Stenographisches Protokoll

93. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 5. November 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

93. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 5. November 1997

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 5. November 1997: 9.03 – 17.46 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 507/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates und das Strafgesetzbuch geändert werden (Dritte Lesung)

2. Punkt: 1. Budgetbegleitgesetz 1997

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Rudolf Anschober 14

Angelobung der Abgeordneten Mag. Gabriela Moser 14

Personalien

Ordnungsruf 27

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Mag. Herbert Haupt gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung 14, 15

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung 15

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt 15

Dr. Peter Kostelka 17

Mag. Herbert Haupt 17

Dr. Andreas Khol 19

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 19

Dr. Volker Kier 21

Karl Öllinger 22


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93. Sitzung / Seite 2

Mag. Karl Schweitzer 23

Mag. Dr. Josef Höchtl 25

Mag. Johann Ewald Stadler 25

Dr. Ewald Nowotny 27

Mag. Terezija Stoisits 27

Mag. Helmut Peter 29

Einwendungen finden keine Mehrheit 30

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a Abs. 1 der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vorberatung der Regierungsvorlage 837 d. B.) 49

Absehen von der 24stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschußberichtes 911 d. B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung 49

Verlangen gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung, bei der Abstimmung betreffend Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist des schriftlichen Ausschußberichtes 911 d. B. die Zahl der "für" und "gegen" Stimmenden bekanntzugeben 50

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 50

Verlangen gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung, bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 871 d. B. die Zahl der "für" und "gegen" Stimmenden bekanntzugeben 50

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, dem Wissenschaftsausschuß zur Berichterstattung über ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Dezember 1997 zu setzen 63

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 63

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 94

DDr. Erwin Niederwieser 96

Dr. Gertrude Brinek 97

Dr. Michael Krüger 98

Dr. Martina Gredler 99

Mag. Terezija Stoisits 100

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 101

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, den Gesetzentwurf betreffend das 1. Budgetbegleitgesetz 1997 in 911 d. B. an den Finanzausschuß rückzuverweisen – Ablehnung 131, 131

Aktuelle Stunde (19.)

Thema: "Zukunftsorientierte Politik für unsere Familien"

Redner:

Rosemarie Bauer 30

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 32

Dr. Sonja Moser 34

Dr. Ilse Mertel 35

Edith Haller 37

Mag. Dr. Heide Schmidt 38


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93. Sitzung / Seite 3

Karl Öllinger 40

Franz Morak 41

Doris Bures 42

Elfriede Madl 44

Klara Motter 45

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 46

Ausschüsse

Zuweisungen 48

Auslieferungsbegehren

gegen die Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Dr. Jörg Haider 48

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 507/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates und das Strafgesetzbuch geändert werden (871 d. B.) (Dritte Lesung) 50

Annahme des Gesetzentwurfes in 871 d. B. 50

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (885 d. B.): 1. Budgetbegleitgesetz 1997 (911 d. B.) 51

Redner:

Dr. Jörg Haider 51

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 57

Wolfgang Großruck (tatsächliche Berichtigung) 57

Dr. Hans Peter Haselsteiner (tatsächliche Berichtigung) 57

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung) 57

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) 58

Dr. Alfred Gusenbauer (tatsächliche Berichtigung) 58

Dr. Jörg Haider (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 58

Dr. Peter Kostelka 59

Dr. Volker Kier 63

Dr. Andreas Khol 67

Karl Öllinger 70

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 74

Dr. Ewald Nowotny 75

Mag. Karl Schweitzer 79

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 81

Maria Schaffenrath 84

Marianne Hagenhofer 87

Mag. Terezija Stoisits 88

Mag. Dr. Josef Höchtl 92, 101

Mag. Herbert Haupt 102

Dr. Alfred Gusenbauer 105

Hans Helmut Moser 107

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 114

Dr. Alexander Van der Bellen 116

Dr. Dieter Antoni 117

Peter Rosenstingl 119

Mag. Cordula Frieser 121

Dr. Michael Spindelegger 121

Franz Lafer 123


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93. Sitzung / Seite 4

Hermann Böhacker 125

Dr. Helene Partik-Pablé 127

Dr. Stefan Salzl 129

Annahme des Gesetzentwurfes in 911 d. B. 131

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend Pensionsprivilegien der Politiker – Ablehnung 81, 133

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend umfassende Besoldungs- und Pensionsreform im öffentlichen Dienst – Ablehnung 126, 133

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 48

837: Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen samt Formblättern

883: Urheberrechtsgesetz-Novelle 1997 – UrhG-Nov 1997

889: Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten samt Erklärung

891: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

892: Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VII) der Asiatischen Entwicklungsbank

894: Protokoll aufgrund von Artikel K. 3 des Vertrags über die Europäische Union und von Artikel 41 Absatz 3 des Europol-Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol

895: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Änderungen des am 9. Oktober 1992 in Salzburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn

896: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (5. BFG-Novelle 1997)

897: 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – 2. BÜG 1997

904: Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Thayatal GmbH

905: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal

906: Kündigung des Kooperationsabkommens zwischen der Republik Österreich und dem Europäischen Hochschulinstitut

908: Übereinkommen über die Gründung eines Europäischen Hochschulinstituts samt Protokoll und Schlußakte, Beschlüsse des Obersten Rates, Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens sowie Erklärung der


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93. Sitzung / Seite 5

Republik Österreich zum Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens

Berichte 48

III-101: Sicherheitsbericht 1996; Bundesregierung

Vorlage 27 BA: Bericht betreffend den Budgetbericht des Bundes 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 28 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 29 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 1997; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Stefan Salzl und Genossen betreffend diplomatische Schritte gegenüber der Republik Malta zwecks Eindämmung der Jagd auf Zugvögel (619/A) (E)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz (BGBl. Nr. 472/1986) idgF geändert wird (620/A)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl. Nr. 76/1985) idgF geändert wird (621/A)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz (BGBl. Nr. 242/1962) idgF geändert wird (622/A)

Andreas Wabl und Genossen betreffend Einrichtung einer UN-Friedenszone in Österreich und Europa (623/A) (E)

Andreas Wabl und Genossen betreffend Friedensprozeß in Zypern durch Demilitarisierung (624/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrats geändert werden (625/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend verzögerte Umsetzung eines Sicherheitskonzepts für den Galgenbergtunnel in Leoben (3127/J)


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93. Sitzung / Seite 6

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Graz (3128/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion St. Pölten (3129/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt (3130/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Schwechat (3131/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Villach (3132/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Eisenstadt (3133/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Leoben (3134/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Klagenfurt (3135/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Innsbruck (3136/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wels (3137/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Steyr (3138/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Linz (3139/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien (3140/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Bundespolizeidirektion Salzburg (3141/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Lokalverbot für LASK-Fußballer Cheikh Sidy Ba (3142/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Atomtransporte durch Kärnten (3143/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend neue PTA-Tarife (3144/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstellenentwicklung bei der Bundespolizeidirektion Schwechat/SW im Zeitraum 1995 bis 1997 (3145/J)

Johann Schuster und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Krebs-Neuerkrankungen in Österreich (3146/A)

Walter Murauer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend eigene Kontrollgruppen für das AMS (3147/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Kauf und Pacht von Fischereirechten durch die Wasserkraftenergiewirtschaft (3148/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verschiebung des Beginns der dritten Stufe der WWU (3149/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Unterstützung des Bundes für Großprojekte in Salzburg (3150/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Förderungen von Jugendorganisationen (3151/J)


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93. Sitzung / Seite 7

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend geplante Teilung des Grauen Hauses (3152/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aussagen über nicht bezahlte Unternehmenssteuern (3153/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Versprechen von Lehrlingsarbeitsplätzen (3154/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kulturzentrum "Haus der Heimat" in Wien (3155/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kulturzentrum "Haus der Heimat" in Wien (3156/J)

Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend geplante unzweckmäßige Verschärfungen des Vereinsgesetzes (3157/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Vorschläge des Bundesministers zur Verlagerung bestimmter Ausbildungszweige von den Universitäten an Fachhochschulen (3158/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit, Arbeit und Soziales betreffend die Rolle der Arbeiterkammer im Zuge der Pensionsreform (3159/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend neuerliche Planstelleneinsparungen bei der Bundespolizeidirektion Wels (3160/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend vermeintliche Rechtswidrigkeiten im Zuge des Vergabeverfahrens über die Produktion von Zeit- und Motorradvignetten 1998 (3161/J)

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Verkauf von im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) stehenden Wohnungen (3162/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Erhaltung der Eisenbahnstrecke über den Semmering (3163/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erfüllung der Konvergenzkriterien für die Währungsunion (3164/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Gleichbehandlung und Vergabe öffentlicher Förderungen (3165/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Gleichbehandlung und Vergabe öffentlicher Förderungen (3166/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Gleichbehandlung und Vergabe öffentlicher Förderungen (3167/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend EU-Osterweiterung (3168/J)


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93. Sitzung / Seite 8

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend dringenden Regelungsbedarf bei der Haltung von Wildtieren in Zirkusunternehmen (3169/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte betreffend höheres Mindestalter für homosexuelle Beziehungen zwischen Männern (3170/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Gesundheitsgefährdung von Kleinkindern durch PVC-Spielzeug (3171/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Gesundheitsgefährdung von Kleinkindern durch PVC-Spielzeug (3172/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend geplante Verschlechterungen im Bereich des Pflegegeldgesetzes (3173/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Besetzung der Leitung der Erwachsenenbildungsabteilung ohne Ausschreibung (3174/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Beendigung der Dienstverhältnisse von refundierten VertragsassistentInnen (3175/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Berger-Deponie und Umweltstrafrecht sowie Umwelthaftungsrecht (3176/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Berger-Deponie und Strukturmängel der Wasserpolizei (3177/J)


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93. Sitzung / Seite 9

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3178/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3179/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3180/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3181/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 1998 (3182/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3183/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3184/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3185/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3186/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3187/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3188/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3189/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend EU-Ratspräsidentschaft Österreichs im Jahr 1998 (3190/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundeskanzler betreffend geplante Novellierung des Bundespflegegeldgesetzes (3191/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend geplante Novellierung des Bundespflegegeldgesetzes (3192/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rückvergütung der Mehrwertsteuer an Ausländer (3193/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend geplante Novellierung des Vereinsgesetzes (3194/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend illegale Batteriehaltung von Legehennen ohne wasserrechtliche Genehmigung (3195/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Einsparungspotential durch EDV-Modernisierung (3196/J)


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93. Sitzung / Seite 10

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Arbeits- und Einkommenssituation der amtsführenden Landesschulratspräsidenten sowie der Landesschulinspektoren (3197/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Kriterien bei der Erstellung von Wartelisten im LSR-Tirol sowie die Zahl der im letzten Schuljahr geleisteten Überstunden (3198/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend inhaltliche Vorbereitung der EU-Präsidentschaft 1998 (3199/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend die Initiative der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz (3200/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend den Betriebskindergarten des Bundeskanzleramtes (3201/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Streichung von AssistentInnen-Planstellen an Höheren Technischen Lehranstalten (3202/J)

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die steuerliche Belastung für Invalidenfahrzeuge (3203/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend freies Geleit für den flüchtigen Tibor Foco (3204/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umstände, die es dem flüchtigen Tibor Foco ermöglichen, weiterhin von der Justiz nicht behelligt zu werden (3205/J)

Dr. Erwin Rasinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Ausbildung zum Natur- beziehungsweise Heilpraktiker in Österreich (3206/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Förderung erneuerbarer Energiequellen (3207/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die "Heeresgliederung – Strukturanpassung Neu" (3208/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Verwendung von XENON-Licht für Autoscheinwerfer und deren mögliche Blendwirkung (3209/J)


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93. Sitzung / Seite 11

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3210/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3211/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3212/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3213/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3214/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3215/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3216/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3217/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3218/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3219/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3220/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3221/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Finanzierung der "Wiener Zeitung" aus Steuermitteln (3222/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Reaktion auf die derzeitige politische Lage in Afghanistan (3223/J)

Hans Helmut Moser und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend jährlichen Austausch militärischer Informationen gemäß dem Wiener Dokument 1994 der Verhandlungen über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen (3224/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Mitwirkung der Organe der Bundespolizeidirektion Wien im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens betreffend ein afrikanisches Restaurant (3225/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend eine Hausdurchsuchung durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien, Sicherheitsbüro, in einem afrikanischen Restaurant (3226/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Akkordbescheide auch in Asylangelegenheiten (3227/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Werbekampagne im ORF (3228/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Verlängerung der Frühvermarktungs- und Herodesprämie (3229/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Errichtung von Kühlhäusern und Abschaffung der Subventionen von Schlachttierexporten in Drittländer (3230/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Genehmigung des Versuchsbetriebes einer Putzerei (trotz kritischer medizinischer Gutachten (3231/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Kostenentwicklung im Pflegegeldbereich (3232/J)


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93. Sitzung / Seite 12

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend rechtswidrige Vorgangsweise im Cafe-Restaurant Savanna Inn und in der Disco Savanna, Ecke Mayrhofgasse-Favoritenstraße (3233/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend rechtswidrige Vorgangsweise im Cafe-Restaurant Savanna Inn und in der Disco Savanna, Ecke Mayrhofgasse-Favoritenstraße (3234/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Vorkommnisse am 13.7.1989 (3235/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Vorkommnisse am 14.7.1989 (3236/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Unterdrückung von Dokumenten durch den Außenminister in der Anfragebeantwortung 2277/AB vom 13.6.1997 (3237/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Vorkommnisse am 16.7.1989 (3238/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Aufklärung der Kurdenmorde (3239/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verletzung des Amtsgeheimnisses (3240/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verletzung des Amtsgeheimnisses (3241/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Atomtransporte durch Kärnten (3084/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (2855/AB zu 2976/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2856/AB zu 2956/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2857/AB zu 2980/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2858/AB zu 2910/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2859/AB zu 2902/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Amon und Genossen (2860/AB zu 2931/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (2861/AB zu 2978/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2862/AB zu 3106/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2863/AB zu 2915/J)


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des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2864/AB zu 3072/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2865/AB zu 2991/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (2866/AB zu 3089/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2867/AB zu 2905/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (18/ABPR zu 18/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (19/ABPR zu 19/JPR)


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Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende:


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Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und bitten, die Plätze einzunehmen. Ich erkläre hiermit die 93. Sitzung des Nationalrates für eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 89. Sitzung vom 9. Oktober sowie der 90., 91. und 92. Sitzung vom 10. Oktober sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Für den heutigen Sitzungstag ist niemand als verhindert gemeldet.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, daß Abgeordneter Rudolf Anschober auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Frau Mag. Gabriela Moser in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und die Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich ihre Angelobung vornehmen. Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird die Mandatarin ihre Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer, um Verlesung der Gelöbnisformel. – Bitte, Frau Schriftführerin.

Schriftführerin Rosemarie Bauer: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordnete Mag. Gabriela Moser (Grüne): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße die neue Kollegin in unserer Mitte und wünsche ihr alles Gute. (Allgemeiner Beifall.)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Schmidt gemeldet. – Bitte.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

9.05

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte namens meiner Fraktion Einwendungen gegen die heutige Tagesordnung erheben.

Das Budgetbegleitgesetz, das heute auf der Tagesordnung steht, ist in einer Art und Weise an die Parlamentarier herangetragen worden, die uns zu diesem Schritt veranlaßt. Es ist dabei so unverblümt offenbar geworden, wie die Ausschüsse als Alibi mißbraucht und die Abgeordneten mit Zynismus zur Staffage degradiert werden, daß ich glaube, daß eine Debatte notwendig wäre, bevor die Parlamentarier der Regierungsfraktionen ihre Zweidrittelmehrheit als Machtinstrument einsetzen wollen, um von der 24stündigen Aufliegefrist abzusehen.

Ich ersuche daher, sich unsere Einwendungen im Rahmen einer Debatte anzuhören. – Danke.

9.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Sie haben die Einwendungen gehört.

Gleichfalls zur Geschäftsbehandlung wünscht Frau Abgeordnete Dr. Petrovic das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.06

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Der Grüne Klub schließt sich den Einwendungen des Liberalen Forums an, da die Vereinbarungen und die Zeitfristen, so wie sie in der Präsidiale festgelegt worden sind, nicht eingehalten wurden.

9.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Haupt hat sich noch zur Geschäftsbehandlung gemeldet.

9.07

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Auch meine Fraktion schließt sich den Einwendungen der Kolleginnen Schmidt und Petrovic vollinhaltlich an.

Ich darf darüber hinaus aber auch noch das Argument bringen, daß die gestern eingelangten Vorlagen in ihrem Gesetzestext einerseits und in ihren Erläuterungen andererseits nicht nur von grammatikalischen Fehlern strotzen, sondern darüber hinaus die Berechnungsformeln zur Abfederung, die vorgeschlagenen Berechnungen in der Substanz nicht übereinstimmen. Ich glaube daher, daß sowohl das Gesetz im Kern als auch die Erläuterungen dazu inhaltlich nicht vollständig und Korrekturen in diesem Bereich dringend notwendig sind.

Ich bin nicht bereit, mit meiner Fraktion zuzustimmen, von der Aufliegefrist abzusehen und die notwendigen Korrekturen nicht durchzuführen, noch dazu, wo es um ein Gesetz geht, das angeblich nach der Meinung der Mehrheit dieses Parlaments die Lebensplanung aller Österreicher maßgeblich beeinflussen wird.

Ich bitte Sie daher, Herr Präsident, die entsprechende Einwendungsdebatte zuzulassen.

9.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Debatte ist zuzulassen. Die Entscheidung über die Einwendungen darf ich dem Hohen Haus unterbreiten.

Es wird zunächst darüber zu befinden sein, ob dem Vorschlag Folge geleistet wird, den zweiten Punkt der heutigen Tagesordnung, Bericht des Finanzausschusses über das 1. Budgetbegleitgesetz, von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, worüber gleich nach dieser Einwendungsdebatte abzustimmen sein wird.

Falls dieser Antrag keine Mehrheit findet, wird in weiterer Folge darüber zu entscheiden sein – und dafür ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich –, ob dieser Punkt in Verhandlung genommen wird.

Nach § 50 der Geschäftsordnung können mehrere Einwendungsdebatten zusammengefaßt werden, wenn sie den gleichen Gegenstand betreffen. Das ist hier der Fall.

Ich mache im Sinne der bisherigen Praxis von der Möglichkeit Gebrauch, die Redezeit auf 5 Minuten und die Zahl der Redner auf maximal drei pro Fraktion zu begrenzen.

In diesem Sinne gehen wir jetzt in die Einwendungsdebatte ein. Die erste Wortmeldung liegt vor von Frau Dr. Schmidt. Die Redezeit ist 5 Minuten.

9.09

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es ist nicht neu, daß in Österreich neben der geschriebenen Verfassung auch eine Realverfassung besteht. Die Realverfassung sieht so aus, daß die Gesetzgebung immer schon


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maßgeblich außer Haus beeinflußt wurde und weniger von diesem Hause ausgegangen ist. Man wird dieses Nebeneinander von geschriebener und Realverfassung sicher unterschiedlich beurteilen. Ich glaube nur, daß dann, wenn diese Realverfassung beginnt, die geschriebene Verfassung nahezu außer Kraft zu setzen, bei jedem Demokraten und bei jeder Demokratin die Alarmglocken läuten müßten. Ich glaube, daß die Vorgangsweise, wie sie mit diesem 1. Budgetbegleitgesetz von den Parlamentariern der Regierungsfraktionen gewählt wurde, Anlaß dazu gibt, die Alarmglocken läuten zu lassen. Die Demokratie ist nach meinem und unserem Verständnis kein leerer Sack, in den man alles hineinpacken kann, egal, ob es nun den demokratischen Anforderungen entspricht oder nicht, sondern ich glaube vielmehr, daß die Deformation eines solchen Sackes, wenn man das schon sagt, auch die Deformation der Demokratie anzeigt.

Sie, die Sie bei anderen Gelegenheiten immer das Ansehen des Parlaments beschwören und uns auch auf Ihrer Seite haben, wenn Sie den Freiheitlichen vorwerfen, daß sie dieses Ansehen untergraben, untergraben mit dieser Vorgangsweise das Ernstnehmen und somit auch das Ansehen des Parlaments. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Denn was Sie gestern und in den letzten Tagen gemacht haben, um zu diesem Budgetbegleitgesetz zu kommen, spottet jeder Beschreibung, was das Ernstnehmen der Parlamentarier betrifft. Ich halte es für eine Demütigung der Parlamentarier, daß Sie eine Zweiklassengesellschaft in diesem Hause einführen, daß diejenigen, die einer Gewerkschaft oder einer Interessenvertretung angehören, einen anderen Stellenwert für Sie haben als die Parlamentarier der anderen Gruppe, die eben diesen Interessenvertretungen nicht angehören.

Ich erinnere nur daran, daß Herr Klubobmann Khol in der Präsidiale, als wir darüber gesprochen haben, daß wir dieses Budgetbegleitgesetz auf der Tagesordnung lassen wollen, gemeint hat, es müsse zumindest ein Tag zwischen Ausschuß und Plenum liegen, um noch Überlegungen dahin gehend Platz greifen zu lassen, ob auch alles in Ordnung gebracht wurde. Schon damals hat die Opposition gesagt, es sei eine Zumutung, diesen Ausschuß so kurz vor den parlamentarischen Verhandlungen in diesem Hohen Haus anzusetzen. Nach Ansicht der Freiheitlichen sollte im übrigen der Ausschuß erst gestern tagen. Sie, Herr Kollege Khol, haben gesagt, mindestens ein Tag müsse dazwischen liegen. Das würde der Seriosität der Vorlage entsprechen.

Was haben wir jetzt erlebt? – Es war so, daß Sie den Ausschuß, wann immer Sie wollten, unterbrochen haben, daß wir uns von außen diktieren lassen müssen, welche Mehrheiten zustande kommen, und daß Sie nicht nur den Ausschuß, sondern auch dieses Plenum als Farce abqualifizieren, indem Sie vorher detailliert sagen, was hier beschlossen werden wird.

Ausschüsse sind nicht nur ein Formalakt, sondern Ausschüsse haben eine beratende Funktion, wenn Sie dieses Parlament ernst nehmen wollen. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das, was Sie getan haben, war nicht ein Akt der Ehrlichkeit, wie man vielleicht sagen könnte – weil Sie so ehrlich waren, zuzugeben, daß die Sozialpartner und die Gewerkschaften für Sie einen größeren Stellenwert haben als das Parlament –, sondern es hat sich eher um eine Art von Outing gehandelt, um die Demonstration, daß Sie eigentlich das Parlament gar nicht brauchen. Wenn Sie da so weitermachen, dann, muß ich sagen, haben Sie keine moralische Qualifikation mehr, jene Untergrabungsversuche, die ständig von freiheitlicher Seite kommen, auch abzuwehren. Das ist es, was uns Sorge macht, daß Sie nämlich hier mit zweierlei Maß messen.

Wir sind uns sicher alle einig, daß dieses Parlament verbesserungswürdig ist, daß der Parlamentarismus und die Spielregeln verbesserungswürdig sind. Ich frage mich nur nach dieser Ihrer Vorgangsweise, ob Sie noch verbesserungsfähig sind. Das macht mir Sorge.

Daher bitte ich Sie, daß Sie Ihre Zweidrittelmehrheit nicht als Machtinstrument einsetzen und sagen, nach der Geschäftsordnung ist es möglich, von der 24stündigen Aufliegefrist abzusehen und Dinge, die gestern abend im Ausschuß behandelt worden sind, heute bereits im Plenum zu


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verhandeln, sondern daß Sie Ihre Zweidrittelmehrheit einzig und allein in demokratischer Verantwortung einsetzen. Eine solche demokratische Verantwortung würde Ihnen heute verbieten, dieses Budgetbegleitgesetz zu beraten. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Kostelka. Er hat das Wort.

9.14

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Schmidt, Ihre Aufregung ist künstlich, ist unangebracht und ein Bestandteil einer wohlkalkulierten medialen Inszenierung, Frau Präsidentschaftskandidatin. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Regierungsvorlage vor Wochen ins Haus gebracht und im übrigen in der Präsidiale vereinbart, daß Sie Stunden vor den Ausschußberatungen auf Ihren Wunsch hin die Unterlagen bekommen. Wir haben diese Vereinbarung mit Punkt und Beistrich eingehalten. (Abg. Mag. Stadler: Das ist nicht wahr!)

Zum ersten: Sie beklagen sich, daß es in dieser Woche Ausschußsitzungen gegeben hat. Meine Damen und Herren! Sie alle kennen diesen Arbeitskalender. (Der Redner zeigt ihn.) Auf der Rückseite dieses Arbeitskalenders findet sich für jeden Abgeordneten leicht lesbar der Satz: "Die Parlamentsdirektion weist darauf hin, daß in jenen Wochen, in denen das Plenum des Nationalrates tagt", also in einer Woche wie dieser, "erforderlichenfalls auch Ausschußsitzungen anberaumt werden können, ohne daß dies im vorgesehenen Arbeitsplan zum Ausdruck kommt." – Das, meine Damen und Herren, ist also der Beweis dafür, daß Sie wissen und wissen mußten, daß es in dieser Woche Ausschußsitzungen geben konnte. (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Zweiter Punkt: Es sind Ihnen die Unterlagen für den Sozialausschuß, auch für den Finanzausschuß teilweise am Freitag, teilweise am Montag dieser Woche übermittelt worden. Alles, worüber Sie sich jetzt so aufgeregt haben, Frau Abgeordnete Schmidt, nämlich daß es Ihnen erst ganz knapp vor dem Ausschuß bekanntgegeben wurde, ist in beiden Ausschüssen eine Bestimmung dieses Umfangs. (Der Redner zeigt sie.) Das ist die Valorisierungsbestimmung, das und nicht mehr. Wenn ein Parlamentarier das zwei Stunden vor dem Ausschuß bekommt, meine Damen und Herren, dann, glaube ich, kann er sich das sehr wohl anschauen und auch entsprechend evaluieren. (Abg. Böhacker: Das stimmt ja nicht! Das ist die Unwahrheit!)

Meine Damen und Herren! Das, was ich am Beginn gesagt habe, steht auch für mich am Ende meiner Bemerkungen dazu im Vordergrund. Frau Abgeordnete Schmidt, Frau Abgeordnete Petrovic und Herr Abgeordneter Haupt, niemand von Ihnen hat mich gestern oder heute angerufen und meine Fraktion auf Ihre Bedenken aufmerksam gemacht. In dem Augenblick, in dem das Scheinwerferlicht der TV-Kameras hier erstrahlt, kommen Ihnen grundsätzliche parlamentarische Bedenken. – Das zu Ihrer Geisteshaltung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner mit gleicher Redezeit ist Abgeordneter Mag. Haupt. Er hat das Wort.

9.17

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Kostelka hat soeben den untauglichen Versuch gemacht, einerseits auf Dinge einzugehen, die gar nicht in Diskussion gestanden sind, und zum zweiten hat er wieder einmal für mich deutlich und klar unter Beweis gestellt, daß es mit seiner Handschlagqualität nicht einmal so weit ist, wie seine Hand reicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn, Herr Kollege Kostelka, Sie sollten nicht vergessen, daß auf den uns überantworteten Mitschriften und Anträgen die Faxzahlen und die Uhrzeiten aufscheinen. Es ist dies für jeden Österreicher und jede Österreicherin nachprüfbar, da ja ein Fax bekanntlich ein Dokument ist und die


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sich darauf befindlichen Zahlen, einschließlich der Uhrzeiten, nachweisbar sind. Ich halte es einfach für töricht, Herr Kollege Kostelka, wenn Sie glauben, in der Öffentlichkeit vor laufenden Kameras die Österreicherinnen und Österreicher belügen zu können. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich sage das in dieser drastischen Form ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Bitte nicht gleich in der Früh mit solcher Terminologie zu beginnen und sie auch im weiteren Verlauf der Sitzung nicht beizubehalten!

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): Herr Kollege Kostelka! Es gibt keinen anderen Ausdruck für eine derartige Vorgangsweise. Sie wissen selbstverständlich ganz genau, daß die letzten Anträge gestern während laufender Sitzung eingebracht worden sind.

Sie wissen selbstverständlich, Herr Kollege Kostelka, daß in den eingebrachten Anträgen nicht ausschließlich und alleine die Valorisierungen, sondern selbstverständlich auch andere Korrekturen enthalten sind.

Sie wissen selbstverständlich, Herr Kollege Kostelka, daß die Rechenbeispiele, die Sie hier mit ins Treffen geführt haben, nachzuvollziehen sind.

Sie wissen selbstverständlich, daß die Oppositionsparteien nicht – so wie Sie – über einen Apparat von mehreren hundert Beamten verfügen, die für sie die Berechnungen durchzuführen haben oder durchführen können, sodaß wir daher in den späten Abendstunden auf unsere eigenen Ressourcen und unsere eigenen Möglichkeiten angewiesen sind, was bedeutet, daß die Überprüfung der vorgeschlagenen Berechnungen, der Abschläge, der Valorisierungen, der Milderungen erst im Laufe der Zeit möglich ist.

Sie wissen selbstverständlich, Herr Kollege Kostelka, daß Sie auch unrecht gehabt haben, als Sie gesagt haben, daß ich im parallel dazu stattfindenden Sozialausschuß den Antrag auf Unterbrechung gestellt habe, dem von seiten Ihrer Kollegin Reitsamer nicht nachgekommen wurde, weil die Mehrheit, nämlich die ÖVP und die Sozialdemokraten, gegen eine Unterbrechung eingetreten ist.

Sie wissen selbstverständlich, Herr Kollege Kostelka, daß Ihre Argumente hier ins Leere gehen. Sie haben das versucht, was Sie immer versuchen: hier einen Paravent vor der Öffentlichkeit zu errichten, um von Ihren Fehlern und davon, daß Sie Vereinbarungen nicht eingehalten haben, abzulenken.

Herr Kollege Kostelka! Wir Freiheitlichen werden das nicht dulden und werden heute hier die Gelegenheit dafür nutzen, aufzuzeigen, wie das tatsächlich abgelaufen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich gebe Kollegin Schmidt recht: Wir Freiheitlichen haben die Sitzung für Dienstag statt Montag verlangt, weil wir gewußt haben, daß zum Zeitpunkt der einberufenen Sitzung die Abänderungsanträge allein aufgrund der Vorberatungen in den restlichen Gremien noch nicht vorliegen können, weil wir ganz genau gewußt haben, daß die Einberufung für Montag schlicht und einfach eine Desavouierung der parlamentarischen Ausschüsse darstellt, daß nichts anderes gemacht werden wird als einzuberufen, zu vertagen, wieder einzuberufen und wieder zu vertagen. Dieses Trauerspiel der Selbstausschaltung der parlamentarischen Gremien dieser Republik wollten wir diesem Parlament ersparen.

Wir haben die Sitzung also nicht deswegen für Dienstag verlangt, weil wir den Zeitraum zwischen der Verhandlung im Ausschuß und dem Einbringen der entsprechenden Anträge hier im Plenum verkürzen wollten, sondern weil wir aufgrund des Procedere, der Verhandlungsgeschicke und des Verhandlungslaufes gewußt haben, daß die endgültigen Abänderungsanträge am Montag noch nicht vorliegen werden, sondern erst am Dienstag kommen werden. Jeder in dieser Republik, der sich mit dem Verhandlungsablauf und mit den Terminplänen, die am Wochenende vorgelegen sind, beschäftigt hat, hat das wissen müssen.


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Ich glaube daher, Herr Kollege Kostelka und Herr Kollege Khol, daß Sie sich maßgeblich mitschuldig gemacht haben dabei, das Parlament zu desavouieren und die Ausschüsse zu Abstimmungsmaschinerien abzuqualifizieren. Und die Verantwortung dafür werden Sie, meine Herren, in der Öffentlichkeit zu tragen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

9.22

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß schon, daß es die Oppositionsparteien wahrscheinlich lieber gehabt hätten, wenn sich die Regierungsparteien und die Sozialpartner nicht auf eine Pensionsreform geeinigt hätten. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Natürlich ist das der Grund; ich möchte das erklären. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Wir haben seit über zwei Jahren über eine Pensionsreform verhandelt, und jeder Mensch in diesem Land weiß, daß die Pensionen für das nächste Jahrtausend gesichert werden müssen. Ich glaube, daß die Menschen in diesem Lande auch wissen, daß es zur Sicherung des Arbeits- und Wirtschaftsstandortes unserer Republik notwendig ist, grundlegende Reformen im Wirtschafts- und Sozialbereich im Einvernehmen mit den Arbeitnehmervertretungen durchzuführen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich bekenne mich dazu, daß wir das beschauliche Leben der geschäftsordnungsmäßig tagenden Ausschüsse unter dem Druck von Verhandlungen leistungsgerecht gestalten mußten. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist ein Skandal, was Sie sagen! Das ist Zynismus!) Wir mußten uns natürlich mit den Sozialpartnern in Verhandlungen einigen, und wir haben Punkt und Beistrich der Geschäftsordnung bis auf das letzte Jota eingehalten! (Abg. Wabl: Herr Kollege! Warum müssen Sie auch noch das Parlament verhöhnen? Es genügt schon, daß Sie unfähig sind zu verhandeln! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist Ihnen in den Ausschüssen zumutbar, daß ein Abänderungsantrag dieser Güte, der für jeden verständlich ist, der festlegt, daß die Valorisierung durch Verordnungen der Bundesregierung erfolgt, im Ausschuß eingebracht und abgestimmt wird. Das geschieht in Hunderten von Ausschüssen jeden Tag, und das ist auch in diesem Falle angebracht und richtig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Das, was Sie vorhaben, ist vielleicht für die Zuseher in diesem Land nicht gleich verständlich, aber für uns ist das Manöver klar: Sie wollen über Geschäftsordnungstricks die Absetzung der Pensionsreform von der heutigen Tagesordnung erreichen. Das würde bedeuten, daß wir sie nicht mehr in diesem Jahr beschließen können und daß das Budget, das wir nächste Woche im Plenum beraten können, keine sachliche Grundlage hätte. Sie wollen ganz einfach die Pensionsreform, die wir dringend brauchen, auf diese Weise verhindern. Und das werden wir nicht zulassen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt. )

Wir haben lange verhandelt; es waren schwierige Verhandlungen. Die Verhandlungen haben ein Ergebnis gebracht, und dieses Ergebnis ist im Interesse der Stabilität unserer Heimat, im Interesse der Sicherheit der Pensionen der verdienten Bürgerinnen und Bürger, und wir werden dafür kämpfen, daß wir diese Pensionsreform mit unserer verfassungsmäßigen Mehrheit zeitgerecht durchbringen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Kollegin Dr. Petrovic zum Wort. – Bitte. Gleiche Redezeit. (Abg. Wabl: Er soll seinen Tiroler Schützenanzug anziehen! Er beteiligt sich als Heckenschütze der Demokratie! – Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! "Heckenschütze der Demokratie"! – Abg. Schwarzenberger: Wabl hat das gesagt!)

9.25

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heftige Worte sind jetzt von den Klubobleuten der Re


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gierungsparteien verwendet worden. Sie sprachen von einer medialen Inszenierung. Ich werfe Ihnen vor, daß vor allem von seiten des Bundeskanzlers nicht nur gegenüber diesem Haus, sondern auch gegenüber den Gewerkschaften seit dem Sommer eine einzige mediale Inszenierung betrieben worden ist. Daß jetzt noch eine Beschimpfung dieses Hauses und seiner Ausschüsse dazukommt, ist das Tüpfelchen auf dem i, das den Skandal wirklich vollständig macht.

Im Frühsommer, als die Ergebnisse von Rust verkündet wurden, hat es geheißen: Wir ziehen das durch, da können die Gewerkschaften sagen oder machen, was sie wollen! – Wir haben das damals als nicht richtig empfunden, wir waren am sozialen Frieden in Österreich interessiert; wir haben aber auch nicht geglaubt, daß das wirklich so hält. Sie haben gesagt: Wir ziehen das durch! Der Macher Klima hat sich vor die Kameras gestellt und hat sich medial inszeniert. Aber dann ist nächtens – gestern, vorgestern – von dieser Vorgangsweise wieder sehr kleinlaut Abstand genommen worden. Dann gab es wilde Telefonate hin und her, und in der Präsidiale ging es dann darum, ob wir, die Oppositionsparteien, auch sicher zwei Stunden vor den Ausschußsitzungen die Anträge hätten. Ich glaube, die österreichische Bevölkerung wird nicht verstehen, daß Abgeordnete dieses Hauses darum kämpfen müssen, zwei Stunden vorher die vollen Texte zu haben. (Abg. Dr. Kostelka: Das war doch Ihr Vorschlag! Sie haben vorgeschlagen eine Stunde, auf zwei haben wir erhöht!)

Herr Abgeordneter Kostelka! Wir haben sie nicht einmal jetzt. Das, was Sie hier gesagt haben, stimmt ja nicht. Hinsichtlich der Beamtenpensionen, hinsichtlich der Beiträge, hören wir, steht uns jetzt in zweiter Lesung noch eine wesentliche Änderung bevor. Wir haben diese Texte nicht, nicht einmal jetzt, obwohl die Debatte schon begonnen hat. Und das ist wirklich eine Bodenlosigkeit von einem Kanzler, der im Sommer angetreten ist und gesagt hat: Wir legen da ein Jahrhundertwerk vor, wir sichern damit die Rechte der österreichischen Bevölkerung! – Nicht einmal jetzt hat dieses Haus den vollen Text der Reform, und das ist eine Bodenlosigkeit! (Beifall bei den Grünen, den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Kostelka: In der Präsidiale sprechen Sie schon anders!)

Zweitens: Es geht nicht nur um die Rechte der Opposition, es geht nicht nur um den Parlamentarismus. Es ist in aller Welt so, daß die Gewerkschaften, die Sozialpartner natürlich in Verhandlungen einbezogen werden. Die Grünen sind dafür, daß das geschieht. Nur: Wenn Sie nicht einmal Anregungen, Anträge der Opposition, die sich auf jene Bevölkerungsgruppen beziehen, die in der Sozialpartnerschaft gar nicht vertreten sind, berücksichtigen, dann ignorieren Sie nicht nur dieses Haus, sondern weite Teile der österreichischen Bevölkerung.

Ich frage Sie: Was ist mit den Interessen der jungen Leute in diesem Land? Was ist mit den Schulabgängerinnen und -abgängern? Was ist mit den Studierenden? – Die waren von niemandem vertreten. Und diejenigen, die verlangt haben, daß Sie Garantien für die Jugend abgeben, sind in diesen Ausschüssen nicht gehört worden, ihre Anträge sind nicht gebührend behandelt worden.

Welche Motivation sollen die österreichischen Jugendlichen haben, überhaupt noch zu einem System beizutragen, wenn sie ihre Ideen offensichtlich auch nicht durch ihre Volksvertreterinnen und Volksvertreter in die Verhandlungen einbringen können?

Ebenso ist es bei den heute in Beschäftigung Stehenden, vor allem den jüngeren, die der Pension noch nicht nahe sind. Welchen Zusammenhang gibt es mit der Arbeitsmarktpolitik, wenn Sie die Kassen der aktiven Arbeitsmarktpolitik nach wie vor ausräumen? Wie soll ein System funktionieren, wenn dafür keine Vorkehrung getroffen ist?

Drittens: Es sind auch die alten Menschen davon betroffen, nämlich diejenigen, die arm sind. Sie haben jetzt eine Deckelung des Verlustes beschlossen. Ich frage Sie: Was hat jemand zu verlieren, der eine Pension von nicht einmal 10 000 S hat? Ist es wirklich angebracht, da zu sagen: Die verlieren nur 1 Prozent!? (Rufe bei der ÖVP: Null!) Glauben Sie, daß jemand, der eine Pension von nicht einmal 10 000 S hat, auch nur irgend etwas zu verlieren hat? Ich denke, denen müßten wir etwas dazugeben und nicht darüber reden, wie wenig wir ihnen wegnehmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte, die Redezeit einzuhalten.


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Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic
(fortsetzend): All diese Bevölkerungsgruppen waren in diesen Beratungen nicht vertreten. Und all jene, die mit ihrer Zweidrittelmehrheit jetzt eine Husch-Pfusch-Novelle beschließen, nehmen diesen Bevölkerungsgruppen ihre Rechte. (Beifall bei den Grünen.)

9.31


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bevor wir uns im nachhinein in der Präsidialsitzung sorgenvoll über die Terminologie unterhalten, bitte ich, das lieber jetzt gleich zu bedenken.

Als nächster gelangt Kollege Dr. Kier zu Wort. – Bitte.

9.31

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das, was in dieser Einwendungsdebatte bisher zutage getreten ist, beunruhigt mich sehr. Kollege Kostelka hat entweder wider besseres Wissen argumentiert oder völlig den Überblick verloren. Denn hier von diesem Pult aus zu behaupten, die Valorisierungsbestimmungen seien zwei Stunden vor Ausschußbeginn vorgelegen, mag vielleicht für den Finanzausschuß stimmen (Abg. Dr. Khol: Ja!), aber nicht für den Sozialausschuß, Herr Kollege Kostelka! (Rufe bei den Freiheitlichen: Auch nicht!) "Vielleicht", sage ich; auch nicht. Diese Valorisierungsbestimmungen, die ja im ASVG-Bereich offensichtlich ein Problem waren, lagen bis zuletzt nicht auf dem Tisch, da bis zuletzt die allgemeine Auffassung geherrscht hat, die Sache sei im ASVG anders zu regeln. Das ist nicht zwei Stunden vorher vorgelegen! – Punkt 1.

Punkt 2: Im § 44 Abs. 1 der Geschäftsordnung steht, daß Beratungen 24 Stunden, nachdem der Ausschußbericht vorgelegt wurde, stattfinden können. – Es ist heute um 8.30 Uhr ein Exemplar des Ausschußberichtes den Klubs zur Verfügung gestellt worden, und wir haben jetzt 9.30 Uhr; also nur eine Stunde vorher. Die Geschäftsordnung ist kein Jux, wie Kollege Khol gemeint hat, und es sind keine Geschäftsordnungstricks, wenn man der Meinung ist, daß 24 Stunden eine kurze, aber wichtige Frist sind.

Nur deswegen, weil es Ihnen besser in Ihre komfortablen vorabgesprochenen Abläufe paßt, soll hier unter Mißachtung der Geschäftsordnung die Zweidrittelmehrheit als Notinstrument, als Hammer eingesetzt werden, damit die Oppositionsparteien nicht die Möglichkeit haben, die Sache noch etwas besser zu argumentieren. Damit haben aber auch die Abgeordneten Ihrer Fraktion – es waren ja nicht alle im Ausschuß, Herr Kollege Khol – nicht die Möglichkeit, vorher den Ausschußbericht zu studieren. Oder wollen Sie uns zu verstehen geben, daß jene Abgeordneten dieses Hauses, die nicht Mitglieder der jeweiligen Ausschüsse sind, diese 24 Stunden nicht brauchen? Ist es so, daß eine Stunde, nachdem der Ausschußbericht vorgelegt wurde, in Ihrer Fraktion die Befehlsausgabe ohnehin schon stattgefunden hat, sodaß alle wissen, wie sie abstimmen müssen, ohne daß sie den Ausschußbericht auch nur lesen konnten? – Dazu sind die 24 Stunden da; nicht nur für die Kolleginnen und Kollegen, die im Ausschuß verhandelt haben, sondern auch für alle anderen. Deswegen ist diese Aufliegefrist wichtig.

Wenn Sie der Meinung sind, daß alle anderen Kollegen Ihrer Fraktion den Ausschußbericht gefälligst ungeprüft zur Kenntnis zu nehmen haben, daß sie, ohne ihn studiert zu haben, hier gefälligst aufzustehen haben, wenn es Ihre Fraktion so wünscht, wenn Sie uns so deutlich demonstrieren, daß Sie den Klubzwang sogar dann einsetzen, wenn die Leute nicht einmal wissen, worüber sie abstimmen, dann, Herr Kollege Khol und Herr Kollege Kostelka, zerstören Sie ein gut Teil von Parlamentarismus! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Da Kollege Khol hier vom "beschaulichen Leben" der Geschäftsordnung spricht, muß ich folgendes sagen: Ich weiß nicht, wo Sie leben, Herr Kollege Khol, aber eine 24-Stunden-Frist als beschaulich zu betrachten bei einer Materie, die Sie selbst als Jahrhundertmaterie bezeichnen, ist nicht nur zynisch, sondern auch ignorant! Das sage ich in aller Deutlichkeit. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich dulde nicht, daß Parlamentarier andere persönlich beschimpfen. Es ist kein Klubobmann "ignorant", auch wenn Sie anderer Meinung sind als er.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (fortsetzend): Dann sage ich: unwissend. – Ist das besser? Das ist dasselbe. Dann ist Herr Klubobmann Khol nicht kenntnisreich genug – das wollte ich zum Ausdruck bringen. (Abg. Dr. Haider  – in Richtung des Präsidenten Dr. Fischer –: Sie schreiben uns die Reden vor! Am besten, Sie geben uns die Reden!) Dann fehlt es ihm an der notwendigen Kenntnis der Geschäftsordnung.

Da Herr Kollege Kostelka hier meint, eine halbe Seite sei etwas Einfaches, sage ich Ihnen: Die halbe Seite ist schon einfach, aber man muß das mehrfach lesen, und außerdem gibt es darunter eine Formel, und diese Formel ist mathematisch unlogisch. Es handelt sich um einen Algorithmus, Herr Kollege Kostelka, der unlogisch ist. (Abg. Dr. Kostelka: Verzeihen Sie, daß wir Sie überfordert haben!) Es ist das argumentativ vielleicht etwas zu steil für Sie, das kann ja sein (Beifall des Abg. Meisinger ), aber 24 Stunden hätten Sie den Abgeordneten auch Ihrer Fraktion, die nicht im Ausschuß waren, durchaus einräumen können, um sich mit diesem etwas ungewöhnlichen Algorithmus anzufreunden. Kollege Haupt hat schon darauf hingewiesen.

Daß Rechtschreibfehler, Satzzeichenfehler, Fehler sonder Zahl in den Dokumenten enthalten sind, ist für das Ganze nur das Tüpfelchen auf dem i. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

9.36

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Khol! Sie haben von einer leistungsgerechten Gestaltung der Ausschußarbeit gesprochen und haben gemeint, das, was sich Ihrer Darstellung nach gestern und vorgestern in den Ausschüssen abgespielt haben soll, wäre leistungsgerechte Arbeit. Herr Klubobmann Khol! Wäre es nicht so traurig, müßte man darüber wirklich in homerisches Gelächter ausbrechen! (Abg. Dr. Khol: Probieren Sie es einmal!)

Es ist unglaublich, was Sie als leistungsgerecht bezeichnen! Ihrer Darstellung nach ist es offensichtlich leistungsgerecht, wenn sich die Mitglieder des Sozialausschusses, wenn sich die Mitglieder des Finanzausschusses zu einer Sitzung versammeln und diese Sitzung dann vier-, fünf- oder sechsmal vertagt wird, ohne daß eine inhaltliche Debatte stattfindet. Ihrer Darstellung nach ist es offensichtlich leistungsgerecht, wenn dann, wie gestern abend, eine Sitzung stattfindet und die Abgeordneten der Regierungsparteien versuchen, ihre Stimme irgendwie zu erheben, nur damit der Ausschuß nicht zusammenbricht, etwas zu sagen, was mit der Materie nichts zu tun hat, da jeder Abgeordnete, jede Abgeordnete der Regierungsparteien weiß, daß im Hintergrund etwas ganz anderes verhandelt wird. Sie stehen ja im Ausschußlokal hinten herum und gehen mit dem Zettel von einer Seite auf die andere und tauschen eine Materie nach der anderen ab.

Herr Abgeordneter Khol! Sie haben vorhin den Valorisierungsantrag vorgezeigt. (Der Redner zeigt diesen. – Abg. Dr. Khol: Nicht den!) Das allein ist nicht das Problem. Es gibt nämlich noch einen zweiten Antrag, der die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für die Gewerbetreibenden betrifft, Herr Abgeordneter Khol. Das ist bitter, nämlich daß Sie zum selben Zeitpunkt, zu dem Sie in Vorbereitung eines Budgets sind, hinsichtlich dessen Sie sagen, daß es um Sparsamkeit, um Wirtschaftlichkeit geht, daß wir uns die Pensionen nicht leisten können, daß wir für die Beschäftigung nicht mehr machen können, erklären: Das spielt keine Rolle, wir senken die Krankenversicherungsbeiträge für die Gewerbetreibenden ab. – Einfach Daumen mal Pi, koste es, was es wolle. Wir wissen ja nicht, ob das gerechtfertigt ist, wir wissen nicht, ob das Sinn macht, aber die ÖVP meint, im Abtausch gegen die Valorisierungsregelung müsse auch ein Ergebnis erzielt werden.


Nationalrat, XX.GP
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93. Sitzung / Seite 23

Herr Abgeordneter Khol! Ich kann Ihnen gratulieren. Die ÖVP ist beim Verhandeln immer geschickter gewesen als die SPÖ, aber der Sache haben Sie keinen guten Dienst erwiesen!

Uns, Herr Abgeordneter Khol, stört nicht, daß am Montag und am Dienstag der Finanzausschuß und der Sozialausschuß hätten zusammentreten sollen, um zu beraten. Wir wären auch dafür, am Samstag und am Sonntag zu beraten; das können Sie gern von uns haben, wenn es um eine solidarische und nachhaltige Pensionsreform geht. Aber ich behaupte: Genau das haben Sie nicht erreicht! Genau das wollten Sie nicht erreichen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Wir, die Grünen, sind jederzeit dafür zu haben – darin unterscheide ich mich vielleicht von einigen anderen –, daß bis zur letzten Minute verhandelt wird, auch mit den Gewerkschaften, auch mit allen anderen Betroffenen. Aber eines sei Ihnen an dieser Stelle schon gesagt: Herr Abgeordneter Khol! Sie haben vielleicht mit den Gewerkschaften verhandelt, aber Sie haben nicht mit den Vertreterinnen des Frauen-Volksbegehrens verhandelt. Sie wissen, es ist eine Forderung im Haus. Hier in diesem Haus sind 700 000 Unterschriften von Personen, die eine eigenständige Alterspension für die Frauen fordern.

Wo in diesem Pensionspaket ist die Umsetzung dieser Forderung enthalten? Können Sie, Herr Abgeordneter Khol, sagen, wir verhandeln nicht nur mit den Gewerkschaften und allen anderen, sondern auch mit einer dreiviertel Million Menschen, die sich die Mühe gemacht haben, ihre Unterschrift abzugeben, weil sie glauben, daß bei der Pensionsreform bestimmte Dinge nicht berücksichtigt sind? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Herr Abgeordneter Khol! Wo wurde im Zusammenhang mit dieser angeblich so nachhaltigen Pensionsreform jemals das thematisiert, was von den Gewerkschaften am Anfang durchaus noch zur Sprache gebracht wurde: daß es nicht nur um die Pensionen, sondern auch um die Beschäftigung geht, daß es auch um die Jungen geht? Wo findet sich das wieder in diesem Budget, in dieser Pensionsreform? – Nirgends findet sich das! (Beifall bei den Grünen.) Keine Maßnahme wurde gesetzt, im Gegenteil, es wurde völlig kontraproduktiv gearbeitet!

Deshalb meinen wir Grünen, daß es nicht nur wichtig ist, weiter zu beraten – es kommt ja wirklich nicht darauf an, daß diese Reform hier und heute verabschiedet wird; eine Reform, die keine Reform ist –, sondern daß auch die Stimmen all derer, die bei dieser Pensionsdebatte nicht gehört wurden – die Jungen, die Frauen, die Älteren, Arbeitslose –, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte, die Redezeit zu beachten.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... noch Beachtung finden und daß nicht nur eine nachhaltige Pensionsreform, sondern auch eine nachhaltige Beschäftigungspolitik verwirklicht wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

9.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.42

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kostelka wollte noch einmal den Versuch unternehmen, der Öffentlichkeit das Bild zu vermitteln, daß diese Pensionsreform wirklich seriös vorbereitet worden sei.

Herr Kollege Kostelka! Dieser – vom Kollegen Stummvoll so bezeichnete – "große Wurf", der eine Weichenstellung bis weit ins nächste Jahrtausend bringt und somit alle Probleme löst, wurde nicht seriös vorbereitet! Alles, was es bisher bereits an chaotischen Verhandlungen in diesem Haus gegeben hat, wurde bei weitem übertroffen, als es um die Verhandlungen rund um diese Pensionsreform gegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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93. Sitzung / Seite 24

Wir haben drei Ausschußtage mit insgesamt fünf Unterbrechungen gehabt, und während dieser Zeit hat keiner der Abgeordneten gewußt, worüber eigentlich verhandelt werden soll. Es war bis zur letzten Sekunde nicht klar, was tatsächlich beschlossen werden soll!

Wenn Sie sagen, wir hätten die Abänderungsanträge schon zwei Stunden vorher bekommen, so stimmt das ganz einfach nicht. Da sagen Sie die Unwahrheit! Der Abänderungsantrag ist hereingekommen, und es wurde sofort im Anschluß daran darüber abgestimmt. So ist das gestern gelaufen! Sie waren ja nicht einmal in der Ausschußsitzung, ich war dort und kann daher sagen, wie es war! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Mit Ihrer Zustimmung!)

Traurig ist, wie sich die entmündigten Abgeordneten der Regierungsparteien im Filibustern üben mußten, und das mehr schlecht als recht. Stundenlang haben sie filibustert und nicht gewußt, worüber schlußendlich abgestimmt werden soll. Herr Kollege Kostelka! Es ist ja traurig, mitanzusehen, wie Ihre Abgeordneten unter solch unseriösen Vorgangsweisen leiden! Immer wieder haben sie zur Tür geschaut und darauf gewartet, daß sie endlich aufgeht und der ersehnte Abänderungsantrag gebracht wird, an dem man herumgedoktert hat. Immer wieder das Wenden zur Tür und die Frage: Kommen die jetzt endlich, wir wissen nicht mehr, was wir noch sagen sollen, und wir wissen nicht, worüber wir abstimmen werden; wir wissen nur, daß wir zustimmen müssen. Das war alles, was die Abgeordneten Ihrer Fraktionen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich gewußt haben: Wir müssen zustimmen, egal, was hereinkommt. Wir kennen es nicht, aber wir stimmen zu! – So ist die "seriöse Vorgangsweise" bei wichtigen Gesetzesvorhaben in diesem Haus zu beschreiben, meine Damen und Herren!

Und dann spricht Kollege Stummvoll in der Ausschußsitzung und vor laufender Kamera vom großen Wurf, von einer völlig neuen Reform, von einer Weichenstellung, die bis ins nächste Jahrtausend reicht! (Abg. Dr. Stummvoll: Da war keine Kamera!) Ihre Worte von gestern abend, 19.30 Uhr, Kollege Stummvoll! Wollen Sie uns, wollen Sie die Öffentlichkeit tatsächlich glauben machen, daß unter solchen Umständen Qualitätsarbeit geleistet werden kann, Herr Kollege Stummvoll!? Das glauben Sie doch selbst nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Selbst die Abgeordneten der Regierungsparteien, die damit einmal mehr von der Realverfassung peinlich entmündigt wurden, wissen ja bereits, daß unter solch chaotischen Umständen nichts Gescheites herauskommt. Kollege Posch hat ja bereits gestern der Öffentlichkeit via Presseaussendung mitgeteilt, daß die Gewinner die Hofräte, die jetzt 50 und mehr Jahre sind, und die Verlierer alle Jungen sind, die durch diese völlig fehlgeratene Reform mehrfach zum Handkuß kommen. Selbst Kollege Posch hat das bereits gestern erkannt, und ich rechne es ihm hoch an, daß er es auch der Öffentlichkeit entsprechend mitgeteilt hat. Flickwerk wurde produziert, das alle zum Handkuß kommen läßt, sagt Posch.

Ich brauche aber nicht Kollegen Posch als Zeugen, es gibt ja einen weitaus Unverdächtigeren, Ihren Experten Rürup. Als was hat Herr Professor Rürup noch gestern abend und heute im "Morgenjournal" diese Reform bezeichnet? – Er hat gesagt, dieses System hätte 20 Prozent bringen sollen, Herr Kollege Stummvoll. Was verbleibt, sind mickerige 3 Prozent. 17 Prozent haben Sie wegverhandelt! Sie sprechen von einem großen Wurf, von einer Jahrhundertreform, obwohl Sie 17 Prozent wieder wegverhandelt haben? Das ist ja ein erbärmliches Ergebnis! Und damit trauen Sie sich an die Öffentlichkeit? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Diese Reform ist maximal für eine kurzfristige Budgetentlastung geeignet. Ihre Macherqualitäten und vor allem jene von Bundeskanzler Klima sind einmal mehr nicht zu erkennen, wenn wir diese Reform betrachten, Herr Kollege Stummvoll! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Fazit: Die Hofräte Dohr und Neugebauer und viele beamtete Politiker haben es sich hier noch einmal gerichtet. Verlierer sind die Jungen, Verlierer sind die Frauen, Verlierer sind die Behinderten. Die haben die Zeche für dieses wirklich völlig fehlgeratene Reförmchen zu zahlen.

Meine Damen und Herren! Mein Klubobmann Dr. Haider wird Ihnen heute eine wirkliche Reform vorstellen. Statt Systemwechsel ...


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93. Sitzung / Seite 25

Präsident Dr. Heinz Fischer
(das Glockenzeichen gebend): Ich bitte, die Redezeit zu beachten.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Statt einem Systemwechsel nach freiheitlichem Vorschlag zuzustimmen, werden Sie an dem Ergebnis dieser erbärmlichen Systemkosmetik festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Er hat das Wort. Gleiche Redezeit.

9.47

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu wissen, wie von manchen Vertretern der Oppositionsparteien im Ausschuß die Debatte über eine derart grundlegende Reform des Pensionsrechtes tatsächlich geführt wurde.

Heute hier herauszugehen und zu sagen, die armen Oppositionsparteien bekämen die Anträge nicht rechtzeitig, aber im Ausschuß eine Haltung einzunehmen, die dem diametral entgegengesetzt ist, verdient aufgezeigt und vor der Öffentlichkeit nicht verschwiegen zu werden – und ich werde das machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich sind Verhandlungen über eine derart sensible Materie nicht leicht und brauchen sehr viel Zeit, weil wir nicht drüberfahren, sondern mit den Betroffenen reden. Aber dann, als die Ergebnisse vorlagen und Abänderungsanträge im Ausschuß eingebracht wurden, um dort diskutiert zu werden, beschwerten sich zwei Personen aus der Freiheitlichen Partei, nämlich am Montag am Abend im Finanzausschuß, darüber, daß sie keine Zeit gehabt hätten, die einzelnen Anträge zu studieren, die Konsequenzen zu überlegen, zu berechnen und die Auswirkungen darzustellen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wann kam der letzte Antrag?) Moment! (Abg. Mag. Schweitzer: Wann kam der letzte Antrag?)

Herr Schweitzer! Ich muß das sagen: Unmittelbar nachdem die Argumentation, daß zuwenig Zeit war, vorgebracht wurde (Abg. Mag. Schweitzer: Wann kam der letzte Antrag?) und wir gesagt haben, diskutieren wir doch jeden einzelnen dieser Vorschläge möglichst intensiv, hat Herr Kollege Graf gesagt: Schluß der Debatte, abstimmen! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ist das seriös?

Ich habe an die Opposition appelliert, daß ich endlich einmal wissen möchte, was deren Meinung zu diesen substantiellen Vorschlägen ist. Nein! Ein zweites Mal ist die Freiheitliche Partei hergegangen und hat einen Antrag auf Schluß der Debatte gestellt. Das heißt, die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei haben gar kein Interesse daran gehabt, darüber zu diskutieren, wie die Pensionen in Zukunft aussehen sollen, aber heute haben sie versucht, hier ein Schauspiel aufzuführen. Und das muß der Öffentlichkeit gesagt werden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist meiner Meinung nach ein unseriöses Verhalten, ein Verhalten, das zeigt, daß Sie nicht fähig sind, Verantwortung zu tragen. Wir als Regierungsparteien sind aufgefordert, die anstehenden Probleme zu lösen, den sich stellenden Herausforderungen zu begegnen. Wir sind nicht dazu da, eine Show abzuziehen, sondern wir wollen Lösungen anbieten. Das möchten wir mit dieser Vorgangsweise unter Beweis stellen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Er hat das Wort. Gleiche Redezeit.

9.51

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident, jetzt bitte ich Sie, aufzupassen: Der indolente und ignorante – ich betone: indolent und ignorant! – Klubobmann Kostelka hat heute larmoyant beklagt – um ein drittes


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93. Sitzung / Seite 26

Fremdwort zu verwenden –, diese Einwendungsdebatte sei eine mediale Inszenierung. Wissen Sie, Herr Kollege Kostelka, was eine mediale Inszenierung war? – Ihre Schmierenkomödien der letzten Wochen waren eine mediale Inszenierung, und zwar letzter Klasse, das sage ich Ihnen, letzter Klasse! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was Sie da geliefert haben, welches Marionettentheater Sie diesem Haus zugemutet haben, indem die Abgeordneten Ihrer Fraktionen Filibusterreden halten mußten, bis endlich eine Vorlage ins Haus kam, Herr Kollege Höchtl, das war unerträglich! Herr Kollege Höchtl – wo ist er denn jetzt hingerannt? –, deswegen hat Kollege Graf verlangt: Stimmen wir doch endlich ab und machen wir mit diesem Marionettentheater Schluß, das gestern und in den vorhergehenden Ausschußsitzungen stattgefunden hat!

Das war Ihre Schmierenkomödie mit Trillerpfeifenbegleitung, Herr Kollege Kostelka! Das waren nicht unsere Leute, das sind Ihre Leute, das war Ihre Schmierenkomödie, Ihre Trillerpfeifen waren es, die eine mediale Inszenierung dieser Angelegenheit verursacht haben. Sie haben daher keinen Grund, larmoyant zu sein, Sie hätten Grund, zerknirscht zur Kenntnis zu nehmen, daß Sie paktbrüchig wurden.

Frau Kollegin Schmidt! Sie haben völlig recht, Frau Kollegin Petrovic, Sie haben recht: Die beiden Herren sind paktbrüchig geworden. Paktbrüchig! Ich lade Sie ein, in Zukunft vorsichtiger zu sein, wenn Sie wieder auf Ausschußtermine der Herrschaften eingehen. Ich habe gewußt, was sich hier abspielen wird. Ich habe vorausgesehen, daß sie bis Dienstag keine Vorlage zustande bringen werden. Daher mußte man ja im Ausschuß über nichts diskutieren. Daher sind ja die beiden Klubobleute, die beiden siamesischen Zwillinge, wie die Hühner herumgerannt, die Eier legen wollen, in der Hoffnung, daß diese Eier jetzt hoffentlich bald einmal ins Haus geliefert werden, weil sie immer noch keine Vorlage hatten um halb acht Uhr abend, meine Damen und Herren. Das war eine Schmierenkomödie, die Sie da geliefert haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kronzeuge Ihres Scheiterns ist nicht nur Herr Professor Rürup, der über Ihr Scheitern von geplanten 20 Prozent Einsparung hinunter bis zu 3 Prozent gestern abend vor dem Medienpublikum des ORF referiert hat. Was ist denn übriggeblieben, Herr Familienminister, von Ihren Ruster Beschlüssen, von den Beschlüssen vom Neusiedler See? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Substantielles! – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) "Substantielle" 3 Prozent sind übriggeblieben! Daß Sie sich nicht genieren! Das ist ja Restlverwertung, Herr Minister, nicht mehr und nicht weniger! Sie sind ja ein Minister der Restlverwertung: 3 Prozent von 20 Prozent, die Sie in Rust vereinbart haben. Sie doktern an einem veralteten, nicht mehr aufrechtzuerhaltenden System herum und sind nicht bereit, über zukunftsweisende Systeme zu verhandeln, wie sie die Freiheitlichen seit 13 Jahren vorschlagen, meine Damen und Herren von der Restlverwertung. (Abg. Schwarzenberger: Vor 13 Jahren waren die Freiheitlichen in der Regierung!) Sie haben 13 Jahre vergeudet! Seit 13 Jahren bereits verlangen wir, daß man auf ein Drei-Säulen-Modell umstellt, wie das die Schweiz gemacht hat, wie das Holland gemacht hat. Sie haben 13 Jahre verplempert, und Sie haben gestern abend die letzte Chance dazu vertan. (Abg. Schwarzenberger: Vor 13 Jahren waren Sie in der Regierung!)

13 Jahre, Herr Kollege Schwarzenberger, das sind so viel plus so viel (der Redner hält erst beide Hände, dann drei Finger in die Höhe) , damit Sie es nachzählen können. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

13 Jahre haben Sie also verplempert, 13 Jahre haben Sie die Zukunft der Österreicher verspielt, und gestern abend haben Sie die letzte Chance verpaßt, nachdem Sie mit einem "Restlverwertungsantrag" ins Haus gekommen sind.

Meine Damen und Herren! Kollege Posch ist der nächste Zeuge. Wir werden uns heute anschauen, wie er abstimmen wird, ob er das, was er in Pressedienstaussendungen verkündet, auch bei der Abstimmung meint. Oder sind Sie auch eine dieser Marionetten, die an den Fäden des Herrn Kostelka und des Herrn Khol hängen und zu tun haben, was die beiden Herren Ihnen


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Stenographisches Protokoll
93. Sitzung / Seite 27

anordnen? Ist das so? Ich habe schon den Verdacht, daß das so ist. Wir werden es ja in wenigen Minuten erleben.

Sie wollen ein System der Privilegien aufrechterhalten. Sie wollen ein System der geschützten Bereiche aufrechterhalten. Sie wollen einen Betrug am Beitragszahler von heute begehen, aber für diesen Betrug am Beitragszahler von heute und an der heutigen Jugend geben wir Freiheitlichen uns nicht her! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herrn Abgeordneten Stadler erteile ich für den Ausdruck "Betrug" einen Ordnungsruf. (Abg. Mag. Stadler: Ich danke Ihnen herzlich!) Gerne, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Bitte, meine Damen und Herren, beruhigen Sie sich! Ich habe bewußt für das Wort "Schmierenkomödie" keinen Ordnungsruf erteilt, weil jeder das Parlament so auffassen soll, wie er sich fühlt in seiner Rolle. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Man wird doch noch die Wahrheit sagen dürfen!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Nowotny.

9.56

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Und die Ermahnung gilt natürlich auch für den nächsten Redner: um einen Ton bemüht zu sein, der dem Parlament sachdienlich ist. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (fortsetzend) : Ich hoffe, Herr Präsident, daß in meinem Fall diese Ermahnung nicht notwendig ist.

Herr Präsident! Hohes Haus! Da nach der Geschäftsordnung in diesem Zusammenhang eine tatsächliche Berichtigung nicht möglich ist, habe ich mich im Hinblick auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Schweitzer zu Wort gemeldet. Darin hieß es nämlich, daß in der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses der Abänderungsantrag nicht zwei Stunden studiert werden konnte. Das ist zwar formal richtig (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) , tatsächlich aber – hören Sie einmal zu! – irreführend. Das wollte ich eben sagen.

Wir hatten einen Abänderungsantrag, der die Dynamisierung betroffen hat, und dieser bestand aus insgesamt drei Sätzen. Ich habe als Obmann ... (Zwischenrufe des Abg. Mag. Schweitzer. ) Bitte hören Sie doch zu! Ich habe als Obmann des Finanzausschusses daraufhin die Abgeordneten sämtlicher Fraktionen – und ich hoffe, Sie waren zu diesem Zeitpunkt dabei – gefragt, ob eine Unterbrechung gewünscht wird, um diesen Abänderungsantrag zu studieren. Ich habe das angeboten, aber es wurde von sämtlichen Fraktionen für nicht notwendig gehalten. Das heißt, Sie selber haben gesagt, wir brauchen ... (Abg. Böhacker: Eine Viertelstunde wollten Sie unterbrechen, nicht zwei Stunden! Das ist jetzt wieder die Unwahrheit!) Herr Kollege, Sie hätten auch zwei Stunden Unterbrechung haben können. Ich habe Ihnen das angeboten. (Abg. Böhacker: Das ist die Unwahrheit! Er sagt wieder die Unwahrheit!) Sie haben selber gesagt: Gehen wir weiter. Das ist Faktum, und das möchte ich schon deutlich machen. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Es wurde mit Zustimmung der Opposition explizit – und alle, die dabei waren, sind Zeugen – auf eine Unterbrechung verzichtet. (Abg. Böhacker: Eine Viertelstunde! Unerhört!) Vielleicht haben Sie jetzt Probleme in Ihrem Klub bekommen. Das tut mir leid für Sie. Aber ich lege Wert darauf, daß ich die Geschäfte in diesem Finanzausschuß korrekt führe, daß ich sie auch weiter korrekt führen werde, und ich glaube, daß wir damit bei weitem am besten fahren. (Beifall bei der SPÖ.)

9.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte sehr. Gleiche Redezeit.

9.59

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt


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Stenographisches Protokoll
93. Sitzung / Seite 28

wird schon eine Stunde darüber geredet, ob Sitzungsunterbrechungen notwendig gewesen wären, ob tatsächlich genug Zeit gewesen ist, um den Damen und Herren Abgeordneten aller Fraktionen die Möglichkeit zu geben, Abänderungsanträge zu lesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin stundenlang in einem dieser beiden Ausschüsse gewesen und bin, wenn Sie so wollen, authentische Zeugin der Vorgänge, und ich sage Ihnen jetzt, angesichts des nahenden oder drohenden Endes dieses Prozesses, daß das absolut nicht der Kern der Frage ist, um die es heute geht.

Heute geht es – und das interessiert die Österreicherinnen und Österreicher – um die Substanz dieser sogenannten Pensionsreform.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Oppositionsabgeordnete schließe ich mich allen Kolleginnen und Kollegen an, die sagen, hier wird mit dem Parlamentarismus schändlich umgegangen. Das, meine Damen und Herren, ist nicht ein Problem der Opposition, sondern das ist ein Problem der Koalitionsfraktionen, denn die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes machen sich ihr Bild darüber, wie sich das Parlament selbst seiner Möglichkeiten entledigt. Ich sage Ihnen als Kritikerin der inhaltlichen Ergebnisse dieser sogenannten Reform, aber auch als Oppositionsabgeordnete, die sich dabei nicht entsprechend eingebunden gesehen und gefühlt hat, daß die wesentlichsten Punkte dessen, was angekündigt wurde – nicht nur von der Bundesregierung, sondern zum Teil auch von den Sozialpartnern –, heute nicht im Kern und als Ergebnis hier vorliegen.

Herr Präsident Verzetnitsch! Herr Präsident Nürnberger! Selbstverständlich sind die Grünen der Auffassung, daß bei so wesentlichen Fragen wie der Pensionsreform die Gewerkschaft, die Sozialpartner nicht nur eingebunden werden müssen, sondern logischerweise essentielle Verhandlungspartner sind, denn sie vertreten Interessen. Und sie waren auch eingebunden, bis zur letzten Sekunde – im Gegensatz zur Opposition, die in keiner Phase dieser Verhandlungen seit Rust in irgendeiner Form eingebunden war in das, was ja alle Österreicherinnen und Österreicher angeht, nicht nur die, die die Roten und die Schwarzen wählen, sondern auch die, die die Freiheitlichen, Grünen und Liberalen wählen. Das ist es – und da schließe ich mich Frau Dr. Schmidt an –, was hier, um es plakativ zu sagen, mit Füßen getreten wird: Es werden die Interessen von Gruppen, die gar nicht die Möglichkeit hatten, diese ihre Interessen überhaupt auszusprechen und in Verhandlungen einzubringen, mit Füßen getreten.

Kollege Öllinger hat es bereits gesagt: Wer hat in diesem langen Verhandlungsprozeß – im Parlament konnte das nicht geschehen, denn wie hier die Ausschußverhandlungen abgelaufen sind, wurde ja schon zur Genüge vorgetragen – die Interessen der Jugendlichen, der jungen Erwachsenen vertreten? Wer hat die Interessen der Frauen – und ich meine jetzt nicht nur das Frauen-Volksbegehren –, die die Leidtragenden dieses Ergebnisses sind, vertreten? Wer hat denn den Beschäftigungsaspekt, bezüglich dessen ich Ihnen hundertprozentig recht gebe, daß er wichtig ist, geprüft? Wer hat denn den Erfolg Ihrer Forderungen überprüft?

Das ist es, was jetzt hier zur Diskussion steht. Herr Präsident Verzetnitsch, Herr Präsident Nürnberger und Herr Präsident Maderthaner! Deshalb meinen wir, daß es jetzt nicht ein Gebot der Stunde ist, diese Vereinbarungen auf der Stelle zu beschließen, wie Herr Dr. Khol gemeint hat. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Khol sprach von "leistungsgerechter Gestaltung der Geschäftsordnung". Das muß man sich einmal vorstellen! Was ist in seinen Augen "leistungsgerechte Gestaltung der Geschäftsordnung"? Versteht er darunter, daß man 24-Stunden-Fristen nicht beachtet, daß man seine eigenen Abgeordneten in den Ausschüssen filibustern läßt? Ich habe das auch schon gemacht, meine Damen und Herren, auch ich habe in Ausschüssen schon filibustert. Sie haben mich mit Spott und Hohn bedacht, wenn ich das versucht habe. Und was machen Sie? Wenn es notwendig ist, darf die Koalition das ungestraft tun. Ja Sie applaudieren sich noch selber, wenn Sie zu diesen Mitteln greifen, die bei der Opposition völlig verpönt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Letztes zur Qualität der Ausschußberatungen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte möglichst wirklich ganz kurz das letzte.


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Stenographisches Protokoll
93. Sitzung / Seite 29

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits
(fortsetzend): Das letzte: Vorschläge der Opposition, wie zum Beispiel die weitere Privilegierung von Politikern im Zusammenhang mit dieser Pensionsreform, sind – und die Grünen haben diese Vorschläge eingebracht – von keinem einzigen Koalitionsabgeordneten auch nur ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit beachten!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): ... in einer Wortmeldung aufgenommen worden. Das zu Ihren eigenen Privilegien! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Koppler: Das ist Populismus! Eine reine Populistin, sonst gar nichts!)

10.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Er hat das Wort.

10.05

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Diese Einwendungsdebatte, die die Oppositionsparteien dieses Parlaments beantragt haben, ist ein Aufschrei, ein Aufschrei von Abgeordneten, die zum wiederholten Male darauf aufmerksam machen wollen, daß die Regierung dieses Parlament zur Abstimmungsmaschinerie degradiert.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Auch Sie sind gewählte Vertreter in diesem Hause, und das Parlament ist keine Abstimmungsmaschine, sondern es gibt eine gewisse Kultur in parlamentarischen Demokratien, wie man Causen, wie man Sachverhalte behandelt. Ich werde es Ihnen sagen, wie es üblich ist. Üblich ist, daß die Regierung, die die Exekutivgewalt, die Regierungsgewalt hat, einen Regierungsentwurf, einen Ministerialentwurf zur Begutachtung ausschickt. Dann gibt es selbstverständlich Verhandlungen im vorparlamentarischen Raum, eine Vielzahl von Verhandlungen mit Interessenvertretungen. Dann kommt es eines Tages zum Beschluß der Regierung im Ministerrat, und dann, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei und den Sozialdemokraten, ist das Parlament dran. Dann erst können Sie dem Parlament etwas zuweisen, wenn Sie nach abgeschlossenen Verhandlungen einen Beschluß im Ministerrat gefaßt haben. Erst dann können Sie es dem Parlament übergeben, den gewählten Damen und Herren, den Vertretern des Volkes, um dann in den Ausschüssen darüber zu beraten, was mit der Regierungsvorlage der Exekutive geschieht.

Wissen Sie, was das Traurige ist? – Sie wissen ganz genau, daß das tatsächlich der Weg einer parlamentarischen Demokratie ist. Das schlechte Gewissen ist Ihnen in die Gesichter geschrieben. Sie wissen ganz genau, wie Sie den Parlamentarismus mit Füßen treten und das Parlament zu einer Abstimmungsmaschine degradieren. Sie machen nämlich folgendes: Sie beschließen in der Regierung, im Kollegialorgan einstimmig etwas, und dann beginnt der Wust der Verhandlungen. Und dann muten Sie dem Parlament so etwas zu, wie es heute bereits mehrfach kritisiert wurde. Dann haben Sie die Stirn, solche Zettel vorzuzeigen. Es sind ohnehin nur fünf Zeilen, hat der Herr Kostelka gesagt, mehr ist es ja ohnehin nicht! Wissen Sie, Herr Kostelka, was in fünf Zeilen alles stehen kann? Das kann eine Verhandlung gänzlich kippen, das kann das totale Gegenteil von dem sein, was zuerst drinstand.

Es hat ja heute für ein Mitglied eines Ausschusses, für einen Parlamentarier gar keinen Sinn mehr, Regierungsvorlagen zu lesen. Da ist es doch gleich besser, man wartet, bis die Ausschüsse beginnen, darauf, daß 5 Minuten nach Beginn der Ausschußsitzung die üblichen zehn bis 20 Seiten Abänderungsantrag hineinkommen, was das, was Sie in der Regierung beschlossen haben, völlig verändert. – So geschehen in vielen, vielen hundert Verhandlungen. Und Herr Höchtl kommt heraus und schießt staatstragende Nebelgranaten, um von seinem eigenen Unvermögen abzulenken.

Meine Damen und Herren! Diese Debatte heute könnte ein Umdenken hervorrufen und zu einem Weg zurück zur parlamentarischen Demokratie in Österreich führen und nicht zu einem


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Neokooperatismus, in dem das Parlament eine Abstimmungsmaschine ist. Ich bedaure das! (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Daher ist die Debatte geschlossen.

Es ist nunmehr über die Einwendungen abzustimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen, das heißt, die dafür eintreten wollen, daß der 2. Punkt der Tagesordnung, nämlich der Bericht des Finanzausschusses betreffend das 1. Budgetbegleitgesetz 1997, von der Tagesordnung abgesetzt wird, ein diesbezügliches Zeichen zu geben. – Das ist die Minderheit.

Damit bleibt es zunächst bei der ausgegebenen Tagesordnung. Ich sage "zunächst" deshalb, weil nach der Aktuellen Stunde, vor Eingang in die Tagesordnung, noch darüber abzustimmen sein wird, ob von der Auflagefrist mit Zweidrittelmehrheit Abstand genommen wird. Das ist die Voraussetzung dafür, daß dieser Punkt dann endgültig in Verhandlung genommen werden kann.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen jetzt zur Aktuellen Stunde. Sie hat das Thema:

"Zukunftsorientierte Politik für unsere Familien"

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Rosemarie Bauer vor. Frau Abgeordnete Bauer hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte sehr.

10.09

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich hoffe, daß sich alle Emotionen, die hier aufgetreten sind, im positiven Sinne bündeln und sich alle nun dem Thema Familie zuwenden.

Wir haben als Österreichische Volkspartei diese Aktuelle Stunde beantragt, weil wir es für wichtig halten, den Wert der Familie in unserer Gesellschaft und im besonderen die Familienförderung zu diskutieren und zukünftige Weichenstellungen mit zu beraten. (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Familienpolitik war stets ein wichtiger, ja der wichtigste Teil unserer Politik. Wir haben die Familienpolitik immer als selbständigen Teil der Politik gesehen und nie als Teil der Sozialpolitik. Das bringt wesentliche Unterschiede.

Zwei Dinge waren es, gegen die wir schon jahrelang kämpfen, zum ersten gegen die Tatsache, daß in unserer Steuergesetzgebung das Existenzminimum unserer Kinder, das wir ansonsten jedem Erwachsenen zubilligen, nicht berücksichtigt wird. Das heißt, der Staat hat bei der Besteuerung der Einkommen nie darauf Bezug genommen, wie viele Menschen tatsächlich von diesem Einkommen leben müssen. Wir empfanden das immer als eklatante Ungerechtigkeit und haben daher die Freistellung des Existenzminimums der Kinder vehement gefordert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Der Spruch des Verfassungsgerichtshofes gibt uns recht.

Ich meine, daß sich das Thema Familie nicht unbedingt für eine Diskussion eignet, in der man zwischen Arm und Reich Neid und Haßgefühle schürt, sondern ich bin der Ansicht, daß man sich ansehen muß, welche Auswirkungen die österreichische Familienpolitik, die nach OECD-Angaben hervorragend funktioniert, tatsächlich hat. Hier muß man sagen – damit komme ich zum Punkt Familienförderung –, daß diese natürlich durch Transferleistungen, Sachleistungen und auch Auswirkungen der Sozialgesetzgebung sehr wohl deshalb vertikal wirkt, weil unterschiedlich gefördert wird.


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Eine wesentliche Forderung in diesem Bereich war von uns aus immer, daß man Familien mit mehreren Kindern unterschiedlich fördert, damit auch jedes Kind gleich viel wert ist. (Beifall bei der ÖVP.) Es gibt sowohl in der aktuellen Diskussion als auch in der öffentlichen Meinung eine Fehlmeinung dahin gehend, wer denn tatsächlich die meisten Kinder hat.

Ich habe hier eine Schautafel (die Rednerin stellt eine Schautafel mit der Überschrift "Anzahl der Kinder in der jeweiligen Einkommenskategorie" auf das Rednerpult) , aus der hervorgeht, daß in jener Bevölkerungsgruppe, die dem untersten Einkommensdrittel zuzurechnen ist, die meisten Kinder angesiedelt sind, in jener, die im mittleren Einkommensdrittel liegt, eher die Zweikinderfamilien und im obersten Einkommensbereich die Einkindfamilien. (Abg. Mag. Stadler: Haben Sie auch ein Taferl? Früher haben Sie es angefeindet!) Natürlich, warum denn nicht?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber all jenen, die sich in letzter Zeit sehr aktiv mit Aussendungen hinsichtlich Familienpolitik, auch im Hinblick auf das Thema Arm und Reich, beschäftigt haben, empfehlen, die Wifo-Studie zu lesen, die genau zeigt, wie es tatsächlich im Bereich der vertikalen Umverteilung aussieht und wie die FLAF-Mittel eingesetzt werden. Ich darf kurz wieder das oberste, das mittlere und das unterste Einkommensdrittel zeigen. Das unterste Einkommensdrittel beim Finanzierungsaufkommen des Familienlastenausgleichsfonds bringt etwa 15 Prozent ein, erhält dafür aber 40 Prozent. Das mittlere Drittel zahlt 30 Prozent ein und bekommt 34 Prozent, ist also auch noch Gewinner. Die sogenannten Reichen – wie manche sie bezeichnen –, nämlich das oberste Drittel, zahlt 45 Prozent in den Familienlastenausgleich ein und erhält Leistungen von nur 26 Prozent zurück. Hier sehen wir, daß es sehr wohl einen sozialen Ausgleich bei den Familienförderungen gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Familienförderung ist aber nicht allein die Förderung des Bundes. Ich möchte an dieser Stelle auch jenen herzlich danken – vor allem den Ländern und den Gemeinden –, die sich sehr aktiv und einfallsreich, manchmal auch sehr finanzkräftig für die Familien einsetzen und Mittel aufbringen, um die Familien noch zusätzlich zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt, daß es zwei Punkte der Ungerechtigkeit gibt, gegen die wir angekämpft haben. Der zweite Punkt in meinen Ausführungen ist seit dem Jahre 1993 im Ansatz beseitigt. Es erschien uns immer ungerecht, daß vor allem jene Frauen, die sich der Kindererziehung widmen, die mehrere Kinder großziehen – wenn wir davon ausgehen, und das tun wir, daß Kinder keine Privatsache sind – und somit für den Staat und für unser Pensionssystem – das aktuelle Thema – etwas leisten, nach dem bisherigen System im Alter keine Versorgung haben. Das heißt, jene, die am meisten für das Pensionssystem geleistet haben, haben von diesem keine tatsächliche Alterssicherung erhalten.

Mit der Anrechnung der Kindererziehungszeiten ist es uns gelungen, einen Meilenstein zu setzen, der natürlich auch dieses Unrecht beseitigt. Die ÖVP-Frauen und die gesamte Fraktion waren schon immer der Meinung, daß diese erste Maßnahme aus dem Jahre 1993 natürlich noch aufgestockt werden muß, das heißt, die Bemessungsgrundlage erhöht werden muß. Das werden wir am Freitag beschließen. Ich freue und bedanke mich bei allen, daß es nunmehr gelungen ist, diese Bemessungsgrundlage für die Kindererziehungszeiten auf den Ausgleichszulagenrichtsatz anzuheben und damit, was besonders wichtig ist, zu valorisieren, sodaß wir zumindest einmal kräftiger und deutlicher ein Dankeschön all jenen Frauen, die Kinder erziehen, sagen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn im Grunde genommen kann man ganz deutlich ablesen, daß jene Frauen, die Kinder erziehen, selbst wenn sie Anspruch auf eine eigene Pension haben – viele haben keinen gehabt, weil sie zugunsten der Familie überhaupt auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet haben –, in ihrem Erwerbsleben natürlich eingeschränkt sind, unter der Berücksichtigung, daß sie Familienpflichten haben. (Die Rednerin stellt eine andere Schautafel mit der Überschrift "Mehr Kinder, weniger Pension" auf das Rednerpult.) Wir können sehr deutlich sehen, daß mit Zunahme der Zahl der Kinder die Pensionen sozusagen in den Keller rutschen. Hier ist uns ein Ausgleich gelungen. Das war der zweite Punkt, wo wir für Gerechtigkeit sorgen wollten.


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Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Familienpolitik ist ein Bündel und ein breitgefächertes Angebot von Maßnahmen, das unsere Familien brauchen. Ich möchte daher auch die neue Rolle der Frau ansprechen, die Veränderungen im Bereich der Familie gebracht hat. Eine qualifizierte und flexible Kinderbetreuung, damit unsere jungen Eltern, vor allem Frauen, Familie und Beruf verbinden können, flexiblere Arbeitszeiten – nicht nur Teilzeit –, familienfreundliche Einrichtungen in den Betrieben, der Wiedereinstieg in das Berufsleben – ein ganz gravierender Punkt für Frauen, da der Ausstieg aus dem Berufsleben oft das Aus für die gesamte Lebensplanung bedeutet – sind nach wie vor dringend zu lösende Probleme.

Trotz vorgeschrittener Zeit möchte ich noch ein Thema ansprechen. Jeder Mensch braucht die Familie speziell in zwei Phasen, nämlich in der Kindheit und im Alter. Und wir wünschen jedem Menschen, daß sie vor allem in diesen Phasen für ihn auch zur Verfügung steht. Die Familie soll die Zelle der Geborgenheit, der Liebe und der Annahme sein, soll der Ort sein, an dem man sich wirklich erholen und zurückziehen kann. (Beifall bei der ÖVP.) Daher ist es unser innigstes Gebot, für eine möglichst intakte und gute Familienpolitik zu sorgen.

Wir können nur Rahmenbedingungen dafür schaffen, daß die Familien wirklich selbst die Möglichkeit haben, ihr Leben mit Kindern so zu gestalten, wie sie es sich vorstellen. Ich meine, wir müssen daher mit aller Kraft und alle gemeinsam für diese Familien eintreten. Unsere beste Investition – das Wort "Zukunft" wird in den nächsten Tagen noch sehr oft strapaziert werden – in die Zukunft ist die Investition in die Familien und in die Kinder. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Thema gelangt nunmehr der Herr Bundesminister zu Wort. Die Redezeit soll gleichfalls 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

10.20

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr verehrter Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Familien stellen einen Wert dar. – Auch das hat der Verfassungsgerichtshof gesagt. Familien haben auch dem Staat etwas wert zu sein. Natürlich sind uns unsere Familien etwas wert, genauso wie sie für unsere Gesellschaft einen unverzichtbaren Wert darstellen.

Lassen Sie mich eingangs sagen, daß Österreichs Familienförderung in Form der Transferleistungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds in Höhe von 55 Milliarden Schilling pro Jahr plus beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung und anderes mehr einen beachtlichen Erfolg in der Familienförderung darstellt und auch international herzeigbar ist.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was Frau Abgeordnete Bauer unter anderem mit der Grafik aus der Wifo-Studie des Herrn Guger hier dem Hohen Hause darzustellen versucht hat, bedeutet, daß in den letzten Jahren ein wenig Sand ins Getriebe gekommen ist, daß leider Gottes Familien gerade dann, wenn die Zahl der Kinder höher ist, tendenziell einem höheren Risiko unterliegen, an oder unter die Armutsgrenze zu rutschen.

Ich muß Ihnen sagen, daß eine Alleinverdienerfamilie mit zwei Kindern schon mit einem Risiko von 26 Prozent, das heißt, das ist mehr als jede vierte Alleinverdienerfamilie mit zwei Kindern, an oder unter der Armutsgrenze liegt; und mit drei Kindern steigt dieses Risiko und betrifft schon fast jede zweite Familie. Das ist nicht gut. Das ist ein Umstand, der uns familienpolitisch Sorgen machen muß, ein Umstand, dem wir abhelfen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn nun der Verfassungsgerichtshof in seinem letzten Erkenntnis nicht mehr und nicht weniger sagt, als daß das, was unsere Familien an Unterhaltsleistungen für ihre Kinder zu erbringen haben – also einige tausend Schilling pro Monat –, steuerfrei zu stellen ist, daß der Finanzminister und der Staat mit Lohn- und Einkommensteuer darauf nicht zuzugreifen haben, dann gibt uns – der Regierung und dem Hohen Hause – dies Gelegenheit, für die Familien etwas zu tun, die Familien steuerlich zu entlasten, einen aktiven und positiven Akzent in der Familienpolitik zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Es war auch absehbar, daß der Verfassungsgerichtshof, also die obersten Hüter unserer Verfassung, in diese Richtung urteilen würde. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist nicht wahr!) Schon der sogenannte Unterbrechungsbeschluß im Juni 1996 hat eindeutig in diese Richtung gewiesen. Frau Abgeordnete Schmidt! Auch Sie werden diesen Unterbrechungsbeschluß vermutlich kennen. Daher habe ich schon frühzeitig, nämlich im Herbst des Jahres 1996 – also vor einem Jahr –, ein Modell vorgestellt, das diese Unterhaltsverpflichtungen der Familien steuerfrei stellen sollte. Wir haben gesagt, daß das steuerfreie Existenzminimum zu gewährleisten ist; 4 800 S netto für jedes Kind bar auf die Hand. (Abg. Dr. Haselsteiner: Auch für Ihre und für meine!) Dieses Modell sollte das bewerkstelligen; und das geht in die Richtung der Ansicht der Verfassungsrichter. (Beifall bei der ÖVP.)

Nein, Herr Abgeordneter Haselsteiner! Sie brauchen das nicht, ich brauche das nicht. Die meisten hier in diesem Hohen Hause brauchen das auch nicht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wieso tun Sie es dann?) Aber jetzt unterhalten wir uns doch einmal ganz kurz über den von Ihnen und auch von anderen in diesem Hohen Hause immer wieder zitierten Ausspruch: Der Verfassungsgerichtshof will die Reichen reicher machen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Im Ergebnis!)

Zum ersten: Ich akzeptiere die geäußerte Kritik an den Verfassungsrichtern in der Tonart, in der sie geäußert wurde, nicht. Es wurde von Frechheit gesprochen. (Beifall bei der ÖVP.) Das waren nicht Sie (Abg. Mag. Stadler: Der Koalitionspartner! Nennen Sie ihn doch! Der Koalitionspartner war es!) , sondern das waren Vertreter einer anderen Fraktion. Wenn hier von Frechheit, von Politjustiz und davon gesprochen wurde, daß die Verfassungsrichter gewissermaßen in die eigene Tasche urteilen würden, dann meine ich, daß das höchst verzichtbare und überflüssige Bemerkungen waren. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Haselsteiner! Wenn es darum geht, ob dieses Erkenntnis die Reichen reicher macht, dann meine ich, daß das gerade nicht gesagt wird. Ich nehme an, Sie haben das Erkenntnis gelesen. Der Verfassungsgerichtshof sagt ausdrücklich, daß Familien, deren Einkommen deutlich unter der sozialversicherungsrechtlichen Höchstbemessungsgrundlage liegt, die also deutlich weniger als 40 800 S im Monat, sagen wir 30 000 S, verdienen, steuerlich zu entlasten sind. Das sind aus Ihrer Sicht, Herr Abgeordneter Haselsteiner, die reichen Familien in diesen Land? – Nein, das sind die Mittelstandsfamilien. Um diese geht es, sie müssen entlastet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Soziale Staffelung von Transferleistungen klingt so schön. Familien mit einem Bruttoeinkommen von 30 000 S und zwei Kindern im Alter zwischen 10 und 19 Jahren, die vielleicht in eine Hauptschule oder allgemeinbildende höhere Schule gehen, erhalten etwa 20 000 S netto im Monat. Diese Familien bekommen im Monat rund 3 800 S Familientransferleistung bestehend aus Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Diese 3 800 S, also fast 20 Prozent des Nettoeinkommens dieser Familie, wollen Sie über eine soziale Staffelung diesen Familien wegnehmen? – Dazu sage ich ein klares Nein. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber im Gegenteil, Herr Minister! – Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Das ist nicht seriös, was Sie hier sagen! Sie sprechen wider besseres Wissen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer immer von sozialer Staffelung spricht, möge das im Auge behalten, denn es kann nicht darum gehen, nur einigen wenigen Supermillionären diese Transferleistung nicht zugute kommen zu lassen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das machen Sie!) Wenn Sie davon sprechen, dann sprechen Sie vom Mittelstand. Dann geht es genau um jene Familien, für die ich gerade ein Beispiel gebracht habe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt jetzt an uns, in den nächsten Monaten dieses Erkenntnis zur Kenntnis zu nehmen und zum Anlaß zu nehmen, ihm zu entsprechen. (Abg. Dr. Schmidt: An uns liegt es, nicht an Ihnen! Es liegt am Parlament, nicht an der Regierung!) Na selbstverständlich! Was werden wird denn anderes tun, als dem Erkenntnis der Verfassungsrichter zu entsprechen? Die Bundesregierung wird mit einer Arbeitsgruppe bis Februar eine Lösung erarbeiten, um mehr Steuergerechtigkeit walten zu lassen. Was sagen uns denn die Verfassungsrichter? – Österreichs Familien haben Jahr für Jahr in den letzten Jahren zu viel Steuer bezahlt. Es geht nicht um neue Steuergeschenke, um neue Transferleistungen. Es geht


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lediglich darum, den Familien das, was sie bisher zu viel an Steuern bezahlt haben – vermutlich etwa 10 Milliarden pro Jahr –, in Zukunft nicht mehr wegzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Schmidt! Das Erkenntnis der Verfassungsrichter geht also nicht in Richtung der Superreichen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber auch!) Auch Arbeiterkammer und ÖGB sehen das völlig verkehrt. Wenn man den Gedanken folgte, dann wäre, so meine ich, die Familienbeihilfe eben nichts anderes als ein steuerlicher Absetzbetrag. (Abg. Dr. Haselsteiner: Nicht nur, aber auch!) Lassen Sie mich das weiterspinnen: Österreichs Familien würden ihre Familientransferleistungen für nichts anderes aufwenden als dafür, daß in Zukunft der Finanzminister weiterhin verfassungskonform mit Hilfe der Lohnsteuer oder der Einkommensteuer auf die Unterhaltsleistungen der Familien zugreifen könnte. – Das kann es doch nicht sein. Die Familienbeihilfe ist ganz sicher keine Steuerleistung und kein Steueräquivalent, sondern selbstverständlich ein Einkommensäquivalent. (Beifall bei der ÖVP.)

Für uns ist jedes Kind gleich viel wert. Die Lösung, die diese Arbeitsgruppe bis Februar der Regierung und im Anschluß auch mittels des Budgets 1999 dem Hohen Hause vorlegen wird, wird daher für jedes Kind in Österreich eine identische Leistung vorsehen, zumindest werde ich das vorschlagen. Was die Mittelstandsfamilien betrifft, werden wir den Verfassungsrichtern selbstverständlich entsprechen und diesen eine steuerliche Entlastung bringen. Wir werden dieselben steuerlichen Entlastungen gerade auch für Kinder von einkommensschwachen Familien aufzubringen haben, weil das familienpolitisch wichtig ist, weil das diejenigen Familien sind, die eben an oder unter der Armutsgrenze liegen, nämlich die Mehrkinderfamilien, die Alleinerzieher- und Alleinerhalterfamilien.

Bei diesen ist es familienpolitisch wichtig, daß man das tut, was man aus verfassungsrechtlichen Gründen auch für die mittelständischen Familien tut, damit in unserem Lande etwas mehr Gerechtigkeit gegenüber den Familien herrscht (Beifall des Abg. Dr. Khol ) , Gerechtigkeit in dem Sinne, daß zwischen jenen, die keine Kinder haben, und jenen, die Kinder haben, neben all der Freude und all dem Schönen bei den Belastungen etwas mehr an Gerechtigkeit, an horizontaler Verteilungsgerechtigkeit hergestellt wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeiten aller weiteren Redner in der Aktuellen Stunde betragen 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser. – Bitte.

10.30

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die hierzulande gepflogene Praxis, Familien- und Frauenpolitik auseinanderzudividieren, führt zu großen Vorurteilen und zu Berührungsängsten. So darf es uns auch nicht wundern, wenn im Vorfeld von Studien und Urteilen Vorurteile und Abqualifizierungen stattfinden. Streckenweise hat die Familienpolitik wirklich den Charme souveräner Hilflosigkeit. Das wurde aber nun mit dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes, mit dem, was unser Bundesminister bereits im Jänner vorgelegt hat, aber auch mit der Tiroler Familienpolitik, derzufolge Familien mit Kindern zwischen dem 18. und dem 24. Lebensmonat sowie mit Schulkindern pro Jahr und pro Kind entsprechend unterstützt werden sollen, vorbildlich kundgetan. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. )

Ich möchte des weiteren das Salzburger Kleinkinderbetreuungsmodell und selbstverständlich die Förderung der Familien in Ober- und Niederösterreich erwähnen. Dank sei den Ländern, Dank auch den Gemeinden! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner.  – Abg. Wabl, eine Ausgabe des "WirtschaftsBlattes" hochhaltend: Dem Krenn müssen Sie auch noch danken wegen der Feiertage!)

Ich lasse mir nun das Wort Gerechtigkeit für Familien auf der Zunge zergehen. Für Leihbibliothekleser, wie unser Klubobmann immer wieder zu sagen pflegt, vereinfacht dargestellt: Unterhaltspflichtige Eltern zahlen im Vergleich zu Kinderlosen zuviel Steuern, und einige Politiker haben Probleme damit. (Beifall bei der ÖVP.)


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Uns Familienpolitikern der ÖVP ist also per Bescheid bestätigt worden, was wir schon lange wußten: Verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsätze werden verletzt (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner ) , wenn die Ausgaben der Eltern für den Unterhalt ihrer Kinder auch noch versteuert werden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Haselsteiner und Dr. Khol. ) Die Leistungsfähigkeit von Familien darf nicht mit Familienförderung verwechselt werden.

Der Spruch lautet also, daß zumindest die Hälfte jener Einkommensteile, die zur Bestreitung der Unterhaltspflicht für die Kinder erforderlich sind, steuerfrei bleiben müssen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Warum denn die Hälfte, warum denn nicht 70 Prozent oder drei Viertel? – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Fekter und Rosemarie Bauer.  – Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist wie in einem Basar! Sozialpartnerkompromiß!) Kinder sind eben keine Sache privater Lebensgestaltung oder gar des persönlichen Risikos, sondern Geschenke an die Gesellschaft.

Die Unterhaltszahlungen werden dabei auch bei höheren Einkommen nicht zur Gänze, sondern nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag, der nach der von den Zivilgerichten angewendeten Methode der Unterhaltsbemessung nach der Prozentsatzkomponente ermittelt wird, berücksichtigt und unterliegen außerdem der steuerlichen Progression. (Abg. Dr. Fekter: Familienstiftung! Dann sind wir geschützt!)

In vielen Fällen werden also die Unterhaltszahlungen nur zu einem geringeren Teil steuerlich entlastet werden, und zwar keineswegs nur bei höheren Einkommen, sondern auch bei solchen, die erheblich unter der sozialversicherungsrechtlichen Höchstbemessungsgrundlage liegen. Pragmatisch heißt das, wer Kinder hat, muß einen Teil seines Einkommens für den Unterhalt seiner Kinder verwenden. Diese Beträge stehen dem Steuerpflichtigen somit gar nicht zur Verfügung und mindern seine Leistungsfähigkeit. Er muß dafür Einkommensteuer zahlen, und zwar in der vollen, dem progressiven Tarif entsprechenden Höhe.

Unterhaltspflichtige und nicht unterhaltspflichtige Personen werden auf diese Weise gleich behandelt, obwohl sie sich in ihrer Leistungsfähigkeit wesentlich voneinander unterscheiden. Familienbeihilfe und Absetzbeträge gleichen diese Mehrbelastung der Unterhaltspflichtigen nicht aus, da ihnen der Staat durch die Einkommensteuer in vielen Fällen mehr wegnimmt, als er ihnen in Form von Transferleistungen zurückgibt. Das Außerachtlassen der Unterhaltslast bewirkt nun einmal eine vergleichsweise höhere Belastung unterhaltspflichtiger Eltern.

Angesichts der Tatsache, daß unsere Familien allein in den letzten fünf Jahren zirka 50 Milliarden Schilling zuviel Steuern abgeführt haben, habe ich keine Bauchschmerzen, wenn eine verfassungskonforme Neuregelung der Familiensteuer ab 1.1.1999 unseren Familien Gerechtigkeit und damit zirka 10 Milliarden Schilling bringt. (Beifall bei der ÖVP.)

10.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Wabl: Für die große Sozialdemokratie, nun Ihr Plädoyer!)

10.35

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die einzige Frage, die in den letzten Wochen die familienpolitische Diskussion beherrschte, war, in welchem Ausmaß und in welcher Form Kinder steuerliche Absetzposten sind.

Herr Minister! Ich stimme Ihnen darin zu, daß wir das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zur Kenntnis nehmen und an Lösungen arbeiten müssen. – Das Interessante ist nur, daß ein und dasselbe Erkenntnis bei jedem Leser, wahrscheinlich je nach Blickwinkel, zu anderen Ergebnissen führt und jedem andere Lösungen vorschweben.

Ich bin ganz begeistert, wenn Frau Bauer sagt, jedes Kind sei der ÖVP gleich viel wert, denn es erinnert mich daran, daß die SPÖ, als sie diesen Satz in den siebziger Jahren geprägt hat, immer auf heftigen Widerstand in der ÖVP gestoßen ist. Wir haben uns das genau überlegt und auch bei der Staffelung der Absetzbeträge immer gesagt, ganz so stimmt der Satz nun leider nicht mehr, obwohl uns gerade dies ein Anliegen ist. – Plötzlich hat ihn die ÖVP übernommen! Aber ich überlasse Ihnen den Satz und schließe mich gerne an. Soviel zum Satz, jedes Kind ist


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uns gleich viel wert. Wir unterstützen das. (Abg. Dr. Fekter: Sehr gut! Sehr gut!) Frau Fekter! Sie verkennen wie so oft die Situation! Der Satz stammt von der SPÖ. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wabl. )

Herr Minister! Frau Bauer! Noch ein Wort zu Ihrer Aussage, daß man einen Verfassungsrichter nicht kritisieren solle, das sei unrecht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Fekter und Wabl. ) Ich kritisiere nicht die Verfassungsrichter, aber ich zitiere "News", wo der Verfassungsrechtler Mayer, der unzweifelhaft eine anerkannte Größe im Verfassungsrecht ist, schlicht und einfach sagt, der Verfassungsgerichtshof habe sich politisch geäußert und damit den Spielraum überdehnt. Es sei eine politische Entscheidung! (Abg. Dr. Fekter: Wir kennen den Herrn Mayer! Das wissen wir!) Soviel zum Verfassungsgerichtshof. Ich empfehle Ihnen auch, den Artikel im "trend" zu lesen, wonach das Erkenntnis ein Skandal sei.

Wir Sozialdemokraten sehen Familienpolitik umfassender. Nach unserer Auffassung gehören dazu nämlich soziale, gesundheits- und bildungspolitische Aspekte, aber auch emanzipatorische Anliegen der Frauen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Frau Bauer! Soziale Aspekte bedeuten für uns nicht Sozialpolitik, sondern es muß der soziale Ansatz verstärkt werden. Familienpolitik können wir nicht allein auf die steuerliche Diskussion reduzieren. Wenn es um die Zukunft unserer Familien geht, müssen wir als verantwortliche Politiker einige Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, beantworten. Dazu gehört die Frage, ob die Interessen und die Rechte unserer Kinder in dieser Diskussion ausreichend berücksichtigt werden und ob diese Kinder nicht auch ein Recht auf qualifizierte Betreuung außerhalb der Familie haben. (Abg. Wabl: Selbstverständlich!) Denn es geht auch um pädagogische und bildungspolitische Ansätze (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums) und um die Frage, ob unsere jungen Menschen überhaupt in der Lage sind, eine Familie zu gründen.

Neben dem finanziellen Aspekt stellt sich dabei auch die Frage nach der Lebensgestaltung und den Rahmenbedingungen, die wir ihnen schaffen, etwa ob Wohnraum zu erschwinglichen Preisen angeschafft werden kann (Zwischenruf der Abg. Haller ) oder ob Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen sind.

Weiters müssen wir auf die Frage, wie wir die Situation der Frauen in der Arbeitswelt verbessern können, Antworten finden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich nenne nur den Grundsatz "Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit". Auch ungleicher Lohn hat Folgen (Abg. Steibl: Die Sozialministerin kann da aktiv werden!) , die Arbeitszeiten haben Folgen, der berufliche Wiedereinstieg der Frauen. Sind Sie damit nicht einverstanden?

Auch die Bildungspolitik ist ein Bestandteil der Familienpolitik. Wir haben für Familienleistungen ein umfangreiches Instrumentarium, und wir liegen damit im internationalen Vergleich an der Spitze. Aber um die Zukunft der Familien sicherzustellen – und das Ziel ist das Gemeinsame, der Weg und die Überlegungen dazu sind vielleicht anders –, brauchen wir Hilfen für die Startphasen der Jungfamilien und eine Verstärkung des sozialen Elements, etwa einen Zuschlag zur Familienbeihilfe für Alleinerzieherinnen und Mehrkinderfamilien mit niedrigem Einkommen, die Gewährung von Sachleistungen, die Sicherstellung der Schülerfreifahrten und Schulbücher. (Abg. Wabl: Warum denn Schülerfreifahrt? Wo sind die Studentenfreifahrten? Wo sind die hin verschwunden?)

Wir müssen uns auch dessen bewußt sein, daß es gerade in den Bundesländern eine benachteiligte Gruppe von Schülern und Schülerinnen gibt, nämlich jene, die nicht am Schulort wohnhaft sind. Denen müssen wir wieder eine Heimfahrtbeihilfe gewähren. (Beifall bei der SPÖ.) Wir müssen die Kinderbetreuungsplätze weiter konsequent ausbauen.

Zur Familienpolitik gehört aber auch die Situation der älteren Menschen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!


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Abgeordnete Dr. Ilse Mertel
(fortsetzend): Vor allem benötigen wir eine Strukturreform und einen Familienlastenausgleich sowie eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis, das heißt den Umbau von der derzeitigen lohnsummenabhängigen Finanzierung zu einer wertschöpfungsbezogenen Abgabe. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident! Uns Sozialdemokraten geht es also nicht ausschließlich um die Korrektur eines oder mehrerer Steuergesetze, sondern darum, entscheidende Maßnahmen zu setzen, damit den Familien und vor allem den Kindern in Zukunft geholfen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Alles, wenn wir in der Regierung sind!)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Haller zu Wort. – Bitte sehr.

10.41

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nach der Märchenstunde der Frau Kollegin Bauer und auch der Frau Kollegin Moser wird es, glaube ich, an mir liegen (Abg. Rosemarie Bauer: Jessas, nein! – Abg. Wabl: Eine Sage zu erzählen? – Abg. Schwarzenberger: Krampustag!) , die Dinge im Bereich der österreichischen Familienpolitik ein bißchen ins rechte Licht zu rücken. (Abg. Rosemarie Bauer: Sie muß selber lachen!)

Der Aktuellen Stunde unter dem Titel "Zukunftsorientierte Familienpolitik" billige ich absolut Aktualität zu. Aber angesichts des scheinheiligen Aktionismus, mit dem die ÖVP an dieses Thema herangeht, mit Badges, mit einer Jungen ÖVP, die vor den Parlamentseingängen Folder verteilt, mit einer Tafel der Frau Kollegin Bauer, frage ich mich, ob die ÖVP nun in der Regierung ist oder nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: "Lobby für Kinder"!)

An und für sich sind das Mittel, die die Oppositionsparteien notwendig haben. Für mich zeigt dieser Aktionismus eigentlich nur das schlechte Gewissen der ÖVP und bestätigt, daß sie in der Familienpolitik versagt hat. Die Fakten sprechen alle dafür.

Ich erinnere daran, daß unter ÖVP-FamilienministerInnen Milliardenbeträge von Familiengeldern in fremde Töpfe geflossen sind. Durch Sparpakete – dafür haben Sie die Verantwortung, Herr Bundesminister – wurden die Familienleistungen um 20 Prozent gekürzt. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das stimmt doch nicht!) Natürlich stimmt das. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Rechnen Sie das vor!) Wir haben das bereits im Jahr 1996 dokumentiert. (Die Rednerin hält eine Ausgabe einer Publikation des freiheitlichen Parlamentsklubs in die Höhe. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Haben Sie auch einen Folder?) Dem ist nicht widersprochen worden.

Herr Bundesminister! Das Budget im Bereich Familie, das Sie für das Jahr 1998 vorgelegt haben, bestätigt genau diese 20prozentige Kürzung. Ich möchte mir das ein bißchen auf der Zunge zergehen lassen. Die Kürzung beziehungsweise das Einfrieren der Familienbeihilfen hat die Familien 5,2 Milliarden Schilling gekostet, das Einfrieren der Kinderabsetzbeträge 0,8 Milliarden, der Wegfall der Geburtenbeihilfe 1,25 Milliarden, die Reduzierung der Karenzzeit und das Einfrieren des Karenzgeldes 4 Milliarden, die Rückforderungen von den Vätern 0,6, die Selbstbehalte bei Schülerfreifahrten und Schulbüchern ... (Bundesminister Dr. Bartenstein: Sie können das nicht als Kürzung bezeichnen!) Ich weiß, Herr Familienminister, das ist sehr unangenehm für Sie. Das ist ein Wegfall von Leistungen, die die Familien früher gehabt und die Sie, ein ÖVP-Minister, ihnen weggenommen haben. Das können Sie doch nicht verheimlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Faktum ist auch, daß seit einem Jahr kein Familienausschuß mehr stattgefunden hat. Daran erkennt man, wie "ernst" Sie die Familienpolitik nehmen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Stimmt doch nicht!) Natürlich! Was ist denn aus Ihren vollmundigen Ankündigungen, etwa jener von der Bundessektenstelle, bisher geworden? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Es war doch einer im Frühjahr!) Nein, es war kein Familienausschuß.


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Es liegen seit November und Dezember vorigen Jahres vier freiheitliche Anträge vor, die im Familienausschuß nicht behandelt worden sind. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Aber es hat ein Ausschuß stattgefunden!) Nein! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Sie haben gesagt, es hat kein Ausschuß stattgefunden!) Es hat auch kein Ausschuß (Bundesminister Dr. Bartenstein: Na selbstverständlich!) zur Reparatur der Schulbücher oder zur Bundessektenstelle, die Sie so vollmundig angekündigt haben, stattgefunden. (Abg. Dr. Maitz: Die kennt sich nicht aus!)

Zur Familienbesteuerung: Die ÖVP tut so, als ob das neue Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein Verdienst der ÖVP wäre. (Abg. Rosemarie Bauer: Nein! Das sagen wir nicht!) Ich sage Ihnen, daß genau das Gegenteil der Fall ist. Die ÖVP, Sie alle, meine Damen und Herren, wie Sie hier sitzen, haben sich der langjährigen Mittäterschaft schuldig gemacht. (Abg. Dr. Höchtl: Nicht die Unwahrheit sagen!) Sie haben es verschuldet, daß die österreichischen Steuergesetze Kinderlose bevorzugt haben und der Mindestunterhalt für Kinder nicht steuerfrei gestellt worden ist. Sie können versuchen, das zu beschönigen, wie Sie wollen.

Herr Klubobmann Khol! Wenn Sie in einem Artikel vom "Standard" bestätigen, daß das Reparaturgesetz nach dem ersten Verfassungsgerichtshoferkenntnis offenkundig verfassungswidrig war und jeder Experte das gewußt hat, dann frage ich mich: Haben Ihre Abgeordneten, Ihr Staatssekretär Ditz, Ihre ehemalige Familienministerin Feldgrill-Zankel und auch die Kollegin Bauer, die heute hier sitzt, damals, als die Reparatur zur Debatte stand, die Unwahrheit gesagt? Sie alle haben damals steif und fest behauptet, das Reparaturgesetz sei verfassungskonform.

Herr Klubobmann Khol!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Edith Haller (fortsetzend) : Ich bin dabei. Herr Klubobmann Khol! (Abg. Dr. Khol: Was war da?) Sie haben sich damit außerhalb des Verfassungsbogens begeben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Das kann gar nicht sein! Er ist der Verfassungsbogen!)

Seit dem vergangenen Jahr liegt ein ÖVP-Modell vor, um dieses Verfassungsproblem auf möglichst billige Art und Weise zu lösen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit gilt für alle!

Abgeordnete Edith Haller (fortsetzend) : Ja, ich bin beim Schlußsatz. Er ist ein bißchen länger. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Das ist ein Schachtelsatz! – Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. ) Ich kann Ihnen nun etwas anbieten, Herr Klubobmann Khol! Sie werden uns Freiheitliche dabei haben, wenn Sie eine verfassungskonforme Lösung vornehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet, Frau Abgeordnete. Es tut mir leid.

Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Abgeordneter Dr. Schmidt. Redezeit 5 Minuten. – Bitte sehr.

10.47

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Minister! Sie wissen, daß die Liberalen seit langem ein Transfermodell, in dem es um Familienförderung geht und wo unser Verständnis von Familienförderung festgehalten ist, ausgearbeitet haben. Es wurde bislang von allen anderen Fraktionen dieses Hauses nicht einmal diskutiert. Ich hoffe, wir werden nun aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs Gelegenheit haben, uns im Detail zu verständigen.

Daher werden wir die Gelegenheit benützen, einen Dringlichen Antrag an den Bundeskanzler einzubringen – wir werden das allerdings nicht heute, sondern erst morgen tun –, um auf diese Weise endlich wieder zu einer Parlamentarisierung der Politik zu kommen, indem wir die Fragen "Was kann überhaupt Familienpolitik sein? Was soll Familienförderung sein?" hier im Parlament beraten. Wir wollen uns sachdienlich damit auseinandersetzen.


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Es ist zwar ganz lustig, irgendwelche Zeichen äußerlicher Art zu setzen, wie das die ÖVP heute getan hat. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sie der Zukunftsorientierung im Begriff "zukunftsorientierte Familienpolitik", den Sie heute als Thema für die Aktuelle Stunde gewählt haben, mit Ihren Wortmeldungen nicht gerecht worden sind.

Ich glaube nämlich, daß Ihre Familienpolitik, wie aus Ihren Worten heute zu hören war, ein kräftiger Rückschritt sein wird. Es erscheint mir notwendig, das in einer parlamentarischen Debatte durch den Austausch von Argumenten klarzustellen. Ich sage das deshalb, weil die Abgeordnete Bauer acht ihrer zehn Minuten zunächst dafür verwendet hat, nur über die finanzielle Ausgestaltung der Familienpolitik zu reden, und gerade noch knappe zwei Minuten dafür Zeit gefunden hat, auch andere Aspekte einzubringen.

Ich sage das auch deshalb, weil Abgeordnete Bauer deutlich, aber noch deutlicher dann Kollegin Moser, davon gesprochen hat, daß Kinder eben keine Privatsache, sondern eine Angelegenheit des öffentlichen Interesses seien. Das ist bemerkenswert für eine Partei, die immer von Eigenverantwortung, von Privatsphäre und von weniger Staat spricht. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das sagt der Verfassungsgerichtshof!) Sie hat das selbst auch gesagt. Zum Verfassungsgerichtshof komme ich schon noch. Es ist bemerkenswert, welche Geisteshaltung der Volkspartei darin zum Ausdruck kommt.

Diese Geisteshaltung wird durch die Worte der Kollegin Moser auf eine Weise unterstrichen, wie sie offener nicht hätte sein können. Von diesem Rednerpult aus sagt sie, Kinder seien keine Angelegenheit der privaten Gestaltung des Lebens, sondern ein Geschenk an die Gesellschaft.

Das erinnert mich – ich glaube, dort könnten wir es wortgleich finden – an die "Mutterkreuz"-Politik der Vergangenheit. Genau das ist die Geisteshaltung, die dahintersteht. Ihr zufolge geht es nicht darum, daß der Staat dafür Sorge zu tragen hat, daß private Lebensgestaltung möglich wird, sondern darum, daß man die Aufgaben der Familie zu staatlichen Aufgaben erklärt.

Dazu möchte ich gerne Gerhard Marschall zitieren, da er das auf den Punkt gebracht hat, sodaß ich mich ihm inhaltlich anschließen möchte. Er stellt nämlich die Frage: "Was geht den Staat überhaupt die Familie an? Sie hat, bei aller gesellschaftlicher Bedeutung, immer eines zu bleiben: Privatsphäre." Das sei der ÖVP ins Stammbuch geschrieben. (Abg. Rosemarie Bauer: Da gibt es keinen Widerspruch!) "Ein Staat, der Familie allzusehr in die Pflicht nimmt, um nicht zu sagen: für seine Zwecke mißbraucht, ist kein guter, sondern ein berechnender, zynischer Staat." – Soweit die "Oberösterreichischen Nachrichten".

Ich schließe mich dem an, weil ich das Gefühl habe, daß die ÖVP mit der Gesetzeslage die Gesellschaft anpassen will, eine, die sie vorgibt und die sie nicht sich frei entwickeln läßt. Mein Staats- und Politikverständnis ist so, daß die Politik den Bedürfnissen der Bevölkerung zu folgen hat, nicht aber, daß wir die Bevölkerung zurechtschnitzen, so wie Sie das gerne wollen und wie auch der Verfassungsgerichtshof offensichtlich die Gelegenheit ergriffen hat, aus diesem Anlaß seine familienpolitischen Vorstellungen detailliert in ein Erkenntnis zu fassen.

Ich halte das für eine klare Grenzüberschreitung des Verfassungsgerichtshofes. Der Verfassungsgerichtshof hat zu kontrollieren und nicht gestaltend einzugreifen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Fekter: Nur weil Ihnen die Kontrolle nicht paßt!) Wenn der Verfassungsgerichtshof sagt, daß 50 Prozent des für die Unterhaltsleistung benötigten Einkommens steuerfrei bleiben sollen, dann ist das eine gestaltende Aussage, die dem Verfassungsgerichtshof nicht zusteht. Dies ist einzig Sache des Parlaments, und daher müssen wir hier darüber diskutieren. (Abg. Dr. Fekter: Das stimmt doch nicht! – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Ich füge weiters hinzu: Ich denke – so wie Sie es sagen, Frau Kollegin Bauer –, daß das gegeneinander Ausspielen von Arm und Reich weder in der Familienpolitik noch sonstwo Platz haben sollte. Das ist ein Übel. (Beifall beim Liberalen Forum.) Aber wenn wir in der Familienpolitik wollen, daß Selbstgestaltung in der Familie tatsächlich geschehen kann, dann müssen wir diejenigen unterstützen, die es brauchen, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz!


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Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt
(fortsetzend): ... und dürfen nicht – wie Sie es wollen – mit der Gießkanne jedem das geben, von dem Sie glauben, daß es Ihren Ideologien nützt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

10.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Minister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Familienpolitik ist zugegebenermaßen ein sehr schwieriges Feld. (Abg. Dr. Fekter: Wie viele Kinder haben Sie? – Abg. Wabl: Zwei! Und wie viele haben Sie?) Sie ist ein Minenfeld, in dem es wirklich viele Probleme gibt, und einige davon sind in der bisherigen Debatte schon zum Vorschein gekommen.

Die Familienpolitik ist der Bereich, in dem nicht nur bis zum Erbrechen Süßholz geraspelt und zum Wohle der Familien das Weihrauchgefäß geschwungen wird, sondern in dem auch gleichzeitig – ich habe das in der bisherigen Debatte wirklich vermißt – niemand sagt, welche Probleme Kinder – sie nenne ich zuerst – und Familien in diesem Land haben. Dabei geht es beileibe nicht nur um die materielle Absicherung und Versorgung. Zwar geht es selbstverständlich auch darum, aber es geht auch in diesem Land um die hohen Scheidungsraten. Denn das ist die Realität dieser Familien, Frau Abgeordnete Bauer!

Wenn man etwas tiefer in die Materie eindringt und sich diese hohen Scheidungsraten ansieht, dann merkt man, daß die Leute an den Anforderungen zerbrechen, denen sie aufgrund ihrer Arbeitswelt, aufgrund der Gesellschaft und der Anforderungen im Zusammenleben mit Partnern und Kindern unterworfen sind. Dort werden sie von der Politik allein gelassen. (Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Haselsteiner. )

Wo sind Sie denn mit Ihren Antworten, wenn es etwa darum geht, Arbeitszeiten so zu gestalten, daß sie auch eine lebbare Familie, eine lebbare Beziehung mit Partnern und Kindern ermöglichen? Wo sind Sie denn, wenn es um lebbare Zeiten für beide Partner geht, für Männer und für Frauen, sodaß die Kinder genug Freiraum haben, ihre Eltern in gemeinsam verbrachten Zeiten kennenzulernen? Wo sind Sie denn, wenn es etwa darum geht, daß der Herr Bischof Krenn – großzügig, wie er nun einmal ist – Feiertage zur Verfügung stellt?

Wir hatten in der Frage der Sonntagsarbeit ja schon eine Debatte, in der Sie die Antwort darauf verweigerten, daß es auch um soziale Zeiten geht, die Beziehungen erst lebbar machen können. Wo waren Sie während all dieser Debatten? Waren Sie bei den Familien oder bei den Kindern? (Zwischenruf der


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Abg. Rosemarie Bauer. ) Waren Sie bei denen, die Sie jetzt in der Debatte beschwören? – Jetzt kommen Sie mit schönen Flugblättern daher und sagen: Fördern Sie die Familie, entlasten Sie unsere Eltern, sorgen Sie für Steuergerechtigkeit – so, als ob das die Antwort auf die Probleme wäre, die ich Ihnen jetzt geschildert habe.

Wie haben Sie denn in den letzten Jahren die Familien gefördert? Haben Sie die Familien dadurch gefördert, daß Sie die Familienbeihilfe gekürzt haben? Haben Sie die Familien dadurch gefördert, daß Sie die Geburtenbeihilfe gestrichen haben? Haben Sie die Familien dadurch gefördert, daß Sie die Heimfahrtbeihilfe gestrichen haben? Dadurch, daß Sie die Ausgaben für Schulfahrt und Schulbücher gekürzt haben? Dadurch, daß Sie das Karenzgeld gekürzt haben, insbesondere für jene Frauen, die es am dringendsten brauchen? Fördern Sie die Familien und die Alleinerziehenden, wenn Sie sie bei der Notstandshilfe drangsalieren? Fördern Sie die alleinerziehenden, alleinstehenden Mütter dadurch, daß Sie es ihnen unmöglich machen, Beruf und Familie – obwohl Sie beides immer gemeinsam beschwören – zu vereinbaren, indem Sie ihnen das Arbeitslosengeld streichen, weil sie Kinder zu betreuen haben?

Das ist Ihre Politik, jene Politik, die Sie gemeinsam zu verantworten haben. Das ist die – unter Anführungszeichen – "Familienpolitik" der letzten Jahre in diesem Land. Sie haben es zu verantworten, daß die Alleinerziehenden hierzulande keine Unterstützung mehr durch Arbeitslosengeld erhalten. Dafür sind Sie verantwortlich, und dazu müssen Sie auch stehen. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Aber das tun Sie nicht. Sie verweigern diese Debatte und reden großflockig und wolkig von den Familien, die wir irgendwo hinstellen, nur nicht in die Realität, nur nicht dorthin, wo sie hingehören, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Das Problem mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs – dies ist sicherlich noch eine Frage an den Herrn Familienminister – besteht ja darin: Wir wissen, daß in diesem Land Armut zugenommen hat, Armut in Familien, die mehr Kinder zu betreuen haben, Armut von Personen, die alleinstehend sind und Kinder zu betreuen haben. Das wissen wir längst.

Was sagt nun das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes? – Das ist die Frage an den Familienminister, aber es ist keine persönliche Frage. Herr Familienminister! Werden Sie durch die Regelung, die Sie gemeinsam beschließen werden – welche Regelung auch immer es sein wird (Abg. Rosemarie Bauer: ... sie paßt Ihnen nicht!)  –, zu den Gewinnern oder zu den Verlierern dieser Regelung gehören? Ich wage zu prophezeien: Sie werden zu den Gewinnern dieser Regelung gehören, weil es der Verfassungsgerichtshof tatsächlich darauf angelegt hat, die obersten 2 bis 3 Prozent zu begünstigen, die nach Darstellung des Verfassungsgerichtshofs benachteiligt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Danke. – Dafür tragen Sie als Mitglied einer der Regierungsparteien die Verantwortung. Weil Sie dem Verfassungsgerichtshof keine politischen Vorgaben gemacht haben, kann der Verfassungsgerichtshof in diesem Land Politik machen. Weil Sie nicht imstande waren, gemeinsam eine Regierungspolitik in der Familienfrage zu entwickeln, stehen wir jetzt vor der Situation, daß wir eine Regelung beschließen müssen, die offensichtlich nur darauf angelegt ist, die Reicheren zu begünstigen. Das ist eine Schande. (Beifall bei den Grünen.)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. Er hat das Wort. Gleiche Redezeit.

10.58

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister! In einer Wiener Galerie hängt ein Schild mit dem Satz: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Ähnlich könnte man über die Familienpolitik sagen: Familie ist schön, macht aber viel Arbeit.

Herr Öllinger! Alles, was Sie sagen, ist nicht wahr. Es ist vielmehr immer das Gegenteil wahr. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Es ist schön, der Frau Mertel zuzuhören, einfach deswegen, weil sie es immer sehr genau zuspitzt. Zum einen sind viele Sätze schon von der SPÖ gesagt worden. Das Blöde dabei ist nur, daß sie sich meistens nicht daran erinnern kann, wenn es darauf ankommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum anderen rede ich jetzt nicht als Familienpolitiker. (Abg. Dr. Mertel: Sondern als Schauspieler!) Nein. Aber auch Schauspieler sind Menschen, Frau Mertel, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP.) Ja, tun wir das! Die Schauspieler wiederum nehmen zur Kenntnis, daß auch Sie Menschen sind, die Politiker zum Beispiel. Tun wir das! Ja? – Okay. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich gebe zu, daß ich für Familienpolitik nicht ressortzuständig bin (Abg. Wabl: Was ist nicht wahr von dem, was Öllinger gesagt hat?)  – ich habe nur 5 Minuten Zeit, Herr Wabl; wir können uns nachher draußen darüber unterhalten –, aber ich rede hier als einer, der als Familienvater auch zwei mögliche Steuerabsetzposten zu Hause hat. Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang einmal nicht von der Krise der Familie, nicht von der Fragmentierung der Gesellschaft und nicht von der konsumorientierten Selbstverwirklichungsgesellschaft zu reden. Ich möchte einmal davon reden, daß es auch eine funktionierende Familie gibt. (Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte in


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Anspruch nehmen, daß ich einige kenne, die eine funktionierende Familie zu Hause haben. (Abg. Dr. Mertel: Zwei von drei Ehen!) Das zum einen.

Wir reden in allen Bereichen vom Rückzug des Staates. Wir delegieren quasi alles an das Private und an die kleinere Einheit. Wir gliedern aus, wir schaffen Selbstverwaltung für die VOEST und den "Konsum" und was auch immer. (Abg. Dr. Haselsteiner: Für den "Konsum" nicht mehr! – Abg. Dr. Khol: Den "Konsum" gibt es nicht mehr!) Das ist richtig, ja, das hätten wir nur gerne gehabt.

Nun also Lean-Management. Der Ort aber, an dem wir das "leanste" Management haben, die effektivste wirtschaftliche und soziale Einheit, ist die Familie. Die Leistungen der Familie im positiven Sinne sind bekannt, möchte ich einmal sagen, und sie basieren darauf, daß es unter den Menschen persönliche Zuneigung gibt – das muß man auch einmal festhalten – und daß sie die geringsten gesellschaftlichen Kosten verursachen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Ein Produkt der persönlichen Zuneigung ist von öffentlichem Interesse?) Das habe ich nicht gesagt, Herr Haselsteiner. Das hat auch der Verfassungsgerichtshof nicht gesagt.

Eine funktionierende Familie ent lastet den Staat und eine nicht funktionierende Familie be lastet ihn. (Beifall bei der ÖVP.) Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden. Nur muß man auch einmal sagen, daß die teuerste Lebensform jene der Vereinzelung ist, also das Singledasein, auch wenn es in den Zeitgeistmagazinen sehr behübscht dargestellt wird. Ich möchte jetzt nicht von den emotionalen Defiziten reden, aber abgesehen davon ist das die teuerste Art der Lebensführung, die sich die Gesellschaft leisten kann. (Abg. Dr. Khol: Gefährlich!)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf eine Umverteilung und einen vertikalen Kapitalfluß zu sprechen kommen. Auf der einen Seite stehen dabei diejenigen mit der möglicherweise individuell befriedigenden, aber auch belastenden Aufgabe des Kinderaufziehens, der Kindererziehung und des In-die-Gesellschaft-finden-Lassens von Kindern, auf der anderen Seite diejenigen, die – auch mit zu respektierenden Gründen – sagen, daß sie allein leben möchten. (Abg. Öllinger: Was hat das mit der vertikalen Umverteilung zu tun?) Aber es ist – und kann nichts anderes sein – eine Forderung der Gerechtigkeit und eigentlich das Selbstverständlichste der Welt, daß es dabei einen Kapitalfluß von den einen zu den anderen gibt. Es ist in diesem Zusammenhang traurig, Herr Öllinger, daß es eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bedurft hat, um Sie und uns darauf aufmerksam zu machen, wie es eigentlich sein sollte. (Abg. Öllinger: Das ist horizontale Umverteilung!)  – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. – Bitte. Sie haben das Wort.

11.03

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade mein Vorredner hat zu definieren versucht, was eine funktionierende Familie ist. Herr Kollege Morak! Ich denke, es steht Ihnen zu, Ihre Familie so zu definieren. Aber es stellt sich die Frage, was eine funktionierende Familie und was eine nicht funktionierende ist. Sind Alleinerzieherinnen, die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen, diejenigen, die Sie in die Kategorie der nicht funktionierenden Familien einreihen würden? – Dieser Verdacht drängt sich angesichts Ihrer Ausführungen auf.

Den Titel der heutigen Aktuellen Stunde – "Zukunftsorientierte Politik" – halte ich nach dem, was ich bisher gehört habe, und nach den Vorschlägen, die bisher vorgebracht worden sind, für vermessen. Meiner Ansicht nach wäre es passender, von "antiquierter Politik" zu sprechen. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Bei der weiteren Bezeichnung, nämlich "unsere Familien", und vor allem nach den unkritischen Jubelrufen über das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs drängt sich mir auch der Verdacht auf, daß Sie mit den von Herrn Morak definierten funktionierenden Familien vor allem die begüterten ÖVP-Familien meinen. Das sind die Familien Khol, Bartenstein et cetera. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )


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Gerade diese beiden Familien sind ein Beweis dafür, daß Anzahl der Kinder und Kinderreichtum nichts mit Armut zu tun haben. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Zahlen sie für die Pension ein?) Es ist daher falsch, nur zu sagen, daß es Armut bedeutet, viele Kinder zu haben. Armut besteht dort, wo kein Einkommen vorhanden ist oder das Einkommen zu gering ist. Das ist Armut. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher halte ich es für völlig falsch, wie die Diskussion bis jetzt gelaufen ist, nämlich Kinder sozusagen ausschließlich als Absetzposten zu betrachten – und das in dem Wissen, daß die österreichische Familienförderung an der Weltspitze liegt, worauf wir sehr stolz sein können.

Es geht um die Frage der Verteilung und um die Frage des Einkommens. Es geht um die Frage der Arbeitsplatzsicherung. Es geht um die Frage der Frauenbeschäftigung. Keinesfalls geht es – gerade beim Ansteigen von Frauenarbeitslosigkeit – um irgendwelche Anreize und Lösungsmodelle, die dazu dienen, Frauen wieder aus dem Arbeitsmarkt zu drängen. Vielmehr geht es um konkrete Maßnahmen dafür, den Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf und die Ausübung der Berufstätigkeit zu ermöglichen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wenn sie wollen!) Die Frauen sollen wissen, daß ihre Kinder gut aufgehoben sind, weil es genug Kinderbetreuungsplätze gibt, in denen die Kinder untergebracht werden können, in denen sie sich wohl fühlen und lernen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiteres geht es um Sicherheit beim Wohnen, denn Kinder haben auch ein Recht, ein Dach über dem Kopf zu haben. Dazu fehlen mir auch die Initiativen der ÖVP. Damit kommen wir zu der Frage befristeter Mietverträge, die es mit sich bringen, daß Kinder die Schule oder den Kindergartenplatz wechseln müssen, weil sie ihre Wohnung verlieren, da der Vertrag nicht verlängert wird. In diesem Bereich könnten Sie Kinderschutzmaßnahmen ergreifen und dafür sorgen, daß es uns gelingt, entsprechende Regelungen zu finden, von befristeten Mietverträgen wegzukommen und bei den Mieten andere Preise zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.) Denn das schränkt das Familieneinkommen ein und hat konkrete Auswirkungen auf die Kinder. (Abg. Haigermoser: Im Karl-Marx-Hof! – Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. )

Mir ist es auch unverständlich, daß verantwortungsvolle Politiker jubeln, wenn der Verfassungsgerichtshof – wenngleich aus der inneren Logik der Gesetzgebung heraus – erklärt, daß der Staat Reiche mit Kindern mehr zu fördern hat als Arme mit Kindern. Wenn der Gleichheitsgrundsatz eine solche rechtliche Ableitung ermöglicht, dann sind Korrekturen in eine andere Richtung vorzunehmen und dann ist es zuwenig, sich ausschließlich Ihrer Lesart dieses Erkenntnisses anzuschließen, Herr Minister.

Ich möchte aus einem Artikel von Christian Rainer im "trend" zitieren: "Der Verfassungsgerichtshof ist nicht unmenschlich; aber er kann perverse Auswirkungen seines Spruches mangels Zuständigkeit für Sozialpolitik nicht verhindern. Sehr wohl verhindern kann diese Perversion aber der Gesetzgeber." – Das sind wir, und dazu sind wir aufgerufen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Man kann über Vorschläge zur Erhöhung von fixen Absetzbeträgen diskutieren. Herr Bundesminister! Sie sind allerdings eine Antwort schuldig geblieben. Sie haben gesagt, es gehe nicht um weitere Steuern. Es handelt sich aber um einen Vorschlag, der 10 Milliarden Schilling kostet. (Abg. Dr. Haselsteiner: 20!) Diese fallen bekanntlich nicht vom Himmel. Die Frage ist also: Wo sollen sie eingespart werden, woher sollen diese Mittel kommen, und wem sollen sie weggenommen werden? Ihre Antwort auf diese Fragen vermisse ich nach wie vor, darauf warte ich immer noch.

Meiner Ansicht nach muß es bei der Familienförderung um soziale Treffsicherheit gehen. Wir haben die Direktförderung, die sich hier am besten auswirkt, weiter auszubauen, und wir sollten Jungfamilien, Alleinerzieherinnen sowie Mehrkinderfamilien mit niedrigsten und niedrigen Einkommen unterstützen.

Die Sozialdemokratie steht für eine gerechte Familienförderung. Das heißt: Mehr für die Armen und weniger für die Reichen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.09


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93. Sitzung / Seite 44

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. – Bitte, Sie haben das Wort.

11.10

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Schmierenkomödie, die sich in den vergangenen Wochen um die Pensionsreform drehte, hat sich heute in dieser Aktuellen Stunde seitens der ÖVP fortgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Sie waren diejenigen, die eine Schmierenkomödie veranstaltet haben!) Sie hat sich hier und heute fortgesetzt, was ich feststellen kann, wenn ich mir die Wortmeldungen der ÖVP-Abgeordneten vergegenwärtige. (Abg. Dr. Fekter: Sie veranstalten hier einen Komödiantenstadl!)

Und wenn ich mir Ihre Reverse anschaue (nahezu alle ÖVP-Abgeordneten haben Plaketten an ihrer Kleidung befestigt) , meine Damen und Herren von der ÖVP, worauf "Lobby für Kinder" zu lesen ist, dann sage ich Ihnen: Die Familien bedanken sich für solch eine Lobby! 120 000 Familien leben unter der Armutsgrenze. Sie sind eine Lobby, die die Familien vernichtet hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn wer, meine Damen und Herren von der ÖVP, hat denn dem Belastungspaket zugestimmt? (Abg. Haigermoser: Die Umfallerpartei ÖVP!) Wer hat es denn der SPÖ, den Sozialdemokraten ermöglicht, Belastungen für die Familien einzuführen? – Ihre Stimmen!

Die ÖVP-Abgeordneten haben es ermöglicht, daß die Familienbeihilfe reduziert wurde! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Das glauben Sie aber selber nicht!)

Ihre Stimmen, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben es ermöglicht, daß die Sozialdemokraten die Geburtenbeihilfe gestrichen haben! Sie haben es ihnen ermöglicht!

Sie haben es ihnen ermöglicht, daß die Karenzurlaubszeit von zwei Jahren auf eineinhalb Jahre reduziert wurde!

Es ist klar, die Sozialdemokraten haben mit Familie nichts am Hut, das hat man bei der Wortmeldung meiner Vorgängerin gehört (Abg. Koppler: Das war nicht Ihre Vorgängerin, sondern Ihre Vorrednerin!) , aber Sie von der ÖVP haben es auch ermöglicht, daß die Familien jetzt 10 Prozent Selbstbehalt bei den Schulbüchern haben!

Sie mit Ihren Stimmen haben es ermöglicht, daß die Sozialdemokraten durchgesetzt haben, daß die Heimfahrtbeihilfen gestrichen wurden.

Sie von der ÖVP tragen auch die Schuld daran, daß die Lohnsteuerfreibetragsbescheide 1997 sistiert worden sind, und Sie werden jetzt in dieser Woche auch noch zustimmen, daß sie auch für 1998 ausgesetzt werden. Das bedeutet für die Familien, die den Finanzminister mit ihrer Lohnsteuer bevorschussen, nun schon das zweite Jahr eine immense Belastung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Bundesminister – nicht Sie persönlich, aber Ihre ÖVP –, haben in den letzten Jahren das Familienministerium, das Familienressort geführt. Sie haben in den Regierungssitzungen all diesen Belastungen zugestimmt, um das Einstimmigkeitsprinzip zu erhalten. Sie waren mitverantwortlich für die großen Belastungen. Daß wir jetzt wirklich sehr viele Familien haben, in denen Kinder zur finanziellen Belastung werden – das ist Ihre Schuld!

Und wer, meine Damen und Herren hier herinnen, hat denn verhindert, daß es den Familien wieder besser geht? Wer hat denn gegen das Familiensplitting des freiheitlichen Vorschlages gestimmt? – Es war die ÖVP, die gegen das Familiensplitting gestimmt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rosemarie Bauer: Vielleicht war das Modell nicht gut!) Aber heute stellen Sie sich her, stellt der Herr Bundesminister Bartenstein sich her und feiert dieses Verfassungsgerichtshoferkenntnis als ein historisches Urteil, als hätte er nicht zehn Jahre vorher den Fami


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93. Sitzung / Seite 45

lien 50 Milliarden Schilling genommen. (Abg. Rosemarie Bauer: Der Herr Minister hat das gemacht?)

Wer hat denn verhindert, daß den Familien schon seit Jahren ein Kinderbetreuungsscheck zuerkannt wird? – Die ÖVP hat es verhindert, weil sie zusammen mit der SPÖ unsere Vorschläge abgelehnt hat.

Darum sage ich, das ist eine Schmierenkomödie, die Sie heute hier aufführen, Frau Kollegin Bauer, denn Sie haben jahrelang Zeit gehabt, unseren Vorschlägen zuzustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber nicht genug damit! Sie machen heute eine Aktuelle Stunde, und wenn ich mir das Budget für 1998 anschaue, so sehe ich keine Vorsorge für die Umstellung auf ein neues familienfreundliches Steuersystem. Sie haben auch für 1998 nicht vorgesorgt, Herr Bundesminister! Es steht nichts drinnen! Sie geben es auch im Pressedienst zu, denn wissen Sie noch, was Sie gesagt haben? – Es ist bisher nicht notwendig gewesen.

Das heißt, 50 Milliarden Schilling sind noch nicht genug. Ja, Herr Bundesminister, wie lange wollen Sie denn noch warten? – Von einer Aktuellen Stunde zur anderen Aktuellen Stunde schwören Sie, daß sich etwas ändern wird, aber für 1998 ist im Budget überhaupt noch nicht vorgesorgt.

Und darum sage ich: Es werden wieder die Freiheitlichen sein müssen, die Vorschläge und Anträge zu einer gerechten Familiensteuerpolitik bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Denn wir haben bis jetzt immer Nägel mit Köpfen gemacht, während Sie hier herunten gewesen sind und nur polemisiert haben. Leider Gottes! Frau Kollegin Bauer! Ich schäme mich für Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zahlreiche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

11.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Am Wort ist nunmehr Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.15

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Morak, es hindert Sie niemand daran, eine funktionierende Familie zu leben, wie sie in Ihrem Sinne ist, aber Familienpolitik richtet sich nicht nach einzelnen Meinungen, sondern wir Familienpolitiker haben die Aufgabe, uns den Problemen zu stellen, wie sie unsere Familien in dieser Zeit eben vorfinden. Das ist Familienpolitik und nicht die Vorstellung davon, wie ich sie leben will! (Abg. Steibl: Er ist aber auch berechtigt, zu sagen, daß er eine funktionierende Familie leben will!) Ob sie mir paßt oder nicht – ich habe mich dem zu stellen, Herr Kollege Morak. Das wollte ich Ihnen nur sagen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daß gerade die Österreichische Volkspartei für diese Aktuelle Stunde das Wort "zukunftsorientiert" verwendet, entbehrt auch für mich nicht der Ironie, denn die bisherige Familienpolitik der Volkspartei zeichnet sich jedenfalls nicht dadurch aus, daß zukunftsweisende Konzepte, die sich mit der tatsächlichen Situation unserer Familien in der heutigen Zeit auseinandersetzen, vorgelegt wurden. Im Gegenteil! Wenn man sich Aussagen verschiedener ÖVP-Politikerinnen und -Politiker nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vor Augen führt – und solche Aussagen sind auch heute wieder gemacht worden –, so führen diese Aussagen eher in die tiefste Vergangenheit als in die Zukunft. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte hier nur an die Aussagen des ÖAAB-Obmannes, Minister Fasslabend, erinnern, der mittels finanzieller Anreize Frauen zum Kinderkriegen überreden wollte. (Abg. Rosemarie Bauer: Aber geh!) Oder an den dominanten ÖVP-Familienbund, der vorschlug, daß Frauen ohne Kinder später in Pension gehen beziehungsweise höhere Beiträge zahlen sollten – quasi als Strafe für ihre Kinderlosigkeit.


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Mit diesen Aussagen, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, sollen zwei Gruppen – nämlich die Unterhaltspflichtigen und die Kinderlosen – gegeneinander ausgespielt werden – ein Ansinnen, das für mich nicht nachvollziehbar ist. (Abg. Steibl: Überhaupt nicht! Davon ist nie gesprochen worden!) Bitte überprüfen Sie diese Aussagen Ihres dominanten Familienbundes! Sie alle sind dort Mitglied. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Für dieses Auseinanderspielen habe ich kein Verständnis, denn wir alle wissen, es gibt genug Paare, die gerne Kinder hätten, aber keine bekommen können. Uns ist das bekannt, besonders uns Frauen, die wir in der Politik sind.

Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, versucht das Liberale Forum – meine Klubchefin hat es bereits angekündigt – schon seit längerer Zeit, ein Modell zu einer zielführenden Reform der Familienförderung zur Diskussion zu stellen. Bis heute leider ohne Erfolg. Herr Bundesminister, ich erhoffe mir auch von Ihnen, daß Sie sich unser Modell anschauen, denn uns geht es dabei in erster Linie darum, sich vom sogenannten Gießkannenprinzip zu lösen und Förderungen nach der sozialen Bedürftigkeit zu ermöglichen.

Es ist auch ein Faktum, daß unser Familientransfermodell schon lange vor dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vorgelegt wurde. Zudem würde unser Modell – und ich glaube, das ist sehr wichtig in der derzeitigen Situation – zu keiner Mehrbelastung für das Budget führen.

Im Mittelpunkt unseres Modells steht das Kind als eigenständiges Individuum, das ein Anrecht auf ein monetäres Existenzminimum hat – und dies unabhängig vom Alter und von der Anzahl der Geschwister.

Mit unserem Modell entlassen wir die Eltern keineswegs aus ihrer Obsorge, wir gestehen allerdings den Eltern, die genug verdienen, zu, ihre Unterhaltspflicht auch zu bestreiten, während Eltern, die – aus welchen Gründen auch immer – ein geringes Einkommen haben, vom Staat den nötigen Zuschuß erhalten müssen.

Auch wenn ein Elternteil sich dafür entscheidet, zu Hause zu bleiben, ist in unserem Modell vorgesehen, daß dieser Tätigkeit ein fiktives Einkommen zugerechnet wird. Mir fehlt leider jetzt die Zeit, das näher auszuführen, aber wir haben morgen genügend Zeit, uns mit unserem Modell auseinanderzusetzen, und ich bitte Sie, dies auch zu tun und es nicht wieder gleich von vornherein abzulehnen.

Wir haben ein durchdachtes Modell, das es wert ist, diskutiert zu werden. Allerdings ist zu befürchten – das zeichnet sich auch heute schon wieder ab –, daß nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes eine echte Reform der Familienförderung nicht stattfinden wird, solange sich die Koalitionsparteien nicht von ihren ideologischen Standpunkten wegbewegen und zur Kenntnis nehmen, daß es die verschiedensten Formen des Zusammenlebens gibt, die für uns Liberale alle gleichwertig sind, weil es unserer Meinung nach die Entscheidung jedes einzelnen sein muß, wie er sein Leben gestalten will. Dabei darf niemand einem Diktat unterstellt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als letzte Rednerin hat sich jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. – Bitte, Sie haben das Wort.

11.20

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Rahmen dieser Aktuellen Stunde tauchen bei den Debattenbeiträgen von Regierungsabgeordneten etwas verbrämte ideologische Restgrößen auf, ohne daß sie wirklich klargelegt werden, offengelegt werden, ohne daß wir darüber eine Debatte führen. In diesem Vakuum von ständigen Beteuerungen: Wir sind alle für die Familien! Wir sind alle für Chancengleichheit, für bessere Chancen für die Jugend! wird nie ausgesprochen, was das wirklich heißt, und in diesem Vakuum hat der Verfassungsgerichtshof Politik gemacht.


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Ich denke, wir sollten die ideologischen Fragen einmal ansprechen, die Frage eben, ob und inwieweit Kinder Privatsache sind, ob und inwieweit es öffentliche Anliegen gibt, und man soll da nicht so einen Pallawatsch der Ideologien fortschreiben.

Ich meine, daß die Frage, ob jemand Kinder hat oder nicht, die Entscheidung für oder gegen Familie, die Entscheidung, als Single zu leben oder in verschiedenen Formen von Lebensgemeinschaften, eine absolute und reine Privatsache ist und sein muß. Ich glaube auch, daß aus dieser privaten Entscheidung keinerlei steuerliche Diskriminierungen abgeleitet werden dürfen – nicht für Kinderlose, nicht für Menschen, die sich freiwillig oder unfreiwillig nicht in einem Familienverband befinden.

Aber eines wird überhaupt nicht richtig wahrgenommen – ich meine, daß das auch in den Redebeiträgen des Liberalen Forums zuwenig zum Ausdruck gekommen ist –: Es gibt in meinen Augen sehr wohl ein öffentliches Anliegen der Chancengleichheit, ein öffentliches Anliegen, daß allen Kindern, allen jungen Menschen ein freier Zugang zur Bildung offenstehen soll, daß soziales Lernen und Leben möglich sein müssen. Und da Sie, Frau Dr. Mertel, und Sie, Herr Abgeordneter Morak, gesagt haben, wie wichtig es ist, in die Ausbildung zu investieren, frage ich Sie wirklich, wer denn all diese Leistungen gekürzt hat. War das mit den oder gegen die Stimmen der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten?

Sie, Herr Abgeordneter Morak, haben überdies gesagt, die Ausführungen des grünen Sozialsprechers Öllinger seien alle falsch gewesen, daher frage ich Sie in aller Form: Wer hat denn die Kürzungen für die Studierenden, für die Frauen durchgeführt? War denn das nicht auch mit Ihrer Stimme und mit den Stimmen der ÖVP so beschlossen, die Sie heute hier die Familie beschwören?

Ich habe vorhin von diesen verbrämten Ideologien gesprochen, in denen die private Entscheidung für oder gegen Kinder, die private Entscheidung für oder gegen Familie, gegen Lebensgemeinschaft vermischt wird mit der Frage des öffentlichen Anliegens der Chancengleichheit aller Menschen. Daher frage ich Sie, was von so einem Flugblatt zu halten ist, wie es von der ÖVP vor dem Haus zur Verteilung gebracht wird, wenn darin steht: Geben Sie der Jugend eine Chance! und daraus die Forderung abgeleitet wird: Entlasten Sie die Eltern!

Mit der ersten Forderung kann ich sehr wohl konform gehen. Ja, geben Sie der Jugend mehr Chancen! Geben Sie der Jugend viel mehr Chancen! Werden Sie endlich auch einmal dem Anspruch unseres Bürgerlichen Gesetzbuches gerecht, daß jede Person Person im Rechtssinn ist, eigene Ansprüche, eigene Bedürfnisse hat und nicht abgeleitete!

Aber eines sage ich Ihnen von der ÖVP: Sie werden der Familie ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. ) Ich glaube, genau da, Herr Bundesminister, sollten wir ansetzen. Sie wollen in Wahrheit Elitenförderung. Sie wollen in Wahrheit reiche Väter entlasten. Wenn Sie wollen, daß die Jugend eine Chance hat, dann lassen Sie doch tatsächlich die Hände weg von der freien Bildung, dann lassen Sie die Hände weg von der Freifahrt für Studierende, dann lassen Sie die Hände weg von den Schulbüchern! Investieren Sie in Kinder und Jugendliche, anstatt einmal mehr über ein Hintertürl in die Steuertöpfe zu greifen, um die reichen Väter zu entlasten! Um nichts anderes geht es Ihnen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Was soll das mit den reichen Vätern?)

11.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich auf die gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3127/J bis 3195/J.

Zurückziehung: 3084/J.

2. Anfragebeantwortungen: 2855/AB bis 2867/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 18/ABPR und 19/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Urheberrechtsgesetz-Novelle 1997 – UrhG-Nov 1997 (883 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (891 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VII) der Asiatischen Entwicklungsbank (892 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1997 geändert wird (5. BFG-Novelle 1997) (896 der Beilagen),

2. Budgetüberschreitungsgesetz 1997 – 2. BÜG 1997 (897 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Thayatal GmbH (904 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend den Budgetbericht des Bundes 1997 (Vorlage 27 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 1997 (Vorlage 28 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 1997 (Vorlage 29 BA);

Immunitätsausschuß:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 8973/97, Hv 5328/97) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Walter Meischberger wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach  111 Abs. 1 und 2 StGB (üble Nachrede),

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE VR 10153/97, Hv 6089/97) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB (üble Nachrede).

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für innere Angelegenheiten:


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Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrages über die Europäische Union und von Artikel 41 Absatz 3 des Europol-Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol (894 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die Änderungen des am 9. Oktober 1992 in Salzburg unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn (895 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal (905 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten samt Erklärung (889 der Beilagen);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Kündigung des Kooperationsabkommens zwischen der Republik Österreich und dem Europäischen Hochschulinstitut (906 der Beilagen),

Übereinkommen über die Gründung eines Europäischen Hochschulinstituts samt Protokoll und Schlußakte, Beschlüsse des Obersten Rates, Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens sowie Erklärung der Republik Österreich zum Übereinkommen zur Revision des Übereinkommens (908 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28 GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1996) (III-101 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Weiters ist folgende Vorlage eingelangt: Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen samt Formblättern in 837 der Beilagen.

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich nach § 28a der Geschäftsordnung vor, von der Zuweisung dieses Gegenstandes an einen Ausschuß abzusehen und ihn auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen zu stellen.

Wird dagegen ein Einspruch erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Um den 2. Punkt der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschußberichtes abzusehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (885 der Beilagen): 1. Budgetbegleitgesetz 1997 (911 der Beilagen).


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Es wurde beantragt, im Sinne des § 66 Abs. 3 die Anzahl jener, die dafür stimmen, und jener, die dagegen stimmen, bekanntzugeben. Ich gehe daher so vor und bitte die beiden Schriftführer – es sind dies die Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer und der Abgeordnete Auer –, mich bei der Auszählung dieser Stimmen zu unterstützen. (Die beiden genannten Schriftführer begeben sich zum Präsidenten aufs Präsidium.)

Bitte in den Abgeordnetenreihen jetzt nichts zu verteilen oder sich dort aufzuhalten –, mit Ausnahme derjenigen, die gewählte Vertreter dieses Hauses sind.

Ich bitte jetzt jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diesen Ausschußbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. (Präsident Dr. Neisser nimmt mit Hilfe der beiden Schriftführer die Stimmenzählung vor.)

Ich gebe bekannt, daß 122 Abgeordnete dafür gestimmt haben und 60 Abgeordnete dagegen. Dieser Antrag ist daher mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen worden.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde folgender Konsens über die Dauer der Debatte erzielt. Es wurde eine Tagesblockredezeit von insgesamt 9 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126, Freiheitliche 117, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag auf Tagesblockredezeit zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

1. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 507/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates und das Strafgesetzbuch geändert werden (871 der Beilagen) (Dritte Lesung)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Da der vorliegende Gesetzentwurf bereits in zweiter Lesung angenommen wurde, kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Ich lasse abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 871 der Beilagen in der Fassung des Beschlusses in zweiter Lesung.

Das Bundesgesetz betreffend die Geschäftsordnung des Nationalrates kann nach Art. 30 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen geändert werden.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Auch hiefür wurde beantragt, im Sinne des § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine Auszählung der Stimmen, die dafür sind, und jener, die dagegen sind, vorzunehmen. Ich gehe daher so vor.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, und ersuche noch einmal die beiden Schriftführer, Frau Abgeordnete Bauer und Herrn Abgeordneten Auer, mir bei der Auszählung der Stimmen behilflich zu sein.


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Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Dr. Haider: Herr Präsident! Man darf nur von seinem Platz aus stimmen! Einige Abgeordnete befinden sich nicht auf ihrem Platz! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Die Schriftführer nehmen gemeinsam mit dem Präsidenten die Stimmenzählung vor.)

Ich gebe bekannt, daß 122 Abgeordnete für diesen Entwurf gestimmt haben und 60 dagegen gestimmt haben.

Meine Damen und Herren! Damit ist der vorliegende Gesetzentwurf in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden, und ich stelle ausdrücklich das verfassungsrechtliche Quorum fest.

Bevor ich zum 2. Punkt der Tagesordnung übergehe, möchte ich Sie um folgendes bitten: Wie Sie wissen, gibt es zwar keine ausdrückliche Anordnung der Geschäftsordnung, nur von seinem Platz aus abzustimmen, aber es wäre in solchen Situationen schon sehr sinnvoll, wenn sich alle Abgeordneten auf jenen Plätzen befänden, auf denen auch ihr Namensschild steht.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (885 der Beilagen): 1. Budgetbegleitgesetz 1997 (911 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung findet nicht statt. Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Ich erteile dem ersten Debattenredner, Herrn Abgeordneten Dr. Haider, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.35

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die "Schlußouvertüre" des Werdegangs der sogenannten Pensionsreform ist heute von einer entsprechenden Medienberichterstattung begleitet worden. So wurde etwa festgestellt, daß eine Kapitulation der Regierung stattgefunden hat. Man schreibt davon, daß diese Pensionsreform nun mit Ach und Weh über die Bühne gebracht wird und daß nur ganz wenig von dem, was man ursprünglich vorgehabt hat, gerettet wurde. – So deute ich auch den Umstand, daß derjenige, der das Ganze angezettelt hat, nämlich der Bundeskanzler, heute gar nicht da ist. Er hat nach Rust mit großen Worten von einer historisch wichtigen Pensionsreform gesprochen, traut sich aber heute nicht einmal mehr ins Parlament, um Rechenschaft darüber abzugeben, was daraus geworden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sicherlich fragen sich die Österreicher allmählich: Wenn eine Regierung für einen solchen Pfusch, wie er heute in bezug auf die Beamtenpensionsreform vorgelegt wird, schon fünf Monate braucht, wie lange würde sie erst brauchen, um zu sinnvollen Lösungen zu kommen? (Ruf bei den Freiheitlichen: Ewig!) Wahrscheinlich eine Ewigkeit. Das zeigt auch die Handlungsfähigkeit dieser Regierung, denn in den wesentlichen Punkten, die angekündigt worden sind, tritt man ja auf der Stelle. (Zwischenruf des Abg. Koppler. ) Das ist auch in anderen Bereichen so.

Herr Bundeskanzler Klima hat ja groß angekündigt, er werde eine Exportoffensive machen, weil das für die Arbeitsplätze wichtig ist. – Jetzt lesen wir, daß aus dieser Offensive nichts wird, weil man kein Geld dafür hat. Das wurde bis zum Jahre 1998 verschoben. 200 Millionen Schilling wird man dann dafür einsetzen. Von den ursprünglich angekündigten Milliardenbeträgen, die die heimische Wirtschaft und damit die Arbeitsplätze positiv beeinflussen hätten sollen, ist überhaupt nicht mehr die Rede.


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Das gleiche zeigt sich bei der Lehrlingsfrage. Was ist aus der Lehrlingsoffensive geworden? – Noch immer sind 7 000 Lehrlinge ohne Lehrplatz! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Was ist aus Ihrer Garantie, wonach im Herbst jeder junge Mensch seinen Lehrplatz hat, geworden? Was ist aus dieser Garantie geworden? – Das alles waren nur leere Ankündigungen, die dazu führen, daß die Österreicher einen Frust haben und sagen: Man kann doch auf wirklich nichts mehr zählen, nicht einmal mehr auf das, was der Herr Bundeskanzler sagt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genauso ist es im Zusammenhang mit der Pensionsreform. 1993 haben uns dieselben Mehrheiten im Hohen Haus eine Pensionsreform präsentiert, bei der man gesagt hat, bis weit über die Jahrtausendwende hinaus werde es dadurch zu gesicherten Pensionen kommen. Und 1995 hat die Sozialdemokratie ihren Wählern gesagt, es würden keine Kürzungen ins Haus stehen. – Aber schon kurz danach ist es notwendig, eine Pensionsreformdebatte zu führen, weil offenbar hinten und vorne das Geld ausgegangen ist.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das ist der Punkt, warum Sie überhaupt etwas machen wollten: weil Sie in Wahrheit kurzfristig Geld beschaffen müssen. Das ist auch der Grund, warum Ihr Experte Rürup Ihnen gestern noch einmal im Fernsehen ausrichten hat lassen: Das ist keine langfristige Sanierung der Pensionen, sondern eine kurzfristige Geldbeschaffungsaktion. So hat Rürup das bezeichnet, und Herr Klubobmann Dr. Khol hat ja heute unbeabsichtigt einmal hier im Hohen Hause die Wahrheit gesagt (Beifall bei den Freiheitlichen) , als er gemeint hat: Wir haben das dringend benötigt.

Natürlich! Sie brauchen dringend Geld für das Budget, daher setzen Sie Maßnahmen wie etwa die, daß alle geringfügig Beschäftigten jetzt eine Versicherung zahlen müssen, damit Sie sofort zu Geld kommen, oder Sie heben die Höchstbeitragsgrundlage an, damit Sie sofort zu Geld kommen. Darüber, daß das aber in Zukunft neue Leistungen bedeutet, für die man auch wieder Geld brauchen wird, haben Sie nicht nachgedacht, weil die Abgeordneten, die heute hier sitzen, in ein paar Jahren alle nicht mehr hier sein werden, wenn es darum geht, wieder eine Pensionsdebatte zu führen. Dann sind Sie schon längst aus der Verantwortung und haben Ihre Pensionen in der Tasche. Da kümmert Sie das Interesse der Österreicher nicht mehr! Das ist der Punkt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sie verstehen es einfach nicht!)

Herr Kollege! Das ist dasselbe, wie wir es beim EU-Beitritt erlebt haben. Alle, die uns vor dem EU-Beitritt so schöne Dinge versprochen haben, haben sich ja inzwischen aus dem Staub gemacht. Die Frau Ederer mit ihrem berühmten Tausender ist nicht mehr da, der Herr Dr. Vranitzky, der uns 30 000 neue Arbeitsplätze versprochen hat, ist nicht mehr da, der Herr Lacina, der uns eine überdurchschnittliche Wachstumsrate in der Wirtschaft versprochen hat, ist nicht mehr da, und auch der Herr Busek, der sogar die "Internationale" zur Einsegnung der EU gesungen hat, ist nicht mehr da. – Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien. (Abg. Haigermoser: "Johannes der Täuscher" ist auch nicht mehr da!)

Das sind jene politischen Markierungen, die die Menschen sich merken: Man kann bei dieser Regierung auf nichts mehr vertrauen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher wird auch diese Pensionsreform unter diesem Titel zu beurteilen sein. Das, was Sie heute hier vorlegen, ist im Grunde genommen ein System nach dem Motto: "Hinter mir die Sintflut. Wir bringen das über die Bühne, kassieren die Leute ab und hinter uns die Sintflut!" – Aber funktionieren wird es nicht.

In Rust wollte Klima noch die Muskeln spielen lassen, aber dann ist er in die Knie gegangen. Zuerst hat er zum Angriff geblasen, und dann mußte er den Rückzug antreten. Er hat Stärke zeigen wollen und hat dann eigentlich die Nerven verloren. Er hat unseren Kindern eine gute, gesicherte Zukunft versprochen und ist in Wirklichkeit mit der sozialistischen Vergangenheit seiner eigenen Genossen nicht fertiggeworden. Das ist die Realität dieses Pensionsreform-Modells, das Sie uns heute vorgelegt haben.

Man hat von den Armen zu den Reichen umverteilt, wenn ich den Kollegen Posch von der SPÖ richtig verstehe, der gesagt hat: Für die Beamten ist diese Lösung eigentlich eine Katastrophe.


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Das ist kein Grund zum Feiern, denn es trifft vor allem die vielen kleinen Beamten ganz hart. – Das sagte der sozialdemokratische Abgeordnete Posch soeben im Pressedienst. (Abg. Mag. Stadler: Ah da schau her! Wo ist er denn?! – Abg. Koppler: Vernaderer!) Daher darf er wahrscheinlich heute auch nicht mitdiskutieren. Daher darf er wahrscheinlich auch nicht hier im Plenum sitzen, sondern er wurde sozusagen aus dem Verkehr gezogen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Frau Kollegin! Das wäre auch eine Möglichkeit, haben Sie schon einmal gesagt. Da sieht man genau, worum es geht.

Wir liegen mit unserer Einschätzung ganz richtig, meine Damen und Herren. Das zeigt schon allein das, was Sie bei den Beamten gemacht haben: Sie haben zugestimmt, daß die Durchrechnungslösung, die Sie zwingend haben wollten, so lange aufgeschoben wird, daß sie für die sozusagen alte Beamtengeneration der Dohrs und Neugebauers nicht mehr gilt, und meinen, die Jungen sollen es sich später selber richten. Das heißt, die Beamtenvertreter haben für sich selbst eine gute Lösung geschaffen.

Die Sozialdemokraten machen dabei mit, wenn die Kleinen im Regen stehen gelassen werden, und die großen Sektionschefs haben es sich wieder einmal gerichtet. Das ist ja direkt ein "Sektionschefrettungsgesetz", würde ich sagen, denn wenn Sie jetzt via Abänderungsantrag sogar noch eine Funktionserhöhung der Sektionschefs vornehmen (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Mertel und Parnigoni )  – schauen Sie sich das einmal an! –, dann werden die Pensionen der Sektionschefs ja sogar noch aufgewertet. (Abg. Parnigoni greift sich an den Kopf.) Nicht aufs Hirn greifen, sondern lesen und sich dann wundern, warum man zustimmt, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie erhöhen die Funktionen der Sektionschefs, bevor sie abtreten, damit Sie ihnen sozusagen noch ihre Pensionen verbessern.

Oder: Sie sagen, das System der Frühpensionierungen muß eingeschränkt werden, Herr Staatssekretär. – Aber wie geht das, wenn gleichzeitig vorgesehen ist, daß demnächst eine Frühpensionierungsaktion bei der Post gemacht wird, und wenn Sie gleichzeitig eine Ausweitung der Frühpensionierungen bei den Lehrern machen müssen, damit Sie neue Lehrer einstellen können, damit junge Leute unterrichtet werden können? – Das paßt doch hinten und vorne nicht zusammen!

Oder die Valorisierung: Was glauben Sie, was die Valorisierung, die Sie gestern noch ausgehandelt haben, in Wirklichkeit bringen wird? – Sie wird eine weitere Flucht in die Frühpension bringen, weil spätestens im Jahr 2019 jene Beamte, die keinen Nachteil haben wollen, massenweise in die Frühpension gehen werden. Die sind ja nicht dumm und werden doch nicht warten, bis sie das Fallbeil Ihrer falschen Gesetzgebung trifft.

Ich sage Ihnen daher: Die Vorlage, die Sie heute einbringen, ist wirklich ein Pfusch, weil die Regierung damit jene Probleme schafft, die sie eigentlich beseitigen wollte. Die Frühpensionierung wird ausgeweitet und nicht eingedämmt, eine dauerhafte Sicherung ist nicht gegeben, die Jungen haben in diesem System keine Zukunft, und jeder weiß, daß wir in zwei, drei Jahren, spätestens nach der nächsten Nationalratswahl, wieder über die Pensionsreform diskutieren werden müssen. Daher haben Sie im Ergebnis nichts erreicht.

Allein die Titulierung ist bemerkenswert. (Der Redner hält eine Unterlage in die Höhe.) Ich habe mir das mitgenommen, um ein Beispiel dieser "wunderbaren" Regelung im § 62h zu zitieren. Das zeigt, welche Regelungen hier getroffen worden sind. Die Beamtenpensionsreform hat im Ergebnis zur Folge, daß eine neue Zulage geschaffen wird, und zwar eine sogenannte Vergleichsruhegenußzulage. Das heißt, da vergleicht man die alte Pensionsregelung mit der neuen Pensionsregelung, und damit dann irgendwo in der Mitte ein Ausgleich gefunden wird, gibt es wieder eine neue Zulage. Anstatt ein vernünftiges neues, modernes System zu machen, geht man her und doppelt auf das alte System auf und schafft eine Vergleichsruhegenußzulage.

Das liest sich etwa so – ich zitiere –: "Übersteigt die Vergleichspension den Betrag von 28 000 S nicht, so ist der Ruhegenuß wie folgt zu berechnen:

1. Von der Vergleichspension ist zunächst der Betrag von 7 000 S abzuziehen und das Resultat durch die Zahl 300 000 zu dividieren." – Keiner weiß, warum.


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"2. Das Ergebnis dieser Division ist auf drei Stellen zu runden und von der Zahl 1 abzuziehen.

3. Ist der Ruhegenuß niedriger als das Produkt der Vergleichspension mit der sich aus Z 2 ergebenden Zahl, so entspricht der Erhöhungsbetrag dieser Differenz. Andernfalls gebührt kein Erhöhungsbetrag." (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Da kennt sich wirklich kein Mensch mehr aus! Das hat auch die Kärntner Landesregierung festgestellt, die sagt: "Der Nachvollzug dieser Rechenoperationen zur Ermittlung des Pensionsanspruches überfordert die menschliche Logik." – Der Verfassungsdienst der Kärntner Landesregierung teilt Ihnen das mit. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her! – Abg. Wabl: Keine Sorge! Es kommt die Cordula Frieser!)

So machen Sie die Gesetze! Das sind Ihre "dauerhaften" Pensionssicherungsgesetze, meine Damen und Herren! Von Harmonisierung kann doch bitte keine Rede sein! Wo haben Sie denn harmonisiert, Herr Staatssekretär? Was ist zum Beispiel mit den Angestellten im Bereich der Sozialversicherung? – Sämtliche Regelungen für die Angestellten jener Tintenburgen, die die Pensionsgelder verwalten, werden nicht harmonisiert. Da bleibt alles beim alten. Für diese Angestellten gibt es eine eigene Dienstordnung, sie erhalten als Pension 80 Prozent ihres Letztbezuges, wie die Beamten in ihrer besten Zeit. Sie bekommen aber auch eine Abfertigung, wie in der Privatwirtschaft. Da wird nicht harmonisiert.

Oder: die Angestellten im Kammerbereich, Herr Dr. Stummvoll. Ihren Mitarbeitern hat man die Pragmatisierung abgekauft. Sie bekommen heute beamtenähnliche Pensionen, in der Höhe von 70 bis 80 Prozent des Letztbezuges. Einer 57jährigen Angestellten, die am 1. Oktober in Pension gegangen ist, zahlt man zum Beispiel eine freiwillige Pensionsabfindung in Höhe von 7,4 Millionen Schilling, plus 2 Millionen Schilling Abfertigung, plus ASVG-Höchstbetrag, und das mit den Zwangsbeiträgen der kleinen Kammerfunktionäre, der kleinen Unternehmer! Das, meine Damen und Herren, sind Ihre "Harmonisierungen", die Sie in Österreich durchführen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das ist ein Skandal! Pfui! – Weitere Pfui-Rufe und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Oder: Was ist mit den Politikern, meine Damen und Herren? – Bevor man gesagt hat, daß man an die Harmonisierung der Pensionsrechte geht, hat es in diesem Hohen Haus mit der Zustimmung von vier Parteien – nicht der Freiheitlichen! – eine Bezügeregelung gegeben, die auch die Pensionen für die Politiker geregelt hat, und zwar so, daß sich heute die Abgeordnete der Grünen Stoisits schon darüber aufgeregt hat, obwohl sie dieser Regelung damals zugestimmt hat. Das ist in diesem Zusammenhang auch interessant. (Abg. Mag. Stoisits: Was?! – Abg. Mag. Stadler: O ja! Die Grünen haben zugestimmt!)

Sie wissen offenbar nicht mehr, was Sie hier am Rednerpult vor wenigen Minuten gesagt haben. Wir haben das sehr genau registriert, meine Damen und Herren! Für Politiker gibt es nämlich keinen Durchrechnungszeitraum, Herr Dr. Khol, auch wenn Sie das gestern in der Öffentlichkeit fälschlich behauptet haben. Denn Politiker werden auch in Zukunft laut Gesetz (der Redner zitiert neuerlich aus der erwähnten Unterlage)  – da steht es ganz genau drinnen – ihre Pensionen gemäß der höchsten Dienstklasse des Sektionschefbezuges, Dienstklasse IX, Gehaltsstufe 6, berechnet bekommen. (Abg. Dr. Kräuter: So wie Sie, Herr Dr. Haider!) – Aber der Umstand, daß alle davon betroffen sind, mindert die Schweinerei doch nicht, Herr Kollege! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sollten vielmehr eine gerechte Regelung machen und auch dafür sorgen, daß man den kleinen Beamten nichts wegnimmt. Sie sollten nicht zum Beispiel einem Postler, der nach 28 Dienstjahren 11 600 S verdient, 40 Prozent davon Zulagen, aufgrund der Durchrechnungszeiträume für die kleinen Beamten nun Geld wegnehmen, während die Politiker es sich ohne Durchrechnung richten.

Meine Damen und Herren! Die Politikerpensionen erfordern einen Zuschuß (Abg. Parnigoni macht eine abwehrende Geste)  – Sie schütteln immer den Kopf, weil Sie über Ihre eigenen Dinge nicht gerne reden – von 600 000 S pro Jahr und Politikerpension zu aktuellen Bezügen.


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93. Sitzung / Seite 55

Wenn Sie sich dafür nicht genieren, meine Damen und Herren, dann haben Sie, wie ich meine, Ihre Funktion als Volksvertreter gründlich mißverstanden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben das nicht beschlossen. Wir Freiheitlichen haben euch ein anderes Modell vorgelegt. Wir haben gesagt: Macht ASVG-Pensionen für die Politiker, so wie für jeden anderen Österreicher auch. Das wäre eine saubere und anständige Lösung gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Karlsson, Mag. Maier und Tegischer. )

Meine Damen und Herren! Ich wäre wirklich begeistert, wenn Sie sich einmal für die kleinen Leute so auf die Schienen geworfen hätten, wie Sie es jetzt für Ihre eigenen Interessen machen. Wie da agiert wird, muß auch einmal aufgezeigt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was ist das für eine Pensionsreform, wo man sagt, mindestens 15 Jahre muß eine Frau arbeiten, damit sie einen Pensionsanspruch hat, während jeder Minister bereits nach zwei Dienstjahren einen Pensionsanspruch von über 50 000 S in der Tasche hat. Wenn der Herr Einem heute abtritt, hat er nach nur zwei Ministerjahren 55 000 S Pension in der Tasche! Das müßt ihr einmal den Leuten erklären, denen ihr mit euren Pensionsbeschlüssen heute etwas wegnehmen wollt! Das ist eure Art der sozialen Demokratie in diesem Lande! (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Na selbstverständlich!

Sie haben ja auch behauptet, daß es für Politiker keine Abfertigung mehr gibt. In Wirklichkeit gibt es eine automatische Gehaltsfortzahlung von zwölf Monaten, ganz gleich, wie lange ein Politiker gearbeitet hat. Sie führen die Bevölkerung systematisch in die Irre, meine Damen und Herren! Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haselsteiner: Doch nicht automatisch! Das stimmt doch nicht!)

Meine Damen und Herren! Wenn es um eure Sachen geht, seid ihr immer sehr empfindlich, das wissen wir schon. Aber nicht nur bei den Politikerpensionen wird nicht harmonisiert, auch bei den Pensionen im Bereich der Nationalbank wird nicht harmonisiert. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Herr Kollege! Auch wenn Sie es noch so oft behaupten, wird es nicht richtiger! – Auch im Bereich der Nationalbank gibt es eine Pensionsunregelmäßigkeit, wie es sie eigentlich nicht mehr geben sollte.

Daher hat Herr Professor Rürup recht, wenn er sagt, im wesentlichen habe man sich Zeit gekauft. Das heißt, die Regierung hat sich Zeit gekauft, um politisch zu überleben. Das ist es! Aber man begeht gleichzeitig einen massiven Diebstahl an der Zukunft der jüngeren Generation. Das ist überhaupt keine Frage! Herr Professor Rürup hat Ihnen gestern auch ausgerichtet: Je später Sie eine vernünftige Reform beginnen, umso fürchterlicher würden die Einschnitte sein. Das ist die Realität! Doch das bürden Sie der jungen Generation auf, weil Sie nicht die Kraft haben, selbst eine vernünftige Reform durchzuführen.

Das sagt Ihnen sogar die eigene Postsparkasse des Staates. Diese wirbt heute bereits mit dem Argument, die staatlichen Pensionen seien nicht mehr sicher, daher müsse man sich privat versichern. Dann laßt doch die Leute wenigstens aus dem Käfig der Zwangsversicherung heraus, gebt Ihnen doch die Möglichkeit, Eigenvorsorge zu machen! Nicht einmal das darf man in diesem Lande tun! Nicht einmal eine kleine Prämie für eine Zusatzversicherung wird steuerlich anerkannt. Die großen Privatisierer der ÖVP haben in den letzten Jahren alles dazu beigetragen, daß Eigenvorsorge unmöglich gemacht worden ist. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Wirklichkeit wollen Sie die Leute in dem Zwangskäfig der Pflichtmitgliedschaft halten, der Zwangsversicherungen halten. Die 28 Sozialversicherungsanstalten werden erhalten bleiben, daran ändert sich überhaupt nichts. Mit Inseraten geht man heute her und behauptet, die Umlageversicherung sei das Beste. Da frage ich mich schon: Wieso muß ein staatliches Monopol überhaupt Werbung machen? Die Zwangsversicherungen, die Sozialversicherungen machen heute Werbung, indem sie sagen, es könnte eine Inflation kommen, es könnte ein Krieg kommen, und da seien die Pensionen im Umlageverfahren des Staates viel sicherer.


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93. Sitzung / Seite 56

Hat das vielleicht mit dem Euro etwas zu tun? So schreibt beispielsweise Herr Sallmutter in seiner Gewerkschaftszeitung, der Euro sei ein Abenteuer, er koste Arbeitsplätze, Sparguthaben und Einkommen. (Abg. Mag. Stadler: Ah da schau her!) Das ist, meine Damen und Herren, in der jüngsten Ausgabe der Gewerkschaftszeitung von Herrn Sallmutter nachzulesen. Das ist sehr zu empfehlen für all jene Genossen, die noch überzeugt werden wollen.

Das ist der Grund, warum wir Freiheitliche sagen: Machen Sie ein vernünftiges Modell, wie es in jenen Staaten auf der Tagesordnung ist, die heute ihre Pensionsreformen durchzuführen gedenken. Die Schweiz hat hervorragende Bilanzen, sie hat vor zwölf Jahren auf ein Drei-Säulen-Modell umgestellt. Auch die Niederlande – ein Beispiel, das der Herr Bundeskanzler sehr gerne zitiert – haben auf ein Drei-Säulen-Modell umgestellt, andere Staaten ebenfalls.

Wenn wir es so machen würden, wie es in der Schweiz gemacht wird, dann hätte das den Vorteil, daß wir eine staatliche Grundpension hätten, wo es keine Höchstbeitragsgrundlage gibt (Abg. Koppler: Was macht eine Verkäuferin mit 13 000 S brutto bei einem Drei-Säulen-Modell?) und wo – Kollege Koppler, hören Sie zu! – auch die Reichen ohne Begrenzung für die Ärmeren in die Grundpension einzahlen würden. Dann hätten wir keine Schandrenten wie heute, wo zwei Drittel der ASVG-Versicherten weniger als 10 000 S bekommen, sondern dann hätten wir eine Grundpension von 11 000, 12 000 S, meine Damen und Herren! Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Was macht eine Handelsangestellte mit 13 000 S brutto bei einem Drei-Säulen-Modell? Erklär das einmal!)

Ich weiß, Kollege Koppler müßte dann mehr bezahlen, das ist klar, denn Reiche müssen dann mehr bezahlen, das ist gar keine Frage. Er wehrt sich also dagegen. Wir sind bereit, bei dieser Form der Umverteilung entsprechend mitzuwirken. (Abg. Koppler: Was macht bei einem Drei-Säulen-Modell eine Handelsangestellte mit 13 000 S brutto? Erklär das einmal!)

Meine Damen und Herren! Wenn euer ASVG-System dazu führt, daß zwei Drittel der Versicherten weniger als 10 000 S Pension bekommen, dann ist, so meine ich, unser Vorschlag – Kollege Koppler, würdest du geneigt sein, mir kurz zuzuhören – sicherlich das attraktivere Modell, denn das Beispiel Schweiz beweist, daß die Grundsicherung allein schon höher ist als die von euch vielversprochene staatliche Grundpension. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Das ist ein Wahnsinn!)

Es stellt sich allerdings für uns wirklich die Frage, was wir beim Abstimmen tun sollen. Ich habe von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst einen Brief bekommen, in welchem folgendes steht: "Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wenn Sie Ihrer Verpflichtung als Abgeordneter der arbeitenden Bevölkerung gegenüber gerecht werden wollen, dann beweisen Sie durch Ihr Stimmverhalten, daß Sie nicht der verlängerte Arm der Bundesregierung sind. Mit gewerkschaftlichen Grüßen." (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Welchen Datums?)

Meine Damen und Herren! Was soll ich jetzt tun? (Rufe bei der SPÖ: Welchen Datums?)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter, ich bitte um den Schlußsatz! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Das ist jüngsten Datums. Soviel Schriftverkehr habe ich ja mit der Gewerkschaft nicht, meine Damen und Herren! (Abg. Koppler: Welchen Datums?) Ich werde sicherlich nicht der verlängerte Arm der Regierung sein. Aber du, lieber Kollege Koppler, als Gewerkschafter solltest dir einmal überlegen, nicht ständig große Töne zu spucken und dann deine Gewerkschaftsmitglieder im Regen stehenzulassen! (Langanhaltender Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Für das Protokoll: Begeisterung bei den Freiheitlichen!)

11.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Es liegen jetzt eine Reihe von Wortmeldungen zu tatsächlichen Berichtigungen vor. Ich rufe sie einzeln auf und möchte allen Rednern in Erinnerung rufen, es gilt eine Redezeitbeschränkung von 2 Minuten, und jeder


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Redner möge bitte mit jener Behauptung beginnen, die den Sachverhalt beschreibt, den er berichtigen will.

Zur ersten tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Khol das Wort.

11.57

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Mein Vorredner hat behauptet, ich hätte in meiner Wortmeldung zur Einwendungsdebatte gesagt, daß wir die Pensionsreform dringend zur Sanierung des Budgets benötigen.

Dem stelle ich meine richtige Behauptung gegenüber, daß wir diese Pensionsreform dringend zur Sicherung des Sozialsystems brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Eine weitere tatsächliche Berichtigung hat Herr Abgeordneter Großruck beantragt. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

11.58

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner hat behauptet, daß es sich die Politiker ... (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)  – Der Herr Dr. Haider! Das war nur eine Berichtigung des Herrn Dr. Khol. (Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Selten so gelacht, Kamerad!) Aber, meine Herren von der "F", Sie haben gut aufgepaßt.

Abgeordneter Dr. Haider hat hier fälschlich behauptet, daß es sich alle Politiker, die im Nationalrat sind, gerichtet haben und der Staat jährlich 600 000 S zu ihrer Pension zuschießen muß. (Abg. Dr. Haider: 600 000 S pro Pension!)

Ich berichtige tatsächlich: Durch die Gehalts- und Pensionsreform für Politiker, die hier vor kurzem beschlossen worden ist, bekomme ich persönlich eine ASVG-Pension und kann darüber hinaus im Rahmen einer freiwilligen Möglichkeit in eine Pensionskasse einzahlen. Das betrifft alle jüngeren Kollegen, die im Nationalrat sind. Das ist die Kernbestimmung der Pensionsreform, und es stimmt nicht, was Herr Dr. Haider hier behauptet hat, nämlich daß es sich die Politiker mit diesem Beschluß gerichtet hätten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Das war keine tatsächliche Berichtigung!)

11.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Dr. Haselsteiner ist der nächste, der eine tatsächliche Berichtigung begehrt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Koppler: Der Haigermoser kriegt eine Politikerpension! – Zwischenrufe und Gegenrufe bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

11.59

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Haider hat behauptet, die vier Parteien, die an der Pensions- und Bezügereform für Politiker mitgearbeitet haben, hätten unter anderem die Abfertigungen nicht abgeschafft, sondern sie im Gegenteil durch eine Automatik ersetzt, und sie hätten die Privilegien bei ihren Pensionen nicht abgeschafft, sondern im Gegenteil ihre Pensionen verbessert.

Beide Behauptungen sind unrichtig. Die Abgeordneten und Politiker dieser Republik bekommen weder Abfertigungszahlungen noch Pensionszahlungen über die ASVG-Regelungen hinaus, und ich bitte Sie, Herr Dr. Haider, das zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Koppler  – in Richtung des Abg. Dr. Haider –: Lauter Halbwahrheiten und Unwahrheiten!)

12.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.00

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!


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Der Herr Kollege Haider hat hier vom Rednerpult aus erklärt, daß durch die Politik der Regierung alles getan wurde, um die Eigenvorsorge unmöglich zu machen. (Abg. Dr. Haider: Natürlich!) Die Wirklichkeit sieht so aus, daß alle Versicherungsunternehmen Österreichs berichten, sie registrieren eine Zunahme der Eigenvorsorge, wie sie noch nie dagewesen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das ist wirklich arg! Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Weitere heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

12.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Bitte überlassen Sie die Auslegung der Geschäftsordnung getrost mir. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Nein, wir müssen es Ihnen überlassen! – Weitere heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Herr Abgeordneter Scheibner und Herr Abgeordneter Bauer, hören Sie zu! Es liegen jetzt noch zwei Meldungen für tatsächliche Berichtigungen vor. Dann kommt eine persönliche Erwiderung des Abgeordneten Dr. Haider dran, und von diesem Zeitpunkt an verlege ich alle Wortmeldungen für tatsächliche Berichtigungen an den Schluß der Debatte im Sinne des § 58 der Geschäftsordnung.

Die nächste tatsächliche Berichtigung kommt von Herrn Abgeordneten Mag. Maier. – Bitte.

12.02

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haider hat behauptet, daß es sich die Politiker bei den Pensionen gerichtet hätten, und hat eine Zahl von 600 000 S pro Person genannt. (Abg. Dr. Graf: In Wirklichkeit sind es 700 000 S!) Herr Abgeordneter Haider hat mit dieser Wortmeldung die Öffentlichkeit wieder einmal bewußt in die Irre geführt, die Politik denunziert, genauso wie er in der "Pressestunde" am Sonntag (Abg. Dr. Haider: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – heftige Rufe bei den Freiheitlichen in Richtung Präsidium) Universitätsprofessor Dr. Koja denunziert hat.

Ich berichtige: Ich bin einer der jungen Abgeordneten in diesem Hause. Ich werde eine ASVG-Pension bekommen, und diese beträgt – sofern ich noch in der Politik bin – derzeit 28 538 S. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Jeder Schilling zuviel!)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste Wortmeldung zu einer tatsächlichen Berichtigung kommt von Herrn Abgeordneten Dr. Gusenbauer. – Bitte.

12.02

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Haider hat behauptet, es gebe für Politiker keinen Durchrechnungszeitraum. Das ist nicht richtig! Wahr ist vielmehr, daß es für Altpolitiker vom Schlage des Herrn Haider keinen Durchrechnungszeitraum gibt, für jüngere Politiker, die keine Politikerpension, sondern eine ASVG-Pension beziehen werden, aber genau den gleichen Durchrechnungszeitraum wie für jeden anderen österreichischen Beschäftigten auch. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Haider hat sich zu einer persönlichen Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich bitte Sie aber, zu Beginn Ihre persönliche Betroffenheit im Sinne der Geschäftsordnung klarzumachen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ab jetzt gilt die Geschäftsordnung? – Weitere heftige Rufe bei den Freiheitlichen in Richtung des Präsidiums.)

12.04

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Da Sie das Recht wahrgenommen haben, politische Referate zu halten, anstatt wirklich tatsächlich zu berichtigen, stelle ich fest, daß Kollege Haselsteiner einmal mehr nicht die Wahrheit gesagt hat. (Abg. Dr. Nowotny: Das ist keine persönliche Erwiderung! Das ist geschäftsordnungswidrig! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Im § 6 des neuen Bezügegesetzes steht nämlich unter dem Titel "Bezugsfortzahlung" nichts anderes,


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als daß die Politiker, wenn sie ausscheiden, für ein Jahr ungekürzt ihre Bezüge fortbezahlt bekommen. (Abg. Schieder: Herr Präsident! Das ist keine persönliche Erwiderung!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Wo ist Ihre persönliche Erwiderung, bitte?

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Ich erwidere auch auf die tatsächliche Berichtigung des Kollegen Haselsteiner und sage (Abg. Schieder: Herr Präsident! Das ist ein Mißbrauch der Geschäftsordnung!) , daß seine Behauptungen falsch sind, weil jeder Politiker in diesem Haus nach vier Jahren Ministerschaft und nach zehn Jahren Abgeordnetenschaft bis zum 1. August 1997 eine Pension beziehen wird. Der Zuschußbedarf beträgt nicht 600 000 S, sondern 680 000 S, weil derzeit 291 Politiker ...(Abg. Dr. Karlsson: Das ist keine persönliche Erwiderung!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Verzeihen Sie, aber das ist keine persönliche Erwiderung, sondern ein Debattenbeitrag. (Abg. Dr. Mertel: Schluß! Was ist denn das? – Weitere Rufe bei der SPÖ in Richtung Präsidium.)

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): 291 Politiker beziehen Pensionen im Ausmaß von 1,8 Milliarden Schilling bei 800 Millionen Schilling an Beiträgen. (Abg. Schieder: Herr Präsident! Was ist das?) Das heißt durchdividiert, meine Damen und Herren, daß jede Politikerpension von heute mit 680 000 S vom Steuerzahler subventioniert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich wiederhole zunächst meine Anordnung, daß von nun an die tatsächlichen Berichtigungen am Schluß der Debatte aufgerufen werden, und möchte folgendes festhalten: Es bestehen Zweifel, daß die Wortmeldungen zum Großteil tatsächliche Berichtigungen waren, genausowenig wie eine persönliche Erwiderung von Ihrer Seite, Herr Abgeordneter Dr. Haider, gekommen ist. (Abg. Dr. Haider: Ich nehme das gleiche Recht in Anspruch wie die anderen!)

Ich möchte aber jenen, die vorhin so lautstark nach der Einhaltung der Geschäftsordnung gerufen haben, folgendes sagen: Ich möchte darauf aufmerksam machen, sich zu erinnern, wann bei den tatsächlichen Berichtigungen die Praxis begonnen hat, daß sie in Wirklichkeit ein Debattenbeitrag sind. Ich bitte, darüber nachzudenken. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

12.08

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Haider! Von Ihrer persönlichen Erwiderung, die Sie soeben dem Haus geboten haben, war für mich nur eines interessant: die Geisteshaltung, die dahinter steht! (Heftiger Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: Die alte Leier!) Denn: Sie haben auf dem Weg zum Rednerpult erklärt, daß alle vor Ihnen in ihren Wortmeldungen die Geschäftsordnung gebrochen haben. Sie als Kenner der Geschäftsordnung haben das in eklatanter Weise getan, was Sie anderen Abgeordneten vorgeworfen haben. Es hat in den vorherigen tatsächlichen Berichtigungen keinen persönlichen Bezug auf Sie gegeben. Sie wollten einfach einen Debattenbeitrag machen, und es ist Ihnen völlig gleichgültig, ob der erste Satz Ihrer Bemerkungen zum letzten im Widerspruch steht. Mediale Wirkung ist angesagt, alles andere ist Ihnen Wurscht! Ich sage Ihnen: Die Österreicherinnen und Österreicher erkennen diese Geisteshaltung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Haider! Sie wollten das mit Bemerkungen zum Bezügegesetz über die Bühne bringen, gleichgültig, ob Ihre Kärntner Freunde dafür gestimmt haben oder dagegen, daß Sie bei Abfertigungen und Pensionen im Politikbereich den Rächer von Witwen und Waisen spielen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bitte erklären Sie uns das noch einmal: Wie ist das mit der medialen Wirkung?)  – entgegen den Tatsachen, entgegen dem Gesetzestext, entgegen dem, was Sie tatsächlich in Händen gehabt haben, nämlich dem Bezügebegrenzungsgesetz.


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Meine Damen und Herren! Es gibt keine Abfertigungen mehr. Sie wissen das, aber denjenigen, die jetzt zusehen, soll eine Wahrheit vorgegaukelt werden, die nicht stimmt und die nicht existiert, nämlich daß es im Bereich der politischen Funktionen in Zukunft nach dem Bezügegesetz Abfertigungen gibt. Das stimmt nicht! Sie sind abgeschafft, und Sie wissen das. (Abg. Dr. Haider, einen Gesetzestext in die Höhe haltend: Eine Bezugsfortzahlung gibt es!) Es soll derjenige, der eine berufliche Tätigkeit nicht imstande ist auszuüben, weil er sich eine Zeitlang nach Abgabe seines Mandats einen Beruf suchen muß, so lange eine Bezugsfortzahlung bekommen, solange er keine andere Beschäftigung hat. (Abg. Dr. Haider: Also doch!) Das ist etwas anderes als eine Abfertigung! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler, in Richtung der Freiheitlichen: Sie sagen die Unwahrheit!)

Meine Damen und Herren! Genauso ist es mit dem Märchen von den 600 000 S. Sie wissen ganz genau, daß wir in Zukunft nach dem Bezügebegrenzungsgesetz bei der Auszahlung von Ruhegenüssen eine Politik machen nach dem Grundsatz: "Aus den Augen, aus dem Sinn". (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Die große Reform des Bezügerechtes in diesem Sommer besteht darin, Herr Kollege, daß in dem Augenblick, in dem ein Abgeordneter sein Mandat oder ein Minister seine Funktion niederlegt, der Bund, die Gebietskörperschaft, für die er gearbeitet hat, jeder Verpflichtung ledig ist. Sie werfen uns eine Politik "Hinter uns die Sintflut!" vor. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie ist das mit der Bezugsfortzahlung?)

Meine Damen und Herren! Das, was Herr Dr. Haider hier geboten hat, war sehr seichtes Wasser, war sehr oberflächliches Wasser, in dem es Ströme von Unrichtigkeiten und Unwahrheiten gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Herr Kollege Haider! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Können Sie das noch einmal sagen?!) Sie werfen uns – und das ist, wenn es nicht so tragisch wäre, fast zum Lachen – kurzfristige Geldbeschaffungsaktionen im Zusammenhang mit der Pensionsreform vor.

Herr Kollege Haider! Erklären Sie mir bitte nur eines: Wie beschafft man für das Budget kurzfristig zusätzliche Mittel, wenn diese Reform im Jahre 2003 mit einer Einschleifregelung zu wirken beginnt und im vollen Umfang im Jahre 2020 entwickelt sein wird? (Abg. Dr. Haider: Indem du von den geringfügig Beschäftigten abkassierst!) – Das steht doch im Widerspruch zu Ihrer Behauptung! Aber gut klingen tut es, und deswegen verwenden Sie diese Formulierung vor der Fernsehkamera. (Abg. Dr. Haider: Herr Professor Rürup liegt falsch!) – Das ist es, worum es Ihnen in diesem Zusammenhang geht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Das hat Rürup gesagt, nicht ich! Der Regierungsexperte!)

Sie sagen, daß wir die kleinen Beamten im Regen stehenlassen. Meine Damen und Herren! Das, was wir nach sehr intensiver Diskussion mit den Gewerkschaften – deswegen haben sie letztendlich auch zugestimmt – in der Schlußphase noch hineingenommen und dynamisiert haben (Abg. Dr. Haider: Viele kleine Beamte sind betroffen!) , ist eine Deckelung der negativen Auswirkungen mit genau diesem sozialen Augenmaß. (Abg. Dr. Haider: Das sagt Genosse Posch! Genosse Posch sagt, das geht nicht!) Diese Reform, Herr Kollege Haider, ist sozial absolut ausgewogen. Denn das, was in diesem Zusammenhang verwirklicht wird, ist, daß im Jahre 2020 die gesamte negative Auswirkung für einen kleinen Beamten 1 Prozent betragen kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Haben Sie schon mit Posch gesprochen? Haben Sie mit Posch schon gesprochen?) Wo ist denn da der Regen, den Sie reklamieren? – Es gibt ihn nicht, weil gerade wir Sozialdemokraten gemeinsam mit den Gewerkschaften dafür gesorgt haben, daß es eine entsprechende Minimierung der Nettoersatzrate gibt. Die Pensionen sind daher in den nächsten Jahrzehnten auch für den einzelnen gesichert.

Herr Kollege Haider! Sie behaupten beispielsweise (Abg. Dr. Haider: Nein! Posch sagt das: Kein Grund zum Feiern, kleine Beamte betroffen!)  – und das ist schon mehr Dichtung als Wahrheit –, daß es bei dieser Reform, die wir beschließen, um ein "Sektionschef-Aufwertungsgesetz" geht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lassen Sie sich die Aussendung von Posch kommen!)

Meine Damen und Herren! Das sind die Bestimmungen, auf die Bezug genommen wird. (Abg. Dr. Haider: Das wird eine tatsächliche Berichtigung bringen!) Eine einzige Sektion im Landwirtschaftsministerium wird aufgewertet (Abg. Dr. Haider: Ah, doch!) , und eine weitere Sektion


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im Gesundheitsministerium wird abgewertet. Das Nettoergebnis ist in etwa dasselbe. Aber das bezeichnen Sie hier vor Zusehern, die sich nicht auskennen, als "Sektionschef-Aufwertungsgesetz". (Abg. Koppler: Wieder eine Halbwahrheit!) Das ist Unredlichkeit und Unehrlichkeit in Person, Kollege Haider! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Kollege Kostelka hat es nicht ganz durchgelesen! – Abg. Dr. Haider: Was ist mit der Sektion ...?)

Sie haben auch die Anstrengungen im Zusammenhang mit den Lehrlingen reklamiert. Seien Sie beruhigt. (Abg. Dr. Haider: Was ist mit der Sektion Frauen- und Konsumentenschutz? Was ist mit der Sektion Gesundheitswesen?)

Sehr geehrter Herr Kollege Haider! Diese Bundesregierung und im besonderen der Bundeskanzler haben sich im vollen Umfang dafür eingesetzt, daß zusätzliche Lehrlingsplätze geschaffen werden. Das ist uns gelungen. Ich glaube, das ist etwas, worauf wir mit Stolz zurückblicken können.

Ich gebe zu, daß noch 6 500 Fälle offen sind. Ich sage Ihnen aber auch gleichzeitig, rund 3 000 offene Stellen für Lehrlinge – es müssen jetzt noch einige geschaffen werden – stehen dem gegenüber. Darüber hinaus wird es entsprechend unseren Ankündigungen Maßnahmen geben, die sicherstellen, daß noch in diesem Herbst – noch sind wir im Herbst – entweder eine entsprechende Ausbildung oder ein Arbeitsplatz für die jungen Arbeitsuchenden zur Verfügung steht. Das ist eine Politik – versprochen und gehalten –, zu der wir uns bekennen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Meine Damen und Herren! Was wir Ihnen hier vorlegen, sind – wir befinden uns jetzt am Beginn von sieben Plenarsitzungstagen in zwei Wochen – das Budget 1998 und die Grundzüge in dem Budgetprogramm, das wir auch diskutiert haben, für 1999. Wir haben am Ende dieser zweiwöchigen Periode dem Nationalrat nicht nur den Bundeshaushalt für das nächste Jahr, sondern in den Grundzügen auch für das übernächste Jahr vorgelegt und weitgehend mit entsprechenden Beschlüssen "abgesegnet".

Meine Damen und Herren! Damit können wir sagen, daß wir in diesen beiden Wochen das Budgetprogramm für den Rest der Legislaturperiode verwirklicht haben – nach dem Grundsatz, daß wir auf der einen Seite zwar die Budgetstrukturierung verwirklicht haben, uns aber auf der anderen Seite die finanziellen Handlungsspielräume erarbeitet haben, wenn es wiederum zu einer Rezession in der Wirtschaft kommen sollte. Für uns ist Sparpolitik nicht Selbstzweck, sondern Voraussetzung für staatliches Handeln, wenn die Wirtschaft entsprechende Impulse braucht.

Es ist kein Kaputtsparen, wie manche uns dies vorwerfen, sondern es ist ein offensives, ein sozial ausgewogenes, ein Arbeitsplätze schaffendes und sicherndes Sparen, das konsequenter und vor allem sozial ausgewogener als in den meisten anderen europäischen Staaten vorgenommen wird.

Meine Damen und Herren! Diese Regierungsmehrheit im Nationalrat, das politische System, aber auch die Sozialpartnerschaft haben sich durch diese Entscheidungen, die wir in diesen sieben Tagen zu treffen haben, als leistungs- und entscheidungsfreudig und darüber hinaus als zukunftsorientiert und als sozial gesinnt erwiesen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich darf Ihnen gerade an dieser Stelle am Beginn dieser siebentägigen Beratungen mein Credo zur Sozial-, aber auch zur Budgetpolitik nennen: Ein Sozialdemokrat und mit mir meine 70 anderen Freunde im Nationalrat verstehen unter dem Begriff Staat sicherlich nicht einen Nachtwächterstaat. Denn, meine Damen und Herren, ein Nachtwächterstaat hat noch immer auf das Eigentum jener aufgepaßt, die es sich richten konnten. Das, was wir wollen, ist ein leistungsfähiger Staat, ein Staat, der dann dem einzelnen zur Hilfe eilt, wenn er Unterstützung braucht – aus Krankheitsgründen, aufgrund von Arbeitslosigkeit, im Alter, aber auch im Hinblick auf Kindererziehungszeiten oder Pflegevorsorge.

Es ist darüber hinaus auch Aufgabe des Staates, für Chancengleichheit zu sorgen: in der Ausbildung, im Beruf. Kollege Haselsteiner, schütteln Sie nicht den Kopf! Gerade Frauen brauchen solche Unterstützungen, um ihren gerechten Anspruch in der Wirtschaft und nicht nur im öffent


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lichen Dienst zu finden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Ja, aber Ihre Methode ist falsch! Sie machen das falsch!)

Meine Damen und Herren! Wir tun dies in einer Situation, in der alle Budgets aller Staaten dieses Kontinents unter Druck gekommen sind, und zwar schlicht und einfach deswegen, weil die wirtschaftliche Entwicklung in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre nicht ganz so ist, wie wir es uns vielleicht in den siebziger und achtziger Jahren noch gedacht haben.

Wir müssen daher Reformen vornehmen, um auch in Zukunft das soziale Netz, das ein bißchen unter Druck geraten ist, abzusichern und entsprechend zu untermauern. Das müssen wir insbesondere auch deswegen, weil wir eine Politik vor dem Hintergrund einer Alterspyramide betreiben, weil unterschiedlich große Generationen einander gegenüberstehen, und aufgrund der medizinischen Entwicklung, der Möglichkeiten der Medizin kommen wir zu einer Altersstruktur in der Bevölkerung, die uns zum Handeln zwingt.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen ganz offen, wir wären nicht verpflichtet, jetzt zu handeln, aber wir tun es, weil wir den Bürgern unseres Landes in den nächsten Legislaturperioden tiefere, stärkere Einschnitte auf jeden Fall ersparen wollen. Daher darf ich mich noch einmal Ihnen zuwenden, Herr Kollege Haider, nämlich Ihren drei Säulen.

Ich sage Ihnen, das ist eine Politik, die angekündigt, aber hier nicht entsprechend dargelegt wurde, eine Politik des blanken Zynismus. Die erste Säule orientiert sich im Grunde genommen am Existenzminimum. (Abg. Ing. Reichhold: 11 000 S! Zwei Drittel haben weniger als 10 000!) Das ist eine Säule, die letztendlich darauf hinausläuft, daß es das Gesetz in seiner majestätischen Souveränität den Armen und Reichen im gleichen Maße erlaubt, unter der Brücke zu schlafen.

Nur manche der Armen müssen es tun, und da wird Recht zum Unsinn, meine Damen und Herren, denn die zweite Säule ist letztendlich eine Säule für jene Betriebe – wie viele sind das schon in der Wirtschaft? –, denen es besser geht. Die dritte Säule ist für einen noch kleineren Kreis, nämlich für jene, denen es in beruflichen Situationen besser geht und die eine Eigenvorsorge vornehmen können. Das, was wir wollen, ist, daß in einem Umlageverfahren eine Generation nach der anderen einander das Pensionssystem sichert und, wenn wir Schwierigkeiten mit der Alterspyramide haben, auch rechtzeitig eine entsprechende Reform einleitet, sodaß der Ersatz des Einkommens auch in den nächsten Jahrzehnten in der Pension gesichert ist.

Meine Damen und Herren! Diese Reform ist fair, sozial ausgewogen und beginnt über Jahrzehnte hinweg zu wirken, und sie ist darüber hinaus eine Reform, die auch unendlich viele positive Leistungen bringt. Wir werden die Teilzeit verwirklichen. Das ist etwas, was die Gewerkschaften seit Jahrzehnten gefordert haben. Nunmehr ist es uns in diesem Zusammenhang gelungen. Der Bildungsurlaub ist ein Traum, der jahrzehntelang nicht verwirklicht werden konnte. Am Freitag dieser Woche wird in diesem Haus eine Mehrheit bestehen, die einen Beschluß dafür herbeiführt. Wir werden die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten wesentlich verbessern, wir werden alle Erwerbstätigen in das Pensionssystem hineinnehmen und die geringfügige Beschäftigung – eine sehr gefährliche Entwicklung – auch in das Sozialversicherungssystem integrieren.

Allein in den letzten drei Jahren hat sich die Flucht aus dem Arbeitsrecht und aus dem Sozialsystem um 30 Prozent erhöht. Vor allem aber, meine Damen und Herren, ist es uns gelungen, große Schritte der Harmonisierung zu setzen. Ich lege deswegen so viel Wert darauf, weil das Schritte sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, die niemand anderem in Europa gelungen sind. Kein anderes politisches System, kein anderes Land hat es fertiggebracht, in solchen Reformschritten, wie wir es in dieser Woche tun werden, das System des öffentlichen Dienstes und der allgemeinen Sozialversicherung zusammenzuführen.

Meine Damen und Herren! Diese entsprechenden Reformmaßnahmen werden wir darüber hinaus, wie schon gesagt, sozial abfedern und dafür vorsorgen, daß dem einzelnen auch in der Pension eine Lebensführung ermöglicht wird, die der des aktiven Lebens durchaus entspricht.


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Meine Damen und Herren! Das, was wir hier machen, ist eine Politik für nächste Generationen. Wie sehr dies den Tatsachen entspricht, lassen Sie mich nur an einem Beispiel demonstrieren: Es gibt einen einzigen Abgeordneten, der so lange im Haus ist wie die Frist zur Verwirklichung dieser Reformen im Jahre 2020. Wir machen Politik für Generationen, die in diesem Haus noch nicht vertreten sind, und zwar aus Verantwortung der Zukunft dieser Generationen und Österreich gegenüber. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.24

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Bevor ich Herrn Abgeordneten Dr. Kier das Wort erteile, gebe ich bekannt, daß Frau Abgeordnete Dr. Petrovic vor Eingang in die Tagesordnung beantragt hat, dem Wissenschaftsausschuß zur Berichterstattung über ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird, eine Frist bis 9. Dezember 1997 zu setzen.

Dieser Antrag wird entsprechend der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Es liegt ein von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestelltes Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Die kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden, die Abstimmung über diesen Antrag nach Schluß dieser Debatte.

*****

Bitte, jetzt ist Herr Abgeordneter Dr. Kier am Wort.

12.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Kostelka und vor ihm schon Herr Klubobmann Khol haben hier bemerkenswerte Widersprüchlichkeiten auf den Tisch gelegt. Klubobmann Khol hat gesagt, wir brauchen diese Reform dringend zur Sicherung der sozialen Systeme. Klubobmann Kostelka hat gesagt, wir wären nicht verpflichtet gewesen, jetzt zu handeln.

Genau in diesem Spannungsfeld der Meinungen, wir hätten ohnehin noch Zeit gehabt, es wäre gar nicht notwendig gewesen, jetzt zu handeln, und der Tatsache andererseits, daß wir tatsächlich dringend eine Reform brauchen, weil die Probleme seit über zehn Jahren verschlafen wurden, in diesem Spannungsfeld wurden merkwürdige Kompromisse geschlossen – merkwürdige Kompromisse deswegen, weil die behaupteten Ziele durch das, was hier vorliegt, nicht erreicht werden. Es ist mit absoluter Sicherheit zu unterstellen, daß das, was an sogenannten Reformdokumenten vorgelegt wird, der Erreichung der behaupteten Ziele nicht dient. Das ist eindeutig. Es gibt nämlich ein paar wesentliche Punkte, die in der Diskussion, die sich nur mit der wechselseitigen Schuldzuweisung befaßt, in Vergessenheit geraten.

Zum Beispiel Punkt eins: äquivalente Ersatzzeitenfinanzierung. Das klingt sehr fachmännisch, aber ich sage Ihnen, was damit gemeint ist: Wir brauchen ein Pensionssystem, in dem Ersatzzeiten auch mit konkreten Finanzierungen ausgestattet sind und nicht einfach nur als Zeiten angerechnet werden. Das findet nur ganz teilweise im Bereich der Kindererziehungszeiten statt, ganz teilweise. (Abg. Rosemarie Bauer: Was heißt "ganz teilweise"?)

Anpassung an die geänderte Arbeitswelt – das ist geradezu das exemplarischste Feld, bei dem versagt wird. Es wird zwar der Versuch unternommen, alle Erwerbseinkommen irgendwie zu erfassen, aber nur mit merkwürdigen Figuren wie dienstnehmerähnlichen Verhältnissen und so weiter und so fort. Von einer Harmonisierung der Arbeitswelt ist überhaupt nicht die Rede.

Damit komme ich zu dem Punkt, der heute im Rahmen der Beamtenpensionen zur Sprache gebracht werden muß. Es wurde zwar durchaus erstmals das Wagnis in Angriff genommen, Beamte auch mit Durchrechnungszeiträumen auszustatten, aber erst ab 2003 und mit einer


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Umstellungsdauer bis zum Jahr 2020, also tatsächlich für die übernächste Generation, aber davon, daß man dazu eigentlich einen ganz anderen Schritt hätte setzen müssen, nämlich die Beamtendienstrechte und die Beamtenbesoldungsrechte mit denen der normalen Arbeitswelt zu harmonisieren und nicht nur am Pensionsbereich herumzufeilen, war überhaupt nicht die Rede. Wenn man die Besoldungssysteme nicht harmonisiert, dann hat man es natürlich extrem schwer, dazu passend die Pensionssysteme zu harmonisieren, aber das hätte bedeutet, daß man tatsächlich im Ganzen arbeitet und nicht an Teilen herumdoktert.

Durchrechnungszeiträume anheben: Ich habe es schon erwähnt, Lebensarbeitszeit muß das Ziel sein. Daß man das vielleicht nicht sofort mit einem ersten Schritt erreichen kann, das mag schon stimmen, aber man müßte deutlich sagen, daß es die Lebensarbeitszeit geben muß, und dann kann man über 18, 20 oder 25 Jahre durchaus reden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nächster Punkt: spürbare Anhebung von Abschlagsregelungen im Bereich der Frühpensionen. – Nicht ein Hauch davon! 2 Prozent verzögert, "verbremst". Das Pensionsantrittsalter wird mit diesen Maßnahmen nicht angehoben werden, und 4 Prozent wären das Notwendige gewesen. Also man hat offenbar gemeint, zwischen 0 und 4 ist der Mittelwert 2, daher machen wir 2. Daß 2 Prozent dann aber keine Wirkung mehr haben und wir diese erst bei 4 Prozent gehabt hätten, das wird ignoriert.

Alterungskosten, steigende Lebenserwartung berücksichtigen: In keinem einzigen dieser sogenannten Reformgesetze, die wir in dieser Woche diskutieren werden, ist irgendwo auch nur ein Hauch davon zu bemerken, daß man die steigende Lebenserwartung als ein Dynamisierungselement verwenden sollte. Es wurde zwar bis zuletzt um Dynamisierungen gefeilscht, aber daß es auch Dynamisierungen geben könnte, die bedeuten, daß aufgrund der steigenden Lebenserwartungen die Pensionen eben nicht so hoch angehoben werden können beziehungsweise sogar auf die Dauer des Ruhestandes anders verteilt werden müssen, das war in den Gesprächen offenbar unerwünscht, weil es eine schmerzliche Wahrheit ist.

Diese fünf Punkte, die ich Ihnen genannt habe, sind der Succus der Studie und des Gutachtens von Professor Rürup, sind also keineswegs von mir frei erfunden. Das zentrale Dokument, mit dem gearbeitet wurde, enthält diese fünf Punkte. Und da sich diese fünf Punkte kaum oder nur ansatzweise in den Budgetbegleitgesetzen wiederfinden, darf man sich nicht wundern, wenn das summarische Urteil dieses Experten lautet: Von den notwendigen 20 Prozent Einsparungen auf der Ausgabenseite werden bestenfalls 3 Prozent erreicht werden. Und das ist weniger als ein Sechstel. Eine Reform, die nur ein Sechstel des gesteckten Ziels erreicht, von diesem Pult aus zu loben, das ist schon mehr als tollkühn.

Klubobmann Khol meinte, ich hätte "dringend" in diesem Zusammenhang gesagt. In diesem Punkt gebe ich ihm recht. Aber "dringend" würde bedeuten, daß man klare Ziele definiert. Und diese klaren Zieldefinitionen unterbleiben im Effekt. Im Effekt ist die Pensionsreform in ein Bermudadreieck gefallen – in ein Bermudadreieck, das aus Regierung, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Sozialpartnerschaft besteht. Und in diesem Bermudadreieck sind die wesentlichen Notwendigkeiten dieser Pensionsreform verschwunden. Das absolut Skandalöse und geradezu Unfaßbare für mich ist das Verhalten der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst; ich muß das mit aller Deutlichkeit aussprechen. Eine Gewerkschaft, die nicht die Interessen ihrer Mitglieder, sondern ausschließlich die Interessen ihrer Führungsebenen vertritt, ist eine Gewerkschaft, die innerhalb des ÖGB mehr Schwierigkeiten haben müßte, als sie offenbar hat, weil sie sich nämlich dort durchgesetzt hat. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wer von seiten der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat im Rahmen dieser Gespräche auch nur mit einem Wort die Vertragsbediensteten erwähnt, die auch im öffentlichen Sektor arbeiten, aber alle unter dem Regime des ASVG leben – allerdings nicht geschützt, sondern kündbar und nicht mit den Privilegien eines Pensionsrechtes, das aus dem 19. Jahrhundert stammt? Natürlich ist es für jene, die es haben, komfortabel, aber es kann nicht mehr länger verantwortet werden. Und wenn Kollege Kostelka hier meint, die staatliche Aufgabe sei es nicht, Nachtwächterstaat zu sein, so stimmen wir ihm zu 100 Prozent zu. Wer redet vom Nachtwächterstaat, wenn er der Meinung ist, daß es eine staatliche Aufgabe ist, Garantien zu geben, die man auch


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einlösen kann? Und welche Garantie gäbe es im Bereich der Altersversorgung, die wir einlösen könnten? – Eine Grundsicherung für alle, die könnten wir garantieren! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber unter dem Anspruch staatlicher Garantie und sozialer Fürsorge Höchstpensionen im Beamtenbereich zu verteidigen, das ist keine Sozialpolitik, das ist auch keine Staatsaufgabe, denn unter Staatsaufgabe verstehe ich, daß ich alte Menschen mit dem gleichen Maß messe und nicht mit dem unterschiedlichen Maß ihrer früheren Berufslaufbahn und dem sozialen Anspruch, weil genau dafür wäre die Eigenvorsorge gedacht. Oder stellen Sie sich vor, daß jemand, der in den höchsten Beamtenkategorien bezahlt wird, nicht in der Lage ist, sich mit seinem Einkommen auch eine Eigenvorsorge zu finanzieren? Genau diesen Personenkreis adressiert man, wenn man von Eigenvorsorge spricht. Man meint damit nicht die Alleinerzieherin in prekären Arbeitsverhältnissen, denn diese ist dazu nicht in der Lage, diese benötigt die volle Solidarität. Eine neue Solidarität ist gefordert. Und das, was Sie hier vorführen, ist das Zerrbild einer Nichtsolidarität! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber eine neue Solidarität als Staatsaufgabe, Herr Klubobmann Khol, die sich sowohl in den Gesetzen wiederfinden muß als auch im Grundkonsens der Bevölkerung, würde voraussetzen, daß Sie umdenken. Aber das, was vorgelegt wurde und was wir heute diskutieren und die ganze Woche diskutieren werden, ist nicht durch Umdenken zustande gekommen, sondern durch das Zurechtbasteln von irgendwelchen Schaufensterdekorationen. Von Ihrer Reform ist nicht mehr übriggeblieben als eine Schaufensterdekoration, die bestenfalls den Anschein erweckt, daß die Bundesregierung das Gesicht nicht verloren hat. Und ich sage Ihnen eines: Genau genommen hat sie das Gesicht verloren, weil sie hat behauptet, Ziele erreichen zu wollen, die sie nicht einmal ansatzweise erreicht hat.

Jetzt komme ich auf einen zentralen Punkt zu sprechen, der in der Diskussion nie vorgekommen ist; weder in den Ausschüssen noch innerhalb der Regierung und auch nicht vom Gewerkschaftsbund wurde dies thematisiert: die eigenständige Absicherung der Frauen. Dieses Thema existiert in Ihren Papieren überhaupt nicht, weil Sie krampfhaft an einer Altersversorgung festhalten, die ausschließlich an der zuvor innegehabten Erwerbsarbeit festmacht. Sie können sich nicht dazu entschließen, eine Alterssicherung zu entwickeln, die ohne Ansehen der Erwerbsarbeiten eine Grundsicherung bedeutet. Und solche Dinge gibt es in der gelebten Wirklichkeit! (Abg. Dr. Khol: Ohne Arbeit?)

Solche Dinge gibt es in der gelebten Wirklichkeit in Holland, das wurde auch schon von Mitgliedern der Regierungsfraktionen vielfach zitiert. Genau dort wurde aber die Diskussion schon in der ersten Hälfte der achtziger Jahre eingeleitet, also die ersten wären wir nicht. Und außerdem wurde das selbstverständlich als Fundament eingezogen. Holland war auch nicht der Meinung, daß es bei diesem Fundament allein bleiben kann, sondern hat zusätzlich kreative Möglichkeiten entwickelt und Leistungsangebote in den Raum gestellt. Das nennt man üblicherweise ein duales System – ein System, in dem der Staat garantiert, daß niemand ins Elend gerät, und in dem es der Staat ermöglicht, daß jeder seinen Lebensstandard auch im Alter fortsetzen kann. Das ist etwas, was wir ermöglichen müssen, aber nicht mit staatlichen Mitteln herstellen können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich meine, daß es ein schwerer Denkfehler ist, zu vermuten, daß man mit den Mitteln staatlicher Umverteilung den Lebensstandard im Alter – einen hohen Lebensstandard im Alter, und zwar möglichst für alle – sichern kann. Das funktioniert nicht. Dann verschwindet genau jenes Element, das wir brauchen, nämlich der Antrieb der Mitglieder der Gesellschaft, auch für sich etwas zu leisten, die Notwendigkeit und die Einsicht, daß es wichtig ist, daß man, wenn man lebenslang einen hohen Lebensstandard behalten will, dafür etwas tun muß, daß man sich nicht zurücklehnen und abwarten kann, was man geschenkt bekommt.

Herr Klubobmann Khol! Selbstverständlich braucht man im Alter auch ohne vorherige Arbeit eine Vorsorge. Oder wollen Sie alte Leute deswegen, weil ihnen vielleicht ihr Lebensplan mißlungen ist, unter die Reichsbrücke schicken? – Also christlich ist das nicht, das sage ich Ihnen ganz deutlich. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Wer an seine Bereitschaft, für andere einzustehen, moralisierende Bedingungen knüpft, der handelt nicht wirklich solidarisch, der handelt nicht im Geiste von Nächstenliebe und der hat ein Menschenbild, das von der Verachtung des anderen geprägt ist und nicht vom Anerkennen seiner Würde. Das ist etwas, was in diesem Zusammenhang vielleicht besonders wichtig ist, weil es hier auch um Werthaltungen geht. Es geht bei diesen Fragen auch um Werthaltungen. Wie stehe ich zu den Mitmenschen? Bin ich bereit, für sie einzustehen, oder sage ich: Hinter mir die Sintflut!? – Sie haben hier eine Reform vorgelegt, bei der Sie gesagt haben: Die Sintflut haben wir vorerst vertagt, sie kommt erst im Jahre 2010. Das, was Sie hier gemacht haben und was Sie uns hier vorlegen – das weiß jeder, der sich damit intensiv beschäftigt –, wird nicht halten. Sie behaupten, eine Reform zu machen, und wissen heute schon, daß Sie, bevor diese ernsthaft in Kraft tritt – ernsthaft tritt sie erst im Jahre 2003 in Kraft –, eine nächste Reform brauchen werden. Das wissen Sie genau! Und wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie es wenigstens dem von Ihnen selbst als Sachverständigen gerufenen Experten Professor Rürup, der das unmißverständlich an verschiedenen Plätzen, in Zeitungsinterviews, in Diskussionsveranstaltungen und auch direkt im Fernsehen, im Liveinterview gesagt hat: Diese Reform reicht nicht aus, um das gesteckte Ziel zu erreichen.

Die Frauenfrage – ich greife sie bewußt noch einmal auf – existiert gar nicht in Ihren Papieren. Daher existiert auch nicht das Phänomen der Mehrfachpensionen im Alter. Das wäre aber ein interessantes Einsparungsfeld gewesen.

Wie Sie wissen, gibt es neben den Eigenpensionen auch Hinterbliebenenpensionen, und manchmal, ja sogar häufig ist die Hinterbliebenenpension bedauerlicherweise der einzige Altersversorgungsanspruch, den Frauen haben. Aber es gibt auch Fälle, bei denen Eigenpensionen und Hinterbliebenenpensionen zusammentreffen. Eine verwitwete Amtsrätin, die das Glück hatte, daß ihr Mann auch Amtsrat war, ein verwitweter Amtsrat, der das Glück hatte, daß seine Frau auch Amtsrätin war, beziehen nicht nur eine nach den Kategorien des Beamten-Dienstrechtes ausgebildete recht komfortable Pension, sondern zusätzlich auch noch eine recht komfortable Hinterbliebenenpension nach dem Beamtenrecht. Wäre das zum Beispiel nicht einer Deckelung wert gewesen, oder hätte das die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst auch nicht erlaubt? – Das frage ich Sie ganz deutlich.

Möglicherweise wäre das Einsparungsvolumen, das Sie dabei erzielt hätten, nicht besonders groß gewesen, aber jeden Schilling, den Sie dort gewonnen hätten, hätten Sie für eine eigenständige Absicherung aller anderen im Alter nicht versorgten Menschen verwenden können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vor allem hätten Sie bei den Menschen die Gewißheit erzeugt, die Überzeugung gefestigt oder vielleicht geweckt, daß Sie es wirklich ernst meinen mit einer Reform, die zu harmonisieren versucht. Diese Harmonisierungsnotwendigkeit ist angesichts dieser Frage von Doppelpensionen nur an einem Punkt deutlich gemacht worden. Das Modell übertragen auf den Bereich ASVG/GSVG sieht ganz anders aus. Dort ist einerseits dieser Kumulierungseffekt von vornherein ein bescheidener und andererseits in dieser Form gar nicht so ohne weiteres lukrierbar.

Daher ein zentraler Vorwurf: Die Frage der Mehrfachpensionen haben Sie nicht einmal gestreift! Und als wir im Ausschuß – ich komme noch einmal darauf zurück – versucht haben, das zu thematisieren, konnten wir in den Sitzungspausen, in den Unterbrechungen im Small talk darüber diskutieren, weil die eigentlichen Sitzungen sich nur mehr darauf konzentriert haben, die sogenannte Gleichzeitigkeit der Reform herzustellen.

Es hat mich übrigens sehr fasziniert, als Kollege Feurstein im Ausschuß gesagt hat, wir müssen das gleichzeitig machen. – Ich habe ihn verstanden, er hat gemeint, im Sozialausschuß und im Finanzausschuß. Diese Gleichzeitigkeit war aber eine Gleichzeitigkeit des Mißtrauens. Hätte es nämlich einen gemeinsamen politischen Willen und ein tatsächliches Reformpaket gegeben, dann wäre es doch bei der Umsetzung gleichgültig gewesen, ob der eine Ausschuß zuerst beschließt und der andere nachher oder ob ein Tag dazwischen gewesen wäre. Bei vertrauensvollen Kompromissen braucht man diese Gleichzeitigkeit nicht! Und daß Sie diese Gleichzeitigkeit dringend benötigt haben, zeigt einmal mehr, daß Ihre Lösungsmechanismen nicht mehr den


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Dienst leisten, den sie angeblich leisten sollten. Und daher ist mir dieses Beschwören der Diskussion mit den Sozialpartnern heute wirklich mehr als auf die Nerven gegangen.

Natürlich muß man mit den Sozialpartnern diskutieren, aber wenn sie dann nichts zustande bringen und man darauf wartet, bis sie fünf nach zwölf doch noch irgendeinen "verhatschten" Kompromiß aus sich herausquetschen, dann ist dies eine Abdankung des Parlamentarismus! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist vor allem – das ist noch viel ärger – das Ausliefern der Republik an Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, faire, anständige, solidarische und soziale Kompromisse zu schließen, also an Menschen, die in Wirklichkeit am Ende sind. Und ich möchte nicht, daß diese Aussage eines Tages auch auf die Republik Österreich zutrifft. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

12.44

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach langwierigen und mühsamen, anstrengenden und lohnenden Verhandlungen legen wir nun dem Souverän der Republik, dem Parlament, eine Pensionsreform vor (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt ), mit der wir die soziale Sicherheit in diesem Land weiter stärken, indem wir den Stabilitätskurs, den wir seit 1995 in dieser Regierung eingeschlagen haben, weiter entwickeln, und mit der wir in unserer Heimat Pensionen sichern und garantieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Wie lange, Andreas? Bis zur nächsten Wahl? Wie lange?)

Meine Damen und Herren! Alle Länder Europas mit einem ausgebauten Sozialsystem leiden an den gleichen Phänomenen: Wir haben längere Ausbildungszeiten – jeder, der Kinder hat, weiß, daß ein abgeschlossenes Hochschulstudium vor dem 24., 25. Lebensjahr kaum erreichbar ist –, wir haben eine kürzere Lebensarbeitszeit, und zum Glück – weil wir alle gesünder leben – leben wir länger. Das heißt also, eine kürzere Arbeitszeit muß eine längere Pensionszeit finanzieren, wir haben einen unglaublichen Zustrom in die Frühpension, und in allen Ländern Europas sind die Pensionen für den öffentlichen Dienst ein großes Problem. Das heißt, wir sind kein tragischer Einzelfall.

Wir sind aber insofern ein Einzelfall, meine Damen und Herren, als es uns mit dieser Pensionsreform gelungen ist, was in keinem anderen Land Europas gelungen ist: im öffentlichen Dienst eine Harmonisierung des Pensionssystems mit den anderen Pensionssystemen – mit Einverständnis der Gewerkschafter – durchzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben ohne soziale Turbulenzen, ohne Streiks, ohne Aktionstage die Harmonisierung aller Pensionssysteme in wichtigen Bereichen grundgelegt. Es ist für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes oft nur schwer verständlich, warum ein Bauer, der sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hat, eine niedrigere Durchschnittspension bezieht als ein Angestellter oder ein Gewerbetreibender oder vor allem ein Beamter im öffentlichen Dienst. Da gibt es ganz unterschiedliche Lebenserwartungen und Lebensverdienstkurven, und wir mußten jetzt endlich im Sinne einer Gerechtigkeit das Programm, das alle Regierungen seit 1980 im Regierungsprogramm enthalten haben, verwirklichen, daß es zumindest in den Eckpfeilern für alle Österreicherinnen und Österreicher die gleichen Grundsätze für die Gestaltung der Alterssicherheit gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Jetzt endlich!)

Meine Damen und Herren! Es ist uns das bei der Durchrechnung gelungen. Ab dem Jahr 2020 werden mit einem schleifenden Übergang die Durchrechnungszeiträume in allen Systemen gleich sein. Das heißt also, die Grundlage für die Pensionsbemessung wird für den Bauern, für den öffentlich Bediensteten, für den Arbeiter und für den Angestellten gleich sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! In allen Systemen haben wir in Zukunft die gleichen Abschläge für Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in Frühpension gehen, das heißt also, vor dem 60. Lebensjahr als Frau, vor dem 65. Lebensjahr als Mann. Die öffentlich Bediensteten haben diese Abschläge schon seit mehreren Jahren. Ich sage das deshalb, weil immer gesagt wird, es gebe hier Privilegien. In diesem Punkt sind die öffentlich Bediensteten mit gutem Beispiel vorangegangen, und die Abschläge haben bereits Wirkung gezeigt. Das Durchschnittsantrittsalter im öffentlichen Dienst ist hinaufgegangen, und ich glaube, wir müssen den öffentlich Bediensteten hier auch Anerkennung zollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir werden in Zukunft die gleichen Kriterien für die Berufsunfähigkeitspension haben. Wir werden die gleichen Kriterien für die Ruhensbestimmungen haben. Ich möchte hier ausdrücklich sagen, daß in diesem Gesetz auch grundgelegt ist, daß ein Politiker, der eine Pension als öffentlich Bediensteter, als Gewerbetreibender, als Bauer oder als Arbeiter und Angestellter bekommt, natürlich Ruhensbestimmungen unterliegt, wenn er daneben ein politisches Einkommen hat – was bei Bürgermeistern oft der Fall ist und was uns große Probleme bereitet. Viele pensionierte Lehrer werden mit 60 Bürgermeister, aber wir brauchen diese Mitbürgerinnen und Mitbürger. In Zukunft gelten hier Ruhensbestimmungen, und das ist gerecht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Die ÖVP braucht diese! Sie sind eine Bürgermeisterpartei!) Ja, wir sind eine Bürgermeisterpartei, Herr Kollege Haselsteiner! Wir sind stolz darauf, eine Bürgermeisterpartei zu sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Länder haben die gleichen Probleme. Wir sind kein tragischer Einzelfall. Ich möchte nur sagen, daß viele von Ihnen immer glauben, daß uns die Deutschen zeigen, wie man sozusagen "mit der Goas ackert". Die Deutschen haben die Steuerreform nicht zustande gebracht, wir hingegen schon, und die Deutschen haben auch ihre Rentenreform dieser Tage abgesagt. Was wir in mühseligen Verhandlungen mit den Sozialpartnern – Präsident Verzetnitsch ist hier – zustande gebracht haben, ist anderen Ländern nicht gelungen. Wir sind das erste Land, das im öffentlichen Dienst einen Durchrechnungszeitraum für die Pensionsbemessung einführt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß man hier auch einmal sagen muß: Es wurde in letzter Zeit sehr viel Kritik an den Gewerkschaften geübt. Ich bin seit über 20 Jahren Christlicher Gewerkschafter, ich bin überzeugter Gewerkschafter, und ich weiß, wie wichtig die Gewerkschaft in einer Demokratie ist. Ohne die organisierte Gegenmacht gegen die organisierte Wirtschaftsmacht kann eine Partnerschaft nicht funktionieren. Und man kann einer Gewerkschaft nicht vorwerfen, daß sie mit allen gesetzlich zur Verfügung stehenden Mitteln die Interessen ihrer Mitglieder verfolgt. Das ist ihre Aufgabe. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Das werfen wir nicht vor! Aller Mitglieder!)

Das ist die Aufgabe der Gewerkschaften, so wie es die Aufgabe der Wirtschaftskammer ist, ihre Mitgliederinteressen zu vertreten. Daher ist es eine Illusion, zu glauben, eine weiterreichende Lösung wäre besser gewesen, es wäre besser gewesen, wenn wir eine Reform ohne Gewerkschaft gemacht hätten. Denn, meine Damen und Herren von der liberalen Fraktion, die sozialen Kosten von nicht verhandelten Lösungen können Sie sich im Augenblick in Frankreich anschauen, wo die Lastwagenfahrer die gesamte französische Republik lahmlegen. So etwas wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Einmal erpreßt, immer erpreßt!)

Natürlich hätten sich beide Regierungsparteien gewünscht, daß wir das, was wir in Rust als Verhandlungsgrundlage dargelegt haben, schneller und in vollem Umfang hätten durchsetzen können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. ) Aber es ist eben Demokratie (Abg. Dr. Haselsteiner: Nein!) , dem anderen zuzuhören, den anderen mit seinen Interessen ernst zu nehmen und dann hier im Parlament einen am Gemeinwohl orientierten Kompromiß zu finden. Und diesen haben wir gestern in der Nacht gefunden, was ich begrüße. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Hier im Parlament habt ihr gar nichts gefunden!)

Da gibt es natürlich Krakeeler, die andere Lösungen lieber hätten. Auch andere Menschen haben recht, und ich kann mir das auch vorstellen. Was ich aber nicht verstehe, ist, daß man folgende Lösung anstrebt, auch wenn sie optisch sehr attraktiv ist: Jeder Mensch bekommt eine


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gleiche Pension von 11 000 S, daneben gibt es noch Privatvorsorge und Betriebsvorsorge, ohne aber den geringsten Vorschlag zu machen, wie ein solches System, das es beispielsweise in England gibt – mit sehr geringen Pensionen vom Staat, alles andere ist privat –, zu finanzieren wäre.

Ja glauben Sie denn wirklich, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daß es zumutbar wäre, ohne Begrenzung der Bemessungsgrundlage von allen Einkommen einen Pensionsbeitrag zu kassieren, und zwar für Pensionen, die man selber gar nicht mehr bekommt? Denn derjenige, der heute gemäß diesem Modell ohne Bemessungsbegrenzung lückenlos einzahlt, würde nach 40, 50 Jahren auch nur 11 000 S Pension bekommen, gleichgültig, was er eingezahlt hat. Das heißt also, laut diesem System müßten die Jungen zahlen und die Alten, die derzeit ihre Pension haben, zittern, daß sie keine Pension mehr bekommen, wie sie sie heute haben. Also die Jungen zahlen, und die Alten zittern! (Abg. Dr. Haselsteiner: Jetzt zittern die Jungen!) Das kann nicht das Modell einer Pensionsreform sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch etwas sagen: Ich habe in den letzten Wochen und Monaten sehr viele unsachliche Bemerkungen über den öffentlichen Dienst gehört. Es hat eine Dämonisierung des öffentlichen Dienstes und eine Hetze gegen den öffentlichen Dienst gegeben, die ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit das auch klargestellt ist: Ich bin schon vor vielen Jahren aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden und habe entgegen den Aussendungen einer Partei, die immer Halbwahrheiten aussendet, natürlich keinen Anspruch irgendwann einmal auf eine Beamtenpension. Nur, ich habe den öffentlichen Dienst von innen und von außen kennengelernt. Und da kann ich mich einfach nicht mit solchen Sätzen zufriedengeben, wie etwa laut "täglich Alles" vom 20. April 1997: "Wir haben einen Zustand, daß ein Drittel der Beamten gar nichts arbeitet, ein Drittel schiebt Dienst nach Vorschrift und ein Drittel macht die Arbeit für die anderen."

Originalzitat Haider in der "Presse" vom 18. Juni 1997: 40 Prozent der Beamten einsparen! "Jörg Haider skizzierte am Dienstag bei einer Pressekonferenz, ...: durch den natürlichen Abgang und die Privatisierung gewisser Bereiche ... könnten 40 Prozent aller Beamten eingespart werden."

Und er sagte weiters am 18. August 1997: Beamtengewerkschafter sind "nicht zurechnungsfähig". "Die Presse" vom 16. Oktober 1997: "bürokratischer Wahnsinn". Der "Kurier" vom 7. Juni 1997: Keine Nebentätigkeiten für Beamte. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Und was dem Faß den Boden ausschlägt, ist dann im "Standard" vom 20. Juni 1997 zu lesen, in dem Herr Haider den Beamten zuruft: "Der Fasching ist aus!" (Ruf: Hoffentlich ist er aus!)

Meine Damen und Herren! Das sind Hetztiraden gegen öffentlich Bedienstete, die sich unsere Universitätsprofessoren ebensowenig verdient haben wie unsere Postbeamten, unsere Sicherheitsbeamten, die Krankenschwestern, die Ärzte, die Pfleger – das sind alles öffentlich Bedienstete! Daß in unserem Land eine halbwegs ordentliche Lebensqualität vorhanden ist, verdanken wir dem öffentlichen Dienst, und wir danken ihm dafür. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist der Reparaturversuch!)

Ich fordere daher auf, diese Hetze gegen den öffentlichen Dienst einzustellen, denn unsere Heimat wäre ohne ihn eine unsichere Heimat, eine unordentliche Heimat und keine so sozial gerechte Heimat, wie wir sie derzeit haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner. )

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch sagen, daß wir mit dieser Pensionsreform den Generationenvertrag respektieren, der darin besteht, daß auch die jungen Menschen in diesem Lande die Perspektive haben, eine ordentliche Pension zu bekommen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Heuchler!) Und dafür stehen wir ein! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist blanker Zynismus! Eine Schande!)

Es hat eine ganze Reihe von Vorschlägen gegeben, die wir zurückgewiesen haben, man solle den alten Menschen etwas wegnehmen. (Abg. Dr. Haider: Ein richtiger Heuchler!) Wir haben


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garantiert, daß die Pensionen, so wie sie zustehen, weiter bezahlt werden, und wir haben garantiert, daß die Pensionen auch weiterhin erhöht und angepaßt werden. Kein Mensch in dieser Republik, der eine Pension zuerkannt bekommen hat, soll darum zittern müssen. Wir werden sie weiterhin bezahlen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist schlimmer als der Vranitzky seinerzeit! Da war Vranitzky noch zurückhaltend!)

Meine Damen und Herren! Die Reform erfaßt den Öffentlichen Dienst, die Reform erfaßt die Bauern, die Reform erfaßt die Selbständigen, und die Reform erfaßt die Arbeiter und Angestellten. Und wofür ich besonders dankbar bin: daß wir vorausblickend die neuen Formen der Selbständigkeit in unser Sozialsystem eingebaut haben. Ich halte es für eine großartige Sache, daß sich jetzt junge Menschen, die mehrere Dienstgeber haben, selbständig versichern und damit Kranken- und Pensionsversicherung erwerben können. Ich halte es für großartig, daß wir für die geringfügig Beschäftigten die Möglichkeit schaffen, für relativ wenig Geld eine Altersversorgung zu bekommen. (Abg. Ing. Reichhold: Wie wollen Sie das zahlen?) Daher haben all diejenigen, die heute gesagt haben, wir hätten nichts für die alleinstehenden Frauen getan, unrecht. Die unselbständig Beschäftigten, die für relativ wenig Geld in die Pensions- und Krankenversicherung kommen können (Abg. Öllinger: Das stimmt doch nicht!) , werden das sehr genau registrieren und werden es auch schätzen.

Und wir haben noch etwas Weiteres für die Frauen getan: Die Kinderersatzzeiten werden in Zukunft mit 8 000 S pro Monat bewertet. Das heißt, die Pensionen von Müttern mit Kindern werden um 20 Prozent höher sein, und das ist großartig! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß. Jede Generation muß den Sozialstaat sichern. Dazu bedarf es einer leistungsfähigen Wirtschaft, dazu bedarf es eines sparsamen Staates, und dazu bedarf es eines gerechten Systems. Ich glaube, daß wir mit der Pensionsreform, die wir in diesen Tagen erarbeitet, diskutiert und – hoffentlich! – beschlossen haben werden, jenen Beitrag geleistet haben, den so manche unserer Vorgänger – da gebe ich Herrn Kier recht – nicht geleistet haben. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wer waren denn die Vorgänger?)  – Die Vorgänger waren nicht Sie, Herr Haselsteiner, aber auch nicht ich. (Abg. Dr. Haselsteiner: Ja freilich! Schwarze und Rote! Seit 30 Jahren! – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich zitiere Rudolf Edlinger, den Finanzminister, dem ich ebenso danken möchte wie Staatssekretär Ruttenstorfer und Frau Hostasch sowie Willi Molterer: Wir müssen jetzt die Pensionsreform machen, damit nicht unsere Nachfolger in sieben, acht Jahren vor den gleichen Problemen stehen wie wir heute. Daher war das eine vorausblickende und richtige Politik, und jeder, der an Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit in unserer Heimat interessiert ist, sollte diese Reform unterstützen. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde versuchen, nahtlos dort anzuknüpfen, wo Herr Klubobmann Khol aufgehört hat, nämlich bei seinem Hohelied auf die Gewerkschaft, auf das, was im Verhandlungsprozeß mit den Gewerkschaften in den letzten Wochen stattgefunden hat.

Herr Abgeordneter Khol! Ich teile vieles von dem, was Sie gesagt haben, aber ich möchte Sie schon daran erinnern: Angefangen hat das eigentlich anders, nämlich mit einer Ruster Regierungsklausur, die von der festen Absicht geprägt war, dieses Paket, das man in Rust beschlossen hat, unabhängig davon, ob es Interessengruppen gibt, die damit nicht übereinstimmen, durchzusetzen. Das war der Beginn der Auseinandersetzung. Man hat das den Gewerkschaften und den anderen Interessenorganisationen vorgesetzt und hat ihnen gesagt: Ihr könnt euch daran erwürgen, aber bei diesem Paket bleibt es! Verhandelt nur ruhig über die Eckdaten in diesem Paket!


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Daß dieses Konzept nicht aufgehen konnte, war klar: weil hier Interessen im Spiel waren. Und da teile ich nicht die Meinung der Kritiker der Gewerkschaftspolitik, die sagen, in erster Linie hätte sich die Gewerkschaft ein Stück in Richtung dieses Regierungspaketes bewegen können. Ich werde aber versuchen, das zu differenzieren. Meiner Ansicht nach liegt das eigentliche Problem in der gewerkschaftlichen Haltung – und das habe ich schon jahrelang in diesem Haus immer wieder betont – nicht im Bereich der ASVG-Pensionen, sondern im Rahmen einer Beamtengewerkschaft, die es tatsächlich auch diesmal wieder verstanden hat, die Interessen ihrer oberen Beamten am besten von allen Interessen in dieser Gewerkschaft zu wahren.

Das ist das eigentliche Problem, und das habe ich bei allen Pensionsdebatten, die wir in den vergangenen Jahren in diesem Haus geführt haben, immer wieder betont. Und das ist auch in der Anlage dieses Pensionskonzepts leider enthalten. Es ist den Herren Gewerkschaftsfunktionären im öffentlichen Dienst, es ist aber auch der Regierung gelungen, ihre Privilegien weitgehend aufrechtzuerhalten. Das kann man nicht nur bei diesem kleinen Aspekt der Politikerprivilegien, die ja die Debatte völlig unbeschädigt überdauert haben, sehen, bei dem es darum geht, daß Politiker ihre Pension völlig uneingeschränkt genießen dürfen – im Gegensatz zu den Beamten, die zumindest für einen bestimmten Zeitraum mit Abstrichen zu rechnen haben, wenn sie daneben ein Einkommen beziehen. An den Politikern ist das vorübergegangen.

Das ist nur ein kleiner Teilaspekt der Debatte. Worauf ich hinweisen will, ist etwas Größeres: Wir diskutieren hier eine Pensionsreform, bei der es erklärtermaßen, wenn man Ihnen Glauben schenken darf, darum geht, daß die jetzt im Erwerbsleben befindliche Generation durch diese Reformen ihre eigene Alterssicherung gewährleistet haben soll. Aber niemand sagt dazu, daß wir eine bereits in Pension befindliche Generation haben, bei der es eine sehr ungleiche Verteilung von Chancen und Einkünften gibt. Niemand sagt dazu, daß die derzeit erwerbstätige Generation, die die Zukunft ihrer eigenen Pension jetzt sichern soll, auf der einen Seite für die schon in Pension Befindlichen die vollen Leistungen zahlt und auf der anderen Seite geringere Leistungen zu erwarten hat. Niemand sagt das dazu!

Niemand sagt auch das dazu, was am Anfang der Debatte durchaus auch von seiten der Gewerkschaften noch eingebracht worden ist, daß auch das beste Pensionssystem nur dann aufrechterhalten werden kann, wenn es gelingt, Beschäftigung zu sichern. Und es sind einige Eckpunkte auch in diesem Paket betreffend die Beamten drinnen, anhand derer ersichtlich wird, daß es Ihnen offensichtlich sehr wenig um diese Frage geht.

Sie haben sehr oft von der Harmonisierung gesprochen, und ich bin durchaus bereit, Ihnen zuzugestehen: In einem Bereich haben Sie tatsächlich einen Erfolg erzielt, und das ist der Durchrechnungszeitraum. In einem einzigen Bereich ist Ihnen der Ausstieg aus einem System gelungen, von dem ich meine, daß es tatsächlich ein veraltetes, an Privilegien orientiertes System ist. Er ist Ihnen nicht gelungen beim Pensionsalter, er ist Ihnen nicht gelungen bei allen anderen Eckdaten, etwa bei der Höchstbeitragsgrundlage, und er ist Ihnen nicht gelungen – darauf hat Abgeordneter Kier auch zu Recht hingewiesen – bei dem, was die Grundlage des Pensionssystems ausmachen sollte, nämlich beim Dienstrecht, beim Arbeitnehmerschutz, beim Beschäftigungsverhältnis als solchem.

Da gibt es keine Harmonisierung. Da haben wir in Zukunft gerade durch die Maßnahmen, die in allerletzter Minute vereinbart worden sind, mindestens drei Klassen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst: die Beamten nach dem alten Dienstrecht und mit den entsprechenden gegenüber dem ASVG erhöhten Pensionsversicherungsbeiträgen, dann die Beamten mit den geringeren Pensionsversicherungsbeiträgen und schließlich daneben noch immer die Vertragsbediensteten. Hier gibt es keinen Ansatz zur Harmonisierung, sondern statt zwei großen Gruppen haben wir in Zukunft drei große Gruppen.

Ich meine, das deutet darauf hin, und das war auch meine Frage an Sie, Herr Staatssekretär, im Ausschuß: Wäre es nicht vernünftiger gewesen, die Pensionsdebatte hier in diesem Land mit so etwas wie einem Masterplan zu beginnen, zu versuchen, sich darüber klarzuwerden, was man will? Das vermisse ich auch bei dem, was Sie in den vergangenen Monaten debattiert haben. Denn, Herr Staatssekretär und werte Frau Ministerin: Die Ruster Klausur hat es sich nicht zum


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Ziel erklärt, eine Harmonisierung herbeizuführen. Das war nicht das Ziel der Ruster Klausur! Sie sind von der Ruster Klausur weggegangen mit Plänen von unterschiedlichen Durchrechnungszeiträumen für die Beamten und für die ASVG-Pensionisten. Sie haben zunächst gesagt, für die Beamten sollen andere Durchrechnungszeiträume gelten als für die ASVG-Pensionisten, und erst schön langsam haben Sie die Kurve gekratzt in Richtung Harmonisierung. Ich meine, es müßte schon auch von einer Regierung zu erwarten sein, daß sie sich über ihre Zielvorgaben, was die Harmonisierung betrifft, etwas klarer wird.

Ich komme noch einmal zurück auf die für mich nicht geklärte und von Ihnen in keiner Weise beantwortete Frage, ob die Sicherung eines zukünftigen Pensionssystems für die jetzt im Erwerbsleben stehende Generation, die gleichzeitig die Pensionen der jetzt in Pension befindlichen Generation zahlen muß, nicht verbunden werden müßte mit einer Bewertung der bestehenden Pensionssysteme. Man würde dann auch zu einer Antwort auf die Frage kommen, die sich viele in diesem Land stellen, ob die Differenzen, die es derzeit zwischen geringen und hohen Pensionen gibt – ich brauche nur herzunehmen die ArbeiterInnen- und BäuerInnenpensionen, die am niedrigsten sind, und die Pensionen im Beamtenbereich, die am höchsten sind –, nicht wesentlich höher sind als die Differenzen zwischen den Einkünften im Erwerbsleben.

Im Erwerbsleben haben wir Unterschiede bei den Löhnen und Gehältern von, ich würde einmal sagen, in der Regel 1 zu 10 oder 1 zu 15, also zwischen 10 000 S und 100 000 S, 150 000 S für Vollzeitarbeit. Im derzeitigen Pensionssystem haben wir aber Differenzen, die von 1 zu 20 bis 1 zu 30 gehen. Und wenn das Pensionssystem die Ungerechtigkeiten, die Differenzen im Erwerbsleben nicht nur nachbildet, sondern noch weiter vergrößert, dann muß ich schon die Frage stellen, ob es nicht höchst angebracht wäre, auch über die Ungerechtigkeiten im bestehenden Pensionssystem zu sprechen, auch darüber zu sprechen, daß es durchaus möglich wäre, ohne Eingriff in die individuellen Pensionsrechte einiges nachzujustieren – beispielsweise durch die Streichung des Pensionistenabsetzbetrages für alle Pensionen, die über 30 000 S, über der ASVG-Höchstgrenze, liegen.

Wir diskutieren immer so, als ob es nur darum ginge, die Beamten und die ASVG-Pensionisten in eine Vergleichbarkeit zu bringen. Es geht doch auch um die Mehrfachpensionen, und es geht um jenen sehr wichtigen Bereich, über den niemand hier im Hohen Haus diskutiert: die Tatsache, daß es vor allem im staatlichen, im staatsnahen Bereich – bei Banken, bei Versicherungen, und das will ich nicht nur am Beispiel unseres ehemaligen Bundeskanzlers diskutiert wissen – Pensionen gibt für mehrjährige Beschäftigung, für eine Beschäftigungsperiode von ein paar Jahren, die 200 000 S, 300 000 S ausmachen. Niemand diskutiert darüber! Wozu sitzen wir hier überhaupt zusammen, um über die Zukunft des Pensionssystems zu sprechen, wenn wir nicht bereit sind, auch dem Faktum ins Auge zu schauen, daß es – nicht nur, weil das auch den ehemaligen Bundeskanzler betrifft – Bereiche gibt, die sich jeglicher Kontrolle entziehen und offensichtlich auch Ihrer Bereitschaft, sie zu beeinflussen?

Wir haben im öffentlichen Dienst und auch in staatsnahen Bereichen das Problem der Mehrfachpensionen, die zum Beispiel aus dem Zusammentreffen einer Eigenpension und einer Witwer- oder Witwenpension resultieren. Dabei kommt es zu Einkommenshöhen im Pensionsbereich von 50 000 S, 60 000 S oder 70 000 S, obwohl die Eigenpension, wenn sie 30 000 S oder 40 000 S ausmacht, schon hoch genug wäre, wie ich meine.

Niemand von Ihnen diskutiert darüber, daß es angemessen und sozial gerecht wäre, auch da etwas zu ändern – nicht bei den kleinen Witwer- und Witwenpensionen, wo es darum geht, daß aufgrund des Versterbens des einen Ehepartners eine Pension in der Höhe von 10 000 S oder 15 000 S erreicht werden kann. Es geht darum, nach oben hin abzuschmelzen, gerechtfertigt abzuschmelzen, weil das eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist und der Verantwortung gegenüber jener Generation, die dieses Pensionssystem derzeit finanziert – auch gegenüber den zukünftigen Generationen. Das alles haben Sie nicht einmal andiskutiert mit diesem Pensionsreformkonzept. Sie sind nicht einmal bereit, darüber zu diskutieren. Ich meine jedoch, genau diese Fragen müssen wir diskutieren, wenn es uns tatsächlich um ein nachhaltiges, um ein solidarisches und dauerhaftes Pensionssystem geht.


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Dieser Debatte werden Sie sich in den nächsten Jahren nicht verweigern können, auch wenn Sie noch hundertmal betonen, Sie hätten eine Pensionsreform zustande gebracht, die dauerhaft ist, die uns die Zukunft sichert. Dieser Debatte werden Sie sich nicht entziehen können, weil wir sie Ihnen aufzwingen werden, weil die Bevölkerung sie Ihnen aufzwingen wird – nicht nur Herr Haider, der das immer wieder zum Gegenstand von Reibereien zwischen den Generationen machen will.

Meine Damen und Herren! Es geht um mehr: Es geht nicht nur um die Harmonisierung innerhalb der Pensionssysteme, sondern auch um die Harmonie innerhalb dessen, was immer als Generationenvertrag bezeichnet wurde. Da, muß ich Ihnen sagen, ist zuwenig Substanz spürbar, und das nicht nur im Bereich des öffentlichen Dienstes, wo keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden, damit junge Menschen tatsächlich wieder in Beschäftigung gebracht werden können.

Wir haben anläßlich einer anderen Debatte über den öffentlichen Dienst diskutiert, wie stark die Zahl der Lehrlinge im öffentlichen Dienst in einem Teilbereich, nämlich im Universitätsbereich, zurückgegangen ist. Welche Maßnahmen wollen Sie denn sichtbar machen, um glaubhaft den Jungen zu erklären, daß Sie durchaus bereit sind, die Ausbildung im öffentlichen Dienst zu verstärken? Ich meine, auch der öffentliche Dienst hat seine Verpflichtung, nicht nur die Privatwirtschaft, die Lehrlingsausbildung zu forcieren. – Da gibt es keine Maßnahmen, da gibt es kein Gerede über den öffentlichen Dienst. Wir diskutieren zwar über die Privatwirtschaft, die entsprechende Verpflichtungen hat, aber Sie sind nicht bereit, einzusehen, daß auch der öffentliche Dienst – zumindest was die Ausbildung von Jugendlichen betrifft – sich seiner Verantwortung nicht entziehen kann.

Ich komme zum eigentlichen Problem, das ich damit ansprechen will: Die Harmonisierung zwischen der Beschäftigungspolitik und der Pensionspolitik ist Ihnen nicht gelungen.

Gestern abend habe ich in "Zeit im Bild 2" Herrn Vizekanzler Schüssel gesehen (Abg. Dr. Khol: Guter Mann, sehr guter Mann!), der erklärte, eine der wesentlichsten Aufgaben sei es gewesen, die "Frühpensionitis" einzudämmen. (Abg. Dr. Khol: Ja!)  – Es ist schade, daß Herr Vizekanzler Schüssel heute bei der Beschlußfassung dieses Gesetzes nicht anwesend ist, denn ich lese im 1. Budgetbegleitgesetz, daß eine der wesentlichsten Maßnahmen dieses Budgetbegleitgesetzes, Herr Abgeordneter Khol, die Frühpensionierung von Lehrern ist – als eine zusätzliche Maßnahme, als ein zusätzliches Angebot. (Abg. Dr. Khol: Entweder Sie haben es nicht gelesen oder Sie haben es nicht verstanden!) Mich werden Sie nicht sagen hören, Herr Abgeordneter Khol, das sei eine unsinnige Maßnahme, aber Sie können nicht hergehen mit Ihrer Partei und mit Ihrer Politik und erklären, es gehe darum, die Frühpensionen einzudämmen, und ein spezielles Angebot an die Lehrer offerieren, das den einzigen Zweck hat, mehr Lehrer frühzeitig in die Pension zu bekommen. (Abg. Dr. Khol: Nein! Haben Sie es nicht gelesen oder nicht verstanden?)

Selbstverständlich! Da kann man lesen und interpretieren, was man will: Das ist so. Das ist ein Faktum, Herr Abgeordneter Khol! (Abg. Dr. Khol: Nein! Die Alterspyramide zu ändern, und das kostenneutral!) Die Alterspyramide, Herr Abgeordneter Khol, müßten wir überall ändern, nicht nur bei den Lehrern. (Abg. Dr. Khol: Das macht aber die Maßnahmen nicht falsch!)

Wir haben doch auch in der Privatwirtschaft das Problem – damit bin ich wieder beim Beschäftigungsbereich –, daß es Ihnen im Jahr 1997 zwar im Bereich der jugendlichen Arbeitslosen aufgrund der Milliardenbeträge, die Sie investieren, zu gelingen scheint, einiges zu verbessern, was aber gleichzeitig damit korrespondiert, daß es bei älteren Arbeitslosen – das betrifft vor allem den Verantwortungsbereich der Frau Ministerin Hostasch – nicht gelungen ist, den Anstieg einzubremsen. Wir haben einen rapiden Anstieg der Zahl älterer Arbeitsloser zu verzeichnen, und die Maßnahmen, die Sie hier vorschlagen – das diskutieren wir nicht heute, sondern am Freitag –, sind in keiner Weise geeignet, tatsächlich helfend einzugreifen.

Ich meine, es ist Ihnen im Ansatz gelungen, einen Punkt durchzusetzen, das anerkenne ich resümierend auf die Pensionsfrage: den Durchrechnungszeitraum und damit den Ausstieg aus


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einem alten System und den Einstieg in ein neues System. Aber Sie haben so viele Aufgaben offengelassen. Sie haben mit all dem, was Sie auch mit den Beamten in den letzten Monaten aufgeführt haben – das war nicht nur der Kollege Haider, das waren auch Ihre Aussagen von Regierungsseite, das war Ihr Versuch, die Gewerkschaft in ein Eck zu treiben –, für sehr viel Verunsicherung im öffentlichen Dienst gesorgt. Es ist Ihnen nicht gelungen, ein Konzept glaubhaft zu machen, in dem Sie beispielsweise die Fragen der Pragmatisierung im öffentlichen Dienst zukunftsweisend in einer Absichtserklärung klarstellen – worum geht es in Zukunft, welche Bereiche wollen Sie pragmatisieren, welche wollen Sie entpragmatisieren –, in dem Sie die Perspektiven einer Pensionsreform klarmachen und in dem Sie die Pensionsreform mit dem Beschäftigungssystem verknüpfen.

Sie sagen – damit bin ich wieder bei Abgeordnetem Khol –, jede Generation muß ihren Sozialstaat sichern. Aber die Voraussetzung dafür, Herr Abgeordneter Khol, ist, daß wir in der Beschäftigungsfrage weiterkommen. Und wenn ich mir summarisch dieses Budget – nicht nur das Begleitgesetz, das wir heute diskutieren – hernehme, dann kann ich nur feststellen, daß viele der Maßnahmen, die Sie die Beschäftigungspolitik betreffend gesetzt haben, kontraproduktiv waren, daß Sie keinen Schritt vorwärts gemacht haben, daß Sie den Generationenvertrag betreffend in den letzten Monaten sehr viel Verunsicherung erzeugt haben, weil die junge Generation sich, wie ich meine, nicht zu Unrecht fragt, ob mit den Maßnahmen und mit der Politik, die Sie in den letzten Wochen im Zickzack vorgeführt haben, ihre Pensionen tatsächlich gesichert werden können, vor allem dann, wenn ihre Beschäftigung nicht gesichert ist.

Sie haben es verabsäumt, eine glaubhafte Perspektive zu geben, die weit über die Pensionsfrage, die Beschäftigungsfrage hinausgehen müßte. Das ist das eigentliche Problem.

Darum glaube ich, daß das, was Sie in diesem kleinen Teilbereich erreicht haben, nicht ausreichen wird, eine dauerhafte Absicherung der Pensionssysteme sicherzustellen. Wir Grüne werden gegen diese Pensionsreform stimmen, weil sie, obwohl sie in ganz kleinen Teilbereichen durchaus Positives enthält, in der Summe jene Zukunftsfähigkeit, jene Nachhaltigkeit, die wir erwarten müssen, vermissen läßt. (Beifall bei den Grünen.)

13.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer. – Bitte.

13.21

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin mir dessen bewußt, daß das 1. Budgetbegleitgesetz und die darin vorgesehene Pensionsreform eine tiefgreifende Umstellung für die Beamten bedeutet, zumal damit ein jahrzehntelang geübtes System grundlegend verändert wird. Dies ist jedoch, wie ich glaube, erforderlich. Vieles ändert sich um uns. Wir müssen Reformen setzen, um Österreich zu modernisieren, damit wir auch in Zukunft zu den erfolgreichsten Ländern gehören – auch für unsere Jugend, auch für morgen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dazu hat sich die Bundesregierung in Rust bekannt. Daher setzen wir nun – und zwar gemeinsam mit den Gewerkschaften – die folgenden Punkte um:

Erstens: Es wird für Beamte ein Durchrechnungszeitraum eingeführt.

Zweitens: Die Beamtenpensionen werden in Zukunft genauso erhöht wie jene von Arbeitern und Angestellten.

Drittens: Wir führen auch für Beamte Ruhensbestimmungen ein, die dem ASVG vergleichbar sind.

Hohes Haus! Lassen Sie mich nun im Detail zur Ausgangssituation, zum Ziel, zum Weg dieser Reform Stellung nehmen. Wie sieht die Ausgangssituation aus? – Die Nettoausgaben des Bundes für Beamtenpensionen steigen stark an: ohne Reformen um rund 6 Prozent pro Jahr. Dies bedeutet aber, daß der Anteil der Nettoausgaben des Bundes für die Beamtenpensionen


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am Bruttoinlandsprodukt von heute 1,4 Prozent auf 1,7 Prozent bis 2030 steigen würde. Damit würden wir aber Finanzierungsspielräume für Investitionen, für Bildung, für Beschäftigungspolitik und andere Maßnahmen, die wir politisch wollen, einschränken. Das können wir nicht verantworten. Unser Ziel ist es, die Nettoausgaben des Bundes für die Beamtenpensionen in der heutigen Höhe, bei 1,4 Prozent bis 1,5 Prozent, zu halten, und dies – das versichere ich Ihnen – werden wir durch diese Reform erreichen.

Der Weg, den wir dazu gehen wollen, führt entlang klarer Markierungen, nämlich Vertrauensschutz, Harmonisierung und soziale Ausgewogenheit.

Zum Vertrauensschutz: Wir bekennen uns dazu und haben dies stets unterstrichen, daß wir in bestehende Pensionen nicht eingreifen. Das ist für die heutigen Pensionisten ganz wesentlich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Für die künftigen Pensionisten werden fühlbare Veränderungen, nämlich die Durchrechnung, erst 2003 beginnen und dann schrittweise erfolgen. Zur Harmonisierung werden wir entscheidende Elemente aus dem ASVG-System auch für Beamte einführen, nämlich die Durchrechnung, wie bereits erwähnt, von bis zu 18 Jahren im Jahre 2020, Ruhensbestimmungen analog ASVG und auch die Nettoanpassung der Pensionen entsprechend ASVG.

Zur sozialen Ausgewogenheit: Wir haben als Reformmaßnahme die Durchrechnung gewählt, weil wir nach sehr eingehenden Analysen erkannt haben, daß diese bei den höheren Einkommen im öffentlichen Dienst stärker wirkt als bei den geringeren. Und die soziale Ausgewogenheit wollten wir bei dieser Reform sichern. Wir haben nun zusätzlich zu diesem Instrument eine weitere Sicherung eingezogen, nämlich die Deckelung, mit der wir garantieren, daß Pensionen bis zu 10 000 S durch die Durchrechnung um nicht mehr als 1 Prozent gemindert werden, jene von bis zu 28 000 S um nicht mehr als 7 Prozent, sofern diese Pensionen bis zum Jahre 2020 angetreten werden. Für uns ist diese Maßnahme wichtig, um die soziale Ausgewogenheit in jedem Fall gewährleisten zu können.

Die Alternative zu dieser Deckelung, nämlich im bestehenden System zu bleiben und dafür höhere Pensionsbeiträge einzuführen, war für uns nicht akzeptabel, da sie nur für Bezieher höherer Einkommen positiv gewirkt und auch dem Ziel der Harmonisierung widersprochen hätte. Das wollten wir aber nicht. Wir haben im Gegensatz dazu noch einige zusätzliche Harmonisierungsschritte gesetzt: erstens die Anrechnung von Kindererziehungszeiten aus Angestelltenverhältnissen in der Privatwirtschaft, also bevor der Dienst im öffentlichen Bereich angetreten wurde, zweitens den verbesserten Schutz bei Erwerbsunfähigkeit, drittens die verbesserte Anrechnung von ASVG-Vordienstzeiten und viertens – das ist für mich ein sehr wesentlicher Punkt – die Absenkung der Pensionsbeiträge für die jüngeren Beamten – also für jene, die aus dieser Deckelung keinen Vorteil mehr ziehen können – auf das ASVG-Niveau, also von 11,75 Prozent auf 10,25 Prozent, ab dem Jahre 2000. Das heißt, daß die jüngeren Bediensteten im öffentlichen Dienst ab dem Jahr 2000 eine Anhebung ihrer Bezüge um 1,5 Prozent erfahren, damit die Anhebung der Gehälter der Jüngeren – ein wesentliches Ziel von uns – auch tatsächlich durchgeführt wird.

Hohes Haus! Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir stabilisieren mit dieser Reform die Ausgaben für die Pensionen im öffentlichen Dienst bis weit in das nächste Jahrtausend hinein. Gleichzeitig setzen wir mit dieser Harmonisierung einen wichtigen Schritt in Richtung Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und der Wirtschaft. Ich meine, wir leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Modernisierung unseres Landes. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Danke, Herr Staatssekretär.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

13.28

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das 1. Budgetbegleitgesetz, das wir heute hier beraten, hat quasi zwei Teile: einen Teil, der von unmittelbar wirksamer Bedeutung ist, und


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einen von langfristiger Bedeutung. Von unmittelbarer Bedeutung ist vor allem die Anhebung der Bezüge im öffentlichen Dienst, die als Ergebnis der Lohnrunde ausgemacht wurde, wobei es ja nicht ganz selbstverständlich ist – in Zeiten, in denen viele andere Bereiche nominell eingefroren werden, aber doch ein Zeichen gesetzt werden sollte –, daß der öffentliche Dienst so wie die anderen Arbeitnehmer in Österreich auch an der wirtschaftlichen Dynamik teilnimmt. Wir begrüßen diese Entwicklung und glauben, daß damit eine Regelung gefunden worden ist, die das richtige Maß hat.

Der zweite Bereich – und das ist ja das zentrale Thema dieser Plenarsitzung heute – ist die Pensionsreform im öffentlichen Dienst. Ich möchte mit etwas beginnen, was ich gerade aufgrund meiner persönlichen Erlebnisse in den vielen Stunden und auch Nächten der Verhandlungen als wichtig erachte, nämlich den Betroffenen, die als Akteure mitgearbeitet haben, speziell für ihren Einsatz zu danken. Das gilt selbstverständlich für Kanzler Klima und Vizekanzler Schüssel, die ja sozusagen an der Spitze der Koalition ein leistungsfähiges Team dargestellt haben und die allen Versuchen, diese funktionsfähige Spitze der Koalition auseinanderzudividieren, standgehalten haben. Ich glaube, das ist auch ein Punkt, der zum Erfolg dieser Verhandlungen beigetragen hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte weiters, gerade weil ich das auch unmittelbar erleben konnte, dem Herrn Staatssekretär Ruttensdorfer und auch dem Minister Molterer sehr danken, die für den öffentlichen Bereich mit wirklich hohem Einsatz, mit viel Sachkenntnis verhandelt haben, genauso wie Frau Ministerin Hostasch im ASVG-Bereich verhandelt hat.

Sie kennen vielleicht das Gedicht von Bert Brecht "Fragen eines denkenden Arbeiters". In diesem Gedicht geht es darum, wer eigentlich die Pyramiden gebaut hat: War es der Pharao, oder waren es die Bauarbeiter, die die Steine zusammengetragen haben?

Ich möchte auch dazu sagen: Diese Pensionsreform ist das Werk der politischen Verhandler, aber viele der Steine wurden mühsam von Beamtinnen und Beamten herbeigeschleppt, die mit enormem Einsatz gearbeitet haben, die mitgeholfen haben, um Mitternacht oder nach Mitternacht Formulierungen zu fixieren. Es handelt sich ja nicht nur um Juristen und Experten, es sind ja auch die Mitarbeiter in den Büros betroffen. Einige der Experten, die sehr maßgeblich mitgearbeitet haben, sitzen ja auch heute hier bei uns. Daher, so glaube ich, ist es für das Parlament fair, auch diesen Menschen für den großen Einsatz, den sie als Beamte geleistet haben, zu danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verhandlungen waren auf der einen Seite von der Regierung zu führen, wurden später aber auch durch Abgeordnete aus den entsprechenden Ausschüssen und durch die Gewerkschaften getragen, wobei wir ja unmittelbar drei Verhandlungspartner hatten: die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten und die Postgewerkschaft. Die Eisenbahnergewerkschaft war nicht vertreten, da ja die Reformen im Bereich der Eisenbahn im wesentlichen bereits abgewickelt sind, sodaß sich kein Verhandlungsbedarf ergeben hat. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer. )

Ich möchte hier sehr deutlich sagen, daß es zum Teil eindrucksvolle Verhandlungen waren; es war auch sehr berührend, in der letzten Verhandlungsrunde Hofrat Dohr sich verabschieden zu sehen. Er ist sicher in vieler Hinsicht ein Mann aus einer anderen Zeit, der das auch selbst weiß, aber er ist ein Mann, der zweifellos Respekt verdient.

Ich möchte besonders die konstruktive Rolle hervorheben, die Präsident Verzetnitsch und Kollege Nürnberger gespielt haben, da es ja die Aufgabe dieser beiden war, die Bereiche öffentlicher Dienst und ASVG zu verzahnen. Ich glaube, sie haben sowohl als erfolgreiche Interessenvertreter als auch – und das ist wichtig – im Interesse des gesamten Staates gehandelt und damit bewiesen, daß Sozialpartnerschaft in Österreich kein leeres Wort ist, daß es mehr ist als bloße partielle Interessenvertretung, daß es nämlich gesamtwirtschaftliche Verantwortung bedeutet. Und das ist, glaube ich, ein wichtiges Ergebnis, das wir auch hier gesehen haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht noch zur Frage: Warum überhaupt diese Reform? Es ist ja heute bereits mehrfach angeschnitten worden. Man muß auf das Expertenhearing hinweisen, das ja gezeigt hat, daß derzeit überall in Europa Fragen der Pensionsreform aktuell sind, nicht nur aus Aspekten der Demographie, sondern auch – und das wird oft übersehen – weil ja die neuen, die heranwachsenden Pensionen erfreulicherweise höher sind als die früheren, weil die Einkommen der zu Pensionierenden gestiegen sind, wobei gleichzeitig die Tendenz zu verzeichnen ist, daß die langfristigen Wachstumsraten in ganz Europa deutlich niedriger sind als zu der Zeit, in der diese Systeme konzipiert wurden. Während wir heute sagen, 2 Prozent langfristiges Wachstum ist ein realistischer und durchaus guter Wert, konnten wir früher vielleicht mit 4 Prozent rechnen.

Das heißt, es handelt sich da um Strukturbrüche. Und jetzt geht es darum, in diesen Strukturbrüchen das Umlageverfahren, zu dem wir uns bekennen, funktionsfähig zu halten. Und ich möchte darauf hinweisen – weil er heute schon öfters genannt wurde –, daß Professor Rürup sehr deutlich erklärt hat, daß einer der Vorteile, die er bei dieser Reform erkennt, ist – das gilt sowohl für den ASVG-Bereich als auch für den Bereich der Beamten –, daß es gelungen ist, das Umlageverfahren in seiner Funktionsfähigkeit zu erhalten und damit auch als Grundvoraussetzung unserer sozialen Sicherheit zu stärken. Und das ist ein nicht unwesentliches Ergebnis dieser Reform (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, weil von seiten der FPÖ immer wieder das Kapitaldeckungsverfahren als Alternative herangezogen wird, daß zumindest die Hälfte oder zwei Drittel über Kapitaldeckungsverfahren ... (Abg. Mag. Trattner: Zusätzlich!)  – Nicht nur zusätzlich, denn das ist die Entwicklung, die wir schon haben. Pensionskassen gibt es ja bekanntlich in Österreich, und ich bekenne mich auch dazu. Sie wollen ja, daß das Umlageverfahren in eine Randposition zurückgedrängt wird, daß es im wesentlichen dann nach dem Kapitaldeckungsverfahren geht. Und gerade Sie wissen ganz genau, daß damit das Problem besteht, daß eine Generation, und zwar eine große Generation, zweimal zur Zahlung herangezogen wird und gleichzeitig das System mit größerer Unsicherheit behaftet ist, wie sich ja gerade in diesen Tagen zeigt.

Das heißt, man muß hier sehr deutlich sagen ... (Abg. Mag. Trattner: Übergangsregelungen, Herr Professor!) – Übergangsregelungen helfen nichts gegen das Problem, das in diesem Zusammenhang besteht, daß nämlich der Aufbau parallel zu einem Umlageverfahren mit gewaltigen Kosten, die unrealistisch sind, verknüpft wäre. Sie wollen unter dem Titel "Drei-Säulen-Modell" in Wirklichkeit eine Demontage des Umlageverfahrens. Das würde auch eine Demontage der sozialen Sicherheit in Österreich bedeuten. Und das muß man einmal sehr deutlich sagen.

Die Doppelbödigkeit der Argumentation hat sich gerade heute wieder beim Dr. Haider gezeigt, da ihm die Reform zum einen zu hart war, während er dann wieder darauf hingewiesen hat, daß eigentlich alles zuwenig war. Da kann man nur sagen: Das Motto, daß man einfach immer gegen alles ist – was immer auch geschieht, ich bin dagegen! –, ist vielleicht ein gutes Motto für eine Opposition (Abg. Dr. Schmidt: Nicht einmal das!), für manche Oppositionsparteien, aber es ist kein Motto, nach dem eine verantwortungsbewußte Regierung vorgehen sollte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einen Punkt anschneiden, der mir auch in diesem Zusammenhang sehr wichtig ist, nämlich das Verhältnis des Staates zu seinen Beamten. Zu beweisen, daß dieses Verhältnis in manchen Teilen gestört ist, dazu bedurfte es nicht erst der unerfreulichen Vorkommnisse beim Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, wobei ich aber schon in aller Fairneß dazusagen muß: Man hört ja immer nur die mit dem Trillerpfeifchen, die anderen hört man nicht; es war ja nicht so, daß das sozusagen quer durch gegangen ist, es waren Gruppen. (Abg. Mag. Trattner: Es war der Großteil!) Aber es ist dies immerhin ein Phänomen, das man ernst nehmen muß.

Was wir hier sehen, ist die Wirkung eines großen, auch gesellschaftlichen Strukturbruches, bei dem es vom Bild eines obrigkeitsorientierten Staatsdieners, durchaus auch mit guten Seiten, in Richtung eines modernen Dienstleistungsbereiches geht, wobei man hinzufügen muß, daß es


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sich sehr wohl um einen besonderen Dienstleistungsbereich handelt, denn es ist ja eine Dienstleistung für die Allgemeinheit, und es sind sehr wichtige Aufgaben, die vom öffentlichen Dienst erfüllt werden. Es sind Dienste, die im Wirtschaftsbereich sehr zur Standardqualität eines Landes beitragen, und es sind Dienste, die auch zur sozialen Qualität eines Landes wesentlich beitragen.

Ich glaube, die Schlußfolgerung, die wir uns deutlich vor Augen halten müssen – und das ist keine Sache, die eine Partei alleine betrifft –, ist: Hüten wir uns davor, in eine billige Beamtenhatz einzustimmen, wie sie von manchen Magazinen auch ganz gerne gemacht wird. Ich persönlich bekenne mich zum Konzept des Berufsbeamtentums, allerdings zweifellos in einer neuen, modernisierten Form.

Daher gilt: Der öffentliche Dienst darf und soll kein Staat im Staat sein. Aber es sind natürlich Besonderheiten aus seiner Tätigkeit anzuerkennen. Daher, glaube ich, ist es sehr wichtig, das Pensionsrecht wie auch den aktiven Bereich gemeinsam zu sehen, daß man sagt: Wir haben spezielle Tätigkeitsaspekte, aber wir haben Grundlagen im Arbeitsbereich, im Pensionsbereich, die für alle Österreicherinnen und Österreicher gleich sein müssen.

Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt, wie man Harmonisierung in einem richtigen Sinn zu verstehen hat. Ich glaube, das ist auch der richtige Weg für den öffentlichen Dienst. Denn man muß auch beachten: Der öffentliche Dienst besteht nicht nur aus Beamten, sondern in zunehmendem Maße auch aus Vertragsbediensteten. Daher ist die Frage der Harmonisierung etwas, was den öffentlichen Dienst selbst bestimmt. Ich glaube daher, daß die Harmonisierung, die wir jetzt durchführen, obwohl sich manche Vertreter sogar dagegen gewehrt haben, letztlich auch im Interesse des öffentlichen Dienstes in seiner Gesamtheit ist.

Ich möchte noch hinzufügen: Ein prägendes Erlebnis – ich meine, es war etwas, was ich vorher schon gewußt habe – war, daß mir bei diesen Verhandlungen die oft geradezu absurde Kompliziertheit des Beamten-Dienstrechtes mit Dutzenden Sonderregelungen so unendlich bewußt geworden ist, wobei ich den Herrn Staatssekretär immer nur bewundert habe, daß er, seitdem er dieses Amt innehat, sich das alles schon aneignen konnte, was im Prinzip bisher vielleicht Geheimwissen von einigen wenigen Beamten in Österreich war, mit dem Effekt, daß sich auch innerhalb des öffentlichen Dienstes jede Einzelsparte gegenüber der anderen benachteiligt fühlt, weil ja keiner vom anderen wirklich weiß, was da gespielt wird. (Abg. Jung: Das haben Sie beschlossen! Haben Sie sich nicht ausgekannt?)

Ich möchte mich wirklich nicht aus der Verantwortung stehlen. Es ist durchaus richtig, daß ich bei manchen dieser Komplikationen wahrscheinlich auch mit dabei war. Da gilt ein bißchen das Goethe-Wort: Es erben sich Gesetze wie eine ew’ge Krankheit fort. Das sind alles Dinge, wo einem auch erklärt wird, das ist deshalb gemacht worden, weil im Jahr 1948 irgend etwas ausgetauscht wurde.

Ich glaube, da gibt es wirklich nur eine Lösung, nämlich daß wir eine grundlegende Modernisierung des Dienstrechtes anstreben und daß der erste Schritt nach der Harmonisierung ein modernes Dienstrecht im Vertragsbedienstetenbereich ist. Das ist auch vorgesehen, das ist auch dem öffentlichen Dienst zugesagt worden. Ich glaube, das ist letztlich auch ein ganz wichtiger Beitrag, um das Klima in diesem Bereich zu verbessern, da genau aus dieser Unsicherheit und aufgrund dieser vielen Sonderregelungen dieses latente Unbehagen entsteht, daß man immer denkt: Eigentlich hat es ein anderer besser – wobei man den anderen Bereich einfach nicht kennt. Daher, glaube ich, ist das ein wesentlicher Punkt, den wir uns sozusagen als Agenda vornehmen können.

Insgesamt, glaube ich, kann man davon ausgehen, daß es uns gelungen ist, mit der Harmonisierung auch mehr Gerechtigkeit zu erzeugen. Ich glaube, es ist sehr positiv, daß wir erreicht haben, daß jetzt in allen Systemen ein Durchrechnungszeitraum enthalten ist. Ich möchte übrigens auch darauf hinweisen, daß die Regelung, wie wir sie jetzt haben, weitergehend ist als die Regelung, die in Rust anvisiert wurde. (Abg. Dr. Schmidt: Aber nur in einigen Punkten!)  – Aber das ist entscheidend. Es wurde immer gesagt, man sei unter die Forderungen von Rust gegan


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gen. – Natürlich! Das ist ja ganz klar. Bei Verhandlungen gibt es immer wieder Punkte, in denen es zu Kompromissen kommt; sonst müßte man ja nicht verhandeln. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt. )

Frau Kollegin! Der entscheidende Punkt – und das war auch allen bewußt – ist, daß es uns gelungen ist, für die Harmonisierung jetzt, bereits in diesem Jahr den Fahrplan festzumachen. Wäre uns das nicht gelungen, so wäre es in Wirklichkeit erst 2020 ein Thema gewesen, worüber wir uns hätten unterhalten müssen. (Abg. Dr. Schmidt: Aber der Fahrplan ist ja auch ...!) Natürlich, nicht alles wurde sozusagen eins zu eins übernommen, wie es in Rust geplant war. Das wäre auch nicht wünschenswert gewesen, denn das hätte nur geheißen, daß es keine ernsthaften Verhandlungen gegeben hat. Es hat sehr wohl ernsthafte Verhandlungen gegeben, und in diesem entscheidenden Punkt haben wir, glaube ich, einen Erfolg erzielt, der über Rust hinausgeht, den man nicht unterschätzen soll. Wir haben jetzt den Zeitplan für die volle Harmonisierung ASVG und öffentlicher Bereich in entscheidenden Fragen der Durchrechnungszeiträume. Das ist der Angelpunkt. Das ist auch die Systemfrage, die von den Gewerkschaften gestellt wurde. Diese Systemfrage ist positiv beantwortet worden. Es wundert mich, daß das eigentlich in der öffentlichen Diskussion weitgehend untergegangen ist. Wir haben sogar mehr erreicht, als ursprünglich von vielen erwartet wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt, der immerhin auch nicht zu unterschätzen ist, ist, daß es jetzt einheitliche Pensionserhöhungen in allen Systemen geben wird. Auch das war ja, wenn Sie sich erinnern, Anlaß für lange Diskussionen, für langes und latentes gegenseitiges Mißtrauen. Auch das ist wiederum ein ganz entscheidender Punkt einer Harmonisierung und damit natürlich – und um das geht es ja letztlich auch – einer offeneren Gesellschaft. Man muß das ebenfalls sehen: Harmonisierung geschieht ja nicht als Selbstzweck oder deshalb, weil einer dem anderen etwas neidig ist, sondern hinter dem Konzept der Harmonisierung steht eine offene Gesellschaft, in der im Prinzip alle gleiche Chancen haben sollen. Natürlich differenziert man nach der Tätigkeit, aber man differenziert nicht, indem man quasi ein Kastensystem einführt.

In dem Sinne, einen Weg zu einer gerechteren, damit auch zu einer leistungsfähigeren und offenen Gesellschaft einzuschlagen, sind, glaube ich, große Fortschritte erzielt worden, zu denen wir uns gerne bekennen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.47

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Nowotny hat gemeint, daß der freiheitliche Vorschlag des Kapitaldeckungssystems in Form dieses Drei-Säulen-Modells nicht finanzierbar sei. Sie brauchen nicht sehr weit zu gehen, nämlich nur bis in die Schweiz (Abg. Dr. Nowotny: Bis in eine andere Kapitalstruktur!) , um festzustellen, daß dieses System dort bereits existiert und daß eine Umstellung innerhalb von zwölf Jahren klaglos funktioniert hat. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Wir wissen schon, daß eine gewisse Starthilfe notwendig ist, aber das Kapital dafür wäre über die Rücklagen der Nationalbank problemlos aufzutreiben, Herr Kollege Nowotny. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben ja selbst bereits zur Kenntnis genommen, daß dieses Geld dafür einsetzbar wäre.

Herr Kollege Nowotny! Was aber gewaltige Kosten verursacht und was Sie nicht bereit waren zu bereinigen, sind die Pensionsprivilegien der Politiker. Kollege Kostelka hat nicht recht, wenn er behauptet, daß es nicht stimmt, daß 600 000 S beziehungsweise mehr als 600 000 S Zuschuß pro Jahr gewährt werden. Ich werde Ihnen das noch einmal vorrechnen.

Für 291 Politiker, Herr Kollege Nowotny, wurden im Zeitraum 1989 bis 1993 über 1 Milliarde Schilling an Ruhebezügen ausbezahlt. Im gleichen Zeitraum gingen an Beiträgen für diese 291 Bezieher zirka 180 Millionen Schilling ein. Das heißt, es mußten für die Bezahlung dieser 291


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Politikerpensionen mehr als 800 Millionen Schilling vom Steuerzahler für Politikerruhegenüsse zugeschossen werden, meine Damen und Herren! Das ist Ihnen nicht zu teuer! (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. ) Wir haben dieses Gesetz, auf dessen Basis das passiert, nicht beschlossen, Herr Kollege Stummvoll! Wir waren gegen diese gesetzliche Regelung (Beifall bei den Freiheitlichen – Abg. Dr. Stummvoll: Aber kassieren tun Sie!) , aber profitieren werden in erster Linie Ihre "Politsaurier", für die Sie immer noch bereit sind, auf Kosten der vielen "kleinen" Steuerzahler in diesem Land genügend an Steuermitteln auszugeben.

Ihr Reförmchen, das darauf nicht Bezug nimmt, ist eines, das im Endeffekt die Akzeptanz bei den Betroffenen nicht erhöht hat und nicht in der Lage war, das Loch, das bereits zu klaffen beginnt, zu schließen. Rürup hat gestern und heute gesagt, daß 20 Prozent Entlastung nicht – wie angestrebt – erreicht werden konnten, sondern nur mickrige 3 Prozent Entlastung übriggeblieben sind. Damit hat es die Regierung einmal mehr geschafft, im Vorfeld dieser Reform, dieser sogenannten Reform, zwar alle zu vergrämen, aber keine Lösung zu erreichen.

Zuerst hat man die Erwartungshaltung in die Höhe geschraubt, um dann am Ende alle mit einer Reform, die meines Erachtens diesen Namen nicht verdient, zu enttäuschen. Einzig die ursprüngliche Absicht, die älteren Beamten wie Dohr und Co ungeschoren zu lassen, konnte einigermaßen erfüllt werden, meine Damen und Herren. Diese profitieren nämlich vom gegen unseren Willen durchgesetzten Besoldungssystem, das vom Dienstaltersprinzip geprägt ist. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Kollegin Bauer, haben Sie sich das schon einmal angeschaut? Das Besoldungssystem, vom Dienstaltersprinzip geprägt, das die Koalition 1994 beschlossen hat, hat die Situation für diese Beamten noch einmal massiv verbessert, und zwar durch die Funktionszulagen, die nach dem Dienstalter gestaffelt sind, was dazu führt, daß zum Beispiel ein junger Abteilungsleiter, zirka 30 Jahre alt, für eine vergleichbare Tätigkeit verbunden mit derselben Verantwortung 3 157 S monatlich bekommt, während ein älterer Abteilungsleiter, zirka 60 Jahre alt, für die gleiche Tätigkeit 20 751 S bekommt. Das wirkt sich dann auch auf die Pension aus.

Wie argumentieren Sie es, wo Sie doch immer von Harmonisierung reden, Herr Kollege Stummvoll, daß es für die gleiche Arbeit eine derart unterschiedliche Bezahlung gibt, die dann noch pensionswirksam wird? Das hat nach wie vor Gültigkeit, und solche Dinge haben Sie nicht beseitigt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So etwas haben Sie noch 1994 beschlossen, um jetzt draufzukommen, daß Sie das alles nicht mehr finanzieren können.

Während Sie jetzt die älteren in gehobenen Positionen Tätigen ungeschoren davonkommen lassen, die so wie Siegfried Dohr mit 100 Prozent ihres Letztbezuges in Pension gehen können, treffen Sie die jungen Beamten mehrfach mit dieser Reform. Seinerzeit wurden diese vielen jungen Beamten auf Anregung des Rechnungshofes sofort als Beamte eingestellt, weil man herausgefunden hat, daß, wenn man sie als Vertragsbedienstete einstellt, die Kosten zu hoch sind. Diese Neuaufnahmen haben damals zu Einsparungen von bis zu 1 865 S pro Beamten und Monat geführt. Diese Beamten, die Sie deshalb sofort als Beamte angestellt haben, weil Sie für sie weniger bezahlen mußten, müssen sich heute beschimpfen lassen, daß sie dem Staat zur Last fallen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler. )

Und jetzt wird auf dem Rücken dieser jungen Beamten auch diese Reform ausgetragen, Herr Kollege Mühlbachler! Sie wissen ganz genau, daß diese besonders von dieser Reform betroffen sind, daß das Lebenseinkommen dieser heute zwischen 30 und 40 Jahre alten Beamten wirklich weitaus weniger beträgt als bei anderen älteren Beamten und auch bei Vertragsbediensteten. Das Argument der besseren Pension gilt ja für diese nicht mehr. Als man sie damals zu diesen Bedingungen eingestellt hat, hat man nämlich in erster Linie dieses Argument vorgebracht.

Deshalb, meine Damen und Herren, fordern wir Freiheitliche: Trennen wir uns tatsächlich von diesem Umlagesystem! Dieses Umlagesystem ist einfach nicht mehr zeitgemäß, weil es, wie wir zuletzt erlebt haben, massive Gruppenegoismen erzeugt hat, weil es dadurch zu gewaltigen Auseinandersetzungen innerhalb der österreichischen Bevölkerung gekommen ist.


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Sinnvoll, glaube ich, ist der freiheitliche Vorschlag, einen Systemwechsel vorzunehmen; einen Systemwechsel, in den auch die Kammern, die Sozialversicherungsanstalten, die Energieversorgungsunternehmen mit einbezogen werden müßten.

Konkret lautet unser Vorschlag: Für alle neu eintretenden Bediensteten und bereits im Dienststand befindliche Beamte mit einem Lebensalter unter 35 Jahren soll dieses Drei-Säulen-Modell uneingeschränkt gelten. Dieses besteht, wie schon erläutert, aus einer ersten Säule, die im Wege des Umlageverfahrens finanziert wird und eine Basispension zur Grundabsicherung bringt, aus einer zweiten Säule für eine Altersvorsorge durch Pensionskassen und aus einer dritten Säule für die Eigenvorsorge, für die natürlich zusätzlich steuerliche Anreize zu schaffen sind, aber gerade das hat man ja in den letzten Jahren abgestellt. Für Beamte zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr gilt die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltende Höchstbeitragsgrundlage, und ältere Beamte lassen wir wie gehabt auslaufen.

Meine Damen und Herren! Dieses freiheitliche System würde die Pensionen auch für zukünftige Generationen tatsächlich sichern. Es wäre sehr vernünftig, sich diesen Vorschlag einmal näher anzuschauen und bei weiteren Reformen diese freiheitlichen Gedanken in die Überlegungen und Beschlüsse mit einzubeziehen, falls es nicht ohnehin so ist, daß wir beim nächsten Mal selbst bereits entscheiden können, welche Pensionsreform in Österreich über die Bühne gehen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Schluß, meine Damen und Herren, beziehe ich mich noch einmal auf die eingangs erwähnten Politikerprivilegien und bringe hier einen Entschließungsantrag im Rahmen dieser Pensionsreformdebatte ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Haider und Kollegen betreffend Pensionsprivilegien der Politiker

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bis Ende Dezember 1997 einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der eine vollständige Beseitigung der gegenwärtigen ungerechtfertigten Pensionsprivilegien der Politiker vorsieht.

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist auch entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schwarzenberger: Schweitzer! Wir werden sehr genau achten, ob der Schnell in Salzburg auf seine Jahresgage verzichten wird! – Abg. Aumayr: Wieso soll er denn? – Weitere Rufe und Gegenrufe bei den Abgeordneten der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.56

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu den Ausführungen meines Vorredners nur zwei Bemerkungen anbringen. Die erste Bemerkung: Er hat wieder einmal den Beweis dafür geliefert, daß in der Freiheitlichen Partei offensichtlich immer nur Halbwahrheiten gesagt werden. Er hat zu Recht darauf hingewiesen – das war richtig –, Professor Rürup habe gestern die Pensionsreform kritisiert, sie wäre ihm zu gering, statt der von ihm angestrebten 20 Prozent


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Einsparung gebe es nur eine von 3 Prozent. Der erste Teil war korrekt. Er hat aber den zweiten Teil verschwiegen. Professor Rürup hat auch gesagt, daß im Beamtenbereich, was das Beamtenpensionsrecht betrifft, ein beachtlicher Schritt vorwärts gemacht wird, Herr Kollege. Es wäre ehrlich und fair, auch den zweiten Satz zu sagen. Der zweite Satz ist ein Kompliment für diese Pensionsreform im Bereich des öffentlichen Dienstes, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die zweite Bemerkung: Er hat hier das große Pensionsmodell der FPÖ verkündet. Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen eines sagen: Als wir gestern und vorgestern im Ausschuß das ganze Thema diskutiert haben, hat die FPÖ zweimal, und zwar sehr rasch, Schluß der Debatte verlangt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Dort wäre die Möglichkeit gewesen, dieses Modell intensiv zu diskutieren. Das, was Sie jetzt hier machen, ist nur politischer Aktionismus und nicht mehr, Herr Kollege Schweitzer. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Hätten Sie es im Ausschuß eingebracht! Aber dort wollten Sie nicht diskutieren, Sie wollten heute hier ein Spektakel abziehen.

Dabei will ich es aber schon bewenden lassen, denn jedes weitere Wort zu meinem Vorredner wäre ein verlorenes Wort.

Meine Damen und Herren! Zum Thema selbst: Ich glaube in der Tat, daß wir mit dieser Reform und jener, die wir im Bereich des ASVG, der Gewerbetreibenden und der Bauern beschließen, einen ganz wichtigen Schritt ins nächste Jahrtausend machen. Wir haben das Problem, daß sich im Bereich der Altersvorsorge eine Reihe von Entwicklungstendenzen im wirtschaftlichen Bereich, im sozialen Bereich, im gesellschaftspolitischen Bereich mit unglaublich starken finanziellen Konsequenzen niederschlagen. Sehen wir uns nur die Entwicklung der letzten 25 Jahre, von 1970 bis 1995, an! Ich nenne Ihnen nur drei Zahlen:

Erste Zahl: Vor 25 Jahren sind die Menschen im Durchschnitt drei Jahre früher ins Erwerbsleben eingetreten. Durch längere Schul- und Studienzeiten treten sie 25 Jahre danach drei Jahre später ins Erwerbsleben ein.

Zweite Zahl: Vor 25 Jahren sind die Menschen vier Jahre später in Pension gegangen, als das jetzt der Fall ist. Das heißt, 25 Jahre nachher, nämlich 1995, sind die Menschen vier Jahre früher in Pension gegangen als noch 1970.

Dritte Zahl: Vor 25 Jahren betrug die durchschnittliche Pensionsdauer vier Jahre weniger als heute. Infolge einer erfreulicherweise gestiegenen Lebenserwartung wird die Durchschnittspension heute um vier Jahre länger bezogen als noch vor 25 Jahren.

Das heißt: drei Jahre späterer Beginn der Arbeit, ein um vier Jahre früheres Aufhören mit der Arbeit und vier Jahre längerer Pensionsbezug. Meine Damen und Herren! Das ist eine dramatische Entwicklung, der mit dieser Pensionsreform Rechnung getragen werden soll.

Nun gebe ich Ihnen gerne zu, daß natürlich auch weitreichendere Reformen möglich gewesen wären. Aber es ist dies auch eine Frage der politischen Kultur und des sozialen Klimas. Ich gebe Ihnen gerne zu, daß auch ich manche Reformschritte lieber rascher gemacht hätte, aber ich gebe gleichzeitig zu, daß mir der soziale Konsens, das soziale Klima und der soziale Frieden in diesem Land auch sehr, sehr viel wert sind. Gerade was das Beamtenpensionsrecht betrifft, müssen wir wirklich sagen: Es handelt sich hier um eine grundsätzliche Weichenstellung, eine grundsätzliche Systemumstellung.

Wenn wir von der Bemessungsbasis des letzten Monatsbezuges in einigen Jahren zu einem Durchrechnungszeitraum von bis zu 18 Jahren kommen, dann ist das eine totale Systemumstellung, wie sie bis jetzt in keinem einzigen Land Europas gelungen ist. Ich glaube, auch das sollte man anerkennen, vor allem die Damen und Herren der Opposition, die auf einem Auge blind zu sein scheinen. Wir sind das einzige Land in Europa, das diese Reformschritte gesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch eines zu den Abläufen der letzten Tage sagen. Ich glaube, sie waren gekennzeichnet von dem Bemühen, den sozialen Frieden und den sozialen Konsens in diesem Land nicht zu gefährden, und auch mir ist das sehr viel wert gewesen. Daher haben wir in den letzten Tagen, vorgestern und gestern, wiederholt auch Ausschußberatungen unterbrechen müssen. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn das alles rascher gegangen wäre. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen zur Kenntnis nehmen – und ich sage das sehr oft und auch in öffentlichen Diskussionen –: Im Parlament werden sehr oft nicht die objektiv besten Lösungen beschlossen, sondern jene, die hier im Hohen Haus eine Mehrheit finden. Das ist ganz einfach und nüchtern die Wahrheit: Es werden jene Dinge beschlossen, die hier im Hohen Haus eine Mehrheit finden. Und wenn noch so viele gescheite Leute sagen, eine andere Lösung wäre besser gewesen, in der Demokratie entscheidet die Mehrheit, und das war auch gestern und vorgestern so. (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. ) – Wie ist das mit Ihrem demokratischen Verständnis, Herr Kollege? Also soll nicht die Mehrheit entscheiden, soll die Minderheit entscheiden? (Abg. Ing. Reichhold: Weil Ihre Überzeugungskraft zu gering ist, um die Leute zu überzeugen!) Aber Ihre ist noch viel geringer. Ihre ist noch viel geringer, Herr Kollege. Das ist Ihr Problem. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Ihr habt überhaupt keine!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aber auch etwas als einer sagen, der an den Verhandlungen ab dem Zeitpunkt teilgenommen hat, zu dem die Regierungsvorlage im Parlament war: Ich glaube, daß diese Pensionsreform im öffentlichen Dienst nur ein Schritt sein kann im Rahmen einer umfassenden Reform des öffentlichen Dienstes. Ich bin hier mit dem Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer einer Meinung, daß wir weitere Reformschritte setzen müssen. Ich glaube, wir müssen zunächst Reformschritte setzen, was das Gehaltsschema im öffentlichen Dienst betrifft, wir müssen Reformschritte setzen nach dem Grundsatz: Mehr Leistungsorientiertheit und weniger Altersprinzip! Wir haben viele, Zehntausende, auch jüngere leistungsbereite öffentlich Bedienstete, in allen Bereichen, und dieser Leistungsbereitschaft sollte auch das Gehaltsschema entsprechen. Wir müssen also weg vom Altersprinzip hin zu einer stärkeren Leistungsorientierung kommen.

Wir müssen zweitens die Lebenseinkommenskurve verändern. Wir haben das gleiche Problem in der Privatwirtschaft, daß vielfach die Lebenseinkommenskurve und die Lebensleistungskurve nicht übereinstimmen. Auch hier sind Anpassungen notwendig, Anpassungen, die aber nicht von heute auf morgen machbar sind, für die längere Zeiträume notwendig sind. Wir werden in den nächsten 10 bis 20 Jahren Lebenseinkommenskurven und Lebensleistungskurven einander anpassen müssen.

Lassen Sie mich eines auch sagen – ich habe das auch bei den Verhandlungen gesagt –: Ich war schon sehr betroffen, als ich in den Verhandlungen gesehen habe, welches Klima offensichtlich zwischen Arbeitgeber – öffentliche Hand – und Arbeitnehmern – Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes – herrscht. Ich habe auch öffentlich gesagt – und das ist jetzt kein Vorwurf an Staatssekretär Ruttenstorfer, der diese Funktion erst seit kurzem ausübt –: Wenn in einem privaten Unternehmen ein solches Klima zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern herrschen würde, müßten alle Alarmglocken läuten. Meine Damen und Herren! Glauben Sie mir, die Privatwirtschaft, unsere Unternehmer haben längst erkannt: Ich kann ein Unternehmen nicht gegen die Mitarbeiter führen, ich muß es mit den Mitarbeitern führen, ich brauche motivierte, leistungsorientierte Mitarbeiter und keine verbitterten, frustrierten Mitarbeiter, die kein Vertrauen mehr zum Arbeitgeber haben.

Ich glaube daher, daß sehr rasch seitens der öffentlichen Hand als Arbeitgeber vertrauensbildende Maßnahmen im Sinne einer modernen Personalführung und eines modernen Personalmanagements notwendig sind. Ich habe auch als Vertreter der Wirtschaft gemeint, wir von der Wirtschaft sind bereit, hier mitzuarbeiten. Präsident Maderthaner war der erste, der die Idee gehabt hat, im Rahmen der Aktion "Amtsmanager des Jahres" leistungsorientierte Beamte vor den Vorhang zu bitten und zu sagen, wir wollen der Öffentlichkeit zeigen, es gibt auch im öffentlichen Bereich Leute, die wie Manager agieren, die sich auch bemühen, Verfahrensabläufe zu beschleunigen, die das machen, was wir als "new public management" propagieren. Das heißt: Weg von der Ärmelschonermentalität, weg von der Amtskapplmentalität hin zu leistungs


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orientierten Managementmethoden! Ich glaube, auch das müssen wir tun: Gute Mitarbeiter auch dann vor den Vorhang zu bitten, wenn sie das erwarten. Lob kostet nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren, und Lob ist immer noch ein sehr starker Motivationsfaktor, Frau Kollegin Schmidt. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist der Fehler! Man soll sie leistungsgerecht bezahlen, nicht nur loben!)

Lassen Sie mich eines auch sagen: Die Wirtschaft hat Interesse daran, daß die Qualität unserer Verwaltung in Ordnung ist. Ich bin jetzt seit über 30 Jahren im Bereich der Interessenvertretung tätig. Ich kann Ihnen sagen, vor Jahren hat die Frage ausländischer Investoren, die mit dem Gedanken gespielt haben, in Österreich zu investieren, sehr oft gelautet: Wie schaut die Wirtschaftsförderung beziehungsweise das Steuersystem in Österreich aus? Im Laufe der Jahre hat sich die Fragestellung sehr gewandelt. In den letzten ein, zwei Jahren lautete die Frage sehr oft: Wenn ich mich entscheide, in Österreich zu investieren, wann kann ich anfangen?

Das heißt, rasche Entscheidungsabläufe, rasche Genehmigungsverfahren sind gefragt. Wenn wir das nicht haben, werden wir international die Konkurrenzfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes beeinträchtigen. Das heißt, wir brauchen für die Qualität unseres Wirtschaftsstandortes Beamte, die wie Manager agieren, die auch entsprechend leistungsorientiert entlohnt werden müssen, Frau Kollegin Schmidt. Da sind wir hoffentlich einer Meinung. (Abg. Dr. Schmidt: Sie reden, als wären Sie in der Opposition! Das ist ja lächerlich!)

Wir alle wissen, meine Damen und Herren, wie sehr auch die Qualität des Ausbildungssystems die Qualität des Wirtschaftsstandortes entscheidet. Im Ausbildungssystem sind eben in einem hohen Ausmaß öffentlich Bedienstete tätig, seien es Lehrer, Hochschullehrer, Professoren. Das alles sind öffentlich Bedienste. Und auch unter dem Aspekt Sicherung der Qualität unseres Ausbildungssystems wollen wir als Vertreter der Wirtschaft haben, daß wir in diesem Bereich motivierte, leistungsorientierte und keine frustrierten Beamten haben. (Abg. Dr. Schmidt: Sie reden, als wären Sie in der Opposition!)

Daher mein Appell, meine sehr geehrten Damen und Herren: Führen wir diese Pensionsreform durch, aber bekennen wir uns gleichzeitig dazu, daß weitere Reformschritte notwendig sind, Reformschritte nach dem Motto: Mehr Leistung und weniger Anciennitätsprinzip! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.08

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die wirklich beschämenden Vorgänge rund um diese sogenannte Pensionsreform, die ja eigentlich ein sehr trauriges Licht auf den Zustand des österreichischen Parlamentarismus werfen, sind ja bereits im Rahmen dieser Debatte und auch bei der Einwendungsdebatte zur Geschäftsordnung andiskutiert worden, aber ich halte auch das Ergebnis inhaltlich für beschämend.

Ich gebe Herrn Kollegen Stummvoll schon recht, wenn er meint, die Durchrechnungszeit bei den Beamten wäre ein wichtiger Schritt, aber jedenfalls kommt dieser sicher richtige Schritt viel zu spät. Er kommt im Jahre Schnee, die Auswirkungen werden erst zu einem sehr, sehr viel späteren Zeitpunkt tatsächlich wirksam werden.

Ich halte es schon für interessant, wenn ausgerechnet die ÖVP heute vor dem Parlament Zettel verteilt, auf denen steht: "Auch Kinder haben Rechte im Rahmen des Generationenvertrages. – Gebt der Jugend eine Chance!" Diesen Generationenvertrag können Sie im Rahmen dieses Pensionssystems nicht versprechen, und wenn Sie es tun, ist dieses Versprechen nicht seriös, denn Sie werden es nicht halten können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie der Jugend eine Chance geben wollen, dann hätten Sie schon umfassendere Weichenstellungen im Rahmen dieser Pensionsreform vornehmen müssen, und Sie hätten nicht vor


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93. Sitzung / Seite 85

dem Besitzstandsdenken insbesondere der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst weichen dürfen, die wirklich mit allen Mitteln – bis hin zur Erpressung, möchte ich sagen – ihre Privilegien im Bereich der Pragmatisierten erhalten wollte. Und wenn der Herr Vizekanzler gestern im Fernsehen stolz gesagt hat, er könne noch aufrecht sitzen, frage ich mich wirklich, wie das nach den Ankündigungen von Rust noch möglich ist. Da scheint es sich schon um einen ganz besonders schweren Fall von Rückgratverkrümmung zu handeln.

Auch Gewerkschaftschef Neugebauer hat sehr deutlich zum Ausdruck gebracht: Wir haben gewonnen. Diese Haltung der Gewerkschaft, insbesondere natürlich der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, hat ja auch deutlich gemacht, worum es der Gewerkschaft in letzter Konsequenz geht. Diese Gewerkschaft vertritt ja schon lange nicht mehr alle Gruppen, und diese Gewerkschaft sollte eigentlich den Begriff "Solidarität" nicht weiter strapazieren. Sie hat diesen Begriff nicht verstanden. Vielmehr kommt es in vielen, vielen Bereichen immer mehr zu einer Entsolidarisierung zwischen Jung und Alt, auch innerhalb der Beamtenschaft. Schauen Sie sich etwa nur das Gehaltsschema von Pragmatisierten, also Privilegierten, und Vertragsbediensteten an!

Herr Kollege Nowotny hat heute gesagt – ich hoffe, ich habe Sie richtig verstanden –, es stehe ein neues Vertragsbedienstetengesetz zur Diskussion. Auch Unterrichtsministerin Gehrer hat das angekündigt, allerdings für das Jahr 2000, zu diesem Zeitpunkt wolle sie es vorlegen. (Abg. Dr. Nowotny: Schneller!) Ich kann mich nur auf ihre Pressemeldung beziehen. Man weiß von den Universitäten, wie lange die Verhandlungen in diesem Bereich dauern. Ich finde es ja schon recht mutig, daß die Frau Minister das ankündigt, denn das Jahr 2000 geht ja über diese Legislaturperiode hinaus, und ich hoffe schon auch im Interesse des österreichischen Parlamentarismus, daß Sie dann nicht mit dieser Zweidrittelmehrheit über notwendige Reformen drüberfahren können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Haltung der Gewerkschaft wird ganz besonders deutlich, wenn sie jetzt diese Briefe zum sogenannten Lehrerpaket verschickt. Da heißt es, das Lehrersparpaket wäre inakzeptabel. Da ist von einem demotivierenden Raubzug der Bundesregierung und einem glatten Vertrauensbruch die Rede, davon, daß die Ausbildungsqualität der Schulen vermindert würde. Die Ausbildungsqualität der österreichischen Schulen wurde tatsächlich vermindert, weil im Rahmen der Sparpakete 1 und 2 genau da angesetzt wurde, wo die Privilegien der Beamten nicht betroffen waren, weil das zu einer Erhöhung der Klassenschülerzahlen, weil das zu einer Verringerung des Angebotes bei Freigegenständen, bei Wahlpflichtgegenständen geführt hat. Die Privilegien der beamteten Lehrkräfte wurden allerdings nicht angetastet, und auch das empfinde ich als eine Entsolidarisierung zwischen der Institution Schule mit den dort beschäftigten Personen und den Schülern und Schülerinnen, die eigentlich im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keine Ansätze zu einer Neugestaltung des Gehaltsschemas, zum Einbau von Leistungsanreizen. Die Diskussion über Biennalsprünge wird verweigert. Die Unterrichtsministerin sieht hier keinen Diskussionsbedarf, und damit werden wir auch beim nächsten Budget wieder vor der gleichen Situation stehen: überproportional hohe Personalkosten im Unterrichtsbereich, und gelöst haben wir in letzter Konsequenz nichts.

Dagegen gibt es allerdings ein ungebrochenes Festhalten und ein ungebrochenes Bekenntnis zur Pragmatisierung. Klubobmann Khol will sie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Unterrichtsministerin Gehrer hat im Rahmen des Budgetausschusses schon gesagt, sie wird weiter pragmatisieren, soweit LehrerInnen in Pension gehen. Und Frau Gubitzer von der Gewerkschaft hat im Rahmen der Fernsehdiskussion "Zur Sache" gemeint, Pragmatisierung würde dem Schutz der Kinder im Schulbereich dienen. – Wenn etwas dem Schutz der Kinder im Schulbereich dient, dann ist es das, daß Lehrer und Lehrerinnen, die ihre Aufgabe nicht ordentlich erfüllen, auch entlassen werden können, auch gekündigt werden können. Nur so können wir in diesem Bereich zu einer Leistungssteigerung kommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir Liberalen fordern eine Abschaffung der Pragmatisierung, jedenfalls im gesamten Unterrichtsbereich. Wir fordern auch eine Umgestaltung des leistungsfeindlichen Gehaltsschemas, das, wie schon gesagt, Jahr für Jahr zu einer Verschärfung der Budgetproblematik beitragen wird.


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Die Lobeshymnen auf diese Reform sind jedenfalls ungerechtfertigt. Ich frage Sie: Worin liegt denn eigentlich die politische Leistung, wenn Lehrer und Lehrerinnen jetzt nicht mehr alle nicht gehaltenen Überstunden bezahlt bekommen? Da gibt es diesen Aufschrei der Gewerkschaft, da gibt es diese Briefe, die zudem auch noch ein schlechtes Licht auf die eigene Qualifikation der schreibenden Personen werfen, weil sie nur zeigen, wie wenig sie eigentlich ihre eigene Arbeitssituation einschätzen können. Und diese Beispiele von Schuhverkäuferinnen, die nur jene Zeit bezahlt kommen, in der sie tatsächlich verkaufen, von Reisebüroangestellten, die auch nur dann bezahlt bekommen, wenn sie tatsächlich eine Reise verkaufen – ich meine, das sollten nicht gerade die Gewerkschaftsvertreter von Lehrern und Lehrerinnen sagen, die bei 20 Unterrichtsstunden – und damit Anwesenheitspflicht in der Schule – pro Woche und rund 14 Wochen Ferien immer wieder davon sprechen, sie würden genau die gleiche Arbeitszeit wie andere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erbringen.

Eine Reduzierung der nicht gehaltenen Überstunden, die bezahlt wurden, ist jedenfalls nicht eine Vernichtung ... (Abg. Dr. Sonja Moser: Das ist doch völliger Unsinn!) Na ja, Sie hätten als Abgeordnete auch gerne ein paar Überstunden an der Hauptschule Reutte gehabt. Ich verstehe Sie schon. (Beifall beim Liberalen Forum. – Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Dr. Sonja Moser. ) Das wissen wir schon, Frau Kollegin Moser.

Aber nicht nur dadurch, behaupten diese Gewerkschafter, daß nicht gehaltene Überstunden nicht mehr bezahlt werden, würden Lehrer- und Lehrerinnenarbeitsplätze vernichtet. Sie können es ja da nachlesen, da drinnen schreiben es ja die Vertreter der Lehrer und Lehrerinnen. (Abg. Dr. Moser:  Lesen Sie das, was die Ministerin sagt!) Das bedeutet in letzter Konsequenz nur eine Reduzierung der Überstunden, und die sind immer noch überraschend hoch.

Der Herr Landesschulratspräsident von Tirol, Wagner, hat mir mitgeteilt, daß das durchschnittliche Überstundenentgelt der pragmatisierten Bundeslehrer und -lehrerinnen 1995 und 1996 immer noch 6 400 S pro Monat betragen hat. Ich weiß natürlich, daß es eine unterschiedliche Aufteilung zwischen den berufsbildenden und allgemeinbildenden Schulen gibt, aber ausgerechnet die Lehrervertreter der berufsbildenden Schulen schreien am lautesten.

Nach wie vor, Frau Kollegin Moser – und das wissen Sie als Lehrerin genau –, gibt es bezahlte, aber nicht gehaltene Überstunden. Ich erinnere nur an den Schulanfang. Ich erinnere an die letzten zwei, drei Wochen gegen Ende des Schuljahres, wo Unterricht, falls überhaupt, rudimentär oder in irgendeiner Spezialform gehalten wird. Und es werden natürlich noch Überstunden bezahlt im Rahmen der schulautonomen Tage. Herr Staatssekretär, Sie wissen das natürlich auch.

Und ich frage Sie schon: Worin besteht denn die politische Leistung dieses Frühpensionierungsmodells für Lehrer und Lehrerinnen? Selbst wenn es kostenneutral wäre und auch wenn es jetzt vielleicht den einen oder anderen Arbeitsplatz für derzeit nicht beschäftigbare Junglehrer und -lehrerinnen gibt: Tatsache ist, es bleibt ein Privileg, das auf eine Berufsgruppe beschränkt ist. Und genau diese Berufsgruppe, die einen durchschnittlichen Ruhebezug von 46 000 S im Monat hat, kann es sich schon leisten, auf 20 Prozent zu verzichten. Bei anderen Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnengruppen wäre das nicht möglich. Da wäre die Finanzierbarkeit ihres Lebens gar nicht mehr sichergestellt.

Und dann bringt die Unterrichtsministerin in freundlichem Ton Beispiele und meint, wie schön das doch wäre, wenn die Frau Lehrerin, deren Mann, der Herr Lehrer, schon in Pension ist, dann vielleicht auf 20 Prozent Pension verzichten könnte, zumal man es sich doch mit beiden Pensionen leisten könnte, ein recht angenehmes Leben zu führen.

Jedenfalls ist ein solches mit Abschlägen versehenes Modell der Frühpensionierung nur in genau jenen Bereichen möglich, in denen eben dieses Gehaltsschema dazu führt, daß überhaupt Einkommen und Ruhegenüsse in dieser Höhe requiriert werden können.

Herr Kollege Khol – er ist jetzt leider nicht da; schade, denn er ist ja immer ein interessanter Diskussionspartner, wenn es um Frauenfragen geht – meinte, die Frauenfrage wäre gelöst, weil die Kinderbetreuungszeiten erhöht angerechnet würden. – Wobei mir 8 000 S in Relation immer


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noch sehr niedrig erscheinen. (Abg. Steibl: Erstens hat er das nicht gesagt, zweitens ist das wirklich ein positiver Schritt!) Ich habe ihm zugehört. Er hat gesagt, damit würden doch die Frauenpensionen um 20 Prozent angehoben werden können. (Abg. Schwarzenberger: Er hat das als einen Schritt bezeichnet!) Ja, aber wenn es der einzige Schritt ist, dann hat er damit die Frauenfrage nicht gelöst. Und einen anderen Schritt kann ich in Ihrer Vorlage für Frauen leider nicht erkennen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Die Einbeziehung der geringfügig beschäftigten Frauen wird nämlich das Frauenproblem auch nicht lösen, das wird sich höchstens arbeitskostenerhöhend auswirken.

Ich nehme an, Sie kennen die Zahl der Ausgleichszulagenbezieherinnen und die Zahl der Frauen, die im Alter in Armut leben, nicht. Die können Sie nicht kennen, sonst wären Sie nicht der Meinung, daß das die Frauenfragen lösen würde. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Solange Sie die soziale Absicherung der Frau nur an ihren Ehemann oder eben an eine Erwerbstätigkeit knüpfen, die aufgrund des besonderen Lebensverlaufes von Frauen in der traurigen gesellschaftlichen Realität – wegen Kinderbetreuung, wegen Familienarbeit – eben nicht die eines Mannes sein kann, werden Sie auch keine Besserstellung der Frau erreichen. Sie sollten sich wirklich mit unserem Grundsicherungsmodell beschäftigen. Ich hoffe, Sie haben es gelesen, und ich hoffe, Sie haben es auch verstanden, denn das wäre wirklich ein Riesenschritt in Richtung einer richtigen Frauenpolitik. Genau dadurch könnten wir Frauen unabhängig vom Erwerbseinkommen, unabhängig von ihrem Ehemann sozial absichern. Notwendig sind jedenfalls entsprechende Rahmenbedingungen, entsprechende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und ein Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen.

Ich sehe, ich habe meine Redezeit leider schon überschritten – so wie schon öfter –, daher abschließend: Bezeichnen Sie bitte dieses Budgetgesetz nicht als bedeutend, bezeichnen Sie es nicht als bahnbrechend. Es ist nämlich wirklich deutlich ersichtlich, daß es einmal mehr nur eine krisenmanagementartige Aktion war. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.22

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor noch nicht allzu langer Zeit gab es die Möglichkeit, im Rahmen des Budgetausschusses dem Budgethearing beizuwohnen und zu hören, was die Experten der einzelnen Fraktionen zum vorgelegten Budget zu sagen haben. Der von der FPÖ nominierte Experte Professor Genser hat gemeint – und das muß die FPÖ auch zur Kenntnis nehmen –, daß die vorliegenden Budgets einschließlich der Pensionsreform beachtlich und anerkennenswert sind. (Abg. Böhacker: Da wurde die Pensionsreform aber nicht miteinbezogen!) Keines dieser beiden Worte – beachtlich und anerkennenswert – habe ich heute von Ihrer Seite gehört, und das muß auch zu denken geben. (Abg. Böhacker: Zitieren Sie weiter, Frau Kollegin! Was hat er kritisiert?)

Er hat aber auch gesagt – und auch das soll nicht verschwiegen werden –, daß die strukturellen Haushaltsproblematiken schlichtweg die Personalausgaben und die Beamtenpensionen sind (Abg. Böhacker: Daß die Ausgabensteigerung nicht eingebremst wurde!)  – ich habe genau mitgeschrieben, Herr Kollege! –, die praktisch ungebrochen, trotz Personalstopp und trotz Aussetzen oder Sistieren der Gehaltserhöhungen, steigen. (Abg. Böhacker: Das ist die halbe Wahrheit, was Sie sagen!)  

Er hat auch gesagt, daß in den Budgets sozusagen dämpfende Effekte aufgrund der Pensionsreform erkennbar sind. Das sind Tatsachen, die auch Sie nicht leugnen können. (Abg. Böhacker: Bleiben Sie bei der Wahrheit, bei der ganzen Wahrheit!)

Jetzt ist schon klar, daß für ein Reformkonzept, das für die Zukunft gemacht wird, nicht heute schon eine Garantie abgegeben werden kann, daß daran nichts mehr geändert werden muß. Das, glaube ich, gibt es nirgendwo. In Zeiten wie diesen, in denen alles im Umbruch ist, ist es


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immer wieder notwendig, auf neue Situationen zu reagieren und nicht nur zu polemisieren. (Beifall des Abg. Dr. Niederwieser, dann bei mehreren Abgeordneten der SPÖ.) – Danke, Herr Kollege.

Ich kann sehr wohl, wie Sie es machen, auch alles kritisieren, aber nur Kritik und kein einziger Ansatzpunkt, auf dem man aufbauen könnte, das ist keine Grundlage für eine Regierungsarbeit. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Es hat auch Professor Pichelmann gemeint, daß die vorliegende Pensionsreform als mutiger und bemerkenswerter Schritt zu bezeichnen ist, zumal – und das sage ich jetzt aus meiner Sicht – gerade diese Harmonisierung der Pensionssysteme schon ein Meilenstein in der Sozial- und Pensionspolitik unseres Landes ist. Die Pensionsreform ist – entgegen Ihren Argumenten – ein wichtiger Schritt zur finanziellen Sicherung der Altersvorsorge für die Jugend. Sie ist also im Interesse der Jugend, im Interesse der mittleren Altersschicht und natürlich auch – auch wenn es ein nur sehr kleiner Schritt ist, aber das muß man auch anerkennen – im Interesse der Frauen. Denn geringfügige Dienstverhältnisse in die Sozialversicherungspflicht mit hineinzunehmen und die Option dafür zu schaffen, auch für nicht geringfügige Dienstverhältnisse Beiträge zur Sozialversicherung einzahlen und somit einen kleinen Schritt in Richtung eigenständige Pensionsvorsorge setzen zu können, das ist ja auch etwas, was man nicht bagatellisieren darf, sondern das ist schon auch ein Meilenstein. Denn alles andere – aber davon reden Sie nicht oder Sie wollen das so – ist Schwarzarbeit. Das muß man auch ganz klar sagen. Da sehe ich also für die Frauen schon einen winzigen Schritt, wenngleich an diesem Thema weiterhin hart gearbeitet werden muß.

Aus meiner Sicht und, so glaube ich, aus Sicht all derer, die zum Sozialpartnermodell in unserem Land stehen, ist, wenn wir beispielsweise wissen, daß die Pensionsreform in Italien eine Regierungskrise ausgelöst hat, zu sagen, daß in Österreich dieses Problem auf eine Art und Weise gelöst worden ist, bei der alle miteinander, sowohl die Sozialpartner als auch die Regierung, ihre Vorstellungen einbringen konnten und sich letztendlich auch auf einen gemeinsamen Nenner geeinigt haben. Ich denke, darum beneidet man uns schon in ganz Europa, und das können Sie auch nicht leugnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Seien Sie nicht so grantig, Frau Kollegin!) Ich bin nicht grantig, ich sage Ihnen nur das, was Sie hören sollten und was Sie auch sagen sollten, denn genau diese Sachen verschweigen Sie! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Frau Kollegin, mir brauchen Sie es nicht erklären! Den Wählern müssen Sie es erklären!)

In diesem Sinne bedanke ich mich ... (Abg. Haigermoser: Den Wählern! Mir brauchen Sie es nicht erklären! Den Wählern werden Sie es erklären müssen!) Na warten Sie! Jetzt wollen Sie es ja nicht hören, weil jetzt haben Sie noch keine eigene Gewerkschaft; wenn Sie eine haben, dann werden Sie es auch hören wollen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte mich bei der Regierung bedanken, ich bedanke mich bei unseren Sozialpartnern und bei allen, die daran gearbeitet haben, daß wir dieses Ergebnis erzielen konnten – im Sinne der arbeitenden Menschen und auch im Sinne der Wirtschaft. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.28

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Verehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich habe schon Gelegenheit gehabt, im Ausschuß meine grundsätzlichen Überlegungen zu Ihrem Pensionsreformpaket den Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses nahezubringen, aber ich möchte auch heute die Gelegenheit nützen, einiges dazu zu sagen.


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Zum 1. Budgetbegleitgesetz möchte ich nicht so sehr, so wie die meisten Vorrednerinnen und Vorredner es getan haben, zu den Überlegungen insgesamt Stellung nehmen, sondern ich möchte mich speziell mit den Beamten und Beamtinnen beschäftigen.

Eines ist sicher – und da werden mir alle, die sich damit auseinandergesetzt haben, recht geben –: daß die Reform der Ruhegenüsse im öffentlichen Dienst, wie wir sie heute vor uns liegen haben, so ziemlich den massivsten Eingriff in bestehendes Sozialrecht in den letzten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten bedeutet. Diesem Eingriff – und da beziehe ich mich jetzt vor allem auf den Durchrechnungszeitraum bei den Beamten – kann ich – und jetzt spreche ich nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als Beamtin – sehr viel abgewinnen.

Dieser Eingriff hat meiner Meinung nach eine ruhige, eine sachliche Auseinandersetzung verdient, denn er trifft einfach viele Österreicherinnen und Österreicher, da der Anteil an öffentlich Bediensteten in diesem Land nicht unerheblich ist. Er ist nicht nur hier, sondern vor allem auch im internationalen Vergleich nicht unerheblich.

Darum ist dieser Druck in zeitlicher Hinsicht ... (Abg. Verzetnitsch: Obwohl nicht alle Beamte sind!) Obwohl nicht alle Beamte sind. Ich rede sozusagen von den öffentlich Bediensteten insgesamt. (Abg. Verzetnitsch: Es sind auch ASVGler dabei!) Natürlich sind auch ASVGler dabei, aber mir geht es jetzt um den öffentlichen Dienst und das Bild, das vermittelt wird, zumal nicht alle im gleichen Ausmaß betroffen sind. Aber dieser zeitliche Druck birgt meiner Ansicht nach auch bestimmte Chancen in sich, die es gegeben hätte – ich muß ja immer in der Vergangenheit sprechen –, vernünftige, langfristige Lösungen zustande zu bringen, die auch tatsächlich akzeptiert werden, und zwar Lösungen, die von möglichst vielen Betroffenen akzeptiert werden. In diesem Prozeß hat es aber diese Chance nicht wirklich gegeben.

Darüber, daß die Pensionsreform notwendig ist, weil die jetzigen Regelungen und bestehenden gesetzlichen Bestimmungen auf weiten Strecken schlicht und einfach ungerecht sind, besteht ja hier Konsens. Das ist für mich der Kern dieser Problematik. Nicht, weil es nicht finanzierbar wäre – das ist ein Aspekt, der nicht unwesentlich ist –, sondern das Unrecht, das in den gegenwärtigen unterschiedlichen Pensionssystemen beinhaltet ist, ist es, was eine Reform notwendig macht. Das ist die Sicht, die Betroffene auch von den politisch Verantwortlichen erwarten.

Wie aber ist das Bild, das vermittelt worden ist? – Das Bild, das die Öffentlichkeit gehabt hat, ist das einer zu Recht verunsicherten Beamtenschaft in Österreich – ich sage jetzt bewußt Beamtenschaft und nicht öffentlicher Dienst –, die versucht hat, Widerstand zu leisten, und zwar wieder berechtigt Widerstand zu leisten, denn die Beamtenschaft und der öffentliche Dienst sind jene Gruppe in Österreich – nicht die einzige und alleinige –, die von den Sparpaketen der letzten Jahre wirklich voll betroffen war, und die Gruppe, die in den Medien insgesamt die meisten Schläge einstecken mußte. (Zwischenruf des Abg. Koppler. ) Die Diskussionen und das Bild, das vielfach sowohl von Politikern und Politikerinnen als auch von Medien der Öffentlichkeit vermittelt wird, sind ja unglaublich. (Abg. Dr. Lukesch: Leider!)

Da liest man, daß die österreichischen Beamtinnen und Beamten frühstücken bis zu Mittag und dann zu Mittag essen bis zum Abend und nichts arbeiten. Die klassischen Beamtenwitze, die es gibt, sind ja zum Teil in dieser Diskussion über die Pensionsreform als Realitäten nach außen vermittelt worden. Das ist etwas, was einen Boden schafft, auf dem seriöse Auseinandersetzungen nicht mehr möglich sind.

Ich sage Ihnen folgendes: Wenn die verunsicherte Beamtenschaft Widerstand leistet, der uns PolitikerInnen manchmal überzogen zu sein scheint, dann darf man sich nicht wundern. Wenn es zwei Jahre lang keine Gehaltserhöhungen für Beamte und Beamtinnen gegeben hat – Herr Staatssekretär, ich sage, das ist Gott sei Dank auch ein Teil dieses heutigen Paketes (Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer: Schon vorher!) ; ich weiß nicht, ob das jemand erwähnt hat, ich habe nicht alle Redner bis ins letzte Detail gehört, aber Sie haben es sicher erwähnt, denn das ist ja in diesem Budgetbegleitgesetz nicht unwesentlich –, dann ist es auch angebracht, davon zu sprechen, worum es wirklich geht. Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten, die im aktiven Er


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werbsleben von Beamtinnen und Beamten bestehen, wurden und werden immer noch im Ruhestand fortgeschrieben und vielfach noch verstärkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht einfach nicht, daß man sozusagen alle Beamtinnen und Beamten über einen Kamm schert. Beamte sind nicht gleich Beamte. Die Zahlen, die immer wieder kolportiert werden, etwa wie hoch die durchschnittlichen Pensionen beim Bund und in den Ländern sind, diese durchschnittlichen Werte sagen manchmal relativ wenig bis gar nichts aus, denn – jetzt müssen wir konkret davon reden, worum es eigentlich geht – schauen wir uns beispielsweise nur die Stadt Wien an. In Wien, wo öffentlich Bedienstete in handwerklicher Verwendung tätig sind, gibt es nach 40jähriger oder noch längerer Tätigkeit Bruttoverdienste in Höhe von 16 000 bis 18 000 S, die auch als Pensionsbemessungsgrundlage dienen. Für diese ist sicher nicht angebracht und legitim, die Frage zu stellen, die mich beim Hearing der Experten ganz besonders interessiert hat, die ich auch für eine Schlüsselfrage halte: Was ist einem Beamten, einer Beamtin die Pragmatisierung wert?

Jemandem, der in einer bestimmten Dienstklasse ist, etwa VII, VIII oder IX, kann sie sehr wohl etwas wert sein. Aber wenn es Tausende und Zigtausende von öffentlich Bediensteten betrifft, die kleine Pensionen haben, dann muß ich sagen, daß es bei diesen um jeden Schilling geht, um 10 S und erst recht um Hunderte Schilling. In diesem Fall ist es einfach auch nicht legitim, diese Frage so zu stellen.

Jetzt komme ich zu dem Punkt, bei dem mein persönliches Verständnis aussetzt. Dabei handelt es sich eben um diese Schlüsselfrage der Pragmatisierung, bei der sich die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst einfach auf den Standpunkt stellt und sagt: Die Pragmatisierung ist für uns kein Verhandlungsgegenstand.

Meine Damen und Herren! So wie Sie die Interessen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst vertreten, wird es nicht gehen. Über die Pragmatisierung – und da stimme ich ganz mit dem Herrn Staatssekretär überein – und über die Tatsache, ob Pragmatisierung in der Form, wie sie bei uns besteht, wirklich in allen ihren Facetten zeitgemäß ist, muß geredet werden. Ich hoffe, daß bei allen Negativpunkten und Nachteilen, die die Pensionsreform für Beamte aus mancher Perspektive mit sich bringt, diese Diskussion möglich sein wird. Insofern sage ich Ihnen, Herr Staatssekretär: Die Tatsache, daß es jetzt Durchrechnungszeiträume gibt, ist natürlich etwas Positives. Das ist der Schritt, bei dem man darüber redet, was Lebensverdienstsummen sind und wie man Gleiches mit Gleichem, aber nie Ungleiches mit Gleichem vergleichen kann. (Abg. Verzetnitsch: Gleichwertiges mit Gleichwertigem!) Gleichwertiges! Ja.

Das ist ein Punkt, wo ich trotz aller negativer Sicht und Unzufriedenheit mit dem Ergebnis der Ansicht bin, daß wir für künftige Verhandlungen eine bessere Grundlage als jetzt oder als es bisher möglich war, haben werden. Jetzt muß ich diejenigen, die Frau Bundesminister, den Herrn Staatssekretär und alle, die das bis jetzt getan haben, beim Wort nehmen, weil nun für den öffentlichen Dienst die Situation eingetreten ist, daß das Argument, es gehe künftighin um die Sicherung von Pensionen – zumindest im Moment, denn Ihre optimistischen Prognosen, was die Zeiträume angeht, teile ich keinesfalls –, nicht vorgebracht werden kann. Wann, wenn nicht jetzt, ist eine so emotionsfrei wie möglich zu führende Diskussion statthaft? Ich bitte Sie, sie endlich zu führen.

Ich komme am Schluß meiner Ausführungen zu einem Abänderungsantrag, den ich schon in der Früh bei der Einwendungsdebatte erwähnt habe. Seine budgetären Auswirkungen sind in Beträgen anzusiedeln, die in Anbetracht der Riesensummen, um die es geht, wirklich eine Kleinigkeit sind, aber wo einfach der Geist dieser ganzen Pensionsreform, der Geist, der zwischen jenen, die es sich wünschen und dies beschließen, und jenen, die es betrifft, herrscht, zutage kommt. Das ist der Punkt der sogenannten Politikerprivilegien.

Wir haben beim Bezügebegrenzungsgesetz nach langen und intensiven Diskussionen – und auch in den meisten Punkten, wie Sie wissen, mit Zustimmung der Grünen und der Liberalen – ein Paket beschlossen, das sehr wesentliche Neuerungen in sich birgt. Es wird künftig keine Politikerpension mehr geben. Es ist damals immer wieder gesagt worden, daß das Thema


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Ruhensbestimmungen für Politiker und Politikerinnen ja nicht eine Frage der Bezüge respektive des Bezügebegrenzungsgesetzes sei, sondern das werde später, wenn es um den Ruhegenuß von Beamten und Beamtinnen gehe, diskutiert.

Es geht jetzt um jene nicht unwesentliche Gruppe hier im Hohen Hause, die Beamtinnen und Beamte sind. Diese sind ja die allerstärkste Gruppe der Kolleginnen und Kollegen. Von diesen ist aber weder in der Regierungsvorlage noch im Abänderungsantrag, geschweige denn in einer Initiative der KollegInnen im Ausschuß die Rede. Es wird – ich möchte hier nicht übertreiben und überdramatisieren – etwas nicht beachtet, was uns allen auf den Kopf fallen wird, weil die Öffentlichkeit kein Verständnis dafür hat, daß wir an uns selbst einen anderen Maßstab legen als an jene, von denen wir es verlangen.

Ich habe bisher überhaupt keinen plausiblen Grund dafür gehört, warum ich als Beamtin – ich bin auch Beamtin – künftig Ruhensbestimmungen habe – das Gesetz schreibt mir diese vor –, die ich für wichtig, notwendig und einsichtig halte, es diese für mich als Politikerin aber nicht gibt. Für mich persönlich wird es die Situation nicht geben, weil ich eine von jenen bin, die nie eine PolitikerInnenpension bekommen werden. Bitte, erklären Sie einem Beamten und einer Beamtin, warum für sie Ruhensbestimmungen gelten sollen, aber für einen Politiker, der Beamter ist, dasselbe nicht gelten soll! – Das ist nicht zu erklären. Das ist eine Ungerechtigkeit, die nicht beseitigt wird. Das Wort "Ungerechtigkeit" ist ja noch ein harmloses Wort in Relation zu dem, was es wirklich ist, nämlich ein durch nichts zu rechtfertigendes Politikerprivileg, das hier weiter im Gesetz aufrechtbleibt. Das ist ein Punkt des Inhaltes des Abänderungsantrages, den die Grünen schon im Ausschuß eingebracht haben, zu dem überhaupt niemand ein Wort verloren hat, also schon gar niemand von den Koalitionsfraktionen und auch nicht von der Freiheitlichen Partei. Sie haben unserem Antrag im Ausschuß auch nicht zugestimmt, obwohl das heute ein zentraler Punkt in den Ausführungen Ihres Parteiobmanns gewesen ist.

Ein zweiter Punkt, der auch Inhalt des Abänderungsantrages ist, ist jener, bei dem es um politische Funktionäre – natürlich alles ab dem Jahr 2000 – und auch weitere Privilegien von Politikern und Politikerinnen geht, die andere, nämlich Beamte, nicht haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dafür habe ich kein Verständnis. Das ist der Grund, warum ich diesen Umstand hier noch einmal ganz dezidiert erwähnen möchte, vor allem im Hinblick darauf, daß ich dem Bezügebegrenzungsgesetz meine Zustimmung gegeben habe, weil ich das damals für einen wesentlichen und richtigen Schritt gehalten habe.

Jetzt möchte ich den Abänderungsantrag verlesen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag Terezija Stoisits, Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend das 1. Budgetbegleitgesetz 1997 885 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 911 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. In Artikel 13 § 1 Z 1 wird folgende lit. c angefügt:

"c) Organen im Sinne des § 1 Bezügegesetz BGBl. Nr. 273/1972 in der Fassung 64/1997 als Ruhebezug,"

2. § 6 Abs. 2 entfällt. Abs. 3 erhält die neue Bezeichnung Abs. 2.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Ihnen daran gelegen ist, daß so etwas wie heute vormittag – daß nämlich eine Fraktion etwas anprangert, was im Kern nicht stimmt, im Detail aber richtig ist – zukünftig nicht mehr vorkommt, dann entschließen Sie sich dazu, diese –


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ich sage es jetzt einmal harmlos – kleine Inkonsequenz und Nichtbeachtung in dieses Budgetbegleitgesetz schlicht und einfach aufzunehmen.

Ich kann Ihnen sagen, daß ich es satt habe, überall dort, wo ich als Politikerin hinkomme, für jene Prügel einstecken zu müssen, die hier nicht handeln. Ich bin auch der Ansicht, daß Präsident Verzetnitsch keine Lust haben sollte, sich für etwas prügeln zu lassen, von dem er entweder kein Nutznießer ist oder woran er kein Interesse hat.

Wann, wenn nicht in diesem Moment, sollte das geregelt werden? Wenn der Herr Staatssekretär nicht auf die Idee gekommen ist, dies zu tun, habe ich auch Verständnis dafür, denn Sie, Herr Staatssekretär, sind einer, der nie Nutznießer dieses Privilegs werden kann, weil Sie zu kurz in der Regierung sind. Doch hier sitzen so viele, die dieses Privileg nützen könnten. Darum sind Sie aufgefordert, meine Damen und Herren, dieses Privileg zu beseitigen. Wenn Sie es nicht tun, dann wird vor allem jene rechte Seite des Hohen Hauses immer wieder und immer von neuem Anlaß finden, das anzuprangern, und wir alle werden kein stichhaltiges Argument haben, dem zu entgegnen. Nützen Sie darum diese letzte Chance! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

14.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt, steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Ich weise Sie darauf hin, daß um 15 Uhr eine Kurzdebatte aufzurufen ist. – Bitte.

14.47

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute unter dem Titel 1. Budgetbegleitgesetz 1997 die Frage der Pensionsreform diskutieren, dann möchte ich einige Äußerungen machen, die mir ganz einfach ein Anliegen sind, da ich während der letzten Monate die Diskussion sehr intensiv verfolgt habe.

Ich möchte zunächst einmal folgendes sagen: Es sind während dieser letzten Wochen und Monate manche Äußerungen gefallen, die mich betroffen gemacht haben, von denen ich glaube, daß man hier all jenen, die sie ausgesprochen haben, nur eines sagen muß: Auch Worte können verletzen! Wir sollten in der politischen Debatte versuchen, eine Sprache zu verwenden, mit der wir auch nach einer Entscheidung mit den anderen in einer sehr geordneten, vor allem "unverletzten" Atmosphäre weiterarbeiten können. Ich meine, das ist etwas, was wir berücksichtigen sollten. Das ist ein wichtiges Element der politischen Kultur. Worte können verletzen. Überlegen wir daher vorher, welche Worte wir in den Argumentationen gebrauchen! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweite Bemerkung: Ich habe in manchen Diskussionen das Gefühl gehabt, daß das Verständnis einer sozialen Gruppe für eine andere soziale Gruppe in unserer Gesellschaft geringer geworden ist. Ich habe das Bedürfnis, heute zu sagen: Es wird an allen Repräsentanten der verschiedenen sozialen Gruppierungen liegen, wieder mehr aufeinander zuzugehen, denn eine pluralistische Gesellschaft, die wir natürlich sind und die wir sein wollen, hat umso mehr Stabilität, je mehr wir auch die Probleme, die Schwierigkeiten, die Ängste, die Herausforderungen des anderen beachten. Ich bin der Ansicht, daß wir alle, die wir Politik als Verantwortung empfinden, unseren Beitrag dazu leisten sollten, damit dieses hohe Ausmaß an Stabilität, dieses hohe Ausmaß an gegenseitigem Respekt und das Verständnis für die Situation des jeweils anderen wiederhergestellt werden. Das ist auch eine Erkenntnis aus den Diskussionen der letzten Wochen und Monate.

Drittens: Es ist bisweilen von so mancher Seite kritisiert worden, daß wir von den Regierungsparteien immer wieder neue Schritte zu Gesprächen und Verhandlungen gesetzt haben. Manchmal wurde gefragt: Warum macht ihr das nicht einfach und setzt einen Schlußpunkt?


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, der Wert des Verständnisses seitens der Betroffenen und der Wert einer Einigung zwischen den jeweiligen Partnern ist enorm hoch anzusetzen! Es war meiner Ansicht nach wert, so viele Bemühungen und Schritte zu setzen, sodaß wir heute diese Debatte eigentlich in Ruhe und nicht in einer Situation extremer Proteste, wie sie in anderen Ländern Realität ist, führen können. Ich halte das für etwas Positives, und es erweist sich der Weg, den wir beschritten haben, als richtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese drei Bemerkungen in der Debatte zu äußern, war mir wirklich ein Bedürfnis.

Wo immer man hinkommt, wird man in Diskussionen häufig nach den eigentlichen Gründen für die relativ tiefgreifenden Reformen, die heute und am Freitag beschlossen werden, gefragt.

Ich möchte auf die Ausführungen des Kollegen Stummvoll zurückkommen, der bereits versucht hat, die tieferen Ursachen sehr plastisch vorzuführen, dabei aber einen längeren Zeitraum betrachten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Jahrhundert gab es Gott sei Dank dramatische Änderungen hinsichtlich der Lebenserwartung. Die Daten aus der Zeit um die Jahrhundertwende zeigen eine durchschnittliche Lebenserwartung von 45 Jahren; allein seit 1945 leben wir im Durchschnitt um elf Jahre länger, was bedeutet, daß die Lebenserwartung heute bei 74 Jahren für Männer und 81 Jahren für Frauen liegt.

Wie Stummvoll bereits erwähnt hat, war in den letzten 30 Jahren eine Verlängerung der durchschnittlichen Ausbildungszeit um rund drei Jahre zu verzeichnen. Die Verkürzung des gesamten Arbeitslebens lag demnach unter Einbeziehung dieser drei Jahre Ausbildungszeit und der vier Jahre, um die nun die Pension früher angetreten wird, bei sieben Jahren.

Das Faktum, das wir in den letzten 30 Jahren registrieren müssen, auf den Punkt gebracht: Es hat sich das Verhältnis zwischen der Zeit der Beitragszahlung gegenüber jener des Nichtbeitragszahlens umgekehrt. Während Ende der sechziger Jahre noch durchschnittlich 43 Jahre lang Beiträge gezahlt wurden und nur 33 Jahre, bestehend aus Ausbildungszeit und Pension, nicht, sind es heute nur mehr 36 Jahre, in denen Beiträge gezahlt werden, also sieben Jahre weniger, aber bereits 45 Jahre, in denen aufgrund von Pension beziehungsweise Ausbildung keine gezahlt werden.

Angesichts dieser Zahlen ist es offensichtlich, daß daraus Konsequenzen zu ziehen sind. Wenn wir in Österreich – die meisten politisch Verantwortlichen sind dieser Auffassung – das hohe Niveau der Pensionen – viele nennen es sogar das beste Pensionssystem, das in Staaten dieser Welt existiert – aufrechterhalten wollen, müssen wir Konsequenzen ziehen und dürfen die Folgen der automatischen Änderung dieser Struktur nicht einfach die Jüngeren tragen lassen.

Würden beispielsweise die Beitragszahlungen bis zum Jahre 2030 gleichbleiben, müßte man die Durchschnittspension auf 8 000 S senken. Bei gleichbleibendem Pensionsniveau müßte der Pensionsbeitrag um zumindest die Hälfte steigen. Wollte man jedoch auch den Pensionsbeitrag gleich belassen, müßten alle später in Pension gehen, und zwar Frauen mit 71 und Männer mit 76 Jahren.

All das sind, so glaube ich, nicht gerade jene Visionen, die wir anstreben. Wir müssen daher dieser Herausforderung mit Lösungen begegnen – deswegen diese heutige und die Beschlußfassung am Freitag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wichtigste bei dieser Novellierung des Pensionssystems im öffentlichen Dienst ist, glaube ich, zu sehen, wie sehr die Beamten davon betroffen sind. Es handelt sich um einen enormen Einschnitt, da es für sie bisher keinen Durchrechnungszeitraum gab. Wir müssen verstehen, daß dazu enorme Diskussionen notwendig waren.

Manchmal entstanden durch die eine oder andere Äußerung da oder dort nicht sehr angenehme Situationen, aber letzten Endes müssen wir das Ergebnis sehen. Wir haben uns auch zur


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Durchführung verschiedener Änderungsvorschläge, die Vertreter des öffentlichen Dienstes wollten, bekannt. Diese Änderungsvorschläge werden den von uns geäußerten Prinzipien gerecht, nämlich den Vertrauensschutz in höchstmöglichem Maße zu realisieren, Härteausgleichsmaßnahmen, wo immer wir können, durchzuführen und eine bessere Bewertung der Kindererziehungszeiten festzulegen.

All das sind Dinge, die wir, wie ich glaube, gemeinsam machen müssen, nämlich zuerst auf die Argumente der Betroffenen zu hören, die wir Parlamentarier dann auch umsetzen müssen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin froh darüber, daß wir gestern bis zum letzten Augenblick verhandeln konnten und sowohl in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst als auch im gesamten Gewerkschaftsbund eine überwiegende Zustimmung zu diesen gemeinsam zu tragenden Reformen erfolgte, denn – ich wiederhole – dieses Einverständnis, diese sozialpartnerschaftliche Vorgangsweise ist etwas, um das uns viele andere Gesellschaften in anderen Staaten beneiden. Wir müssen dafür kämpfen, daß das aufrechterhalten bleibt, und wir müssen unseren Beitrag dazu leisten, damit diese Stabilität gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen aber auch auf die jüngeren Menschen achten, die, wenn sie jetzt ihre Beiträge leisten, ebenfalls eine Chance auf eine entsprechende Pension haben wollen. Daher möchte ich nun in Form eines Abänderungsantrages gewisse Erleichterungen diesbezüglich einbringen, da es meiner Meinung nach im Sinne gerade der jüngeren Beamten notwendig ist, die Verringerung des Pensionsbeitrages von 11,75 auf 10,25 Prozent in diese Beschlußfassung zu integrieren.

Ich möchte deshalb den Abänderungsantrag in der einen mir noch verbleibenden Minute noch kurz verlesen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich bitte um Verständnis, aber die Verlesung dieses Antrages benötigt sicher mehr als eine Minute – und es ist nun genau 15 Uhr. Ich würde daher vorschlagen, daß ich Ihnen nach der Kurzdebatte wieder das Wort erteile.

Damit ist diese Debatte unterbrochen. Herr Abgeordneter Dr. Höchtl bleibt aber am Wort. (Abg. Dr. Höchtl verläßt das Rednerpult. – Beifall bei der ÖVP.)

15.00

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Beantragt wurde eine Debatte im Zusammenhang mit dem Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, dem Wissenschaftsausschuß zur Berichterstattung über ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird, eine Frist bis zum 9. Dezember 1997 zu setzen.

Nach Schluß dieser Debatte wird die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag stattfinden, also gleich nach dieser Debatte und nicht erst am Ende der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Erstrednerin hat eine Redezeit von 10 Minuten, alle anderen 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

15.01

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen regen mit diesem Fristsetzungsantrag eine möglichst rasche Beratung im Ausschuß über die Situation ethnisch diskriminierter Gruppen im Hinblick auf das Universitätsstudium an.

Der Anlaß dafür ist die Situation von Kosovo-Albanerinnen und -Albanern in Österreich, deren in der Vergangenheit stets durchgeführte Zulassung zu österreichischen Hochschulen, wie sich


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herausgestellt hat, eigentlich nicht der Gesetzeslage entsprach. In Österreich gilt nach dem UniStG die an sich sinnvolle Bestimmung, daß es auf die Studienberechtigung im jeweiligen Herkunftsstaat ankommt, das heißt, daß nur jene Personen bei uns studienberechtigt sind, die es auch in ihrem Herkunftsstaat sind oder wären. Daneben sind auch anerkannte Flüchtlinge studienberechtigt.

Nun wissen wir aber alle, daß es gerade durch die Verschärfungen und die geänderte Praxis im Asylrecht immer weniger anerkannte Flüchtlinge gibt und daß gerade bei Personen aus Ex-Jugoslawien der Flüchtlingsstatus so gut wie nie anerkannt wurde. Nichtsdestotrotz glaube ich, daß es – und daran zweifelt auch niemand hier im Hohen Hause – nach wie vor und trotz eines weitgehenden Waffenstillstandes in Ex-Jugoslawien massive ethnische Diskriminierungen gibt, insbesondere in Restjugoslawien, bei den Kosovo-Albanerinnen und Kosovo-Albanern.

Der Antrag, den wir formuliert haben, bezieht sich aber nicht allein auf Studierende aus dem Kosovo, sondern er soll es dem Wissenschaftsminister ermöglichen, allgemein Personen zuzulassen, die die Voraussetzungen für die Hochschulreife an sich erfüllen, aber infolge ethnischer beziehungsweise rassischer Diskriminierungen in ihrer Heimat vom Studium ausgeschlossen sind. Das betrifft, wie gesagt, insbesondere Studierende aus dem Kosovo, die seit dem Wintersemester 1991/92 ex definitione in Restjugoslawien und in Kosova nicht studieren dürfen, aber auch Kurdinnen und Kurden aus der Türkei.

Ich bin überzeugt davon, daß diese Diskriminierungen auch noch auf andere, wahrscheinlich kleine Gruppen zutreffen, unter denen sich wiederum wenige Menschen überhaupt für ein Studium im Ausland interessieren. Es ist daher kein Problem, das quantitativ ins Gewicht fällt und den Betrieb an den Hochschulen gefährden oder in Frage stellen würde.

Es wäre das aber meiner Ansicht nach ein ganz wichtiger Beitrag zur Demokratisierung in jenen Ländern, in denen es derart massive ethnische Diskriminierungen gibt. Wer es mit der Hilfe für alle Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien ernst meint, sollte auch daran interessiert sein, daß junge Menschen aus diesen Ländern die Möglichkeit bekommen, ein Hochschulstudium abzuschließen, denn akademisch gebildete junge Leute können ein wichtiger Beitrag zur Unterstützung eines Demokratisierungsprozesses sein.

Auf keinen Fall aber darf es passieren, daß die ethnische Diskriminierung in den Herkunftsstaaten bei uns durch unsere Gesetzessituation fortgeschrieben wird, das heißt, daß etwa eine ethnische Diskriminierung, wie es sie in Kosova gibt, in Österreich fortgesetzt wird.

Herr Bundesminister! Es wird in Hochschulzeitschriften kolportiert, daß die Situation angeblich bereinigt sei, in der ÖH-Zeitschrift wird auf ein gültiges Abkommen zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien und dem Kosovo verwiesen. – Mir ist kein derartiges Abkommen bekannt, und ich denke, jeder, der die aktuelle Politik in Belgrad verfolgt, zweifelt an der Existenz eines solchen Übereinkommens. Meines Wissens gilt der Ausschluß von Albanerinnen und Albanern vom Studium nach wie vor unverändert; es ist keine Lockerung oder Verbesserung für Studierende aus dem Kosovo eingetreten. Ein derartiges Abkommen ist auch diesem Haus nicht übermittelt worden.

Ich begrüße es sehr, wenn man nun de facto – ich würde sagen, eigentlich neben oder wahrscheinlich sogar gegen das Gesetz – eine Hilfestelle für Kosovo-Albanerinnen und -Albaner anbietet. Das kann aber nur eine augenzwinkernde Zwischenlösung sein. Wir brauchen, wie gesagt, eine gesetzliche Neuregelung aufgrund des Anlaßfalles Kosova, aber durchaus auch auf andere Fälle ethnischer Diskriminierungen anwendbar.

Herr Bundesminister! Ich ersuche daher Sie und insbesondere auch die Kolleginnen und Kollegen aus dem Wissenschaftsausschuß, dieses Verlangen nach einer raschen Debatte der Materie im Wissenschaftsausschuß zu unterstützen. Es geht nicht an, daß man nun zwar in Einzelfällen quasi per Weisung des Ministers oder irgendwie sonst – ich weiß nicht, wie – Abhilfe schafft, die Gesetzessituation aber, wonach, wie gesagt, in Österreich nur jene Personen zum Studium zuzulassen sind, die die Voraussetzungen in ihrem Herkunftsstaat erfüllen oder bei uns als Flüchtlinge anerkannt wurden, nach wie vor eindeutig ist.


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Die Fälle massiver ethnischer Diskriminierung sind meiner Meinung nach derart evident, daß wir eine Änderung des § 36 UniStG – und damit auch Rechtssicherheit – rasch beschließen sollten. Ich lade Sie daher ein, diesem Fristsetzungsantrag der Grünen und auch dem Antrag, der im Ausschuß vorliegt, zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die weiteren Debattenbeiträge sind die Redezeiten auf 5 Minuten beschränkt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

15.10

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich denke, wir müssen dieses Thema in zwei Teile gliedern, um es zu verstehen und die in dieser Situation richtigen Maßnahmen zu ergreifen.

Da ist auf der einen Seite die von Kollegin Petrovic deutlich geschilderte Situation in Restjugoslawien, speziell im Kosovo, wo unbestrittenen Berichten zufolge die Universität in Priština 1991 für Albaner de facto geschlossen wurde. An dieser Universität werden seither 90 Prozent der Bevölkerung, die Albaner, de facto nicht mehr zum Studium zugelassen. In der Zeit bis September 1992 wurden sogar 900 albanische Professoren und Angehörige des Lehrkörpers dieser Universität entlassen.

Das ist eine Vorgangsweise, die nicht scharf genug kritisiert werden kann. Sie stellt zweifellos eine Menschenrechtsverletzung dar und geht auch dieses Parlament etwas an. Wir können dabei keinesfalls zusehen, sondern müssen sehr deutlich den Finger auf diese Menschenrechtsverletzung legen. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Wir diskutierten heute vormittag beim Eingang in die Tagesordnung darüber, wie wir miteinander umgehen. Es wurde kritisiert, wie die Regierungsparteien mit der Opposition umgegangen sind. Ich denke, das gilt wahrscheinlich auch vice versa. Schon gestern abend haben Kollegin Petrovic und ich über dieses Thema gesprochen. Sie haben angeboten, daß wir das Thema in Ruhe beraten und Möglichkeiten einer gemeinsamen Lösung suchen sollten. Ich habe darauf hingewiesen, daß es in unserem Interesse liegt, keine inhaltlichen Differenzen zu haben. Wenn wir allerdings als Antwort auf dieses Angebot am nächsten Tag einen Fristsetzungsantrag ins Haus bekommen, dann ist das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, vielleicht auch nicht die richtige Form, auf solche Kooperationsangebote zu reagieren.

Aber Strich darunter – es geht um das Problem, das zu lösen ist, und dahinter sollten solche Diskussionen zwischen den Fraktionen zurückstehen. Es geht um die betroffenen Menschen, und sie sollten bei uns studieren können. Dabei ist nicht nur der § 36 UniStG zu beachten, sondern wir haben uns im Zuge der Verabschiedung des UniStG diese Dinge sehr wohl überlegt und in mehreren Verhandlungsrunden das Problem angesprochen: Was ist mit jenen Studierenden, die aus einem Staat kommen, in dem sie eine verfolgte Minderheit darstellen? – Sie werden aus diesem Grund niemals die Bestätigung bekommen, daß sie dort studieren könnten, und sie werden daher diesen besonderen Studiennachweis nicht erbringen können, um bei uns zum Studium zugelassen zu werden. Dieses Thema an sich war uns nicht unbekannt, sondern wir haben es in den Verhandlungen zum UniStG erörtert und darauf auch in den Erläuterungen Bezug genommen. Daher steht im § 30 Abs. 3, daß der Rektor – der Rektor ist die oberste Behörde jeder Universität für das Zulassungsverfahren – sehr wohl, und zwar nicht außerhalb des Gesetzes und auch nicht contra legem, Kollegin Petrovic, sondern genau im Sinne des Gesetzgebers und im Sinne des Gesetzes, in solchen Fällen auf diesen Nachweis verzichten kann.

Man könnte nun sagen, daß die Rektoren nicht entsprechend handeln, sodaß der Minister dies tun müsse. Dem steht aber entgegen, daß wir uns eigentlich dafür entschieden haben, daß die Universitätsautonomie der Schwerpunkt unserer Universitätspolitik sein und die Richtung vorgeben soll. Was getan werden wird – der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat das bereits angekündigt –, ist, daß die Rektoren ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen


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werden, daß sie nicht nur in bezug auf diese Gruppe, sondern in solchen Situationen generell davon Gebrauch machen können, auf diesen besonderen Studiennachweis zu verzichten.

Das Gesetz sieht also an und für sich entsprechende Möglichkeiten vor. Würden wir diese Komponente im Gesetz noch verstärken wollen, dann käme das meiner Ansicht nach nicht im Bereich des § 36 um Tragen, sondern eher dort, wo wir den Rektoren die entsprechende Kompetenz einräumen. Das Problem ist daher mit einigem guten Willen sowie mit Respekt vor dem Gesetzgeber durch die Rektoren lösbar.

Daher ersuchen wir um Verständnis dafür, daß wir für eine Fristsetzung keine Notwendigkeit sehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster erteile ich Frau Abgeordneter Dr. Brinek das Wort. – Bitte.

15.14

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich kann mehr oder weniger nahtlos an die Ausführungen meines Vorredners anknüpfen und auf die wichtige Regelung des § 30 UniStG, Zulassung zum Studium, verweisen. Ich möchte Ihnen gerne die Erläuterungen zur Kenntnis bringen, in denen ausgeführt wird, welche Handhabe der Rektor hat.

Ich zitiere: Die Bestimmung des Abs. 3 wird dem geltenden Recht entnommen und soll in der Hauptsache sogenannte politische Umstände berücksichtigen helfen. Dies reicht vom Umstand einer vorübergehenden Schließung einer Universität oder Hochschule von Ländern in Krisengebieten bis zu Schwierigkeiten, die sich im Zusammenhang mit Ländern ergeben, in denen geringere demokratische, rechtsstaatliche Standards bestehen. Dabei werden insbesondere auch die Probleme politischer Flüchtlinge im weitesten Sinn zu berücksichtigen sein. – Zitatende.

Liebe Frau Dr. Petrovic! Diese Erläuterung ist meiner Ansicht nach hinreichend in Ausdruck und Präzision. Vielleicht kennen oder kannten Sie diese Bestimmungen nicht im einzelnen und haben in Ihrem Debattenbeitrag daher auf Abkommen zwischen Serbien und Kosovo abgestellt oder abstellen wollen, die eben nicht die Basis für § 30 Abs. 3 sind. Bitte beachten Sie, daß das eine andere Kategorie und ein anderer Diskurs ist. Im vorliegenden Fall regelt § 30 Abs. 3 UniStG sehr genau, worum es geht.

Ich denke, Sie sollten sich auch in Erinnerung rufen, daß die anerkannten Flüchtlinge im Sinne der Konvention in der Personengruppenverordnung erfaßt sind und auch von daher Klarheit besteht.

Ein weiterer Hinweis: Wenn ich Ihren Antrag genau lese, fällt mir daran ein Problem in rechtssystematischer Hinsicht auf. Es ist meines Erachtens falsch, den Wissenschaftsminister zum Richter darüber zu machen, in welchem Staat zivilisiert und in welchem unzivilisiert politisch operiert wird, und den Minister quasi zu politischen Urteilen zu ermächtigen oder ihn Sich-dazu-Anschicken zu machen. Zuständig für diese Art von Urteilen, auf deren Basis wiederum Abkommen geschlossen werden, sind meines Wissens die Entscheidungsebenen im Außenministerium.

Lassen Sie mich nunmehr auf den Punkt kommen. Die ÖVP und sicherlich auch viele andere Abgeordnete hier, sei es einzeln oder im Kollektiv, haben großes Interesse daran, Gruppen, die aufgrund ethnischer Bestimmungen besonders benachteiligt sind, und Studenten in ihrem Ansinnen, in Österreich zu studieren, gerecht zu werden. Das betrifft die Kosovo-Albaner ganz besonders dann, wenn ihnen das Studium in ihrem Heimatland nicht gewährt und nicht ermöglicht wird.

Wir setzen aber nicht auf die Kompetenz und auf die – ich sage das durchaus persönlich wertend – Überlastung des Ministeriums, und wir setzen nicht auf einen Kurswechsel weg von


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der Autonomie hin zur Autorität des Ministeriums. Statt dessen verfolgen wir die Philosophie des UniStG sehr genau und setzen große Hoffnungen und Erwartungen in die Kompetenz und autonome Entscheidungsfähigkeit der Rektoren. Diese sind die oberste Universitätsbehörde. Es gibt keinen Anlaß, den Rektoren Mißtrauen entgegenzubringen, sondern es gibt vielmehr Anlaß, ihnen großes Vertrauen entgegenzubringen, und zwar mit dem Zusatz, diese Entscheidungsfälle von parlamentarischer Seite her sehr sorgfältig zu beobachten.

Erst vor wenigen Minuten haben wir einen meine Auffassung bestätigenden Anruf des Vorsitzenden des Rektorenkonferenz erhalten, in dem er mitgeteilt hat, daß er sich durch die Information, die das Ministerium schon geleistet hat, und durch die Kommunikation, die noch weiter auszubauen sein wird, bestätigt und ausreichend gesetzlich gesichert fühlt, um in den zitierten Fällen zu entscheiden. Daran erkennen wir, daß die gesetzliche Möglichkeit, die jetzt existiert, ausreichend ist, sodaß weder ein Anlaß für eine Fristsetzung besteht noch – gegenwärtig – eine Änderung des Universitäts-Studiengesetzes vorzunehmen ist. Daher können wir von einer Zustimmung absehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Er hat das Wort.

15.18

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! An dieser Debatte ist meiner Ansicht nach besonders von Interesse, daß die sozialistische Seite und die Seite der ÖVP offensichtlich eine völlig klare Meinung zu diesem Gesetzesantrag von Kollegin Petrovic und Kolleginnen haben, allerdings kein Verständnis dafür aufbringen, diesen Antrag einer raschen Erledigung zuzuführen.

Überhaupt scheint mir dabei eine Verwechslung vorzuliegen. Denn es geht beim Fristsetzungsantrag nicht um eine inhaltliche Abstimmung darüber, ob man dafür oder dagegen ist, sondern es geht nur darum, ob die Materie dem Ausschuß zugewiesen wird und anschließend ins Plenum zurückkommen kann, woraufhin der Gesetzesantrag entweder akzeptiert oder abgelehnt wird.

Frau Kollegin Brinek hat mit keinem Wort Ausführungen darüber getroffen, aus welchem Grund sie nicht für die sofortige Behandlung der Sache im Ausschuß eintritt. (Abg. Dr. Brinek: O ja!) Vielmehr haben Sie, Frau Kollegin Brinek, eine Begründung in der Sache abgegeben, die eigentlich der Ausschußarbeit vorbehalten werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Brinek! Sie haben ausführlich vorgetragen, aus welchem inhaltlichen Grund Sie dagegen sind. Wenn aber die Meinungsbildung der Österreichischen Volkspartei und der SPÖ schon so weit fortgeschritten ist, daß ohnedies schon in der Sache Entscheidungen getroffen werden könnten, dann frage ich mich, aus welchem Grund diese Sache auf die lange Bank geschoben werden sollte.

Frau Kollegin Brinek! Sie haben hier die Meinung vertreten, daß gemäß § 30 Abs. 3 Universitäts-Studiengesetz der Rektor in ausreichendem Maße die Möglichkeit hat, darüber zu entscheiden, ob Angehörige dieser ethnischen Minderheit in Österreich zu den Universitäten zugelassen werden oder nicht. Sie haben sich in der Sache geäußert und klar Stellung bezogen. Ich verstehe daher nicht, daß Sie die Sache auf die lange Bank schieben wollen. Welchen Sinn hat das? – Sie haben eine Meinung, diese kann und sollte man vertreten. Ich sehe keinen logischen Anlaß, mit einer beschlußmäßigen Befassung des zuständigen Ausschusses weiter zuzuwarten. (Abg. Dr. Brinek: Es gibt keinen Handlungsbedarf!)

Es gibt keinen Handlungsbedarf? – Sehr geehrte Frau Kollegin! (Abg. Dr. Brinek: Es gibt keinen akuten Handlungsbedarf!) Wenn es keinen Handlungsbedarf gibt, heißt das in den Augen der Österreichischen Volkspartei, daß man einen Gesetzesantrag einfach liegenläßt? – Das ist offensichtlich Ihre Meinung. Aber so kann man es nicht machen: Nur weil man sagt, daß es keinen Handlungsbedarf gebe, bleibt ein Gesetzesantrag liegen. Sie haben eine akzentuierte


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Meinung, der Meinungsbildungsprozeß ist abgeschlossen, und es besteht kein Grund, den Gesetzesantrag zu verzögern beziehungsweise nicht zu behandeln.

Es ließe sich offensichtlich eine sehr rasche Debatte im Ausschuß abführen. (Abg. Dr. Brinek: Es gibt keinen akuten Handlungsbedarf!) Die antragstellende Seite ist dafür, die Liberalen werden auch dafür sein; ÖVP und SPÖ sind dagegen, weil sie sagen, daß die Autonomie der Universitäten das regeln soll. Ich gestehe Ihnen zu, daß einiges dafür spricht, es bei dieser Autonomieregelung zu belassen. Denn es ist von seiten der Grünen sicherlich nicht folgerichtig, auf der einen Seite für mehr Autonomie an den Universitäten einzutreten und auf der anderen Seite nach dem Gesetzgeber zu rufen.

Klar ist aber in jedem Fall, daß die Sache in einer Ausschußberatung im Rahmen kürzester Diskussion abschlußbereit sein könnte und daher keine Veranlassung besteht, diesen Gesetzesantrag nicht einer Enderledigung zuzuführen. (Abg. Dr. Brinek: Dem steht nichts entgegen!) Aus diesem Grund werden wir für diesen Fristsetzungsantrag stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Sie hat das Wort. – Bitte.

15.22

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ja, der Anlaß ist tragisch: Ethnische Diskriminierungen sozusagen als Begründung nehmen zu müssen, um ein Gesetz zu ändern, das ist wirklich tragisch. Es ist tragisch, daß Menschen ihr Studium zurzeit nicht fortführen können, obwohl sie das wollen, weil offensichtlich die Rektoren nicht informiert sind.

Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, umgehend die zuständigen Universitätsprofessoren über diese ethnischen Minderheiten und ihre Situation zu informieren und die daraus resultierende Unfähigkeit, die entsprechenden Nachweise zu erbringen.

Ich würde auch für einen raschen Instanzenzug im Ablehnungsfall plädieren, damit diese Personen möglichst schnell in ein Studium integriert werden können. Aber mein grundsätzliches Problem dabei ist, daß sich sozusagen punktuell ein Gesetz ändern muß für eine Gegebenheit, die unter Umständen zeitmäßig sehr begrenzt ist. Damit habe ich meine Schwierigkeiten.

Ich würde eher dafür plädieren, daß man überwacht, welche Ablehnungsgründe überhaupt konform sind mit § 30 Abs. 3 UniStG, demgemäß die Rektoren eine ablehnende Haltung einnehmen dürfen gegenüber diesen Menschen, die in ihren Staaten verfolgt werden aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder aufgrund anderer Diskriminierungspunkte, die wir ja kennen.

Frau Petrovic! Der Text, den Sie vorschlagen, ist auch aus folgendem Grund für uns ein bißchen problematisch: Können Sie uns definieren, was "zivilisierte Staaten" sind? – Den Begriff "zivilisierte Staaten" halte ich eigentlich für dehnbar wie einen Kaugummi. Ich weiß nicht, ob unser Staat ein zivilisierter Staat ist. Dem Eindruck nach, den ich manchmal von diesem Parlament habe, scheint es mir nicht so zu sein, daß wir uns wirklich in einer zivilisierten Gesellschaft befinden. (Beifall beim Liberalen Forum.) Auch wenn Herr Gusenbauer mir jetzt nicht glaubt: Sie schütteln ebenfalls manchmal den Kopf, und ich beobachte Sie oft dabei.

Dem Kollegen Krüger möchte ich nur sagen: Sie sind der zuständige Ausschußvorsitzende. Warum berufen Sie nicht einfach einen Ausschuß ein? – Das wäre auch eine Möglichkeit, diesen Zeitpunkt nach vorne zu verschieben. Ich wäre sehr dafür, daß wir uns öfter mit dem Wissenschaftsminister treffen. Ich habe sehr unter dem Umstand gelitten, daß wir ein Budget zu Wissenschaft und Forschung innerhalb von eineinhalb Stunden in einer Runde diskutieren müssen – eigentlich eine Zumutung für jeden, der sich für die Materie interessiert. Ich glaube, daß wir Beratungen wirklich ernst nehmen und nicht bloß zweimal jährlich ein kurzes Meeting mit dem zuständigen Ressortminister haben sollten. Herr Bundesminister! Ich bin sicher, Sie würden die Zeit aufwenden, um es grundsätzlich zu diskutieren.


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Einmal war ich selbst eine ähnlich Betroffene. Ich habe auch eine ausländische Matura. Meine Mutter mußte dreimal in eine andere Hauptstadt fahren, um mit dem Ministerium zu verhandeln und die notwendigen Unterlagen zu besorgen, damit die Beamten in Österreich die Matura anerkennen. Ich weiß, welche Mühe es war, sämtliche Papiere zu beschaffen.

Man müßte grundsätzlich wesentlich mehr verändern als das, was Sie vorhaben, Frau Petrovic. Dieser Anlaß rechtfertigt zwar sozusagen die Schnelligkeit im vorliegenden Fall, aber ich würde darum bitten, daß wir anschließend im Ausschuß eine umfassende Diskussion abhalten, nicht nur über ethnische Minderheiten, sondern über all jene, die auf diese Weise betroffen sind und Papiere zu erbringen haben, über jene, die Kosten auf sich nehmen müssen, um Übersetzungen, notwendige Legitimierungen und so weiter herbeizuschaffen. Das war damals sehr mühsam, als ich davon betroffen war, aber in dieser Hinsicht hat sich nicht sehr viel geändert, wenn es um Staaten außerhalb der EU geht.

Wir werden diesen Antrag unterstützen, weil wir Fristsetzungsanträge immer unterstützen, obwohl ich glaube, daß wir auch die Möglichkeit hätten, im normalen Verfahren dasselbe – und weit mehr als das – zu erreichen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nunmehr als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

15.27

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Frage von Frau Abgeordneter Dr. Gredler zu beantworten: Was zivilisierte Staaten sind, das definieren nicht die Grünen. Der Ausdruck "zivilisierte Staaten" ist ein allgemeiner Gesetzesbegriff, wie er vor allem in internationalen Dokumenten, aber auch im österreichischen StGB enthalten ist. Was das politisch, praktisch oder in der realen Situation bedeutet, da werden Sie mir wohl darin recht geben, daß etwas wie eine sogenannte ethnische Säuberung nicht den Rechtsgrundsätzen eines zivilisierten Staates entspricht. Dies als Erklärung für Sie, wenn Sie ein solches Problem mit dem Antrag von Frau Dr. Petrovic haben.

Ich gebe Herrn Dr. Niederwieser recht, wenn er sagt, daß er dieses Anliegen versteht. Es gibt Gespräche und die Einsicht eines Bedarfs an Regelung, wie ich das jetzt nennen möchte. Man will die Situation ändern. Aus unserer Sicht bin ich Ihnen für diese Einsicht dankbar. Frau Dr. Petrovic hat ja diesen Fristsetzungsantrag heute gestellt, um die Notwendigkeit der Änderung deutlich zu unterstreichen. Die Fristsetzung geschieht nicht von heute auf übermorgen, sondern sie bezieht sich auf den Zeitraum bis zum 9. Dezember 1997. Dazwischen liegt also ein Monat, in dem man das ausführlich vorbesprechen kann, um danach in den Ausschußberatungen zu einer Lösung zu kommen.

Warum diese generelle Lösung – da bin ich im Widerspruch zu Frau Dr. Brinek – notwendig ist, ist nicht grundsätzliches Mißtrauen gegenüber den Rektoren der einzelnen Universitäten, daß diese dem grundsätzlich nicht gewogen seien, sondern das ist eine Erkenntnis aus der praktischen Erfahrung, Frau Dr. Brinek. Ich möchte nicht, daß es in Zukunft so ist, daß etliche draufzahlen, bis es sich herumgesprochen hat, daß die Rektoren nicht das nötige Verständnis dafür haben, sondern ich möchte hier ein eindeutiges, ein klares und keine Zweideutigkeiten zulassendes Wort des Ministers oder der Ministerin, des jeweiligen Ressortchefs.

Wissend, daß es diese Unstimmigkeiten bezüglich Kosovo zwischen dem Herrn Bundesminister Dr. Einem und dem Herrn Außenminister Vizekanzler Dr. Schüssel gibt, möchte ich das jetzt weiterkolportieren, denn Dr. Schüssel ist ja derjenige, der, was jetzt den Kosovo betrifft, nicht so ganz auf dieser Linie ist. Aber es geht nicht allein um den Kosovo, es geht auch um andere Ethnien, um andere Volksgruppen, um andere unterdrückte Nationen, Völker oder kleine Gruppen. Dieser Fall kann sehr schnell auch eintreten, wenn es um Schiiten geht, wenn es um Kurden geht. Und dafür brauchen wir eine auch für die Rektoren ganz klare Handhabe, eine klare gesetzliche Grundlage. Das ist das Ziel. (Beifall bei den Grünen.)


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Ich mißtraue den Rektoren nicht, aber ich kann Ihnen die Fälle aufzeigen, in denen die Rektoren nicht in Ihrem und in meinem Sinn entschieden haben – und das zum Schaden von Studierenden oder von möglichen Studierenden in Österreich, denen diese Möglichkeiten in ihrem Heimatstaat einfach gänzlich genommen wurden.

Das ist es, was wir wollen, und darum bitten wir Sie um Zustimmung. Nicht für uns, sondern für die Unterdrückten aus Kurdistan, aus dem Kosovo, aus dem Iran und aus dem Irak. (Beifall bei den Grünen.)

15.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir kommen daher zur Abstimmung , und zwar ist abzustimmen über den Antrag, es möge dem Wissenschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 606/A der Abgeordneten Dr. Petrovic eine Frist bis zum 9. Dezember 1997 gesetzt werden.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die für diesen Fristsetzungsantrag stimmen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Ich stelle fest: Der Antrag hat keine Mehrheit erhalten und ist daher abgelehnt .

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Beratungen über den 2. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl zur Fortsetzung seiner Rede. Es ist dies die erste Wortmeldung. Die restliche Redezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.33

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP) (fortsetzend) : Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie kurz vor 15 Uhr knapp erläutert, möchte ich einen Abänderungsantrag einbringen und zur Verlesung bringen, der insbesondere eine Verbesserung für die jungen Beamten darstellt, nämlich die Herabsetzung des Pensionsbeitrages von 11,75 auf 10,25 Prozent.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen betreffend einen Bericht des Finanzausschusses zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes in der Fassung der Abänderungsanträge vom 4. November 1997, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 sowie weitere Bundesgesetze (1. Budgetbegleitgesetz 1997) (885 der Beilagen) geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im Art. 4 Z 24 lautet § 58 Abs. 24:

"(24) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. XXXX/1997 treten in Kraft:

1. § 5 Abs. 3 bis 5 in der Fassung des Art. 4 Z 2 dieses Bundesgesetzes mit 1. August 1997,

2. § 4 Abs. 4 in der Fassung des Art. 4 Z 1 dieses Bundesgesetzes, § 4 Abs. 7 und 8 in der Fassung des Art. 4 Z 1a dieses Bundesgesetzes, § 10 Abs. 3, die Überschrift zu § 62e und § 62e Abs. 7 bis 9 und 11 mit 1. Jänner 1998,

3. § 4 Abs. 6 in der Fassung des Art. 4 Z 1a dieses Bundesgesetzes, § 5 Abs. 6 in der Fassung des Art. 4 Z 2 dieses Bundesgesetzes und § 12 Abs. 7 in der Fassung des Art. 4 Z 9 dieses Bundesgesetzes mit 1. September 1998,


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4. § 15 Abs. 3 und 5 in der Fassung des Art. 4 Z 11a dieses Bundesgesetzes, § 41 Abs. 2 und 3 und § 62e Abs. 12 und der Entfall des § 41 Abs. 4 mit 1. Jänner 2000,

5. die §§ 3a bis 5 samt Überschriften in der Fassung des Art. 4 Z 3 dieses Bundesgesetzes, § 7 Abs. 2, § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 3 bis 6 in der Fassung des Art. 4 Z 11b dieses Bundesgesetzes, § 15a Abs. 1, § 15b Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 25a samt Überschrift, § 49 Abs. 2, § 50 Abs. 1 und 2, § 51 Abs. 1 bis 3, § 54 Abs. 2 lit. a und Abs. 5, § 55 Abs. 3, § 62d Abs. 2 und § 62e Abs. 1 bis 6 und 10 sowie die Aufhebung des § 12 samt Überschrift, des § 15b Abs. 1 Z 3 und des § 22 samt Überschrift mit 1. Jänner 2003."

2. Im Art. 4 Z 26 werden dem § 62e folgende Abs. 10 bis 12 angefügt:

"(10) § 25a ist nur auf Beamte anzuwenden, deren Ausscheiden aus dem Dienststand nach dem 31. Dezember 2002 wirksam wird.

(11) Der Prozentsatz des Pensionsbeitrages gemäß § 22 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 und des besonderen Pensionsbeitrages gemäß § 56 Abs. 3a oder § 57 Abs. 2 vermindert sich für Beamte, auf die § 62b Abs. 1 nicht anzuwenden ist, um 1,5 Prozentpunkte.

(12) Der Prozentsatz des Pensionsbeitrages nach § 22 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 und des besonderen Pensionsbeitrages gemäß § 56 Abs. 3a oder § 57 Abs. 2 vermindert sich für Beamte, die ihr 60. Lebensjahr nach dem 30. November 2019 vollenden werden, um 1,5 Prozentpunkte."

3. Im Art. 9 Z 1 lautet § 5 Abs. 2 Z 1 letzter Satz:

"Sonderzahlungen und der Nebengebührendurchschnittssatz bleiben dabei außer Betracht."

4. Im Art. 15 wird in der Novellierungsanordnung nach dem Wort "Parlamentsmitarbeitergesetz" folgender Ausdruck eingefügt:

"BGBI. Nr. 288/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr. 64/1997."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Abänderungsantrag ist somit eingebracht, und ich bitte, ihn in der weiteren Verhandlung als Grundlage zu verwenden.

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Der Antrag der Abgeordneten Nowotny, Stummvoll, Gusenbauer, Höchtl ist ordnungsgemäß unterfertigt und steht somit in Verhandlung.

Kollege Leikam, war das eine Wortmeldung? (Abg. Leikam: Nein, nein!) Gut.

Dann ist der nächste Redner Herr Abgeordneter Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte.

15.39

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige erste Runde zu den Budgetbegleitgesetzen und zur Pensionsreform ist nunmehr schon vier Stunden alt, und wie von Bundesparteiobmann Dr. Haider in seiner ersten Wortmeldung angekündigt, haben wir soeben auch schon den ersten Abänderungsantrag der Kollegen Höchtl, Gusenbauer gehört.

Ich sage Ihnen für meine Fraktion klipp und klar: Wir werden diesen Abänderungsantrag selbstverständlich mittragen, weil er genau jene Intentionen enthält und genau jenen Befürchtungen Rechnung trägt, die wir Freiheitlichen in der heutigen Diskussion ohnehin schon zum Ausdruck gebracht haben.


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Das vorliegende Pensionspaket der Beamten stellt nämlich zweifellos eines nicht dar: einen Solidaritätspakt zwischen den Alten und den Jungen, sondern es läßt genau jene, die im Jahre 2019 ihr 60. Lebensjahr vollenden werden, also jene, die heute jünger als 40 Jahre sind, im Regen stehen. Das wird ihnen dann das, was derzeit abgefedert wird, nämlich die volle Härte der Durchrechnungszeiträume, bescheren.

Ich glaube daher, es ist nur gerechtfertigt, daß man dieser Gruppe durch geminderte Beitragszahlungen in dieser Zeit wenigstens die Möglichkeit gibt, zusätzlich zu dem, was sie dann als Pensionen erwarten können – nämlich nicht mehr 80 Prozent ihrer Höchstbezüge als Pensionszahlung, sondern durchschnittlich etwa 60 Prozent ihrer Einkommenspyramide, die sie jemals erreicht haben, was bedeutet, daß sie eine bis zu 40prozentige Senkung ihres Lebensstandards haben werden –, eine gewisse Vorsorge auf dem privaten Sektor durchzuführen; zwar nicht nervenzerfetzend, aber immerhin mit 1,5 Prozentpunkten der Beitragszahlungen.

Damit wird auch das schön langsam erreicht werden, was wir Freiheitlichen in klarer Linie schon immer gefordert und verlangt haben, nämlich die Einführung des Dreisäulenmodells mit der staatlichen Solidarität in der ersten Säule, mit der betrieblichen Vorsorge in der zweiten Säule und mit der privaten Vorsorge in der dritten Säule. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist schlicht und einfach unwahr, wenn der Herr Bundeskanzler und der Vizekanzler noch vor 24 Stunden im Fernsehen behauptet haben, daß sie mit dem vorliegenden Beamten- und ASVG-Paket für die Pensionsreform die Ruster Erklärung erfüllt und einen Solidaritätspakt über die Generationen geschaffen hätten, denn genau die Jungen, jene Männer, die heute unter 40 sind, beziehungsweise jene Frauen, die unter 45 sind, sind es, die von diesem Pensionspaket hart getroffen werden. Sie sind diejenigen, die die Zeche zu zahlen haben werden, und sie werden auch jene sein, die die nächste und die übernächste Pensionsdebatte erleben werden.

Herr Professor Marin ist ja vor zwei Tagen so weit gegangen, schon für 1999 die nächste Pensionsdebatte vorauszusagen, und auch der Experte der Regierung, Professor Rürup, hat in seiner heutigen beziehungsweise gestrigen Aussage an Deutlichkeit nichts vermissen lassen. Er meint, daß spätestens 2005 bis 2010 die nächste Pensionsdebatte zu führen sein wird.

Das Vorhaben, das sich die Bundesregierung für die Pensionsreform zum Ziel gesetzt hat, nämlich den Generationenvertrag über alle Generationen zu spannen und solidarisch gerecht zu gestalten, ist für die jüngere Generation schlicht und einfach als gescheitert zu betrachten. Es ist auch für die Gruppe der in Pflege befindlichen Mitbürger, die von Geburt an oder durch Unfälle an Behinderungen leiden, als gescheitert zu betrachten. Wir wissen, daß für sie auf der einen Seite nunmehr die Beitragszahlungen aus den entsprechenden Sozialtöpfen für zwei Jahre eingefroren bleiben und auf der anderen Seite durch die nunmehrige Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten in die Sozialversicherung noch eine zusätzliche Verteuerung der Inanspruchnahme für Hilfe im Behinderungsfall eintreten wird.

Es soll auch nicht vergessen werden, daß diese Gruppe in den letzten zwei Jahren schon einer regelrechten Preistreiberei der Länder und der Gemeinden ausgesetzt war, da diese nach der Einführung des Pflegegeldes im Jahre 1993 ihre Preise und die Zahlungsverpflichtungen für die Heime und die stationären Einrichtungen massiv angehoben haben. Daß man diese Gruppe nunmehr weiterhin beim gleichen Beitragssatz des Pflegegeldes verharren läßt, halte ich schlicht und einfach für unsozial.

Ich glaube auch, daß die Maßnahme, die dann im ASVG zu beschließen sein wird, erst ab der Pflegestufe 5 den Angehörigen für die Pflege eine entsprechende Versicherung zu gewähren, hartherzig ist. Die Pflegestufe 4 bedeutet bereits, daß 180 Pflegestunden im Monat zu leisten sind. Das ist mehr als eine Vollbeschäftigung, aber erst ab der Pflegestufe 5 gewährt man diese Selbstversicherungsmöglichkeit. Ich glaube daher, daß man auch hier keine soziale Ausgewogenheit geschaffen hat.

Auf der anderen Seite ist feststellbar, daß das, was heute im Beamtenpaket zu sehen ist, im Verhältnis zu allen anderen Maßnahmen im ASVG-Bereich mit Sicherheit besser gelungen ist


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hinsichtlich der Abfederung. Die ASVGler werden also die Zeche für das bezahlen, was heute zum Beamten-Dienstrecht beschlossen werden wird.

Noch etwas zu den Statistiken, die heute gerade von der ÖVP so häufig bemüht wurden, die aber auch Sie, Herr Staatssekretär, richtigerweise im Zusammenhang mit den Aufwendungen für die Beamtenpensionen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt hier in die Diskussion gebracht haben. Ich darf etwas anderes in die Diskussion bringen: die Deckungsrate der Gesamtaufwendungen der Pensionsversicherung durch Mittel des Bundes.

Ursprünglich – Herr Kollege Feurstein, Sie wissen, daß ich recht habe – war eine Drittelregelung vereinbart: ein Drittel Bund, ein Drittel Beitragszahlungen der Versicherten, ein Drittel Beitragszahlungen der Wirtschaft. Aus diesem System der Jahre 1970, 1974, 1975 ist dann 1983 bis 1986 ein Abgleiten auf 29 bis 30,2 Prozent erfolgt. Von 1989 bis heute kam es zu einem ständigen Auf und Ab, aber alle zwei Jahre ging es bestimmt nach unten. 30,2 Prozent 1987 nach dem Ende der kleinen Koalition, 1989 28,9 Prozent, 25,9 Prozent, eine kurze Erholung im Wahljahr 1991 auf 26,4 Prozent, 25,0 Prozent, 24,7 Prozent, 23,9 Prozent, 25,1 Prozent – schau, schau! – im Wahljahr 1994; sodann 24,4 Prozent, 25,0 Prozent; 23,5 Prozent als Prognose für 1998.

Das sind alles die offiziellen Zahlen des Bundes. Keine einzige stammt aus unserer Feder, sondern alle aus der der Regierung. Herr Kollege Feurstein, Sie werden nicht bestreiten können – auch Herr Präsident Sallmutter ist der gleichen Meinung –: Wenn der Bund seine Versprechungen eingehalten hätte, hätte sehr vieles im heurigen Jahr nicht erfolgen müssen.

Daher wiederhole auch ich das, was Herr Dr. Haider gesagt hat: Na selbstverständlich war das eine Maßnahme zur kurzfristigen Budgetkonsolidierung – und keine Maßnahme zur langfristigen Pensionsreform, schon gar keine Maßnahme, einen Solidaritätsbogen zwischen Jung und Alt herzustellen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn sogar Ihre eigenen Experten Rürup und Marin sagen Ihnen deutlich und klar: Der Solidaritätsbogen zwischen Jung und Alt ist mißlungen. Die über 50jährigen haben es sich gerichtet, die unter 50jährigen werden mit Verzögerungen die Zeche zahlen.

Ich garantiere Ihnen eines, Herr Kollege Feurstein, und allen anderen, die glauben, daß sie den Stein der Weisen gefunden haben, indem sie diesem Gesetzeswerk heute in vollem Umfange die Zustimmung geben: Sie werden in der österreichischen Bevölkerung mit Sicherheit feststellen, daß die Leute das, was heute beschlossen wird, lesen können und daß sie auch realisieren werden, was auf sie zukommt.

Es ist nicht die freiheitliche BARC-Versicherung, sondern Ihre, die Zusatzleistungen für die derzeit junge Generation anbietet, weil die Renten nicht sicher sind, es ist nicht unsere Postsparkasse, die das gleiche anbietet, es ist nicht unsere Wiener Städtische Versicherung, sondern genau die Versicherungen aus dem schwarz-roten Bereich sind es, die das anbieten. Ich halte daher die Kritik an uns Freiheitlichen, daß wir die Jugend verunsicherten und Dienst für die Versicherungen leisten, für völlig danebenliegend. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Kollege Feurstein, und Ihre Mitstreiter, deren Namen auf diesen Abänderungsanträgen aufscheinen, sind jene, die der Jugend diese zusätzliche Möglichkeit einräumen, ja sie dazu zwingen, und gleichzeitig auch noch behaupten, das Drei-Säulen-Modell der Freiheitlichen sei als unsozial abzulehnen.

Und noch etwas, Kollege Feurstein: Sie wissen ganz genau, mehr als 70 Prozent der ASVG-Pensionisten würden sich freuen – wenn ich jene, die heute unter 11 000 S liegen, dazurechne, sind es sogar 82 Prozent –, wenn sie die 11 000 S nach dem freiheitlichen Drei-Säulen-Modell als Grundpension bekämen. Es würden sich nach den neuen Regelungen im Beamtendienstrecht auch die D und die E-Beamten freuen, wenn sie die Grundsicherung des freiheitlichen Dreisäulenmodells bekämen. Das ist kein Modell der Armutspension! (Abg. Koppler: Volkspension!)


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Das, was Sie heute beschließen und prolongieren, ist in den unteren Einkommensgruppen tatsächlich ein Sozialmodell, das eigentlich für einen Sozialstaat – zumindest, wenn man es sozial wirklich ernst meint – nach oben hin zu adaptieren wäre und nicht ab Einkommen von 10 000 S und mehr um einen Prozentpunkt nach unten hin. Die Einschleifregelungen könnten ab 10 000 S 1 Prozent bis 7 Prozent vorsehen und dann in entsprechender Form mehr. (Abg. Dr. Feurstein: Für das ASVG stimmt das nicht!) Herr Kollege Feurstein! Sie wissen, wovon wir reden. Wenn Sie sich das im ASVG anschauen: dort ab 8 000 S.

Herr Kollege Feurstein! Das ist weder sozial ausgewogen noch ein Jahrhundertwerk! Sie haben eine Tür aufgesperrt, die Tür zum Durchrechnungszeitraum bei den Beamten, aber es ist Ihnen und der Bundesregierung nicht gelungen, einen Solidaritätspakt zwischen Jung und Alt und zwischen Bedürftigen und Nichtbedürftigen zu schließen. Sie haben die Ziele der Pensionsreform in den wichtigsten Parametern klar versäumt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

15.50

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haupt hat hier gesagt, daß diese Pensionsreform nicht der Stein der Weisen sei. – Ich meine, es ist ein völlig falscher Zugang, wenn man sich der Frage der Pensionsreform vom erkenntnistheoretischen Ansatz her nähert und meint, es wäre dabei irgendein Stein der Weisen zu finden. Das ist eine völlige Themenverfehlung!

Eine Pensionsreform hat danach orientiert zu sein, welche Zielsetzungen man damit verfolgt und wie man diese Zielsetzungen unter Zustimmung der Betroffenen in einem Land durchsetzen kann. Das ist kein Erkenntnisprozeß, sondern ein politischer Prozeß und ein Verhandlungsprozeß. Und das Ergebnis dieses Prozesses haben wir hier heute auf dem Tisch. Somit ist der Einwand des Kollegen Haupt, daß das nicht der Stein der Weisen wäre, eigentlich kein stichhaltiger.

Bei all dem, was die Experten sagen, gibt es ja auch höchst unterschiedliche Sichtweisen und Kritikpunkte. In der heutigen Ausgabe des "Standard" kann man zum Beispiel lesen, was einzelne Experten dazu meinen. Es wird etwa festgestellt, daß die Reform, wenn man im ASVG-Bereich unter 10 000 S sozusagen auch die Einschleifregelungen nimmt, zwei Drittel derjenigen betrifft, die eine ASVG-Pension haben. Was bedeutet das aber, wenn man es umgekehrt betrachtet? – Das würde ja heißen, daß man bei den ASVG-Pensionisten unter 10 000 S nach Auffassung dieser Experten in Wirklichkeit viel stärker einschneiden müßte. Da stellt sich für uns aber die sozialpolitische Frage, ob es wünschenswert sein kann, bei Pensionen dieser geringen Höhe einzuschneiden, oder ob es nicht ein legitimes Schutzbedürfnis für diese Gruppen in der Gesellschaft gibt. Das heißt: Das, was die Experten rein rechnerisch, rein mathematisch vom Standpunkt der Budgetfinanzierbarkeit aus auf den Tisch legen, hat ja noch lange nichts damit zu tun, wie dann später der einzelne individuell davon betroffen ist. Daher machen ja auch die Politiker, die vom Volk gewählt sind, die Politik und nicht die Experten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Schmidt: Wer hat das jetzt gemacht? Wer hat diese Politik gemacht?! – Abg. Mag. Stadler: Wer hat die Sozialpartner gewählt? Die Sozialpartner sind nicht die gewählten Volksvertreter! Passen Sie auf, was Sie sagen!)

Frau Kollegin Schmidt! Glauben Sie wirklich, daß in diesem Fall die Experten die Politik gemacht haben? – Nein! Wenn Sie schon die Rolle des Parlamentes ansprechen, dann reden wir ganz offen darüber. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Einer nach dem anderen. Jetzt kommt einmal die Kollegin Schmidt dran, dann setze ich mich mit Ihren Zwischenrufen auseinander, Herr Kollege.

Es war sozusagen nicht die höchste parlamentarische Ästhetik, nach der das in den letzten Tagen in den Ausschüssen abgelaufen ist. Ich glaube, darüber sind wir uns einig. Aber ich hätte wirklich gerne gesehen, was passiert wäre, wenn die Regierungsvorlage tel quel, so, wie sie eingebracht wurde, beraten worden wäre, wenn sie ohne irgendwelche Veränderungen ins Plenum gebracht worden wäre. Alle hätten doch sofort gesagt, das Parlament nimmt seine


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Aufgabe, sich mit diesem Text kreativ auseinanderzusetzen, nicht wahr. (Abg. Dr. Schmidt: Im Ausschuß hätte es verbessert werden können! Dafür sind die Ausschüsse doch da!)

Darauf sage ich Ihnen ganz offen, Frau Kollegin Schmidt: Ich bin bei allen Sitzungen des Finanzausschusses anwesend gewesen, aber außer von den Regierungsfraktionen hat es dort keine Abänderungsanträge gegeben (Abg. Hans Helmut Moser: O ja! Ich habe einen eingebracht!), sondern es hat sogar gestern eine weit verbreitete Diskussionsverweigerung von seiten der Opposition gegeben, die sich mit jenen großen Teilen der Regierungsvorlage, die vorgelegen sind, überhaupt nicht auseinandersetzen wollte. Also so einfach kann man es sich auch nicht machen, daß man sagt ... (Abg. Dr. Schmidt: Jetzt machen aber Sie es sich einfach!)

Nein, ich mache es mir gar nicht einfach! Aber einerseits zu sagen, das Parlament soll sich damit beschäftigen, aber andererseits die verfügbare Zeit in den Ausschußsitzungen nicht für diese Debatten zu nützen, das paßt nicht zusammen. Wenn man schon so großartige Vorschläge hat, dann hätte man diese auch in den Ausschüssen einbringen und diskutieren müssen. (Abg. Dr. Schmidt: Sie wissen doch, wovon ich rede! Dann gehen Sie lieber auf Zwischenrufe gar nicht ein, als auf diese Weise!)

Ich weiß ganz genau, wovon Sie reden. Aber ich weiß auch ganz genau, daß es parallel die Verhandlungen gegeben hat. Ich gehe darauf auch ein, indem ich sage: Sehr ernst sind die Verhandlungen im Ausschuß auch von der Opposition nicht genommen worden, sonst hätte es dort bessere Beiträge geben müssen. Herr Kollege Moser! All jene, die gestern bei der Sitzung des Finanzausschusses anwesend waren, haben das auch live mitbekommen. (Abg. Hans Helmut Moser: So ernst sind sie von euch auch nicht genommen worden!)

Der zweite Punkt, der mir – da es ja bei der Pensionsreform nicht nur um Formfragen geht – vor allem inhaltlich wichtig erscheint, ist folgender. Es wird immer über den Generationenvertrag gesprochen, und ich glaube, beim Generationenvertrag sollte man der Gerechtigkeit halber anmerken – und ich sage das als Angehöriger einer Generation, die einmal verminderte Pensionen beziehen wird –: Ich bin jenen, die heute bereits in Pension sind, ihre vergleichsweise höheren Pensionen nicht neidig, vor allem deswegen nicht, weil das eine Generation ist, die dieses Land unter ganz anderen, und zwar sehr schwierigen, Bedingungen aufgebaut hat und in Zeiten relativ geringer Gehälter relativ viel leisten mußte.

Wir, die Generation der Nachgeborenen, haben in Wahrheit ein Land mit einer ausgebauten und entwickelten Infrastruktur geerbt, ein reiches Land. Daher ist es von uns auch durchaus zu verlangen, daß wir zur Pensionssicherung derjenigen, die unter größeren Entbehrungen gelebt haben, einen größeren Beitrag leisten, als wir am Ende unserer Berufslaufbahn unter Umständen herausbekommen werden. Ich halte das im Sinne des Generationenvertrages für legitim.

Vor diesem Hintergrund stellt sich aber dann die Frage: Was sind die Parameter: Was ist erträglich und was ist nicht erträglich? Und da gibt es nun die Vergleichbarkeit zwischen dem ASVG-Bereich und dem öffentlichen Dienst. Ich frage Sie ganz offen: Hätte irgend jemand hier herinnen vor drei, vier oder fünf Jahren geglaubt, daß es irgendwann einmal im ASVG-Bereich und im öffentlichen Dienst den gleichen Durchrechnungszeitraum geben wird? (Abg. Dr. Schmidt: Selbstverständlich! Verlangt haben wir ihn!) Aber selbst Sie waren skeptisch. Sie müßten doch eigentlich überrascht sein, daß es gelungen ist, diesen Durchbruch bei den Beamtenpensionen zu erreichen, mit dem ... (Abg. Dr. Schmidt: Dieser alte Punkt ist in Ordnung!)

In diesem einen Punkt sind wir uns also einig. Er ist aber, wenn Sie sich etwa an die Ausführungen der Kollegin Stoisits erinnern, kein unwesentlicher Punkt, weil er gerade für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes einen ganz wesentlichen Einschnitt bedeutet.

Jetzt kommt es also zu diesem wesentlichen Einschnitt. Und es gibt in Österreich nicht wie etwa in Frankreich Blockaden, Massenstreiks und so weiter, sondern diese Veränderung findet unter der Zustimmung der Vertreter der Betroffenen statt. Das heißt, man hat sich offensichtlich auf eine Formel einigen können, die diesen Systemwechsel für die Betroffenen erträglich macht.


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Ich finde, daß das ein Maß an politischer Kultur ist, wie man es selten in Europa und auf der Welt findet, denn solche Systemänderungen sind woanders mit weit größeren politischen Auseinandersetzungen auch auf der Straße verbunden.

Ich meine, daß man das bei all der Kritik, die man üben kann und die legitim ist, auch hervorheben muß: Daß bis zur letzten Minute auch parallel zum Parlament mit den Interessenvertretungen verhandelt wurde, verdient sicher keinen Schönheitspreis in bezug auf den Parlamentarismus, aber das Ergebnis und die Zustimmung der Interessenvertretungen sind es wert, daß wir das so akzeptieren, und auch, daß man das als einen Beitrag zur politischen Kultur in diesem Land begreift und es nicht nur als schädlich für das parlamentarische Verfahren ansieht.

Das Endergebnis, einen Systemwechsel zu erreichen, der unter der Zustimmung der Betroffenen und ohne gewalttätige Auseinandersetzungen vor sich geht, ist meiner Ansicht nach ein großer Erfolg für die österreichische politische Kultur und für die in diesem Zusammenhang tätigen Parlamentarier, Interessenvertreter und Regierungsmitglieder.

Es ist aber völlig klar – und das sage ich auch ganz offen –, daß heute niemand abschätzen kann, wie unsere Produktivitätsentwicklung in den nächsten 30 Jahren aussehen wird, wie sich unsere Beschäftigungssituation in den nächsten 30 Jahren entwickeln wird. Da auch niemand vorhersehen kann, wie die gesamte Lohn- und Einkommenssituation in 30 Jahren aussehen wird, macht meiner Auffassung nach auch verständlich, daß wir jetzt einen wesentlichen Schritt gesetzt haben, und zwar auf Basis dessen, was wir heute annehmen können und was jetzt möglich ist.

Das Ergebnis ist nach der Reißbrett-Theorie zwar keine optimale Reform – das keineswegs! –, aber es ist das Optimalste, was unter den derzeitigen politischen und sozialen Bedingungen durchsetzbar war. Daher ist es in Summe ein Erfolg. (Beifall bei der SPÖ.)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

16.00

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte an die Ausführungen meines Vorredners, des Herrn Kollegen Gusenbauer, anknüpfen. Lieber Kollege Gusenbauer! Du hast völlig recht, wenn du sagst, daß die Reform das Ergebnis der Verhandlungen ist und daß dieses Ergebnis auch Ausdruck ganz konkreter Machtverhältnisse ist. Aber, meine Damen und Herren und Herr Kollege Gusenbauer: Dieses Ergebnis ist ein schlechtes Ergebnis, und es ist am Ausgangspunkt der Gespräche, der Verhandlungen zu messen.

So gesehen ist zu sagen, daß die Bundesregierung, in den Verhandlungen durch Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer angeführt, ihr Ziel nicht wirklich erreicht hat. Das muß hier im Hohen Hause gesagt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Kollege Gusenbauer hat auch gemeint, und ich stimme diesbezüglich mit ihm überein, daß sich die Ereignisse und Abläufe nicht auf höchstem ästhetischem Niveau bewegt haben. Daher hat es mich unangenehm berührt, als ich die Rede von Herrn Klubobmann Khol gehört habe, in der er mit sehr pathetischen Worten geschildert hat, wie intensiv hier im Parlament diskutiert worden ist, daß man Vorschläge, Abänderungsanträge und so weiter einbringen konnte und daß dann umfassend darüber diskutiert worden ist.

Meine Damen und Herren! Ich meine, Herr Klubobmann Khol hat da ein völlig falsches Bild der tatsächlichen Situation gezeichnet. Leider ist er jetzt nicht hier, sonst hätte ich ihn gefragt, in welchem Parlament er sich in den letzten Tagen aufgehalten hat. (Abg. Dr. Khol betritt den Plenarsaal.)

Herr Kollege Khol! So wie Sie den Ablauf der Verhandlungen geschildert haben, haben diese bei weitem nicht stattgefunden! (Abg. Dr. Khol: Sie waren halt nicht überall dabei!) Lieber Kollege


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Khol! Ich war beispielsweise bei den Beratungen im Finanzausschuß anwesend. Da dürften wir offensichtlich unterschiedliche Wahrnehmungen gehabt haben.

Begonnen hat es recht interessant: Als die Regierungsvorlage da war, haben wir Experten gehört. Erstmals hat sich das Parlament mit dieser wichtigen Frage, mit der Frage des Pensionssystems, der Pensionsreform, umfassend auseinandergesetzt. Aber dann war es plötzlich aus. Am Montag bei den Beratungen hat es dann nur mehr Sitzungsunterbrechungen, Verschiebungen der jeweiligen Beratungstermine und so weiter gegeben.

Wir haben einen Abänderungsantrag eingebracht. Dieser wurde nicht einmal ignoriert, er wurde nicht zur Kenntnis genommen, geschweige denn von Abgeordneten der Regierungsparteien angesprochen oder diskutiert.

Am Dienstag haben Sie offensichtlich die Parole ausgegeben, daß filibustert werden muß, um sich nicht wieder der Blamage auszusetzen, die Ausschußberatungen neuerlich unterbrechen zu müssen, weil die außerparlamentarischen Beratungen noch zu keinem Ergebnis gekommen waren. Herr Kollege Khol! Sogar mein Ersuchen an den Ausschußvorsitzenden, uns wenigstens jenes Papier, jene Liste der Vorschläge zur Verfügung zu stellen, die gerade außerparlamentarisch diskutiert wurden, wurde abgelehnt. Daher war es klar, daß es keine wirkliche Debatte hat geben können und daß die Beratungen im Ausschuß nur als Schauspiel zu qualifizieren waren.

Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß man im Hohen Haus nicht wirklich ernsthaft debattieren wollte, daß man hier zu keiner Entscheidung kommen wollte und daß dieses Parlament in die Geiselhaft der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Sozialpartner genommen worden ist. Das ist die traurige Bestandsaufnahme der Beratungen der letzten Tage, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Kollege Gusenbauer hat auch die politische Kultur angesprochen und daß wichtige Ergebnisse erzielt worden seien, ohne daß es Demonstrationen und Streiks wie in anderen Ländern gegeben habe, was nur darauf zurückzuführen sei, daß die Regierung sich in dieser Frage mit den Sozialpartnern geeinigt hätte.

Ich glaube, daß Kollege Gusenbauer da einem Denkfehler unterliegt. Wenn wir diese Reform hier im Parlament ernsthaft diskutiert hätten, wenn wir in den Ausschüssen ernsthaft darüber beraten hätten, wenn wir die Experten und die Interessenvertreter in die Beratungen mit einbezogen hätten – wir haben laut Geschäftsordnung die Möglichkeit dazu, zum Beispiel bei Beratungen in einem Unterausschuß –, dann hätten wir natürlich ein ebenso gutes Ergebnis erzielt. (Abg. Mag. Kukacka: Haben Sie zum Inhalt auch etwas zu sagen?) Dann hätten wir Parlamentarier unserer Verantwortung gerecht werden können, Herr Kollege, und dann hätte Ihre Fraktion gemeinsam mit der sozialdemokratischen Fraktion dieses Parlament nicht abgewertet. Das haben Sie aber in den letzten Tagen durch Ihre Vorgangsweise, durch Ihre Verhaltensweise gemacht, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall beim Liberalen Forum. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Herr Kollege Kukacka! Dieser schlechte Stil wird ja fortgesetzt. So ist etwa Herr Kollege Höchtl heute hier herausgekommen und hat einen Abänderungsantrag im Umfang von eineinhalb Seiten verlesen, wobei man sich natürlich die Frage stellt: Warum ist darüber nicht gestern nachmittag im Ausschuß beraten worden? Warum ist dieser Abänderungsantrag den Abgeordneten nicht gestern im Ausschuß vorgelegt worden? – Ich sage Ihnen, warum: Weil Sie noch nicht fertig waren, weil die Beratungen mit den Interessenvertretungen noch nicht abgeschlossen waren!

Meine Damen und Herren! Wir bekommen heute einen derartigen Abänderungsantrag vorgelegt und wissen gar nicht, wie dessen finanzielle Auswirkungen aussehen würden, wie das im Budget unterzubringen wäre. (Abg. Mag. Kukacka: Sind Sie dafür oder dagegen?) Ich gehe davon aus, daß auch Herr Staatssekretär Ruttenstorfer uns heute nicht wirklich umfassend darüber Auskunft geben wird und kann. Daher werden wir diesen Abänderungsantrag, so wie auch das Gesamtpaket, das heute beschlossen werden soll, ablehnen.


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Meine Damen und Herren! Der zentrale Diskussionspunkt im Rahmen der heutigen Debatte ist die sogenannte Pensionsreform des öffentlichen Dienstes. Zu einer umfassenden Pensionsreform ist es ja nicht wirklich gekommen. Herr Kollege Stummvoll hat angeschnitten, was alles in der Folge noch notwendig sein wird. Das zeigt, daß das, was heute hier beschlossen wird, nichts anderes als ein Flickwerk ist.

Es wäre ja notwendig gewesen, all die Vernetzungen, all die Verbindungen, die nun einmal vorhanden sind, mit einem modernen Dienstrecht, mit einem zeitgemäßen Besoldungsrecht abzudecken. Man hätte zeigen müssen, welche Auswirkungen es auf das Pensionsrecht gibt und daß wir das nur in einer gesamtheitlichen Schau beraten können. Nur in einer gesamtheitlichen Schau hätte man die entsprechenden optimalen Lösungen finden und beschließen können. Das haben Sie aber nicht gemacht, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien. Daher werden wir dieser Regelung nicht zustimmen. Man kann in diesem Zusammenhang auch nicht von einer echten Reform sprechen.

Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Ruttenstorfer hat in den Ausschußberatungen auch angekündigt, daß es zu einer umfassenden Reform des öffentlichen Dienstes kommen wird. Ich höre das nun schon seit mehreren Jahren und kann nur sagen: Die Nachricht hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Die Staatssekretäre, die in der Vergangenheit dafür verantwortlich waren, haben ähnliche Ankündigungen nicht eingehalten. Ich fürchte, daß es Herrn Staatssekretär Ruttenstorfer ebenso ergehen wird, daß es wieder nur bei der Ankündigung bleiben und die notwendige Reform des öffentlichen Dienstes nicht stattfinden wird. Das ist bedauerlich, aber es ist offensichtlich ein Faktum, daß diese Bundesregierung nicht in der Lage ist, die notwendigen Reformen gegenüber ihren Beamten und gegenüber den Interessenvertretungen durchzusetzen und entsprechend umzusetzen.

Eines ist klar: Wir brauchen ein modernes Dienstrecht. Wir brauchen die Gleichstellung mit dem ASVG-Bereich. Wir brauchen eine Gehaltsreform. Das Gehaltsschema der vergangenen Jahre ist unter dem damaligen Herrn Staatssekretär Kostelka ordentlich vermurkst worden. Es gibt nach wie vor keine Durchlässigkeit des Systems, die es erlauben würde, daß ein Wechsel von der Wirtschaft in den öffentlichen Dienst problemlos vollzogen werden kann. Herr Staatssekretär Ruttenstorfer hat dies heute zwar angekündigt, aber ich kann in den vorliegenden Unterlagen keinen Hinweis darauf finden. Daher gehe ich davon aus, daß auch in den Reformvorschlägen, die man uns, wie ich hoffe, in der nächsten Zeit vorlegen wird, vermutlich nichts davon zu finden sein wird.

Wir haben keine Strukturanalyse, keine Strukturreform für den öffentlichen Dienst, für die Hoheitsverwaltung, keine Novelle zum Bundesministeriengesetz, und wir haben auch keine Aufgabenreform. Es ist daher dringender Handlungsbedarf dahin gehend gegeben, daß die Aufgaben der öffentlichen Hand, der öffentlichen Verwaltung – vom Bund über die Länder bis zu den Gemeinden – neu definiert und organisiert werden. Meine Damen und Herren! All das sind Sie schuldig geblieben, und daher gibt es keine Zustimmung des Liberalen Forums.

Ich glaube aber, daß es notwendig ist, meinen Abänderungsantrag, den ich im Rahmen der Ausschußberatungen vergeblich eingebracht habe, neuerlich hier einzubringen. Da dieser Antrag schriftlich verteilt wurde, brauche ich ihn nur ganz kurz zu erläutern. Ich hätte mir erwartet, daß die Redner der Koalitionsparteien wenigstens heute kurz darauf eingehen, aber vielleicht können wir noch im Laufe der Debatte darüber diskutieren.

Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich nicht vertretbar, daß diese Reform erst ab dem Jahr 2003 beginnt. Es ist nicht vertretbar, daß es so lange Übergangsfristen gibt, sondern es wäre notwendig, daß diese Reform – auch wenn sie nur ein erster kleiner Schritt ist, den man vielleicht als einen kleinen Schritt in die richtige Richtung bezeichnen kann – rasch und umgehend beschlossen wird. Daher ist das rasche Inkrafttreten der Reform im Interesse der Beamtenschaft und im Interesse der jüngeren Generation in unserem Land, aber es ist auch aufgrund der finanziellen Situation notwendig.


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Ich bringe nun einen Abänderungsantrag der Abgeordneter Moser und PartnerInnen ein. Ich brauche diesen nicht im einzelnen vorzulesen. Die Kernpunkte sind, daß die Reform mit dem Jahr 2000 beginnen soll und nicht, wie es seitens der Bundesregierung ausverhandelt und in diesem Parlament heute beschlossen werden soll, im Jahre 2003, und daß die Übergangsbestimmungen nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag dauern sollen, sondern diese Reform – das heißt, der Durchrechnungszeitraum – spätestens mit dem Jahr 2013 in vollem Umfang wirksam werden soll.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie ersuchen, diesem unserem Antrag zuzustimmen. Ich darf von Ihnen mehr Mut zur Reform verlangen. Ich darf von Ihnen auch erwarten und verlangen, daß Sie von Ihren Beamten mehr Loyalität und Solidarität einfordern. Das heißt, wenn sie dazu nicht bereit sind, dann sollen sie auch nicht die Vorzüge beziehungsweise die Sonderbestimmungen und die Sonderregelungen für den öffentlichen Dienst in Anspruch nehmen.

Meine Damen und Herren! Ich erwarte mir von diesem Hohen Haus, daß die Redner von den Koalitionsparteien auf diesen unseren Abänderungsantrag entsprechend eingehen und ihm die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, auf den sich Herr Abgeordneter Moser bezogen und den er in seinen Kernpunkten erläutert hat, liegt vor, ist genügend unterstützt, schriftlich verteilt worden und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Hans Helmut Moser und PartnerInnen betreffend das 1. Budgetbegleitgesetz 1997 (885 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz und die 31. Gehaltsgesetz-Novelle geändert werden, sowie Bundesgesetz über das Zusammentreffen von öffentlich-rechtlichen Pensionsansprüchen mit Erwerbseinkommen (Teilpensionsgesetz) und Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederte Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte (1. Budgetbegleitgesetz 1997), wird geändert.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz und die 31. Gehaltsgesetz-Novelle geändert werden, sowie Bundesgesetz über das Zusammentreffen von öffentlich-rechtlichen Pensionsansprüchen mit Erwerbseinkommen (Teilpensionsgesetz) und Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederte Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte (1. Budgetbegleitgesetz 1997) wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 1a lautet: Artikel 4 "Änderung des Pensionsgesetzes 1965"

"Dem § 4 wird für die Zeit vom 1. September 1998 bis zum 31. Dezember 1999 folgender Abs. 6 angefügt:


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(6) ..."

2. Ziffer 2 lautet:

"An die Stelle des § 5 Abs. 3 bis 5 treten für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Dezember 1999 folgende Bestimmungen:

(3) ..."

3. Ziffer 3 lautet:

"An die Stelle der §§ 4 und 5 treten ab dem 1. Jänner 2000 folgende Bestimmungen samt Überschriften:"

4. Ziffer 11b lautet:

" § 15 Abs. 3 bis 6 lautet ab 1. Jänner 2000:"

5. Ziffer 24 lautet:

"Dem § 58 wird folgender Abs. 24 angefügt:

(24) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/1997 treten in Kraft:

1.

2.

3.

4.

5. die §§ 3a bis 5 samt Überschriften in der Fassung des Art. 4 Z 3 dieses Bundesgesetzes, § 7 Abs. 2, § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 3 bis 6 in der Fassung des Art. 4 Z 11b dieses Bundesgesetzes, § 15a Abs. 1, § 15b Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 49 Abs. 2, § 50 Abs. 1 und 2, § 51 Abs. 1 bis 3, § 62d Abs. 2 und § 62e samt Überschrift sowie die Aufhebung des § 12 samt Überschrift, des § 15b Abs. 1 Z 3, des § 22 samt Überschrift und des § 41 Abs. 4 mit 1. Jänner 2000."

6. Ziffer 25 lautet:

"Im § 62d Abs. 2 wird vor dem Zitat ,§ 6 Abs. 2 zweiter Satz’ die Wendung ,bei Ausscheiden aus dem Dienststand bis zum 30. November 1999’ eingefügt."

7. Ziffer 26 lautet:

"Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl. Nr. XXX/1997

§ 62e (1) Auf Beamte und Hinterbliebene, die am 31. Dezember 1999 Anspruch auf einen Ruhe- oder Versorgungsbezug haben, sowie bei der Bemessung von Versorgungsbezügen nach solchen Ruhebezügen sind die §§ 4,5,12 und 22 in der am 31. Dezember 1999 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

(2)...

(3) Gebührt ein Ruhebezug oder ein Versorgungsbezug nach einem im Dienststand verstorbenen Beamten erstmals in einem in der folgenden Tabelle bezeichneten Jahr, so sind die Zahlen ,216’ in § 4 Abs. 1 Z 3 jeweils durch folgende Zahlen zu ersetzen:


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93. Sitzung / Seite 112

JahrZahl

___________________________________________________

200060

200172

200284

200396

2004108

2005120

2006132

2007144

2008156

2009168

2010180

2011192

2012204

(4) Gebührt ein Ruhebezug oder ein Versorgungsbezug nach einem im Dienststand verstorbenen Beamten erstmals in einem in der folgenden Tabelle bezeichneten Jahr, so sind die jeweils letzten Zahlen in § 4 Abs. 1 Z 3 lit.a bis e jeweils durch folgende Zahlen zu ersetzen:

Jahrlit.alit.blit.clit.dlit.e

____________________________________________________________

20005855545250

20017067656360

20028178757370

20039389868480

2004105101979490

2005116112108105100

2006128124119115110

2007140135130125120

2008152146140136130

2009163157151146140

2010174169162157150

2011186180173168160

2012 197191184178170


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93. Sitzung / Seite 113

(5) Der Beitrag gemäß § 13a beträgt für Ruhegenüsse und für Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten,

1. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2000 gebühren, 1,3%,

2. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2001 gebühren, 1,2%,

3. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2002 gebühren, 1,1%,

4. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2003 gebühren, 1%,

5. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2004 gebühren, 0,9%,

6. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2005 gebühren, 0,8%,

7. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2006 gebühren, 0,7%,

8. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2007 gebühren, 0,6%,

9. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2008 gebühren, 0,5%,

10. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2009 gebühren, 0,4%,

11. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2010 gebühren, 0,3%,

12. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2011 gebühren, 0,2%,

13. für Ruhegenüsse und Versorgungsgenüsse nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2012 gebühren, 0,1%.

Von Ruhegenüssen und Versorgungsgenüssen nach im Dienststand verstorbenen Beamten, die erstmals ab dem 1. Jänner 2013 gebühren, ist kein Beitrag nach § 13a zu entrichten. die in den Z 1 bis 12 genannten Beitragssätze gelten jeweils für die gesamte Bemessungsgrundlage gemäß § 13a Abs. 2."

8. Art. 5 Z 12 lautet:

"(14) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/1997 treten in Kraft:

1. ...

2. § 5 Abs. 2 in der Fassung des Art. 5 Z 1 und 2 lit.b des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/1997, § 8, § 18e samt Überschrift und die Aufhebung der §§ 16a bis 16d samt Überschriften mit 1. Jänner 2000."

*****


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93. Sitzung / Seite 114

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mühlbachler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.12

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen vom LIF! Ich habe leider Ihren Abänderungsantrag vom Inhalt her nicht zu Gesicht bekommen. Wenn es aber stimmt, was Herr Kollege Moser am Schluß seiner Ausführungen parlierend von sich gegeben hat, nämlich daß er möchte, daß die volle Durchrechnung bereits im Jahre 2013 zum Tragen kommt, dann kann ich dem Antrag sicher nicht zustimmen.

Herr Kollege Moser! Sie müssen mir zuerst zeigen, wie es zu bewerkstelligen ist, daß schon im Jahr 2013 die volle Durchrechnungszeit von 18 Jahren zum Tragen kommt, wenn es eine fließende Übergangsregelung geben soll. (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. ) Das haben Sie ganz sicher schlecht ausgerechnet, daher können wir diesem Antrag mit Sicherheit nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Prinzipiell möchte ich auf folgendes eingehen: Seit ich hier im Parlament bin, höre ich von den Oppositionsparteien immer nur von historischen Chancen, die versäumt beziehungsweise verpaßt wurden, von der Ohnmacht der Regierung (Abg. Dr. Gredler: Genau!) und so weiter und so fort. Ich staune, daß die Österreicherinnen und Österreicher eine ganz andere Befindlichkeit in diesem Heimatland Österreich haben, als sie die Oppositionellen aufzeigen. Gemäß der Kritik der Opposition müßte es in diesem Land Österreich hinten und vorne nicht mehr passen und stimmen. (Abg. Dr. Gredler: Es ist eh so!) Die Wirklichkeit ist aber eine ganz andere.

Nun zur Pensionsreform im allgemeinen: Kollege Moser, aber auch Rednerinnen und Redner von den Freiheitlichen tun so, als wäre eine Pensionsreform eine Festschreibung von Vereinbarungen, die für alle Zeit Gültigkeit haben. Ich habe mich über folgendes sehr gewundert: Auf der einen Seite monierte Kollege Haupt, daß der Anteil des Bundes an der Gesamtbelastung bei Pensionen keine 33 Prozent mehr ausmacht, und er kritisierte, daß er auf 23,4 Prozent abgefallen ist, aber auf der anderen Seite sprach er bereits im nächsten Satz davon, daß eine Entlastung herbeigeführt werden muß und die Pensionsreform, die bei den Beamten Platz greifen soll, viel zu gering ausfällt.

Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, eines: Was wollen Sie denn wirklich? Wollen Sie der österreichischen Bevölkerung am Tag A sagen: Die Reform ist viel zu rigid ausgefallen! und am Tag B vor einer anderen Klientel sagen: Die Reform hätte wesentlich milder ausfallen müssen? So geht es nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie sollten sich doch etwas mehr an Daten und Fakten orientieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil wir gerade bei Daten und Fakten sind: Gerade die Freiheitlichen haben es sich zum Ziel gesetzt – und ihr Bundesobmann ist ihnen wirklich Vorbild dabei –, die Beamten zu dreschen, wo es gerade geht. (Abg. Ing. Reichhold: Haben Sie jetzt Angst um Ihre Wähler, gelt?! Mein Gott na!)

Da geht es nicht um die Angst um unsere Wähler, sondern da geht es einfach darum, daß offensichtlich gerade bei den Freiheitlichen nicht bekannt ist, wie die Daten und Fakten ausschauen. (Zwischenruf der Abg. Aumayr. ) Frau Kollegin Aumayr, bitte erzählen Sie mir nichts über die Probleme der ÖVP. Vor kurzem waren in Oberösterreich Wahlen, und da haben wir Ihnen deutlich gezeigt, daß wir mehr als doppelt so viel sind wie Sie (Beifall bei der ÖVP) , und das ist schon einmal ganz gut gewesen. Das werden wir Ihnen immer wieder demonstrieren, und da können Sie noch so laut schreien! Dabei wird es bleiben. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Ein Weiteres: Es wird immer wieder von den großartigen Privilegien der Beamten gesprochen und davon, daß die Beamten so viel verdienen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie zumindest jene Unterlagen zur Hand nehmen würden, die Sie als Parlamentarier überreicht


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93. Sitzung / Seite 115

bekommen, und zwar das "Handbuch der österreichischen Sozialversicherungen", dann würden Sie sehen, daß beispielsweise die männlichen Beamten im Durchschnitt 24 253 S verdienen, die Angestellten 29 999 S. – Ja bitte, wo ist denn da das großartige Privileg der Beamten?

Oder: Frau Kollegin Schaffenrath von den Liberalen behauptet, daß der durchschnittliche Ruhebezug von Lehrern 46 000 S ausmacht. Da frage ich mich, wo sie unterrichtet hat, in welcher Schule sie Lehrerin war, ob sie überhaupt weiß, was ein Lehrer in Österreich verdient. War sie in einer ganz besonderen Kategorie? (Abg. Böhacker: Nur dann, wenn er Politiker und Lehrer ist, verdient er 46 000 S!)

Kollege Böhacker – arm, wirklich arm! Immer wieder wird von Ihrer Seite beteuert, wie großartig die Politikerprivilegien seien. Ich empfehle euch: Entprivilegiert euch einmal! Ihr könnt ja verzichten! Ich habe es euch vorgezeigt: Als ich auf meine Bezugsteile verzichtet habe, haben sie "eure" Lehrer und "eure" öffentlich Bediensteten noch bezogen. Es ist tatsächlich gegangen. Ich schwöre euch: Wenn ihr auf eure Bezüge verzichtet, dann werdet ihr sehen, daß es geht, nur trauen müßt ihr euch! (Abg. Ing. Reichhold: Wir haben 60 000 S netto!) Weil ihr schon so lange jammert, fordere ich von euch, daß ihr euch endlich entprivilegiert, damit ihr hier heraußen nicht immer in Wehklagen verfallen müßt. Demonstriert das einmal! Aber, bitte, macht es schnell! Es sei denn, ihr seid gar nicht willig. (Abg. Ing. Reichhold: Unterschreibe unsere 60 000-S-Regelung!)

Genau davon habe ich gesprochen. Ihr wollt euch entprivilegieren? Dann macht es endlich einmal! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Letztes: Natürlich sind bei einer Pensionsreform wie dieser immer wieder Nachjustierungen notwendig, was ja auch von der demographischen Entwicklung abhängig ist. Die demographische Entwicklung und natürlich auch das Verhältnis von Arbeitenden zu jenen Bürgern, die im Ruhestand sind, ist ganz entscheidend dafür, wie groß die Belastung der Arbeitenden, aber auch die Belastung der öffentlichen Hand für das Pensionsaufkommen ist.

Daher wird es auch bei dieser Reform immer wieder Nachjustierungen geben müssen. Aber allein die Harmonisierung wird in Zukunft die Nachjustierung exakter und, wie ich meine, auch einfacher gestalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es verabscheuungswürdig, wenn einzelne Bevölkerungsgruppen gegen andere ausgespielt werden. So wurden gerade in den letzten Wochen und Monaten die Beamten immer wieder – natürlich geschürt von politischen Kleingruppierungen – schlechtgemacht, ja sogar in gröbster Art und Weise beschimpft. Dagegen möchte ich mich eindeutig verwahren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jene Beamten, die ich kenne – sei es im Finanzamt Freistadt, sei es in der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, sei es am Arbeitsamt, sei es bei der Stadtgemeinde Freistadt –, sind alle willens, um ihr Geld guten Dienst an der Bevölkerung Österreichs zu leisten. Darauf kommt es ganz wesentlich an! Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehört auch einmal deutlich gesagt. Es ist nicht so, wie Dr. Haider meint, der sagt, wir hätten den Zustand, daß ein Drittel der Beamten gar nichts arbeitet, ein Drittel der Beamten Dienst nach Vorschrift schiebt und ein Drittel der Beamten die Arbeit für die anderen macht. Das wurde von ihm so geäußert in einem Interview mit "täglich Alles" im heurigen Jahr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus dieser Verachtung heraus ist es mir schon klar, daß Sie natürlich einer Pensionsreform, bei der sehr wohl die Situation der Beamten berücksichtigt wird und auch ihre Zukunftsängste verstanden werden, nicht zustimmen können.

Ich möchte aber in Anbetracht dieser Beschimpfungen von Ihrer Seite nie wieder hören, daß Sie sich für diese Berufsgruppe einsetzen. Das wäre fadenscheinig und unehrlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.23


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93. Sitzung / Seite 116

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.23

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte meinen Debattenbeitrag damit beginnen, daß ich zugebe, daß mir die Rede des Herrn Staatssekretärs zu den Reformschritten, die jetzt beschlossen werden, sehr gut gefallen hat. Seine Rede war eine kühle, sachliche Darstellung, sofern ich das beurteilen kann, denn ich bin ja kein Experte auf diesem Gebiet. Man hört solches nicht immer von der Regierungsbank aus. Ich werde die Rede dann auch noch im Protokoll nachlesen. Ich meine jedenfalls, daß man alle Details, um die es bei dieser Reform geht, beispielsweise betreffend den Durchrechnungszeitraum, die Ruhensbestimmungen, die Änderungen der Anpassungen bei den Pensionen, die Deckelung gegen Nachteile, die verschiedenen Änderungen bei der Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten, bei der Erwerbsunfähigkeit, die Vordienstzeiten, und die interessante Geschichte der Senkung der Pensionsbeiträge für jüngere Beamte, die von der Deckelung nicht mehr profitieren, in dieser Rede gut nachlesen kann. Darüber, was davon sinnvoll ist und was nicht, kann man im Detail diskutieren. Aber darauf möchte ich in meiner kurzen Rede eigentlich nicht eingehen.

Worüber ich rätsle, Herr Staatssekretär, und was ich nicht verstehe, ist folgendes: Der Ausgangspunkt 1997 war doch, daß laut einer Studie der Weltbank Österreich mit Pensionsausgaben in der Höhe von 16 Prozent des BIP wenn nicht Weltmeister, so doch in der Nähe des Weltmeisters ist, jedenfalls international gesehen sehr hohe Pensionsausgaben hat.

Im Jänner dieses Jahres ist, sofern ich mich richtig erinnere, eine Studie von Mitarbeitern des Internationalen Währungsfonds speziell über Österreich erschienen. Es gibt eine Studie der OECD speziell über Österreich. Es gibt eine Erwähnung des Pensionsproblems über einige Seiten im OECD-Länderbericht über Österreich. Die Quintessenz des Ganzen ist: Je nach Szenario, das man zugrunde legt, je nach Annahmen über die Entwicklung der Produktivität und so weiter kommen diese Studien zu dem Schluß, daß die Pensionsausgaben in etwa zwischen 8 Prozentpunkten und 16 Prozentpunkten des BIP bis zum Jahr 2020 steigen werden, also im schlechtesten Fall – nehmen wir das einmal vorläufig an – eine Verdoppelung der jetzigen Pensionsausgaben stattfinden wird.

In allen diesen Studien, meine Damen und Herren, sind die Beamtenruhegenüsse gar nicht mit einbezogen. Diese Studien beziehen sich ausschließlich auf ASVG, GSVG, die Bauern und noch ein paar Restgruppen, also im wesentlichen auf den klassischen ASVG-Bereich. Der Reformbedarf für das Pensionssystem liegt, sofern man diesen internationalen Studien Glauben schenken darf, bei 8 Prozent bis 16 Prozent des BIP, gemessen am Status-quo-Szenario für das Jahr 2020.

Die Rürup-Studie, die vom Sozialministerium in Auftrag gegeben wurde, liegt eher am unteren Rand dieser Szenarien, soweit ich das mitbekommen habe. Es stand schon in der seinerzeitigen Regierungsvorlage – Herr Staatssekretär Ruttenstorfer hat es heute schon wiederholt – folgendes: Die Nettoausgaben des Bundes für Pensionen werden relativ rasch steigen, sie machen heute 1,4 Prozent des BIP aus und werden im Jahr 2030, wenn nichts passiert, 1,7 Prozent ausmachen. Die Bundesregierung hofft, mit diesen Reformen eine Stabilisierung bei 1,4 Prozent bis 1,5 Prozent zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Wegen 0,2 Prozent des BIP solch ein Aufwand?! Ich verstehe das überhaupt nicht. Wir reden von Größenordnungen, die das 20-, 30-, 40fache und mehr – ich bin noch immer am unteren Rand dieser Szenarien – ausmachen. Die budgetären Prioritäten müßten dann doch, sollten diese Zahlen wirklich stimmen – und ich zitiere ja nur die Zahlen der Bundesregierung –, ganz woanders liegen!

Was ich jetzt gerne von Ihnen, Herr Staatssekretär, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, beantwortet haben möchte, ist die Frage: Wie wirken sich jetzt Ihrer Meinung nach die Pensionsreformen dieser Woche – also nicht nur die Beamtenpensionsreform, sondern


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93. Sitzung / Seite 117

die Pensionsreformen dieser Woche – auf die Pensionsausgaben in der Republik Österreich des Jahres 2020 aus? Tut sich da überhaupt irgend etwas? In welcher Weise ist das, was Sie sich dadurch erhoffen, quantitativ nachvollziehbar?

Die zweite Frage ist: Wann gedenken Sie, zwei voneinander unabhängige internationale Organisationen oder Institute – ich meine internationale, unabhängige Organisationen, zum Beispiel den Internationalen Währungsfonds, die OECD in Paris oder die EU-Kommission in Brüssel – damit zu beauftragen, diese Zahlen nach verschiedenen Annahmen zu überprüfen? Es wird verschiedene Szenarien geben, das ist schon klar. Daß es keine absolute Sicherheit bezüglich der demographischen Entwicklung gibt, daß man über 30 Jahre keine gesicherten Prognosen machen kann, ist auch klar. Ich möchte wissen, in welcher Größenordnung sich diese Reformen bewegen.

Solange Sie diese unabhängigen Gutachten nicht vorlegen, so lange ist es viel plausibler, davon auszugehen, daß Sie in Wahrheit natürlich keine Pensionsreform gemacht haben, die dem ursprünglichen Ziel entspricht, nämlich dem Ziel einer Sicherung des Pensionssystems bis zum Jahr 2020, 2025.

Natürlich handelt es sich nicht um ein Jahrhundertwerk, wie ursprünglich gesagt wurde, es sei denn, Sie rechnen nur dieses Jahrhundert, das aber in drei Jahren ausläuft. Für dieses Jahrhundert ist es vielleicht das angemessene Werk.

Bis zum Beweis des Gegenteils muß jeder vernünftige Mensch davon ausgehen, daß angesichts der Pensionsreformen dieser Woche zwar – in Übereinstimmung mit den Wahlversprechen der SPÖ vom Winter 1995 – die Interessen der jetzigen Pensionistengeneration, also jener, die sozusagen Bestandspensionen haben, berücksichtigt wurden –, daß aber den Interessen der jüngeren Generation eindeutig nicht Rechnung getragen wurde. Sie beschwichtigen diese damit, daß ab dem Jahr 2000 ein paar Promillepunkte weniger Pensionsbeitrag von den Beamten zu bezahlen sein wird. – Das kann nicht im Ernst der Trost für alle Leute unter 40 oder unter 35 Jahren sein. Mit anderen Worten: Die nächste Pensionsreform kommt garantiert, zwar nicht vor den Wahlen im Jahr 1999, aber unmittelbar nach den Wahlen im Jahr 2000. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Er hat das Wort.

16.31

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Da sich bereits zahlreiche Debattenredner umfassend mit der gesamten Pensionsreform im Bereich der Beamten beschäftigt haben, wird sich mein Redebeitrag lediglich auf das Lehrerpaket beziehen.

Ich möchte zuerst darauf hinweisen, daß der Diskussion und der Ausarbeitung des Lehrerpaketes, welches auch Bestandteil des Budgetbegleitgesetzes ist, bedauerlicherweise eine mehrmonatige Phase der Lehrerverunsicherung und der Lehrerverunglimpfung vorausgegangen ist. Und ich darf sagen, ich bedaure es sehr, daß sich nahezu alle österreichischen Medien offenbar mit Freude in diese Sache hineingestürzt haben.

Lassen Sie mich hier ein paar Highlights dieser Phase noch einmal Revue passieren: Da fiel eines Tages auf, daß es Lehrer an Abendschulen gibt, die, weil sie in ihrem Fach Spezialisten sind und weil darüber hinaus kein weiterer Kollege dieses speziellen Faches an der Schule tätig ist, auf Bezüge nahe der 100 000-S-Grenze kommen. Das ist bei Gott keine Verfehlung des einzelnen Lehrers, sondern diese Situation ist aufgrund der hier in diesem Haus beschlossenen Gesetze rechtlich in Ordnung.

Dann gab es die undifferenzierte Diskussion über den Vorschlag des Präsidenten des Stadtschulrates Wien, der laut darüber nachgedacht hat, alle Lehrerinnen und Lehrer von Eltern und Schülern beurteilen zu lassen, was beispielsweise den ORF dazu veranlaßt hat, eine Sendung


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93. Sitzung / Seite 118

"Zur Sache" mit der Schlagzeile "Blauer Brief für Lehrer" zu machen. Und es gab noch weitere unangenehme Berichterstattungen in dieser Sache.

Der Gipfel war allerdings meines Erachtens, als Professor Krumm von der Universität Salzburg seine Studie veröffentlicht hat, in der es heißt, daß in der Schule auch von Lehrern Gewalt – er hat von "psychischer Gewalt" gesprochen – ausgeübt wird. Das hat dazu geführt, daß in den Medien transportiert wurde: Schreien, prüfen und fertigmachen – das machen Lehrer in dieser Republik. Im "Kurier" stand: "Österreichs Schüler fühlen sich laut einer Umfrage von Lehrern psychisch terrorisiert." – Das erscheint jedem Erwachsenen plausibel, der selbst in der Schule Opfer hämischer, ungerechter und zynischer Behandlung geworden ist.

Meine Damen und Herren! Im Lichte dieser Diskussionen und im Lichte dieser Verunglimpfungen – ich sage es noch einmal – hat die Ausarbeitung des Lehrerpaketes begonnen. Es ist der Besonnenheit der Verhandler seitens der Gewerkschaft, seitens des Unterrichtsressorts und letztlich des Finanzministeriums zu danken, daß doch Strukturkorrekturen und Strukturbereinigungen stattgefunden haben, die ich jetzt kurz erläutern möchte.

Das Beamten-Dienstrechtsgesetz enthält für Lehrer eine Sonderregelung, die es ermöglicht, daß Lehrer, wenn sie das 55. Lebensjahr vollendet haben, vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden können – wenn sie es wollen. Diese Sonderregelung ist zeitlich begrenzt. Sie tritt mit 1. Jänner 1998 in Kraft und endet mit 31. Dezember 2013. Von dieser Regelung betroffen sind also nur ältere Lehrerinnen und Lehrer.

Ziel dieser Sonderregelung ist es einerseits, eine bessere Durchmischung von älteren und jüngeren Lehrern zu erreichen, das heißt, die Altersstruktur zu korrigieren, andererseits sollten Junglehrerinnen und -lehrern zusätzliche Arbeitsplätze angeboten werden. Ich darf sagen: Beides braucht die Schule!

Zwei weitere Maßnahmen, nämlich die sogenannte Zwischendurchfreistellung sowie die Vorruhestandsfreistellung, auf die ich im Detail nicht eingehen möchte, verfolgen ebenfalls das Ziel, mehr Arbeitsplätze für Junglehrer zur Verfügung zu stellen. Sie bieten aber darüber hinaus den im Dienst befindlichen Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit, die persönliche Berufslaufbahn flexibler zu gestalten; und ich meine, daß das auch immer ein Wunsch der Lehrerschaft war. Ich möchte hier schon darauf hinweisen, daß niemand auf die Lehrerinnen und Lehrer diesbezüglich neidisch sein sollte, denn es darf nicht übersehen werden, daß sowohl die diversen Vorruhestandsmodelle als auch die Zwischendurchfreistellungen mit zum Teil empfindlichen Lohn- und Pensionseinbußen verbunden sind.

Ich darf darauf hinweisen, daß auch die Abgeltung von Mehrdienstleistungen neu geregelt wurde, wobei hier insbesondere auf die Kritik in einem Rechnungshofbericht reagiert wurde. Aus diesem Anlaß wurde § 61 Gehaltsgesetz neu gefaßt. In diesem Bereich waren – das ist selbstverständlich – die Verhandlungen zwischen den Partnern besonders zäh und schwierig. Als tragfähiges Ergebnis wurde schließlich vereinbart, daß die Abgeltung von Mehrdienstleistungen grundsätzlich nur noch auf tatsächlich erfolgte Unterrichtserteilung abgestellt und entsprechend abgegolten wird.

Weiters wurden neu geregelt – ich erwähne das nur kurz – die Abgeltung von mehrtägigen Schulveranstaltungen sowie eine Flexibilisierung der Einrechnungsmöglichkeiten der sogenannten Kustodiate. Im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz kam noch eine Neuregelung der Vertretung der Schulleiter dazu.

Lassen Sie mich zusammenfassend festhalten: Der Entwurf dieses Lehrerpaketes bietet – das ist nur zu verständlich – insbesondere den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern keinen Anlaß zu Euphorie. Wir alle haben in den letzten Tagen und Wochen zahlreiche Protestschreiben, Resolutionen und Ablehnungen erhalten, die uns zeigen, daß die Stimmung an unseren Schulen zurzeit nicht die beste ist. Dennoch darf ich darauf hinweisen, daß der Gesetzentwurf auch einer Reihe von Wünschen und Erwartungen vieler Lehrerinnen und Lehrer gerecht wird. Ich erwähne die erhöhte Flexibilität der eigenständigen Berufslaufbahngestaltung, die Möglichkeit von Teilzeitarbeit, Karenzierung und von Weiterbildungsphasen. Ich verweise auf den vermehrten


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Gestaltungsspielraum an Schulen im Zusammenhang mit der Zuteilung von Werteinheiten, soweit sie Kustodiate und andere Leistungen betreffen, und auf die Einführung der neuen Bestimmungen die Abgeltung für Schulveranstaltungen betreffend.

Geschätzte Damen und Herren! Lehrerinnen und Lehrer befinden sich heute, wie ich meine, doch in einer sehr ambivalenten Situation. Auf der einen Seite erwartet man von ihnen, daß sie die notwendigen pädagogischen Veränderungen und Erneuerungen in unserem Schulsystem motiviert und engagiert mittragen und mitgestalten, gleichzeitig erwartet man aber von ihnen auch, daß sie aus Solidarität mit arbeitslosen JunglehrerInnen unter enormen finanziellen Einbußen vorzeitig in den Ruhestand treten, daß sie ihre Dienstzeit reduzieren und anderes mehr.

Lassen Sie mich abschließend folgendes sagen: Die Dynamik der Schulentwicklung, die dringend notwendigen Veränderungen, die die Schulentwicklung mit sich bringt, werden weiterhin zunehmen. Mehr Autonomie, mehr Selbstverwaltung an den Schulen, selbstverantwortliche Lehrplanentwicklung an unseren Schulen, also Qualitätssicherung und Evaluierung im Bildungsbereich, erfordern engagierte Lehrer. Wenn wir diese ehrgeizigen Ziele erreichen wollen – wir sprechen in letzter Zeit permanent von lebensbegleitendem Lernen –, brauchen wir engagierte und motivierte Lehrer. Ich glaube, wir werden uns in Zukunft alle gemeinsam etwas mehr darum bemühen müssen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte.

16.41

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Mühlbachler hat in seiner Rede gemeint, die Koalition mache große Reformen. Die Opposition kritisiere das seit vielen Jahren, aber die Bevölkerung habe eine Empfindsamkeit für die Arbeit der Regierungskoalition. Ich möchte ausnahmsweise Herrn Kollegen Mühlbachler zustimmen. Daß die Bevölkerung eine Empfindsamkeit für die Arbeit der Regierung hat, beweist die Tatsache, daß die Bürgerinnen und Bürger, die Sie genannt haben, der Regierungskoalition bei allen Wahlen davonlaufen. Das ist Tatsache! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gerade Sie als ÖVP-Mandatar haben es ein bißchen schwer, Herr Kollege! Die Umfragen zeigen deutlich, daß die Bevölkerung für die Regierungsarbeit sehr empfindsam ist, weil sie Sie eindeutig auf den dritten Platz verwiesen hat – und dort gehören Sie auch hin, Herr Kollege!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute schon gesagt worden, daß diese Pensionsreform in Wahrheit keine Reform ist, daß vieles auf der Strecke geblieben ist. Die Regierungsvorlage beinhaltet aber noch einen Bereich, der für mich ein ganz besonderer Härtefall ist. Ich meine damit Artikel 14 dieser Regierungsvorlage, der die Karenzierungen bei der Post und Telekom Austria AG betrifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den Postbediensteten wurde und wird von dieser Regierung ein böses Spiel betrieben. Hauptdarsteller in diesem Spiel ist Herr Bundeskanzler Klima. Ich darf den Herrn Bundeskanzler zitieren: Bei der Post werden in den nächsten drei Jahren 7 000 Mitarbeiter durch natürlichen Abgang abgebaut. Das geht sich selbstverständlich aus. Postler sind klasse Leute, brave Leute, die Postler liegen mir am Herzen, die halte ich nicht am Schmäh. – Das waren die Worte von Bundeskanzler Klima bei der TV-Wahlkonfrontation mit unserem Bundesobmann Dr. Jörg Haider im November 1995.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundeskanzler hat die Postler nicht nur am Schmäh gehalten, sondern er hat ihnen auch die Unwahrheit gesagt, weil es nicht um 7 000 Mitarbeiter geht, die durch natürlichen Abgang abgebaut werden, sondern um 9 500 Postler, die nun mit 80 Prozent ihres Letztbezuges freigestellt werden müssen. Es ist keine Rede mehr von einem natürlichen Abgang, und es ist auch keine Rede von der Freiwilligkeit dieser Karenzierung. Auch das ist eine unehrliche Darstellung, die Sie von der Regierungskoalition


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immer wieder gebrauchen. Ich kann Ihnen das auch beweisen. Der Beweis ist ein Brief des Vorstandes der Post und Telekom Austria vom 3. Oktober 1997 an die Führungskräfte betreffend Strukturanpassungen. Daraus möchte ich Ihnen den vorletzten Absatz zitieren. Darin heißt es:

Es wird vor allem in Ihrer Verantwortung als Manager liegen, Mittel und Wege zu finden, wie Sie Ihre Aufgaben auch mit weniger Personal organisieren können. Gerade die rationelle Arbeitsorganisation ist eine der obersten Aufgaben jeder Führungskraft. Der Vorstand wird daher in Zukunft ein besonders wohlwollendes Augenmerk auf jene Mitarbeiter und Führungskräfte legen, welche sich in diesem Projekt durch konkrete Beiträge und Kreativität hervorgetan haben. Wir bekennen uns dazu, daß Ihnen für diesen Einsatz für die Zukunft unseres Unternehmens nicht nur keine Nachteile erwachsen dürfen, sondern daß er sogar zur Förderung Ihrer Karriere beitragen wird. Jedenfalls wird ab sofort die Wertigkeit aller Führungspositionen in unserem Unternehmen durch Personalreduktionsmaßnahmen nicht verändert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was heißt denn das in Wahrheit? – Das heißt, daß die zweite Ebene der Führungsgarnitur der Post vom Vorstand darauf angesetzt wurde, 9 500 Leute auszusuchen und deren Freistellung zu organisieren. Das kann doch nicht Aufgabe dieser Führungsebene sein! Es kann doch nicht Aufgabe sein, soziale Härtefälle zu schaffen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Diese Art von Personalpolitik ist nicht nur abzulehnen, sondern ich bezeichne diese Art von Personalpolitik, die Sie mit Ihren Gesetzen zu verantworten haben, als widerlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Durch diese Karenzierungen werden Härtefälle geschaffen. Sie schicken nämlich Leute, die nur ganz wenig Gehalt haben, mit 80 Prozent ihres Bezuges in die Karenzierung. Davon betroffen sind nicht die Großverdiener bei der Post, sondern es sind Tausende Kleinverdiener, die nun in Zukunft mit 80 Prozent ihres Bezuges auskommen sollen. Diese unsoziale Politik haben Sie zu verantworten! Sie haben in der Vergangenheit eine falsche Postpolitik betrieben, und mit dieser Regierungsvorlage, mit diesem heutigen Beschluß werden Sie diese falsche Postpolitik weiter fortsetzen und damit auch eine unsoziale Politik unterstützen beziehungsweise betreiben.

Die negative Entwicklung bei der Post und Telekom Austria wird auch durch ein anderes Beispiel aufgezeigt. Postler werden abgebaut, kleine Beamte, kleine Angestellte werden abgebaut. Der Kundendienst vor Ort wird verschlechtert. In manchen Orten werden die Postämter nicht mehr so lange aufgesperrt haben wie bisher, es werden auch Postämter zugesperrt werden. Dafür wächst aber die Generaldirektion. Ich darf Ihnen dazu einen Vergleich bringen, und zwar den Vergleich von 1987 und 1997.

1987 gab es in der Generaldirektion 21 Abteilungen, 1997 gibt es in der Generaldirektion 47 Abteilungen. 1987 waren in der Generaldirektion 449 Bedienstete beschäftigt, 1997 sind in der Generaldirektion 685 Bedienstete beschäftigt. – Alles nach dem Motto, dem Sie huldigen: Wir bauen die Postler ab, wir bauen Personal ab, wir schaffen soziale Härtefälle, aber den Verwaltungsbereich blähen wir auf, die Großverdiener blähen wir auf, weil da können wir unsere eigenen Leute hineinsetzen, da können wir uns kräftig am Postenschacher beteiligen, und daher blähen wir diese Generaldirektion auf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen abschließend sagen: Für diese unsoziale Politik bei der Post sind auch die leider heute zum Beschluß stehenden Karenzierungsregelungen verantwortlich. Es werden extreme Härtefälle geschaffen, Sie haben das als Regierungskoalition zu verantworten. Die Postpolitik beweist, daß der sogenannte Macher Klima nichts anderes als ein Sprücheklopfer ist, der den Bürgern laufend die Unwahrheit sagt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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16.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Cordula Frieser. –Bitte.

16.49

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das heute zu beschließende Gesetzeswerk wurde, so glaube ich, bereits in aller Ausführlichkeit besprochen. Die Argumente der Opposition haben wir ja leider erst heute, jetzt und hier erfahren. Ich möchte daher das, was bereits gesagt wurde, nicht wiederholen und mich jenen Vorrednern anschließen, die ihren Blick in die Zukunft gerichtet haben, hin zu einem effizienten und schlanken Verwaltungsapparat, hin zu einem Lean-Management und New-public-Management. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich an zwei Beispielen darstellen, wie wichtig es ist, Gesetzesmaterien wie das Beamten-Dienstrecht und das Beamtenbesoldungsrecht auch in Blickrichtung neues Pensionsrecht anzupassen. Ich habe sehr oft mit den Finanzämtern zu tun, wie Sie wissen. Die Finanzämter mußten in den letzten beiden Jahren 5 Prozent an Dienstposten einsparen. Es gibt Abteilungen in Finanzämtern, die völlig überlastet sind, es gibt aber in anderen Abteilungen noch freie Ressourcen. Aufgrund des bestehenden Dienstrechtes, aufgrund der Kameralistik ist es nicht möglich, diese Engpässe zu bewältigen, indem freie Kapazitäten umgeschichtet werden.

Ein anderes Beispiel: Es hat die Kfz-Zulassungsstelle in Graz ein Modell ausgearbeitet, wie man mit weniger Dienstposten mehr Zulassungen pro Tag erledigen, also Dienstposten einsparen und gleichzeitig für die diensthabenden Beamten eine Leistungskomponente schaffen könnte. Es war jedoch aufgrund der bestehenden Rechte – ich sage das so pauschal – nicht möglich, dieses Modell durchzuführen.

Meine Damen und Herren! Daher liegt es jetzt an uns, in der Zukunft Voraussetzungen zu schaffen, die uns von diesem vielzitierten Beamtenstaat wegbringen, der einige typische Merkmale – gestatten Sie mir, daß ich einige davon aufzähle – aufweist:

Ein Anreiz zur Kostenminimierung fehlt – das ist klar – aufgrund der kameralistischen Bestimmungen. Die Budgetansätze müssen ausgegeben werden. Wir kennen dieses leidvolle Phänomen. Die Gebühren werden unabhängig von den tatsächlich angefallenen Kosten und Leistungen eingehoben. Das Karrieredenken der Beamten bezieht sich ausschließlich auf das Dienstalter. Die Bezahlung des Bezuges ist, wie wir alle wissen, nicht leistungsorientiert, sondern erfolgt nach einem Alimentationsprinzip. Es gäbe noch einige Merkmale aufzuzählen.

Wir, meine Damen und Herren, sind dazu aufgerufen, das zu ändern, und zwar hin zu einem, wie schon erwähnt, Lean-Management, zu dem vielzitierten New-public-Management.

Abschließend lassen Sie mich ein Zitat aus dem "Spiegel" bringen. Es amüsiert mich sehr, und ich überlasse es dem Zuhörer, wie er das interpretiert beziehungsweise ob er meint, daß das auch auf Österreich zutrifft:

Die neue Generation der Bürokraten könnte viel besser das leisten, was nach der Definition von Bull schon stets Sinn und Zweck des Beamtentums war: aufpassen, daß die Politiker keine Dummheiten machen. – In diesem Sinne bedanke ich mich bei den Beamten. (Beifall bei der ÖVP.)

16.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reinhart Gaugg. – Er wurde von der Rednerliste gestrichen.

Dann ist Kollege Spindelegger der nächste Redner. – Bitte.

16.54

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben heute gesehen, wie diese Debatte eröffnet wurde: Herr Kollege Haider ist dem Pensionsreformproblem mit der Zeigefingermentalität begegnet. Er hat den Sektionschefbezug aufgezeigt, als wäre das für die Verwaltung und für die Beamten der


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durchschnittliche Bezug, mit dem wir es zu tun haben. – Meine Damen und Herren! Mit der Zeigefingermentalität kann man keine Pensionsreform erstellen.

Ich glaube, daß auch die nächsten Redebeiträge, die wir gehört haben, etwa die des Kollegen Volker Kier, der nicht mit Zeigefingermentalität aufzeigt, sondern gerne den moralischen Zeigefinger hebt (Abg. Dr. Mertel: Es gibt mehrere Zeigefinger!) , keine geeigneten Möglichkeiten aufgezeigt haben, diese Reform tatsächlich anzugehen. Denn das, was ich von Kollegen Volker Kier und von den Liberalen gehört habe, war, daß man sich gegen eine Umverteilung ausspricht und sagt, alles solle Eigenvorsorge bleiben. (Abg. Dr. Haselsteiner: Nicht verstanden! Nein! Nicht verstanden! Lesen Sie noch einmal! Nicht aufgepaßt!)

Meine Damen und Herren von den Liberalen! Ihr Vorschlag, den Sie erst unlängst der Öffentlichkeit präsentiert haben, lautete nämlich, daß man in Österreich ein arbeitsloses Einkommen in der Höhe von 8 000 S für jeden einführen sollte, ob er arbeiten will oder nicht. Was ist denn das anderes als die größte Umverteilung, die man sich überhaupt vorstellen kann?! – Ich glaube, Sie haben sich mit diesem Vorschlag disqualifiziert! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Pensionsreform heißt, daß man erarbeiten muß, inwieweit man selbst bereit und in der Lage ist, zu diesem Reformwerk und zu den zukünftig geringeren Pensionen beizutragen. Ich sage Ihnen als 38jähriger öffentlich Bediensteter, daß ich bereit bin, dies voll mitzutragen. Ich bin ganz persönlich auch bereit, die 18 Jahre Durchrechnungszeitraum, wie sie jetzt vorgesehen sind, auf mich zu nehmen, weil ich weiß, daß ich nicht die Augen vor dieser Entwicklung verschließen kann, weil alle älter werden. Ich weiß, daß ich auch dazu stehen und meinen Beitrag leisten muß. Meine Damen und Herren! Wenn Sie in dieser Art diskutiert hätten, hätte ich mich gefreut, daß auch Sie einen Beitrag leisten. Davon habe ich aber nichts gehört. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich würde die jetzige Debatte und das Reformwerk, das hier auf dem Tisch liegt, nicht als einen Erfolg bezeichnen. Es ist eine notwendige Regelung. Es geht nicht darum, jemandem mit Freude und Feuereifer und dem Reformschwert etwas wegzunehmen, sondern es geht darum, das Notwendige zu tun. Das, was diese Reform bewirken wird – heute wurde schon viel davon genannt –, ist, so glaube ich, politisch zu sehen. Dieser Zug in Richtung Pensionsreform fährt jetzt auf einem anderen Gleis und wird daher nicht auf den Prellbock auffahren, so wie das von der Entwicklung her abzusehen war.

Ich glaube zweitens, daß man den Wert der Einigung, die mit den Sozialpartnern erzielt wurde, nicht unterschätzen darf. Wir wollen eben kein Österreich mit Streik und mit einer völligen Disharmonie zwischen öffentlichem Dienst und den Dienstgebern, sondern wir wollen ein Österreich, in dem zwischen den Sozialpartnern noch Regelungen vereinbart werden.

Ich meine drittens, daß damit jüngeren Menschen zumindest eine gewisse Perspektive eröffnet wird. Sie sagen: Zu spät! All das ist nichts! Das ist keine Reform! – Aber die Perspektive ist zumindest da, sich selbst ein Bild davon machen zu können, was einen selbst einmal treffen wird.

Andere Optionen wurden heute hier auch genannt, wie etwa das Drei-Säulen-Modell der FPÖ. Das ist gut und schön. Die Idee ist wirklich gut, lieber Kollege: Sie ist nämlich von uns und wird schon seit 20 Jahren gepredigt. (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz. – Abg. Ing. Reichhold: Das zeigt, daß ihr in der Regierung nichts zu reden habt!)

Das Drei-Säulen-Modell ist eine ÖVP-Idee, aber wir sehen einen ganz anderen Weg der Umsetzung. Wir glauben nämlich, daß zur ersten Säule die zweite und dritte hinzukommen muß und daß man nicht Tabula rasa machen und ein völlig neues System in Österreich einführen kann. Das ist unrealistisch, was Sie heute hier vorgegaukelt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein Drei-Säulen-Modell, wie Sie das heute verbreitet haben, können Sie in "Kaukanien" einführen, aber nicht in Österreich. Wir haben genügend Pensionisten, und wir haben sehr viele, die heute in diesem System sind. Wie wollen Sie jenen, die kurz vor der Pension stehen, mit Ihrem Drei-Säulen-Modell eine Perspektive bieten? – Das wird wohl kaum


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möglich sein. Oder haben Sie keine Versicherungsmathematiker in Ihren Reihen, die das durchrechnen könnten? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Das ist lächerlich. Ein Drei-Säulen-Modell aus unserer Perspektive heißt, die zweite und die dritte Säule kommen zur ersten dazu. Aber die erste Säule ist die wesentliche, und um deren Reform haben wir uns jetzt zu kümmern. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird aber damit sicher kein Bewenden haben, daß wir nur die Pensionsreform betrachten, sondern wir werden für den öffentlichen Dienst mehr betreiben müssen. Wir werden darauf drängen, eine Verwaltungsreform ins Auge zu fassen – im Sinne einer Aufgabenreform und nicht im Sinne dessen, was die Freiheitlichen proklamieren. Ich darf aus einer schönen Unterlage zitieren, die sich "Arbeit für Österreich – Schwerpunktprogramm der Freiheitlichen" nennt.

Wenn ich mir Punkt 1.7 anschaue, meine Damen und Herren, muß ich sagen, ich bin schon etwas verwundert. Dort wird zur Verwaltungsreform – ich zitiere wörtlich – folgendes geschrieben:

Überschrift: Abschaffung der Bezirkshauptmannschaften. Untertitel: Kurzfristig ist eine Entschlackung der gesamten Bezirksverwaltungsebene geplant, was in einer längerfristigen Perspektive zur gänzlichen Abschaffung der Bezirkshauptmannschaften führen soll. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Sie wollen Institutionen wie eine Bezirkshauptmannschaft abschaffen? – Das wollen wir nicht! (Abg. Ing. Reichhold: Und die Gemeinden aufwerten! Das müssen Sie dazusagen!) Uns geht es wirklich nicht um eine Abschaffung einer solchen Institution, die heute so gut funktioniert. Wir wollen die Aufgaben reformieren, damit weniger Beamte das gut vollziehen können, was Gesetz ist. Ich glaube, daß das auch gelingen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden also eine Verwaltungsreform im Sinne einer Aufgabenreform brauchen. Wir werden auch darauf drängen, daß es ein System der Eigenvorsorge für jene gibt, die zukünftig von diesem Durchrechnungszeitraum voll betroffen sind. Das heißt, bei der nächsten Steuerreform muß auch das steuerlich attraktiv werden, wenn man heute beginnt, nebenbei etwas aufzubauen.

Zum dritten glaube ich, daß die heute jungen Beamten noch nicht voll in diesem Durchrechnungszeitraum integriert sind, sondern darüber hinaus von einer Reform betroffen sind, bei der es keine Deckelung mehr gibt. Auch bei den Aktivbezügen sollten wir ansetzen und überlegen, wie wir vielleicht das eine oder andere Instrument einer Dienstalterszulage in eine Zulage umwandeln, die es früher gibt, zum Beispiel aus Anlaß einer Heirat, aus dem Anlaß, daß jemand ein Kind bekommt. Ich glaube, das wäre wesentlich, und da gibt es auch Möglichkeiten, etwas zu tun.

Insgesamt meine ich daher, es ist kein Reformwerk, sondern eine notwendige Regelung, die heute beschlossen werden muß, aber es ist tatsächlich ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Lafer. 9 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.02

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Spindelegger, hier von einer "Reform" des Pensionssystems zu reden, ist wirklich nicht richtig. Aus der Reform wurde ein Reförmchen.

Dem zweiten Aspekt, den Sie hier erwähnt haben, dieses Drei-Säulen-Modell stamme von der ÖVP und sei 20 Jahre alt, muß ich absolut widersprechen. Das Drei-Säulen-Modell ist ein Programm der FPÖ, und es würde mich freuen, wenn Sie sich dieses Modell einmal durchlesen


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und sich diesem auch anschließen könnten. Es sind absolut vernünftige Ansätze darin enthalten, und es ist auch für Sie zur Diskussion geeignet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was sind die Ursachen dieser sogenannten Reform, wie sie schon bezeichnet worden ist, hat man doch schon in den Jahren 1984, 1988, 1993 und 1995 Reformen durchgeführt – immer wieder mit dieser Zusage, das reiche weit bis ins neue Jahrtausend hinein? – Nie hat es gereicht! Auch diesmal ist im Ausschuß wieder gesagt worden, das sei eine Reform, die weit ins neue Jahrtausend hineinreichen würde. – Absolut unrichtig!

In Presseartikeln wird geschrieben, und auch Herr Professor Rürup sagt: Mit den heutigen qualitativ richtigen Maßnahmen habe man die Finanzierung nur für zehn Jahre gesichert. – Was bedeutet das? – Das bedeutet, daß wir zu Beginn des neuen Jahrtausends wieder über die Pension diskutieren werden und es wieder zu Veränderungen kommen muß, da das nachweislich nicht finanzierbar ist.

Von dieser Änderung – mein Kollege Haupt hat das heute schon richtigerweise angeführt – sind tatsächlich all jene am stärksten betroffen, die zwischen 35 und 40 Jahre alt sind. Genau sie fallen in diesen absoluten Durchrechnungszeitraum hinein und haben die volle Härte dieser Änderung zu tragen.

Hier ein Beispiel aus dem "Kurier" vom 1. November: Für eine heute 35jährige Exekutivbeamtin der Kriminalpolizei, die im Jahre 1980 mit 7 600 S brutto in ihren Beruf eingestiegen ist, ergibt sich ein Minus, wenn sie mit dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand geht, von knapp 8 000 S. – Das muß man sich einmal zu Gemüte führen! – Oder ein Maturant, 18jährig, mit einem Anfangsgehalt von 6 000 S brutto verliert knapp 5 000 S brutto. – Viele solcher Beispiele könnte man dazu anführen. Die Beamten des öffentlichen Dienstes haben mit gewaltigen finanziellen Nachteilen zu rechnen.

Ein Punkt wurde heute in all diesen Debattenbeiträgen noch nicht angesprochen. Es war natürlich sehr schwierig, das herauszuarbeiten, aber ich habe das versucht. Vor allem ist es die schlechtere Berechnung der Nebengebührenwerte, die die Beamten besonders hart trifft. Nebengebührenwerte sind im § 5 Abs. 2 geregelt. Im Begleitgesetz steht dazu: In § 5 Abs. 2 wird der Ausdruck "dem 437,5ten Teil" durch den Ausdruck "ein Siebenhundertstel" ersetzt. – Kurzer Satz, große Wirkung, oder: kleiner Satz, große Wirkung. Denn obwohl das in Etappen geschehen soll, werden durch die neue Berechnung speziell auf die Jüngeren sehr schmerzhafte finanzielle Einbußen in der Pension zukommen.

Nebengebührenwerte, die bis zum Jahr 2001 erworben werden, bleiben auch in Zukunft unverändert und werden mit dem Divisor 437,5 berechnet. Alle ab dem Jahre 2001 erworbenen Nebengebührenwerte werden nach Multiplikation mit dem Hundertsatz und dem Divisor von 700 berechnet. Einfach ausgedrückt bedeutet das, daß alle Beamten, die ab dem Jahr 2014 in Pension gehen werden, für die gleiche Anzahl von Nebengebührenwerten erheblich weniger Geld, das heißt, eine geringere Nebengebührenzulage erhalten werden, besonders dann, wenn ein Großteil der Nebengebührenwerte erst ab dem Jahr 2001 erworben wurde.

Wie gravierend sich diese Berechnung auswirken kann, illustriert ein Beispiel ungefähr, und zwar deshalb nur ungefähr, weil sich auch die Werte, die jetzt herangezogen werden, in den nächsten Jahren verändern werden. Das heißt, ein 32jähriger Beamter, der mit dem 20. Lebensjahr den Dienst angetreten hat, verliert bei dieser Berechnung ungefähr 25 Prozent seiner Nebengebührenwerte. Oder ein weiteres Beispiel: Ein Beamter, der ab dem Jahr 2001 zu Nebengebührenwerten kommt, wird ungefähr 40 Prozent verlieren. Das ist sehr gravierend für die Bemessung seiner Pension.

Dieser Bestimmung der Nebengebührenwerte können wir mit Sicherheit nicht zustimmen, wie unter anderem auch schon meine Vorredner angeführt haben, daß wir auch dieser sogenannten Reform oder diesem Reförmchen nicht zustimmen können.

Ich möchte trotzdem noch einmal auf unser Drei-Säulen-Modell hinweisen, das vorliegt und auch in die Diskussion einfließen sollte. Ich glaube, daß gerade dieses Drei-Säulen-Modell,


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welches bekanntlicherweise in der Schweiz und in den Niederlanden schon hervorragend funktioniert, auch in Österreich tragend werden könnte und daß mit diesem System dieses sehr teure und sehr komplizierte System, das wir jetzt haben, ein Zukunftsmodell eingeführt werden könnte, damit auch die nächste Generation diesbezüglich abgesichert ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Eine weitere Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Böhacker vor. 9 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.08

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wird vielleicht den einen oder anderen Kollegen verwundern, wenn ein Freiberufler zur Beamtenpensionsreform spricht, aber ich darf kundtun, daß ich selbst ein Jahrzehnt lang öffentlich Bediensteter im Beamtenstand war, und zwar in der Finanzverwaltung, und ich daher weiß, wovon ich rede. (Abg. Dr. Haselsteiner: Böhacker, das wundert uns nicht!)

Ich werde mir nicht vom Ex-HAK-Direktor, Bürgermeister und Nationalratsabgeordneten Mühlbachler vorschreiben lassen, ob und wann ich für Beamte das Wort ergreife, ob und wann ich mich für die Beamtenschaft, wenn es notwendig ist, einsetzen werde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als Teilnehmer an den Sitzungen des Finanzausschusses betreffend Pensionsreform im öffentlichen Dienst konnte ich grundsätzlich einen breiten Konsens, und zwar in dreifacher Hinsicht, feststellen.

Zum ersten: Alle Experten und alle Teilnehmer waren der Meinung, daß eine Pensionsreform im öffentlichen Dienst notwendig ist. Nur die Frage wann und wie blieb offen.

Zum zweiten: Alle waren der Meinung, daß es zu einer Harmonisierung der Bestimmungen der Rahmenbedingungen zwischen öffentlichem Dienst, also, wenn Sie so wollen, dem geschützten Bereich, und dem ASVG, der Privatwirtschaft, also dem exponierten Bereich, kommen soll. Zum dritten: Es war einhellige Meinung, daß eine Pensionsreform im Beamtenbereich nur einen Teil einer umfassenden Reform, einer umfassenden Modernisierung des gesamten öffentlichen Dienstes darstellen kann.

In all diesen drei Bereichen ist die österreichische Bundesregierung bedauerlicherweise auf halbem Weg stehengeblieben beziehungsweise hat den schlechtesten aller Wege beschritten. Ein Journalist hat es heute so formuliert: "Das laute Klappern der rot-schwarzen Ruster Störche ist verstummt." (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: "Tosender" Applaus!)

Auf dem Weg, wie diese Pensionsreform stattfinden soll, gibt es, wenn man in das Volk hineinhört, ein erschütterndes Ergebnis. (Abg. Dr. Haselsteiner: Mit was hineinhorcht?)  – Mit dem Ohr, Herr Kollege Haselsteiner! – Ergebnis ist, Herr Staatssekretär, daß es dieser Bundesregierung gelungen ist, eine neue Form des Klassenkampfes in die Bevölkerung zu tragen: nicht mehr Arbeit gegen Kapital oder Kapital gegen Arbeit, sondern ein Klassenkampf zwischen öffentlich Bediensteten und privatwirtschaftlich organisierten Bediensteten.

Ich sage Ihnen: Dafür tragen Sie von der Regierung die Verantwortung! Auch ich habe, wie Frau Kollegin Mag. Cordula Frieser, viele Kontakte mit öffentlich Bediensteten. Und ich weise Sie darauf hin: Die Verunsicherung, der Frust, die Demotivierung hin bis zur Verbitterung sind groß im öffentlichen Dienst. (Ruf bei der ÖVP: Der Fasching ist aus!) Ich lade Sie ein, Herr Staatssekretär, einmal zu den Dienststellen zu gehen und mit den Beamten zu sprechen, damit diese Ihnen – nicht als Funktionäre, sondern als kleine Beamte! – ihre Meinung sagen können.

Andererseits gibt es eine immer größer werdende Aggressivität der Privatbediensteten gegenüber dem sogenannten geschützten Bereich. Es wird immer wieder festgestellt: Die Beamten tun nichts, sie sind faul!, und dergleichen mehr. Und es wird auf angebliche Privilegien hingewiesen.


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Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das ist ein gesellschaftspolitischer Sprengsatz! Und wenn dieser hochgeht, dann tragen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Verantwortung dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zur Harmonisierung. Diese Reform bringt keinerlei Harmonisierung im Bereich des Arbeits- und Sozialrechtes zwischen Beamtenschaft und Privatwirtschaft. Nicht einmal eine Harmonisierung zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften im Bereich der Entgelte ist gelungen. Herr Mag. Guger xxxvgl.Pf hat im Hearing – auch für mich – überraschende Zahlen genannt, die bezeichnend sind. Wenn man etwa vergleicht, was in der Allgemeinen Verwaltung das mittlere Einkommen eines B-Beamten, sprich Maturanten, im Bund ausmacht, nämlich 28 500 S, das eines Landesbeamten in Kärnten, nämlich 36 000 S, und das eines Landesbeamten im Burgenland, nämlich 35 200 S, dann, meine Damen und Herren, kann man da in keiner wie immer gearteten Weise von einer Harmonisierung sprechen.

Weiters: Eine Pensionsreform im Beamtenbereich kann nur ein Teil einer umfassenden Modernisierung des öffentlichen Dienstes sein. Herr Staatssekretär, wo ist das längst überfällige Bundesangestelltengesetz? Seit Jahrzehnten, könnte man fast schon sagen, wird daran gefeilt, daran gearbeitet, aber es fehlt noch immer. Herr Staatssekretär, wo ist eine echte Besoldungsreform, die eine neue Einkommenslinie festlegt, die mit der der Privatwirtschaft vergleichbar ist, bei der die Anfangsbezüge entsprechend angehoben werden, sodaß nicht, wie das derzeit der Fall ist, im letzten Drittel der Beschäftigung bei den öffentlich Bediensteten ein steiler Anstieg des Einkommens erfolgt?

Gerade dieses sogenannte Dienstaltersprinzip ist ein wesentlicher Grund für die Misere im Pensionsbereich bei den öffentlich Bediensteten. Und bei dem im Jahre 1994 beschlossenen neuen Besoldungssystem für öffentlich Bedienstete ist man wieder diesen falschen Weg gegangen. Beispielsweise sind die Funktionszulagen grundsätzlich wieder nicht nach der Funktion als solcher gestaffelt, sondern nach dem Dienstalter. Wenn etwa jemand in A1 mit 36 Jahren Abteilungsleiter in einer FLD wird, bekommt er eine Funktionszulage von 3 157 S. Wenn jemand dieselbe Funktion mit 60 Jahren ausübt, dann bekommt er 20 751 S an ruhegenußfähiger Funktionszulage. Damit wird die Pensionsproblematik im öffentlichen Dienst noch einmal enorm verschärft.

Herr Staatssekretär, wo sind die heute immer wieder von der ÖVP angeschnittenen steuerpolitischen Begleitmaßnahmen? Es klingt sehr schön, wenn etwa Herr Kollege Stummvoll oder Dr. Spindelegger meinen, die zweite Säule müsse steuerlich entsprechend abgefedert werden. Aber was haben Sie denn in letzter Zeit gemacht? – Genau das Gegenteil, meine Damen und Herren! Sie haben die Sonderausgaben gekürzt, ja ab einem gewissen Einkommensbereich sogar gestrichen. Und jetzt fordern Sie eine steuerliche Begünstigung der zweiten und dritten Säule. Doppelbödiger, meine Damen und Herren von der ÖVP, geht es wirklich nicht mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mein Vorredner, Kollege Lafer, hat es bereits angeschnitten: Auch im Bereich der Pensionen des öffentlichen Dienstes soll es zu einer Harmonisierung, zu einer Einführung des Drei-Säulen-Modells kommen. Ich darf daher abschließend folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Böhacker und Kollegen betreffend umfassende Besoldungs- und Pensionsreform im öffentlichen Dienst

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, binnen drei Monaten einen Gesetzesantrag vorzulegen, der eine umfassende Reform des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes der Beamten nach folgenden Grundsätzen vorsieht:


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1. Im Zuge einer leistungsorientierten Besoldungsreform ist das Erwerbseinkommen neu zu verteilen, wobei in weitgehender Abkehr vom Dienstaltersprinzip eine erhebliche Verbesserung der Bezüge bis zu einem Lebensalter von 40 Jahren stattfinden muß.

2. Für alle neueintretenden Bediensteten sowie bereits im Dienststand befindliche Beamte mit einem Lebensalter unter 35 Jahren soll das freiheitliche Drei-Säulen-Modell uneingeschränkt gelten. Dieses besteht aus einer ersten Säule, die im Wege des Umlageverfahrens finanziert wird, und eine Basispension zur Grundabsicherung im Alter gewährleistet. Die zweite Säule bildet eine Altersvorsorge durch Pensionskassen, zu der sowohl der Dienstgeber als auch der Dienstnehmer beitragen müssen. Die dritte Säule schließlich bildet die Eigenvorsorge.

3. Für Beamte zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr bildet die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltende Höchstbeitragsgrundlage (42 000 S) nach dem ASVG auch die Obergrenze zur Bemessung der Beamtenpension. Hinsichtlich jener Einkünfte, die in den Folgejahren der Aktivzeit die genannte Beitragsgrundlage übersteigen, erfolgt eine Beitragsleistung in eine Pensionskasse, die wiederum aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen gespeist wird (zweite Säule). Der Pensionsbeitrag wird auf das Niveau des ASVG harmonisiert (statt 11,75 Prozent nur mehr 10,25 Prozent).

4. Für jene Beamte, die bereits das 40. Lebensjahr überschritten haben, soll das derzeitige Pensionssystem weitergelten – zumal diese im ersten Drittel ihres Erwerbslebens gegenüber vergleichbaren Bediensteten der Privatwirtschaft erhebliche Einkommensnachteile zu verzeichnen hatten. Diesen Beamten soll aber die Wahlmöglichkeit eingeräumt werden, in das unter 3. dargestellte Pensionsmodell mit Pensionskasse umzusteigen.

*****

Meine Damen und Herren! Das ist ein konstruktiver Vorschlag, um die Problematik der Beamtenpensionen lösen zu können.

Das, was Sie hier vorgelegt haben, meine Damen und Herren, möchte ich noch einmal kurz beleuchten: Die Einführung der Durchrechnungszeiträume bei den Beamten beziehungsweise die Verlängerung der Durchrechnungszeiträume für ASVG-Versicherte bedeuten eine massive Verschlechterung für zukünftige Pensionisten. Auch Detailverbesserungen für geringfügig Beschäftigte und Frauen können nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich die Lebenssituation der österreichischen Arbeitnehmer verschlechtern wird. Vor allem die Regelung für Beamte, von der nicht nur Hofräte, sondern auch viele "kleine" Beamte betroffen sein werden, stellt eine besondere Härte dar. – Das sagt nicht der "böse" Oppositionsabgeordnete Böhacker, sondern der sozialdemokratische Abgeordnete Posch! Dem ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.20

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann mich daran erinnern, daß es im Jahre 1993 auch eine Pensionsreform gegeben hat, und mit ähnlich großspurigen Worten haben Sie sich damals selbst beglückwünscht. Die Regierung hat das Parlament beglückwünscht, SPÖ und ÖVP haben sich gegenseitig beglückwünscht, sie haben einander auf die Schultern geklopft und haben davon gesprochen, daß das jetzt die "Jahrtausendreform" sei, die alle Probleme im Pensionsbereich regeln werde.


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93. Sitzung / Seite 128

Die Frau Kollegin Hostasch – damals war sie noch Vorsitzende des Sozialausschusses – hat gesagt: "Wir haben jetzt ein taugliches Instrumentarium gefunden, um damit auch langfristig die Finanzierung der Pensionen sicherzustellen."

Heute wollen Sie aber nichts mehr davon wissen, daß Sie damals gesagt haben, diese Pensionsreform aus dem Jahre 1993 werde sozusagen bis zur Jahrtausendgrenze durchhalten. Heute wollen Sie nichts mehr davon wissen, daß Sie eine langfristige Sanierung des Pensionssystems versprochen haben. Aber ich möchte Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen: Genau viereinhalb Jahre hat diese "Reform" gehalten, die Sie uns beziehungsweise der Bevölkerung als "Jahrtausendreform" zu verkaufen versucht haben!

Sie haben gesagt, frühestens bis zum Jahre 2010 werde diese Finanzierung des Pensionssystems halten – tatsächlich stehen wir jetzt, nach viereinhalb Jahren, da und sehen, daß die Finanzierung der Pensionen wieder gefährdet ist.

Ich möchte Ihnen die Worte des damaligen Sozialministers Hesoun in Erinnerung rufen. Er hat gesagt: "Ich glaube, auch sagen zu dürfen, daß wir mit der Pensionsreform im gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund der gegebenen Finanzierungsmöglichkeiten doch ein Pensionssystem vorgelegt haben, das wirklich bis zum Jahre 2010 geht und darüber hinausreicht."

Meine sehr geehrten Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! Sie hätten allen Grund, heute bescheiden aufzutreten, zu sagen: Wir haben damals eine Fehleinschätzung begangen, wir haben damals falsche Maßnahmen getroffen, denn wir haben jetzt gesehen, daß es sich mit dem Geld für die Pensionen nicht ausgeht. – Tatsächlich aber gehen Sie heute hier heraus und behaupten wieder einmal, es sei alles richtig, was Sie tun, Sie verwerfen all das, was Ihnen die Opposition oder Experten sagen, und beharren weiterhin auf diesem reinen Umlagesystem, wie wir es bisher hatten.

Ich kann Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Dieses Umlagesystem alleine ist heute nicht mehr in der Lage, die Pensionen zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie müssen zumindest zu einem gemischten System, so wie wir es in Form des Drei-Säulen-Modells vorgeschlagen haben, übergehen. Die meisten OECD-Staaten haben bereits ein gemischtes System, bestehend aus Umlageverfahren und Kapitaldeckungsverfahren. Aber in Ihrer Borniertheit und in Ihrer Kurzsichtigkeit, die offensichtlich zum Motto Ihrer Regierung geworden ist, sind Sie leider Gottes nicht bereit, einzusehen, was bisher falsch gelaufen ist. Und das machen wir Ihnen zum Vorwurf! Das Gefährliche an Ihrer Regierung ist, daß Sie in Wirklichkeit nur danach trachten, heute über die Runden zu kommen – und nicht an morgen denken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Sozialminister Hesoun, der gesagt hat, daß die Pensionsreform bis zum Jahr 2010 halten werde, sitzt jetzt nicht mehr auf der Ministerbank; er ist auch nicht mehr Abgeordneter. Er trägt keine Verantwortung mehr. Er wollte auch nur über die Runden kommen – genauso wie Sie heute! Ich glaube, das ist das Gefährliche für uns, für die Bevölkerung, und Sie sollten wirklich dringend eine Umkehr von dieser Politik vornehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Folgendes möchte ich Ihnen ebenfalls zum Vorwurf machen: Sie beschließen diese sogenannte Pensionsreform heute wieder einmal auf Kosten derjenigen, die ohnehin schon wenig verdienen, auf Kosten derjenigen, die ohnehin schon an der Armutsgrenze angelangt sind. Sie schaden den jungen Menschen, die erst zu arbeiten anfangen, die noch nicht einmal einen Job haben. Ihnen nehmen Sie die Möglichkeit, durch ein vernünftiges Pensionssystem schon jetzt Vorkehrungen für ihre eigene Pensionsvorsorge zu treffen. Den Leuten, die im Arbeitsprozeß stehen, gaukeln Sie vor, sie werden im Jahr 2020 und 2030 eine Pension haben, aber Sie wissen aufgrund von Expertengutachten heute schon ganz genau, daß das nicht der Fall sein wird. Und das mache ich Ihnen zum Vorwurf: daß Sie nicht an die jungen Menschen denken!

Ich mache Ihnen aber auch zum Vorwurf, daß Sie die Behinderten wieder einmal schröpfen. Die Behinderten haben schon beim Sparpaket mit 4 Milliarden Schilling dazu beigetragen, daß Sie Ihr Budget, das Sie durch eine jahrelange Schuldenpolitik in Unordnung gebracht haben, sanieren können. Und jetzt kommen wieder einmal die Behinderten zum Handkuß, weil Sie


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ihnen keine Valorisierung des Pflegegeldes zusprechen. Sie geben ihnen keine Dauervalorisierung, und Sie beziehen auch noch die geringfügig Beschäftigten in die allgemeine Sozialversicherungspflicht ein. Davon sind wieder die Behinderten betroffen, denn sehr viele von ihnen haben ja geringfügig Beschäftigte zu ihrer Pflege herangezogen.

Mir braucht Herr Kostelka überhaupt nicht zu erzählen, daß diese Pensionsreform sozial ausgewogen sei. Das glaubt ihm wirklich niemand, außer vielleicht Sie von den Regierungsparteien, die Sie hier im Parlament sitzen. Herr Kostelka hat auch gesagt, er vertrete einen Staat, der kein Nachtwächterstaat ist, sondern ein Staat, der hinter dem einzelnen steht, wenn er Unterstützung braucht, wenn er in Not geraten ist. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Behinderten sind in Not geraten, sie brauchen die Unterstützung des Staates! Aber was machen Sie? – Sie gestehen den Behinderten nicht einmal die notwendige Erhöhung ihres Pflegegeldes durch Valorisierung derselben zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch auf eine Gruppe zu sprechen kommen, und das sind die Exekutivbeamten, die schon mein Kollege Lafer erwähnt hat. Diese sind wahrlich keine Großverdiener. Mein Kollege hat schon das Beispiel erwähnt von einem 32jährigen Exekutivbeamten, der jetzt ungefähr 20 000 S brutto bezieht. Das sind, wenn es gutgeht, 14 000 S oder 15 000 S netto. Wenn dieser 20 Jahre lang im Dienst ist und dann etwa im Jahre 2026 in Pension geht, verliert er 25 Prozent seiner Pension im Vergleich zu jener Pension, die ihm jetzt zustünde, nur weil die Nebengebühren nicht so wie bisher in der vollen Höhe eingerechnet werden. Damit schaden Sie wieder denjenigen, die ohnehin mehr oder weniger an der Armutsgrenze leben. Und bei einem Beamten, der erst im Jahre 2001 zu arbeiten anfängt, verschlechtert sich das Verhältnis zu dessen Ungunsten um 40 Prozent.

Das sollten Sie sich einmal vor Augen halten, meine sehr geehrten Damen und Herren! All diejenigen, die von einer "Reform" reden, die "human", die "fair" ist, sollten sich einmal anschauen, wie sich bei manchen Bevölkerungsgruppen beziehungsweise bei manchen Arbeitnehmern diese "Reform" auswirkt. Das würde ich Ihnen wirklich empfehlen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie belasten nicht die Großverdiener. Sie belasten die "kleinen" Beamten. Sie belasten die Behinderten. Sie belasten auch die Frauen. Es ist schon mehrmals angeführt worden, daß nicht nur wir das behaupten, sondern auch Ihr Abgeordneter Posch, der ja auch in Sozialfragen eine gewisse Kompetenz hat. Sie sollten sich wirklich einmal überlegen, ob das der richtige Weg für Österreich ist!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns ist heute schon alles mögliche vorgeworfen worden. Unter anderem hat Herr Abgeordneter Khol gemeint, der Opposition wäre es lieber, wenn es keine Reform gegeben hätte. – Ja eine solche Reform, Herr Abgeordneter Khol, wie Sie sie hier vorlegen, ist uns wirklich nicht angenehm. Wir wollten eine echte Systemkorrektur, wie sie notwendig ist, um in dieser Zeit und unter diesen Verhältnissen die Pensionen auch über die Jahrtausendgrenze hinaus zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.30

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heute debattierte "Pensionsreform" ist keine solidarische und gerechte Reform. Unser derzeitiges Umlagesystem hängt sehr stark mit der Beschäftigung zusammen. Es baut darauf auf, daß es ein hohes Maß an Beschäftigung gibt, und wenn dieses hohe Maß an Beschäftigung nicht mehr da ist, wird die Pensionsfinanzierung trotz all dieser Reformvorhaben in der Luft hängen. Zusätzlich kommt noch erschwerend hinzu, daß die Menschen in unserer Gesellschaft immer älter werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind dies also zwei ganz wesentliche Gründe, warum ein derartiges Umlagesystem nicht mehr zeitgemäß und diese so gelobte "Pensions


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reform" eigentlich keine wirkliche Reform, ja nicht einmal ein Reförmchen ist. In Wirklichkeit hat sich die Regierung mit diesen Änderungen, die dazu zumeist auf Kosten der armen, insbesondere aber auf Kosten der jungen Menschen gehen, nur Zeit gekauft, denn diese Reform stellt keine langfristige Sanierung der Pensionen, sondern nur eine kurzfristige Geldbeschaffungsaktion zur Budgetsanierung dar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute früh habe ich im "Teletext" die Aussage der Frau Bundesministerin Hostasch gelesen, daß sich aufgrund dieser Reform weitere Reformschritte bis weit über das Jahr 2000 hinaus erübrigen würden. Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich mich daran erinnert, daß auch ihr Vorgänger, Minister Hums, bei der damaligen Pensionsreform von einem "Jahrhundertwerk" gesprochen hat, das weit über das Jahr 2000 hinaus halten würde. (Widerspruch des Abg. Hums. ) Selbstverständlich, Herr Bundesminister, haben Sie das gesagt! Lesen Sie in den Protokollen nach!

Dabei sagen selbst regierungsfreundliche Experten, daß es spätestens 1999 eine weitere Anpassung und eine sehr tiefgreifende Reform des gesamten Systems geben muß, um die Pensionen wirklich nachhaltig sichern zu können, denn von den geplanten 20 Prozent an Einsparungen sind lediglich zirka 3 Prozent übriggeblieben. Die restlichen 17 Prozent sind auf der Strecke geblieben, bei den restlichen 17 Prozent ist die Regierung schlichtweg wieder einmal umgefallen.

Weiters sagen die Experten, daß dieses Umlagesystem nur dann funktionieren kann, wenn die Zahl der Beschäftigten ständig steigt. Wie aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, sieht die Realität aus? – In Wirklichkeit steigt nicht die Zahl der Beschäftigten, sondern die Zahl der Arbeitslosen und der Pensionsempfänger laufend, und zwar aufgrund einer verfehlten Wirtschafts- und Sozialpolitik dieser Regierung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So war ebenfalls heute zur Arbeitslosenstatistik zu lesen, daß es im Oktober um 2,4 Prozent mehr Arbeitslose als im Vorjahr gab, nämlich 219 383, um es ganz genau zu sagen. Der Anstieg der Zahl der Arbeitslosen vom Oktober des Vorjahres auf den Oktober des heurigen Jahres betrug über 5 000: Es gab 5 090 Arbeitslose mehr, das sind 2,4 Prozent, wobei es diesen Anstieg – und das ist bedenklich – zu über 17 Prozent bei den 50jährigen gibt, das heißt, bei einer Altersgruppe, die nicht mehr oder nur in sehr geringem Maße in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden kann, wodurch unser Pensionssystem zusätzlich massiv belastet werden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Das Schlimme an diesem Pensionsreförmchen ist nicht nur, daß es nicht nachhaltig und dauerhaft ist, sondern, wie bereits gesagt, daß es vornehmlich auf dem Rücken der armen und der jungen Menschen ausgetragen wird. So betrug etwa die Durchschnittspension beziehungsweise der durchschnittliche Ruhebezug bei den Beamten zirka 32 000 S, die Pension bei den Angestellten im Durchschnitt zirka 14 200 S und bei den Pensionisten der gewerblichen Wirtschaft zirka 12 300 S, wobei zwei Drittel der ASVG-Pensionisten – auch das wurde heute bereits gesagt – mit einer Pension von unter 10 000 S auskommen müssen. Und bei den Bauern, meine sehr geehrten Damen und Herren, beträgt die durchschnittliche Pension ledliglich zirka 7 000 S.

Gerade bei diesen Ärmsten der Armen, bei jenen mit den geringsten Einkommen, kommt es zu zusätzlichen Belastungen. So werden im Rahmen dieser "Pensionsreform" insbesondere die Bäuerinnen und die Hofübernehmer massiv benachteiligt und zur Kasse gebeten. Durch den Wegfall der Mitversicherung des Ehepartners bei den Nebenerwerbsbauern werden Jungbäuerinnen und Jungbauern extrem benachteiligt; es kommen enorme zusätzliche Beitragszahlungen auf sie zu. Da holt sich die Regierung von in der Folge bis zu 70 000  existenzbedrohten Menschen Geld zur Budgetsanierung, obwohl diese Menschen zu den einkommenschwächsten in unserer Gesellschaft zählen. Die Regierung sollte lieber bei sich selbst zu sparen anfangen, als sich bei den Ärmsten der Armen mit Geld zu bedienen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Wie gesagt: Es werden insbesondere die Bäuerinnen schlechtergestellt und zur Kasse gebeten. Es wird wieder einmal die Landwirtschaft extrem benachteiligt, obwohl den Bauern im Europavertrag von SPÖ und ÖVP, von Rot und Schwarz versprochen wurde, daß die Landwirtschaft existentiell abgesichert werden und daß es eine Mehrwertsteueranpassung geben wird. Dadurch, daß diese nicht erfolgt ist, gehen der Landwirtschaft jährlich zirka 1,75 Milliarden Schilling verloren – das ist nicht eine von uns erfundene Summe, sondern eine Berechnung des Wirtschaftsforschungsinstitutes.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre eine Möglichkeit, die Existenzen der bäuerlichen Betriebe teilweise abzusichern – nicht, sie durch zusätzliche Belastungen in den Ruin zu treiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber anstelle den Bauern die zugesagten Gelder zu geben, bekommen sie von der Regierung nur zusätzliche unsoziale Belastungen. Während es sich also die Beamten mit Dohr &Co an der Spitze wieder einmal gerichtet haben, wurde diese unsoziale "Reform" auf dem Rücken der Armen und insbesondere der Bäuerinnen und der Hofübernehmer durchgeführt. Daher können Sie von uns Freiheitlichen auch keinerlei Zustimmung zu dieser unsozialen Reform erwarten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstatter findet nicht statt.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihren Platz einzunehmen.

Zum Gesetzentwurf betreffend das 1. Budgetbegleitgesetz 1997 in 911 der Beilagen hat Frau Abgeordnete Dr. Schmidt einen Rückverweisungsantrag gestellt.

Ich lasse daher zunächst über diesen Rückverweisungsantrag abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, den Gesetzentwurf in 911 der Beilagen an den Finanzausschuß rückzuverweisen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Wo ist Frau Dr. Schmidt?)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 911 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen einen Zusatz- sowie Abänderungsantrag eingebracht.

Schließlich haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Zusatz- sowie Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von den Zusatz- sowie Abänderungsanträgen betroffenen Teile, und zwar nach der Systematik des Gesetzentwurfs, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 4 Z 1a, 2, 3 und 11b bezieht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über Artikel 4 Z 1a, 2, 3 und 11b in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.


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Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 4 Z 24 bezieht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Änderung des § 58 Abs. 24 in Artikel 4 Z 24 zum Inhalt hat.

Ich lasse nun sogleich über Artikel 4 Z 24 in der Fassung des Ausschußberichtes und unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 4 Z 25 bezieht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über Artikel 4 Z 25 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 4 Z 26 bezieht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Anfügung neuer Absätze 10 bis 12 in § 62e in Artikel 4 Z 26 zum Inhalt hat.

Ich lasse sogleich über Artikel 4 Z 26 in der Fassung des Ausschußberichtes und unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen und bitte im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 5 Z 12 bezieht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über dieselbe Bestimmung in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen. Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 9 Z 1 § 5 Abs. 2 Z 1 bezieht.

Ich lasse sogleich über Artikel 9 Z 1 § 5 in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen.


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Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Zusatzantrag, der sich auf die Einfügung einer neuen lit.c in Artikel 13 § 1 Z 1 bezieht, sowie einen Abänderungsantrag betreffend die Streichung des Abs. 2 in Artikel 13 § 6 eingebracht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Damit erübrigt sich auch eine Abstimmung über die Absatzbezeichnung hinsichtlich Artikel 13 § 6 Abs. 3.

Ich lasse daher sogleich über Artikel 13 § 1 Z 1 und § 6 Abs. 2 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte im Falle Ihrer Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf den Eingang des Artikels 15 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die Artikel 15 in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen betreffend Pensionsprivilegien der Politiker.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Schließlich gelangen wir schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Böhacker und Genossen betreffend eine umfassende Besoldungs- und Pensionsreform im öffentlichen Dienst.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 619/A bis 625/A eingebracht wurden. Ferner sind die Anfragen 3196/J bis 3241/J eingelangt.


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93. Sitzung / Seite 134

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 6. November 1997, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 17.46 Uhr