Stenographisches Protokoll

27. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 17. Mai 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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27. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 17. Mai 2000

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 17. Mai 2000: 14.03 – 22.56 Uhr

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Tagesordnung

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen


Nationalrat, XXI.GP
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27. Sitzung / Seite 2

Beratungsgruppe VIII: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft; Umwelt neu; Umwelt

Beratungsgruppe IV: Inneres

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 10

Ordnungsrufe 10, 10

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 10

Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen, die Regierungsvorlage 60 und Zu 60 d. B. in der Fassung des Ausschussberichtes an den Budgetausschuss rückzuverweisen – Ablehnung 10, 10

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 10

Ausschüsse

Zuweisungen 10

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (80 und Zu 80 d. B.) 10

Beratungsgruppe VIII: Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag), Kapitel 61: Umwelt neu, Kapitel 18: Umwelt 10

Redner:

Sophie Bauer 10

Georg Schwarzenberger 10

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 10, 10

Anna Elisabeth Aumayr 10

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 10, 10

Otmar Brix 10, 10

Karlheinz Kopf 10

Dr. Eva Glawischnig 10

Mag. Karl Schweitzer 10

Rainer Wimmer 10, 10

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 10

Jakob Auer 10

Heinz Gradwohl 10

Roland Zellot 10

Ludmilla Parfuss 10

Erwin Hornek 10

Emmerich Schwemlein 10

Robert Wenitsch 10

Mag. Kurt Gaßner 10

Matthias Ellmauer 10

Mag. Ulrike Sima 10

Franz Hornegger 10

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 10

Nikolaus Prinz 10

Ing. Gerhard Fallent 10

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) 10

Georg Oberhaidinger 10

Hermann Gahr 10

Ing. Wilhelm Weinmeier 10

Karl Dobnigg 10

Edeltraud Lentsch 10

Edeltraud Gatterer (tatsächliche Berichtigung) 10

Mag. Dr. Udo Grollitsch 10

Ludmilla Parfuss (tatsächliche Berichtigung) 10

Johannes Schweisgut 10

Franz Kampichler 10

Johann Kurzbauer 10

Jakob Pistotnig 10

Ing. Herbert L. Graf 10

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 10

Dr. Gabriela Moser 10

Ing. Wilhelm Weinmeier (tatsächliche Berichtigung) 10

Annahme der Beratungsgruppe VIII 10

Beratungsgruppe IV: Kapitel 11: Inneres (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag) 10

Redner:

Anton Leikam 10

Paul Kiss 10

Mag. Terezija Stoisits 10

Dr. Helene Partik-Pablé 10


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27. Sitzung / Seite 3

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 10, 10

Günter Kiermaier 10

Günther Platter 10

Theresia Haidlmayr 10

Ernest Windholz 10

Anton Gaál 10

Günter Kößl 10

Ludmilla Parfuss 10

Mag. Eduard Mainoni 10

Helmut Dietachmayr 10

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 10

Otto Pendl 10

Hermann Reindl 10

Karl Dobnigg 10

Karl Freund 10

Mag. Andrea Kuntzl 10

Dr. Reinhard Eugen Bösch 10

Dr. Evelin Lichtenberger 10

Walter Murauer 10

Wolfgang Jung 10

Werner Miedl 10

Mag. Karl Schlögl B> 10, 10

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Leikam und Genossen betreffend pensionswirksame Beitragszeiten für ordentliche und außerordentliche Zivildiener zum Ausgleich der unsozialen Wirkungen der FP/VP-Pensionsreform – Ablehnung 10, 10

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen betreffend die massiven negativen und unsozialen Wirkungen der VP/FP-Zivildienstgesetz-Novelle – Ablehnung 10, 10

Annahme der Beratungsgruppe IV 10

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage 10

107: Agrarrechtsänderungsgesetz 2000

Anträge der Abgeordneten

Karlheinz Kopf, Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (166/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, geändert wird (167/A)

Karlheinz Kopf, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung geändert wird (168/A)


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27. Sitzung / Seite 4

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz zur Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit geändert wird (169/A)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof (Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) (170/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Futtermittelzusatzstoffe (Antibiotika, Wachstumsförderer) in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (804/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Futtermittelzusatzstoffe (Antibiotika, Wachstumsförderer) in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (805/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Nachhilfestunden und Schattenwirtschaft (806/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Überstundenregelung (807/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Gutachten über die Verfassungswidrigkeit der Anhebung des Pensionsalters (808/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schönbrunner Bad und Müllkompostierung (809/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Außenstände der Krankenkassen durch Leistungen für Patienten, die nicht in Österreich versichert sind (810/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kontrolle der Tiertransporte (811/J)

 

 


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27. Sitzung / Seite 5

Beginn der Sitzung: 14.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Gerhard Bauer, Ortlieb, Schieder, Ing. Maderthaner sowie der Abgeordnete Dr. Pilz.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt Mitteilung von Entschließungen des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Regierungsmitgliedern gemacht, und zwar wie folgt:

Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch Herrn Bundesminister Dr. Martin Bartenstein vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Regierungsvorlage:

Agrarrechtsänderungsgesetz 2000 (107 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 165/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 und das Strafgesetzbuch geändert werden (110 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuss:

Patentrechts- und Gebührennovelle 2000 (106 der Beilagen).

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27. Sitzung / Seite 6

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (80 und Zu 80 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Werner Fasslabend: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß ist eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten, Grüne 92 Minuten.

Die Redezeit des für die jeweilige Beratungsgruppe zuständigen Regierungsmitgliedes, die 20 Minuten überschreitet, beziehungsweise die Redezeit des für die jeweilige Beratungsgruppe zuständigen Staatssekretärs, die 10 Minuten überschreitet, soll auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet werden. Ferner soll die Redezeit ressortfremder Regierungsmitglieder beziehungsweise Staatssekretäre von Beginn an auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet werden. – Gibt es Einwendungen gegen diese Vereinbarung?

Wir kommen sogleich zur Abstimmung. Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Beratungsgruppe VIII

Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag), Kapitel 61: Umwelt neu, Kapitel 18: Umwelt

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Beratungsgruppe VIII.

Ein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung zu dieser Beratungsgruppe liegt vom Spezialberichterstatter nicht vor.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Sophie Bauer. Ich erteile es ihr hiermit.

14.06

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Abg. Dr. Zernatto spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Molterer. – Abg. Reitsamer: Herr Minister! Herr Zernatto soll auf seinen Platz gehen!)  – Herr Bundesminister! Er hört zwar jetzt nicht zu. (Bundesminister Mag. Molterer: Selbstverständlich höre ich Ihnen zu!) Gut. – Ich hatte gehofft, dass trotz Sparmaßnahmen im Agrarbudget 2000 ein Schritt zur Verbesserung für die Kleinbauern und Nebenerwerbsbauern gesetzt wird.

Da Sie, Herr Bundesminister, am 6. April 2000 im Bundesrat noch von einer realistischen Umsetzung des Sockelbetrages für kleinere Betriebe, von Förderungen der Investitionen der bäuerlichen Betriebe, von einer Weiterentwicklung der Verarbeitungswirtschaft, von Prämien für Jungunternehmer und von neuen Maßnahmen für den ländlichen Raum gesprochen haben, hatte ich die Hoffnung, dass Sie dabei auch die soziale Komponente im Budget 2000 berücksichtigen würden.

Herr Bundesminister! Es wäre gerade bei knappen budgetären Mitteln das oberste Gebot, bei Einsparungen eine soziale Treffsicherheit anzustreben, die Sie, Herr Bundesminister, und Ihr Kollege Bartenstein in allen Bereichen fordern, außer im Agrarförderbereich. (Beifall bei der SPÖ.)


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27. Sitzung / Seite 7

In diesem Budget hat die blau-schwarze Bundesregierung eine sozial gerechte Staffelung der Agrarförderung verabsäumt. Wir, die Sozialdemokraten, haben in der vergangenen Koalitionsregierung dafür gesorgt, dass schrittweise in Teilbereichen die soziale Staffelung eingeführt wurde.

Herr Bundesminister! Sie sind jetzt sogar dabei, mit Ihren Maßnahmen die sozialen Gegensätze zu verschärfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Den Zielsetzungen einer gerechten Verteilung von Agrarförderungsmitteln sowie einer inneragrarischen Solidarität widerspricht die Tatsache, dass Gutsbetriebe von Grafen und Fürsten in unserem Land fünf, zehn, ja sogar 20 Millionen Schilling kassieren, während Kleinbetriebe, Bergbauern und Betriebe in benachteiligten Gebieten mit einem Bruchteil dieser Summen abgespeist werden.

Besonders in der Steiermark gibt es viele kleinflächig strukturierte Landwirtschaften, Nebenerwerbs- und Bergbauern. Und gerade in diesem Bereich ist das Einkommen so gering, dass es zum Überleben fast nicht mehr ausreicht.

Der Plan einer Steuersenkung bei Dieseltreibstoff nützt sicherlich vorwiegend den Großgrundbesitzern und ist zudem auch noch aus umweltpolitischen Gründen abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe mir schon Hoffnungen gemacht, dass Sie Wort halten und die Schwächeren unterstützen werden. Sie sind als Bundesminister in diesem Bereich nicht neu. Sie haben Erfahrung und haben auch in diversen Aussagen in diesem Jahr selbst aufgezeigt, wie wichtig die Leistungen der bäuerlichen Familienbetriebe sind, die für die Sicherung und Erhaltung attraktiver Lebens- und Erholungsräume sorgen, weil damit auch der Tourismus weiter ausgebaut werden kann.

Herr Bundesminister! In einer Aussendung der Statistik Österreich vom 15. Mai wird festgestellt, dass die Zahl der viehhaltenden Betriebe einerseits kleiner wird, dass aber andererseits diese kleinere Anzahl der viehhaltenden Bauern den Viehbestand erhöht.

Das ist der Beweis für die derzeit praktizierte Förderung nach Stückzahlen, während die Arbeitsleistung bei einem Familienbetrieb eines Bergbauern oder eines Kleinbauern, dort, wo nicht mit Maschinen gearbeitet werden kann, sondern die menschliche Arbeitskraft unter schwierigen Bedingungen zum Einsatz kommt, unberücksichtigt bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, Sie werden sich gerade für diese Gruppe einsetzen, Sie werden gerade die Leistungen der Bergbauern, der Kleinbauern honorieren, damit auch die kleinen Betriebe in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Mit diesem Budget, Herr Bundesminister, wird es ein weiteres Abwandern und Bauernsterben geben. Deshalb werden wir Sozialdemokraten diesem Budget unsere Zustimmung nicht erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

14.11

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zur Frau Abgeordneten Sophie Bauer ist zu sagen, dass wir in Österreich ja eine sehr kleinstrukturierte Landwirtschaft haben. Sehen wir uns unsere Strukturen genauer an: Von den 240 000 Betrieben in Österreich bewirtschaften 86 500 Betriebe eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 123 000 Hektar. Das heißt, diese 86 500 Betriebe haben im Durchschnitt weniger als 2 Hektar. Wenn man nun sozusagen die Marktordnungszahlen insgesamt auf diese Betriebe umlegt, kann logischerweise, da sie nur 4 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewirtschaften, aber 35 Prozent der Betriebe darstellen, keine Durchschnittssumme herauskommen. Aber ich werde im Laufe meiner Ausführungen noch darauf eingehen.


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Ich möchte die Zeit nützen, um einerseits die Leistungen der Land- und Forstwirtschaft darzustellen, andererseits aber auch zu fragen: Was erwartet der österreichische Bürger, die österreichische Bürgerin vom österreichischen Bauern?

Die erste Aufgabe des Bauern ist nach wie vor die Ernährung der Bevölkerung. Noch nie zuvor in unserer Geschichte hat der Bauernstand Österreichs den Tisch des Volkes so ausreichend und mit Nahrungsmitteln von so hoher Qualität gedeckt, und außerdem waren Nahrungsmittel noch nie so preisgünstig wie derzeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die österreichische Bevölkerung gibt nur mehr 17 Prozent ihres Gesamteinkommens für Essen und Trinken aus, vor zehn Jahren waren es noch 25 Prozent und vor 20 Jahren noch 30 Prozent. Das heißt, ein wesentlicher Teil des Lebensstandards in Österreich ist dadurch erreicht worden, dass die Agrarprodukte in den letzten fünf Jahren wesentlich billiger geworden sind. Das war auch der Grund dafür, dass die Inflationsrate in dieser Zeit sehr stark zurückgegangen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Die zweite wesentliche Aufgabe der österreichischen Landwirtschaft, der Bauern ist die Pflege der Kulturlandschaft bis hinauf in die Gletscherregionen. Diese Aufgabe hat große Bedeutung für die Erholung unserer Bevölkerung. Auch die städtische Bevölkerung will einen Freizeitraum haben, und das ist der ländliche Raum. Nicht nur Gäste aus dem Ausland kommen zu uns. Fälschlicherweise sagen wir immer, wir werben bei unseren Gästen mit der schön gepflegten Landschaft, aber auch für die heimische Bevölkerung ist eine gepflegte Landschaft bis hinauf in die Gletscherregionen ein Teil ihrer Lebensqualität. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Denken Sie beispielsweise an die mit Blumen geschmückten Bauernhäuser: Unsere Bäuerinnen, die ohnehin überlastet sind, tun dies nebenbei und kostenlos, weil sie sich selbst über derart geschmückte Häuser und gepflegte Vorgärten freuen. Wir verkaufen sozusagen unsere gepflegte Landschaft. (Abg. Sophie Bauer: Aber da müssen sie das Geld haben, dass sie das machen können!) Minister Molterer hat einmal gemeint, das ist das Gesicht Österreichs. Niemand von uns will das Gesicht verlieren, und auch Österreich wird sein Gesicht nicht verlieren, wenn wir den Bauernstand erhalten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eine weitere Aufgabe ist die Belebung des ländlichen Raumes. Die Besiedlung in den Alpentälern wird es sehr bald nicht mehr geben, wenn wir unsere Bauern dort nicht halten können. Die Bauernschaft war ursprünglich die Quelle der Volkskultur und ist nach wie vor mit ein sehr bedeutender Gestalter unserer Volkskultur. Nichts gegen die Hochkultur, aber Österreich wird auch von der Volkskultur geprägt.

Wir rühmen uns, dass 81 Prozent unserer Flüsse und Seen sauberes Wasser, die Seen fast alle Badewasserqualität haben. Dazu leistet die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag.

All diese Aufgaben beweisen, dass die österreichischen Bauern diese Multifunktion für die österreichische Bevölkerung in hervorragendem Ausmaß erbringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zu einem der Vorwürfe, die im Rahmen der Budgetbehandlung in der vergangenen Woche, aber auch gestern immer wieder vorgebracht wurden, nämlich dass die Bauern Milliardengeschenke bekämen. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch die Landwirtschaft bringt Opfer für die Stabilisierung des Budgets. Das Kapitel "Land- und Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft" hat – ich möchte das aus dem entsprechenden Budgetteil zitieren –, bereinigt durch die Versuchsbetriebe und durch die Verwaltungskosten, im heurigen Jahr ein Budget von 21,2 Milliarden Schilling. Im Jahre 1995 waren es noch 33,2 Milliarden Schilling. (Abg. Edlinger: Bleiben S‘ fair!) Es ist also eine Abnahme um ein Drittel zu verzeichnen, und angesichts dessen kann man nicht sagen, dass die Landwirtschaft Milliardengeschenke erhalten würde.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Einige Vergleiche dazu. Es geht auch aus diesem Budget hervor, dass die Österreichischen Bundesbahnen allein für die volkswirtschaftlichen Leistungen jährlich 8,5 Milliarden Schilling – allein für die volkswirtschaftlichen Leistungen! – bekommen. Das ist mehr, als die gesamte Landwirtschaft erhält, denn von diesen 22 Milliarden


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Schilling gibt es Rückflüsse von der EU in der Höhe von 13 Milliarden Schilling. Das heißt, die echte Budgetbelastung der Steuerzahler in Österreich beträgt 6,5 Milliarden Schilling für 240 000 Bauern, und ich glaube, die Bauern haben sich das verdient! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Am vergangenen Freitag gab es zum Budgetkapitel "Wissenschaft" einen Abänderungsantrag von Dr. Niederwieser und Dr. Einem. Dieser Abänderungsantrag hätte allein 1 577 Millionen Schilling mehr an Budgetmitteln für die Universitäten gebracht, obwohl für die Universitäten im Budget 2000 20,3 Milliarden gegenüber 17,5 Milliarden Schilling im Jahre 1999 veranschlagt worden sind. Auch da wird deutlich, dass die Landwirtschaft ihren Beitrag zum Sparen im Rahmen der Budgeterstellung geleistet hat.

Und noch ein Letztes, weil es immer wieder heißt, man soll die Kleinen mehr unterstützen. Wir werden auch ab dem kommenden Jahr den Sockelbetrag für die Ausgleichszulage einführen, nur: Dieser Sockelbetrag ist ein Teil der ländlichen Entwicklung, und dieses Programm ist in Brüssel noch immer nicht beschlossen worden. Aus diesem Grund müssen wir die Ausgleichszulage so wie im Jahre 1999 belassen.

Aber: Wir können einen Beitrag leisten, die Kleinen zu unterstützen, nämlich beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel. Dort ist nämlich die eigentliche soziale Ungerechtigkeit vorhanden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wenn ein Bürger in der Stadt Wien allein beim Gemeindeanteil mehr als 10 000 S entspricht und ein Bürger in einer Gemeinde unter 10 000 Einwohnern nur 6 000 S, so ist da echter Reformbedarf gegeben. (Abg. Oberhaidinger: Schauen Sie sich die Leistungen an, Herr Kollege!)

Darüber hinaus – und darüber freuen wir uns – ist dieser abgestufte Bevölkerungsschlüssel nur durch die Verfassungsbestimmung haltbar, und es heißt im Gesetz, dass diese Verfassungsbestimmung am 31. Dezember 2000 ausläuft. Das gibt uns die Chance, auch diesbezüglich mehr Gerechtigkeit für den ländlichen Raum und für die finanzschwachen Gemeinden zu erzielen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

14.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sprechen heute über das Agrarbudget, und mir geht es in meinem Beitrag vor allem darum, dieses Budget an dem zu messen, was Sie angekündigt haben, Herr Bundesminister.

In der Regierungserklärung heißt es, Förderungen müssen sozial gerecht und treffsicher sein. Vor einer Woche etwa haben Sie in einer gemeinsamen Presseveranstaltung mit dem Landwirtschaftsminister Bayerns, Herrn Miller, festgestellt – ich möchte das kurz zitieren –:

Dieses Modell der multifunktionalen, nachhaltigen, flächendeckenden Landwirtschaft muss verteidigt werden gegen einen ständig steigenden Intensivierungsdruck mit der Folge eines erhöhten Strukturwandels. – Zitatende.

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist das Schlüsselthema. Woher kommt denn dieser Druck, Herr Bundesminister, und was wird dagegen getan? Sind Sie seit Oktober Landwirtschaftsminister, sind Sie seit fünf Jahren, seit sechs Jahren Landwirtschaftsminister? Wie lange sind Sie schon in dieser Verantwortung? Das ist selbstverständlich klar zu beantworten, und daher auch meine Frage, die daran anknüpft: Haben Sie nicht genau das getan, was Sie hier kritisieren, nämlich die Intensivierung der österreichischen Landwirtschaft vorangetrieben mit einem Fördermodell, das eben nicht sozial abgestuft ist und das ökologisch nicht treffsicher ist, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Das ist nämlich die ganze Tragik dieser Feststellung, die Sie selbst treffen: Dass Förderungen, die auf Basis von Flächenausmaß und von Tierzahlen gegeben werden, letztlich größere Betriebe begünstigen. Sie bekommen auf Grund größerer Fläche höhere Förderungen. Dieses Problem haben Sie bis heute nicht gelöst, und das sind Sie auch im vorliegenden Budgetentwurf in keiner Weise angegangen.

Ich möchte konkret noch einmal auf das Gesamtbudget eingehen und auch formale Kriterien dieses Budgets hinterfragen. Der Budgetrahmen – 23,5 Milliarden Schilling – sieht auf den ersten Blick zumindest nach keiner Erhöhung aus. Wenn wir uns genau anschauen, wie dieses Budget zustande gekommen ist, und wenn ich auch die Anfragebeantwortungen im Budgetausschuss berücksichtige, muss ich sagen, Sie selbst, Herr Bundesminister, haben ja zugegeben, dass im Bereich der Förderungen von Seiten der EU noch zusätzliche Milliarden kommen werden. Konkret haben Sie gesagt: 1,87 Milliarden Schilling mehr Förderungen aus Brüssel, als in Ihrem Budgetvoranschlag vorgesehen. Ich würde Sie ersuchen, im Sinne von Budgetwahrheit und Budgetklarheit auch effektive, klare Zahlen in dieses Budget zu schreiben. Dann werden Sie darauf kommen, dass dieses Budget nicht 23,5, sondern zumindest 25 Milliarden Schilling und mehr umfasst. – Das zu diesem generellen Ansatz. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Mag. Molterer: Was ist da schlecht daran?)

Wir können, wenn wir jetzt auf einzelne Budgetpositionen eingehen, feststellen, dass es zu sehr unterschiedlichen Entwicklungen gekommen ist, mit teilweise nicht unwesentlichen Erhöhungen, Herr Bundesminister, etwa Erhöhungen der Bundesmittel im Bereich der Agrarmarkt Austria um mehr als 20 Prozent. Eine Steigerung von 342 Millionen Schilling auf 418 Millionen Schilling bedeutet eine Erhöhung von mehr als 20 Prozent. Andererseits stellen wir zum Beispiel auch für landtechnische Maßnahmen eine Erhöhung um 50 Prozent fest, nämlich von 24 Millionen auf 35 Millionen Schilling. Im Bereich Werbung und Markterschließung hingegen sind Kürzungen um 10 Prozent festzustellen, Kürzungen gibt es auch bei den qualitätsverbessernden Maßnahmen und im Forschungsbereich, meine Damen und Herren.

Wenn man auch gegen viele dieser qualitätsverbessernden Maßnahmen aus ökologischer Sicht Vorbehalte haben könnte, so läge es doch auch an Ihnen, hier neue Akzente zu setzen, und die vermisse ich in diesem Budget. (Beifall bei den Grünen.)

Wie sieht es übrigens mit Ihren Lippenbekenntnissen zu möglichen Synergieeffekten zwischen Umwelt und Landwirtschaft wirklich aus, Herr Minister Molterer? Innovative Ansätze wie der Biolandbau oder auch Energie aus Biomasse fristen neben den traditionellen Budgetpositionen wie Agrarmarkt Austria, Förderungen der Kammern und den Marktordnungsausgaben nach wie vor ein Schattendasein. Wäre es nicht Ihre vordringliche Aufgabe gewesen, die Aufwertung Ihres Ministeriums infolge der Hinzunahme des Umweltbereichs durch eine entsprechende ökologische Offensive in der Landwirtschaft zu untermauern?

Und das ist die zentrale Frage, die sich hier stellt: Wie soll und wie kann das in Österreich möglich sein? Wie könnten Sie das machen? Wir haben das auch in diesem Haus hier schon diskutiert. Sie haben die Möglichkeiten der Modulation nicht genutzt, jener Maßnahme, mit der Sie Marktordnungsausgaben in Richtung Umweltausgaben umschichten könnten. Mit Modulation ist, um das klar zu stellen, nicht nur gemeint, dass klare Förderobergrenzen beziehungsweise Degressionsmodelle bei allen Agrarförderungsmaßnahmen heranzuziehen sind. Nein, meine Damen und Herren. Modulation bedeutet eben die Möglichkeit, Agrarmittel von Marktordnungsausgaben hin zu Umweltausgaben umzuschichten und diese Maßnahmen gleichzeitig durch nationale Beiträge zu verdoppeln. Das ist doch eine Chance, Herr Bundesminister, um ein prekäres Landwirtschaftsbudget sozial gerechter und ökologisch treffsicherer zu gestalten. Und das ist auch ein Manko Ihres Vorschlages. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letztlich ist eine Agrarpolitik, die nicht zu mehr und verstärkter Umweltorientierung führt, ein Bärendienst an der Landwirtschaft. Sie werden in Zukunft in einen Argumentationsnotstand kommen. Frau Kollegin Bauer hat es ja auch schon andiskutiert: Wenn Großbetriebe mehrere Millionen Schilling, bis 20 Millionen Schilling Förderung beziehen, dann kann das mit keiner


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arbeitsmarktpolitischen Argumentation mehr abgefedert werden, wenn das nicht einmal evaluiert ist und wenn hier keine klaren Degressionsmodelle eingezogen werden.

Die derzeitige Modulation, dass ab 100 Hektar, ab 300 Hektar und ab 1 000 Hektar eine Förderungsdegression im Bereich des ÖPUL wirksam wird, ist meiner Meinung nach lächerlich, denn wie viele Betriebe gibt es in Österreich, die mehr als 1 000 Hektar landwirtschaftliche Fläche bewirtschaften?

Ich komme damit auch zu einer Aussage Ihres Ressorts in dieser Anfragebeantwortung. Eine Sozialpolitik – sagen Sie dort – mit GAP-Prämien, also mit diesen Marktordnungsprämien, ist abzulehnen. Das erwirtschaftete Einkommen der Bauern ist klar von der Vergabe eines sozialen Ausgleichs zu trennen. – Einerseits gibt es also die Lippenbekenntnisse in der Regierungserklärung – Förderungen müssen sozial gerecht und zielsicher sein –, andererseits aber sagen Sie, Herr Bundesminister, in einer Anfragebeantwortung ganz klar, diese Maßnahmen können nicht herangezogen werden, um einen sozialen Ausgleich in der österreichischen Agrarpolitik zu betreiben.

Die Modulation, sagen Sie weiters, kann nur im Gleichklang mit anderen EU-Staaten eingeführt werden. – Meine Damen und Herren! Das ist faktisch nicht richtig, weil die EU-Regelung für den ländlichen Raum vorsieht, dass es sehr wohl nationale Programme für diese Umschichtung gibt. Frankreich nutzt diese Möglichkeit; Sie wissen das, Herr Bundesminister, ich habe Sie schon mehrfach darauf hingewiesen.

Wo ist die angekündigte Bergbauern-Milliarde? Wie soll sie jemals finanziert werden, Herr Bundesminister, wenn nicht aus dieser Umschichtung, wenn nicht durch Modulation, durch soziale Gerechtigkeit auf dem landwirtschaftlichen Sektor selbst (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ) , weil Sie diesen sozialen Sockelbeitrag nicht anders finanzieren werden können? Wir werden ja im Herbst sehen, wie Sie diese Mittel lukrieren wollen.

Und was ist mit dem mentalen Bereich? Wo bleiben Ihre Signale für mehr Rechtssicherheit für die Landwirte? Wo bleibt die Veröffentlichung des Sanktionskataloges der Agrarmarkt Austria für die Förderungen? Wo bleibt die Zusicherung für Bäuerinnen und Bauern, dass sie für Umweltleistungen auch einen Rechtsanspruch haben, nämlich einen subjektiven Rechtsanspruch, meine Damen und Herren?

Damit bin ich schon beim nächsten Bereich, nämlich bei der ökologischen Ausrichtung und Zielgenauigkeit Ihres Vorschlages und Ihres Budgets. Sie wissen sehr wohl, dass konventionelle Landwirtschaft ganz wesentlich zum Treibhauseffekt in unserer globalen Situation beiträgt. Etwa 15 Prozent macht dieser Anteil der Landwirtschaft aus, 80 Prozent der CO2-Emissionen kommen aus Betriebsmittelzukäufen wie Düngemittel, Futtermittel, aber auch Maschinen.

Insgesamt wird die Atmosphäre pro Kilogramm Stickstoffdünger mit dem Äquivalent von 10 Kilogramm CO2 belastet, pro Kilogramm Pestizideinsatz 19 Kilogramm CO2. Und Sie schlagen ernsthaft eine Reduzierung der Mehrwertsteuersätze für Betriebsmittel als Zielorientierung für die österreichische Landwirtschaft vor, und das als Umweltminister! Das halte ich nach wie vor für eine der Achillesfersen Ihrer derzeitigen Agrarpolitik, und ich hoffe, Sie werden das in den nächsten Wochen und Monaten korrigieren.

Ich möchte noch einmal diese ökologische Orientierung diskutieren, die auch Kollege Schwarzenberger angesprochen hat – im Programm für die ländliche Entwicklung, das noch zur Genehmigung in Brüssel liegt. Sie sagen – wir haben das in diesem Haus diskutiert –, es gehe dabei darum, verbesserte Agrar-Umweltmaßnahmen umzusetzen. Auch da vermisse ich im Bereich der Ziele und Indikatoren klare Aussagen, sehr geehrter Herr Bundesminister, zum Beispiel eben im Bereich biologische Landwirtschaft.

Ich habe schon mehrmals versucht, das mit Ihnen zu diskutieren. Es ist ein Manko, wenn Sie in einem Programm für die ländliche Entwicklung festhalten: Es geht nur darum, den Anteil der biologisch wirtschaftenden Betriebe in Österreich aufrecht zu erhalten, 19 000 Betriebe, 200 000 Hektar Grünland, 60 000 Hektar Ackerland. Das sagen Sie für eine Programmperiode von 2000


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bis 2006. Herr Bundesminister! Das ist weder zielgenau noch zukunftsorientiert, noch irgendwie innovativ.

Weiters: Sie verweigern seit Monaten unsere Forderung nach einem begleitenden Ausschuss für dieses Programm für die ländliche Entwicklung, wie das die EU-Verordnung vorsieht. Wir könnten doch dieses Programm begleiten. Evaluieren wir es laufend, schauen wir uns die Ergebnisse an und diskutieren wir diese Ergebnisse, Herr Bundesminister, in diesem Hause, denn das ist, so meine ich, von ganz zentraler Wichtigkeit. Wenn wir es nicht schaffen, die Ausgaben von 105 Milliarden Schilling in diesen fünf bis sechs Jahren demokratisch zu legitimieren, dann wird auch Ihr Schönreden, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, der Leistungen der Landwirtschaft nicht ausreichen, um die notwendigen Mittel für unsere Biobäuerinnen und Biobauern, für unsere Bergbauern und für unsere ökologisch wirtschaftenden Betriebe in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung sicher zu stellen.

Und wenn wir uns schließlich genau anschauen, welche Schwerpunktsetzungen, Prioritätensetzungen nicht in Ihrem Programm vorliegen, möchte ich auch auf die Frage der Gentechnik-Forschung eingehen. Sie haben in mehreren Anfragebeantwortungen sehr klar gesagt, Sie stehen dazu: 24 Millionen Schilling für die Gentechnik-Forschung, und davon wollen Sie 50 Prozent in den nächsten drei Jahren tragen.

Das macht in Ihrem Budget 10 Prozent der Agrarforschung aus. 10 Prozent der Agrarforschungsmittel für eine Gentechresistenzmarille, die wir derzeit in Österreich nicht brauchen!

Sie sprechen davon – das ist auch ein Ergebnis der Regierungserklärung –, dass es im Bereich Gentechnik nur zu einer Beurteilung von Fall zu Fall kommen soll. – Und genau damit drücken Sie sich, finde ich, massiv vor einer ganz klaren Grundsatzentscheidung, einer Grundsatzentscheidung für die österreichische Landwirtschaft, nämlich: Wohin soll der Zug weiter fahren?

Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass der Schweizerische Bauernverband im April dieses Jahres ein selektives Moratorium auf die Freisetzung von GVOs bis zum Jahre 2010 mehrheitlich beschlossen hat. Das sollte Ihnen ins Stammbuch geschrieben werden, Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Das würde ich mir vom Bauernbund auch einmal erwarten: eine klare Festlegung auf eine ökologisch zielgenaue Zukunftsentwicklung der Landwirtschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal daran erinnern, dass Sie im Bereich der Futtermittel, in Bezug auf Gentechnikfreiheit von Futtermitteln und Saatgut – ich erinnere an meinen Antrag in diesem Haus dazu – nur nein gesagt haben, nein zu einer Möglichkeit, jetzt klar den Kurs festzulegen, den Kurs zu einer gentechnikfreien österreichischen Landwirtschaft. Im April dieses Jahres hat sich die Region Toskana in Italien als gentechnikfreie Region deklariert.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Zukunftsentwicklung, das ist eine Frage der Agrarentwicklung in Europa, und wenn wir hier nicht sofort handeln und auch entsprechende Maßnahmen setzen, werden wir nicht vorne sein, sondern hinten nach fahren. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend zu diesem Themenbereich – und das erscheint mir zentral und wesentlich: In Ihrem Budgetansatz, aber auch in Ihrem Regierungsprogramm fehlt das ganz klare Bekenntnis zu einer ökologischen Speerspitze, nämlich zum Biologischen Landbau, und zur Durchsetzung eines entsprechenden Aktionsprogrammes, eines Aktionsplanes für diesen Biologischen Landbau. Wenn Österreich seine Vorreiterrolle in Europa wahren will, dann benötigen wir einen neuen Impuls, eine Verbreiterung und Stärkung aller Aktivitäten, um diese Zukunftsmärkte auch in den nächsten Jahren für die österreichische Landwirtschaft nutzen zu können. Wir brauchen diesen Nationalen Aktionsplan, um die Rahmenbedingungen im Biolandbau wieder attraktiver zu machen.

Sie wissen es, Herr Bundesminister: Wir hatten mit Beginn des Jahres 2000 bei der Zahl der biologisch wirtschaftenden Betrieben einen Rückgang von 5 Prozent. Da ist Handlungsbedarf gegeben! Was werden Sie tun? Im Budget habe ich diesbezüglich nichts gefunden. Sie sagen


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lapidar: Naja, die Mittel für den Biolandbau sind ja eh gleich geblieben, sie sind ja eh nicht gekürzt worden im Bereich der Institutionen der biologischen Landwirtschaft.

Und dann schaue ich mir an, wie in anderen Bereichen, zum Beispiel der Maschinenringe, 50 Prozent mehr Förderungen gegeben werden, im Bereich der Agrarbürokratie, der Abwicklung der Agrarmarkt Austria, sehr wohl über 20 Prozent mehr Mittel verfügbar sind. Für den Biolandbau aber gibt es keinen Groschen mehr, Herr Bundesminister. Das ist ein Manko, und da sollten Sie dringend Ihr Budget noch einmal korrigieren. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend, weil hier immer wieder gefragt wird: Was ist die grüne Alternative? Wir haben klare Alternativen: die Aufstockung des Umweltprogrammes für den Biologischen Landbau durch Umschichtung von weniger ökologischen Maßnahmen und durch Einführung von Förderobergrenzen und der Einbeziehung der Arbeitskraft bei den Vergabekriterien der Agrarfördermittel. Was wir brauchen, ist ein Aktionsplan für den Biologischen Landbau, wie das Dänemark in einem 100-seitigen Papier vorgelegt hat. Es ist höchste Eisenbahn, dass wir auch so etwas bekommen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend : Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. – Bitte.

14.38

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Pirklhuber, Sie haben schon Recht mit Ihrer Kritik, dass in der Landwirtschaft in erster Linie nach Fläche und nach Viehbestand gefördert wird, nur ist das, Herr Kollege Pirklhuber, das Prinzip der EU-Agrarpolitik. Das haben wir gewusst, bevor wir dieser Union beigetreten sind. Ihre Fraktion war für den Beitritt, obwohl es diese ... (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Es gibt neue Möglichkeiten, Frau Aumayr!)

Das war das Prinzip und ist das Prinzip der EU-Agrarpolitik. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )  – Herr Kollege Pirklhuber, lassen Sie mich einmal ausreden, wir können das dann ja noch näher diskutieren. Sie brauchen nur den Eurostat vom 14. März zu lesen: Von 1967 bis 1997, also in 30 Jahren, sind in den Gründerstaaten der EU 2,7 Millionen Bauernhöfe verschwunden! 40 Prozent der bäuerlichen Betriebe sind in diesen 30 Jahren in den Gründerstaaten ruiniert worden.

Und weiters ist zu lesen, dass die kleineren Betriebe zugunsten der größeren Betriebe verschwinden. Auch das ist eine Folge dieser EU-Agrarpolitik. Also man braucht sich jetzt nicht groß herzustellen und darüber zu wundern. Das haben wir gewusst.

Jetzt zum Budget der Bauern. Ich frage mich wirklich: Wem nützt dieser Einkommensverlust, die Abwanderung in der Landwirtschaft? – Niemandem von uns allen. Und wer sind die Gewinner einer Landwirtschaftpolitik, in der der bäuerliche Familienbetrieb überleben kann? – Wir alle.

Das bedeutet, dass die Landwirtschaftspolitik wirklich uns alle betrifft, und zwar alle Gesellschaftsschichten. Viele Höfe wurden in den vergangenen Jahren aufgegeben. Zwei Drittel der Bauern in Österreich arbeiten im Nebenerwerb. Warum? – Weil dramatische Einkommensverluste dazu geführt haben, dass sich die Bauern Verdienstmöglichkeiten außerhalb ihres Hofes haben suchen müssen. Nicht aus Jux und Tollerei, Frau Kollegin Bauer! (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer. )

Die Folge ist natürlich ein Verdrängungsprozess bei den anderen unselbständig Erwerbstätigen. – Das ist der Beweis dafür, dass Landwirtschaftspolitik Arbeitsplatzpolitik ist.

Diese falsche Einkommenspolitik in der Landwirtschaft zerstört eben den bereits vorhandenen Arbeitsplatz auf dem Bauernhof, und das müssen wir korrigieren, denn die Folgen daraus sind auch im sozialen Bereich spürbar, Frau Kollegin. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. )  – Das ist das Budget, den Bauern ist ihr Einkommen wichtig. Das Budget ist wichtig, Herr Kollege Gradwohl. Darüber reden wir! Ich weiß, Sie wollen nicht über das Budget der Bauern reden, es passt wahrscheinlich nicht in Ihren ideologischen Gedankengang.


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Frau Kollegin Bauer! "Opfer" dieser knappen Budgets für die Bauern sind zum Teil auch die Bäuerinnen, die total überarbeitet sind. Auf Grund dessen, dass so viele Bauern im Nebenerwerb tätig sind, müssen – irgendjemand muss ja die Arbeit zu Hause machen – diese Frauen die schwere Arbeit ihres Mannes erledigen, sie müssen sich nebenbei aber weiterhin um die Kindererziehung, die Haushaltsführung und sehr oft auch noch um die Pflege der Eltern oder Schwiegereltern kümmern. (Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer. )

Ich weiß, Frau Kollegin Bauer, dass Sie den Zusammenhang nicht sehen wollen. Ich kann Ihnen nur sagen: Landwirtschaftspolitik ist auch Frauenpolitik! Aber das nehmen Sie ganz einfach nicht zur Kenntnis. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die SPÖ war in der Vergangenheit für die Frauenpolitik verantwortlich. Der Frau Ex-Ministerin Prammer waren die Bäuerinnen, kann ich Ihnen nur sagen, überhaupt nie ein Anliegen. Allein am Beispiel der Bäuerin sieht man, dass die Frauenpolitik der vergangenen Bundesregierung gescheitert ist. Die Bäuerinnen waren die Hauptopfer dieser unsozialen Politik der Kollegin Prammer.

Zurück zum Budget für die Bauern. – Die durchschnittliche Bauernpension, Frau Kollegin Bauer, beträgt 6 700 S. (Abg. Sophie Bauer: Und das haben Industriearbeiterinnen auch!) Eine Bäuerin hat im Durchschnitt 5 200 S Pension. (Abg. Sophie Bauer: Das brauchen Sie mir nicht sagen, das weiß ich!)  – Frau Kollegin Bauer! Sie können doch nicht ständig von Kapitalisten oder Großgrundbesitzern oder was weiß ich reden. 5 200 S! Das ist das niedrigste aller Einkommen. (Abg. Sophie Bauer: Das brauchen Sie mir nicht sagen! Ich weiß das! Sie widersprechen sich selbst in Ihren Ansätzen!)  – Aber Sie reden die ganze Zeit davon, dass das Budget für die Bauern viel zu viele Milliarden Schilling vorsieht. Das stimmt ganz einfach nicht, Frau Kollegin!

Ich muss auch noch Folgendes sagen: Österreich ist ein Land, in dem der Tourismus eine ganz große Rolle spielt. Neben der Schönheit unseres Landes, der Gastfreundschaft, spielen auch die Qualität der Lebensmittel und die Pflege der Landschaft eine Rolle. Und das kann es nicht mehr zum Nulltarif geben, Frau Kollegin Bauer. (Abg. Sophie Bauer: Ja, das wissen wir selbst!)  – Fahren Sie einmal bei 30 Grad mit einem Motormäher oder helfen Sie bei der Heuernte! Versuchen Sie das einmal, Frau Kollegin Bauer! (Abg. Sophie Bauer: Das habe ich alles gesagt, aber Sie begreifen nicht ...!)

Das Einkommen der Bauern wird ständig geringer. Für solch einen Stundenlohn würden Sie nicht einmal den kleinen Finger rühren, Frau Kollegin Bauer! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Sophie Bauer: Dann wissen Sie nicht, was Arbeit in einem Industriebetrieb ist! Sie haben keine Ahnung!) Die Politik ist in diesem Bereich selbstverständlich gefordert; auch die Nahrungsmittelindustrie ist gefordert.

Ich bin wirklich glücklich, dass es uns gelungen ist, in einem Regierungsübereinkommen endlich dafür zu sorgen, dass die Einkommen der Bauern nicht mehr sinken, sondern steigen, dass es wieder zu Gerechtigkeit in der Landwirtschaftspolitik kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Dazu gehört eben auch die Verbilligung der Betriebsmittel – ein langjähriges Versprechen an die Bauern. Ich wünsche zur Umsetzung dieses Regierungsübereinkommens uns allen und dem Herrn Landwirtschaftsminister eine glückliche Hand. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

14.45

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte an dieser Stelle zum Kapitel Landwirtschaft Stellung nehmen und mir die Möglichkeit offen halten – ich werde diese selbstverständlich auch nutzen –, später zum Kapitel Umwelt Stellung zu nehmen.


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Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich so, dass die Landwirtschaft, und zwar nicht nur in Österreich, sondern in Gesamteuropa, insofern in einem massiven Wandel begriffen ist, als die Aufgabenstellungen, die an die Landwirtschaft gerichtet werden, immer anspruchsvoller werden. Es ist nicht nur so, dass die Frage der quantitativen Versorgung mit Nahrungsmitteln im Mittelpunkt steht, sondern selbstverständlich in zunehmendem Ausmaß an die Landwirtschaft Anforderungen in Bezug auf die qualitative Orientierung der Lebensmittel gerichtet werden.

Es ist klar, dass die Frage des Verbraucherschutzes aus meiner Sicht zu Recht einen immer höheren Anspruch stellt. Es ist auch klar, dass die Frage der nachhaltigen Strategie und Entwicklung an die ökologische Orientierung der Landwirtschaft wichtige Herausforderungen stellt. Gleichzeitig – und das muss gesagt werden – steht die Landwirtschaft im Spannungsfeld, dass der schärfere Wettbewerbswind wirtschaftlichen Druck ausübt.

Ich meine daher, dass Agrarpolitik im Wesentlichen dazu aufgerufen ist, die gesellschaftlich erwünschten Leistungen der Landwirtschaft sicherzustellen, allerdings dadurch, dass wir jene Rahmenbedingungen, die der Landwirtschaft das ermöglichen können, auch politisch verwirklichen. Ich meine nämlich, dass die Bäuerinnen und Bauern in vielen Diskussionen zu Recht darauf hinweisen, dass Anspruch und Wirklichkeit in der realen Wettbewerbswelt durchaus auseinander klaffen. Und das halte ich für die wesentliche agrarpolitische, ja ich würde meinen, gesellschaftspolitische Aufgabenstellung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Agrarpolitik muss sich daher über die klassischen Instrumente, die wir durch Jahrzehnte hindurch gewohnt waren, hinaus weiterentwickeln und mit neuen Fragestellungen beschäftigen, und das tun wir. Ich meine, dass gerade wir in Österreich in den letzten Jahrzehnten den Nachweis geführt haben, dass wir in der Agrarpolitik immer die Nase vorne gehabt haben. Wenn ich etwa an die Ökodebatte denke, wenn ich an die Kleinbetriebe denke, wenn ich an die ländliche Entwicklungspolitik denke, dann muss ich sagen, wir haben durch unser Beispiel auch – ich will nicht überheblich sein, aber auch  – Impulse, insbesondere in Europa, gegeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese zweite Säule der Agrarpolitik, die in Europa derzeit in Entwicklung begriffen ist, ist meiner Ansicht nach nicht unwesentlich von unserer Erfahrung und von unserer Philosophie geprägt.

Ich glaube, dass wir an diesem Prozess weiterarbeiten müssen. Es liegt daher an uns allen – und dieser Aufgabe fühle ich mich ebenso wie die gesamte Bundesregierung verpflichtet –, dass wir uns diesem Konzept einer Landwirtschaft, die die Nachhaltigkeit sichert, die die flächenhafte Bewirtschaftung sicherstellt, die alle Funktionen erfüllt, die aber auch wettbewerbsfähig ist, verschreiben. Selbstverständlich, meine Damen und Herren, werden hier viele Diskussionen zu führen sein, und dagegen habe ich überhaupt nichts einzuwenden, so etwa die ökologische Orientierung. Im Gegensatz zu vielen bekenne ich mich zur flächenhaften ökologischen Orientierung und nicht zu einem Konzept, das sagt: Hie Bio – und der Rest ist uns egal! Nein! Ich meine, Bio ist die Spitze einer gesamthaften positiven Entwicklung. Das ist meine Strategie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher werden wir uns auch in diese Richtung weiterentwickeln, und zwar auf Basis des Programmes, das, davon gehe ich aus, im Juni in Brüssel genehmigt wird und das es uns ermöglichen wird, im nächsten Jahr das ÖPUL 2000 anzuwenden, und das es uns ermöglichen wird, im nächsten Jahr, Frau Abgeordnete Bauer, auch den Sockelbetrag selbstverständlich zu realisieren. Wenn Sie so wollen: Ja, in diesem Sinne ist auch das Budget 2000 ein Zwischenschritt, ein Zwischenschritt, mit dem wir sicherstellen können, dass jeder Schilling aus Brüssel abgeholt wird und wir jene Strukturen entwickeln, durch welche wir ab dem kommenden Jahr die neuen Möglichkeiten der Agenda 2000 auch tatsächlich umfassend anwenden können: im Umweltprogramm, bei der Bergbauernförderung, bei der Investitionsförderung, bei der gesamten ländlichen Entwicklungspolitik. – Das ist die Zielsetzung, das ist die Aufgabe, der ich mich verpflichtet fühle, meine Damen und Herren!

Nun zu einigen, ganz kurz angesprochenen politischen Fragen.


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Führen wir die Verteilungsdebatte? – Ja, aber führen wir sie so, wie sie geführt gehört, meine Damen und Herren! Ich bin nicht bereit, eine Diskussion zu akzeptieren, in der auf der einen Seite vorgeworfen wird, dies sei ein Budget des Klassenkampfes, und es auf der anderen Seite heißt: Wir lehnen das Budget ab, weil es zu wenige Perspektiven bietet. Entweder – oder! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Verteilungsdebatte ja, aber dann, Frau Abgeordnete Bauer, frage ich Sie: Wie soll das etwa bei den Marktordnungsprämien der Union aussehen? Ich trete dafür ein, dass sie in der Union nach Betriebsgröße gestaffelt werden, aber ich lehne es ab, dass wir die österreichischen Betriebe schlechter stellen als ihre Mitbewerber, das sage ich Ihnen auch klar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder: Beispiel Umweltprogramm. – Ich nehme doch an, dass Sie mit mir einer Meinung sind, dass das erste Hektar – ökologisch verantwortlich bewirtschaftet – ökologisch gleich wichtig ist wie das tausendste Hektar! Gut. Daher ist eigentlich der Flächenbezug klug angesetzt. Die Möglichkeiten, die wir hier haben, haben wir umgesetzt. Bei der Bergbauernförderung haben wir letztendlich die Staffelung erreicht, genauso bei der Investitionsförderung. Wenn es in Europa die Diskussion gibt – gestern beispielsweise hat sie stattgefunden –, dann wissen Sie, wofür Österreich eintritt. Aber ich bin für eine korrekte Debatte und nicht für eine, die dort oder da politisch geführt wird. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auch ein offenes Wort zum Strukturwandel. – Meine Damen und Herren! Alle beklatschen, nicht jetzt in diesem spezifischen Fall, meine ich ... (Abg. Schwemlein: Oh ja!) Aber vielleicht haben Sie auch mitgetan, Herr Abgeordneter Schwemlein, bei Ihnen weiß man das nicht. (Abg. Schwemlein: Nein!) – Vielleicht würden Sie das, was ich jetzt sage, sogar bejahen und beklatschen. Wir sind doch in einem Spannungsfeld, Herr Abgeordneter, das von uns, nämlich von der Landwirtschaft, verlangt wird, so billig wie möglich zu produzieren, weil die Konsumenten den Anspruch stellen, möglichst billige Nahrungsmittel haben zu können. Gleichzeitig wird gesagt: möglichst kleine Betriebseinheiten und möglichst hohes ökologisches Niveau. Ich würde Sie bitten: Helfen Sie mir, diesen Widerspruch zu überwinden, damit beispielsweise auch der Markt und damit auch die Konsumenten dieser bäuerlich nachhaltigen Landwirtschaft zum Durchbruch verhelfen!

Einer dieser Widersprüche, eines dieser Missverständnisse, Herr Abgeordneter Pirklhuber, zeigt sich etwa bei den Betriebsmitteln. Ich habe angenommen, Sie kennen die Bauern, ich kenne Sie; Sie auch, das weiß ich. Die Bauern sind coole Rechner, und die Bauern werden um keinen Schilling zu viel an Betriebsmitteln ausgeben, auch dann nicht, wenn Betriebsmittel billiger sind, weil das einfach ein Kostenfaktor ist. Daher erwecken Sie hier keinen falschen Eindruck, Herr Abgeordneter Pirklhuber! Ich trete für Kostenfairness ein. Wenn Sie Wettbewerbsfähigkeit und Wettbewerbsfairness wollen, dann müssten Sie mich eigentlich in dieser Fragestellung unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Letztes, weil ich das gerne aufklären möchte: Ich habe mir viele der von Ihnen zitierten Aktionsprogramme für den Biolandbau angesehen; das ist ganz interessant. Viele dieser Aktionsprogramme haben das Ziel, das österreichische Niveau zu erreichen. So gesehen haben Länder wie Frankreich beispielsweise Nachholbedarf. Herr Abgeordneter Pirklhuber! Ich möchte, dass wir die positive Entwicklung des Biolandbaus weiter fortsetzen. Dafür sind auch die Bedingungen geschaffen – nicht durch niedergeschriebene Aktionspläne, sondern durch die praktische Politik, die täglich verfolgt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des Abg. Brix –: Otmar, bist du jetzt Bauer?)

14.54

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die einleitenden Worte Ihres Debattenbeitrages kann man wirklich unterschreiben, denn die Agrarpolitik, die Sie in den letzten Jahren betrieben haben, war eine ordentliche, anständige und hat vor allem der Landwirtschaft auch geholfen. Dieses Budget allerdings, Herr Bundesminister, Hohes Haus, ist ein


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Budget der Unausgeglichenheit: die einen, die nichts davon haben, müssen bezahlen, und andere, die es nicht brauchen, bekommen etwas. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Mag. Molterer: Beispiel!)

Herr Bundesminister! Hohes Haus! Beispiel: Sockelbetrag sowie ÖPUL-Aufstockung: 1,4 Milliarden Schilling, Steuersenkung bei Dieselöl um 1,3 Milliarden Schilling, Steuersenkung bei Pflanzenschutz- und Düngemittel um 0,3 Milliarden Schilling, Zwangsbeimischung von Biodiesel um 0,3 Milliarden Schilling und Einheitswertsenkung um 0,5 Milliarden Schilling. Und dieses Geld – Sie können jetzt sagen, das sei Klassenkampf, ich empfinde es nicht als Klassenkampf, sondern als gerecht – wird von den Arbeitern, Angestellten und Pensionisten dieses Staates bezahlt, damit bestimmte Großbauern in diesem Land noch mehr Geld bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Blödsinn! – Abg. Prinz: Keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Damit noch nicht genug! Ich höre und ich staune, dass sich diese Koalition, vor allem Vertreter von der ÖVP, noch dazu versteigt – Herr Kollege Schwarzenberger! –, die Städte anzugreifen. Kollege Schwarzenberger greift sie insofern an, als er sagt, es sei nicht gerecht, dass die Stadt Wien mehr Geld bekomme als ... (Abg. Prinz: Weil der Finanzausgleich ungerecht ist! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wissen Sie nicht, welche Leistungen die Städte für die Bürger dieses Landes erbringen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Das ist lächerlich!) Wissen Sie zum Beispiel nicht, was die Wienerinnen und Wiener alles auf sich nehmen müssen, damit die Tausenden Pendler, die tagtäglich nach Wien kommen, ordentliche Verkehrsbedingungen haben? (Abg. Prinz: Mir kommen gleich die Tränen! Die armen Wiener!) Wissen Sie nicht, was die Wienerinnen und Wiener am Spitalsektor leisten? Wissen Sie nicht, was die Stadtbewohner dieses Landes an kulturellem Beitrag leisten? (Abg. Schwarzenberger: Glauben Sie, das Land leistet keinen kulturellen Beitrag?) Genau so, wie Sie zwischen Arbeitern, Angestellten, Pensionisten auf der einen Seite und den Wohlhabenden auf der anderen Seite einen Keil hineintreiben wollen, wollen Sie jetzt auch noch einen Keil zwischen die städtischen und die ländlichen Bewohner hineintreiben. Die städtischen Bewohner werden sich diese Aussage seitens der ÖVP genau merken. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Gerade vor dem Hintergrund dieser knappen budgetären Mittel muss ich sagen, es wäre wirklich besser gewesen, wären Sie weiterhin bei Ihrer bisherigen Politik geblieben, nämlich: Treffsicherheit bei der sozialen Verantwortung. Es wäre besser, Sie würden die soziale Staffelung der Agrarförderungen weiter verfolgen. Es wäre besser, Sie würden auch weiterhin danach trachten, dass es eine Deckelung gibt, und verhindern, dass sich alles "nach oben hin" explosivartig entwickelt, damit der "kleine" Landwirt, der "kleine" Bauer in diesem Land nicht auf der Strecke bleibt. Dass die Freiheitliche Partei dabei mitspielt, das wissen wir ohnehin. So wie Sie Arbeiterverräter sind, sind Sie auch Verräter an der Landwirtschaft! Ganz eindeutig! Sie haben für die "kleinen" Bauern nichts übrig! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: "Verräter an der Landwirtschaft"! – Ich beantrage einen Ordnungsruf! – Ruf bei der SPÖ: Bitte, Herr Lehrer!)

Ich meine, dass diese Partei den Leuten sagt: Danke, ihr habt uns gewählt, dafür werden wir euch jetzt nicht vertreten! – Das ist die Politik der Freiheitlichen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Zum x-ten Mal habe ich in Gesprächen mit Ihnen Forderungen der Wiener Landwirtschaft an Sie herangetragen, weil sie mir ein besonderes Anliegen sind und weil hier zum Beispiel wirklich die "kleinen" Bauern zu Hause sind. Hier in Wien sind die "kleinen" Erwerbsgärtner zu Hause, und diese haben nicht die gleichen Chancen wie andere. Daher würde ich ersuchen, sie in dieses ÖPUL-Programm aufzunehmen. Ich weiß, Sie lachen darüber, das wird Sie nicht interessieren, aber 60 Prozent des österreichischen Gemüses kommt von den Wiener Erwerbsgärtnern. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber dass Sie über diese "Kleinen" lachen, kann ich nicht verstehen. Es handelt sich dabei um arbeitsintensive Betriebe, die unter anderen Voraussetzungen wirtschaften als jene mit großen Feldern, die mit großen Maschinen fahren können. Das ist der Unterschied. Ich bitte Sie, Herr


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Bundesminister: Geben Sie den Wiener Gartenbetrieben doch auch eine Chance! Helfen Sie mit, dass auch diese in den Genuss dieser ÖPUL-Förderungen kommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, wir werden nicht nur das Gemüse benötigen, sondern wir benötigen auch die Arbeitsplätze, die die Wiener Gärtner anbieten. Diese "kleinen" Bauern haben sich zu Recht unsere und insbesondere auch Ihre Unterstützung verdient. (Beifall und Bravo-Rufe bei der SPÖ.)

14.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Brix! Für den Ausdruck "Arbeiterverräter" erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Ich mache Sie – abgesehen davon – auch darauf aufmerksam, dass das bereits der zweite Ordnungsruf ist, den Sie von mir erhalten. Und ich möchte Sie weiters darauf aufmerksam machen, dass ich es für unmöglich halte, dass keine Sitzung vergeht, ohne dass jemand anderer persönlich herabgewürdigt, beleidigt oder diffamiert wird. Das kann nicht Stil der politischen Auseinandersetzung sein, und ich fordere Sie auf, das in Zukunft entsprechend ernst zu nehmen und zu berücksichtigen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

15.01

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Lieber Kollege Brix! Wenn hier jemand versucht, einen Keil zwischen den städtischen Bereich und den ländlichen Raum hineinzutreiben, dann sicherlich nicht wir, sondern du und die SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Eines sei dir bitte gesagt – und ich bin eigentlich recht froh darüber, dass jetzt in dieser neuen Koalition solche auch ideologischen Unterschiede einmal deutlich werden –: Wir, die ÖVP, und auch – so nehme ich an, dessen bin mir sicher – die FPÖ bekennen uns dazu, dass wir in unserer Gesellschaft einen Solidarbeitrag zur Entwicklung des ländlichen Raumes leisten – im Gegensatz zu Ihnen! Wir bekennen uns dazu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir alle werden einen gut entwickelten ländlichen Raum noch bitter nötig haben. Wir, die wir draußen in den Gemeinden, auf dem Land leben, sind uns dessen bewusst, wie wichtig die Landwirtschaft für die Entwicklung des ländlichen Raumes ist. (Abg. Zweytick: So ist es!) Das lassen wir uns nicht nehmen. Aber wir werden natürlich auch die Botschaft, die Sie jetzt hier verkündet haben, gerne hinaustragen: Dafür ist Ihnen jeder Schilling zu schade. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! (Abg. Edlinger: Herr van Staa verlangt genau das Gegenteil! Mehr Geld für die Städte!) – Ich glaube, wenn man sich den Finanzausgleich anschaut und zum Beispiel die Abstufung im Bevölkerungsschlüssel und so weiter, dann sieht man recht schnell, wer hier im Vorteil ist und wer im Nachteil.

Herr Umweltminister Molterer, der Sie ja seit kurzem auch sind! Recht herzlichen Glückwunsch zunächst einmal für erfolgreich geführte Regierungsverhandlungen, die ergeben haben, dass durch Zusammenlegung von Landwirtschaft, Wasserwirtschaft und Umweltpolitik ein Ministerium entstanden ist, das – wie immer auch von heutigen Oppositionsparteien gefordert – mit mehr Kompetenzen ausgestattet ist, eine umfassendere Zuständigkeit hat – ich komme später noch einmal darauf zu sprechen! Ebenfalls herzlichen Glückwunsch dafür, dass es gelungen ist, für diese neue Konstellation ein äußerst ambitioniertes Regierungsprogramm auszuverhandeln. (Abg. Schwemlein: Weihrauch!)

Dieses Regierungsprogramm hat drei Ziele vorneweg: ein hohes Umweltschutzniveau in Österreich zu erhalten und die EU-Standards – ich glaube, das ist eine wichtige und ambitionierte Zielsetzung – auf ein Niveau zu bringen, das wir in Österreich schon kennen und haben. – Eine wichtige Zielsetzung!


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Zweites Ziel: durch diese ambitionierte Umweltpolitik, durch Umweltinvestitionen im Inland, aber auch durch Export von Umwelttechnologien Vorteile für den Wirtschaftsstandort Österreich und für die Beschäftigung hier in Österreich zu erreichen.

Und drittes Ziel: Österreich bekennt sich dazu und wird alles dazu tun, dass es seiner Führungsrolle in der EU-Umweltpolitik – natürlich gemeinsam mit einigen anderen Ländern, die hier ähnlich ambitioniert sind – auch weiterhin gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Neben einem klaren Bekenntnis zur Anti-Atompolitik und einer Reihe von Maßnahmen, wie wir die nukleare Sicherheit in Europa verbessern wollen, möchte ich mich vor allem auch einem Bereich zuwenden, nämlich dem Bereich des Klimaschutzes. Ich möchte hier jene ansprechen, die zu diesem Klimaschutz etwas beitragen können.

Das ist einmal der Bereich der Wirtschaft und der Industrie. Lobend erwähnt werden muss, dass gerade in diesem Bereich in den letzten zehn, 15 Jahren sehr, sehr viel geschehen ist, dass viele Maßnahmen mit großem Erfolg umgesetzt worden sind, aber es gibt nach wie vor eine Reihe von weiteren Möglichkeiten. Ich möchte vor allem auf einen Förderungsbereich, nämlich auf die so genannte betriebliche Umweltförderung verweisen, die ja über die Betriebe hinausgeht, also auch Kommunen, kommunale Einrichtungen mit einschließt.

Herr Bundesminister, herzlichen Glückwunsch dafür, dass es gelungen ist, das Budget in den relevanten Bereichen, die vor allem für Investitionen wichtig sind, auf dem Vorjahresniveau zu halten, also keinerlei Kürzungen in Kauf nehmen zu müssen. Das gilt auch für diesen Bereich der betrieblichen Umweltförderung, die das Vorjahresniveau von fast 500 Millionen Schilling hält.

Durch diese Förderung von Investitionen können ein Vielfaches an Investitionsvolumen ausgelöst werden und auch Tausende Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert werden. Eine UFG-Novelle – also eine Novelle des Umweltförderungsgesetzes – wird es uns noch leichter machen, vor allem in Richtung klimarelevanter Förderungen umzulenken, was natürlich dringend notwendig ist. Wir bekennen uns alle zum Kyoto-Ziel, und um dieses Ziel der Schadstoffreduktion erreichen zu können, ist natürlich gerade diese Änderung im Umweltförderungsgesetz, das in den Begleitgesetzen zum Budget ja verankert ist, eminent wichtig.

Zweiter Punkt: Energiebereich. – Ganz, ganz wichtig ist unser ElWOG, das derzeit zur Novellierung ansteht. Diese wird einen weiteren Ausbau der Förderung der erneuerbaren Energieträger beinhalten, obwohl wir natürlich mit unserem fast 70-prozentigen Anteil an Wasserkraft bei der Stromerzeugung in Österreich ja ohnedies sehr, sehr gut liegen. Wir bekennen uns dazu, dass wir darüber hinaus noch den Anteil an erneuerbaren Energien aus anderen Energiequellen fördern wollen – sei es Biomasse oder andere –, und wir bekennen uns auch dazu, dass wir durch eine gezielte Maßnahme in diesem Gesetz auch den weiteren Ausbau der Kleinwasserkraft fördern wollen – auch ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Noch zwei Sätze zum Thema Betriebsanlagenrecht – ein wichtiger Bereich auch im Umweltschutz –: Es ist leider in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam mit den Sozialdemokraten nicht gelungen, die EU-Richtlinien umzusetzen, IPPC-, Seveso- oder UVP-Änderungsrichtlinie. Wir werden diese Anträge noch heute hier im Hohen Hause einbringen, sodass sie nächste Woche im Umweltausschuss und im Wirtschaftsausschuss auch behandelt werden können, und damit wieder einen Beweis dafür liefern, wie rasch diese neue Koalition anstehende Gesetzesvorhaben, anstehende Dinge, die schon längst hätten erledigt werden sollen, umzusetzen imstande ist – im Gegensatz zu den Blockaden, mit denen wir in der abgelaufenen Legislaturperiode zu kämpfen hatten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Redezeit: 12 Minuten. – Bitte.

15.09

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich kann mich diesen Glückwünschen naturgemäß jetzt nicht anschließen. (Rufe bei der


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ÖVP: Warum nicht?) Das wird Sie doch nicht wundern. – Ich fange jetzt einmal an mit einem Ergebnis, das Sie vielleicht aus der Fußballer-Sprache kennen. Herr Bundesminister Molterer hat zuvor gesagt, er werde etwas zu Umwelt und Landwirtschaft sagen. Und dabei habe ich mitgestoppt: Nach seinem ersten Redebeitrag dazu steht es jetzt einmal 10 : 0 für die Landwirtschaft. (Abg. Auer: Das kommt nachher!) Aha, es kommt nachher noch; bei dieser Koalition kommt aber immer alles "nachher". (Abg. Auer: Zweite Halbzeit! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weiters: Der Umweltsprecher der FPÖ, Herr Schweitzer, zieht eine positive Bilanz in Bezug auf die Umweltpolitik der ersten 100 Tage dieser Koalition. – Herr Khol hingegen sagte in der Sendung "Zur Sache" – ich zitiere –: In der Umweltpolitik ist bis jetzt noch nichts geschehen, das kommt aber noch. – Zitatende.

Also die Umweltpolitik kommt bei Ihnen sichtlich immer erst "danach" beziehungsweise "später". (Abg. Freund: Das ist bei den Grünen so!) Die Bilanz darüber, die jetzt zu bewerten ist, ist keinesfalls eine positive. (Rufe bei der ÖVP: O ja!) Ich war schon sehr enttäuscht von Ihrem Regierungsübereinkommen. Dazu kann ich auch nicht gratulieren, denn in diesem fehlen einige sehr, sehr relevante Punkte, die ich jetzt ganz kurz aufzählen möchte: Naturschutz, Artenschutz und so weiter. All das kommt nur insofern vor, als man im Lechtal einen Nationalpark errichten will. – Man sieht ja wie das dort vonstatten geht; in dieser Sache gibt es massiven Widerstand. Und die Bundesregierung hat sich noch mit keiner Silbe dazu geäußert, ob sie das auch tatsächlich umsetzen möchte.

Und nun zu dem, was in Bezug auf Umweltrecht zumindest geplant ist. Die bevorstehende Novelle zum Anlagenrecht stellt keinen gerechten Ausgleich zwischen Wirtschafts- und Umweltinteressen dar, sondern bedeutet eine absolute Demontage von Umweltstandards. Erinnern Sie sich doch nur zurück an diesen Antrag von Herrn Kopf vom vergangenen Jahr, in dem vorgesehen war, Bürgerinitiativen aus dem Verfahren hinauszuschmeißen, in dem vorgesehen war, dass sich diese nicht mehr an den Verwaltungsgerichtshof wenden können, dass man die UVE aus dem Verfahren hinausschmeißt, und so weiter. "Wo kein Kläger, da kein Richter!", dieses Sprichwort ist Ihnen ja allen bekannt. Jetzt kommt also eine absolute Demontage von Umweltstandards, obwohl es solche in der letzten Zeit im Umweltrecht ansatzweise – ich betone: ansatzweise!  – gab.

Zum Thema Umweltinformation: Das Abkommen von Arhus wurde noch immer nicht ratifiziert. Jegliches Mitspracherecht von Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen wird sukzessive verhindert. Nicht einmal ratifiziert wurde das, Herr Kollege Schweitzer! Ist das nicht peinlich?! Österreich hat dieses Abkommen zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert! (Abg. Mag. Schweitzer: Sagt das den Roten!) Ja, 100-Tage-Bilanz; kommt erst später. Kommt bitte alles erst "später"? (Abg. Schwarzenberger: Das, was die Roten in 30 Jahren nicht zusammengebracht haben, sollen wir in 100 Tagen erreichen!)

Zum Thema Atompolitik: Für mich war es eine wirklich sehr unangenehme Situation, als ich in Tschechien gegen die Fertigstellung des AKW Temelin lobbyiert und dort bitte serviert bekommen habe, dass doch das österreichische Wirtschaftsministerium Import-Stromverträge von Tschechien nach Österreich genehmigt. Das ist schon sehr unangenehm, muss ich sagen. Ein solches In-den-Rücken-Fallen habe ich schon lange nicht mehr erlebt! Wir Grünen müssen im Ausland Lobbying betreiben, weil diese Regierung dazu nicht imstande ist – und dann passiert so etwas! Ich weiß nicht, welcher Minister das genehmigt hat, sicher ist aber, dass das ein ÖVP-Minister war: entweder Farnleitner oder Bartenstein. – Das ist, wie gesagt, sehr, sehr bedauerlich.

Was das AKW Temelin anlangt: Dazu habe ich vom jetzigen Bundesminister, der für Umwelt, Wasserwirtschaft und Landwirtschaft zuständig ist, überhaupt noch nichts vernommen. Wir von den Grünen waren die einzigen – neben Vertretern von Umwelt-NGOs und Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ –, die Einwendungen gegen die Fertigstellung des AKW Temelin vorgebracht haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Wir waren dort!) Sie haben dort keine formale Einwen


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dung vorgebracht!; ich war vor Ort und habe mich erkundigt. (Abg. Mag. Schweitzer: Das stimmt nicht!)

Es hat keine formale Einwendung der Republik Österreich in diesem UVP-Verfahren gegeben. (Bundesminister Mag. Molterer: Das stimmt doch nicht!) Ich weiß, dass Sie irgendeinen Brief, eine Stellungnahme abgeschickt haben, aber ohne das Gewicht, dass das im Namen der Republik Österreich geschieht. (Bundesminister Mag. Molterer: Das ist ganz einfach falsch!) Dass man diese Chance nicht genützt hat, finde ich sehr, sehr schade!

Das Angebot der Tschechen, in Österreich ein öffentliches Erörterungsverfahren zu machen, ist bis heute nicht genützt worden! Ich wüsste nicht, wann das stattfinden soll beziehungsweise wo Sie sich dafür eingesetzt hätten, dass diese Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich in irgendeiner Weise diskutiert wird. Die Mittel, die wir haben, und jene, die die Tschechen von sich aus angeboten haben ... (Bundesminister Mag. Molterer: Das stimmt doch bitte nicht!) Doch!

Sie können gerne das nächste Mal mit mir mitfahren und den tschechischen Außenminister beziehungsweise den Umweltminister eingehend befragen, wie sich die Situation dort darstellt. Sie können gerne dazu später Stellung nehmen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf  – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Mag. Molterer –: Wer soll mit ihr mitfahren: du oder ich?)

Mich ärgert es, dass es bei Ihnen immer heißt: "später!" Die Umweltbilanz Ihrer ersten 100 Tage ist wirklich ernüchternd, Herr Kollege Schweitzer! Die ist wirklich ernüchternd! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Dass Herr Klubobmann Khol in der Sendung "Zur Sache" von sich aus bestätigt hat, dass in der Umweltpolitik bis jetzt noch nichts passiert sei, dass das erst "später" komme, finde ich wirklich bemerkenswert. Und ich finde es auch bemerkenswert, welch unterschiedliche Auffassungen da zwischen ÖVP und FPÖ mittlerweile zu verzeichnen sind.

Zum Thema ökosoziale Steuerreform. Es gibt eine Reihe von Gemeinden, die eine Petition an den Nationalrat unterzeichnet haben; diese Petition trägt den Titel "Ökosteuern jetzt!". Einige Abgeordnete dieses Hauses sind ja auch in diesen Wahlkreisen beheimatet: Insgesamt sind es 51 Nationalratsabgeordnete, die aus Wahlkreisen beziehungsweise Gemeinden kommen, in denen diese Petition unterschrieben wurde. Es sind da auch einige ÖVP- und FPÖ-Abgeordnete dabei.

Daher bitte ich Sie, das ernst zu nehmen, da es dabei eben wirklich um ein unglaublich hohes Arbeitskraftpotenzial geht. Und ich finde es auch traurig, dass man dann, wenn es wirklich um Klimaschutz, wenn es wirklich darum geht, den Kostenrahmen, in dem wir uns bewegen, zu ändern und in Richtung Umverteilung der Besteuerung von Arbeit hin zu Ressourcen zu gehen, immer wieder dieselbe Schallplatte zu hören bekommt, etwas, was ich mittlerweile überhaupt nicht mehr hören kann, da Sie eben dauernd sagen, "im internationalen Gleichklang" müsse das geschehen! Nachhaltigkeit ist wichtig, ökosoziale Steuerreform ist wichtig – aber Sie bewegen sich in diesen Fragen keinen Millimeter, machen keine ökosoziale Steuerreform! Warum nicht, Herr Bundesminister?! Ich verstehe das einfach nicht. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist alles im Laufen!) Ich frage jetzt wirklich auch in Ihre Richtung, denn seit 100 Tagen seid ihr dafür verantwortlich. (Abg. Jung: Wissen Sie denn nicht, wie lange ein Begutachtungsverfahren dauert?!)

Ich würde mich schon freuen, wenn einfach einmal damit begonnen würde. Die Petition "Ökosoziale Steuerreform jetzt!" wurde in diesen Gemeinden unterzeichnet. Ich muss direkt einmal nachschauen, ob die Gemeinde (in Richtung des Abg. Jung), aus der Sie sind, auch dabei ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Im ElWOG wird es ...!)

Zum Thema Klimaschutz: Wir in Österreich waren eine der Ersten – das war vor mittlerweile fast 15 Jahren –, die begonnen haben, dieses Thema zu diskutieren. Mittlerweile jedoch sind wir die Letzten, da es bei uns in Bezug auf eine Umsetzung des Klimaschutz-Paketes keinerlei Fortschritte zu verzeichnen gibt. Sogar die Franzosen haben es mittlerweile geschafft, ein


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Klimaschutzpaket zu erstellen. Österreichs Bilanz punkto Reduktion von CO2-Emissionen ist verheerend; derzeit gibt es in Österreich einen absoluten historischen Höchststand an CO2-Emissionen; noch nie wurden so hohe Emissionen gemessen.

Mittlerweile ist es auch so – das Toronto-Ziel wird von Ihnen ja nicht einmal mehr erwähnt –, dass das Kyoto-Ziel mit diesem Kurs keinesfalls erreichbar ist. Mit einer grundsätzlichen Neuorientierung ohne Eingriff in die Kostenstruktur wird es nicht gehen! Deswegen bin ich immer wieder bei dieser Forderung: "Ökosoziale Steuerreform jetzt!" (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema Abfall-Politik möchte ich jetzt auch noch ein paar Worte verlieren, denn auch diesbezüglich schaut Ihre bisherige Bilanz geradezu verheerend aus; auch die Abfall-Politik aller bisherigen ÖVP-Minister, die dafür verantwortlich waren beziehungsweise noch immer sind. Müllverbrennung wird weiterhin forciert, statt in die Vermeidung von Müll zu investieren. Und weiters verweise ich in diesem Zusammenhang auf so negative Entwicklungen wie etwa das "Sterben" der Glasflasche. Es ist doch wirklich schlimm, Herr Bundesminister, das einfach widerspruchslos hinzunehmen und in dieser Angelegenheit keinen Finger zu rühren! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich finde es wirklich schade, dass man Unternehmen in diesem Bereich nicht unterstützt, Unternehmen, die beispielsweise investiert haben in Mehrweggebinde, in Glasflaschen. Diese sind jetzt gezwungen, ihre Produktion auf PET-Einwegflaschen umzustellen! Das ist doch verheerend!

Herr Bundesminister Molterer! Wenn Sie auch ein ÖVP-Umweltminister sind, der in diesem Bereich versagt, dann bin ich persönlich extrem enttäuscht von Ihnen, aber ich hoffe und appelliere an Sie, da einzugreifen; Möglichkeiten dazu gäbe es. Man muss diese Entwicklung stoppen, sonst ist die Glasflasche bitte "gestorben"! (Beifall bei den Grünen.)

Leute rufen diesbezüglich ja sicherlich nicht nur bei mir an und regen sich darüber auf; die werden sich wahrscheinlich auch bei Ihnen darüber aufregen – auch wenn Sie behauptet haben, die Konsumenten wollen die Glasflasche gar nicht.

Aber diese Ihre Aussage hat natürlich auch einen anderen Hintergrund: Wenn man Müllverbrennung forciert, wenn man in diesem Zusammenhang eine einzige Technologie forciert, Ressourcen in eine rein entsorgungsorientierte Abfall-Politik investiert, dann ist diese Entwicklung natürlich nicht verwunderlich, denn dann braucht man ja Einwegflaschen als Brennstoff. Das ist doch der wirtschaftliche Hintergrund dieser Sache.

Zum Thema Sommer-Ozon, weil darüber ja schon so lange diskutiert wird. – Ich muss sagen: Ich kann mittlerweile meine eigenen Presseaussendungen dazu nicht mehr lesen (Heiterkeit und Ruf bei den Freiheitlichen: Das glaube ich!), weil es jedes Jahr dasselbe ist, weil man sich in diesem Bereich keinen Millimeter bewegt. (Abg. Schwarzenberger: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie brauchen gar nicht zu lachen, denn das Ganze ist wirklich verheerend! Seit mittlerweile zehn Jahren ist es doch so: Ich fordere immer dasselbe, der VCÖ sagt immer dasselbe, der ÖAMTC sagt immer dasselbe – aber es geschieht hinsichtlich dieses Problems nichts! Das ist doch unglaublich! Versetzen Sie sich einmal in meine Situation, wie frustrierend das auch für mich ist: Jedes Jahr muss ich diesbezüglich dasselbe sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Im Zusammenhang mit dem Sommer-Ozon geht es doch bitte nicht um eine "kleine" Luftverschmutzung, sondern bedenken Sie doch: 130 000 Asthmatikerinnen und Asthmatiker leiden massiv darunter! Diese alte "Philosophie": Die Autos auf die Straße und die Kinder in den Keller, wenn es Ozon-Alarm gibt!, sollte doch bitte schon vorbei sein! (Abg. Gaugg: Das sagte der Murer! Murer war das! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Aber jetzt habt ihr die Verantwortung – und daher mein nochmaliges Ersuchen, bitte, bitte in diesem Bereich endlich etwas zu machen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )


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Gerne sage ich Ihnen, wie oft da mittlerweile die Vorwarnstufe erreicht wurde. Und das ist ein Leitindikator für Luftverschmutzung, genauso wie das bei den CO2-Emissionen der Fall ist, wobei da über bestimmte ökologische Zusammenhänge eine sehr wichtige Aussage getroffen werden kann. Wenn Sie das alles leugnen, dann können Sie genauso den Treibhauseffekt leugnen! Trotzdem werden wir in diesen Tagen aber wieder die Ozon-Vorwarnstufe erreichen. Ich erwarte jedenfalls von Ihnen, dass diesbezüglich vor dem Sommer noch irgendetwas geschieht! Das ist mein Appell an den für Umweltschutz, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft zuständigen Minister!

Abschließend: Umweltpolitik ist nicht nur etwas, was defensiven Charakter hat; Umweltpolitik stellt auch eine unglaublich große Chance dar: Arbeitskräftepotenzial, Exportorientierung, Technologieorientierung. All das sind doch Chancen, die man sehen und offensiv ergreifen muss. Das ist nicht irgendetwas, wo man abwägen muss zwischen Umwelt- und Wirtschaftsinteressen; im Übrigen ist das auch beim Naturschutz nicht so. Die Errichtung, der Betrieb eines Nationalparks bringt ökonomisch gesehen mehr als Hochbau, Tiefbau und Straßenbau. Schauen Sie sich doch neueste Wifo-Untersuchungen dazu an! Und deswegen frage ich mich auch, warum Sie das nie offensiv angehen.

Das Regierungsübereinkommen ist eine total defensive Sache, darin geht es nur darum: So wenig Umweltschutz wie möglich. Weiters sind Sachen enthalten wie "golden plating", ja nicht über EU-Richtlinien hinausgehen, ja nicht irgendwelche Wettbewerbsnachteile schaffen, statt das als Chance zu sehen, und zwar als Chance hinsichtlich Lebensqualität – und auch als eine solche in wirtschaftlicher Hinsicht. Der, der sich als Erster in diesem Bereich bewegt, der als Schnellster innovative Lösungen hat, auch Alternativenergien, hat eine größere Chance.

Wenn ich mir anschaue, was laut heutigen Zeitungsmeldungen der Chef der Wiener Stadtwerke, Karl Skyba, zu Alternativenergien sagt, bekomme ich fast einen Nervenzusammenbruch. Das ist doch unerträglich! Die Chancen, die diese Technologien bieten, die Sonnentechnologie, muss man offensiv nutzen – und nicht nur "ein bisserl" EU-Richtlinien umsetzen. Damit ist es sicherlich nicht getan! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. Die Uhr ist auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

15.21

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Glawischnig hat viel gesagt, eines aber hat mir bisher gefehlt: Ist dir (in Richtung der Abg. Dr. Glawischnig) eigentlich aufgefallen, dass bis jetzt kein einziger Sozialdemokrat zur Umweltpolitik gesprochen hat? (Ruf bei der SPÖ: Wird schon noch kommen!) Du hast eine hervorragende Bilanz vorzuweisen, wenn es darum geht, bei der SPÖ-Personalpolitik Leadership zu beweisen, was Kollege Gusenbauer nicht bewiesen hat. Mit deiner Hilfe ist es nämlich gelungen, die Umweltfraktion in der SPÖ zu demolieren – die gibt es nicht mehr! (Abg. Dr. Glawischnig: Das verstehe ich nicht!)

Ich werde das gleich erläutern, indem ich aus einem "FORMAT"-Artikel zitiere, der die Überschrift "Grün-rotes Duell der Öko-Sprecher" trägt. In diesem heißt es:

"Unterstützung beim personellen Umbau seiner Partei erhält Gusenbauer von ungewöhnlicher Seite. Die grüne Umweltsprecherin Eva Glawischnig fordert den sofortigen Abzug ihres roten Umwelt-Pendants Peter Keppelmüller. Der Uraltpolitiker Keppelmüller" – ich glaube, 55 oder 56 Jahre ist er alt –, "so Glawischnig, sei ‚ein Industrielobbyist der übelsten Sorte‘ ..." (Rufe bei der ÖVP: Ist schon geschehen!)

Liebe Eva Glawischnig! Wir haben bisher im Umweltausschuss immer ein sehr, sehr konstruktives Klima gehabt. Wir haben sehr viel miteinander gearbeitet, meistens Vier-Parteien-Anträge beschlossen. Wir haben, glaube ich, eine hervorragende Anti-Atompolitik gemacht – trotz ähnlicher Aussagen von Kollegin Langthaler vor wenigen Jahren, gleichfalls Peter Keppelmüller betreffend. – Dazu möchte ich nur sagen: Lasst das bitte, bleiben wir beim konstruk


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tiven Stil! Bringt euch sachlich ein – und lassen wir die Mitglieder im Umweltausschuss so arbeiten, wie das bisher der Fall war!

Es tut mir Leid, dass Kollege Keppelmüller nicht mehr dabei ist. Es tut mir Leid, dass Kollege Kummerer, der ein hervorragender Luftreinhalte-Experte und Chemiker ist, nicht mehr im Umweltausschuss tätig ist. Und es tut mir auch Leid um Otmar Brix, der ein hervorragender Umweltpolitiker ist. Ich bin schon gespannt darauf, wen die SPÖ jetzt in den Umweltausschuss schicken wird, welche Experten mit Kollegin Sima in den Umweltausschuss einziehen werden. Ich bin neugierig, ob nur annähernd so viel an Qualifikation vorhanden sein wird, wie es an Vorschusslorbeeren für die neuen Umweltsprecherinnen gegeben hat. – Die ehemaligen Mitglieder jedenfalls haben bewiesen, dass sie auch etwas können. Ihr habt Vorschusslorbeeren bekommen, und ich hoffe, ihr werdet euch derer würdig erweisen. Aber ich bin überzeugt davon, dass es zumindest in dem einen oder anderen Bereich gelingen wird, wieder sachlich und konstruktiv zu arbeiten.

Kollege Van der Bellen hat in seiner typischen Art, immer "kompetent lächelnd", behauptet, Umweltpolitik habe nicht stattgefunden. – Kollegin Glawischnig, in der Umweltpolitik wurde in den letzten 100 Tagen bereits sehr, sehr viel gemacht, vor allem wurde auch sehr viel vorbereitet. Zuerst wurde ein, wie ich meine, ambitioniertes Regierungsprogramm vorgelegt, mit wichtigen Vorhaben in den Bereichen Klimaschutz, Ökologisierung des Steuersystems – das ist durchaus enthalten –, Abfallwirtschaft, Gewässerschutz, erneuerbare Energieträger und so weiter. Und davon wurde in den letzten 100 Tagen auch schon sehr, sehr viel auf die richtigen Schienen gelegt.

Die ersten Entwürfe wurden euch ja bereits zugeleitet, und wir werden nächste Woche, in der Sitzung des Umweltausschusses am 23. Mai, eine sehr lange Tagesordnung zu behandeln haben, und zwar mit den neuen Experten der SPÖ. Ich hoffe, diese können die alten Experten ersetzen.

Es ist also sehr, sehr viel in Bewegung, auch vieles von dem, was die abgetretene Regierung ungelöst hinterlassen hat. So wurde zum Beispiel der UVP-Gesetzentwurf fertiggestellt. Ich glaube, es ist ein modernes Gesetz und stellt einen tragfähigen Ausgleich zwischen Umwelt und Wirtschaft dar. Umweltschutz und Wirtschaftspolitik dürfen nicht länger Gegensätze sein, Kollegin Glawischnig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Moser: Sie spielen doch die beiden immer gegeneinander aus!)

Das ist der falsche Ansatz! Immer gegen die Wirtschaft kämpfen, wie es die grünen Fundamentalisten bisher hier im Hause gemacht haben, ist der falsche Ansatz! (Neuerlicher Zwischenruf bei den Grünen.) Umweltpolitik schafft Arbeitsplätze, Arbeiter machen Umweltpolitik – darum geht es heute! Ich hoffe, ihr werdet das jetzt auch begreifen. Wir können anhand dieses Gesetzentwurfes zeigen, dass wir das begriffen haben und werden das auch in Gesetzesform bringen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. )

Kollegin Stoisits! Anlagenverfahren werden im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich gestrafft und konzentriert. Am Ende wird ein einheitliches Anlagenrecht stehen, es wird zu einer Verfahrenskonzentration kommen – all das, was Ihre Kollegin Langthaler gefordert hat. Die Betriebe werden dadurch bei den behördlichen Wegen nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld sparen, das sie dann woanders einsetzen können. Ich meine, dass das eine durchaus vernünftige Umweltpolitik ist.

Wir haben gestern den Entwurf betreffend Biozid-Produkte-Gesetz fertiggestellt – das wird Ihnen ja auch zugeleitet worden sein. Also ein weiterer Punkt, den man abhaken kann.

Wir haben gestern sozusagen die AWG-Novelle abgehakt – das wird Ihnen auch zugeleitet werden. Der dritte Punkt, der fertiggestellt wurde.

Es ist allerdings auch notwendig, an eine Neuordnung der Verpackungsverordnung zu denken. Und da, Kollegin Glawischnig, muss ich dem Herrn Minister schon sagen: Diesbezüglich besteht einiger Handlungsbedarf. Im Moment ist es so, dass die Verpackungsverordnung große Vorteile


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für die In-Verkehr-Bringer bringt, dass die Trittbrettfahrer nach wie vor Narrenfreiheit haben, dass die Recycler zu viel Geld bekommen und dass die Konsumenten zweifach zur Kasse gebeten werden: weil sie den Entsorgungsbeitrag bereits beim Kauf des Produktes zahlen – und dann, weil sie über die Branchen-Recycler nicht mehr entsorgen können, für die Entsorgung noch einmal zahlen müssen. Das ist aber bitte nicht Sinn der Sache; es landet daher auch sehr viel Rohstoff auf dem Müll. Da ist also, wie gesagt, Handlungsbedarf gegeben.

Kollegin Glawischnig! Vorgespräche mit Minister Molterer haben ergeben, dass dieser bereit ist, auch in dieser Frage etwas zu tun, weil ihm zum Beispiel das Schicksal des Abfüllers "Römerquelle" auch ein Anliegen ist und wir nicht wollen, dass solche Ansätze kaputtgemacht werden. Dieser Abfüller soll weiterhin konkurrenzfähig sein, weil er umweltbewusst gehandelt hat. Und deshalb wird es auch eine Neuordnung der Verpackungsverordnung in diese Richtung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nächster Punkt – wir bilanzieren weiter; Kollegin Glawischnig, hören Sie mir bitte zu! –: die nationale Klimastrategie befindet sich in Ausarbeitung. Wenn der Ministervortrag kommt, werdet ihr sofort miteingebunden. Ihr könnt euch wirklich überall rechtzeitig bei der Ausarbeitung einer nationalen Klimastrategie einbringen.

Das Reduktionsziel von 13 Prozent wollen wir mit sehr, sehr vielen nationalen Maßnahmen – dabei wird sicher auch eine Ökologisierung des Steuersystems eine Rolle spielen – erreichen. Es wird in diesem Zusammenhang sicherlich die wichtigen Grundsätze Kostenwahrheit, Anreizsysteme, Ökologisierung des Steuersystems geben. Keine Frage! Herr Minister Molterer muss ja in nächster Zeit etwas vorweisen. Wir werden das also machen. In den nächsten Wochen und Monaten muss das geschehen.

Es wird umfassende Förderstrategien geben, die in diese Richtung wirksam werden. Kollege Kopf hat es bereits angesprochen: 161 Millionen Schilling für Umweltprojekte wurden erst jetzt genehmigt, die zur Gänze dem Klimaschutz zugute kommen.

Und zuletzt die Anti-AKW-Politik, die mit Hochdruck fortgesetzt wird. In Pressburg werden wir Gespräche betreffend Bohunice und Mochovce führen. Kollegin Moser hat beim Besuch der Mitglieder des Umweltausschusses in Prag teilgenommen, als es um das AKW Temelin gegangen ist. Ich finde, wir haben dort ein durchaus gutes Gespräch geführt. – Kollegin Moser, es wird wahrscheinlich am 14. Juni so weit sein, dass eine Delegation aus Prag hier zu uns ins Haus kommen wird, und wir werden die Gespräche bezüglich Temelin weiterführen.

Auch da wird viel getan; Sie brauchen sich darüber ja nur zu informieren. – Kollege Van der Bellen weiß, dass Umweltpolitik bis jetzt erfolgt ist – und dass Umweltpolitik auch in Zukunft sehr, sehr ernst und erfolgreich gemacht werden wird.

Die Grünen und die neuen Roten in diesem Bereich sind herzlich eingeladen, sich konstruktiv an der sehr ambitionierten Umweltpolitik dieser schwarz-blauen Regierung zu beteiligen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.30

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Glawischnig, wenn Sie schon bei der Fußballersprache sind, dann werden Sie doch wohl auch wissen, dass ein Fußballspiel immer aus zwei Hälften besteht und ein Spiel immer erst nach dem Abpfiff zu Ende ist. Die österreichische Nationalmannschaft hat das ja leider manchmal dramatisch zu spüren bekommen. – Daher, Frau Abgeordnete, halte ich es so wie die Grünen, starte mit der Landwirtschaft in der ersten Hälfte und gehe mit dem Thema Umwelt in eine gleichberechtigte zweite Hälfte hinein. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. )  – Zirka zehn Minuten, Frau Abgeord


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nete. Jedenfalls habe ich neun Minuten und 30 Sekunden für die Landwirtschaft gebraucht; ich habe das genau gemessen.

Ziel der Umweltpolitik dieser Bundesregierung ist die nachhaltige Entwicklung, und ich meine, dass wir uns über das Thema Nachhaltigkeit in weiten Bereichen viel mehr Gedanken machen müssen, als das bis jetzt geschehen ist. Ich meine, dass das Prinzip Nachhaltigkeit nicht nur in der Umweltpolitik gut ist, sondern in allen Politikbereichen zur Anwendung kommen sollte.

Ich verstehe Nachhaltigkeit durchaus auch in dem Sinne, wie Brundtland das diskutiert hat, nämlich unser Leben so zu führen, dass wir die Möglichkeiten der kommenden Generationen nicht schmälern. Das ist ein hohes und ein verantwortungsvolles Gut, das es, wie gesagt, von der Pensionsdebatte bis zum Umweltschutz anzuwenden gilt.

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass wir uns bei einer international beachtlichen Debatte auch weiterentwickeln können, denn in dieser nationalen und internationalen Nachhaltigkeits- und Umweltdebatte heißt es – und das halte ich für wichtig –: Wir müssen die Kräfte des Marktes nutzen, wir müssen aber dem Markt gleichzeitig zwei politische Rahmen geben: einen sozial verantwortlichen und einen ökologisch vertretbaren Rahmen. So verstehe ich auch die Umweltpolitik, wie ich sie auf diesen drei Säulen gestalten möchte: Die Kräfte der Wirtschaft so zu bündeln, dass sie dem sozialpolitisch vorgegebenen Rahmen letztendlich untergeordnet sind – und in diesem Zusammenhang auch ein ökologisch vertretbarer Rahmen.

Dabei, meine Damen und Herren – und eine solche Debatte möchte ich führen, vor allem auch mit den vielen Umweltbewegten –, müssen wir uns noch stärker als bisher mit der Frage der Effizienz auseinander setzen. Ich halte es für wichtig, unsere Maßnahmen immer wieder sowohl auf ökologische als auch auf ökonomische Effizienz hin zu überprüfen. Auch Umweltpolitik, auch umweltpolitische Maßnahmen sind auf dieses Effizienzkriterium hin zu überprüfen. Und genau in diesem Sinne ist auch das ambitionierte Regierungsprogramm in der Umweltpolitik zu sehen, das durchaus – das sei schon gesagt, meine Damen und Herren, vor allem, Frau Abgeordnete Glawischnig – schon Erfolge in der Umweltpolitik aufzuweisen hat.

Österreich ist in weiten Bereichen Motor von Entwicklungen, aber in vielen Bereichen ist durchaus noch eine Anstrengungsnotwendigkeit gegeben. Aber wir sollen uns bitte nicht schlechter machen, als wir sind. Auch dieses Budget, das etwa in der Siedlungswasserwirtschaft den notwendigen Rahmen sieht, das in der Abfallwirtschaft den budgetären Rahmen vorgibt, in der betrieblichen Umweltförderung, auch bei den Nationalparken, zeigt, dass wir diese Politik ernst nehmen und eben mit den notwendigen Rahmenbedingungen ausgestattet haben.

Frau Abgeordnete Glawischnig, es gibt natürlich Testfälle. Der 23. Mai, Sitzung des Umweltausschusses – Kollege Schweitzer hat bereits darauf hingewiesen –, wird so ein Testfall für konstruktive Umweltpolitik sein. Viele gesetzliche Vorhaben werden zur Entscheidung anstehen; andere sind in Vorbereitung. Und ich ersuche daher um und biete konstruktive Zusammenarbeit an.

Zum Thema Artenschutz. Wir arbeiten mit dem WWF am gemeinsamen Projekt "Lasst sie leben", wie wir beispielsweise auch das gemeinsame Projekt "Lebendige Flüsse" entwickelt haben.

Zum Thema Atompolitik kann ich nur sagen, dass diese Bundesregierung auf dem Anti-Atompakt, den die Parlamentarier einstimmig beschlossen haben, aufbaut. Sie wissen sehr gut – darum sage ich Ihnen sehr klar, Frau Abgeordnete, dass ich das so, wie Sie es gesagt haben, nicht zur Kenntnis nehmen kann! –, Sie wissen also sehr gut, dass die Republik Österreich auf Basis eines Ministerratsbeschlusses der tschechischen Regierung sehr klar zum Ausdruck gebracht hat, was wir zum UVP-Verfahren, zum AKW Temelin sagen und darüber denken.

Mit Miloš Kuzvart habe ich in New York vereinbart, dass wir zu allen anderen UVP-Verfahren in gleicher Weise Stellung nehmen werden – und sogar noch eine breitere öffentliche Debatte haben. Ich habe verlangt, dass dieses Hearing auf österreichischem Boden stattfindet; bis dato habe ich darauf allerdings noch keine Antwort bekommen. Ich meine daher: Tragen wir in die


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Frage Atompolitik nicht künstliche Spaltpilze hinein! Hiebei handelt es sich meiner Ansicht nach um ein nationales Anliegen, das letztendlich parteienübergreifend durchzusetzen sein wird. Denn nur dann kann es von Erfolg gekrönt sein. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie des Abg. Brix. )

Ich halte jedenfalls wenig davon, wenn in Hauptstädte gefahren und dort gesagt wird: Und das fehlt noch, und das fehlt noch! Andere politische Beispiele zeigen, wohin es führt, wenn wir sozusagen mit getrennter Zunge sprechen. Auch in der Atompolitik sollen wir mit einer Zunge sprechen, und das fordere ich von allen Beteiligten in dieser Frage! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Thema Klimaschutz, Frau Abgeordnete Glawischnig: Wir arbeiten, wie Sie wissen, intensiv daran, damit zeitgerecht, eben vor dem Sommer, ein Ministerratsvortrag vorgelegt wird. Selbstverständlich werde ich dieses Konzept der Bundesregierung einer breiten Diskussion unterziehen lassen, selbstverständlich auch mit dem Parlament, denn es ist eine gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten, in dieser Frage gemeinsam vorzugehen.

Zur Frage Abfallwirtschaft: Das Abfallwirtschaftsgesetz wird evaluiert, es muss überarbeitet werden – auch, was die Frage der Bezug habenden Verordnungen betrifft. Mir bereitet genauso wie Ihnen, Frau Abgeordnete Glawischnig, die Entwicklung in der Frage Einweggebinde große Sorge. Wir prüfen daher derzeit die Möglichkeiten, die wir haben, weil ich es nicht ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. )  – Ich betone das, bitte, passen Sie auf! Ich habe gemerkt, dass es bei Ihnen wichtig ist, auf jedes Wort zu achten; ich achte im Übrigen auch darauf.

Wir machen uns also nicht nur Sorge, sondern wir prüfen derzeit auch die Möglichkeiten, die wir haben. Sie wissen genauso wie ich, was die Ursache hiefür ist: Einerseits liegt die Ursache in einer sehr bequemen Umgangsweise, weil es offensichtlich immer mehr Menschen gibt, die sich sozusagen von der Glasflasche abwenden, weil eben PET-Flaschen einfacher zu handhaben sind – andererseits aber liegt die Ursache auch darin, dass vom Lebensmittelhandel Kostendruck auf die Hersteller ausgeübt wird, die sagen, man möge von Mehrweggebinden – egal, ob Glas oder PET – weggehen, eben hin zu Einweggebinden. Und das halte ich für falsch!

Deshalb hoffe ich, dass wir da die richtigen Ansätze finden, denn meiner Überzeugung nach sind im Sinne der Nachhaltigkeit Mehrweggebinde letztendlich unverzichtbar. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

15.38

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollege Schweitzer, es ist natürlich nicht so, dass sich unsere neue Umweltsprecherin Sima nicht zum Rednerpult trauen würde, nur: Wir halten uns eben an Vereinbarungen. Und ausgemacht war, dass das Budgetkapitel Landwirtschaft zuerst abgehandelt wird – und der Bereich Umwelt ein bisschen später an die Reihe kommt, also als zweiter Block.

Weiters möchte ich Ihnen, Herr Kollege Schweitzer, sagen: Machen Sie sich keine Sorgen über sozialdemokratische Personalpolitik – obwohl Sie ebenfalls einmal von so etwas betroffen waren, denn es gibt nur ganz wenige hier im Saale, die übers Fernsehen erfahren haben, dass Sie nicht mehr Generalsekretär sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das war der Cap! Ich war kein Generalsekretär!)

Einen Tag nur waren Sie das, denn in einer "Pressestunde" hat Ihnen dann der "Führer" gesagt, dass Sie es nicht mehr sind. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich war nie Generalsekretär! Was reden Sie da? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – O ja, 24 Stunden lang! Können Sie sich daran nicht mehr erinnern? Macht nichts!


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, wieder zum Thema Landwirtschaft zurückzukehren. – Mich freut eigentlich sehr, dass diese Debatte wieder ein bisschen emotionaler wird, als sie früher verlaufen ist. Mir fällt auch auf, dass verschiedene Kolleginnen und Kollegen vor allem von der rechten Reichshälfte sanfte Töne angeschlagen haben, und mich hat ganz besonders gewundert, dass diesmal Kollegin Aumayr Herrn Bundesminister Molterer eine "glückliche Hand" gewünscht hat. (Abg. Aumayr: Was ist da dabei?)

Man hat direkt Myrrhe und Weihrauch hier herinnen verspürt, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, die Zeiten haben sich halt geändert. Es ist aber noch gar nicht so lange her, als Sie Herrn Bundesminister Molterer etwas ganz anderes als eine "glückliche Hand" gewünscht haben, Frau Kollegin Aumayr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir den verschiedenen Pressemeldungen glauben dürfen, wird es heuer in der Landwirtschaft doch eine kräftige Steigerung der Einkommen geben. Es wird einen kräftigen Einkommenszuwachs geben, wie uns der Wifo-Agrarexperte Matthias Schneider vorausgesagt hat, nämlich eine Steigerung zwischen 5 und 6 Prozent.

Woraus resultiert diese Steigerung? Es gibt rund 900 Millionen Schilling mehr an Förderungen aus Brüssel, und durch die Umsatzsteuergesetz-Novelle ersparen sich die Bauern rund 1 Milliarde Schilling an Steuern. Also es wird, so glaube ich, ein gutes Jahr für unsere Bauern: 900 Millionen Schilling mehr an Subventionen, 1 Milliarde Steuernachlass.

Grundsätzlich darf ich eines sagen: Es ist gerecht und wichtig, dass auch die Einkommen in der Landwirtschaft steigen, aber mit dem zweiten Punkt, nämlich dem Steuergeschenk von 1 Milliarde Schilling, liebe Damen und Herren, habe ich ein kleines Problem, denn dieses Steuergeschenk im Ausmaß von 1 Milliarde muss ja irgendjemand finanzieren. Das ist der Vorwurf, den ich Ihnen hier ganz offen mache. Auch durch das gesamte Budgetkapitel Landwirtschaft zieht sich die viel zitierte Umverteilung von unten nach oben – und da rede ich noch gar nicht von jenen Maßnahmen, mit denen wahrscheinlich beim nächsten Budget noch einmal kräftig umverteilt wird, wenn ich etwa an die Aufstockung der ÖPUL-Mittel um 1 Milliarde denke oder an das 900-Millionen-Geschenk beim Agrardiesel, das Sie wahrscheinlich, so erfährt man aus den Medien, beschließen werden. (Abg. Schwarzenberger: Und wie viel schenkt ihr dem Flughafen Wien sozusagen? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Wimmer!

Abgeordneter Rainer Wimmer (fortsetzend): Diese Summen müssen aufgebracht werden, und ich sage Ihnen, wer diese Summen aufbringt. Es sind das die Arbeitnehmer, es sind das die Pensionisten, es sind das die privaten Haushalte – wenn ich an die Energieabgabe denke –, es sind das die Autofahrer und die Pendler, und es sind das die Kranken in unserem Land. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ungerecht und unfair! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nicht gerecht und es ist nicht fair, wenn Sie einer Bevölkerungsgruppe etwas wegnehmen, damit Sie einer anderen Bevölkerungsgruppe etwas geben können. Das ist nicht redlich. Das ist aber Ihre Politik, die wir vehement bekämpfen und nicht mittragen werden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Diese Ungerechtigkeit, die Sie zu verantworten haben, ist auch innerhalb der bäuerlichen Betriebe spürbar, wenn etwa ein Fruchtfolgebetrieb im Vergleich zum Bergbauernbetrieb das Dreieinhalbfache verdient und dieses Einkommen zu 83 Prozent aus öffentlichen Geldern subventioniert werden muss.

Wir haben bei den Bergbauern ein durchschnittliches Einkommen von 214 000 S im Jahr, und wir haben bei den Fruchtfolgebetrieben ein durchschnittliches Einkommen von 512 000 S im Jahr. Frau Aumayr! Weil Sie sagen, Sie können dieses Thema schon nicht mehr hören: Arbeiter in der Industrie haben ein Einkommen von 250 000 S. Man sieht da genau, wo diese Förderungen hinfließen, nämlich zu den Großbetrieben, und daher ist dieses Fördersystem abzulehnen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)


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Der Herr Bundesminister hat in seiner vorletzten Wortmeldung gesagt, Flächenförderungen seien doch klug. (Bundesminister Mag. Molterer: Ein Umweltprogramm, Herr Kollege!) Auch da gibt es Ungerechtigkeiten, denn wenn man quadratmeterbezogen fördert, bekommen die großen Betriebe ungleich mehr, das wissen wir genau. (Abg. Aumayr: Wieso? Erklären Sie das einmal, Herr Kollege Wimmer!)

Weil Sie von dieser Gerechtigkeit gesprochen haben: Ein Fördersystem kann nicht gerecht sein, wenn es einen Betrieb in Niederösterreich gibt, der 22,5 Millionen Schilling im Jahr an Subventionen kassiert. 22,5 Millionen Schilling – ein einziger Betrieb!

Ein weiterer Betrieb bekommt 13,9 Millionen Schilling. Ist das wirklich so gerecht, meine Damen und Herren? Ist das wirklich jenen bäuerlichen Betrieben gegenüber gerecht, die in der Gruppe zwischen 2 und 9 Hektar liegen?

Meine Damen und Herren! Ich glaube, Ihr Fördersystem ist ungerecht, das spiegeln die Zahlen auch ganz deutlich wider. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sehe in Ihren Ansätzen überhaupt kein zukünftiges Konzept einer ökologischen Landwirtschaft. Es besteht die große Gefahr, dass die Vorreiterrolle, die unsere Biobauern in Europa haben, aufgegeben wird. Es fehlt in Wirklichkeit ein ganz klares Bekenntnis, was den Gentechnik-Einsatz anbelangt. Es fehlt das Bekenntnis zum Verbot der Fütterungsantibiotika, und es fehlt das Bekenntnis zu einem gemeinsamen Bundestierschutz.

Ihre Politik, die die großen Betriebe stützt, wird den Prozess des Bauernsterbens weiter und schneller vorantreiben. Die kleinen Betriebe werden bei dieser ungerechten Förderpolitik überhaupt keine Chance mehr haben und nicht überleben können. Das sind die Gründe, warum wir Ihre Agrarpolitik nicht mittragen und auf das Schärfste zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schweitzer zu Wort gemeldet. Er kennt die GO-Bestimmungen. – Bitte.

15.46

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Offensichtlich dürften Sie überhört haben, dass Kollege Wimmer festgestellt hat, und zwar tatsachenwidrig festgestellt hat, dass ich unter einem "Führer" gedient habe. – Das ist die Unwahrheit – und das wäre einen Ordnungsruf wert. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.  – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: "Das wäre eine Möglichkeit", Frau Mertel!) Vielmehr habe ich mit dem erfolgreichsten Parteiobmann der Zweiten Republik zusammengearbeitet. – Erste Richtigstellung.

Zum Zweiten hat Kollege Wimmer behauptet, dass ich übers Fernsehen von meiner Absetzung als Generalsekretär erfahren habe. – Ich konnte nie als Generalsekretär abgesetzt werden, da ich nie Generalsekretär war, Herr Kollege Wimmer. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Zentralsekretäre gibt es nur bei der SPÖ!)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.  – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: "Das wäre eine Möglichkeit", Frau Mertel!)

15.47

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Ausführungen der Erstrednerin der SPÖ heute zu Gemüte führt, die ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck brachte, dass zu wenig für die Klein- und Nebenerwerbsbauern getan würde, wenn der an und für sich wirklich sachliche Kollege Otmar Brix sich hier darüber auslässt, dass der Herr Bundesminister bisher gut gearbeitet hätte, aber mit dem neuen Budget quasi nichts mehr von dem übrig sei, wie in früheren gemeinsamen Zeiten Landwirtschaft gemacht wurde, und wenn man sich manch andere Aussage zu Gemüte führt, Presseaussendungen und dergleichen, in denen von Großbauern, von Wirtschaftstrei


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benden und von den Armen, die dies alles zu bezahlen hätten, die Rede ist, die als Ziel das Schüren des Neidkomplexes haben, dann frage ich mich: Was ist eigentlich los, meine Damen und Herren? (Abg. Schwarzenberger: Klassenkampf!) Klassenkampf! Das ist es offensichtlich, was von dieser Seite seit wenigen Monaten gepredigt, geschrieben und praktiziert wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Den macht ihr!)

Meine Damen und Herren! Auch in diese Richtung gefragt: Was ist denn eigentlich ein "großer" Bauer? Was ist groß und was ist klein, Herr Kollege Brix? (Abg. Brix: Ein Kleiner ist ein Simmeringer Erwerbsbauer!) Gerade du, der du aus der entsprechenden Umgebung kommst und dich durchaus positiv mit Wiener Gärtnereibetrieben und so weiter beschäftigst, müsstest wissen, dass es ein Unterschied ist, ob ich 10 Hektar Gärtnerei, Gemüsebau oder was immer bewirtschafte, ob ich 10 Hektar Getreidebau habe oder ob ich ein Almbauer mit 20 Hektar bin. Was ist groß und was ist klein? Meine Damen und Herren! Da fehlt offensichtlich ein wenig die Praxis. Das stelle ich hier mit aller Deutlichkeit fest. (Beifall bei der ÖVP.)

Vor kurzem hörte ich von SPÖ-Seite, groß wäre ein Bauer mit 100 000 m2. (Abg. Böhacker: Was?) Ein Bauer mit 100 000 m2 wäre ein "großer" Bauer! Eine Bauparzelle hätte 1 000 m2, und wer das Hundertfache besitze, wäre ein Großbauer. (Abg. Mag. Schlögl: Wer war das?)

Meine Damen und Herren! Dann gibt es aber doch auch Kollegen – so fair sollte man sein, das festzustellen –, die meinen, ab 20 Hektar sei man ein Großbauer. Wissen Sie, was Ihr SPD-Kollege Funke, ein durchaus erfolgreicher Minister – er vertritt zwar nicht meine politische Einstellung –, meint, was ein Familienbetrieb wäre? 400 Hektar, das ist bei ihm ein bäuerlicher Familienbetrieb, meine Damen und Herren! – Damit Sie einmal wissen, was groß und was klein ist! (Abg. Mag. Schlögl: Wer war das? Namen! – Ruf bei der SPÖ: Zur Sache!)

Meine Damen und Herren! Das ist zur Sache, weil es sich gerade beim Budgetkapitel Landwirtschaft lohnt, dieses Thema zu behandeln.

Hohes Haus! Wir wissen, dass das Agrarbudget auch zur allgemeinen Budgetkonsolidierung beizutragen hat und dass die eine oder andere Maßnahme, die wir gerne in den ersten 100 Tagen gesetzt hätten, um ein Jahr aufzuschieben ist. Aber ich hätte mir immer gewünscht, dass jede Regierung im ersten Jahr derart viel für die Landwirtschaft umgesetzt hätte, was hier an Planungen, an Zielsetzungen vom Herrn Bundesminister auf den Tisch gelegt wurde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Dafür habe ich Verständnis, denn du darfst nichts anderes sagen!)

Jeder verkündet in Sonntagsreden: Landwirtschaft muss und soll wettbewerbsfähig sein und bleiben. Viele verkünden, dass die Qualität das Wichtigste ist und man sich der Qualität zuwenden würde. Nur beim Einkauf schaut die Sache anders aus, wesentlich anders! Daher sind wir alle aufgerufen, darauf hinzuweisen, dass österreichische Bauern sorgsam und nachhaltig wirtschaften und keinen internationalen Vergleich zu scheuen brauchen, was die Qualität und die Nachhaltigkeit betrifft. Man erwartet aber selbstverständlich – und das sei auch einmal festgehalten –, dass der österreichische Bauer sozusagen zu EU-Bedingungen produziert. Einkäufer nehmen keine Rücksicht auf österreichische Gegebenheiten, sondern legen unmissverständlich dar, wo sie sonst einkaufen. Der Konsument fordert strikt und ausnahmslos österreichische Qualität – dafür sind wir dankbar –, möchte aber bei der Bezahlung sehr maßvoll sein.

Und manche Handelsketten tun ihr Übriges. Wenn heute ein Liter bester Trinkmilch im Großmarkt 6,90 S kostet, dann ist das Schleuderpreispolitik. Das hat nichts mehr mit Strategien zu tun. Da wäre nachzudenken, ob es wirklich jemandem hilft, dass ein Liter Milch bester Qualität um 6,90 S verschleudert werden muss, um quasi als Lockartikel zu dienen. (Beifall des Abg. Zweytick sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Das ist ja nur ein Lockvogelangebot!) Hilft es wirklich jemandem, wenn 1 Kilo Hunde- oder Katzenfutter in Großmärkten wesentlich teurer ist als bestes österreichisches Qualitätsfleisch? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Oder ein Hendl um 19 S!) Oder ein Hendl um 19 S. Es könnten alle Konsumenten dazu beitragen, den österreichischen Bauern zu helfen. Der österreichische Landwirt wird sich den Herausforderungen der Zukunft stellen.


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Wir werden diesem Budget unsere Zustimmung geben, und wir sind überzeugt davon, dass sich die erfolgreiche Landwirtschaftspolitik unseres Bundesministers Molterer, den Sie voriges Jahr noch alle gelobt haben – und wir haben keinen Grund, davon abzugehen –, auch in Zukunft positiv auf die Bäuerinnen und Bauern auswirken wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

15.54

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Auer, hervorragende rhetorische Leistung, Hut ab, wirklich (demonstrativer Beifall des Abg. Zweytick ), nur eines hätte ich gerne gewusst – bis vor einigen Monaten war ja in solchen Situationen, wenn irgendetwas nicht ganz im Sinne der ÖVP-Landwirtschaftspolitik funktioniert hat, der Finanzminister derjenige, der verhindert hat und schuld daran war –: Habe ich dich richtig verstanden, dass du jetzt gemeint hast, nun wäre es der Konsument, der schuld daran ist, dass gewisse Dinge in der Landwirtschaft nicht so funktionieren, wie es sich die ÖVP-Agrarfraktion vielleicht vorstellt? (Abg. Auer: Habe ich nicht behauptet! Ich habe aufgerufen, der Konsument sollte uns helfen!)

Wenn das so ist, biete ich dir wie vor einigen Jahren, als frisch gebackener Agrarsprecher hier am Rednerpult stehend, an: Da steht ein Konsument (Abg. Auer: Sehr gut! Ein steirischer!), ein echter Vollblutkonsument und, wie man sieht, einer, der wirklich mit Lust konsumiert und der sehr lustvoll österreichische Produkte – und vorzugsweise vom Biobauernhof aus der Umgebung, Frau Kollegin Aumayr – konsumiert. Lieber Kollege Auer! Ich weiß, dass es sehr viele, wirklich sehr viele gibt, die so konsumieren wie ich, die so lustvoll konsumieren wie ich. (Abg. Auer: Der Otmar ist aber wesentlich schmäler als du! – Heiterkeit.)  – Na gut, Kollege Brix hat ja auch schon einige Monate mehr an Erfahrung. Das heißt, vielleicht sondiert er noch genauer, als ich das bisher gemacht habe. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich einige Worte zu meinen Vorrednern sagen. Herr Präsident Schwarzenberger! Ich darf Ihnen gratulieren – Entschuldigung, wenn ich Ihr Gespräch jetzt unterbreche –: Die Bürgermeister-Partei ÖVP hat in den letzten Tagen einen neuen Oberbürgermeister bekommen. Ich finde es wirklich bewundernswert, dass der Bauernbundpräsident in Zukunft Ausgleichspolitik im Rahmen des Finanzausgleichs betreibt und sich dafür stark macht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zweytick. ) Der Applaus gebührt dem Oberbürgermeister Schwarzenberger. (Abg. Schwarzenberger: Das Land muss leben! Wir fühlen uns für den ländlichen Raum verantwortlich!)

Nur eines, Kollege Schwarzenberger, scheint mir schon ein wenig verwunderlich zu sein, nämlich dass das gerade zu einer Zeit passiert, in der in Brüssel angeblich die Entscheidungsphase für das Programm für die ländliche Entwicklung sein soll. Könnte man daraus jetzt ableiten, dass das Programm für die ländliche Entwicklung vielleicht doch nicht ganz so umsetzbar war, wie es von eurer Seite vorgeschlagen wurde, und man jetzt rechtzeitig eine Absprungstrategie verfolgen muss, dass man über den Finanzausgleich das umsetzen kann, was in anderer Weise nicht möglich ist? Wir werden es sehen. (Abg. Schwarzenberger: Nein, da kann ich dich beruhigen, das wird nicht eintreten!)

Kollege Schwarzenberger! In den letzten Monaten haben wir mehrfach, sowohl in den Agrarausschusssitzungen als auch in den Budgetausschusssitzungen, versucht, von euch und vom Herrn Bundesminister den letzten Stand der Dinge zu erfahren, wie wir denn in Brüssel mit dem Programm für die ländliche Entwicklung stehen. Bis heute haben wir diese von uns geforderten Informationen nicht erhalten.

Herr Bundesminister! Wir haben in den letzten Jahren gut zusammengearbeitet, wir haben einander achten gelernt, Achtung dargeboten, und wir werden das auch in Zukunft so halten, aber wenn Sie konstruktive Oppositionspolitik von uns haben wollen, dann möchte ich Sie wirklich – heute zum wiederholten Male, auch von dieser Stelle aus – darum ersuchen, und das ist mein Angebot: Binden Sie uns ein, und geben Sie uns die Möglichkeit, konstruktiv mitzuar


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beiten! Lassen Sie uns aber irgendwo im hinteren Winkerl stehen und verwehren uns die Informationen, dann dürfen Sie sich nicht beschweren, wenn wir die Oppositionsrolle ein wenig heftiger hervorkehren. (Beifall bei der SPÖ.)

Also noch einmal: Binden Sie uns ein! Meine Handreichung ist nach wie vor aufrecht.

Frau Kollegin Aumayr! Ich bin wirklich hin und weg, hingerissen von den Engelszungen, mit denen Sie heute hier von diesem Rednerpult aus gesprochen haben. Es war wirklich herzerfrischend, und ich wünsche dem trauten Pärchen Aumayr/Molterer in Zukunft wirklich alles Gute. (Abg. Aumayr: Würden gut zusammenpassen, gell?) Ich biete auch Ihnen an, dass wir gemeinsam für die österreichische Landwirtschaft arbeiten.

Wenn Kollege Schwarzenberger vorher erwähnt hat, der ländliche Raum und die Besiedlung unserer Bergtäler seien wichtig, gebe ich ihm völlig Recht. Die Besiedlung unserer Bergtäler ist absolut wichtig. Aber, Kollege Schwarzenberger, wenn es auf der einen Seite für einige wenige Betriebe Fördersummen, wie sie Kollege Wimmer vorhin genannt hat, in der Höhe von 20 Millionen, 13,9 Millionen Schilling gibt und es auf der anderen Seite genau in diesen Bergtälern Bauernhöfe, Familienbetriebe gibt, die mit 15 000, 20 000, 30 000 S Jahresförderung auskommen müssen, dann müssen Sie mir erklären, wo hier die Gerechtigkeit ist, wo hier die sozial gerechte Verteilung ist. Ich kann sie nicht sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegin Sophie Bauer als unsere Erstrednerin hat heute vermeint, die Arbeitskraft gehört als Faktum und als Maßgröße für die Verteilung der Förderungen herangezogen. Herr Kollege Schwarzenberger! Wenn Sie das genau durchschauen und durchrechnen, werden Sie draufkommen, dass genau in diesen Bergtälern, wo Sie eine Entvölkerung befürchten, mit dieser Art und Weise der Förderpolitik die dortige Bevölkerung leben könnte, und zwar so leben könnte, dass sie nicht auf Almosen angewiesen wäre oder Sonstiges (Abg. Zweytick: Das sind keine Almosen!), sondern sie könnte von ihrer Produktivität leben, die sie erreichen kann. (Abg. Schwarzenberger: Deshalb ein Sockelbetrag und die Ausgleichszulage!)

Herr Kollege Schwarzenberger! Die wiederholte Forderung unsererseits noch einmal dargebracht: Als wichtigstes Kriterium sollten die Arbeitskraft und der Arbeitseinsatz am Bauernhof dienen, dann wird die Verteilung viel gerechter werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Schwarzenberger! Sie haben den sozialen Ausgleich im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen zum abgestuften Bevölkerungsschlüssel angesprochen. Wir hätten gemeinsam die Möglichkeit gehabt, diesen sozialen Ausgleich in den letzten Jahren zu schaffen, aber Sie waren dazu nicht bereit. Sie waren nicht dazu bereit und haben das nicht mit uns umgesetzt. Sie sind uns nicht gefolgt. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Antwort zum Agrarkapitel gesagt: Von Österreich sind Impulse ausgegangen, die in der EU Niederschlag gefunden haben. – Sie haben Recht. Von dieser Stelle aus habe ich Ihnen dazu gratuliert. Aber in den letzten Wochen und Monaten haben Sie auch dezidiert erklärt, Sie sind nicht dazu bereit, hier in Österreich jene Möglichkeiten zu nützen, die Sie als Impulsgeber im Rahmen der Agendaverhandlungen – und die jetzt auch in der horizontalen Verordnung zur Agraragenda enthalten sind – erreicht haben, nämlich Obergrenzen einzuführen, nach ökologischen Kriterien Staffelungen einzuführen, nach Arbeitskraftverhältnissen und Arbeitskraftbedingungen eine verstärkte Förderung durchzuführen.

Daher, Herr Bundesminister, lade ich Sie dazu ein, gemeinsam mit einer konstruktiven Opposition an einer Verbesserung der sozialen Gerechtigkeit und an einer Verbesserung der landwirtschaftlichen Situation in Österreich mitzuarbeiten. Ich lade Sie dazu ein, mit uns gemeinsam das umzusetzen, denn das – das ist auch der Grund dafür, warum wir dieses Budget ablehnen –, was wir jetzt vorliegen haben, ist ein blau-schwarzer Faden, der sich durch die gesamten Kapitel des Budgets durchzieht: die Verteilung von unten nach oben, eine ungerechte Verteilung. Deswegen müssen wir dieses Budget ablehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das "überrascht" uns aber sehr!)

16.02


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27. Sitzung / Seite 33

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zellot. Ich erteile ihm das Wort.

16.03

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn man die Agrardebatte genau verfolgt, so muss man ehrlicherweise auch feststellen, dass im Großen und Ganzen jede einzelne Rednerin und jeder einzelne Redner für die Bauern das Beste wollen. Ich möchte aber Folgendes hinzufügen: Es wird immer kritisiert, es bestehe eine Konfliktsituation in der Klassengesellschaft zwischen Groß- und Kleinbauern. Ich muss an die Seite der Sozialdemokratischen Partei daher die Botschaft richten: Sie hätten in Ihrer 30-jährigen Regierungsverantwortung Zeit genug gehabt, dies zu regeln. (Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: ... ÖVP! Die haben geschlafen!) Leider muss ich auch feststellen, dass es sich immer bewahrheitet, dass die Kämpfer für die Kleinbauern in Ihrer Partei nichts mehr zu reden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer. )

So zum Beispiel musste in Kärnten die Kämpferin für die Kleinbauern, Hilde Schaumberger, ihren Vorsitz bei den SPÖ-Bauern zurücklegen, weil der Schuldeneintreibungsdienst Gusenbauer bis nach Kärnten gekommen ist und die Bauern darunter leiden. Das ist eine Tatsache. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Die Bauern leiden darunter? Das ist stark! – Abg. Dr. Cap: Was war das jetzt?)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn Sie von der Umwelt und den Bauern sprechen, so ist ja Gott sei Dank heute noch nicht der Satz gefallen, dass die Bauern das Wasser schädigen oder teilweise vergiften. (Abg. Schwemlein: Das genügt eh, wenn Sie das jetzt sagen!) Das finde ich ja schon positiv. Es hat schon ein anderer Prozess stattgefunden. Meine Herren! Gäbe es in der Europäischen Union einen landwirtschaftlichen Wettbewerb, was die Umweltleistung der Bauern betrifft, so bekämen die österreichischen Bauern mit Sicherheit die Goldmedaille. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, geschätzter Herr Bundesminister, dass wir nicht nur immer über die Landwirtschaft und die Tätigkeiten der Agrarwirtschaft in Österreich sprechen sollten, sondern wir sollten auch ein bisschen auf die EU-Mitgliedstaaten schauen. Man muss nämlich leider feststellen, dass wir die Sünden der Tierfabriken in der Europäischen Union bezahlen. Die Bauern müssen mit wachsendem Entsetzen feststellen, dass die Zahl der Tierfabriken in den EU-Ländern zunimmt und mit ihren Geldern die Schäden dieses Wahnsinns bezahlt werden müssen. Laut offiziellem EU-Bericht mussten in den Jahren 1997 und 1998 umgerechnet 8 Milliarden Schilling für die Bereinigung der Konsequenzen von großflächigen Schweineseuchen bezahlt werden. Dafür wurde natürlich ein "netter" Titel gefunden: Marktunterstützungsmaßnahmen und Veterinärmaßnahmen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Dazu sind wir in Zukunft nicht bereit. Natürlich ist dies ein trauriges Kapitel, Herr Minister! Auch betreffend Beimischung von Klärschlamm und Tiermehl zum Tierfutter kann man sagen: Es wird wörtlich "Dreck zu Gold" gemacht. Derjenige, der das Fleisch von diesen Tieren konsumiert und diesen Giftcocktail auch isst, ist wahrscheinlich nicht gesund. (Abg. Schwemlein: 100 Prozent recycelt!) Da stellt sich auch die Frage, wer wohin Beobachterposten schickt und darauf schaut, wie wo produziert und gearbeitet wird und wer eigentlich die Preise kaputt macht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Die österreichischen Landwirte wurden im Jahre 1999 fast 90 000 Mal von der Agrarmarkt Austria überprüft. Das ist gut! Daran soll man auch sehen, wie genau der Einsatz der ausgegebenen Fördermittel kontrolliert wird. Ich habe meine Fraktion damit beauftragt, im Rat nachzufragen, in welchem Ausmaß die anderen EU-Mitgliedstaaten nationale Kontrollen durchführen, damit wir einmal nachweislich sehen können, wer wohin Beobachterposten schickt und ob dort alles mit rechten Dingen zugeht.

Meine geschätzten Damen und Herren! In der Landwirtschaft ist natürlich auch die Energiepolitik in Verbindung mit der Umweltpolitik wichtig. Ich glaube, dass sehr wohl auch alternative


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Energien und Biomasse weiterhin genützt werden sollen. Hiezu vielleicht eine Botschaft aus Kärnten: Seit 1. Mai gibt es dort neue Einspeistarife für die Stromerzeugung aus Biogas aus kleineren Anlagen. Die Preise wurden von 74 Groschen pro Kilowattstunde auf 1,3 S pro Kilowattstunde bei der Stromerzeugung und vor allem bei Holzgas sogar von 62 Groschen auf mindestens 2,1 S angehoben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich meine, dass ist eine positive Energiepolitik. Das ist ein Ansporn für die Bauern zu alternativer Produktion. Sie leisten damit natürlich einen wesentlichen Beitrag für unser Gemeinwohl und unsere Umwelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte.

16.09

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte ein paar Worte zu meinem Vorredner, Herrn Karlheinz Kopf, die zur Schau getragene Coolness in Person, sagen. Er ist nicht da. Ich wollte nur gratulieren. Er ist Generalsekretär des Wirtschaftsbundes geworden. (Abg. Dr. Khol: Noch nicht!)  – Noch nicht, aber er ist natürlich der "Prototyp" eines Vertreters der "kleinen" Leute. Das kann ich mir schon vorstellen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Der hat auch eine kleinbetriebliche Wirtschaft!)

Abgeordneter Brix hat sich sehr engagiert für die Wiener Gärtner eingesetzt; wenn das Klassenkampf ist, dann soll mir das Recht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe den FPÖ-Abgeordneten und der ÖVP genau zugehört und bin zu dem Schluss gekommen, die neue Botschaft unter den Koalitionsbrüdern und -schwestern lautet: Ist der Weg auch falsch und steinig, Hauptsache wir sind uns einig. (Heiterkeit des Abg. Brix.  – Beifall bei der SPÖ.)

Sie, meine liebe FPÖ, machen auch in der Landwirtschaft und im Tierschutz das genaue Gegenteil von dem, was Sie Ihren Wählern versprochen haben – genau das Gegenteil, wie auch in anderen Bereichen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Das muss ich tatsächlich berichtigen!)

Ich möchte auch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Pirklhuber sagen. (Abg. Haigermoser: Warum sind Sie so böse auf uns? – Abg. Dr. Khol: Neidig! – Abg. Haigermoser: Ach! Neidig!?) Ich möchte mich für seinen Diskussionsbeitrag bedanken, der wirklich eine Expertenmeinung bringt, diesen möchte ich inhaltlich voll unterstützen. – Neid muss man sich sehr schwer erkämpfen, das nur als Zwischenbemerkung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Vor allem der dänische Aktionsplan für Biologischen Landbau würde mich sehr interessieren. Dieser wäre für Österreich, so glaube ich, sehr von Vorteil, Herr Bundesminister. (Abg. Haigermoser: Wir sind die Nummer 1, was das anbelangt! – Gegenruf des Abg. Gradwohl. )  – Ich habe nur eine kurze Redezeit.

Herr Bundesminister! Das Budget ist nicht das Problem. Sie haben es schon von den Vorrednern gehört, problematisch sind die Schwerpunktsetzung und natürlich auch die Steuergeschenke an die Großbauern. (Abg. Zweytick: Ist eh klar!)

Die direkte Folge Ihrer Landwirtschafts- und Förderungspolitik ist, es werden immer mehr Tiere in immer weniger Betrieben gehalten. Das wissen Sie. Beispiel Schweine: Es gibt jetzt 2 000 Betriebe, die jeweils mehr als 400 Schweine halten. Vor vier Jahren waren es nur zirka 1 300 Betriebe. (Abg. Haigermoser: ... Ihr Konsumentenschutz! Weil Sie immer sagen, es muss alles billiger werden! Die AK ist schuld!) Insgesamt gibt es 23 Prozent weniger Schweinehalter. Was das für Folgen hat, ist ganz klar: mehr Massentierhaltung und noch weniger Tierschutz in der Landwirtschaft. Und Sie sind auch nicht mehr für das Bundestierschutzgesetz, liebe FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser .)

Hören Sie zu, Herr Abgeordneter Haigermoser! Wir von der SPÖ fordern schon seit langem den Tiergerechtheitsindex für die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren. Das würde bedeuten:


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tiergerecht gehaltene Tiere, zufriedene Konsumenten und Bauern, die daraus auch einen Vermarktungsvorteil hätten. (Abg. Zweytick: Aber für die Haustiere auch!)  – Auch für die Haustiere, überhaupt keine Frage. Du wirst dich wahrscheinlich besonders für die Haustiere einsetzen, für deine Katzerln. (Abg. Zweytick: Sehr!)  – Ja, ich kenne dich schon. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Wir brauchen den Biologischen Landbau in Österreich. Ich möchte Ihnen drei Antworten darauf geben, warum, Herr Abgeordneter Khol! (Abg. Dr. Khol: Auch für die Rebläuse interessiert er sich!) Die Biobauern sind diejenigen, die zu einem großen Teil die Gewässer und die Böden reinhalten. Das ist heute ein ganz wichtiger Bereich in dieser Diskussion. (Abg. Haigermoser: Und den Stall!)  – Und den Stall vielleicht auch. Sie halten ihren Viehbestand tiergerecht, weil sie den Stall ordentlich halten. Sie sind Imageträger für die österreichische Landwirtschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter! Sie haben vorhin die hochwertigen Produkte hervorgehoben. Wer produziert diese? – Die Biobauern! Und auch die Großbauern profitieren davon. Das heißt, diese Imageträger dürfen wir nicht verlieren, wir können uns das auch nicht leisten. (Abg. Schwarzenberger: Nach EU-Regeln gibt es in Österreich keine Großbauern!)

Zur Kollegin Aumayr hat mein Vorredner bereits einiges gesagt. Ich denke, die FPÖ unterscheidet sich betreffend Landwirtschaft nicht mehr von der ÖVP und leidet, so wie in vielen anderen Bereichen auch, unter einem kollektiven Gedächtnisverlust. Mein Kommentar dazu: Das Rückgrat ist eben auch nur ein langer, beweglicher Knochen, liebe FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe Ihnen genau zugehört. Sie haben gesagt, die Biolandwirtschaft sei die Spitze einer einheitlichen Entwicklung und auch der Sockelbetrag werde realisiert. Ich hoffe, das ist kein Lippenbekenntnis. Wir misstrauen der ÖVP, weil wir sie kennen. Und Sie sind natürlich auch ein Teil der ÖVP.

Das rote Licht leuchtet schon. Ich komme zum Schluss. Herr Bundesminister! Ich bin sicher, dass Sie von der Seite der Großbauern Lorbeeren einheimsen werden, aber bedenken Sie: Lorbeeren sind ein schnell welkendes Gemüse. (Beifall bei der SPÖ.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Ich erteile ihm das Wort.

16.15

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister Molterer! Geschätzte Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen! Ich mache vorneweg ein Geständnis: Ich bin Kleinbauer mit einem Grund von 30 Hektar und bedanke mich für das Engagement des Kollegen Brix, mich so engagiert zu vertreten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich mache noch ein Geständnis: Ich bin auch Bürgermeister einer Kleingemeinde und werde dazu einige Worte verlieren. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Wenn es darum geht, über Größenordnungen zu reden, bin ich gerne dazu bereit, einen Gemüseanbaubetrieb von zehn Hektar in Wien gegen meinen zu tauschen (Zwischenruf des Abg. Brix ), dann hätte ich eine Wertsteigerung von 1 :  100. Dieses Geschäft würde ich gerne machen. Ich meine aber, dass ich dieses Angebot kaum bekommen werde.

Wenn Sie von Einkommen und von Geschenken an die Großbauern reden, so mache ich Ihnen folgenden Vorschlag: Warum beginnen Sie nicht bei sich selbst? (Abg. Schwemlein: Ich bin kein Großbauer!) Ich kenne in der Liste einen einzigen Großbauern, der zu Fuß von hier aus leicht erreichbar ist. Es ist Bürgermeister Häupl. Die Stadt Wien besitzt 1 700 Hektar Ackergrund und 40 000 Hektar Wald. Machen Sie doch den ersten Schritt! Zeigen Sie uns, dass Sie es ernst meinen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Geschätzte Damen und Herren! Zur Umverteilung von unten nach oben ist Folgendes zu sagen: Es ist eine legitime Forderung der Gemeinden in der kleinen Struktur, der Landgemeinden, dass sie Gerechtigkeit verlangen. Wir wollen keinen Bevorzugung, sondern lediglich Gerechtigkeit. Es handelt sich im Jahr um zirka 5 Milliarden Schilling, die den kleinen Gemeinden vorenthalten werden. Wir fordern nicht einmal eine Umkehrung der derzeitigen Situation, sondern nur eine Gleichstellung. Das ist in hohem Maße legitim. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Mit der Reform des Bundesministeriengesetzes wurde aus dem ehemaligen Ministerium für Land- und Forstwirtschaft sowie dem ehemaligen Ministerium für Jugend, Familie und Umwelt das neue Bundesministerium für Land-, und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Dass die Gesunderhaltung unserer fundamentalen Lebensgrundlagen – reines Wasser, gesunder Boden, gute Luft – den Bauern ein wichtiges Anliegen ist, wird dadurch unter Beweis gestellt, dass 90 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen im Österreichischen Programm für Umweltgerechte Landwirtschaft ÖPUL eingebracht wurden.

Weiters ist bemerkenswert, dass unser Heimatland Österreich von 20 000 Biobauern mit bewirtschaftet wird – im Vergleich dazu: Die gesamte EU kann keinen höheren Wert aufweisen! Damit ist klar und deutlich unter Beweis gestellt, welche Grundsatzphilosophie von unserem Landwirtschaftsminister Molterer vertreten wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Für die Land- und Forstwirtschaft ist der Weg in die Zukunft vorgezeichnet. Es geht um die nachhaltige Sicherung der Lebensgrundlagen der landwirtschaftlichen Betriebe und um den gesellschaftspolitischen Auftrag, nicht nur hochwertigste Lebensmittel zu produzieren, sondern auch für die dauerhafte Sicherung der Umweltressourcen Sorge zu tragen.

Von den drei Ressourcen Boden, Wasser und Luft werden zumindest zwei, nämlich Boden und Wasser, direkt von den Bauern bewirtschaftet. Die Land- und Forstwirtschaft lebt von den gesunden, fruchtbaren Böden und vom sauberen Wasser. Deshalb werden wir auch sorgsam damit umgehen.

Aber auch gesunde Luft ist untrennbar mit der Land- und Forstwirtschaft verbunden. Wenn uns die Verbesserung der Luftqualität ein Anliegen ist, so führt am konsequenten Ausbau und Einsatz von erneuerbaren Energieträgern – wie zum Beispiel Holz, Rinde und so weiter – kein Weg vorbei.

Vor Jahren haben die Bürger unseres Heimatlandes Österreich im Zuge einer Volksabstimmung ihre ablehnende Haltung gegenüber der Energieproduktion mittels Atomenergie zum Ausdruck gebracht. Dieser Volksentscheid hat dazu geführt, dass Zwentendorf – langfristig gesehen – zum wirtschaftlichsten Atomkraftwerk der Welt wurde, aber auch zum teuersten Mahnmal gegen Atomenergie.

Durch die Katastrophe, die sich in Tschernobyl durch die Explosion des dortigen Atomkraftwerkes zugetragen hat, wurde uns vor Augen geführt, dass Energieproduktion auf atomarer Basis völlig unverantwortbar ist. Wer sich den dadurch an Personen, Familien und der Volkswirtschaft entstandenen Schaden vor Augen führt, muss erkennen, dass es in unserem Europa keinen Weg für Atomenergie gibt.

Eine Tageszeitung, nämlich die "Kronen Zeitung", führt heute aus, dass Österreich nach der Katastrophe von Tschernobyl 1 Milliarde Schilling an Hilfe aus privaten und auch aus öffentlichen Mitteln aufgewendet hat. Wenn jemand behauptet, Atomstrom wäre billig, so wird er dadurch eines Besseren belehrt.

Die einzige Alternative, die es dazu gibt, ist der konsequente Einsatz von Biomasse in Zukunft. In Österreich werden zurzeit bereits 28 000 größere und kleinere Fernwärmeanlagen betrieben, und damit wird eine Wärmeproduktion von 2 668 Megawatt bereitgestellt. (Abg. Dr. Niederwieser: Macht ihr das in eurer Gemeinde? – Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )  – Ja, wir machen das, wir machen das vorbildhaft und haben dafür sogar einen Greenpeace-Klima


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schutzpreis bekommen. Wir haben dafür verschiedene internationale Umweltpreise bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich lade Sie sehr gerne ein, sich das vor Ort anzusehen, denn das ist der einzig richtige Weg, um die Bereiche Umwelt, Landwirtschaft und auch gesellschaftspolitische Maßnahmen für die Zukunft zu bewerkstelligen. (Abg. Zweytick: Das muss man wissen, Schwemlein!) Das muss man wissen. Ich zeige Ihnen das gerne, Herr Kollege.

Worauf es aber ankommt, Herr Kollege Schwemlein – Sie sind herzlich dazu eingeladen –, ist ein breiter Konsens, um für diese Zukunftstechnologien die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, und diese müssen in diesem Haus geschaffen werden.

Ein erfreuliches Beispiel findet sich in meiner Nachbargemeinde Dobersberg, wo ein Sägewerk Vollholz-Solarhäuser baut, für die die Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, nämlich aus Flachs von unseren Feldern, stammen. Dieses Produkt wird bei der Expo in Deutschland ausgestellt – ein Paradebeispiel für eine Kombination von Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Umweltschutz. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. – Bitte.

16.23

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Egal, welche Rede: ob von einem Redner der Koalitionsparteien oder von einem Redner der Oppositionsparteien, es ist ein Schluss daraus zu ziehen: Die Landwirtschaftspolitik, die in Österreich gemacht wird, ist Politik für die Großbauern. Und das ist schade, denn der Herr Bundesminister und sehr viele seiner Fraktionskollegen hier im Hause haben in den vergangenen Jahren immer wieder betont: Wir wollen in Österreich die kleinbäuerliche Struktur erhalten, diese ist enorm wichtig! – Aber die Politik machen Sie nicht für die Kleinbauern, sondern für die Großbauern, und das ist traurig, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Beleg dafür, dass Politik für Großbauern gemacht wird, ist einmal kurz angerissen worden – ich unterstreiche das –: die Strukturauswertung. Wir wissen aus der Statistik, dass die Zahl der Tierhalter immer geringer wird, dass aber jene, die Tiere halten, immer mehr Tiere halten. Das heißt, auch in Österreich gibt es den Trend in die Richtung: Der Kleine ist nicht mehr überlebensfähig, also muss die Fläche immer größer werden, die Zahl der Hörner immer höher werden; das steht im Vordergrund.

Das ist ein Beleg dafür, was in der Vergangenheit von uns immer gesagt wurde. Heinz Gradwohl hat es mehrfach sehr gut herausgearbeitet: Die Förderung hat eine absolute Schieflage. Es gehört eine soziale Staffelung her, durch die der Kleine lebensfähig ist. Das ist das Um und Auf. (Abg. Zweytick: Neue Sozialhilfeempfänger mit einer Staffelung!)

Herr Minister! Wir bitten Sie, wir fordern Sie auf: Zeigen Sie soziales Gewissen und machen Sie eine derartige Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie haben in der Vergangenheit auch mehrfach gesagt – und das kann ich durchaus unterstreichen –: Die Landwirte sollen sich darum bemühen, ihr Einkommen auf mehrere Standbeine zu stellen. Es würde mich daher interessieren, Herr Bundesminister, wie Sie mit der Entwicklung betreffend Urlaub am Bauernhof umgehen. Die Statistiken der letzten Jahre beweisen einen dramatischen Rückgang der Nächtigungszahlen beim Urlaub am Bauernhof. Es ist das aber eine ganz wesentliche und wichtige Säule zur Sicherung landwirtschaftlicher Einkommen. Diese Säule scheint wegzubrechen. Ich frage Sie daher: Was gedenken Sie zu tun?

Der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Betriebe, die Urlaub am Bauernhof anbieten, sind Kleinbetriebe. Ich hielte es für ein gutes Zeichen, eine schöne Geste Ihrerseits, wenn Sie


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versuchen würden, diesen Kleinbetrieben unter die Arme zu greifen, sodass sie überlebensfähig sind, denn das sind jene Betriebe, die ein ehrliches Produkt auf den Markt bringen, und nicht die Großen, die im Wesentlichen Nahrungsmittel herstellen, die unterm Strich keiner haben will. (Abg. Zweytick: Machen Sie am besten dort Urlaub! – Abg. Aumayr: Wo machen denn Sie Urlaub, Herr Kollege Schwemlein?)

Lieber Kollege Zweytick! Das ist Faktum. Schau dir die Zahlen an! Es hat keinen Sinn, mit dir darüber zu diskutieren, wir sind uns einig: Wir brauchen verschiedene Säulen zur Einkommenssicherung, und wenn der touristische Teil wegbricht, fehlt ein ganz wesentlicher Einkommensteil. Daher müsst ihr etwas dagegen machen – das ist ein ganz wichtiger Punkt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Du kannst aber etwas dafür tun!)

Da ein Bürgermeister ein positives Beispiel dafür gebracht hat, was er in seiner Gemeinde tut – Herr Kollege Hornek, ich finde es gut, dass Sie im Energiebereich den ökologischen Stellenwert hervorheben –, sage ich Ihnen auch Folgendes: Meine Gemeinde war eine der ersten Gemeinden, die ein Hackschnitzelheizwerk errichtet haben, weil wir das auch für sinnvoll hielten und weil wir den Argumenten geglaubt haben, nämlich: Baut ein Hackschnitzelheizwerk, schaut, dass viele Haushalte angeschlossen werden, denn das ist auch ein Standbein für unsere Bauern, die können dann ihre Hackschnitzel zuliefern, und auf diese Art und Weise haben sie ein zusätzliches Einkommen. – Irrsinnig gescheit.

Jahre hindurch bin ich in das Hackschnitzelheizwerk gefahren, habe mir die Halden angeschaut und habe mir gedacht: Um Gottes Willen, was häckseln die?! Riesige Stücke Spanplatten – ich weiß gar nicht, welche Baumart es ist, die gepresste Spanplatten als Häckselergebnis bringen.

Unterm Strich ist Folgendes herausgekommen: Kein einziger Bauer aus meiner Heimatgemeinde ist Zulieferer dieses Hackschnitzelheizwerkes. Und das ist traurig, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Zweytick. )

Der grundsätzliche Ansatz, ein derartiges Werk zu machen, und der grundsätzliche Ansatz, den Bauern ein Zusatzeinkommen zukommen zu lassen, ist vorhanden, aber das, was in der Folge daraus gemacht wurde, ist genau das Falsche. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Das Holz muss ja auch irgendwoher kommen!)

Zum Schluss, meine Damen und Herren – denn es soll im Protokoll schon das Richtige ste-
hen –: Herr Kollege Schweitzer ist ans Rednerpult getreten und hat tatsächlich berichtigt, er sei nicht Generalsekretär oder Bundesgeschäftsführer seiner Partei gewesen. (Abg. Aumayr: "Generalsekretär" haben Sie gesagt!) Es ist ja Wurscht, wie das Kind heißt. (Abg. Aumayr: Nein, ist nicht Wurscht! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Bei euch ist es Wurscht!)

Ich nehme an, Sie wissen was das ist: ein Auszug, das "Stammblatt" – unter Anführungszeichen – des Herrn Schweitzer. Darauf steht klar und deutlich: Bundesgeschäftsführer der FPÖ 1996. (Abg. Aumayr: "Geschäftsführer", aber nicht "Generalsekretär"! Sie kennen nicht einmal den Unterschied zwischen "Generalsekretär" und "Geschäftsführer"! Das ist ein Armutszeugnis, Herr Schwemlein! Am besten, Sie setzen sich nieder!) Also, er hat diese Tätigkeit ausgeübt. Das war wahrscheinlich das letzte Jahr, in dem Herr Schweitzer noch ein bisschen etwas gearbeitet hat, denn er ist ja aus dieser Funktion auch abgezogen worden. (Abg. Dolinschek: Es ist ja ein Unterschied: Generalsekretär oder Geschäftsführer!)

Er soll daher nicht tatsächliche Berichtigungen machen, die eigentlich das Gegenteil dessen aussagen, was los ist. (Beifall bei der SPÖ.)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

16.30

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Schwemlein, ich glaube, dass es müßig ist, Ihnen den


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Unterschied zwischen einem Bundesgeschäftsführer und einem Generalsekretär zu erklären (Abg. Schwemlein: Tun Sie es! Was ist der Unterschied?) , denn das wird bei Ihnen ohnehin keinen Sinn haben. Das ist so ähnlich wie mit der Bezeichnung "Großbauer".

Herr Minister! Trotz katastrophaler SPÖ-Finanzpolitik in den letzten 30 Jahren ist es, so glaube ich, dieser Bundesregierung doch gelungen, gemeinsam mit Finanzminister Grasser und mit Ihnen ein zukunftsweisendes und vor allem für die Bauern relativ positives Budget zu erstellen.

Herr Minister! Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie meinen (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), dass in Österreich auf eine ökologische und damit nachhaltige Landwirtschaft gesetzt werden muss. Aber ich glaube, Herr Minister, dass wir uns einig sind, wenn ich sage, dass eine nachhaltige und ökologische Landwirtschaft nur dann möglich ist, wenn auch die Zukunft der Bauern und der Fortbestand der landwirtschaftlichen Betriebe in unserem Land gesichert sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, dass mit diesem Budget, in welchem die Mittel im Rahmen des ÖPUL-Programms für die Bauern gesichert wurden, ein Schritt in die richtige Richtung gemacht und die Möglichkeit geschaffen wurde, in Österreich die Nachhaltigkeit im Bereich der Landwirtschaft auch in Zukunft zu gewährleisten.

Meine lieben Freunde von der Sozialdemokratischen Partei! Kollege Brix! Kollege Schwemlein! (Abg. Schwemlein: Erspare mir deine Freundschaft!) Klassenkampf, Verteilungskampf: Das darf auf keinen Fall zu Lasten einer ökologisch orientierten österreichischen Landwirtschaft gehen. Das können Sie mir glauben: So weit darf es nicht kommen und wird es auch nicht kommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Brix und Herr Kollege Schwemlein! Ich kenne in diesem Land keinen einzigen Großbauern, der zum Beispiel ein Penthouse mit einem Schwimmbad über den Dächern von Wien besitzt, wie etwa der so genannte Arbeitnehmervertreter, Herr Verzetnitsch. So einen Großbauern kenne ich in Österreich nicht. Darum sollten Sie sich kümmern! Das sind nämlich Ihre Parteikollegen.

Ich kenne auch keinen Polit-Millionär wie den Herrn Ex-Finanzminister Edlinger – Polit-Millionär und Pensionsmillionär! (Abg. Schwemlein: Haider!)  –, der sich seine privaten Prozesskosten von den kleinen österreichischen Steuerzahlern berappen lässt. So etwas gibt es auf Bauernseite in ganz Österreich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Freunde und Kollegen von der Sozialdemokratie! Ich kenne auch keine Polit-Millionäre und Arbeiterkammerbonzen auf bäuerlicher Seite! So etwas gibt es nicht! Und diese Arbeiterkammerbonzen und Arbeiterkammermillionäre werden mit dem Steuergeld der kleinen Arbeitnehmer bezahlt! Da sollten Sie einmal nachschauen und einmal aufräumen! (Abg. Dr. Wittmann: Haider! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Herrschaften! Wenn ich mir Ihre Finanzpolitik der letzten drei Jahrzehnte und auch Ihre Finanzpolitik innerhalb der eigenen Partei, innerhalb der Sozialdemokratischen Partei, anschaue, dann kann ich nur sagen: Da läuft ja eigentlich alles parallel. – Sie schicken Bettelbriefe an die kleinen Mitglieder, die brav zahlen sollen, die für den Schaden haften sollen, den die Bonzen und die Polit-Millionäre angerichtet haben. Dafür sollen die kleinen Arbeitnehmer und die kleinen SPÖ-Mitglieder haften! (Abg. Dietachmayr: Geht es um die Landwirtschaft, oder worum geht es denn eigentlich?)

Meine lieben Freunde! Noch einmal: Vergessen Sie bitte den Klassenkampf! Machen wir hier eine ordentliche Politik für die österreichische Landwirtschaft, denn eine solche brauchen wir, eine solche brauchen unsere Bauern, und ich bin überzeugt davon, dass diese Bundesregierung darauf achten wird, dass der Bauernstand in Österreich in Zukunft gesichert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Leiden Sie unter Hypnose?)


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Ich weiß schon, meine Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei, es herrscht sehr viel Unruhe in Ihren eigenen Reihen. Kein Wunder! Was glauben Sie, was für ein Aufstand Ihrer Mitglieder erst kommen wird, wenn jeder von ihnen einen Bettelbrief bekommt mit der Aufforderung, er solle zahlen, während die Millionäre in Ihrer eigenen Partei davon ausgenommen sind, anstatt schadensbegrenzend zu wirken. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. ) Ja, Kollege Kummerer, du Doppelverdiener – OMV-Millionär, Polit-Millionär (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) –, das sind die Sachen, um die ihr euch zu kümmern habt. Du könntest die Parteischulden wesentlich leichter tragen als ein kleiner Arbeitnehmer in diesem Lande. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Du musst deinen Rechtsanwalt selber zahlen! – Abg. Dr. Wittmann: Porsche fahrende Millionäre!)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das, was mein Kollege Fasslabend vor einer halben Stunde nach links gesagt hat, gilt in diesem Hause auch für rechts.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

16.34

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte mich auf die Ausführungen meines Vorredners nur insofern beziehen, als ich mir nicht vorstellen kann, dass er zu mir "liebe Freunde" sagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Im "WirtschaftsBlatt" dieser Woche – ich glaube, es war am Montag; und Sie haben es bestätigt, Herr Bundesminister – konnte ich lesen, dass das "ÖPUL 2000" noch nicht genehmigt wäre. Ich habe mich da an unsere Debatte zum Gewässerbericht erinnert, anlässlich welcher Sie, Herr Bundesminister, uns erklärt haben, dass Sie betreffend den Bereich der Grundwassersanierungsgebiete gerne das "ÖPUL 2000" – nämlich das "ÖPUL-neu" – abwarten möchten und über diese Möglichkeit dann versuchen werden, die Grundwassersanierungsgebiete auch tatsächlich zu sanieren.

Ich schließe daraus, dass auf jeden Fall für dieses Jahr die Maßnahmenverordnung für die Grundwassersanierungsgebiete zurückgestellt ist. Ich schließe auch daraus, dass daher für dieses Jahr die Bürgerinnen und Bürger, die in diesen Grundwassersanierungsgebieten leben beziehungsweise von dort ihr Wasser beziehen, weiterhin das belastete Wasser, das nitrat- und pestizidbelastete Wasser trinken müssen. Ich schließe weiter daraus, Herr Bundesminister, dass auch während des nächsten Jahres jene Menschen, die aus diesen Grundwassergebieten mit Wasser versorgt werden, wiederum mehr für das Wasser zahlen müssen, weil die Wasserverbände, die Wasserversorger riesige Investitionen tätigen müssen, um Nitrat, um Pestizide aus dem Wasser herauszubringen. Aber – und ich traue es mich ja schon fast gar nicht zu sagen – die nicht ganz so "großen", aber auch nicht "kleinen" Bauern in diesen Gebieten, die nachweislich für diese Verschmutzungen verantwortlich sind, kassieren weiterhin öffentliche Förderungen.

Apropos Erschließung überlasteter oder stark belasteter Grundwässer: Wer sich die Mühe gemacht hat, die Presseaussendungen der letzten Tage zu studieren, dem ist am 15. Mai eine Presseaussendung in die Hand gefallen, in welcher folgende Überschrift stand: "Grundeigentümer feilen an kommerzieller Trinkwassernutzung – Österreichs Wasserpolitik am Dienstag Thema im Ministerrat."

Wenn man sich diese Presseaussendung genau zu Gemüte geführt hat, dann hat man festgestellt, dass darin vom "Wasserschloss Österreich" die Rede ist. Es ist darin auch die Rede davon, dass in Österreich noch so viel gutes Trinkwasser vorhanden wäre, dass eigentlich ganz Europa damit versorgt werden könnte. – Das sagt Herr Wolfgang Stalzer, Chef der Wasserwirtschaft im Ministerium. Er ist ein Verfechter der behutsamen kommerziellen Nutzung.

Ich frage Sie jetzt, Herr Minister: Gehen wir jetzt daran, unsere Wasservorräte kommerziell zu nutzen?


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Es heißt dann weiter – das ist höchst interessant! –: "Die privaten Grundeigentümer wittern satte Zusatzerträge".

Wer sind denn diese privaten Grundeigentümer? (Abg. Dr. Khol: Die privaten Grundeigentümer!)  – Ja ich weiß schon, sicherlich nicht nur die Großbauern, sondern es werden auch einige Kleinbauern darunter sein. (Abg. Schwemlein: Bundesforste!) Darunter sind aber riesige Waldbesitzungen von Klöstern, die Bundesforste, die herrschaftlich-gräflichen Waldbesitzungen. (Abg. Schwarzböck: Das ist Ihnen suspekt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition! Haben Sie schon einmal versucht, mit einem Kloster über Quellrechte zu verhandeln? Der Wasserverband Mühlviertel hat es versucht. Die Zuständigen dort reden nicht einmal mit einem. Sie können sich dort den Kubikmeter Wasser kaufen, wenn Sie wollen. – Das ist Belastung für jene, die Wasser brauchen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine alte Forderung der Sozialdemokratie, Herr Bundesminister, lautet: Wasser muss öffentliches Gut werden! In Europa sind wir schon fast allein. (Im Sitzungssaal ist das Läuten eines Handys zu hören.) Ich glaube, dass es noch ein oder zwei Länder gibt, die ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich unterbreche Sie für ein paar Sekunden.

Meine Damen und Herren! Es läuten hier immer häufiger Handys. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass nach der Hausordnung die Verwendung von Handys im Sitzungssaal untersagt ist, und ich mache auch darauf aufmerksam, dass die Präsidialkonferenz ausdrücklich festgestellt hat, dass das im Plenum klargestellt und nötigenfalls abgestellt werden soll. Ich schaue gar nicht hin, bei wem das jetzt der Fall ist, ich kann es auch gar nicht erkennen, aber es haben sich schon etliche Kollegen darüber beschwert. Ich bitte, das zu beachten! Vielleicht wissen die neueren Kollegen darüber nicht so genau Bescheid. (Abg. Dr. Khol: Bei uns kostet das 1000 S!)

1 000 S? – Darüber steht in der Hausordnung leider nichts, daher kann ich nur mahnen. – Herr Abgeordneter, bitte setzen Sie Ihre Ausführungen fort!

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Vielleicht sollten wir auch 1 000 S einheben, aber dann müsste sich jeder Betroffene melden. (Abg. Dr. Khol: Seither läutet bei uns keines mehr!)

Ich komme wieder auf den Verkauf von Wasser, auf dessen kommerzielle Nutzung zu sprechen. Es gibt einige große europäische Wasserkonzerne, die ihren Fuß schon in der Tür haben. Und wissen Sie, wie sie das machen? – Sie bieten den Gemeinden Ver- und Entsorgungen an, und zwar – und das steht auch in einer Presseaussendung zu lesen – um 30 bis 40 Prozent billiger, als das die Gemeinden leisten können. – Na das schaue ich mir an, wenn das nicht sozusagen eine Einstiegsdroge ist: ein Angebot an die Gemeinden, damit man dann das Wasser aus Österreich schön verkaufen kann.

Leider ist meine Redezeit schon zu Ende. – Es ist auf jeden Fall höchste Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, unser "weißes Gold", wie es so schön heißt (Abg. Schwarzböck: Zu verstaatlichen!), zu sichern und das Wasser zum öffentlichen Gut zu erklären. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wenitsch: Und den Boden auch! – Abg. Schwarzböck: Möglichst verstaatlichen, damit ja nichts passiert! – Abg. Mag. Gaßner  – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ja nicht den privaten Händen der Großbauern überlassen! – Abg. Schwarzböck: Und das im Jahre 2000!)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

16.41

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Parfuss – sie ist leider derzeit nicht im Saal, aber vielleicht können es ihr die Kollegen der SPÖ ausrichten –: Lorbeerblätter


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sind sicherlich kein "schnell welkendes Gemüse", sondern getrocknet ein hervorragendes Gewürz  – und über Jahre haltbar. (Demonstrativer Beifall des Abg. Zweytick. )

Herr Bundesminister! In diesem Sinne wirst du noch jahrelang die Fahne der österreichischen Landwirtschaft hochhalten können. (Abg. Gradwohl: ... einen trockenen Kranz kriegen!)

Nun eine kurze Bemerkung zu dir, lieber Kollege Gaßner: Du hast gesagt, die Stifte würden höchstens Wasser verkaufen und man bekäme kaum Gehör bei ihnen beziehungsweise sie würden mit einem nicht einmal reden. – Ich kann dir berichten, dass das Stift Kremsmünster der Gemeinde Scharnstein unbegrenzt Wasser zur Verfügung stellt und einen Anerkennungszins von 30 Groschen für den Kubikmeter verlangt, genauso wie die Bundesforste der Stadtgemeinde Gmunden. – Also es gibt beides. (Abg. Schwemlein: Da könnte ich Ihnen aus Salzburg anderes erzählen!) Ich habe von meiner Gegend erzählt, wie das dort ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun auch ein paar Worte zur Umwelt. "Den Bock zum Gärtner machen": Diese Worte haben beide Umweltsprecherinnen der Oppositionsparteien in verschiedenen Presseaussendungen gebraucht, und zwar im Zusammenhang mit dem Zusammenlegen der Agenden Umwelt und Landwirtschaft.

Es wird kein vernünftiger Standpunkt dargelegt, warum die Zusammenlegung beider Ministerien eine schlechte Entscheidung ist. Aus dieser derart ähnlichen Pressemeldungen muss ich den Schluss ziehen, dass die Eigenständigkeit der Sprecherrollen in den Oppositionsparteien nicht sehr groß ist, beziehungsweise muss mich fragen: Gibt es vielleicht schon eine linke Einheitspartei in Österreich?

Es bedarf schon sachlicherer Argumente als bloß zu sagen: Die Zusammenführung der Agenden Landwirtschaft und Umwelt in den Kompetenzbereich eines Ministeriums ist deshalb nicht zielführend, weil die Landwirtschaft einer der größten Umweltverschmutzer ist. – Diese Art der Politik spricht im wahrsten Sinn des Wortes für sich und braucht nicht näher kommentiert zu werden.

Durch die Vereinigung der Kompetenzbereiche werden Synergien zum Positiven verwendet – zum Positiven für unsere Umwelt und zum Positiven für unsere Zukunft. Es sind vor allem die Bereiche Altlasten, Siedlungswasserwirtschaft und Bio-Energie Beispiele für Synergien.

Umweltpolitik wird großteils auf dem Land gemacht – natürlich braucht man eine vernünftige Verbindung zu den Bereichen Industrie und Gewerbe. Die Landwirtschaft ist auf Grund ihres Wesens im Umweltbereich richtig positioniert und hat vitales Interesse, diese Kompetenzen in sich zu vereinigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird keineswegs um ein Ressort gekürzt, es wird nicht weniger, sondern effizienter gehandelt.

"Nicht weniger, sondern effizienter" muss auch der Grundsatz für unsere Zukunft im Bereich des Klimaschutzes heißen. Geht man von Szenarien, die uns Energieexperten vorrechnen, aus, so werden die Ölvorräte Mitte des kommenden Jahrhunderts versiegen und sich der Energieverbrauch in den nächsten hundert Jahren verachtfachen. Es sind Möglichkeiten vorhanden, um unsere Verpflichtungen aus dem Kyoto-Abkommen einzuhalten. Diese Möglichkeiten gilt es auch zu nutzen. Es ist dabei mit höchstmöglicher ökologischer und ökonomischer Effizienz vorzugehen. Man denke da nur an Kraft-Wärme-Kopplungen oder an die mehr als 50 Prozent des Energieinputs der Großkraftwerke, die in Flüsse oder in die Atmosphäre entweichen und dadurch verloren gehen.

Auch erneuerbare Energieträger tragen wesentlich zur Senkung der CO2-Emissionen bei. Deshalb bin ich auch froh darüber, dass der Schwerpunkt der Umweltförderungen eindeutig bei der CO2-Reduktion liegt. So stehen in diesem Budget für die thermische Gebäudesanierung 25 Millionen Schilling, für die Förderung der Bio-Energie 60 Millionen Schilling und für die betriebliche Umweltförderung 250 Millionen Schilling zur Verfügung. Eine konkrete Bezifferung der Vermeidungseffekte mit 167 000 Tonnen CO2-Äquivalenten im Inland und 20 000 Tonnen CO2-


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Äquivalenten durch Förderungsmaßnahmen im Ausland ist Zeichen für die vernünftige Energiepolitik, Umweltpolitik und für die Nachhaltigkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Unser Umweltminister Mag. Molterer wird damit sehr wohl dem Grundsatz gerecht: "Nicht weniger, sondern effizienter" – im Sinne der Nachhaltigkeit!

Dies sind nicht – wie vielfach behauptet wird – leere Absichtserklärungen ohne konkrete Inhalte. Auch wenn Umweltorganisationen wie "Global 2000" es so sehen – es kommt ja die Umweltsprecherin der SPÖ aus dieser Organisation –, muss man doch sagen, dass der Grundkonsens für die Umweltpolitik besonders wichtig ist. Wir müssen die Umwelt nachhaltig sichern und den hohen Standard im Umweltbereich in Österreich gewährleisten.

In diesem Punkt bedarf es auch der politischen Einigkeit und des Konsenses. Österreich muss und wird die Verpflichtungen des Kyoto-Abkommens erfüllen. Dazu bedarf es der gemeinsamen Anstrengung aller Gebietskörperschaften sowie der Mitwirkung der Wirtschaft und der Bürger. Wir alle müssen den Schutz unserer Atmosphäre ernst nehmen, wir dürfen keinesfalls den kommenden Generationen untragbare Lasten aufbürden. Wir sind es, die jetzt für eine Entlastung zu sorgen haben, damit das System nicht zu einem späteren Zeitpunkt zu kippen beginnt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Globale Bedrohungen wie der Klimawechsel brauchen globale Lösungen, dennoch muss lokal – das heißt, vor Ort – gehandelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein anderes globales Problem, das mir gerade als oberösterreichischer Abgeordneter besonders am Herzen liegt, ist die Nutzung der Atomkraft. Wenn Konflikte über die Verfügbarkeit von Erdöl entflammen, kann – internationalen Studien zufolge – die Atomkraft die Lücken nicht schließen. Wir müssen daher alles aufwenden, um der Welt zu zeigen, dass Umweltpolitik auch atomkraftfrei erfolgen kann. Und dafür kann gerade Österreich Vorbild sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.

16.49

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Abg. Mag. Schweitzer: Die neue Umweltsprecherin!)  – Oh, Herr Abgeordneter Schweitzer ist auch eingetroffen, das trifft sich gut! – Ich leite jetzt für meine Fraktion vom Bereich Landwirtschaft in den Bereich Umwelt über. Sie, Herr Abgeordneter, haben meine Rede ja schon so ungeduldig erwartet, und es freut mich, dass Sie jetzt hier eingetroffen sind, um mir zuzuhören. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines möchte ich Ihnen von vornherein schon einmal sagen: Dass gerade Sie uns um Sachlichkeit bitten, grenzt für mich wirklich an Lächerlichkeit. Ich verstehe es ja, dass Sie sich hier am Rednerpult lieber über den SPÖ-Personalwechsel unterhalten als über die Umweltpolitik der neuen Bundesregierung, denn diese war in den letzten 100 Tagen so gut wie überhaupt nicht vorhanden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Damit bin ich bei meinem unmittelbaren Thema angelangt, nämlich bei der Umweltpolitik. (Abg. Mag. Schweitzer: Die Bilanz war umfangreich und beeindruckend!) Ich habe Ihre Bilanz gelesen. Aber die meisten Gesetze, die darin zitiert werden, haben wir noch nicht einmal als Vorlage hier im Nationalrat. Und das haken Sie schon als erfolgreich ab? Bitte, das ist lächerlich! (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )  – Ja, heute! Heute ist ein bisschen spät, Herr Kollege. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Lassen Sie mich bitte mit meiner Rede fortsetzen! – Diese Bundesregierung hat bisher keine Zeit gehabt, sich mit dem Umweltschutz zu beschäftigen. (Abg. Dr. Khol: Das hat die SPÖ in der Koalition vier Jahre nicht zustande gebracht!) Das ist nicht etwa eine Aussage von mir, sondern das ist ein Zitat von Ihnen, geschätzter Herr Kollege Khol, am Sonntag Abend in "Zur


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Sache" von Ihnen gesagt als etwas matte Ausrede dafür, dass in den letzten 100 Tagen in Sachen Umweltpolitik leider überhaupt nichts weitergegangen ist. (Abg. Dr. Khol: Vorher mussten wir Edlinger seinen Schuldenberg abbauen!)

Egal, welchen Umweltbereich man auch betrachtet (Abg. Dr. Khol: Und Schlögl seine Zivildiener!) : Man kommt einfach zu dem Ergebnis, dass in den letzten 100 Tagen leider so gut wie nichts passiert ist. Ich hatte den Eindruck, Herr Landwirtschaftsminister Molterer, dass Ihr Alter Ego, der Umweltminister, in den letzten 100 Tagen offensichtlich auf Urlaub gewesen sein muss. Sie sind hauptsächlich als Landwirtschaftsminister aufgetreten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Mag. Molterer: Selektive Wahrnehmung!)

Das ist keine selektive Wahrnehmung, das ist leider eine traurige Tatsache. Ich möchte das mit ein paar Beispielen untermauern.

Meine Damen und Herren! Erstes Beispiel ist die Anti-Atompolitik. Ich nenne nur das AKW Bohunice, ein grenznahes Atomkraftwerk. Dort sollte längst etwas getan werden. Die Slowakei hat Verhandlungsbereitschaft darüber signalisiert, dieses Atomkraftwerk vor 2006, 2008, frühzeitig zu schließen. (Abg. Dr. Khol: Da war Frau Dr. Prammer schon sehr erfolgreich tätig!) Diese Verhandlungsbereitschaft ist hier von niemandem aufgenommen worden. (Abg. Dr. Khol: Vier Jahre!) Das ist von der österreichischen Bundesregierung schlicht und einfach verschlafen worden. Warum gab es bisher keine bilateralen Verhandlungen?

Herr Minister Molterer hätte 100 Tage Zeit gehabt, dort hinzufahren und sich darum zu kümmern. (Abg. Dr. Khol: Und Prammer vier Jahre!) Es ist nichts passiert. (Beifall bei der SPÖ.) Was ist mit Ignalina und Kosloduj, den beiden anderen so genannten Schrott-Reaktoren der Osterweiterungs-Kandidatenländer? Warum gibt es von österreichischer Seite überhaupt keine Initiative – bilateral oder auf EU-Ebene –, irgendetwas zu tun? (Abg. Aumayr: Warum fragen Sie nicht Ihre Kollegin Prammer?) Frau Kollegin Aumayr, es ist ein bisschen zu billig, immer alles auf die Vorgänger zu schieben. (Abg. Dr. Khol: ... vier Jahre!) Sie hatten 100 Tage Zeit, hier wirklich aktiv zu werden, und es ist nichts passiert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Umweltminister! Ich frage Sie: Wann werden Sie endlich etwas unternehmen, um diese tickenden Zeitbomben vom Netz zu nehmen? – Ganz im Gegenteil: Es wird nämlich zurzeit Atomstrom aus Tschechien nach Österreich importiert, mit Wissen und Genehmigung des Wirtschaftsministeriums. Auch dagegen wird von Seiten der neuen Regierung nichts unternommen. Kein Wunder, dass uns diese Länder überhaupt nicht mehr ernst nehmen, wenn wir gegen Temelin eintreten und gleichzeitig Strom aus diesen Ländern nach Österreich importieren! Das ist nicht die Umweltpolitik, wie wir sie uns vorstellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Sie waren für die Europäische Union ...!)

Nächstes Beispiel: Klimaschutz. Vor der nächsten entscheidenden Klimaschutz-Konferenz in Den Haag im November steht Österreich mit leeren Händen da. Wir haben keinen nationalen Maßnahmenplan. Wir haben, soweit ich weiß, auch keinen Klimaschutz-Beirat – außer Sie haben inzwischen schon Aktivitäten gesetzt, die meiner Aufmerksamkeit entgangen sind –, und das, obwohl Österreich eigentlich schon an einer EU-Position zu einem Maßnahmenplan für wichtige Klimaschutzmaßnahmen, um das Kyoto-Ziel zu erreichen, mitarbeiten sollte. Auch in diesem Bereich ist nichts passiert, und im Budget ist auch keine Finanzierung dieser wichtigen Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen. Meine Damen und Herren, auch das ist nicht die Umweltpolitik, wie wir sie uns vorstellen! (Beifall bei der SPÖ.)

Drittes Beispiel: Grundwasser. Glauben Sie mir, ich könnte hier noch eine ganze Weile fortsetzen, nur erlaubt es mir die Zeit nicht. – Grundwasser: Bei 20 Prozent der Grundwasser-Messwerte wird der Nitrat-Grenzwert überschritten. Einer der Hauptverursacher dieser Überschreitung des Nitrat-Grenzwertes ist die Landwirtschaft. Anstatt endlich aktiv zu werden, Gewässerschutz-Sanierungsgebiete zu erlassen, entsprechende Maßnahmenverordnungen und Bewirtschaftungsbeschränkungen für die Landwirtschaft zu erlassen, ist nichts weitergegangen. In diesem Bereich ist meiner Meinung nach wirklich am deutlichsten der Widerspruch zwischen


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dem Landwirtschaftsminister auf der einen Seite und dem Umweltminister auf der anderen Seite zu sehen. Leider muss ich immer stärker feststellen: Der Landwirtschaftsminister gewinnt immer! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.  – Abg. Schwemlein: Wenn du noch weitere Beispiele anführst, wird dir schwarz-blau vor den Augen! – Heiterkeit der Rednerin.)

Darüber hinaus droht uns gerade im Nitratbereich ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union wegen Nichteinhaltung der Nitrat-Richtlinie.

Im Bereich Gentechnik schließlich muss man der Bundesregierung zugestehen: Da ist sie aktiv geworden, nur leider in der falschen Richtung, nämlich indem man gleich 10 Millionen Schilling an öffentlichen Steuergeldern in ein äußerst fragwürdiges Freisetzungsprojekt gentechnisch veränderter Marillen investiert hat, das letztlich zur Freisetzung dieser gentechnisch veränderten Marillen führen wird – und das, obwohl Ihnen, meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion, sicherlich bekannt ist, dass die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung Gentechnik in Lebensmitteln und in der Landwirtschaft massiv ablehnt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Da bin ich bei Ihnen!)

Meine Damen und Herren! Die Bilanz dieser Bundesregierung im Umweltbereich ist leider sehr ernüchternd. Unsere sämtlichen Befürchtungen betreffend Zusammenlegung der beiden Ressorts Landwirtschaft mit Umwelt haben sich leider mehr als bestätigt. Von Seiten der Österreichischen Volkspartei sind wir es leider schon gewöhnt, dass ihr Umweltschutz kein besonderes Anliegen ist. (Abg. Dr. Pumberger: Was hat die SPÖ gemacht? Nichts!)

Aber erstaunlich finde ich es, wie schnell sich die Freiheitlichen angepasst haben, als Regierungsfraktion von sämtlichen umweltpolitischen Forderungen der Vergangenheit vollkommen Abstand genommen und alles vergessen haben. (Abg. Dr. Pumberger: Was hat die SPÖ ...!) Stichwort Gentechnik, Stichwort Patente: Da gab es von Ihnen Forderungen noch und nöcher, aber nichts davon findet sich in Ihrer aktuellen Regierungspolitik. Es gibt zwar immer wieder Presseaussendungen von Herrn Kollegen Schweitzer, worin er irgendwelche Taten ankündigt oder irgendwelche Dinge lobt. Aber tatsächlich passiert nur das Gegenteil oder nichts. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wir setzen das gerade um! Die Themen werden Ihnen ausgehen, weil wir sie umsetzen!)  – Mir werden bei Ihren Handlungsweisen sicher nie die Themen ausgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten werden absolut sicher nicht zulassen, dass Sie die österreichische Vorreiterrolle im Umweltschutz einfach aufgeben (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: ... ein unbeschriebenes Blatt!), nur weil Sie in den vergangenen 100 Tagen leider keine Zeit für den Umweltschutz gefunden haben. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben ja auch keine Zeit!) Ich kann Ihnen nur empfehlen – und besonders Ihnen, Herr Kollege Khol –: Nehmen Sie sich Zeit und beschäftigen Sie sich in Zukunft bitte ausführlicher mit dem Umweltschutz! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Die Umwelt ist bei uns in den besten Händen! – Abg. Dr. Martin Graf: Wenn es um die Umwelt geht, sind die Freiheitlichen die erste Adresse! – Abg. Dr. Khol: Jetzt wird einem erst bewusst, was wir an Keppelmüller gehabt haben! – Ruf bei der SPÖ: Das ist rufschädigend!)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornegger. Ich erteile ihm das Wort.

16.57

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Budget und seinen Auswirkungen komme, eine kurze Mitteilung an Herrn Kollegen Schwemlein. – Herr Kollege Schwemlein, wenn Sie von Urlaub auf dem Bauernhof sprechen, kann ich Ihnen und Ihrer gesamten Fraktion nur eines sagen: Machen Sie mehr Urlaub auf dem Bauernhof, dann können Sie sich bei den Bauern informieren, und dann können Sie in einer Agrardebatte mitdiskutieren! (Abg. Schwemlein: Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Sie kriegen nicht einmal einen Applaus! – Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Herr Kollege Schwemlein, einer der berühmtesten Zwischenredner ... (Abg. Ing. Westenthaler: Aber auch einer der schlechtesten!)  – Ich möchte mir einmal anhören, was Herr Kollege Schwemlein als Lehrer einem Schüler sagen würde, der so viel dazwischenquatscht wie der Herr Lehrer!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! (Abg. Schwemlein: Er ist im Landtag auch schon so aufgefallen! Er kann es nicht besser!)

Abgeordneter Franz Hornegger (fortsetzend): Aber jetzt zum Budget. – Die Bundesregierung – das seht ihr, wenn ihr das Regierungsprogramm gelesen habt – bekennt sich im Sinne der Zielsetzung des Landwirtschaftsgesetzes zu einer bäuerlich strukturierten Landwirtschaft und zu einer flächendeckenden land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung. (Abg. Dr. Niederwieser: Was ist eine bäuerlich strukturierte Landwirtschaft? Kann man das ...?)

Das ist das, was wir zurzeit in Österreich noch haben, Herr Kollege, eine bäuerlich strukturierte Landwirtschaft, wie wir sie in anderen Ländern der EU nicht mehr haben. Das ist es aber, worauf wir in dieser Regierung genau achten werden, damit die Betriebe weiterhin in familiärer Weise geführt werden können und nicht zu Industriebetrieben werden; so, wie das auch Herr Pirklhuber sagt. Man muss davor warnen, dass so etwas passiert wie in anderen Ländern der EU.

Eine Säule des neuen Programms für die ländliche Entwicklung ist das Umweltprogramm 2000, sodass die Ausgleichszahlungen für die benachteiligten Gebiete, die Berggebiete, die Investitionsförderungen unter dem restriktiven Budgetkurs, von dem auch der Agrarbereich nicht verschont bleibt, finanziert werden.

Der Budgetrahmen für das Jahr 2000 beträgt 23,5 Milliarden Schilling. Dies entspricht exakt dem Budgetrahmen des Vorjahrs. Herr Kollege Pirklhuber hat sich hier am Rednerpult gegenüber dem Herrn Minister beschwert, dass es vielleicht sogar 25 Milliarden Schilling sein könnten. Ja, ich habe als bäuerlicher Vertreter kein Problem damit, wenn es ein bisschen mehr sein kann. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Im Sinn der Budgetklarheit!)

Da man von Seiten der SPÖ immer wieder hört, dass die Bevorzugung der Landwirtschaft massiv gefördert wird, muss ich sagen: Nein, das Gegenteil ist der Fall! Im heurigen Jahr wird – genauso wie in den letzten Jahren, seitdem wir bei der EU sind – das Einkommen der Bauern geringer werden. Eine der Kolleginnen hat es heute angesprochen, dass es früher Bauern gegeben hat, die nur die Hälfte der Schweine gezüchtet haben. Da muss man auch einmal die Frage so beantworten, dass der Schweinepreis eben um 50 Prozent gesunken ist, seit wir in der EU sind. Was macht man dann, damit man das gleiche Einkommen hat? – Man produziert eben mehr, sodass man wieder zu seinem Einkommen kommt. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Seit dem EU-Beitritt müssen sich die Bauern mit ständig sinkenden Einkommen begnügen. Daher kann man nicht wirklich von einer Bevorzugung der Bauern reden. Es hat heute schon jemand angesprochen – wenn man die Vorwürfe immer wieder hört, zeigt sich das wahre Gesicht der SPÖ-Fraktion –, dass man in den letzten Jahren immer wieder versucht hat, scheibchenweise etwas abzuschneiden. Laut Herrn Bundesminister Molterer wird es ein Problem der nächsten Zeit sein, an dem wir gemeinsam arbeiten müssen, dass im Bereich der AMA immer mehr Kontrollaufgaben der EU durchzuführen sein werden und das Förderungssystem, statt vereinfacht, immer komplizierter wird. Wir werden gemeinsam daran arbeiten, diese Punkte abzubauen und zu verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was die Biobauern anlangt, so sollte man darauf achten, dass diese weiterhin verstärkt gefördert werden. Herr Kollege Pirklhuber, man muss immer darauf achten, innerhalb der Bauernschaft unbedingt die Aufteilung zwischen Groß und Klein, zwischen Biobauern und anderen Bauern zu verhindern und zu vermeiden.

Zum Schluss kommend: Wir müssen uns gemeinsam darum bemühen, dass die bäuerlichen Familienbetriebe agrarpolitisches Leitbild bleiben. Der Weg der Ökologisierung und der Verbesserung der Tierhaltung soll weiterhin vorangetrieben werden. Die Marktposition der Bauern


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muss weiter verbessert werden. Die Kennzeichnung qualitativ hochwertiger Produkte muss klar erfolgen. (Abg. Schwemlein: Da gebe ich dir Recht!) Vergessen wir nicht: Beschäftigungseffekte, die von den agrarischen Förderungen ausgehen, beleben den ländlichen Raum. (Abg. Schwemlein: Auch richtig!)

Zum Schluss an die ÖVP-Fraktion: Ihr wart in den letzten Jahren wirklich nicht darum zu beneiden, mit eurem Koalitionspartner SPÖ, der, ehrlich gesagt, überhaupt nichts für diese Berufsgruppe übrig hat, etwas Positives zu erreichen. (Abg. Dr. Niederwieser: Aber ihr seid jetzt zu beneiden!) Ich kann Ihnen und auch den Bauern eines versichern: Solange die Freiheitlichen mit der Volkspartei eine Regierung bilden, so lange wird es das Bauerntum im Familienbetrieb weiterhin geben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

17.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Arbeiterpartei neuen Stils ...!)

17.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister, können Sie sich noch an die Ausführungen des Abgeordneten Robert Wenitsch zum Budget im vorigen Jahr erinnern? (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Was er da alles gewusst hat, über Molterer, über den Bauernbund und, und, und? – Ich glaube, du bist Bundesvorsitzender deiner wenigen Bauern, die du vertrittst. Heute zum Budget: null, nichts, überhaupt nichts – ein einziger Satz! (Beifall bei der SPÖ.)

Und warum, meine Damen und Herren? – Er hat den Umstieg noch nicht ganz geschafft. Er ist durch die Wirtshäuser im Weinviertel gezogen und hat dort geschimpft. Über alles, was ihm eingefallen ist, hat er geschimpft. (Abg. Aumayr: Das machen jetzt Sie!) Das klappt jetzt nicht mehr, das darf er nicht mehr, daher müssen andere Feindbilder her. Wurscht, ob Grün, ob eine andere Farbe – irgendetwas suchen wir heraus, dort dreschen wir hin, weil sachliche Argumente fehlen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Ein apolitischer ...!)

Du bist einer der besonders Benachteiligten, Robert! Du bist einer dieser typischen Kleinbauern in der landwirtschaftlich so schwer benachteiligten Region des Marchfeldes. Du wirst sicherlich wissen, wovon du spricht.

Meine Damen und Herren! Ich möchte die Punkte, die meine Kollegin Sima angerissen hat, noch ein bisschen vertiefen. Herr Bundesminister! Ich stehe nicht an, mich dafür zu bedanken, dass die schriftlichen Anfragen, die wir im Ausschuss eingereicht haben, in ansprechender Form sehr rasch beantwortet wurden. Ich möchte mich auch auf diese Beantwortungen kurz beziehen.

Zum Klima: Wir sind uns darüber einig, dass die Zeit drängt. (Abg. Böhacker: Welches Klima?) Sie haben dargestellt, dass bereits konkrete Maßnahmen gesetzt werden, wodurch eine Emissionsminderung erwartet wird. (Abg. Dr. Martin Graf: Lassen Sie den Ex-Kanzler in Ruhe!) Sie haben auch gemeint, dass die Klima-Strategie vor dem Sommer 2000 zwischen den Gebietskörperschaften inhaltlich ausgearbeitet sein muss, damit sie noch vor der Konferenz der Vertragsparteien behandelt werden kann. Sie haben damit Recht, aber der Sommer beginnt in ungefähr vier Wochen. Die erste Konferenz, auf der konkrete Maßnahmen beschlossen werden sollen, ist die Vorbereitende Konferenz in Bonn von 12. bis 16. Juni. Das heißt, es besteht ein mehr als großer Zeitdruck, damit Österreich die Position einbringen kann, die für die klimarelevanten Maßnahmen notwendig ist.

Kollege Kopf hat erwähnt, dass sich alle zum Kyoto-Ziel bekennen. Das unterstreiche ich voll, auch ich bekenne mich voll zum Kyoto-Ziel. Ich möchte aber daran erinnern, Herr Bundesminister, dass Sie – wie Sie schon einmal erklärt haben – auch im Hinblick darauf eine unbedingte Erberklärung abgegeben haben, dass wir alle hier im Haus uns zum Toronto-Ziel bekannt haben. Maßnahmen für die Erreichung des Toronto-Ziels sind bis heute nicht gesetzt worden. Dafür sind Sie der falsche Ansprechpartner, das betrifft den jetzigen Wirtschaftsminis


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ter. Dem Toronto-Ziel waren warme Worte von diesem Rednerpult aus gewidmet, aber konkrete Maßnahmen hat es bedauerlicherweise nicht gegeben.

Das Kyoto-Ziel hat staatsrelevante Verbindlichkeit, das ist ein ganz anderes Kriterium – mir ist das vollkommen bewusst. Aber ich glaube, dass es notwendig ist, mit allen Parteien hier im Parlament rechtzeitig die Schritte abzustimmen. Wenn ich daran denke – ich habe es schon erwähnt –, dass Sie demnächst die ersten Maßnahmen setzen sollen, dann fehlen mir dazu die Informationen.

Es ist in der ÖKK einiges geschehen. Es ist mit Umweltförderungen einiges passiert, auch dazu haben wir Sie im Ausschuss befragt. Dort waren Sie noch der Ansicht, es wurde – wörtlich zitiert – beschlossen, dass 600 Millionen Schilling, so wie im Jahre 1999, zur Verfügung stehen werden.

Im Voranschlag finde ich diese Zahl nicht vor. Wir haben im Voranschlag, soweit ich mich erinnere, im Kapitel-Neu 310 Millionen Schilling stehen. Wenn ich die 40 Millionen von Umwelt-Alt dazuzähle, sind es 350 Millionen, und mit den Aufwendungen ungefähr 395 Millionen. Von 600 Millionen Schilling ist das also sehr weit entfernt.

In einer Presseaussendung haben Sie anlässlich der letzten Sitzung dargestellt, dass es 475 Millionen Schilling sind. Sind diese tatsächlich vorhanden? Können diese 475 Millionen Schilling in der betrieblichen Umweltförderung vergeben werden? – Es ist nämlich mehr als notwendig, die betriebliche Umweltförderung als ein Mittel der klimarelevanten Reduktionen auch in Zukunft zu fördern und durchzuziehen.

Es kann nicht das einzige Instrument sein, denn Sie haben auch angegeben: eine Reduktion um etwa 45 000 Tonnen bei 160 Millionen Förderung. Wenn ich das hochrechne, komme ich auf 72 Milliarden Schilling, die notwendig sind, um die 16 Millionen Tonnen laut Kyoto-Ziel zu erreichen.

Es wird andere Maßnahmen geben müssen, die Österreichische Kommunalkredit hat das in einem, wie ich finde, sehr guten Bericht dargestellt. Es ist notwendig, sehr bald die finanziellen Mittel dafür vorzusehen. Es gibt diese im Jahre 2000 nicht. Von 2001 bis 2010 haben wir zusätzlichen Finanzbedarf, wenn wir unsere klimarelevanten Ziele ernst nehmen wollen.

Herr Bundesminister! Wir werden Sie daran erinnern. Sie haben es mit der Zustimmung zu einer Belastung bei Autos statt bei Treibstoffen, zu einer Verschleppung der Einführung des Road-Pricing und so weiter meiner Ansicht nach verabsäumt, Schritte in Richtung ökologische Steuerreform, Schritte in Richtung Reduktion und Erreichen des Kyoto-Zieles zu setzen. Ich hoffe, dass wir diese Zahlen im Budget 2001 finden werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.12

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem bereits eine Reihe von Vorrednern, nämlich jene der SPÖ und der Grünen, die scheinbare Untätigkeit in der Gesetzgebung in Bezug auf Umweltschutz beklagt hat, darf ich Ihnen die freudige Mitteilung machen, die entsprechenden Anträge sind von den Mitarbeitern schon eingebracht, und zwar zum UVP-Gesetz 2000 sowie zum Abfallwirtschaftsgesetz, mit dem die IPPC-Richtlinie und auch die Seveso-Richtlinie umgesetzt werden können. Es handelt sich um Schritte, die in der vorangegangenen Regierung leider am Widerstand der SPÖ gescheitert sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Oberhaidinger: Ah!)

Lassen Sie mich aber meine Rede zum breit gefächerten Kapitel Landwirtschaft mit einigen Zahlen beginnen. Ich komme aus der schönsten Donauregion Österreichs, dem Strudengau im Mühlviertel. Ich darf kurz eingehen auf das Ziel 5b-Programm der vergangenen Legislatur


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periode. Im Mühlviertel wurden damit zum Beispiel 687 Projekte umgesetzt und Förderungsmittel von nahezu 557 Millionen Schilling gebunden. Was wurde damit geschaffen? – Zum Beispiel wurden 314 Gästebetten für Urlaub am Bauernhof neu geschaffen beziehungsweise entsprechend neu gestaltet, 100 Kilometer Güterwege oder ländliche Zufahrtswege wurden gebaut. Es wurden im Bereich der Fernwärme und Energie aus Biomasse mehr als 23 000 kW Anschlusswert und 28 000 Laufmeter Fernwärmenetz neu geschaffen. Das sind immerhin 475 Anschlüsse. Insgesamt wurden mit dem Ziel 5b-Programm in der letzten Programmperiode in Oberösterreich 1 090 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Ich bin durchaus dankbar für diese Art der Landwirtschaftspolitik. Zusätzlich sei erwähnt, dass mit dem Leader-Programm, durch das sich die landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung entsprechend vertiefen lässt, in Oberösterreich 191 Millionen Schilling zum Einsatz gekommen sind.

Herr Bundesminister! Sie sind mit dieser nachhaltigen Art und Weise sicherlich auf dem richtigen Weg. Ich meine, dass es notwendig ist, dass wir Bauernvertreter ständig eine entsprechende Verbesserung der Programme fordern.

Meine Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass Österreich das erste Land war, dass das neue Programm "Ländliche Entwicklung" in Brüssel eingereicht hat, und zwar bereits im September vorigen Jahres. Dass unser Programm ein gutes ist und dass Österreich Durchsetzungsvermögen hat, beweist allein die Tatsache, dass wir bei 2 Prozent der Fläche 10 Prozent der Mittel aus diesem Bereich bekommen werden. Damit können wir Bauern im ländlichen Bereich wirklich etwas umsetzen und auch unsere Vormachtstellung im Bereich Biobauern halten.

Die Landwirtschaft trägt Verantwortung für sehr viele Bereiche. Es ist gerade unserem Landwirtschaftsminister Willi Molterer zuzuschreiben, dass es gelungen ist, die Multifunktionalität auch in der europäischen Agrarpolitik abzusichern und umzusetzen, denn wir Bauern produzieren wesentlich mehr als Lebensmittel. Wir erbringen sehr viele Leistungen für die Gesellschaft. Diese Leistungen werden von der linken Reichshälfte immer wieder als Geschenke bezeichnet. Ich meine aber, dass wir ein Recht darauf haben, dass uns diese Leistungen für die Gesellschaft von der Gesellschaft auch entsprechend abgegolten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist durchaus notwendig, etwas flächendeckender zu denken, anstatt nur Einzelbereiche, Teilbereiche herauszupicken, geht es doch um die Erhaltung der Infrastruktur, den Schutz vor Naturkatastrophen, die Leistungen für den Tourismus, die Pflege der Landschaft und dergleichen. Denken wir an unsere Umweltressourcen! Landwirtschaft ist eben wesentlich mehr als Lebensmittelproduktion.

Ein wesentlicher Faktor zur Unterstützung ist zum Beispiel das ÖPUL 2000. Aus Zeitgründen möchte ich hier nicht näher darauf eingehen, aber die richtigen Ansätze sind darin enthalten: Naturschutz, Grundwasservorsorge, Biolandbau und dergleichen.

Wesentliche Schritte zur Verbesserung werden die Einführung des Sockelbetrages in der Bergbauernförderung sein und – nicht zu vergessen – der Wegfall der Diskriminierung der Nebenerwerbsbauern zum Beispiel bei der Investitionsförderung.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es sich um ein Programm handelt, das durchdacht ist und innovative Schritte setzt. Diese entwickeln sich zugunsten der Nachhaltigkeit und zugunsten der künftigen Generationen.

Die Landwirtschaft bietet mehr als 200 000 Arbeitsplätze innerbäuerlich. Gleichzeitig binden wir damit über 600 000 Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich. Ein altes Sprichwort sagt: Geht es den Bauern gut, geht es der ganzen Welt gut. Daher, meine Damen und Herren vor allem von der SPÖ: Hören Sie endlich auf mit den dummen Neidargumenten gegen die Bauern! (Abg. Schwemlein: Na, na!) Bevor Sie weiter schimpfen und von Geschenken reden, tauschen Sie einmal mit einem durchschnittlichen österreichischen Bauern, damit Sie wissen, was es heißt, weniger zu verdienen als der Durchschnitt, mehr zu arbeiten als der Durchschnitt, an


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Sonn- und Feiertagen zu arbeiten, weil das Vieh versorgt werden muss und dergleichen, und das, ohne irgendwelche Zuschläge zu erhalten! Das heißt, etwas mehr Praxis wäre notwendig.

Sollte jemand von Ihrer Fraktion einen Praxisplatz bei einem Rinder haltenden Betrieb suchen, stehe ich gerne zur Verfügung, damit in die Reden von Seiten der SPÖ zur Landwirtschaft etwas mehr Realität hineinkommt und vor allem Hausverstand dabei ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.17

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben leider bei diesem Budget betreffend Umwelt keine exakte Vergleichbarkeit, denn durch zusätzliche Bereiche wie zum Beispiel Strahlenschutz, die in das neue Bundesministerium integriert wurden, ist kein genauer Vergleich möglich. Trotzdem und auch trotz dieser Zusammenlegung mit dem Landwirtschaftsministerium ist dieses Umweltbudget um zirka 100 Millionen Schilling niedriger als das vergangene.

Daher glaube ich, Herr Bundesminister, Hohes Haus, dass nicht nur weniger Geld für Umweltaufgaben zur Verfügung steht, nämlich für die traditionellen Aufgaben des Umweltschutzes, sondern dass für neue wichtige Aufgaben, zum Beispiel die Klimaschutzpolitik, überhaupt kein Geld vorhanden sein wird. Daher können wir ganz einfach dem Umweltbudget in der vorliegenden Form nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist traurig, dass eine Folge dieser deutlichen Kürzung des Umweltbudgets auch merkliche Kürzungen der Mittel für Förderungen von Umweltprojekten im In- und Ausland sind. Wir können zum Beispiel anderen Ländern nicht mehr die entsprechenden Förderungen geben, damit sie ihre Umweltpolitik verbessern können, was auch uns zugute kommt, etwa im Hinblick auf eine Reduktion von bodennahem Ozon, das grenzüberschreitend ist, weil ganz einfach das Geld nicht mehr vorhanden ist.

Eine weitere Auswirkung der Kürzung des Umweltbudgets macht mich besonders betroffen. Ich habe gemeinsam mit Kollegin Monika Langthaler an vielen Versammlungen zur Schaffung des Nationalparks March-Donau-Auen teilgenommen. Es ist interessant, wie viele damaligen Gegner heute davon sprechen, wie gut es ist, dass dieser Nationalpark geschaffen wurde. Ich war vor zwei Wochen mit einer Gruppe von rund 60 Personen im Nationalpark. Ich habe es mir nämlich zur Aufgabe gemacht, dass ich viele meiner Parteifreunde in die Nationalparks führe.

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Österreichischen Bundesforste machen diese Führungen durch die Nationalparks. Ihren Erklärungen ist zu entnehmen, wie wichtig dieser Nationalpark in der Nähe einer Großstadt wie Wien ist. Der Nationalpark, auf den alle Österreicher stolz sein können, beginnt in dieser Großstadt und erstreckt sich bis hinunter zur Staatsgrenze.

Wir Österreicher können aber auch auf die anderen Nationalparks stolz sein, ob das der Nationalpark Neusiedler See ist oder jener in den Kalkalpen oder im Gebiet des Großglockners ist. Österreichische Nationalparks sind etwas Wichtiges. Aber, Herr Bundesminister, dafür ist Geld notwendig. Wir brauchen vor allem Geld, um weitere Nationalparks schaffen zu können. Sie müssen sich eben als Umweltminister gegen den Landwirtschaftsminister durchsetzen. Ist die rechte Hand die stärkere, oder ist die linke Hand die stärkere? Es sollten aber beide Hände gleich stark sein, vor allem sollten Sie der Umwelt eine Chance geben, damit diese stärker wird, wodurch auch Österreichs Regionen stärker werden, denn ein Nationalpark ist auch ein Aushängeschild für den österreichischen Tourismus. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Weiteres: Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Umweltkontrollgesetz dem Umweltbundesamt neue Möglichkeiten gegeben, und wir hoffen, dass Sie, Herr Minister, dieses Umweltbundesamt in jenen Bundesländern einsetzen, wo es zum Beispiel noch keinen Altlastenkataster gibt. Ich habe das auch


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schon im Ausschuss gesagt: Wir brauchen ganz einfach einen Altlastenkataster in jedem Bundesland, allein schon damit wir wissen, wo sich die Altlasten befinden. Daher wäre das Umweltbundesamt hier besonders gefordert.

Ich habe hier eine Aussendung des Abgeordneten Schweitzer vom Montag dieser Woche in der Hand, in der es heißt – ich zitiere –:

",Mit dem neuen UVP-Gesetz wird ein modernes Prüfungsgesetz geschaffen, welches einen tragfähigen Ausgleich zwischen Umwelt und Wirtschaft schafft‘, so Schweitzer."

Wir hätten in der vergangenen Legislaturperiode dieses Anlagenrecht nicht zustande gebracht – ich habe es damals selbst verhandelt –, weil wir nicht wollten, dass der Schutz der Umwelt auf der Strecke bleibt. Daher kann es auch nicht sein, dass jetzt ein Gesetz eingebracht wird, durch das wieder die Umwelt auf der Strecke bleibt. Wir brauchen ganz einfach eine Bürgerbeteiligung, wir brauchen das UVP-Gesetz! (Beifall bei der SPÖ.) Wir wollen, dass die Menschen bei dem, was in ihrer Region passiert, mitreden können.

Da Abgeordneter Schweitzer – ich bitte die Damen und Herren der Freiheitlichen Partei, ihm das auszurichten – gesagt hat, der Brix hat sich aus dem Umweltausschuss verabschiedet, dann muss ich dem entgegenhalten: Er wird jetzt erst recht bleiben (Beifall bei der SPÖ), damit wir dieses UVP-Gesetz nicht nur verhindern, sondern die Menschen auch darüber aufklären können, wie diese Koalition jetzt beabsichtigt, mit der Umwelt umzugehen.

Eine Hoffnung besteht noch. Herr Bundesminister! Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr schätze, und ich weiß, wie sehr Ihr Herz an der Landwirtschaft und somit auch an der Umwelt hängt. Daher sind Sie mir auch ein Garant dafür, dass Sie aufpassen werden, dass die Umwelt beim neuen UVP-Gesetz nicht unter die Räder kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.23

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da Kollegin Sima gesagt hat, dass die neue Regierung in den ersten 100 Tagen noch keine Zeit gehabt hat, sich um Umweltpolitik zu kümmern (Abg. Dietachmayr: Das hat der Khol gesagt! Sie hat nur zitiert!), so ist diese Behauptung falsch. Aber sie wäre verständlich, denn bei dem Erbe, das Sie uns hinterlassen haben, wundert es mich, was wir schon alles geschafft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Der Bundesminister war immer ein Schwarzer, immer einer von der ÖVP!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte Sie um Aufmerksamkeit, denn das heutige Thema ist zu ernst und zu wichtig, um ignoriert oder für parteipolitische Spiele missbraucht zu werden.

Wir sind einerseits nicht in der Lage, geschlossen gegen ungerechtfertigte Sanktionen der EU-14 aufzutreten. Ich ersuche Sie aber inständig in diesem Bereich der Umwelt und des Klimaschutzes um einen Schulterschluss. Es stellt sich nämlich nicht die Frage, ob wir uns die Wende in Richtung nachhaltiger Entwicklung leisten wollen oder können, sondern es stellt sich vielmehr die Frage, ob wir es uns leisten können, nichts zu tun.

Die gegenwärtige Situation ist geprägt von Lebensstilen und Wirtschaftsweisen, die ein Vielfaches dessen an Energie und Ressourcen verbrauchen, was wir noch vor einigen Jahrzehnten verbrauchten. 20 Prozent der Bevölkerung der Erde verbrauchen 80 Prozent der gesamten Ressourcen dieser Welt. Der Kampf um die Ressourcen ist in vollem Gang. Weltweite Klimaänderungen entstehen durch überzogene Nutzung fossiler Energieträger. Bodenzerstörung und Bevölkerungswachstum lassen eine weltweite Ernährungskrise in den nächsten Jahrzehnten erwarten, wenn wir nicht gegensteuern.


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Es gibt den Verlust von natürlicher Vielfalt der Landschaft, von Ökosystemen sowie von Tier- und Pflanzenarten. Während das Bruttosozialprodukt weltweit steigt, sinkt die Lebensqualität. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu, und soziale Spannungen verschärfen sich. In vielen Teilen der Welt sind lokal angepasste Strukturen und Lebensformen gefährdet.

Es kommt – das spüren wir speziell im ländlichen Raum – zur Gefährdung der Nahversorgung, zur zunehmenden Trennung von Arbeit, Wohnen und Freizeit, zu einem grenzenlosen Wachstum der Ballungszentren und zur Entleerung der ländlichen Gebiete. Es kommt zu einer Gefährdung der bäuerlichen Landwirtschaft und zur Zerstörung gewachsener Kulturlandschaften.

Unser Ziel muss daher sein, Lebensräume mit Zukunft zu schaffen, ausgestattet mit intaktem Naturhaushalt, ausgeglichenem sozialem Miteinander und einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Dabei gilt es, sich an sieben Prinzipien zu orientieren:

Erstens: das Prinzip der lokalen Identität. Vertrautheit schafft Identifikation und Sicherheit. Österreichs vielfältige Lebensräume und Lebensformen müssen erhalten bleiben und haben daher Vorrang. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweitens: das Prinzip der Orientierung am Natürlichen. Entscheidungen stehen im Einklang mit der Natur, so wie es eigentlich immer war.

Drittens: das Prinzip der Langfristigkeit. Wir müssen wieder in Generationen denken. Die Orientierung erfolgt nicht am kurzfristigen Vorteil, sondern am langfristigen Nutzen.

Viertens: das Prinzip des Vorrangs der Qualitäten. Gut leben heißt es und nicht unbedingt viel haben. Der Faktor vier, nämlich gleicher Wohlstand bei einem Viertel des Ressourcenverbrauches, ist anzustreben.

Fünftens: das Prinzip der Vielfalt. Vielfalt ist Reichtum, Vielfalt gibt den Strukturen Stabilität.

Sechstens: das Prinzip der Partnerschaftlichkeit. Partnerschaftliches Handeln wird praktiziert und aktiv unterstützt.

Siebentens: das Prinzip der Nähe. Nur das, was über schaubar ist, kann durch schaut werden. Wir müssen danach trachten, dass wir die Güter des täglichen Bedarfes räumlich zusammenführen, dass wir kleine Kreisläufe schaffen und dass wir regional nachwachsenden Rohstoffen und Ressourcen den Vorrang geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer Werte bewahren will, muss Strukturen ändern. Dafür stehen wir, und dazu bekennen wir uns.

Deshalb sollen wir alle dafür eintreten, dass wir durch Einspeiseregelungen, Ökobonussysteme sowie die Ökologisierung des Steuersystems fossile und atomare Energieträger durch erneuerbare ersetzen, dass Klimaschutzziele durch nationale Maßnahmen erreicht werden und somit Kaufkraft, Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Land bleiben, dass regional verfügbare Ressourcen Vorrang haben, dass wir die hochwertigen Lebensmittel sichern und unser so genanntes weißes Gold, unser Wasser, schützen und vor Fremdbestimmung bewahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden daher am Einstimmigkeitsprinzip bei der Bewirtschaftung der Wasserressourcen festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir werden außerdem durch Gesetze und Verordnungen im Anlagenrecht sowie bei Umweltverträglichkeitsprüfungen dafür sorgen, dass es zu keiner weiteren Entleerung ländlicher Gebiete und nicht zum grenzenlosen Wachstum der Ballungsräume kommt.

Wir werden durch Reduzierung und eine bessere Lenkung von Stoffen und Energieströmen sowie, wo notwendig, durch bauliche Maßnahmen Menschen vor unerträglichem und gesund


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heitsschädlichem Lärm bewahren und schützen. Wir werden die Kreislaufwirtschaft vor End-of-Pipe-Technologien stellen.

Und eines ist sehr wichtig: Wir werden uns bemühen, der Bevölkerung bewusst zu machen, dass sie mit ihrem Konsum Weichen stellen kann. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichts wird produziert, was nicht konsumiert wird. Wir stehen jedoch im Spannungsfeld zwischen politischer Notwendigkeit und mangelndem Bewusstsein in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ausreichend Zeit, unser Ziel zu erreichen. Wir dürfen aber keine Zeit verlieren, die Rahmenbedingungen für ein Leben mit Qualität und die bestmögliche Deckung der Bedürfnisse aus der Nähe zu schaffen. Sich auf den Weg der Nachhaltigkeit zu begeben, ist die Herausforderung. Auf diesem Weg zu bleiben, ist das Ziel. Politik ist die Kunst, das Notwendige zu ermöglichen. Diese Wende ist notwendig, um Lebensqualität und Frieden dauerhaft zu sichern. Ermöglichen wir gemeinsam diesen Weg! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. Bitte, beginnen Sie entsprechend der Geschäftsordnung mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

17.31

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Fallent hat in der vorangegangenen Rede mehrfach behauptet, wir hätten ihm ein Erbe hinterlassen, das er nicht gut findet.

Ich stelle tatsächlich richtig: Erstens sind wir nicht gestorben, Herr Abgeordneter Fallent, die SPÖ ist höchst lebendig, und zweitens, wenn wir was vererbt hätten, dann nicht an Sie. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Es ist die gesetzliche Erbfolge zu beachten! Außerdem ist das ein Redebeitrag!)

17.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ob das eine Berichtigung war, Herr Abgeordneter, möchte ich einmal dahingestellt sein lassen.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei! Vielleicht beruhigen Sie sich wieder. Ich nehme mir einleitend in meinem Debattenbeitrag die Zeit, Kollegen Ing. Fallent zu berichtigen. Er hat behauptet, von uns käme die Aussage, Sie hätten in den ersten 100 Tagen keine Zeit für umweltpolitische Anliegen gefunden. – Ich stelle richtig, diese Äußerung kommt von Klubobmann Khol. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.

Meine Damen und Herren! Es wurde so viel von Zeit gesprochen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir in der Zeit der rot-schwarzen großen Koalition Minister Bartenstein jemals daran gehindert hätten, die mannigfachen Ziele, die er sich selbst gesetzt hat, alle Ziele, die er weltweit, in Toronto, Kyoto und so weiter unterzeichnet hat, tatsächlich auch in diesem Lande umzusetzen.

Wenn Sie so wie ich eine der jüngsten APA-Aussendungen gelesen haben, in der das Umweltbundesamt zu den Kohlendioxidemissionen in unserem Land Stellung nimmt, dann müssen Sie so wie ich gelesen haben, dass die Kohlendioxidemissionen, sprich die Emissionen des Treibhausgases Nummer Eins in unserem Land, nicht und nicht zurückgehen. Genauso ist dieser Beitrag betitelt. In Jahre 1998 wurden 66,8 Millionen Tonnen in die Luft geblasen, im Jahre 1996 waren es 65,9 Millionen Tonnen. Der Ausstoß hat sich also nahezu nicht verändert.


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Das Umweltbundesamt stellt fest, dass wir mit diesen Werten sowohl vom Toronto- als auch Kyoto-Ziel sehr, sehr weit entfernt sind. Wir müssten für Toronto im Jahr 2005 einen Ausstoß von 45,6 Millionen Tonnen erreichen, also um ein Drittel weniger als 1998. Und auch das Kyoto-Ziel haben wir 1998 um 18,5 Prozent überschritten.

Dabei, meine Damen und Herren, gibt es jede Menge ambitionierter Ziele in unserem Land, die Emissionen entsprechend zu reduzieren. Es hat geheißen, im Jahre 2000 werde es eine nationale Klimaschutzstrategie geben. Dafür ist ein so genannter Expertenoptionenbericht erforderlich, der mittlerweile – so habe ich gelesen – auch vorliegt. Er wurde im Dezember 1999 vorgestellt. In diesem Optionenbericht ist ein Katalog enthalten, in dem im Wesentlichen auf folgende Maßnahmen gesetzt wird: auf die thermische Gebäudesanierung, auf den Einsatz erneuerbarer Energieträger – hier ist im ElWOG 2000 einiges angedacht – und auf die Verringerung der organischen Abfälle in den Deponien. Das sind die drei wesentlichen Säulen in diesem Optionenbericht, Herr Bundesminister.

Zur thermischen Gebäudesanierung: Damit könnten pro Jahr 1,7 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Im Neubau geschieht in diesem Bereich durch die Wohnbauförderung der Länder bereits sehr viel. Ich meine, dass in der Althaussanierung wirklich noch jede Menge Möglichkeiten gegeben sind. Das Ziel: Die thermische Sanierungsrate soll von 0,5 Prozent auf 1 Prozent pro Jahr erhöht werden, und es sollten die Gebäude, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden und die die schlechtesten energetischen Eigenschaften haben, herausgefiltert werden, damit man ganz gezielt sanieren und dämmen kann.

Herr Bundesminister! Es ist mir aber ein ganz großes Anliegen, nicht nur vom Dämmen zu reden, sondern es sollte auch die Raumheizung entsprechend verbessert, umweltfreundlicher gestaltet werden. In diesem Zusammenhang drängt sich die Fernwärme geradezu auf, gerade in dichter verbauten Gebieten immer noch eine hervorragende Möglichkeit. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen weisen die höchste Energieeffizienz mit den geringsten spezifischen Kosten zur Erreichung des Kyoto-Zieles auf, und im Hinblick darauf gilt es, in der nächsten Zeit konkrete Maßnahmen zu setzen.

Dies alles wären Maßnahmen, die meiner Meinung nach dem Prinzip der nachhaltigen Entwicklung – Sie haben es in Ihrem Redebeitrag ja angesprochen – gerecht werden. Weil ich gerade beim Stichwort "nachhaltig" bin: Ich finde es richtig, dass von Ihrem Vorgänger zur Atomkraft als Alternative im Kampf gegen Treibhausgase ein klares Nein gesagt wurde. Auch Sie haben das bestätigt und wiederholt. Betrüblich finde ich jedoch, dass die Bundesregierung die im Aktionsplan und im Entschließungsantrag vorgesehenen Maßnahmen in letzter Zeit eher nicht mehr betreibt. Anti-Atompolitik ist überhaupt nicht spürbar! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wird meiner Meinung nach, wenn überhaupt, eher schleppend betrieben. Da Sie auch davon gesprochen haben, man solle in der Anti-Atompolitik mit einer Zunge sprechen, darf ich auf das Beispiel Krško in Slowenien verweisen. Frau Außenministerin Ferrero-Waldner sagt über Krško nur, dass es ein sicheres Kraftwerk wäre, den westlichen Standards entspräche – übersieht dabei aber ganz den Schönheitsfehler, dass Krško auf einer Erdbebenlinie situiert ist. Frau Landeshauptmann Klasnic als nächstbetroffene Nachbarin fordert die sofortige Schließung, und Jörg Haider als Landeshauptmann von Kärnten fordert ebenfalls die sofortige Schließung. Es wäre wirklich wichtig, wenn schon nicht sehr viel geschieht, wenigstens eine einheitliche Sprachregelung zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, eine Vielzahl der angedachten Maßnahmen ist durchaus sehr ambitioniert. Es gibt jede Menge von Theorien und Ankündigungen. Woran es hapert, ist jedoch die ganz konkrete Umsetzung. Das beginnt schon damit, dass die Umweltanliegen im Landwirtschaftsministerium mit angesiedelt sind. Ich denke nicht einmal, dass es ein eigenständiges Ministerium in dem Sinn ist, sondern für mich, nach meinem Dafürhalten sind die Umweltanliegen im Landwirtschaftsministerium nur mitangesiedelt, und das allein ist schon ein Widerspruch in sich.


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Die blau-schwarze Regierung beschließt im Budgetbegleitgesetz und im Budget eine Vielzahl ökologisch unsinniger und unsozialer Steuererhöhungen. Der Vorsatz, nachhaltig zu wirtschaften, könnte, wenn es hier keine Änderung gibt, nachhaltig in Frage gestellt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.40

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! In der Agenda 2000 hat die ländliche Entwicklung einen hohen Stellenwert. Das ist wichtig, weil die ländlichen Gebiete Grundlage für viele Bürger in unserem Land sind. Immerhin 80 Prozent der Bürger dieses Landes leben im ländlichen Raum. Damit stellt der ländliche Raum gemeinsam mit der Landwirtschaft eine Möglichkeit für die Zukunft dar, das bietet Perspektiven und wir wollen sie nutzen. Der ländliche Raum ist ein Thema, welches uns alle angeht, weil er die Lebensgrundlagen, die wir alle notwendig brauchen, am besten bereitstellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es werden wertvolle Aufgaben für die gesamte Gesellschaft erfüllt. Für die Landwirtschaft im Speziellen ist die Entwicklung des ländlichen Raumes ein Hoffnungsträger, weil wir in der Produktion – und das haben viele Vorredner heute schon betont – zugegebenermaßen Schwierigkeiten haben durch einen ständig steigenden Preis- und Produktionsdruck. Die Märkte öffnen sich, es gibt neue Trends, aber auch unterschiedliches Kaufverhalten. Daher wird in Zukunft die ländliche Entwicklung als zweite starke Säule für die Landwirtschaft immens wichtig. Wir wollen die Landwirtschaft so gestalten – heute wurden auch schon mehrere Standbeine erwähnt –, dass wir einerseits durch die Produktion Einkommen in die Landwirtschaft bringen und andererseits mit Dienstleistungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Derart wird es uns möglich sein, den ländlichen Lebensraum zu gestalten und zu erhalten. Jeder in diesem Hohen Haus gibt uns Recht: Sauberes Wasser, gesunde Luft, Raum für Erholung und geschützter Boden können auf Dauer nicht gratis sein. Dafür erhalten wir das Geld und die Förderung für den ländlichen Raum. Die ländliche Entwicklung muss vielfältig sein und den Ansprüchen unseres Landes gerecht werden. Wir haben eben im Vergleich zu Europa andere Ansprüche. Ich bin dankbar dafür, dass Minister Molterer schon in der Vergangenheit viel zur Umsetzung beigetragen hat. Mit einem starken Landwirtschafts- und Umweltminister wird auch zukünftig so mancherlei weitergehen und einige, die das heute recht kritisch betrachtet haben, werden sich wundern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein Danke auch, dass es gelungen ist, die Mittel – 5,8 Milliarden Schilling, das sind immerhin 9,7 Prozent des Gesamtbudgets der EU, und für die nächste Periode 41 Milliarden für Österreich insgesamt – herzubringen. Wir werden diese Mittel sinnvoll und effizient einsetzen. Herr Bundesminister, wir werden Sie dabei unterstützen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Als neuer Abgeordneter in diesem Hause muss man auch Visionen haben und sich konkrete Projekte vornehmen. Ich bin überzeugt davon, dass wir durch Netzwerke und neue Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Wirtschaft und Gewerbe den Bürgern künftig vermehrt Angebote im kulturellen Bereich, im Tourismusbereich, in der Freizeitwirtschaft aber auch im Erlebnisbereich machen können und damit unseren Beitrag leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir müssen aber auch Organisationen fördern. Ich bin heute vom Kollegen Pirklhuber direkt angesprochen worden, die Maschinenringe würden zu hoch gefördert, aber ich kann Ihnen das ganz ... (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Für Maschinenringe gibt es 50 Prozent mehr Förderung und für andere Bereiche keinen Groschen mehr!)


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Wie hat es geheißen? (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Für Maschinenringe gibt es 50 Prozent mehr!)  – Danke. Dann berichtigen wir das. Aber ich werde Ihnen die genaue Förderung einmal vorlegen.

Wir haben in den letzten zehn Jahren – und dafür war ich verantwortlich – viele Projekte umgesetzt. In Tirol sind wir immerhin 5 500 Bauern. Wir erbringen kommunale Dienstleistungen, indem wir Radwege pflegen, Wanderwege erhalten, Schipisten quasi kultivieren und so weiter. Es gibt auch in Zukunft vielfältige Projekte. Die ländliche Entwicklung ist ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz, und verbunden mit der Produktion werden wir die Steilflächen pflegen, Almen bewirtschaften und den Wald schützen. Heute gibt es in der "Tiroler Tageszeitung" einen Artikel "Almen als Schutz vor Katastrophen". Die Leistung der Bauern für die Landschaftspflege lässt sich nun erstmals in Zahlen ausdrücken. Diese Studie – ich werde sie anfordern und zur Verteilung auflegen – ist ganz wichtig für dieses Haus.

Ländliche Entwicklung heißt, einen Berufsstand neu zu positionieren, heißt, Arbeitsplätze zu erhalten, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Chancen für die Jugend zu bieten, aber auch Schutz für den Bürger und Grundbedürfnisse, deren Befriedigung sich die Menschen vom ländlichen Raum erwarten, abzudecken. Es gilt, die Besiedelung zu sichern und die Infrastruktur zu verbessern. Mit einer aktiven Politik für den ländlichen Raum, für die ländlichen Gebiete werden wir die steigenden Ansprüche der Gesellschaft erfüllen. Dazu brauchen wir die ländliche Entwicklung. Ich danke, Herr Bundesminister, dass Sie für uns dabei als Helfer bereitstehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.46

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich dem Thema Grundwasser zuwenden. Es geht mir vor allem um die erhöhten Grenzwerte, was Pestizide und Nitrate anbelangt. Zurzeit werden in Österreich zirka 400 000 Menschen mit Wasser versorgt, dessen Pestizidgehalt über den Grenzwerten liegt. Für 150 000 Einwohner in Österreich ist der derzeit gültige Nitratgrenzwert von 50 Milligramm pro Liter deutlich überschritten.

Ich erwähne das deshalb, meine sehr geschätzten Damen und Herren, weil die Probleme doch schon seit sehr langer Zeit bekannt sind. Geschehen ist aber bis heute überhaupt noch nichts. Seit 1999 gibt es flächendeckende Daten zu den Nitratwerten, aber die gefährliche Situation ist nach wie vor unverändert. Unverändert deshalb, Herr Bundesminister, weil einfach keine Sanierungsmaßnahmen gesetzt wurden. Die durchgeführten Analysen haben im Wesentlichen die bisher bekannten Problemregionen, die wir schon lange kennen, ein weiteres Mal bestätigt. Es sind dies vor allem die landwirtschaftlich sehr intensiv genutzten Gebiete im Norden und Südosten Österreichs.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alleine in Oberösterreich gibt es 88 Ausnahmegenehmigungen, das heißt in 88 Fällen werden dort die Grenzwerte für Nitrate und Pestizide ganz offiziell und vor allen Dingen mit Wissen der Behörde überschritten. Wenn ich hier etwa anführen darf: im Bezirk Braunau gibt es zwei solcher Ausnahmeregelungen, in Eferding zwei, in Gmunden sogar 17, in Grieskirchen eine, in Kirchdorf zwei, in Linz-Land – da sieht man ganz genau dort, wo intensive Landwirtschaft betrieben wird – sogar 13 und in Wels-Land sind es sogar 27, um nicht alle extra anzuführen.

Angesichts dessen komme ich mir ein wenig verschaukelt vor, wenn ich am Samstag in den "Oberösterreichischen Nachrichten" eine ganze Seite, gestaltet vom FP-Landesrat Achatz und vom Landeshauptmann, darüber lesen muss, dass Oberösterreich der Wasser-Weltmeister sei. Ich denke, das ist wirklich überzogen, weil wir wissen, dass es in Oberösterreich ganz arge Sanierungsgebiete gibt, aber bis heute noch keinerlei Verordnungen dazu erlassen worden sind.


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich halte diesen Zustand für unhaltbar und, Herr Bundesminister, hier geht es um die Gesundheit der Menschen. Ich meine, dass es schon auch im Wasserrecht möglich wäre, da anzusetzen. Bis jetzt hat man sich aber einfach nicht getraut, weil man dabei ein heißes Eisen anfassen müsste. Es gibt zwar ein paar ausgewiesene Sanierungsgebiete, Verordnungen dazu gibt es ja, wie gesagt, nicht. Dort, wo das Grundwasser ganz massiv verseucht ist, müssten einfach Bewirtschaftungseinschränkungen erlassen werden, und dort, wo das Grundwasser wirklich vergiftet ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, müsste es doch möglich sein, auf dem Verordnungsweg überhaupt ein Bewirtschaftungsverbot zu erwirken. Gesundheit muss immer noch vor Einkommen gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Alle Studien, die uns vorliegen, belegen, das mehr als die Hälfte der österreichischen Grundwassergebiete tatsächlich sanierungsbedürftig ist. Das bedeutet in Wirklichkeit, dass mehr als die Hälfte der Österreicher und Österreicherinnen Trinkwasser nicht mehr ungefiltert zu sich nehmen können. Das ist wirklich eine arge Situation. Herr Bundesminister! Sie müssen dieses Problem ernster nehmen, sonst werden wir es nicht einmal langfristig lösen können. Es hilft überhaupt nichts, wenn in allen Berichten – und davon haben wir ja schon einige gehört –, im Grünen Bericht, im Waldbericht und im Umweltkontrollbericht alle Jahre wieder auf diese gefährliche Situation hingewiesen wird, aber von Ihnen keine Maßnahmen gesetzt werden.

Hinweise und Studien gibt es genug! Das Problem ist bekannt. Jetzt gilt es, endlich Taten zu setzen, Herr Bundesminister, denn es geht um die Gesundheit der dort lebenden Bevölkerung, der dort lebenden Menschen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weinmeier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.50

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte eingangs dem Herrn Ex-Minister Einem auf seine Äußerung, die er unter Missbrauch der Geschäftsordnung gemacht hat, antworten. (Abg. Dietachmayr: Das steht Ihnen überhaupt nicht zu! – Abg. Parnigoni: Herr Präsident, darf der Redner den Missbrauchsvorwurf erheben?) Im privaten Bereich ist es möglich, ein Schuldenerbe abzulehnen. Wir konnten das leider nicht tun. Wir mussten dieses Schuldenerbe annehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Fischl: Das ist die Realität!)

Damit habe ich mich mit Sicherheit ausreichend mit diesem unsachlichen Beitrag des Herrn Einem beschäftigt und komme nunmehr zur Umweltpolitik. Eingangs möchte ich feststellen, wie ich das gestern schon getan habe: Umweltpolitik ist in vielen Bereichen längst kein nationales Problem mehr, sondern grenzüberschreitend und in vielen Aspekten ein europäisches Problem. Ich nenne das Beispiel Wasser, das heute schon öfters erwähnt wurde, oder das Beispiel Verkehr oder auch das Beispiel Luftverschmutzung. Wir müssen daher – Österreich hat im Umweltschutzbereich immer eine Vorreiterrolle eingenommen – in diesem Bereich in der EU aktiv werden und der EU ganz klar sagen, sie soll endlich damit aufhören, sich mit Sanktionen zu beschäftigen, sondern stattdessen zum Beispiel die Umweltpolitik vorantreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wohl aktuellste Thema im Bereich Umweltpolitik ist die Frage der CO2-Reduktion. Man kann keine Umweltdebatte führen, ohne zu diesem Thema Stellung zu nehmen, ohne sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Österreich hat seinerzeit eine Vorreiterrolle im Bereich der Atompolitik eingenommen, weil damals ein weit blickendes Volk der "Politik Kreisky" eine Absage erteilt hat. Daher meine ich, Österreich sollte auch bei der CO2-Reduktion eine Vorreiterrolle einnehmen. Die bisherige Entwicklung – das muss man auch sagen – ist sicher nicht zufrieden stellend.

Österreich hat in diesem Bereich auf internationaler Ebene mehrere Verpflichtungen übernommen. Ich nenne dazu als Punkt 1 den Beschluss im Parlament 1994, ausgehend von der damaligen Konferenz in Rio im Jahre 1992, als Punkt 2 den Stabilitätsbeschluss der EU 1990,


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mit dem damals beschlossen wurde, eine Stabilisierung in diesem Jahrzehnt zu erreichen, als Punkt 3 die Toronto-Vereinbarung, der die österreichische Bundesregierung auch beigetreten ist, mit der man sich zu einer Senkung der CO2-Emissionen um 20 Prozent gegenüber 1988 verpflichtet hat, und schließlich das heute schon öfter genannte Kyoto-Übereinkommen 1997, mit dem die EU-Minister beschlossen haben, bis 2010 um 15 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. – Also das ändert sich dauernd, man muss da wirklich den Überblick bewahren.

Österreich hat sich – das muss man auch dazu sagen – freiwillig dazu verpflichtet, bis 2010 um 25 Prozent zu reduzieren. Das ist wirklich ein ehrgeiziges Ziel, von dem wir aber leider sehr weit entfernt sind. Die Wirklichkeit sieht nicht gut aus: Der Verbrauch fossiler Brennstoffe steigt – damit natürlich auch die CO2-Emission –, und der Anteil erneuerbarer Energieträger sinkt. Ich erspare mir jetzt, die Statistiken dazu vorzulesen, weil Sie sie ja sicher auch kennen.

Angesichts der genannten Reduktionsziele und angesichts dieser Entwicklung muss man leider sagen, dass unter diesen Voraussetzungen die Ziele nicht erreichbar sein werden. Österreich hat sich, wie gesagt, auf internationaler Ebene dazu verpflichtet, eine aktive Politik zur CO2-Reduktion zu betreiben. Daran wollen wir aber auch weiterhin festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir sollten daher nicht zu früh über so genannte flexible Maßnahmen nachdenken, wie Sie das vor einigen Wochen anlässlich einer Podiumsdiskussion getan haben – ich muss hinzufügen, etwas überraschend für mich. "Flexible Maßnahmen" das ist ein schöner Begriff – für diejenigen gesagt, die sich vielleicht nicht sosehr mit Umweltfragen beschäftigen – für eine unschöne Sache, nämlich den Handel mit Emissionen, oder anders gesagt: die gleichmäßige Verteilung von Umweltverschmutzung auf die ganze Welt. Wenn man weiß, wie diese Verteilung zustande kommt, wenn man hört, dass beispielsweise Länder im Ostblock mit gigantischen CO2-Emissionen in diesem Bereich plötzlich Reserven hätten, das verkaufen und dafür Geld kassieren wollen, dann kann man sich ausmalen, wie das funktionieren wird.

Herr Bundesminister! Flexible Maßnahmen bedeuten einen Geldabfluss in das Ausland statt Investitionen in diesem Bereich im Inland und bedeuten auch einen Arbeitsplatzabfluss in das Ausland. Nationale Lösungen sind daher billiger, und sie sind auch möglich, denn das haben schon einige Länder in Europa, zum Beispiel Dänemark und Holland, bewiesen.

Herr Bundesminister! Österreich sollte daher weiterhin alles tun, um auf nationaler Ebene zu reduzieren, zum Beispiel durch eine verstärkte Förderung der österreichischen Biomasse. Das ist volkswirtschaftlich sinnvoll, weil damit der Import fossiler Energieträger substituiert wird, und das ist auch eine Chance für die Landwirtschaft. Wir werden Sie daher weiterhin gerne mit unserem engagierten Obmann im Umweltausschuss, Karl Schweitzer, unterstützen.

Um zum Abschluss zu kommen: Man kann in einer Umweltdebatte nicht darauf verzichten, zu erwähnen, dass es in diesem Hohen Haus eine Partei gibt, die sich als "Grüne" bezeichnet, sich aber in Wirklichkeit schon längst von der Umweltpolitik verabschiedet hat. Das kam auch heute wieder ganz klar zum Ausdruck. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber und Haidlmayr. )  – Entschuldigen Sie, mit vielleicht zwei Ausnahmen, wenn ich fair sein möchte! Gerade in diesem Bereich, der das ureigenste Thema dieser Partei sein sollte, haben manchmal nur zwei Abgeordnete der Debatte beigewohnt. Das allein zeigt schon Ihr Interesse an der Umweltpolitik, und dass Sie sich längst schon von der Umweltpolitik verabschiedet haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abgeordneten Öllinger. )

Herr Klubobmann Van der Bellen, dem ich das gerne einmal persönlich hier vom Rednerpult aus sagen würde, der ja ein guter Schüler der beiden Linksextremen Pilz und Öllerer ist ... (Abg. Öllinger: Falsch! Da muss ich eine tatsächliche Berichtigung machen!)

Sie sollten sich daher wirklich einmal Gedanken darüber machen, ob Sie nicht Ihren Parteinamen auf "FBP" ändern sollten – Freiheitlichen Beschimpfungs-Partei. (Abg. Haidlmayr: "Freiheitlich" wollen wir nicht heißen! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Meine Damen und Herren! Ich werde Ihnen daher in jeder meiner Wortmeldungen Ihre Statistik vor Augen halten, was Sie im Umweltbereich tun. Bei den Selbständigen Entschließungsanträgen: elf von 55 – das ist noch gar nicht so schlecht, bei den schriftlichen Anfragen: 47 von 260 – das ist nur mehr etwa ein Fünftel, und dann kommt es, wie immer ganz dick am Ende, bei den Selbständigen Anträgen: null von 24, die sich mit Umweltthemen beschäftigen. Meine Damen und Herren! Sie haben sich vom Umweltbereich zu Gunsten einer links-linken Gesellschaftspolitik verabschiedet. (Beifall bei den Freiheitlichen)

17.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Fallent! Wir haben uns darauf verständigt, dass die Worte "linksextrem" und "rechtsextrem" in diesem Hause einen Ordnungsruf verdienen. Ich erteile Ihnen daher einen Ordnungsruf.

Aus gegebenem Anlass stelle ich fest, dass die tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Einem nicht geschäftsordnungskonform war, ihm daher nach § 58 Abs. 2, 3 und 4 das Wort zu entziehen gewesen wäre. – Nur war Ihre Wortmeldung so kurz, dass ich dazu nicht mehr gekommen bin. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dobnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.59

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wie "ernst" diese neue Bundesregierung den Umweltschutz nimmt, konnten wir am vergangenen Sonntag aus dem Mund von Herrn Klubobmann Khol über das Fernsehen erfahren. Aber man sieht es auch daran, dass das Budget für den Umweltschutzbereich gegenüber dem Vorjahr um über 100 Millionen Schilling gekürzt wurde. Dies bedeutet nicht nur weniger Geld für die traditionellen Aufgaben des Umweltschutzes, sondern vor allem auch für neue wichtige Aufgabengebiete wie etwa den Klimaschutz.

Ich komme aus dem Hüttenwerk Donawitz, wo die besten und längsten Schienen der Welt hergestellt werden, bin aber strikt dagegen, dass der Umweltschutz – wie von Schwarz-Blau derzeit praktiziert – auf das Abstellgleis gestellt wird. Dafür ist mir dieses Thema einfach zu wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Werte Damen und Herren! Lärmschutz ist ein ebenso wichtiger Teil des Umweltschutzes, und auf dieses Problem möchte ich heute näher eingehen.

Lärm stört, Lärm belastet und Lärm macht krank. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung fühlen sich durch Straßenverkehrslärm belästigt. Weitere Quellen der Lärmbelästigung sind Flug- und Schienenverkehr. Gegen diese Belastungen des Alltags muss einfach etwas unternommen werden, denn Alltagslärm – so zeigen Studien – führt zu Schlafstörungen, zu Behinderungen in der Kommunikation, zur Minderung der Konzentration, zu einer Herabsetzung der Lern- und Leistungsfähigkeit, auch Erholung und Entspannung werden beeinträchtigt. Hoher Dauerlärm bewirkt darüber hinaus eine starke Belastung des Herz-Kreislaufsystems und führt zu Schwerhörigkeit.

Lärm hat unzählige Quellen, und jeder von uns ist im täglichen Leben auf die eine oder andere Weise auch Lärmverursacher. Nicht jede Lärmsituation kann und sollte der Staat durch Gesetze und Verordnungen zu regeln versuchen. Aber durch eine sinnvolle und vorausschauende Planung wie zum Beispiel bei neuen Straßen- und Eisenbahnstrecken kann der Lärmschutz für die Umgebung optimiert werden.

Neben der Verschärfung von gesetzlichen Geboten und Verboten, insbesondere die Festsetzung von Grenzwerten, sind auch andere Mittel der Lärmminderung von Seiten des Staates anzuwenden. Hiezu zählen vor allem die Schaffung von Vorteilsregeln für die Benutzung lärmarmer Maschinen und Fahrzeuge, das Gewähren von Steuervorteilen für lärmmindernde Investitionen im Gewerbebereich und die finanzielle Förderung der Entwicklung leiser Geräte.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Lärmbekämpfungspolitik scheint aber für diese Bundesregierung ein Fremdwort zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass für Lärmschutzmaßnahmen viel zu wenig finanzielle Mittel im Budget 2000 vorhanden sind? Gerade in Zeiten eines starken Anstiegs des Straßenverkehrsaufkommens und vor allem einer starken Zunahme des LKW-Verkehrs ist es mir völlig unverständlich, warum von verantwortlicher Seite nicht mehr für die lärmgeplagte Bevölkerung getan wird. Wie wollen Sie diese Versäumnisse beim Lärmschutz der in ihrer Lebensqualität stark negativ beeinträchtigten Bevölkerung an den österreichischen Transitrouten erklären?

Wir von der sozialdemokratischen Fraktion haben für derartige Versäumnisse jedenfalls keinerlei Verständnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch ein Thema ansprechen, welches mir vor allem als steirischem Abgeordneten besonders am Herzen liegt, nämlich das Atomkraftwerk Krško. Dieses Atomkraftwerk liegt nur 100 Kilometer südlich von Graz und ist 60 Kilometer von der österreichischen Staatsgrenze entfernt. Krško befindet sich in einem seismisch aktiven und deshalb besonders erdbebengefährdeten Gebiet – alles Gründe, diese äußerst gefährliche Anlage ehebaldigst zu schließen.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurde schon im Jahre 1999 im Anti-Atomaktionsplan der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung eindeutig die Forderung nach der Schließung von Krško festgelegt. Bestürzt musste ich aber nun die Aussagen von Frau Außenministerin Ferrero-Waldner anlässlich ihres Besuches in Laibach zur Kenntnis nehmen, wonach von Seiten der nunmehrigen österreichischen Bundesregierung die vorzeitige Schließung des Kraftwerkes nicht mehr verlangt wird.

Als steirischer Abgeordneter wehre ich mich gegen eine derartige Aufweichung der Anti-Atomkraftpolitik Österreichs. Damit agiert die Frau Außenministerin massiv gegen die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung, vor allem unserer steirischen.

Anhand dieses Beispiels zeigt sich aber auch neuerlich das Unvermögen der steirischen Landeshauptfrau Klasnic, sich bei wichtigen Anliegen der steirischen Bevölkerung durchzusetzen. Der Bund stellt wieder einmal die Steiermark in einer wichtigen Frage ins Eck, und Klasnic beugt sich den Interessen ihrer Partei zum Nachteil unserer steirischen Bevölkerung. Wie beim Semmering-Basistunnel ist Frau Landeshauptmann Klasnic auch in dieser Frage – wieder einmal – durchgefallen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie sind aufgefordert, Ihre Kollegin im Außenministerium auf den Boden des Anti-Atompaktes von 1999 zurückzuholen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ wird in jedem Fall ihre konsequente Anti-Atomkraftpolitik fortsetzen, um einen maximalen Schutz der österreichischen Bevölkerung vor den Gefahren der Atomkraftwerke sicherzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.06

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich habe diese Budgetdebatte zum Kapitel Landwirtschaft von Beginn an verfolgt. (Abg. Schwemlein: Toll! Super! – Abg. Schwarzenberger: Bravo!)  – Danke schön! Ich habe festgestellt, dass meine Kolleginnen und Kollegen von den beiden Regierungsparteien dieses Thema wirklich ernst nehmen, man hat gemerkt, dass ihnen das Thema am Herzen liegt (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), was man leider nicht von allen Rednern behaupten kann. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: "Pointiert" war das jetzt!)

Ich möchte aber jetzt zu einem Umweltthema kommen. Einige von uns werden sicherlich wissen, dass im September 1998 der letzte mit Abfall beladene LKW aus der Berger-Deponie bei


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27. Sitzung / Seite 61

Weikersdorf fuhr. Damit wurde eine der größten und gefährlichsten Müllgruben in Österreich endgültig entsorgt. Dieser wichtige Meilenstein der Altlastensanierung darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch eine Menge Arbeit auf unseren neuen – in diesem Bereich neuen – Bundesminister wartet. Im österreichweiten Verdachtsflächenplan sind nämlich noch 2500 kritische Flächen eingetragen. Für fast 150 davon ist bereits klar, dass es sich tatsächlich um Altlasten handelt, die gesichert oder aber auch saniert werden müssen.

Speziell die alten Industriezonen Österreichs in der Steiermark, in Niederösterreich, in Oberösterreich, aber auch in Salzburg und in Kärnten tragen schwer an diesem Erbe. In vielen Fällen ist leider überhaupt noch nicht klar, wie gefährlich die jeweiligen Altlasten sind, obwohl bereits Hunderte Millionen Schilling in einschlägige Untersuchungen geflossen sind. Bisweilen kommt mir diese Situation so vor wie in der Erdölwirtschaft: Wann immer man glaubt, man habe alle Lagerstätten im Griff, tauchen neue Lager auf, die alles bisher Gekannte weit in den Schatten stellen.

Ich bin daher sehr froh darüber, dass die neue Bundesregierung das Problem der Altlastensanierung weiterhin als ein Problem behandelt, das man nicht losgelöst von allen anderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen sehen kann.

Geschätzte Damen und Herren! Die Zusammenführung des Umweltministeriums mit dem Agrarbereich kann nur begrüßt werden, denn mit rein punktuellen Maßnahmen erreicht man im Umweltbereich überhaupt nichts! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Übrigens erweist man auch mit grün gefärbter Panikmache sachlichen Lösungen keinen guten Dienst. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich denke da etwa an die Müllverbrennung. Sie wurde von den Grünen so lange mies gemacht, bis kein einziger Schornstein mehr für eine kontrollierte Verbrennung aufgestellt werden konnte. Heute müssen sogar die Grünen zugeben, dass es nicht auf den Schornstein ankommt, sondern auf die richtige Vorsortierung, auf die richtige Temperatur bei der Verbrennung und derlei Dinge mehr.

Generell gesprochen, geschätzte Damen und Herren: Technikfeindlichkeit löst keine Umweltprobleme! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es geht nur gemeinsam mit der Wirtschaft, mit der Landwirtschaft und mit den Konsumenten. Minister Molterer hat schon bisher bewiesen, dass er Lösungen mit Augenmaß und mit Rücksicht auf alle – ich betone: auf alle  – betroffenen Bevölkerungskreise finden und umsetzen kann. Das war bei der Umsetzung der Nationalparks so, wodurch ja die Interessen der Land- und Forstwirtschaft ebenfalls massiv berührt waren, und das ist bei der Sicherung und Sanierung der in Österreich tickenden Altlasten so, bei der man ob der enormen Größe der Aufgabe die Nerven nicht verlieren darf, sondern beharrlich, Deponie um Deponie, erheben, untersuchen und sodann sichern und entsorgen muss.

Geschätzte Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Abschluss noch einen Querverweis auf ein anderes Umweltproblem, nämlich auf die gentechnischen Versuche, die zurzeit mit oder an Obstbäumen durchgeführt werden. Auch in der Frage der Gentechnik geht Österreich dank der neuen Bundesregierung einen, wie ich meine, guten, einen Vertrauen erweckenden Weg – ohne jene Euphorie, die in anderen Ländern herrscht, aber auch ohne die fundamentale Technikfeindlichkeit, auf die unsere Kollegen von den Grünen im Hohen Haus so großen Wert legen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Gatterer zu Wort gemeldet. – Bitte, halten Sie sich an die Geschäftsordnung.

18.11

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Abgeordneter Dobnigg hat behauptet, dass die Außenministerin bei ihrem Besuch in Slowenien gesagt hätte, der Ausstieg Sloweniens aus der Atomkraft wäre kein Ziel dieser Bundesregierung.


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27. Sitzung / Seite 62

Tatsache ist, dass nach wie vor ein atomfreies Mitteleuropa Ziel dieser Bundesregierung ist und bleibt, dass die Stilllegung von Krško und auch der anderen Atomkraftwerke für uns nach wie vor ein Ziel ist.

Wahr ist aber auch, dass die Außenministerin klargestellt hat, dass der EU-Beitritt Sloweniens nicht mit einem Ausstieg gekoppelt werden kann – und Sie wissen, dass das richtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.12

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angeregt durch einige Redebeiträge wende ich mich zunächst an Herrn Kollegen Dobnigg, den offenbar neuen Lärmschutzbeauftragten der Sozialdemokratie.

Herr Kollege Dobnigg! Wir können diesen Weg gemeinsam beschreiten. Sie wissen, dass es in Leoben ein Landeskrankenhaus gibt, an dem die Eisenbahn vorbeifährt. Die diesbezüglichen Beschwerden der Ärzte und der dortigen Patienten sind inzwischen bis Graz gedrungen. Allerdings gibt es taube Ohren beim Genossen Schachner, es gibt taube Ohren beim Genossen Ressel, die zwar beide vor zwei Jahren zugesagt haben, dort Lärmschutzvorrichtungen anbringen zu lassen, aber mit der letzten Wahl haben auch die diesbezüglichen Ambitionen der beiden Herren aufgehört.

Vielleicht können wir im Zusammenhang mit der Landtagswahl wieder aufweckend wirken und uns nicht damit begnügen, die Frau Landeshauptmann hier mit zwei überflüssigen Wortspenden zu beschimpfen, die noch dazu inhaltsleer waren. Ich habe keinen Grund, die Frau Landeshauptmann der Steiermark zu verteidigen, aber die Angriffe, die heute hier gekommen sind, waren jedenfalls unqualifiziert! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zweitens zu Frau Kollegin Parfuss. Sie haben uns Freiheitlichen wiederholt vorgeworfen, dass wir in Angelegenheiten des Tierschutzes umgefallen seien, wie Sie sich auszudrücken pflegen. Ich möchte Ihnen nur entgegenhalten: In 100 Tagen haben wir immerhin einen Antrag zum Strafgesetz bezüglich Tierquälerei eingebracht. Wir haben eine Initiative zur Überprüfung der Artikel-15a-Verträge in dieser Zeit gesetzt. Ich darf Sie bitten, uns diesbezüglich bei Ihrem Genossen Häupl zu unterstützen, der als Landeshauptmann von Wien bei der Umsetzung der Artikel-15a-Verträge mehr als schleppend vorgeht. (Abg. Haigermoser: So ist es!)

Sie selbst haben in der Zeit zwischen 1970 und 1999 das Wort "Tierschutz" in Ihrer Fraktion nicht in den Mund genommen, auch noch nicht am 18. Dezember des Vorjahres (Zwischenruf der Abg. Parfuss ), Frau Kollegin Parfuss, als Sie die Gelegenheit gehabt hätten, einem Fristsetzungsantrag, den wir mit Frau Petrovic gestellt haben, zuzustimmen. Erst mit dem neuen Jahr haben Sie, Frau Parfuss, den Tierschutz entdeckt, und jetzt geht es hurtig vorwärts.

Aber vergessen wir doch bitte die Vergangenheit! Unterstützen Sie uns bei unseren Bemühungen zum Tierschutz! Wir haben gegenüber unserem Koalitionspartner viel Überzeugungsarbeit zu leisten, um ihn von der Sinnhaftigkeit eines Tierschutzgesetzes in vielen Bereichen zu überzeugen. Wir gehen diesen Weg. (Abg. Parnigoni: Stimmen Sie einfach unserem Antrag zu! So einfach ist das!) Sie sind diesen Weg nicht gegangen. Herr Parnigoni, in der zwischen ÖVP und SPÖ ausverhandelten Regierungsvereinbarung kommt das Wort "Tierschutz" nicht einmal vor. (Abg. Haigermoser: Das ist die Wahrheit! – Abg. Parnigoni: Na und in Ihrem?)  – Ja! Wenn Sie sich der Mühe unterziehen, das Übereinkommen zwischen den Regierungsparteien zu lesen, dann werden Sie dort einerseits die Umsetzung der 14a-Verträge, aber auch das Forcieren des Tierschutzes in Richtung EU schriftlich fixiert finden (Abg. Parnigoni: 15a, nicht 14a!)  – weitaus mehr, als Sie je zusammengebracht haben, lieber Herr Kollege Parnigoni. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger.  – Abg. Brix: Kollege Grollitsch! 15 a!)  – 15a! Danke!


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Herr Bundesminister! Ich habe mich aber auch deshalb zu Wort gemeldet, weil Sie die Aktion "Lebendige Flüsse" erwähnt haben und einen Hinweis darauf geben wollten, dass eine Initiative, vom WWF beeinflusst – von dem Sie im Übrigen nicht glauben sollten, dass dort das gesamte biologische Wissen gelagert ist –, gesetzt wurde, in deren Rahmen Huchen in niederösterreichische Alpenflüsse ausgesetzt wurden.

Ich darf Sie bitten, sich an einen Antrag der Freiheitlichen aus der XX. GP zu erinnern, in dem wir eine Entschließung zur Installierung von Fischaufstiegshilfen bei den bestehenden Wasserkraftanlagen, bei der Donau beginnend bis hinein in die Alpenflüsse, gefordert haben. Wir haben das ausreichend begründet, wir haben schon im Ausschuss darüber gesprochen, und wir werden auch als Regierungspartner von dieser Forderung nicht Abstand nehmen. Ich ersuche Sie, uns bei diesem Vorhaben zu helfen, denn ein Flusskontinuum macht es einfach notwendig, dass das Auf- und Absteigen der Fische darin möglich ist. Die derzeit installierten Fischaufstiegshilfen sind teilweise nicht funktionstüchtig, im überwiegenden Teil der Anlagen sind überhaupt noch keine installiert.

Bitte unterstützen Sie uns auf diesem Weg und bedenken Sie, dass lebendige Flüsse Durchgängigkeit brauchen! Es müssen auch die Null-Restwassermengen, die es in Österreich da und dort unter Missachtung des Wassergesetzes noch gibt, aufgehoben werden. Es ist da noch einiges zu tun. Sie werden in uns einen Partner auf diesem Weg haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Parfuss zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.18

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Der Vorredner, Herr Dr. Grollitsch, hat behauptet, wir haben das Wort "Tierschutz" seit dem Jahre 1995, glaube ich, nicht in den Mund genommen. (Abg. Dr. Grollitsch: Habe ich nicht gesagt!)

Ich berichtige: Präsident Fischer hat bereits im Jahre 1990 den ersten Antrag eingebracht. Ich bin seit 1994 Tierschutzsprecherin unserer Fraktion, und wir haben mehrmals im Jahr Aktivitäten in Richtung eines Bundes-Tierschutzgesetzes gesetzt (Abg. Haigermoser: Nur haben wir nichts gemerkt davon!), aber die ÖVP ist dabei nicht mitgegangen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein  – in Richtung ÖVP –: Auf taube Ohren sind wir gestoßen!)

18.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schweisgut. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.19

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als Pferdezuchtexperte sollte ich eigentlich heute über das Budget betreffend die Pferdezucht sprechen, aber, Herr Minister, Sie werden zugeben, das Budget ist zu gering, um sich lange darüber auszulassen, deswegen habe ich mir ein anderes Thema ausgesucht.

Ich werde mich also in diesem Sinne ein bisschen mit der Biolandwirtschaft, mit den Biobauern, beschäftigen. Dieses Thema wurde heute bereits von vielen Rednern angeschnitten. Ganz interessant ist zunächst vielleicht auch die Definition, was groß und was klein ist – der "kleine" Mann und der "große" Mann in Österreich. Ich weiß nicht, ob ein sozialistischer Gewerkschaftsfunktionär mit zwei Aufsichtsratsposten ein typischer "kleiner" Mann und ein Bergbauer mit zehn Hektar steil zu bewirtschaftender Fläche in 2 000 Metern Höhe ein "großer" Mann ist. Da weiß ich nicht, was groß und was klein ist. (Abg. Schwarzenberger: Mit zehn Hektar ist man schon ein Großbauer bei der SPÖ!)  – Eben deswegen wollte ich die Begriffe "groß" und "klein" ein bisschen relativieren.


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27. Sitzung / Seite 64

Ich glaube, dass das Gesundheitsbewusstsein der Österreicher in den letzten Jahren einfach immer größer geworden ist, dass das Interesse an biologischen Landwirtschaftsprodukten, die fern von Chemie und genetischer Manipulation sind, immer größer geworden ist. Daher hat natürlich auch die Förderung der Republik Österreich in Zusammenarbeit mit der EU eine sehr große Bedeutung, weil eben biologische Bewirtschaftung sehr stark gefördert wird.

Ich glaube, für uns alle übt der Biobauer eine sehr, sehr wichtige Funktion in Österreich aus, und wenn man sieht, dass es bei uns zirka 20 000 Biobetriebe gibt – interessanterweise die zweithöchste absolute Zahl in der EU; nur in Italien gibt es mit 30 000 Betrieben mehr als in Österreich –, zeigt das eigentlich, welchen Stellenwert auch die Biolandwirtschaft bei uns in Österreich hat.

Das Budget ist in den letzten Jahren Gott sei Dank auch nicht reduziert worden, sondern ist eigentlich immer noch leicht im Ansteigen gewesen. Das zeigt auch, wie sehr unser Landwirtschaftsminister die Bedeutung des Biobauern zu schätzen weiß. Dafür recht herzlichen Dank!

Sehr wichtig ist – und da möchte ich an Sie appellieren –, dass wir uns alle ein bisschen mehr mit der biologischen Landwirtschaft identifizieren. Ich glaube, die Lage ist in den letzten Jahren für die Biobauern sehr, sehr schwierig geworden. Wenn man sich die Zahlen in Tirol anschaut, die doch deutlich rückläufig sind, muss es dafür einige Gründe geben – sei es die verminderte Kaufwilligkeit der Österreicher, sei es die Problematik bei der Haltung von Tieren. Durch vermehrte Kontrollmaßnahmen ist es für manche Biobauern gerade in der kleinenräumigen Tiroler Struktur sehr schwierig geworden, weil direkte Auslaufmöglichkeiten rund ums Haus bei direkt im Ortszentrum gelegenen Bauernhöfen im Tiroler Oberland kaum vorhanden sind.

Ein Grund ist natürlich auch eine vielleicht nicht ganz perfekte Marketing-Strategie, für die in den nächsten Jahren sicher auch vom Budget her noch das eine oder andere getan werden muss, sodass man den Biobauern ein bisschen entgegenkommen kann, damit sie auch in Zukunft die Möglichkeit haben, bei Verzicht auf Kunstdünger und Chemie, unter Anwendung von geschlossenen Kreisläufen und vor allem unter Anwendung von strengen Hygienevorschriften zu produzieren.

Man muss feststellen, dass die Zahlen doch eine deutliche Sprache sprechen. So sind die Biokartoffeln um über 50 Prozent teurer als herkömmlich erzeugte Kartoffeln, es ist die Frischmilch um über 20 Prozent teurer und daher natürlich auch relativ schwierig zu vermarkten. Ich würde daher appellieren, dass man die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing im Hinblick auf die Bioprodukte in Zukunft noch mehr verstärkt. Gerade die Pressemeldungen der letzten Tage haben sehr deutlich gezeigt, dass vor allem im Ausland nach wie vor sehr viele Antibiotika, Wachstumsförderer und ähnliche Produkte exzessiv eingesetzt werden, die in der österreichischen Landwirtschaft nicht verwendet werden.

Ich möchte also da noch einmal an alle appellieren, wirklich den Biobauern in ihrer Lage entsprechend Unterstützung zu gewähren, um sie in ihrer Substanz abzusichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es müssen jedenfalls auch in Zukunft weitere Initiativen für den österreichischen Biobauern gesetzt werden, es müssen Werbe- und Verkaufsstrategien – so wie es im Plan unserer Regierung vorgesehen ist – weiter ausgebaut werden, und es soll auch die AMA in Zukunft vielleicht ein bisschen weniger Kontrolle ausüben und mehr Förderung gewähren.

Unsere Biobauern sind jedenfalls alles "kleine" Leute, und wir von Seiten der Regierung werden ihnen auch weiterhin helfen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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27. Sitzung / Seite 65

18.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.24

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Nachdem sich meine Vorredner sehr ausführlich mit dem Bereich Umwelt und Landwirtschaft auseinander gesetzt haben, möchte ich mich nur ganz kurz noch dem Katastrophenfonds widmen.

Geschätzte Damen und Herren! Die Dotation der Mittel für den Katastrophenfonds für das Jahr 2000 ist trotz schwieriger Budgetlage in gleicher Höhe wie 1999 erfolgt. Das ist sehr beruhigend, und es bestätigt vor allem: Die Regierung Schüssel spart zwar konsequent, nachhaltig, zukunftsorientiert, aber nicht an der falschen Stelle. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Pumberger. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Budget 2000 ist für den forsttechnischen Dienst, für Wildbach- und Lawinenverbauung 1 Milliarde Schilling vorgesehen. Das sind 60 Prozent des Gesamtvolumens, 20 Prozent kommen von den Ländern dazu und weitere 20 Prozent von den Gemeinden. Für notwendige Sofortmaßnahmen gibt es einen Topf mit 50 Millionen Schilling, und wie wichtig solche Töpfe sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben die Bewohner meiner engeren Heimat, nämlich des Pittentales, im vergangenen Jahr auf dramatische Weise erleben müssen.

Das Pittental wurde von einer der schwersten Hochwasserkatastrophen des letzten Jahrhunderts heimgesucht und überschwemmt, Häuser wurden weggerissen, teilweise sind sie abgerutscht, teilweise sind sie unter Wasser gestanden, Straßen und Wege wurden weggeschwemmt und vermurt. Innerhalb weniger Minuten, meine geschätzten Damen und Herren, ist ein Schaden in der Höhe von mehreren hundert Millionen Schilling entstanden. Menschen sind obdachlos geworden und haben Hab und Gut verloren.

Geschätzte Damen und Herren! In solchen Notsituationen ist es gut, wenn es funktionierende Hilfseinrichtungen gibt und wenn es vor allem die erforderlichen Budgetmittel gibt, um Soforthilfsmaßnahmen setzen zu können. So traurig und so dramatisch solche Katastrophenfälle sind, so beeindruckend ist es, das Funktionieren unserer Sicherheitseinrichtungen zu erleben und vor allem die Hilfs- und Spendenbereitschaft der Zivilbevölkerung zu spüren. Wir dürfen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr stolz sein auf unser hohes soziales und humanitäres Niveau. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Pumberger. ) Es ist eine Genugtuung, dies feststellen zu können.

Die von der Katastrophe betroffene Bevölkerung ist für alle Hilfestellungen, für alle Hilfeleistungen und für die Spenden sehr, sehr dankbar, und ich mache mich sehr gerne zum Sprecher meiner Mitbürger und darf hier öffentlich diesen Dank übermitteln (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Dank gilt insbesondere den eingesetzten Hilfsorganisationen wie Feuerwehr, Rotes Kreuz, Bundesheer sowie sehr vielen anderen, vor allem auch vom öffentlichen Dienst, also Straßenmeisterei, Gendarmerie, Gemeinde, EVN et cetera. Sehr viele Kollegen, auch von privaten Firmen, waren rund um die Uhr praktisch 14 Tage hindurch im Einsatz. Sie haben Übermenschliches geleistet.

Besonderer Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren, gilt aber den Kolleginnen und Kollegen vom forsttechnischen Dienst. Die Kollegen der Wildbachverbauung aus ganz Österreich wurden auf das Katastrophengebiet konzentriert. Durchgehend – praktisch über das Wochenende, auch Samstag und Sonntag – wurde äußerst zielorientiert und mit Hochdruck gearbeitet. In kürzester Zeit wurden eine provisorische Infrastruktur aufgebaut, die ärgsten Schäden behoben und eine einigermaßen erträgliche Situation geschaffen. Eigeninitiative und Ideenreichtum waren beeindruckend. Die Bevölkerung hat dies alles mit besonderer Genugtuung wahrgenommen, und ich darf an dieser Stelle für diesen Einsatz ganz besonders herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Budget 2000 sind 7,25 Millionen Schilling für Baumaßnahmen für die hochwassergefährdeten Gebiete des Pittentales vorgesehen. Ich möchte dem Herrn Bundesminister dafür sehr, sehr herzlich danken. Gleichzeitig danke ich ihm dafür,


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27. Sitzung / Seite 66

dass er im vergangenen Jahr wirklich spontan reagiert und der betroffenen Bevölkerung mit den notwendigen Maßnahmen geholfen hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wünsche mir, dass wir in diesem Jahr von Katastrophen jeglicher Art verschont bleiben. Wenn aber etwas passiert, ist vorgesorgt – auch durch das Budget 2000. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.29

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn ganz kurz auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Wimmer eingehen, der von Geschenken an die Landwirtschaft gesprochen hat, und ich möchte auf den Dieselölpreis hinweisen, weil er diesen ganz konkret angesprochen hat.

Sie alle wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass unsere Bauern einen um zirka 70 Prozent höheren Dieselpreis zahlen als die Bauern im Durchschnitt in der EU.

Und ein zweiter Bereich, der auch als Geschenk bezeichnet wurde, ist die Anhebung der Umsatzsteuer von 10 auf 12 Prozent. Wir alle wissen, dass seit dem EU-Beitritt 1995 die Erzeugerpreise stark reduziert wurden, die Betriebsmittelpreise aber nicht in diesem Verhältnis gesunken sind. So ist es legitim, dass es eine Angleichung für die Landwirtschaft gibt, denn diese war schon längst fällig. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wenitsch. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich nun in meinem Redebeitrag mit der ländlichen Entwicklung beziehungsweise mit dem ländlichen Raum beschäftigen. Wir merken, dass der ländliche Raum immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auch die Europäische Union hat dieser Entwicklung Rechnung getragen, und so wurde in der Agenda 2000 für die Jahre 2000 bis 2006 ein Finanzrahmen von insgesamt 42,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Allein für Österreich sind es zirka 10 Prozent respektive 4,3 Milliarden Euro.

Ich darf dafür meine Anerkennung und meine herzliche Gratulation an den Landwirtschaftsminister aussprechen, denn – wir haben das heute schon gehört – wir haben 10 Prozent der Gelder für den ländlichen Raum und bewirtschaften zirka 2 Prozent der Fläche. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese ländliche Entwicklung ist eine enorme Chance für die Zukunft und bringt auch für viele Betriebe ein zusätzliches Einkommen. Immer mehr Bauern nehmen neben der herkömmlichen konventionellen Landwirtschaft die Möglichkeit wahr, zusätzliche Einkommen zu erwirtschaften, und zeigen auch die Bereitschaft zur flächendeckenden bäuerlichen Bewirtschaftung. Und so, meine sehr verehrten Damen und Herren, bekennen sich die österreichischen Landwirte zur Erzeugung der bäuerlichen Qualitätsprodukte.

Der ländliche Raum wird aber immer mehr auch zum Erholungsraum, zum Kulturraum, und letztlich ist der ländliche Raum Wirtschafts- und Lebensraum. Ich begrüße daher jegliche Initiativen, die sich positiv auf die ländliche Entwicklung auswirken. Ich darf hier ein Beispiel nennen: Im Vorjahr wurde vom Bauernbund gemeinsam mit der Wirtschaft die Initiative "Das Land muss leben" gegründet, und diese Initiative dient vor allem auch der Bewusstseinsbildung. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich begrüße eine weitere Initiative der niederösterreichischen Bauern, über die heute im "Kurier" in den Schlagzeilen steht: "Bauern werben um neue Kunden", "Minimolkerei versorgt 4 500 Kinder", "Bauernmärkte als Kundenhit" oder "Tag der offenen Tür". Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das alles sind positive Maßnahmen, um den ländlichen Raum entsprechend zu entwickeln.


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27. Sitzung / Seite 67

Aber nun ein Beispiel zur Gemeinde. Die Gemeinden leisten einen immer wertvolleren Beitrag, und sie haben auch eine hohe Verantwortung, wenn es um den Bereich der Raumordnung geht. Das ist ein besonders sensibler Bereich. Wir haben heute bereits gehört, dass zirka zwei Drittel der öffentlichen Investitionen von den Gemeinden geleistet werden, somit leisten die Gemeinden auch einen positiven Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung.

Ich möchte hier auch ein Beispiel aus meiner Gemeinde im Bereich der Biomasse anführen. Wir haben in den letzten drei Jahren 84 Wohnungen, einen viergruppigen Kindergarten, eine 16-klassige Volksschule und zwei Ordinationen durch eine Fernwärmegenossenschaft versorgt, wobei das Hackgut von den Bauern kommt, und somit leistet auch die Gemeinde einen wertvollen Beitrag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt bin ich beim Finanzausgleich. Auch darüber wurde heute berichtet. Ich möchte auch hier einen Vergleich anstellen und einige Zahlen aus der eigenen Gemeinde bringen. Laut der letzten Volkszählung vom Jahr 1991 hat unsere Gemeinde 6 147 Einwohner, das ergibt eine Pro-Kopf-Quote von 6 466 S. Wenn wir über 10 000 Einwohner hätten, erhöhte sich diese Zahl auf 8 082 S. Bei unserem Beispiel ergibt das einen Fehlbetrag von 9,9 Millionen Schilling, meine sehr verehrten Damen und Herren. 9,9 Millionen Schilling für die eigene Gemeinde!

Ein weiteres Beispiel: Wir wissen, dass die Zweitwohnsitze beim Finanzausgleich nicht dazuzählen, aber allein die 1 864 Zweitwohnsitze ergeben einen Fehlbetrag von 12 Millionen Schilling.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Beispiele zeigen, dass es ganz wichtig ist, dass bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen dieser Finanzschlüssel geändert wird.

Ansonsten geben wir dem Budget Landwirtschaft gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wenitsch. )

18.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pistotnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.36

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In diesen vielen Stunden hat niemand über den Forst geredet. Diese Diskussion wird aber über das Budgetkapitel Land- und Forst wirtschaften geführt, und ich werde mir erlauben, ein paar Worte über den Forst zu verlieren.

Anscheinend war das bis jetzt niemandem auch nur ein Wort wert, weil der Forst eigentlich kein Problem für das Budget darstellt. Lediglich 1 Prozent des Agrarbudgets, rund 250 Millionen Schilling, macht das Budget für 4 Millionen Hektar Wald aus. Diese 4 Millionen Hektar Wald in Österreich sind so gelagert, dass rund 160 000 Hektar davon sanierungsbedürftiger Schutzwald sind, wovon wiederum 90 000 Hektar arg sanierungsbedürftig sind. 70 000 Hektar wurden bereits in Projekte aufgenommen, aber es fehlt auch hier leider Gottes das Geld.

Man kann mit Fug und Recht sagen, auch die Forstwirtschaft trägt einen wesentlichen Teil und ein Scherflein nach besten Möglichkeiten zur Sanierung dieses Budgets bei. So soll es auch sein, denn wenn man vorher das Geld nicht verdient, kann man es hinterher nicht investieren. Ich glaube, dass es in zwei, drei Jahren so weit sein wird, dass wir Geld zur Verfügung haben werden, um auch den Wald, der für uns Österreicher so wichtig ist, zu sanieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Immerhin bringt der Wald in Österreich pro Jahr eine Wertschöpfung von 27 Milliarden Schilling; das ist dem Tourismus gleichzustellen. Um den Wald aber pflegen zu können, braucht man natürlich auch Wege. Es gibt in Österreich 43 000 Kilometer öffentlicher Waldwege und 108 000 Kilometer privater Waldwege. Diese 108 000 Kilometer privater Waldwege umfassen rund


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27. Sitzung / Seite 68

11 000 bis 12 000 Hektar Fläche und haben die Besitzer rund 55 Milliarden Schilling an Investitionen gekostet. Die Erhaltungskosten dieser Waldwege belaufen sich pro Jahr auf rund 300 Millionen Schilling, die rein von Privaten, Herr Kostelka, finanziert und getragen werden. Aber das ist auch gut so. (Abg. Dr. Kostelka: Haben sie keine Förderung bekommen?)

Wenn Sie jetzt fragen, ob es keine Förderung gibt, so kann ich Ihnen sagen: Selbstverständlich sind Teile der Waldwege gefördert. Aber Sie müssen sich vorstellen, dass pro Jahr 3 000 Kilometer gebaut werden müssen, das sind in den nächsten zehn Jahren 30 000 Kilometer. Rechnen Sie sich aus, was das kostet!

Es gibt 250 Millionen Schilling Förderung pro Jahr, und zwar inklusive Beratung, inklusive Schutzwaldsanierung, inklusive Hochlagenaufforstung. Herr Klubobmann Kostelka! Es ist noch keinem Menschen eingefallen, dass er vielleicht, weil Sie ein Haus mit Wohnbauförderung gebaut haben, weil Sie eine Förderung bekommen haben, in dieses Haus hineingeht und in Ihrem Wohnzimmer wohnt.

Mit dieser kleinen Förderung sind gerade die Gestehungskosten der Besitzer bezahlt. Jedes Jahr müssen aber für den Weg, der durch diesen Wald führt und den jeder benutzen darf, auch Steuern und so weiter bezahlt werden. Aber es ist sehr gut, dass Sie mich daran erinnern. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

Wir gönnen jedem Erholungssuchenden den Wald. Im Wald findet man aber nicht nur Erholung, sondern er speichert auch Wasser. Der Wald ist von der Umweltseite her sehr wichtig. Er filtert Luft, und er filtert Staub. Aber man darf den Wald nicht überbelasten, denn wenn der Wald überbelastet wird, dann haben wir alle bald nichts mehr vom Wald. Daher kann ich mir auch nicht vorstellen – Sie haben das gesagt, Herr Kostelka, und es liegt ein diesbezüglicher Antrag vor –, dass die Waldgebiete, die zirka 108 000 Kilometer, für Mountainbiker geöffnet werden. So wird die Ökonomie zwischen Wald und Mensch und zwischen Wald und Tier nicht funktionieren. Auch der Wald braucht ein bisschen Ruhe.

Abgesehen davon wäre es rechtlich gar nicht möglich. Man müsste zuerst das gesamte Wegenetz vermessen, man müsste es der Öffentlichkeit übertragen, und dann würden im Wald die Verkehrsvorschriften gelten.

Herr Klubobmann Kostelka! Der Wald ist für jeden Forstbesitzer nicht irgendeine Sache, die er aus lauter Gaudi betreibt, sondern der Wald ist für den Forstbesitzer Arbeitsplatz, Lagerplatz und so weiter. Der Waldweg dient der Erhaltung des Waldes, damit in nächster Zeit auch Sie von der Sozialdemokratischen Partei im Wald wandern, sich bewegen und sich daran erfreuen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.42

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Was ist unsere Umwelt? – Unsere Umwelt ist die Welt, die uns umgibt. Unsere Umwelt ist die Welt, in der wir leben. Einmal zerstört, ist sie unwiederbringlich verloren. Einmal zerstört, ist sie für uns und die Folgegenerationen unwiederbringlich verloren. Die Klimaänderung ist ein sehr langfristiger, aber doch sehr eingehend zu beobachtender Prozess.

Meine Damen und Herren! Aber selbst wir hier bemerken – vielleicht nicht hier in diesem Plenarsaal, aber doch draußen im Vestibül –, dass es auf die Jahreszeit bezogen mit der Temperatur immer aufwärts geht. In den heutigen Morgennachrichten spiegelte sich die prekäre Situation wider: In Ostösterreich ist seit zirka sechs Wochen kein einziger Tropfen Regen gefallen, daher wird es zu sehr markanten Ernteausfällen kommen, die immerhin geschätzterweise 60 Prozent im Steinfeld ausmachen werden.


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Die Bewohner der nordeuropäischen Länder werden durch das immer größer werdende Ozonloch über Polen einem starken Hautkrebsrisiko ausgesetzt und sollten nur mehr mit Schutzbekleidung ins Freie gehen, so lauteten die Schlagzeilen gemäß einer EU-Expertenfeststellung in den letzten Wochen. Wodurch wird das verursacht? – Durch die Treibhausemissionen und den zunehmenden CO2-Gehalt in unserer Atmosphäre.

Österreich – und damit auch die letzten Bundesregierungen – ist in den vergangenen Jahren einigen internationalen Vereinbarungen beigetreten, die ich hier nur taxativ aufzählen möchte: Toronto-Ziel, das Klima-Bündnis, die Agenda 21, das 5. Aktionsprogramm der EU, das österreichische Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz, das Abfallwirtschaftsgesetz des Bundes und der Länder, das Ozongesetz, den Nationalen Umweltplan, die Landes- und Stadtentwicklungsprogramme sowie verschiedene Gemeindezusagen zu den internationalen Klimavereinbarungen.

Von diesen internationalen Zielsetzungen sind derzeit klimapolitische Ziele von besonderer Bedeutung, vor allem in Anbetracht der Notwendigkeit der Umsetzung des Kyoto-Zieles von minus 8 Prozent klimarelevanter Gase für die Jahre 2008 bis 2012 auf Basis der Emissionen von 1990 beziehungsweise minus 13 Prozent im Rahmen des EU-Burden-Sharing. Sosehr ich ausdrücklich die Zielsetzungen und die geschlossenen Vereinbarungen der letzten Bundesregierungen begrüße, so sehr muss man auch erwähnen, dass die bisherige Entwicklung sehr konträr zu den gesetzten Zielen verläuft. Alleine die Zahl der mit Öl und Gas beheizten Hauptwohnsitze nimmt jährlich um zirka 75 000 Wohneinheiten zu. Die Zahl der CO2-neutralen Holz- und Biomasseheizungen vermindert sich jedoch um zirka 5 000 Einheiten, was eine Steigerung der CO2-Emissionen von zirka 3 Millionen Tonnen jährlich bringt. Durch den zunehmenden Treibstoffverbrauch ergibt sich ein zusätzliches Plus von 800 000 Tonnen.

Die CO2-Emissionen betragen im Durchschnitt der letzten Jahre zirka 60 Millionen Tonnen. Herr Abgeordneter Oberhaidinger hat den letzten Stand von 66,8 Millionen Tonnen erwähnt. Gemäß dem Toronto-Ziel, was immer noch als Basis dient, sollen sie innerhalb von acht Jahren um 15 Millionen Tonnen auf 45 Millionen Tonnen gesenkt werden. Der gesamte Energieverbrauch Österreichs betrug in den letzten Jahren zirka 1 200 Petajoule. Davon entfallen zirka 75 Prozent auf fossile Energieträger, was zirka 20 Millionen Tonnen Öläquivalent an Emissionen ergibt. Zur Erinnerung: Je Million Tonnen Öläquivalent werden zirka 3 Millionen Tonnen CO2 emittiert, sodass sich die gesagte Summe von zirka 60 Millionen Tonnen CO2 ergibt.

Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen, den Möglichkeiten der verschiedenen erneuerbaren Energieträgern und den Potenzialen im Energiesparen sowie der Energieeffizienzverbesserung hat sich die österreichische Bundesregierung ein sehr ehrgeiziges Programm vorgenommen, um für Österreich die Reduktion der CO2-Emissionen um 15 Millionen Tonnen zu realisieren. Das beginnt bei der Energieeinsparung. 30 Prozent entfallen auf die verstärkte Nutzung von Biomasse, was eine Reduktion von zirka 1,5 Millionen Tonnen Erdöläquivalent ergeben kann.

Viele dieser Punkte sind bereits von meinen Vorrednern genannt worden. Ich möchte hier nur die notwendige Verbindung der Landwirtschaft mit der Umwelt noch einmal besonders hervorheben. Wie man nämlich auch sieht, kommt ein großer Anteil der Biomasse aus der Landwirtschaft. Daher gilt der Grundsatz "Ohne Bauern kein Leben" auch für die erneuerbaren Energien. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es war daher wichtig und richtig, die gesamte Umweltförderung in einer Hand zu vereinigen. Herr Bundesminister Molterer hat bereits gezeigt, dass er für die erneuerbaren Energieträger richtungsweisende Schritte setzen konnte und weiterhin setzen wird. In den Budgetkapiteln 18 und 61, Umwelt und Umwelt neu, sind die notwendigen Umweltförderungsmaßnahmen zu einer konzertierten Aktion zusammengefasst worden. Für die betrieblichen Umweltförderungen wurde bereits ein Zusagerahmen in der Höhe von 475 Millionen Schilling erreicht. Zusätzlich wird die Ökologisierung des Wohnbaues weitere 1,5 bis 2 Milliarden Schilling an Investitionen auslösen.


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Die EU hat am 30. März 2000, und zwar auf Antrag des freiheitlichen Mandatars des Europaparlaments Hans Kronberger eine weitere Verdoppelung der erneuerbaren Energieträger von derzeit 6 Prozent auf nunmehr 12 Prozent beschlossen, womit diese Umweltoffensive in der EU einstimmig bestätigt wurde. Ich erwähne besonders das Wort "einstimmig", das heißt, auch mit den Stimmen der Sozialdemokraten und mit den Stimmen der Grünen in der EU wurde diese Initiative des Mandatars Kronberger bestätigt. Das bedeutet, dass der Anteil der erneuerbaren Energien in Österreich von derzeit 11 Prozent auf 21 Prozent aufgestockt werden muss, womit auch die zukünftigen Aktivitäten, wie sie auch von Ihnen gefordert wurden, verdoppelt werden müssen.

Ein Punkt noch: Kärnten hat per 1. Mai als erstes Bundesland Einspeisetarife für erneuerbare Energieträger in beachtlicher Höhe erlassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) In anderen Bundesländern existieren diese auch schon, aber nicht in jener Höhe wie in Kärnten. So wird der Strom aus Biomasse mit 2,10 S und der Strom aus Biogas mit bis zu 1,80 S vergütet.

Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Lunacek hat vor zirka drei Stunden hier im Hohen Hause erklärt, dass die Grünen weiterhin die volle Umweltkompetenz besitzen. Auch einige Abgeordnete der SPÖ haben sich in den letzten Wochen bei diversen Veranstaltungen für eine Umsetzung und verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energieträger ausgesprochen. Sie werden in den zu beschließenden Kapiteln 18 und 61 keinen einzigen Budgetansatz finden, der diesen auch von Ihnen erhobenen Forderungen nicht gerecht wird.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Appell an Sie: Ich fordere Sie hiemit auf, einmal über den Schatten der Totalopposition zu springen und diesen Umweltkapiteln auch Ihre Zustimmung zu geben! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich kurz vor Ende dieser Debatte noch meinen 56-jährigen "Uralt-Politkörper" . herausschleppe. Ich mache das umso lieber, als ja auch einige andere alte Politkörper hier sitzen. Ich schaue beispielsweise nur Kollegen Ofner oder auch Kollegen Van der Bellen an – dieser ist mein Jahrgang –, auch sie sind relativ alte Politkörper. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es könnte natürlich auch sein, dass Kollegin Glawischnig etwas anderes gemeint hat, dass sie nicht die körperliche Fitness, sondern das Wort "alt" in Bezug auf politisches Denken gemeint hat. Und dazu bekenne ich mich, da hat sie möglicherweise Recht. Ich bin ein Anhänger dieser veralteten, grauslichen thermischen Müllverwertungstheorie, der ich wahrscheinlich bis an mein Lebensende anhängen werde. (Abg. Haigermoser: Thermische Restmüllverwertung!) Ich hoffe, dass auch der Herr Bundesminister auf dieser Linie konsequent bleiben wird und wir im Jahre 2004 nur noch Dinge deponieren werden, die nicht mehr reagieren. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Dazu bekenne ich mich, und da lasse ich mich durchaus als Uraltpolitiker bezeichnen und trage das mit Würde. (Abg. Haigermoser: Keppelmüller! Das ist modern!)

Ich freue mich aber auch, dass mein väterlicher Feind, Klubobmann Khol, hier sitzt, der mir zu medialer Aufmerksamkeit verholfen hat. Leider – das muss ich ihm sagen – ist das fälschlicherweise passiert, denn er hat mich für etwas hochgelobt, für das ich nichts kann. Kollege Brix hat heute schon gesagt, er hat verhandelt. Er war vielleicht jener mit den Staberln.

Damit wir noch einmal – wir haben das schon öfter getan – dieses Märchen aus der Welt räumen, dass an der SPÖ verschiedene ganz wichtige Umweltgesetze gescheitert sind, sage ich Folgendes: Ich könnte mich dabei auf die Zeitung "Umweltschutz" beziehen, in der das sehr deutlich steht. Es war so, dass es einen sehr weitgehenden Entwurf gab, der – Kollege Khol, Sie wissen das ganz genau – aber zwischen Umweltministerium und Wirtschaftsministerium als Ball


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hin- und hergeschupft wurde. Nichts ist daraus geworden. (Abg. Dr. Khol: Gescheitert ist es hier!) Und dann ganz kurzfristig, ein, zwei Wochen vor Ende der Legislaturperiode hat man den gesamten großen Entwurf zur Seite gelegt und einen neuen Entwurf eingebracht, der unzumutbar war. Dagegen hat sich Kollege Brix zu Recht gewehrt und hat das verhindert. Darauf, dass wir diesen Entwurf – ich fürchte, dass er mit jenem, der jetzt hier vorliegt, identisch ist – abgelehnt haben, bin ich stolz, denn man sollte in der Umweltpolitik etwas Gescheites machen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) – Ich werde Ihnen das bei Gelegenheit im Rahmen eines Privatissimums noch einmal erklären.

Herr Kollege Pumberger! Ich habe immer gewusst, Ihnen muss man das ein bisserl mehr und länger erklären. Wir setzen uns einmal zusammen. Ich habe das schon immer bemerkt, dass das bei Ihnen etwas schwierig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe, dass ich das Herrn Kollegen Prinz aus Oberösterreich, aus dem Mühlviertel, nicht mehr erklären muss. Er hat auch die Frohbotschaft verbreitet, dass nun Schritte gesetzt werden können, die bis jetzt am Widerstand der SPÖ gescheitert sind. Ich glaube, er hat das besser mitbekommen als Kollege Pumberger. Es geht tatsächlich darum, hier Gesetze zu machen – auch aus der Sicht der Wirtschaft oder der Industrie –, und nicht darum, irgendetwas durchzupeitschen oder mittels eines Gesetzes irgendetwas zu verhindern. Im Gegenteil, es muss der betroffenen Wirtschaft beim Anlagenrecht oder bei der UVP sehr rasch gesagt werden, ihr könnt das machen oder ihr könnt das nicht machen. Das ist, so glaube ich, der Kernpunkt, darauf sollte man sich konzentrieren. (Abg. Dr. Khol: Er hat etwas gelernt!)

Es war für mich relativ lustig, Kollege Khol, dass sich vor allem Redner Ihrer Fraktion bemüht haben, Ihre Aussagen mit allen Verdrehungen zu widerlegen. Sie haben doch tatsächlich gesagt, dass für die Umweltpolitik in diesen hundert Tagen keine Zeit war. Ich habe das auch für überzogen gehalten, und diese Aussage ist heute teilweise wieder überzogen widerlegt worden.

Ich glaube auch, dass wir hier ein Programm der neuen Regierung vorliegen haben, das durchaus relativ hausbacken einiges beinhaltet, was zu machen ist. Die großen Würfe sind ein bisserl plakativ angekündigt. Ich frage mich auch, ob die finanziellen Mittel vorhanden sein werden. – Herr Minister! Ich beneide Sie nicht unbedingt, vor allem wenn ich daran denke, dass Sie vom Herrn Innenminister die Ersatzvornahme geerbt haben. Ob Ihnen der Herr Finanzminister das Geld lässt oder das Geld aus dem Altlastensanierungstopf nimmt, das weiß ich noch nicht, diesbezüglich wird Sie Kollege Schweitzer sicherlich massiv unterstützen. Ich glaube auch, wie Kollegin Lentsch gesagt hat, dass die Altlastensanierung eine ganz wesentliche Aufgabe in der nächsten Zeit sein wird.

Noch einmal: Es ist kein übertrieben großer Wurf. Mir tut es auch weh, dass es das Umweltministerium an sich nicht mehr gibt, weil es auch eine gewisse Signalwirkung gehabt hätte. (Abg. Dr. Martin Graf: Es gibt auch Keppelmüller als Umweltsprecher nicht mehr!) – Es gibt den Keppelmüller als Umweltsprecher nicht mehr. Kollege Graf! Warum soll nicht auch mein Parteivorsitzender einmal eine Personalentwicklung machen, wie sie Ihr Parteiobmann schon seit Jahrzehnten betreibt? – Man muss das auch einmal probieren. (Beifall bei der SPÖ.) Neue Zeiten brauchen neue Köpfe, da ist nichts dabei. (Abg. Haigermoser: Jörg Haider – das Vorbild für die SPÖ!)

Keppelmüller ist nach wie vor, auch wenn er nicht mehr im Umweltausschuss tätig ist (Abg. Haigermoser: Jörg Haider – das Vorbild für die Sozialdemokratie!), als normaler Abgeordneter ein Umweltpolitiker, und von meiner Profession her bin ich es auch. (Abg. Dr. Khol: Gusenbauer hat die Personalpolitik Haider abgeschaut!) Ich werde sicherlich meine Vorstellungen zur Umweltpolitik, die sich mit jenen von Frau Glawischnig nicht decken, einbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wollte noch ein bisschen etwas zu den Bauern und zu der Bedeutung der Bauern für den Umweltschutz sagen, aber das erspare ich mir. Ich möchte Herrn Kollegen Schwarzenberger heute nicht mehr wehtun. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei der SPÖ.)

18.58


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

18.58

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landwirtschaftsminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht meine volle Redezeit ausschöpfen (demonstrativer Beifall bei der ÖVP), obwohl mir natürlich sowohl die Landwirtschafts- als auch die Umweltpolitik ein Herzensanliegen ist. Die Bemerkungen von Herrn Minister Molterer, von Herrn Kollegen Schweitzer, von Herrn Kollegen Kopf und zum Schluss auch von Herrn Kollegen Keppelmüller ziehen es eo ipso nach sich, dass man hier in diesem Hohen Haus insgesamt noch einmal den Stellenwert der Umweltpolitik in Österreich kantig, deutlich und sehr exzessiv umreißt.

Herr Minister Molterer! Sie haben gemeint, es komme Ihnen auf jedes Wort und jede Formulierung an. Deshalb möchte ich Sie bei Ihren Worten und Ihren Formulierungen noch einmal auf dem Boden der konkreten Realpolitik sozusagen packen.

Sie sprachen von der Herausforderung in der Landwirtschaftspolitik, aber auch in der Umweltpolitik. Sie sprachen von Impulsen, Sie sprachen von Rahmenbedingungen, Sie sprachen auch von einer Verteilungsdebatte, die Sie angehen wollen, Sie sprachen auch von dem Anspruch der KonsumentInnen auf billige Lebensmittel, und Sie sprachen davon, dass wir keinen Aktionsplan brauchen, weil wir praktische Politik machen und die nachhaltige Entwicklung unter dem Gesichtspunkt der Effizienz in der Umweltpolitik in den Vordergrund stellen.

Meine Kurzzusammenfassung sind wörtliche Zitate, und diesen Worten möchte ich jetzt ganz konkret Ihre konkreten Taten und Aktionen ganz knapp gegenüberstellen. Ich habe nämlich den Eindruck, dass sich nicht nur in der Landwirtschaftspolitik, dass sich nicht nur in der Umweltpolitik, sondern dass sich insgesamt mit dieser Politik der Regierung neu ein Geflecht von Worten, von Schönfärbereien, von verbalen Verschleierungen über diese Republik legt, die sehr gekonnt die Taten, die konkreten Ausprägungen, die konkreten Aktionen dieser Politik übertünchen. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Was machen Sie – das ist jetzt meine abschließende Frage – ganz konkret, um diesen Herausforderungen zu begegnen? – Sie verzichten auf Aktionspläne, und das ist für mich die Nagelprobe. Aktionspläne sind immer der Gradmesser, sind immer der Kriterienkatalog dafür, wie weit die Politik handlungsfähig ist.

Wir brauchen Aktionspläne und nicht nur Worte im Hinblick auf die Nachhaltigkeit, die Herausforderung Ozonminderung et cetera, et cetera. Und an Taten sind Sie mir vieles schuldig geblieben. Herr Kollege Schweitzer hat gesagt: Diese Regierung wird im Umweltausschuss und auch sonst durch die Beschlüsse im Plenum zeigen, dass sie Taten setzen wird. – Ich habe von keiner einzigen konkreten Tat gehört! Ich habe Absichtserklärungen gehört, ich habe Worte gehört, aber ich habe von keiner konkreten politischen Umsetzung gehört – sei es im Hinblick auf die Landwirtschaftspolitik oder sei es im Hinblick auf die Abfallwirtschaftspolitik.

Ja, es ist notwendig – auch Kollege Keppelmüller hat das wiederholt auch in internen Kreisen gesagt –, die Verpackungsverordnung zu reformieren! Habe ich da heute von Ihrer Seite eine Zusage gehört? Hat Herr Kollege Schweitzer gesagt, ja, wir müssen etwas tun bei der Verpackungsverordnung? – Sie, Herr Minister, haben gesagt, man muss etwas tun beim Abfallwirtschaftsgesetz. (Bundesminister Mag. Molterer: In Bezug auf die Verordnungen!)  – Ja, bei den Verordnungen. Aber Sie haben nicht gesagt, bei der Verpackungsverordnung. Das Konkrete steht für mich immer im Vordergrund, denn ich halte es mit Bertolt Brecht, der gesagt hat: Die Wahrheit ist konkret.

Darauf möchte ich immer wieder sozusagen den Daumen legen. Ich muss den Finger auf diese Wunde legen, denn es geht mir um die konkreten Umsetzungspunkte, auch in der Anti-Atompolitik.


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Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, ja, der Ministerrat hat sich, was Temelin anlangt, sozusagen an diesem Umweltverträglichkeitsprüfungskonzept beteiligt. Was haben Sie den Landeshauptleuten gesagt? Was haben Sie der Delegation, die aus Oberösterreich zu Ihnen kam, gesagt? – Diese Delegation ist mehr oder weniger unverrichteter Dinge wieder nach Hause gefahren. Und da ist die alte Diskrepanz wieder deutlich geworden, die immer in der Regierung und in dieser Politik in Wien sichtbar war und ist, gerade im Anti-Atombereich. Es sind mehr oder weniger wieder nur Worte in den Raum gestellt worden, es sind allgemeine Erklärungen erfolgt, aber an den konkreten Schritten mangelt es dann immer.

Herr Kollege Schweitzer! Es wird mit einer Verzögerung von einem halben Jahr die Prager Delegation, die tschechische Delegation des Umweltausschusses nach Wien kommen. Für den Herbst war das anberaumt, jetzt wird es schon langsam Juni, und inzwischen ist Temelin ohnehin fast fertig gebaut. Ich meine, das sind die Realitäten, und Sie retten sich immer mit sehr blumigen Worten darüber hinweg.

Kollege Kopf – weil Sie sich gerade auch an den Kopf greifen – Sie haben von der Politik für den ländlichen Raum gesprochen. Sie sind Umweltsprecher! Ich hätte mir von Ihnen als Umweltsprecher der ÖVP mehr erwartet. Sie haben gesagt, die Umweltförderung für die Betriebe ist sehr zentral und die Betriebe sind im europäischen Vergleich ziemlich progressiv, was die Umweltmaßnahmen anlangt. Das unterstreiche ich. Auf der anderen Seite sind aber Sie derjenige, der die Rechte der AnrainerInnen, der BürgerInnen und auch der Bürgerinitiativen in UVP-Gesetzesnovellen-Vorhaben an den Rand stellt.

Bitte fragen Sie die Umweltanwälte! Die werden Ihnen sagen, die AnrainerInnen sind die besten Garanten einer effizienten Umweltpolitik. Diese sind den Problemen am nächsten, sie spüren sie vor Ort und sind diejenigen, die sich aufregen können. Aber wenn Sie ihnen mit der von Ihnen vorgesehenen Novelle der UVP die rechtlichen Instrumente rauben, dann entmannen Sie sozusagen die Umweltpolitik in Österreich! (Ironische Heiterkeit und Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Sexistisch!)  – Ja, so ist es konkret! Ich musste leider diesen sehr plakativen Ausdruck gebrauchen, aber in diesem Zusammenhang erscheint er mir sehr wohl gerechtfertigt.

Noch etwas zu Ihren Ausführungen. Sie sprachen vom ElWOG. Bitte: Auch das ElWOG ist eine Nagelprobe für die Umweltpolitik. Sie gehen in Richtung Zertifizierung von Ökostrom. Sie haben sicherlich die Kommentare im "Standard" dazu gelesen. Darin heißt es: Die Zertifizierung ist eine Krücke, wesentlich sind fixe Einspeistarife. Vorbild Bundesrepublik Deutschland: fixe Einspeistarife. Damit helfen Sie der Windkraft, damit helfen Sie der Solarenergie, damit helfen Sie auch anderen Kleinkraftwerken und so weiter. Damit stellen Sie die österreichischen Energiepolitik wirklich auf ökologische Beine! Aber diese Beine wollen Sie anscheinend nicht, oder es ist Ihnen zu unsicher. Warum gehen Sie nicht den deutschen Weg? – Das wäre eine konkrete umweltpolitische Tat. Bitte, machen Sie das! Schwingen Sie nicht große Worte, sondern tun Sie etwas! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Abschluss, damit ich meinem Versprechen treu bleibe, nicht die volle Redezeit auszuschöpfen. Herr Minister, wir diskutieren über das Budget. Herr Minister, Sie sind jetzt auch zuständig für die Umweltpolitik. Herr Minister, Sie haben die Nationalparks angeführt. Meine Kollegin hat darauf hingewiesen, welchen ökonomischen Effekt die Nationalparks haben. Ich war am Wochenende wieder im Hintergebirge und habe das vor Ort erlebt.

Warum, so frage ich jetzt aus budgetären Gründen (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll )  – Herr Kollege Stummvoll, Sie haben Recht, das Lämpchen leuchtet schon –, warum haben Sie die Finanzierung der Nationalparks, die sozusagen laut Artikel-15a-Vereinbarung geradezu verfassungsmäßig verankert ist, dem Ermessensspielraum preisgegeben?

Sie finanzieren die Zuschüsse für die Nationalparks aus dem Ermessensspielraum Ihres Umweltbudgets. Und auf wessen Kosten geht das? – Das geht auf Kosten der Umweltförderungen, das geht auf Kosten der Zuwendungen für die NGOs, das geht auf Kosten der Subventionen für Umweltgruppen, die wirklich vor Ort arbeiten.


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Ich komme zum Schluss. Meines Erachtens ist es budgetpolitisch eine Notwendigkeit, dass die österreichischen Nationalparks in der regulären Finanzierung berücksichtigt werden. Sie passen nicht in den Ermessensspielraum, denn der Ermessensspielraum soll eine Jongliermasse sein und nicht der Kern der Umweltpolitik. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ein weiterer vergeblicher Versuch, Umweltkompetenz zu beweisen!)

19.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe mich nochmals kurz zu Wort gemeldet, weil es mir sehr notwendig erscheint, Ihnen einige Beobachtungen aus der heutigen Landwirtschaftsdebatte mitzuteilen.

Erster Punkt: Der Präsident der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer hat sich heute zu diesem Budgetkapitel nicht zu Wort gemeldet. Das halte ich für besonders bemerkenswert, meine Damen und Herren. Er hätte uns sicher einiges Interessantes erzählen können über die derzeitigen Antragsüberhänge bei den Investitionsförderungen in Niederösterreich. Das wäre sehr wohl ein Thema, das es wert gewesen wäre, dass man es im Rahmen einer Budgetdebatte diskutiert. Das war das eine, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt: Kollege Weinmeier ist hierher an dieses Pult gekommen und hat versucht, den Grünen irgendwelche Anträge et cetera gegenzurechnen. – Herr Kollege Weinmeier! Sie haben in dieser Legislaturperiode noch keine einzige Anfrage, noch keinen einzigen Antrag eingebracht. Bitte, kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür! (Abg. Mag. Kogler: Bravo! – Beifall bei den Grünen.)

Ich erlaube mir nun, kurz noch einmal auf einige Paradigmen dieser Budgetdebatte, wie sie der Herr Minister geführt hat, einzugehen. Ich halte das für dringend notwendig. Er sprach hier vom Triangel der Kräfte des Marktes, der sozialen und der ökologischen Rahmenbedingungen. So weit kann ich ihm folgen. Meine Damen und Herren, die Frage, die sich trotzdem stellt, lautet: Wozu ist die Politik da? Wozu gibt es eine ökologische und eine soziale Orientierung der Agrarpolitik?

Die Antwort darauf, Herr Bundesminister, sind Sie uns schuldig geblieben. Warum? – Darin liegt nämlich die zweite große Herausforderung.

Sie sprachen von den Veränderungen der Landwirtschaft in Europa. Natürlich: Es gibt nicht nur ökologische, sondern auch scharfe Wettbewerbsherausforderungen. Da kann ich Ihnen nicht widersprechen. Aber, meine Damen und Herren, die Verantwortung für diese Herausforderung haben Sie als Landwirtschaftsminister seit Jahren mitgetragen, auch im Rahmen des EU-Agrarministerrates.

Die EU-Agrarpositionierung – Liberalisierung und Orientierung am Weltmarkt statt Binnenmarkt – ist diese Herausforderung. Damit betreiben Sie auf der einen Seite Strukturwandel auf EU-Ebene, und im eigenen Land versuchen Sie auf der anderen Seite den Biolandbau als spitze darzustellen.

Herr Bundesminister! Das ist eben ein Lippenbekenntnis! Und warum ist es ein Lippenbekenntnis? – Weil es eine Instrumentalisierung des biologischen Landbaus darstellt. Sie sagen: "Bio ist spitze!" – Natürlich, alle sagen das! Aber Sie sind nicht bereit, dieses "Spitze" zu einem breiten Konzept für die österreichische Agrarpolitik zu machen. Biolandbau ist nicht nur eine "Spitze", Biolandwirtschaft ist Standard einer guten landwirtschaftlichen Praxis.

Lassen Sie mich abschließend erklären, warum. Biolandbau erzeugt nicht nur gesunde Lebensmittel und ist nicht nur die beste Lösung für den Grundwasserschutz – in diesem Bereich sind Sie säumig, Sie wissen das; ich erinnere nur an die EU-Nitrat-Klage –, sondern, drittens, Bio


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landbau ist auch der beste Beitrag zu einem aktiven Klimaschutz, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

19.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Weinmeier zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

19.11

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pirklhuber hat vorhin behauptet, ich hätte hier noch keine Anträge und keine Anfragen eingebracht. – Diese Behauptung ist unwahr, wie leider so vieles, was von den Grünen kommt. Das stimmt nicht!

Ich habe schon mehrere Anfragen und Anträge eingebracht – ich werde Ihnen die Statistik zukommen lassen, Herr Kollege –, unter anderem gerade vor einigen Minuten eine Anfrage betreffend Tiertransporte. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Spezialberichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die Beratungsgruppe VIII des Bundesvoranschlages für das Jahr 2000.

Diese umfasst die Kapitel 18, 60 und 61 des Bundesvoranschlages samt dem zum Kapitel 60 gehörenden Teil des Konjunkturausgleichs-Voranschlages in 60 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit angenommen.

Beratungsgruppe IV

Kapitel 11: Inneres (einschließlich Konjunkturausgleich-Voranschlag)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zur Beratungsgruppe IV, Inneres.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde vom Spezialberichterstatter verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Leikam. Ich erteile es ihm.

19.13

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Exekutive hat seit dem Fall des Eisernen Vorhanges wahrlich in vielen Bereichen neue Herausforderungen über sich ergehen lassen müssen. Und sie ist diesen Herausforderungen – wie sie zum Beispiel die vermehrten Flüchtlingsströme, die Zunahme der organisierten Kriminalität, der weltweite Drogenhandel oder auch die Umsetzung des Schengener Vertragswerkes darstellen – wirklich bestens nachgekommen. Aber nur eine optimale personelle und technische Ausstattung sowie der unermüdliche Einsatz der Beamten haben letztendlich dazu beigetragen, dass Österreich nach wie vor eines der sichersten Länder der Welt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Sicherheit bieten wir den Menschen in unserem Lande dann, wenn wir den Begriff Sicherheit ausdehnen, wenn wir darunter nicht mehr nur die persönliche Sicherheit verstehen, sondern wenn wir alle zusammen auch den künftigen Wohlstand unseres Landes vermehren beziehungsweise absichern, wenn wir Arbeitsplätze schaffen und dafür sorgen, dass das soziale Netz für die Menschen nicht löchriger wird, und wenn wir dazu beitragen, dass den jungen Menschen in unserem Lande auch der freie Zugang zur Bildung gewährt wird. (Bundesminister Dr. Strasser hat für kurze Zeit die Regierungsbank verlassen. – Abg. Parnigoni: Wo ist der


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Herr Minister?! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Auch ich hätte gerne den Herrn Bundesminister auf der Regierungsbank. (Abg. Parnigoni: Was ist, Herr Präsident?! – Abg. Grabner: Das ist Ihre Aufgabe da oben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Grabner! Ich ermahne Sie, bei Ihrer Aufgabenstellung zu bleiben. – Ich ermahne Sie ernsthaft, bei Ihrer Aufgabenstellung zu bleiben. (Abg. Grabner: Gar nichts können Sie mahnen! Das muss Ihnen klar sein, wenn Sie den Vorsitz führen! Was wollen Sie tun?! Was wollen Sie tun?! – Abg. Ing. Westenthaler: Unerhört, wie Kollege Grabner sich da aufführt!)

Bitte setzen Sie fort, Herr Abgeordneter Leikam. (Abg. Grabner: Das darf ja nicht wahr sein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesminister Dr. Strasser nimmt wieder auf der Regierungsbank Platz.)

Abgeordneter Anton Leikam (fortsetzend) : Herr Bundesminister! Es wäre vielleicht angebracht, auf Folgendes hinzuweisen. Es ist schon öfters vorgekommen und auch heute schon mehrmals passiert, dass Bundesminister dieser Bundesregierung demonstrativ die Abgeordneten der Opposition hier im Hause in der Form negieren, dass sie während deren Reden die Regierungsbank verlassen und ihnen auch nicht zuhören. Ich glaube, das ist eine Sitte, die es in diesem Haus bisher noch nicht gegeben hat, und wir protestieren dagegen energisch! (Beifall bei der SPÖ.)

Es mag schon sein, dass es Ihnen unangenehm ist, Herr Bundesminister, dass Sie hier Oppositionsabgeordneten zuhören müssen, aber daran werden Sie sich gewöhnen müssen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kiss und Jung. )

Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt, wie wir uns die Sicherheitspolitik vorstellen. So war es zumindest bisher, meine Damen und Herren. Für die Gegenwart und die Zukunft, Herr Kollege Kiss, sehe ich für die österreichische Sicherheitspolitik allerdings schwarz oder, noch besser, blau-schwarz! Mit dem Budget 2000 wird es nämlich sicherlich nicht möglich sein, die bisher so erfolgreiche Sicherheitspolitik fortzusetzen.

Meine Damen und Herren! Auch die frühere Bundesregierung musste sparen. Sie hat die Österreicherinnen und Österreicher auch mit zwei Sparpaketen konfrontiert, was für die Bürger unseres Landes letztendlich schmerzlich war. Aber der Finanzminister hat nicht so, wie es jetzt der Fall ist, quer über alle Ressorts die Sparmaßnahmen gesetzt, sondern es war selbstverständlich, dass sich der Innenminister und der frühere Finanzminister darauf geeinigt haben, dass man bei der Sicherheit nicht sparen darf, dass das Budget für die Sicherheit von Jahr zu Jahr ausgeweitet wurde.

Meine Damen und Herren! Erstmals seit vielen Jahren liegt uns heute ein Budget vor, bei dem keine Ausweitung zu erkennen ist, sondern im Gegenteil eine dramatische Kürzung bei den Ausgaben und bei den Mitteln für die innere Sicherheit festzustellen ist.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Herr Abgeordneter Kiss und Frau Kollegin Partik-Pablé! Was haben Sie alles an der früheren Regierung und am früheren Innenminister kritisiert! Was haben Sie alles hier vom Rednerpult aus gefordert – manchmal mit Recht, sehr oft aber mit Unrecht! Sogar die fehlenden Papierkörbe wurden hier manchmal kritisiert oder – da ich gerade Herrn Abgeordneten Platter vor mir sehe – die zu breiten Gürtel. Die zu breiten Gürtel waren ein ausführliches Thema bei der letzten Rede zum Budget des Abgeordneten Platter. Der Pfefferspray habe nicht funktioniert, haben andere Abgeordnete kritisiert. Und die Uniformhosen hätten manchen Exekutivbeamten nicht gepasst. – Das waren die "großen Probleme" der österreichischen Sicherheitspolitik der früheren Regierung.

Was tun Sie jetzt, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien? Was tun Sie jetzt? Hört man jetzt etwas von Ihnen, wo es wirklich um die Substanz der österreichischen Sicherheitspolitik geht? – Nichts. Sie nehmen alles zur Kenntnis. Sie verteidigen jetzt sogar etwas, was Sie früher nie und nimmer verteidigt hätten! Sie tun das aus Parteidisziplin, aber letztendlich wird


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das alles auf dem Rücken der Exekutivbeamten in unserem Lande ausgetragen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie kürzen die Zahl der Planstellen bei der Polizei, und zwar sehr dramatisch. Sie kürzen bei den Planstellen der Bundesgendarmerie. Sie kürzen in der Verwaltung. Sie kürzen beim Bundesasylamt. Sie kürzen im Bereich des Sachaufwandes sehr dramatisch. Ihre Regierung, meine Damen und Herren, strebt eine Pensionsregelung an, von der natürlich auch die Exekutivbeamten betroffen sind. Sie sollen länger arbeiten und zusätzlich noch mit Abschlagszahlungen konfrontiert werden. Und Sie wollen auch die schon in Pension befindlichen Exekutivbeamten mit höheren Beiträgen belasten.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Die Statistik im Bereich der Verkehrstoten in diesem Jahr ist erschreckend! Es gibt bedauerlicherweise wieder mehr Verkehrstote in unserem Land. Und was tut diese Regierung? Was tut der Innenminister? – Er kürzt die Zahl der Planstellen bei der Verkehrsüberwachung. Es gibt künftig für die Verkehrsüberwachung nicht mehr Personal, sondern weniger! Das halten wir für einen wirklich nicht vertretbaren, für einen falschen Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Funksystem ADONIS, Herr Bundesminister. Die Vorarbeiten dafür wurden von Ihrem Vorgänger sehr weit vorangetrieben. Es war beabsichtigt, als wir noch in der Regierung waren, dieses Netz in den nächsten vier Jahren österreichweit auszubauen. Kollege Kiermaier wird noch sehr ausführlich darauf eingehen. – Kein Schilling ist in Ihrem Budget dafür enthalten, Herr Bundesminister! ADONIS ade!, kann man da nur sagen. Das gibt es nicht mehr in Ihrem Bereich.

Oder: die Flugrettung. Ein fix und fertiges Paket wurde Ihnen von Ihrem Vorgänger auf den Tisch gelegt. Sie haben es nicht unterschrieben! Die Ausschreibungsfrist ist abgelaufen, meine Damen und Herren. (Abg. Jung: Man muss es auch zahlen können!) Auch die Finanzierung war ausverhandelt! Auch die Finanzierung war geklärt! Ich selbst war bei mehreren Verhandlungsrunden mit den Bundesländervertretern mit dabei. Die Bundesländer waren bereit, wesentlich mehr für den Abgang der Flugrettung zu zahlen, weil sie letztendlich auch dazu verpflichtet sind, das Rettungswesen in den Bundesländern wahrzunehmen.

Die Privatversicherer waren bereit, mehr zu zahlen. Aber Sie haben diesen Akt nicht unterschrieben. Man wird das Gefühl nicht los, Sie wollen die Flugrettung in diesem Sinne nicht mehr haben. Sie wollen sie privatisieren, aber da werden Sie auf den harten und energischen Widerstand unserer Fraktion stoßen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: der Zivildienst. Auch darauf wird ein Abgeordneter von der SPÖ noch ausführlicher eingehen. Was Sie da nämlich an Kürzungen anstreben, kann so nicht im Raum stehen bleiben.

Meine Damen und Herren! Da ich diesmal der Erstredner bin, bin ich schon neugierig darauf, wie sich die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien zu diesem Budgetentwurf äußern werden. Wenn das so ist, Herr Abgeordneter Kiss und Herr Abgeordneter Jung, wie es im Ausschuss gewesen ist, dann kann man nur sagen, gute Nacht, denn dann haben Sie die Exekutive aufgegeben.

Paul Kiss hat im Ausschuss gemeint – ich zitiere –: Gilt Sparen noch für euch von der sozialdemokratischen Fraktion? Wir hauen das Geld doch nicht im wahrsten Sinne des Wortes beim Fenster hinaus!, als wir unsere Forderungen nach mehr Personal gestellt haben. – Für ihn bedeutet es im wahrsten Sinne des Wortes das Geld beim Fenster hinauszuschmeißen, wenn man mehr Personal braucht!

Lieber Abgeordneter Kiss! Ich darf auch aus deiner Presseaussendung vom 10. August 1999 zitieren – damals noch unter einem anderen Minister – und sie dir in Erinnerung rufen. Darin hieß es: 500 Gendarmen allein für das Burgenland müssen her! Die ÖVP macht es bei den Regierungsverhandlungen zu einer Grundbedingung, ohne die nichts mehr geht, wenn nicht diese 500 Beamten im Burgenland zusätzlich kommen. Und damit noch nicht genug. Im


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Binnenland brauchen wir auch noch 500 Gendarmen. Das ist eine Grundbedingung für die ÖVP, sonst reden wir gar nicht mehr bei den Parteienverhandlungen. – Zitatende.

Herr Abgeordneter Kiss! Wo ist heute Ihre Forderung? – Ich bin neugierig darauf, was Sie heute hier am Rednerpult sagen werden.

Nun zu Ihnen, Herr Abgeordneter Jung, und zu Ihrem Einwand gegen die berechtigte Forderung nach dem Funksystem ADONIS. Sie sagten: Mit den technischen Spielereien ist es jetzt vorbei, meine Damen und Herren! Sie meinten, wir brauchen dieses Funksystem ADONIS nicht. (Abg. Jung: Das habe ich nicht gesagt!)  – Mit den technischen Spielereien ist es jetzt vorbei, haben Sie wörtlich gesagt. – Diese Kommunikationsmittel, die wir dringend brauchen, sind für Sie also nur technische Spielereien. (Abg. Jung: 4 Milliarden haben wir wirklich nicht zurzeit!)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie haben sich von der Sicherheitspolitik verabschiedet. Ich sage noch einmal: Nach vielen Jahren ist dies ein Budget mit dramatisch weniger Geld für die österreichische Exekutive, und das wird natürlich Auswirkungen haben. Meine Damen und Herren, mit den vorliegenden budgetären Maßnahmen werden die berechtigten Forderungen nach einer effizienten und leistungsstarken Sicherheitsexekutive, die letztendlich durch ihre tägliche Arbeit die Sicherheit der Menschen gewährleistet und imstande ist, erfolgreich alle Formen der Kriminalität zu bekämpfen, wohl nicht umzusetzen sein. Denken Sie einmal darüber nach, was Sie hier anstellen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte.

19.24

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hatte ich mir erwartet, dass der Sicherheitssprecher der SPÖ – seit vorgestern ist er ja installiert – als Erstredner das Wort ergreifen wird. (Abg. Jung: Noch nicht eingearbeitet!) Aber Kollege Jung gibt mir das Stichwort: Er scheint noch nicht eingearbeitet zu sein. Er ist noch in der Aufwärmrunde und wird wahrscheinlich als einer der letzten Sozialisten das Wort ergreifen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jung. )

Aber wir nehmen auch die Ausführungen des Kollegen Anton Leikam, des Vorsitzenden des Innenausschusses, dankbar zur Kenntnis. Er gibt uns, er gibt mir damit die Möglichkeit, ganz tief in die Schublade zu greifen und all jene Unterlagen herauszunehmen, die anno dazumal, als die Sozialisten den Innenminister gestellt haben, als wir in Verhandlungen mit ihnen waren, abgelehnt wurden. Damals haben die Sozialisten diese Vereinbarungen durch ein klares und eindeutiges "Njet" des sozialistischen Finanzministers konterkariert. Ich werde dich, lieber Kollege Anton Leikam, in der Sache in jedem einzelnen Punkt widerlegen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Fangen wir einmal mit einer Pressekonferenz an, die der damalige sozialistische Innenminister Karl Schlögl am 10. Jänner heurigen Jahres gegeben hat. In diesem Pressegespräch am 10. Jänner hat er – natürlich in der Hoffnung, dass es eine Bundesregierung zwischen Rot und Schwarz geben wird – ungefähr Folgendes gesagt: Ich habe mit der Österreichischen Volkspartei ein ambitioniertes Programm ausgearbeitet, und dieses ambitioniertes Programm möchte ich in den nächsten Jahren umsetzen.

Er hat aber vergessen, zu sagen, dass diese weitgehende Einigung mit der ÖVP in drei wesentlichen Punkten nicht zustande gekommen ist, weil diese weitgehende Einigung am klaren und eindeutigen Nein des Finanzministers Edlinger gescheitert ist. Bei ihm konnte sich der Innenminister interessanterweise nicht durchsetzen. Und das betrifft genau jene Punkte, die Anton Leikam jetzt moniert.

Ich möchte außerdem auf einen Brief vom 10. Jänner des heurigen Jahres an den Bundesvorsitzenden der Kameradschaft der Exekutive verweisen, in dem wir mitteilen, dass für die ÖVP in einem Arbeitsprogramm mit der SPÖ drei Wünsche wesentlich gewesen sind, dass aber alle drei Wünsche von der SPÖ nicht akzeptiert wurden.


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Erster Wunsch: die Schaffung von 1 000 zusätzlichen Planstellen für die Sicherheitsexekutive in den nächsten vier Jahren. – Gescheitert am "Njet" des sozialistischen Finanzministers, werte Kolleginnen und Kollegen.

Zweiter Punkt: die Erhaltung des derzeitigen Systems der Flugrettung mit seinen Synergieeffekten zu den sicherheitspolitischen Aufgaben der Flugzeugeinsatzstellen der Exekutive und dazu die Anschaffung von zehn neuen Hubschraubern durch das Bundesministerium für Inneres. – Herr Kollege Karl Schlögl, damaliger Innenminister! Auch dieses Vorhaben ist am Nein des damaligen Finanzministers Edlinger gescheitert. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Gradwohl. )

Dritter Punkt: die Realisierung des Aufbaus eines organisationsübergreifenden Systems, um Einsätze in Katastrophen- und Notfällen effizient gestalten zu können, also das ADONIS-Projekt; eben noch von Anton Leikam moniert. – Gescheitert am klaren und unmissverständlichen Nein des sozialistischen Finanzministers Edlinger.

Karl Schlögl konnte sich nicht durchsetzen, und jetzt kommt Leikam hier heraus und beweint eine Situation, die Sie alle miteinander in der SPÖ verursacht haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Gradwohl. )

Und mit Krokodilstränen, die er vergießt, mit Krokodilstränen in Richtung unserer "so armen" Exekutive sagt er: Es gibt ja viel weniger Geld, und seit 100 Tagen ist diese schwarz-blaue Regierung im Amt, und es gibt natürlich weniger Sicherheit! – Das Gegenteil, Herr Kollege Leikam, ist der Fall! 100 Tage blau-schwarze Bundesregierung, 100 Tage Innenminister Strasser bedeuten 100 Tage mehr Sicherheit für dieses Land und seine Menschen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe hier eine Graphik mitgebracht (der Redner hält eine Graphik in die Höhe), die sehr leicht lesbar und nachvollziehbar ist und damit auch ersichtlich macht, wie sehr die Argumente des Kollegen Leikam nicht stichhaltig sind, sondern an den Fakten vorbeigehen. Das verdeutlicht am genauesten, dass er, Anton Leikam, in diesem Zusammenhang nicht die Wahrheit gesagt hat. Ich dokumentiere das mit dieser Graphik, Anton Leikam. Das ist, auf den Punkt gebracht, die Entwicklung der Steigerungsraten des Budgetkapitels Inneres, ausgedrückt in Prozenten vom Gesamtbudget. (Abg. Öllinger: Das ist von hier aus nicht wahrnehmbar!)  – Nicht wahrnehmbar? Entschuldige! (Der Redner hält die Graphik neuerlich gut sichtbar in die Höhe.)  – Auch für die Grünen, damit es wahrnehmbarer wird. (Widerspruch des Abg. Öllinger, da die Linien auf die Entfernung nicht erkennbar sind.)  – Dann kommt heraus und nehmt es euch oder schaut es euch an! Ich gebe es euch dann.

Wenn man sich diese Graphik ansieht, erkennt man, dass es natürlich auch unter sozialistischen Innenministern – anders, als es Anton Leikam dargestellt hat – im Verlauf der letzten Jahre klassische Minusraten gegeben hat, wobei man sagen muss, um der Wahrheit Genüge zu tun, dass es im Budget 2000, in Relation zu 1999, eine Steigerung von 0,14 Prozent gibt. – Wenig, aber immerhin mehr. (Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger.  – Abg. Öllinger: 0,14 Prozent!)

Es hat aber auch schon sozialistische Innenminister gegeben. (Abg. Dr. Leiner: Ja, wirklich? Kennt kein Mensch mehr!) Ich nehme an, im Jahr 1997 hat es ja einen sozialistischen Innenminister gegeben, und damals hat es keine Steigerung gegeben. Wie hat denn der geheißen? Hat der möglicherweise Karl Schlögl geheißen, und war das sein erstes Jahr als Innenminister? – Also ich frage mich: Was ist wahr an dem, was Anton Leikam gesagt hat? – Und ich wische es weg: Nichts ist wahr! Ich kann ihn mit Fakten widerlegen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit Ernst Strasser, mit diesem ambitionierten Programm der neuen Bundesregierung wird es mehr Sicherheit für die Bevölkerung geben, und er ist es, der die Sicherheitsexekutive vom Ballast der Schreibtischarbeit – wie ich glaube: notwendigerweise – entlasten will. Es wird mehr Sicherheit geben in der Form, dass die Exekutive auf den Straßen und auf den Plätzen ist. (Beifall bei der ÖVP.)


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Er ist es, der unter anderem sagt: Keine Schließung von Gendarmerieposten! Wer ist es denn gewesen, der in den vergangenen zehn Jahren etwa 200 Gendarmerieposten, vornehmlich im ländlichen Raum, geschlossen hat? Waren es sozialistische Innenminister? – Ich glaube schon, werte Kolleginnen und Kollegen. Unter Ernst Strasser – und diese Garantie gebe ich hier wieder auch für ihn ab – wird kein einziger Gendarmerieposten in Österreich mehr geschlossen werden – anders als unter den sozialdemokratischen Innenministern! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein letzter Punkt: Die 100 Tage Ernst Strasser haben auch gezeigt, dass es ein sehr ambitioniertes Programm in Bezug auf Reformen gibt. Ernst Strasser hat in diesen Tagen eine Verschärfung des Schleppergesetzes eingebracht. Wir haben die Regierungsvorlage bereits im Haus. Es gibt mehr Schubhaftplätze – 100 neue sind in Verhandlung mit der Stadt Wien. Interessanterweise hat dies der sozialistische Innenminister Karl Schlögl in den Verhandlungen mit dem sozialistischen Bürgermeister von Wien, Häupl, nie zu Stande gebracht. Ernst Strasser kommt, der schwarze Innenminister führt Verhandlungen mit dem roten Bürgermeister von Wien – und es gibt 100 Schubhaftplätze für die Ostregion mehr! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere an die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz über die erweiterte Gefahrenerforschung. Wir werden in Bezug auf die bandenmäßig organisierte Kriminalität Tacheles reden in diesem Haus! Ich erinnere auch an den Projektauftrag "Bundeskriminalamt". Ich glaube, wir gehen mit Ernst Strasser einen guten Weg. 100 Tage Ernst Strasser als Innenminister bedeuten für dieses Land, bedeuten für diese Menschen, bedeuten für die Exekutive, für deren Einsatz ich mich herzlichst bedanke, mehr Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

19.32

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Budgetkapitel Inneres ist es natürlich durchaus angebracht, weil es ja um das Budget geht, über Ziffern und Zahlen zu sprechen, und ich bin sehr erstaunt – und jetzt kommt erst einmal meine Kritik an der Opposition und dann erst an der Regierung –, dass der Vorsitzende des Innenausschusses, Kollege Leikam, sich hier ausschließlich den vermeintlichen oder tatsächlichen Kürzungen und Absichten gewidmet hat und kaum Worte zu grundsätzlichen Fragen der Sicherheitspolitik in Österreich gefunden hat. (Abg. Leikam: Da waren Sie wahrscheinlich nicht herinnen!) Das, Herr Bundesminister, möchte ich kurz tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich glaube – und ich bin sicher nicht alleine dieser Meinung, Herr Bundesminister, und so, wie ich Sie ganz zu Beginn Ihrer Tätigkeit kennen gelernt habe, hätte ich mich ja fast hinreißen lassen, anzunehmen, dass Sie auch dieser Meinung sind –, dass der wesentlichste Beitrag zum Thema Sicherheit in Österreich jener ist, Aufrüstung durchzuführen, nämlich Aufrüstung beim Aufbau des Vertrauensverhältnisses zwischen der Bevölkerung und der österreichischen Sicherheitsexekutive. Das, Herr Bundesminister, hat am allerwenigsten mit Geld zu tun, sondern das hat damit zu tun, dass die Bevölkerung gerne ein Vertrauensverhältnis zur Sicherheitsexekutive hätte und ein solches wünscht (Abg. Murauer: Und auch hat!), wobei zwei Faktoren erfüllt sind: auf der einen Seite das subjektive Sicherheitsgefühl der österreichischen Bevölkerung zu befriedigen und auf der anderen Seite zu wissen, unsere Polizei und Gendarmerie haben alle Mittel, um auch dort, wo es tatsächlich Not tut, einzugreifen.

Ich meine "einzugreifen" im wahrsten Sinne des Wortes. Da geht es auch um Ausrüstung im Sinne von Technik. Aber es geht im Wesentlichen um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, darum, diesem entgegenzukommen, es überhaupt zu beachten, vor allem in die menschliche Qualität und in die menschlichen Ressourcen der einzelnen Beamtinnen und Beamten zu investieren. – Was nicht heißt, dass das nicht auch Geld kosten wird oder Geld kostet, wenn man den Beamtinnen und Beamten Supervision bietet, wenn man ihnen die


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Möglichkeit zur Weiterbildung nicht nur auf dem Gebiet der Technik und des Umgangs mit den technischen Ressourcen bietet, sondern auch dieses menschliche Potenzial – jetzt komme ich noch einmal darauf zurück – im wahrsten Sinn des Wortes aufrüstet. Herr Bundesminister! Zu Beginn, als Sie angetreten sind und Ihre Anfangsstatements abgegeben haben, hat es so geklungen, als wäre das die Zielrichtung Ihres Amtsverständnisses.

Aus dem Budget und aus den Maßnahmen, die wir von Ihrem Ministerium und von Ihnen bisher gesehen, gehört und gelesen haben, könnte ich dieses vielleicht voreilig hoffende Lob nur auf einen Bereich beziehen, nämlich auf Ihre Art und Weise, wie Sie – das wurde über die Medien kommuniziert, und ich habe es über die Medien erfahren – die durchaus manchmal auch problematische Frage rund um die Demonstrationen gegen diese Bundesregierung und damit auch gegen Sie – um es jetzt ein bisschen modisch zu sagen – gehandlet haben. Das sage ich aus der Sicht der Opposition und aus der Sicht jener, die mitdemonstriert haben – so wie ich.

Das ist der Bereich, an dem ich keine Kritik zu üben habe, außer – darüber wird heute sicher Frau Dr. Petrovic noch sprechen – an jenen Punkten, die aber in der Minderheit sind, bei denen es auch Probleme gegeben hat, die aber deshalb, weil sie in der Minderheit sind und weil es Einzelfälle waren, umso aufklärungsbedürftiger sind. Das möchte ich hier betonen.

Ich will Ihnen keine Ratschläge geben, aber im Sinne des gesamtpolitischen Sicherheitskonzepts in Österreich wären Sie meiner Ansicht nach gut beraten, sich diesen wenigen Problemen – bei der Polizei ist es ja durchaus üblich, von den "schwarzen Schafen" zu reden – intensiv zu widmen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt komme ich zu dem Punkt, der gänzlich im Widerspruch zu dem bisher Gesagten steht, denn – jetzt meine ich gar nicht so sehr den Herrn Bundesminister, sondern jetzt meine ich all jene, die hier die Regierung und die Regierungsparteien repräsentieren – wenn man die Zeitung liest und fernsieht oder hier im Parlament zuhört, hat man irgendwie das Gefühl, das Schreckgespenst der organisierten Kriminalität, das alle Lebensbereiche und Gesellschaftsbereiche durchdringt, ist etwas, was ganz Österreich übergestülpt ist. Durch diese ständige Panikmache wird – jetzt komme ich wieder darauf zurück – das subjektive Sicherheitsgefühl der österreichischen Bevölkerung permanent abgewertet.

Aber nicht nur, dass diese Panikmache das subjektive Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung beeinträchtigt, auch die Polizei wird ständig damit abgewertet. Sie haben ja im Sicherheitsbericht, den uns das Innenministerium vorgelegt hat, durch Zahlen belegt und in der Debatte auch in Worten belegt, dass die Kriminalitätsrate in Österreich sinkt, die Aufklärungsquote steigt, die Polizei und Gendarmerie demzufolge also hervorragend arbeiten – das ist jetzt nur die Statistik! –, und ich möchte mich ganz herzlich bedanken für diese Arbeit, die da geleistet wird.

Aber: Es wird ständig Panik gemacht. Ja bitte: Arbeiten die Polizei und die Gendarmerie jetzt gut oder nicht? Entsprechen diese Zahlen, die ja kaum lügen, jetzt der Wahrheit oder nicht? Oder sind wir in der Situation, wie vor allem von der FPÖ, aber nicht nur von der FPÖ, sondern auch von der ÖVP ständig behauptet wird, dass diese Bedrohungsbilder Österreich gänzlich vereinnahmt haben? Und jetzt kommt – nächste Woche werden wir ja schon im Ausschuss über die neuen Instrumente reden, die da, wenn man so kann, wie man will, wenn man von keinem Regierungspartner mehr zurückgehalten wird, kommen werden – die erweiterte Gefahrenerforschung. Die erweiterte Gefahrenerforschung kommt!

Aber, Herr Bundesminister, die Reform des Vorverfahrens, die genauso Ihre Zuständigkeit wie die des Justizministers ist, liegt nicht auf dem Tisch. Ich habe noch nichts gehört, dass die zum 100-Tage-Programm der Bundesregierung gehört oder dass man da besondere Eile hat.

Das, Herr Bundesminister, steht alles im Widerspruch zu dem Bild, das Sie als Person vermittelt haben, denn ich habe noch nie einen Innenminister, ja überhaupt noch keinen Politiker in Österreich gehört, der in so kurzer Zeit so oft – das habe ich Ihnen schon einmal gesagt – die Worte "NGO" und "Menschenrechtsorganisationen" in den Mund genommen hat. Aber ich habe auch noch nie einen Innenminister erlebt, der, ohne mit der Wimper zu zucken, genau diese von


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ihm so geachteten und geschätzten NGOs derart in ihrer Arbeit beeinträchtigt wie Sie, nämlich durch die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Kürzung der Mittel für den Zivildienst. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist ein Widerspruch, der unauflöslich ist, Herr Bundesminister, außer Sie bieten jetzt, fünf vor zwölf (Abg. Öllinger: Nach zwölf!)  – oder fünf nach zwölf, denn die Budgetbegleitgesetze sind schon beschlossen –, noch eine Möglichkeit an.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren und Herr Bundesminister, ist es, was mir durch den Kopf geht, wenn ich über die Sicherheit in Österreich nachdenke.

Oder ich komme auf ein anderes Beispiel zu sprechen, weil wir heute nicht nur von Gendarmerie, Polizei und technischen Mitteln sprechen, sondern auch von einem Bereich, Herr Bundesminister, für den Sie im Innenressort zuständig sind, nämlich das so genannte Fremdenwesen.

Dazu gehört auch Asylpolitik, gehören auch asylpolitische Maßnahmen. Herr Bundesminister! Macht es Sie nicht nachdenklich, oder stimmt es Sie nachdenklich, wenn Karola Paul, die Sie sicherlich schon kennen gelernt haben, die die Regionalvertreterin der Hochkommissärin der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge in Österreich ist – aber sie ist ja nicht nur für Österreich zuständig –, gesagt hat – das habe ich gelesen und gehört –, die NGOs wenden täglich Schaden von Österreich ab?

Der Satz als solcher hat in Zeiten wie diesen ja mehrfach Bedeutung. Ich interpretiere ihn jetzt dahin gehend, dass sie es natürlich auf ihren Arbeitsbereich bezogen hat, nämlich den Arbeitsbereich Rechtsschutz für Flüchtlinge. Das ist das, womit sich der UNHCR beschäftigt, und ich würde von Ihnen eigentlich erwarten, dass Sie in einer so prekären politischen Situation, in der sich Österreich im Moment befindet, dazu Stellung nehmen. Sie persönlich – das möchte ich auch betonen –, glaube ich, können wirklich nichts dafür, Sie persönlich, so weit ich Sie kenne. Ich kenne Sie nicht in- und auswendig, aber so viel Vertrauen habe ich in Sie, dass ich meine, Sie können wirklich nichts dafür. Aber Sie sind dafür verantwortlich, dass dieser ramponierte Ruf Österreichs jetzt Stück für Stück wiederhergestellt wird. Die Maßnahmen, die in den letzten Wochen aus Ihrem Ressort gekommen sind, sind aber wahrlich keine Hilfe, um hier einen Beitrag zu leisten. (Beifall bei den Grünen.)

Um noch einmal Karola Paul zu zitieren, die sagt, die NGOs wenden täglich Schaden von Österreich ab, und die meint, die NGOs sind es, die die Obdachlosigkeit und die Not bei jenen im Bereich des österreichischen Fremdenwesens, die Flüchtlinge sind und die auf die Straße gestellt werden, lindern. Sie wissen viel besser als ich, dass nur 30 Prozent der Asylwerber in Bundesbetreuung genommen werden, und es geht nicht nur um die Tatsache, dass es so wenige sind, sondern es gibt auch schwere Qualitätsmängel in der Art und Weise, wie sie betreut werden.

Da könnte es jetzt einen Beitrag zur menschlichen Politik geben, könnte es einen Beitrag geben für diese Zivilgesellschaft, die tatsächlich einen Beitrag leistet und die ihn ganz ohne Blick auf Konfessionszugehörigkeit oder politische Erwägungen leistet. Ich nenne jetzt nur zwei große Organisationen: die Diakonie und die Caritas. (Beifall bei den Grünen.)

Aber, Herr Bundesminister, jetzt habe ich nicht die Gelegenheit, den Herrn Bundeskanzler zu fragen, denn heute ist er ja nicht da. Offensichtlich glaubt er, Ihnen keine Schützenhilfe leisten zu müssen, anders als gestern dem Herrn Dr. Böhmdorfer beim Misstrauensantrag. Aber ich komme noch auf Sie zurück, was diese Frage angeht. (Abg. Jung: Sie werden doch nicht schon wieder einen Misstrauensantrag einbringen?) – Nein, nein, nicht gegen Herrn Minister Strasser! Er hat ja heute die Möglichkeit, zu seinen vorgestrigen Aussagen im Zusammenhang mit Herrn Dr. Böhmdorfer Stellung zu nehmen. Ich möchte zum Herrn Bundeskanzler etwas sagen.

Heute wurden wir darauf hingewiesen, dass er am 15. Mai in seiner "Rede an die Nation" aus Anlass 45 Jahre Staatsvertrag die Bergpredigt zitiert hat. Soll ich Ihnen einen Satz aus der Bergpredigt zitieren? (Abg. Murauer: Da gibt es mehrere!) Dem Herrn Murauer vielleicht; der


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Herr Minister Strasser, davon bin ich überzeugt, kennt sie sehr gut. Dort steht der wahrlich in diesem Zusammenhang – Flüchtlinge und Rechtsschutz – sinnige Satz: Jeder soll Herberge haben.

Darf ich Sie wirklich freundlich und höflich bitten, uns eine Interpretation dieses Bergpredigt-Satzes im Zusammenhang mit der Misere der Obdachlosigkeit von Flüchtlingen in Österreich zu geben? (Beifall bei den Grünen.) Wie ist das zu interpretieren von christlich-sozialen Politikerinnen und Politikern? – Nicht Sie haben die Bergpredigt zitiert, aber Ihr Chef, um das ein wenig vereinfacht zu sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuletzt noch ein dritter Aspekt Ihrer Arbeit zum Thema Fremdenwesen: die Integrationspolitik. Integration statt Neuzuzug – diesen Leitspruch haben Sie ja von Minister Schlögl und seinerzeit noch Minister Einem übernommen. Ich habe schon oft gesagt, damit – Integration statt Neuzuzug – könnten wir uns anfreunden. Es ist nur die Frage, wie das interpretiert wird. Heißt "Integration statt Neuzuzug" so wie schon unter Schlögl jetzt auch unter Strasser: Familienzusammenführung "njet"? – Familienzusammenführung ja, am Papier, auch den Rechtsanspruch, aber dann Quotenbewirtschaftung, wie das so schön technisch heißt, die dazu führt, dass es jahrelange Wartezeiten gibt?

Herr Bundesminister! Meiner Ansicht nach ist das unmenschlich, weil es wider den Geist der Familieneinheit ist, wenn ich zwar auf der einen Seite jemandem das theoretische, am Papier festgelegte Recht gebe, in der Praxis aber dann Maßnahmen setze, die das völlig konterkarieren. Ich kenne solche Fälle. Mein Sohn – er ist heute dreieinhalb Jahre alt – hat Spielkameraden, die, weil sie aus einem Land kommen, wo man auch zu Besuch kommen kann, ohne ein Visum zu brauchen – Kroatien beispielsweise –, jahrelang auf die Familieneinheit mit dem Gastarbeitervater warten müssen. Dort sind alle Voraussetzungen, die das Gesetz zu Recht vorschreibt, erfüllt: Einkommen, Wohnung, nötige Integration des Vaters – nur die Familie darf nicht her, weil da gibt es eine Quotenbewirtschaftung in Wien. Antrag 1998, Quotenplatz 2001. – Ist das menschlich? Ist das mit der Bergpredigt vereinbar, frage ich mich? (Beifall bei den Grünen.)

Da sei auch nur kurz noch der Aspekt erwähnt: Sollte es die Familie einmal zur Einheit schaffen, wird es natürlich die Unsinnigkeit des Nicht-arbeiten-Dürfens weiter geben.

Meine Redezeit ist um, aber ich könnte über diese meiner Ansicht nach, was Ihr Ressort angeht, wirklich wesentlichen Punkte noch sehr lange sprechen. Zum Schluss noch eine allerletzte Frage an Herrn Dr. Strasser. Herr Dr. Strasser, "abwartend" haben Sie sich zu den demokratiegefährdenden Äußerungen von Landeshauptmann Haider, unterstützt von Minister Böhmdorfer, geäußert, stand oder steht in der APA. "Abwartend", schreibt die APA, und Sie möchten sich das noch – so heißt es – im Detail anschauen. Dezidiert ablehnend äußerte er sich nicht, schreibt die APA.

Die APA kann auch einmal etwas schreiben, was nicht stimmt, sage ich. Die APA ist nicht die Bibel. (Abg. Dr. Van der Bellen: Undenkbar!)  – Kollege Van der Bellen sagt: undenkbar. Es ist denkbar! Deshalb wird der Herr Minister ja hier die Gelegenheit haben, zu erklären: Was ist "abwartend", wenn jemand den massivsten Eingriff in das Verfassungsgefüge, was freies Mandat und so weiter angeht, vorschlägt, den ich in den letzten Jahren erlebt habe? Worauf warten Sie hier, und was wollen Sie sich da im Detail anschauen? – Sie sehen, ich bin so fair und gebe Ihnen die Chance, bevor ich verurteile. Das ist nämlich mein Bergpredigt-Verständnis. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

19.50

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zuerst ein paar Worte zu meinen Vorrednern. – Frau Abgeordnete Stoisits, Sie haben heute tiefen Einblick gewährt, und zwar nicht so sehr in Ihre sachlichen Themen, die wir ohnehin


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schon kennen, sondern darin, wie Sie sich ein Menschenbild zusammenstellen. Ich habe gesehen, wie einseitig filtriert Sie Ihr Menschenbild herstellen. Sie beurteilen nämlich jemanden danach, wie oft er den Ausdruck "NGOs" gebraucht. Danach beurteilen Sie schon, ob das ein "guter" Mensch oder ein "böser" Mensch ist. Das scheint mir schon ein bisschen bemerkenswert zu sein.

Zu einem anderen Vorredner, Herrn Abgeordneten Leikam. – Wir haben ja alle gewisses Verständnis dafür, in welcher Situation sich die SPÖ im Augenblick befindet. Es ist ganz einfach schwer, all das, was man bis vor kurzem noch als erstklassig gelobt hat, jetzt zu verteufeln. Es ist schon ein gewaltiger Eiertanz notwendig, um eben diese harsche Kritik hinzukriegen, die Sie heute an der Sicherheitspolitik geäußert haben, denn in Wirklichkeit sind die großen Probleme, die Sie angeschnitten haben – Personalproblematik, Adonis-System –, schon "alte" Probleme.

Ich kann mich erinnern: Der damalige Minister und jetzige Abgeordnete Einem hat einmal auf eine mündliche Anfrage meinerseits, wann endlich ein Funksystem hergestellt werde, das wirklich funktioniere, geantwortet: Das ist überhaupt nicht notwendig, das Funksystem in Österreich ist ohnehin total in Ordnung. Er hat damit wieder einmal bewiesen, wie völlig daneben er damit steht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dietachmayr: Damals war es noch in Ordnung!)

Heute geben sogar Sie zu, wie dringend notwendig das Adonis-System war! (Abg. Dietachmayr: Zum damaligen Zeitpunkt war es noch in Ordnung!) – Das war vor zwei Jahren, und schon damals hat es nicht funktioniert. Wenn die Gendarmen in Niederösterreich, in Gänserndorf und so weiter, Verstärkung herbeirufen wollten, haben sie den tschechischen Taxifunk empfangen und nicht ihre Kollegen, die sie so dringend gebraucht hätten.

Aber ich habe jetzt überhaupt keine Schwierigkeiten, denn ich habe mich, schon als wir noch in Opposition waren, wirklich sachlich mit der Sicherheitspolitik auseinandergesetzt, und ich setze mich auch jetzt sachlich auseinander mit der Politik des Innenministers. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich kann bei meiner klaren Linie bleiben, die ich immer verfolgt habe. – Sie schütteln den Kopf, Frau Lichtenberger. Sie sind noch so kurze Zeit im Parlament, ich bin schon seit dem Jahre 1983 hier im Parlament. Wir waren damals in der Regierung, und ich habe auch damals kritische Standpunkte geäußert, als Herr Innenminister Blecha noch im Amt war. Also Sie brauchen da überhaupt nicht mitzureden, Sie können es einfach nicht beurteilen. Das möchte ich Ihnen schon sagen. (Abg. Haigermoser: Ahnungslos!)

Ich fordere auch heute den Herrn Innenminister auf, die organisierte Kriminalität zu bekämpfen, weil in der Vergangenheit zu wenig getan worden ist. Auch wenn Frau Stoisits behauptet, es gebe die organisierte Kriminalität nicht. 30 Prozent aller strafbaren Handlungen zählen bereits zur organisierten Kriminalität. Für Frau Kollegin Stoisits gibt es die Kriminalität nur im Straßenverkehr. Es müsste wahrscheinlich ihrer Meinung nach die Forderung "Lebenslang muss lebenslang bleiben!" Anwendung finden, wenn jemand auch nur das geringste Verkehrsdelikt begeht. Alle anderen strafbaren Handlungen existieren ja offensichtlich nicht für Frau Stoisits und für andere Grüne auch nicht.

Ich möchte auch nicht, dass sich der Herr Innenminister – so wie seine Vorgänger – immer wieder damit brüstet, wie toll unsere Kriminalitätsstatistik und wie sicher Österreich doch sei, zumal die Kriminalitätsrate immer wieder ansteigt. Ich möchte – so wie bisher – eine ganz klare Linie in der Sicherheitspolitik verfolgen und werde das auch tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Genauso unsachlich, wie Sie von der SPÖ jetzt die 100 Tage Sicherheitspolitik des Herrn Ministers Strasser kritisieren, genauso unsachlich ist es, wenn Sie behaupten, dass für den Sicherheitsbereich nur sehr geringe Budgetmittel vorhanden sind. Sie wissen ganz genau – ich habe es Ihnen auch schon im Ausschuss gesagt –: Es sind annähernd gleich hohe Budgetmittel vorhanden wie in den Vorjahren. (Abg. Leikam: Um ... Millionen weniger!) Ich kritisiere auch den Innenminister nicht, dass er in den Verhandlungen mit dem Herrn Finanzminister nicht mehr


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Budgetmittel herausgeholt hat. Und zwar kritisiere ich ihn nicht deshalb nicht, weil ich mich davor fürchte zu kritisieren, sondern ich kritisiere ihn deshalb nicht, weil ich weiß, dass dieses Budget ein Sparbudget ist und dass es ganz einfach nicht möglich war, mehr für den Bereich Inneres herauszuholen. Es ist ja sattsam bekannt, dass diese Bundesregierung mit einem Schuldenberg von 1,7 Billionen Schilling fertig werden muss. Diese Regierung muss zwar sparen, aber sie hat trotzdem dem Sicherheitsressort Genüge getan und zumindest für diesen Bereich annähernd den gleichen Betrag wie im vorigen Jahr bereitgestellt. (Abg. Leikam: Deutlich weniger! – Abg. Mag. Schlögl: 700 Millionen weniger!)

Ich möchte Ihnen etwas sagen. Das ist im Interesse der inneren Sicherheit, Herr Abgeordneter Schlögl und früherer Innenminister! Sie von der Sozialdemokratie und auch von den Grünen wissen ganz genau, dass die Sicherheit eines Landes auch damit zusammenhängt, wie es sich mit der sozialen Sicherheit verhält. Das sagen gerade Sie ja immer wieder. (Abg. Leikam: Das habe ich gesagt!) Die soziale Sicherheit ist nur dann gewährleistet, wenn auch eine Stabilisierung in diesem Lande stattfindet, und die Stabilisierung kann nur durch eine ganz strenge Budgetdisziplin erreicht werden. Und diese wird diese Bundesregierung durchführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn man von der Ressortführung durch den neuen Innenminister spricht, ist es auch notwendig, zu sagen, was in der Vergangenheit ganz einfach fehlgelaufen ist, und das habe ich auch schon im Ausschuss gesagt. Es sind im Innenministerium notwendige Strukturmaßnahmen nicht durchgeführt worden. Es ist zwar wirklich viel Geld in die Ausrüstung gesteckt worden – da haben ja die Sicherheitssprecher von allen Parteien viel beigetragen, dass wir einen hohen technischen Standard erreicht haben –, aber am System ist überhaupt nichts verändert worden. Es ist kaum Bürokratie abgebaut worden. Es ist im Verwaltungsbereich kaum irgendeine strukturelle Änderung durchgeführt worden. Die einzelnen Abläufe sind oft so kompliziert und so arbeitsintensiv, dass sie ungeheuer viel Geld verschlingen.

Ich habe im Ausschuss auch schon betont, dass nicht einmal das Meldewesen vereinfacht worden ist. Nicht einmal ein zentrales Melderegister ist aufgebaut worden, und dadurch wird irrsinnig viel Geld verschleudert. Da muss ich Ihnen schon einen Vorwurf machen, auch Herrn Ex-Innenminister Schlögl, Sie waren zwar nur kurz Innenminister. (Abg. Haigermoser: Wie lange? Drei Jahre! Da hätte er Zeit genug gehabt!)  – Drei Jahre. Das ist ein bisschen wenig! Sie können nichts dafür, dass Ihre Vorgänger nichts gemacht haben, aber die Sozialdemokratie muss es schon zulassen, dass man sagt, dass man im Innenressort ganz einfach bessere Strukturen hätte schaffen müssen, um eben in Zeiten, in denen nicht genügend Geld vorhanden ist, trotzdem das Budget ausweiten zu können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben schon des Öfteren davon gesprochen, dass beim Zivildienst enorme Einsparungen notwendig sind. Bei unserer letzten Debatte war leider Gottes ein derartiger Wirbel im Parlament, dass meine Argumente kaum rübergekommen sind, deshalb möchte ich einige davon noch einmal bringen. Es ist jahrelang allen Organisationen vorgegaukelt worden, sie könnten noch und noch Zivildiener haben. 1992 sind die Auslandsdienste eingeführt worden, für die wieder Zivildiener abgestellt worden sind. Die großen Organisationen haben nur 1 200 S für einen Zivildiener bezahlt (Abg. Haidlmayr: Das tun sie auch heute noch!), das Rote Kreuz beispielsweise. Die kleinen Vereine sind zur Kassa gebeten worden, die haben 7 800 S bezahlt. Die Organisationen haben ihren Sozialdienst auf dem Zivildienst aufgebaut, und das war ganz einfach eine Fehlentwicklung. Erstens hätten alle das Gleiche zahlen müssen, zweitens hätte immer schon für die Verpflegung gesorgt werden müssen, und drittens hätte man schon lange über den Grundlehrgang reden müssen, denn der Grundlehrgang, der ungefähr 35 Millionen Schilling kostet, war schon seit Jahren ganz einfach unnötig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich halte den Zivildienst für wirklich notwendig. Ich weiß, was die Zivildiener im Alten- und Behindertenbereich alles leisten. Ich halte aber auch eine Angleichung an die Präsenzdiener für gerechtfertigt, und ich halte es auch für richtig, dass der Innenminister zugesagt hat, er werde dafür Sorge tragen, dass die Trägerorganisationen verpflichtet werden, für die Versorgung der Zivildiener aufzukommen, sodass diese mit 43 S auskommen. Ich bin aber der Meinung – im


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Gegensatz zu dem, was der Herr Innenminister möchte –, dass der Auslandsdienst eingeschränkt werden soll, und zwar nur auf die Alten- und Behindertenbetreuung, und dass der Friedensdienst ganz einfach nicht mehr mit Zivildienern beschickt werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Friedensdiener sollen jene Organisationen übernehmen, die die Institutionen leiten. Da gibt es genug Freiwillige.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Personaleinsparungen sind ganz einfach notwenig. Hier möchte ich wieder die Sozialdemokratie ansprechen. Sie haben im Vorjahr die Personalsituation überhaupt nicht angeschnitten. Jetzt, in den ersten 100 Tagen der neuen Regierung, haben Sie 25 Anfragen gestellt, wie sich die Personalsituation in einzelnen Gemeinden entwickelt hat. In den vier Jahren davor hat es keine einzige schriftliche Anfrage von Ihnen gegeben. Ich habe mir das genau angesehen. Da muss man schon sehen, wie einseitig Ihre Politik ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Leikam: Nein, das ist nicht einseitig! 350 Planstellen plus!)

Herr Innenminister! Dazu möchte ich Ihnen aber auch sagen: Wenn Sie Planposten einsparen, dann sparen Sie bitte bei den Verwaltungsposten ein und nicht bei den Eingeteilten, bei den "Einfachen", bei den "Kleinen", denn die kommen nämlich ohnehin immer in Teufels Küche, die sind als Allererste im Schussfeld der Medien und die brauchen auch dringend Ihre Unterstützung.

Man merkt ja schon, wohin der Trend geht. In einer Anfrage der Frau Abgeordneten Wurm wird der Todesfall eines Afrikaners in der Justizanstalt für Jugendliche zum Anlass genommen, um wieder unterschwellig zu behaupten, dass eigentlich die Exekutive Schuld an dessen Tod habe. (Abg. Öllinger: Südafrikaner!) – Südafrikaner, okay.

Auch die Eskalationen bei den Demos werden so dargestellt, als ob nicht die Demonstranten daran schuld seien, sondern die Polizisten, obwohl beispielsweise aus einer Anfragebeantwortung durch den Innenminister hervorgeht, dass sich die Demonstranten zugerufen haben: "Schießt’s mit den Raketen auf die Bullen! Was habt’s noch zum Schmeißen? Nehmt’s alles, was ihr finden könnt’s. Steine oder Flaschen, Wurscht, was!" – Das zeigt: Nicht die Polizisten, sondern die Demonstranten sind es, die Gewalt anwenden möchten. (Abg. Dr. Martin Graf: Frau Kollegin Stoisits war dabei! – Abg. Öllinger: Nein! – Abg. Dr. Martin Graf: Hier hat sie es gesagt! – Abg. Öllinger: Waren Sie dabei?)

Eines noch dazu: Man muss auch verhindern, dass sich Justizhäftlinge oder auch Polizeihäftlinge jünger machen, als sie sind, nur damit sie in den Genuss des Jugendgerichtsgesetzes kommen. Diese Methode wird ja in allen Bereichen angewandt. Jetzt wird ein Sachverständiger, der die Handwurzelknochen-Untersuchung und verschiedene andere Untersuchungen heranzieht, um das wirkliche Alter zu bestimmen, ganz einfach als Rassist abgestempelt, und die Methode wird als fragwürdig hingestellt. – Meine Kollegin Povysil ist Ärztin, Primarärztin, und sie wendet bei Kindern tagtäglich die Handwurzelknochen-Untersuchung an, um das Alter festzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger! Wissenschafter haben mit einer an 100 Prozent grenzenden Sicherheit festgestellt, dass der "Ötzi" 47,5 Jahre alt war, als er gestorben ist. Und ich bin überzeugt davon: Wenn man das Alter einer Mumie, die Hunderte Jahre alt ist, mit Sicherheit feststellen kann, dann kann man sicher auch bei einem jetzt lebenden Menschen feststellen, wie alt er ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hören Sie auf damit, all das, was Ihnen nicht gefällt, was gegen Ihre Ideologie ist, ganz einfach umzumodeln in etwas, was gegen die Exekutive ist! Herr Minister! Ich glaube, Sie müssen sich stark machen für die Exekutive. Es geht nicht an, dass man so wie die Grünen, so wie Frau Kollegin Stoisits, hier im Parlament die Exekutive lobt, man aber dann in Anfragen über die Exekutive herfällt und deren Vertreter als die ärgsten Rassisten hinstellt!

Herr Minister! Sie haben auch diesbezüglich noch sehr viel Arbeit vor sich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Hervorragend war das!)

20.03


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

20.04

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Leikam, Sie wissen, dass ich Ihre Arbeit als Vorsitzender des Innenausschusses außerordentlich schätze, dass ich auch Ihre Beiträge außerordentlich schätze – so wie alle Beiträge sowohl im Innenausschuss als auch hier im Plenum –, und es tut mir aufrichtig Leid, wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich nicht mit voller Aufmerksamkeit Ihren Ausführungen zugehört habe. Das werde ich in Zukunft beherzigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leikam: Okay! Bravo! – Abg. Haigermoser: Wie "Haftlmacher" werden wir aufpassen!)

Ich habe jetzt die Ausführungen der Vertreter aller vier Parlamentsparteien gehört, und ich muss sagen, dass sich natürlich im Laufe des letzten halben Jahres auch hier eine große Veränderung ergeben hat. Es ist eigentlich mehr als selbstverständlich, dass der Standort den Standpunkt bestimmt, das ist auch aus diesen vier Debattenbeiträgen klar erkennbar.

Selbstverständlich ist man nie zufrieden mit dem, was man erreicht hat, und selbstverständlich ist es immer so, dass es besser wäre, man hätte mehr Personal und mehr Geld zur Verfügung – das ist überhaupt nicht in Frage zu stellen. Nur darf ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch darauf aufmerksam machen, dass wir – und ich bin persönlich betroffen davon –hier vor der Situation stehen, dass wir – zumindest meinem Wissen nach – das erste Mal das Schlusslicht Europas sind und dass – und ich sage das durchaus auch aus hohem Verantwortungsbewusstsein – auch mein Ressort leider einen Beitrag zu leisten haben wird, dass wir von dieser letzten Position wieder wegkommen und uns zumindest wieder zu den ersten fünf, den ersten sieben Nationen in Europa zählen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bekenne mich als Bundesminister für Inneres zu dem Sanierungskurs, den diese Regierung fahren muss. Ich glaube, es ist, insbesondere wenn man an die nächste, an die übernächste und an die darauf folgende Generation denkt, eine ganz entscheidende Frage, dass wir das heute angehen und nicht das Morgen, die Zukunft schon heute verspielen.

Ich darf auf einige Punkte zu sprechen kommen, die in der Debatte angeschnitten wurden.

Punkt Verkehrsüberwachung. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bereich Verkehrsüberwachung können wir meines Erachtens nicht mehr tun, als wir ohnehin schon tun. Ich habe mich zu bedanken bei den Gendarmen und Polizisten, die auch an Wochenenden mit verstärktem Verkehrsaufkommen, zum Beispiel zu Ostern, zu Pfingsten, hervorragende Arbeit leisten. Gott sei Dank, Herr Abgeordneter Leikam, verspricht die Statistik für das heurige Jahr eine kleine Erleichterung. Das ist kein Erfolg des Ministers – so wie das auch in den letzten Jahren, vermute ich, nicht so sehr ein Erfolg des Ministers war –, sondern das ist ein Erfolg der Exekutive, die großartige Arbeit in der Prävention leistet, und es ist auch ein Erfolg der Aufklärung und der Zusammenarbeit mit den Medien, die auf die Gegebenheiten im Straßenverkehr hingewiesen haben.

Wir werden auf diesen Bereich noch wesentlich stärker eingehen müssen. Das bedeutet Aufklärung, speziell gemeinsam mit den elektronischen Medien, aber auch mit den Printmedien, um vor allem jugendliche Lenker auf die Verantwortung, die sie übernehmen, wenn sie aufs Gaspedal steigen, aufmerksam zu machen.

Zu Adonis. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin nicht bereit, eine Anweisung zu geben, die besagt: Wir investieren jetzt 8 Milliarden Schilling in ein System, das wir selbst betreiben. Wenn das System nämlich fertig ist, ist es technisch vermutlich schon wieder überaltert, und überdies wissen wir nicht, wie wir es bezahlen. Das ist nicht die Politik, die ich anstrebe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Und daher – im Übrigen in Übereinkunft mit den Verhandlern, wie ich dem Verhandlungsergebnis mit den Sozialdemokraten Anfang Jänner


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entnehme – haben wir uns das Adonis-Projekt als eines der ersten vorgenommen, und wir haben es entsprechend adaptiert. Ich habe hier auch zu danken sowohl dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit als auch dem Verantwortlichen der Gendarmerie, Herrn General ... (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Strohmeyer!) – Strohmeyer, auch einem Niederösterreicher kann es einmal passieren, dass ihm ein steirischer Name nicht sofort einfällt; General Strohmeyer. Sie haben dafür gesorgt, dass wir eine Adaptierung dieses Systems zustande gebracht haben, dass wir jetzt einen Feldversuch im Burgenland starten, um dieses System auszuprobieren. Hoffentlich erzielen wir auch gemeinsam mit den Blaulicht-Organisationen sehr rasch die notwendigen Erkenntnisse, um dort fortzusetzen, wo die Vorgänger durchaus sehr, sehr verantwortungsbewusst begonnen haben.

Zur Flugrettung darf ich auch sehr klar sagen: Ich bin nicht bereit, eine Investition freizugeben, bevor mir nicht klipp und klar erklärt wird, warum das Ministerium in einem Bereich Geld verliert, wo andere Geld machen. Das ist mir unverständlich, das verstehe ich nicht, und das muss mir zuerst jemand erklären. Ich sage Ihnen auch sehr offen: Wenn wir als Behörde nicht in der Lage sind, das ähnlich gut und professionell zu machen wie andere Organisationen – Vereine, auch Private –, dann bin ich dafür, dass wir sehr ernsthaft darüber diskutieren, die Aufgabe so zu übertragen, dass bei Aufrechterhaltung der Qualität für die Kunden eine Verbesserung und Erleichterung möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei Worte zum Zivildienst: Dass wir am 1. Juni und am 1. Oktober überhaupt Zivildiener einberufen können, das verdanken wir einem Rettungsprogramm, das die Beamten in den letzten Wochen ausgearbeitet haben. Ich wurde gerade gestern in der "ZiB 2" dafür kritisiert, dass ich jene Stellen gestrichen habe, die viel Geld bringen, und die Zivildiener jenen gegeben habe, die sie am notwendigsten brauchen, nämlich, Frau Abgeordnete Stoisits, den NGOs. Dafür bin ich, dafür trete ich ein, und das werde ich auch politisch durchfechten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein klares, offenes Wort auch zum Personal: Der schon erwähnten Unterlage von Herrn Abgeordnetem Kiss entnehme ich – ich war damals nicht dabei –, dass die Schaffung von 1 000 zusätzlichen Planstellen für die Sicherheitsexekutive in den nächsten vier Jahren von der SPÖ in den Verhandlungen abgelehnt worden ist. Das bedeutet, dass zu den von der vorigen Regierung gestrichenen 840 Planstellen im Dezember leider keine zusätzlichen Planstellen dazugekommen sind. Ich gestehe freimütig ein, dass mir das im vollen Ausmaß auch nicht gelungen ist, aber immerhin habe ich von den 840 Planstellen 420 retten können. Das ist nur ein Teilerfolg, aber es ist zumindest etwas, was man vorzeigen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Stoisits! Ich habe – darf ich das auch sehr offen sagen – das Wort "Fremdenrecht" nicht erfunden, ich verwende jedoch die Ausdrücke, die der Nationalrat beschlossen hat und die in unseren Gesetzen enthalten sind. Ich spreche mich auch hier vor dem Hohen Haus klar für eine Harmonisierung des Fremdenrechtes mit dem Arbeitsrecht aus. Ich weise sehr scharf die Ausführungen zurück, die ein so genannter französischer Experte in einer französischen Tageszeitung heute gemacht hat und in denen er den Innenministern Löschnak, Einem und Schlögl sowie Sektionschef Matzka große Ausländerfeindlichkeit vorwirft. Ich halte das für überzogen. Das ist nicht gerecht und nicht in Ordnung. Es ist mir egal, welcher Partei ein Minister angehört: Die Fremdenpolitik in unserem Lande ist im Großen und Ganzen sehr ordentlich gemacht worden, und wir stehen auch in diesem Regierungsprogramm dazu. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter  – in Richtung des Abg. Mag. Schlögl –: Da hätten Sie jetzt schon klatschen können, Herr Minister!)

Ich sage Ihnen, Frau Abgeordnete, zu Ihrem Ausspruch "Jeder soll eine Herberge haben" sehr offen: Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wenn Sie jemanden finden, der das zustande zu bringen vermag, dann nennen Sie mir den! – Ich darf Ihnen sehr offen sagen: Wenn es zu einer Wanderungsbewegung käme und nur ein Prozent der chinesischen Bevölkerung auswandern wollte, dann könnte ein 10-Millionen-Volk hier keine extremen Beiträge leisten können. (Abg. Dr. Van der Bellen: Die Chinesen?! – Ruf bei den Grünen: Es geht um die, die hier sind!) Wenn es zu einer großen Wanderungsbewegung aus dem russischen, aus dem


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ukrainischen Raum käme, würden wir keine entsprechenden Beiträge leisten können. Es würde uns schlicht nicht möglich sein, hier Herberge für alle zu schaffen. Wer das verlangt, der verlangt etwas Unmögliches oder bewegt sich in einem Bereich der Visionen, der mir nicht zugänglich ist. Ich sage das ganz offen hier vor dem Hohen Haus. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist die Frage des Zusammenlebens der Völker und die Frage, wie jemand aus einer furchtbaren Situation heraus dazu kommt, dass er sein Heimatland, seine Umgebung, sein persönliches Umfeld verlassen und in die Fremde gehen muss, das ist nicht allein eine Frage des österreichischen Fremdenrechtes, das ist eine Frage der internationalen Situation, und das ist auch eine Frage der Unterstützung und des Aufbaus der Länder und der Wirtschaft dort, wo diese Menschen leben.

Daher spreche ich mich auch gegen die Vorschläge aus, dass wir plötzlich mit "Green Cards" und allen möglichen Dingen hier Arbeit oder Beschäftigung gerade für jene schaffen, die durch ihre gute Ausbildung, durch ihr gutes Fortkommen ihre Familien auch dort in ihren Heimatländern erhalten können. Ich bin auch im diesem Fall dafür, dass die Daten pendeln und nicht die Menschen pendeln müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Ing. Herbert L. Graf. )

Ich sage auch das sehr offen und ohne Umschweife, Frau Abgeordnete: Natürlich gibt es im Bereich der Integration Ungerechtigkeiten. Ja, das ist so. Aber – ich darf das sehr gerne sagen, weil die zuständigen Gesetzesmacher hier sitzen und ihren großartigen Beitrag geleistet haben und weil auch die vorigen Regierungen und die vorigen Innenminister das Ihre dazu geleistet haben –: Wir haben in den Rechtsvorschriften zwei Möglichkeiten, um Ungerechtigkeiten auszuschalten: Das ist zum einen der § 10 Abs. 4, das ist zum Zweiten der Integrationsbeirat. Ich lade Sie ein: Schauen Sie sich um in der europäischen Gesetzeswelt, und Sie werden sehr wenige Beispiele finden, wo derart genau, punktgenau versucht wird, gegen Ungerechtigkeiten, die es zugegebenermaßen gibt, auch mit Hilfe solcher Instrumentarien Abhilfe zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stoisits: Aber, Herr Minister, es geht um Recht, nicht um Gnade!)

Ich habe mir fest vorgenommen, mich nicht mit Statistiken zu brüsten. Das ist nicht der Erfolg des Innenministers, das ist immer der Erfolg der Beamtinnen und Beamten. Dass wir gerade gestern wieder im Bereich der von Ihnen so gegeißelten organisierten Kriminalität, der internationalen Drogenkriminalität, 32 Festnahmen von Verdächtigen verzeichnen durften, die über große Kanäle aus Holland herein wöchentlich große Mengen an Drogen bis in die Wiener Unterwelt brachten, aber auch im Bereich des Menschenhandels und im Bereich der Waffenschieberei tätig gewesen sind – leider iranische, türkische und österreichische Staatsbürger –, ist ein großer Erfolg der Gendarmeriebeamten, der Polizeibeamten und des Kriminaldienstes, denen ich auch von dieser Stelle aus danken möchte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sparen, effizient Neugestalten, Straffen der Abläufe, Erhöhung der Geschwindigkeiten – ja, das sind Zielpunkte unseres Hauses. Die Leitlinie für polizeiliches Arbeiten ist Sicherheit und Hilfe. Wir lassen uns hier von drei Prinzipien leiten, und ich sage das auch sehr klar und plakativ: Wir wollen keine "Rambos" sein, wir sind keine "Rambos", und wir werden auch in Zukunft keine "Rambos" sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Reindl. ) Wir wollen nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit und dem Prinzip des Minimaleinsatzes arbeiten.

Daher ist klar, dass wir großes Augenmerk auf die Prävention legen, dass wir aber ganz sicher auch, wenn es hart auf hart geht, repressiv vorgehen müssen. Auch hier sage ich ein offenes Wort: In einem Dienstbetrieb von über 30 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, da ist es leider unmöglich, zu versprechen, dass keine Fehler passieren. Die gemeinsame Aufgabe der leitenden Damen und Herren unseres Hauses und der Dienststellen in den Ländern ist es, die Fehlerquellen möglichst zu minimieren. Das funktioniert – und ich darf das, auf Ihren Debattenbeitrag eingehend, auch hier wieder sagen – durch eine sehr genaue und zielgerichtete Vorgangsweise


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bei der Aufnahme, durch eine hervorragende Ausbildung unserer Gendarmerie- und Polizeischüler, durch eine Weiterbildung und durch eine fortwährende Schulung.

Ich möchte mich bei allen Verantwortlichen dafür, dass sie diese verantwortungsvolle Aufgabe sehr bewusst tragen, herzlich bedanken! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Sieben Punkte sind es, die ich mit meinen Mitarbeitern in unserem Haus in den nächsten Monaten sehr gezielt und intensiv verfolgen werde und möchte. Es ist dies die klare Umsetzung des Regierungsprogramms, das sich diese Regierung in meinem Bereich vorgenommen hat.

Zum Ersten geht es um den Bereich der organisierten Kriminalität: Jawohl, ich habe die Vorlage zur Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen gegen das Schlepperunwesen vorgestern im Ministerrat eingebracht. Ich bitte das Hohe Haus, dem zuzustimmen. Ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt auch in der Prävention ist.

Wir wollen im Bereich der Schubhaftorganisation weiterarbeiten, sowohl was die Schubhaftplätze als auch die bessere Organisation in der Abwicklung betrifft.

Wir werden die internationale Zusammenarbeit intensivieren, vor allem mit unseren Nachbarländern. Es haben sehr ermutigende Gespräche mit den Kollegen in Bayern, in der Slowakei und in Ungarn stattgefunden. In Bälde werde ich mit den Slowenen, mit den Italienern und mit den Schweizern zusammenkommen. Mein Ziel ist es, dass wir sowohl an der Schengen- als auch an der Außengrenze eine ähnlich gute und intensive Zusammenarbeit erreichen können, wie das mit unseren bundesdeutschen Kollegen bereits der Fall ist. Das bringt die größte Sicherheit für unsere Republik und für unsere Bürger.

Ich habe das Sicherheitspolizeigesetz mit der erweiterten Gefahrenerforschung eingebracht, und ich stehe dazu: Wir brauchen dieses Mittel, scharf und genau kontrolliert durch entsprechende anwaltschaftliche Tätigkeit, damit wir hier weiterkommen.

Ich werde eine Zivildienstreform an Haupt und Gliedern durchführen.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass mir der Zivilschutz ein hohes Anliegen ist.

Schließlich werde ich im Bereich des Vereinswesens und auch, was das Melderegister betrifft, versuchen, zu einem raschen Abschluss der Arbeiten zu kommen. Sie sind notwendig, damit wir die Wahlen und auch den Finanzausgleich entsprechend abwickeln können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte.

20.21

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Kiss, du hast die Rednerliste von uns am Anfang gleich moniert. Bitte, sei uns nicht böse, aber die Reihenfolge der Redner beschließen wir! Dass unser ehemaliger Minister am Schluss einiges anzumerken haben wird, das zeichnet sich an den jetzigen Wortmeldungen schon ab. – Nur, dass das einmal gesagt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Was die Anspielung auf die Gendarmeriestrukturreform und auf die Postenschließungen, wie du gesagt hast, betrifft, so muss ich dir schon sagen: Die waren sehr wohl mit euch akkordiert! Mit dem ehemaligen Sicherheitssprecher Pirker war das, falls du das vergessen haben solltest, ganz genau abgestimmt!

Darüber hinaus möchte ich dir sagen, dass sich das System der Sektorstreifen mehr als bewährt hat. Du weißt das ganz genau, denn du kennst die Situation. Wenn man heute draußen mit den Leuten redet, so erhält man bestätigt, dass sich die Sektorstreife ganz hervorragend bewährt hat. Diese ist im Zuge dieser Reform geschaffen worden.


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Ich möchte noch eines in Richtung von Frau Kollegin Partik-Pablé sagen, und zwar in Bezug auf die Anfragen, die hier wegen der Minimierung der Gendarmerieposten gekommen sind: Entschuldigen Sie, aber wenn es um 181 Gendarmen weniger gibt, dann wird es mir und anderen Abgeordneten doch zustehen, zu fragen, um wie viele es in ihrem jeweiligen Bezirk weniger werden! Das ist mein gutes Recht, und das lasse ich mir auch von Ihnen nicht streitig machen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zum Spezialthema "Funk" melden, weil ich weiß, dass dieses Thema für die Exekutive und für die übrigen Blaulicht-Organisationen ein sehr wichtiges ist. Jene Einheiten, die dann schnell und verlässlich da sein müssen, wenn wir in Not sind, brauchen einen guten Funk wie einen Bissen Brot. Nicht jeder weiß, was in diesem Zusammenhang mit dem Wort ADONIS gemeint ist: Das ist ein Bündelfunksystem der Superlative, basierend auf dem Europasystem TETRA 25 – das ist die gängige Bezeichnung für "Terrestrial Trunked Radio". (Abg. Jung: Wenn Sie glauben, dass Sie das damit erklärt haben, dann irren Sie sich!)  – Auf Sie komme ich noch, Herr Kollege! (Abg. Jung: Jetzt haben Sie nur verwirrt!)  – Dieses System ist, was den Funk betrifft, sowohl in der gesamten Exekutive als auch bei allen Blaulicht-Organisationen die Zukunft.

Da stellt sich natürlich für den Laien sofort die Frage: Ja, brauchen wir das denn? Ist denn das jetzt überhaupt notwendig, wenn wir ohnehin Budgetprobleme haben? – Ich sage es gleich: Jawohl, wir brauchen das, und zwar ganz dringend! (Abg. Neudeck: Aber, Herr Kollege, wie funktioniert das technisch?)

Das Funknetz der Gendarmerie – das sollen Sie wissen, meine Damen und Herren – stammt aus dem Jahre 1964. Das 2-Meter-Band schafft einen Bereich von 20 Kanälen, das System ADONIS bietet 800 Kanäle an. (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Der Kriminaldienst arbeitet auf Geräten der Marke uralt, und jeder Kriminelle – nicht nur die Kriminellen, auch andere – ist in der Lage, alles abzuhören, was sich auf diesem Medium abspielt. Das kann es doch wohl nicht sein! Die Kriminellen dagegen arbeiten mit einem Funksystem der Marke Jahr 2000. – Das ist natürlich kein Zustand, den wir akzeptieren können.

Meine Damen und Herren! Es geht auch um die Sicherheit der Beamten selbst, und es gibt Funkschatten. Wenn jemand das nicht weiß: Das sind ganze Teile des Landes, wo wir keinen Funkempfang haben. (Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Das ist auch für den Selbstschutz der Gendarmen von ganz entscheidender Bedeutung.

Bei dieser Gelegenheit noch etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren: 96 Prozent des Bundesgebietes betreut die österreichische Bundesgendarmerie – das muss auch einmal gesagt werden –, und 66 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesministerium für Inneres hat all die Jahre – Löschnak, Einem, Schlögl – nicht geschlafen. Ich glaube, wir sollten einmal zurückblicken – und ich rufe hier all jene als Zeugen auf, die mit mir gemeinsam im Jahre 1990 hier hereingekommen sind und im Innenausschuss gearbeitet haben – und daran denken, wie die Situation war. Rufen Sie sich noch einmal die Gendarmerieposten und die Polizeikommissariate von damals in Erinnerung, sehen Sie sich an, wie die Beamten heute ausgerüstet sind, und hauen Sie nicht ununterbrochen auf die vorigen Minister hin! (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um noch etwas klarzustellen: Im Jahre 1996, Frau Kollegin, hat der Generaltruppeninspektor unter Minister Einem für ein ressorteinheitliches Funksystem plädiert. Der Bundesminister für Inneres Schlögl hat im Herbst 1997 den Auftrag gegeben, in das System auch die Behörden und Institutionen, die für den Sicherheitsbereich zuständig sind, einzubinden. Die intensiven Vorgespräche mit Rotem Kreuz, Feuerwehr, Bundesheer, Zoll, Justiz und Bergwacht begannen am 12. Dezember 1997. – Das sind die Fakten, Frau Kollegin. Über diese kann man nicht einfach hinweggehen!

Was sind die Vorteile des Systems ADONIS? – Gemeinsame Kommunikation im Katastrophenfall, Bündelung von Organisationsgruppen im Einzelfall und Einbindung in das Telekom- und Mobilnetz.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch etwas sagen: Wenn man, so wie ich, lange Jahre Einsatzleiter bei der Stadtfeuerwehr Amstetten war und alle Kurse, bis zum höheren Feuerwehrlehrgang, absolviert hat, dann weiß man, wovon man redet. Der Funk zwischen den überörtlichen Kräften ist eine ganz wesentliche Sache, und daher kann ich es absolut nicht verstehen, wenn man diesen als Spielerei hinstellt.

Meine Damen und Herren! Das ist keine Spielerei! Das ist ein notwendiges Handwerkszeug für Einsatzkräfte. Es ist eigentlich klar – und jeder, der dabei war, weiß, wovon ich rede –: Wenn wir bei der Hochwasserkatastrophe in St. Pölten, bei der ich auch am Einsatz teilgenommen habe, oder bei den anderen großen Katastrophen damals ein Funksystem gehabt hätten, das übergreifend funktioniert hätte, dann hätten wir mit Sicherheit noch viel mehr Erfolg aufzuweisen gehabt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass die Sache jetzt geklärt ist, Herr Bundesminister, und dass, wie Sie gesagt haben, das System jetzt auf einer Basis der Anmietung – wie immer das ist – kommt. Das System muss kommen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie ich Ihnen gesagt habe: Wenn die Gendarmerie ein Gerät der Marke Jahrgang 1964 hat, dann muss sie neu anschaffen. Wenn jetzt die Gendarmerie neu anschaffen würde, und zwar eine neue Sorte von Funkgeräten, dann könnte wieder keiner mit einem anderen kommunizieren, und das wäre eine Katastrophe. Daher ist es von ganz entscheidender und elementarer Bedeutung, dass jetzt die Weichen für ein Funksystem gestellt werden, das allen Blaulicht-Organisationen und damit der Bevölkerung zugute kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte am Schluss allen Angehörigen des Bundesministeriums für Inneres meinen vollen Respekt für alle ihre Einsätze im abgelaufenen Jahr bekunden. Ich kann mich Gott sei Dank laufend davon überzeugen, dass sie hervorragend arbeiten, und ich wünsche mir, dass das auch in Zukunft so weitergehen wird, mit einem guten Funknetz der Marke ADONIS! – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war eine Werbeeinschaltung! – Abg. Kiss: ... hervorragende Arbeit, aber ...! – Abg. Leikam  – in Richtung des Abg. Kiss –: Du hast ja auch die halbe Presseaussendung erzählt!)

20.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. – Bitte.

20.29

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr General! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Toni Leikam, da du die oppositionelle "untere Schublade" aufgemacht hast (Abg. Leikam: Bitte?), möchte ich auch einige Anmerkungen zu deinen Problemen, die du angesprochen hast, machen. (Abg. Leikam: Jetzt reden wir nicht über die ..., jetzt reden wir einmal über etwas anderes!) Ich bin sehr froh darüber, dass unser Sicherheitssprecher über die zusätzlichen 1 000 Planstellen, über ADONIS, aber auch über die Anschaffung von Hubschraubern gesprochen hat und auch darüber, dass das nur auf Grund des Vetos des SPÖ-Finanzministers nicht zustande gekommen ist. (Abg. Leikam: Ihr wisst das besser!)

Meine Damen und Herren! Lieber Toni Leikam! Ich möchte auch noch auf andere Versprechungen eingehen, die nicht eingehalten wurden, zum Beispiel auf jenes Versprechen, dass im exekutiven Außendienst nicht gespart werden darf. Tatsache ist: Seit dem Jahre 1995 wurden allein bei der Gendarmerie 649 Planstellen gestrichen. – Versprochen, aber nicht gehalten!

Der zweite Punkt, lieber Toni Leikam, war die Ankündigung, dass die Schubhaftplätze in Niederösterreich geschaffen werden sollen: Angekündigt, aber nicht eingetreten! (Abg. Leikam: ... Anfragebeantwortung des Ministers!) Unser Herr Minister Strasser hat hier schon die entsprechenden Gespräche geführt. (Abg. Leikam: Andere Platte auflegen!)

Weiters wurde angekündigt, dass das Kompetenzfiasko rund um die Zollwache bereinigt werden soll: Angekündigt, aber nicht gehalten!


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27. Sitzung / Seite 93

Es hat immer wieder die Ankündigung betreffend die SIAK gegeben. Ich kann mich erinnern, da gab es Spatenstiche und dergleichen. Es war das letzte Jahr so, dass Gott sei Dank mit der Baulichkeit begonnen wurde, aber ohne Budget und ohne die zusätzlichen Planstellen zu haben. (Abg. Mag. Schlögl: Aber das wird ja fertig im Herbst, Platter!)

Es wurde angekündigt, dass im Bereich der Bundespolizei Schwechat Personal aufgestockt werden soll. (Abg. Mag. Schlögl: Das wird ja fertig im Herbst!) Angekündigt, aber nicht durchgeführt!

Zum Schluss, meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege, noch ein Wort zu der vor der Wahl angekündigten erweiterten Gefahrenerforschung: Ich freue mich schon auf die Beschlussfassung betreffend die Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes. Da sind Sie alle eingeladen, mitzustimmen, damit diese erweiterte Gefahrenerforschung kommt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Problem ist mit Sicherheit nicht Innenminister Schlögl gewesen, der sehr engagiert gearbeitet hat; das Problem war nicht Innenminister Löschnak – von Einem rede ich nicht –, das Problem ist tatsächlich der schwere linke Klotz der SPÖ, durch den es nicht möglich war, eine vernünftige Innenpolitik zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Im Zuge dieser Budgetdebatte möchte ich – man soll ja nicht nur von den Einnahmen reden, sondern auch von den Ausgaben – auf eine wichtige Ausgabenposition hinweisen, die wir in den letzten Wochen zu verzeichnen gehabt haben, und zwar durch die Demonstrationen. Die Demonstrationen gegen die neue Regierung – es waren bis jetzt, von Februar bis Mai, 105 oder noch mehr – haben bisher zirka 40 Millionen Schilling gekostet (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ohne den Schaden!), und der Sachaufwand beziehungsweise der Schaden betrug zirka 10 Millionen Schilling.

Unabhängig von diesem Kostenfaktor – das Geld, zirka 50 Millionen Schilling, geht uns selbstverständlich ab – gibt es bei den Demonstrationen Vorgangsweisen und Entwicklungen, die mich nachdenklich stimmen. (Zwischenruf der Abg. Parfuss. ) Grundsätzlich möchte ich feststellen, dass ich mich zur Demonstrationsfreiheit bekenne. Das ist ein Grundrecht, und das Bekenntnis dazu ist ein ganz klares. Bedenklich ist aber, dass viele dieser Demonstrationen nicht angemeldet waren – es war kein Veranstalter da und dergleichen mehr –, was es sehr schwierig macht, zu agieren. Erfreulicherweise hat es die Exekutive so gehandhabt, dass diese Demonstrationen trotzdem zugelassen wurden, damit es zu keiner Eskalation kommt.

Bedenklich ist, dass bei diesen 105 Demonstrationen 54 Exekutivbeamte verletzt wurden. Bedenklich ist, dass wir 226 Sachbeschädigungen haben, davon 32 Streifenfahrzeuge. Bedenklich ist, dass bei dieser Demonstration verschiedene Gruppierungen nicht auf friedliche Demonstrationen aus waren, sondern dass gerade durch den Schwarzen Block gezielt Gewaltausübung angeordnet wurde. Es wurde angeordnet, dass die Polizisten mit Steinen und Flaschen beworfen werden. (Abg. Freund: Das ist eine Gemeinheit! – Zwischenruf des Abg. Gaál. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Grünen! Ich verstehe überhaupt nicht, was Frau Petrovic hier sagt: Es stört sie, dass getarnte Fahnder sich in den Block gewaltbereiter Anarchos mischen. – Nur so ist es möglich, dieser habhaft zu werden! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)  – Daran sieht man eben ganz klar die Einstellung der Grünen.

Meine Damen und Herren! Bedenklich ist auch, dass die Schüler in Wien instrumentalisiert werden. Das ist doch unglaublich, was hier passiert!

Darüber hinaus ist bedenklich, dass verbale Gewalt ausgeübt wurde, wenn es hieß: "Schüssel, Haider an die Wand!" – Wo sind wir eigentlich? Wer hat sich davon distanziert? – Ich habe von den Grünen und von der SPÖ niemanden gehört. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. )


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27. Sitzung / Seite 94

Bedenklich ist darüber hinaus – und ich lehne es ab –, dass Sie, meine Damen und Herren der Grünen und der SPÖ, bei diesen Demonstrationen dabei waren, dass ein ehemaliger Bundeskanzler und ehemalige Minister, beispielsweise Klima, Vranitzky und Einem, mit dabei waren – vielleicht sogar mit der Trillerpfeife (Zwischenruf des Abg. Gaál )  – und dass sogar die SPÖ-Gendarmeriegewerkschaft (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé ) von Niederösterreich schriftlich zur Teilnahme an dieser Demonstration aufgerufen hat – wir haben das schriftlich, meine Damen und Herren! –, bei der dann eigene Kollegen verletzt wurden. (Abg. Gaál: Viele Tiroler Gendarmen!)

Meine Damen und Herren! Ich sage auch – und ich lehne das zutiefst ab! –, dass ein General Schnabl – und ich sage es noch einmal – ebenfalls mitdemonstriert hat. Er kann hundertmal sagen, dass er nicht dabei war (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), denn er selbst war jener, der gegen die Regierung eine Kerze angezündet hat! (Zwischenruf des Abg. Dr. Grünewald. )

Meine Damen und Herren! Das ist untragbar! (Abg. Gaál: Zu viele Tiroler Gendarmen!) Dieses Verhalten, meine Damen und Herren der SPÖ und der Grünen, ist untragbar. Die Wähler haben ein wunderbares Bild von Ihnen bekommen!

Zum Schluss kommend, meine Damen und Herren: Bundesminister Strasser hat seine Feuertaufe bei den Demonstrationen, aber auch durch diese vielen bereits eingeleiteten gesetzlichen Maßnahmen hervorragend bestanden. – Ich gratuliere, Herr Minister Strasser, zu all dem, was bis jetzt passiert ist, und ich gratuliere den Exekutivbeamten zu ihrem Verhalten bei den Demonstrationen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Schluss ein Wort zu Wolfgang Schüssel – weil Frau Stoisits ihn angesprochen hat –, der gewaltig attackiert wurde: Meine Damen und Herren! Ein Mann, der das letzte halbe Jahr ausgehalten hat – Wahlauseinandersetzung, Koalitionsgespräche SPÖ – ÖVP, gescheitert durch die SPÖ, Koalitionsgespräche mit der FPÖ, Regierungsbildung, Demonstrationen im Inland, Sanktionen im Ausland, unglaubliche Hetzkampagnen der SPÖ und der Grünen, internationaler Medienwirbel –, wer das aushält (Abg. Dr. Grünewald: Ist ein Held!) und in dieser Situation ruhig, gelassen und äußerst kompetent agiert, wer neben diesen Anfeindungen mit der neuen Regierung und Koalition darüber hinaus wichtige Reformschritte einleitet, meine Damen und Herren, kann nur der Bundeskanzler der Republik Österreich sein: Wolfgang Schüssel! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gratuliere zu diesen ersten hundert Tagen, ich gratuliere zu diesem Budget, und ich bin der Überzeugung, dass wir gemeinsam auch diesen Schuldensack, der sich seit 30 Jahren angesammelt hat, noch bewältigen werden! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Den müssen wir selig sprechen, den Wolfgang! – Abg. Dr. Lichtenberger:  ... auf den Heiligen Stuhl!)

20.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

20.38

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf den Bereich Zivildienst eingehen, weil genau der Zivildienst jener Bereich ist, Herr Minister, den Sie nicht nur budgetär rechtfertigen können, sondern da geht es schließlich auch um eine politische Stoßrichtung der ÖVP und der Freiheitlichen: Sie wollen den Zivildienst reduzieren und letztendlich unmöglich machen! (Abg. Kiss: Vorigen Freitag haben Sie die Fakten nicht wahrhaben wollen! – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Ich werde Ihnen heute noch beweisen, dass ich Recht habe. Minister Strasser hat ja gestern in der "ZiB 2" auf die Frage, was es denn jetzt im Grunde genommen im Zivildienstbereich an Einsparungen gibt, berechtigterweise keine Antwort gewusst. Es gibt in Summe im Zivildienstbereich nämlich keine Einsparung, sondern mittel- und langfristig werden sich die Kosten im Zivildienst drastisch erhöhen! – Darauf möchte ich dann noch näher eingehen.


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27. Sitzung / Seite 95

Ich möchte zuerst einmal auf Frau Partik-Pablé zurückkommen und ein paar Richtigstellungen machen, weil ich glaube, Frau Partik-Pablé, dass Sie vielleicht, was die medizinische Seite betrifft, relativ wenig oder gar keine Ahnung haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: O ja! Ich habe einmal Medizin studiert!) Ich kenne mich auch nicht so gut aus, aber ich kann Ihnen zum Beispiel sagen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe Medizin studiert!)  – horchen Sie zu, da können Sie jetzt noch etwas dazulernen! –, dass die Handwurzelknochen-Untersuchungen, die das Alter eines Menschen aufzeigen sollen – gerade, wenn es um Minderjährigkeit geht –, nicht die Möglichkeit bieten, das auf Monate genau abzuschätzen, sondern dass es nur ungefähr auf Jahre abgeschätzt werden kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da geht es ja um Jahre!) Bei diesen Menschen aber geht es teilweise um Monate, wenn festgestellt werden soll, ob sie volljährig oder minderjährig sind. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Ich kann Ihnen, wenn Sie einen Beleg dafür haben wollen, sehr gern auch den Befund meiner Handwurzelknochen-Untersuchung bringen! Stellen Sie sich vor: Nach diesem Befund würde ich wahrscheinlich die Pension für 15 Jahre nachbezahlt bekommen, ich habe nämlich eine Knochendichte wie eine Achtzigjährige! Das ist die Realität! Tun Sie also nicht so, als ob Sie sich im medizinischen Bereich auskennen würden, denn das ist ganz einfach nicht der Fall! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ– Zwischenruf des Abg. Jung. )

Ich kann Ihnen aber auch Unterlagen von nicht behinderten Menschen bringen, die mit sechzig oder mit siebzig Jahren wieder für zehn bis 15 Jahre arbeiten hätten gehen müssen, wenn sie aufgrund der Handwurzelknochen-Untersuchung für die Pension eingestuft worden wären. – Aber das nur am Rande. Ich möchte Ihnen nur sagen, Frau Partik-Pablé – und das wissen Sie mindestens genauso gut wie ich –, dass es nicht nur um die Handwurzelknochen-Untersuchung geht, sondern dass bei Menschen, egal wie alt sie sind, speziell bei Ausländerinnen, auch Schamhaarwachs-Untersuchungen beziehungsweise Schädelvermessungen gemacht werden und dass sie auf Grund ihrer Gestalt und ihrer Körpergröße geschätzt werden. (Abg. Jung: In Summe gibt es 70 Merkmale!) Auf diese Weise können Sie über die Zukunft oder Nicht-Zukunft eines Menschen wesentlich bestimmen, und ich meine, das darf in Österreich nicht mehr gemacht werden, dagegen müssen wir uns ganz eindeutig verwahren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie soll man es dann bestimmen, Frau Abgeordnete?)

Jetzt möchte ich aber zu einem anderen Punkt kommen, und in diesem Zusammenhang muss ich mich leider wieder an Frau Partik-Pablé wenden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Frau Partik-Pablé! Ich höre Sie jetzt nicht, denn ich habe mein Hörgerät ausgeschaltet, und das mit gutem Grund! Ich höre Ihre Zurufe jetzt nicht, und ich weiß, warum ich das Hörgerät ausschalte! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.) Als Beweis dafür lege ich es jetzt hier auf das Pult, dann können Sie sich Ihre Zwischenruferei sparen!

Jetzt zum nächsten Bereich: Frau Partik-Pablé! Sie unterscheiden auch nicht zwischen Friedensdienst und Gedenkdienst: Beim außerordentlichen Zivildienst geht es nicht um den Friedensdienst, sondern ausschließlich um den Gedenkdienst. Halten Sie das gefälligst einmal auseinander! Für den Friedensdienst werden keine Zivildiener zur Verfügung gestellt, sondern ausschließlich für den Gedenkdienst im In- und im Ausland, und den haben wir in Zeiten wie diesen mehr als notwendig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ– Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen, Frau Partik-Pablé, denn ich habe bei Ihrer Rede fleißig mitgeschrieben: Sie haben kritisiert, dass das Rote Kreuz nur 1 228 S pro Monat und Zivildiener bezahlen muss, andere Einrichtungen hingegen bis zu 7 800 S. –. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das hat der Minister gesagt!) Frau Partik-Pablé! Der ÖVP ist fast die Luft weggeblieben, denn die ÖVP war jene Partei, die dafür gesorgt hat, dass die Rot-Kreuz-Organisationen – ob das berechtigt ist oder nicht, will ich hier gar nicht diskutieren – nur 1 228 S zahlen müssen. Sie sollten sich besser mit Ihrem Koalitionspartner absprechen, bevor Sie solche Meldungen machen! Aber ich gebe Ihnen eine Chance: Ich werde einen Antrag einbringen, nach welchem alle Organisationen in Zukunft denselben Kostenbeitrag zahlen sollen. Diesbezüglich bin ich ganz bei Ihnen! Aber sprechen Sie sich mit Ihrem Regierungspartner ab! Denen ist nämlich wirklich


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27. Sitzung / Seite 96

die Luft weggeblieben, dass gerade Sie das, was sie jahrelang für sich und ihre Rettungsorganisationen erkämpft haben, als Regierungsfraktion und nicht als Oppositionspartei zur Diskussion stellen. Sie dürfen nicht vergessen: Sie sind jetzt Regierungspartei! In gewissen Bereichen wissen Sie das schon, aber es gibt immer wieder Situationen, in denen Sie das ganz einfach vergessen! Das ist menschlich und gehört dazu. Ich entschuldige Ihnen das sogar. Es passt schon, dass es so ist! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Frau ist ein Wahnsinn!)

Herr Minister Strasser! Nun zu Ihnen: Es stimmt nicht, dass die Tatsache, dass es jetzt bei der Juni-Zuweisung überhaupt noch Zivildiener gibt, auf ein Rettungsprogramm zurückzuführen ist. Das stimmt nicht! Es kann zwar sein, dass es sich um ein Rettungsprogramm für Sie als Minister handelt, damit Sie und die Koalitionspartner FPÖ und ÖVP im Einklang stehen. Es ist möglich, dass es in diese Richtung ein Rettungsprogramm war, es ist aber sicherlich kein Rettungsprogramm, wenn es um die finanziellen Ressourcen und Möglichkeiten des Zivildienstes geht.

Herr Minister! Ich glaube Ihnen, dass Sie in einer unglücklichen Position waren und vielleicht noch immer sind. Warum hätten Sie nämlich sonst versucht – und das ist sehr offensichtlich, aber wahrscheinlich haben Sie es privat getan –, zumindest für Niederösterreich noch zu retten, was zu retten ist. Ich sehe mir jetzt die Zuweisungen für den Monat Juni 2000 an: Laut dieser Unterlage bekommt Niederösterreich – siehe da! – in 14 Tagen in jenen Bereichen, in welchen es noch Zivildiener gibt, ganz offensichtlich die meisten Zivildiener! Das heißt, dort besteht die höchste Auslastung. Ich beweise Ihnen das anhand eines Beispiels: Im Bereich 3d – Dienstleistungen auf dem Gebiet der Altenbetreuung – bekommt Niederösterreich 56 Prozent der angeforderten Zivildiener. In allen anderen Bundesländern liegt die Zuweisung hingegen zwischen 0 Prozent und 7 Prozent der angeforderten Zivildiener. (Zwischenruf des Abg. Kampichler. ) Die Sache ist relativ offensichtlich, darüber brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Das liegt uns vor in Form einer wirklich ausführlichen Anfragebeantwortung, aus der man tatsächlich sehr viel herauslesen kann.

Ich bin froh, dass in Niederösterreich 56 Prozent der Zivildiener dem Altenbereich zugewiesen werden, ich bin aber unglücklich darüber, dass Sie das nicht auch in den anderen Bundesländern gemacht haben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Kritik, Herr Minister, muss ich ganz einfach üben, weil es meiner Meinung nach ungerecht ist, wie die Zivildiener bundesländerweise verteilt sind. Das ist ganz einfach ungerecht, denn warum sind die Menschen in Niederösterreich besser versorgt als zum Beispiel in Oberösterreich oder im Burgenland? Warum sind dort die Einrichtungen mit weniger Zivildienern versorgt? Werden diese Menschen nur deshalb benachteiligt, weil sie zufällig nicht in Niederösterreich leben und der Landeshauptmann zufällig nicht Pröll heißt und weil sie zufällig nicht aus den Reihen beziehungsweise Stuben von Landeshauptmann Pröll kommen? Wie kommen die Leute in den anderen Bundesländern dazu? Da besteht Erklärungsbedarf, Herr Minister! (Abg. Neudeck: Herr Minister! Schalten auch Sie Ihr Hörgerät aus!) Aber Sie werden mir das sicherlich heute noch sagen!

Jetzt komme ich aber wirklich zum Budget: Herr Minister! Das Budget, das Sie im Budgetausschuss zum Bereich Zivildienst vorgelegt haben, stimmt hinten und vorne nicht! Die Zahlen, die Sie uns geliefert haben, kann selbst ich – und ich bin nur Buchhalterin – ganz klar nachrechnen! Hätten Sie diese Arbeit als Schularbeit abgeliefert, dann wären Sie mit Nicht genügend ausgestiegen! Und wenn es viele Nicht genügend in einer Klasse gibt, dann wird die Schularbeit wiederholt.

Deshalb, Herr Minister, stelle ich heute folgenden

Antrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde


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27. Sitzung / Seite 97

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die unterfertigten Abgeordneten beantragen, die Regierungsvorlage 60 und Zu 60 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes an den Budgetausschuss zurückzuverweisen.

*****

Ich stelle diesen Antrag deshalb, damit im Budgetausschuss endlich die Nacharbeit geleistet wird, die notwendig ist, damit die Regierungsvorlage wirklich den Inhalt hat, den sie haben müsste!

Ich sage Ihnen auch, wo die großen Brocken begraben liegen und wo es nicht stimmt: Beim Familienunterhalt und der Wohnkostenbeihilfe wurden die Posten um beinahe 50 Prozent niedriger veranschlagt, obwohl, Herr Minister, die Zahl der Zivildiener bei weitem nicht in diesem Ausmaß fällt. – Wie gibt es denn das? Bei den Pauschalvergütungen für Zivildiener veranschlagen Sie nur eine geringe Erhöhung, nämlich von 155,5 Millionen auf 175,8 Millionen Schilling. Das kann nicht stimmen, denn Sie haben doch mit der Novelle, die mit 1. Juni in Kraft tritt, die Pauschalvergütung entsprechend erhöht! Dieser Posten muss deshalb klarerweise um einen wesentlichen Betrag höher sein!

Herr Minister! Im Kapitel 7281/900 geht es gemäß § 41 (2) um die Ersätze betreffend Unterbringung, Verpflegung, Arbeitskleidung der Zivildiener et cetera et cetera. Dazu kommen die Einschulung und der Grundlehrgang. Herr Minister! Sie haben gegenüber dem Vorjahrsbetrag von 269 Millionen Schilling nun einen Betrag von 243 Millionen Schilling veranschlagt. – Auch dieser Betrag kann nicht stimmen, denn all das, was ich Ihnen vorgelesen habe, gibt es nicht mehr! Daher muss dieser Posten ganz anders ausschauen!

Herr Minister! Auch einnahmenseitig stimmt einiges nicht. Sie haben zuerst mit Recht gesagt, dass Sie nicht darauf geschaut haben, welche Zivildiensteinrichtungen mehr oder weniger das meiste für die in Anspruch genommenen Zivildiener wieder zurückzahlen, sondern dass es Ihnen ausschließlich darum gegangen ist, die NGOs, unabhängig von der Kostenrückerstattung, bevorzugt zu behandeln.

Herr Minister! Wenn dem so ist – und dass es sich so verhält, hat sich ja inzwischen gezeigt –, dann sind die Kosten, welche die Einrichtungen an das Ministerium rücküberweisen, viel, viel niedriger, als Sie einnahmenseitig in Ihrem Budget ausweisen! Wie gibt es denn das, Herr Minister? Das müssen Sie mir erklären! Ich bin Buchhalterin und kenne mich in diesem Bereich aus! Wo ich mich aber nicht mehr auskenne – und Sie wahrscheinlich auch nicht –, das ist in Ihrem Budget. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister! Das sind die Gründe, warum ich die Rückverweisung an den Budgetausschuss fordere. Wir hier in diesem Hause, Herr Minister, müssen sehr wohl von der neuen Bundesregierung erwarten können, dass Budgetzahlen, die vorgelegt werden, zumindest im Ansatz stimmen und nicht irgendwelche Zahlen sind, die man irgendwo zusammenklaubt und nach dem Motto ins Budget schreibt: Hauptsache, es steht etwas drinnen! So geht es ganz einfach nicht, Herr Minister! Sie gehören der Regierung an, die gesagt hat, dass sie neu regieren will. – Mit diesem Budget sind Sie jedoch eine Regierung, die sich neu blamiert, und dass wir darauf hinweisen, müssen Sie sich von uns gefallen lassen! (Beifall bei den Grünen.) Dieses Zahlenmaterial an die Öffentlichkeit zu bringen, wird Ihnen eine Blamage bescheren, die Sie nicht mehr wettmachen können.

Herr Minister! Sie haben davon gesprochen, dass es im Herbst eine Novellierung des Zivildienstes geben wird, und das ist doch wohl ein Eingeständnis, dass die Novelle, die Sie jetzt auf undemokratische Art und Weise durchgedrückt haben, ein Pfusch ist. Warum würden Sie denn sonst auf die Idee kommen, dass Sie, bevor diese Novelle überhaupt in Kraft tritt – nämlich mit 1. Juni –, bereits Mitte Mai, also schon 14 Tage vorher, ankündigen: Das müssen wir sowieso novellieren, das ist insgesamt nichts geworden. – Wir haben Ihnen gesagt, dass das ein Pfusch ist. Sie haben uns das jedoch nicht geglaubt, aber im Endeffekt haben Sie es mir jetzt bestätigt.


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27. Sitzung / Seite 98

Her Minister! Ich bin seit 1985 mit dem Zivildienstgesetz vertraut. Ich war jahrelang Zivildienst-Beauftragte in einer Einrichtung, und ich weiß, worum es geht, Herr Minister! Deshalb wäre es meines Erachtens notwendig, dass Sie jetzt eine Arbeitsgruppe einrichten. Sie müssen ja nicht mich einladen. Das schreibe ich Ihnen gar nicht vor! (Abg. Mag. Stoisits: Das wäre aber eine gute Idee!) Aber laden Sie Leute ein, die etwas davon verstehen! Ich kann Ihnen Namen nennen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe, mit der Sie Besprechungen im Vorfeld vorgenommen haben – und als Ergebnis ist dann diese Novelle herausgekommen, die ab 1. Juni Gültigkeit hat –, waren Leute, die Sie ausgesucht haben und die von diesem Thema wahrlich nichts verstehen! Das ist hier schwarz auf weiß sichtbar! (Beifall bei den Grünen.)

Bitte machen Sie noch eine Fleißaufgabe beziehungsweise eine Nachschularbeit, denn ohne diese wird es auch im Zivildienstbereich nicht gehen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Vergessen Sie Ihr Hörgerät nicht, Frau Abgeordnete! – Abg. Haidlmayr  – das Rednerpult verlassend –: Ich hab’s schon wieder drinnen, denn ohne dem ...!)

20.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der von Frau Abgeordneter Haidlmayr vorgetragene Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit zur Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

20.55

Abgeordneter Ernest Windholz (Freiheitliche): Hoch geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Erstredner der Sozialisten, der Obmann des Innenausschusses, Leikam, hat ausgeführt, dass er auf Grund der Regierungsbildung schwarz beziehungsweise blau-schwarz für die Exekutive sieht. Er hat das allerdings negativ gemeint. – Ich darf Ihnen sagen: Genau das Gegenteil ist der Fall: Die Exekutive lebt förmlich auf, seit die Freiheitlichen in der Regierung Mitverantwortung tragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Leikam hat gejammert, dass es zu geringfügigen Kürzungen im Planstellenbereich kommt. Herr Kollege Leikam! So schnell geht es halt! Sie können sich offenbar nicht mehr daran erinnern, was die SPÖ im Bereich der Sicherheit in den letzten Jahren alles gemacht hat! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Innenminister Schlögl war als Beamten-Staatssekretär für das Doppelbudget 1996/1997 verantwortlich. Wissen Sie noch, wie viele Planstellen damals vernichtet wurden? – Ich werde es Ihnen sagen: 958 Planstellen wurden im Bereich der Exekutive gekürzt! Aber jetzt kritisieren Sie diese Regierung, die einen Schuldenberg von Ihnen übernommen hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dass Sparsamkeit ein Gebot der Stunde ist, ist klar. Allerdings ist das "Argument", dass weniger Exekutivplanstellen weniger Sicherheit bedeuten, unzutreffend! Wichtig wird vielmehr sein, dass jetzt Verwaltungsreformen Platz greifen, damit dort eingespart wird, wo es nicht unbedingt weiterhin vermehrten Personaleinsatz geben soll, weil es nichts bringt. Draußen auf der Straße, also vor Ort, wird es keine Einsparungen an Exekutivbeamten geben, denn das ist wichtig für die Sicherheit in unserem Land. Wichtig wird außerdem sein, dass die Exekutive eine Höchstmotivation bekommt, und Sie können sicher sein, dass das von dieser Bundesregierung raschest angegangen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wird ein Objektivierungsgesetz geben. Schluss mit dem Postenschacher! Es wird ein eigenes Dienstrecht für die Exekutive geben. Ich habe mir am gestrigen Tag die Reden sehr genau angehört. Die sozialistische Abgeordnete Kuntzl hat wortwörtlich gesagt: Die FPÖ gefährdet die Demokratie. – Ich kann Ihnen sagen: Genau das Gegenteil ist der Fall! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben ein gestörtes Eigentumsdenken! Sie glauben noch immer, dieses Land gehört Ihnen! Ich sage Ihnen: Diese Republik gehört den Österreicherinnen und Österreichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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27. Sitzung / Seite 99

Kein Bediensteter im öffentlichen Dienst wird mehr ein Parteibuch brauchen, damit er etwas wird. Damit ist Schluss! Damit wird aufgeräumt! Dieses Land gehört nicht mehr Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich hatte erst vor kurzem ein wunderschönes Erlebnis. Ich durfte einem Exekutivbeamten gratulieren, der Dienststellenleiter geworden ist. Dieser war sehr, sehr verwundert darüber, dass kein Parteibuch mehr erforderlich war. Er hat gesagt: Das sozialistische Parteibuch kann ich mir jetzt endlich ersparen. Gewählt habe ich sie eh schon lange nicht mehr (Abg. Eder: Aber euch auch nicht!), aber zum Parteibuch haben sie mich gezwungen. – Damit ist jetzt Schluss! Auch im öffentlichen Dienst! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Dafür haben wir jetzt die blauen Seilschaften: Prinzhorn und seine Hörnchen!) Wir machen eine Politik für den öffentlichen Dienst, bei der endlich die Leistung zählt. Auch wenn Ihnen das wehtut: Das rote Parteibuch wird dort in Zukunft nichts mehr zählen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Kiermaier spricht von unberechtigter Kritik an Minister Schlögl. – Dazu darf ich, wie auch wie meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, sagen: Wir haben keine unberechtigte Kritik an Schlögl geübt. Ganz im Gegenteil! Wir haben ihn auch gelobt, und zwar dann, wenn er Dinge gemacht hat, die im Interesse der Sicherheit des Landes waren. Kollege Schlögl war jedenfalls ein besserer Minister als sein Amtsvorgänger.

Dieses Lob muss man allerdings gleich wieder relativieren, wenn man dazu sagt, wer sein Amtsvorgänger war, nämlich Minister Caspar von Einem. (Abg. Silhavy: Das ist Rufschädigung!) Und egal, wer nach ihm gekommen wäre: Schlechter hätte er es gar nicht mehr machen können! Ihm wurde sogar das Misstrauen von der eigenen Personalvertretung ausgesprochen! Was ’s wiegt, das hat’s – auch für den ehemaligen Minister Schlögl. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Posch: Ihre Rede ist unglaublich "intellektuell"! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn man die Debattenbeiträge der Grünen hört, dann gewinnt man den Eindruck, als hätte man auch bei den Grünen etwas für die Exekutive übrig. Kollege Roland Zellot hat ihnen schon am gestrigen Tag ausgerichtet, wie das Bundesheer die Grünen sieht. – Ich brauche das daher für die Exekutive nicht zu wiederholen. Es wurde ihnen nämlich im Jahre 1995 direkt mitgeteilt: Damals haben die Grünen bei der Sicherheitswache kandidiert. Es gab 10 389 Wahlberechtigte, und nur 152 Verirrte haben die Grünen gewählt! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Immerhin!) Damals haben Sie die Antwort bekommen, und auf Grund der Politik der letzten Jahre würden sich diese 152 das wahrscheinlich schwer überlegen! Das ist Ihr Stellenwert in der Exekutive!

Sie dürfen mit Sicherheit davon ausgehen, dass diese Bundesregierung voll und ganz hinter der Exekutive steht! Wenn die Grünen glauben, die Politik fortsetzen zu müssen, das Bild einer Prügelpolizei zu zeichnen, dann kündige ich Ihnen hiermit an: Wir werden nicht nur hinter der Exekutive stehen, sondern wir werden auch vor der Exekutive stehen, wenn diese Anwürfe weiterhin von Ihnen vorgetragen und publiziert werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Abschluss darf ich dem Herrn Bundesminister noch mitteilen, dass er nicht denselben Fehler machen soll wie sein Amtsvorgänger. (Abg. Eder: Der hat überhaupt keine Fehler!) In seinem Statement hat er sich zum überwiegenden Teil mit der Abgeordneten Stoisits von den Grünen beschäftigt. – Herr Minister! Glauben Sie nur ja nicht, dass Sie je die Grünen hinter sich bekommen werden! Das hat Ihr Vorgänger auch schon geglaubt. Beim Fall Omofuma waren die Grünen aber die Ersten, die dessen Rücktritt verlangt haben! Die Freiheitlichen sind damals hinter dem damaligen Minister Schlögl gestanden. Herr Minister Strasser, begehen Sie nur ja nicht den Irrtum, zu glauben, Sie könnten die Grünen für irgendetwas Sinnvolles in der Sicherheitspolitik gewinnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Stenographisches Protokoll
27. Sitzung / Seite 100

21.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister, ich hoffe, Sie nehmen den kameradschaftlichen Rat sehr, sehr ernst!

Nun aber zurück zur Wirklichkeit. – Herr Bundesminister! Österreich ist nach wie vor ein sehr sicheres Land, und dass wir heute einen hohen Sicherheitsstandard haben, um welchen uns die Welt beneidet, ist sicherlich auch ein Verdienst Ihrer Vorgänger. Ich bin überzeugt davon, dass auch Sie sich bemühen werden, diese politischen Rahmenbedingungen für eine hohe Lebens- und Sicherheitsqualität in unserem Lande weiterhin aufrecht zu erhalten.

Herr Bundesminister! Sie sind für die Sparmaßnahmen zwar nicht voll verantwortlich, aber doch mitverantwortlich, und diese bereiten mir sehr, sehr große Sorgen, denn sie gefährden letztendlich den hohen Sicherheitsstandard sehr massiv. Gerade mich als Wiener Abgeordneten berührt das in besonderem Maße, weil auf den verschiedensten Ebenen im Bereich Wien unbedingt notwendige Bauvorhaben ganz einfach nicht verwirklicht werden können – egal, ob es nun um die Errichtung von Wachzimmern oder um das Polizeikommissariat Hietzing geht, wo ein Ihnen nahe stehender, sehr tüchtiger Bezirksvorsteher tätig ist. All das wird großteils abgelehnt, und das ist für mich kaum fassbar.

Herr Bundesminister! Daher möchte ich Sie ersuchen, sich die Gegebenheiten auch hier in Wien anzusehen! Wir hatten ja ein persönliches Gespräch, und seither bin ich überzeugt davon, dass Sie die Situation etwas mildern und wir auch in Wien diesen rigorosen Sparkurs und die Budgetkürzungen der Bundesregierung nicht vollinhaltlich zu spüren bekommen werden, denn unter diesen furchtbar rigorosen Sparmaßnahmen leidet die Sicherheit von Wiens Bevölkerung wirklich. Es gibt kaum Spielraum für notwendige Neubeschaffungen – egal, ob es sich nun um den EDV-Bereich, um den Austausch alter Geräte, deren Lebensdauer schon längst überschritten ist und bei welchen Instandsetzungsarbeiten erforderlich sind, oder um Beschaffungen im Kfz-Bereich handelt.

Herr Bundesminister! In dem Akt, der Ihnen vorgelegt wurde, ging es um die Beschaffung von 140 Kraftfahrzeugen. Es wurden aber nur 57 bewilligt, und es klafft ein großes Loch von 83 Fahrzeugen! Ich meine, diese ersatzlosen Streichungen im Sicherheitsbereich sind unverantwortlich! (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie, sich diese Gegebenheiten noch einmal anzusehen, denn es geht letztlich darum – das haben Sie auch in Ihrem Debattenbeitrag gesagt –, Exekutivbeamte, die ausgezeichnet und engagiert arbeiten – das gilt flächendeckend für das gesamte Bundesgebiet –, entsprechend zu motivieren und damit das subjektive Sicherheitsgefühl aufrecht zu erhalten. Daher muss auch das objektiv erforderliche Werkzeug zur Verfügung gestellt werden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Ich habe mir auch Ihr Neun-Punkte-Programm angesehen, das Sie am 9. Februar präsentiert und in welchem Sie eine umfassende Ausbildungsreform versprochen haben. Dabei ist mir der Gedanke gekommen, dass es für die Sicherheitsakademie, die einen besonders hohen Stellenwert eingenommen hat, die eine Vision darstellte, die man zur Wirklichkeit werden ließ, eine Institution, die wichtig und notwendig ist, von welcher wertvolle Impulse für die gesamte Sicherheitsexekutive ausgehen, nicht die notwendigen Budgetmittel gibt. Ich darf Sie, Herr Bundesminister, daher ersuchen, einen Schwerpunkt auf diese so wichtige und notwendige Einrichtung zu legen, bei der es um die berufsorientierte Aus- und Weiterbildung geht, um die Herausforderung der Szenarien der Zukunft und der Gegenwart zu bewältigen, und bei welcher es um das gehobene und höhere Management geht. Uns geht es um Qualität, um Professionalität und letztlich auch um die Sicherheit unseres Landes, und das ist ja auch Ihr persönlicher Schwerpunkt!

Herr Bundesminister! Ich darf Sie daran erinnern, dass wir neben der notwendigen Beschaffung der Ausrüstung auch die Qualität insgesamt verbessern müssen, um den bisherigen Erfolgskurs weiterhin fortsetzen zu können, denn uns allen sind Schutz und Sicherheit der Bevölkerung ein besonderes Anliegen. Bei der Sicherheit zu sparen, wäre das falsche Signal. Daher glaube ich, dass wir gemeinsam im Interesse der Bevölkerung Österreichs arbeiten sollen, damit sich die


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Menschen wohl und sicher fühlen und gerne in diesem Land leben. Wenn dem nicht so ist, wird es von uns keine Zustimmung geben! (Beifall bei der SPÖ.)

21.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

21.07

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! An die Adresse des Abgeordneten Leikam, der leider Gottes jetzt nicht hier ist. (Abg. Oberhaidinger: Er ist hier!) Herr Leikam, wenn Sie Sorgen betreffend die zukünftige Sicherheitspolitik in Österreich haben, dann gebe ich Ihnen wirklich nur bedingt Recht. Nicht Recht gebe ich Ihnen deshalb, weil wir ausgezeichnete Gendarmerie- und Polizeibeamte und einen ausgezeichneten Innenminister haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Recht gebe ich Ihnen insofern, als Sie vieles, was Sie und Ihr Innenminister in den letzten Jahren gefordert haben – Sicherheitsmilliarde, 1 000 Planstellen im Exekutivbereich –, nicht durchgebracht haben. Natürlich wäre es für uns heute weit einfacher, in Anbetracht des vorgefundenen Budgetdesasters Einsparungen durchzuführen. Unter diesem Aspekt wundert es mich auch nicht, dass Herr Abgeordneter Leikam als SP-Sicherheitssprecher abgelöst worden ist.

Das Budget 2 000 für das Innenressort steht natürlich, wie in fast allen anderen Bereichen, im Zeichen der Gesamtkonsolidierung des Staatshaushaltes. Sparen tut immer weh, und es kommt auch bei mir als Exekutivbeamtem keine Freude auf, wenn es für das Innenressort Einsparungen gibt. Es ist aber unverantwortlich und verwerflich, wenn man hier oder über diverse APA-Aussendungen der Bevölkerung zu suggerieren versucht, dass, seit es eine schwarz-blaue Regierung gibt, die Sicherheit der Menschen in unserem Lande nicht mehr gewährleistet sei. (Abg. Dietachmayr: Das ist richtig!)

Geschätzte Damen und Herren von der Opposition! Das ist ein gefährliches Spiel, überhaupt wenn Sie es in dem Wissen machen, dass Ihre Ausführungen nicht richtig sind und dass in einigen Bereichen von Ex-Minister Schlögl das Geld, welches für heuer bestimmt war, schon im Vorjahr verplant, zugesagt und ausgegeben wurde! (Abg. Böhacker: Stimmt das?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Budget 2 000 hat speziell im Bereich des Innenministeriums den Touch eines Altlastensanierungspaketes. Ich nenne ein Beispiel: Von den 32 Millionen Schilling, die im heurigen Jahr für den Neubau von Gendarmeriedienststellen zur Verfügung stehen, wurden im letzten Jahr schon 25 Millionen verplant. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schlögl. ) Im Klartext heißt das, dass heuer deswegen weniger Geld zur Verfügung steht, weil der Großteil schon im Vorjahr verplant, versprochen und teilweise vergeben wurde. (Abg. Mag. Schlögl: Planen muss man ja!) Das ist schon richtig! Aber so, wie Sie es betrieben haben, ist das für uns keine verantwortungsvolle Politik! Was da betrieben wurde, war Wirtschaften auf fremde Kosten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

An die Opposition, besonders an Frau Haidlmayr: Sie haben am 27. April dieses Jahres in einer beispiellosen Aktion dieses Rednerpult blockiert. Haben Sie sich einmal gefragt, wieso 17 000 Zivildiener auf den Dienstantritt warten? (Abg. Haidlmayr: Ja, weil es so wenige Zivildienstplätze gibt!) Glauben Sie wirklich, dass für diese Warteschlange der neue Innenminister Dr. Strasser verantwortlich ist? (Abg. Schwarzenberger: In 100 Tagen!) Wissen Sie nicht, dass auch hier die budgetären Mittel schon im vergangenen Herbst aufgebraucht wurden und die Juni- und Oktober-Termine des heurigen Jahres gar nicht mehr möglich gewesen wären? (Abg. Dr. Khol: Der Schlögl war’s!)  – Nur durch eine bravouröse Rettungsaktion von Dr. Strasser und seinem Team ist es überhaupt gelungen, den Zivildienst zu sichern und die Arbeit der Hilfsorganisationen nicht zu gefährden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz Einsparungen ist mit diesem Budget der hohe Sicherheitsstandard Österreichs weiterhin gewährleistet. Damit dieser Sicherheitsstandard aber aufrecht bleiben kann, müssen klare sicherheitspolitische Ziele definiert werden. Diese wurden im Koalitionsabkommen festgeschrieben: Das ist der Kampf gegen die organisierte Kriminalität


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im Allgemeinen, besonders aber der Kampf gegen Schlepperei, Menschenhandel und Drogenkriminalität.

Zum anderen ist es notwendig, Strukturreformen anzugehen und Verbesserungen in der Verwaltung vorzunehmen. Ich denke auch, dass die Installierung eines Bundeskriminalamtes ein sehr wichtiger und richtiger Vorschlag ist, um die Arbeit der Exekutive im Bereich der Ermittlungen effizienter und koordinierter durchführen zu können.

Ein schweres Erbe hat Innenminister Strasser auch im Bereich der Personalpolitik übernommen, wo neuerliche Einsparungen besonders weh tun. Seit dem Jahre 1995 wurden im Exekutivdienst – wenn man vom Grenzdienst absieht, weil dies ja eine wesentliche zusätzliche Aufgabe ist – bundesweit rund 650 Beamte eingespart. Durch die angeführten Einsparungen fehlen in Niederösterreich mehr als 300 Beamte in den Dienststellen. Und es kann nur schwer behauptet werden, dass für diesen Fehlstand der jetzige Innenminister zuständig sei.

Herr Mag. Schlögl! In Ihrem Bezirk Wien-Umgebung fehlen seit Jahren 30 Beamte. (Abg. Mag. Schlögl: Wie schaut es in den Polizeischulen aus? Noch nie so voll wie jetzt!) Seit Jahren fehlen sie im Bezirk Wien-Umgebung! 1998 und 1999 hat der Obmann des Innenausschusses, Kollege Leikam, eine Sicherheitsmilliarde gefordert, worin 1 000 zusätzliche Planstellen inkludiert sind. Wo ist diese zusätzliche Sicherheitsmilliarde, und wo sind diese 1 000 Planstellen? – Jetzt, in einer Situation, in der man ein Budgetdesaster korrigieren muss, zusätzlich 1 000 Planstellen zu fordern, wird und kann nur Wunschdenken bleiben. (Abg. Dr. Khol: Es leuchtet noch lange, das Licht!)

Zum Abschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren: Unser Ziel im Bereich der inneren Sicherheit ist es, die Bevölkerung optimal zu schützen, die Bedrohungen der Zukunft zu erkennen und zu bekämpfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Das war der Schlusssatz!) Mit Innenminister Dr. Ernst Strasser sind trotz der Sparmaßnahmen auch zukünftig Sicherheit und Lebensqualität für die Menschen in unserem Land gewährleistet! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte. (Abg. Dr. Khol  – in Richtung SPÖ –: Zum dritten Mal heute – Landwirtschaft, Tierschutz, Innen!)

21.14

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Windholz leidet offensichtlich an Selbstbetrug, wenn er sagt, dass die Exekutive auflebte, seit die FPÖ in der Regierung ist. Er ist wahrscheinlich einer, der den Bauch einzieht, wenn er auf die Waage steigt, und hofft, dass er weniger wiegt. Ist er da? (Abg. Haigermoser: Er ist da! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Man soll sich nicht lustig machen über körperliche ...!)

Herr Bundesminister, eine Frage – ich habe zugehört –: Ärgert es Sie nicht, dass Sie einsperren, ah, einsparen müssen, wenn ... (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie sind leicht zu unterhalten, wirklich! (Beifall bei der SPÖ.) Ärgert es Sie nicht, dass Sie einsparen müssen, während Steuergeschenke an die Wirtschaft und an die Großbauern gemacht werden? (Abg. Dr. Khol: Kaum kommt eine Sozialdemokratin ans Rednerpult, redet sie vom Einsperren! ) Es sind 20 Milliarden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Abgeordneter Khol! (Abg. Dr. Khol  – in Richtung SPÖ –: Vom Einsperren redet sie!) Das Geld fehlt. (Abg. Dr. Khol: "Einsperren" haben Sie gesagt! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Haben Sie sich noch nie verredet, Herr Abgeordneter? (Abg. Dr. Khol: Da haben Sie Recht!) Also, bitte! (Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schwarzenberger: Klingt ein bisschen nach Freud!)

Herr Bundesminister! Offensichtlich legen Sie Wert darauf, professionell zu wirken. (Abg. Haigermoser: In Ihrer Regierungszeit waren Sie so zahm!) Ihre Umarmungstaktik lässt das vermuten. Aber ich sage Ihnen: Ein Bundesminister ist letztlich so gut, wie seine Beamten professionell sind. Sie haben Glück, Sie haben gute Beamte. (Ruf bei der ÖVP: Das war bei Ihnen


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auch so!) Ich möchte von dieser Stelle aus der Exekutive für die geleistete Arbeit danken, vor allem auch bei den Demonstrationen. Die Beamten sind es doch, die sich wirklich hervorragend und einfühlsam bewähren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Aber Ihre glauben es ...! – Ruf bei der ÖVP: Von den Grünen hört man etwas anderes! – Weitere Zwischenrufe.)

Ein Wort zu den Zivildienern, Herr Bundesminister: Sie sagen bei den Einsparungen, dass dadurch Frauenarbeitsplätze geschaffen werden. Das habe ich im Fernsehen gehört. – Herr Bundesminister, meinen Sie das wirklich ernst? Ich frage mich: Welche Frau wird für 40 Stunden in der Woche mit rund 8 000 S zufrieden sein? – Über eines bin ich mir sicher: Männer sind damit sicher nicht zufrieden. Aber ich glaube, da hat sich jemand verrechnet. (Abg. Schwarzenberger: Die Bäuerinnen alle!)

Herr Bundesminister! Die Flüchtlingsbetreuung und die Asylpolitik sind heute schon angesprochen worden. Ihre Ankündigung, die Arbeitsgenehmigung mit der Aufenthaltsgenehmigung zu verknüpfen, ist eine Maßnahme, die ich sehr begrüße. Sie haben in Ihrem Neun-Punkte-Programm vom 9. Februar auch die Wichtigkeit des Asylwesens hervorgehoben. Aber was ist jetzt mit diesem Budget geschehen? – Es sollen 89 Millionen Schilling in der Flüchtlingsbetreuung eingespart werden. Ich sehe für die Flüchtlingsbetreuung in diesem Land für heuer schwarz – oder soll ich vielleicht eher "blau" sagen?

Ein weiterer Aspekt ist die Situation der Grenzgendarmerie. Auch dort wird eingespart. (Ruf bei den Freiheitlichen: ... Farb-Feeling! Sie können auch "rot" sagen!) Ich glaube, dass das sehr problematisch ist. Gerade in meinem Bezirk in der Südweststeiermark – Deutschlandsberg und Leibnitz – ist die Bevölkerung auf einen funktionierenden Gendarmeriebetrieb angewiesen. Darauf hat übrigens auch mein Kollege Zweytick des Öfteren medial wirksam hingewiesen. Wann, glauben Sie, war das? – Als der Bundesminister Schlögl geheißen hat!

Jetzt ist Kollege Zweytick nicht da, obwohl er sich immer so sehr für das Grenzland engagiert. Aber vielleicht können Sie das dem Kollegen Zweytick weitersagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er wird sich vermutlich in Zukunft nicht mehr so weit zum Fenster hinauslehnen wie damals, als er sagte – ich zitiere –: Ein sicherheitspolitischer Kollaps steht uns bevor. – Das war am 13. Mai 1999. Jetzt höre ich nichts mehr davon, obwohl dort eingespart wird, meine Herren! (Abg. Haigermoser: Wer war das?) Das ist der Herr Abgeordnete Zweytick. Hören Sie schlecht? – Das muss offensichtlich so sein.

Ich möchte zum Schluss von dieser Stelle aus Herrn Ex-Bundesminister Karl Schlögl dafür danken, dass er seinem Nachfolger eine moderne Exekutive hinterlassen konnte. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist mit sein Verdienst, dass wir in einem der sichersten Länder der Erde wohnen dürfen. (Abg. Haigermoser: Erst war es Schlögl, jetzt ist es Strasser! Sie müssen sich entscheiden!)

Herr Bundesminister Strasser! Sie haben ein bestgeführtes Ressort übernommen. Das ist ein Bonus. Verspielen Sie diesen Bonus nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Er ist aber noch ein Stück besser als sein Vorgänger!) Das glauben Sie! Sie wissen schon, wie das mit Selbstbetrug ist. (Abg. Dr. Khol: Frau Parfuss! Es gab auch in diesem Ministerium keine Übergabe! Strasser hat nichts übernommen!)

21.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Er hat vorgefunden! Es wurde nicht übergeben! Wie beim Finanzministerium! – Abg. Eder: Herr Professor, Sie irren!)

21.20

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mit dem Thema "innere Sicherheit" ist untrennbar das Thema "Suchtgift und Suchtgiftbekämpfung" verbunden. Es wird Zeit, dass die schleichende Legalisierung von Drogen unterbunden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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An die Adresse der Sozialdemokraten gerichtet: Sie haben in den Reihen Ihrer Funktionäre unter anderen eine Frau Vizebürgermeisterin Laska und einen Herrn Stadtrat Rieder, die sich beide für ein dubioses Projekt stark machen. Dieses Projekt – Sie werden vielleicht schon davon gehört haben – heißt "Check it".

Sehr geehrter Herr Innenminister! Hiermit werden alle erfolgreichen Bemühungen zur Drogenbekämpfung torpediert. Was hilft ein beachtlicher Erfolg, wie Sie ihn gerade geschildert haben, mit den 30 Verhaftungen und den 60 Kilogramm Cannabis, die gefunden worden sind? Was hilft es, wenn – wie Sie auch sagen – der Kampf gegen den Drogenhandel in internationaler Kooperation verstärkt fortgesetzt wird? Was hilft das alles, wenn zugleich die Sucht vor Ihren Augen nicht abgenommen hat, sondern – ganz im Gegenteil! – die Süchtigen auch noch dabei unterstützt werden?

Wie funktioniert das Konzept "Check it"? – Unter dem Deckmantel eines sogenannten wissenschaftlichen Pilotprojektes – sonst wäre die Handlung strafbar –, unter dem Namen "wissenschaftliches Pilotprojekt" ... (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. ) Aha, Sie kennen sich Gott sei Dank aus. Unter dem Namen "wissenschaftliches Pilotprojekt" werden Jugendliche aufgefordert, bei Veranstaltungen wie "Rave-Parties" ihre mitgebrachten Drogen überprüfen zu lassen, ob sie wirklich hochwertig sind. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. ) Das Suchtgift wird dann aber nicht eingezogen. Das geschieht natürlich alles anonym, keine Frage! Der Suchtgiftkonsument kommt mit seiner Droge und sagt: Bitte, ist das reines Kokain, oder ist das nicht reines Kokain? – Völlig anonym! (Abg. Haigermoser: ... Öllinger?) Das Suchtgift wird nach der Probe aber nicht eingezogen, sondern dem Konsumenten zurückgegeben, damit er es konsumieren kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bedenkenlos!)

Herr Innenminister! Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Das ist bereits so weit gegangen – das wissen wir –, dass sogar Drogendealer dort hingegangen sind, in ihrer Anonymität das Suchtgift gezeigt haben, es überprüfen ließen und dann wieder mitgenommen haben, um größere Mengen zu kaufen, weil sie den Reinheitsgehalt dieses Suchtgiftes gekannt haben. Meine Damen und Herren, das ist ein Projekt, das sofort abzudrehen ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Unglaublich! – Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Ich ersuche Sie daher, Herr Innenminister Strasser, sich dieses Themas wirklich anzunehmen. Es ist auch im Koalitionsübereinkommen und selbstverständlich in unserem Regierungsprogramm die kompromisslose Bekämpfung des Drogenhandels eines der wichtigen Themen im Bereich innere Sicherheit. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. )

Aber für dieses Projekt – weil Sie sich so alterieren; wissen Sie das? – werden Millionen von Steuergeldern zur Verfügung gestellt. Das kommt nämlich noch hinzu. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist ein Märchen!) Das ist kein Märchen! Erkundigen Sie sich bei Ihren Funktionären! Genauso läuft das nämlich. Die Exekutive, Herr Innenminister, ist fassungslos. Sie ist fassungslos über dieses Legalisieren, über diese schleichende Legalisierung der Drogen. Ein hoher Beamter hat mir gesagt: Das ist geradezu eine Kapitulation vor der Drogenkriminalität. Und das ist es tatsächlich! Es ist das eine Kapitulation vor der Drogenkriminalität! – Soviel zu dieser Besorgnis erregenden Entwicklung, die von Teilen der Sozialdemokraten hier offensichtlich mitgetragen wird.

Apropos fassungslose Exekutive: Angekündigt ist wieder einmal eine Demonstration, die "Nacht des Widerstandes" am 27. Mai. Aber Sie werden sicherlich noch eingehend darüber informiert werden. Kommenden Samstag erwartet die Exekutive bereits Auseinandersetzungen mit Linksextremisten, mit Anarchisten. In einer morgen erscheinenden Zeitung steht: "Wieder Alarm um Großdemo!"

Bei der letzten Demonstrationswelle der Gewalt – und es ist das eine Demonstrationswelle der Gewalt, meine Damen und Herren, an der Sie auch als Demonstranten teilgenommen haben – gab es insgesamt 53 verletzte Beamte und Hunderte Anzeigen. Ich warne Sie heute schon – das ist an die Sozialdemokraten und natürlich ganz prädestiniert an die Grünen gerichtet (Abg.


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Mag. Prammer: Sie brauchen in diesem Haus nicht zu warnen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen)  –, ich warne Sie schon heute: Distanzieren Sie sich von diesen linken Anarchisten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn Sie die Gelöbnisformel, die Sie hier abgelegt haben (Abg. Dietachmayr: Haider!), als Sie diese Funktion und dieses Amt übernommen haben, ernst nehmen (Abg. Dr. Mertel: Ja, der Haider!), dann dürfen Sie sich nicht mit diesen Linksextremisten solidarisieren! (Abg. Dr. Mertel: Eine "Missgeburt", hat er gesagt!)  – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

21.25

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Ich möchte auf die Worte meines Vorredners gar nicht eingehen, weil man damit diese unqualifizierten Äußerungen nur aufwerten würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist jedem in Österreich klar, dass die Republik sparen muss. Aber wenn man sparen muss, dann sollte man sich doch etwas besser überlegen, wo man den Sparstift ansetzt. Im Bereich des Zivildienstes ist es garantiert der falsche Weg. (Rufe bei der ÖVP: Wo wäre es richtig?) Gerade die Einsparungen ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.  – Abg. Dr. Khol: Im Budget ist kein einziger Einsparungsvorschlag von der SPÖ!) Es gibt genügend Bereiche! Gerade heute Nachmittag haben wir einen Bereich diskutiert, in dem ich von Einsparungsmöglichkeiten noch überhaupt nie etwas gehört habe. (Rufe bei der ÖVP: Wo?) Im Bereich der Landwirtschaft zum Beispiel. Auch dort gibt es ein Sparpotential. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Gerade die Einsparungen bei den Zivildienern zeigen doch, wie kopflos und gleichgültig der Sparstift angesetzt wird. Die Arbeit der Zivildiener wurde in der Vergangenheit immer unterschätzt und unterbewertet. (Abg. Dr. Khol: Ist das ein Vorwurf an Schlögl?) Jetzt sage ich Ihnen Folgendes, Herr Bundesminister Strasser: Sie haben sich letztes Mal bei der Besprechung einer Anfragebeantwortung damit hervorgetan, selbst Zivildienst geleistet zu haben. Das ist sehr anerkennenswert. Aber Sie stehen auch in der Praxis und wissen, wie das funktioniert. Es sind derzeit über 16 000 Personen, die auf ihre Zuweisung warten. (Abg. Kiss: Warum?) Wenn ich die Zahl der Zivildiener ... (Abg. Dr. Khol: Warum? – Abg. Kiss: Wer war Innenminister?) Lassen Sie mich diesen Gedanken fortführen!

Wenn man die Zahl der Zivildiener reduziert, also pro Jahr um 1 500 weniger einzieht, dann wird die Warteschleife noch größer, und es wird noch unsicherer für die jungen Leute, die sich für den Zivildienst gemeldet haben. Ich frage Sie: Wenn sich ein junger Mann nach seiner Schulausbildung oder Berufsausbildung um einen Job bewirbt, dann wird es sicherlich die erste Frage des Personalchefs sein: Haben Sie den Zivildienst oder den Wehrdienst abgeleistet? – Der Bewerber wird sagen: Nein, ich warte noch darauf. – Na, die Antwort des Firmenchefs ist in den meisten Fällen klar. Er wird sagen: Kommen Sie wieder, wenn Sie den Wehrdienst oder den Zivildienst abgeleistet haben!

Wie soll das jetzt funktionieren, wenn Wartezeiten von zwei, drei oder vier Jahren auf den Zivildiener zukommen? – Er wird sich seine Entscheidung überlegen. Das ist der wahre Grund dafür! Weil die Anzahl der Zivildiener oder der jungen Menschen, die sich für den Zivildienst entschieden haben, immer größer geworden ist, will man dem einen Riegel vorschieben, sodass gesagt wird: Bevor ich zwei, drei oder vier Jahre auf den Zivildienst warte, mache ich meinen Dienst im Bundesheer, damit ich in meiner Berufslaufbahn nicht weiter behindert werde. Das ist der wahre Hintergrund bei all diesen so genannten Sparaktionen.

Meine Damen und Herren! Ich würde Folgendes vorschlagen: Wenn Sie es ernst meinen mit dem Zivildienstgesetz, dann überlegen wir uns doch die Möglichkeit, dass ein Antragsteller, wenn er nicht innerhalb von zumindest zwölf Monaten zum Zivildienst eingezogen wird, einfach nicht mehr einberufen werden kann und generell vom Zivil- und Heeresdienst befreit wird.


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(Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Nur so kann eine vernünftige Lebensplanung und Berufsplanung aufrechterhalten werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Das löst das Problem eigentlich nicht!)

Die immer wieder angezettelten Diskussionen um die Einführung eines Berufsheeres und die damit verbundene Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht würden auch das Ende des Zivildienstes bedeuten. (Abg. Mag. Schweitzer: Haben Sie noch ein paar so "gute" Vorschläge?) Die Ankündigung, dass eine Arbeitsgruppe bis Oktober prüfen soll, inwieweit Langzeitarbeitslose Aufgaben von Zivildienern übernehmen können, zeigt, wohin die Reise in Wirklichkeit geht.

Meine Damen und Herren! Ich brauche Ihnen nicht aufzuzählen, wie groß das Interesse der Medien in der letzten Zeit war, als es um die Zivildienstfrage gegangen ist. Ich möchte aber noch auf einen Punkt hinweisen: Sie, Herr Bundesminister Strasser, haben vorige Woche in Ihrer Beantwortung gesagt, dass Sie mit den 43 S an Verpflegungskostenbeitrag eigentlich nur eine Gleichstellung zu den Wehrdienern machen wollen. – Dieser Vergleich hinkt doch gewaltig! Ein Zivildiener hat nicht die Möglichkeit, in einer Kaserne oder sonst wo zu essen. (Abg. Böhacker: Vielleicht sollte man diese Möglichkeit schaffen!) Es gibt auch viele Zivildiensteinrichtungen, in denen es gar keine Möglichkeit zur Verpflegung gibt. Daher hinkt dieser Vergleich und ist in Wirklichkeit auch unfair. Es sind das keine Reformen, sondern nur Kürzungen, wie sie diese Bundesregierung auch in vielen anderen Bereichen macht. (Abg. Böhacker: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Vielleicht noch ein Beispiel zu den Zuweisungen: Ich habe mir das auf Grund einer Anfragebeantwortung von Ihnen angesehen. Wenn ich mir anschaue, wie die Zuweisungen im Juni aussehen – ich weiß nicht, warum Sie immer von einer "Notaktion" reden, die Sie machen mussten, damit im Juni überhaupt Zuweisungen erfolgen können. Diese Zuweisungen hat ohnehin nie der Minister selbst gemacht, sondern sie sind immer durch das Büro erfolgt, und soviel ich weiß, hat das Büro – egal, welcher Minister immer dort sitzt – in den vergangenen Jahren sehr gut funktioniert.

Wenn ich mir allein nur Beispiele aus Oberösterreich anschaue: Krankenhaus der Stadt Linz – Bedarf für Juni 2000: 21, Zivildienerzuweisung: null! Nervenklinik Wagner-Jauregg – Bedarf: 6, Zuweisung: null! Landespflegeanstalt Schloss Cumberland, für sehr schwer kranke Personen – Bedarf: 3, Zuweisung: null! Sozialhilfeverband in meinem Bezirk Linz Land – Bedarf: 23, Zuweisung: null! Und so geht es weiter.

In Wirklichkeit haben Sie uns – das hat Kollegin Haidlmayr schon angesprochen – auch mit dem Budget nicht die Wahrheit gesagt. (Abg. Böhacker: Wer hat die Wahrheit nicht gesagt? Der Herr Edlinger?) Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass bei dem Ersatz, den Krankenhäuser oder Altenheime für jeden Zivildiener leisten müssen, wenn weniger zugewiesen werden – und wie man sieht, werden manche auf Null gestellt –, genau diese Budgetpost höher sein kann als im Vorjahr. Also spielen Sie hier auch mit falschen Zahlen, das muss ich Ihnen sagen. Wenn Sie nämlich ehrlich gewesen wären, hätten Sie nicht nur die Zahl der Zivildienstzuweisungen reduzieren dürfen, sondern auch die Einnahmenposition in genau dieser Sparte reduzieren müssen.

Herr Bundesminister, da Sie letzte Woche von der Gleichstellung gesprochen haben, dazu noch ein Vorschlag: Reden wir nicht nur von der Gleichstellung des Geldes, sondern auch von der Gleichstellung der Zivildienstzeit! Hier weiß ich mich solidarisch mit dem ÖAAB und mit der Jungen ÖVP, die in einer Presseaussendung meldet: "Junge ÖVP fordert erneut eine Verkürzung der Zivildienstdauer von derzeit 12 Monaten." – "Neues Volksblatt", 28. April.

In diesem Sinne werden Sie, wenn Sie das durchsetzen, sicherlich auch unsere Unterstützung finden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.3


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2

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Puttinger. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol  – in Richtung SPÖ –: Der Klubobmann hat nicht applaudiert! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Der sitzt im Zimmer ...!)

21.33

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dietachmayr, eine kurze Anmerkung: Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Bemerkung bezüglich der Zivildiener nach zwölf Monaten gemeint haben. Meinen Sie entweder, dass sie alle dann zum Bundesheer einrücken müssen – denn meiner Meinung nach ist der Zivildienst immer noch ein Wehrersatzdienst –, oder wollen Sie das Bundesheer abschaffen? – Ich weiß nicht, wie Sie das gemeint haben. Bitte klären Sie uns auf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, alles zu unternehmen, damit Österreich das sicherste Land beziehungsweise eines der sichersten Länder bleibt. Für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit ist sicherlich die Bekämpfung der internationalen organisierten Kriminalität – der Drogenkartelle, des Menschenhandels, des Schlepperwesens, der Autoschieber – vorrangigstes Ziel. Dafür ist eine gesamtbudgetäre Situation, wie wir sie haben, selbstverständlich nicht befriedigend. Aber Sie kennen die Gründe, warum es dazu gekommen ist; ich glaube, darüber brauche ich mich nicht auszulassen.

Das bedeutet aber für das Innenressort, dass die Gesamtausgaben eingefroren werden und um zirka 400 Millionen Schilling unter dem vorläufigen Erfolg des Jahres 1999 liegen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt, dass das Budget gleich bleibt, ja sogar um ein Zehntelprozent steigt. Ich verstehe nun nicht, warum es eine Ruhmestat sein sollte, dass der frühere Minister Schlögl 400 Millionen Schilling mehr gebraucht hat, als im Budget vorgesehen waren. Das ist für mich eigentlich unverständlich, Herr Minister! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger  – in Richtung SPÖ –: So haben Sie das Geld verschwendet!)

Wir haben dafür zu sorgen, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung letzten Endes aufrechterhalten wird. Das haben wir bis heute Gott sei Dank immer erreicht.

Wichtig für die Sicherheit ist aber nicht nur die finanzielle Situation, sondern auch – und ich beschäftige mich hier ja immer auch mit dem Justizwesen – die Zusammenarbeit zwischen dem Innen- und dem Justizressort. (Abg. Dr. Mertel: ... gebraucht, so wie Sie!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, auf meine Sache einzugehen und jetzt nicht Ihnen zu antworten. (Abg. Dr. Mertel: Sie werden immer so rot! Wir haben Angst um Ihre Gesundheit!) Ja, danke, dass Sie sich darüber sorgen!

Ich möchte Ihnen drei Beispiele bringen, eines aus der Justiz, eines aus dem Innenressort und eines, das sowohl das Innen- als auch das Justizressort betrifft.

Aus dem Bereich der Justiz, besonders im Bereich der Drogen, einige Bemerkungen zum Suchtmittelgesetz: § 13 des Suchtmittelgesetzes stellt meiner Ansicht nach ein Problem dar. Es ist nämlich unbefriedigend, dass Schüler, die Drogen konsumieren, nach den Bestimmungen des § 13 Suchtmittelgesetz behandelt werden. Das heißt, es werden gesundheitsbezogene Maßnahmen ergriffen. Schüler, die dann konsumieren und die Drogen weitergeben, werden ebenfalls nach § 13 behandelt. Aber Schüler, die nur Drogen weitergeben und selbst nicht konsumieren, werden strafrechtlich verfolgt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist für mich ein Problem. Da haben wir meiner Ansicht nach Handlungsbedarf. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit einem Beispiel, das aus dem Bereich des Inneren kommt, möchte ich kurz auf das Schlepperwesen eingehen. Wir wissen, dass 1999 im Zuge von Amtshandlungen 42 812 Personen aufgegriffen wurden. Das entspricht einem Mehraufgriff von 23 000 Personen oder 117 Prozent. Es wurden Amtshandlungen gesetzt, und diese Zunahme der Schlepperei bedeutet eine unwahrscheinliche, eine enorme Belastung und Mehrverantwortung für unsere Sicherheitskräfte. Diese haben das aber geschafft, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sicherheitskräfte haben sich dafür eingesetzt, sie waren motiviert und haben alles erreicht, um uns dies sicherzustellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Daher ist es meiner Überzeugung nach von ganz besonderer Bedeutung, dass es jetzt dank des Einvernehmens von Innenminister Strasser und Justizminister Böhmdorfer gelungen ist, eine Novellierung der Strafbestimmung gegen die Schlepperei zu erreichen – und dies, obwohl es gar nicht vorgesehen war, das innerhalb von 100 Tagen zu behandeln. Danke vielmals, Herr Minister, dass Sie sich so angestrengt haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gestatten Sie mir, im Rahmen meines Beispiels für die notwendige Kooperation zwischen Innenressort und Justiz auf ein juristisches Thema einzugehen. Es geht um die Frage der Ermittlungsmacht im österreichischen strafprozessualen Vorverfahren bei der maßgeblichen Reduktion der Aufgaben des Untersuchungsrichters. Diesbezüglich wäre eine Reform geboten, weil schon viele Jahre lang – über fünf Jahre lang – darüber diskutiert wird.

Nach dem geltenden Recht der Strafprozessordnung leitet derzeit der Untersuchungsrichter die Voruntersuchung, tatsächlich aber – wie Sie alle wissen – die Kriminalpolizei. In der Praxis bedeutet das daher, dass durch die Vor-Ermittlungsphase der Kriminalpolizei die Haupt-Ermittlungsphase der Untersuchungsrichter sozusagen kaum mehr besteht und die Kriminalpolizei die gesamte Arbeit dieser richterlichen Tätigkeit zu übernehmen hat. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Kriminalpolizei ermittelt heute meistens bis zum Ende des Falles und gibt die Ergebnisse dem Staatsanwalt weiter, der über die Anklageerhebung oder letzten Endes über die Verfahrenseinstellung entscheidet. Der den Sachverhalt umfassend untersuchende Richter soll abgeschafft werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Frage ist: Wer ersetzt diesen Richter: der Staatsanwalt oder die Kriminalpolizei? – Dafür gibt es, wie immer im Leben, zwei Vorschläge, einen des Justizministeriums und einen anderen des Innenministeriums. (Abg. Dr. Khol: Und ein Regierungsübereinkommen!) Danke vielmals.

Aber trotzdem liegen diese zwei Vorschläge vor. Das Justizministerium möchte naturgemäß den Staatsanwalt beauftragen; das Innenministerium möchte das gesamte Vorverfahren in die Hände der Kriminalpolizei legen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für uns hier im Parlament ist es wichtig, dass die Rechte der Beschuldigten gewahrt bleiben und ein objektives Verfahren gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, eine ausgewogene Lösung muss gefunden werden. Die Gesamtsicherheit muss im Vordergrund stehen. (Abg. Dr. Khol: So, wie es im Regierungsübereinkommen festgelegt ist!) Festgelegt ist – danke vielmals! Ja, im Regierungsübereinkommen stehen lauter gute Dinge. Ich muss das nicht extra hervorheben, für mich ist das selbstverständlich.

Diese drei Beispiele, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigen die enge Beziehung zwischen dem Innenressort und dem Justizressort, und ich glaube, wir haben das immer allumfassend zu sehen. (Beifall der Abgeordneten Dr. Khol und Kiss. )

Ich glaube, wir werden das, wenn uns auch dieser finanzielle Rucksack auf dem Rücken liegt, gemeinsam schaffen, und zwar aus dem einen Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren – besonders die Damen und Herren von der Opposition –: damit Sie alle auch in Zukunft ruhig schlafen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Martin Graf  – in Richtung SPÖ –: Damit du nicht nur im Parlament ruhig schlafen kannst!)

21.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

21.41

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dank unserer Exekutive, dank der Kolleginnen und Kollegen der österreichischen Exekutive ist Österreich eines der sichersten Länder der Welt. Und unser gemeinsamer Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen dieser Berufsgruppe. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP sowie des Abg. Böhacker. )


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27. Sitzung / Seite 109

Es ist dies eine Berufsgruppe, meine sehr geehrten Damen und Herren, deren Angehörige sich teilweise unter Einsatz ihres Lebens für die Österreicherinnen und Österreicher, für unsere Heimat rund um die Uhr einbringen. Ich glaube, auch im Interesse dieser Berufsgruppe ist es notwendig, dass die entsprechenden Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden. (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!)

Wir können noch so viel davon hören, Tatsache ist: Es ist weniger im Sachaufwand und weniger im Personalaufwand. Daran gibt es nichts zu rütteln! (Abg. Dr. Puttinger: Stimmt nicht!)

Wenn wir noch so viel über die Frage der Staatsschulden reden hören, ich werde es hier, so wie schon viele Vorredner in den letzten Wochen, nochmals zum Ausdruck bringen: Es ist interessant, dass seit 1986 – dem Jahr, in dem Sie von der ÖVP in die Koalition gekommen sind (Abg. Schwarzenberger: 1987!)  – die Staatsverschuldung gestiegen ist. Sie können diese Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, nicht wegdiskutieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Edlinger schaut weg! Edlinger schaut in die Bank! Da hat er die Milliarden! – Abg. Schwarzenberger: Er sucht sein Budgetloch in der Tasche!)

Sie können auch nicht wegdiskutieren, dass der größte Fortschritt für die Exekutive im Ausrüstungsbereich und in vielen anderen Bereichen unter Bundesminister Mag. Karl Schlögl stattgefunden hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat ja den Herrn Bundesminister für Inneres förmlich gebeten, nicht vor Ort und nicht im Außendienst einzusparen. – Wo, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird eingespart? – Bei den Gendarmerieposten und in den Polizeiwachzimmern, dort wird eingespart! (Abg. Kiss: Wer hat ihn denn geschlossen?) Wir haben bereits die Kontakte mit den betroffenen Kolleginnen und Kollegen. (Abg. Dr. Khol: Das war der Schlögl! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren – wenn Sie Ihre Worte (Anhaltende Zwischenrufe – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen)  noch lauter hineinschreien, wird nichts besser (Abg. Kiss  – auf den Redner weisend –: Der schreit wie ein Zahnbrecher! – Abg. Mag. Trattner: Es ist schon laut genug!)  –, wir haben jetzt, wo die "100 Tage" gefeiert werden, seit einigen Wochen die Situation, dass viele Kolleginnen und Kollegen auf Überstundenauszahlungen warten, was ebenfalls seit langem nicht da gewesen ist. Die werden sich alle freuen über diese neue Situation! (Abg. Dr. Khol: Parlamentarier bekommen keine Überstunden!) Auch da, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eindeutig zu erkennen: Auf dem Rücken "kleiner" Kolleginnen und Kollegen wird gespart! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten uns bei den letzten Verhandlungen über das Exekutivpaket, die monatelang angedauert hatten, darauf geeinigt, den schweren Dienst der österreichischen Exekutivbeamten dahin gehend abzudecken, dass wir eine eigene Regelung für diese Berufsgruppen treffen. Diese Berufsgruppen-Regelung wollen Sie mit Ihrem neuen Pensionsrecht ebenfalls verschärfen. Das ist eine Nichtwürdigung der Leistung der österreichischen Exekutivbeamten! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe nur, dass die Mittel für die weitere EDV-Ausstattung in Ihrem Ressort, Herr Bundesminister Strasser, auch für eine anwenderorientierte Installierung eingesetzt werden. Ich meine, man muss schon auf die Bedürfnisse der Kolleginnen und Kollegen Rücksicht nehmen. (Abg. Dr. Khol: Ein "begnadeter" Redner!)

Ebenso wird es, wenn Sie das neue Bundeskriminalamt installieren, notwendig sein, auch auf die Kolleginnen und Kollegen vor Ort Rücksicht zu nehmen – und nicht immer nur auf die Stabsstellen. (Abg. Kiss: Das ist wieder der Vorwurf der SPÖ!) Ich glaube, das sind wir der Masse der Exekutivbeamten schuldig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Weil hier so viel vom neuen Regieren und von der Gerechtigkeit gesprochen wird, erlaube ich mir abschließend, noch einen


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Entschließungsantrag einzubringen, und ich lade Sie ein, diesem Entschließungsantrag dann Ihre Zustimmung zu geben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leikam, Pendl und GenossInnen über pensionswirksame Beitragszeiten für ordentliche und außerordentliche Zivildiener zum Ausgleich der unsozialen Wirkungen der FP/VP-Pensionsreform

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres und die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen werden aufgefordert,

1. durch die Bereitstellung von entsprechenden Beiträgen Initiativen zu ergreifen, die zum Ziel haben, dass für alle ordentlichen und außerordentlichen Zivildiener pensionswirksame Beitragszeiten geschaffen werden,

2. dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, die bis spätestens zum Wirksamwerden der FP/VP-Pensionsreform sicherstellt, dass Zeiten des ordentlichen Zivildienstes und des außerordentlichen Zivildienstes als pensionswirksame Beitragszeiten angerechnet werden."

*****

Ich lade Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Interesse der Gerechtigkeit ein, diesem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Ein "begnadeter" Redner!)

21.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag liegt vor, ist ausreichend unterfertigt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reindl. – Bitte.

21.47

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mit Verwunderung (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) musste ich feststellen, dass dieser soeben vom Kollegen Pendl eingebrachte Entschließungsantrag vom neu ernannten Sicherheitssprecher der Sozialdemokraten und ehemaligen Innenminister, Herrn Abgeordnetem Schlögl, nicht unterzeichnet wurde. Warum, weiß ich nicht. Ist er damit vielleicht nicht einverstanden? – Ich weiß es nicht. (Abg. Dietachmayr: Da muss ja nicht jeder unterschreiben! Ist das bei euch so streng?) Sicher, es gibt genug andere – ja, selbstverständlich. Aber es ist trotzdem interessant, Herr Kollege Dietachmayr, dass ein Sicherheitssprecher, ein Fraktionssprecher diesen Entschließungsantrag nicht unterzeichnet. (Abg. Dietachmayr: Das ist ja bei euch ganz streng!)

Meine Damen und Herren! Die Budgetdebatte ist am heutigen Tag, wie auch schon gestern, seitens der SPÖ und der Grünen von Krankjammerei geprägt. Der SPÖ-Abgeordnete Pendl, der heute mein Vorredner war, hat gestern sogar gemeint, die neue Regierung verfolge keine Spar-, sondern nur Belastungsziele (Ruf bei der SPÖ: Richtig!)  – das ist so nicht richtig! – und das Budget sei ein Paket der Ungerechtigkeiten. (Abg. Schwemlein: Da haben Sie gut aufgepasst!)

Schauen wir uns einmal an, was die heutige Oppositionspartei, als sie noch Regierungspartei war, im Bereich Inneres gemacht hat. (Zwischenruf des Abg. Wittmann. ) Sie hat Folgendes gemacht: Sie hat reformiert. – Und wie sieht so eine "Reform" aus? – In der Tageszeitung "Kurier" vom 1. November 1997 (Abg. Leikam: Das war der Allerheiligen-Tag!) wurden die Auswirkungen Ihrer Reform wie folgt kommentiert:


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"Eine heute 35-jährige Exekutivbeamtin bei der Kriminalpolizei" – so schreibt der "Kurier" – "geht mit 60 in den Ruhestand. Ihr Einstiegsgehalt betrug bei Beginn der Ausbildung 1980 rund 7 600 S brutto. Mit 60 Jahren gilt für sie ein Durchrechnungszeitraum von 18 Jahren; auch die Nebengebühren (Überstunden) werden nach dem Regierungsplan geringer bewertet. Nach der alten Berechnung würde die Pension, gemessen am Letztbezug inklusive Nebengebühren, die anteilig für die Pension angerechnet werden, rund 36 090 S brutto ausmachen. Die neue Berechnung mit Durchrechnung und neuer Bewertung der Nebengebühren würde die Pension auf 28 764 S brutto kürzen." – Das ergibt ein sattes Minus von 7 326 S brutto monatlich!

Es ist interessant: Damals, als Regierungspartei, hat die SPÖ so etwas als "Reform" bezeichnet; heute, in der Opposition, heißt dasselbe "Belastung".

Weitere Beispiele der SPÖ-Regierungspolitik: Wir hatten 1996 und 1997 eine Nulllohnrunde, erhebliche Planstellenkürzungen, einen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst, Kürzungen bei den Belohnungen und bei den Überstundenvergütungen, einen Abschlag bei den Frühpensionen und so weiter und so fort. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.  – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des Abg. Dr. Wittmann –: Da versteht er nichts davon! Wittmann ist ein Künstler!)

Einige Beispiele für die Politik der neuen Regierung, Herr Abgeordneter Wittmann: Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern, Zusammenlegung von Ministerien nach sachlichen Gesichtspunkten, Eindämmung der Gesetzes- und der Erlassflut (Abg. Dr. Wittmann: Die Kleinen werden die Zeche bezahlen!)  – die Kleinen werden nicht die Zeche bezahlen, denn die haben sie unter Ihrer Regierungsverantwortung schon bezahlt; sie haben kein Geld mehr, sie können nichts mehr bezahlen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol ) –, Schaffung eines leistungsorientierten Dienst- und Besoldungsrechts, Einführung einer Kostenrechnung in der Verwaltung (Abg. Dr. Khol: Was versteht Wittmann davon?), Privatisierung von Aufgaben, die nicht vom Staat besorgt werden können. – Diese Beispiele ließen sich noch länger fortsetzen, dafür reicht aber meineZeit jetzt nicht.

Hohes Haus! Verfehlte sozialdemokratische Finanzpolitik hat auch dazu geführt, dass im Bereich der Sicherheitsexekutive Personal eingespart werden muss. (Abg. Dr. Mertel: Herr Reindl, die Kleinen werden zahlen!) Eine Personalaufstockung, Frau Mertel, wird wahrscheinlich erst wieder nach mühsamer Sanierung des gesamten Staatshaushaltes möglich sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Die unter 1,60 m gelten als klein! Wittmann gilt als klein! – Abg. Dr. Wittmann: Für Sie!)

Frau Kollegin Mertel! Dass es Sanierungsmaßnahmen im Budgetbereich geben muss, ist wohl allen hier im Hohen Hause vertretenen Fraktionen klar. Dies haben auch die Sozialdemokraten in ihrem mit der ÖVP geschlossenen Koalitionsabkommen, das letztendlich gescheitert ist, klar zum Ausdruck gebracht.

Meine Damen und Herren! Ich zitiere in diesem Zusammenhang einen Absatz aus der Ausgabe des "Neuen Volksblattes" vom 11. Mai 2000, und zwar aus dem Kommentar unter dem Titel "Erbe":

"Budgetsanierung ist kein Honiglecken. Nicht für regierende Politiker, und schon gar nicht für die Bevölkerung. Schon das diesjährige Budget verlangt uns allen Opfer ab, bei den nächsten wird es ebenso sein. Die positive Seite dabei: Ungeachtet früherer Praktiken ist die neue Regierung entschlossen, die Sanierung ernst zu nehmen." (Abg. Dr. Mertel: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Und weiters heißt es hier: "Die Ablehnung des Voranschlages durch die SPÖ war zu erwarten und kommt nicht überraschend. Ein Ja zum Sanierungsprogramm der ÖVP/FPÖ–Regierung käme nämlich auch einem Einbekenntnis sorgloser Finanzgebarungen unter der Federführung sozialistischer Finanzminister gleich. Von Androsch bis Edlinger."– Zitatende. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


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27. Sitzung / Seite 112

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Damit ist uns allen klar, warum die SPÖ und auch ihr links-linker grüner Trabant (Heiterkeit der Abgeordneten Schwarzenberger und Windholz ) dem Budget 2000 keine uneingeschränkte Zustimmung erteilen können.

Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich recht herzlich bei Herrn Innenminister Strasser für seine erfolgreich begonnene Reform, ich bedanke mich auch bei dem anwesenden Gendarmerie-Zentralkommandanten General Strohmeyer und dem anwesenden Herrn Brigadier Krenn von der Bundespolizeidirektion und möchte sie beide bitten, meinen herzlichen Dank an alle Exekutivbeamten zu übermitteln. Wir werden mit dieser neuen Regierung auch eine anständige Zukunft für die gesamte Exekutive in Österreich schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte. (Abg. Haigermoser: ... Stück Arbeit, das wir aufarbeiten müssen! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Von der Schiene zur Exekutive! – Abg. Haigermoser: Ein so genannter "Eisenbahngendarm"!)

21.54

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Zur inneren Sicherheit gehört auch das Kapitel Verkehrssicherheit. Leider sterben im österreichischen Straßenverkehr täglich durchschnittlich drei Menschen – das ist eine österreichische Durchschnittsfamilie. 1 079 Tote – ein Plus von 12 Prozent –, 54 967 Verletzte – ein Plus von 7,6 Prozent –, das ist die traurige Verkehrsbilanz des Jahres 1999. Mit einem Anteil von 38 Prozent an den tödlichen Unfällen ist überhöhte Geschwindigkeit nach wie vor die Unfallursache Nummer eins auf Österreichs Straßen. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Ein weiteres Sorgenkind ist der Schwerverkehr. So ist der Anteil der LKW–Unfälle auf Autobahnen und Schnellstraßen Besorgnis erregend gestiegen. Diese erschreckenden Unfallzahlen zeigen einmal mehr, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und zur stärkeren Verkehrsüberwachung dringend notwendig sind. Deshalb ist es für mich völlig unverständlich und blanker Hohn, dass gerade der Bereich, der für diese Maßnahmen zuständig ist, nämlich die Exekutive, von massiven Einsparungsmaßnahmen im Rahmen des Budgets 2000 betroffen ist.

Es gilt festzuhalten: Das Budget des Bundesministeriums für Inneres für das Jahr 2000 ist um rund 437 Millionen Schilling niedriger als im Vorjahr. Diese drastischen Kürzungen bei den Ermessensausgaben führen zu negativen Auswirkungen im Investitionsbereich. Es können beispielsweise keine neuen Kraftfahrzeuge angekauft werden. Aber auch im Personalbereich kommt es zu dramatischen Kürzungen. So soll etwa die Zahl der Planstellen um 420 reduziert werden.

Da zeigt sich für mich sehr schön die Unglaubwürdigkeit der Sicherheitspolitik der ÖVP. Noch vor einem Jahr hat Herr Abgeordneter Kiss die Aufstockung der Zahl der Exekutivbeamten um 1 000 gefordert. – Kaum gibt es einen ÖVP–Innenminister, werden es nicht um 1 000 mehr, sondern um 420 weniger. Da erfolgte ein sehr rascher Meinungs- und Gesinnungswandel des Kollegen Kiss.

Kollege Kiss hat in seiner Rede heute auch ausführlich von der Vergangenheit, aber wenig von der Zukunft gesprochen. Was mich freut, ist – und ich hoffe, dass es auch eintrifft –, dass kein einziger Gendarmerieposten Österreichs geschlossen werden wird. Nur: Ich komme aus einem Bezirk, in dem es bereits sehr viele Dienststellen gibt, die unterbesetzt sind. Wenn es nach Ihrer Personalentwicklung geht, wird es leider zu Personaleinsparungen beziehungsweise zu Postenschließungen kommen. Es gibt bei uns schon einen Gendarmerieposten, wo zum Beispiel die Stelle eines in Pension gehenden Kollegen nicht mehr nachbesetzt werden kann.

Werte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wie soll die Exekutive angesichts dieser Sparmaßnahmen dem so wichtigen Aufgabengebiet der Verkehrssicherheit und Verkehrsüberwachung nachkommen? Erst die vergangenen Osterfeiertage haben wieder gezeigt, wie wichtig konsequente Arbeit auf diesem Gebiet wäre. In Zeiten sozialdemokratischer Innen


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minister wurde das Budget während der letzten Jahre stetig angehoben. (Abg. Kiss: Unsinn! Stimmt ja nicht!) Nun, in Zeiten der schwarz-blauen Koalition, kommt es aber anscheinend zu einem Raubbau im Bereich Sicherheit. (Abg. Kiss: Wer war denn 1997 Staatssekretär? Hat der Schlögl geheißen?)

Ohne Personal, ohne Fahrzeuge, ohne zusätzliche Verkehrsüberwachungsgeräte wird die Exekutive der negativen Entwicklung der Verkehrsunfallbilanz leider tatenlos zusehen müssen. Sie, sehr geehrter Herr Innenminister Strasser, sprechen sich zwar in der Öffentlichkeit immer wieder für verstärkte Präsenz und Kontrollen durch die Exekutive aus. Ich frage mich aber: Wie wird das bei Unterbesetzung im Personalbereich und ohne entsprechende Infrastruktur möglich sein?

Wir Sozialdemokraten haben uns immer für eine entsprechende Finanzierung der Sicherheit eingesetzt und diese Politik in den Jahren unserer Regierungsverantwortung auch umgesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Es muss einfach zu einer vernünftigen Personalentwicklung kommen. Mehr Beamte gehören auf Österreichs Straßen, technische Verkehrsüberwachungseinrichtungen sind anzuschaffen, stärkere Kontrollen des Abstandsverhaltens und eine strengere Überwachung der Ruhezeiten von LKW-Lenkern sind ebenso notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur durch solche Maßnahmen kann die Sicherheit auf Österreichs Straßen verbessert werden. Nicht Personalabbau und Investitionskürzungen sind die Antwort auf steigende Unfallzahlen im Straßenverkehr, sondern mehr Personal und mehr Investitionen. Sicherheit muss uns etwas wert sein! In die Sicherheit muss investiert werden! Jeder Tote auf den heimischen Straßen ist ein Toter zu viel. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf namens der Abgeordneten Leikam und Genossen folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Leikam und Genossen betreffend Zivildiener zum Bericht des Budgetausschusses (80 und Zu 80 der Beilagen) über die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 samt Anlagen (60 und Zu 60 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In der Anlage I der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage sind die nachfolgenden Vorschlagsansätze einzufügen beziehungsweise wie folgt zu ändern:

Voranschlagansatz 1/11178, Aufgabenbereich 43, Aufwendungen von 392 900 000 S ist abzuändern um 100 000 000 S auf 492 900 000 S.

Die durch die Änderungen bedingten Betragsänderungen sind auch in den in der Anlage I sowie Ia, Ib und Ic enthaltenen Summenbeträgen entsprechend zu berücksichtigen."

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Jung. )

21.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag der Abgeordneten Leikam und Genossen, der soeben vorgetragen wurde, steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Freund, wenn du anständig bist, mache ich keinen Zwischenruf!)

22.00

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Keiner meiner Vorrednerinnen und Vorredner hat so massive Kritik


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27. Sitzung / Seite 114

geübt wie der SPÖ-Vorsitzende im Innenausschuss, Abgeordneter Leikam. Meiner Überzeugung nach war diese Kritik weit überzogen, sie war unqualifiziert und deshalb unglaubwürdig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Schlögl, deine Sicherheitssprecher-Nachfolge ...!) Sie hat für mich so geklungen, als wäre die SPÖ überhaupt nie an der Sicherheitspolitik beteiligt gewesen. (Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Die Sicherheit – die innere und die äußere – eines Landes ist ein hohes Gut! Sie ist ein Grundbedürfnis unserer Bürgerinnen und Bürger. Gerade in Zeiten von Budgetkürzungen ist es mehr denn je wichtig geworden, sich dieser Tatsache bewusst zu werden. Das österreichische Volk hat es sich verdient, weiterhin in Sicherheit zu leben. Ich glaube weiters, dass wir alle hier im Hause es nicht verantworten können, die Sicherheit wegen Budgetkonsolidierungen, deren Notwendigkeit in der Politik der sozialistischen Finanzminister ihren Ursprung hat, aufs Spiel zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Budget des Innenressorts trägt zur Budgetkonsolidierung bei und erhält so weiterhin den hohen Sicherheitsstandard, den wir in Österreich haben. Einsparungen können sicherlich durch eine Straffung in der inneren Verwaltung und durch den Abbau der Bürokratie erreicht werden. Es können somit Kräfte frei werden, die wir dann vermehrt auf der Straße einsetzen können.

Ganz besonders freut mich, dass Bundesminister Strasser keine Gendarmerieposten-Zusammenlegungen plant. (Abg. Schwemlein: Das ist ein Zufall!) Sollte es doch welche geben, dann kann das nur auf die Region abgestimmt sein und muss mit den örtlichen Vertretern vereinbart werden. So können unnötige Sicherheitsmängel im ländlichen Raum erst gar nicht entstehen. Nur durch Vermeidung von Rasenmähermethoden können wir so wichtige Dinge für unsere Gesellschaft wie Verkehrsüberwachung und Prävention sicherstellen. Wir brauchen Sicherheitsexperten – und keine Formularprofis! (Beifall bei der ÖVP.)

In keiner Weise ist es für mich nachvollziehbar, dass ein weiteres Auseinanderklaffen zwischen Bundespolizei und Gendarmerie bestehen kann. Im Gegenteil: Gilt es nicht, Synergien zu nutzen? Gilt es nicht, Kontaktmanagement zu betreiben? Und gilt es nicht, aufkommensneutrale Einsparungen zu suchen? Hat die SPÖ nicht lange Zeit nach Lösungen in der Stapo-Reform oder nach Lösungen in der Kripo-Reform gesucht? Hat sie diese auch gefunden? – Ich glaube, sie hat sie gar nicht gesucht.

Es ist eine Freude, mit welcher Ambition unser Bundesminister Strasser an diese Dinge herangeht und sie auch erfolgreich umsetzt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ing. Herbert L. Graf, Haigermoser und Dr. Pumberger. ) Was die Nebengebühren betrifft: Dass diese noch nicht ausbezahlt werden konnten, liegt daran, dass der Finanzminister eben derzeit kein Geld flüssig hat.

Ein weiteres großes Projekt, das unser Herr Bundesminister Strasser vererbt bekommen hat, ist das Projekt ADONIS, das schon vom Kollegen Kiermaier angesprochen wurde. Das ist ein vernetztes Funksystem, das wir sehr dringend brauchen und über dessen geplante Realisierung schon jahrelang gesprochen wurde. Bis heute ist aber nichts geschehen. Bundesminister Strasser hat jetzt im Burgenland einen Pilotversuch gestartet, um zu erkunden, welche Auswirkungen ein solches System für unsere Sicherheitseinrichtungen hat. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass man hier den richtigen Weg beschreitet.

Ich bin mir dessen sicher, dass unser Minister auch da den richtigen Weg einschlagen wird, denn dieses ADONIS-Programm muss ökonomisch und auch finanziell erträglich sein und muss zu Gunsten unserer Sicherheit zum Einsatz zu bringen sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, es sollte auch geprüft werden, ob man sich nicht durch Einklinken in ein bestehendes System einen ganz neuen Aufbau auf einer ganz anderen Schiene ersparen kann.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich begrüße diese Entwicklungen und dieses Engagement, das hier von Seiten unseres Ministers in Angriff genommen wird. (Abg. Dr. Mertel: Jawohl! ...)


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Zum Schluss möchte ich noch sagen: In der Bevölkerung hat die Sicherheit hohen Stellenwert. Wir sind dafür die Verantwortungsträger. Stellen wir doch gemeinsam und über Parteigrenzen hinweg die Sicherheit noch höher! Ich danke unserer Exekutive – sie muss oft den Kopf für uns hinhalten – für ihren Einsatz zum Wohle der Sicherheit der Bürger Österreichs! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Brauchst du einen Weihrauch?)

22.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

22.05

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit den geplanten Änderungen zum Zivildienst (Abg. Aumayr  – auf die ins Haar gesteckte Sonnenbrille der Rednerin weisend –: Brille aufsetzen!) treffen Sie mit einem Schlag Menschen, die helfen wollen, und Menschen, die Hilfe brauchen. (Abg. Dr. Khol: Die Sonnenbrille ist keck! Um 22.05 Uhr mit einer Sonnenbrille im Saal!) Sie schwächen die karitativen und sozialen Organisationen, Sie machen den Zivildienst zum Luxus, und Sie höhlen längerfristig den Zivildienst als Alternative zum Dienst mit der Waffe aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Mag. Gisela Wurm und GenossInnen wider die massiven negativen und unsozialen Wirkungen der VP/FP-Zivildienstgesetz-Novelle

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert,

1. die Anzahl der an die Trägerorganisationen zuzuweisenden Zivildiener nicht zu reduzieren,

2. die für den Gedenkdienst erforderlichen finanziellen Mittel in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen und

3. die geplanten drastischen Verschlechterungen für Zivildienstleistende zurückzunehmen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden die geplanten Regelungen nicht einfach hinnehmen! Wir werden sie vor den Verfassungsgerichtshof bringen (Abg. Donabauer: Geh? Wirklich? Ehrlich?), und wir bieten allen betroffenen Zivildienern kostenlose Rechtshilfe an. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Da müssen Sie viel Geld haben in der Parteikassa!)

Aber noch zu einem anderen Thema, Herr Bundesminister: Sie haben vor einigen Tagen durch eine Bemerkung aufhorchen lassen, in der Sie sich sinngemäß für eine Mäßigung der Worte ausgesprochen haben. Ich habe diesen Appell damals sehr bemerkenswert gefunden und war umso betroffener und enttäuschter, gestern weder von Ihnen noch vom Herrn Bundeskanzler klare Wort zu Aussagen des Kärntner Landeshauptmannes, mit denen er einen Freiheitsabbau einleiten will, zu hören.

Ich will Ihnen sagen, warum ich so betroffen bin, und will Ihnen das auch begründen, und zwar mit einem Zitat aus den heutigen "Salzburger Nachrichten", in denen Andreas Koller das wirklich auf den Punkt bringt: Er spricht vom "Schaudern":


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"Schaudern vor allem eingedenk des Umstandes, dass im Verlauf der vergangenen hundert Tage so manches, was in Klagenfurt als Schnapsidee begonnen hat, tags darauf in Wien Regierungslinie war." (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Daher appelliere ich an Sie, aber auch an den Herrn Bundeskanzler, etwas zu diesen Sorgen zu sagen. Nehmen Sie bitte die Situation ernst, denn sie ist ernst! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Kuntzl soeben verlesen hat, ist ordnungsgemäß eingebracht, steht zur Verhandlung und wird zur Abstimmung gelangen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Wozu hat die Kuntzl um 22.10 Uhr Sonnenbrillen auf? – Abg. Mag. Plank: Was hat das mit der Rede zu tun? – Abg. Dr. Mertel  – in Richtung des Abg. Dr. Khol –: Sie haben ja auch knallende Schuhe an, pausenlos! Öffentlich knallende Schuhe!)

22.09

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kuntzl hat sich darüber aufgeregt, dass der Landeshauptmann von Kärnten eine öffentliche Aussage getätigt hat. – Sie sehen, Herr Präsident, man muss nur den Namen Jörg Haider in den Mund nehmen und schon hat man die Aufmerksamkeit der Linken! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Er hat das getan, wir haben das alle gehört. (Abg. Schwemlein: Sagen Sie bloß, Sie sind stolz darauf!) Jörg Haider hat öffentlich über die Verantwortlichkeit von Mandataren nachgedacht und das auch laut gesagt. Das wird ein Politiker wohl auch noch tun dürfen!

Meine Damen und Herren! Dass diese Regierung seit mehr als 100 Tagen neu regiert, zeigt sich auch im Sicherheitsbereich. Gerade durch die Vorlage eines neuen Sicherheitspolizeigesetzes und eines Militärbefugnisgesetzes sind klar Schwergewichte für die politische Arbeit in der Zukunft gesetzt worden. Es geht dabei vor allem um den Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Meine Damen und Herren, die internationalen Verbrecherbanden, die unseren Sicherheitskräften gegenüberstehen, sind bestens organisiert und verfügen über modernste technische Methoden. Daher muss der Exekutive im Sinne einer konsequenten Bekämpfung der Kriminalität die Möglichkeit gegeben werden, diesen ausufernden Formen der Kriminalität wirksam und effizient entgegenzuwirken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass gerade die Grünen das immer wieder verniedlichen, spricht eigentlich für sich. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, scheinen kein Interesse daran zu haben, unsere Staatsstrukturen funktionsfähig zu halten. In diesem Zusammenhang tritt ein seltsames Interesse zutage. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, bringen auch immer wieder das Argument, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ohnedies sehr hoch sei. Damit haben Sie zwar völlig Recht, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist allerdings deshalb so hoch, meine Damen und Herren von den Grünen, weil die Regierung der Kriminalität die Stirn bietet. Und so soll es auch bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Welche Regierung?)

Im Rahmen der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle muss außer Zweifel stehen, dass jede Aufgabe der Gefahrenabwehr auch den Auftrag zur Gefahrenerforschung und somit die Aufgabe der erweiterten Gefahrenerforschung einschließt. Mit der neuen Regelung wird es der Polizei bereits im Vorfeld der Ermittlungen möglich sein, einzugreifen, wenn aufgrund konkreter Hinweise anzunehmen ist, dass eine strafbare Handlung durch eine derartige Gruppe zu befürchten ist. Ziele der erweiterten Gefahrenerforschung sind der verstärkte Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die konsequente Bekämpfung und Zerschlagung extremistischer Gruppen unter Aufrechterhaltung rechtsstaatlicher Kontrolle. Über dieses Sicherheitspolizeigesetz werden wir, wie ich annehme, im Ausschuss und auch hier im Plenum im Detail noch diskutieren.


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Gerade bei der organisierten Kriminalität muss es nämlich darum gehen, rechtzeitig zu verhindern, dass sich kriminelle Organisationen in unserem Lande festsetzen. In diesem Zusammenhang, Herr Minister, sind nicht nur sicherheitspolizeiliche Gesetze auf den neuesten Stand zu bringen, sondern auch alle diesbezüglichen strafrechtlichen, aber auch fremdenrechtlichen und aufenthaltsgesetzlichen Regelungen konsequent zu vollziehen. Die Verschärfung der Regelung zur Schlepperei ist ein guter Beginn in dieser Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Einige Vorredner sind auch auf die Zivildienstfrage eingegangen. – Diese Regierung hat gerade auch im Bereich der Zivildienstregelung konsequente Haltung gezeigt. Dabei soll nicht der sinnvolle Einsatz von Zivildienern diskriminiert werden – das liegt mir fern –, sondern es soll klar gemacht werden, dass es im Zivildienstbereich viel Missbrauch gegeben hat.

Meine Damen und Herren! In unserer Verfassung haben wir die allgemeine Wehrpflicht verankert, und Zivildienst ist, solange das der Fall ist, ein Wehrersatzdienst. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Das sollten Sie sich gesagt sein lassen: Eine allgemeine Wehrpflicht besteht, um ein Heer aufzustellen zu können. Das ist der Grund für die allgemeine Wehrpflicht. (Abg. Öllinger: Bringen Sie doch ein Argument!) Gleich, Herr Kollege! Nur 9 Prozent der Angehörigen eines Jahrganges geben an, aus Gewissensgründen nicht der allgemeinen Wehrpflicht nachkommen zu wollen. Das respektiere ich, das habe ich vorhin schon gesagt. (Abg. Öllinger: Sie haben von "Missbrauch" geredet!) Die Zahl der Zivildiener beträgt aber 20 bis 30 Prozent der Tauglichen und nicht nur 9 Prozent. Zwei Drittel eines Jahrgangs planen mit der Entscheidung, zum Zivildienst zu gehen, einfach ihre Karriere.

Deshalb, Herr Minister Strasser – gerade weil Sie selber Zivildiener gewesen sind –, bitte ich Sie: Setzen Sie Zivildiener gezielt und gerecht ein und vergessen Sie nicht, dass Zivildienst – ich habe es schon erwähnt – ein Wehrersatzdienst ist, der auch im Lichte von Wehrgerechtigkeit und Lastenausgleich gesehen werden muss! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Bleiben Sie gerade in den von mir angesprochenen Bereichen konsequent! Dann haben Sie auch weiterhin die Unterstützung von uns Freiheitlichen! (Beifall bei den Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

22.15

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Strasser! Mit der langfristigen Karriereplanung haben Sie es – wenn ich den Worten Ihres Vorgängers folgen darf – wirklich ganz gut angelegt! Leider kann aber nicht jeder Innenminister werden!

Ich habe mich nur deswegen zu Wort gemeldet, um auf etwas zu reagieren und das auch noch einmal in Frage zu stellen: Herr Minister! Sie haben in Ihrer Replik, als es um die Flugrettung ging, etwas angekündigt, was für mich nicht klar ersichtlich war. Sie haben gesagt, dass die Intention besteht, entweder die Flugrettung als solche abzuschaffen und das Feld den privaten Diensten zu überlassen oder eine Privatisierung der Flugrettung nach klassischen Privatisierungsregeln anzustreben. – Daher würde mich sehr interessieren, wie Sie die Zukunft dieser Dienste sehen.

Ich habe mich damit einmal selber anhand des Beispiels in Osttirol genauer beschäftigt, wo leider – das liegt allerdings in der Verantwortung des Landes und nicht des Bundes – katastrophale Zustände vorliegen, insbesondere betreffend die Wartung und den Büroteil. Hingegen tun erstklassige Piloten und erstklassige Retter Dienst. Daher wäre es aus meiner Sicht sehr bedenklich und sehr schade, wenn man das auslagerte und auf diese Dienste aus dem Innenministerium verzichtete! – Ich kenne den Hintergrund mit der Hubschrauberbeschaffung, das ist vollkommen klar. Ich weiß, dass es bereits einen Kompromiss gegeben hat, der von Ih


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nen dann nicht weiter verfolgt beziehungsweise umgesetzt wurde, und zwar mit der Begründung der Hubschrauberbeschaffung. – So habe zumindest ich Ihre Feststellung verstanden.

Daher möchte ich Sie hier noch einmal ersuchen: Überlegen Sie das noch einmal genau! Diese Flugretter, die wir haben, fliegen Einsätze, die private Dienste nicht mehr fliegen. Sie sind in einer Art und Weise für Menschen da, die in Gefahr sind – sei es in Berggefahr oder sei es im Straßenverkehr –, wie sonst wenige private Dienste, die dazu weitgehend gar nicht imstande sind.

Deshalb appelliere ich noch einmal an Sie, mit diesem Thema mehr als genau und vorsichtig umzugehen, weil da unter Umständen ein ganz wichtiges Service, ein Sicherheitsfaktor für die Bevölkerung und für Menschen in Gefahr verloren gehen könnte! Das ist mir ein großes Anliegen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPÖ.)

22.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

22.18

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn man sich die Debattenbeiträge mancher sozialdemokratischer Redner anhört, dann hat man den Eindruck, dass Sparen, Schulden abzubauen und ein Budget in Ordnung zu bringen das Schlimmste ist, was eine Bundesregierung tun kann! – Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung ist angetreten, die herrschende Budgetsituation zu korrigieren, damit wir in Zukunft mehr Mittel in allen Bereichen haben, so auch im Innenressort. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wäre ein einfaches Strickmuster, zu sagen: Wir sanieren das Budget damit, dass wir den Großbauern, der Wirtschaft und den Hausbesitzern kein Geld mehr geben; damit wäre das Budget saniert. Geschätzte Damen und Herren! So einfach ist die Welt nicht! (Abg. Mag. Prammer: Das müsste man erst ausprobieren!) Es wäre lustig, wenn sie so einfach wäre!

Meine Damen und Herren! Wenn in den letzten Jahren 900 Planposten abgebaut wurden und jetzt eine Anfrage nach der anderen gestellt wird, wo denn diese Planposten geblieben sind, dann frage ich mich: Ist das die Sicherheitspolitik der Sozialdemokratie? – Ich sehe darin keinen Sinn, und die Kollegen haben schon darauf aufmerksam gemacht, was es mit der Ablehnung von ADONIS, Hubschraubern et cetera auf sich hatte. (Beifall bei der ÖVP.)

Bundesminister Strasser hat hingegen erkannt, dass sich in der jetzigen Verkehrssituation zu viele Unfälle und teilweise schreckliche Unfälle ereignen und dass insbesondere ältere Menschen, Kinder und Jugendliche gefährdet sind. Daher hat er sofort mit unserer Exekutive, mit den Gendarmen und Polizisten, ein Schwerpunktprogramm aufgestellt: Verkehrskontrollen wurden verdichtet, und zwar an den neuralgische Stellen, wo sich die Unfälle häufen. Dabei hat er nicht sofort nach neuen Planstellen gerufen, sondern er hat angefangen, die Exekutive von Administration und unnötiger Bürokratie zu entlasten. – Meine Damen und Herren! Das ist der Weg einer neuen Sicherheitspolitik der ÖVP unter Minister Strasser! (Beifall bei der ÖVP und Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte hier auch noch die Bewusstseinsänderung im Straßenverkehr erwähnen, weil es mir wichtig erscheint, mit den Autofahrerklubs und den Medien gemeinsam für eine Bewusstseinsänderung im Straßenverkehr einzutreten, weil wir alle in dieser Gesellschaft zusammenhelfen müssen.

Ein wichtiges Thema ist heute schon des Öfteren angesprochen worden, und es gibt auch einen Abänderungsantrag betreffend Zivildiener beziehungsweise – wie schon angesprochen wurde – zum Wehrersatzdienst. Ich möchte auch unterstreichen, dass es sich hiebei um einen Wehrersatzdienst handelt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Ing. Graf. )

Meine Damen und Herren! Wir stimmen überein, dass die Zivildiener bei sozialen und karitativen Einrichtungen nicht mehr wegzudenken sind, Kollege Leikam – so er unter uns weilt. Ein Punkt, in dem wir jedoch nicht übereinstimmen, ist, der uferlosen Ausdehnung von Zivildienst


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plätzen Rechnung zu tragen, indem wir sagen, weil es sehr, sehr viele Zivildienstwillige gibt, deswegen brauchen wir immer mehr Zivildienstplätze. Schon bisher hat man immer mehr an Plätzen in sinnvoller und weniger sinnvoller Weise organisiert, und trotzdem kam dabei ein "Stau", Herr Ex-Minister Schlögl, von 17 000 zustande. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Kollege Schwemlein! Du kannst mitzählen, du bist im Zählen immer sehr gut: Diesen "Stau" von 17 000 gibt es nicht erst seit Februar dieses Jahres, sondern er ist schon in den letzten Jahren entstanden. Und auch die Kostenexplosion ist da die ganz große Frage.

Deshalb gibt es das Rettungsprogramm von Bundesminister Strasser. Dieses Rettungsprogramm ist die Garantie dafür, dass für Juni und Oktober Zivildiener für die Rettung, die Hilfsorganisationen und die Behindertenorganisationen, die an zweiter Stelle zu reihen sind, zur Verfügung stehen. Die Behindertenorganisationen werden also nicht, wie Frau Haidlmayr meinte, vernachlässigt, sondern sie stehen an zweiter Stelle. Und nicht vergessen wurden auch die Katastrophenhilfe und die Landwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist zu unterstreichen, dass die Arbeitsgruppe "Zivildienst neu" eingerichtet wurde, um diese 17 000 abzubauen, um den Zivildienern Lebens-, Berufs- und Ausbildungsplanung zu sichern. Dass es für Vollzahler zusätzliche Zivildienstplätze geben soll, ist auch zu unterstreichen, weil jene, die bereit sind, voll zu zahlen, unterstützt werden sollen. Außerdem soll es unbedingt auch nominelle Zuweisungen im Hinblick auf den Wohnort geben. Die Tagesverpflegung muss selbstverständlich gesichert sein, und Kasernen sowie Großküchen sind hiezu aufgerufen.

Meine Damen und Herren! Der Gedenkdienst wurde auch angesprochen: Im Budget 2000 sind um 4 Prozent mehr als im Jahre 1999 für den Gedenkdienst vorgesehen. Außerdem sollten durch den Zivildienst – das war schon bei dessen Einführung eine generelle Überlegung – auf keinen Fall Arbeitsplätze beeinträchtigt werden. – So viel zu den Zivildienern. (Abg. Parnigoni: Das Licht blinkt!)

Meine Damen und Herren! Ich denke, dieses Programm kann sich sehen lassen. Es entspricht den Tatsachen, und Bundesminister Strasser hat mit seinen Beamten auf diesem Gebiet Besonderes geleistet. Dafür bedanke ich mich sehr, sehr herzlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Leider ist es mir nicht möglich, noch auf die Sicherheitsakademie einzugehen. Ich möchte aber unterstreichen, dass ich sehr froh darüber bin, dass diese Sicherheitsakademie jetzt nicht mehr im Stadium des Spatenstichs und der Grundsteinlegung ist, sondern umgesetzt werden wird, was sicher einen Quantensprung für eine zukunftsorientierte Ausbildung der Exekutive darstellen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

22.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

22.25

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Stoisits hat vorhin die Frage gestellt, was Sicherheit eigentlich ist, was Sicherheit vor allem für den Bürger bedeutet. – Dazu sage ich Ihnen: Der Bürger fühlt sich dann sicher, wenn er das Gefühl hat, unter geordneten Verhältnissen zu leben und sich in dem von ihm gewünschten Kulturumfeld frei bewegen zu können. Jede negative Veränderung dieser Sicherheit und jede Steigerung der Kriminalität bedeuten für ihn subjektiv daher eine Verschlechterung, und zwar auch dann, wenn europaweit gesehen – was erfreulicherweise der Fall ist – die österreichische Kriminalitätsrate relativ niedrig ist. De facto sehen und spüren die Bürger eine Verschlechterung nicht zuletzt als Folge der, wie wir meinen, unter der sozialistischen Fremdenpolitik zu weit offenen Grenzen. Die Bürger haben dafür ein sehr feines Gefühl und lassen sich auch nicht durch Manipulationen mit Statistiken verschaukeln, wie das ja teilweise versucht wurde.

Es stimmt, dass die Gesamtzahl der kriminellen Delikte geringfügig gesunken ist. Gestiegen ist jedoch die Zahl der Gewaltdelikte, und das tut dem Bürger besonders weh. Dies trifft im besonderen Maße die alten und die ganz jungen Menschen. Es ist leider eine unleugbare Tatsache, dass es heute manchmal schon genügt, 20 S in der Tasche zu haben, um von Jugendbanden –


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es gab dafür jetzt wieder einige Beispiele – überfallen zu werden. Und auch die Altersstufe und die Hemmschwelle sinken immer mehr.

Die neue Koalition ist entschlossen, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Neue Gesetze können dabei eine wichtige Rolle spielen, insbesondere dann, wenn sie klar machen, dass Täter, die in einigen Bereichen bisher mit Samthandschuhen angefasst wurden, nun nicht mehr so billig davonkommen werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die bereits angesprochene Verschärfung der Strafbestimmungen im Schleppereiunwesen. Schließlich bedeutet jede erfolgreich durchgeführte Schlepperaktion, dass sich neue Illegale im Land aufhalten, die von etwas leben müssen, und die Finanzierung des Lebenserwerbs geschieht in den meisten Fällen eben auf illegale und auch auf kriminelle Art und Weise.

Aber auch im alltäglichen Leben, bei den Kleinkriminellen, bei den in Banden und Gangs organisierten Jugendlichen steigt leider die Gewaltbereitschaft, und zwar unter Einsatz von Waffen und konkret – ich habe es schon einmal angesprochen, und auch heute finden Sie wieder ein Beispiel dafür in den Zeitungen – unter Einsatz von Messern. Das sind wir nicht gewohnt, das entspricht nicht unserem Kulturkreis, und ich sage Ihnen klar: Daran wollen wir uns auch nicht gewöhnen! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Grünen und der Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) In diesem Zusammenhang ist die Justiz gefordert: Wer bei Gewaltdelikten ergriffen wird, muss hart bestraft werden, und sollte er Nichtösterreicher sein, der nicht unbedingt vor ein österreichisches Gericht muss, dann ist er eben abzuschieben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. ) Ich weiß nicht, ob Sie für Messerstecher die Stimme erheben wollen, Frau Kollegin! Das bleibt Ihnen überlassen, und dem Wähler bleibt es überlassen, das zu beurteilen!

Es gibt nur einen einzigen Bereich in Österreich, der das Monopol für Gewalt besitzt, und das ist die Exekutive, und so soll es auch bleiben! Von der Exekutive fordern wir verhältnismäßigen, aber entschlossenen Einsatz, auch im Fall von Missbrauch der Rechte im Demonstrationsbereich und dem Ausufern der Gewalt bei solchen, die glauben, Widerstand leisten zu dürfen und dabei Gewalt gegen Sachen und auch Körperverletzungen billigend in Kauf nehmen.

Es wurde heute bereits angesprochen: Wenn jemand mit Leuchtpistolen beziehungsweise Leuchtstiften auf Polizisten schießt, so ist das, wenn er entsprechend trifft – im konkreten Fall war zufällig ein Schild dazwischen –, versuchter Mord, Frau Kollegin! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. ) Das können Sie nicht kleinreden! Ein solches Geschoss wirkt, auf kurze Entfernung abgefeuert, wie eine Pistolenkugel oder sogar noch schlimmer, weil es Verbrennungen hervorruft. Es bleibt Ihnen und Ihrem linken Flügel unbenommen, diesen Leuten das Wort zu reden! Ich bin allerdings Gott sei Dank sicher, dass nicht alle Sozialdemokraten, im Gegensatz zu den Sozialisten, so denken wie Sie, Frau Kollegin! (Beifall bei den Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Mahnung richtet sich aber nicht nur an die Demonstranten, sondern auch an den einen oder anderen höheren Beamten des Bundesministeriums, und im Besonderen an den heute bereits angesprochenen Wiener Polizeichef, der besonderes Verständnis für die Krawallierer gezeigt und dabei die Bürger, deren Eigentum beschädigt wurde, und auch seine verletzten Kameraden offenbar vergessen hat. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Ich will jetzt niemandem das persönliche Demonstrationsrecht einschränken, und er hat ja auch gesagt, dass er in seiner Freizeit dort war. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Aber ich stelle fest: Wenn sich während der größten Demonstration dieser Republik in dieser Stadt der Polizeichef Zeitausgleich nehmen kann, dann kann doch am System etwas nicht stimmen! So kann es wohl wirklich nicht gehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP.) Ein solcher Mann wäre meiner Meinung nach am falschen Platz, wenn er nicht lernfähig ist.

Das vorliegende Budget gibt dem Innenministerium die nötigen finanziellen Mittel, um seine wichtigen Aufgaben zu erfüllen. Personell und besonders betreffend die Qualität der Beamten sind die Voraussetzungen dafür eindeutig gegeben, und diese Beamten können bei ihrer schweren Arbeit mit unserem vollen Rückhalt rechnen!


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Unterstützung heißt dabei, nicht alles zu gewähren, was gefordert wird. Das ist richtig. Die Bürokratie neigt – auch das stimmt – zur Arrondierung von Macht und Rechten. Aber dieses Haus und das Parlament sind dazu da, das unter Kontrolle zu halten.

Meine Damen und Herren! Das Innenministerium wird – auch wenn Sie es verschreien wollen – auch in Zukunft kein Polizeiministerium werden, sondern ein Innenministerium zum Schutze unserer Bürger. Wir haben in die Beamten dieses Ministeriums unser volles Vertrauen. Sie werden unsere Unterstützung und auch die notwendigen Gesetze erhalten, die sie für ihre schwere und wichtige Arbeit für die Bürger dieses Staates brauchen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

22.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Die restliche Redezeit der ÖVP beträgt 4 Minuten. – Bitte.

22.31

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ-Seite! In Anbetracht der nur kurzen mir verbleibenden Redezeit werde ich mich auf das Wesentliche beschränken, nämlich auf die Personalstatistik und die Personalentwicklung, so wie sie sich uns darstellt.

Ich werfe der SPÖ nicht vor, dass sie jetzt etwas verlangt, was sie lange Zeit, nämlich 30 Jahre hindurch, nicht zu erfüllen in der Lage war. Das werfe ich Ihnen nicht vor! Das ist das gute Recht der Opposition. Ich werfe Ihnen jedoch vor, dass Sie sehr lange Zeit, nämlich zumindest 20 Jahre, verschlafen haben, in der Sie rechtzeitig Reformen hätten einleiten können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Im Sicherheitsbereich hat sich wahnsinnig viel geändert und irrsinnig viel getan. Auch im Bereich der Technik hat sich einiges getan, und zwar durchaus auch im Interesse der Sicherheitswache und der Polizei und der Exekutive insgesamt. (Abg. Parnigoni: Aber geh, wirklich? Sie sind ja so unheimlich gescheit!) Hören Sie mir zu! Dann wissen Sie, wovon ich rede! Auch im Bereich der Ausrüstung und Infrastruktur hat sich viel Neues ergeben, und unser Sicherheitssprecher Paul Kiss hat gekämpft wie ein Löwe (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) und musste der SPÖ jedes Zugeständnis abtrutzen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Deswegen bin ich wirklich froh darüber, dass wir jetzt einen couragierten Minister haben, der sagt: Ich mache Reformen! Das ist nämlich höchst notwendig, denn wenn man davon ausgeht, dass die personellen Ressourcen in Hinkunft in etwa gleich bleiben werden, dann wird man sich überlegen müssen, wie man die anfallende Tätigkeit in Hinkunft optimal organisiert. (Abg. Dr. Mertel: Hand aus der Hosentasche! – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Sie stören mich nur! Ich schaue gar nicht mehr hin, denn es kommt eh nichts ... (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es ist wunderschön, wenn das Haus so voll ist, aber man kann jetzt fast nichts verstehen. (Abg. Öllinger: Er provoziert den Widerspruch!) Doppelt so viel Abgeordnete erfordern eine halb so große Lautstärke, dann geht es sich aus! – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Werner Miedl (fortsetzend) : Danke, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Ich frage mich, wieso Reformen nicht längst eingeleitet wurden. Alle Fachleute haben das eingemahnt: Macht Reformen! – Unserem Minister Strasser bleibt es nun vorbehalten, eine Kripo-Reform in die Wege zu leiten, die eine Effizienzsteigerung beinhaltet und in welcher Organisationsformen entwickelt werden, die ohne Reibungsverluste Sicherheitsarbeit möglich machen und die eine Verzahnung der nationalen mit der internationalen Polizei ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! So weit es die Zeit erlaubt, bringe ich ein paar Beispiele aus der Praxis. (Abg. Mag. Posch: Bitte wenige Beispiele!) Lieber Herr Kollege! Vielleicht bringt Ihnen


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das etwas! Vielleicht können Sie dann auch darüber nachdenken, dass es innerhalb der ÖVP ganz gute Experten gibt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Danke, Herr Oberlehrer!)

In Graz, einer kleinen Stadt, die Ihnen vielleicht bekannt sein dürfte, es ist nämlich die Landeshauptstadt der Steiermark, wurde mit Unterstützung der Stadt Graz und des Landes – Ihr Landeshauptmann-Stellvertreter Schachner ist dieser Idee der Grazer Volkspartei seinerzeit beigetreten – ein Kriminalitätsatlas gefordert, den Dr. Klaus Krainz von der Universität gemeinsam mit dem Max Planck-Institut entwickelt hat. Dieser Kriminalitätsatlas ist nicht mehr und nicht weniger als eine Leitlinie für die Exekutive, in der Informationen darüber zu finden sind, zu welcher Zeit sich welche Delikte ereignen, damit man rechtzeitig Vorsorge treffen kann. Mit dieser Unterlage arbeitet die Grazer Polizei zurzeit, und ich könnte mir vorstellen, dass der Exekutive in Österreich insgesamt solche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, damit die Arbeit nach einer solchen Leitlinie angegangen werden kann. – Das ist ein kleines Beispiel, und ich bin überzeugt davon, dass wir im Marketingbereich und in der Werbung für die Sicherheitspolizei wirklich neue Aufträge und Anstöße brauchen!

Meine Damen und Herren! Reformen brauchen Visionen und eine Portion Mut. Reformen brauchen aber vor allem ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Werner Miedl (fortsetzend): Herr Minister! Ich danke Ihnen, dass Sie den Mut und die Vision haben, solche Reformen im kriminalpolizeilichen Bereich einzuleiten! (Beifall bei der ÖVP und Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schlögl. – Bitte.

22.36

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Herr Präsident! Am Beginn hätte ich gern, dass einmal alle Abgeordneten applaudieren: Ich wünsche unserem Vorsitzenden des Innenausschusses Toni Leikam alles Gute zum heutigen Geburtstag! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Jahren haben wir eine ähnliche Debatte in diesem Haus geführt, nämlich im Mai des Jahres 1998. Damals wurde das Budget des Jahres 1999 diskutiert, und damals waren die politische Rollenverteilungen und die politische Situation anders. Damals hat die Sozialdemokratie gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei ein Rekordbudget für das Innenministerium beschlossen, nämlich mehr als 23 Milliarden Schilling. Wir alle von dieser Koalition waren damals sehr stolz auf dieses Rekordbudget! Von der Sozialdemokratie hat es großes Lob für dieses Budget gegeben, und es hat auch großes Lob von der Österreichischen Volkspartei gegeben. Der Freiheitlichen Partei war dieses Budget viel zu gering. Sie haben viel mehr gefordert und haben vehement kritisiert, welche Versäumnisse es in diesem Budget gibt. Lediglich die Grünen haben sich damals so verhalten, wie sie sich auch heute verhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Mich wundert, wie man innerhalb kürzester Zeit einen solchen Richtungswandel und Meinungsschwenk vollziehen kann, wie Sie das heute getan haben! Manchmal glaube ich, dass Sie Gedächtnisschwund in einem Ausmaß haben, wie es in Österreich kaum jemals vorgekommen ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Ich bitte Sie: Betreiben Sie keine Kindesweglegung! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) All das, was im letzten Jahrzehnt beziehungsweise in den letzten 15, 16 Jahren in der Sicherheitspolitik geschehen ist, ob positiv oder negativ, ist nämlich von Sozialdemokratie und Österreichischer Volkspartei gemeinsam beschlossen worden! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Großruck. )


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Ich halte es für einfach unseriös, wenn Rednerinnen und Redner von der Österreichischen Volkspartei jetzt Dinge kritisieren, die in den letzten Jahren gemeinsam von beiden Parteien getragen wurden. Das ist unseriös! Das ist eine Vorgangsweise, die ich nicht verstehen und unterstützen kann! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Früher war Ihnen das Budget viel zu gering. Jetzt kritisieren Sie, dass wir – ich als Innenminister und der Herr Finanzminister außer Dienst – zu viel Geld ausgegeben haben. Ich erinnere Sie beispielsweise nur an Presseaussendungen der Niederösterreichischen Volkspartei am Beginn des Jahres 1999: Damals habe ich mir als Innenminister erlaubt, das Budget 1998, in dessen Rahmen ich knapp 23 Milliarden Schilling zur Verfügung hatte, um sage und schreibe 26 Millionen Schilling, also um etwas mehr als 0,1 Prozent, nicht zu erfüllen und diese Summe nicht auszugeben. Ich habe also gespart. In den Aussendungen hieß es: Schlögl gefährdet die Sicherheit, er fühlt sich als der große Sparefroh in der Bundespolitik, er ist der Sparstreber auf Bundesebene und Ähnliches. Das waren die Presseaussendungen der Österreichischen Volkspartei Niederösterreich, getragen vom damaligen Klubobmann der Österreichischen Volkspartei Niederösterreich, der jetzt Innenminister ist. (Ironisches Erstaunen bei der SPÖ.) Das ist eine unseriöse Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Aber so kann es vorkommen, dass einen das, was man tut, später ereilt!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe leider die Fernsehsendung "Zur Sache" am Sonntag nicht gesehen. Aber mir wurde erzählt, dass sich mein lieber Freund Klubobmann Khol – mein angeblich großer Mentor in den letzten drei Jahren meiner Tätigkeit als Innenminister, der vieles gemeinsam mit mir getragen hat – nicht an die Situation der Zivildiener in Österreich erinnern kann und dass er zum ersten Mal davon gehört hat, dass wir angeblich eine brenzlige Situation haben.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es gerade Klubobmann Khol war, der gemeinsam mit mir im Jahre 1999 mit dazu beigetragen hat, dass wir von unserem Finanzminister Rudi Edlinger mehr Geld für den Zivildienst bekommen haben. Wir haben im Jahre 1999 ein Nachtragsbudget beschlossen und den Betrag auf fast 1 Milliarde Schilling aufgestockt. Er ist bei jeder Regierungssitzung dabei gewesen. (Abg. Dr. Mertel: ... Vergesslichkeit!) Dass er das nicht gewusst hat, kann mir also niemand sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Nächste, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei – da leide ich an Gedächtnisschwund. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich versuche, es euch zu erklären, ich möchte euch ja als Bündnispartner in dieser Frage bekommen.

Die Österreichische Volkspartei und Herr Innenminister Strasser behaupten, es sind plötzlich 17 000 Zivildiener, die keinen Zivildienstplatz haben; wir haben sozusagen einen Rückstau von 17 000. Da leide ich an Gedächtnisschwund. Ich war nämlich bis 4. Februar dieses Jahres Innenminister, und bis dahin lag der Rückstau zwischen 10 000 und 11 000. (Abg. Mag. Trattner: Ihr habt noch nie gut rechnen können!) Jetzt gibt es in diesen drei Monaten plötzlich die wunderbare Vermehrung auf 17 000. (Abg. Ing. Westenthaler: Im Rechnen wart ihr nie stark!) Das stimmt nicht, meine Damen und Herren, 17 000 an Rückstau gibt es nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Im Rechnen wart ihr nie stark!)

Das ist eine Erfindung. – Diese 17 000 entstehen dadurch, dass wir zum Jahresende zirka 10 000 bis 11 000 hatten; wenn man die Ansuchen des heurigen Jahres dazuzählt, kommt man auf 17 000. (Abg. Ing. Westenthaler: Edlinger glaubt ja noch immer, es sind nur 20 Milliarden Defizit!) Aber wenn man seriös ist, muss man natürlich diejenigen abziehen, die heuer ihren Zivildienst ableisten. Das werden auch mindestens 6 000 sein. 17 000 weniger 6 000 sind 11 000. So sind also die Zahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich will ja gar nicht auf die Budgetwahrheit eingehen. In diesem Budget sind im Bereich des Zivildienstes plötzlich explosionsartige Mehreinnahmen verbucht. Ich werde mir beim Rechnungsabschluss anschauen, ob es diese explosionsartigen Mehreinnahmen wirklich gibt. Es


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wird sie nicht geben, oder höchstens dann, wenn ihr den Mut habt – aber der Mut hat euch zum Glück verlassen –, dass ihr die Kostenbeiträge deutlich erhöht. Aber damit werden wir nicht einverstanden sein, und dagegen werden wir klar auftreten! (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. ) Ich halte es für völlig falsch, dass die Kostenbeiträge für die Zivildienst-Organisationen erhöht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch eine völlige Mär, dass die Planstellen in den letzten Jahren gekürzt worden sind. Ganz im Gegenteil: Seit 1990 hat es eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung der Planstellen gegeben. Im letzten Jahr haben wir durch die Unterstützung des Finanzministers 400 Planstellen mehr im Innenministerium bekommen. Das sind genau die 400, die heuer abgebaut werden. Das ist auch eine unseriöse Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Was das Funkprojekt ADONIS anlangt, billige ich zu, dass man es sich wirklich überlegen muss, sparsame Initiativen zu setzen. Dieses Projekt mit 8 Milliarden Schilling halte auch ich für übertrieben. Jenes Projekt, das ich eingeleitet habe, ist eines, das – gemeinsam mit den Bundesländern – maximal 5 bis 6 Milliarden Schilling kostet. Wir haben entsprechende Initiativen gestartet, um das zu garantieren. Nur brauchen wir ein Digitalfunksystem, ansonsten ist die Sicherheit gefährdet. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Rettungshubschraubern möchte ich nur Folgendes sagen: Es ist dringend notwendig, dass neue Rettungshubschrauber angeschafft werden. Das ist auch ein Beitrag zur Sicherheit unsres Landes. – Da leider das rote Licht schon leuchtet, kann ich nicht mehr alles sagen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schlögl, ich habe eine freiwillige Redezeit eingestellt. Das ist sozusagen kein zwingendes Licht. Die Gesamtredezeit des SPÖ-Klubs beträgt noch 10 Minuten. Nur für eine freiwillige Redezeit habe ich die Uhr auf 10 Minuten gestellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie können es weiterleuchten lassen!)

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (fortsetzend): Dann möchte ich noch zwei oder drei Bemerkungen machen.

Herr Bundesminister Strasser! Selbstverständlich gibt es manches, das ich an Ihrer bisherigen Arbeit schätze – auch wenn ich glaube, dass Sie bei den Budgetverhandlungen versagt haben (Widerspruch bei der ÖVP) und dass Sie ein Budget verhandelt haben, das die Sicherheit dieses Landes wirklich gefährdet – nicht kurzfristig, sondern mittelfristig gefährdet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Edlinger glaubt heute noch, wir haben kein Budgetloch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber ich schätze an Ihnen die Art und Weise – hören Sie zu, Frau Abgeordnete Bauer, das ist jetzt ein Lob an den Bundesminister –, ich schätze die Art und Weise, wie Sie gemeinsam mit unseren Beamten des Innenministeriums die Demonstrationen gehandhabt haben. Das haben Sie sehr gut gemacht: Sie haben Zurückhaltung geübt, und Sie haben demokratisches Verantwortungsbewusstsein gezeigt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber das hat nicht nur Innenminister Strasser gezeigt, sondern auch alle unsere Beamtinnen und Beamten und vor allem einer, der heute besonders kritisiert wurde, nämlich General Schnabl. Er ist einer der besten Leute, die wir in diesem Ministerium haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir hat auch gefallen, dass Sie vor kurzem dem "Kurier" gegenüber gesagt haben, Sie wollen die Ächtung der Worttäter in der Politik haben. – Und mir hat Ihr Mut gefallen, dass Sie gesagt haben: Die Worttäter sind der Kärntner Landeshauptmann Haider und der Wiener Freiheitlichen-Chef Kabas. – Dazu gratuliere ich Ihnen auch, Herr Bundesminister Strasser! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich bitte Sie, dass Sie nicht selbst zum Worttäter werden. Darum verstehe ich Ihre Attacken nicht, die Sie gegen unseren Bundesparteivorsitzenden Gusenbauer gerichtet haben, indem Sie ihn mit dem Brandstifter von St. Georgen verglichen haben. Das ist auch eine unseriöse Vorgangsweise. (Beifall bei der SPÖ.)


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27. Sitzung / Seite 125

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne bleibt das Budget des Jahres 2000 für das Innere leider sehr viel schuldig. Es ist ein Budget, das nicht mehr Sicherheit schafft, sondern den Makel trägt, dass Sicherheit in diesem Land vermindert wird. Darum werden wir nicht unsere Zustimmung geben! (Beifall bei der SPÖ.)

22.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Die Restredezeit beträgt 3 Minuten; 20 minus 17. – Bitte, Herr Minister.

22.47

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir drei Bemerkungen zu meinem Vorredner. Tatsächlich ist das Budget 1999 ein Rekordbudget. Es hat die Zahl von 23, 196 362 Milliarden Schilling umfasst. Der Bundesvoranschlag 2000 beträgt 23, 227 904 Milliarden Schilling. Es ist interessant, dass der Abgeordnete Schlögl das Budget des Ministers Schlögl als Rekordbudget bezeichnet, dass aber der Abgeordnete Schlögl das Budget des Ministers Strasser, das um 31 Millionen Schilling höher ist, als eines bezeichnet, mit dem er in den Budgetverhandlungen versagt hätte. Das ist interessant! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten darf ich festhalten: Ich kann Ihre Schnellrechnung über die 17 000 Zivildiener nicht nachvollziehen. Aber ich danke Ihnen für die Feststellung, dass 10 000 junge Männer derzeit in ihrer Lebensplanung schwer beeinträchtigt sind. Wir werden alles daransetzen, dass wir das rasch abbauen und dass wir das umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Dritten freue ich mich darüber, Herr Abgeordneter Schlögl, dass Sie den Ankauf von Rettungshubschraubern für dringend notwendig halten. Bis zum 4. Februar 2000 haben Sie das sichtlich nicht so gesehen, sonst hätten Sie doch den Akt unterschrieben, statt sozusagen mir den Akt zu übergeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schlögl. Zweite Wortmeldung; restliche Redezeit: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja besser als das UEFA-Cupfinale! – Abg. Mag. Schlögl  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Wie ist es ausgegangen? – Abg. Ing. Westenthaler: Null zu null! – Abg. Schwarzenberger: Eins zu null für den Strasser!)

22.49

Abgeordneter Mag. Karl Schlögl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss den Herrn Bundesminister leider korrigieren. Es stimmt nicht, dass ich ihm einen Akt für den Rettungshubschrauber-Ankauf übergeben hätte. (Abg. Schwarzenberger: Überhaupt nichts haben Sie übergeben! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der Akt, der vom Bundesministerium für Inneres vorbereitet worden ist, ist ein Akt für den Ankauf von fünf Exekutivhubschraubern, aber nicht von Rettungshubschraubern. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Der Ankauf von Rettungshubschraubern ist ein anderer Beschaffungsvorgang, der auch sehr dringend notwendig ist. Da brauchen wir aber nicht fünf, sondern mindestens acht bis zehn Hubschrauber. (Abg. Nürnberger: Nach 100 Tagen kennt sich der Minister noch nicht aus!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweitens ist natürlich ein Budget für das Jahr 2000, das genauso hoch oder annähernd so hoch wie das Budget des Jahres 1999 ist (Rufe bei der ÖVP: Höher!), nämlich nur einen Unterschied von 31 Millionen Schilling aufweist, in tatsächlichen Zahlen bedeutend geringer. (Abg. Schwarzenberger: 31 Millionen sind bei 400 Millionen Schulden ...!) Sie müssen nämlich die Inflationsrate hinzurechnen (Widerspruch bei der ÖVP), und Sie müssen die Kosten für die Gehälter dazuzählen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gehalts- und Biennalsprünge machen in diesem Ministerium mindestens 350 Millionen Schilling aus. Wenn Sie das hinzurechnen, ist um diesen Betrag weniger im Budget 2000. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt weiß ich, wie das Loch in die Kasse kommt!) Dass Sie weniger


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27. Sitzung / Seite 126

Geld haben, ist auch klar, weil Sie all diese Einsparungen machen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Letzte: Wir haben nie bestritten, dass es einen Rückstau bei den Zivildienern gibt. (Abg. Haigermoser: Jetzt auf einmal!) Wir haben alles eingeleitet, damit dieser Rückstau Schritt für Schritt abgebaut wird. (Abg. Dr. Leiner: 10 000!) Aber das, was Sie tun, meine sehr geehrten Damen und Herren, führt dazu, dass er steigt. Wenn man weniger Zivildiener zuweist, dann können es nicht weniger werden, sondern es werden mehr. Das ist auch ganz klar. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Wunsch eines Berichterstatters nach einem Schlusswort liegt mir nicht vor.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen.

Die erste Abstimmung erfolgt über den Antrag von Frau Abgeordneter Haidlmayr, den Verhandlungsgegenstand – also jenen Teil der Budgetberatungen, die heute zur Diskussion stehen – an den Budgetausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Rückverweisungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Damit kommen wir zur Abstimmung über die Beratungsgruppe IV des Bundesvoranschlages für das Jahr 2000.

Diese umfasst das Kapitel 11 des Bundesvoranschlages samt dem dazugehörenden Teil des Konjunkturausgleichs-Voranschlages.

Es haben die Abgeordneten Leikam und Fraktion einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Ansätze und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Beratungsgruppe abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Leikam und Genossen haben einen Abänderungsantrag zu den Voranschlagsansätzen 1/11177 und 1/11178 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die in diesem Punkt dem Abänderungsantrag Leikam folgen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über diese Teile des Voranschlages in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen .

Wir gelangen zur Abstimmung über die restlichen ... (Abg. Edlinger: Sehr knapp! – Abg. Schwarzenberger: Die Wähler haben entschieden, dass wir mehr sind! – Weitere Zwischenrufe.)

Wir gelangen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Beratungsgruppe IV des Voranschlages für 2000.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen .


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27. Sitzung / Seite 127

Ich schlage vor, dass wir sogleich über die Entschließungsanträge abstimmen. – Dagegen wird kein Einwand dagegen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Leikam betreffend pensionswirksame Beitragszeiten für ordentliche und außerordentliche Zivildiener zum Ausgleich der unsozialen Wirkungen der FP/VP-Pensionsreform.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag Leikam zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder keine Mehrheit!)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Mag. Kuntzl wider die massiven negativen und unsozialen Wirkungen der VP/FP-Zivildienstgesetz-Novelle.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag der Kollegin Kuntzl eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder keine Mehrheit!)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 166/A bis 170/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 804/J bis 811/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates findet morgen, Donnerstag, 18. Mai, um 9 Uhr statt.

Auf der Tagesordnung steht der Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage 60 und Zu 60 – das ist das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2000 –: soziale Sicherheit, Gesundheit, Jugend und Familie, Finanzen; dann der Text des Bundesfinanzgesetzes, Stellenplan, Fahrzeugplan und Schlussabstimmungen.

In der morgigen Sitzung findet keine Fragestunde statt.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.56 Uhr