekommen ist, daß es genau umgekehrt ist: Zwei Drittel waren Einnahmenerhöhungen und bestenfalls – bestenfalls! – ein Drittel Ausgabenkürzungen. Aber ich glaube nicht einmal, daß dieses eine Drittel realisiert wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihr Vorgänger, der jetzige Bundeskanzler, war so dreist und hat folgendes gemacht: Er hat zu den Ausgabenkürzungen folgende Positionen hinzugezählt: die Lizenzeinnahmen für die Post, die KöSt-Vorauszahlung bei der Post, die Gewinnabschöpfung von der Post, die Kommunalsteuer von der Post. Diese Position, die insgesamt 13,5 Milliarden Schilling Mehreinnahmen für den Bund brachte, hat er bei den Ausgabenkürzungen untergebracht. Die Mehrbelastung bei den Pensionen in Höhe von 1,3 Milliarden Schilling für die Bauern und für die Selbständigen hat


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er bei den Ausgabenkürzungen untergebracht. Ja, so kann man leicht auf eine Verhältniszahl von 1 : 2 kommen. Aber tatsächlich war es ein bißchen anders.

Das Wifo hat bereits damals bei der Budgeterstellung gesagt, das Verhältnis wird 1 : 1 sein. Auch die Arbeiterkammer, die sicher nicht der Freund der Opposition ist, hat ebenfalls in der "AK aktuell" vom März 1996 gesagt, von dem 100-Milliarden-Schilling-Paket sind 46,2 Milliarden Mehreinnahmen. Es ist sehr richtig, was die AK sagt, es ist schon richtig, was das Wifo sagt.

Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, daß, wenn Sie eine einnahmenseitige Budgetpolitik, eine einnahmenseitige Budgetkonsolidierung machen, für Sie im nächsten Jahr die Ernüchterung kommen wird. Klima hat Ihnen etwas hinterlassen. Ich habe auch dem damaligen Finanzminister gesagt, er solle sich die Studie der beiden Universitätsprofessoren Alesina und Perotti anschauen. Der eine ist von der Harvard-Universität und der andere von der Columbia-Universität. Sie haben eine Untersuchung gemacht, wie es ausschaut: Sollen wir eine einnahmenseitige oder eine ausgabenseitige Budgetpolitik machen?

Die beiden sind mit mehreren Modellrechnungen dahintergekommen, daß eine einnahmenseitige Budgetkonsolidierung das schlechteste ist, und zwar deshalb, da man wohl kurzfristig für das Jahr 1997, auf Österreich umgelegt, die Maastricht-Kriterien erreichen kann – Ihnen gelingt nicht einmal das ohne diese Tricks –, es aber in weiterer Folge zur Rezession, zu Arbeitslosigkeit und zu weiterer Abwanderung vom Wirtschaftsstandort Österreich kommen wird. Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht: Machen Sie eine Budgetpolitik, und zwar eine ausgabenseitige Budgetpolitik! – Und jetzt haben wir das Budget 1998 da liegen.

Herr Kollege Khol! Das Budget 1998 haben Sie sich, glaube ich, auch nicht angeschaut. Herr Kollege Nowotny! Sie haben sich das Budget 1998 auch nicht angeschaut. (Abg. Dr. Nowotny: Ich habe Ihnen das Gegenteil bewiesen!) Sie rühmen sich mit einem Defizit von 67,3 Milliarden. Die Gehaltsrunde ist nicht dabei, die Pensionsgeschichte ist nicht dabei. Die SPÖ in Wien hat letzte Woche oder diese Woche noch eine Sitzung gehabt, bei der man gesagt hat, bevor wir mit der Gewerkschaft streiten, machen wir lieber die kleine Lösung, dann kommt die kleine Lösung, und in zwei Jahren werden wir uns wieder hersetzen. – Aber wahrlich, die wahren Budgetzahlen schauen ein bißchen anders aus. (Abg. Dr. Nowotny: Das haben Sie voriges Jahr auch gesagt!)

Was wäre denn gewesen, wenn Sie das eingehalten hätten, was Klima bei der letzten Budgetdebatte versprochen hat (Abg. Dr. Khol: 20. 3. 1996! Nichts Neues!), nämlich daß es kein drittes oder kein weiteres Belastungspaket gibt. Was wäre gewesen? – Sie sind mit einem Belastungspaket gekommen.

Also das Budget weist ein Defizit von 67 Milliarden aus. Aber was kommt da noch dazu? Die Pensionserhöhung für die Bauern und die Selbständigen beträgt 1 Milliarde. Die Mehreinnahmen aus der sogenannten Tschick-Steuer, die Sie fiktiv annehmen, betragen 4,5 Milliarden. Die Umstellung des Zahlungstermins bei den Versicherungen macht 1,5 Milliarden aus. Da sagen Sie, Herr Finanzminister: Das sollen die Versicherungen zahlen.

Den Versicherungen wurde damals zugestanden, nachdem sie die Kfz-Steuer eingehoben haben, daß die Zahlungstermine verschoben werden, damit die Versicherungen das administrieren können. Jetzt wird das wieder umgestellt. Wer soll die Kosten dafür tragen? – Ein Ihnen nahestehender Kollege, der Direktor der "Wiener Städtischen", Sellitsch, hat in einem Interview in den "Salzburger Nachrichten" auf die Frage, wer das letztendlich zahlen müsse, ob das die Versicherungen zahlen müßten, gesagt: Nein, oder wir druck’n ’s in den Keller! "Salzburger Nachrichten": Das werden Sie nicht dürfen. – Also bleibt die Möglichkeit eins: Es ist eine Belastung für die österreichischen Versicherungsnehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben bei den Bausparprämien 1,8 Milliarden eingespart.

Und eine ganz köstliche Position haben Sie da eingeschoben, und diese zeigt, wie Sie das Budget für das Jahr 1998 retten und sanieren wollen: Die Steuergutschriften sollen die Euro-Teilnahme retten! – Dabei geht es um genau diese Steuervorauszahlungen, die ungerechtfertigterweise aufgrund der Sistierung der Freibetragsbescheide geleistet worden sind. Da haben Sie


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eine Position in der Größenordnung von 15,8 Milliarden Schilling unter dem Titel "Nebenansprüche und Resteingänge weggefallener Abgaben" eingeschoben.

Wissen Sie, was das ist? – Sie wissen es schon. Das sind genau die zuviel bezahlten Steuern der österreichischen Steuerzahler, der österreichischen Unternehmer aufgrund der Sistierung der Freibetragsbescheide, aufgrund der Nichtgewährung der Verlustvorträge. Das sind Steuerguthaben, die eigentlich den Steuerzahlern gehören, und Sie erdreisten sich, diese Guthaben, die den Steuerzahlern gehören, auf Ihre eigenen Einnahmen umzubuchen. Das ist wirklich ein Skandal! Und der größte Skandal ist der, daß Maastricht das erlaubt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die weitere Sistierung der Freibetragsbescheide bringt Ihnen also 1,5 Milliarden.

Jetzt komme ich aber zur Oesterreichischen Nationalbank. Herr Finanzminister! Ich kann mich gut erinnern an das große Geheule bei ÖVP und SPÖ, als die Freiheitlichen gesagt haben: Bei der Notenbank liegt eine Menge Reserven, und diese sollte man für beschäftigungspolitische Maßnahmen verwenden beziehungsweise für eine echte Steuerreform, ich spreche in erster Linie die Abschaffung der kalten Progression an. Dann schaue ich mir das Budget an: Der Herr Finanzminister hat sich eine Sonderdividende, eine Sondergewinnausschüttung von 3,1 Milliarden geholt. Das heißt 3,1 Milliarden mehr als im letzten Jahr. Was ist denn da der Unterschied? – Jetzt auf einmal geht es. Aber ich sage Ihnen, der Unterschied ist folgender: Wir sind dafür, daß von der Notenbank Geld aus den Reserven abgezogen wird beziehungsweise es zu einer erhöhten Gewinnabfuhr kommt, wir sind für beschäftigungspolitische Maßnahmen, für eine Steuerreform, für die Beseitigung der kalten Progression – aber nicht für das Stopfen von Budgetlöchern, die Sie verursacht haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit sich der Kreis ein bißchen schließt, Herr Kollege Khol, hat man aus dem Bautenministerium noch einmal 9 Milliarden ausgegliedert. Statt 31 sind es jetzt nur mehr 21 Milliarden. Da kommt man in Summe auf ein Paket in der Höhe von 40 Milliarden Schilling. Wenn man diese 40 Milliarden Schilling zu den 67 Milliarden Schilling dazuzählt, dann kommt man auf das effektive Budgetdefizit. Wenn Sie das eingehalten hätten, was letztes Jahr bei der Budgetdebatte von der Regierung versprochen wurde, nämlich daß kein drittes Belastungspaket kommt, hätten Sie ein Defizit in der Höhe von 107 Milliarden Schilling, und das sind 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – und nicht 2,6 Prozent, wie Sie es hier behaupten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Herr Kollege Trattner! Kennen Sie das Tiroler Sprichwort: Wenn die Katze eine Henne wäre, täte sie Eier legen!?)

Jetzt ist Kollege Nowotny gegangen; offensichtlich ist er draufgekommen, daß er doch über das falsche Budget gesprochen hat. (Abg. Dr. Haider: Wenn die ÖVP eine Partei wäre, würde sie Stimmen haben!)

Es gibt noch weitere Unsicherheiten. Es gibt die Klage beim EuGH über die Kammerumlage 1 über 1,8 Milliarden, für die Sie noch Vorsorge treffen müssen. Es gibt auch noch eine Klage beim Verfassungsgerichtshof betreffend den sogenannten Außenhandelsförderungsbeitrag. Diesbezüglich kann auch noch einiges auf Sie zukommen. Beziehungsweise Sie haben die Beiträge offensichtlich schon zurückbezahlt, und die Wirtschaftskammer sollte Ihnen das refundieren. Sie ist aber zum Verfassungsgerichtshof gegangen und hofft, daß man das Ganze ein bißchen verzögern kann.

Genauso verhält es sich mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes in Fragen einer gerechten Familienbesteuerung. Sie glauben, daß der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung möglichst in die Länge zieht. Bei der letzten Session hat er, so glaube ich, kein Urteil gefällt, er wird das also noch einmal weiter in die Länge ziehen, damit Sie nicht gefordert sind, für 1998 irgendwelche gesetzlichen Reparaturen vorzunehmen beziehungsweise ein Budget bereitzustellen, und Sie getrost das Gesamte auf 1999 oder bis ins Jahr 2000 verschieben können. Das ist wirklich eine Schweinerei!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich bitte, in der Ausdrucksweise dem Haus angemessen zu sprechen!


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Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner
(fortsetzend): Das ist wirklich nicht korrekt, daß Sie Gelder, die den österreichischen Familien gehören, einbehalten und aufgrund von Verzögerungsmaßnahmen nicht an diejenigen zurückbezahlen, denen es zusteht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber welche Perspektiven haben Sie denn, Herr Finanzminister? – Bei der Budgetrede haben Sie eine Perspektive genannt: Wir wollen den Wirtschaftsstandort Österreich weiterentwickeln. Aus dem Budget sollen Impulse für mehr Wirtschaftswachstum, mehr Beschäftigung kommen, denn der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist unser wichtigstes Ziel. – Was machen Sie?

Schauen Sie sich an, wie die Entwicklung der öffentlichen Investitionen ausschaut. In den letzten zehn Jahren sind die öffentlichen Investitionen um 15,1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt gesunken. Im Jahr 1996 betrug der Anteil der öffentlichen Investitionen nur mehr 3,1 Prozent, vor zehn Jahren waren es noch 5 Prozent. In der Schweiz beträgt der Anteil der öffentlichen Investitionen am Bruttoinlandsprodukt 5,4 Prozent – in der Schweiz, über die so gelästert wird, weil sie nicht bei der EU ist. Wo sind Ihre Impulse, Wachstumseffekte umzusetzen? Wo sind Ihre Impulse im Bereich der Arbeitslosigkeit?

Sie müssen jetzt endlich einmal die Rahmenbedingungen dafür schaffen, daß die Lehrlinge eine Arbeitsstelle bekommen. Sie müssen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, daß wir die Arbeitslosen unterbringen beziehungsweise die Arbeitslosenzahlen reduzieren. Es waren im September immerhin 197 000 Arbeitslose und 9 000 Lehrstellensuchende.

Es geht nicht mehr so einfach wie in den siebziger Jahren: Damals hat sich der Betriebsrat von der VOEST mit dem Bundeskanzler zusammengesetzt. Er hat gesagt, wir stellen dort einmal 10 000 Lehrlinge ein und da 30 000 Arbeitslose, die bringen wir schon irgendwie unter, und das Ganze wird schon irgendwie funktionieren. – Das Desaster haben wir erlebt, 100 Milliarden Schilling Defizit bei der verstaatlichen Industrie, alles ist zerschlagen worden. Jetzt haben Sie diese Möglichkeit nicht mehr. Schaffen Sie endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür, daß wir den Wirtschaftsstandort Österreich beziehungsweise den Arbeitsmarkt sichern können! (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Dazu gehört zum Beispiel die Steuerfreistellung nichtentnommener Gewinne. Ich verstehe gar nicht das Geheule bei der ÖVP. Ich verstehe das gar nicht. Ihr Abgeordneter im Europäischen Parlament, Herr Rübig, sagte in einer Parlamentsdebatte am 18. 9. 1997: Ich fordere, daß die Erbschafts- und Schenkungssteuer überhaupt gestrichen werden, wenn man einen Betrieb innerhalb der Familie übergibt, und natürlich auch, daß nichtausgeschüttete Gewinne im Betrieb nicht versteuert werden sollten. (Abg. Haigermoser: Khol Andreas!) – Andreas Khol! (Abg. Dr. Khol: Ja, ich höre das genau!) 

Was machen Sie? – Hier im Parlament sagen Sie etwas anderes als Ihre Mitglieder im Europäischen Parlament. Setzen Sie doch endlich diese Maßnahmen! Beseitigen Sie endlich einmal die kalte Progression! Machen Sie eine Lohnsteuerreform! (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Geben Sie den österreichischen Steuerzahlern ihre längst fälligen Gelder zurück! Die Lohnsteuer ist in den letzten vier Jahren trotz einer moderaten Gehaltssteigerung in der Größenordnung von linear 2 Prozent um 37 Prozent gestiegen. Sie sind der große Inflationsgewinner. Geben Sie das den Leuten zurück! Verwenden Sie die Gelder – eine erhöhte Gewinnausschüttung aus der Notenbank beziehungsweise aus den stillen Reserven, die nicht für die Geldmengenpolitik zu verwenden sind oder verwendet werden müssen – für eine Steuerreform, dann werden Sie den Wirtschaftsstandort Österreich beziehungsweise die Arbeitsplätze in Österreich sichern. Wenn Sie die Politik der Steuererhöhung, der Gebührenerhöhung weiterbetreiben wollen, wenn Sie eine Politik der Budgettricks weiterbetreiben wollen, dann wird das Ganze immer tiefer gehen, und Sie werden nie mehr herauskommen. Es wird hier wahrscheinlich niemandem mehr gelingen, diesen Karren aus dem Dreck zu ziehen! (Beifall bei den Freiheitlichen. )


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Sie wissen auch ganz genau, daß die Budgetkriterien, die Fiskalkriterien, 3 Prozent Defizitquote und 60 Prozent Schuldenquote, damals, 1991, unter Annahme eines Wirtschaftswachstums von 5 Prozent erstellt worden sind. Das wissen Sie ganz genau. Damals haben die Regierungen zu spät reagiert. Breuss hat auch in einem Interview gesagt, daß nicht die Kriterien schuld sind, sondern die Regierungen, nicht nur, aber auch die österreichische Bundesregierung. Dabei hätte sie es ganz einfach gehabt. Wir haben Sie vor vier, fünf Jahren schon darauf aufmerksam gemacht: Machen Sie vor dem EU-Beitritt endlich Ihre Hausaufgaben! – Da waren Sie zwar noch nicht in der Regierung, aber Sie sind heute Vertreter der Regierung, und die Regierungsmitglieder haben unsere Warnungen gehört.

Sie hätten das damals machen sollen, und Sie hätten auch mit berücksichtigen sollen, daß diese Kriterien nur bei einem Wirtschaftswachstum von 5 Prozent Geltung haben. Sie hätten rechtzeitig eingreifen müssen und nicht in einer Ad-hoc-Aktion, durch die eine Belastungswelle auf die österreichische Bevölkerung, auf die österreichische Wirtschaft niederprasselt, die dem Wirtschaftsstandort Österreich stark geschadet und die Arbeitslosigkeit in die Höhe getrieben hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Aufgrund dieses kleines Auszuges, Herr Finanzminister, können Sie nicht erwarten, daß wir diesem Budget unsere Zustimmung geben! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Das haben wir nicht erwartet! – Abg. Dr. Kostelka: Das haben wir nicht erwartet!)

10.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. Er hat das Wort.

10.04

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum) (eine Schachtel zum Rednerpult mitnehmend): Die Neugierde steigt, das Geheimnis wird auch gelüftet werden.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Im letzten Jahr, als wir das berühmte Doppelbudget verabschiedet haben, durfte ich einen Stoß Papier herausbringen, er war 22 Kilo schwer, 1,05 Meter hoch, so ähnlich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. ) Herr Kostelka! Das war das Ergebnis fleißiger Arbeit. Viele Menschen haben an diesem Stoß Papier gearbeitet, damit er rechtzeitig, wenigstens zur Budgetrede, vorliegend war. Wir reden jetzt, heute, nicht über den Inhalt, wir wollen nicht mehr alte Wunden aufreißen, wir wollen nicht darüber reden, wieviel von dem Zeug wieder repariert werden mußte. All das, Andreas, wollen wir ruhen lassen. (Abg. Dr. Khol: Das glaube ich! Weil Sie sich geirrt haben!)

Tatsache ist, es war das Ergebnis von Arbeit, stümperhaft, so glaube ich, in weiten Bereichen, nicht sehr profund in anderen, aber immerhin war es das Ergebnis sozialpartnerschaftlichen Schweißes und geprägt natürlich von einem gewissen Mittelmaß. Das ist das Kompromißdenken.

Leider Gottes war das Ergebnis dieser vielen Arbeit unbedankt. Die Opposition hat kritisiert und gesagt, das stimmt nicht, und ich werde auch noch zitieren, daß es tatsächlich nicht gestimmt hat. Wir haben gesagt, es ist zuwenig durchdacht. Darüber hinaus haben wir uns natürlich auch noch gepflanzt gefühlt – ich glaube, wir Abgeordnete alle –, weil wir wußten, daß an diesem Paket nichts zu ändern war und daher die Beratungen hier im Hohen Haus eine Farce waren. Es war ja gar keine Zeit.

Schlimmer noch aber war, daß die Bevölkerung dieses Paket auch nicht goutiert hat. Sie hat es abgelehnt, sie hat es als sozial ungerecht empfunden, sie hat es als leistungsfeindlich empfunden. Sie hat es vor allem nicht als innovativ anerkannt und hat es abgelehnt und damit die eigentliche Ursache für die Regierungsumbildung gelegt, meine Damen und Herren!


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Diese erfolgte Regierungsumbildung mit einem neuen Kanzler hat auch ein neues Klima, neuen Schwung gebracht. Es hieß: Das machen wir nicht mehr! – Zumindest wird es vorgegeben. Man hat gesagt: 1997 passiert uns das nicht mehr! Wir machen ein "Macherbudget", nicht mehr zaudern, wir demonstrieren Problemlösungskompetenz, und daher machen wir das Budget pünktlich, sogar überpünktlich, Herr Bundesminister – es wäre gar nicht so früh notwendig gewesen –, die Budgetrede pünktlich, vielleicht auch überpünktlich.

Jetzt kommt die eigentliche Kritik und daher diese Überraschung, was darin ist. Es ist eine Schachtel, ein anständiges, überschaubares Schachterl, nur, meine Damen und Herren, drin ist nichts. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das (der Redner hält ein leeres Blatt Papier in die Höhe) , bitte schön, ist nichts. (Abg. Marizzi: Alle Wahlergebnisse sind drin!) – Auch diese würden anders ausschauen, Kollege Marizzi! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber es ist eben nichts, meine Damen und Herren! Es ist eine leere Schachtel, und das wissen Sie auch. Das weiß vor allem auch der Bundesfinanzminister. Andreas, die Butter, die du auf dem Kopf hast, solltest du dort belassen und nicht in meine Schachtel geben wollen. (Beifall beim Liberalen Forum . – Abg. Dr. Khol: Du scheinst sie zu wollen!)

Warum kann es das nicht sein? Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Die fortgeschriebenen Zahlen des Vorjahres sind die Hülle, das kann es ja nicht sein. Es werden die Zahlen fortgeschrieben und auch das Budget. Das, was an Wirtschaftswachstum dazugekommen ist, kann man nachvollziehen. Das kann es ja nicht sein. Es ist ja auch kein Wunder, daß es das nicht sein kann.

Der Ermessensspielraum ist gleich Null, oder er ist minimal. Das bißchen, das Sie im Budget noch umschichten können, verdient den Ausdruck Ermessensausgaben nicht. Es gibt übrigens ein Schmankerl: Die Ermessensausgaben in diesem Budget werden einschließlich des Schuldendienstes dargestellt – nach der Devise, ich müßte die Schulen nicht unbedingt zahlen! Deswegen sind sie Ermessensausgaben. Wenn man diese aber von den Ermessensausgaben abzieht, dann bleibt de facto nichts mehr übrig, meine Damen und Herren!

Die Finanzvorlagen, die wir morgen beschließen werden, können es wohl auch nicht sein. Das Haschen nach Zigarettenschmugglern und die 5 Prozent Erhöhung der Vorauszahlung der Einkommensteuer und die Aussetzung der Freibetragsbescheide – das kann doch nicht die Innovation sein, das kann doch nicht der Inhalt sein! Wenn wir, meine Damen und Herren, uns daran halten, daß das Budget die in Zahlen gegossene Regierungsarbeit ist, dann kommt eben das heraus. Es ist eben ein Stillstand.

Wir betreiben keine Reformpolitik, nicht einmal in Ansätzen oder in so bescheidenen Ansätzen, daß sie den Ausdruck Reform nicht verdienen, meine Damen und Herren! Das ist eine verhältnismäßig emotionslose Feststellung. Das ist nicht einmal polemisch, denn Sie, Herr Kostelka, und auch du, Andreas, ihr werdet euch nicht heraustrauen und sagen: Jawohl, wir machen Reformpolitik. – Wir haben eine Stillstandspolitik, Herr Marizzi, wie Sie genau wissen! (Abg. Marizzi: Vorschläge! Vorschläge! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dazu gibt es Regierung und Opposition, damit dieses Rollenspiel auch richtig geteilt wird. Herr Marizzi! Jetzt werde ich Ihnen demonstrieren, was mit solch einer leeren Schachtel passiert. Wenn sie ein bißchen Druck bekommt, dann knirscht sie. Hören Sie das Knirschen? Dann verformt sie sich. Am Schluß kracht sie – ich möchte sie nicht ganz zerstören, sondern als Souvenir behalten –, aber sie bricht ein, weil sie nicht gefüllt ist! Wenn sie einen Inhalt hätte, wäre sie stabiler. (Abg. Dr. Kostelka: Das haben Sie vor einem Jahr auch gesagt!) Herr Kostelka und Herr Khol! (Abg. Dr. Khol: Das haben Sie vor einem Jahr auch schon gesagt, genau das gleiche!) Wir erwarten von Ihnen, und das ist die Aussage dieses, verzeihen Sie mir, etwas einfachen Sinnbildes – ich wollte nur, daß auch wirklich alle in diesem Saal gerne folgen –, daß die Regierungspolitik sich dafür verantwortlich fühlt, daß solche "Inhalte" erarbeitet werden. (Abg. Schwarzenberger: Voriges Jahr haben Sie geklagt, weil die Schachtel gefüllt war, zu voll war!) Das geschieht aber nicht!

Wir beraten hier ein Budget, dessen Parameter nicht feststehen. Wesentliche Teile dieses Budgets hängen in der Luft. Sie wissen selbst nicht, wie das letztendlich ausgehen wird. Wir be


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finden uns in der Luft, so wie ich das schon einmal gesagt habe. Der Herr Bundesminister steht zwar auf beiden Beinen, aber leider Gottes in der Luft. (Abg. Dr. Kostelka: Wir sind nicht in der Luft! Wir verfügen über keinen Privatjet!) Sie sind auch in der Luft. (Abg. Edler: Wo ist euer Vorschlag?)

Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: Diese rote Schachtel symbolisiert euer "Grundeinkommen"!) Da die Menschen in diesem Land erkennen, daß Sie in der Luft hängen, entstehen Pessimismus und Zukunftsangst. (Abg. Dr. Khol: Außen rot und nichts drin – das ist euer "Grundeinkommen"! Blutrot und nichts drin – das ist das Liberale Forum! Das ist nicht blau, die Schachtel ist rot! Das ist das marxistische Grundeinkommen! Da hat der Freud das Unterbewußtsein gesteuert!) Daher kommt letztendlich auch die Neigung, populistischen Verführungen zu erliegen.

Lieber Andreas Khol! Ich komme noch auf das Grundeinkommen zu sprechen. (Abg. Dr. Khol: Die Schachtel ist rot! ) Es ist mir vor allem wichtig, daß auch du das Grundeinkommen verstehst. Ich werde dir das noch erläutern. (Beifall beim Liberalen Forum. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Khol.  – Abg. Haigermoser: Andreas! Hast du ihm nicht gesagt, du entziehst ihm das Du-Wort? – Abg. Dr. Khol: Nein! Ich entziehe nicht das Du-Wort!)

Meine Damen und Herren! Diese Schachtel, also die Regierungsarbeit, ist auch deshalb leer geblieben, weil etwas versagt hat, was in der Vergangenheit immer für Inhalte gesorgt hat: Die Sozialpartnerschaft liegt in Agonie! Das wissen Sie. Die Sozialpartnerschaft haben die Stöße Papier rechtzeitig erzeugt, Herr Kostelka! Die Sozialpartner haben gearbeitet und uns das Ergebnis vorgelegt. Wir haben das, wie Sie wissen, immer als Schattenregierung kritisiert. Nur heuer ... (Abg. Dr. Kostelka: Das heißt, Sie beklagen, daß Sie dieses Mal keine 1,20 Meter hinaustragen müssen!) Nein, ich beklage mich nicht. Ich stelle es nur fest. Die Sozialpartnerschaft hat versagt und konnte diese Schachtel daher nicht füllen. (Abg. Edler: Schauen Sie in andere Länder!)

Nun gibt es einen wunderbaren Ausweg, nämlich die Verzögerung: zurück, nicht heuer, nicht jetzt, zu einem späteren Zeitpunkt! – Ich werde auf dieses Phänomen, auf diesen schändlichen und im politischen Sinne unredlichen Ausweg noch zu sprechen kommen.

Meine Damen und Herren! Es gibt dazu ein sehr treffendes Zitat des Redakteurs Menasse, der sagt, es sei bedauerlich, daß Viktor Klima diese Schwäche der Sozialpartnerschaft nicht als Chance verstanden hat, sondern daß er sich statt dessen bemüht, die Sozialpartnerschaft gesundzubeten. – Tatsächlich! Falls Sie dieses an Koliken leidende Roß noch einmal zum Äpfeln bringen, dann, bitte schön, nicht in diese Schachtel. (Der Redner deutet auf die vor ihm auf dem Pult liegende Schachtel.)

Das ist nicht das Ergebnis, das wir brauchen. Wir brauchen Vorschläge, die uns die Zukunftsvision wiedergeben. Wir brauchen wieder Mut und neue Ansätze in verschiedenen Kapiteln. (Abg. Edler: Welche Ansätze?)

Herr Bundesminister! In Ihrer Budgetrede haben Sie die Technologiemilliarde erwähnt, um eines der wesentlichen Themen zu nehmen. Ich spreche gar nicht den Verdacht aus, daß Geld umgeschichtet wurde. Sie selbst sagen, es sei wichtig, daß die Effizienz geprüft wird. Nicht die Milliarde sei wichtig, sondern das, was mit diesen Forschungs- und Technologiemilliarden passiert. Es gehe bei der Technologieoffensive nicht primär um mehr Geld, sondern in erster Linie darum, daß mit öffentlichen Forschungsausgaben auch treffsicher gearbeitet werde. – Das ist alles sehr schön! Aber wie wir gestern lesen konnten, können Sie sich innerhalb der Regierungskoalition nicht einmal auf die Kompetenzen einigen.

Meine Damen und Herren! Woher sollte das Vertrauen kommen, woraus sollte man Reformkraft ablesen können, wenn Sie sich sogar darüber streiten, in welchem Ministerbüro welche Mittel verteilt werden können? Das ist das, was die Bevölkerung und jene, die mitdenken, erschreckt. Man fragt sich, wie Sie die eine Aufgabe, die schwierig genug ist, lösen wollen, wenn Sie nicht in der Lage sind, die einfachen Probleme zu lösen. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Meine Damen und Herren! Ich komme noch kurz auf Forschung und Forschungsförderung zu sprechen. Wir wissen, daß wir im internationalen Vergleich der Industrienationen schlicht und ergreifend das Schlußlicht sind. Ebenso wissen wir, daß wir nicht die budgetären Spielräume haben, diese Position zu verändern. Darüber hinaus kommt aber noch etwas erschwerend hinzu, nämlich daß das Verhältnis zwischen Grundlagenforschung und praxisnaher Forschung in Österreich so schlecht wie in kaum einem anderen Land ist. Diese Problematik müssen wir lösen! Wir müssen von der Grundlagenforschung wegkommen und mehr Mittel für die praxisbezogene Forschung zur Verfügung stellen, denn nur so werden wir die notwendigen Impulse und die notwendige Sicherheit für den Wirtschaftsstandort Österreich erreichen können. Das wissen Sie, Herr Lukesch, so gut wie ich. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Herr Bundesminister! Sie widmen der Bauwirtschaft ein Kapitel, in dem sie allerhand in Aussicht stellen, etwa ein Schieneninfrastrukturgesetz. – Herr Bundesminister! Ich bitte Sie! Und werfen Sie mir nicht vor, ich spreche pro domo, das würde mich zu Unrecht treffen. Ich spreche als Fachmann, hoffentlich gestehen Sie mir das zu. (Abg. Dr. Lukesch: Na!)

Diese Bundesregierung verfolgt seit Jahren eine "Stop-and-go"-Politik. Wenn das Budget knapp ist, steigen Sie auf die Bremse und sperren alle Mittel. Es geht kein Auftrag mehr hinaus, weil die Zahlen stimmen müssen. Dann kommen die großen Arbeitslosenzahlen, danach ein Baugipfel nach dem anderen, und schließlich machen wir Programme. – So ist es doch! Meine Damen und Herren! Das wissen Sie. Sie haben dem ja zugestimmt.

Herr Bundesminister! Ich muß Ihnen sagen: Weniger, aber das verläßlich! Weniger, aber das planbar! Weniger, aber das zielgerichtet! – Das wäre mehr als große Programme. Die Bauindustrie möchte berechenbare Vorgaben haben und nicht immer damit rechnen müssen, daß Sie bei Budgetnot wieder die Notbremse ziehen, egal, welche Folgen das für diesen Schlüsselindustriezweig hat.

Sie versprechen des weiteren, neue Formen der Finanzierung zu finden. Meine Damen und Herren! Woher sollen die Menschen den Glauben daran nehmen? Woher sollen sie das Vertrauen haben, daß Sie bereit sind, in die Schachtel etwas hineinzugeben? Sie geben doch selbst zu, daß Ihnen nicht einmal das Road-Pricing für LKWs gelungen ist. Nur eine Pickerllösung ist herausgekommen.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Das ist wirklich nicht innovativ. Es ist auch keine Reform. (Abg. Schwarzenberger: Wollen Sie das Road-Pricing?) Nein! Es geht nicht darum, ob ich es will oder nicht, sondern darum, ob es bessere Alternativen gibt und ob wir uns endlich auch trauen, Modelle, die Hand und Fuß haben, zu entwickeln und diese umzusetzen, oder ob wir – wie Ihre Fraktion – vor jeder Pressure-group in die Knie gehen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Herr Bundesminister! Das darauffolgende Kapitel betrifft das Aus- und Weiterbildungsproblem. Sie kündigen Maßnahmen wie die Teilrechtsfähigkeit von Schulen, die Lehrlingsoffensive und die Reformvorhaben im Hochschulbereich an. Gestern haben wir über die Lehrlingsoffensive geredet, und ich habe Ihnen, unabgesprochen mit meinem Kollegen Helmut Peter, der das auch getan hat, prophezeit, daß wir den Preis dafür im nächsten Jahr zahlen müssen. Heuer werden wir damit einen bescheidenen Erfolg haben, obwohl ich gar nicht weiß, ob es überhaupt ein Erfolg ist und ob es diese Bezeichnung verdient. Jedenfalls wird heuer das Schlimmste verhütet werden. Im nächsten Jahr aber wird sich dieses Problem potenziert haben, und wir haben nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen, diesen Druck abzufangen.

Wir hätten aber Zeit dazu gehabt und heute beim Lehrlings- und Ausbildungssystem für Lehrlinge Maßnahmen setzen können, die im nächsten Jahr, für die Schulabgänger im Juli 1998 bereits Wirkung zeigen würden. Damit hätten wir etwas bewirkt. Wir haben es aber nicht getan, und daher wird uns im nächsten Jahr auch dieser Schlag in Form einer Lehrlingsmisere mal zwei treffen.

Ich kann auch keine Reformen in unserem Schulwesen erkennen. Auch die Abschaffung von nicht geleisteten Überstunden kann kein Reformschritt sein. Ich muß sagen, ich war überrascht,


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daß es das überhaupt gibt, aber ich habe es zur Kenntnis genommen. Reformschritt ist es jedoch keiner!

Ich erkenne in der Ankündigung des Herrn Bundesministers Einem, die Juristen und in einem Aufwaschen gleich auch andere zu Fachhochschülern degradieren zu wollen, keinen Reformschritt für die Universitäten. Ich glaube nicht, daß dies diesen Ausdruck verdient. Ich glaube aber, daß die volle Rechtsfähigkeit sowie die Entlassung aus der Kameralistik und damit der dezentrale Budgetvollzug in sinnvollen Einheiten derartige Schritte wären, denn die Universitäten sind unserer Meinung nach in ganz besonderem Maß dazu geeignet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit jedoch nicht verschweigen, daß es in einem Punkt einen Fortschritt gibt, nämlich im Fachhochschulbereich. Die Republik hat sich in dieser Frage zu einem modernen und guten Gesetz durchgerungen. Aber bedauerlicherweise lassen Sie, Herr Bundesfinanzminister, ausgerechnet diesen Zweig, aus welchen Gründen auch immer, ich weiß es nicht, aushungern.

Es gibt für die Fachhochschulen – das wissen Sie doch, Herr Lukesch – zu wenig Mittel. (Abg. Dr. Lukesch: Ja, das weiß ich!) Daß Sie sie uns nicht gönnen, weiß ich, denn es gibt diesbezüglich einen Streit zwischen Universitäten und Fachhochschulen. (Abg. Dr. Lukesch: Überhaupt kein Streit! Das sind Banalitäten, die Sie verbreiten!) Aber es ist eine Tatsache, daß es wesentlich mehr Studienanwärter für Fachhochschulen gibt, als aufgenommen werden können. Auf der einen Seite ist das ein Vorteil für die Fachhochschulen, auf der anderen Seite aber natürlich eine Aushöhlung dieses Gesetzes. Ich hoffe, im nächsten Budget diesbezüglich andere Ansätze zu finden. (Abg. Dr. Lukesch: Da habe ich schon kreativere Methoden!)

Zum Kapitel "Soziales": Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Budgetrede gesagt, daß Sozialabbau nicht unser Ziel sein könne, ganz im Gegenteil, wir wollen diese Leistungen sichern und aufrechterhalten. Diese kosten aber sehr viel Geld! Wir müssen daher unser Sozialsystem immer wieder überprüfen und Maßnahmen setzen, die seine Treffsicherheit und seine Finanzierbarkeit sicherstellen.

Danach werden eine Reihe von Punkten angeführt, die allesamt eine Einnahmenerhöhung bedeuten und die Finanzierbarkeit insofern sicherstellen, als sie die Bürger dieses Landes oder die Betroffenen zur Kasse bitten. Das ist eine Sache! Es gibt aber nicht einen einzigen Ansatz, wo Sie die Treffsicherheit erhöhen! Im Gegenteil, wie bisher verteilen Sie, Herr Bundesminister – Herr Nowotny hat es dankenswerterweise noch einmal erwähnt –, allein aus dem FLAF 51,5 Milliarden nach dem Prinzip der Gießkanne.

Nach dem Gießkannenprinzip wird diese Schachtel nicht gefüllt werden können. Sie können noch soviel hineinschütten, es wird unten wieder herausrinnen. Denn das ist kein taugliches Mittel und kein Reformschritt! Auch Sie, Herr Bundesminister, sind gebeten, sich mit dem liberalen Transfermodell auseinanderzusetzen. Wir glauben, daß das ein richtiger Ansatz wäre. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Zum nächsten Punkt, zu den Pensionen. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt etwas dazu sagen soll, denn es ist, wie Sie wissen, alles offen. Nur so viel sei erlaubt zu sagen: Die Regierung hat, sozusagen als Prellbock und zum Luftablassen, einen unabhängigen Experten, der, damit er ja nicht in Verdacht kommt, aus dem Ausland stammt, bestellt. Dieser hat nun eine Minimalvariante für eine Sanierung des Systems vorgeschlagen. Es ist dies jedoch keine bahnbrechende oder revolutionäre Sanierung – keine, aufgrund derer man sagen könnte, um Gottes willen, da ist ein "Radikaler" am Werk –, sondern eine Minimal-, eine Sanftvariante. (Abg. Edler: Was ist bei Ihnen "revolutionär"?)

Aber nicht einmal diese scheint umsetzbar zu sein beziehungsweise den sozialpartnerschaftlichen Konsens zu finden. Ich weiß nicht, wie Sie sich das vorstellen. Sie sagen: Nicht krank reden, sondern Vertrauen in die Zukunft schaffen. Aber das kann kein Vertrauen schaffen. Die Verschiebung auf die nächste Generation ist unredlich. Wir dürfen dies nicht zulassen! Ich weiß nicht, in welcher Lage Sie sind – ich wollte Frau Reitsamer, die sich in dieser Richtung geäußert


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hat, ansprechen –, ob Sie Kinder und Enkelkinder haben. Aber es muß doch allen ein Anliegen sein (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), daß wir diese Thematik in diesem Haus und in diesem ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (fortsetzend): Herr Präsident! Es muß uns doch ein Anliegen sein, daß wir diese und ähnliche Problematiken in diesem Haus und in dieser Legislaturperiode lösen und uns nicht auf kommende Generationen ausreden. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Haselsteiner stellt die rote Schachtel auf den Platz des Abg. Dr. Kostelka.  – Abg. Dr. Khol: Das Grundeinkommen hast du mir nicht erklärt! – Abg. Dr. Haselsteiner: Das mache ich das nächste Mal! – Abg. Dr. Khol: Dann werde ich das tatsächlich berichtigen! – Abg. Dr. Haselsteiner lehnt sich auf die rote Schachtel und macht sie dadurch kaputt. – Heiterkeit. – Abg. Mag. Stadler: Mit einer ramponierten Schachtel? – Abg. Dr. Khol: Jetzt ist er eingebrochen! – Abg. Dr. Kostelka: Destruktiv! – Abg. Dr. Khol: Wenn er sich auf die rote Schachtel stützt, bricht er ein! – Abg. Mag. Stadler: Nur heiße Luft!)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Er hat das Wort.

10.25

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Abgeordneter Khol hat heute das Buch meiner gesammelten Irrtümer aufgeschlagen. Ich komme am Schluß darauf zurück, möchte aber vorweg sagen, daß unsere Hauptkritik an diesem Bundesvoranschlag nicht lautet, daß er nicht den Zielen der Grünen entspricht, sondern nicht ersichtlich ist, daß er Ihren eigenen Zielen entspricht. Wir teilen viele dieser Ziele, das möchte ich vorausschicken. Allerdings sieht man im Budget nichts davon. (Abg. Parnigoni: Vielleicht schauen Sie nicht gut!)

Erstens: Finanzminister Edlinger hat gesagt, der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sei das wichtigste Ziel. – Ja! Richtig! Das finden wir auch. Im Budget sieht man das aber nicht.

Zweitens: Die Bundesregierung wird nicht müde, über die Bedeutung von Innovation, Forschung, Entwicklung, Technologieoffensive, Technologiemilliarde und so weiter für das Wirtschaftswachstum und den Standort Österreich zu sprechen. – Richtig! Und? Wo sieht man das im Budget?

Drittens: Die Regierung behauptet, endlich die Dynamik des Pensionssystems erkannt zu haben. – Wo ist das im Budget oder in den Budgetbegleitgesetzen ersichtlich?

Viertens: Es wird behauptet, daß nunmehr eine dauerhafte Budgetkonsolidierung gelungen sei. – Trotz eines historischen Höchststandes der Steuerquote, für die auch die ÖVP mitverantwortlich ist, sehe ich das nicht. Das Maastricht-Ziel wird nicht nach einer Erfindung von mir, sondern nach den vorliegenden Budgetdaten klar verfehlt.

Schließlich fünftens: Der Informationsgehalt des Voranschlags in jener Form, die uns vorliegt, ist in vielen Details aufgrund der simplen Tatsache, daß der Zusammenhang zwischen Budget und Budgetbegleitgesetzen nicht klar ist, ausgesprochen dubios beziehungsweise nicht einzuschätzen.

Nun zum ersten Punkt, der Arbeitsmarktwirkung. Ich habe Herrn Finanzminister Edlinger dazu bereits zitiert und hinzugefügt, daß die Grünen diese Ansicht über die gegenwärtige Priorität in der Wirtschaftspolitik absolut teilen. Was sehen wir nun im Budget? Das möchte ich gerne von Ihnen wissen. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen – schauen Sie im Tabellenband zur Budgetrede, Übersicht 21, nach! – stagnieren seit nunmehr fünf Jahren auf 5,5 Milliarden Schilling. Es ist auch keine Erhöhung für diesen im internationalen Vergleich immer schon bekannt niedrigen Ansatz für eine aktive Arbeitsmarktpolitik vorgesehen.


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Dazu kommt, daß nach wie vor Mittel aus der Arbeitslosenversicherung und damit Arbeitsmarktmittel in die Pensionsversicherung transferiert werden. Dieser Betrag steigt überdies drastisch an, nämlich von 4,9 Milliarden im Jahr 1997 auf 7,2 Milliarden im Jahr 1998. Schauen Sie im Kapitel 1/55 nach! Diese Mittel fehlen natürlich woanders, nämlich in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Insgesamt wird man, was die Konjunkturlage betrifft, wohl sagen können, daß die Wirkung bestenfalls neutral ist.

Bei dieser Gelegenheit ein paar Worte zu den Ausführungen meines Kollegen Nowotny, der sich hier über die konjunkturelle Lage und das Wirtschaftswachstum ausgelassen hat. Es mag schon sein, daß die Regierung Glück hat und die konjunkturelle Lage sich etwas besser entwickelt, als noch vor einem halben Jahr vorauszusehen war. Aber schauen Sie nach im Tabellenband des Finanzministers, Übersicht 2: Österreich liegt seit 1995 bezüglich der Wachstumsraten unter dem EU-Durchschnitt und auch unter dem OECD-Durchschnitt. Das bleibt auch so nach der Prognose für 1998.

Kollege Nowotny hat sich weiters auf Arbeitslosenzahlen innerhalb der OECD berufen. Schauen Sie doch im Tabellenband in der Übersicht 3 nach! Die Arbeitslosenrate von 6,4 Prozent nach OECD-Definition in Österreich – und nicht die 4,0 Prozent, das wäre nur die leidige EU-Definition – ist bereits höher als in Großbritannien und den Niederlanden und liegt nur knapp unter dem OECD-Durchschnitt von 7 Prozent.

Mit anderen Worten: In den neunziger Jahren ist Österreich relativ deutlich gegenüber dem OECD-Durchschnitt zurückgefallen. Das verkaufen Sie mir im Ernst hier als wirtschaftspolitischen Großerfolg? Sie meinen das doch nicht im Ernst? Herr Kollege Khol! Man muß schon zwischen der Rhetorik, die ich auch an Ihnen sehr schätze, und den Zahlen, der Wirklichkeit unterscheiden!

Zweiter Punkt: Innovation, Forschung und Entwicklung, Technologieoffensive und so weiter. Ich möchte das alles nicht im einzelnen wiederholen – Herr Haselsteiner hat ja schon darauf Bezug genommen –, aber schauen Sie bitte die Übersicht 25 im Tabellenband an. Dort stehen die Zahlen, dort kann man ablesen, ob es die Regierung mit der Dotierung von Forschung und Entwicklung, der Technologiemilliarde und so weiter ernst meint. Schauen Sie nach! Das ist im hinteren Teil in der Übersicht 25 zu finden.

Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung stagniert bei den Zuweisungen auf dem Niveau, das er schon 1992 und 1993 gehabt hat. Der Ansatz ist unverändert, das heißt, es gibt real einen deutlichen Rückgang gegenüber dem Beginn der neunziger Jahre. Die Zuweisung an den Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft, den FFF, sinkt von 701 Millionen 1997 – falls er diesen Betrag überhaupt bekommen hat – auf 530 Millionen im Jahre 1998.

Die Technologiemilliarde wird mit 700 Millionen dotiert. Wir sind es schon gewohnt, daß bei den Milliarden von Haus aus 30 Prozent Abschlag einzukalkulieren sind. Das nennen Sie eine ernsthafte F-&-E-Politik, eine ernsthafte Förderung wirtschaftsnaher Forschung?

Dritter Punkt: Zur Pensionsreform wird mein Kollege Öllinger ausführlicher Stellung nehmen. Ich möchte nur soviel sagen: Die mir bekannten internationalen Untersuchungen zu diesem Thema von Rürup über die OECD bis hin zum Internationalen Währungsfonds zeigen eine Dynamik des österreichischen Pensionssystems, die einen wirklich schaudern läßt. Mir selbst war das bis vor kurzem in dieser Größenordnung nicht bekannt. Es ist völlig ausgeschlossen, daß die Maßnahmen, die Sie jetzt diskutieren – soweit sie an die Öffentlichkeit gedrungen sind –, ausreichen werden, um die Dynamik des Pensionssystems bis 2020, 2025 so einzubremsen, daß Sie von einer Sanierung des Pensionssystems sprechen können.

Vierter Punkt: Budgetkonsolidierung. Herr Kollege Khol! Es ist sicher, daß die Steuerquote, die Abgabenquote in Österreich 1997 auf einem Niveau von über 44 Prozent sein wird. So war es auch schon letztes Jahr. Das ist ein großartiger Erfolg konservativer Wirtschafts- und Finanzpolitik! Was nicht sicher ist, ist, daß Sie das Maastricht-Ziel erreichen werden.


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Herr Kollege Trattner hat schon auf diese leidigen 15 Milliarden Schilling hingewiesen, die im Budget bei den Steuergutschriften vorkommen. Das spielt in bezug auf das Maastricht-Defizit eine große Rolle. Warum? – Im Arbeitsbehelf finden Sie – wenn Sie wissen, welche Tabelle Sie suchen müssen – den Wert von 2,8 Prozent Defizit für das Maastricht-Defizit insgesamt für das Jahr 1998, also deutlich unter 3 Prozent.

Die 15 Milliarden an zusätzlichen Steuereinnahmen, die Sie aus bis heute unerfindlichen Gründen im Budget unter Zollgesetz verbuchen, diese 15 Milliarden an zusätzlichen Steuergutschriften – das sind 0,6 Prozent des BIP – sind nicht Maastricht-konform. Es steht ausdrücklich im Arbeitsbehelf zum jetzigen Budget, daß Sie in diesem Punkt, bei den Steuergutschriften, zu einem strikten Kassenprinzip – Cash principle – übergehen. Jeder, der sich ein wenig mit dieser Materie beschäftigt hat, weiß, daß die Maastricht-Abgrenzung eines Defizits genau das Gegenteil des Kassenprinzips ist. Genau das Gegenteil! Es beruht nämlich auf der VGR beziehungsweise auf dem Accrual-Prinzip. Wenn also EUROSTAT, das Statistische Amt der Europäischen Kommission, noch halbwegs bei Sinnen ist, dann kann es diese Verbuchung nicht als Maastricht-konform akzeptieren, das heißt, das Maastricht-Defizit wäre dann nicht 2,8 Prozent, sondern 3,4 Prozent.

Ich erwähne das nicht deshalb, weil es mich so wahnsinnig stört – mir ist es völlig egal, ob es 2,8 oder 3,4 Prozent sind –, aber es ist ja Ihre Jubelmeldung. Sie behaupten ja, daß das Defizit unter 3,0 Prozent liegt. Sie können natürlich das Glück haben, daß die statistische Kommission der EU eine nicht nachvollziehbare Entscheidung trifft – das ist schon mehrfach vorgekommen. Sie können natürlich auch – so wie 1995 – ein anderes Glück haben. Ich erwähne die Daten von 1995, weil mir das den Hintergrund liefert, ein paar kritische Anmerkungen zum Maastricht-Vertrag zu machen.

Das Maastricht-Defizit für 1995 war zur Zeit des Voranschlages für 1995 mit 4,5 Prozent des BIP vorgesehen. Ein halbes Jahr später waren es 5,5 Prozent des BIP, und im vorläufigen Gebarungserfolg vom Februar 1996 waren es 6,2 Prozent des BIP – ein Unterschied von 1,7 Prozentpunkten binnen weniger Monate. Seit Oktober 1996 ist für ein und dasselbe Jahr – ich rede immer noch von 1995 – eine stark fallende Tendenz zu verzeichnen. Im Bundesrechnungsabschluß Oktober 1996 waren es nur noch 5,9 Prozent, im Mai 1997 laut Wifo 5,3 Prozent, und im Septemberbericht des Wifo reden wir von einem Defizit von 4,9 Prozent des BIP für das Jahr 1995, sodaß wir jetzt vor der interessanten Tatsache stehen, daß wir gleich drei Zahlen für 1995 haben: 4,9 Prozent laut Wifo, 5,1 Prozent laut Arbeitsbehelf 1998 und 5,3 Prozent laut Budgetrede des Finanzministers von vor wenigen Wochen.

Warum erwähne ich das alles? – Als Kuriosum. Der Maastricht-Vertrag unterstellt allen Ernstes Strafzahlungen bei Überschreitung der 3,0-Prozent-Grenze des BIP-Defizits – allen Ernstes! –, wobei wir hier sehen, daß offensichtlich schon allein aus rein statistischen Gründen und aufgrund der Unsicherheit in Österreich – vor allem bei den Ländern und Gemeinden – diese Zahlen ohne weiteres um 1,5 Prozentpunkte voneinander abweichen können – für ein und dasselbe Jahr, für ein und dasselbe Land! So etwas soll man einmal administrieren!

Sie wissen, daß ich ein Befürworter der Währungsunion bin und ein ebenso strikter Gegner der Konvergenzkriterien, aber noch viel mehr bin ich ein Gegner des Stabilitätspaktes, der einfach ein Irrsinn ist. Das ist nicht administrierbar, wie man anhand dieser paar Zahlen sehen kann.

Die Bundesregierung hat zu wenige Efforts, zu wenig Energie, darauf verwendet, diesen Teil des Maastricht-Vertrages zu korrigieren. Es hätte schon genügt, würde ich meinen, wenn man das Wort "Defizit" im Maastricht-Vertrag als strukturelles Defizit interpretiert hätte. Es wäre gewiß sinnvoll, den Konjunktureffekt herauszurechnen und nur das strukturelle Budgetdefizit anzuschauen.

Wenn Sie den letzten IMF-Bericht anschauen, den Bericht des Internationalen Währungsfonds, dann sehen Sie, daß Österreich für 1997 ein Defizit des BIP von 1,7 Prozent aufweist, Italien – das vielgeschmähte Italien! – ebenfalls 1,7 Prozent Defizit und die EU im Durchschnitt 1,6 Pro


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zent Defizit hat. Also das ganze Theater um diese Konvergenzkriterien bereitet nur Ärger und ist wirtschaftspolitisch sinnlos. (Beifall bei den Grünen.)

Noch einmal: Der Voranschlag der Bundesregierung verfehlt das selbstgewählte Maastricht-Ziel von 3,0 Prozent. Nach den Daten, die Sie vorlegen – die Sie vorlegen, die nicht ich erfinde! –, sind es 3,4 Prozent.

Abschließend zu diesem Punkt: Es ist nicht ganz klar, worüber wir heute überhaupt reden – Herr Haselsteiner hat das schon angedeutet. Es gibt einen Bundesvoranschlag und eine Reihe von Budgetbegleitgesetzen – zwar nicht 102 oder wie viele es letztes Jahr waren, sondern vielleicht die Hälfte, und diese sind in drei Paketen statt in einem zusammengefaßt –, aber diese Budgetbegleitgesetze müssen erst beschlossen werden.

Wenn Sie sich die Zahlen im Bundesvoranschlag anschauen, werden Sie sich überhaupt nicht mehr auskennen, weil offensichtlich die Zahlen in einigen Punkten so angesetzt sind, als ob die Budgetbegleitgesetze bereits beschlossen wären, und in anderen Punkten schauen sie so aus, als ob das einfach eine Budgetvorschau auf der Basis des Status quo wäre, und zwar ohne Berücksichtigung der Budgetbegleitgesetze.

Bei der Tabaksteuer, aber beispielsweise auch bei den Gebühren sind die Budgetbegleitgesetze offensichtlich antizipiert, bei der Versicherungssteuer aber nicht. Da soll sich jemand auskennen! Dieser Umstand verändert natürlich das Defizit, weil die Daten über das Defizit im vorderen Teil ja auf den Zahlen bezüglich der Steuern und Ausgaben im hinteren Teil beruhen. Bei den letztgenannten Zahlen weiß man aber nicht, worauf sie eigentlich beruhen: auf einer Vorschau, auf den Budgetbegleitgesetzen, auf einer x-beliebigen Mischung der beiden oder worauf?

Bei dieser Gelegenheit darf ich vielleicht auch anmerken, daß es zwar gesetzestreu ist, aber dem Geist des Gesetzes widerspricht, daß der Budgetbericht nach § 13 Bundeshaushaltsgesetz bis heute nicht vorliegt. Nach den Buchstaben des Gesetzes ist er spätestens zu Beginn der Ausschußberatungen vorzulegen. Wahrscheinlich wird er um 8 Uhr früh jenes Ausschußtages kommen, an dem das Hearing beginnt. Das empfinde ich ein wenig als Schikane. Er könnte schon heute vorliegen, wenn das Plenum darüber berät.

Herr Khol! Ob dieses Budget für das Jahr 1998 halten wird, weiß ich nicht. Ich hoffe, das steht dann auch so im Protokoll und Sie können es nächstes Jahr wieder vorlesen; aber Sie wissen es auch nicht. (Abg. Dr. Khol: Da sind Sie aber vorsichtiger als letztes Jahr!) Es weiß nämlich niemand, was eigentlich von dem, was heute vorliegt, in diesem Budget antizipiert wird und was nicht. (Abg. Dr. Khol: Das ist richtig! Aber Sie waren voriges Jahr sicher, daß es nicht stimmt!)

Herr Khol! Sie haben heute die solide Finanzpolitik, die seit kurzem eingerissen ist, sehr gelobt. Auch Ihnen empfehle ich, nicht nur die Budgetrede und Ihre eigenen Reden zu diesem Thema zu lesen, sondern auch den Tabellenband zur Budgetrede und dort – wenn ich nicht irre – die Übersicht 11 über die Entwicklung der Verschuldung. Dort werden Sie sehen, daß von 1992 bis 1998 die Staatsschuldenquote – nur auf den engsten Bundesbereich bezogen – von 48 auf 60 Prozent des BIP angestiegen ist. Wieviel das in Milliarden Schilling ausmacht, will ich Ihnen jetzt gar nicht vorrechnen.

Ich möchte nur sagen: Die Ära Kreisky ist im Vergleich dazu harmlos. Das, was hier seit Anfang der neunziger Jahre passiert ist, läßt sich größenordnungsmäßig überhaupt nicht mit dem vergleichen, was in der Ära Kreisky passiert ist. Nur mit dem Unterschied, daß in der Ära Kreisky vielleicht tatsächlich die Zahl der Arbeitslosen durch diese Politik etwas verringert worden ist. Das kann man heute nicht mehr sagen. Gentlemen agree on facts. Schauen Sie sich diese Tabelle über die Verschuldung bitte an, und vergleichen Sie sie mit den siebziger Jahren! (Abg. Dr. Khol: Aber gerne!)

Noch einmal: Wir teilen die meisten Ihrer Ziele. Wir teilen die meisten der Ziele, die Finanzminister Edlinger in seiner Budgetrede vorgetragen hat, angefangen von der Priorität der Arbeitsmarktpolitik, aber sie spiegeln sich nicht im Budget wider. Für mich sind die Zahlen, die im


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Budget stehen, immer noch zehnmal wichtiger als das, was ich hier von der Regierungsbank oder von Ihnen, den Kollegen der Regierungsparteien, verbal höre. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist auch nicht so, daß das für alle Punkte gilt, sondern für jene Punkte in der Rede des Finanzministers, die sich in Zahlen nicht widerspiegeln. Aber ich unterstütze ihn sehr in seinem Bestreben, zum Beispiel die Steuerharmonisierung innerhalb der Europäischen Union oder die Beseitigung von Steueroasen in der Europäischen Union voranzutreiben. Damit bin ich absolut einverstanden.

Nun noch zu meinen Irrtümern, Herr Kollege Khol! Ich glaube nicht, daß ich jemals behauptet habe, so unfehlbar wie der Papst zu sein. (Abg. Dr. Khol: Glauben Sie an die Unfehlbarkeit des Papstes?) Ich kann irren, so wie auch Sie irren können. Das, was Sie mir heute vorgelesen haben, glaube ich allerdings erst dann, wenn ich es von Ihnen schriftlich bekommen habe. (Abg. Dr. Khol: Was?) All diese Punkte, die Sie als Beweis für das zitiert haben, was ich fälschlicherweise vor einem Jahr gesagt habe. Das schaue ich mir gerne an.

Wenn es stimmt, was Sie gesagt haben, sage ich gerne ... (Abg. Dr. Khol: Gentlemen agree on facts!) Eine Pressemeldung? – Das ist doch kein Protokoll. Das ist das, was eine Dame geschrieben hat, aber ich schaue es mir gerne an. (Abg. Dr. Khol übergibt dem Redner einen Zeitungsausschnitt.) Das ist eine Zeitungsmeldung; das wollen wir nur festhalten. Das ist eine Zeitungsmeldung und kein Stenographisches Protokoll. (Abg. Dr. Khol: Geben Sie es mir aber wieder zurück!)

Aber wenn es stimmt, werde ich gerne in mich gehen und Buße tun. Herr Kollege Khol kann mir sicher sagen, wie man in solch einem Fall angemessen Reue zeigt. (Abg. Kiss: Asche aufs Haupt streuen!) Ja, irgend so etwas! Ob ich nach Ablegung meiner Buße Ihrem Budget und Ihrer Budgetpolitik gegenüber weniger kritisch eingestellt bin, hängt natürlich maßgeblich davon ab, wie sehr Sie mich weiterhin mit Ihren Jubelmeldungen, mit Ihrer Jubelrhetorik irritieren und quälen. Wenn Sie auch das reduzieren würden, wäre ich bereit, noch ein bißchen mehr Buße meinerseits zu tun. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.44

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ich bin immer wieder verblüfft – weil ich Zahlen und Ziffern, zu denen ich einen nicht allzu guten Zugang habe, immer für das Nüchternste und Beweiskräftigste halte –, wie man aus ein und denselben Zahlen die unterschiedlichsten Dinge herauslesen kann, je nach politischer und ideologischer Färbung. (Abg. Mag. Peter: Darüber wundern wir uns auch immer, Frau Kollegin!) Ja, mich verblüfft es!

Herr Van der Bellen kann die Ziele des Budgets nicht erkennen. (Abg. Mag. Peter: Die Festschreibung des Ist-Standes!) Ich sage, es geht uns um die Sicherung des Sozialstaates, um die Grundlagen für die Sicherung des Sozialstaates. Für neue Impulse der Wirtschaft gilt eben das Budget 1998.

Noch eine Anmerkung zu den Ausführungen des Herrn Khol, bevor ich zu seinem Lieblingsthema, dem "Orchideenthema", den Frauen, komme. Da sich Herr Khol rühmt, daß er und die ÖVP viel für die Verstaatlichte getan haben, wodurch sie heute gut dasteht, darf ich in Erinnerung rufen: Wäre es nach der ÖVP gegangen, dann wären diese Betriebe heute Museen, so wie es Herr Busek empfohlen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Herr Schachtel – Entschuldigung, Herr Haselsteiner selbstverständlich, er hat mich mit der roten Schachtel etwas verwirrt (ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen)  –, wenn Herr Haselsteiner hier wirklich gut und anschaulich demonstriert, wie stabil eine schwache Schachtel durch einen starken Deckel wird – wie er die Sozialpartnerschaft nennt –, dann danke ich ihm dafür. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wie meinen Sie, Frau Mertel?) Sie haben wirklich


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demonstriert, wie gut und wichtig die Sozialpartnerschaft in Österreich ist. Allerdings zeigen Sie, Herr Haselsteiner, damit natürlich auch Ihre Abgehobenheit, wenn Sie sagen, daß der Rürup-Vorschlag ein sanfter Vorschlag ist und bei Niedrigeinkommensbeziehern nicht eingreift. So zeigen Sie, daß Sie keinen Zugang zu Niedrigeinkommensbeziehern haben. Das ist aufgrund Ihrer Situation klar.

Herr Trattner! Er ist nicht hier, das macht nichts. (Abg. Böhacker: Da ist er eh!) Er redet von einem Schwindelbudget. Ich frage mich: Wieso ist die FPÖ prädestiniert, Schwindel und Schwindelbudgets zu erkennen – vor allem Schwindel? (Abg. Mag. Trattner: Haben Sie das Budget angeschaut?) – Es liegt wahrscheinlich daran, daß sich – wenn Herr Gaugg eine Gewerkschaft gründen will – der neue Arbeitnehmerführer in Kärnten, nämlich Arbeiterführer Gaugg, an wen um Unterstützung wendet? – Nicht an die Arbeitnehmer, die Arbeiter und Angestellten oder gar Beamten! (Abg. Gaugg: Freiwillig – im Gegensatz zur Zwangsmitgliedschaft!) Nein, an die Unternehmer! Er verspricht ihnen, sie gut im Parlament zu vertreten, und er bittet Unternehmer um finanzielle Zuschüsse, denn er will frei und unabhängig sein. (Abg. Dr. Graf: Das ist Ihnen fremd!)

Noch zu einem Schwindel, den Ihre F-Kollegen im Kärntner Landtag geliefert haben. Wochenlang haben sie in Kärnten von Privilegienrittern gesprochen und gegen die Gehaltspyramide getobt. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Sie haben gesagt: So etwas nehmen wir nicht an. Und was tun sie, die "F", plötzlich im Landtag? Was machen sie? – Sie stimmen dem Bezügegesetz in dritter Lesung zu. (Abg. Kiss: Na geh! Das kann es nicht geben! Das glaube ich doch nicht!) Das ist nicht nur Schwindel, sondern die Scheinheiligkeit pur. (Beifall bei der SPÖ.)

Unsere Familien- und Sozialleistungen – das möchte ich hier festhalten – sind im Vergleich zu allen anderen Industriestaaten sowohl quantitativ als auch qualitativ auf dem höchsten Stand. Sie zählen zu den besten. Ein Viertel der Budgetmittel wird im Jahr 1998 für Soziales, Familien und Pensionen aufgewendet. Jeden vierten Budgetschilling gibt der Staat für Sozialleistungen an seine Bürger weiter. Das Kernstück der Familienleistungen, nämlich der Familienlastenausgleichsfonds, ist mit 55 Milliarden Schilling dotiert. Familienbeihilfe, Sachleistungen, Beiträge zum Karenzurlaub und Pensionsbeiträge sind abgesichert.

Als Familiensprecherin der SPÖ bedauere ich persönlich, daß die Familienbeihilfe nicht valorisiert wird. Daß man das festschreiben muß, sehe ich nicht ganz ein, weil sie schon seit einigen Jahren nicht mehr valorisiert (Abg. Dr. Graf: Was unternehmen Sie dagegen?), sondern im Gegenteil gesenkt worden ist. Dasselbe gilt auch für das Karenzurlaubsgeld, das die stärkste umverteilende Wirkung hat. (Abg. Dr. Graf: Welche Perspektive haben Sie?) Meine Perspektive ist Ihrer wahrscheinlich nicht ähnlich. (Abg. Gaugg: Wann sind Sie das letzte Mal beim Schreibtisch gesessen?)

Ich habe eine Arbeitszeitkarte, die ich Ihnen monatlich vorlegen kann. Das sind maschinelle Aufzeichnungen, die jetzt eine Zeitmaschine für mich macht. Mir geht es anders als Ihnen, Herr Gaugg! Ich darf arbeiten, aber die Bankentüren sind vor Ihnen verschlossen worden, und Sie haben auch den Prozeß verloren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Leistungen der Sozialversicherung sind abgesichert. Die beitragslose Mitversicherung von Angehörigen, die Kinderabsetzbeträge und die Alleinerhalterabsetzbeträge sind auch gewährleistet. Um Bewährtes auch in Zukunft zu sichern, brauchen wir – das hat mein Vorredner Nowotny schon gesagt – ein vernünftiges Budget, und das liegt vor. Wir brauchen aber auch Reformen. Ich sage hier eines: Das Wort "Reform" darf nicht als Synonym für Verschlechterungen stehen. Ich meine, wir brauchen einen Modernisierungsschub im Bereich der Familienförderung, denn Stillstand bedeutet Rückschritt. Was wir aber nicht brauchen, ist das Vorgaukeln einer Scheinidylle, die Rückkehr zur Sozialromantik im Biedermeierstil oder eine Frau-zurück-an-den-Herd-Philosophie.

Unser gesamtes Förderungssystem muß auf den Strukturwandel reagieren, muß dem Strukturwandel, der sich in allen westlichen Industriestaaten vollzieht, angepaßt werden. Wir Sozialdemokraten stehen daher für eine innovative arbeitnehmerorientierte Familienpolitik, für eine Fami


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lienpolitik, die den konkreten Bedürfnissen der Familien entspricht, Familien in einer Industrie-, Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Wir wollen daher die Jungfamilien stärken. (Abg. Gaugg: Warum tun Sie es nicht?) Gerade für die Startphase einer Familie müssen wir ein Bündel von Maßnahmen bereitstellen. Wir müssen die soziale Komponente verstärken, etwa durch einen Zuschlag zur Familienbeihilfe für einkommensschwächere Familien, denn gerade Alleinerzieherinnen (Abg. Gaugg: Warum tun Sie es nicht?)  – lassen Sie mich reden, Herr Gaugg, reden Sie in Kärnten, dort hört Ihnen niemand zu! – und Mehrkinderfamilien mit niedrigem Einkommen sind zu berücksichtigen.

Keine Umverteilung von unten nach oben! Wir brauchen eine Strukturreform für den FLAF (Abg. Dr. Graf: Sitzen Sie in der Opposition?)  – ich höre Sie Gott sei Dank nicht – in Form einer Verbreiterung der Finanzierungsbasis, nämlich einen schrittweisen Umbau von der derzeitigen lohnsummenabhängigen Finanzierung hin zu einer wertschöpfungsbezogenen Abgabe.

Wir wollen den konsequenten Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, wozu auch die Betriebskindergärten zählen, fortsetzen. Die Öffnungszeiten müssen sich an den Bedürfnissen der Kinder orientieren, aber auch an den Bedürfnissen der berufstätigen Eltern, daher ganztägige Öffnungszeiten und auch in der Ferienzeit mit einem qualifizierten Personal. Die Sachleistungen wie die Schülerfreifahrt und Schulbücher müssen gesichert werden. Für Schüler und Studenten, die einen Zweitwohnsitz am Schul- und Studienort haben, wollen wir eine einkommensabhängige Heimfahrtbeihilfe schaffen.

Die Situation der Frauen – Khols "Orchideenthema" – in der Arbeitswelt steht natürlich in engem Zusammenhang mit der Diskussion um die Familienpolitik. Im Mittelpunkt einer offensiven Sozial- und Familienpolitik stehen die Situation der Frau in der Arbeitswelt und der Ausbau der Sicherung ihrer Rechte. (Abg. Dr. Graf: Im Mittelpunkt steht die Familie!)

Wir wollen auch die Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten in das Sozialversicherungssystem. Die jüngst veröffentlichten Statistiken zeigen die dramatische Situation auf: Keine Spur von Vollzeitarbeitsplätzen im Handel! Wir wollen eine eigenständige Pensionsabsicherung für Frauen, Wiedereinstiegshilfen nach der Familienarbeit, das Recht auf Teilzeitarbeit bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes und Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Unternehmungen, denn die Frauen brauchen den Erwerb von Qualifikationen. Dafür haben sie meistens keine Zeit, sie müssen Qualifikationen nachholen, um auch in andere Branchen umsteigen zu können. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine richtige Oppositionsrede! Wenn Sie in der Regierung sind, dann machen Sie das alles!)

Wir brauchen keine Spaltung des Arbeitsmarktes: hier Vollzeitarbeit für Männer und dort Teilzeitarbeit für Frauen, sonst wird das Wort "Flexibilisierung" zu einem Synonym, zum Synonym für die Benachteiligung der Frauen und zum Synonym für Lohnkürzungs- und Arbeitsplatzreduktionsprogramme. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stadler und Dr. Graf. )

Wenn wir von Gleichstellung und Gleichbehandlung reden – ich weiß, daß Sie laut schreien können, das ist ja eine der Voraussetzungen in Ihrer Partei, um hier hereinkommen zu können –, so meinen wir konkret die gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichstellung der Frauen. Wir brauchen neue und andere Lebens- und Arbeitsfrauen für Frauen (Abg. Gaugg: Was war das jetzt? – Abg. Mag. Trattner: Lesen Sie das jetzt zum erstenmal heute?) , andere Lebens- und Arbeitsformen für Frauen. – Sie reden so perfekt, ich weiß, daß Sie mich korrigieren müssen. Sie sind einer der Spitzenredner, Herr Gaugg!

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes zeigt, daß wir auf dem richtigen Weg sind. Das Thema dieser Umfrage war: Lebensplanung der Frauen. Danach sind alle befragten Frauen zwischen 18 und 30 Jahren berufsorientiert. Sie geben dem Beruf mehrheitlich den Vorzug, Vorzug vor dem Haushalt, ja sogar vor Mutterpflichten. Dabei wird aber betont, daß es möglich sein muß, Karriere, Kind und Haushalt unter einen Hut zu bringen. 85 Prozent der befragten Frauen sagen auch, daß sie eine Familie gründen wollen.


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Wir müssen auch die finanzielle Basis der Familien erweitern, vor allem der Familien mit niedrigen Einkommen und nicht der Höchstverdiener. Ich sage noch einmal: Keine Umverteilung von unten nach oben! (Abg. Gaugg: Die rote Lampe leuchtet!)

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß wir in einer Welt von Widersprüchen leben: steigende Beschäftigung – zunehmende Arbeitslosigkeit, hoher Wohlstand – neue Formen der Armut. Daher werden wir den Kampf gegen die Armut entschlossen aufnehmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Mertel hat von der Geschäftsordnung her noch eine Redezeit von 9 Minuten. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeit eingestellt.

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): Wir werden den Kampf gegen diese Armut aufnehmen, und vor allem müssen wir darauf drängen, daß genügend Arbeitsplätze geschaffen werden. Vorrang müssen beschäftigungsintensive Projekte haben. Der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft muß wieder gesichert werden. Daher müssen wir den Sozialstaat modernisieren und die Transferleistungen vor allem auf jene Menschen konzentrieren, die sie wirklich brauchen.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen Veränderungen, um die Herausforderungen, die unmittelbar und längerfristig bevorstehen, zu bewältigen. Allerdings müssen diese Veränderungen im Interesse der Menschen erfolgen, und sie müssen vor allem gemeinsam mit ihnen realisiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maderthaner. Die freiwillige Redezeit ist auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Graf: Der nächste "Oppositionspolitiker"!)

10.56

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Budgetentwurf, den der Herr Finanzminister am 18. September dem Hohen Haus vorgelegt hat, ist getragen von dem Bemühen um möglichst große Stabilität, mehr Effizienz der staatlichen Einrichtungen, ein klares Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft, auch um die Verringerung der Arbeitslosigkeit in Österreich, das heißt die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.

Herr Haselsteiner! Nur eine Anmerkung zur Sozialpartnerschaft: Wenn wir zuviel oder mehr mitreden, dann heißt es, wir sind eine Nebenregierung. Brauchen wir mit den Beratungen länger, weil es manchmal auch sehr schwierige Materien sind, dann heißt es, wir sind zahnlos. Ich darf Ihnen sagen: Wir sind weder eine Nebenregierung noch zahnlos! (Abg. Böhacker: Eine zahnlose Nebenregierung!) Wir sind ein Beratungsgremium, das sich bemüht, daran mitzuwirken, die Probleme dieses Landes zu lösen. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Mertel! Nur eine Anmerkung: Da Sie fragen, was mit der Verstaatlichten passiert wäre, wenn es nach der ÖVP gegangen wäre, möchte ich Ihnen eines sagen (Abg. Koppler: Da hat sie recht! Aussage von Busek!)  – bitte, horch ein bißchen zu! –: Wir hätten natürlich viel früher privatisiert oder hätten der Verstaatlichten auch gesagt, sie soll sich auf Umweltgeräte, Umweltanlagen spezialisieren, schon zu einer Zeit, als das noch interessant gewesen wäre, und hätten uns damit viel an Zuschüssen erspart. Das hätte die ÖVP gemacht. (Beifall bei der ÖVP. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Koppler. ) – Du kannst dich ja melden, lieber Freund Koppler. (Abg. Dr. Khol: Er darf nicht reden wegen der Sachen, die er sagt! – Abg. Dr. Kostelka: Wir sind ja nicht im ÖVP-Klub! – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bemühen, das in der Budgetrede deutlich zu erkennen war und aus dem Budgetentwurf zu ersehen ist, ist wichtig, ist aber nur die eine Seite, während die Umsetzung die wichtigere und zweite Seite ist. Wir müssen zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen alles unterlassen, was die Wirtschaft in dieser großen Zeit der Herausforderung schwächt oder belastet. Und wir haben alles zu tun, um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft noch weiter zu verbessern; es ist ja einiges diesbezüglich schon ge


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schehen. Denn nur Betriebe, meine Damen und Herren, schaffen und sichern Arbeitsplätze – nicht Verordnungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen natürlich auch die anstehenden Probleme lösen, das ist gar keine Frage, die gibt es. Aber wir dürfen unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf die Gegenwartsprobleme fokussieren, sondern müssen natürlich auch die Zukunft im Auge haben. Welche Themenkreise stehen zur Diskussion? Auch das muß man sehr klar und deutlich sagen: Es ist die Sicherung der Pensionen in den letzten Wochen das Thema Nummer 1 für die Unter-40-Jährigen, aber noch viel mehr für die Jüngeren. Denn, meine Damen und Herren, ich möchte das hier sehr deutlich sagen, wir brauchen eine Harmonisierung im Leistungs- und Anspruchsrecht. Wir brauchen eine Harmonisierung der Durchrechnungszeiträume, das heißt die gleiche Regelung für alle Systeme, das ist dringend notwendig. Und wir brauchen eine Hinaufsetzung des gesetzlichen Pensionsanspruchsalters. Das heißt, wir brauchen eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, um zusätzliche Arbeitsplätze schaffen zu können, wenn wir die Menschen länger beschäftigen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Um die Dramatik hier zum Ausdruck zu bringen, möchte ich Ihnen folgendes sagen, meine Damen und Herren: Die heute 20jährigen könnten zwischen drei Möglichkeiten wählen, wenn wir jetzt nichts machten – aber wir werden dieses Problem sicher auch lösen –: erste Möglichkeit: Die Pensionsbeiträge müßten von 22,8 auf 53 Prozent erhöht werden. Zweite Möglichkeit: Die Pensionshöhe müßte um 45 Prozent vermindert werden. Dritte Möglichkeit: Die Menschen müßten bis zum 76. Lebensjahr arbeiten. – Alle drei Varianten sind, glaube ich, kein erstrebenswertes Zukunftsziel, und daher wird es auch zu einer Lösung kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer Themenkreis ist die Jugendbeschäftigung. Es ist sicher, daß wir zurzeit Jugendliche haben, die noch einen Lehrplatz suchen. Ich möchte aber folgendes dazusagen, um beide Seiten zu beleuchten und der Wahrheit die Ehre zu geben: Wir haben mit Stichtag Ende September um 3 000 Lehrverträge mehr abgeschlossen als im Vorjahr. Das muß man schon einmal klar und deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. )

Den Grund dafür, daß es aber trotzdem noch Probleme gibt, darf ich Ihnen auch sagen, Frau Kollegin: weil heuer und im nächsten Jahr die geburtenstarken Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt drängen – dieser Trend wird sich aber ein Jahr darauf wieder ändern.

Aber ich sage Ihnen noch etwas, was wir tun könnten, dann hätten wir nämlich überhaupt keine Probleme, alle Jugendlichen unterzubringen: Wir haben vor kurzem mit der neuen Gewerbeordnung die sogenannten Teilgewerbe geschaffen, und ich könnte mir durchaus vorstellen, daß wir analog dazu die sogenannte Teillehre einführen, nämlich für jene, die etwas minderqualifiziert sind, die etwas schwächer sind, um ihnen einen Teilberuf lernen zu lassen. Das wollen nämlich die Eltern und die Jugendlichen, und wir könnten damit die Jugendlichen aus dem Hilfsarbeiterstand herausholen. Das sollten Sie sich einmal wirklich überlegen. (Weiterer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Koppler: Und was ist da der Hintergrund? Weil Sie nicht zahlen wollen!)

Lieber Freund Koppler! Es ist schade, daß wir darüber nicht reden können. Du siehst das nur von der anderen Seite. Darf ich dir sagen, daß es Minderqualifizierte gibt, die sehr froh wären, wenn sie nicht als Hilfsarbeiter gehen müßten, sondern einen Teilberuf erlernen könnten?! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage dir noch etwas: Mit der Teillehre könnte man vielleicht auch erreichen, daß man sie zur Vollehre überführt, wenn ihnen in der Zwischenzeit unter Umständen der Knopf aufgegangen ist. All das muß man mit berücksichtigen, wenn man der Jugend helfen will. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das nächste Thema, das uns zurzeit beschäftigt, ist der Euro. Auch dazu ein klares Wort, meine Damen und Herren: Es geht darum, daß sich die Europäische Union kraftvoll weiterentwickeln soll, und ich hoffe, daß wir alle daran interessiert sind. Der Wettbewerb der Zukunft wird nicht nur zwischen einzelnen Unternehmen ausgetragen und nicht nur zwischen einzelnen Ländern in Europa, zwischen Österreich und Deutschland oder Frankreich oder Italien, sondern der Wettbewerb der Zukunft wird zwischen Europa und Amerika beziehungsweise Europa und Asien ausgetragen werden, und daher ist es notwendig, daß sich


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dieses Europa kraftvoll weiterentwickelt. Daher brauchen wir eine gemeinsame Währung. Und wenn die Notwendigkeit einer gemeinsamen Währung in Europa besteht, dann kann sich ein kleines Land, das wirtschaftlich sicher sehr stark, aber doch klein ist, nicht ausschließen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Reden Sie einmal mit den Inhabern kleinerer und mittlerer Betriebe – vielleicht machen Sie das ohnehin –, die exportieren wollen. Sie sagen, die größten Schwierigkeiten haben sie mit den neuen Märkten, weil sie sie zuwenig kennen, sie haben aber auch Angst davor, daß zwischen Auftragsannahme und Abrechnung eines Auftrags unter Umständen eine Veränderung der Währungsparität stattfindet, das heißt, daß im anderen Land abgewertet wird.

Ich war vor kurzem in einem Industriebetrieb, in dem man in der letzten Zeit durch die Veränderung der Währungsparität bei einem einzigen Auftrag 170 000 S verloren hat. (Abg. Mag. Stadler: Das können Sie aber auch anders in den Griff kriegen! Deswegen brauchen Sie nicht den Schilling aufzugeben!)

Ein wichtiger Aspekt des Euro ist auch, daß die Verrechnung vereinfacht wird, denn ein kleiner Betrieb kann nicht soviel Bürokratie bewältigen. – Also es gibt genug Vorteile. (Beifall bei der ÖVP.)

Glauben Sie wirklich – und das müssen Sie auch erst den Menschen klarmachen –, daß die Sparer besser fahren, wenn der Schilling unter Umständen schwächer wird? Ich glaube es nicht.

Meine Damen und Herren! Es gibt weitere Probleme, die zu lösen sind. Beispielsweise muß die Entbürokratisierung fortgeführt werden. Es sind jetzt durch das neue Anlagenrecht, durch die Konzentration der Genehmigungsverhandlungen – ein ganz wesentlicher Punkt – große Schritte erfolgt. Weiters ist die Exportoffensive voranzutreiben. Es hat Kollege Khol heute schon darauf hingewiesen, daß wir im ersten Halbjahr eine Steigerung von über 11 Prozent haben; in den letzten vier Jahren gab es konstante Steigerungen.

Ich darf Ihnen auch folgendes sagen: Ich habe vorgestern den Exportstammtisch Lateinamerika geführt. In diesem Bereich gibt es große Steigerungen: 11,8 Prozent beim Export nach Kolumbien, über 45 Prozent nach Brasilien, 54 Prozent nach Chile und 99,8 Prozent nach Argentinien – fast eine Verdopplung! (Beifall bei der ÖVP.) – Das ist die Leistung der österreichischen Unternehmen, und die sollten wir herausstreichen!

Ich komme schon zum Ende meiner Ausführungen, meine Damen und Herren! Was wichtig und wesentlich ist ... (Abg. Mag. Stadler: Und das hat mit dem Euro zu tun? Lateinamerika hat mit dem Euro zu tun? Für wie dumm verkaufen Sie dieses Haus?) – Bitte, melden Sie sich als Redner oder reden Sie nachher mit mir! Nicht dazwischenschreien, damit werden wir die Probleme nicht lösen, Herr Stadler! Damit werden wir sie nicht lösen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Das ist der Dollar, Herr Präsident! Was hat das mit dem Euro zu tun?) Wenn Sie es nicht verstehen, dann melden Sie sich halt und versuchen Sie, das anders darzustellen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist der Dollar, Herr Präsident! Wissen Sie, was das ist?) Das brauchen Sie mir nicht zu erklären, Herr Stadler! Behalten Sie Ihre Weisheiten für sich, das ist viel besser. Sie kennen das sicher: Si tacuisses, philosophus mansisses. – Das gilt auch für Sie! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Herr Leo! Was reden Sie da vom Euro daher?)

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was wir brauchen – und das ist wesentlich, um die Zukunft positiv zu gestalten –: Wir brauchen eine neue Unternehmergesinnung. Schon in der Schule muß den Jugendlichen klargemacht werden, daß der Beruf des Unternehmers ein wichtiger ist, weil er Arbeitsplätze schafft. (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das gilt auch für die Medien, die das Ganze durchaus positiver darstellen könnten. Nicht nur die Skandale, sondern vor allem die positive Entwicklung sollte dargestellt und vermittelt werden. Und das gilt vor allem auch für die Opposition, die manchmal durchaus daran mitwirken könnte, eine positive Stimmung zu schaffen, und nicht ständig alles miesmacht. Wir brauchen Mutmacher und nicht Miesmacher, merken Sie sich das! (Beifall bei der ÖVP.)

11.08


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Edlinger. (Zwischenrufe zwischen den Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)  – Ein paar Sekunden, Herr Minister, wenn Sie Verständnis haben, bis der Diskurs zu Ende geführt ist. – So, ich darf Sie jetzt um Ihre Ausführungen bitten, Herr Minister.

11.08

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe natürlich, wie sich das gehört, der bisherigen Diskussion sehr aufmerksam zugehört, und möchte mich zunächst vorweg für das zugegeben differenzierte, aber durchaus zum Ausdruck gebrachte Lob des Hohen Hauses für das Budget 1998 herzlich bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich meine, daß eine Budgetdebatte verschiedene Facetten hat. Zunächst einmal geht es darum, den Voranschlag zu prüfen, die Zahlen einer bestimmten Plausibilität zu unterziehen, und es ist richtig, daß man daraus auch unterschiedliche politische Schlüsse ziehen kann. Das ist auch gut so, denn ich meine auch, daß der Parlamentarismus von unterschiedlichen Ansichten, von unterschiedlichen Zielsetzungen lebt, aber letztendlich muß das Interesse des Hohen Hauses darin bestehen, einen Voranschlag für dieses Land zu beschließen, der den Zielsetzungen, die sich primär die Bundesregierung vorgegeben hat, entspricht, nämlich dieses Land für die neuen Herausforderungen entsprechend zu wappnen und budgettechnisch, sofern das die Budgetmöglichkeiten erlauben, entsprechend zu gestalten.

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß sich in den Ausschüssen die Fragen, die hier nur teilweise und nur sehr punktuell dargestellt worden sind, im Detail werden klären lassen.

Ich habe es mit sehr großem Vergnügen verfolgt, als Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner hier mit einem roten Karton herauskam, und dann befürchtet, daß er in diesem ein Belastungspaket bringt, und war dann sehr erstaunt darüber, daß nichts drinnen war. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte mit aller Deutlichkeit hier sagen, daß es Ziel dieser Bundesregierung ist, einen sparsamen, einen realistischen Budgetkurs zu fahren, aber darauf verweisen, daß wir klipp und klar erklärt haben, daß es kein Sparbudget sein wird, weil wir kein Sparbudget brauchen, und zwar deshalb, weil die Konsolidierung des österreichischen Staatshaushaltes seit 1996 in einer Form fortgeschritten ist, die es zwar notwendig macht, die Konsolidierung durch weitere Reformen abzusichern, die es aber nicht erfordert, etwas zu beschließen, was man als Sparpaket definieren könnte.

Herr Abgeordneter Trattner hat bedauerlicherweise gemeint, es handle sich beim vorliegenden Budget um ein Schwindelbudget, und dann angeführt, in welcher Art und Weise Veräußerungserlöse eingesetzt werden, um beispielsweise strukturelle Reformen nachhaltig zu unterstützen. Die Ausgliederung der ASFINAG ist eigentlich nichts anderes als eine Strukturreform. (Abg. Mag. Trattner : Das ist eine Flucht aus dem Budget!) Man kann es sich heute nicht mehr so einfach machen, zu fordern, daß alles über des Budget allein geschieht, sondern wir müssen in dieser Gesellschaft betriebswirtschaftliches Denken und Handeln zur Maxime machen (Abg. Mag. Trattner: Das glauben Sie selber nicht, Herr Minister!), um die notwendigen Maßnahmen, zum Beispiel auch im Straßenbau, zu setzen. Natürlich ist ein Teil dieser Mittel daher dazu verwendet worden, strukturelle Reformen einleiten zu können.

Ich bin sehr betrübt, daß Sie ein an und für sich in vielen Bereichen äußerst intelligentes Budget als ein Schwindelbudget bezeichnen. Aber ich kann damit leben. Eine andere Definition würde mich innehalten lassen, und ich würde mich still und leise fragen, was ich eigentlich falsch gemacht habe. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde hier auch gemeint, man müsse sehr viel mehr auf der Ausgabenseite sparen, da den Konsolidierungsstift ansetzen, dabei wurde aber aus Angst vermieden zu sagen, in welchen Bereichen dies geschehen soll. Denn ausgaben


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seitige Einschränkung heißt übersetzt mit einem anderen Begriff Leistungseinschränkung. Ich gebe zu, daß wir darangehen müssen, auf vielen Gebieten auch im Leistungsbereich punktueller, gezielter vorzugehen, und zwar gerade bei dem Ziel, das wir uns in der Budgetpolitik gesetzt haben, nämlich bei der Einbremsung der Dynamik etwa bei den Sozialausgaben intelligente Lösungen zu finden.

Aber zu sagen, man müsse bei den Ausgaben sparen, und dann bei jeder Maßnahme aufzuschreien, wenn es darum geht, sie umzusetzen, ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, gelinde gesagt nicht fair. Es ist dies nicht fair, nicht kreativ und auch kein Weg, über den man diskutieren kann.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Wenn ich von Ihrer Seite höre, welche Konzepte im Bereich der Steuerpolitik von Ihnen überlegt werden, nämlich eine mittelfristige Senkung der Quote auf 35 Prozent, wodurch ein Steuerentfall von 200 Milliarden Schilling ausgelöst würde, dann muß ich sagen: Österreicherinnen und Österreicher, gute Nacht!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß schon, daß seriöse Politik nicht spektakulär ist, sie wird möglicherweise auch erst später bedankt, aber diese Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gestellt, nicht spektakuläre Politik zu machen, sondern eine Politik der schrittweisen Reformen, die auch Verständnis bei den Menschen findet. Dazu braucht man Zeit, dazu bedarf es der Ehrlichkeit, das erfordert Seriosität.

Ich möchte schon mit aller Deutlichkeit sagen, daß es diese Bundesregierung geschafft hat, in nur 18 Monaten vier Budgets zu erstellen. Jetzt können Sie fragen: Wo ist das vierte? – Das vierte Budget ist der vorläufige Entwurf für 1999, den die Bundesregierung bereits beschlossen hat und den Sie hier im Parlament im Frühjahr 1998 beraten und, wie ich annehme, auch beschließen werden. Ich nehme das deshalb an, weil er die logische Ergänzung beziehungsweise Fortsetzung der Stabilisierung ist, die durch die Budgets 1996 und 1997 eingeleitet worden ist, wo es jetzt darum geht, die notwendigen Initiativen zu setzen.

Ich darf mir erlauben, in aller Kürze die Hauptziele, die in diesem Budget bereits sehr klar angesteuert werden, darzulegen. Bezüglich mancher Bereiche werde ich in den Ausschußsitzungen dann erklären, was damit gemeint ist. Die logische Fortsetzung werden Sie im Bundesvoranschlag 1999 finden.

Es geht uns erstens darum, die Sicherung der Pensionen und der sozialstaatlichen Einrichtungen zu bewerkstelligen. Es wird trotz Pensionsreform 1998 und 1999 eine Pensionserhöhung geben; ich zitiere vom 24. Juli, ich zitiere aber nicht, was damals manch andere gesagt haben. Ich stelle fest: Wir haben gestern mit den Vertretern der Pensionistenorganisationen eine faire, wie ich glaube, eine moderate – das gebe ich zu –, aber die Teuerung abgeltende und damit die Existenz der Pensionisten, denen wir in Österreich viel verdanken, sichernde Pensionserhöhung abgeschlossen. Das ist ein wesentlicher Faktor dieses Konzeptes. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Selbstverständlich ist es legitim, daß jemand hier herauskommt und fragt: Wo finde ich das im Budget? Das kostet 3,9 Milliarden Schilling! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt ein Bundesvoranschlag vor, in dem jene Daten zu Papier gebracht und in Zahlen gegossen wurden, die zum Zeitpunkt der Budgeterstellung der Realität entsprachen, natürlich in dem Wissen, daß im Zuge der Budgetberatungen das eine oder andere entsprechend nachzujustieren sein wird, daß es Änderungen wird geben müssen, weil es notwendig ist oder wir es so wollen.

So hat etwa Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen gemeint: Eigentlich finde ich eine Reihe von Maßnahmen nicht, die der Herr Finanzminister in seiner Rede angekündigt hat. Herr Abgeordneter! Die Versicherungssteuer werden Sie nicht finden, weil dieser Vorschlag erst eingebracht worden ist, nachdem wir innerhalb der Bundesregierung in gemeinsamer Überlegung zu dem Schluß gekommen waren, daß die vorzeitige Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage im ASVG-Bereich vielleicht doch keine so gute Idee ist. Sie müßten mich sonst fragen: Wie ersetzen Sie denn dann den im Budget entstehenden Einnahmenentfall? – Das ist nur ein Beispiel. Es wird


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viele andere solcher Beispiele noch geben, die wir in der gemeinsamen Ausschußarbeit beraten werden.

Wir haben für jene Maßnahmen, die durch den Gehaltsabschluß für den öffentlichen Dienst, der ja auch bereits über die Bühne gegangen ist, und durch den Pensionsanpassungsabschluß für die ASVG-Pensionisten und verwandte Systeme notwendig geworden sind, Möglichkeiten gefunden, die Bedeckung dafür im Budget 1998 zu sichern, ohne die grundsätzliche Zielsetzung, nämlich die Defizitquoten einhalten zu können, zu gefährden und ohne Kürzungen im investiven Bereich der Budgets vornehmen zu müssen.

Zweiter Schwerpunkt: die Verwaltungsreform im öffentlichen Dienst – ganz schwer in Zahlen zu gießen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verwaltungsreform im öffentlichen Dienst ist nämlich keine Maßnahme, sondern eine Frage der Gesinnung. Ich muß mir überlegen, welche Aufgaben ich künftig der öffentlichen Verwaltung stelle, wie sie optimal, bestmöglich, mit minimalem Personaleinsatz erledigt werden können und wie es mir trotzdem gelingen kann, die Bereitschaft der Mitarbeiter dazu zu gewinnen. Das ist schwierig!

Eines sage ich Ihnen auch ganz deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Eine Verwaltungsreform über das Knie zu brechen, eine Verwaltungsreform, die Irritation bei den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst auslöst, werde ich sicher nicht veranlassen. Wir wollen das gemeinsam mit den Mitarbeitern machen, es gibt diesbezüglich auch positive Gespräche, die Umsetzung im Budget setzt allerdings eine gewisse Flexibilität voraus. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dritter Schwerpunkt: Forschung und Entwicklung. Ich habe in meiner Budgetrede sehr deutlich gesagt, was ich mir darunter vorstelle. Es werden Budgets beziehungsweise Tabellen immer schwieriger vergleichbar, beispielsweise wegen Ausgliederungsmaßnahmen, wo bestimmte Investitionen ursprünglich budgetwirksam waren, es aber später nicht mehr sind, weil sie nicht mehr vorkommen. Wenn man das oberflächlich liest, könnte man irrtümlich zu dem Schluß kommen, die Investitionen würden zurückgehen.

Ich frage mich im Zusammenhang mit dem Bereich Forschung und Entwicklung wirklich: Hängt es tatsächlich ausschließlich von der Bemessung der Mittel im Budget ab, ob Forschung und Technologie offensiv betrieben werden. Ich komme zu dem Schluß, daß das zwar nicht unwesentlich ist, daß man aber bei entsprechender Straffung der Organisation und bei einem anderen Einsatz der öffentlichen Mittel, bei dem es uns gelingen muß, den Hebesatz so zu verändern, daß aus einem Budgetschilling ein Mehr entsteht, dasselbe Ergebnis erzielen könnte. Es ist mir überhaupt nicht einleuchtend und außer den Geschäftsführern des Fonds konnte mir auch noch nie jemand erklären, wieso es Aufgabe von Forschungsfonds ist, an Banken Statt Darlehen zu gewähren. Es gibt Banken, die das tun. Das ist die teuerste aller Methoden, Forschungsförderung zu betreiben. Es ist mir schon klar, daß dann, wenn man das über den Weg von Zinsenzuschüssen macht, Substanzen und Rückflüsse minimiert werden, daß das nur eine bestimmte Zeit geht, aber das, was wir jetzt brauchen, ist, daß der Motor stärker anspringt.

Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner sprach von Grundlagenforschung und praxisnaher Forschung; das ist auch so locker gesagt. Denn: Forciere ich die praxisnahe Forschung programmatisch, schreien die Universitäten und sagen: Wir werden wegen der Absatzmöglichkeiten von der Wirtschaft bevormundet. Die Wirtschaft sagt wiederum: Das, was an der Universität geforscht wird, kann keiner brauchen. Sehen Sie, das sind jetzt These und Antithese.

Ich möchte nicht so interpretiert werden, daß ich die eine oder die andere Meinung vertrete, sondern ich sage, daß die Neuorganisierung der Forschungs- und Technologieförderung darin bestehen muß, die Grundlagenforschung so einzusetzen, daß sie der praxisnahen Forschung dient. Und dann muß es uns gelingen, beim gesamten Forschungsaufwand Österreichs jenen Schnitt zu erreichen, der in der Europäischen Union üblich ist.


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Wie Sie wissen, werden in der Europäischen Union zirka 39 Prozent der Forschungsausgaben aus öffentlichen Mitteln finanziert, der Rest aus privaten. In Österreich kommen über 50 Prozent von der öffentlichen Hand. Das zu ändern, dem dient die neue Form der Organisation, die in wenigen Wochen stehen wird.

Meine Damen und Herren! Glauben Sie nicht alles, was in den Zeitungen steht, wo von irgendwelchen Kompetenzschwierigkeiten die Rede ist. Das ist wirklich von sekundärer Bedeutung. Von primärer Bedeutung ist, daß dieses an sich vernünftige Konzept umgesetzt wird, daß die Finanzierung auf neue Beine gestellt wird, daß es auch im Bereich der Forschung Wettbewerb gibt, und zwar gerade dort, wo es um praxisnahe Forschung geht. Ich bin überzeugt davon, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir dann, wenn wir mit Vehemenz, wenn wir in dem Glauben, daß wir es schaffen, ans Werk gehen, auch dieses dritte wichtige Ziel des Budgets erreichen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Vierter Schwerpunkt: Ich verstehe schon, daß man sagt, das österreichische Wachstum entstehe in erster Linie durch den Export. Auch ich würde sehr froh darüber sein, würde die Inlandsnachfrage eine stärkere sein. Es geht aber auch darum, Anteile auf interessanten Märkten zu gewinnen. Exportförderung bedeutet ja auch, daß wir in unserem Lande Wertschöpfung und damit auch Arbeitsplätze sichern. Wenn beispielsweise eine große österreichische Firma eine internationale Ausschreibung für den Bau von 500 Brücken auf den Philippinen gewinnt, dann ist es ganz einfach Aufgabe der österreichischen Exportförderung, solche Soft-loan-Angebote zu machen, daß die zu 80 Prozent vorgesehene Wertschöpfung im Lande bei einem Gesamtauftrag von über 1,2 Milliarden Schilling tatsächlich stattfinden kann. Daher ist es notwendig, die Exportförderung – ich habe sehr genau, sogar fast zu sehr ins Detail gehend in meiner Budgetrede gesagt, worum es uns dabei geht – zu verändern.

Es geht dabei um den Ausbau der FGG in eine innovative Gesellschaft, um Markterschließungsgarantien, um Dienstleistungen für Klein- und Mittelbetriebe, die in Österreich von enormer Bedeutung sind – ich bin sehr froh darüber, daß es da zu Akkordierungen mit der Wirtschaftskammer kommt –, um die Vereinfachung administrativer Abläufe und ähnliches.

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die Exportförderung nicht irgend etwas ist, was irgendwo bei irgendwelchen Menschen stattfindet. Ich unterlasse es, zu interpretieren, was ich von so mancher Seite gehört habe, was die Exportförderung sei. Die Exportförderung ist eine Sicherung hochtechnologisch interessanter Arbeitsplätze in unserem Lande, und daher werden wir dieses Förderungsinstrument auch verbessern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte dieses mein Zwischenstatement nicht zu lange werden lassen. Es war mir wichtig, einige Positionen, die ich teilweise schon in meiner Budgetrede dargelegt habe, neuerlich in Erinnerung zu rufen. Ich möchte noch einmal sagen, daß ich nicht die Absicht hatte, ein Schwindelbudget vorzulegen, sondern bestrebt war, ein intelligentes und kreatives Budget zu präsentieren. (Abg. Böhacker: "Kreativ" ist gut!) Die Bundesregierung hat kein Sparpaket vorgelegt, sondern ein sparsames Budget, ein Budget, das im Interesse der österreichischen Bevölkerung ist. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Klubobmann Khol hat heute gesagt, man soll mit Lob und Anerkennung doch ein bißchen großzügiger umgehen und vielleicht mehr Gentlemen-Art hier hereinbringen. Der Herr Finanzminister hat von sich aus gleich behauptet, er habe ein sehr intelligentes Budget vorgelegt und es strotze vor Strukturreformen. Ich gebe zu, bei Strukturreformen gibt es alternative Ansätze, da gilt es, verschiedene Wege zu gehen, aber Sie, Herr Minister, kommen mir so vor wie ein Frosch, der vor fünf Fliegen sitzt: Der verhungert nämlich, weil er keine einzige frißt. Sie wählen den Weg keiner Reform! Das ist nämlich das Wesen dieses Budgets und nichts anderes! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich muß sagen, die Budgetsprecher der Opposition haben heute so gut agiert wie nie zuvor. Das war beim Herrn Klubobmann der ÖVP natürlich nicht der Fall. Aber alle drei Budgetsprecher der Opposition haben den Punkt genau dorthin gebracht, wohin er gehört: daß Sie es versäumen, Reformen durchzuführen.

Herr Minister! Sie haben die Stirn, hier zu sagen, die Opposition solle Ihnen zeigen, wo die Sparansätze sind, nachdem Sie ein Sparpaket vorgelegt haben, das zu zwei Dritteln aus Einsparungen und zu einem Drittel aus Einnahmenerhöhungen bestehen sollte. Sie haben die Stirn, zu sagen, sie wüßten gar nicht, wo sie sparen sollten, obwohl Sie ein Sparpaket angekündigt haben. Das ist genauso unglaubwürdig wie Ihr Budget 1998! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich verstehe natürlich: Sie haben gewissermaßen nur das Erbe übernommen, und der Erblasser, Herr Bundeskanzler Klima, hat das alles im Prinzip schon am 27. Februar 1996 im Parlament angekündigt. Er hat gesagt, gemeinsam mit SPÖ, ÖVP und den Sozialpartnern habe es einen Kraftakt gegeben, mit dem es gelungen sei, sowohl die Voraussetzungen für die Beschäftigungssicherung und neue Arbeitsplätze als auch für eine Erweiterung des Handlungsspielraumes beim Budget zu schaffen. – Ich betone: beim Budget! (Bundesminister Edlinger spricht mit Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer sowie mit Abg. Gradwohl. – Ich weiß, daß sich Bundesminister Edlinger jetzt lieber mit etwas anderem beschäftigt, weil er nur ungern daran erinnert wird. Herr Minister! Wo ist denn dieser Spielraum im Budget?

Wir haben heute sehr eindrucksvoll gehört, daß die öffentlichen Investitionen zurückgehen. Wir haben sehr eindrucksvoll gehört, daß das Budget nach wie vor ein Torso ist. Dieser Torso, der auch von den Medien bestätigt wird, schaut in Ihrer eigenen Parteizeitung wie folgt aus (der Redner zeigt einen Zeitungsartikel vor): Unter dem Titel "Risikorede des Finanzministers" heißt es: Rudolf Edlingers erstes Budget – ein Torso, der jederzeit umkippen kann. – Das steht in Ihrer eigenen Parteizeitung, da können Sie es selbst lesen. Ich muß daher sagen, dieses Budget ist doch überhaupt kein Budget, und außerdem fehlen die Begleitgesetze.

Ich sage Ihnen darüber hinaus, Ihr Vorgänger und Erblasser, Herr Bundeskanzler Klima, hat auch gesagt, nötig sei nicht nur eine kalte und nackte Zahlenpolitik, man müsse den Leuten zuhören und mit ihnen gemeinsam Arbeitsplätze schaffen. Und dann reden Sie, Herr Minister – er geht jetzt natürlich weg, so unangenehme Sachen will er sich nicht anhören –, von Arbeitsplatzsicherung? Ich kann bei diesem Budget überhaupt nichts davon sehen. Der einzige Arbeitsplatz, den Sie gesichert haben, ist – das fällt mir ein, weil ich gerade Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer anschaue – der neue Posten des ehemaligen Sekretärs des Herrn Bundeskanzlers, des Herrn Marc Hall, der Ihr Nachfolger bei der OMV geworden ist, Herr Staatssekretär. – Das ist Ihre Beschäftigungspolitik. Und Sie haben ihm noch einen "schwarzen" Direktor dazugegeben, jetzt gibt es also sechs Vorstandsmitglieder bei der OMV. Dafür bauen Sie dort 1 000 Mitarbeiter ab. – Das ist Ihre Art der Beschäftigungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß auch auf den Beitrag des Herrn Professor Nowotny zu sprechen kommen, des Budgetsprechers der Sozialisten, der sich so etwas natürlich auch nicht anhört. Hier vorne (der Redner zeigt auf den leeren Sitzplatz des Abg. Dr. Nowotny) würde er normalerweise sitzen.

Professor Nowotny sagt, unser Wirtschaftswachstum sei so großartig. Meine Damen und Herren! Was unser Wirtschaftswachstum betrifft, hinkt Österreich von 1994 bis 1998 konsequent dem EU-Durchschnitt nach. Ich betone: konsequent! Und jedes Jahr sagen Sie, das sei das letzte Jahr, ab dem nächsten Jahr werde alles anders sein. Die Realität ist: Wir sind das Schlußlicht hinsichtlich des Wirtschaftswachstums.

Darüber hinaus sagen Sie: Mit knapp 7 Prozent oder 6,5 Prozent Beschäftigungslosen liegen wir im Spitzenfeld! – Aber die Arbeitslosenstatistik lügt, und Sie wissen das ganz genau. Sie selbst türken sie doch! Sie ist genauso getürkt wie dieses Budget, das heuer sehr frühzeitig vorgelegt wird. Wissen Sie, warum, meine Damen und Herren? – Damit man möglichst wenig nachvollziehen kann, damit man möglichst nicht erkennen kann, wie falsch die Ansätze in diesem Budget sind. Sie handeln nach dem Motto: Hinter uns die Sintflut!


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Herr Nowotny hat ja schon gesagt, daß das Budget 1999 noch früher vorgelegt werden wird. Wenn es aber noch früher vorgelegt wird, dann kann man es noch weniger nachvollziehen. Vielleicht schaffen wir den nächsten Wahltermin 1999, bis zu dem möglichst wenig nachzuvollziehen und Ihre Ankündigungspolitik nicht überprüfbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Wirtschaftsmagazin beschreibt das sehr gut. (Der Redner hält einen weiteren Zeitungsartikel in die Höhe.) Eine Überschrift lautet: Glatte Rechnung auf dem Rücken der Steuerzahler. – Man muß ja nur die Wirtschaftszeitungen lesen. Es handelt sich hier um eine durchgängige Berichterstattung zu dieser Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik. Es gibt überhaupt keine andere Art der Berichterstattung mehr.

Sie haben heute gesagt, wir Freiheitlichen könnten keine englischen Zeitungen lesen, wir wüßten gar nicht, daß diese Euro-Diskussion in Europa schon längst erledigt ist. Herr Klubobmann Khol – er ist natürlich jetzt auch nicht hier, er will sich das auch nicht anhören – hat zum Beispiel gesagt, auch die Sozialisten in England würden jetzt endlich dem Euro zustimmen. Ich muß sagen, wenn er das meint, dann kann er keine Zeitung lesen! Letzte Woche am Parteitag hat Herr Blair ausdrücklich erklärt – hier im "Herald Tribune" können Sie es lesen! (der Redner hält eine Ausgabe in die Höhe)  –: Wir denken nicht daran, unsere Politik bezüglich des Terminplans zum Euro zu ändern.

Aber hier sagt Herr Klubobmann Khol das Gegenteil. Dabei glaube ich, er kann ja eine Zeitung lesen, Herr Finanzminister, ich meine, eine englische Zeitung lesen. (Bundesminister Edlinger ist nicht im Sitzungssaal anwesend.)  – Wo ist er denn? – Herr Klubobmann Khol kann das sicher lesen. Er kann sicher erkennen, daß sich die Politik hinsichtlich des Fahrplans überhaupt nicht geändert hat. Aber auch das wird behauptet, selbstverständlich. Man kann ja alles behaupten.

Insbesondere behauptet Professor Nowotny, daß Sie hinsichtlich der Budgetproblematik, der Ansätze, und zwar auch im Bereich der Pensionen, die Sache natürlich voll im Griff hätten. Meine Damen und Herren! Sie wissen genau, daß heute eine Sitzung des Ministerrats ist und daß es letzte Nacht überhaupt nicht geklappt hat, daß überhaupt keine Übereinstimmung in der Pensionsreform erzielt worden ist. Das ist aber die Eventualverbindlichkeit in diesem Budget. Diese Eventualverbindlichkeit ist wesentlich höher als das, was Sie heute als Budgetdefizit ausweisen. Aber das wird in die Zukunft geschoben, das soll die nächste Regierung machen. Ich weiß, Sie meinen es nicht gut mit den Freiheitlichen, aber wir werden diesen ganzen Dreck letztlich wegschaufeln müssen. Der wesentliche Punkt dabei ist diese Eventualverbindlichkeit im Budget.

Gleichzeitig hat Herr Nowotny aber die Stirn, zu sagen, mit der Schuldenpolitik sei es vorbei. Es sei zu Ende mit den Defiziten in den Budgets. Laut seinen eigenen Voraussagen werden die Defizite in den nächsten drei Jahren aber zwischen 68 Milliarden und 70 Milliarden Schilling bleiben. Und was sagt er hier im Parlament? – Die Schuldenpolitik, die Defizitpolitik habe ein Ende. Man kann Ihnen kein Wort glauben!

Ich kann nur noch einmal den drei Rednern der Oppositionsparteien zu ihren hervorragenden Analysen dieses Budgets gratulieren. Ich glaube, besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. Daß der Herr Minister jetzt nicht anwesend ist und solche Dinge nicht hören will, hat ja seinen Grund darin, daß man eben die Realität nicht zur Kenntnis nehmen will. Diese Realitätsverweigerung ist es, die uns an diesen Punkt gebracht hat.

Die frommen Erstredner der Regierungsparteien, Nowotny und Khol, haben mit ihrem Gesundbeten natürlich auch ihren Beitrag geleistet. Sie haben sichtbar gemacht, daß sich in Österreich keine Strukturreformen abzeichnen, daß man weiterhin in der Öffentlichkeit nichts darlegen will, die Öffentlichkeit nicht in die Problematik mit einbeziehen will. Auch beim Schilling soll das nicht gemacht werden. Die Bevölkerung soll möglichst dumm sterben. Hinein in den Euro, ohne Wenn und Aber! Keine Diskussion zulassen! Hinein in das Budget, ohne Wenn und Aber! – Das ist Ihre Politik.


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Sie präsentieren nicht einmal die richtigen Zahlen. Und wenn man dann sagt, daß das ein Schwindelbudget ist, dann kommen Sie mit komischen Zitaten. Das, was Herr Haselsteiner im letzten Jahr gesagt hat, habe ich voll und ganz unterschrieben: daß das Budget Ansätze eines Schwindelbudgets hat. Ich sage Ihnen, diese Ansätze verdichten sich im Budget 1998. Das sind schon mehr als Ansätze eines Schwindelbudgets. Herr Staatssekretär, lassen Sie das dem Herrn Minister ausrichten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein letztes Wort zum internationalen Bereich. Wir haben heute sehr viel Nabelbeschau betrieben und immer nur über Österreich gesprochen, geschaut, wie es in Österreich in den vergangenen Jahren war und wie es heute ist. Schauen wir uns doch einmal an, wie sich unsere Positionen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit auf den europäischen Märkten entwickelt haben.

Tatsache ist, daß wir jedes Jahr um drei bis fünf Plätze in der Wettbewerbsstatistik unserer europäischen Handelspartner zurückfallen. Herr Staatssekretär! Wir sind im Jahr 1995 von Platz 11 auf Platz 16 und im Jahr 1996 auf Platz 19 zurückgefallen. Die neuen Hochrechnungen zeigen für heuer sogar Platz 21. Das heißt, wir haben als einziges EU-Land unsere Wettbewerbsposition wesentlich verschlechtert und den Bürokratieindex wesentlich erhöht. Die Staatsverwaltung ist aufgebläht wie nie zuvor. Wenn wir heute hier über Strukturreformen und Sparmaßnahmen reden, dann reden wir nicht über Leistungsreduktionen, sondern über Reduktionen im Nichtleistungsbereich, für den Sie mit Ihrer Privilegienwirtschaft und Verschwendungswirtschaft letztlich verantwortlich sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile das Wort nunmehr Herrn Abgeordnetem Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.38

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurden schon wesentliche Gesichtspunkte beleuchtet. Das drastischste Beispiel, das uns vorgeführt wurde, war an und für sich die nicht von allen goutierte oder nicht von allen verstandene leere Schachtel. Ich möchte noch einmal auf die Ausführungen meines Kollegen Haselsteiner zurückkommen und mich in diesem Zusammenhang vor allem mit dem leider jetzt abwesenden Bundesminister Edlinger auseinandersetzen, der so erstaunt war über diese Metapher, die leider überdeutlich ist.

Es ist nämlich in dieser Schachtel ein Blatt Papier gelegen, aber das war leer. Man hätte auf dieses Blatt auch schreiben können: "Ruster Erklärung", dann wäre es zwar noch immer leer gewesen, hätte aber die ganze Dramatik der politischen Situation besser beleuchtet. Wir bekommen nämlich hier vorgeführt, wie eine Regierung durch Ankündigungen, die sie dann nicht durchzuhalten versteht, vor der Situation steht, daß ein Budgetsprecher einer Oppositionspartei mit Fug und Recht den Nachweis führen kann, daß wir hier über ein Budget debattieren, dem die eigentlichen Grundlagen, nämlich die Maßnahmen fehlen, die sich letztlich im Budget widerspiegeln sollten.

Das hängt, wie ich meine, damit zusammen, daß wir unter anderem teilweise auch vor sehr unsicheren Zahlenhintergründen arbeiten. Kollegin Mertel, die jetzt bedauerlicherweise auch nicht hier ist, hat sich gewundert, wie man Zahlen interpretieren kann. Ich muß Ihnen sagen, Frau Kollegin Mertel, beziehungsweise sage ich es Ihnen, Herr Staatssekretär: Zahlen muß man eben auch lesen können! Sie sind nicht bloß die Ziffern, die da stehen. Zahlen stehen in einem Gesamtzusammenhang.

Deswegen hat unsere Fraktion auch einen Antrag eingebracht, auf den ich mich jetzt kurz beziehen möchte, weil er, wie ich meine, zum Thema paßt. In diesem Antrag wird gefordert, daß wir endlich dazu übergehen, daß vor dem Voranschlag für das nächste Jahr der Rechnungsabschluß des schon berichtsfähigen vorletzten Jahres hier in diesem Haus besprochen wird. Hätten wir nämlich jeweils, wenn wir ein Budget für die nächste Periode machen, bereits den vom Minister und vom Rechnungshof entwickelten abschließenden Bericht über das zuletzt abgeschlossene Jahr, dann würde manche Zahlenunsicherheit wegfallen. (Abg. Dr. Feurstein: Den haben wir gestern bekommen!)


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Wir sind daher der Meinung, daß diese Reihenfolge auch im Gesetz festgeschrieben sein soll. Das entspricht im übrigen nichts anderem als dem, was wir laut Handelsgesetzbuch von den Handelsunternehmen selbstverständlich erwarten! Das sollten wir auch für uns selbst anwenden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da könnte man sich dann über manches, was jetzt vielleicht so aussieht, als ob es Spiegelfechterei wäre, nicht mehr alterieren. Jetzt wird ja den Oppositionsabgeordneten immer vorgehalten, daß sie den mangelnden sachlichen Gehalt der Budgetzahlen zuweilen mit schmückenden Beiworten wie zum Beispiel "Schwindel" belegen – Worte, die sie ohnedies dem Wortschatz des Vizekanzlers entlehnen, der ja gelegentlich noch viel Deftigeres von sich gibt. Dann wäre es nicht mehr so ohne weiteres möglich, sich darüber zu alterieren.

Der zentrale Kritikpunkt aus meiner Sicht, aus der Sicht eines Sozialsprechers, lautet: Es mangelt diesem Gesetz an Budgetwahrheit. Es stehen hier zwar Zahlen, aber ob sie stimmen oder nicht, werden wir erst wissen, wenn wir die Begleitgesetze kennen. Jetzt müssen wir diese Zahlen einmal zur Kenntnis nehmen. Oder ist das vielleicht die neue Form einer sozusagen "strukturierten Sozialpolitik"? Ist es vielleicht so, daß Sie Zahlen festschreiben und dann irgendwie versuchen, die Ergebnisse darin unterzubringen und hineinzubiegen? – Das ist unehrlich, und genau das macht die Leute verdrossen.

Es gibt schon die Möglichkeit, sich vorzunehmen, bestimmte Zahlen nicht zu überschreiten, und dann zu schauen, welche Reformen man braucht, um tatsächlich mit diesen Beträgen auszukommen. Das ist eine vernünftige Vorgangsweise. Aber es ist unehrlich, wenn Sie hier Zahlen vorlegen, uns aber nicht sagen, aufgrund welch verbindlicher Annahmen Sie diese Zahlen entwickelt haben. Die Annahmen der Ruster Erklärung sind es offenbar nicht, das haben wir inzwischen gelernt, denn in der Ruster Erklärung wurden Pensionsreformen angekündigt, die vielleicht am Freitag in irgendeiner zurechtgeschminkten Form noch beschlossen werden, die aber keine echte Reform sein werden; das wissen wir heute schon.

Der Herr Bundesminister hat hier gesagt, es ist das kein Sparbudget – ich habe mir das extra aufgeschrieben; am Schluß seiner Rede hat er es dann auf das Wort "Sparpaket" umgeändert, vielleicht hat er das andere gemeint –, weil laut Bundesminister Edlinger Sparen ausgabenseitige Einschränkungen bedeute und ausgabenseitige Einschränkungen Leistungseinschränkungen seien. Denkt er wirklich so eindimensional? Hat er den Begriff "Nachhaltigkeit" noch nie gehört? Weiß er nicht, was eine nachhaltige Sozialpolitik ist? Daß die Sozialpolitik sparsam sein muß, ist doch wohl vorauszusetzen. Aber nachhaltig ist sie dann, wenn sie über Generationen hält. Das, was hier im Budget erkennbar ist, zeigt so etwas jedenfalls nicht.

Der Herr Bundesminister hat sich hier selbst gelobt und gesagt, daß es gelungen ist, mit den Pensionistenverbänden ein Einvernehmen über eine maßvolle Erhöhung zu finden. Dazu muß ich sagen, beim Verteilen von etwas mehr – es ist ja in diesem Fall nicht unberechtigt, daß die Pensionen angepaßt werden; ich will jetzt nicht mißverstanden werden – haben diese Mechanismen allemal funktioniert, aber beim Umschichten versagen sie! (Beifall beim Liberalen Forum.) Aber das ist, wie ich meine, das Entscheidende.

Sparen heißt, das Geld sinnvoller auszugeben und das Budget möglichst auch nicht mit jeweils immer neuen Schulden zu finanzieren. Das heißt sparen. Sparen heißt, das Geld sinnvoll, nachhaltig und wirkungsvoll einzusetzen. Das heißt sparen, nicht, Leistungen zu kürzen. Beim Umschichten kann es durchaus der Fall sein, daß bestimmte Leistungen relativiert werden müssen, zum Beispiel dann, wenn sie der sozialen Treffsicherheit ermangeln.

Mein Kollege Haselsteiner hat sich auch auf unser Familientransfermodell bezogen, das sich – mit denselben Volumina auskommend – sehr stark der Kinderarmut zuwenden und sie eigentlich, nehmt alles in allem, beseitigen würde. Selbstverständlich müßte das zu einer Umschichtung führen, und man würde dabei dort ansetzen, wo die Menschen eigenverantwortlich und aus eigenen Einkünften das Problem gut lösen können.

Der Bereich der Arbeitslosigkeit wird in diesem Budget sehr merkwürdig, sehr dilatorisch behandelt. Vorredner haben schon darauf hingewiesen, daß jetzt deutlich mehr Mittel aus dem Bereich


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der Arbeitslosenversicherungsbeiträge abgeschöpft werden, um die Pensionskassen zu stützen. Wir gehen davon aus, daß es noch mehr sein werden, als jetzt im Budget erkennbar ist, weil ein bestimmter Budgetansatz verniedlichend dargestellt ist. Es wurde ein Betrag von 2,5 Milliarden ausgewiesen, aber wir wissen seit Jahren – seit Jahren stehen an dieser Stelle nämlich immer 2,5 Milliarden –, daß es am Ende des Jahres immer 5 Milliarden sind. Wir rechnen also damit, daß unter diesem Titel noch etwas fließen wird.

Das hat allerdings den "Vorteil" – auch das zur Budgetwahrheit –, daß Sie so tun können, als ob Sie viel Geld für Ihre sogenannte Beschäftigungspolitik ausgeben würden. In Wahrheit zeigen Sie das Geld kurz her, nehmen es dann wieder weg und geben es den Pensionskassen. Das ist natürlich auf den Arbeitsmärkten statistisch wirksam, weil die Arbeitslosenzahlen dadurch statistisch geschönt werden können. Aber das ist keine aktive Arbeitsmarktpolitik.

Viel interessanter wird es aber, wenn man sich diese Zahlen, die so unschuldig dastehen, einmal näher anschaut. Herr Staatssekretär! Ich bitte Sie, konzentriert zuzuhören, Sie werden nämlich Erwiderungsbedarf haben, wenn auch vielleicht nicht heute, aber sicher morgen oder übermorgen.

Wenn man diese Zahlen genauer anschaut, dann sieht man, wie Sie die wirtschaftliche Entwicklung in Wahrheit einschätzen. Herr Klubobmann Khol – er ist jetzt auch nicht hier – hat uns nämlich erzählt, es werde alles großartig sein, die Beschäftigungsentwicklung werde fulminant sein, wir werden geradezu einen Arbeitskräftemangel haben und womöglich – horribile dictu – wieder Gastarbeiter anwerben müssen. Ein solch rosiges Szenario hat Herr Khol gezeichnet: Alles wird wunderbar, und die Staatsschulden werden verschwinden.

Ich muß sagen, ganz so sehe ich das nicht. Ich habe mir zwei Zahlen notiert, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. 1986, als diese Koalitionsregierung in etwas anderer Zusammensetzung, aber mit derselben Gesinnung – und diese Gesinnung ist bis heute völlig unreformiert geblieben – angetreten ist, haben die konsolidierten Staatsschulden nach Maastricht-Kriterien – also die Schulden aller öffentlichen Haushalte zusammen – 780 Milliarden Schilling betragen. – Heute, 1997, betragen diese Schulden 1 800 Milliarden Schilling. Das ist eine Steigerung von 130 Prozent, auf die wir nicht stolz sein dürfen!

Aber zurück zur Beschäftigungspolitik oder zur Beschäftigungswirksamkeit der Politik. Schaut man sich die entsprechenden Zahlen an, dann sieht man, daß im Budget einnahmenseitig Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von rund 46,7 Milliarden Schilling angesetzt sind. Das ist zunächst unauffällig. Vergleicht man das mit dem laufenden Budgetansatz für das heurige Jahr, dann sieht man dort den Betrag von 47,5 Milliarden stehen. Bildet man die arithmetische Summe und zieht den kleineren Betrag ab, dann sieht man, Sie rechnen nächstes Jahr mit Arbeitslosenversicherungsbeiträgen, die in Summe um etwa 760 Millionen Schilling niedriger sind, und dies, obwohl Sie einerseits die Höchstbeitragsgrundlage, nehmt alles in allem, in Diskussion gebracht haben, obwohl Sie sich im Bereich der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse etwas einfallen lassen wollen.

Sie gehen also davon aus, daß nächstes Jahr um 760 Millionen Schilling weniger an Arbeitslosenversicherungsbeiträgen fließen werden, als Sie für heuer veranschlagt haben. Wenn aber die Beschäftigung so anspringen wird, wie Sie sagen, und wenn sich alles so günstig entwickelt, dann ist das denkunmöglich!

Sie haben hier in Wahrheit die von Ihnen selbst vorgenommene Einschätzung der Wirklichkeit budgetiert. Sie gehen davon aus, daß die Arbeitslosigkeit steigen wird und daß die Beschäftigung und die Lohnvolumina zurückgehen werden. Und wenn Sie das bestreiten wollen, dann werden Sie das sehr kompliziert nachweisen müssen! Das wird sehr kompliziert. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das sagt mehr als alles Schönfärben über Ihre wahre Einschätzung aus, und in diesem Fall ist das, was hier steht, vielleicht sogar die Budgetwahrheit. Es ist ja doch manchmal ganz gut, wenn die einzelnen Kapitel im Bundesvoranschlag eben nicht alle aus einer Hand stammen. Das paßt dann vielleicht manchmal nicht ganz zusammen, aber das hier ist offenbar die Budget


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wahrheit! Denn ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand, der ein Budget macht, das in seinen Fugen ächzt und stöhnt, mögliche Einnahmen künstlich niedriger ansetzt, als er sie erwartet. Das glaube ich nicht.

Sie gehen also offenbar davon aus, daß die Beschäftigung zurückgeht und die Arbeitslosenversicherungsbeiträge sinken werden. Das heißt: Die Arbeitslosigkeit wird steigen. Davon gehen Sie aus.

Wie wirkt sich das in Ihrem Budget beim Arbeitslosengeld aus? – Interessant! Das sinkt auch! Sie veranschlagen nur 14,5 Milliarden für nächstes Jahr. Heuer sind noch 15,2 Milliarden Schilling dafür veranschlagt. Sie kompensieren also den Rückgang der Arbeitslosenversicherungsbeiträge um rund 700 Millionen bis 800 Millionen, indem Sie einfach ins Budget hineinschreiben, daß auch um 700 Millionen Schilling weniger an Arbeitslosengeld fließen wird. Wie Sie das machen werden, weiß ich nicht. Wahrscheinlich werden Sie – das ist die einzige Möglichkeit – die Ansprüche der Arbeitslosen reduzieren, also weniger zahlen. Sie nehmen selbst an, es werde mehr Arbeitslose und weniger Beschäftigte geben, aber gleichzeitig nehmen Sie an, es sei weniger Geld für die Arbeitslosen notwendig.

Daß Sie außerdem auch bei der Sondernotstandshilfe gleich von 1 Milliarde auf 600 Millionen Schilling zurückgehen und dort noch einmal 400 Millionen als Erfolg Ihrer Politik "parken", ist vor dem Hintergrund der von Ihnen selbst angenommenen Steigerung der Arbeitslosigkeit doppelt makaber, denn in diesem Sinn setzen Sie nämlich voraus, daß Sie an Arbeitslosengeld und Sondernotstandshilfe zusammen um rund 1,1 Milliarden Schilling weniger brauchen werden, als im Budget für 1997 vorgesehen war. Dieser Ansatz wäre ja erfreulich, wenn Sie gleichzeitig in Ihrem Budget davon ausgegangen wären, daß die Beschäftigung tatsächlich steigt. Das tun Sie aber nicht, denn Sie haben das Gegenteil davon budgetiert. Das ist zwar ehrlich, aber entlarvend. In diesem Fall ist diese Position vielleicht von dem schmückenden Beiwort "Schwindel" ausdrücklich auszunehmen. Oder wollen Sie die Schüsselsche Rückzugstaktik anwenden und sagen: Diese Zahl war geschwindelt, in Wirklichkeit rechnen wir natürlich mit 49 Milliarden, wir haben aber nur 47 Milliarden hergeschrieben, damit wir dann beim Vollzug ein besseres Ergebnis haben!? – Das glaube ich aber nicht.

Daher sage ich Ihnen: Das ist ganz entlarvend. Und alles, was mein Kollege Haselsteiner und auch die Budgetredner der anderen Oppositionsparteien gesagt haben, wird an diesem Beispiel überdeutlich plastisch. Das ist eigentlich der Beweis dafür, daß Sie Ihre eigenen optimistischen Aussagen nicht glauben. Und in diesem Fall haben Sie auch recht, denn bei der Politik, die Sie betreiben, sind die wirtschaftlichen Ankündigungen, die Sie verbreiten, ja auch tatsächlich unglaubwürdig, sie können sich gar nicht bewahrheiten.

Schließlich ein Hinweis auf zwei Sozialaspekte in Ihrem Budget. Die Pensionsreform bleibt völlig aus. Der Herr Bundesminister hat ja selbst schon vorsichtig den Rückzug angetreten, indem er gesagt hat, die Erhöhung sei gelungen und das andere habe Zeit. Ja, Zeit hat es für Sie, aber nicht für diejenigen, die das zahlen müssen, für diejenigen, die in der Sicherheit leben wollen, daß sie auch morgen, übermorgen und auch noch im Jahr 2010 ein nachhaltig konsolidiertes System vorfinden. Und dahin gehend geschieht hier nichts.

Das Karenzgeld allerdings haben Sie erfolgreich eingefroren. Dort hat das, was Sie bei den Pensionen erkannt haben, offenbar nicht gegolten. Offenbar sind die Leistungen für Menschen, die aus Gründen der Kleinkindbetreuung in Karenz sind, nicht valorisierungsbedürftig, da sich für sie die Lebenshaltungskosten anscheinend nicht ändern, jedoch für die Pensionisten schon – oder woran haben Sie das festgemacht?

Beim Pflegegeld budgetieren Sie ungeschminkt eine sinkende Tendenz. Und wir wissen aus dem Vollzug, daß Ihnen das Absenken besser gelingt als das Budgetieren. Teilweise tun Sie noch so, als ob sich da nichts ändern würde, aber wir wissen, daß Sie in Wirklichkeit schon darüber nachdenken, wie Sie 30 Prozent Abschläge argumentieren können, und zwar genau dann, wenn das Pflegegeld so eingesetzt wird, wie es gemeint war, nämlich zur Stützung des Budgets in den Selbsthilfeverbänden, die auch manchmal, insbesondere von Ihnen, "Familie" genannt


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werden. (Abg. Dr. Feurstein: Dieser Vorschlag kam aus Ihren Reihen! Er wurde von uns abgelehnt! Strikt abgelehnt!) Dann ist nämlich möglicherweise der buchhalterische Nachweis der Verwendung über Belege in jedem einzelnen Fall nicht so ohne weiteres möglich, sondern nur ein Nachweis über den guten Glauben und die begleitende Kontrolle, weil es natürlich auch in den Familien, Herr Kollege Feurstein, Mißbrauch geben kann. Es kann den unredlichen Neffen geben, der die Erbtante "abzockt", und umgekehrt die Nichte, die vielleicht den Onkel schädigt. Das gibt es alles, daher braucht man dort Kontrolle.

Aber wenn die Kontrolle von Ihnen so mißdeutet wird, Herr Feurstein, daß man sich überlegt, ob man nicht vielleicht den Leuten, die nicht ausschließlich fakturiert – mit Rechnung, Umsatzsteuer und Buchhaltung – zwischen nahen Verwandten verkehren, ihre 2 500 S Pflegegeld um 30 Prozent kürzen soll, dann wählen Sie damit einen Ansatz, der offenbar nicht vom mündigen, vom eigenverantwortlichen, sondern vom von der Sozialadministration niedergewalzten Menschen ausgeht. Und das finden wir nicht gut! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ihnen vor diesem Hintergrund irgendeinen Vorschlag für eine weitergehende Reform zu machen, wie zum Beispiel den Umbau der sozialen Sicherungssysteme durch eine Entkoppelung von jeder Zwangsverbindung mit der vorher innegehabten unselbständigen Erwerbsarbeit, wäre wirklich einfach zu schade, denn Sie würden wieder nur sagen: Das ist irgendeine Utopie; das ist nicht leicht finanzierbar!; oder vielleicht würden Sie sogar sagen: Das ist gar nicht finanzierbar!

Daher sage ich Ihnen folgendes: Das, was Sie hier sozialpolitisch machen, ist nicht finanzierbar oder nur insofern, indem Sie Schritt für Schritt alles herausstreichen, indem Sie zum Beispiel die Ansätze für Arbeitslosengeld- und Sondernotstandshilfebezieher um 1,1 Milliarden Schilling kürzen, obwohl Sie selbst davon ausgehen, daß die Zahlen steigen werden. Und das ist eine Sozialpolitik, die wir nicht mittragen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten.

11.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, meine Vorredner haben schon einigermaßen deutlich ausgeführt, daß es sehr schwierig ist – auch für die Opposition –, zu einem Budget zu sprechen, dessen wichtige Kennzahlen teilweise noch gar nicht feststehen. Während wir hier über das Budget diskutieren, wird an einem anderen Ort über einige Eckpfeiler dieses Budgets verhandelt. Das war gestern so, und ich nehme an, es ist auch heute so. Es wird uns noch einige Zeit begleiten, daß wir sozusagen von einem fiktiven Budget ausgehen und uns irgendwie darauf beziehen müssen, während gleichzeitig wichtige Grundlagen für dieses Budget noch verhandelt werden. Ich werde daher auch nicht weiter darauf eingehen, was das Problem dabei ist, sondern ich werde herauszuarbeiten versuchen, was meiner Ansicht nach die großen Fehler dieses Budgets sind. Und das steht natürlich im Zusammenhang mit Ihrer Ankündigungspolitik auf der Ruster Klausur, aber nicht nur damit.

Der erste Kapitalfehler dieses Budgets ist meiner Ansicht nach – und das müßte Ihnen in den letzten Wochen eigentlich schon deutlich genug geworden sein – die Verknüpfung der Budgetkonsolidierung mit einer Pensionsreform. Das, was Sie zustande gebracht haben und was Sie hier mit dem Budget, mit dem Bundesfinanzgesetz und den Begleitgesetzen, schaffen, ist eine "Pensionsreform" – unter Anführungszeichen –, die kurzfristig Einnahmen für das Budget beschafft, ohne langfristige Perspektiven im Sinne einer solidarischen Absicherung des Pensionssystems, im Sinne einer harmonisierenden Gestaltung erkennbar zu machen.

Der zweite Kapitalfehler ist meines Erachtens, daß Sie auf Kosten der Arbeitsmarktpolitik in die Pensionsversicherung umschaufeln und diese Politik – das hat mein Vorredner sehr exakt herausgearbeitet, auch mit den Kennzahlen, die im Budget verankert sind – auf Kosten der Arbeitslosen, der Notstandshilfebezieher, der Karenzgeldbezieher zu gestalten versuchen. Mich wundert es, mit welcher Kühnheit der Budgetsprecher der SPÖ hier herausgehen und sagen


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kann: Natürlich hätte ich es begrüßt, wenn die anderen Transferzahlungen auch erhöht worden wären, aber sie sind eben nicht erhöht worden, und natürlich werden wir versuchen, in den nächsten Jahren etwas für die jungen Familien zu machen. Er hat sich allerdings dazu verschwiegen, was er machen will, denn diese Regierung und auch der Herr Budgetsprecher haben ja gerade in den letzten Jahren daran mitgewirkt, daß einer der Bestandteile, der für junge Familien sozialpolitisch, verteilungspolitisch am meisten gegriffen hat, eliminiert worden ist, gestrichen worden ist: nämlich die Geburtenbeihilfen. – Das ist also der zweite Kapitalfehler.

Und der dritte Kapitalfehler ist meiner Ansicht nach, daß Sie sich in der Regierung in der Frage der Familienpolitik völlig uneins sind. Daraus, Herr Minister, könnten dieser Regierung, je nachdem, wie sich der Verfassungsgerichtshof entscheiden wird, noch ordentliche Probleme erwachsen. Sie sind nicht imstande, ein Konzept für eine Familienpolitik zu entwerfen, das auch dem Verfassungsgerichtshof klare Konturen vorgibt. Wollen Sie jetzt in erster Linie die Familienarmut bekämpfen, oder wollen Sie ein Konzept forcieren, wie es offensichtlich von der ÖVP betrieben wird, das eine fiktive Steuergerechtigkeit zwischen Familien mit Kindern und Kinderlosen in den Vordergrund stellt? – Dies auf Kosten der sozial Schwachen, auf Kosten derjenigen, die in den letzten Jahren durch Ihre Familienpolitik schon bestraft worden sind: durch Streichung der Geburtenbeihilfe, durch Streichung der Schulfahrtzuschüsse, durch Streichungen und Kürzungen bei der Heimfahrtbeihilfe, durch Streichungen und Kürzungen in anderen Bereichen, wie etwa bei den Schulbüchern, et cetera.

Das alles ist ja in den letzten Jahren von Ihrer Seite forciert worden. Und wir wissen – wir haben das ja im vorigen Jahr anhand des Wifo-Verteilungsberichtes diskutiert –, daß die verteilungspolitischen Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, tatsächlich die Ärmsten, die sich am wenigsten leisten können, am meisten benachteiligt haben.

Sie halten konsequenzlos daran fest, daß Sie sich in der Regierung in der Frage der Familienpolitik uneinig sind, ob tatsächlich die Ärmeren mehr bekommen sollen oder ob die Reicheren in Zukunft mehr bekommen sollen. Sie können sich nicht entscheiden, und das wird, so vermute ich, Konsequenzen haben. Irgendwann wird sich diese Regierung, auch wenn der Verfassungsgerichtshof sein Urteil noch hinauszögert, entscheiden müssen, wie sie mit diesem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes umgehen wird. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen – aber vielleicht werde ich überrascht –, daß der Verfassungsgerichtshof von seiner bisherigen Spruchpraxis in dieser Hinsicht total abgehen wird.

Und dann haben wir ein Problem. Dann haben wir ein Problem, das vielleicht nicht unmittelbar auf das Budget 1998, aber spätestens auf die Budgets 1999 oder 2000 massiv durchschlagen würde. Das liegt in Ihrer Verantwortung, meine Damen und Herren. Sie sollten sich diesbezüglich zusammenreden, denn es ist nicht egal, ob dann ein Budgetloch von möglicherweise 50 oder 100 Milliarden Schilling entsteht. Da schaue ich mir an, wie Sie dann reagieren würden, ob Sie dann mit den Schultern zucken und sagen würden: So hat eben der Verfassungsgerichtshof entschieden, und wir haben jetzt 50 oder 100 Milliarden Schilling weniger, dafür haben die reichen Familien dann mehr und die armen weniger. – Das könnte eine Konsequenz sein. Ich schaue mir dann an, wie Sie darauf reagieren und wie Sie das vor den Wählerinnen und Wählern vertreten würden, weil Sie sich in dieser Frage nicht entscheiden können, weil Sie in dieser Frage kontroversielle Auffassungen haben.

Das ist der dritte Kapitalfehler, der dieses Budget unglaubwürdig macht, weil es immerhin auch schon einen Vorgriff auf das Budget 1999, das wir zwar jetzt noch nicht beschließen, das aber im Prinzip darin angelegt ist, enthält. Deshalb, glaube ich, müssen Sie auch an dem gemessen werden, was Sie hier an Leistungen erbracht haben. Und diese Leistungen, meine Damen und Herren, reichen nicht aus.

Ich kehre noch einmal zurück zur Verknüpfung der Budgetfinanzierung mit der Pensionsreform. Ich halte es für wirklich fatal, daß Sie aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherungsgelder – Kollege Kier von den Liberalen hat deutlich gemacht, was wirklich die Probleme bei diesen Budgetansätzen sind –, daß Sie aus diesen Budgettöpfen, die Versichertengelder sind, trotz der Entwicklung, die wir alle leider erwarten müssen, in zwei Jahren 15 Milliarden Schilling, ohne mit


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der Wimper zu zucken, entnehmen und sozusagen zunächst einmal in den allgemeinen Budgettopf transferieren und von dort dann in den Pensionstopf überleiten. 15 Milliarden Schilling! Gleichzeitig werden die Beträge für die aktive Arbeitsmarktpolitik eingefroren, und zwar auf gut 5 Milliarden Schilling.

Dies angesichts einer Situation, Herr Minister, in der wir zwar in den letzten Tagen – von Ihrer Seite her schulterklopfend – die Erfolge oder Mißerfolge bei der Lehrlingsfrage diskutiert, aber gleichzeitig nicht über das diskutiert haben, was die Arbeitsmarktzahlen schon wiedergeben, nämlich daß im Bereich der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer die Lücken immer größer werden. Sie verschweigen sich darüber, daß da schon enorme Zuwächse erkennbar sind, daß die Zahl der älteren, der mindestens 50jährigen Arbeitslosen von September 1996 auf September 1997 um fast 20 Prozent zugenommen hat.

Ich kann mich erinnern, daß Sie von den Regierungsparteien voriges Jahr ganz groß aufgetreten sind und gesagt haben: Wir haben etwas erfunden, nämlich ein Bonus-Malus-System, ein Wundermittel, mit dem wir verhindern werden, daß die Arbeitslosigkeit im Bereich der Älteren ansteigt. Jetzt haben wir dieses System. Wir wissen, wie es geht. Und fast alle Oppositionsparteien haben Sie darauf hingewiesen, daß es nicht funktionieren wird, daß es nicht greifen wird. Aber jetzt sind Sie nicht bereit, hier herauszugehen und zu sagen: Das hat nicht so geklappt. Sie verschweigen sich, und – was noch schlimmer ist – Sie treffen keine Vorsorge, damit tatsächlich effektive Maßnahmen gesetzt werden können.

Das, was sich auf dem Arbeitsmarkt abspielt, birgt tatsächlich ein enormes Gefährdungspotential in sich – nicht nur im Hinblick auf die Finanzierung der Pensionen, sondern auch, weil ein immer größerer Anteil von Menschen arbeitslos wird. Dabei ist mir egal, ob es sich um Jüngere oder Ältere handelt. Beides ist schlimm. Natürlich hat die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit Vorrang. Aber auch da müßten Sie sich die Frage stellen, ob die Maßnahmen, die Sie ergriffen haben, ausreichend sind, ob sie gut sind. Denn das, was Sie jetzt machen, nämlich von den knapp bemessenen 5 Milliarden nur 1,5 Milliarden für Lehrlingssubventionierungen "hinüberzuschaufeln", ist keine dauerhafte Maßnahme, um tatsächlich Lehrlingsbeschäftigung beziehungsweise Jugendbeschäftigung zu sichern. Da müßten Sie sich mehr einfallen lassen, meine Damen und Herren!

Es gäbe schon Maßnahmen – wir haben sie Ihnen bereits vorgeschlagen –, von der Ausbildungsabgabe bis zu strukturellen Reformen im Bildungsbereich, die geeignet wären, für Jugendliche tatsächlich etwas zu verbessern. Diese haben Sie aber nicht gesetzt. Sie haben kurzfristig 1,5 Milliarden Schilling aus dem heurigen Budget zugunsten der Jugendlichen umgeschaufelt, und jetzt müssen Sie erkennen, daß dieses kurzfristige Umschaufeln den Effekt hat, daß es im Bereich der älteren Arbeitslosen, denen das Geld weggenommen wurde, an entsprechenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen fehlt. Nächstes Jahr werden wir dann über die Altersarbeitslosigkeit diskutieren, da werden Sie vielleicht wieder 1 Milliarde dorthin umschaufeln, und übernächstes Jahr werden wir dann wieder über die Jugendarbeitslosigkeit diskutieren.

Meine Damen und Herren! Das ist kein Konzept. Sie hätten die Möglichkeit, gerade aufgrund der vorhandenen Versicherungsbeiträge im Bereich der Arbeitslosenversicherung, sich tatsächlich Konzepte und effiziente Maßnahmen zu überlegen.

Damit komme ich gleich zu einem anderen Bereich, der zwar nicht im Bundesfinanzgesetz, aber derzeit noch in den Begleitgesetzen enthalten ist. Wir wissen allerdings nicht, ob er dauerhaft drinnen bleiben wird. Das sind die vom Ansatz her durchaus sinnvollen Maßnahmen, die die Sozialministerin vorschlägt, in puncto Gleitpensionen, das Recht auf Teilzeit für ältere Arbeitnehmer, die Sabbatjahre, also den Arbeitsurlaub, und die Jobrotationsmodelle.

Ich halte das für sinnvolle Maßnahmen. Wir haben immer, in allen Debatten, diese Maßnahmen eingefordert. Jetzt stellt sich heraus, daß sie anscheinend noch offen sind, weil sie von der Wirtschaft nicht akzeptiert werden. Aber was ich noch bedauerlicher finde, ist, daß diese Maßnahmen so angesetzt sind, daß sie eigentlich nicht attraktiv sein können. Denn eines können Sie mir glauben: Wenn ich jemandem, der auf Arbeitsurlaub gehen will, nur versprechen kann, er


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bekomme eine Entschädigung in der Höhe des niedrig bemessenen Karenzgeldes, dann ist das nicht sehr attraktiv.

Die dänische Arbeitsmarktverwaltung hat mit der Einführung des Arbeitsurlaubs nur deswegen Erfolg gehabt, weil es dort erstens ein sehr hohes Arbeitslosengeld gibt und weil auch die Entschädigung für den Arbeitsurlaub entsprechend hoch ist. Das ist ein großer Unterschied zu dem, was Sie für Österreich angekündigt haben. Entsprechend knapp sind auch die Ansätze für die Mittel und für die Anzahl der Personen, die diesen Arbeitsurlaub beanspruchen werden, bemessen. Die Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher, tatsächlich solche Mittel zu beanspruchen, wird daher gering sein.

Ich halte das deshalb für eine falsche Maßnahme, weil sie im Ansatz schon halbherzig ist. Und ich nehme an, daß in den Verhandlungen, die Sie betreffend diese Fragen wahrscheinlich in den kommenden Wochen noch führen werden, diese Ansätze weiter gekürzt werden, die Maßnahmen in diesem Bereich weiter beschnitten werden.

Meine Damen und Herren! Noch einige Anmerkungen zur Pensionsreform. Ich habe Ihnen schon gesagt: Der Kapitalfehler ist die Verknüpfung der Budgetkonsolidierung mit einer langfristig konzipierten, solidarischen und harmonisierenden Pensionsreform. Ich glaube, Sie haben nicht einmal vom Ansatz her begriffen und akzeptiert, daß das nicht geht, wenn ich das in das Budget integriere. Es waren die Begehrlichkeiten des Finanzministers oder der Regierung natürlich zu stark, um nicht das Bedürfnis in den Vordergrund zu stellen, daß zunächst einmal kurzfristig "Kohle" für die Pensionsfinanzierung herbeigeschaufelt wird. Sie dachten, die langfristigen Effekte werden sich dann schon irgendwie ergeben und regeln lassen.

Wir haben, glaube ich, sehr deutlich darauf hingewiesen, daß Ihr Konzept einer Pensionsreform beinhaltet, daß spätestens Ende des nächsten Jahres die nächste Pensionsreform fällig sein wird und daß zur Jahrtausendwende die dritte Pensionsreform fällig sein wird, und daß Sie daher selbstverständlich, Herr Minister, nicht behaupten und für sich beanspruchen können, Sie machten eine dauerhafte Reform.

Einzelne Maßnahmen – die Sie eben ausgehandelt haben – zielen darauf ab, daß bis zum Ende des nächsten Jahres entsprechende Gutachten erstellt werden, die eine neue Etappe der Pensionsreform beinhalten. Das können Sie heute noch gar nicht in ein Gesetz schreiben. Das bedeutet, daß Ende nächsten Jahres der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen – ich weiß nicht, ob nicht ein anderes Gremium auch noch involviert war – wieder Ergebnisse vorlegen und anschließend wieder eine Etappe der Pensionsreform beschlossen werden soll. Das halte ich für falsch. Das ist kein Ansatz, mit dem man die große Verunsicherung, die es in dieser Frage in Österreich gibt, tatsächlich beseitigen kann.

Auch wenn Sie sich dagegen wehren, meine Damen und Herren von der Regierung und den Regierungsparteien: Mit der Art und Weise, wie Sie diese Pensionsreform angegangen sind, wie Sie sich auch in dieser Frage zwischen den Regierungsparteien offensichtlich nicht einigen konnten, haben Sie einen gut Teil jener Verunsicherung produziert, die jetzt das Geschäft der privaten Versicherungen darstellt. Diese boomen – das ist klar –, weil bei den jungen Menschen das Gefühl da ist, die Bundesregierung und ihre Politik vergißt nicht nur auf die Alten – an deren Bedürfnisse wird in Ihrer Pensionsreform hauptsächlich im Bereich der Altersarmut nicht gedacht –, sondern sie vergißt vor allem auf die Probleme der Jungen. Das ist das eigentliche Problem.

Sie haben ein Klima geschaffen, das zum Abbau des Vertrauens in die Sozialversicherungen beiträgt. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, müssen aufgrund Ihrer unendlich mühseligen Art, wie Sie dieses Thema jetzt schon seit Wochen dahinschleppen, die Verantwortung dafür übernehmen. Nur: Sie tun es nicht.

Sie müßten sonst zur Erkenntnis gelangen, daß, wenn man tatsächlich eine strukturelle Pensionsreform in Angriff nehmen will, diese Frage von der Budgetfrage getrennt werden muß. Alle Beteiligten – das sind nicht nur die Sozialpartner, sondern das sind auch die Oppositionsparteien in diesem Haus – müssen sich zusammensetzen. Vielleicht schaffen wir es so, Elemente einer


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Pensionsreform einzubringen, die Vorbildcharakter haben und – anknüpfend an die positiven Traditionen des österreichischen Sozialversicherungssystems – für das nächste Jahrtausend etwas hervorbringen, das wirklich Zukunft hat und den Jungen und auch den Alten das Vertrauen in dieses soziale System wieder zurückgibt.

Mit Ihrer Politik, meine Damen und Herren, tragen Sie aber leider nicht dazu bei. Das ist der größte Vorwurf; dieser steht über allen drei Kardinalfehlern, die ich Ihnen schon aufgezählt habe. (Beifall bei den Grünen.)

12.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

12.13

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die erste Lesung des Budgets findet vor dem Hintergrund einer sich verbessernden wirtschaftlichen Lage statt. Hatte man noch im Frühjahr mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 1,4 Prozent gerechnet, werden jetzt von den Experten bereits 1,6 Prozent erwartet, und für 1998 wird das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes mit 2,5 Prozent angesetzt.

Auch die Inflationsentwicklung gibt Anlaß zu Optimismus. Leider muß man aber auch zur Kenntnis nehmen, daß Wirtschaftswachstum und Reduzierung der Arbeitslosigkeit nicht mehr Hand in Hand gehen. Eine Vielzahl an Maßnahmen ist daher notwendig, um trotz Budgetkonsolidierung auch von seiten der öffentlichen Hand Beschäftigungsimpulse zu liefern.

Der heute zu diskutierende Budgetentwurf entspricht – trotz Unkenrufen der Opposition – diesen Intentionen. Dabei muß festgestellt werden, daß Budgetkonsolidierung kein Ziel für sich alleine ist oder irgend etwas Undefiniertes, von der EU Verordnetes, wie es die Freiheitlichen so gerne glauben machen möchten, sondern insbesondere dazu dienen soll, auch weiterhin die stabilen finanziellen Grundlagen für die Sanierung der Beschäftigung sowie des sozialen Systems zu erhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Budgetdefizit wird in diesem Sinne 1998 weiter zurückgehen und somit die mit dem Budget 1996 und 1997 erfolgreich beschrittene Konsolidierung des Staatshaushaltes weiter vorantreiben. Trotzdem wird von Wirtschaftsexperten betont, daß der Nettofiskaleffekt positiv ausfallen, somit das Budget die Gesamtnachfrage erhöhen wird. Die vorhin erwähnten Ziele können somit erreicht werden – etwas, wovon die verschwommenen Konzepte der Freiheitlichen, die wir in letzten Wochen über uns ergehen lassen mußten, nur träumen könnten. Letztlich geht es Ihnen, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, doch in Wirklichkeit nur um eine Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmer, zugunsten der Gewinne der Unternehmer. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das glaubt er ja nicht einmal selbst!)

Besonderes Augenmerk, wenn es um Beschäftigungsfragen und Budget geht, verdient natürlich auch die Bauwirtschaft. (Abg. Gaugg: Ab und zu Pausen machen, damit die Kollegen klatschen können! Ganz lieblos runtergelesen!) Die Budgetentwürfe 1998 und 1999 nehmen daher besonders auch auf diesen Sektor Bedacht. Im Tiefbaubereich steht insbesondere die erfolgte Ausgliederung der ASFINAG im Mittelpunkt. Sie wird zum ersten das Budget deutlich entlasten, zum zweiten darf aber nicht vergessen werden, daß mit dieser ASFINAG-Neu eine Gesellschaft geschaffen wurde, deren vornehmliche Aufgabe in der effizienten Bewirtschaftung des hochrangigen Straßennetzes in Österreich liegt.

Durch die Bildung eines Konzerns mit den bestehenden beiden Straßen-Sondergesellschaften ÖSAG und ASG können zugleich zahlreiche Synergien erzielt werden, die bisher im Dickicht der Bürokratie hängengeblieben sind. Durch die entstehenden Effizienzgewinne werden daher Mittel frei, die künftig gezielter und mit höheren Beschäftigungseffekten eingesetzt werden. Schließlich liegt der durchführende Lückenschluß im hochrangigen Straßennetz bei rund 30 bis 35 Milliarden Schilling. Es muß allerdings an dieser Stelle betont werden, daß zum raschen Lückenschluß im hochrangigen Straßennetz das LKW-Road-Pricing unabdingbar sein wird. Da dürfen wir


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keine unnötigen Verzögerungen, indem etwa technische Probleme vorgeschoben werden, hinnehmen.

Eine weitere Folge der Umstrukturierung der ASFINAG liegt darin, daß die Dotierung für Baumaßnahmen im Bereich der Bundesstraßen im Budget erheblich aufgestockt werden konnte.

Ein weiterer wichtiger Bereich der Verkehrsinfrastruktur ist jener der Bahn. Jährliche Investi-tionen von bis zu 12 Milliarden Schilling sind hier vorgesehen; der Haftungsrahmen für die Schieneninfrastrukturgesellschaft wurde erst vor kurzem aufgestockt. Auch dadurch können Tausende Arbeitsplätze gesichert werden.

Im Hochbau ist durch die von der Bundesregierung initiierte Wohnbauoffensive in den vergangenen Jahren bereits viel geschehen. Unter anderem kommt es durch das deutlich gestiegene Angebot wieder zu sinkenden Wohnungsmieten, die ihrerseits wieder merkbar die Inflation dämpfen.

Die weitere Erhöhung der Wohnbauförderungsmittel von 30,1 Milliarden Schilling 1997 auf 31,1 Milliarden Schilling 1998 und schließlich 32,6 Milliarden Schilling 1999 wird auch in den kommenden Jahren wesentliche Impulse liefern. Allerdings sollten auch neue Förderungsmöglichkeiten von den Ländern überlegt werden. Wien liefert zum Beispiel im Althaussanierungsbereich, der ja besonders beschäftigungsintensiv ist, ein gutes Beispiel.

Auch dem Bereich der Wärmedämmung allgemein und des Contracting bei öffentlichen Gebäuden im besonderen sollte meiner Ansicht nach verstärktes Augenmerk gewidmet werden. Wirtschaftsforscher haben berechnet, daß im kommenden Jahrzehnt durch entsprechende Investitionen in die Wärmedämmung von Altbauten zwischen 75 000 und 138 000 dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Betont werden muß an dieser Stelle ferner der vorbildliche Einsatz der gemeinnützigen Bauvereinigungen, der wesentlich zur Sicherung der Beschäftigung im Hochbaubereich beigetragen hat. Umso unverständlicher ist es, wenn erforderliche Schritte zur Erreichung von Synergieeffekten auf diesem Sektor von Teilen der Opposition durch vordergründige politische Kleingeldaktionen diskreditiert werden – überdies unter Negierung aller ökonomischen und sozialen Aspekte.

Sondergesetze zu Lasten der Mieter – nichts anderes wird zum Beispiel leider auch vom Abgeordneten Van der Bellen gefordert – können sich vielleicht Universitätsprofessoren, Geschäftsführer oder Sektionschefs leisten – letztere können das locker aus einem Teil ihrer Aufsichtsratsvergütungen bezahlen –, aber die überwiegende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher kann das nicht. Daher wird jeder Politiker mit auch nur einem Funken von sozialem Verständnis den Vorschlägen, die dazu gemacht wurden – auch von Ihnen, Herr Kollege Van der Bellen –, eine klare Absage erteilen müssen.

Wohnbauimpulse werden überdies durch das Paket im Bereich des Bausparens ausgelöst. Bausparen wird nicht nur als attraktive Anlageform erhalten bleiben, sondern es werden auch – im Zuge einer Erleichterung des Zugangs zu Bauspargeldern – die Darlehenssummen erhöht. Bausparmittel können künftig auch zum Erwerb von Miet- und Genossenschaftswohnungen eingesetzt werden.

Schließlich wird auch die weitere Übertragung von Liegenschaften an die Bundesimmobiliengesellschaft im Hochbaubereich Akzente setzen. Allerdings sollte endlich eine möglichst vollständige Katalogisierung und Kategorisierung der Liegenschaften und Gebäude des Bundes erfolgen, und zwar mit dem Ziel, auch hier zu einer effizienten Bewirtschaftung zu gelangen. (Abg. Dr. Graf: Der Eder könnte den Stenographen die Arbeit erleichtern und die Rede abgeben – nicht nur herunterlesen!)

Hohes Haus! Investitionen in Wohnbau, Straßenbau, Schiene et cetera sind für den Wirtschaftsstandort Österreich und die Beschäftigungssicherung in unserem Land von eminenter Bedeutung. Es ist daher erfreulich, daß trotz des notwendigen Konsolidierungskurses im Budget 1998 wie auch 1999 auf diese Bereiche größter Bedacht genommen wurde. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.21


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89. Sitzung / Seite 49

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.21

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß es manche gar nicht so gerne hören, daß mit diesem Budget der Konsolidierungskurs, der im Jahre 1996 begonnen wurde, fortgesetzt wird. Ich möchte klar feststellen, daß der Rechnungsabschluß 1996 – das sage ich vor allem in Richtung des Abgeordneten Kier, er ist seit gestern im Besitz dieses Papiers – eindeutig nachweist, daß die Budgetzahlen, die für das Budget 1996 beschlossen wurden, im Budgetvollzug strikt eingehalten wurden. Das 1996 vorgelegte Budget war korrekt, und es hat den Konsolidierungskurs bestätigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das gilt auch aufgrund der bisher verfügbaren Zahlen für das Jahr 1997. Wir können auch für 1997 feststellen, daß die Budgetansätze eingehalten wurden. (Abg. Gaugg: Da war noch kein Edlinger am Fuhrwerken!) Meine Damen und Herren! Die Regierung hat seit Juli die klaren Prioritäten und Grundsätze für die Budgets 1998 und 1999 festgelegt und der Öffentlichkeit präsentiert. Jeder kann nachvollziehen, wie die Budgets der Jahre 1998 und 1999 in ihren Grundsätzen und Grundausrichtungen aussehen werden. Wir haben die Möglichkeit zu einer gesamthaften Beurteilung, die es früher nicht gegeben hat. Diese Beurteilung für insgesamt zwei Jahre bietet uns die Gewähr, umfassend über das Budget 1998 diskutieren zu können. Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, aber auch von den übrigen Oppositionsparteien: Die Argumente, die Sie hier gebracht haben, stimmen ganz einfach nicht.

Wir haben einen klaren Konsolidierungskurs eingeleitet. Ich möchte Ihnen nur drei Punkte aus diesem Konsolidierungskurs nennen: Wir haben heute eine Arbeitslosenversicherung, die vollkommen saniert ist, eine Arbeitslosenversicherung, die sogar Überschüsse erarbeitet. Wir werden jetzt kritisiert, weil diese Überschüsse für andere aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen verwendet werden. Seien wir doch froh, daß wir arbeitsmarktpolitisch aktiv sein können und nicht alle Mittel für Arbeitslosenversicherungsleistungen verwendet werden müssen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaugg: Warum ist dann der ÖGB nicht dafür, wenn alles bestens ist?) Meine Damen und Herren! Es ist ein Überschuß von mehr als 4 Milliarden Schilling im Jahre 1998 vorgesehen – ohne Beitragserhöhung! – (Abg. Gaugg: Warum ist dann der ÖGB nicht dafür?) Auf die Pensionen komme ich noch zu sprechen!

Wir haben eine Krankenversicherung, die im letzten Jahr sehr kritisch hinterfragt wurde, auch hier im Hohen Haus. Es gab viele, die gefragt haben: Wie wird es mit der Krankenversicherung weitergehen? – Minister Hums und andere – auch ich – sind damals von Ihnen, von der Opposition, wegen des Konsolidierungskurses heftig kritisiert worden. Heute können wir sagen, daß die Krankenversicherungsträger saniert sind, und zwar nicht durch Selbstbehalte, sondern durch Strukturmaßnahmen. Das möchte ich ganz eindeutig feststellen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Die Krankenversicherungsträger können sich schon überlegen, welche Verbesserungen und welche Leistungen sie in Zukunft für die Versicherten erbringen können, um einen umfassenden Krankenversicherungsschutz zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ähnlich gelagert ist die Finanzierung der Pensionsversicherung. Unter Androsch und Dallinger wurden ständig – innerhalb weniger Jahre – Beiträge erhöht: von 14 Prozent auf 22,8 Prozent. Als die FPÖ aus der Regierung ausgeschieden ist, lag der Bundesbeitrag für die Pensionen bei 31 Prozent. Meinen Damen und Herren: 31 Prozent! Nicht durch Beitragserhöhungen oder durch Pensionskürzungen, sondern durch Strukturmaßnahmen konnten wir diesen Bundesbeitrag im Jahre 1996 auf 23,9 Prozent senken. 1997 wird er in etwa bei 23,9 Prozent liegen und auch in den nächsten Jahren auf dem gleichen Niveau bleiben. (Abg. Dr. Graf: Wie schaut das in absoluten Zahlen aus? – Abg. Gaugg: Man zieht den Leuten das Geld aus der Tasche!)

Es ist klar: Wenn wir eine nominelle Steigerung haben, steigen die absoluten Zahlen. Entscheidend ist aber der Prozentsatz: Welcher Anteil muß aus dem Budget finanziert werden? – Dieser Beitrag ist radikal gesenkt worden, und zwar ohne Pensionskürzungen, ohne Beitragserhöhung. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren, ich verstehe, daß Sie das nicht


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gerne hören. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaugg: Ihr wißt ja noch nicht einmal, welche kommen werden! Wird da der ÖGB mitziehen? – Abg. Dr. Khol: Der Gaugg kann vor allem gut buchstabieren!)

Meine Fraktion ist ganz nachdrücklich dafür eingetreten, daß wir jetzt nicht kurzfristige Maßnahmen zur Finanzierung der Budgets im Rahmen der Pensionen beschließen dürfen, sondern daß mit der Verunsicherungspolitik, die von vielen Seiten betrieben worden ist – nicht nur von der Opposition, sondern auch von manchen Experten, die die Situation nicht richtig dargestellt haben –, aufgehört wird. Wir haben daher verlangt, daß die Regierung, der Ministerrat ein geschlossenes Konzept für eine längerfristige Finanzierung der Pensionen vorlegt. (Beifall bei der ÖVP.) Es wird eine moderate Pensionsreform sein. – Ich sage das ganz bewußt; Sie kennen ja den Ministerialentwurf. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Morgen werden Sie die Regierungsvorlage auf dem Tisch haben, meine Damen und Herren. Wir werden dann gemeinsam im Ausschuß im Rahmen eines Hearings über diese Regierungsvorlage sprechen. Wir haben bewußt ein Hearing mit Experten vereinbart, um eine umfassende Sicht über diese Pensionsreform zu bekommen. Ich hoffe, daß auch Sie Ihre Experten zu diesem Hearing über die Pensionsreform mitbringen – soweit Sie solche haben und sich diese überhaupt bereit erklären, für die Freiheitlichen aufzutreten. (Abg. Dr. Stummvoll: Ja, wenn sie welche haben!)

Ich sage Ihnen aber noch etwas, meine Damen und Herren: Eine wichtige Grundvoraussetzung dieser Pensionsreform ist, daß wir die Einkommen älterer Menschen sichern, daß diese nicht verarmen dürfen. Ich nenne Ihnen nur zwei Zahlen: Im Jahre 1994 gab es noch 280 000 Ausgleichszulagen-Empfänger. Das sind jene Personen, die ein Mindesteinkommen beziehen, das dem Ausgleichszulagenrichtsatz entspricht. Ende 1996 gab es noch 265 000; wir haben also 15 000 Österreicherinnen und Österreichern über diese sogenannte Armutsgrenze führen können – und das ohne Beitragserhöhungen. Wir haben keine Pensionskürzung gemacht. Eine wichtige Maßnahme, die wir hiezu gesetzt haben! (Abg. Gaugg: 1 Million Österreicher leben unter der Armutsgrenze! Die Familienarmut gar nicht bedacht!)

Diese Pensionsreform hat ein ganz wichtiges Ziel, meine Damen und Herren – und damit komme ich schon zum Ende –, nämlich soziale Härten zu vermeiden. Wir werden dafür sorgen, daß keine sozialen Härtefälle auftreten. (Beifall bei der ÖVP.) Damit antworte ich auch auf den Brief, den der ÖGB und die sozialistischen Gewerkschafter an uns gerichtet haben.

Meine Damen und Herren! Heute haben 99 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher eine Krankenversicherung, aber leider erst 70 Prozent eine Pensionsversicherung. Unser Ziel wäre es – und das ist auch ein Anliegen meiner Fraktion –, den Anteil in der Pensionsversicherung auf 90 bis 95 Prozent zu erhöhen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein wesentlicher Ansatz der Pensionsreform geht in die Richtung, eben alle in unser soziales System einzugliedern. Diese Reform ist als langfristige Maßnahme zu sehen, als eine Maßnahme, die über das Jahr 2000 hinausgeht. Sie ist für einen längeren Zeitraum geplant. Ich bin davon überzeugt, daß wir in dieser Frage die gewünschten Ergebnisse erzielen werden und so die Verunsicherung, die von Ihnen und vielen anderen betrieben wurde, entweder durch die entsprechenden Maßnahmen im Keim ersticken werden oder vermeiden können. (Beifall bei der ÖVP.)

12.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Schreiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.31

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Feurstein, solange Ihre Fraktion gemeinsam mit den Sozialisten in der Regierung sitzt, wird diese Verunsicherung leider nicht von uns weichen, weil Sie nämlich keine Reform zusammenbringen werden. Das ist die Realität, das muß ich Ihnen von dieser Stelle aus sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich möchte nun auf die Ausführungen des Kollegen Eder eingehen – er ist leider nicht im Saal. (Ruf bei der SPÖ: Er ist da! – Abg. Dr. Ofner: Er ist da, aber er hat sich vom Lesen noch nicht derfangt!) Kollege Eder hat gemeint, die Vorschläge, die wir Freiheitlichen in der Frage der Steuerpolitik gemacht haben, würden zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung gehen und zugunsten der Unternehmergewinne ausfallen.

Hohes Haus! Unsere Vorschläge zielen auf zwei Bereiche ab, und zwar auf eine Reform der Lohn- und Einkommensteuer – wie zum Beispiel der Beseitigung der kalten Progression und deren Absenkung; eine Maßnahme, von der 3 Millionen unselbständig Erwerbstätige betroffen wären –, und weiters wollen wir eine Entsteuerung des nicht entnommenen Gewinnes, was wiederum die Unternehmer stärken und ihre Gewinne erhöhen würde. Wir wollen beides: auf der einen Seite die arbeitende Bevölkerung entlasten und auf der anderen Seite die Unternehmer in die Lage versetzen, durch bessere Erträge wettbewerbsfähiger zu werden. – Aber diese Vorschläge kritisieren die Sozialdemokraten! Ich weiß nicht, woher Kollege Eder den Mut nimmt, einfach zu behaupten, diese Vorschläge gingen zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. ) Er soll einmal in die Betriebe gehen und sich dort anhören, was die Leute jeden Monat sagen, wenn sie ihren Lohnzettel sehen und bedauernd feststellen, was ihnen alles an Abzügen abgerechnet wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Ich möchte nun auf das Budget zu sprechen kommen. An diesem Budget ist schon sehr viel kritisiert worden – lassen Sie es mich folgendermaßen zusammenfassen: Das Budget, wie es uns heute vorliegt, zwar ohne Begleitgesetze, aber mit massiven Vorgriffen auf zukünftige Generationen, auf zukünftige Einnahmen, ist ein ökonomisches Märchenbuch. Kurz gesagt: ein Märchenbuch, das vielleicht für uns ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk sein sollte, aber Sie werden noch hart daran arbeiten müssen, damit dieses Märchenbuch einen Inhalt bekommt, der nicht ökonomische Scharlatanerie ist. – Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist es ökonomische Scharlatanerie, was Sie mit dieser Budgetvorlage betreiben, Herr Staatssekretär! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Vorredner meiner Fraktion haben bereits auf die unterschiedlichen Auffassungen in diesem Bereich hingewiesen. Herr Staatssekretär! Sie behaupten, daß das Defizit 2,7 Prozent beziehungsweise 67 Milliarden Schilling ausmachen würde. Kollege Trattner hat Ihnen sehr glaubhaft und ökonomisch nachvollziehbar bewiesen, daß es an sich 4,3 Prozent wären, wenn Sie ordnungsgemäß budgetieren und Ihre Verpflichtung in der Art und Weise wahrnehmen würden, wie sie ein ordentlicher Kaufmann in der Privatwirtschaft hat, der sich nicht reicher macht, als er ist, der realistische Zahlen für seine Planungsrechnung wählt. Sie sind an sich ein Fall für fahrlässige Krida, wenn Sie glauben, mit so einem Budget über die Runden zu kommen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abg. Dr. Karlsson. )

Ich weiß schon, daß es Bestrebungen gibt, den Tatbestand der fahrlässigen Krida aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, aber ich glaube, man kann diese Art der Budgeterstellung auch mit dem Begriff "kreative Buchhaltung" umschreiben, um die Konvergenzkriterien zu erreichen, jene Konvergenzkriterien – auch Maastricht-Kriterien genannt –, die jetzt Italien, Frankreich oder Belgien alle mit der gleichen "kreativen Buchhaltung" zu schaffen versuchen.

Was wäre denn wichtig bei einem Bundesvoranschlag für das Jahr 1998? – Es sollten Freiräume für Investitionen geschaffen werden, um den Wirtschaftsstandort Österreich abzusichern, um das explodierende Außenhandelsdefizit einzudämmen, damit die Betriebe wieder verstärkte Exportmöglichkeiten erhalten.

Herr Staatssekretär! Beim Waren- und Dienstleistungsaustausch für das Jahr 1995 klafft ein Loch von 40 Milliarden, beim Handelsbilanzdefizit eines von 100 Milliarden Schilling. Wir nehmen innerhalb der EU den vorletzten Platz ein, hinter uns liegt nur noch Griechenland. Mit diesen Zahlen sind wir am vorletzten Platz! – Die sinkenden Einnahmen im Bereich des Fremdenverkehrs tragen ihr übriges dazu bei. Wir haben keinen Spielraum mehr für ein Gegensteuern, weil ihn uns einfach die hohe Zinsbelastung nimmt.


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Herr Staatssekretär! Ich meine, daß wir in der Steuerpolitik momentan ein Flickwerk haben, eines, das in den letzten Jahren immer nur Vorzieheffekte produzierte und das mit Einführung des 13. Umsatzsteuertermins begonnen hat – aber das war vor Ihrer Regierungstätigkeit. Guthaben werden lukriert – wie beispielsweise die sogenannten Bescheide, über die heute schon im Bereich der Arbeitnehmerveranlagung gesprochen worden ist. Weiters ist als Flickwerk die Mindestkörperschaftsteuer zu nennen, da der Verfassungsgerichtshof die 50 000 S Mindest-KöSt aufgehoben hat und die Steuer nunmehr 25 000 S beträgt. Aber jetzt wird wiederum eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde vorbereitet. Sie schaffen bei den Unternehmen Scheingewinne, und diese werden besteuert.

Der Bundesfinanzminister redet über eine Steuerharmonisierung innerhalb der Europäischen Union, die er nächstes Jahr, wenn Österreich den EU-Vorsitz übernimmt, in Angriff nehmen will. Ich denke aber, er sollte besser zuerst die Hausaufgaben in Österreich erledigen (Beifall bei den Freiheitlichen) , bevor er in der Europäischen Union ab 1. Juli 1998 mit der Steuerharmonisierung beginnt, denn die Europäischen Union schreibt ihm einiges ins Stammbuch! – Das dritte EU-Papier von Kommissar Monti stellt dazu eindeutig fest: Die hohe Besteuerung des Faktors Arbeit wirkt negativ auf das Beschäftigungsniveau in Europa. 4 Prozentpunkte der derzeitigen Arbeitslosenrate sind auf die gestiegene Besteuerung des Faktors Arbeit zurückzuführen. – Sie aber erhöhen alles, was im Bereich der Lohnnebenkosten möglich ist. Sie gehen sogar so weit, die Lehrlinge zu besteuern, die Lohnsummensteuer zwar abzuschaffen, dafür aber eine Kommunalsteuer einzuführen. Sie erhöhen die Lohnnebenkosten mit schier unermüdlicher Akribie, nur daß der Faktor Arbeit durch geringere Steuern entlastet werden soll, das lassen Sie beiseite!

Herr Staatssekretär! Zusammenfassend glaube ich, daß es notwendig wäre, bei diesem Budget auch zu beachten, daß eine Gesamtabgabenquote von 45,7 Prozent für die ÖsterreicherInnen nur mehr schwer erträglich ist. Wir müssen ein Budget erstellen, das die österreichischen Steuerbürger einmal in die Lage versetzt, weniger Steuern zu bezahlen, damit sie mehr Geld für privaten Konsum haben und durch verstärkte private Nachfrage der Wirtschaftsstandort Österreich abgesichert wird, denn alleine mit dem Export wird das nicht gelingen.

Wir brauchen eine vernünftige Grundlage für neue Budgets, damit wir in Zukunft über die Runden kommen. Ich glaube daher, es ist notwendig, daß wir uns alle einmal überlegen, bei der Budgeterstellung den richtigen Schritt in Richtung Steuerpolitik zu machen, sodaß wir zu berechenbaren Zahlen für die Zukunft kommen. Die Unternehmer stehen heute vor dem Problem, daß sie nicht wissen, ob ein Steuergesetz, das heute beschlossen wird, in einem halben Jahr noch gilt – oder ob es vielleicht rückwirkend wieder abgeändert wird.

Herr Staatssekretär! Wir Freiheitlichen fordern, daß Unternehmern eine Planungszeit von fünf Jahren zugestanden wird, in denen sie vom steuerpolitischen Standpunkt aus betrachtet vom Staat in Ruhe gelassen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist deswegen notwendig, weil sie einfach Parameter brauchen, an denen sie sich orientieren können. Es geht nicht an, daß Sie – was verfassungsrechtlich wirklich bedenklich ist – die Steuergesetzgebung rückwirkend ändern und damit im nachhinein die Unternehmens- und Planungszahlen erheblich beeinflussen. Diese Vorgangsweise ist insgesamt dem Wirtschaftsstandort Österreich abträglich. Aus diesem Grunde werden wir den nicht sehr brauchbaren Vorschlag des Budgets 1998 ablehnen. (Beifall bei Freiheitlichen.)

12.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste ist Frau Abgeordnete Schaffenrath zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.40

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe bei der Budgetrede des Finanzministers sehr aufmerksam zugehört, und er hat darin gemeint, dieses Budget würde deutlich zum Ausdruck bringen, was sich die Bundesregierung an politischen Aufgaben und Zielen vorgenommen hat. Diese Budgetpolitik und die vielfältigen Strukturreformen würden, wie er gesagt hat, mehr Beschäftigung bringen, damit könnte der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit aufgenom


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men werden. Und man hätte es letztlich geschafft – so meinte der Finanzminister –, daß Beschäftigung und Einkommen stärker gewachsen wären.

Ich teile seine Meinung nicht. – Das klingt zwar gut, aber die Realität schaut ganz anders aus. Jedenfalls schaut die Realität anders aus, wenn es um die Frauen geht. Von dieser Stelle aus hat Kollegin Mertel sehr viele Forderungen in den Raum gestellt, und ich kann den größten Teil dieser Forderungen nur unterstreichen und unterstützen. Ich frage aber: Wo finden wir in diesem Budget Ansätze zu deren Umsetzung? Und ich frage mich natürlich auch, ob denn die SPÖ nicht auch in letzter Konsequenz eine der beiden Koalitionsparteien ist und diesbezüglich daher schon viel mehr in die Wege hätte leiten können!

Tatsache ist, daß die Erwerbsquote der österreichischen Frauen ohnehin schon unterdurchschnittlich ist – und darüber hinaus weiter absinkt. Es ist eine Tatsache, daß die Arbeitslosenquote bei den Frauen überproportional steigt, daß die Verweildauer der Frauen in der Arbeitslosigkeit noch deutlicher länger ist als jene der Männer – deutlich länger war sie ohnehin bereits bisher. Die Einkommensschere geht auch immer weiter auf: Der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen beträgt bereits mehr als 60 Prozent. Die Vorschläge, die jetzt im Zusammenhang mit der noch nicht abgeschlossenen Pensionsreform im Raum stehen, werden die Frauen in eine noch schwierigere Situation bringen, denn der Vorschlag, die Kinderbetreuungszeiten in Zukunft mit 8 000 S, anstatt wie bisher mit rund 6 000 S, zu berechnen, wird den Nachteil der längeren Durchrechnungszeit nicht ausgleichen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir von einer Berechnung für diese Kinderbetreuungszeiten von 8 000 S reden ... (Zwischenruf der Abg. Steibl. ) Frau Abgeordnete, wir reden von 8 000 S, und das ist etwas! (Abg. Dr. Sonja Moser: Es sind 2 100 S mehr!)  – Ich bestreite das nicht und sage trotzdem, daß dieser Betrag von rund 8 000 S eigentlich ein deutliches Bild auf den Stellenwert der Frauenarbeit in diesem Land wirft. Diese 8 000 S werden eine längere Durchrechnungszeit jedenfalls nicht ausgleichen können. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Sonja Moser. ) Ich weiß natürlich, daß es bisher 6 000 S waren, dann werden es 8 000 S sein. Das wird aber das Kraut nicht fettmachen, wenn es einen 20jährigen Durchrechnungszeitraum gibt.

Selbstverständlich ist es erfreulich, wenn der Finanzminister ankündigt, daß 12 Milliarden Schilling insbesondere in den Eisenbahnausbau investiert werden, also in strukturelle Maßnahmen. Gerade in diesem Bereich ist es aber so, daß damit primär Arbeitsplätze für Männer geschaffen werden, weil in diesen Industriebereichen die Männer deutlich dominieren. Das wird auch in Zukunft so bleiben, denn es reicht nicht aus, wenn die Frauenministerin nur Broschüren austeilt, in denen zwar freundlicherweise steht: Mädchen können mehr!, es aber dann im gesamten Bildungsbereich keine konkreten Ansätze dafür gibt, diese einseitige Bildungslaufbahn von Frauen auch in andere Richtungen zu lenken.

Frau Kollegin Mertel hat schon darauf hingewiesen und es auch mit Zahlen belegt, daß in letzter Konsequenz sehr viele Frauen wegen der Kinderbetreuung aus dem Erwerbsleben ausscheiden. – Wir wissen das natürlich auch. Das Problem wird auf diese Art und Weise nicht gelöst, und wir wissen, daß auch diese 600 Millionen Schilling für die Kinderbetreuung noch lange nicht den notwendigen Erfolg gebracht haben – unabhängig davon, daß diese 600 Millionen nicht einmal ausgenutzt wurden. Es fehlen noch immer adäquate Kinderbetreuungseinrichtungen. Der Herr Finanzminister hat zumindest erkannt, daß es einer finanziellen Unterstützung im Zusammenhang mit dem Wiedereinstieg von Frauen ins Berufsleben bedarf, nur findet sich dafür kein erhöhter Ansatz in diesem Budget. Ich bin schon neugierig, wie er diese verstärkte Wiedereinstiegshilfe für Frauen, die wirklich dringend notwendig ist, finanzieren wird.

Eine Gründungsoffensive, die insbesondere Frauen zur Gründung von Unternehmen motivieren sollte, wurde immer wieder angesprochen, aber bis jetzt ist eigentlich noch keine einzige Maßnahme gesetzt worden. (Abg. Tichy-Schreder: Es machen sich heute mehr junge Frauen selbständig als früher!)  – Die Situation stellt sich traurig dar, Frau Tichy-Schreder; Sie wissen das. Der Anteil der Frauen bei den Selbständigen ist ohnehin rückläufig; es gibt heute nicht mehr Frauen unter den Selbständigen als vor 40 Jahren. Die meisten Frauen übernehmen Familien


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betriebe; Firmenneu gründungen sind bei ihnen eher eine Seltenheit. Klarerweise würde es hier entsprechender Initiativen brauchen. Man bräuchte Maßnahmen, die die ganz spezielle Situation der Frau berücksichtigen würden. Ich sage noch einmal deutlich, daß die Selbständige, gerade wenn es um Kinderbetreuung und Karenzzeiten geht, nach wie vor einiges an Nachteilen in Kauf nehmen muß. Kein Wunder, daß sehr viele Frauen in dieser Richtung entmutigt sind!

Trotzdem werden gerade sehr erfolgreiche Frauenprojekte geradezu ausgehungert, und dafür finden sich leider im Budget ganz konkrete Zahlen, die das auch belegen. Sosehr ich allen Kindern im Kindergarten des Bundeskanzleramtes eine optimale Betreuung gönne: Es ist für mich wirklich nicht einsichtig, warum für einen privilegierten Kindergarten mehr an Mitteln als für alle frauenfördernden Projekte in Österreich zusammen ausgegeben wird! Da scheint mir einfach das Verhältnis nicht zu stimmen.

Es wird immer deutlicher, daß insbesondere Projekte, bei denen sich sehr engagierte Frauen mit viel Eigeninitiative der Qualifizierung und Beratung anderer Frauen widmen – auch in Richtung Unternehmensgründung –, immer mehr verdrängt werden, daß sich leider das AMS, das sozialpartnerschaftlich und damit männlich dominiert ist, diese Aufgaben sozusagen aneignet, der Erfolg aber bisher ausgeblieben ist.

Zur Frage der Gleichbehandlungsanwaltschaften möchte ich sagen: Wenn wir wirklich wollen, daß Frauen einen fairen Zugang zum Erwerbsleben haben und sie auch mit einer fairen Bezahlung rechnen können oder daß sie sich zumindest weiterhelfen können, wenn diese ausbleibt, dann wäre diese Einrichtung dringend notwendig. Uns in Tirol wurde zumindest die Errichtung einer Gleichbehandlungsanwaltschaft versprochen. Ich habe allerdings keinen Budgetansatz dafür entdecken können! Ich hoffe, das Versprechen gilt für das Jahr 1998, aber damit ist es noch nicht getan, denn wir brauchen Gleichbehandlungsanwaltschaften in allen Bundesländern. Sogar die Frauenministerin hat die Situation für Frauen als alarmierend dargestellt. Rund 650 000 Frauen haben mit ihrer Unterschrift unter das Volksbegehren Alarm geschlagen, aber in Wirklichkeit wird, glaube ich, die Situation noch nicht in ausreichendem Maße ernst genommen.

Der Herr Finanzminister hat auch das Bildungssystem angesprochen und gemeint, es läge in seinem Sinne, daß die Qualität dieses Bildungssystems sichergestellt beziehungsweise verbessert wird. Er hat unter anderem auch von einer sehr erfolgreichen Lehrlingsoffensive gesprochen. Herr Kollege Maderthaner glaubt tatsächlich, daß er mit einer Teillehre all jene jungen Menschen, die derzeit keine Stelle haben – und nächstes Jahr werden es noch viel mehr sein –, werde unterbringen können. Ich bin gerne bereit, über eine Teillehre, über eine Grundlehre – wie immer man sie nennen möchte – zu diskutieren. Ich halte diese Idee für diskussionswürdig, wenn die Grundvoraussetzung sichergestellt ist, daß eine Durchlässigkeit gegeben ist, die auch zu einem höheren Abschluß, zu einer "Standardlehre" oder vielleicht auch – bei entsprechender Entwicklung – zu einem Abschluß, der darüber hinausgeht, führt.

Außerdem muß die Ausbildung im Rahmen dieser Teillehre als wesentliche Grundvoraussetzung einen schulischen Teil umfassen. Das wird allerdings das Lehrlingsproblem nicht lösen. Zwar werden wir junge Menschen unterbringen können, aber nicht all jene, die wir noch unterzubringen haben.

Wenn Herr Kollege Maderthaner so stolz auf die 3 000 zusätzlichen Lehrstellen verweist, oder auf die Lehrverträge, die abgeschlossen werden konnten, dann muß er meiner Ansicht nach wissen, daß das nicht das Ergebnis von neu geschaffenen Rahmenbedingungen ist, welche die Lehrlingsausbildung für die Unternehmer, aber auch für die Auszubildenden wesentlich attraktiver gemacht hätten, sondern daß das tatsächlich das Ergebnis einer sehr massiven Förderaktion des AMS und der Länder war. Ich teile die Befürchtung der Kollegen Haselsteiner und Öllinger, daß diese massive Förderaktion, diese Überreizung des Lehrstellenmarktes den Schulabgängern und Schulabgängerinnen des kommenden Jahres auf den Kopf fallen wird, wenn wir nicht rasch neue Bedingungen schaffen.

Das gesamte Unterrichtsbudget macht auch deutlich, daß es in diesem Bereich keine Pläne, Vorhaben und Ambitionen gibt, die wirkliche Veränderungen herbeiführen könnten. Ich gebe


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gerne zu, daß der Spielraum insbesondere im Unterrichtsbudget sehr eingeschränkt ist. Bei 92 Prozent Personalkosten und noch dazu bei einer Gewerkschaft, die alles blockiert, wenn es um irgendwelche Privilegien in ihrem Bereich geht, ist der Spielraum relativ gering. Daher verstehe ich in letzter Konsequenz auch den Finanzminister nicht, wenn er von einem kreativen Budget spricht, denn ich kann im gesamten Bildungsbereich Kreativität wirklich nicht entdecken. Alle relevanten Budgetposten wurden bloß linear fortgeschrieben.

Es gibt eine Ausnahme, nämlich die Steigerung der Personalkosten um rund 2,3 Milliarden Schilling. Das ist aber keine Maßnahme im eigentlichen Sinn, sondern dem liegt nur die strukturbedingte Gehaltssteigerung bei Bundeslehrern und Bundeslehrerinnen zugrunde. Es gibt eine – wenn auch nicht sehr konsequente – Reduzierung der Mehrdienstleistungen, aber trotzdem besteht im Bereich der berufsbildenden Schulen immer noch ein Verhältnis von vier Normalstunden zu einer Überstunde. Ich denke, das ist angesichts von 8 000 bis 10 000 arbeitslosen Junglehrern und Junglehrerinnen immer noch zuviel.

Ich kann die Behauptung nicht nachvollziehen, daß eine politische Leistung vorliegen soll, wenn in Zukunft zumindest ein Teil der nicht geleisteten Überstunden nicht mehr bezahlt werden soll. Denn das heißt immer noch, daß wir nur von einem Teil sprechen. Es gibt weiterhin Überstunden im Schulbereich, die nicht geleistet, aber trotzdem bezahlt werden.

Ich kann keine politische Leistung darin erkennen, daß für Lehrer und Lehrerinnen ein Frühpensionierungsmodell besteht, das ich – auch wenn es Abschlagszahlungen gibt – durchaus als Privileg bezeichne und als Ungleichbehandlung gegenüber anderen Beamten und Beamtinnen. Es ist ein Privileg, mit 55 Jahren in Pension gehen zu können. Dieses Privileg steht in letzter Konsequenz konträr zu allen anderen Forderungen der Regierung in diesem Zusammenhang. Selbst ein Abschlag von 20 Prozent schmerzt Beamte und Beamtinnen mit einem durchschnittlichen Ruhebezug von 46 000 S nicht besonders. Ihr Verdienst liegt nämlich trotz Abschlages immer noch deutlich über dem durchschnittlichen Verdienst der österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. (Abg. Dr. Brinek: Man kann aber nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!)

Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen – ich denke aber, daß es nicht unbedingt dabei bleiben sollte, daß der Lehrer ein Apfel und der andere Arbeitnehmer eine Birne ist, Frau Kollegin Brinek! Wir haben unterschiedliche Systeme, das ist mir klar, aber es ist höchste Zeit, zu Angleichungen zu kommen. Die wirklich zugrundeliegenden Probleme werden jedoch nicht angegangen. Wir bleiben bei einem leistungsfeindlichen Gehaltsschema. Wir bleiben bei den Biennalsprüngen, die zu dem extremen Ansteigen am Ende der Gehaltskurve führen. Wir bleiben bei der Unflexibilität der Pragmatisierung – der Herr Klubobmann Khol wird sie auch noch "mit Zähnen und Klauen" verteidigen. Wir bleiben bei dem leistungsfeindlichen System der Pragmatisierung, bei schulfesten Stellen und so weiter.

Die lineare Fortschreibung im Budget bedeutet leider auch, daß wir all den Herausforderungen, vor denen Schule und Bildung jetzt stehen, nicht werden begegnen können. Ich nenne davon nur zwei Bereiche – es gäbe eine Vielzahl zu nennen –, zum einen etwa die Notwendigkeit des Ausbaus der Erwachsenenbildung. Die Unterrichtsministerin verwendet den Begriff "lebensbegleitendes Lernen" nur, um Reformen anzukündigen, es werden aber keine eingeleitet, und es kommt zu keiner Umschichtung der Mittel. Der zweite Punkt bezieht sich darauf, daß wir der technologischen Revolution in letzter Konsequenz nicht werden begegnen können. Es gibt keine Ansätze, neue Medien tatsächlich in den Schulbereich und in den Unterricht zu integrieren.

Vom Herrn Finanzminister wurde auch eine schlankere, effizientere Verwaltung angesprochen. Ich darf ihm sagen, daß trotz sinkender Schülerzahlen der Personalstand bei den Landesschulbehörden angehoben wurde und die Kosten im Bereich der Schulaufsicht 852 Millionen Schilling betragen. Wenn es der Regierung Ernst wäre mit Autonomie und Teilrechtsfähigkeit, dann hätte man in diesem Verwaltungsbereich, der noch dazu total parteipolitisch – wie ich sagen möchte – verfilzt ist, sicherlich Abstriche zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestaltungswille, Kreativität und Reformwille sind aus meiner Sicht nicht erkennbar. Falls dieses Budget Ausdruck dessen ist, was sich die Regierung


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zur Umsetzung vorgenommen hat, dann wird sie, so glaube ich, in den kommenden beiden Jahren mit Arbeit nicht gerade sehr belastet sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.57

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Es ist zwar heute schon mehrmals gesagt worden, auch von unserer Fraktion, aber auf einige Punkte möchte ich noch einmal eingehen, und zwar unter dem speziellen Aspekt meiner Funktion als frauenpolitische Sprecherin der Grünen.

Zum einen ist das Ziel, das Sie mit diesem Haushalt anstreben – das Ziel der Beschäftigungspolitik und der Schaffung von Arbeitsplätzen, das an und für sich unterstützenswert ist –, nicht sichtbar und nicht erkennbar. Das hat mein Kollege Van der Bellen bereits gesagt.

Für Frauen gilt das in noch viel höherem Maße. Das Ziel ist nicht nur nicht sichtbar und nicht erkennbar, sondern es ist sogar auf die Art eines Bumerangs wirksam, nämlich in dem Sinne, daß Frauen Arbeitsplätze verlieren, daß die Beschäftigung zurückgeht und daß Frauen von den Arbeitsplätzen wieder nach Hause, sozusagen in die Küche und an den Herd, zurückgedrängt werden. Wie auch neulich wieder zu lesen war, werden Frauen in ihrer Einkommenssituation in noch größerem Ausmaß benachteiligt werden, weil dabei die Dynamik im Vergleich zu früheren Jahren eine weitaus höhere sein wird. Damit wird die Kluft zwischen den Einkommen von Männern und Frauen, die es immer schon gegeben hat, sozusagen in einer dynamischen Situation noch vergrößert. Das heißt, Ihre Maßnahmen im Budget wirken sich für Frauen ganz besonders negativ und nachteilig aus.

Damit erweist sich einmal mehr, was heute schon festgestellt worden ist: Ihr Budget ist nicht besonders originell. Es ist eine Fortschreibung der Sparbudgets der letzten beiden Jahre. Auch wenn Sie diesmal nicht – wie in den beiden vergangenen Jahren – ein Sparpaket als solches vorlegen, gibt es doch so etwas wie ein drittes Sparpaket: ein nicht sichtbares Sparpaket, so etwas wie ein heimliches drittes Sparpaket. Dieses besteht aus den Auswirkungen der vorangegangenen Sparpakete, aus den langfristigen Auswirkungen, die erst jetzt greifen.

Wir haben gestern anhand der ersten Lesungen die Korrekturen diskutiert, die unserer Meinung nach im Bereich von Karenzgeld und Karenzurlaub dringend erforderlich sind, weil Sie Kürzungen vorgenommen haben, die Frauen massiv betreffen, auch im Bereich der Beschäftigung und des Arbeitsplatzes. Das ist aber nur eine der Maßnahmen. Im Frühjahr haben wir Anfragen in Serie gestellt über die Einsparungen im öffentlichen Dienst und darüber, in welchem Ausmaß diese insbesondere Frauen betreffen.

Als wir dafür sorgten, daß diese Anfragenserie hier kurz behandelt wurde, stellte sich in den zum Teil sogar sehr schlechten und schlampigen Beantwortungen aus den verschiedenen Ministerien heraus, daß diese Maßnahmen in erster Linie selbstverständlich Frauen treffen: Posten werden nicht nachbesetzt, Förderungen werden nicht vorgenommen, Karenzurlaubsvertretungen werden nicht verlängert beziehungsweise Frauen dazu gedrängt werden, nach der Karenz lieber gleich zu Hause zu bleiben. All diese Ursachen haben sich herausgestellt, zum Teil sehr deutlich, schwarz auf weiß, in Zahlen, in Statistiken. Das sind die längerfristigen Auswirkungen Ihrer beiden Sparpakete, die erst jetzt richtig spürbar und sozusagen nachvollziehbar werden. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Betrachten wir die Einsparungen im öffentlichen Dienst, den Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst. Es zeigt sich, daß er vor allem junge Menschen betrifft, Jungakademiker und Jungakademikerinnen, und er betrifft wiederum vor allem Frauen. Vor die Wahl gestellt, geben Frauen leider immer noch viel zu oft nach, sie geben auf und sagen: Dann bleibe ich eben zu Hause, bleibe ich bei den Kindern und mache die Hausarbeit. Es gibt keine wirklichen Anreize für Frauen, den Arbeitsplatz zu behalten, da oder dort vielleicht sogar dafür zu kämpfen. Nach wie


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vor gibt es vor allem keine Anreize und viel zuwenig Förderungen, damit Frauen Haushalt, Kinder und Arbeit miteinander verbinden und bewältigen können.

Damit bin ich beim nächsten Stichwort hinsichtlich der Einsparungen und Auswirkungen, die erst jetzt richtig spürbar werden, dem Stichwort Kinderbetreuungseinrichtungen. Ich kann es nur immer wieder sagen: Vor Jahren, im Wahlkampf 1994, haben Sie den Österreicherinnen und Österreichern die "Kindergartenmilliarde" versprochen. Aus der "Kindergartenmilliarde" sind ein paar Millionen geworden, die Sie einmalig ausgeschüttet haben. Nunmehr müssen wir allerdings in mühevollen Recherchen und Anfragenserien feststellen, daß nicht nur zusätzliche Kinderbetreuungsplätze geschaffen worden sind, sondern da oder dort durchaus Kinderbetreuungseinrichtungen gefördert wurden, die ohnehin auf dem Plan standen. (Abg. Mag. Steindl: Das stimmt nicht!) Das stimmt sehr wohl, schauen Sie sich die Anfragebeantwortungen an!

Es ist nicht so, daß 100 Prozent dieser Mittel für zusätzlich geschaffene Kinderbetreuungseinrichtungen verwendet worden wären, wie es dem Versprechen der "Kindergartenmilliarde" entsprochen hätte. Das Versprechen lautete, zusätzliche Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu schaffen, um die Situation vor allem dort zu verbessern, wo dies notwendig ist, nämlich außerhalb der großen Städte, in ländlichen Bereichen. Auch dazu können Sie sich die Anfragebeantwortungen ansehen. Wir haben Anfragen in allen Landtagen gestellt, in denen wir vertreten sind, und verfügen deshalb über ein relativ gutes Bild über die Situation. Auch dabei haben sich die nach wie vor enormen Unterschiede zwischen den Städten und den kleineren Gemeinden gezeigt. Diese Situation ermöglicht es den Frauen in keiner Weise, ihren Pflichten im Beruf sowie zu Hause nachzukommen.

All das sind Auswirkungen der Sparpakete, und ich könnte Ihnen noch viel mehr aufzählen, alles, was ich Ihnen in den beiden vergangenen Jahren aufgezählt habe, als es um Ihre Einsparungen ging. Die Folgen wirken weiter, und zwar in einer Art und Weise, daß sie nicht geringer, sondern vielmehr stärker werden, die Frauen mehr belasten und in vielen Bereichen stärker treffen. Das ist das, was ich das dritte Sparpaket nennen möchte, und zwar deshalb, weil Sie es nicht benennen, sondern so tun, als würde es das nicht geben.

Sie tun in der Öffentlichkeit so, als wäre heuer endlich alles vorbei, als gäbe es keine Sparpakete mehr und als könnten wir aufatmen. Aber das stimmt nicht, es ist nicht wahr. Es gibt ein Sparpaket, ein indirektes, ein geheimes Sparpaket, das seine Auswirkungen hat, und das sind Ihre Maßnahmen der beiden vergangenen Jahre. Insofern werden Sie Ihrem Ziel, das Sie immer wieder rhetorisch nennen, nämlich dem Ziel der Arbeitsplatzschaffung und der Beschäftigungspolitik, in keiner Weise gerecht.

Sie machen etwas Weiteres mit diesem Budget, und darauf hat mein Kollege Öllinger in seiner Rede schon hingewiesen – und das betrifft wieder vor allem Frauen –: Sie glauben, daß Sie an und für sich strukturell dringend erforderliche Reformen wie die Pensionsreform nun dazu benützen können, gleichzeitig Budgetkorrekturen vorzunehmen. Dabei setzen Sie auf kurzfristige Maßnahmen und Wirkungen und übersehen, daß es eigentlich um eine grundsätzliche strukturelle Reform ginge. Sie übersehen insbesondere – das habe ich Ihnen von diesem Rednerpult aus bereits gesagt –, daß es dabei vor allem um die Situation der Frauen geht.

Nach wie vor ist es so, daß mehr als die Hälfte der Frauen keine eigenständige pensionsrechtliche Absicherung hat und über keine eigenständige Pension verfügt. Alle Maßnahmen, die Sie nun zu setzen versuchen und die in Diskussion stehen, bereinigen diese Situation nicht nur nicht, sondern verschlechtern sie sogar. Längere Durchrechnungszeiträume und alle anderen Maßnahmen verschlechtern die Situation der Frauen hinsichtlich der pensionsrechtlichen Absicherung, und sie verbessern sie nicht.

Vor allem berücksichtigen Sie in dieser Debatte nicht, daß Lebensläufe von Frauen völlig anders aussehen als jene von Männern – sofern man überhaupt noch von diesen klassischen Lebensläufen ausgehen kann. Ich bezweifle immer mehr, daß man heute noch vom klassischen Lebenslauf mit Vollbeschäftigung ausgehen kann. Das scheint immer seltener der Fall zu sein. Für Frauen trifft es auf keinen Fall zu.


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All das, was Sie zurzeit diskutieren – bis hin zur Eingliederung der geringfügig Beschäftigten in die Sozialversicherung –, ist nicht wirklich etwas, das Frauen hilft. Das ist nur Schönheitschirurgie. Es ist zwar vom Ansatz her richtig, geringfügig Beschäftigte in die Sozialversicherung einzubeziehen, das heißt aber nicht, daß diese Frauen nachher eine eigene Pension oder auch nur eine existenzsichernde Absicherung im Alter hätten. Davon kann überhaupt nicht die Rede sein.

Daran, wie Sie dieses Budget und diesen Haushalt vorlegen, zeigt sich wieder, daß Sie die großen Probleme nicht angehen, ihnen ausweichen, eine oberflächliche Korrektur machen und Kosmetik betreiben und vor allem – das kreide ich Ihnen besonders an – eine geschlechterspezifische Wirkung zum Nachteil der Frauen hinnehmen. Der Gleichbehandlung, wie sie vom Grundsatz her eigentlich vorgesehen ist, werden Sie damit in keiner Weise gerecht.

In diesem Sinne kann ich nur neugierig sein, was bei der Pensionsreform herauskommen wird, da Sie nun zum ersten Mal – das finde ich daran besonders spannend – mit Widerstand aus den verschiedenen Teilbereichen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu kämpfen haben, sei es aus der Gewerkschaft oder sei es – auf seiten der ÖVP – aus dem ÖAAB. Ich bin neugierig und gespannt, was dabei herauskommt, und hoffe nur, daß sich auch in diesen Teilbereichen die Frauen einmal zu sagen trauen: Da stimmen wir nicht mit, dabei machen wir nicht mit, weil weder diese Reform uns hilft, noch – und das schon gar nicht – es dazu kommen darf, daß das Budget und der Haushalt nur dazu dienen und herhalten sollen, kurzfristige Maßnahmen zu setzen und kurzfristige Kosmetik zu betreiben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

13.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.08

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kritik unserer Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsfraktionen ist zum Teil sachlich begründet und durchaus berechtigt. Niemand von uns behauptet, daß wir unsere Traumbudgets realisieren, uns allen ist bewußt, daß wir im Rahmen von Budgetdisziplin und Vorbereitungsmaßnahmen für die europäische Einheitswährung eine sehr disziplinierte Budgeterstellung betreiben müssen.

Die Kritik, daß die eine oder andere Aktivität, der eine oder andere Budgetansatz vielleicht verbesserungs- oder korrekturbedürftig wäre, mag stimmen. Allerdings bitten wir darum, nicht nur zu kritisieren, was nicht paßt, sondern im Rahmen des Möglichen auch Vorschläge zu unterbreiten, wie vielleicht anders umverteilt werden könnte. Das hat mir bei der heutigen Kritik aus den Oppositionsreihen gefehlt.

Sehr leichtgemacht hat es sich der freiheitliche Budgetsprecher. Kollege Trattner hat einen feurigen Appell an den Finanzminister gerichtet, als er sagte: Schaffen Sie endlich die Voraussetzungen, um den Arbeitsmarkt sicherzustellen! Er meint wahrscheinlich Jörg Haiders Conclusio aus Harvard, meine Damen und Herren: Nach sechs Monaten gibt es für keinen mehr Arbeitslosengeld. Einen solchen Budgetansatz werden Sie bei uns nicht finden.

Es gibt ein wirklich seriöses und ehrliches Bemühen dieser Bundesregierung, den Budgetkonsolidierungskurs fortzusetzen und gleichzeitig soziale Ausgewogenheit zu betreiben.

Sie haben uns schon beim Budgetprogramm unterstellt, daß es unseriös ist. Sie sehen jetzt an dem vorliegenden Budget, daß wir das Budgetprogramm einhalten, daß wir bei den Einnahmen und Ausgaben sogar geringfügig unter dem Budgetprogramm liegen. Wir wissen, daß die Einnahmen in den Budgetvorlagen, die wir heute diskutieren, sehr vorsichtig geplant sind, daß wir die lineare Hochrechnung der Einnahmenssituation nicht mehr fortgesetzt haben und aus diesem Grund auch erwarten, daß die Planungen über zwei Jahre halten werden.


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Wir haben die Ausgaben für die Beamten im wesentlichen gedeckelt – die Mehrausgaben sind mit 1 Prozent fixiert –, allfällige weitere Ausgabenerhöhungen müssen über andere Kosteneinsparungen im Bereich der Beamtenschaft gedeckelt und besorgt werden.

Es gibt in den meisten Bereichen bei den Sachausgaben und Ermessensausgaben keine Valorisierung, das deutet doch darauf hin, daß die Bürokratie und die Ministerien einen sehr hohen Sparbereitschaftsgrad aufweisen. Ausnahmen gibt es im Bereich des ASVG und auch im Bereich der Ärmsten unserer Gesellschaft: im Bereich der Arbeitslosen wird natürlich valorisiert.

Weiterer Punkt: Diverse andere Aktivitäten und Faktoren zeigen, daß wir sehr wohl beschäftigungspolitische Überlegungen anstellen. Wir haben nicht die 2,6 Prozent Neuverschuldung, die ursprünglich geplant war, in diesem Budget realisiert, sondern aus beschäftigungspolitischem Interesse die 2,9 Prozent laut Maastricht-Kriterium angepeilt. Natürlich kann man kritisieren, wie das einer der Vorredner hier getan hat, daß die Bank-Austria-Mittel zu einem gewissen Anteil für Schuldenzahlungen betreffend die ASFINAG verwendet werden. Natürlich werden sie unseren Schuldenstand reduzieren, mit diesen Mitteln wird aber auch der Lückenschluß der österreichischen Autobahnen gelingen. Das bedeutet, es werden damit auch beschäftigungswirksame Maßnahmen gesetzt.

Es gibt auch andere sehr positive Kennzahlen: Wir sehen, daß die KRAZAF-Deckelung wirksam ist, daß andere wichtige politische Ziele, die sich die Bundesregierung in den vergangenen Jahren gesetzt hat, geregelt und im Rahmen der Disziplin erreicht werden.

Es ist im wesentlichen so, daß die wichtigsten Ziele erreicht werden: Wir werden den Staatshaushalt weiter sanieren, der Prozeß wird zügig voranschreiten, ohne daß wesentliche Budgettricks angewendet werden.

Wir halten die gute Beschäftigungssituation. Wir alle wissen, daß die Beschäftigungssituation in Österreich nach wir vor noch wesentlich besser ist als in den meisten vergleichbaren europäischen Ländern.

Die erfolgreiche Inflationsbekämpfung brauchen wir, glaube ich, nicht zu erwähnen: Die Inflation ist ja die größte Geißel der Arbeitnehmer, der unselbständigen Menschen. Wir tun mehr für die Unselbständigen, wenn wir eine günstige Inflationsrate haben, als wenn wir hohe Bruttolohnzuwächse hätten. Ich glaube, daß damit ein sehr wichtiger Punkt erreicht wird; die derzeitige Inflationsbekämpfung ist die erfolgreichste seit 10 Jahren.

Wir gewinnen wieder fiskalpolitische Handlungsspielräume, und ich glaube auch, daß nachhaltige strukturelle Effekte bei Verteilungsgerechtigkeit und einer Ausgewogenheit der Maßnahmen erkennbar sind.

Nicht zuletzt wird die Zahl der Planstellen um 4 600 reduziert, und auch der Kfz-Fuhrpark um mehr als 800 Kraftfahrzeuge reduziert. Wir sehen also auch, daß das, was uns immer vorgeworfen wurde, nämlich daß im Bereich der Verwaltung nicht gespart wird, mit Nachdruck besorgt wird.

Ich glaube, wir können schon heute sagen, daß wir mit diesem Budget, wenn es auch, wie es traditionellerweise bisher immer von den Oppositionsparteien gemacht wurde, angezweifelt wurde, im nächsten Jahr beim Rechnungsabschluß diese Debatte wieder erfolgreich führen können. Dieses Zweijahresprogramm führt auch dazu, daß die Budgetdisziplin in der Verwaltung eine wesentlich bessere ist.

In diesem Sinne glaube ich, daß wir eine erfolgreiche Budgetpolitik machen, und bin überzeugt davon, daß wir in zwei Jahren sehr stolz darauf sein können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.15

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Verehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Unsere Zeit ist von tiefgreifenden internationalen, globalen Strukturveränderungen geprägt. Viele dieser Strukturveränderungen verunsichern unsere Mitbürger, führen in manchen Bereichen sogar zu Angst. Es ist interessant, daß in den letzten Stunden hier zum finanzpolitischen Rahmenwerk, wie wir aus der Sicht der Republik Österreich mit diesen Strukturveränderungen und Strukturreformen fertig werden wollen, eine Debatte abläuft, in der die Oppositionsparteien im Grunde genommen für fast alle Bereiche übereinstimmend eine Beschleunigung der Strukturreformen von der Regierung fordern, aber gleichzeitig dann, wenn wir reformieren, zu den Menschen gehen und ihnen im Zusammenhang mit diesen Reformen Angst machen. Ratio, Ehrlichkeit und objektive Gesinnung sind damit in der politischen Analyse schwer vereinbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen das anhand einiger Beispiele augenscheinlich darlegen.

Es ist unbestreitbar, daß der EU-Beitritt Österreichs Strukturreformen beschleunigt, in vielen Fällen sogar erzwingt. (Ruf bei den Freiheitlichen: Unter anderem!) Die Redner der FPÖ möchten tiefgreifendere Strukturreformen durchgeführt haben, haben zur EU aber einen ablehnenden Standpunkt eingenommen, beziehungsweise es war ihnen der Beitritt zu früh, oder sie wollten ihn nicht in dieser Form. Es ist wohl völlig logisch, daß wir diese Strukturreformen, zu denen sich die Regierungsparteien und die Bundesregierung bekennen, leichter lösen, wenn wir ein gesamthaft berechenbareres System haben, zu dem auch die europäische Währung gehört.

Ihre Antwort auf die Zielsetzungen der österreichischen Bundesregierung, nämlich daß Österreich schon im ersten Block an der Europäischen Währungsunion teilnehmen soll, ist: Kein Euro! Zu früh! Nicht in dieser Form! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich könnte noch weitere Beispiele aufzählen, wie etwa: Kollege Schreiner beispielsweise stellt sich als Steuerfachmann, als Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater hier her und sagt: Ziel der FPÖ, besonders aus seiner beruflichen Sicht, muß es sein, daß eine Politik, die den Unternehmer im Auge hat, dem Unternehmer in der Steuergesetzgebung fünf Jahre Vorlaufzeit läßt, sich auf die Gesetzgebung einzustellen. – Okay, meine Damen und Herren! Nur: Sie müssen sagen, wie Sie sich das vorstellen, Strukturreformen noch schneller umzusetzen, während Sie in der Steuergesetzgebung dann fünfjährige Vorlaufzeiten haben wollen. (Abg. Böhacker: Das haben wir nicht gesagt! Wir wollen eine bessere Berechenbarkeit im Steuerbereich!)  – Ja, die wollen wir alle, aber dann auch mit klaren Konsequenzen. Dann behaupten Sie nicht überall, daß alles viel zu langsam, zu behaglich und viel zu rücksichtsvoll abläuft! (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Böhacker. ) Sie wollen klare schnelle Strukturreformen. Dann bekennen Sie sich auch zu den Konsequenzen, die damit verbunden sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sie sind unehrlich!)

Das ist demokratisch legitim! Sie wollen es, also warum leugnen Sie die Konsequenzen, die daraus entstehen?

Der Erstredner der Liberalen, Kollege Haselsteiner, zitiert Robert Menasse aus einem bemerkenswerten Artikel des "Standard" über die Haltung des Bundeskanzlers zur Rolle der Sozialpartner. Robert Menasse kommt zur Ansicht, der Kanzler sollte mit einer kränklichen Sozialpartnerschaft aufräumen. – Es ist ebenfalls demokratisch legitim, daß sich ein kritischer Schriftsteller zu einer derartigen Meinung durchringt. Ich teile sie nicht. Sie werden sich nicht darüber wundern: Als Vertreter der Sozialpartner bekenne ich mich zu Reformen, aber nicht zu dieser Ansicht! (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daß Kollege Haselsteiner sagt, der Bundeskanzler möge mit den Sozialpartnern, mit diesem kranken Roß Österreichs, aufräumen, kann nur zu dieser Antwort führen: Das LIF als kränkelnder Keimling möge sich doch um die Gesundung eines Säuglings oder eines Embryos bemühen und nicht um das kranke Roß, das in seiner Krankheit – wie Sie meinen – noch zigmal mehr bewegt, als das LIF jemals bewegen wird beziehungsweise zu seinen Reformvorstellungen von


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der Bevölkerung an Akzeptanz entgegengebracht bekommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Ihr gesellschaftspolitischer Inhalt, Ihre "großartigen" Reformideen erfahren im Gegensatz zu den Beharrungskräften der Sozialpartner gerade 1,5, 2 Prozent an Zustimmung. Das Massenprogramm zur positiven Weiterentwicklung Österreichs sehe ich in diesen Ihren Ansichten daher nicht.

Die Grünen möchten noch raschere Reformen in zwei wichtigen Bereichen: in gesellschaftspolitischen und in ökologischen Zusammenhängen. Ich muß aber folgendes dazu sagen: Die Antwort der Bevölkerung bei Wahlen, wenn politische Noten auszuteilen sind, zeigt ebenfalls, daß kein Massenprogramm daraus ersichtlich ist. Es ist so, daß das demokratiepolitisch durchaus eine Würze sein kann, aber es gibt nirgends Äußerungen dahin gehend, daß die Österreicher in diesen Programmen etwas sehen, was sie in allen Meinungsumfragen zum Ausdruck bringen beziehungsweise was wir als Politiker jeden Tag im Gespräch mit unseren Mitbürgern erfahren.

Was wollen die Menschen in Zeiten tiefgreifender dynamischer Änderungen, in denen Strukturreformen und Strukturveränderungen an der Tagesordnung sind? In welche Richtung gehen die Sehnsüchte unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger? – Stabilität, Kontinuität, sichere Arbeitsplätze, sozialer Frieden, sicherer, attraktiver Wirtschaftsstandort Österreich. (Abg. Mentil: Alles, was Sie nicht bieten können!) Das sind die Sehnsüchte der Menschen, Kollege Mentil, und diese zu verwirklichen sind wir Schritt für Schritt auf einem sehr hohen Niveau weiter unterwegs (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mit immer größeren Arbeitslosenzahlen!), denn das Budget 1998 wird diesen Zielen und Erwartungen gerecht, wie auch der Stabilitätskurs der letzten Jahre Früchte trägt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Mit immer höheren Belastungen!)

1,2 Prozent Inflationsrate wurden genannt, ebenso eine starke Steigerung der Exporte. Wovon ist die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich besser ableitbar als von dieser starken Steigerung der Exporte? Unsere Wohlstandsentwicklung hängt eben auch von dieser weiteren Entwicklung ab. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich sage aus direkter Betroffenheit für die Landwirtschaft und die Bauern: Wir sehen in diesem Budgetentwurf 1998 auch einen klaren unverzichtbaren Flankenschutz für die Bewältigung der Probleme im Zusammenhang mit der Landwirtschaft und der Bauern in diesem Land. Ich freue mich darüber, daß es wieder gelungen ist, entgegen all Ihren Prophezeiungen, entgegen all Ihren Unkenrufen, nach den Übereinkommen 1995 bis 1998 auch in diesen Budgetverhandlungen zwischen dem Landwirtschafts- und dem Finanzminister einen neuen Budgetpakt über 40 Milliarden Schilling des Europaabkommens für den Zeitraum 1999 bis 2002 zu beschließen; wir konnten ihn in den letzten Tagen auch mit den Bundesländern finalisieren. Damit entsteht Kontinuität, damit entsteht die Sicherheit, die auch die Bauern brauchen, damit sie die notwendigen Strukturreformen nicht nur in der ökonomischen Größe, sondern auch in ihrer multifunktionalen Verantwortung in den nächsten Jahren unter berechenbaren Rahmenbedingungen durchführen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir werden uns selbstverständlich bei der Diskussion über die einzelnen Kapitel und den Grünen Bericht noch detaillierter mit diesen Fragen auseinandersetzen. Ich möchte jetzt nicht meine Zeit damit vergeuden, aber selbstverständlich sind wir hinsichtlich der Kernpunkte unserer Zielsetzungen in beachtlicher Weise unterwegs.

Wir haben neuerlich 1,2 Milliarden Schilling zur Finanzierung der Förderung einer österreichischen umweltorientierten Landwirtschaft in Brüssel sichergestellt. Wir haben im Bereich des ÖPUL nach 1995 für das Jahr 1998 ein zweites Programm eingereicht, und wir sind dabei, die Zahl der Biobauern in Österreich weiter zu erhöhen, um damit nicht nur den gesellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden, sondern auch eine moderne Marktpositionierung für eine kleinstrukturierte Landwirtschaft in einem Gebirgsland mit multifunktionalen Aufgaben umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend folgendes sagen: Es ist unbenommen Ihr demokratisches Recht, Ihre Meinung hier einzubringen, aber Lauterkeit wird man doch von


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Ihnen verlangen dürfen. Wenn Sie Strukturreformen in höherem Tempo wollen, dann stehen Sie zu den Konsequenzen, die damit verbunden sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir als Regierung, die von mehr als zwei Dritteln der stimmberechtigten Bürger dieses Landes bei den letzten Nationalratswahlen 1995 einen Auftrag erhalten hat, sind konsequent unterwegs, Schritt für Schritt auf hohem Stand. (Zwischenrufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Dafür haben wir im Grunde genommen auch den entsprechenden demokratischen Auftrag erhalten.

Unsere Leitlinie ist es, nicht Angst zu machen, nicht zu destabilisieren, sondern diesem Land und seinen Bürgern weiterhin Stabilität, Kontinuität, Arbeit, sozialen Frieden und Wohlstand zu geben. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Das ist eine Entwicklung, mit der Österreich jahrzehntelang gut gefahren ist, die im Interesse unserer Zukunftsgestaltung letztendlich auch unser Ziel sein muß und unsere Arbeit im Grunde genommen leiten wird. Es lohnt sich, sich dafür zu engagieren und dafür politisch tätig zu sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.25

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schwarzböck! Es gibt gute Strukturreformen, und es gibt schlechte Strukturreformen. (Abg. Schwarzböck: Ja!) Sie haben leider seit 1986 schlechte Strukturreformen eingeführt, und darum befinden wir uns heute in dieser Situation. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir stehen in Österreich vor einer hohen Arbeitslosigkeit, wir haben schwache Betriebe, insbesondere in der klein- und mittelständischen Wirtschaft, und das haben Sie mit Ihrer Steuer- und Budgetpolitik in Österreich zu verantworten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Herr Kollege Rosenstingl! Sie schreiben von uns die Reformen ab und sagen, daß sie schlecht sind!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich diese Debatte angehört hat, insbesondere die Redner der Koalitionsregierung, hat man wirklich den Eindruck bekommen, daß hier in diesem Haus zwar theoretisch über Wirtschaftspolitik, über Budgetpolitik diskutiert wird, daß Sie aber keine Ahnung davon haben, wie es in den österreichischen Betrieben aussieht, welche Sorgen die österreichischen Arbeitnehmer haben. Die österreichischen Arbeitnehmer sorgen sich um ihren Arbeitsplatz, und diese Sorge ist berechtigt, weil Sie bedenkenlos Belastungspolitik betreiben (Beifall bei den Freiheitlichen), weil Sie jetzt wieder vorbehaltlos eine Euro-Politik betreiben, während die Experten in Europa sagen, daß durch diese vorbehaltlose Euro-Politik Hunderttausende Arbeitsplätze gefährdet sind. Zehntausende Arbeitsplätze werden durch Ihre Politik, durch Ihre Euro-Politik in Österreich gefährdet, und dagegen wehren wir uns! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist erstaunlich: Präsident Maderthaner hat sich hier hergestellt und in seiner Rede gemeint, es sei in Österreich alles in Ordnung, wir hätten keine Probleme im Bereich der klein- und mittelständischen Wirtschaft, wir hätten ein die Wirtschaft belebendes Budget. (Abg. Dr. Trinkl: Da hast du nicht zugehört!)

Herr Kollege! Ich habe den Eindruck, Herr Kollege Maderthaner sitzt in seinem Präsidentenbüro in der Wiedner Hauptstraße, freut sich seines Lebens als Präsident, weiß aber nicht, welche Sorgen seine Zwangsmitglieder haben. Seine Zwangsmitglieder kämpfen in Österreich aufgrund Ihrer Politik um ihre Existenz, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Dieses Budget verschlechtert die Fakten des Wirtschaftsstandortes Österreich. Es gibt keine Impulse für die klein- und mittelständische Wirtschaft (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP), es gibt weitere Belastungen für Unternehmer. Frau Kollegin! Wie können Sie verantworten, daß es Gebührenerhöhungen von 50 Prozent gibt? Können Sie allen Ernstes vor die Unternehmer hintreten und sagen: Das ist in Ordnung, wir belasten Sie mit 50 Prozent!?

Ich weiß, wie Sie es verantworten: Ihnen sind die Unternehmer völlig gleichgültig. Sie wollen nur eines: in dieser Koalitionsregierung auf den Ministersesseln sitzen bleiben, Ihre Minister weiterhin pflegen – im Unterschied zu uns Freiheitlichen, denn wir pflegen die österreichischen Unternehmer und die österreichischen Arbeitnehmer, und deshalb haben wir auch Erfolg bei den Wahlen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist doch wirklich eine gefährliche Drohung, Herr Kollege, wenn der Herr Finanzminister in seiner Budgetrede ankündigt, er werde die Steuerlücken schließen. Wir wissen doch, was das bedeutet: Das ist das Belastungspaket Nummer drei. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist ja unglaubwürdig!)

Frau Kollegin! Wir haben seit Jahren die Tendenz, daß in Österreich nicht mehr der Gewinn der Unternehmen besteuert wird, sondern ein Einkommen, das es überhaupt nicht gibt. Sie sind Unternehmerin, Sie wissen ganz genau, daß es viele außerbilanzmäßige Hinzurechnungen gibt, die Sie mitbeschlossen haben, die Sie unterstützt haben. Sie besteuern ein Einkommen der Unternehmer, das die Unternehmer gar nicht haben. Wir haben daher keine Höchstprogression von 50 Prozent in Österreich, sondern wir haben eine Progression, die wesentlich höher ist. Sie sind schuld daran, daß die Eigenkapitaldecke dieser Unternehmen in Österreich immer geringer wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß die klein- und mittelständische Wirtschaft in Österreich der größte Steuerzahler ist und daß die klein- und mittelständische Wirtschaft in Österreich der größte Arbeitgeber ist. Daher kann es nur Ziel einer verantwortungsvollen Budgetpolitik sein, diese klein- und mittelständische Wirtschaft zu stärken und damit die Arbeitslosigkeit in Österreich zu bekämpfen.

Herr Staatssekretär! Wo sind in diesem Budget die Impulse für die klein- und mittelständische Wirtschaft? – Es gibt keine. Wo sind die Impulse zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit? – Es gibt keine. (Abg. Haigermoser: Null komma Josef!) Nehmen Sie von der Regierung bitte auch einmal zur Kenntnis: Nicht der Politiker kann Arbeitsplätze schaffen, nicht wir hier in diesem Hohen Haus oder der Herr Bundeskanzler, wenn er sagt: Ich werde dafür Sorge tragen, daß die Lehrlinge untergebracht werden! – der Herr Bundeskanzler persönlich wird keinen einzigen Lehrling einstellen –, die Wirtschaftstreibenden werden die Lehrlinge einstellen, und daher brauchen die Wirtschaftstreibenden in Österreich auch die Kraft, Arbeitnehmer beschäftigen zu können. Sie setzen in Ihrem Budget jedoch keine diesbezüglichen Impulse. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir erfahren jedes Jahr aus dem Bericht des Wirtschaftsministers über die klein- und mittelständische Wirtschaft, daß ihre Gewinne geringer werden, daß die Verschuldung immer schlimmer wird, daß die Existenz dieser Betriebe gefährdet ist. Sie aber treffen in Ihrem Budget keine Vorsorge, keine Maßnahmen, indem Sie endlich eine Eigenkapitalstärkung für die klein- und mittelständische Wirtschaft vornehmen, sondern Sie belasten sie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokraten und die ÖVP haben im EU-Parlament einen Antrag mitbeschlossen, in dem man sich für eine Entsteuerung der nicht entnommenen Gewinne ausgesprochen hat. Und es ist eine wirklich abenteuerliche finanzpolitische Aussage, wenn Herr Kollege Eder – mein Kollege Schreiner hat das ja schon angesprochen – sagt: Eine Entsteuerung der nicht entnommenen Gewinne ist zum Nachteil der Arbeitnehmer. Das ist wirklich blanker finanzpolitischer Unsinn! (Abg. Haigermoser: Wer hat das gesagt?) Herr Kollege Eder von den Sozialdemokraten. (Abg. Haigermoser: Das ist ja abenteuerlich! Eder, wo sitzt er?)

Nehmen Sie von den Sozialdemokraten doch bitte endlich zur Kenntnis, daß die klein- und mittelständische Wirtschaft, daß die Unternehmer die Arbeitsplätze zur Verfügung stellen


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müssen! Wir wollen viele Arbeiter und viele Angestellte in Österreich haben, und wir brauchen daher viele gesunde Betriebe in Österreich, aber diese können mit Ihrer Budgetpolitik nicht geschaffen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind bei jeder Unsinnigkeit Musterschüler der EU – bei jeder Unsinnigkeit! Sie haben bei den EU-Verhandlungen den Transitvertrag verraten und machen jetzt weiter auf dieser wirklich unsinnigen Welle. Seien Sie doch einmal Musterschüler der EU, wenn die EU etwas Gescheites macht, wenn sie zum Beispiel sagt, daß die nicht entnommenen Gewinne entsteuert gehören. Werden Sie hier in Österreich einmal wirklich handlungsfähig, und machen Sie etwas für die österreichische Wirtschaft!

Wir wissen auch, daß das Problem der Schwarzarbeit in Österreich ein immer größeres wird. Wir fordern schon lange die Einführung des Luxemburger Modells. Dazu gibt es Lippenbekenntnisse von allen Fraktionen, insbesondere wieder von seiten der Wirtschaftskammer. Wenn Herr Maderthaner seine Sonntagsreden hält, weiß er ja ... (Abg. Tichy-Schreder: Das haben Sie ja abgeschrieben! Im Abschreiben sind Sie nicht schlecht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Man kann ja etwas Gutes abschreiben!)

Frau Kollegin! Vom Luxemburger Modell haben wir schon gesprochen, als Sie sich nur Gedanken über die Wirtschaftskammerwahlen gemacht haben und darüber, wie Sie die Zwangsmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer aufrechterhalten werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Zum Unterschied von Ihnen geht es uns um die Unternehmer und nicht um Zwangsmitglieder in einer Wirtschaftskammer.

Führen wir dieses Luxemburger Modell ein – die Lippenbekenntnisse sind vorhanden –, es wäre sinnvoll.

Ich finde es wirklich bedauerlich, daß nur die Politiker auf Landesebene draufgekommen sind, daß die Freiheitlichen recht haben. Im niederösterreichischen Landtag wurde auf Initiative der Freiheitlichen eine Resolution verfaßt, in der sich alle Parteien dafür ausgesprochen haben, daß das Luxemburger Modell eingeführt wird. Im Parlament, wo wir die Handlungsvollmacht hätten, geschieht nichts – auch die niederösterreichischen Abgeordneten Maderthaner und Stummvoll machen in diese Richtung nichts.

Abschließend kann ich daher nur folgendes feststellen: Herr Finanzminister Edlinger führt eine Budgetpolitik weiter, die leider schon bei seinen Vorgängern, bei Lacina und Klima, zu schlechten wirtschaftlichen Daten geführt hat. Unter einem Bundeskanzler Klima und einem Finanzminister Edlinger mit dem Beiwagerl ÖVP, die jeden finanzpolitischen und wirtschaftspolitischen Unsinn unterstützt, schaut es für die österreichische Wirtschaft leider sehr, sehr schlecht aus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Ihrem Klub stehen insgesamt noch 19 Minuten zur Verfügung. – Bitte. (Abg. Haigermoser: 19 Minuten hast du noch, Helmut! – Abg. Mag. Peter: Du kannst dich darauf freuen!)

13.34

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister will das Land für neue Herausforderungen wappnen – das halte ich für ein gutes und hehres Ziel. Er will das sparsam und realistisch machen, hat er uns vor einigen Stunden hier im Hohen Haus gesagt. Die Frage ist nur, ob der richtige Weg über ein Einnahmenbudget führt, über die höchste Steuern- und Abgabenquote, die wir in Österreich jemals hatten. Ist das der richtige Weg?

Er hat uns gesagt, genauso wie Herr Schwarzböck, seriöse Politik ist nicht spektakulär, sie setzt schrittweise Reformen voraus. Auch in diesem Punkt ist ihm zuzustimmen, die Frage ist nur: Weiß die Bundesregierung, wohin diese schrittweisen Reformen führen sollen? Ist es nicht eigentlich von Jahr zu Jahr ein Suchen, um über die Runden zu kommen? – Soziale Einrichtungen sicherzustellen und den von Schwarzböck angetönten Forderungen der Bevölkerung nach


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Stabilität, Kontinuität, sozialer Gerechtigkeit und Wohlstand nachzukommen, wird wohl mit einem einfachen Fortschreiben von budgetären Entwicklungen ohne die nötigen Reformen nicht möglich sein.

Ich setze dagegen – Herr Staatssekretär, Sie sind ein erfahrener Manager, Ihnen ist all das geläufig – die Entwicklungen der Informationsgesellschaft, die Entwicklungen im Bereich der Technologie, des Verkehrssystems, einer weltweit zusammenwachsenden Wirtschaft, die unsere Arbeitswelt reformieren werden. Ich finde in Ihrem Budget als die in Zahlen gegossene Politik eigentlich keinen einzigen Ansatz einer Antwort auf die sich weltweit – also auch in Österreich – wandelnde Arbeitsgesellschaft.

Die Dienstleistungen sind das Wachstumsfeld, die Dienstleistungen werden das Beschäftigungsfeld sein. Es ist jedoch kein einziger Ansatz in Ihrem Budget enthalten, Herr Staatssekretär, der die Arbeitskosten entlastet und damit Dienstleistungen in Österreich wieder in dem Umfang ermöglicht, in dem wir sie haben könnten. Sie machen ein Budget, das an der Demographie vorbeigeht. Sie nehmen die Explosion der Bevölkerungszahl zur Kenntnis, Sie nehmen die Überalterung der Bevölkerung in Österreich zur Kenntnis, aber das, was Sie uns – heute noch nicht einmal vorliegend – in Form einer Pensionsreform anbieten werden – ich kann nur antizipieren, was Sie uns anbieten werden, weil sie noch nicht da ist –, kann doch unmöglich die Antwort auf die demographische Entwicklung, die wir für die nächsten 10, 20, 30 Jahre voraussehen können, sein.

Es nimmt daher nicht wunder, daß das soziale System in Österreich langfristig auf tönernen Füßen steht. Schwarzböck spricht von schrittweisen Reformen, und auch Herr Bundesminister Edlinger spricht von schrittweisen Reformen. Sie werden aber große Schritte machen müssen, und Sie werden vor allem einmal definieren müssen, wenn Sie schon große Schritte machen, wohin die großen Schritte führen. Der Eindruck des interessierten Beobachters aus der Opposition ist eigentlich jener des Fortwurstelns: Wir machen wieder ein Budget, handwerklich sehr geschickt, wir haben da und dort einige Formen der kreativen Buchhaltung, wir haben kurzfristige Einnahmen, wir erhöhen die Einnahmen insgesamt, wir können da und dort im Budget etwas zurechtrücken. Aber die Antwort auf das, was sich in unserer Gesellschaft durch den Wandel der Arbeitswelt, durch die demographische Entwicklung – Überalterung –, durch die Frage der Explosion der Gesundheitskosten tut, ist im Budget nicht enthalten.

Das ist auch in der Budgetrede des Herrn Finanzministers nicht erwähnt worden. Er hat uns klar gesagt, daß er das Land für die neuen großen Herausforderungen wappnen will, und er hat uns gesagt, daß wir glauben müssen, daß wir es schaffen. – Ist es nicht ein bißchen wenig, wenn er nur sagt – wörtliches Zitat –: Wir müssen glauben, daß wir es schaffen? Dazu kann ich nur sagen: Nur Mut, nur Mut!

Wir Liberale haben das getan, was in dieser Debatte seit vielen Stunden die Redner der Regierungsfraktionen inklusive dem Herrn Finanzminister – vielleicht meldet sich der Herr Staatssekretär auch noch zu Wort – eingefordert haben. Sie haben gesagt: Ihr Oppositionellen, bringt doch endlich einmal einen Vorschlag! Seid doch nicht immer nur dagegen, sondern macht einen Vorschlag, wie ihr es machen wollt! Also: Wir Liberalen haben einen Vorschlag entwickelt, den Vorschlag eines neuen Steuermodells. Und ohne daß der Herr Khol ihn kennt, ohne daß der Herr Schwarzböck ihn wirklich kennt, ohne daß der Herr Kopf ihn wirklich kennt, packen sie sofort die Keule aus und hauen uns damit auf den Kopf und sagen: Solch ein Blödsinn!

Also wie soll man es jetzt als Opposition machen? Wenn wir Vorschläge machen, beschäftigen Sie von den Regierungsfraktionen sich nicht damit und sagen gleich, warum Sie dagegen sind, und wenn wir keine Vorschläge machen, dann sagen Sie, wir kritisieren nur. Also was wollen Sie? Sie müssen sich entscheiden. Offensichtlich ist es Selbstmord, als Opposition einen Vorschlag zu machen, weil dann die Linkskonservativen und die Rechtskonservativen, die Bewahrer in diesem Land, die alle – gut und schön und edel – wissen, wie es in diesem Land sein muß, die große Keule der wohlerworbenen Rechte packen und einem eine über den Schädel "ziehen". Also was wollen Sie? Wollen Sie Vorschläge haben, oder wollen Sie, daß wir Sie so wie die Freiheitlichen nur anbellen?


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Ich werde trotzdem den Versuch unternehmen, den Vorschlag eines neuen Steuermodells hier im Hohen Haus zur Diskussion zu stellen. Ich meine, man muß davon ausgehen, daß wir zur Selbstveranlagung des mündigen Bürgers kommen. Das Reglementierungsprinzip mit seiner Undurchschaubarkeit des Steuerrechts, mit seiner Unnachvollziehbarkeit des Sozialrechts, mit seiner Unverständlichkeit der arbeitsrechtlichen Bestimmungen ist bürokratietreibend und erzeugt Rechtsunsicherheit.

Wir werden den Schritt machen müssen, dem Glauben an die Reglementierbarkeit der Gesellschaft abzuschwören und dem einzelnen Menschen Verantwortung zuzumessen. Das bedingt aber die Voraussetzung, daß wir ihm jene soziale Sicherheit geben, die die Grundlage dafür ist, daß er frei sein kann.

Die Selbstveranlagung des mündigen Bürgers bedeutet, daß jeder Bürger am Ende des Jahres seine Einkommen – viele Bürger, mehr, als wir glauben, haben mehr als ein Einkommen, mehr als eine Einkommensart; nicht alle, aber immer mehr – selbst veranlagt, damit das tatsächliche Einkommen der Bürger festgestellt werden kann. Wir werden eine horizontale Steuergerechtigkeit zwischen den unterschiedlichen Einkommen finden müssen. Es ist nicht einzusehen, warum ein Kapitaleinkommen unterschiedlich besteuert wird, je nachdem, ob es von einem Sparguthaben stammt oder aus Dividenden. Warum besteuern Sie Geld, das jemand einem Unternehmen gibt, mit bis zu 50 Prozent – 34 plus 25 macht an die 50 mit dem Schatteneffekt –, und wenn es jemand risikolos in Staatspapieren anlegt, dann besteuern Sie es nur mit 25 Prozent!?

Das ist eine Frage der Steuergerechtigkeit. Wo wollen Sie denn, daß Geld hinfließt? Es wird immer dorthin fließen, wo Sie es am geringsten besteuern. Ihre jetzigen Rahmenbedingungen, Herr Staatssekretär, bedeuten: Steck ja kein Geld in Unternehmen, denn da zahlst du in einer Personengesellschaft 50 Prozent Grenzsteuersatz, in einer Kapitalgesellschaft mit der Ausschüttung auch an die 50 Prozent; steck es in Staatspapiere, denn da zahlst du nur 25 Prozent! – Das sind die klaren Rahmenbedingungen Ihrer Politik, das steht in Ihrem Budget! (Abg. Jung: Das weiß er eh, muß er als Regierungsmitglied aber vergessen!) – Ich kann aber trotzdem versuchen, das Managergewissen in Herrn Ruttenstorfer zu wecken, vielleicht gelingt es mir, lassen Sie mich den Versuch weiterführen!

Wir Liberale haben uns den Kopf darüber zerbrochen, statt der Sozialbürokratie eine Negativsteuer einzuführen. Heute hat Gott sei Dank jeder Mensch das Recht auf Sozialhilfe, auf Ausgleichszulagen, das heißt, es gibt in Österreich bereits das Recht auf ein Mindesteinkommen, von Bundesland zu Bundesland verschieden, mit unterschiedlichen Sozialhilfesätzen und so weiter. Wir meinen, es wäre einfacher, unbürokratischer und der Menschenwürde entsprechend, zu sagen: Über eine Negativsteuer hat jeder Mensch ein Grundeinkommen, das irgendwo zwischen 6 000 und 8 000 S liegt. Das ist ein sehr, sehr komplizierter Prozeß, und ich lade Sie, liebe Regierungsfraktionen, ein, nicht gleich zu sagen, wie es nicht geht, sondern das Projekt zumindest einmal zu lesen und darüber nachzudenken, liebe Kopfs, liebe Khols, liebe Schwarzböcks, bevor ihr euch dazu zu Wort meldet. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bin davon überzeugt, daß wir die Transfers einkommensabhängig staffeln müssen. Das hat Bundeskanzler Vranitzky gesagt, das hat Bundeskanzler Klima gesagt, das hat Herr Edlinger gesagt – nur: In Ihrem Budget steht es nicht! (Abg. Schaffenrath: Herr Nowotny hat es auch gesagt!) Also auch Nowotny sagt es! Es steht aber nicht in Ihrem Budget, das Budget ist aber die in Zahlen gegossene Politik der Bundesregierung. Also warum schreiben Sie es dann nicht ins Budget? – Ich glaube nicht, daß Sie mit den Reformschritten in der Geschwindigkeit, wie Sie sie heute vorlegen, weiterkommen werden.

Ich meine, daß wir die gesamte Frage der Lohn- und Einkommensbesteuerung neu regeln müssen. Auf Sonderregelungen und Sonderabsetzbeträge werden wir weitgehend verzichten müssen, um zu einem einheitlichen und wesentlich niedrigeren Steuersatz zu kommen. Wir werden auch zu lernen haben, wissend, daß aufgrund der demographischen Entwicklung das Pensionssystem, das wir heute haben, nicht weiter funktionieren wird, daß wir über die Grundsicherung hinaus – das ist die Sicherung für jeden Menschen – in Richtung Privatvorsorge etwas tun müssen. Dann müssen wir aber auch Pensionsbeiträge entweder auf beiden Seiten absetz


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bar oder auf beiden Seiten nicht absetzbar machen, sonst werden die zweite und dritte Säule in Form einer Betriebspension oder der privaten Vorsorge nicht wirklich funktionieren.

Darüber hinaus meine ich – das ist ein ganz wesentlicher Punkt; und sofort werden wieder einige über mich herfallen und sagen: Das geht doch nicht!; denken Sie zuerst darüber nach! –, daß wir die Lohnabgaben, nämlich die Arbeitgeberanteile, zu einer Art Steuer umwandeln werden müssen, die die gesamte Lohnsumme umfaßt, und zwar als Voraussetzung dafür, daß wir das tun können, wovon diese Bundesregierung seit einigen Jahren spricht: nämlich die lohnabhängigen Arbeitgeberabgaben schrittweise umzuwandeln in Ressourcenabgaben, um damit auf der einen Seite die Bruttolöhne erhöhen zu können und auf der anderen Seite die Arbeitskosten zu entlasten. Denn über die Erhöhung der Bruttolöhne – auf Basis einer totalen Lohn- und Einkommensteuerreform – können sich die Menschen bei höheren Nettolöhnen auch höhere Energieabgaben leisten, und die Belastungen der Unternehmen gehen von der Arbeit weg hin zu den Ressourcen.

Das ist doch das, was wir alle wollen! Wenn die Zukunft der Beschäftigung im Dienstleistungsbereich liegt, dann spielen die Arbeitskosten eine zentrale Rolle. In der Industrie spielen sie das viel weniger, denn dort kann man über höhere Produktivität zu immer noch marktgängigen Lohnstückkosten kommen, was der österreichischen Industrie – und dazu gratuliere ich ihr – in den letzten zwei, drei Jahren auch gelungen ist. Die österreichische Industrie hat den Strukturwandel positiv hinter sich gebracht und ist heute im Export aufgrund der Lohnstückkosten erfolgreich. Aber dort, wo Beschäftigung geschaffen werden könnte, nämlich im Dienstleistungsbereich, in der Stärkung des privaten Konsums, in der Hebung der Lebensqualität in unserem Lande, setzen Sie kein Signal.

Meine Damen und Herren! Viele wissen, daß sie dagegen sind, ohne zu wissen, warum. Ich als Oppositioneller habe jetzt versucht, einen Vorschlag zu machen – Sie werden gleich herunterkommen und mir erklären, warum es nicht geht. Kopf lächelt schon. (Beifall beim Liberalen Forum– Abg. Leikam, Beifall spendend: Gut!)

13.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.46

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe mir vor 14 Tagen die Budgetrede von Finanzminister Edlinger sehr genau angehört und glaubte anfangs, etwas überhört zu haben. Als ich die Rede dann nachgelesen habe, bin ich allerdings draufgekommen, daß es ihm tatsächlich gelungen ist, in seiner Budgetrede behinderte Menschen nicht einmal mehr in irgendeiner Form zu erwähnen. Ich glaube, das war erstmalig.

Ich habe mir dann den Entwurf angesehen und erkannt, daß es seinen Grund hat, warum wir Behinderten in der Budgetrede nicht mehr erwähnt wurden: Die Basis für behinderte Menschen, die erforderlich ist, damit sie auch in den nächsten Jahren halbwegs überleben können, wird weiterhin eingeschränkt.

Meine Damen und Herren! Wenn das die Richtung unseres Sozialstaates ist, daß man Menschen, die ohnehin schon an der Armutsgrenze leben müssen und die nicht wissen, wie sie mit ihrem Einkommen tagtäglich auskommen können, auch weiterhin etwas wegnimmt, dann muß ich sagen: Ich halte das wirklich für den Gipfel der Frechheit!

Als 1993 das Pflegegeld eingeführt wurde, wurden im Bereich des ASVG gleichzeitig der Dienstgeber- und der Dienstnehmerbeitrag um jeweils 0,5 Prozent erhöht, um die Mehrkosten des Pflegegeldes abdecken zu können. Mit diesen Erhöhungen von 0,5 Prozent war von 1993 bis heute der Mehraufwand für das erhöhte Pflegegeld mehr als finanziert. Die Restbeträge sind irgendwo im Budget verschwunden.


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Sie haben 1996 und 1997 keine Anpassung des Pflegegeldes vorgenommen, was de facto ein Verlust für jeden behinderten Menschen ist, und auch für 1998 und 1999 ist an keine Anpassung gedacht.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen jetzt darlegen, was das in Zahlen bedeutet: 1996 wurde der Aufwand für Pflegegeld mit 16 Milliarden Schilling beziffert. 1993 haben fast Sie alle noch gesagt, der Mehraufwand für das Pflegegeld werde das Budget mit 20 Milliarden Schilling belasten. Es waren dann jedoch nur 16 Milliarden Schilling, und von diesen 16 Milliarden Schilling ist aufgrund der Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge einiges im Topf geblieben.

1998 werden es 16,6 Milliarden Schilling sein, die in die Pflegevorsorge gehen, obwohl Sie, meine Damen und Herren, genau wissen, daß die Zahl der pflegebedürftigen Menschen gerade in den ersten Stufen, in den Stufen 1 und 2, gestiegen ist. Aber da haben Sie ja bereits voriges Jahr einen Schnitt gemacht und eine zusätzliche Pflegegeldstufe mit 2 000 S eingeführt. Damit haben Sie es auch geschafft, noch mehr Menschen in stationäre Einrichtungen zu bringen. Ist Ihnen bis heute nicht klar, daß stationäre Einrichtungen das teuerste System sind, das wir überhaupt haben? Aber das wird bis ins Uferlose finanziert, darüber spricht man nicht, sondern man macht es, obwohl es die behinderten Menschen für sich nicht haben wollen.

Das war nur der Bereich des Pflegegeldes, bei dem wir behinderten Menschen in der Budgetrede nicht vorgekommen sind, aber auch in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht ist mit keinem einzigen Wort erwähnt worden, wie die Arbeitslosensituation behinderter Menschen in Österreich gelöst werden soll. Haben Sie vergessen, daß bei den Behinderten die Arbeitslosigkeit bereits die 40-Prozent-Grenze überschritten hat? Aber Handlungsbedarf sehen Sie keinen, vielmehr versuchen Sie, mit dem Ausbau stationärer Einrichtungen die Menschen dem regulären Arbeitsprozeß fernzuhalten und sie in Sondereinrichtungen abzuschieben! Dieses System ist, wie bereits gesagt, das teuerste System, das man sich vorstellen kann.

Sie haben aber daran gedacht, daß Sie von seiten der EU Fördermittel für den Behindertenbereich bekommen könnten. Diese haben Sie natürlich entsprechend genutzt, und jetzt besitzen Sie die Unverfrorenheit und möchten, daß im neuen Behinderteneinstellungsgesetz die sogenannten geschützten Werkstätten, die reine Sondereinrichtungen sind, in innovative Betriebe umbenannt werden.

Meine Damen und Herren! Es ist das, was Sie sich da leisten, wirklich unbeschreiblich! Ein innovativer Betrieb und eine geschützte Werkstätte unterscheiden sich wie ein Puch 500 von einem Mercedes 200. (Abg. Mag. Guggenberger: "Integrativ" heißt das!) Aber das ist Ihnen ja komplett Wurscht, Hauptsache, Sie bringen uns weg aus der Gesellschaft und wieder ein Stück hinein in Richtung Sonderanstalten.

Meine Damen und Herren! Der dritte Bereich, den ich noch anschneiden möchte, ist der Gesundheitsbereich. Es ist noch gar nicht so lange her, daß wir die LKF beschlossen haben, die damals als der Meilenstein zu einer neuen, tiefgreifenden Gesundheitsreform bezeichnet wurde. Wenn Sie sich jedoch die Kosten für die nächsten Jahre anschauen, dann stellen Sie fest, daß die Kosten trotz LKF weiterhin steigen werden.

Herr Staatssekretär! Ich frage Sie: Wozu war dann die LKF notwendig? Wozu war es notwendig, daß Sie Selbstbehalte in jede nur erdenkliche Richtung eingeführt haben, wenn die Kosten weiter steigen? – Ich kann Ihnen sagen, warum die Kosten weiter steigen: weil Sie mit Ihrer Strukturreform alle mitsammen am Anfang steckengeblieben sind, weil es keine Strukturreform gibt und auch aus dem Budget nicht ersichtlich ist, daß die Strukturreform in den nächsten Jahren weiterbetrieben wird. Aus dem Budget ist zu ersehen, daß Sie stationäre Einrichtungen wie Krankenhäuser et cetera, bei denen die höchsten Kosten entstehen, weiter in den Vordergrund stellen und dem niedergelassenen Bereich und der ambulanten Versorgung wieder einmal überhaupt keine Bedeutung beimessen.

Es werden daher die Kosten im Gesundheitsbereich steigen, und die Konsequenz daraus wird sein, daß Sie für jene Menschen, die krank sind, die behindert sind, die ärztliche Leistungen brauchen, die Selbstbehalte erhöhen werden, Leistungen aus dem Leistungskatalog herausneh


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men werden. Damit belasten Sie wieder jeden einzelnen, der diese Hilfe braucht. Sie haben die Strukturreformen schlicht und einfach nach einem Drittel des Weges abgebrochen, und das auf Kosten all jener in Österreich, die das Gesundheitssystem ganz, ganz notwendig brauchen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter. )

Herr Staatssekretär! Ich habe jahrelang in einem kleinen Sozialbetrieb gearbeitet und für diesen jedes Jahr budgetiert, und zwar unter schwierigsten Bedingungen budgetiert, und Sie können mir glauben, daß es uns, wenn ich jemals so ein Budget beim Land oder bei der zuständigen Stadt eingereicht hätte, im zweiten Jahr nicht mehr gegeben hätte, denn man hätte uns dieses Papier so lange um die Ohren gehauen, daß uns die Bank den Kredit "zugedreht" hätte. Aber von seiten des Ministeriums, von seiten des Herrn Finanzministers ist anscheinend alles möglich, und das hat keine Konsequenzen.

Bei jeder Zahl, die Sie im Budget finden, müssen Sie schon sehr erfinderisch sein, um die Basis für diese Zahl und die Veränderung zu entdecken. Ich glaube, all jene, die an diesem Budget mitgearbeitet haben, haben wahrscheinlich selbst größte Probleme, zu sagen, wie sich welche Zahl errechnet.

Wenn das der Schlüssel zum neuen Budget ist, daß Sie nämlich soviel Chaos in diesem Papier niederschreiben, dann, Herr Staatssekretär, kann ich mir nicht vorstellen, wie Sie in Zukunft auch nur daran denken können, die Konvergenzkriterien zu erfüllen oder das Budget noch mit irgendwelchen Zahlen aufzufetten, um sie zu erreichen. Dieses Papier hat nur einen minimalen Wahrheitsgehalt, es ist undurchschaubar und hat absolut keine Berechtigung, in dieser Form weiter diskutiert zu werden.

Ich glaube, aufgrund dieses Ansatzes müssen sofort entsprechende Veränderungen vorgenommen werden. Die Reformen, die jahrelang angekündigt wurden – eine davon ist die Weiterführung der Gesundheitsreform –, haben jetzt zu erfolgen. Das wünsche ich mir von diesem Budget. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter. )

13.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Reitsamer vor. Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.59

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wie in den vergangenen Jahren ist das Budget natürlich auch diesmal von hoher Verantwortung zum Sparen getragen. Es gilt aber nicht vorrangig, wie behauptet wurde, die Konvergenzkriterien zu erfüllen, es geht auch darum, Erwirtschaftetes nicht in Zinsenzahlungen hineinstecken zu müssen, vor allen Dingen aber geht es darum, Handlungsspielraum für die Zukunft zu haben.

Im Sozialbereich muß es unser Ziel sein, eine vernünftige und ausgewogene Absicherung aller sozialen Errungenschaften für die Zukunft zu erreichen. Die Diskussion um das Budget ist aber nahezu ausschließlich von der Pensionsreform geprägt, und diese Diskussion hat zu einer sehr großen Verunsicherung geführt. Unsere Verantwortung liegt jetzt darin, das Vertrauen der Jugend in den Generationenvertrag wiederzugewinnen und dieses Vertrauen auch zu festigen.

Worum geht es, meine Damen und Herren? – Um die zukünftige Absicherung unseres hervorragenden Altersversorgungssystems. Selbst in der Rürup-Studie wurde gesagt, daß dieses System wirklich ein ganz ausgezeichnetes, ja hervorragendes ist, daß es aber Anpassungsschritte aufgrund geänderter Rahmenbedingungen geben muß.

Es sind aber auch zwei Bereiche zu differenzieren – welche Wirksamkeit wann? –, und zwar zum einen die einnahmenseitigen strukturellen Maßnahmen, die richtigerweise jetzt zu setzen sind, und zum anderen nachhaltige Maßnahmen im Pensionskonzept 2000, wirksam ab dem Jahr 2000.


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Ehe ich auf die sechs budgetwirksamen Maßnahmen eingehe, möchte ich Ihnen noch ein paar allgemeine Zahlen nennen.

Der Gesamtaufwand des Bundes für die Pensionen wird 56,1 Milliarden Schilling betragen, die Gesamtaufwendungen für die Pensionsversicherung in Prozent zum Bruttoinlandsprodukt 10,56 Prozent ohne Ausgleichszulagen.

Meine Damen und Herren! Kollege Nowotny und auch der Herr Bundesminister haben es schon gesagt: Pensionsanpassung: 1,33 Prozent plus. Ganz erfreulich, nämlich erfreulich im Interesse der Mindestpensionisten, ist, daß 430 Millionen Schilling für Einmalzahlungen für Ausgleichszulagenbezieher verwendet werden. Der Gesamtaufwand für diese Erhöhungen beträgt 3,9 Milliarden Schilling; das sind insgesamt 1,5 Prozent Erhöhung.

Bevor ich nun auf die sechs budgetwirksamen Maßnahmen zu sprechen komme, möchte ich noch darauf eingehen, daß uns immer vorgeworfen wird, das wäre eine Geldbeschaffungsaktion. Die Notwendigkeit für Maßnahmen im Pensionsbereich ist an einigen wenigen Zahlen sehr leicht festzumachen. Im ASVG haben wir zirka – das ist gerundet – 1,6 Millionen Pensionisten, die 2,6 Millionen Aktiven gegenüberstehen. Im GSVG stehen 155 000 Pensionisten 229 000 Aktiven gegenüber, im BSVG – jetzt hören Sie genau zu! – 193 000 Pensionisten 195 000 Aktiven. Da wird man den Generationenvertrag nur erfüllen können, wenn man Maßnahmen setzt, Schritte setzt, um hier Anpassungen, sinnvolle, wichtige, vernünftige Anpassungen, vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Insgesamt entfallen auf 1 000 Pflichtversicherte im Jahr 1998 voraussichtlich 638 Pensionisten. Meine Damen und Herren! Das ist schon wieder eine Steigerung von sieben Pensionisten auf tausend Pflichtversicherte.

Nun zu den einzelnen Maßnahmen.

Die Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die Sozialversicherung: Meine Damen und Herren! Das muß unser Wunsch sein. Wir müssen zu einem geänderten Dienstnehmerbegriff kommen, und wir müssen danach trachten, mit der Scheinselbständigkeit zu Rande zu kommen.

Ein weiterer Punkt: die geringfügig Beschäftigten. Darüber wurde heute schon einiges von Vorrednern gesagt. – Meine Damen und Herren! Es ist so wichtig, daß auch geringfügig Beschäftigte eine soziale Absicherung haben. Wenn Kollege Kier sagt – er hat das in bezug auf die Arbeitslosenversicherung gemeint –, er könne nicht verstehen, daß die Einnahmen geringer budgetiert sind, obwohl man die geringfügig Beschäftigten mit einbezieht, dann sei ihm gesagt, daß es hierbei nicht um die Arbeitslosenversicherung geht, sondern daß sich die Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten ins System auf die Kranken- und Pensionsversicherung beschränkt. Bei den geringfügig Beschäftigten ist es so, daß die meisten Betroffenen das vorerst so wollen, weil sie nicht wissen, was es letztendlich für Konsequenzen für sie hat. Da, meine Damen und Herren, sind wir aufgefordert, Aufklärungsarbeit zu leisten.

Es kann aber auch nicht so sein, daß die einen vom ersten Schilling ihres verdienten Einkommens an ihre Abgaben bezahlen, während andere sich mit drei oder vier geringfügigen Beschäftigungen aus dem System herausschwindeln und später beklagen, daß es keine Pension gibt.

Diese Schritte sind also mehr als zu begrüßen. Und wenn der Einwand kommt, wir würden es in Zukunft dann auch mit mehr Anspruchsberechtigten zu tun haben, so ist dazu zu sagen: Jawohl, meine Damen und Herren! Aber die hatten wir auch schon in der Vergangenheit, denn um die Altersarmut abzufangen, mußten andere Töpfe wie Sozialhilfe et cetera angezapft werden. Und das wollen wir den Menschen ersparen, weil das nicht sehr würdevoll für das Alter ist. Das möchte ich auch sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Eigenfinanzierungsgrad der Selbständigen und Bauern sei gesagt, daß diesbezüglich nachhaltige Maßnahmen auch für kommende Budgets zu erwarten sind. Vorerst gibt es jeweils 250 Millionen Schilling pro Jahr. Das ist eine Maßnahme in Richtung mehr Gerechtigkeit.


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Ich darf Ihnen dazu die Bundeszuschüsse gegenüberstellen. Im ASVG: 31 Milliarden Schilling, im GSVG: 13 Milliarden Schilling, im BSVG: 12 Milliarden Schilling. Jetzt kann man schon sagen, das ist nicht so gravierend, aber man muß auch die Zahl der Versicherten sehen – 1,6 Millionen Versicherte und 31 Milliarden Schilling im ASVG, 155 000 im GSVG bei 13 Milliarden, 193 000 im BSVG und 12 Milliarden –, dann wird man auch das Ungleichgewicht sehen und erkennen, daß man handeln muß.

Ich bin schon lange als Funktionärin vor Ort tätig, und ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als zum Beispiel die Bauern ihre Standesvertretungen hochgelobt haben, weil sie ihnen erspart haben, in dieses System hineingehen zu müssen – kaum waren sie drinnen, ist der Forderungskatalog immer dicker, immer umfangreicher geworden. Es soll jedem Menschen eine adäquate Alterssicherung zukommen, aber es muß auch das Beitragsaufkommen ein entsprechendes sein, würde ich meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage. Hier war vorerst an 45 000 S gedacht. Wir selbst haben das immer wieder massiv beeinsprucht, und es ist auch noch zu einer Änderung gekommen. So wird es jetzt sein: Im Jahr 1998 wären nach dem Gesetz 41 400 S vorgesehen gewesen. Man rundet das nun auf 42 000 S, und das wird beim nächsten Schritt wieder abgefangen. Daher kommt es eben zu keiner außerordentlichen Anhebung.

Zum faktischen Pensionsantrittsalter und dessen Heranführung an das gesetzliche kann ich nur sagen: Wir sorgen dafür, daß mehr Menschen im Arbeitsleben verbleiben können, daß die älteren Menschen im Arbeitsleben verbleiben können, denn Budgetfragen, meine Damen und Herren, sind immer auch Beschäftigungsfragen. Wir haben gute Erfahrungen mit Arbeitsstiftungen gemacht, unser duales Ausbildungssystem ist international anerkannt – auch die EU hat uns hierfür größte Anerkennung ausgesprochen –, jetzt Maßnahmen wie Bildungskarenz, Solidaritätsprämienmodell und Gleitpensionen zu setzen, ist daher mehr als richtig.

Zu den Gleitpensionen. Da wird es sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Maßnahmen geben. Das stellt eine attraktive Alternative für Arbeitnehmer und Arbeitgeber dar, die in Zukunft auch noch weiterentwickelt werden kann.

Ich möchte noch zu den Kollegen Öllinger und Kier etwas sagen. Sie haben gesagt, die Eckpfeiler werden noch verhandelt, während wir hier debattieren. Ich wundere mich, daß sie die beiden Maßnahmen, nämlich zum einen die budgetwirksamen Maßnahmen und zum anderen das Pensionskonzept 2000, nicht auseinanderhalten können. Das Pensionskonzept 2000 wird noch verhandelt.

Nochmals zum Kollegen Kier, der die Gebarung der Arbeitslosenversicherung und die Tatsache angesprochen hat, daß einnahmenseitig weniger veranschlagt ist. Das ist unbestritten, aber man ist hier vom Bundesrechenabschluß 1996 und von der Annahme eines stabilen Arbeitsmarktes nach der Wifo-Prognose ausgegangen. Es wird keine Kürzungen geben, meine Damen und Herren, und auch 1997 wurde in der Arbeitsmarktpolitik ausgewogen budgetiert. Das kann man jetzt schon absehen.

Frau Kollegin Haidlmayr hat sich mit dem Pflegegeld auseinandergesetzt. Es stimmt schon, daß es keine Valorisierung gibt, aber ich möchte auch in Erinnerung rufen, daß wir bei Einführung des Pflegegeldes ganz gerne eine Mischform von Sach- und Geldleistungen gehabt hätten, weil wir Mißbräuche im Bereich der älteren Menschen, die nicht mehr für sich selbst sorgen können, befürchtet haben. Hätte man das nicht verhindert, könnte man mit dem Thema Pflegegeld heute anders umgehen.

Und eines sei auch noch gesagt: Die Bezeichnung in der EU heißt "integrative" statt "innovative" für die geschützten Werkstätten. Da hat Kollegin Haidlmayr etwas durcheinandergebracht.

Im Sozialbudget soll es also keinen Rückbau, sondern eine maßvolle Anpassung, eine Umverteilung nach unten, nicht nach oben geben. Herr Kollege Kier hat schon recht, wenn er meint, beim Verteilen von mehr Mitteln funktionieren die Mechanismen besser, aber sie werden auch beim Umverteilen funktionieren. Da können Sie sicher sein!


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Herr Kollege Kier drückt sich fein aus. Eine andere Diktion lautete, die Sozialpartnerschaft befinde sich in Agonie. – Sie brauchen nicht zu fragen, woher sie kam.

Man kann sich nicht in Agonie befinden und gleichzeitig Eckpfeiler verhandeln, meine Damen und Herren! Die Sozialpartnerschaft ist eine bewährte österreichische Institution. Es wird gekämpft und gefeilscht, um Härtefälle abzufedern. Aber ich kann Ihnen eines sagen: Ihr Wunsch, daß es zu einem Crash-Szenario kommt, wird nicht in Erfüllung gehen! Dessen können Sie jetzt schon sicher sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn Herr Kollege Prinzhorn in seinem Referat gemeint hat, die Freiheitlichen müßten wieder den "Dreck" wegschaufeln – die Diktion "Dreck wegschaufeln" zu beurteilen, überlasse ich Ihnen –, so sage ich Ihnen: Es wird aufgrund unserer Budgetpolitik erstens keinen "Dreck" geben, und zweitens werden die Österreicher klug genug sein, der "F" nicht die Verantwortung zu übertragen, denn man kann auch mit dem Versuch, Menschen zu entsolidarisieren, zu weit gehen. Und, meine Damen und Herren, Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

14.11

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Budget wird sehr oft als die in Zahlen gegossene Politik bezeichnet, und deshalb ist das Budget für alle Bevölkerungsschichten von besonderer Bedeutung. Frau Abgeordnete Reitsamer, Sie haben in Ihrer Gegenüberstellung aber schon sehr einseitig dargestellt, was welche Bevölkerungsgruppe zu ihrer Pension beiträgt. Sie müssen doch auch bedenken, daß etwa die gewerblich Pensionsversicherten, solange sie zwar im eigenen Betrieb arbeiten, er ihnen aber nicht gehört, bei den Unselbständigen gemäß ASVG einbezahlen und daher nicht mitgezählt werden. Eine ähnliche Situation haben wir bei den Bauern. 70 Prozent der Bauern zahlen nach ASVG oder in die Beamtenversicherung ein. Auch sie werden in der Gegenüberstellung nicht in entsprechender Weise berücksichtigt.

Wenn wir vom Generationenvertrag sprechen: Es ist richtig, daß fast alle Bauern die Pension noch aus der bäuerlichen Pensionsversicherung bekommen, aber 70 Prozent der jungen Bauern, also der Hofübernehmer, zahlen in andere Pensionsversicherungen ein. Daher müßte diese Summe mitgerechnet werden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Reitsamer: Subsidiarität, Herr Kollege!)

Hinzu kommt weiters, daß die bäuerliche Pensionsversicherung auf zwei Säulen aufgebaut ist: auf die betriebliche Pensionsversicherung, das sogenannte Ausgedinge, welches die Bauern für ihre alten Eltern leisten müssen, und die pensionsrechtliche Absicherung über die Pensionsversicherung. Wenn wir das dazurechnen, dann hätten die Bauern von ihrem Einkommen einen Pensionsbeitrag zu leisten, der zwischen 25 und 27 Prozent des Einkommens liegt, und nicht, wie bei den unselbständig Tätigen, bei 22,8 Prozent. Wenn man schon eine Gegenüberstellung macht, dann sollte man die ganze Wahrheit sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Einkommen in der Landwirtschaft ist im Jahre 1996 vor allem durch die schlechten Preise im Rinderbereich aufgrund der BSE-Krise, aber auch durch schlechte Holzpreise, durch schlechte Preise im Gemüse- und Obstbereich im vergangenen Jahr wesentlich schlechter gewesen als im Jahre 1995. Die § 7-Kommission, eine Kommission, die aus Mitgliedern der im Parlament vertretenen Parteien und den Sozialpartnern besteht, hat deshalb auch eine Empfehlung ausgesprochen. Diese Empfehlung ist auch im Grünen Bericht 1996 abgedruckt; sie lautet: keine weiteren Belastungen der bäuerlichen Familien vor allem durch Sozialversicherungsbeiträge, Einführung eines Sockelbetrages in der Bergbauernförderung – darüber wird verhandelt –, damit gerade die kleinen Betriebe in den extremen Alpentälern auch noch entsprechende Rahmenbedingungen vorfinden, um ihre Höfe erhalten zu können.


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Etwas sehr Wichtiges, die Anpassung des pauschalierten Mehrwertsteuersatzes von 10 auf 12 Prozent, ist sowohl in der Empfehlung 1995 als auch in der Empfehlung 1996 enthalten, und zwar aus folgenden Gründen: Die Landwirtschaft hat seit dem EU-Beitritt verstärkt auf Investitionen gesetzt, das heißt, sie hat wesentlich mehr an Vorsteuer bezahlt, an Mehrwertsteuer bezahlt, als sie für ihre Produkte eingenommen hat. So sind etwa im Jahre 1993 von der Landwirtschaft Investitionen in der Höhe von 20,7 Milliarden Schilling getätigt worden, 1994 in der Höhe von 21,3 Milliarden, 1995 betrugen die Investitionen 21,5 Milliarden und 1996 26,8 Milliarden Schilling, also um 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Mehr als 4 Milliarden Schilling sind von den Bauern an Mehrwertsteuer für die Investitionsgüter bezahlt worden. Die Agrarpreise sind in den Jahren 1995, 1996 hingegen beträchtlich zurückgegangen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat den Betrag auf ... (Abg. Wenitsch: Das haben Sie zwei Jahre hier im Parlament ...!) Sie wissen, daß wir in einer Koalition sind und das nicht allein durchsetzen können, sondern wir müssen versuchen, einen Kompromiß und einen Konsens zu finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat errechnet, daß etwa 1,7 Milliarden Schilling mehr an Mehrwertsteuer von den Bauern bezahlt werden. Wir raten aus diesen Gründen auch all jenen Betrieben, die größere Investitionen tätigen, eine Ausgaben-Einnahmen-Rechnung, eine sogenannte Option, zu machen, um damit wieder zu der von ihnen bezahlten Mehrwertsteuer zu kommen.

Ein Wort noch zum Liberalen Forum. Der Abgeordnete Haselsteiner hat ja wieder die 8 000 S Grundeinkommen für alle Österreicher erwähnt. Sie müssen mir nur erläutern, wie das bezahlt werden soll. Wir haben in Österreich noch 250 000 Bauernbetriebe. Bei der Betriebszählung 1995 waren auf Österreichs Bauernhöfen 960 000 Personen wohnhaft. Wenn all diese Personen ein Grundeinkommen von 8 000 S bekommen sollen, kann man folgende Rechnung anstellen:

Das derzeitige landwirtschaftliche Einkommen beträgt 35 Milliarden Schilling. Die Pensionisten in der Landwirtschaft haben ein Einkommen von insgesamt 19 Milliarden Schilling. Dazu kommen familienpolitische Leistungen von 2 Milliarden Schilling. Das heißt, es fehlt auf die 8 000 S Monatsgehalt ein Betrag von 40 Milliarden Schilling. Das Liberale Forum soll uns bitte aufzeigen, wo das Geld hergenommen werden soll, um dieses Modell des Grundeinkommens für alle Österreicher umzusetzen!

Auch wenn Chefredakteur Dr. Barazon in den "Salzburger Nachrichten" vor zwei Wochen gemeint hat, in Österreich würden 50 000 Bauern ausreichen, werden wir von der Volkspartei auf jeden Fall versuchen, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, daß möglichst alle der derzeit 250 000 Bauern auch in Zukunft Bauern bleiben können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Böhacker vor. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.18

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Schwarzböck, ich bin leicht irritiert, daß Sie Kollegen Schreiner kritisiert haben, weil er sich für Kontinuität und Berechenbarkeit im Steuerrecht eingesetzt hat. (Abg. Schwarzböck: Ich habe die Doppelbödigkeit kritisiert, nicht den Grundsatz!) Sie haben gemeint, daß, wenn Kontinuität und Berechenbarkeit vorherrschen, Strukturreformen nur langsam umgesetzt werden können. – Ganz im Gegenteil, Herr Kollege: Gerade eine kontinuierliche und berechenbare Steuerpolitik ist Voraussetzung für rasche Strukturreformen in den Betrieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Kontinuität und Berechenbarkeit sind ja nicht mehr gegeben. Ich darf Sie nur an die rückwirkenden Änderungen von Steuergesetzen, noch dazu im Verfassungsrang, erinnern. Und es steht uns ein weiterer Anschlag auf Kontinuität, Berechenbarkeit und Rechtssicherheit bevor. Die Bundesregierung hat eine Novelle zur Bundesabgabenordnung zur Begutachtung ausgesandt mit dem Inhalt, daß hinkünftig die Finanzämter Steuerbescheide sieben Jahre lang


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ohne Angabe von qualifizierten Gründen aufheben können. (Abg. Haigermoser: Stimmt das? In einem Rechtsstaat?!) Das muß man sich vorstellen! Sieben Jahre lang soll die Finanzverwaltung ermächtigt werden, ohne Angabe von qualifizierten Gründen Bescheide einfach aufzuheben!

Herr Staatssekretär! Wir Freiheitlichen werden dieser BAO-Novelle jeden erdenklichen demokratischen Widerstand entgegensetzen (Beifall bei den Freiheitlichen), denn eines ist klar: Rechtssicherheit muß vor Rechtsrichtigkeit gehen. Das ist ein klarer Anspruch an diese BAO-Novelle.

Herr Kollege Nowotny hat bei seinen Ausführungen hier wieder die Standardrede, Seite eins, verwendet und hat die Arbeitsmarktpolitik, die niedrige Arbeitslosenrate in Österreich zitiert. Die Zahl war zweifellos richtig. Nur: Wenn wir ehrlich und objektiv diskutieren wollen, dann müssen wir hinterfragen, wie es zu dieser Arbeitslosenrate gekommen ist, und ich werde nicht müde, hier immer wieder zu sagen, warum das so ist.

Herr Kollege Dr. Heindl! Wir Österreicher sind Weltmeister bei den Frühpensionisten. Zehntausende befinden sich in Karenz, in Stiftungen, in Umschulungen. Wir haben nach wie vor einen überproportional hohen Anteil an öffentlich Bediensteten. Wenn man alle diese Faktoren zusammenfaßt, kommt man in Österreich auf eine strukturelle Arbeitslosigkeit, die zweistellig ist. Und da von einer erfolgreichen sozialdemokratischen Arbeitsmarktpolitik zu sprechen, ist eine Verhöhnung jener 200 000 Menschen, die teilweise oft Jahre hindurch arbeitslos sind (Beifall bei den Freiheitlichen) , insbesondere jener, die heute mit 48, 50, 52 Jahren keine Chance mehr haben, in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden zu können.

Diese Schönfärberei ist auch ein Schlag ins Gesicht jener rund einer Million Österreicherinnen und Österreicher, die hart an oder unter der Armutsgrenze leben. Ich würde Herrn Professor Nowotny empfehlen, sich von der Universität, von der Hochschule wegzubegeben und einmal an einer Armutskonferenz in Österreich teilzunehmen. Dann würden auch ihm, der im geschützten Bereich arbeitet, die Augen aufgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben das Budget 1997 als "Schwindelbudget" bezeichnet. Ich möchte auch erläutern, warum. Wie konnte das Budgetziel erreicht werden? – Durch Vorgriffe auf künftige Budgets, Aussetzung der Verlustvorträge, Sistierung der Freibetragsbescheide, Sonderzuschläge bei der Einkommensteuer und Körperschaftssteuer, 13. Umsatzsteuervorauszahlung, IFB-Vorauszahlung, Vorziehung der Fälligkeitstermine bei der Umsatzsteuer, Mindest-KÖSt und so weiter, und so weiter, mit dem Ergebnis, daß EUROSTAT Österreich für das Jahr 1996 eine Abgabenquote von 45,7 Prozent ausweist. – Damit gibt es nur mehr vier Länder in der EU, die eine höhere Steuern- und Abgabenquote haben als Österreich.

Es wird immer darauf hingewiesen, daß die Deutschen auf uns Österreicher schauen, welch gutes Steuer- und Abgabenwesen wir haben. Meine Damen und Herren! Die österreichische Abgabenquote beträgt 45,7 Prozent, die der Bundesrepublik Deutschland 42 Prozent. Um 3,7 Prozent ist die Staatsquote in Österreich höher als in der Bundesrepublik Deutschland, wobei in der Bundesrepublik Deutschland auch die Kosten der Wiedervereinigung zu tragen sind. Das als eine erfolgreiche österreichische, sozialdemokratische – mit ÖVP-Restbeteiligung – Budget- und Finanzpolitik hinzustellen, ist mehr als kühn, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gäbe noch viele Einzelmaßnahmen anzuführen. Lassen Sie mich als besonders negatives Beispiel nur noch eine steuerliche Bestimmung anführen. Bei der Bemessung der Vorauszahlungen für Einkommen- und Körperschaftssteuer ist es nicht möglich, für 1998 Verlustvorträge anzurechnen. Was heißt das in der Praxis? Die Steuervorauszahlungen sind erhöht, einmal um 3, einmal um 4 Prozent, mit einem Sonderzuschlag von 5 Prozent, und obwohl bei der Veranlagung 1998 schlußendlich die Verlustvorträge abzugsfähig sind, wird das bei der Bemessung der Vorauszahlung nicht berücksichtigt.

Das heißt, der Finanzminister fordert von der österreichischen Wirtschaft Beträge, die ihm gar nicht zustehen. Der Finanzminister macht sich mit diesem Budget reicher, als er ist, und widerspricht damit den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.25


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

14.25

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie schon vorige Woche war es auch heute wieder: Wenn man den Rednern der Oppositionsparteien zuhört, dann hat man den Eindruck, daß es unserer Wirtschaft denkbar schlecht geht. Ich habe ja grundsätzlich Verständnis dafür, Herr Kollege Gaugg, wenn die Opposition Kritik übt. Dazu ist eine Opposition da, daß sie sich kritisch mit der Regierung auseinandersetzt. Was ich aber nicht verstehe, ist, daß man es nicht wirklich in Form einer Sachdiskussion tut.

Ich habe mit großem Interesse mitverfolgt, wie Sie den Ausführungen des Finanzministers zu Ihrer Kritik zugehört haben. Ich habe mir gedacht: Super! – Das meine ich jetzt wirklich nicht zynisch, ich meine das ehrlich. – Ich habe mir gedacht, jetzt wird es eine Auseinandersetzung geben über die diversen Sachaussagen. Weit gefehlt! Kollege Böhacker wirft zwar Kollegen Nowotny die "Seite eins" vor, aber Sie beziehen sich auch immer wieder nur auf diese Seite. Sie gehen nicht ein auf Dinge ... (Abg. Böhacker: Der Herr Finanzminister hat gesagt, wir haben im Ausschuß genügend Zeit!) Herr Kollege Böhacker, die Zeit rennt mir davon. Ist schon gut. Haben wir ja.

Meine Damen und Herren! Ich bin wirklich weit davon entfernt, Schönfärberei zu betreiben, nur sollte man die einzelnen Dinge im Gesamtzusammenhang diskutieren. Ich bin bei manchen Dingen, die Sie kritisieren, durchaus bereit, mit Ihnen zu diskutieren. Aber nur zu kritisieren und den Gesamtzusammenhang nicht zu beachten, das ist nicht nur unfair gegenüber den Diskussionspartnern, sondern vor allem unfair gegenüber dem Land. Denn, meine Damen und Herren, wenn wir über den Wirtschaftsstandort Österreich diskutieren, wenn wir unsere wirtschaftliche und soziale Position herausstellen, dann soll man das doch in einer fairen Weise machen. Eine Diskussion, wie Sie sie führen, bringt nämlich nichts, sondern schadet nur unserem Gesamtbild. Diese Diskussion, wie Sie sie immer wieder versuchen zu führen, schadet der Wirtschaftssituation und schadet letztlich dem Land. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen ein Beispiel. Sie tun so, als seien gewisse harte Maßnahmen in den letzten zwei Jahren nur aus Jux und Tollerei gesetzt worden. Sie sagen aber nicht, was die Ursachen waren, die diese Maßnahmen notwendig haben werden lassen. Kein Wort habe ich heute gehört, meine Damen und Herren, mit welch atemberaubenden Änderungen Europa und Österreich in den letzten Jahren fertig werden mußten. Sie reden nicht von der Entwicklung der Globalisierung. Sie reden nicht davon, daß in unserer unmittelbaren Nachbarschaft neue Staaten entstanden sind. Sie reden nicht davon, daß es die Grenzöffnung zum Osten gibt. Sie reden nicht davon, daß es den COMECON nicht mehr gibt. Sie reden nicht davon, daß es eine NAFTA gibt. Sie tun so, als wären wir in einer politischen Situation wie vor zehn Jahren, und was wir da machen, na gut, das passiert halt, weil wir eine Jux- und Tollerei-Politik machen. – Das ist nicht fair, meine Damen und Herren, aber nicht wegen der Regierung oder wegen uns Sozialdemokraten, überhaupt nicht. Entscheidend ist, daß man sich nicht mit den Problemen auseinandersetzt! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Daß solche Änderungen – auch da gebe ich Ihnen durchaus recht –, die wirklich atemberaubend sind, natürlich zu Unsicherheiten in manchen Bevölkerungskreisen führen, ja sogar zu Angst führen, ist selbstverständlich. Aber wenn wir solche Debatten führen, dann, bitte sehr, sollten wir sie in dem Sinne führen, daß wir nicht Unsicherheit schüren, sondern eher eine Bewußtseinslage schaffen, in der die Bereitschaft zu unerläßlich notwendigen Änderungen in den einzelnen politischen Positionen deutlich sichtbar wird.

Meine Damen und Herren! Faktum ist, daß Österreich als Wirtschaftsstandort viel zu verteidigen hat. Ich glaube, zumindest darüber sind wir uns einig. Im Zuge des Strukturwandels, der immer wieder diskutiert wird, hat Österreich in den vergangenen 20 Jahren – und, meine Damen und Herren, Sie sollten auch das sagen – Produktivitätsentwicklungen hinter sich, die außer Irland kein einziges Land in Europa gehabt hat. Die letzten 20 Jahre! So schlecht kann es also nicht


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gewesen sein, können auch die Rahmenbedingungen nicht gewesen sein, sonst wären solche Ergebnisse nicht möglich gewesen. Das sind stolze Leistungen, die letztlich dazu geführt haben – Sie haben schon recht mit der Kritik bezüglich der Arbeitslosenzahlen –, daß wir heute 3,1 Millionen und ein paar mehr Beschäftigte haben, weil es natürlich immer mehr Zugang zum Arbeitsmarkt gibt. Vor zehn Jahren haben wir noch 2,8 Millionen Beschäftigte gehabt. Das sollte man, wenn man über die Beschäftigungslage diskutiert, auch sagen.

Wir haben die niedrigste Inflationsrate, meine Damen und Herren, wir haben so niedrige Zinsen, wie sie dieses Land noch nie in den letzten 40 Jahren gehabt hat. Das sind doch positive Tendenzen, die man nicht wegwischen kann, sondern die letztlich dazu geführt haben, daß wir trotz aller kritischen Entwicklungen die Situation meistern.

Meine Damen und Herren! Sie zitieren immer gerne das Wifo – allerletzte Aussage: Österreich verzeichnete 1996 eine deutliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Waren die Lohnstückkosten zwischen 1992 und 1995 im Vergleich zu unseren Haupthandelspartnern kräftig gestiegen – 5,6 Prozent –, sanken sie 1996 um 3 Prozent; diese Entwicklung hält 1997 und 1998 an. Im Zeitraum 1996 bis 1998 dürfte sich somit die relative Lohnstückkostenposition gegenüber den Handelspartnern um mehr als 10 Prozent und gegenüber Deutschland um mehr als 5 Prozent verbessert haben. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Herr Kollege! Das sind Fakten, die man nicht wegdiskutieren kann. (Abg. Böhacker: Sage ich ja!) Warum sagen Sie es dann nicht, wenn Sie es wissen? Dann hätte ich es mir erspart, wenn Sie es gesagt hätten, dann hätte ich gesagt: Super, Sie anerkennen das, was wir vertreten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Meine Damen und Herren! Nun zum Export, der auch ein interessantes Thema ist. Kollege Prinzhorn hat, glaube ich, gesagt: Der Export ist eingebrochen. – Ich muß sagen: Die Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache, ich kann sie Ihnen zur Verfügung stellen. Wir haben eine wirklich exorbitante Steigerung im Exportsektor, der Import ist zurückgegangen. Die Deckungsquote hat sich verbessert. (Abg. Gaugg: Das Handelsbilanzdefizit ist nichts, oder?) Bitte hören Sie zu! Das Handelsbilanzdefizit hat sich im ersten Halbjahr 1997 um sage und schreibe ein Fünftel verbessert. (Abg. Böhacker: Die ganze Wahrheit! Was war 1996?) Nachlesen, nachlesen – mehr brauchen Sie gar nicht zu tun!

Die ganze Wahrheit ist, daß ich von 1997 rede. 1996 war es anders, da haben Sie recht. (Abg. Böhacker: Die ganze Wahrheit! Jawohl!) Herr Kollege Böhacker, ich bin nicht einer, der etwas leugnet. Ich sage immer die ganze Wahrheit, jawohl, so ist es!

Interessant ist ja auch, daß Sie hier die Beschäftigungspolitik kritisieren. Ich zitiere eine Aussendung vom Kollegen Prinzhorn von voriger Woche, 10. Oktober, 16 Uhr: Export- und Technologieoffensive seien zum Stillstand geraten. Und jetzt hören Sie gut zu (Abg. Dr. Ofner: Das ist erst morgen!) – 2. Oktober, Entschuldigung! –:

Das einzige Programm der Bundesregierung, welches wirklich greife, sei die Beschäftigungsoffensive. – Ich zitiere nur, was Kollege Prinzhorn in der vorigen Woche ausgesendet hat. Man sollte bei dem bleiben, was man gesagt hat, und darum geht es mir, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Bemerkung noch, weil ich mir vorgenommen habe, so kurz, aber auch so sachlich wie nur irgend möglich zu sprechen.

Lohnnebenkosten: Ich leugne nicht, daß das Thema Lohnnebenkosten einer Lösung zugeführt werden muß. Die Wahrheit ist aber auch: Warum haben wir einen relativ hohen Lohnnebenkostenanteil? – Weil wir den 13. und 14. Monatsgehalt drinnen haben. Sie wissen ganz genau, wenn wir den 13. und 14. herausnehmen würden, sähe die Position anders aus. Ich lade Sie ein – meine Zeit läuft nämlich schon ab –, sich den Arbeitskostenvergleich anzusehen, schauen Sie sich bitte die anderen Positionen an, dann werden Sie merken, daß es nicht so schlecht ist.


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Es kann ja auch nicht so schlecht sein. Wie sonst wäre es möglich, daß unser Export sich bei hart umkämpften Wettbewerbspositionen so gut entwickelt? Das ist die Antwort. Der Erfolg gibt nämlich der Politik recht, die in unserem Land gemacht wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Tichy-Schreder. )

14.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Kiss. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.33

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Nach den Details, die Kollege Heindl zum Thema Budget, und zwar zu dem Zahlenwerk, hier deponiert hat, möchte ich zum Bereich innere Sicherheit einige Gedanken einbringen. (Abg. Mag. Haupt: Dazu solltest du heute nicht sprechen!) – Doch, gerade heute! Es paßt durchaus auch noch am Tag nach der gestrigen sehr emotional geführten Diskussion. Warum auch nicht?

Ich stelle eingangs fest: Das Budget zum Kapitel innere Sicherheit wird von der ÖVP nachhaltig unterstützt. Die Argumentation ist sehr einfach, Herr Staatssekretär: Es wird in zwei wesentlichen Bereichen das, was wir als der treibende Motor auch im Kapitel innere Sicherheit fordern, umgesetzt. Es gibt mehr Geld für die Sicherheit – das freut uns, damit identifizieren wir uns –, und es gibt auch mehr Planstellen. 500 Grenzgendarmen mehr, die wir an der EU-Außengrenze brauchen werden, dokumentieren dies nachhaltig.

Von dieser Position ausgehend einige grundsätzliche Ausführungen zu dem, was insbesondere die innere Sicherheit in diesem Land betrifft.

Als erstes ist die Frage zu stellen: Wo stehen wir? – Ich stehe nicht an festzustellen, daß wir einen Innenminister haben, der entsprechende Fortüne besitzt. Ein Politiker braucht auch Masel, braucht auch Glück – Karl Schlögl hat es, und ich gratuliere ihm dazu. Er ist ein fairer Partner, er hat Handschlagqualität, und er findet bei uns all jene Unterstützung, die er benötigt, um in einer schwierigen, sensiblen Materie auch wirklich erfolgreich sein zu können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich stelle aber, damit nicht geglaubt wird, ich habe den gestrigen Tag vergessen, als zweites die Frage: Wie schaut es in der Exekutive aus? – Ich stelle fest, daß innerhalb unserer Kollegenschaft bei der Gendarmerie, bei der Polizei seit Schlögls Amtsantritt auch ein Motivationsschub feststellbar ist. Egal, wo ich mich befinde, egal in welchem Bundesland, egal in welcher Dienststelle, in welcher Wachstube ich bin, ich höre immer wieder von den Kolleginnen und Kollegen: Wir spüren, daß der Minister zu uns steht. Wir spüren, daß der Minister unsere Intentionen vertritt, wir bemerken, daß der Minister versucht, nicht nur uns und unsere Arbeit zu tragen, sondern uns auch die Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb welcher wir beste exekutive Arbeit leisten können. – Es war ja nicht immer so, wie ich gestern auch kritisch angemerkt habe. – Mich freut das, und damit identifizieren wir uns auch.

Zum dritten: Die Bevölkerung merkt es auch, denn wenn man die Kriminalstatistik 1996 liest, registriert man folgendes: Wir haben zwar auf unverändert hohem Niveau Probleme – es sind immerhin eine halbe Million an Verbrechen und Vergehen im vorigen Jahr begangen worden –, aber der Ansatz ist richtig. Qualität beim Personal, Motivation durch die Kollegenschaft bewirken, daß es entsprechende Aufklärungsquoten gibt. Daß die Statistik nicht geschönt wird, zeigt vor allem die Tatsache, daß wir bei den Rückmeldungen aus den einzelnen Dienststellen hören: Wir geben wirklich das bekannt, was wir an Fällen haben, wir geben wirklich echte Zahlen weiter und nicht getürkte, geschönte Zahlen.

Wir stehen also, wenn ich kurz bilanzieren darf, ganz gut und ordentlich da. Österreich ist – ich sage das gerne – ein sicheres Land. Jeder, der sich im Ausland umhört, sich umsieht, der in andere Teile dieser Welt kommt, wird dies nachhaltig bestätigen können. Dennoch, werte Kolleginnen und Kollegen, ist einiges zu tun. Was nun aus Sicht der ÖVP getan werden muß, möchte ich anhand von vier Punkten kurz darlegen.


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Zum einen: Wir müssen mehr gegen die organisierte Kriminalität tun. Sie ufert aus, sie ist ein Gebilde, das unsere Gesellschaft krakenartig umfaßt, und wir sind überzeugt davon, daß die österreichische Öffentlichkeit das Problem organisierte Kriminalität auch heute noch sträflichst unterschätzt. Ich glaube sogar, daß auch wir uns der Gefahren der organisierten Kriminalität in ihrer gesamten Tragweite noch immer nicht bewußt sind, darum meine Forderung, gegen die organisierte Kriminalität mehr zu tun.

Zweiter Punkt: Wir müssen mehr tun in bezug auf die EU-Außengrenzen. Wir haben den richtigen Ansatz, 500 Grenzgendarmen kommen dazu, aber es gilt auch, die technischen Adaptierungsmaßnahmen vorzunehmen und jenen organisatorischen Feinschliff zwischen den drei Wachekörpern anzubringen, der notwendig ist, um Grenzgendarmerie, Zollwache und Bundesheer unter einen Hut zu bringen.

Dritter Punkt: Sicherheitsakademie. Wenn ein Qualitätsschub in der Exekutive kommen soll, dann müssen sich die Gendarmen und Polizisten mit dem, was sie können, auch identifizieren, sie müssen bereit sein, mehr zu machen, und sie tun es gerne. Die Verwirklichung der Sicherheitsakademie ist ein zentrales Thema.

Letzter Punkt: Wenn wir Erfolge haben wollen im Bereich jener Schwerstkriminalität, die wir gestern diskutiert haben, dann bedarf es auch einer strukturellen Reform der Staatspolizei. Diesbezügliche Gespräche sind im Gange, und ich bin zuversichtlich, daß wir diese mit einem fairen Partner, wie es Minister Karl Schlögl ist, auch zustande bringen werden. Die ÖVP wird jedenfalls alles daransetzen, im Bereich der inneren Sicherheit weiterhin Motor zu sein, damit unsere Bemühungen, die gemeinsamen Bemühungen der Bundesregierung im Bereich der inneren Sicherheit, nicht erlahmen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.40

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter nicht anwesender Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die jetzige Debatte ist offensichtlich schon so uninteressant geworden, daß sich auf der Regierungsbank niemand mehr das anhören will, was die Parlamentarier zur Regierungsvorlage sagen. (Abg. Tichy-Schreder: Wenn man die ganze Zeit hier sitzt, dann darf man wohl auch eine Minute hinausgehen!)

Frau Kollegin! Jeder darf, jeder kann, aber jeder muß sich dann auch die entsprechenden Kommentare gefallen lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister Edlinger hat sich in seiner Rede mehrfach dafür stark gemacht, mit diesen Budgets das gescheite Sparen in dieser Republik anzugehen, und er hat von der Opposition dafür Verständnis eingefordert.

Ich möchte im Hinblick auf die Bereiche Gesundheit und Soziales dieses sogenannte gesunde und gescheite Sparen der Bundesregierung, wie es sich jetzt aufgrund der Vorlagen abzeichnet, skizzieren und relativieren. Auf der einen Seite haben wir die Bemühungen der Frau Ministerin, sechs Planposten in der Bundesanstalt für bakteriologische Untersuchungen einzusparen. So weit, so gut. Was bedeutet das aber? – Daß man auf der anderen Seite, um den Arbeitsanfall zu bewältigen, die Anzahl jener Personen, die Salmonellen- und Bakterienausscheiderausweise haben müssen, reduziert, und zwar um jene Personen, die in Großküchen und beim Bundesheer beschäftigt sind.

Man reduziert sie mit der Begründung, daß dann, wenn etwas passiert, der Patientenkreis bekannt ist und daher therapiert werden kann. Man reduziert, obwohl man aus der Gesundheitsstatistik der Bundesregierung und der WHO weiß, daß Salmonellosen weltweit im Fortschreiten sind und Salmonellosen und bakterielle Erkrankungen immer größere Therapieprobleme machen. Ich glaube nicht, daß das Einsparen von sechs Dienstposten und das Inkaufnehmen


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der Tatsache, daß durch nur eine einzige Erkrankung in einer Bundesheerkaserne oder in einer Großküche die zwölf- bis dreizehnfachen Kosten entstehen, als gesundes Sparen bezeichnet werden können, Herr Staatssekretär! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube des weiteren, daß die Euphorie im Gesundheitssektor über die jetzt greifenden Maßnahmen der Strukturreform verfrüht ist, denn in fünf Bundesländern hat man in den Landeskrankenanstalten Landesholdings gebildet – Sie wissen das, Herr Staatssekretär – und hat für die Krankenanstalten nunmehr privatwirtschaftlich jene Summen aufgenommen, die man früher aus den Länderbudgets abgedeckt hat. In Kärnten betrug die Einsparung im Budget 1 Milliarde Schilling, die aushaftenden Schulden bei den Kärntner Krankenanstalten betragen derzeit 2,3 Milliarden Schilling. In der Steiermark ist es ähnlich, und so geht es quer durch Österreich.

Welche Auswirkungen haben diese Ausgliederungen, diese angebliche Strukturreform, dieses sogenannte gesunde und gescheite Sparen? – Der Kostensatz der Bundesregierung für aufgenommene Kredite liegt derzeit bei 3,6, 3,8 Prozent, die Primärraten der privat ausgegliederten Gesellschaften liegen derzeit zwischen 5,4 und 5,6 Prozent – Sie werden mir recht geben, daß diese Zahlen richtig sind. Allein aufgrund der Maßnahmen in diesem Bereich werden bundesweit Mehrkosten pro Jahr aus der Zinsentilgung von etwa 250 Millionen Schilling entstehen. Diese Kosten sind jetzt zwar nicht mehr im Budget, aber Sie haben die Haftung zu übernehmen. Die Tilgungslast wird irgendwann entweder über das Budget oder über die Beitragszahler laufen und wird die ohnehin schon hohe Ausgaben- und Steuerquote Österreichs – bekanntlich liegt sie nach den letzten Statistiken in der EU nach Schweden und Dänemark unbestritten an dritter Stelle – weiterhin verschärfen.

Ich glaube auch nicht, daß die Abwälzung der Kosten auf den einzelnen Betroffenen das bringen wird, was von der Bundesregierung hier immer wieder postuliert worden ist, nämlich eine entsprechende Ankurbelung der inneren Nachfrage in Österreich. Man weiß ja, daß allein im Sozialbereich jene Maßnahmen, die unter dem Titel "Einsparungen" laufen, die Bevölkerung im nächsten Jahr zusammengerechnet 5,4 Milliarden Schilling kosten werden. Herr Kollege Trattner hat es Ihnen ohnehin blendend vorgerechnet, aber auch die anderen Redner der Oppositionsparteien sind zu ähnlichen Zahlen gekommen. Ich glaube eher, daß dies die innere Nachfrage auf dem österreichischen Markt noch mehr verdünnen wird.

Sie wissen selbstverständlich, Herr Staatssekretär – Sie waren ja zu Beginn der Budgetverhandlungen ein tolerierter Vertrags- und Verhandlungspartner –, daß uns die derzeitigen Frühpensionen in Österreich die nächsten fünf Jahre zwischen 0,9 und 1,2 Prozent des Zuwachses des Bruttoinlandsproduktes kosten werden. Sie wissen daher, daß uns bei den jetzigen Prognosen für alle anderen Maßnahmen in den nächsten zwei Jahren nur mehr zwischen 0,8 und 0,9 Prozent des BIP zur Verfügung stehen werden. Dazu zähle ich Maßnahmen für die Beschäftigungspolitik, für die Sanierung des Budgets und was sonst noch alles in dieser Republik ansteht.

Sie wissen, daß beim kleinsten Konjunktureinbruch diese 0,9 Prozent BIP-Zuwachs weg sind und daß Sie beim geringsten weiteren Einbruch mit dem Rücken zur Wand stehen.

Herr Staatssekretär, die Pensionsreform, die heute weiter verhandelt wird, kann von uns als Opposition nur so beurteilt werden, wie die derzeit in Begutachtung stehenden Papiere der Bundesregierung zu bewerten sind. Professor Marhold hat es am Sonntag vor 14 Tagen in einer Fernsehdiskussion richtig dargestellt: Das, was einnahmenseitig zu machen ist, ist unbestritten, der soziale Ausgleich ist noch völlig offen, und die soziale Dimension dieser Pensionsreform ist in wichtigen Bereichen gerade für die älteren Menschen, für die Jugend und für die sozial Schwachen nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Die derzeitigen Verhandlungen machen es auch schwer, eine seriöse Tendenz zu sehen.

Kollege Kiss hat den Bereich der Sicherheit und das Mittragen in den Bereichen Landesverteidigung und Innenministerium angesprochen. Die Landessanitätsanstalt des Bundesheeres in Kärnten wird nun schon seit 15 Jahren geplant, wird angeblich seit zehn Jahren gebaut und am 31. Dezember dieses Jahres – weil die Verträge auslaufen – mit 20 Betten aus dem Landeskrankenhaus Klagenfurt ausgegliedert. Das heißt, es ist keine Sanitätsanstalt vorhanden, aber


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am 1. Jänner 1998 wird der volle Jahrgang in Klagenfurt eingezogen. Ich frage mich, mit welchem Recht diesen jungen Menschen von seiten der Bundesregierung zugemutet wird, mit einer solchen Infrastruktur im Sanitätsbereich – im Budget wurde von 250 auf 190 abgespeckt – leben zu müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube nicht, daß es zumutbare Zustände sind, wenn Hunderte Soldaten in die Kasernen kommen und kein einziges Bett mehr in zeitgemäßer Ausgestaltung vorhanden sein wird. Auf der anderen Seite moniert man aber mit Tränen in den Augen, daß das Ansehen des Bundesheeres immer mehr sinkt.

Zu den anderen Maßnahmen im Bereich des Bundesheeres – angefangen beim Beschaffungswesen bis hin zu den Maßnahmen der Absicherung der Landesverteidigung – sei aus freiheitlicher Sicht angemerkt, daß für sie dieses Budget nicht besser als in den letzten Jahren ist, sondern noch schlechter. Dieses Budget wird die Situation unseres Bundesheeres noch dramatisch verschlechtern.

Daß Sie, Kollege Kiss, als jemand, der aus einer Grenzregion im Burgenland kommt, dem auch noch hier das Wort reden, werden Ihnen die Wähler im Burgenland dann, wenn eine allfällige Notsituation eingetreten ist, hoffentlich nicht heimzahlen. Wir Oberkärntner wissen, wovon wir sprechen, denn unsere Soldaten stehen nunmehr schon seit Jahren an der Grenze, und wir wissen, unter welch unzulänglichen Bedingungen dieser Grenzeinsatz stattfindet.

Ich habe Hochachtung vor allen Offizieren, allen Unteroffizieren, allen eingerückten Grundwehrdienern und allen Mannschaften, daß sie ihren Dienst trotzdem hervorragend machen. Aber diese Bundesregierung hat nicht die Grundvoraussetzungen dafür geschaffen, und das neue Budget erst recht nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Marizzi. – Bitte, Herr Abgeordneter. 6 Minuten.

14.48

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte wieder zur Wirtschaftspolitik zurückkehren. Ich glaube, daß dieses Budget, das von Herrn Finanzminister Edlinger vorgelegt wurde, zukunftsorientiert, wirtschaftspolitisch ausgewogen, strukturverändernd und reformfreudig ist. Ich meine, es ist ein guter Weg – und ich werde das mit Zahlen beweisen – für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich, denn die Ausgabendynamik ist gebremst, die Budgetdefizite gehen zurück und – was besonders wichtig ist – auch die Kriterien für die Wirtschafts- und Währungsunion sind erfüllt.

Diese Punkte sind natürlich auch ein Impuls für Wachstum und Beschäftigung, vor allem im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Das soziale Netz in diesem Budget muß finanzierbar bleiben, und der Staat und seine Einrichtungen – das muß man auch ganz offen sagen – müssen effizienter werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Opposition sagt immer wieder – das ist ihr gutes Recht –, die Rahmenbedingungen sind so schlecht, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind so schlecht. Wenn ich mir aber die "Kronen Zeitung" vom Samstag, dem 4. Oktober anschaue, dann sehe ich einen Artikel mit der Überschrift: Laufend Exportrekorde in der Automobilzulieferindustrie. – Und das, weil die Rahmenbedingungen so schlecht sind?

Wissen Sie, meine Damen und Herren, daß wir bei der Erzeugung von Motoren – pro Kopf der Bevölkerung gerechnet – Weltmeister sind? Wir erwirtschaften 60 Milliarden Schilling in der Automobilindustrie!

60 Prozent aller Fahrzeuge von BMW sind mit Motoren aus Steyr ausgerüstet. Wir produzieren in der Automobilindustrie dreimal soviel wie 1980 – glauben Sie, weil die Rahmenbedingungen, wie Sie immer sagen, nicht stimmen? In Österreich soll ein Weltkonzern rund um AVL in der


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Dieseltechnik entstehen. Es gibt eine Magna-Ansiedlung nach der anderen in der Steiermark. Glauben Sie, dies alles geschieht, weil die Rahmenbedingungen so schlecht sind?

Über Semperit wurde schon diskutiert, und die Zeitung vom letzten Samstag schreibt: Neue Rekordumsätze beim Semperit-Reifenwerk. Der Standort ist gesichert. – Oder: Die ehemals verstaatlichte GBI – ich kann mich noch daran erinnern, was hier gesagt worden ist – ist heute Börsenstar. Flender hat den Betrieb mit 1 000 Leuten saniert. (Abg. Gaugg: 200 000 Arbeitslose!) – Herr Gaugg! Sie können nur buchstabieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Daimler Benz ist im Aufwind, dickes Lob für Puch in Graz, ein neues Pharma-Werk in Linz! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das soll man nicht außer acht lassen. – Buchstabieren Sie ruhig weiter, Herr Gaugg, ich höre Ihnen dann zu, aber hoffentlich nicht die besonderen vier Buchstaben.

Österreichs Öko-Wirtschaft boomt, sie erzielt 2,2 Milliarden Schilling. Die Exporte in die Golfstaaten stiegen – Kollege Heindl hat es schon angeschnitten – um 5,5 Prozent. Die Exporte nach Indien stiegen von 1995 auf 1996 um 55 Prozent, nach Indonesien steigen sie laufend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie all das nicht glauben, dann lesen Sie die Zeitungen, oder schauen Sie sich bitte – das ist der Ausdruck der Politik – die Konjunkturprognose des Wifo an.

Herr Böhacker! Sie haben das kritisiert. Das Bruttoinlandsprodukt wächst 1998 um 2,5 Prozent, der private Konsum real um 1,5 Prozent, die Ausrüstungsinvestitionen um 7 Prozent, die Warenexporte um 8,5 Prozent – Sie wissen genau, 1 Prozent Warenexporte sind ungefähr 10 000 Ar-beitsplätze –, und die Verbraucherpreise – das ist sensationell, weil das Budget die Rahmenbedingungen bringt – bleiben bei 1,4 bis 1,6 Prozent. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wieso haben wir dann soviel Arbeitslose, Herr Marizzi?) – Auf die Arbeitslosen komme ich schon noch zu sprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen ganz genau, und Sie wissen das auch, daß vor zehn Jahren 800 000 Leute in der österreichischen Industrie die Hälfte dessen produziert haben, was heute 400 000 Leute produzieren, und zwar aufgrund von Rationalisierung, Computerisierung, Robotisierung. Ich glaube, daß man langfristig darüber nachdenken muß, daß man in 10, 20 Jahren die Arbeit so verteilen muß, daß man jedes Jahr um 1 Prozentpunkt an Arbeitszeit zurückgeht. Das ist zum Beispiel auch ein sozialdemokratischer Ansatz.

Da ich nicht mehr viel Zeit habe, möchte ich Herrn Dr. Khol, auch wenn er nicht hier ist, noch etwas sagen. – Ich war vor zehn Jahren als Betriebsansiedler in der Verstaatlichten tätig. Herr Khol hat uns heute sehr scharf etwas über die Verstaatlichte gesagt. Ich war nur für Mürzzuschlag und Ternitz zuständig, und wir haben dort Betriebe angesiedelt, wir haben auch Leute hinauswerfen müssen, wir haben privatisiert. Wer von Ihnen von der ÖVP hat damals gemeint, die verstaatlichten Betriebe seien museumsreif, sie gehörten zugesperrt? (Abg. Dr. Brinek: Als Verstaatlichte und nicht als Betriebe!)  – Heute rangieren sie an den Aktienbörsen als Blue-Chips, und Sie haben damals den Schüssel-Ditz-Kurs gemacht. Das sei Ihnen in Ihr Stammbuch geschrieben! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben damals applaudiert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schüssel hat sich in der Zwischenzeit verstaatlicht. (Abg. Dr. Mertel: Ditz! – Abg. Tichy-Schreder: Ditz!) Er ist jetzt bei der Post, und ich wünsche ihm viel Erfolg, daß er auch einmal ein Blue-Chip wird, aber nicht auf Kosten der "Blue-Collars", also der Arbeiter und Angestellten dort. Schnell die Seite wechseln und immer sagen, mehr privat und weniger Staat, reicht nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Da sind Sie natürlich wehleidig, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Daher meine ich, man sollte schon die Kirche im Dorf lassen.

Zu Herrn Kollegen Böhacker möchte ich auch einiges sagen. (Abg. Rosenstingl: Böhacker!) – Böhacker, Entschuldigung. Sie haben gesagt – das war so nett –, man solle die Abgabenquote senken. Sie wissen, daß 1 Prozent Abgabenquote 25 Milliarden bedeutet? – Gut. Sie haben gesagt, man solle sie von 43 auf 35 Prozent senken. Sie wissen, daß ... (Abg. Böhacker: Das


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ist nur die halbe Wahrheit!)  – Ja, das hat Haider in den Bierzelten gesagt, das war dann Ihre ganze Wahrheit.

Also senken, das bedeutet 200 Milliarden Schilling. Nur haben Sie nicht gesagt, wo man das hernehmen soll. Mittels Ausgabenkürzung? Nein, Sie haben gesagt: Greifen wir in die Notenbankreserven. – Aber da haben Sie auch wieder eine falsche Rechnung gemacht, denn darin sind nur 115 Milliarden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie kennen sich nicht aus!) – Er kennt sich nicht aus. Sie verstehen auch nichts von der Wirtschaft, Sie verstehen etwas vom Richten, Sie wissen etwas von Untersuchungsausschüssen, aber lassen Sie mich Herrn Kollegen ... (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Herr Kollege Böhacker! Ich empfehle Ihnen einen Blick auf die Notenbankreserven, da können Sie das nachlesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grunde genommen ist es ein gutes Recht der Opposition, zu kritisieren. Die Kritik ist falsch, das Budget ist richtig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Dr. Puttinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

14.55

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Viele Positionen wurden heute schon beleuchtet, nur eine nicht, nämlich der Tourismus, und ich glaube, daß wir uns damit auch auseinandersetzen müssen.

Faktum ist, daß in der Budgetrede der Tourismus nur dahin gehend erwähnt worden ist, daß die Deviseneinnahmen nicht mehr zur Abdeckung des Handelsbilanzdefizits reichen. Faktum ist, daß die Deviseneinnahmen trotzdem gestiegen sind. Faktum ist, daß in den letzten zehn Jahren 1,5 Billionen Schilling an Devisen nach Österreich gebracht worden sind. Faktum ist, daß die direkten Umsätze aus dem Tourismus 180 Milliarden Schilling erreicht haben. Faktum ist aber auch, daß der Tourismus nicht nur eine devisenbringende Cash-cow ist, sondern letzten Endes für 500 000 Österreicher Einkommen, Beschäftigung und Arbeitsplätze geschaffen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Minister! Ich erwarte mir daher in einer Zeit, in der der Tourismus sicherlich durch viele interne und externe Positionierungen gefährdet ist, daß wir uns trotzdem auch in der Budgetrede darüber unterhalten.

Ich erwarte mir Äußerungen über die Positionen des Bundesvoranschlages, die den Tourismus betreffen, insbesondere da Sie genauso wie ich wissen, daß Österreich das tourismusintensivste Land der Welt ist.

Am vorliegenden Bundesbudgetvoranschlag 1998 ist sicherlich positiv zu erwähnen, daß die Österreichische Hotel- und Fremdenverkehrstreuhand als Tourismusbank etabliert wurde. Es ist erfreulich, daß die "Top"-Tourismusrichtlinie beschlossen und auch finanziell dafür vorgesorgt worden ist. Es ist erfreulich, daß sich Grundlagen für Beteiligungs- und Finanzierungsgesellschaften finden. Es ist erfreulich, daß es geförderte Ankaufsmöglichkeiten für Liegenschaften zur Regelung und zur Befriedigung von Personalunterkünften gibt. Es ist erfreulich, daß die Jungunternehmerbudgetierung genauso wie auch die Schutzhüttensanierung und vieles andere mehr wieder vorgesehen ist.

Aber grundsätzlich gibt es auch schmerzhafte Tatsachen, und der Schmerz hat die Aufgabe, auf ungesunde Zustände aufmerksam zu machen. Ich möchte nur zwei ganz kurz erwähnen. Das erste ist sicherlich, daß die Förderungen gleichgeblieben sind. Bösartige Menschen könnten sogar sagen, sie sind um 2 000 S gesunken, so genau ist hier kalkuliert worden. Aber Tatsache ist, daß das Budget der Österreich Werbung unter der Voraussetzung gleichgeblieben ist, daß nicht der Ansatz, der im Budget enthalten ist, nämlich 300 Millionen, Gültigkeit hat, sondern daß 50 Millionen umgeschichtet werden, wie es uns versprochen worden ist.


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Herr Bundesminister! Ein Einfrieren ist meiner Ansicht nach aber zuwenig. Wir wissen, daß die Kosten speziell in den Überseegebieten, sei es in Asien, sei es in Süd- oder Nordamerika, durch die Aufwertung des Dollars wesentlich gestiegen sind. Wir wissen, daß die Personalkosten wesentlich gestiegen sind – trotz Personalreduzierung. Wir wissen, daß die angestrebten Synergieeffekte noch nicht eingetreten sind.

Das kann aber nicht bedeuten, wie es in einer Pressekonferenz am 6. Oktober festgestellt worden ist, daß die werbewirksamen Budgetmittel zum Beispiel für den Wintertourismus von 50 auf 40 Millionen Schilling gesenkt und damit 10 Millionen Schilling dem Werbebudget entzogen werden. Smeral, der Fremdenverkehrsexperte des Wifo, hat selbst gesagt, daß auch im Winterfremdenverkehr entsprechende Minuspositionen zu erwarten sind.

Herr Bundesminister! Als zweiten Punkt muß und möchte ich auf jeden Fall die Fremdenverkehrsmilliarde erwähnen. Sie ist eine Forderung der Fremdenverkehrswirtschaft gewesen. Sie wissen genauso wie ich – das habe ich schon erwähnt –, daß 1,5 Billionen an Devisen eingebracht worden sind. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Sie wissen, daß aus 1 S Fremdenverkehrswertschöpfung insgesamt 3 S an direkter und indirekter gesamtwirtschaftlicher Bedeutung aus dem Fremdenverkehr in die österreichische Wirtschaft als Wertschöpfung einfließen. Sich dann nicht mit diesem Thema auseinanderzusetzen, ist, so glaube ich, verantwortungslos. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich noch eine Minute Zeit habe, dann darf ich noch fertigreden. Ein Wort muß ich zu den Liberalen sagen. Die Liberalen können natürlich von einer Selbstveranlagung reden, da werden wir ihnen zustimmen. Aber gestatten Sie mir, zu Ihrem Steuerreformpaket drei Positionen, drei kleine Kritikpunkte anzubringen.

Erstens: Sie wollen jedem Erwachsenen, unabhängig von seiner Erwerbsart, ein Grundeinkommen von 8 000 S zusichern. Mit dieser Idee ist die Abkoppelung der elementaren sozialen Absicherung von der Erwerbsarbeit gegeben. Das können wir von der ÖVP nicht zulassen. (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens: Die Liberalen, insbesondere Frau Dr. Schmidt persönlich, sprechen von einem Ansteigen der Steuerleistung. Wir können uns bei der Situation, in der wir uns in Österreich befinden, mit einer Abgabenquote von 41,8 Prozent nicht eine Steigerung der gesamten Steuerleistung leisten. (Abg. Böhacker: 45,7 Prozent!)

Drittens: Die Liberalen möchten anstelle des derzeit angewendeten progressiven Staffeltarifs einen einheitlichen Steuersatz von 45 bis 50 Prozent einführen. Das haben Sie in Ihrem Konzept. Dadurch würden gerade die Leistungsträger unseres Systems weiterhin belastet werden. Eine derartige Umverteilung durch das Steuersystem wird von uns, von der ÖVP, grundsätzlich abgelehnt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen über die erste Lesung der Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz, weil wir eine Besprechung einer Anfragebeantwortung für 15 Uhr in Aussicht genommen haben.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2707/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung mit der Ordnungszahl 2707/AB.

Die entsprechende Anfragebeantwortung ist bereits verteilt. Es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Wir gehen in die Debatte ein.


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Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung in § 57a hat der Erstredner 10 Minuten Redezeit. – Bitte sehr.

15.03

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren Bundesminister! Ich störe nur ungern Ihre nette Unterhaltung. Herr Bundesminister! Es geht heute wieder einmal um ein Thema, um ein Problem, das wir Parlamentarier – interessanterweise nicht nur Parlamentarier der Oppositionsparteien – gerade mit Ihnen haben, Herr Bundesminister, gerade mit Ihnen und dem Landesverteidigungsressort. Sie haben anscheinend ein besonderes Verhältnis zum Parlament, ein, wie ich meine, "gestörtes" Verhältnis, denn immer dann, wenn wir von Ihnen Auskunft begehren, bekommen wir sie entweder nicht oder unvollständig oder falsch, Herr Bundesminister! (Bundesminister Dr. Fasslabend: Sie stellen so viele Anfragen ...!) – Herr Verteidigungsminister! Wenn es Ihnen unangenehm ist, daß wir so viele Anfragen stellen, dann würde ich Sie ersuchen, irgendein anderes Ressort zu wählen oder vielleicht auch bessere Informationen zu geben, dann ersparen wir Ihnen die Beantwortung, wenn Ihnen das lästig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es ist nun einmal ein Recht, ein Urrecht in der Verfassung, daß Parlamentarier das Interpellationsrecht gegenüber dem Minister haben (Abg. Dr. Lukesch: Das hat niemand bestritten!) , und Sie haben die Verpflichtung, Herr Bundesminister, diesem Recht auch zu entsprechen und die wahrheitsgemäßen und richtigen Antworten zu geben.

Herr Minister! Die in Diskussion stehende Anfrage hat sich auf die Miliz, auf die österreichische Miliz bezogen, und ich meine und hoffe, daß das österreichische Bundesheer nach wie vor eine Milizarmee ist, auch wenn man manchmal den Eindruck hat, daß Sie und auch einige Angehörige Ihres Ressorts ein Problem mit der Miliz haben und diese Miliz eigentlich schrittweise abbauen wollen. Wir aber glauben, daß die Miliz eine wichtige Säule der österreichischen Landesverteidigung ist und daß die Österreicher auch nach Absolvierung des Grundwehrdienstes auf freiwilliger Basis beim Heer einen wichtigen Beitrag zur militärischen Landesverteidigung leisten. (Beifall des Abg. Dr. Ofner. )

Herr Bundesminister! Um das auch optimal umsetzen zu können, ist allerdings eine umfassende Ausbildung und Weiterbildung notwendig. Es ist nicht nur alle zwei Jahre eine Truppenübung zu absolvieren, sondern es ist notwendig, sich laufend fort- und weiterzubilden. Die Bereitschaft dazu wäre ja da, Herr Bundesminister, nur die Möglichkeiten gibt es nicht, wie man aus dieser Anfrage ersieht.

Wir haben Sie gefragt, ob es stimmt, daß schon 1997 eine ganze Reihe von Ausbildungseinheiten aus dem Milizbildungsanzeiger gestrichen worden ist, und – das ist ganz wichtig – ob es stimmt, daß für 1998 eine weitere Reduzierung dieser Ausbildungsmöglichkeiten im Zuge von freiwilligen Waffenübungen "verordnet" werden soll. Sie haben diese Anfrage in zehn Zeilen in üblicher Art und Weise beantwortet. Sie können es nachzählen, es werden nicht mehr. Sie schreiben, es stimme alles nicht, was wir hier sagen, und es sei im Prinzip alles in Ordnung. Es seien keine Reduzierungen geplant.

Herr Bundesminister! Es gibt aber auch in Ihrem Ressort sehr viele Leute, die sich damit nicht mehr abfinden, die sich auch nicht mehr damit abfinden, daß sie Vorschläge für Anfragebeantwortungen an Ihr Büro weiterleiten und danach völlig erstaunt sind, wenn sie die Anfragebeantwortung, die dann aus Ihrem Büro kommt, lesen, weil diese überhaupt nichts mehr mit dem Vorschlag der betroffenen Stellen zu tun hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird politisch geschönt und gefärbt. So ist es anscheinend auch in diesem Fall passiert, denn, Herr Bundesminister, wir haben einen internen Erlaß bezüglich der freiwilligen Waffenübungen. Was steht darin? – Da steht: Die Budgetkonsolidierungsmaßnahmen der Bundesregierung (Sparpaket) bewirken auch eine Verminderung der für freiwillige Waffenübungen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Dies erfordert eine Bewirtschaftung der freiwilligen Waffenübungen und eine enge Bindung der Ausbildung an die Vorhaben des Laufbahnbildes oder eines konkreten Ausbildungszuganges.


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Meine Damen und Herren! Eine Beschränkung und Verminderung der freiwilligen Waffenübungen – das steht genau im Gegensatz zu dem, was Sie hier gesagt haben. Jetzt stellt sich aber die Frage: Wie schaut das im zeitlichen Konnex aus, Herr Bundesminister? Ist dieser Erlaß vielleicht nach dieser Anfragebeantwortung herausgegangen? – Dem ist nicht so, Herr Bundesminister! Ihre Anfragebeantwortung ist datiert mit 1. September 1997 – 1. September! Dieser Erlaß über die Beschränkung der freiwilligen Waffenübungen ist datiert mit 7. August 1997. Herr Bundesminister! Sie werden heute einmal konkret zu erklären haben, wie Sie fast einen Monat nach diesem Erlaß eine derartige Anfragebeantwortung hinausgeben können, in der Sie schreiben: Es wird sich nichts ändern, es gibt keine Reduzierung dieser Übungen und damit der Möglichkeiten der Ausbildung für die Milizsoldaten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Beschränkung dieser Waffenübungen ist in zweifacher Hinsicht in diesem Erlaß statuiert. Zum einen gibt es eine sehr enge Bindung an den jeweiligen Ausbildungskalender, das heißt, es wird vorab einmal für den einzelnen Soldaten festgehalten, was seiner Ausbildung dient und was nicht. Alles, was nicht dieser Ausbildung dient, kann er im Wege von freiwilligen Waffenübungen nicht absolvieren, sondern er muß freiwillige Milizarbeit leisten. Das heißt, er bekommt keine Entschädigung dafür, und es ist auch die Frage, wie er versichert ist, wenn etwas passiert.

Aber das ist nicht einmal die einzige Bindung, die in diesem Erlaß enthalten ist. Denn selbst wenn diese Ausbildungsinhalte durchaus im Rahmen des Laufbahnbildes notwendig wären, gibt es trotzdem eine zeitliche Beschränkung von 20 Prozent der zeitlichen Mindesterfordernisse für den nächsthöheren Dienstgrad. Was bedeuten diese 20 Prozent, Herr Verteidigungsminister? – Das heißt zum Beispiel, daß etwa ein Leutnant, der darauf wartet, daß er Oberleutnant wird und die entsprechenden Kurse belegt, ganze fünf Tage an zusätzlichen Ausbildungsinhalten belegen kann. – Fünf Tage für einen Leutnant, der bei der Truppe arbeiten soll, der wichtige Führungsaufgaben zu erfüllen hat! Fünf Tage darf er in diesem Zeitraum an freiwilligen Waffenübungen teilnehmen.

Oder: Ein Korporal, der die Ausbildungsziele für den Zugsführer zu erfüllen hat, hat zwei Tage. Herr Bundesminister! Zeigen Sie mir in diesem Buch, in dem die Kurse angeführt sind, wo es einen Zweitageskurs für diesen Korporal gibt, der sich weiterbilden möchte.

Es wird weiters keine Möglichkeit mehr geben, daß Milizsoldaten im Rahmen von freiwilligen Waffenübungen bei der Grundwehrdienerausbildung aushelfen. Sie haben durch den Aufnahmestopp erreicht, daß gerade dabei eklatante Probleme bestehen, das entsprechende Personal zur Verfügung zu stellen. In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, daß Milizsoldaten – etwa Studenten im Sommer während der Ferien – im Wege von freiwilligen Waffenübungen aushelfen. All das ist auf diesen Erlaß zurückzuführen.

All das haben Sie nicht nur in dieser parlamentarischen Anfragebeantwortung verschwiegen, sondern das verschweigen Sie auch den Milizsoldaten, denn im Anzeiger von 1998 ist überhaupt nichts von dieser Beschränkung der Waffenübungen enthalten, sondern die Leute sollen sich ruhig anmelden und bekommen dann eben die entsprechenden abschlägigen Bescheide.

Aber, Herr Bundesminister, das werden wir uns nicht gefallen lassen, wie wir es uns schon in der Vergangenheit nicht gefallen ließen.

Deshalb stelle ich folgenden Antrag:

Antrag

der Abgeordneten Scheibner und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die schriftliche Anfragebeantwortung 2707/AB des Bundesministers für Landesverteidigung zur Anfrage 2894/J betreffend die "Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten von Soldaten des Präsenz-, Miliz- und Reservestandes" wird nicht zur Kenntnis genommen.

*****


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Sie werden sich daran gewöhnen müssen, daß wir in diesem Haus Verantwortung tragen, auch für all jene Soldaten, die – wie das etwa heute bei einem Soldatengespräch gewesen ist – zu uns kommen und um Unterstützung bitten.

Ich glaube, Sie sehen die Landesverteidigung als Halbtagsbeschäftigung an. Wir hören etwa immer wieder, daß es beim Gerät Probleme gibt. In einem Regiment, das 84 LKW hatte, gibt es jetzt nur mehr 24, alle anderen müssen ausgeschieden werden. In Wahrheit hat es aber keinen einzigen mehr, denn diese 24 mußte es an andere Einheiten abgeben. Ein ganzes Regiment! Der Grundsatz lautet also: "Ins Gefecht mit dem Autobus!"

Wieviel wird denn bei den freiwilligen Waffenübungen eingespart, Herr Bundesminister? – Ganze 18 Millionen Schilling ersparen Sie sich durch diesen Erlaß, der ein Schlag gegen den Milizgedanken des Heeres ist! Ganze 18 Millionen Schilling! Was wird mit diesen 18 Millionen Schilling gemacht? – Sie verwenden diese 18 Millionen Schilling in Ihrem Ministerium, denn dort wird das Budget 1998 gleich um 40 Millionen Schilling aufgestockt.

Der Truppe wegnehmen, bei der Ausrüstung und den Grundwehrdienern sparen, aber die Bürokratie um 40 Millionen Schilling aufstocken – das ist Ihre Linie, das ist Ihre Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie werden sich entscheiden müssen! Sind Sie Personalvertreter, haben Sie noch irgendwelche anderen politischen Ziele, oder kommen Sie endlich dazu, Ihr Ressort wahrzunehmen und ernst zu nehmen? (Abg. Mag. Posch: Schreien Sie nicht so!)

Die Landesverteidigung ist zu schade, um als Halbtagsbeschäftigung gesehen zu werden. Sie braucht einen aktiven Minister, der sich 100prozentig auf ihre Probleme konzentriert, diese aufzeigt und gemeinsam mit dem Parlament einer Lösung zuführt. Es sollte nicht so sein, wie Sie das machen: am Vormittag Minister, am Nachmittag Personalvertreter! (Abg. Dkfm. Mühlbachler: Sag’ einmal, was schlägst du für einen Ton an?) Das schadet der Landesverteidigung. Kollege! Wenn du das mitträgst, dann bist du selbst schuld. Aber das habt ihr in eurer Fraktion auszumachen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der eingebrachte Antrag stützt sich auf § 92 Abs. 3 der Geschäftsordnung, ist ausreichend unterstützt und steht daher in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaál. Die Redezeit der nunmehr an der Debatte beteiligten Abgeordneten beträgt jeweils 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.13

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich muß sagen, auch ich verstehe diesen Erlaß nicht, und ich glaube auch nicht, daß Sie für ihn wirklich Verständnis haben. Sie haben ihn nicht selbst unterschrieben. Ich weiß nicht, ob er Ihnen bekannt war. Jetzt ist er Ihnen sicher bekannt. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Ziehen Sie diesen Erlaß zurück, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

Denn Sie, Herr Bundesminister, und alle, die sich mit der Landesverteidigung und Sicherheitsfragen beschäftigen, wissen ganz genau, daß ein funktionierendes Milizsystem zu einem hohen Maß zur Akzeptanz der militärischen Landesverteidigung in allen gesellschaftlichen Gruppen beiträgt. Es hat bis jetzt auch wesentlich dazu beigetragen, daß das österreichische Bundesheer ein Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft ist und auf gesellschaftliche Strömungen und Veränderungen Einfluß nehmen konnte.

Ohne die Angehörigen der Miliz wäre das derzeitige System nicht möglich. Es stellt die Einsatzbereitschaft der Verbände und Einheiten sicher und hilft auch, im Bedarfsfall die erforderliche Einsatzstärke zu erreichen.


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Herr Bundesminister! Miliztätigkeit und Milizverwendung basieren jedoch nicht nur auf den Buchstaben des Wehrgesetzes, sondern brauchen vor allem den freiwilligen Einsatz (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Mühlbachler ) und die Bereitschaft der Milizsoldaten, über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus Leistungen zu erbringen. Herr Kollege! Das ist ungemein wichtig und notwendig!

Heute sind alle in- und ausländischen Experten mit gutem Recht davon überzeugt, daß Herausforderungen für die Sicherheit Österreichs in Bereichen auftreten, in denen nicht von Haus aus mit der militärischen Komponente zu rechnen ist beziehungsweise die militärische Komponente nicht benötigt wird. Im jetzigen System wird man bei der Erfüllung der neuen operativen Aufgaben des Bundesheeres – ich meine vor allem die Assistenzleistung, die Territorialsicherung, die Grenzsicherung, die Grenzverteidigung im regionalen Bereich und die verstärkte Teilnahme an internationalen Operationen – ohne Milizsoldaten nicht auskommen.

Wir haben erst vor kurzem anläßlich eines Besuches auf Zypern, wo wir – die Wehrsprecher – unter der Leitung des Herrn Präsidenten Dr. Fischer die dort stationierten UNO-Soldaten besucht haben, erneut feststellen können, daß es ganz einfach nicht möglich ist, ohne Milizsoldaten aller Dienstgrade diesen internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Gerade dort, wo wir wirklich einen sehr guten Namen haben und den Namen Österreich auch hinaustragen, bedarf es dieser Milizsoldaten mehr denn je.

Herr Bundesminister! Ich halte daher die Vorgangsweise des Verteidigungsministeriums, die Ausbildung und Weiterbildungsmöglichkeiten von Milizsoldaten zu beschneiden oder – man muß es aussprechen – überhaupt unmöglich zu machen, für sehr, sehr kurzsichtig und nicht im Sinne einer positiven Wehrpolitik.

Jeder Milizsoldat, der sich freiwillig für eine Aus- und Weiterbildung meldet, tut dies auch aufgrund einer positiven Einstellung zur militärischen Landesverteidigung und aus Überzeugung, damit einen Beitrag für die Sicherheit Österreichs zu leisten. Warum auf dieses Potential jetzt verzichtet wird und diese Leute dadurch geradezu frustriert werden, ist mir gänzlich unverständlich. – Herr Bundesminister! Ich appelliere an Sie, diesen in meinen Augen unsinnigen Erlaß sofort rückgängig zu machen. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

Wir haben Handlungsbedarf, und zwar in vielen Bereichen des Bundesheeres. Daher möchte ich hier noch einmal die Gelegenheit wahrnehmen, zu betonen: Wir werden nicht um einschneidende Reformen der Struktur des Bundesheeres herumkommen. Diese Reformen betreffen den Umfang des Heeres, seine Organisation und Gliederung und stellen auch die Basis für die erforderlichen Beschaffungen im militärischen Bereich dar.

Herr Bundesminister! Ich halte es daher für hoch an der Zeit, einschneidende strukturelle Änderungen vorzunehmen. Aufgrund der neuen operativen Aufgaben des Heeres kann der Heeresumfang reduziert werden. Im Zuge dessen wäre es möglich, das Heer zu professionalisieren und, was die Aufgaben in der internationalen Solidarität, aber auch die nationale Aufgabenstellung betrifft, die Einsatzbereitschaft zu erhöhen.

Aus diesen Gründen müssen qualifizierte Milizsoldaten herangebildet und gerade diejenigen gefördert werden, die es sogar freiwillig und auf eigene Kosten tun und für die Aus- und Weiterbildung ihre Freizeit zur Verfügung stellen. Daher noch einmal: Meine Fraktion hat kein Verständnis für diesen Erlaß. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

15.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maitz. Er hat das Wort.

15.18

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister für Landesverteidigung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Krokodilstränen sah ich wohl –


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nur, es stimmt einfach nicht! (Abg. Scheibner: Natürlich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das reimt sich ja nicht einmal!) Es stimmt einfach nicht, Herr Kollege!

Landesverteidigung ist ein Vorsorgesystem. Die beste Vorsorge ist natürlich die bestmögliche Ausbildung für Kader- und Milizsoldaten sowie für alle, die bereit sind, freiwillige Waffenübungen zu machen. Und das österreichische Bundesheer ist in der Weiterbildung für Kader- und Milizsoldaten vorbildlich. Es gibt also keine Veranlassung, alles und jedes schlechtzumachen.

Ich erinnere nur an die Ausbildung von den Grundwehrdienern bis zur Milak, die nunmehr als Fachhochschulstudiengang geführt wird. (Abg. Hans Helmut Moser: Das hat ja mit der freiwilligen Waffenübung nichts zu tun!) Ja, das kommt schon! (Abg. Jung: Wann kommen denn die Fakten?) Kommt schon! Kommt schon! Vielleicht seien Sie so gut, mir zuzuhören, ich habe Ihnen auch in Ruhe zugehört. Es gibt eine lange Kette von Verbesserungs- und Reformmaßnahmen, die anzuerkennen ist. (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Ich möchte nur, weil Herr Kollege Scheibner das auch erwähnt hat, das Kommando Auslandseinsätze anführen. (Abg. Scheibner: Wo sind die Radpanzer, die wir dort beschlossen haben?) Moment! Moment! (Abg. Jung: Dann wird die Truppe ins Ausland geschickt! – Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. ) Es gibt international anerkannte Kurse in unserem Kommando Auslandseinsätze, als Beispiel für echte Friedensarbeit, die weit in die Zukunft reicht. 234 Führungskräfte aus 30 Staaten, also aus Armeen der ganzen Welt, haben uns ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Mag. Haupt. )

Zur konkreten Frage des Herrn Kollegen Scheibner würde ich Ihnen und auch dem Kollegen Gaál empfehlen, den vom Milizbetreuer im "Soldaten" veröffentlichen Artikel zu lesen (Abg. Scheibner: Wem gehört denn die Zeitung?) : "Keine Beschränkung der Milizarbeit" von Oberst Withalm. (Abg. Dr. Haider: Das ist eine Auftragsarbeit!) Das kann man immer sagen. (Abg. Dr. Haider: Wer zahlt, schafft an!) Der Kollege hat auch den Bildungsanzeiger dargestellt. (Abg. Dr. Graf: Von wann ist die Zeitung?) Vom 24. September 1997, Kollege Graf. Keine Einschränkung der Milizarbeit! (Zwischenruf des Abg. Gaál. )

Bitte, Kollege Gaál, vielleicht kannst du das lesen, ich stelle es dir gerne zur Verfügung. Die Krokodilstränen waren umsonst. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Warum gibt es denn den Erlaß?)

Jetzt kommen wir zum Erlaß ... (Abg. Jung: "Dafür kann man das Bundesheer nicht verantwortlich machen..."! Das haben Sie geschrieben!) Bitte setzen, Herr Kollege Jung! Jetzt kommen wir zum Anlaß dieser Debatte, dem berühmten Erlaß. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Der Erlaß, den Sie kritisiert haben, stammt vom 7. August 1997. Was sagt dieser Erlaß? (Abg. Mag. Stadler hält einen Zeitungsartikel in die Höhe. Der Redner reagiert nicht darauf. – Abg. Dr. Haider: Das ist ein Blinder! – Abg. Mag. Stadler: Er liest seine Reden immer herunter!) Wir sichern selbstverständlich die beorderten Waffenübungen. Wir konzentrieren die freiwilligen Waffenübungen aber auf das einsatznotwendige Maß und binden sie an die Einheit des Milizsoldaten, nichts Neues also. (Abg. Scheibner: Zwölf Tage für den Leutnant!) Falsch. Das ist nichts Neues.

Früher konnte der Milizsoldat seine Waffenübung dort machen, wo er es für richtig gefunden hat. Nun wird er die freiwillige Waffenübung dort machen, wo es seine Funktion und seine Aufgabe als Milizsoldat erfordern, an seine Einheit und an einen für ihn festgelegten Ausbildungsgang gebunden. (Abg. Scheibner: Fünf Tage!) Das ist falsch. Das werde ich dir gleich nachweisen. (Abg. Scheibner: Rechne es nach! 20 Prozent!) Somit ist das Angebot für Milizsoldaten bei geringeren Kosten qualitativ besser (Rufe der Abgeordneten Scheibner und Jung: Nein! Nein!) und zielorientierter für jene von ihnen geworden, die das in ihrer Mob-Funktion tatsächlich brauchen. (Abg. Jung: Jetzt müssen Sie aber beichten gehen!)

Als zusätzliches Angebot ... (Abg. Scheibner: Rechne es doch einmal nach!) Sie wollen es nicht hören, weil Sie die Wahrheit nicht hören wollen! Ein zusätzliches Angebot gibt es für die Milizkaderausbildung. Dies sind Verbesserungen im laufenden Jahr 1997, die Sie nicht akzeptiert haben, weil Sie es nicht akzeptieren wollen. (Abg. Scheibner: Weil es nicht stimmt!)


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Die Effizienzsteigerung bei der Ausbildung zum Milizunteroffizier durch die Verlegung des Miliz-UO-Kurses 1 unmittelbar im Anschluß an den Grundwehrdienst (Abg. Dr. Graf: Dann ist ja alles bestens! Lauter Vorteile! Alles bestens! Dem Bundesheer geht es prima!) bedeutet ebenfalls einen Vorteil für den Milizsoldaten. (Abg. Scheibner: Was hat das mit den freiwilligen Waffenübungen zu tun?) Das hat mit freiwilligen Waffenübungen zu tun. (Abg. Scheibner: Das ist ein anderes Problem!)

Die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für den Miliz-UO an der HUAK werden erweitert. Wir waren gemeinsam dort! Kollege Scheibner akzeptiert es nicht, weil er den Herrn Verteidigungsminister anschütten will. (Abg. Dr. Khol: So ist es!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (fortsetzend): Steigerung der Intensität der Ausbildung für Milizoffiziere, Einbeziehung von qualifizierten Fachkräften für Spezialfunktionen und so weiter. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie haben eine Methode, die Sie nachlesen können. Jene Partei, die Sie nie haben wollten ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Maitz! Ich bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (fortsetzend): ... in der Zwischenzeit so gemacht. (Abg. Haigermoser: Zurück in die Hinterbank! Abfahrt, Maitz!)

Die Freiheitlichen wollen vernadern, vernadern und vernadern! (Beifall bei der ÖVP.)

15.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Er hat das Wort.

15.24

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wir haben diese Anfragebesprechung verlangt, weil es zum einen nicht das erste Mal ist, daß Sie das Parlament nicht richtig informieren und in Ihrer Anfragebeantwortung falsche Informationen gegeben haben, zum anderen, weil es schon sehr provokativ ist, wenn Sie während der berechtigten Vorhaltungen unseres Wehrsprechers und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses auf der Regierungsbank sitzen und lachen! (Abg. Dr. Maitz: Weil es nicht stimmt! Weil es falsch ist!)

Herr Bundesminister! Es ist nicht zum Lachen, wenn 18 Millionen Schilling in die Zentralbürokratie Ihres Ministeriums investiert werden, dieses Geld aber bei den Truppen- und Milizübungen fehlt. Das würde an die 50 000 Tagen entsprechen, die Sie für die Ausbildung zur Verfügung hätten.

Das ist genau der Grund, warum wir diese Anfrage zu Recht gestellt haben. (Abg. Dr. Maitz: Anschütten, anschütten, das ist das einzige Ziel!) Sie haben offenbar Ihr Ministerium nicht ausreichend im Griff! Das ist heute auch Gegenstand von Kommentaren in österreichischen Tageszeitungen, in denen es heißt, daß es einfach ungeschickt ist, er ist einerseits ÖAAB-Obmann und andererseits Teilzeitverteidigungsminister und weiß nicht, wem er eigentlich dienen soll. Das ist das Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieses Problem hat man bereits bei der Pensionsreformdebatte gesehen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Maitz und Dkfm. Mühlbachler. ) Am 10. Juni sagt Ihr Parteiobmann Schüssel, die Pensionsreform sei beschlossene Sache. (Abg. Kiss: Herr Präsident! Was hat die Pensionsreform mit diesem Thema zu tun?) Am 11. Juni 1997 sagt Herr Minister Fasslabend, der in Rust dabei war, er sei gegenüber den Beschlüssen von Rust skeptisch. Am 5. Juli propagiert Herr Verteidigungsminister Fasslabend plötzlich die Verschiebung der Pensionsreform und sagt, es seien keine Sofortmaßnahmen notwendig. (Rufe bei der ÖVP: Zur Sache!)


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Am 22. September 1997 ... (Anhaltende Rufe: Zur Sache! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ihr habt eure Pensionen unter Dach und Fach, ihr habt es euch gerichtet, aber die Bevölkerung nicht, das ist der Punkt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Leiner: Du aber auch!)

Am 22. September 1997 sagt der Herr Minister plötzlich, er sei bereit, die Gewerkschaft zu unterstützen, wenn sie gegen die Regierung, in der er sitzt und deren Beschlüsse er mitgefaßt hat, demonstriert. Das heißt, er beschließt eine Demonstration der Gewerkschaft gegen sich selbst! Der Gipfel ist, daß am 28. September 1997 derselbe Herr Fasslabend als "zerrissener" Verteidigungsminister, der keine Zeit und kein Geld für die Ausbildung hat, sagt, es seien in Rust überhaupt keine Beschlüsse gefaßt worden, es gebe keine Pensionsreform. (Abg. Dr. Maitz: Es geht um Milizarbeit!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Und jetzt kommen wir wieder zur Anfragebesprechung.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Das hat daher sehr viel mit dieser Anfragebesprechung zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Dieser Minister ist ein Gespaltener, der keine Zeit fürs Bundesheer hat, aber auch keine Zeit, sich um die Pensionsreform zu kümmern. Er sitzt in einer Regierung und beschließt dort eine Pensionsreform, demonstriert dann aber gegen sich selbst und kündigt ein Veto gegen sich selbst in der Regierung an. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Maitz und Dkfm. Mühlbachler. )

Herr Minister! Auch in diesem Fall haben Sie bewiesen, daß Ihnen die Sicherheit Ihres Postens offenbar wichtiger ist als die Sicherheit der Pensionen, denn jetzt haben Sie wieder gesagt, daß Sie vom – noch gestern angekündigten – Veto nichts mehr wissen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genauso schätzen Sie auch die Soldaten ein. Heute haben wir im außenpolitischen Rat das Problem Zypern erörtert. – Dort ist es ganz genauso. Sie schicken die österreichischen Soldaten mit einer unzulänglichen Ausrüstung – nicht einmal Helme, Splitterwesten oder geschützte Panzerfahrzeuge haben sie – auf Einsatz nach Zypern. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Mühlbachler. ) Das ist Ihre Politik. Hauptsache ist, Sie haben Ihren Sessel als Verteidigungsminister! So ist das. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie kündigen vor diesem Parlament an, daß Sie mehr für die Landesverteidigung tun werden. Sie kündigen in der Öffentlichkeit an, daß Sie ein Veto gegen eine unsoziale Pensionsreform einbringen werden. Nun fallen Sie wieder um, weil Sie lieber Ihren Ministersessel retten wollen. (Abg. Dr. Maitz: Milizarbeit!)

Sie schicken unsere Soldaten ins Ausland, sind aber nicht bereit, sie auszurüsten. Statt dessen verschweigen Sie sich in der Bundesregierung, akzeptieren Kürzungen und riskieren, daß unsere jungen Menschen draußen gefährdet sind.

Das ist es, was wir Ihnen vorwerfen, Herr Bundesminister. Sie sind ein Zerrissener im wahrsten Sinne des Wortes, und Sie werden sich entscheiden müssen, ob Sie entweder als Minister zurücktreten oder eine bessere Politik machen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Maitz: Das war einzigartig, diese Dreckschleuderei!)

15.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Gleiche Redezeit.

15.29

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es wirklich Sinn macht, diese Anfragebeantwortung heute im Hohen Haus zu diskutieren.


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Herr Bundesminister! Eines müssen Sie sich schon gefallen beziehungsweise sagen lassen, nämlich daß diese Anfragebeantwortung schlichtweg eine Zumutung ist, weil das, was Sie darin geschrieben haben, einfach nicht stimmt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Freiheitlichen.)

Es stimmt nicht, daß es keine Einschränkungen bei freiwilligen Waffenübungen gibt. Es stimmt nicht, daß es keine Reduzierungen in budgetärer, in finanzieller Hinsicht gibt. Daher haben Sie, Herr Bundesminister, das Parlament mit dieser Anfragebeantwortung falsch informiert.

Ich stelle Ihnen folgende Frage: Haben Sie diese Falschinformation an das Parlament bewußt gemacht, oder wissen Sie nicht, was in Ihrem Ressort geschieht?

Meine Damen und Herren! Beides stellt Ihnen, Herr Bundesminister, und Ihrer Ressortführung kein gutes Zeugnis aus. Das muß auch einmal hier in diesem Hohen Haus so gesagt werden, weil Sie mit dieser Einschränkung, mit diesem Erlaß vom August dieses Jahres einen Schlag gegen die Miliz führen. Aufgrund dieses Erlasses haben wir mit negativen Auswirkungen auf den Ausbildungsbereich und Ausbildungsstand zu rechnen. Das ist genau jener Punkt, bei dem wir verlangt haben, daß es eine Professionalisierung innerhalb des österreichischen Bundesheeres gibt. (Abg. Dr. Krüger: Kollege Moser! Pensionsreform! Zur Sache!) Aber mit diesen Maßnahmen kommen Sie zu keiner Professionalisierung. Im Gegenteil: Weniger Ausbildung bedeutet natürlich auch einen geringeren Ausbildungsstand und auch die Tatsache, daß das Bundesheer in einem geringeren Ausmaß als bisher in der Lage ist, seine Aufgaben wahrzunehmen.

Dieser Erlaß hat aber auch negative Auswirkungen auf den Dienstbetrieb, Herr Bundesminister! In der Zwischenzeit war es gang und gäbe – es waren auch die Maßnahmen der Kommandanten, um ein falsches Personalmanagement innerhalb des Ressorts ein wenig ausgleichen zu können –, daß man die Bereitschaft zu einer freiwilligen Waffenübung auch genutzt hat, um Milizionäre im Ausbildungsbereich oder als Personalaushilfen in der Friedensorganisation einzusetzen. All das wird jetzt unterbunden.

Ich zitiere: Sonstige Einschränkungen: Überbrückungswaffenübungen für den Wehrdienst als Zeitsoldat oder Aufnahme als Militärperson auf Zeit werden nicht mehr gestattet. – Zitatende. Das heißt: Sie verhindern, daß das fehlende Personalmanagement, das dazu geführt hat, daß wir den Kadernachwuchs nicht mehr wirklich decken können, kompensiert wird und diese Überbrückungsmaßnahmen zu einer Verbesserung der Situation führen. Damit wird das verhindert.

Nächster Punkt: Die Verwendung der Wehrpflichtigen als Milizsoldaten und Personalaushilfen in der Friedensorganisation ist generell untersagt. – Das waren die Maßnahmen der Kommandanten, um halbwegs über die Runden zu kommen.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß der Verteidigungsminister tatsächlich Handlungsbedarf hat. Ich schließe mich der Aufforderung meines Kollegen Gaál an, der gemeint hat, daß es sinnvoll und notwendig ist, daß dieser Erlaß aufgehoben, überarbeitet und neu – in welcher Form auch immer – an die Truppe ausgegeben wird.

Herr Bundesminister! Wenn Sie Einschränkungen im Bereich des Budgets haben – Sie geben das ja selbst zu –, dann setzen Sie bitte endlich die notwendigen Reformmaßnahmen! Treffen Sie endlich Maßnahmen, um an der richtigen Stelle zu sparen! Mit dieser Einschränkung im Ausbildungsbereich sparen Sie am falschen Platz. Ich möchte Sie auch auffordern, sich die Struktur des Budgets anzusehen und endlich das Mißverhältnis, das zwischen den Personalkosten, dem Investitionsaufwand und dem Betriebsaufwand gegeben ist, zu beseitigen! Derzeit haben wir 63 Prozent Personalkosten, aber nur 37 Prozent der Mittel sind für Investitionen und Betriebsaufwand vorgesehen.

Wo streichen Sie? (Abg. Mag. Haupt: Nur bei den Zentralstellen!)  – Sie streichen wieder oder reduzieren im Bereich des Betriebsaufwandes. Sie streichen wieder oder reduzieren im Bereich der Truppe, weil das einfacher ist. Es wäre höchste Zeit, dort zu reduzieren und zu reformieren, wo überproportional hohe Aufwendungen anfallen.


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Ich weise darauf hin, daß es ein Mißverhältnis zwischen Verwaltung und Truppe gibt. Dort haben Sie die Personalmaßnahmen und die notwendigen Reformschritte noch immer nicht gesetzt. Das wäre aber notwendig. Ich fordere Sie an dieser Stelle wirklich auf, diese Maßnahmen zu setzen! Und ich fordere Sie auf, dem Ausbildungsbereich nicht nur verbal, sondern auch konkret ein tatsächliches Schwergewicht, eine tatsächliche Bedeutung und Priorität zu geben! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

15.34

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Stadler: Herr Minister! Als was sprechen Sie jetzt: als ÖAAB-Obmann oder als Minister?) Es ist ganz interessant, daß Sie, Herr Geschäftsführender Klubobmann, offensichtlich während Ihrer ganzen Anwesenheit im Parlament noch nicht draufgekommen sind. (Abg. Mag. Stadler: Deklarieren Sie sich! Erklären Sie sich! Nicht nur ich möchte es wissen, sondern auch die ÖVP!) Wenn das beim Dr. Haider der Fall wäre, würde es mich weniger wundern. Er ist nicht so oft anwesend wie Sie. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Herr Minister! Haben Sie den Gefreiten Stadler nicht wahrgenommen? Ich war die ganze Zeit da!)

Ich habe den Ausführungen der einzelnen Debattenredner sehr aufmerksam zugehört. Selbstverständlich nehme ich auch die Argumente in jedem einzelnen Fall sehr ernst. (Abg. Dr. Haider: Zuerst haben Sie gelacht!) Es gibt natürlich auch Dinge, die man nicht immer ganz ernst nehmen kann, aber ich bitte Sie vielleicht auch, das ernst zu nehmen, was sich Beamte – und zwar hochqualifizierte Beamte und Offiziere (Abg. Mag. Stadler: Nicht hinter Beamten verschanzen!) – , die für die Ausbildung verantwortlich sind und sich Gedanken gemacht haben, wie man die Effizienz steigern kann, überlegt und dann in einem Erlaß umgesetzt haben, zu dem ich selbstverständlich auch stehe. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Was reden Sie sich schon wieder auf die Beamten aus? Das ist unglaublich! – Abg. Dr. Haider: Letztverantwortung hat der Minister!)

Die Tatsache, daß heute – ich glaube, erstmals in meiner Zeit als Verteidigungsminister – Dr. Haider in der Rednerliste zum Thema Landesverteidigung aufgeschienen ist ... (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Vielleicht war es schon einmal der Fall. Es war nicht so, daß es wirklich sehr nachhaltige ... (Abg. Dr. Haider: Nein, nein, stimmt nicht! Dreimal schon, Herr Minister!) Gut, es war vielleicht dreimal in sieben Jahren. Das hat mich eigentlich dazu veranlaßt, darüber nachzudenken, was der Grund dafür sein könnte.

Ich muß sagen, die Vermutung, die ich gehabt habe, daß es nämlich ein anderer Grund sein könnte, hat sich durch Ihre Ausführungen bestätigt. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben eine elend lange Sickerzeit! Das ist Ihr Problem!) Ihnen geht es darum, irgendeine Schiene zu finden, um die Pensionsreform doch noch diskutieren zu können. (Abg. Dr. Haider: Ist das unwesentlich?) Das wundert mich insofern nicht, als Sie offensichtlich bis jetzt in dieser Diskussion nicht vorgekommen sind, da Sie ja im Wahleinsatz standen und nicht an der Debatte über die wesentlichen Themen hier im Haus teilgenommen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jung: Und Sie sind dauernd im Ausland! – Ruf bei den Freiheitlichen: Kommen Sie einmal zur Sache! – Abg. Dr. Khol: Der hat auch nichts genützt, der Wahleinsatz! – Abg. Dr. Haider: Immerhin 3 Prozent!)

Ich habe selbstverständlich diese Anfragebeantwortung und auch die Erörterung dieser Anfragebeantwortung zum Anlaß genommen, mich mit der Themenstellung entsprechend auseinanderzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Was hier angeführt wird, nämlich daß die Anzahl und das Angebot an Ausbildungskursen im Bildungsanzeiger 97 im Vergleich zum Angebot der Vorjahre nicht reduziert wurde, ist richtig. Dazu stehen die Beamten vollinhaltlich, auch in dieser Formulierung. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. )

Auf der anderen Seite hat es nie einen Zweifel daran gegeben, daß es eine Richtlinie gibt, welche Kurse von den Milizoffizieren und Unteroffizieren beziehungsweise Anwärtern et cetera


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besucht werden sollten. Die Vorgabe lautet, daß nicht jeder irgendeinen Kurs besuchen soll (Abg. Dr. Khol: Das ist so! Sehr richtig!) , sondern daß er die Kurse besuchen soll, die für seine Laufbahn, für seine Waffengattung, für die Funktion, die er anstrebt, erforderlich sind, und das in einem Ausmaß, das 20 Prozent der geforderten Kurse nicht überschreiten soll. Das heißt, er hat auch in Zukunft die Möglichkeit, die für eine bestimmte Funktion erforderliche Anzahl von Kursen um 20 Prozent zu überschreiten, mehr nicht. Zu dieser Vorgabe stehe ich. (Abg. Scheibner: Fünf Tage für den Leutnant, zwei Tage für den Korporal!) Natürlich gibt es auch andere Kurse, die vielleicht interessant sein mögen; aber es ist zweifellos in Zeiten, in denen das Geld nicht auf der Straße liegt, für alle entscheidend und wichtig, daß man sich damit auseinandersetzt, daß es eine zielorientierte Ausbildung gibt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. – Beifall bei der ÖVP.)

Wenn es für eine Funktion notwendig ist, ist es so wie bisher möglich, 69  Tage im Jahr eine freiwillige Übung durchzuführen, und zwar dann, wenn sie zielführend ist beziehungsweise die Überschreitung nicht mehr als 20 Prozent der Ausbildung für eine bestimmte Funktion beträgt. (Abg. Dr. Haider: Welche Funktion? – Abg. Mag. Stadler: Warum ist der Kollege Gaál dagegen?) Wie wichtig mir die Milizausbildung ist, wie wichtig mir die Funktion der Miliz auch für die Zukunft ist, möchte ich daran erkennen lassen, daß es etliche neue Maßnahmen gegeben hat, die die Effizienz der Ausbildung zum Milizunteroffizier und Offizier steigern sollen, etwa daß die Verlegung des Milizunteroffizierkurses 1 unmittelbar an den Grundwehrdienst erfolgt ist und damit auch der Milizunteroffizierkurs 2 bereits im Folgejahr absolviert werden kann. Das ist für alle Beteiligten wichtig und steigert auch die Effizienz ohne Steigerung der Zahl, einfach deshalb, weil die Vergessensrate in der Zwischenzeit nicht so groß ist. (Abg. Scheibner: Das hat nichts mit dem Erlaß zu tun! – Abg. Dr. Haider: Können Sie auch was zum Erlaß sagen?)

Es gibt weiters eine Erweiterung des Fort- und Weiterbildungsangebotes für Milizunteroffiziere an der HUAK durch vielfältige Seminare – mit einer Dauer von drei bis fünf Tagen (Abg. Scheibner: Fünf Tage für den Leutnant!)  –, unter anderem auf den Gebieten Führungsverhalten, Wehrpolitik, EDV, Wehrethik und Selbstmanagement, Ausbildungsmethode und Aufbaukurse im Führungsverhalten. Es gibt auch eine Steigerung der Intensität der Ausbildung für Milizoffiziersanwärter (Abg. Scheibner: Welcher Unteroffizier hat EDV?) , etwa durch Etablierung der Zugskommandantenkurse im Ausbildungssystem, die erst im Vorjahr eingeführt wurden, und die Eingliederung begleitender Seminare an der Theresianischen Militärakademie in den Ausbildungsgang "Führungsverhalten, Wehrpolitik, Einsatztrennung".

Viertens: Einbeziehung zusätzlicher hochqualifizierter Fachkräfte in Spezialfunktionen (Abg. Scheibner: Das brauchen Sie nicht zu verlesen!) , etwa für die Ausbildung von Psychologen als GWD, um hier die Voraussetzung für eine nachfolgende Ausbildung zum Offizier des höheren militärfachlichen Dienstes oder auch des medizinisch-technischen Dienstes in der Laufbahn zum Truppenoffizier zu schaffen. So könnte ich noch weiter fortsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht mir vor allem um eine Effizienzsteigerung in diesem Bereich. Ich meine, daß es, wenn man jedem einzelnen erlaubt, daß er 20 Prozent mehr Kurse besuchen kann, als jener Zahl von Kursen entspricht, die für die nächste Funktion, die er anstrebt, erforderlich ist, durchaus eine Richtlinie ist, die sinnvoll ist. (Abg. Mag. Stadler: Was ist mit Ihrem Veto? Was ist mit Ihrem Veto in der Regierung, Herr Minister, Herr ÖAAB-Obmann?)

Ich sage auch gleich dazu: Sollte sich herausstellen, daß da oder dort im Laufe der Zeit die Erfahrung gemacht wird, daß das nicht ausreichen sollte, bin ich der letzte, der nicht auch bereit wäre, eine bestimmte Maßnahme zu überdenken. (Beifall bei der ÖVP.) Aber wenn man von vornherein schreit und gegen das auftritt, was Fachkräfte angeordnet haben, dann muß ich sagen, das ist für mich eigentlich unverständlich. Das erklärt sich für mich nur durch die politische Überlegung, die Sie offensichtlich dazu veranlaßt hat, hier eben ein bestimmtes Instrument zu bemühen (Abg. Dr. Haider: Was ist mit Ihrem angekündigten Veto, Sie großer Kämpfer? Sagen Sie etwas dazu! Zu feig sind Sie für das Veto!) , um auf der anderen Seite ein ganz anderes Thema zur Sprache bringen zu können. Hätten Sie sich vorher damit beschäftigt, wäre diese Debatte nicht nötig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Nichtgenügend, Herr Minister!)

15.42


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Damit ist die Aussprache über die Anfragebeantwortung beendet.

Es liegt der Antrag des Abgeordneten Scheibner vor, die schriftliche Anfragebeantwortung 2707/AB des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung betreffend Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten von Soldaten nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich lasse über diesen Antrag des Abgeordneten Scheibner abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die für Nichtkenntnisnahme stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. (Abg. Mag. Stadler: Aufstehen, Herr Kollege Gaál!) – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Damit ist dieser Verhandlungsteil der heutigen Sitzung beendet.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf die Verhandlung über die erste Lesung des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 1998 samt Anlagen wieder aufnehmen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

15.43

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die Behandlung der Anfragebeantwortung des Landesverteidigungsministers in mündlicher Form hat an und für sich ganz gut zu einer Zeit gepaßt, in der das Ausmaß, in dem der Weihrauch hier herinnen gestunken hat – auf gut Deutsch gesagt –, beinahe schon unerträglich war.

Kollege Marizzi hat einen Lobgesang auf die Regierungsarbeit der letzten Jahre gehalten. Er scheint sich nicht dafür zu interessieren. (Zwischenruf des Abg. Auer. ) Herr Marizzi lobt die verstaatlichte Industrie. Ich kann Ihnen nur sagen, das Ganze ist erst dann gut geworden, als den Herren Koppler, Ruhaltinger und Co die Flügel gestutzt wurden. Das waren nämlich jene, die dafür verantwortlich sind, daß Zigtausende auf der Straße gestanden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann mit weinerlicher Stimme: Jeder Redner der Regierungsparteien spricht von Verunsicherung durch die Opposition. Jetzt muß ich schon fragen: Verunsichert die Opposition in der Frage des Postenschachers? Verunsichert die Opposition in der Frage des Sozialabbaus oder der Sozialdemontage? – Die Parteibuchwirtschaft feiert fröhliche Urständ’.

Dauernd hören wir vom Lob aus dem Ausland. Wir hören immer, daß Österreich als beispielhaft im Ausland dargestellt wird. Da frage ich mich, wie es zu Zeitungsmeldungen wie jener im "Handelsblatt" aus Düsseldorf vom 10. Juli kommen kann, wo ganz massiv – fast bis zur Lächerlichkeit – das Maßnahmenpaket der Sozialpartner zur Beschäftigungspolitik auf zwei Seiten zerpflückt wird.

Das ist es. Das ist Ihre Wahrheit und Ihre Sicht der Dinge. Alles, was die Regierung tut, ist eins a. (Abg. Marizzi: Das ist die Konkurrenz!) Sie sind also davon überzeugt, daß die 200 000 Arbeitslosen eine Erfindung der Oppositionsparteien sind. Sie sind der Meinung, daß die 9 000 Lehrstellensuchenden eine Erfindung der Oppositionsparteien sind, und Sie sind wahrscheinlich auch der Meinung, daß es eine Erfindung der Oppositionsparteien ist, daß eine Million Menschen in Österreich an der Armutsgrenze lebt. Das ist Ihre Art der Politik. Das ist nicht Verunsicherung der Oppositionsparteien, sondern das ist die Politik der Regierungsparteien, die die Menschen in diesem Land in immer höherem Maße verunsichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie alle, die Sie angeblich soviel Verantwortung tragen – vom Herrn Finanzminister bis zum Herrn ÖAAB-Obmann und so weiter –: Wo sind denn die tatsächlichen Verunsicherer dieser


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Republik? – Die sitzen in der Regierung. In der Frage der Pensionsreform ist die österreichische Bevölkerung verunsichert, weil sie nicht weiß, was überhaupt kommen wird. Die österreichische Bevölkerung ist auch in der Frage der Beschäftigung verunsichert. Herr Bundeskanzler Klima war es, der von einer Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich gesprochen hat. Er war es, der die Menschen hinsichtlich der Arbeitsplätze verunsichert hat. Er hat gesagt: Man wird sich daher auch in der Politik an die Kategorie des Abschaffens gewöhnen müssen. – Da steht er in diametralem Widerspruch zum Finanzminister, der in einer geradezu beispielhaften Budgetrede altsozialistischer Prägung in diesem Haus gesagt hat: Wir sind wir, und wir machen ohnehin alles und sind die Größten, Besten und Schönsten. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)  – Das Problem ist nur, daß die Realität eine andere ist.

Wo sind denn Ihre Initiativen, die Sie angekündigt haben, Herr Finanzminister? Wo sind Ihre Initiativen? – Wir lesen in den Budgetreden von den Initiativen des Bundesministers. Tatsache ist, daß Sie nicht einmal mit Ihren eigenen Sozialpartnern können. Nicht einmal mit Ihren eigenen Sozialpartnern können Sie mehr! Wie läßt es sich sonst erklären, daß uns haufenweise Briefe von den berühmten Sozialpartnern erreichen, die sich bitter über diese Form der Regierungspolitik beschweren? (Abg. Marizzi: Sind deine Bettelbriefe auch dabei?) Die Regierungsvorlage dient in vielen Punkten diesem Anliegen wahrlich nicht.

Zur Pensionsreform: Marizzi, hör’ genau zu! Dazu hat mir sogar die Frau Schmidleithner einen Brief geschrieben. Dann wäre hier noch ein weiterer Brief. Darin heißt es: Da diese Pensionsreform die größte Gruppe der Bevölkerung trifft ... Hör einmal zu, Marizzi! Vielleicht hast du den Brief auch bekommen, oder nicht? – Den schicken sie dir gar nicht mehr? (Abg. Dr. Haider: Deine Flugrechnung nach Rußland! – Abg. Mag. Stadler: Deine Flugrechnung nach Minsk mit dem Luczensky!)

Da heißt es: Sie tragen mit Ihrem Stimmverhalten gewissen Argumenten Rechnung. – Uns brauchen Sie den Brief nicht zu schicken. Wir schützen schon die Menschen, die einen Pensionsanspruch haben. Aber die SPÖ und ÖVP tun dies schon längst nicht mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Gipfelpunkt wird in zwei weiteren Briefen erreicht: Wir sehen in der Vorgangsweise der Regierung eher ein Diktat. – Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Oder: Die jetzige Vorgangsweise der Regierung kann nur als Diktat ... – Was ist Diktat? – Diktat ist Diktatur. (Abg. Schieder: Fräulein! Kommen Sie zum Diktat oder zur Diktatur! Diktat ist Diktatur!) Das ist das Empfinden eurer Sozialpartner. So geht ihr mit den Sozialpartnern um! Das schreiben ja nicht nur die Roten, sondern auch die Schwarzen. Es schreibt ja auch das WIFI Österreich, daß sie in der Frage der – "unsinnigen" haben sie geschrieben – unsinnigen Doppelbesteuerungen in der Frage des Erwachsenenbildungswesens ebenfalls nicht mehr wissen, wohin sie sich wenden sollen.

In ihrer Verzweiflung – und das ist interessant, Herr Abgeordneter Schieder – wenden sich die Sozialpartner an uns. Sie wenden sich bereits jenen zu, denen man Lösungskompetenz zuordnet. Die können mit euch schon lange nicht mehr. Die können nicht mehr mit euch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn wissen Sie, was das ist? Es ist ja wirklich spannend. (Abg. Schieder: Das kann nicht Verzweiflung sein! Das ist Verwirrung! Verwirrung, nicht Verzweiflung!) Herr Rürup bekommt den Auftrag für eine Studie. Den Mut zur Umsetzung haben Sie nicht. Wo ist die Reform? Ist die Reform überhaupt notwendig? – Wenn Herr Nowotny heute sagt ... Nein! Entschuldigung! Das war ja Herr Abgeordneter Feurstein, der voll Stolz gesagt hat, daß der Anteil bei den Pensionen von 31 Prozent im Jahre 1986 auf 23,9 Prozent zurückgegangen ist. Dann frage ich mich: Haben wir es wirklich so eilig? Wo sind denn die ganzen Dinge der Erledigung aus dem Budget?

Herr Bundesfinanzminister! Noch zur Frage der kalten Progression, bevor meine Redezeit beendet ist. Sie kassieren von den österreichischen Arbeitnehmern übergebührlich Lohnsteuer in einem Ausmaß, wie es unerträglicher nicht mehr geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Jahre 1994 waren es 135 Milliarden Schilling, heuer werden es 187 Milliarden Schilling sein. Hier hätte ich mir erwartet, daß Ihnen als langjährigem Finanzreferenten der Stadt Wien etwas


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einfällt, daß Sie den Arbeitnehmern das Geld, das Sie ihnen wegnehmen, vielleicht wieder zurückgeben. Aber nein, Sie verschärfen das ja noch mit der Sistierung der Freibeträge für 1998. Dafür sollten Sie sich schämen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ganze Budget, das Sie uns vorlegen, ist wirklich nur eine Fortschreibung der Schuldenpolitik – mehr ist es nicht. Das Budget zeigt keine Initiativen, bietet keine Perspektiven und ist nicht zukunftsorientiert, aber genau das hätten wir uns erwartet. Wir werden ja noch Gelegenheit haben, im Detail über das Budget zu reden. Aber ich muß sagen, ich hätte mir von einem Finanzminister, der in eine Regierung geholt wird, mehr erwartet, als uns präsentiert wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Er hat das Wort.

15.51

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Bereich, mit dem ich mich in der ersten Lesung des Budgets beschäftigen möchte, ist der Bereich Wissenschaft und Forschung. Aber zuerst ein paar Bemerkungen zu den Ausführungen einiger Vorredner. – Kollege Gaugg hat geredet und verläßt uns bereits. Er erwartet sich offensichtlich gar nicht, daß eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seinen Argumenten stattfindet, sonst würde er im Saal bleiben.

Aber das ist ja auch mit den Überlegungen zur Pensionsreform so. Die Überlegungen, die die Bundesregierung zu diesem Thema vorlegt, werden natürlich diskutiert und müssen in einer solchen Form auch diskutiert werden. Über Vorschläge der Freiheitlichen zur Pensionsreform braucht man sich überhaupt keine Gedanken zu machen, sie sind weder ernst zu nehmen, noch sind sie überhaupt vorhanden. Daher tun sich die Freiheitlichen natürlich relativ leicht, die Dinge nur zu kritisieren. Und das ist überhaupt Ihr Stil: Was immer diese Bundesregierung macht, was immer diese Koalition macht – Sie werden es nie für richtig finden.

Kollege Gaugg hat zuletzt auf die Regelung bei den Erwachsenenbildungseinrichtungen hingewiesen. Von diesem Pult aus haben sich freiheitliche Redner vor einem Jahr und auch heuer noch massiv darüber beschwert, daß wir für die anerkannten Erwachsenenbildungseinrichtungen bei der Sozialversicherung Ausnahmen machen. Jetzt sollen diese Ausnahmeregelungen ab dem Sommer nächsten Jahres nicht mehr gelten, und jetzt regen Sie sich wieder darüber auf, daß diese Ausnahmen gestrichen werden. So läuft das bei Ihnen: rundherum nur Kritik.

Sie fordern ein Drittel weniger Beamte. Wenn aber dann in einem konkreten Fall tatsächlich etwas geschieht, dann kommt Abgeordneter Haupt heraus und sagt: Da geht es um sechs Leute, diese Beamten dürfen nicht abgebaut werden, da darf nicht privatisiert werden! Also sehr ernst kann man Ihre Kritik wirklich nicht nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Budget für den Bereich Wissenschaft und Forschung weist 27,8 Milliarden Schilling aus. Das ist ein Plus von etwas über 2 Milliarden gegenüber dem Voranschlag 1997. Das ist eine Steigerung von 7,8 Prozent für den Bereich Wissenschaft und Forschung. Das ist in einer Zeit eines sparsamen Budgetkurses eine sehr gute Dotierung. Wir müssen wirklich festhalten, daß im Bereich der Universitäten Vorsorge getroffen wird, daß die Arbeit geleistet werden kann. Diese Dotierung beweist, daß diese Koalition der Wissenschaft und Forschung einen sehr hohen Stellenwert in ihrer Politik einräumt.

Wir haben im Universitätsbereich für das Personal im Jahre 1998 rund 1 Milliarde mehr zur Verfügung, für die Kunsthochschulen 109 Millionen; das sind Steigerungen von jeweils etwa 10 Prozent. In Verbindung mit der Steigerung von nahezu 50 Prozent bei den Fachhochschulen zeigt das jedenfalls, daß wir mit den politischen Vorhaben im Plan sind und daß jener wirklich schwierig zu verkraftende Aufnahmestopp an den Universitäten, der speziell im letzten Jahr geherrscht hat, wieder etwas gelockert werden kann. Es können wieder junge Wissenschaftler an den Universitäten Arbeit finden, und das ist wichtig.


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Wir haben ein Plus, um einige Zahlen zu nennen, von rund 8 Prozent im Bereich der Studentenheime. Es ist ganz wichtig für die Studierenden, daß sie in der Nähe des Studienorts Wohnmöglichkeiten vorfinden. Wir haben bei der Studienförderung ein Plus von 94 Millionen und werden uns auch bemühen, wie Kollegin Mertel schon erwähnt hat, bei den Fahrtkostenregelungen wieder Verbesserungen vorzunehmen.

Einige Sätze noch zum gesamten Bereich der Forschung – er wurde von einigen Rednern heute schon angesprochen –: Natürlich wäre es uns allen, die wir für Wissenschaft und Forschung zuständig sind, lieber, wir würden diese ins Auge gefaßten Privatisierungsmittel bereits in den Budgetzahlen wiederfinden, keine Frage. Wir müssen aber feststellen, daß beispielsweise gerade der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der FWF, in den letzten Jahren doch auch Steigerungen erfahren hat: 692 Millionen, 700 Millionen, 729 Millionen und im Budget 1998, wenn wir die Privatisierungserlöse auch nur vorsichtig ansetzen, 750 bis 770 Millionen Schilling. Das sind durchaus Steigerungen, die über den allgemeinen Budgetsteigerungen liegen.

Wir müssen bei den Fragen der Steigerung der Forschungsmittel aber vor allen Dingen auf eines achten – und der Finanzminister hat schon darauf hingewiesen –: Es wird nicht ausreichend sein, nur die staatlichen Mittel für die Forschung zu erhöhen, sondern es müssen die Instrumente so umgestellt werden, daß private Mittel für die Forschung in einem größeren Ausmaß als bisher eingesetzt werden können. Die Kooperation zwischen wissenschaftlicher Forschung und Unternehmungen ist zu verbessern. Nur dann wird es gelingen, das Ziel zu erreichen, daß die Forschungsquote deutlich erhöht wird.

Wenn wir dieses Budget beziehungsweise den Teil für Wissenschaft und Forschung analysieren, dann sehen wir vor allen Dingen eines: Mit diesem Kurs der Budgetkonsolidierung leisten wir für jene Generation, die derzeit an den Schulen und an den Hochschulen ist, etwas sehr Wichtiges: Sie wird, wenn sie ins Berufsleben einsteigt, weniger Geld, weniger Steuern als wir derzeit dafür verwenden müssen, um Schulden zurückzuzahlen oder um Zinsen zu zahlen, die der Staat für die Schulden, die aufgenommen worden sind, zu begleichen hat. Und das, glaube ich, ist das Entscheidende, was wir für die kommende Generation mit diesem Budgetkurs tun können: ihr die Arbeitsbasis für die künftige Politik zu verbessern.

Wenn man sich das Wissenschaftsbudget im speziellen anschaut, dann könnte man fast meinen, es sei eine Art Liebeserklärung des Finanzministers an die Universitäten, weil diese Dotierung tatsächlich in einem Ausmaß erfolgt ist, mit dem wir die dringend notwendigen Verbesserungen durchführen und wieder Anstellungen vornehmen können. Dieses Budget ist eine gute Basis für die Beratungen in den kommenden Wochen, und ich denke, es wird auch eine gute Basis für eine Beschlußfassung Mitte November in diesem Hohen Haus sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schuster. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

15.59

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die erste Lesung des Bundesvoranschlags 1998 gibt uns Gelegenheit, generell über das Budget zu reden, aber auch über spezielle Bereiche. Der Bereich, den ich kurz ansprechen möchte – er scheint mir sehr wichtig zu sein –, ist der Bereich der österreichischen Familie. Ich möchte mich damit beschäftigen, wie sich dieses Budget auf die österreichischen Familien auswirkt.

Ich darf hier aus der Budgetrede des Herrn Bundesministers vom 18. September zitieren – mir scheint diese Aussage sehr wesentlich zu sein –: "Schließlich sind kaum anderswo die Lebens- und Umweltqualität, der soziale Friede und die Sicherheit so groß wie in Österreich." – Diese Aussage, meine Damen und Herren, gibt den Familien auch Mut und Kraft.


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Ich meine daher, wenn wir heute von Familie reden, dann sind wir uns dessen bewußt, daß Familie in sehr vielen Formen gelebt und erlebt wird. Die klassische, die ideale Familie stellt nur eine Form des Zusammenlebens dar. Heute wissen wir, es gibt viele Erscheinungsformen, die man Familie nennt. Ob es Mann-Frau-Kind sind, ob es die Alleinerzieherin, der Alleinerzieher oder andere Lebensgemeinschaften sind, es gilt alle diese Gruppierungen, die heute ein Kind erziehen, zu stärken und zu festigen. Wir wissen aber, daß das Idealbild natürlich die Ehe ist, weil eine Ehe grundsätzlich auf Dauer ausgelegt ist und am ehesten in der Lage ist, der Entwicklung des Kindes die notwendige Stabilität zu geben. Das sei unbestritten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Im letzten Jahr, 1996, wurden 18 000 Ehen in Österreich geschieden. 90 Prozent dieser hohen Zahl von Paaren haben sich einvernehmlich getrennt, 10 Prozent aber im Streit. Das Dramatische daran ist, daß von diesen Scheidungen 16 500 Kinder betroffen sind. Hier gilt es, daß wir uns verstärkt dieser Schwachen, dieser Kinder annehmen.

Ein wesentlicher Punkt wäre, daß wir nachfragen, warum sich diese Familien haben scheiden lassen. Ich meine, daß eine gute finanzielle Absicherung und eine bessere Steuergerechtigkeit für die Familien die eine oder andere Familie nicht zu diesem Schritt bewegt hätten und die Ehepartner beisammen geblieben wären. Daher meine ich, daß der Kernpunkt unserer Arbeit, meine Damen und Herren, für mehr Gerechtigkeit zwischen Familien und Personen ohne Kinder ein faires Steuersystem sein muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Um in diesem Bereich mehr Gerechtigkeit zu schaffen, ist ein steuerfreies Existenzminimum für Kinder sicherzustellen. Für die Erreichung dieses Zieles, Herr Bundesminister, wird eine Anhebung des Kinderabsetzbetrages von uns gefordert. Ich meine, um eben wieder auf Ihren Satz, den ich aus der Budgetrede zitiert habe, betreffend Sicherheit und Stabilität zurückzukommen, wir brauchen einfach mehr Gerechtigkeit bei den kinderreichen Familien. Wir wissen nämlich, je mehr Personen in einer Familie leben, desto enger wird der finanzielle Spielraum.

Das Budget 1998 sieht für den Bereich Jugend und Familie einen Betrag von 55,391 Milliarden Schilling vor. Ich darf aber erwähnen, daß nicht nur Geld glückliche Familien schafft beziehungsweise nicht nur Geld ein familienfreundliches Klima in Österreich erzeugt – dazu gehört viel mehr.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe einerseits die Ausführungen und die Presseaussendung der Familiensprecherin der Sozialdemokratischen Partei, der Frau Abgeordneten Mertel, nicht ganz, wenn sie meint, die Familie habe bereits einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft, man brauche daher keine Imagekampagne für die Familien. – Diese Aussage der Familiensprecherin, der Frau Abgeordneten Mertel, wurde an dem Tag gemacht, an dem der zuständige Familienminister Bartenstein an die Öffentlichkeit ging, auf die neue Armut in Österreich hinwies und meinte, daß Österreich mit seinen 200 000 Kindern, die an oder unter der Armutsgrenze leben, für diese Familien mehr tun müsse, und dazu brauche es eine Werbekampagne für die Familie. Dazu hat sich eben die Familiensprecherin der Sozialdemokratischen Partei geäußert und gemeint, es sei nicht notwendig, eine Imagekampagne für die Familie zu starten. (Abg. DDr. Niederwieser: Herr Kollege! Daß die Familie einen hohen Stellenwert hat, das stimmt doch, oder?)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei! Der Parteivorsitzende eurer Partei und Bundeskanzler Klima hat zwei Tage später zu diesem Thema folgendes gesagt – ich zitiere wortwörtlich aus der Presseaussendung –: "Klima kündigte außerdem für Herbst eine Kampagne der SPÖ zum Thema kinderfreundliches Österreich an." Also der Bundeskanzler ist der Meinung des zuständigen Bundesministers. Das sei dazu gesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Oberösterreich schnürte ein besonderes Familienpaket, und ich darf auf die wesentlichen Punkte ganz kurz eingehen. Oberösterreich hat ein gutes Modell auf die Beine gestellt, das es auch auf Bundesebene nachzuahmen gilt.

Erstens: Jedes Kind in Oberösterreich bekommt spätestens im Jahr 1998 verläßlich seinen Kindergartenplatz.


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Zweitens: Das Land übernimmt die Kosten für die Kinderbegleitung in das Spital.

Drittens: Pro Schulanfänger gibt es zu Schulbeginn 1 000 S für einkommensschwache Eltern.

Viertens: Bei Schulveranstaltungen wird geholfen; das Land unterstützt sozial schwache Familien mit 1 000 S pro Kind.

Fünftens: Das Land übernimmt für den Zeitraum von drei Jahren die Versicherungsprämie für Mütter im Haushalt, die ihr neugeborenes Kind betreuen.

Meine Damen und Herren! Es wäre gut, wenn wir diese Maßnahmen auch auf Bundesebene umsetzen würden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bekenne mich dazu: Was der einzelne selbst leisten kann, muß er auch selbst leisten. Das ist eben die Kultur der Selbständigkeit. Ich meine aber, daß in der Gemeinschaft dort, wo Hilfe geboten ist, die Kräfte gebündelt werden müssen, damit dem einzelnen geholfen werden kann. Das wäre eben die neue Kultur des Helfens, und die Bundesregierung hat mit diesem Budget den Rahmen so abgesteckt, daß eine neue Kultur des Helfens denkbar ist, wenn auch das eine oder andere im Familienbereich noch zu verbessern ist.

Ich hoffe, daß dieser Finanzminister gemeinsam mit seinen Ressortkollegen einige Punkte, die ich jetzt aufgezeigt habe, in den nächsten Jahren verwirklichen kann, weil dieses Budget konsolidiert ist und die Neuverschuldung so angesetzt ist, daß auch für die Familien eine gute Zukunft gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP.)

16.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Er hat das Wort.

16.08

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Bundesminister! Es werden immer Konzepte eingefordert. Damit ich mir den Vortrag über unsere Mittelstandspolitik ersparen kann, darf ich Ihnen ein Exemplar mit handschriftlicher Widmung überreichen, dann können wir uns einmal hier trefflich über die Inhalte streiten. (Der Redner legt Bundesminister Edlinger etwas schwungvoll eine Broschüre auf seinen Platz. – Bundesminister Edlinger: Das war aber hingeschmissen!)  – Entschuldigung, Herr Bundesminister, wenn ich etwas forsch war, aber ich habe sehr wenig Zeit.

Herr Kollege Khol! Nachdem der Herr Schwarzenberger heute mit seinen bäuerlichen, schwer von der Arbeit gezeichneten Händen Beifall geklatscht hat (Abg. Rossmann: Die gezeichneten Hände hat er vom Geldzählen, nicht vom Arbeiten), als es um den Butterpreis ging, und Herr Andreas Khol 40 bis 45 S für das Kilo Butter in den Raum gestellt hat ... (Abg. Dr. Khol: 16 bis 22 S für ein Viertel!) Für ein Viertel stimmt das schon gar nicht – höchstens, wenn es aus der Agrarfabrik kommt. Ein Viertel Butter aus bäuerlichen Betrieben Österreichs kostet 17, 18 S. Also 4 mal 18 sind nach Adam Riese, dem berühmt-berüchtigten Rechenkünstler, 72 S. – Soviel zu diesem Schabernack, den wir heute getrieben haben.

Herr Bundesminister! Lassen Sie mich einige Gedanken entwickeln, und zwar betreffend den Wirtschaftsstandort meiner engeren Heimat, der Industrie- und Dienstleistungsregion Salzburg-Hallein. Das betrifft den Wirtschaftsstandort, die Kaufkraft, die Lehrlinge, die Steuerpolitik, Herr Bundesminister. Benckiser schließt: 70 Arbeitsplätze weg, Solvay schließt: 350 Arbeitsplätze weg, Hallein-Papier reduziert um Hunderte Arbeitsplätze, ein großer fleischverarbeitender Betrieb zeigt Schlagseite – ich hoffe, daß es nicht zur Schließung kommt –, und ein Versandhaus mit 100 Mitarbeitern trägt sich laut ORF mit dem Gedanken, nach Holland abzuwandern.

Das sind Zahlen, Fakten aus der jüngsten Geschichte. Ich möchte nicht schwarzmalen, sondern diese Dinge nur auf den Tisch legen. Es bringt uns überhaupt nichts, Herr Bundesminister, wenn Sie und die Regierungskoalition diese Dinge leugnen, den Kopf in den Sand stecken, wie es Kollege Schwarzenberger immer macht, so nach der berühmten Vogel-Strauß-Manier.


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Meine Damen und Herren! Diese traurigen Ereignisse müßten eigentlich bei Ihnen, Herr Bundesminister, auch zu einer entsprechenden Gewissenserforschung führen. Sie sollten sich fragen: Warum passierte am vergangenen Sonntag für die Sozialdemokratie eine derartige Wahlschlappe in Oberösterreich? (Abg. Dr. Niederwieser: Sind das Krokodilstränen?) Sind daran die Bürger schuld, weil sie Ihre forsche Politik nicht erkannt haben? Herr Kollege Niederwieser! Sind daran die Bürger schuld oder ist es Ihre Politik?

Nun hätte ich mir nicht den Kopf aus parteipolitischen Gründen zu zerbrechen, wenn Ursache und Wirkung nicht so nahe beieinander liegen würden, nämlich die Wirkung dergestalt, daß Ihre Finanzpolitik dafür verantwortlich ist, daß die Arbeitsplätze, wie zuvor zitiert, wanken, daß Betriebe abwandern, Österreich als Wirtschaftsstandort gefährdet ist und damit gewaltige Probleme für das Budget, für die Situation der Lehrlinge et cetera eintreten. Das ist Faktum! (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist nur die halbe Wahrheit!)

Ob es die halbe Wahrheit ist, darüber streiten wir besser nicht, auf jeden Fall ist es ein Faktum. Oder wollen Sie leugnen, daß diese Dinge passiert sind?

Meine Damen und Herren! Sie sind steuerpolitisch – das wurde heute schon mehrmals von freiheitlichen Rednern nachgewiesen – nur auf dem Einnahmentrip unterwegs. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Niederwieser! Wenn Sie schon uns nicht zuhören wollen, dann horchen Sie wenigstens ein wenig in die Bürgerschaft dieses Landes hinein! (Abg. Dr. Niederwieser: Ich horche Ihnen die ganze Zeit zu!) Unternehmen Sie diesen Versuch!

Herr Kollege Nowotny! Sie sind zwar hier immer in sehr oberlehrerhafter Manier unterwegs und sagen: Die Freiheitlichen haben keine Ahnung, im Zweifelsfall wissen sie nichts!, und so weiter. (Abg. Dr. Nowotny: Wahrheitsbeweise bringen!) Aber wenn wir schon Ihre Stehsätze über uns ergehen lassen müssen, dann muß ich Ihnen sagen: Ihre Politik ist "ver-Nowotny-siert" worden. (Abg. Dr.  Nowotny: Das ist ein gutes Wort!) Das heißt, Sie nehmen nichts mehr zur Kenntnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie nehmen nichts mehr zur Kenntnis, was auf der Welt und zuvörderst in Österreich passiert.

Frau Kollegin Tichy-Schreder! Ihr Chef, der Herr Maderthaner, hat heute das hohe Lied der Wirtschaftskammer gesungen und hat gesagt: Na furchtbar, da gibt es die bösen Freiheitlichen, was die immer behaupten!, und er hat sich wieder einmal nach altrömischer Manier den Boten vorgenommen. So nach dem Motto: Da kommt der Bote, der die schlechte Nachricht bringt, er reitet hier herein ins Parlament, und jetzt schauen wir, daß wir ihn verbal erschießen.

Jetzt frage ich Sie, Frau Kollegin Tichy-Schreder: Woher kommen denn diese Nachrichten, die wir hier so oft zitieren? Der Gewerbeverein, der zwar mit Ihnen nichts zu tun hat, sagt in einer Aussendung vom 8. Oktober 1997: So macht man den Standort Österreich unattraktiv!, und kommt dann mit Beispielen. Das WIFI Österreich, Ihr Verein, Frau Kollegin, schreibt uns mit Datum vom 3. Oktober 1997, jammert sich also beim Herrn Abgeordneten Haigermoser aus, daß geplant ist, eine – ich zitiere – "unsinnige Doppelbesteuerung" einzuführen. – Wer war denn der Verursacher dieser Nachricht?

Die "Junge Wirtschaft" fordert bessere Rahmenbedingungen für Jungunternehmer. Die Wirtschaftskammer sagt, gutgläubige Importeure werden zur Kassa gebeten. Präsident Maderthaner sagt: Bürokratieabbau ist ein Gebot der Stunde! 36 Milliarden Schilling muß die Wirtschaft jährlich dafür aufwenden.

Dann geht es weiter: 50 000 Unternehmer gesucht. (Abg. Tichy-Schreder: Gut lesen!) Na wie suchen Sie denn die, Frau Kollegin Tichy-Schreder, treue Dienerin Ihres Herrn? Wo finden Sie denn diese? Finden Sie sie mit der Lupe oder mit Ihrer Brille oder mit meiner Brille? (Abg. Dr. Nowotny, in Richtung der Abg. Tichy-Schreder: Mit seiner Brille nicht! – Abg. Schwarzenberger: Seine Brille ist eine finstere Brille!) Oder sind Sie bereit, Rahmenbedingungen zu


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schaffen? Sind Sie bereit, positive Rahmenbedingungen zu schaffen, oder wollen Sie Ihrer eigenen Forderung nachkommen: Bürokratie vermiest Gründern die Selbständigkeit!? Und so weiter und so weiter.

Meine Damen und Herren! Sie haben heute das Wort geprägt – es ist ein alter Kalauer, aber immerhin wahr –, Hochmut kommt vor dem Fall. Diesen Hochmut praktizieren Sie jeden Tag, denn Sie hören nicht auf die Rufer. Sie erklären die Rufer zu Rufern in der Wüste und sind nicht bereit, auch in der Forschungsförderung etwas zu tun.

Herr Bundesminister Edlinger! Ich war guter Dinge und voller Hoffnung, als Sie dieses Amt angetreten haben. Der Herr Klima hat ja in diesem Amt versagt, das wissen wir. Aber jetzt sind Sie wieder genau in diesen ausgetretenen sozialistischen Pfaden unterwegs. Ziehen Sie sich endlich festeres Schuhwerk an, Herr Bundesminister, um ein Steuersystem zu schaffen, welches es wieder ermöglicht, daß Solvay-Halvic und Benckiser in Österreich bleiben und nicht abwandern und zusperren. Darum sollten wir uns gemeinsam bemühen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun sagen Sie: Diese Botschaft stimmt nicht!, und der Herr Maderthaner bejubelt alles. Er ist genauso eine zerrissene Persönlichkeit wie der Herr Fasslabend, so nach dem Motto: Wer ist stärker: Ich oder ich? – Er müßte öfter Nestroy lesen, um sich darin wiederzufinden. (Abg. Dr. Nowotny: Da fänden wir auch einiges über Sie!) Genauso haben Sie bei den Ladenöffnungszeiten betoniert, nach dem Motto, ebenfalls frei nach Nestroy: Das Gewölb’ zusperren, war meine größte Freud’, solange ich bei der Handlung war! – Meine Damen und Herren! Wie lange haben Sie gebraucht, um in dieser Frage einen Schritt in die richtige Richtung zu setzen?!

Meine Damen und Herren! Es gibt von seiten der Freiheitlichen Vorschläge zuhauf. Wenn Sie schon uns nicht glauben, was den Wirtschaftsstandort Österreich und Ihre darauf fußende Finanzpolitik, Herr Finanzminister, anbelangt, so glauben Sie doch wenigstens den Experten, beispielsweise Herrn Professor Josef Mugler von der Wirtschaftsuniversität Wien, der auf die Frage, warum die von den Regierungsparteien groß angekündigte Gründungsoffensive keine konzertierte Aktion sei, antwortete: Es bedarf mehr Vertrauen in die Stabilität der Regierung und Vorausplanung auf dem steuerlichen Weg.

Das befolgen Sie aber nicht. Es gibt rückwirkende Steuergesetze, keine Kalkulierbarkeit der Politik und Bocksprünge jeden Tag. Das ist nicht nur eine Anmerkung der Freiheitlichen! Das bemerken die Wirtschaftstreibenden, insbesondere die internationalen, sehr schnell und gehen daher aus Österreich weg, Herr Bundesminister. Doch das wollen wir, die Freiheitlichen, nicht, denn wir machen uns Sorgen um den Wirtschaftsstandort Österreich. Sie sollten schon auch ein wenig in die Oppositionsreihen hineinhorchen!

Auch wenn Sie es heute nicht zugeben, Sie werden sehr schnell draufkommen, daß vieles in unseren Vorschlägen enthalten ist, was diese schlimmen Vorahnungen zunichte machen könnte. In diesem Sinne hoffe ich noch auf Ihr Verständnis. Diesen Glauben müssen Sie aber durch tätiges Handeln noch bestätigen. (Abg. Dr. Nowotny: Ihre Kollegen warten auf den Schlußsatz!) Die "Ver-Nowotny-sierung" hat in diesem Lande schon genug angerichtet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sigl. Er hat das Wort.

16.18

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich gehört zu den wohlhabendsten Staaten und kann auf einen sehr positiven Aufholungsprozeß in den letzten Jahrzehnten hinweisen. Eine Interessenpolitik der sozialen Gruppen, die nicht auf Konfrontation sondern auf Zusammenarbeit und auf sozialen Ausgleich ausgerichtet war, hat diese Entwicklung wesentlich mitbestimmt. Es ist daher im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher, eine Budgetpolitik zu betreiben, die die Fortführung und die Weiterentwicklung der guten wirtschaftlichen Position Österreichs forciert.


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Um dieses Ziel zu erreichen, sollten und müssen wir den budgetären Weg, der mit dem Doppelbudget 1996/97 eingeschlagen wurde, weiterhin beschreiten. Dieser erfolgreiche Weg der Budgetkonsolidierung wird nach Meinung einiger Experten, zu deren Kreis, wie ich kürzlich lesen konnte, auch Herr Dr. Van der Bellen zu zählen ist, ab der Jahrtausendwende beendet werden können. Aber auch zahlreiche Strukturreformen, zum Beispiel die Ausgliederungen von Unternehmen und die gezielten Investitionen auf dem Wirtschafts- und Arbeitsmarkt, sind Teile der Budgetpolitik, die für uns Sozialdemokraten einen besonderen Stellenwert haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der von Bundesminister Edlinger vorgelegte Budgetvoranschlag 1998 sieht ein Defizit von 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vor und entspricht unter anderem auch den Kriterien für die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion, der wir meiner Meinung nach unbedingt angehören müssen. Nur mit Hilfe einer Wirtschafts- und Währungsunion wird Europa seine Wettbewerbsstärke gegenüber den USA und dem ostasiatischen Raum über längere Zeit behaupten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Anscheinend hat eine Fraktion in diesem Plenum dies noch nicht nachvollziehen können. Ich bin mir aber sicher, daß sie ihre Meinung wie immer, wenn das Thema populärer wird, modifizieren wird.

Weiters steht der Bundesvoranschlag 1998 für eine Ausgabendisziplin, für einen Leistungsstaat und für eine Technologie- und Exportoffensive.

Auch möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß natürlich jedes Bundesbudget Auswirkungen auf die Wirtschaft hat, aber auch umgekehrt wirkt sich die Wirtschaftslage auf den Bundeshaushalt entscheidend aus. Nach neuesten Prognosen können wir im Jahre 1998 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent rechnen und damit die Wachstumsschwäche der letzten Jahre überwinden.

Für das Jahr 1999 scheint ein noch stärkeres Wachstum möglich, und aller Wahrscheinlichkeit nach kann von diesem Zeitpunkt an wieder mit einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt gerechnet werden.

Die prognostizierte Inflationsrate für 1998 beziffert das Institut für Wirtschaftsforschung mit 1,6 Prozent, wodurch weiterhin die Preisstabilität in unserem Land gewährleistet würde. Gemeinsam mit der gezielten Impulswirkung des Budgets werden wir den Wirtschaftsstandort Österreich weiterentwickeln und dadurch die Beschäftigungslage verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Uns Sozialdemokraten ist es wichtig, den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu führen und die verheerenden sozialen Folgen der Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die Oppositionsparteien haben den Budgetvoranschlag als zu restriktiv bezeichnet und sehen ihn als nicht geeignet an, um die Problematik auf dem Arbeitsmarkt in den Griff zu bekommen. Dem möchte ich entgegenhalten, daß allein durch die von der Bundesregierung initiierte und durch den Bundesvoranschlag ermöglichte Infrastrukturinitiative des verstärkten Bahnausbaus in den nächsten fünf Jahren 20 000 Arbeitsplätze pro Jahr gesichert werden. Ebenso werden die Mittel für die Technologieoffensive, die durch verstärkte Forschungsarbeit und technologische Innovationen einen Vorsprung auf den verschiedenen internationalen Märkten sichern soll, ihre Wirkung nicht verfehlen.

Hohes Haus! Der Bundesvoranschlag 1998 wird weiterhin die Wettbewerbsposition Österreichs stärken. Niedrige Inflationsrate, Investitionen in Forschung und Entwicklung, gut ausgebildete Arbeitnehmer, modernste Infrastruktur sind eben die Erfolgsfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs in Europa. Ich bin mir sicher, daß mit dem Bundesvoranschlag für den Staatshaushalt 1998 die vorrangigen politischen Ziele, erstens die gute Beschäftigungslage, zweitens die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich sowie drittens die Wiedergewinnung der notwendigen fiskalpolitischen Handlungsspielräume, insbesondere zur langfristigen Finanzierung unseres Sozialstaates realisiert werden und damit ein weiterer Vorstoß für einen schlanken, effizienten, wirtschaftlich starken wie auch sozial ausgeglichenen Staat gemacht wird. Wir


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Sozialdemokraten stimmen daher gerne dem Bundesfinanzgesetz für 1998 zu. (Beifall bei der SPÖ.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Sie hat das Wort.

16.23

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist so gut wie evident, daß der Budgetkurs 1996 und auch 1997 gestimmt hat, und ich hoffe, daß mit diesem Voranschlag auch der Budgetkurs 1998 stimmt. Warum ist es wichtig, daß der Budgetkurs stimmt? – Nicht weil Maastricht, Brüssel, Straßburg oder sonst jemand daran interessiert ist, sondern weil Österreich selbst daran interessiert sein muß, um handlungsfähig, autonom und zukunftssicher zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir hoffen, meine Damen und Herren, daß damit das, was Zukunftsoffenheit – der Wandel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft – genannt wird, daß diese Zukunftsfähigkeit bewältigt werden kann.

Worin vollzieht sich der Wandel? – In der Struktur der Arbeit, das heißt in der Organisation der Erwerbsarbeit, im Verhältnis selbständige Erwerbstätigkeit zu "Unselbständigkeit", im Wechsel der Arbeitsorte in ein und demselben Leben, im Wechsel beruflicher Identitäten. Das alles wird nicht die Ausnahme sein, sondern mehr und mehr die Regel. Darauf haben wir uns vorzubereiten und wir haben dafür zu sorgen, daß wir für die Bewältigung des Wandels Manövriermasse haben, und um das zu erreichen, müssen wir aktive Beschäftigungspolitik betreiben: dazu bedarf es eines Budgets, das stimmt.

Was ist noch zu bedenken, meine Damen und Herren? – Unsere Sozialsysteme sind gegenwärtig in Diskussion. Sie stammen aus einer Zeit, in der auf andere Fragen andere Antworten gegeben wurden. Wir müssen diese Systeme langsam und unter Abfederung von Härten umbauen, und zwar deshalb langsam, weil die Demokratie – im Gegensatz zur Diktatur, in der das anders ist – nur einen evolutionären Prozeß der Veränderung verträgt und verkraftet. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, all denjenigen, die sagen, das müsse radikal, und zwar von heute auf morgen, gehen, genau zuzuhören, und ersuche Sie, die Personen, die dahinter stehen, zu fragen und zu prüfen, ob sie es mit der Demokratie auch ernst nehmen und nicht in Wirklichkeit andere, diktatorische Absichten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere Sie daran – das können Sie in der Geschichte der Gesetzwerdung verfolgen –, daß zum Beispiel das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch vorerst nur für 15 Jahre galt. Es gab eine Selbstbeschränkung, um es auszuprobieren. Es gab im Kirchenrecht bestimmte Gesetzesmaterien, die eine Klausel ad experimentum beinhalteten. Damit wollte man sagen: Laßt es uns einmal auf eine Zeit probieren! Noch einmal: Umschwünge, Veränderungen können immer nur langsam bewältigt werden. Generallösungen, Universallösungen eignen sich nicht zur Bewältigung differenzierter und komplexer Probleme.

Wo ist anzusetzen und wofür ist es notwendig, Flexibilität im Budget zu haben? Gefordert ist Flexibilität – ob Sie jetzt die Weißbücher der EU ansehen, ob Sie die Globalisierungstendenzen analysieren, überall können Sie das feststellen –, und zwar unter größtmöglichem Schutz des einzelnen, nämlich des einzelnen als Mann und als Frau. Frau und Mann müssen sich in Zukunft in gleicher Weise als jemand verstehen, der beziehungsweise die ein Erwerbsleben führt, und Familienfreuden und -pflichten gemeinsam leistet und langsam ein zweites und drittes "Alterssicherungsbein" aufbaut. Das ist Zielvorgabe Nummer eins.

Zielvorgabe Nummer zwei: Bildungsanimation. Was ist damit gemeint? – Die Statistiken und die neueren Forschungen sagen uns, daß der Anteil der Frauen an der allgemeinen Höherqualifikation gegenüber dem der Männer zurückbleibt. Frauen sind auf dem Stand der Männer von 1951. Geschlechtsspezifische Bildungsunterschiede haben sich in Österreich weit weniger verringert als in anderen Ländern. Die Generation der 25- bis 35jährigen Frauen in Österreich liegt an der


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viertschlechtesten Stelle in der OECD-Statistik. Jede vierte 20- bis 25jährige Frau hat keinen, über den Pflichtschulabschluß hinausgehenden Qualifikationsnachweis.

Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren, daß, wenn wir uns die nötige Manövriermasse durch gute Budgetpolitik schaffen, hier anzusetzen ist. Was meine ich damit im einzelnen? – Wichtig ist eine Bewußtseinsänderung. Es geht nicht nur um die formalen Abschlüsse, sondern auch um eine generelle Veränderung im Kopf. Wichtig ist auch die Aufklärung über die Arbeitswelt. Wir haben bisher diese Dimension nicht genügend beachtet. Unverzichtbar sind dabei auch Investitionen in Bildung und Forschung. Der dabei unmittelbar beschäftigungswirksame Faktor ist bisher zu wenig beleuchtet worden. Wenn sich die Arbeitswelt verändert, dann braucht man auch Leute, die vordenken und die Konzepte entwickeln.

Die Frage der aktiven Arbeitsmarktpolitik haben meine Vorredner Feurstein und Kollegen bereits im einzelnen ausgeführt. Forciert werden muß dabei der Ausbau der Vielfalt der Ausbildungsgänge. Das zeigen uns die EU-Netzwerke. Stichworte: Teillehre, modularer Weg beim Erwerb von weiteren Qualifikationen, berufsbegleitende Lehrgänge und Kurse. IBM International spricht das Thema der Weiterbildung an: Jeder Arbeitnehmer ist sein eigener Bildungsmanager. Man soll also nicht mit einer staatlich beziehungsweise gesetzlich verordneten gleichmäßigen Verpflichtung zur Bildungsfreistellung, sondern viel flexibler auf dieses Thema reagieren.

Weitere wichtige Punkte: bessere Schätzung des Qualifikationsbedarfs und Entwicklung von Kompetenzprofilen.

Meine Damen und Herren! Ich schließe ausnahmsweise mit einer Feststellung von Björn Engholm, der sagt: "Wenn Bildung unabdingbare Voraussetzung für persönliche Identität und beruflichen Erfolg ist, dann ist das Bildungswesen zentrale Drehscheibe zur Verteilung von Chancen." – Diese Chancen gilt es zu nützen!

Erlauben Sie mir noch eine kleine Anmerkung zu meinem Vorvorredner Haigermoser: Wie vereinbar war denn die Funktion des Landeshauptmannes von Kärnten und des Parteiobmannes Haider damals? – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. )

16.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mares Rossmann. – Bitte.

16.30

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Bundesminister! (Bundesminister Edlinger spricht mit mehreren Abgeordneten, die an der Regierungsbank stehen.) Vielleicht ist es möglich, daß man in einer ersten Budgetlesung direkt mit Ihnen Kontakt aufnehmen kann. – Danke sehr.

Herr Finanzminister! Sie und Ihre Fraktion haben es nach 27 Jahren roter Finanzpolitik geschafft, den größten österreichischen Dienstleistungsbereich, den Tourismus, endlich zugrunde zu richten! Allein die Daten des Handelsbilanzdefizitausgleichs zeigen dies deutlich. Sie wissen, daß im Jahr 1992 der Saldo noch 68 Milliarden Schilling betrug, während heuer wahrscheinlich nur mehr mit knapp 20 Milliarden zu rechnen sein wird.

Herr Minister! Sie haben aber auch mitverursacht, daß es den Betrieben auch in den fetten Jahren nicht möglich war, Reserven zu schaffen. Die Betriebe haben keine Reserven im Bereich der Qualitätsverbesserung. Es wird immer gefordert, man soll Qualitätsverbesserungen durchführen. Es gibt aber keine Reserven dafür! Es gibt auch keine Reserven für eine Verbesserung der Infrastruktur, es gibt keine Reserven für Investitionen anderer Art, seien es bauliche oder sonstige Investitionen.

Die versprochenen EU-Mittel sind teilweise ins Burgenland geflossen, wo auf bisher nichttouristischem Gebiet künstlich neue Tourismusregionen errichtet worden sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange die Betriebe dort überleben können. Und die EU-Fördermittel für die bereits bestehenden touristischen Gebiete halten Sie zurück, Herr Minister!


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Ich habe hier eine Unterlage in der Hand, die das beweist. Sie haben im Budgetposten Regionalfonds auch selbst – zwar versteckt, aber doch – klar dargelegt, daß Sie zum Beispiel an den Fremdenverkehrsverband in der Steiermark die EU-Mittel nicht ausbezahlt haben. (Abg. Mag. Steindl: Können Sie das beweisen?!) Ich kann es beweisen. – Herr Kommissar Fischler, Ihr "Mister Europa", hat sogar beim Herrn Finanzminister in dieser Angelegenheit interveniert – das wird Sie vielleicht interessieren, Herr Kollege Steindl –, aber der Herr Finanzminister hat die Mittel bisher noch nicht herausgerückt.

Herr Bundesminister! Als Unternehmerin frage ich Sie ganz ernsthaft, wie Sie das bezeichnen würden. Wenn ich das in meinem Betrieb machen würde, dann wäre das eine Steuerhinterziehung. (Ruf bei den Freiheitlichen: Richtig!) Wie es bei Ihnen heißt, will ich hier gar nicht aussprechen. (Beifall bei Freiheitlichen. – Abg. Mag. Steindl: Das läuft ja noch!)

Aber der Regierung ist sowieso alles völlig gleichgültig. Mein Kollege Haigermoser hat das bereits dargelegt. Herr Bundesminister! Ihnen ist anscheinend völlig gleichgültig, was mit den Jungunternehmern passiert. Sie haben vor einem halben Jahr die Bürgeszinsen erhöht, und das in einer Phase der Niedrigzinsen. Sie sind hergegangen und haben die Jungunternehmerförderung im Budget um zehn Millionen gekürzt. Sie haben auch nichts unternommen, um den energieintensiven Betrieben die Aufbringung der Energiesteuer zu erleichtern. Ich denke da etwa an Hallenbad- und Saunabetriebe; diese wissen nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen.

Ihnen ist auch völlig gleichgültig, was mit den Betrieben passiert, die mit der Verlustvortragssistierung zu kämpfen haben. Ihnen ist sogar Ihr diesbezügliches Versprechen völlig gleichgültig. Und überall ist die ÖVP mit dabei.

Ihnen ist auch der angeblich einmalige 13. Umsatzsteuertermin völlig gleichgültig. Es gibt sogar Strafsanktionen, wenn man nicht pünktlich zahlt.

Ihnen ist völlig gleichgültig – und das ist für mich der Gipfel an Gleichgültigkeit –, daß jetzt sogar die Sanierungsgewinne besteuert werden. (Abg. Dr. Mertel: Stell dir vor!) Sie gehen her und bereichern sich am Crash von Unternehmen, Herr Minister! Das ist dermaßen pietätlos, daß ich es sogar als Leichenfledderei bezeichne. Das ist für mich Leichenfledderei! Ein Betrieb, der nichts mehr hat, muß noch besteuert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das heißt, die Betriebe werden in Zukunft statt in den Zwangsausgleich gleich direkt in den Konkurs getrieben. Das haben Sie zu verantworten!

Herr Minister! Ein besonders trauriges Kapitel ist aber die soziale Gleichgültigkeit, die soziale Kälte, die in dieser Regierung vorherrscht. Ich habe hier einen Erlaß der Sozialministerin in Händen, und Sie werden staunen, meine Damen und Herren. Auch Sie in den Gemeinden betrifft das, Herr Bürgermeister Mag. Steindl!

Es gibt einen Erlaß der Sozialministerin, wonach in Zukunft das Bazillenausscheidergesetz nicht mehr so wie bisher vollzogen werden soll. (Heiterkeit der Abg. Dr. Mertel .) Hören Sie mir zu, Frau Kollegin Mertel. Aber Sie lachen nur dazu. (Abg. Dr. Mertel: Ich habe nicht darüber gelacht!)  – Das Bazillenausscheidergesetz wird in Zeiten, in denen sämtliche Infektionen, Salmonellen, Kolibakterien und sonstigen Erreger im Vormarsch sind, nicht mehr im vollen Umfang vollzogen. Ich zitiere aus dem Erlaß der Frau Sozialministerin Hostasch:

In Zukunft unterliegen nicht mehr dem Bazillenausscheidergesetz: Krankenpflegepersonal, Hausarbeiter in Spitälern, HeimhelferInnen, Essenszusteller, Schülerkantinen – das wird vielleicht die Jugend interessieren –, Kantinen in Kasernen sowie Personen, die freiwillig bei Feuerwehrfesten aushelfen.

Das ist das Problem dieser Regierung: Man hat ein Feuerwehrfest-Bazillenausscheidergesetz machen müssen und hat alle anderen Gruppen gleich mit hinein gepackt.


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Aber in diesem Erlaß steht sehr wohl in Fettdruck: Sehr wohl bleibt der Vollzug des Bazillenausscheidergesetzes in sämtlichen Gewerbebetrieben, Gasthäusern und Restaurants aufrecht. Dafür bin ich selbstverständlich. Aber erstens ist das eine gewaltige Ungerechtigkeit gegenüber den Gewerbetreibenden, und zweitens, muß ich sagen, ist es ein unerhörter Leichtsinn, daß man diese wichtige Kontrolle in öffentlichen Einrichtungen, wo Bakterien geradezu kumuliert auftreten, negiert. Ich finde, das ist wirklich unerhört! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Grund dafür – ich habe mich erkundigt – sind nur Sparmaßnahmen. Man hat die Kosten hochgerechnet. Die Bazillenausscheiderbriefe kosten zirka 100 oder 150 Schilling pro Stück und werden derzeit an einige tausend Personen verschickt. Daß diese Kontrolle nun wegfällt, haben Sie zu verantworten, Herr Minister! Es ist dermaßen unerhört! Es ist wirklich schlimm.

Und diese Vogel-Strauß-Politik (Abg. Dr. Nowotny: Ein Vogel Strauß mit Bazillen! – Heiterkeit der Abg. Dr. Mertel ), die Sie betreiben und die ich Ihnen vorwerfe – ich kann nicht sagen, daß Sie es nicht wissen; Sie wollen es einfach nicht sehen –, setzt sich auch im Falle sämtlicher nicht EU-konformer Steuern weiter fort. Sie wissen ganz genau, daß die Getränkesteuer fallen wird, daß die Kammerumlage 1 fallen wird, aber Sie lassen ganz Österreich, auch sämtliche Bürgermeister, darüber im Ungewissen. Niemand weiß, woher das Geld kommen soll, das man dann an diejenigen, die klagen werden, zurückzahlen wird müssen.

Herr Minister! Das Budget ist aus meiner Sicht ein einziger Pfusch und auch aus sozialer Sicht sehr bedenklich. Wir werden dem Budget daher nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Gusenbauer. Er hat das Wort.

16.36

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade der letzte Redebeitrag führt dazu, daß man sich eigentlich fragt: Wer soll in Zukunft in diesem Land überhaupt noch Steuern zahlen? – Der Kollege Gaugg geht heraus und sagt, es soll keine Lohnsteuer mehr bezahlt werden, sie sei zu hoch. Der Kollege Haigermoser geht heraus und nennt wieder andere Steuern, die man nicht bezahlen soll. (Abg. Dr. Krüger: Kalte Progression, Herr Kollege!) Die Kollegin Rossman findet wiederum irgendwelche anderen Abgaben, die man nicht zahlen soll. – Ich habe schön langsam den Eindruck, das Motto der Freiheitlichen in diesem Zusammenhang lautet: Niemand zahlt etwas, und jeder kriegt alles. – Das ist anscheinend die Botschaft, die Sie hier verkünden wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist natürlich ausreichend für die eine oder andere Polemik von Ihrer Seite, aber doch nicht für das, was der Kollege Haigermoser selbst eingefordert hat. Er hat gesagt: Erforderlich für Investitionen sind erstens stabile Rahmenbedingungen und zweitens ein verläßliches Steuersystem. – Gut.

Wenn man sich alle internationalen Investitionsreporte ansieht, dann erkennt man, daß einer der wesentlichen Vorzüge des Wirtschaftsstandortes Österreich die stabilen Investitionsbedingungen aufgrund des sozialen Friedens, der in diesem Land herrscht, sind.

Das, was Kollege Haigermoser für eine Steuerreform fordert und was ganz entscheidend ist, soll auch nicht in einer Ho-ruck-Aktion von heute auf morgen geschehen, sondern so, wie es der Finanzminister vorsieht: Eine Steuerreform-Kommission bekommt alle Vorschläge auf den Tisch, diskutiert diese, die Beschlüsse werden bis 1999 gefaßt, und die Reform, die Einführung des neuen Steuersystems, erfolgt dann ab dem Jahr 2000. Also kein ho-ruck-artiges Vorgehen, sondern eine geplante, gezielte Diskussion unter Abwägung aller Ausgaben und Einnahmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Das ist die Fortsetzung eines erfolgreichen Weges, den Sie bis zum heutigen Tag nicht bereit sind, dort zu würdigen, wo es – bei aller Kritik, die man im Detail anbringen kann – notwendig wäre.


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Zu all den Debattenbeiträgen, die ich in diesem Zusammenhang heute zum Thema Sozialpartner gehört habe, muß ich sagen: Man kann über die Sozialpartner sagen, was man will – natürlich wandelt sich die Rolle der Sozialpartner im Zeitalter der Globalisierung; no na! –, aber wenn man alle Empfehlungen der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds durchliest, dann wird man feststellen, daß bei all den Maßnahmen, die darin vorgeschlagen werden, festgestellt wird, daß eine intensive Involvierung der Sozialpartner erforderlich ist, weil nur dadurch das wirtschaftspolitische Klima erzeugt wird, das es möglich macht, daß Regierungsmaßnahmen auch akzeptiert und zu einem Teil des Wirtschaftslebens gemacht werden. Das heißt, Sie können die Bedeutung – auch die geänderte Bedeutung – der Sozialpartner nicht wegdiskutieren, wenn Sie eine vernünftige Wirtschaftspolitik machen wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich ist es eine Herausforderung an das Budget, die neuen Gegebenheiten im globalen Maßstab, die Veränderung von Lebensstilen, von Beschäftigungsstilen et cetera, wahrzunehmen. Kollege Peter hat in seinem Redebeitrag gemeint, das Budget gebe keine Antwort darauf. Ich meine, daß dieser Vorwurf etwas ungerechtfertigt ist, denn das Budget hat ja nicht die Funktion, gesellschaftspolitische Entwicklungen zu antizipieren, sondern es hat die Funktion, das, was sich abspielt, in einen vernünftigen Rahmen zu gießen, der dem Stand der Zeit entspricht, wobei wir auch den demokratischen Konsens der Bevölkerung brauchen. Daher besteht eben ein Unterschied zwischen einem Budget, das man archetypisch am Reißbrett zu entwerfen versucht, und einem Budget, das von der Bevölkerung und von den unterschiedlichen Akteuren auch getragen werden soll. Daher werden eben Budgets in diesem Land lange verhandelt, lange diskutiert, damit sie dann auch die Akzeptanz der Betroffenen und der Bevölkerung finden und einen sinnvollen Interessenausgleich darstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Gaugg hat gefragt: Wer sind die Verunsicherer in diesem Land? – Reden wir ganz offen darüber. Natürlich ist es so, daß der globale Wandel in der Dynamik, in der er stattfindet, mit den Veränderungen betrieblicher Strukturen, mit den Veränderungen sozialer Abhängigkeiten, eine große Herausforderung für jeden einzelnen Betroffenen darstellt. Und da gibt es jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder man geht her und versucht, diese Herausforderungen kreativ, vernünftig mit den Betroffenen zu bewältigen – was nicht einfach ist und nicht zu jeder Stunde zu 100 Prozent funktionieren wird –, oder man geht her und unterstellt jeden Tag, daß alles ja ganz einfach wäre, wenn es nur eine andere Regierung gäbe, wenn es nur eine andere Politik gäbe – ohne auch nur irgendwo im europäischen Maßstab ein Land vorzeigen zu können, das in der Mixtur der politischen Ansprüche ein besseres Ergebnis erreichen würde als Österreich. Es ist Verunsicherungspolitik, einfache Lösungen dort zu unterstellen, wo es diese einfachen Lösungen nicht gibt, sondern einer dauernden Herausforderung bedarf. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Verunsicherung kann man auch beim Geld erzeugen, wenn man nämlich einmal sagt, der Euro ist zu hart, das andere Mal, der Euro ist zu weich, einmal, wir wollen dabeisein, das andere Mal, wir wollen nicht dabeisein, wir sollten uns von den Deutschen abkoppeln, wir dürfen niemals weicher sein als die Deutsche Bundesbank. Jede Woche, ja jeden Tag gibt es beliebige Aussagen von unterschiedlichen Vertretern Ihrer Partei. Das verunsichert, denn am Ende wissen die Leute nicht mehr, wem sie glauben sollen. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. )

Zum Glück sehen die Menschen sich die Dinge aber sehr genau an und haben zumindest bei den bisherigen Wahlauseinandersetzungen bewiesen, daß sie, wenn es um etwas geht, wenn es letztendlich um die großen politischen Weichenstellungen geht, dem Weg folgen, der von der österreichischen Bundesregierung vorgeschlagen wird, und nicht dem Weg, der von der FPÖ vorgeschlagen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.  – Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )  – Ihr Zulauf war früher ein bißchen größer, Herr Krüger. In Oberösterreich war das Ergebnis nicht so glorreich, wie Sie angenommen haben. Sie haben sich schon ein bißchen mehr erwartet. Sie sollten nicht so auf den Putz hauen mit dem Wahlergebnis, das Sie dort erreicht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, daß jede Kritik an diesem Budget, die, im Detail vorgetragen, einzelne Schwachpunkte anspricht, wert ist, diskutiert zu


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werden, denn es gibt kein perfektes Budget. Selbst der Finanzminister und einzelne Abgeordnete würden sich in einzelnen Bereichen ein anderes Ergebnis wünschen. Aber das Budget ist eben der Kompromiß der unterschiedlichen Interessen, die vorliegen, und das Budget ist ja auch nicht das Ende oder der Anfang oder die ausschließliche Wirtschaftspolitik, die wir in Österreich betreiben, sondern darüber hinausgehend hat ja der Finanzminister in seiner Budgetrede darauf hingewiesen, was wir im europäischen Maßstab machen – in der Beschäftigungspolitik und in der Steuerharmonisierung als wesentliche Ergänzungen der Wirtschafts- und Währungsunion.

Diese Politiken werden letztendlich dafür ausschlaggebend sein, daß die europäische Wirtschaftspolitik gemeinsam mit unserer österreichischen Wirtschaftspolitik ein Ergebnis zeitigt, das zumindest mit dem vergleichbar ist, was wir bisher schon erreicht haben, nämlich trotz größter Schwierigkeiten den höchsten Beschäftigungsstand in diesem Land zu realisieren. Wenn man Ihnen zuhört, dann glaubt man, es gibt in Österreich überhaupt keine Arbeitsplätze mehr, weil alle Betriebe abwandern. Die Realität ist folgende: Es müssen offensichtlich sehr viele Betriebe zuwandern und sehr viele sehr viel investieren, sonst könnte es nicht mehr Beschäftigte als jemals zuvor geben, und sonst könnte es auch nicht die höchste Exportquote geben, die wir in der Geschichte der österreichischen Wirtschaft erreicht haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Die höchste Arbeitslosenrate!)

16.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. Er hat das Wort.

16.45

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einigen, die schon längere Zeit in diesem Haus sind, wird heute sicherlich folgendes aufgefallen sein: Erstmals hat bei einer Generaldebatte zum Budget weder der Klubobmann noch der Stellvertretende beziehungsweise Geschäftsführende Klubobmann der größten Oppositionspartei das Wort ergriffen. (Abg. Dr. Krüger: Gehen sie dir ab? – Abg. Rossmann: Weil wir einen guten Budgetsprecher haben!)

Dafür gibt es eine Erklärung: Ich habe gehört, daß der Herr Klubobmann heuer in Harvard war und dort Budgetangelegenheiten studiert hat. Offensichtlich war die Schulung so gut, daß er an diesem Budget nichts auszusetzen hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Wenn er redet, ist es nicht recht, und wenn er nicht redet, ist es auch nicht recht!)

Ich habe ja ein gewisses Verständnis für die Sorgen des Herrn Dr. Haider. In dieser Woche hat er offensichtlich alle Hände voll zu tun. Ich habe gelesen, er muß für den Bezirksparteiobmann Meischberger einen Nachfolger finden. In Kärnten hat er bei der Bezügereform Schwierigkeiten; da braucht er offensichtlich noch eine gewisse Schonzeit für den Klubobmann. Und in Oberösterreich ist das Wahlergebnis sehr mäßig ausgefallen. Die "Oberösterreichischen Nachrichten" haben ihm ausrichten lassen, daß aufgrund seines Einsatzes die Steigerung der FPÖ sehr schwach ausgefallen ist. (Abg. Dr. Krüger: 400 Gemeinderäte mehr, Kollege!) Ich verstehe also, daß Sie leichte Probleme haben. (Abg. Dr. Krüger: Ich verstehe, daß die ÖVP sehr bescheiden ist!)

Noch etwas, meine Damen und Herren, ist mir heute aufgefallen: Seit Jahren verkünden uns die blauen Mitstreiter in diesem Haus, nur sie wären diejenigen, die für die Bauern das Wort ergreifen und aktive bäuerliche Politik machen. – Heute findet sich auf der Rednerliste kein einziger bäuerlicher Vertreter der Freiheitlichen Partei. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. ) Heute haben Sie Ihr wahres Gesicht gezeigt! Die Bauern sind Ihnen nämlich Wurscht! Heute haben Sie gezeigt, wo Ihre Agrarpolitik zu finden ist – nämlich nirgends, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Jetzt, wo Sie "nur" 3 Prozent verlieren, werden Sie übermütig!)

Es ist ja etwas sonderbar: Die Generaldebatte zum Budget ist die Chance für die Regierung, ihre Absichten, ihre Vorhaben, ihre Zielsetzungen darzulegen. Und es wäre die Pflicht der Opposition, sich mit diesen Zielsetzungen und Darlegungen ernsthaft und sinnvoll zu beschäftigen. Aber bei Ihnen, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, gibt es nur ein Schlagwort,


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und das heißt "Krise". Sie sehen in diesem Land eine Krise in der Arbeitsplatzsituation. (Zwischenruf der Abg. Rossmann. ) Sie sehen in diesem Land eine Krise bei der Inflation. Sie sehen in diesem Land eine Krise bei den Wirtschaftszahlen. Sie sehen eine Krise bei den Bauernproblemen, eine Krise bei der Härte des Schillings, und Sie sehen eine Krise, was die Zukunft dieses Landes angeht.

Vergleichen Sie einmal die Daten mit dem Ausland: Wie bewertet das Ausland die Budgetsanierung Österreichs? Wie bewerten internationale Konzerne – Herr Kollege Krüger, Hoffmann-La Roche investiert in Linz 2 Milliarden Schilling (Abg. Dr. Krüger: Nicht wegen der SPÖ-Wirtschaftspolitik, sondern trotz dieser Politik!) , weil dort innerhalb von 90 Tagen die Betriebsgenehmigung erteilt wurde – die Situation in Österreich? Wie bewertet zum Beispiel BMW die Chancen des Standortes Oberösterreich, wenn beinahe jeder Dieselmotor von BMW in Oberösterreich erzeugt wird? Obwohl eine wesentlich geringere Subvention zur Ansiedlung dieses Betriebes gegeben wurde, ist dies der Vorzeigebetrieb. Sagen Sie auch dort, daß es eine Krise gibt, meine Damen und Herren?

Wie bewerten denn Ihre Kollegen im Kärntner Landtag die "Budgetkrisen", die Sie jetzt in Oberösterreich prophezeit haben? – Ich zitiere: "Leitl, dem es als Finanzreferent innerhalb von zwei Jahren gelungen ist, ein Jahresdefizit von 5 Milliarden ohne Blut und Tränen, ohne Steuererhöhungen in einen Überschuß von 1,6 Milliarden zu verwandeln und der noch das notwendige Geld für die drei dicksten Säulen eines prosperierenden Landes hat, nämlich für Wirtschaft, Bildung und Kultur, um die Bevölkerung Oberösterreichs in eine bessere Zukunft zu führen ..." – Das sagte Ihre Abgeordnete Dietlinde Kreutzer im Kärntner Landtag.

So sieht es tatsächlich aus! Sie hat die Wahrheit gesagt, und Sie sollten sich auch zu dieser Wahrheit bekennen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Zum Schluß noch ein paar Sätze an Sie. Ich bedanke mich für dieses Budget (Zwischenruf des Abg. Wenitsch ) , das auch ein 40-Milliarden-Paket für die Landwirtschaft beinhaltet, mit dem auch in diesem Bereich die Möglichkeiten und Chancen für das Umweltprogramm abgesichert werden. Ich bitte Sie jedoch, zu überlegen, ob es nicht an der Zeit wäre, die Vorsteuerpauschale von 10 auf 12 Prozent anzuheben. Diese Zusage wurde gemacht, und Zusagen sollte man einhalten. Alles in allem ist dies ein positives, ein prosperierendes Budget für die Zukunft. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Er hat das Wort.

16.51

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie gestatten, daß ich, bevor ich mich dem Budget widme, noch eine kleine Replik in Richtung des Kollegen Auer anbringe. Kollege Auer scheint am 7. Oktober nicht die richtigen Zeitungen gelesen zu haben, oder wenn er die richtigen Zeitungen gelesen hat, dann hat er sich wahrscheinlich in der Spalte geirrt, denn überall, wo ein Minus war, ist "ÖVP" gestanden, und dort, wo ein Plus war, ist "FPÖ" gestanden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Auer: Ein Minus ist bei der FPÖ in meiner Gemeinde gestanden!)

Herr Kollege! Anders kann ich mir Ihre Aussage nicht erklären. Sie neigen gemeinsam mit Ihrem Landeshauptmann dazu, die Vorzeichen zu vertauschen. Das ist eine Tatsache. Sie tun mir eigentlich leid. (Abg. Auer: Darf ich einen Satz sagen?)  – Nein, Sie dürfen keinen Satz sagen. Jetzt rede ich, Herr Kollege. (Abg. Auer: FPÖ Fischlham: minus 16 Prozent!)  – Ja, Herr Kollege, alles gut und schön, Sie sind der "Wahlsieger"; das wissen wir ohnehin. Gratuliere, Herr Kollege, zu den hervorragenden Leistungen!

Aber kehren wir nun zum Budget zurück. Herr Bundesminister! Zu Beginn etwas Positives: Ich freue mich, daß entgegen früheren Gepflogenheiten der Bundeszuschuß zur Wohnbauförderung einmal nicht grosso modo zur Diskussion steht, daß keine Kürzungen überlegt wurden, sondern ein Ansatz in der Höhe von 31,7 Milliarden Schilling gemacht wurde, weil auch Sie er


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kannt haben, daß man der ohnehin notleidenden Bauwirtschaft nicht noch zusätzlich Schaden zufügen kann. Das ist positiv, und ich möchte das auch honorieren.

Allerdings, Herr Bundesminister, gibt es kein Wenn ohne Aber. Sie hätten die Möglichkeit, ohne das Budget zusätzlich zu belasten, den Anteil der Bundeswohnbauförderung noch um einige Milliarden zu erhöhen, ohne daß das Defizit in die Höhe geht. Ich werde Ihnen dann erklären, warum. Hier wurde meiner Meinung nach doch nicht alles ausgeschöpft. Aber ich werde Ihnen noch sagen, wie ich zu dieser Schlußfolgerung komme.

Meine Damen und Herren! Dieses Budget ist, wie heute schon ausgeführt wurde, eines, an dessen Grundlagen man wirklich ernsthafte Zweifel haben kann. Es wurde ein Budget erstellt, ohne daß wesentliche Rahmenbedingungen klar sind. Wir werden sehen, was sich diesbezüglich in den nächsten Tagen ergibt, aber ich bin sehr, sehr skeptisch, ob die tatsächlichen Zahlen das widerlegen können, was mein Kollege Trattner heute eingangs an Kritik geäußert hat.

Zum Kollegen Eder, der sich ja ausführlich mit dem Wohnbau auseinandergesetzt hat: Herr Kollege Eder! Es ist ein bißchen billig, hier von diesem Pult aus ein Anti-FPÖ- beziehungsweise Anti-Oppositions-Pamphlet zu verlesen und zu sagen, die Opposition habe keine Ahnung (Abg. Gradwohl: Keine Vorschläge!) und wehe, wenn man der Opposition den Wohnbau übertragen würde, das wäre ganz gefährlich für Österreich. Ich stimme allerdings bei einer Forderung mit ihm überein, nämlich daß man die Mittel der Landesförderung noch wesentlich flexibler gestalten sollte. Aber bitte richten Sie dem Kollegen auch aus: Überall dort, wo freiheitliche Landesräte die Verantwortung für das Wohnbauressort haben, geschieht das im vollen Umfang und zur vollsten Zufriedenheit der Bevölkerung (Beifall bei den Freiheitlichen) , aber überall dort, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, wo dies nicht der Fall ist, ist noch jede Menge zu tun. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )

Herr Kollege Eder hat gemeint, im Wohnbau würden wir wenig Kompetenz haben. Ich weiß auch, warum Kollege Eder in eine solche Anti-FPÖ-Hysterie verfällt: Er hat ein schlechtes Gewissen! Vom Kollegen Eder stammt nämlich federführend, so habe ich mir sagen lassen, jener Antrag, der den Verkauf der drei Eisenbahnsiedlungsgesellschaften zum Nominalwert von 180 Millionen Schilling zum Gegenstand hat. Er will den Bundesanteil den bestehenden Gesellschaften zuschanzen, alle im Nahebereich der SPÖ und der SPÖ-Gewerkschaft. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) Und Sie, Herr Bundesminister, scheinen bei diesem üblen Spiel – das muß ich schon sagen – mitzumachen. Gott sei Dank gibt es das Instrument parlamentarischer Anfragen, das parlamentarische Interpellationsrecht, und wir werden ja sehen, wie Sie sich in weiterer Folge zu diesem Vorhaben stellen werden.

Meine Damen und Herren! Dabei geht es um 20 500 Wohnungen mit einem Verkehrswert von 12,2 Milliarden Schilling. Weil im § 10 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes eine entsprechende Bestimmung vorgesehen ist, will der Herr Bundesminister das just jetzt, im Jahr 1997 oder 1998 – wahrscheinlich 1998 –, verkaufen, ohne daß lang herumgefackelt wird – das muß ich auch sagen –, ohne daß irgendwelche Anstalten gemacht werden, ein kreatives Konzept einfließen zu lassen, bei dem man die bestehenden Mieter partizipieren läßt.

Herr Bundesminister! So wird es nicht gehen! Sie können sich auch nicht darauf ausreden, daß der § 10 das Hindernis ist, denn überall dort, wo die Bundesregierung rechtliche Möglichkeiten gesucht hat, aus einer gesetzlichen Umklammerung auszubrechen, hat sie das in der Vergangenheit auch immer geschafft. Ich erinnere nur an die ASFINAG. Als es geheißen hat: nicht EU-konform, da wurde gebastelt, da war man plötzlich kreativ. Und da soll man auf einmal nicht kreativ sein? (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage Ihnen, Herr Bundesminister: Suchen Sie einen Weg, wie Sie für den Bund ein angemessenes Entgelt lukrieren können, wie 4 oder 5 Milliarden Schilling für sinnvolle Budgetausgaben verwendet werden können, dann können Sie auch einige tausend Arbeitsplätze zusätzlich in der Bauwirtschaft sichern. So, wie Sie es jetzt machen wollen, wird Ihnen das nicht gelingen, dazu werden Sie nie unsere Zustimmung erhalten.


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Meine Damen und Herren! Wir sind gerne bereit, über richtige, transparente Budgetvorschläge zu diskutieren. Überall dort, wo Sie eine ehrliche und offene Budget- und Beschäftigungspolitik verfolgen wollen, sind wir dabei, sind wir Ihr Partner. Aber überall dort, wo es darum geht, den Schüssel/Klima-Schwindelkurs fortzusetzen, werden Sie nicht mit unserer Zustimmung rechnen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.00

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gehe zunächst kurz auf das ein, was Kollege Firlinger in seiner Rede betreffend Eisenbahn-Wohnbaugesellschaften oder -genossenschaften ausgeführt hat.

Ich bedauere es sehr, daß Ihre Parteigänger jetzt zu den Dienststellen der ÖBB gehen, bei den Eisenbahnern für die kommende Personalvertretungswahl werben und ihnen alles für den Fall versprechen, daß Sie etwas zu sagen haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Meisinger und Mag. Firlinger. )

Es handelt sich hiebei um eine Genossenschaft, in deren Vorstand und Aufsichtsrat zwar einige Gewerkschafter sitzen, aber auch viele aus der Wirtschaft, und es geht bei dieser Gesellschaft beziehungsweise Genossenschaft darum, für die Mieter aufgrund der Einsparung der Verwaltungskosten billigere Mieten zu gestalten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. ) Ich nehme zur Kenntnis, daß Sie das nicht wollen! Wir werden das unseren Kolleginnen und Kollegen übermitteln! Einverstanden! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Aber nun zum Budgetvoranschlag 1998: Es ist wirklich müßig, das zu wiederholen: Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sachliche und kritische Anmerkungen und Feststellungen seitens der Opposition hier getroffen werden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber besonders seitens der FPÖ bleibt es dabei: Sie wollen anpatzen, Sie wollen skandalisieren. Sie sprechen von Scheinbudget, Sie sprechen von Pfuschbudget, ohne konkrete Vorschläge einzubringen, meine Damen und Herren! Kein einziger konkreter Vorschlag ist von Ihnen eingebracht worden! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich nochmals für die sozialdemokratische Fraktion wiederholen, daß es ein sparsames, ausgewogenes, sehr intelligentes, aber natürlich sparsames Budget ist. Es wäre mir persönlich als sozialdemokratischem Abgeordneten und als Gewerkschafter lieber gewesen, wenn es möglich gewesen wäre, Transferleistungen zu erhöhen, besonders betreffend die Alleinerzieherinnen. Aber in der Gesamtheit der Budgetverhandlungen war das diesmal eben noch nicht möglich. Ich hoffe, daß wir aufgrund der Konsolidierung in den nächsten Jahren in der Lage sein werden, die Beträge wieder entsprechend zu erhöhen.

Meine Damen und Herren! Wir stellen aber bei der Diskussion mit den Menschen eine hohe Akzeptanz fest. (Abg. Meisinger: Siehe Oberösterreich: Minus vier Prozent!) Die Österreicherinnen und Österreicher sagen: Jawohl, wenn es notwendig ist, zu sparen, dann sind wir auch bereit, unseren Beitrag zu leisten! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) Ja, das ist tragisch! Aber okay: Wahlen sind Parameter, und wir werden das analysieren! Aber trotzdem wollen wir weiterhin eine sachliche Politik betreiben!

Meine Damen und Herren! Nun zum Thema Steuerschulden, das heute noch niemand angesprochen hat. Ich will die Unternehmer nicht grundsätzlich angreifen, weil es nur um einige geht. Aber ich möchte hier eine Anmerkung dazu machen: Es ist heute insbesondere erwähnt worden, daß das Lohnsteueraufkommen in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Das wissen wir, und wir wollen gemeinsam auch eine Steuerreform gestalten, keine Frage. Ich hoffe, daß wir demnächst in Verhandlungen eintreten werden. Es ist aber in diesem Zusammenhang nicht erwähnt worden, daß wir Steuerschulden von seiten gewisser Unternehmer von über 30 Milliarden Schilling haben. Davon wurde nicht gesprochen!


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Weiters wurde nicht von der schwarzen Konkurrenz in der Unternehmerschaft und von der Wettbewerbsverzerrung gesprochen. Es wurde nicht angesprochen, daß es Schwarzunternehmer gibt, die Schwarzarbeiter beschäftigen. Hiebei handelt es sich oft um arme Menschen, die Arbeit suchen, damit sie überleben können. (Abg. Böhacker: Das ist keine Einbahnstraße!) Zu verurteilen sind hiebei jedoch jene Unternehmer – ich betone das! –, die Schwarzarbeiter beschäftigen und damit zu einer Wettbewerbsverzerrung beitragen.

Meine Damen und Herren! Wesentlich ist für uns, daß nach sparsamen Entscheidungen wirklich Möglichkeiten zur Investition in Beschäftigungsprojekte vorhanden sind. Ebenso sind wir alle, wie ich glaube, auch gemeinsam gefordert, die Möglichkeiten, was die EU-Förderungen betrifft, in Anspruch zu nehmen.

Weiters möchte ich grundsätzlich erwähnen: Die Privatisierungen und die Ausgliederung der Post und der ÖBB, die in den letzten Monaten beziehungsweise Jahren durchgeführt wurden – das möchte ich als Eisenbahner festhalten –, sind natürlich schmerzliche Reformen. Diese Ausgliederungen sind schmerzlich, und wir haben diese auszudiskutieren und durchzustehen, auch im Rahmen der Sozialpartnerschaft: Unternehmensleitung der ÖBB, Personalvertretung und zuständige Gewerkschaft.

Es ist jedoch eine hohe Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen gegeben, Maßnahmen mit zu tragen. Daher möchte ich besonders jenen Kolleginnen und Kollegen, ob Eisenbahnern oder Postlern, die aufgrund der Ausgliederung wirklich schmerzliche Rationalisierungen in Kauf nehmen müssen, einmal meinen herzlichsten Dank dafür aussprechen, daß sie bereit sind, diese Reformen mit zu tragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Kollege Eder hat heute die neue Konstruktion im Zusammenhang mit der ASFINAG erwähnt. Der Staatshaushalt wird jetzt um rund 80 Milliarden Schilling entlastet. Das ist sicherlich positiv zu vermerken. Kritisch anzumerken ist jedoch von meiner Seite, daß wir beziehungsweise der dafür zuständige Ressortminister Bundesminister Farnleitner aufgrund des Drucks durch die Spediteure offenbar nicht in der Lage war, das LKW-Road-Pricing umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Wir haben diesbezüglich Gesetzesbeschlüsse gefaßt, und ich bedauere das sehr, denn es wären Möglichkeiten vorhanden gewesen, wenn wir zeitgerecht Vorbereitungen getroffen hätten. Infolgedessen gibt es einen jährlichen Verlust von brutto 3,8 Milliarden Schilling und netto 2,4 Milliarden Schilling. Wir hätten wesentliche Möglichkeiten, damit die notwendigen Straßenbauten durchzuführen und auch eine entsprechende Beschäftigungspolitik zu betreiben.

Meine Damen und Herren! Betreffend den Schwerverkehr auf der Straße müssen wir Maßnahmen setzen. Die Abgaben für den Schwerverkehr sind zu niedrig. Auf diesem Gebiet müssen wir Kostenwahrheit herstellen. Wir kennen die Berechnungen nicht nur von der Arbeiterkammer, sondern auch von verschiedenen anderen Instituten, das ist auch international festgehalten worden. Ich hoffe daher, daß wir in der Verkehrspolitik innerhalb der EU in der Lage sein werden, endlich zu einer Wegekostenrechnung und zu einer Kostenwahrheit zu kommen.

Meine Damen und Herren! Ein Beispiel: Aufgrund der Absenkung der Straßenverkehrsabgabe in den letzten Jahren wurden die Kosten pro LKW jährlich um 30 000 S verbilligt. Meine Damen und Herren! Wir betrachten medial immer wieder die Brenner-Strecke, die Transitroute. Das kann jeder bewerten, wie er es zu bewerten gewillt ist. – Ich als Wiener Abgeordneter, der in der Ostregion lebt und die Menschen hier zu vertreten hat – das betrifft auch die anderen Abgeordneten hier –, kann sagen: Auch wir erleben eine Transitlawine, und auch wir in der Ostregion müssen entsprechende Maßnahmen setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns eine Statistik an: Seit dem Fall des Eisernen Vorhanges hat der LKW-Schwerverkehr um insgesamt 82 Prozent zugenommen. Meine Damen und Herren! Ich glaube, da sind notwendige Maßnahmen zu setzen!


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Zusammengefaßt: Meine Damen und Herren! Ich glaube, für die sozialdemokratische Fraktion sagen zu können, daß wir gerne bereit sind, dem Budgetvoranschlag 1998 zuzustimmen. Wir können auch aus internationaler Sicht stolz sein; man braucht sich nur die Berichte anzusehen, die in den letzten Tagen aus Deutschland, Frankreich oder besonders auch aus Italien kamen, welche Schwierigkeiten es dort gibt! Daher darf ich erwähnen – es wurde heute schon einige Male gesagt –: In Zusammenarbeit der Bundesregierung, der Länder und auch der Gemeinden und besonders auch durch das Mitwirken der Sozialpartner in Österreich wurde ein Budget erstellt, das, wie ich meine, innerhalb Europas und innerhalb der Europäischen Union herzeigbar ist. Wir sind eines der ersten Länder, das die entsprechenden Anforderungen erfüllt. Die Voraussetzungen sind also vorhanden, aufgrund der positiven Wirtschaftsentwicklung in den nächsten Jahren eine wirklich positive, offensive Beschäftigungspolitik zu machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.10

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein Diskussionstag zum kommenden Bundesfinanzierungsgesetz neigt sich dem Ende zu. Wenn man bemüht war, der Diskussion aufmerksam zu folgen, mußte man sich manchmal fragen, ob das wirklich hohe Politik ist und in welchem Land man eigentlich lebt. – Ich glaube, wir leben sehr wohl in einem der reichsten Länder der Welt, jammern es aber oft zu einem Armutsland krank. Ich gehe davon aus, daß die Zukunft wirklich im Kopf beginnt, und ich glaube, wer die Zukunft als Gegenwind empfindet, so wie es die Oppositionsparteien generell tun, geht in eine falsche Richtung!

Dr. Heide Schüller, die Herausgeberin des Buches "Die Generationenfrage", hat vor kurzem bei einem internationalen Symposium in Graz gesagt: "Wir leben unseren Wohlstand eindeutig und unverantwortlich zu Lasten der Jungen." Und: "Seriöse Politik soll Vorrang haben." Ich meine, daß das ein sehr wichtiges Wort ist. Seriöse Politik soll tatsächlich Vorrang haben. Wir sollten uns wegbewegen – auch das ist heute schon einmal gesagt worden – von der Ära Kreisky, von diesem Schulden- und Verteilerkurs, der damals Einzug gehalten hat. Denn nur ein wirklich funktionierendes öffentliches System bietet Sicherheit und entsprechenden Schutz. Parallel dazu muß es aber auch eine Stärkung der Eigenverantwortlichkeit geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich mit Stärkung der Eigenverantwortlichkeit? – Kollege Feurstein hat das heute klar in Zahlen gegossen, als er gesagt hat: 99 Prozent der Österreicher haben eine Krankenversicherung und nur 70 Prozent eine Pensionsversicherung. Ich denke, daß der Prozentsatz derjenigen, die keine Versicherung haben, auch sehr viele Frauen beinhaltet, und zwar deshalb, weil Frauen oft in einer Grauzone tätig sind oder überhaupt keinen Anspruch auf sozialrechtliche Absicherung haben.

Frau Kollegin Schaffenrath hat heute gesagt, daß die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen bis zu 60 Prozent betragen. – Da muß ich ihr widersprechen, obwohl ich eine Vertreterin der Belange der Frauen mit vollem Herzen bin! Man muß bei einem solchen Vergleich nämlich auch berücksichtigen, daß viele Frauen Teilzeit oder in einer anderen Form arbeiten. Ich gebe zu – und das ist viel zuviel! –, daß derzeit der Lohnunterschied im Durchschnitt zwischen 30 und 35 Prozent bei gleicher Arbeit und gleicher Qualität beträgt. Aber ich glaube, wir liegen falsch, wenn wir schwarzmalen und sagen, daß es 60 Prozent sind, weil wir damit mehr denn je wieder Ängste und Bedenken schüren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schaffenrath: Aber nicht alle Frauen arbeiten Teilzeit!)

Gerade in diesem Bereich müssen Aktionen, Aktivitäten und Taten gesetzt werden. Es hat ein Frauenvolksbegehren gegeben, und ich glaube, wir können zur Umsetzung von einigen Punkten gelangen, die auch seitens der ÖVP schon x-mal eingebracht wurden, sei es durch Anträge oder Entschließungsanträge. Ich weise nur auf einen Antrag hin, in welchem es um eine Analyse der unterschiedlichen Bewertung der Arbeit, die Männer oder Frauen leisten, beziehungsweise


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um eine Bewertung hinsichtlich gleicher Bezahlung geht, und wir würden uns sehr freuen, wenn die Oppositionsparteien, wie auch andere, dem zustimmen würden! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir würden uns auch über eine Verbesserung der Möglichkeiten, die wahrlich nicht optimal sind, sehr freuen, daß Mütter, aber auch Väter während der Karenzzeit teilweise in ihrem Beruf arbeiten beziehungsweise in der Folge wieder einsteigen können. Ich würde es begrüßen, wenn man über die Geringfügigkeitsgrenze ... (Abg. Schaffenrath: Das haben wir schon in einem Abänderungsantrag eingebracht, den Sie jedoch abgelehnt haben!) Wir haben auch einen Antrag eingebracht, und ich hoffe, daß Sie diesem im Gleichbehandlungsausschuß zustimmen werden!

Ich denke auch an unseren Antrag betreffend Einführung eines Dienstleistungsschecks im Zusammenhang mit Homeservice. Dabei geht es uns nicht darum, Frauen in eine bestimmte Ecke zu drängen, sondern darum, Frauen aus der Schwarzarbeit herauszuholen – über 10 000 wären in Österreich davon betroffen – und ihnen eine bessere Ausbildung und Qualifizierung zu ermöglichen. In der Folge wäre natürlich auch in diesem Bereich eine steuerliche Absetzbarkeit sehr wohl gewünscht. (Abg. Schaffenrath: Das gefällt mir auch! Dafür bekommen Sie meine Stimme!) Danke! Wir freuen uns auf die Zustimmung!

Sie sehen: Das sind nur ganz, ganz kleine Teile der großen Fülle von Themen in dieser Budgetdiskussion, aber ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, wenn wir gemeinsam dafür arbeiten! (Beifall bei der ÖVP.)

17.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.15

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren Abgeordneten der Regierungsparteien! Die heutige Debatte zeigt einmal mehr, wie leicht Sie zufriedenzustellen sind. Der Finanzminister legt ein unfertiges Budget vor, gespickt mit Tricks, sagt Ihnen, daß die Neuverschuldung geringer wird, und Sie glauben das!

Sie fragen nicht nach, welche Bewandtnis es etwa mit diesen 15 Milliarden an Steuergutschriften hat, die ungerechtfertigt, da laut Amtsbehelf nicht Maastricht-konform, im Budget sind! Sie fragen nicht nach, in welcher Höhe sich die ausverhandelten Positionen der Gehälter und Pensionen auf das Budget auswirken. Sie sind und bleiben eine parteipolitisch gelenkte Abstimmungsmaschinerie, meine Damen und Herren! Sie haben nicht eine einzige diesbezügliche Frage an den Bundesminister für Finanzen gestellt! Sie haben sich mit dem Budget – mit wenigen Ausnahmen – inhaltlich überhaupt nicht beschäftigt. Aus Ihnen sprach nur Angst, aber nicht die Angst um die Einhaltung der Budgetzahlen, sondern Angst ob der steten freiheitlichen Wahlerfolge, offensichtlich auch Angst um Ihr Mandat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Drei Themen möchte ich behandeln: Technologie, Export und Österreich als Wirtschaftsstandort.

Zur Technologie: Herr Minister Edlinger! Sie haben in Ihrer Replik auf die Erstredner aus der Kürzung der Mittel für Forschung und Entwicklung, Technologie und Innovationsfonds eine wunderbare Vermehrung gemacht. Sie haben zur Beruhigung der Opposition die freiheitliche Position zu Ihrer eigenen gemacht, indem Sie feststellten, die Zielsetzung heiße, daß die Mittel für Grundlagenforschung so eingesetzt werden, daß daraus die Praxisforschung folgen kann; und um dies zu erreichen, sei eine neue Organisation nötig, die den Wettbewerb in der Forschung zulasse und fördere und effizienteren Mitteleinsatz garantiere. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sind schöne Worte, wie aber sieht die Realität aus, Herr Minister? – Die Organisation für Forschung und Wettbewerb wird zwar zentriert, aber gleichzeitig aufgeblasen und damit schwerfälliger gemacht. Es ist zu hinterfragen, warum bei Zusammenlegung der Büros alle 15 plus 45


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Beamten, die derzeit die Agenden bearbeiten, nötig sind, wenn eigentlich eine Effizienzsteigerung angesagt wurde.

Außerdem: Warum muß ein Rat mit 15 Personen als Beratungsorgan zusätzlich installiert werden, der wiederum nur drittelparitätisch – Wirtschaft, Wissenschaft, Sozialpartnerschaft – zusammengesetzt ist und der offensichtlich zum Ausbau weiterer Versorgungsposten und des Postenschachers dient?

Ich begründe diese Behauptung betreffend Postenschacher: Laut Konzept wird der Aufsichtsrat von der Bundesregierung auf Vorschlag des Bundeskanzlers und Vizekanzlers bestellt, das können Sie nachlesen, und zwar ad personam der berufenen Personen. Und warum gibt es eigentlich zwei Geschäftsführer? – Weil wahrscheinlich bei diesem eingesetzten rot-schwarzen Aufsichtsrat auch ein rot-schwarzes Gespann in der Geschäftsführung notwendig wird!

Die Budgetdotierungen selbst sind – ebenso wie die versprochene Technologiemilliarde mit lediglich 700 Millionen – zurückgegangen, beziehungsweise stagnieren sie.

Herr Finanzminister! Sie haben versprochen, daß das vorgeschlagene Konzept für Forschung und Wettbewerb umgesetzt wird. Sie verweigern aber im Budget die notwendigen Mittel, um wenigstens an den EU-Durchschnitt heranzukommen.

Zum zweiten: Export. Die in der Regierungserklärung angekündigte Exportoffensive findet nicht statt. Herr Bundesminister! Ich habe den Eindruck, daß Sie als Begründung hiefür die Schillingschwäche heranziehen und glauben, daß das genüge.

Der Herr Finanzminister will die Exportoffensive auch zur Sicherung hochtechnologischer Arbeitsplätze sehen, schafft aber nicht die rahmenrechtlichen Voraussetzungen dafür, daß überhaupt Hochtechnologiearbeitsplätze in Österreich gehalten oder gar angesiedelt werden können. Kein Begleitgesetz nimmt auf die Entwicklung hochtechnologischer Arbeitsprozesse Bedacht. Wenn es eines gibt, dann müssen Sie es mir zeigen, denn ich habe es nicht gefunden.

Im Zusammenhang mit konkreten Schritten zur Verbesserung der Außenhandelsposition heißt es in der Budgetrede, daß es zu "weiteren Verringerungen des Budgetdefizits" kommen wird. – Das ist aber unrichtig! Denn wenn man die schon vorher zitierten 15 Milliarden dem jetzigen Budgetdefizit zuschlägt, dann sind das 83 Milliarden!

Weiters haben wir beim Eintritt in die Europäische Union immer wieder eine Eindämmung des Einkaufstourismus im nahen Ausland gefordert, um einen Kaufkraftabfluß zu verhindern.

Drittens haben wir, wie gesagt, Hoffnung in die versprochene Technologie- und Exportoffensive gesetzt, die aber nicht verwirklicht wurde. Es gab keinen wirklich ausreichenden Ansatz zur Schaffung von dem Export zugute kommenden Hochtechnologiearbeitsplätzen. Ich habe nichts Näheres dazu in Ihrer Budgetrede, gehalten vor vierzehn Tagen, gefunden.

Damit bin ich beim letzten Punkt: Österreich als Wirtschaftsstandort. Sie bejubeln eine Verbesserung. In Wirklichkeit sind wir jedoch betreffend Wachstum an der zweitletzten Stelle der EU-Staaten, beim Wettbewerbsrating sind wir innerhalb von fünf Jahren vom achten auf den 27. Platz zurückgefallen, im Bürokratieindex auf den 41. Platz, in der Leistungsbilanz der EU-Länder sind wir mit 113 Milliarden Defizit steigend negativ, in der Abgabenquote mit fast 45 Prozent ebenfalls ungebremst steigend, und die Einnahmen bei der Lohn-, Einkommen- und Körperschaftssteuer sind um 14, 16, 19 Prozent höher, bei der Umsatzsteuer aber, weil die Konsumkraft abgezogen wurde, um 1,4 Prozent geringer.

Das sind Fakten, die auch mit noch so schönen Worten nicht wegdiskutiert werden können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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17.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Horngacher. Freiwillige Redezeitbeschränkung 6 Minuten. – Bitte.

17.22

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Aufgabe der Familien zu allen Zeiten ist es, daß Ehegatten einander gegenseitig unterstützen und damit die besten Bedingungen für die Kinder und die Zukunft gewährleisten.

Was Kinder wirklich brauchen, sind Vater und Mutter, Sicherheit, Liebe und Geborgenheit. Wir müssen jedoch in Österreich leider feststellen, daß wir kein sehr kinderfreundliches Land sind. Das merkt man zum Beispiel sehr genau, wenn man mit mehreren Kindern eine Wohnung sucht. Leider ist das so!

Im Jahre 1965 gab es in Österreich 130 000 Geburten, im Jahr 1996 waren es nur noch 87 900. Im Budget sind nun für familienpolitische Maßnahmen 55 Milliarden Schilling vorgesehen. Das ist ein großes Stück Geld! Wir wissen alle, daß wir an und für sich gute Transferleistungen für die Familien haben, aber natürlich könnte man diese noch verbessern. Darauf werde ich dann auch noch eingehen.

Wir brauchen besonders für die Mehrkindfamilien die Realisierung des Modells von Martin Bartenstein, der ein steuerfreies Existenzminimum pro Familienmitglied vorsieht. Verfassungsgerichtshoferkenntnisse erwarten wir schon lange. Wir hoffen, daß diese bald kommen werden, und zwar so, wie wir uns diese wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig wäre auch der Kinderbetreuungsscheck, damit man es sich besser leisten kann, für seine Kinder dazusein. Wir dürfen nicht eine anonyme "Fernwärmegesellschaft" werden, wir müssen unsere Kinder zu Urteilsfähigkeit und zu Engagement erziehen und nicht zu Kritiksucht, Unzufriedenheit und Verweigerung!

In diesem Budget sind Verbesserungen bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten vorgesehen. Ich begrüße sehr die Anhebung der Bemessungsgrundlage für die Pension, die von 6 500 S auf 8 100 S erhöht werden soll.

Positiv ist auch, daß Menschen, die ihren Beruf aufgeben, um einen Angehörigen ab der Pflegestufe 5 zu pflegen, sozial abgesichert werden sollen.

Weiters empfinde ich es als vorbildlich, daß das Land Tirol für die Familien im Jahre 1998 zusätzlich 100 Millionen Schilling an finanziellen Mitteln zur Verfügung stellt. Schwerpunkt des Paketes sind 2 000 S monatlich vom 18. bis 24. Monat des Kindes, damit es Eltern leichter haben, sich ihrem Kind zu widmen. Weiters sollen finanziell schlechter gestellte Mehrkindfamilien finanzielle Zuschüsse bekommen.

Die Leistungen, die von Familien erbracht werden, müssen honoriert werden. Es geht nicht nur um finanzielle Abgeltungen, sondern es geht auch um das Image der Familien. Jene Entwicklung, die wir heute manchmal beobachten, daß jeder nur noch für sich allein sorgt, führt zum einsamen Egoismus. Wir sehen leider heute viele Scheidungen, und daraus erwächst sehr viel menschliches Leid.

Zu Herrn Nowotny möchte ich sagen: Sie haben gesagt, Sie könnten nicht verstehen, daß die Transferleistungen für junge Mütter nicht valorisiert werden. – Da bin ich sehr neugierig, was Sie dazu sagen, daß das Betriebshilfewochengeld für die Bäuerinnen nun doch endlich valorisiert werden soll. Ich hoffe, Sie unterstützen das! Es gab 15 Jahre keine Aufstockung und keine Valorisierung, und das ist zu lange! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Familiensprecherin der SPÖ, Frau Mertel, hat gesagt: Wir werden Jungfamilien stärken, Mehrkindfamilien stärken, einen eigenständigen Pensionsanspruch für Frauen forcieren. (Abg. Aumayr: Das schau ich mir an!) Ich kann all dies vollinhaltlich unterstreichen und werde mich auch dafür einsetzen!

Anderer Meinung bin ich aber, wenn sie sagt, im Mittelpunkt der Familienpolitik müsse die Frau stehen. Ich glaube, wir müssen in den Mittelpunkt der Familie auch das Kind rücken! (Beifall bei der ÖVP.)


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Abgeordnete Mertel sagte darüber hinaus, daß sie die Philosophie "Frauen, zurück an den Herd!" nicht unterstützt. – Ich unterstütze diese auch nicht! Unsere jungen Frauen haben eine gute Ausbildung. Sie sollen in den Beruf zurückkehren. Aber in den paar Jahren, in denen sie von ihren Kindern am meisten gebraucht werden, sollen sie die Kinder betreuen, denn das sind jene Jahre, die am meisten prägend für das gesamte Leben eines Menschen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

17.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stampler. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Bundesminister! Hohes Haus! Bildung darf und soll etwas kosten. Unter diesem Aspekt kann man das Bundesfinanzgesetz 1998 sehen. Es ist erfreulich, daß in Zeiten der Budgetkonsolidierung ein so erfreulicher Voranschlag vorgelegt werden kann.

So ist es, glaube ich, durchaus positiv zu werten, daß die Ausgabensteigerung im Bereich des Kapitels 12, Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, in den Jahren 1996 bis 1998 zirka 3,3 Prozent beträgt. Ich möchte auch begründen, warum ich glaube, daß eine Ausgabensteigerung für diese Position in Zeiten des allgemeinen Sparens gut ist.

Gerade in einer Zeit, in der sich viele junge Menschen um ihre Zukunft Sorgen machen, Ängste um ihren Arbeitsplatz und um ihre Pensionen haben, ist es unser aller Aufgabe und Verpflichtung, ihnen Perspektiven in Form einer fundierten Ausbildung zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

In Bildung investieren heißt, in die Zukunft unserer Jugend zu investieren. Wir sprechen viel vom lebenslangen Lernen, das bereits in der Schulzeit beginnen soll und wissen auch, daß die Kinder von heute die Jugendlichen von morgen und die Erwachsenen von übermorgen sind. Nach dem Elternhaus tragen Schule und Lehrer die größte Verantwortung für die jungen Menschen. Die Lehrer sind sich ihrer Aufgabe bewußt und finden in unserer Frau Bundesminister eine verantwortungsbewußte und verständnisvolle Vorgesetzte und Partnerin, und vor allem ist sie, was sehr wichtig ist, eine Frau aus der Praxis. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn heute die Schule oft als Aufbewahrungsort angesehen wird und die Erziehung den Lehrern und Lehrerinnen überlassen wird, dann müssen wir, glaube ich, ein neues Bewußtsein schaffen. Darum ist es notwendig, in die Bildung unserer Kinder zu investieren. Wenn ich im Kapitel "Förderung" gelesen habe, daß auch ein Betrag für das österreichische Kulturservice vorgesehen ist, so freut mich das. Denn aus eigener Erfahrung weiß ich, daß viele Projekte in Schulen nur dann durchgeführt werden können, wenn sie vom österreichischen Kulturservice auch entsprechend unterstützt werden.

Bildung und Jugendbeschäftigung sind ein Hauptthema für die ÖVP. So will Frau Minister Gehrer besonderes Augenmerk auf die 14- und 15jährigen Jugendlichen legen, die nach der Pflichtschule eine Lehrausbildung beginnen wollen. Seit der Übernahme des Bildungsressorts durch die Österreichische Volkspartei wurden zahlreiche Initiativen im Schulbereich gesetzt. Die österreichische Schulbildung ist international hoch angesehen, und internationale Erfolge können nur mit bester Qualifikation erreicht werden!

Ich möchte noch auf ein paar nennenswerte Details im Budget hinweisen: Gerade wenn wir vom lebenslangen Lernen reden, meine ich, ist es unsere Verpflichtung, auch in die Erwachsenenbildung zu investieren. So sind folgende Maßnahmen im Kapitel 12.21, Erwachsenenbildung, vorgesehen: Ausbau des zweiten Bildungsweges, insbesondere Entwicklung von Selbststudienmaterial, Lernen von Fremdsprachen, Aufbau einer österreichischen Internet-Datenbank für Bildungsinformationen, zweckgebundene Personalsubvention, regionale Bildungsarbeit, gezielte Förderung innovativer Bildungsangebote und Förderung im Zusammenhang mit EU-Bildungsprogrammen.


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Im Kapitel 12.61 sehe ich, daß auch im Bereich der Schulpsychologie und Bildungsberatung eine Steigerung zwischen 1996 und 1998 vorgesehen ist, die immerhin rund 4,7 Prozent beträgt. Das ist, meine ich, sehr gut, denn gerade im Bereich Integration ist es notwendig, daß die Schule eine entsprechende Beratung durch Schulpsychologen erfährt.

Zum Schluß möchte ich noch ganz kurz auch auf die Teilrechtsfähigkeit der Schulen hinweisen: Warum sollen Sportgeräte in den Turnsälen oder Schikurse oder Schulsportwochen nicht von Firmen mit finanziert werden, die dann in den Schulen werben dürfen? Der Begriff "Sponsoring" sollte auch bei uns, glaube ich, ein entsprechendes Gewicht bekommen.

Zum Abschluß möchte ich sagen, daß mit diesem Budgetentwurf für die Bildung in diesem Land neue Wege erschlossen werden. Damit wird einer unserer wichtigsten Werte gesichert und in die Zukunft unserer Kinder investiert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Tichy-Schreder vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.33

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Debattenbeitrag schließt fast nahtlos an die vorherigen an.

Kathi Horngacher hat über die Familie und über die Erziehung innerhalb der Familie gesprochen und betont, wie wichtig es ist, daß man die Rahmenbedingungen für Kinder schafft, damit sie geborgen aufwachsen können. Freund Stampler hat über die Erziehung und Ausbildung in den Schulen gesprochen.

Ich möchte mich auch mit der Bildung beschäftigen, insbesondere damit, was wichtig und notwendig für die Zukunft unserer Kinder ist. Mir ist bei der Debatte bewußt geworden: Wir haben die Umwelt, die Landschaft, die Natur nur von unseren Kindern geborgt, und es ist uns gelungen, uns auch dementsprechend zu verhalten. Wir versuchen jetzt, umweltbewußt vorzugehen, auch im Wirtschaften mit den Ressourcen, die uns von Umwelt und Landschaft zur Verfügung gestellt werden.

Jetzt geht es aber auch darum, zu entscheiden, welche Ressourcen wir jetzt verbrauchen und welche wir unseren Kindern für die Zukunft übriglassen. Herr Finanzminister! Ich meine das jetzt im Zusammenhang mit den Budgetmitteln, die wir notwendigerweise auch dafür brauchen werden, um in Zukunft unsere Pensionen und auch die Pensionen unserer Kinder absichern zu können!

Ich bin auch der Meinung, daß die Budgetrede nur einen Teil des Budgets betrifft und daß die Begleitgesetze dazu noch geschaffen werden müssen und darüber auch noch verhandelt werden muß. Diese Differenzierung treffe ich bewußt. Wir wissen, daß die Materie sehr komplex ist und daß das ein Unterfangen ist, das wir genau beraten müssen. Und das ist nicht nur – wie einige Abgeordnete der FPÖ gemeint haben – Sache der Regierung, sondern auch der Parlamentarier; jede Fraktion wird sich damit auseinanderzusetzen haben. Wenn man das bedenkt, wird klar, daß manches vielleicht erst zum Schluß gelingt. Das heißt: Es ist ein Ringen um die Absicherung für die Zukunft.

Wir wollen, auch wenn es diesbezüglich Unkenrufe der Opposition gegeben hat, vor allem auch – dazu hat unser Klubobmann zu Beginn gesprochen –, daß alle Budgetdaten, die wir vorgelegt haben, auch penibel eingehalten werden. Wir wissen, wie schwierig dies da und dort sein wird, aber – das soll auch festgehalten werden – das Ringen um die Erreichung der Wahrheit der Budgetziffern ist Aufgabe der Koalition, die sie auch wahrnimmt.

Oft wird die Frage gestellt: Warum haben Sie dies und jenes nicht durchgesetzt? – Die Antwort darauf ist klar: Wir leben in einer Demokratie, und da ist es manchmal schwierig, einen Konsens zu finden. Wir sind froh, wenn wir letztlich Kompromisse zustande bringen.


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Meine Damen und Herren! Darum ist es mir auch ein Anliegen, zur Bildung zu sprechen, weil es immer wichtiger wird, wie diese in Zukunft gestaltet wird. Wir haben festgestellt, daß sich das Wirtschaftsleben enorm wandelt. Die Märkte werden offener, und sie werden nicht nur wegen des Shareholder-value offener, sondern weil der Konsument, der vielfach als König gesehen wird, nun eine gute Auswahl zu günstigen Preisen treffen kann. Das sind Voraussetzung und Sinn eines funktionierenden Marktes: Der Konsument bestimmt den Preis, und danach richtet sich die Wirtschaft. Und in diesem Sinne hat es in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung gegeben. Sie war so rasant, daß manchmal die entsprechenden politischen Entscheidungen dazu gefehlt haben.

In Anbetracht dessen ist es sehr wichtig, zu klären, wie Bildung in Zukunft gestaltet werden kann und muß, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Eines unserer Erziehungsziele war oft, daß die jungen Menschen zur Kritikfähigkeit erzogen werden sollen. – Ich glaube, hier müßten wir ein wenig umdenken: Die Menschen sollten nicht nur zur Kritikfähigkeit erzogen werden, sondern auch zur Urteilsfähigkeit. Die jungen Menschen müssen lernen, wie man sich selbst in den Arbeitsprozeß einbringt. Dafür gibt es vorläufig leider nur einen englischen Begriff: Es wird in diesem Zusammenhang vom sogenannten Self-employment gesprochen. Gemeint ist damit die Art und Weise, wie man sich selbst in eine Gesellschaft einbringt, selbst Verantwortungen übernimmt und für sich selbst einen Arbeitsplatz nach den Bedürfnissen des Marktes schafft. Das ist die Herausforderung, die wir für die Zukunft haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte den Kollegen auf der Seite der Freiheitlichen sagen: Lernen Sie, die Dinge etwas differenzierter zu betrachten, und verwenden Sie nicht nur den Holzhammer wie der Kasperl für das Krokodil! Eine differenzierte Betrachtungsweise ist wesentlich besser!

Kollege Nußbaumer hat zum Beispiel gemeint, daß die Exportoffensive nicht greift. Er möge sich die Ziffern ansehen! Die Exportoffensive greift sehr wohl! In den letzten zwei, drei Jahren ist es in Österreich gelungen, den Export prozentmäßig mehr zu steigern als den Import. Und das ist den österreichischen Betrieben zu verdanken, und zwar nicht nur den Unternehmerinnen und Unternehmern, sondern auch den Mitarbeitern.

Auch die Technologieoffensive hat schon Platz gegriffen, das zeigt etwa die Autozulieferindustrie. Und das hat seinen Grund: Denn hätten wir die Produkte durch das technische Know-how unserer Mitarbeiter nicht so gestalten können, daß wir im Export und in der Technologie federführend sind, dann hätten die ausländischen Autoindustrien nicht österreichische Betriebe herangezogen! Das ist ein gutes Beispiel dafür.

Herr Abgeordneter Nußbaumer! Spezielle Fragen an den Finanzminister werden dann in den Budgetberatungen in den einzelnen Ausschüssen gestellt und auch eingehend beraten werden können. Heute haben wir eine Grundsatzdebatte zu führen, und ich bin sehr froh darüber, daß diese hier gestartet worden ist. Ich meine, in den Budgetberatungen werden wir uns noch eingehender mit den Materien zu beschäftigen und einzelne Gesetze zu beraten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

17.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich noch Frau Abgeordnete Aumayr. Die restliche Redezeit für Ihre Fraktion beträgt 3 Minuten. – Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort. (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich bitte jetzt um Ruhe!

Bitte, Frau Abgeordnete, beginnen Sie!

17.40

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Im Budgetkapitel 51, Kassenverwaltung, geben Sie schwarz auf weiß zu, daß Sie rund 1,3 Milliarden Schilling an EU-Förderungen zurückbehalten. Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Wieso sitzen Sie wie eine Bruthenne auf EU-Geldern, anstatt endlich Arbeitsplätze damit zu fördern und Investitionen in den verschiedenen Regionen zu tätigen? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Diese Frage gilt auch für Sie!)


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89. Sitzung / Seite 120

Zu den Lobgesängen der sogenannten ÖVP-Bauernvertreter: Sie sind ja, wie Sie hier beim Rednerpult mehrfach angeführt haben, hochzufrieden mit dem Budget, das Sie demnächst beschließen werden. (Abg. Schwarzenberger: Bei der Erhöhung wird die FPÖ wahrscheinlich dagegen stimmen!) Frau Kollegin Horngacher! Sie haben zu Recht die Diskriminierung der Familien beklagt: 30 Prozent der bäuerlichen Familien leben unter der Armutsgrenze. Nur: Wer stellt seit Jahren den Familienminister? Wer stellt seit Jahren die Landwirtschaftsminister? Sie wissen auch, Frau Kollegin Horngacher, daß der Gesundheitszustand der Bäuerinnen der schlechteste aller Berufsgruppen ist. Trotzdem stimmen Sie im Parlament immer die Anträge der Freiheitlichen nieder, wenn wir einen Berufsschutz für Bäuerinnen und für Bauern fordern. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Auer und Schwarzenberger. )

Herr Kollege Auer und Herr Kollege Schwarzenberger! Sie sind hochzufrieden mit dem Budget. Unsere Bauern müssen mit einer geringen Durchschnittspension ihr Auslangen finden! Man muß sich einmal vorstellen, mit welch geringen finanziellen Mitteln die Bauern auskommen müssen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Wochengeld für Bäuerinnen ist seit 15 Jahren gleich. Sie stimmen jeden Antrag der Freiheitlichen auf Erhöhung nieder, Herr Kollege Schwarzenberger! Auch die Grenze von 54 000 S für den Bezug des Arbeitslosengeldes für Nebenerwerbsbauern ist nach wie vor nicht erhöht worden. Sie loben das Budget, verheimlichen aber gleichzeitig, daß die Sozialversicherungsbeiträge für Bauern massiv erhöht werden. (Abg. Haigermoser: Das ist richtig! – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Zu einer Zeit, zu der die Einkommen für die Bauern massiv gesenkt werden, erhöhen Sie die Sozialversicherungsbeiträge für Bauern. – Gratuliere, Herr Kollege Auer! Vielleicht könnten Sie Ihrem zuständigen Minister Molterer einmal ausrichten, er soll sich doch endlich um die Bauern kümmern, anstatt sich als Chefverhandler bei den Beamten aufzuspielen! Dort kommt sowieso nichts heraus! Vielleicht könnte er zumindest verhindern, daß den Bauern noch weitere Belastungen zugemutet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Gemäß § 69 Abs. 6 der Geschäftsordnung weise ich die Regierungsvorlage 841 und Zu 841 der Beilagen dem Budgetausschuß zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Abstimmung über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu einer Abstimmung.  – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Budgetausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 415/A der Abgeordneten Dr. Haselsteiner und Genossen betreffend Änderung des Rechnungshofgesetzes und Geschäftsordnungsgesetzes eine Frist bis 31. Dezember 1997 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt .

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Anfragen 3081/J bis 3107/J eingelangt sind.


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89. Sitzung / Seite 121

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 10. Oktober 1997, 10 Uhr, ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 17.44 Uhr