Stenographisches Protokoll

69. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Montag, 28. Juni 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

69. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                         Montag, 28. Juni 2004

Dauer der Sitzung

Montag, 28. Juni 2004: 10.00 – 17.33 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zu den Themen „Eine Verfassung für Europa – der Europäische Rat vom 17. und 18. Juni 2004“ und „Änderung der personellen Zusammensetzung der Bundesregierung“

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundesregierung“

3. Punkt: Erstattung eines Vorschlages für die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten des Rechnungshofes

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 8

Geschäftsbehandlung

Mitteilung des Präsidenten Dr. Andreas Khol im Zusammenhang mit Tages­ordnungspunkt 1           ................................................................................................................................. 9

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 1560/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 10

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung           86

Redner:

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 87

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 90

Doris Bures ................................................................................................................... 91

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ................................................................ 93

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 97

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 99


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69. Sitzung / Seite 2

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 10

Unterbrechungen der Sitzung .....................................................................  57, 117, 118

Antrag der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Mag. Werner Kogler, Kollegin­nen und Kollegen, den Bericht des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Vorschlages für die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten des Rechnungs­hofes (559 d.B.) gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Haupt­ausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ...........................................................  73, 117

Verlangen gemäß § 88 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung der Wahl der Präsidentin/des Präsidenten des Rechnungshofes in Wahlzellen ........................................................ 117

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 8

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Enthebung des Bundesministers für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer sowie des Staatssekre­tärs im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Dr. Reinhart Waneck vom Amt sowie Ernennung von Frau Mag. Karin Miklautsch zur Bundesministerin für Justiz sowie Herrn Mag. Eduard Mainoni zum Staatssekretär im Bundesmi­nisterium für Verkehr, Innovation und Technologie durch den Bundespräsidenten                                                        8

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 9

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Achter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ........................................................ 10

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zu den Themen „Eine Verfassung für Europa – der Europäische Rat vom 17. und 18. Juni 2004“ und „Änderung der personellen Zu­sammensetzung der Bundesregierung“ .......................................... 11

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsord­nung des Nationalrates zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundes­regierung“ ....................................... 11

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 11

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 16

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ................................................................. 18

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   9

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 19

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 23

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 26


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69. Sitzung / Seite 3

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 30

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 34

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................................................. 36

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 39

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 41

Mag. Norbert Darabos ................................................................................................. 43

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 45

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 46

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 48

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 49

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 51

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 53

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 55

3. Punkt: Bericht des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Vor­schlages für die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten des Rechnungshofes (559 d.B.) ..................................... 58

Durchführung einer Debatte gemäß § 53 der Geschäftsordnung ................................. 58

Redner:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 58

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 61

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 64

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 68

Dr. Günther Kräuter ..................................................................................................... 71

Hermann Gahr .............................................................................................................. 74

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................  76, 115

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 79

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 82

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 83

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 85

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 100

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 102

Kurt Eder ..................................................................................................................... 103

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 105

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 106

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 107

Christian Faul ............................................................................................................. 109

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 110

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 112

Mag. Ulrike Sima ........................................................................................................ 113

Rudolf Nürnberger ..................................................................................................... 114

Annahme des Ausschussantrages (Präsident des Rechnungshofes: Dr. Josef Moser)                             118

Eingebracht wurden

Petition ............................................................................................................................ 9

Petition betreffend „Für die Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes“ (Ord­nungsnummer 34) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl)

Regierungsvorlage ........................................................................................................ 9

558: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 2004)


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69. Sitzung / Seite 4

Bericht ............................................................................................................................. 9

III-87: Kunstbericht 2003; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Sicherung der KonsumentInnen beim Kauf neuer Immobilien im Bauträgervertragsgesetz (426/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Verankerung der EU-Verordnungen 1829/2003 über gentechnisch veränderte Lebensmittel und 1830/2003 über Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung im österreichischen Lebens­mittelrecht (427/A) (E)

Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Karin Hakl, Petra Bayr, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasches Handeln gegen massive Menschenrechtsverletzun­gen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Darfur-Provinzen (Sudan) (428/A) (E)

Peter Haubner, Elmar Lichtenegger, Beate Schasching, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Projekt „Nachhaltige Fußball-Europameisterschaft 2008“ (429/A) (E)

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatradiogesetz, das Privatfern­sehgesetz, das KommAustria-Gesetz und das ORF-Gesetz geändert werden sowie das Fernsehsignalgesetz aufgehoben wird (430/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Ungereimtheiten und verfassungsrechtliche Bedenken bei der Übertragung weiterer hoheitlicher Aufgaben an die Austro Control Österreichi­sche Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung (eingetragen zu FN 71000m beim Handelsgericht Wien) (1932/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend Frauenprojektförderung (1933/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Rückgang bei der Anwendung von Alternativen zur Bestrafung nach dem Suchtmittelgesetz (1934/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verkaufsabschluss der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften (1935/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Käfighaltung von Lege­hennen in Österreich (1936/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Mitberücksichtigung von familiären Verhältnissen bei der Verleihung von Staatsbürgerschaften (1937/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend tatsächliche Personalstände in der Exekutive (1938/J)


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69. Sitzung / Seite 5

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Erhaltung des Militärkommandos Kärnten (1939/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend 100-Tage-Bericht des Regierungsbeauftragten (1940/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Kosten der Justiz (Eigendeckungsgrad)-Erledigung der Geschäftsfälle (II)“ (1941/J)


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69. Sitzung / Seite 6

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Zielsetzung für die Partizi­pation und Information der Jugendlichen“ (1942/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „EG-Richtlinie zur Prozesskostenhilfe bei grenzüberschreitenden Streitigkei­ten“ (1943/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Per­sonalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregierung – Schüssel II“ (1944/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregie­rung – Schüssel II“ (1945/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundes­regierung – Schüssel II“ (1946/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregierung – Schüssel II“ (1947/J)

Mag. Johann Maier,, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregie­rung – Schüssel II“ (1948/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregierung – Schüssel II“ (1949/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregierung – Schüssel II“ (1950/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregierung – Schüssel II“ (1951/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregierung – Schüssel II“ (1952/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bun­desregierung – Schüssel II“ (1953/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend „Personalabbau durch die schwarz-blaue Bundesregierung – Schüssel II“ (1954/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Arbeitszeitverlängerung (1955/J)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verkauf von Bundeseigentum (Immobilien) (1956/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Aussiedlung des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien, des Handels­gerichts und des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City Tower Vienna (1957/J)

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Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betref­fend geheime Parteienfinanzierung und Klubdirektor Moser (22/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (1644/AB zu 1666/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1645/AB zu 1658/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1646/AB zu 1665/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1647/AB zu 1664/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (1648/AB zu 1728/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (1649/AB zu 1679/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Keuschnigg, Kolleginnen und Kollegen (1650/AB zu 1701/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (1651/AB zu 1667/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1652/AB zu 1745/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen (1653/AB zu 1669/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (1654/AB zu 1668/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1655/AB zu 1695/J)


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69. Sitzung / Seite 7

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (1656/AB zu 1698/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Astrid Stadler, Kolleginnen und Kollegen (1657/AB zu 1699/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen (1658/AB zu 1703/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (1659/AB zu 1714/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1660/AB zu 1746/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1661/AB zu 1758/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1662/AB zu 1797/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (1663/AB zu 1678/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (1664/AB zu 1700/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (1665/AB zu 1705/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1666/AB zu 1741/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1667/AB zu 1671/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (1668/AB zu 1837/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1669/AB zu 1672/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (1670/AB zu 1673/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (1671/AB zu 1674/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen (1672/AB zu 1676/J)

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des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (21/ABPR zu 22/JPR)



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69. Sitzung / Seite 8

Beginn der Sitzung: 10 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

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Präsident Dr. Andreas Khol: Die 69. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 65. und 66. Sitzung vom 16. Juni 2004 sowie der 67. und 68. Sitzung vom 17. Juni 2004 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbe­anstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Csörgits, Schiefermair und Mag. Weinzinger.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter wird durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein vertreten;

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ferner liegt mir ein Schreiben des Herrn Bundeskanz­lers mit folgendem Wortlaut vor:

„Sehr geehrter Herr Präsident! Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundesprä­sident mit Entschließung vom 25. Juni 2004, Zl. 300.000/1-BEV/04, gemäß Artikel 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz den Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdor­fer sowie den Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Uni­versitätsprofessor Dr. Reinhart Waneck vom Amt enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz Frau Mag. Karin Miklautsch zur Bundesministerin für Justiz und Herrn Mag. Eduard Mainoni zum Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ernannt.“

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Der Herr Bundeskanzler hat seine Absicht bekannt gegeben, gemäß § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zu den Themen „Eine Verfassung für Europa – der Europäische Rat vom 17. und 18. Juni 2004“ und „Änderung der personellen Zusammensetzung der Bundesregierung“ eine Erklärung abzugeben.

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69. Sitzung / Seite 9

Die Grünen haben dem Präsidenten des Nationalrates mitgeteilt, dass sie auf Grund der geltenden Geschäftsordnung Bedenken dahin gehend haben, dass zwei derart unterschiedliche Themen Gegenstand einer einzigen Erklärung sein können.

Ich habe mich mit den Grünen in die Richtung verständigt, dass ich heute diese Erklä­rung mit zwei Gegenständen ohne Präjudiz – ein Ausdruck, den Professor Van der Bellen besonders schätzt – zulasse und dass wir die Frage der Geschäftsordnung in der nächsten Präsidialkonferenz auf Grundlage eines Gutachtens erörtern werden. – Das findet allgemeine Zustimmung.

*****

Weiters hat der Herr Vizekanzler seine Absicht bekundet, gemäß § 19 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundesregierung“ eine Erklärung abzugeben. – Diese steht als Punkt 2 auf der Tagesordnung.

Es liegt ein Verlangen von fünf Abgeordneten vor, über diese Erklärungen gemäß § 81 unserer Geschäftsordnung sogleich eine gemeinsame Debatte durchzuführen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfrage: 1932/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 22/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 1644/AB bis 1672/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 21/ABPR.

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 2004) (558 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 34 betreffend „Für die Erhöhung des amtlichen Kilometergeldes“, über­reicht vom Abgeordneten Anton Heinzl.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Kulturausschuss:

Kunstbericht 2003 der Bundesregierung (III-87 d.B.).

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69. Sitzung / Seite 10

Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass der Achte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an alle Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1560/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1560/AB der Anfrage 1558/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaft, speziell der ESG Villach, durch den Herrn Bundesminister für Finanzen abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 105, Freiheitliche 72, Grüne 78 Minuten.

Weiters wurde folgende Redeordnung für die Zeit von 10.05 Uhr bis 13 Uhr, die vom ORF übertragen wird, getroffen: Erklärung des Bundeskanzlers mit 20 Minuten, Erklä­rung des Vizekanzlers mit 15 Minuten, wobei die Erklärung eines allfälligen anderen Regierungsmitglieds auf die Zeit des Vizekanzlers angerechnet wird. – Der Herr Vize­kanzler hat mir mitgeteilt, dass die neu vorgestellte Bundesministerin für Justiz 5 Minu­ten und er selbst 10 Minuten sprechen wird.

Anschließend erfolgt je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 15 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 8 Minuten; anschließend je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten. Die restliche Redezeit bis 13 Uhr wird vom vorsitzenden Präsidenten vor Beginn der letzten Rednerrunde – nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden – auf die vier Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen zu Wort kommen.

Es besteht die Absicht, die Sitzung von 13 Uhr bis 13.15 Uhr zu unterbrechen. Sollten allerdings tatsächliche Berichtigungen vorliegen, werden diese um 13 Uhr aufgerufen und die Sitzung erst danach bis 13.15 Uhr unterbrochen.

Für die Zeit von 13.15 Uhr bis 15 Uhr, die gleichfalls vom ORF übertragen wird, wurde folgende Redeordnung vereinbart: Je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 15 Minu­ten, danach je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 10 Minuten. Die restliche Redezeit bis 15 Uhr wird vom vorsitzenden Präsidenten – nach Rücksprache mit den Klubvor­sitzenden – auf die vier Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen zu Wort kommen.


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69. Sitzung / Seite 11

Über diese Redeordnung entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen.

1. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zu den Themen „Eine Verfassung für Europa – der Europäische Rat vom 17. und 18. Juni 2004“ und „Änderung der personellen Zusammenset­zung der Bundesregierung“

2. Punkt

Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Na­tionalrates zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundesregierung“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesord­nung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Herr Bundeskanzler, Sie sind am Wort.

 


10.07

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! In diesen Wo­chen werden in Europa sehr viele und sehr bedeutsame Weichen gestellt. Am 1. Mai konnten wir die Wiedervereinigung Europas mit dem Beitritt von zehn neuen Mitglied­staaten begrüßen. Zum ersten Mal haben vor zwei Wochen die Völker Europas – immerhin haben 156 Millionen Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht – in Freiheit ein gemeinsames Parlament gewählt.

Vor einer Woche konnten wir im Europäischen Rat in Brüssel die erste Europäische Verfassung beschließen – und morgen fällt die Entscheidung über die Führung der Union in den kommenden fünf Jahren: über den Kommissionspräsidenten, den Außen­minister und den Generalsekretär.

Meine Damen und Herren! Was da geschieht, ist tatsächlich historisch, gerade auch, wenn man das in einem längeren historischen Zeitraum sieht. Heute jährt sich zum 90. Mal der Tag, an dem der österreichische Thronfolger und seine Frau in Sarajewo ermordet wurden. Europa wurde damals in Brand gesetzt: Der Erste Weltkrieg war die Folge. Eine unglaubliche Instabilität, insbesondere in Mitteleuropa, folgte. – Und der Zweite Weltkrieg war eine Mitfolge dieser Ereignisse.

Erst jetzt beginnen wir – mühselig, schwierig und unter Schmerzen –, diese Spannun­gen, diese Probleme zu überwinden. Ich finde, es tut uns ganz gut, wenn wir manch­mal den Blick über Österreich hinaus richten und versuchen, das Ganze zu sehen.

Wozu braucht man überhaupt diese Verfassung? – Karl Renner hat vor fast 100 Jah­ren, wenige Meter von hier entfernt, im österreichischen Reichsratssaal wörtlich gesagt: Die Nationen werden immer streiten, aber das Entscheidende ist, ob sie mit Heugabeln, durch gegenseitiges Einschlagen der Fenster oder auf Grund gewisser­maßen eines Grundbuchs streiten. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Dieses „Grundbuch“ – zwischen Anführungszeichen – liegt nun als Verfassung für fast 500 Millionen Bürger der Europäischen Union vor. Um diese Verfassung haben sich sowohl Europas Parlamentarier im Konvent als auch die 25 Regierungen der EU-Mitgliedstaaten bemüht. – Jetzt müssen die Volksvertreter und


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die Bürger überzeugt werden. Das wird nicht ganz einfach sein, denn viele Wünsche an diese neue Verfassung sind nicht so ohne weiteres erfüllbar.

Diese Verfassung sollte für jeden Volksschüler verständlich sein, hat Präsident Giscard d’Estaing gesagt. Ist sie das? – Manches ja, würde ich sagen; manches ist ganz ein­fach zu kompliziert. Aber manches ist verständlich.

Die Grundziele der Union: Vollbeschäftigung, soziale Marktwirtschaft, Umweltschutz, kulturelle Vielfalt oder die 54 Artikel der Grundrechtscharta für jeden Bürger, versteht man. Die Meinungsfreiheit ist garantiert, es gibt das Verbot der Todesstrafe, die Gleich­berechtigung von Mann und Frau und soziale Grundrechte. – All das ist einklagbar beim Europäischen Gerichtshof.

Europas Bürger werden selbst Vorschläge einbringen können. Eine Million Unterschrif­ten genügt, damit sich die Institutionen Europas, also Parlament und Kommission, damit auseinander setzen müssen.

Auch die Institutionen werden klarer geordnet. An der Spitze Europas werden künftig neben einem Kommissionspräsidenten ein länger amtierender Präsident des Europäi­schen Rates und vor allem auch ein europäischer Außenminister stehen, der von einem gemeinsamen diplomatischen Dienst unterstützt wird. – Henry Kissinger hat ein­mal gesagt: Er hat keine Telefonnummer, die er anrufen könnte! – Da ist sie: Es gibt einen europäischen Kommissionspräsidenten und einen europäischen Außenminister.

Nicht unwichtig, sondern bedeutsam in der Demokratie ist, dass das Europäische Par­lament gewaltig aufgewertet wird. Fast alle Entscheidungen – 95 Prozent sind es – werden eine gleichberechtigte, stimmberechtigte Mitentscheidung des Europäischen Parlaments mit sich bringen.

Österreich ist es gelungen, neben all diesen allgemeinen Punkten einige sehr wesentli­che nationale Anliegen, die für uns wichtig sind, hineinzuverhandeln und so den Kon­venttext zu verbessern, wie etwa dass unser Wasser oder die kommunalen Dienste – dazu gehören die Sozialleistungen, die Gesundheitsversorgung, die Entsorgung in der Gemeinde und der Verkehr – unter unserer Kontrolle bleiben und durch die Kommunen selbst finanziert werden können, dass die Gleichberechtigung der Mitgliedstaaten im Verfassungsvertrag garantiert ist, dass Minderheitenschutz und Tierschutz im europäi­schen Verfassungsvertrag fest verankert werden, dass in heiklen Fragen die Einstim­migkeit bleibt, wie etwa in der Finanzvorschau oder bei der Einrichtung der Europäi­schen Staatsanwaltschaft oder in der Frage der Preisstabilität, die neu in den Zielkata­log aufgenommen wurde.

Die Kommission wird gestärkt beim Defizitverfahren gegenüber dem Status quo. Die gemeinsame Erklärung von Deutschland und Österreich, der sich übrigens am ersten Tag bereits die irische Ratspräsidentschaft angeschlossen hat, eine EuratoM-Revisi­onskonferenz durchzuführen, trägt unsere Handschrift und ist ein großer Erfolg unserer Außenministerin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Da ist ein maßvoller Kompromiss gefunden worden. Natür­lich gibt es einige, die sagen, es wäre wichtiger, überhaupt keine einstimmigen Ent­scheidungen mehr zu haben, man kann immer mit Mehrheit rascher entscheiden. Das stimmt. Aber es gibt zwei Prinzipien: Es muss auch Rücksicht genommen werden auf die Nationalstaaten und deren Besonderheiten. Außerdem werden die Entscheidungen leichter, denn wir haben nun mehr Mehrheitsabstimmungen, 25 Themen etwa benöti­gen bei der Abstimmung nicht mehr das Einstimmigkeitsprinzip, sondern die Mehr­stimmigkeit. Aber zugleich können kleinere Staaten, wenn sie zusammenarbeiten, nicht so leicht übergangen werden.


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Wir haben eine Koalition der gleich gesinnten Länder – sowohl kleinere als auch mitt­lere – von Anfang bis zum Ende dieser Konventsverhandlung und der Verfassungsver­handlung verfolgt und mitgetragen, und dabei sind eigentlich sehr wichtige Erfolge zu­stande gekommen: Die Zahl der Mindestsitze im Europaparlament ist von vier auf sechs erhöht worden. Das größte Land – ich danke auch für das Verständnis Deutsch­lands – verliert sogar drei Sitze. Das ist ein wichtiger Schritt für die ganz Kleinen.

Die Spanier und die Portugiesen wollten, dass die Bevölkerung stärker gegenüber dem Konventstext berücksichtigt wird. Es ist so, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung eine Entscheidung blockieren kann. Wir verstehen das. Aber auf der anderen Seite muss auch jede Entscheidung die klare Mehrheit der Mitgliedstaaten hinter sich haben. Der Konvent war von 13 Mitgliedstaaten ausgegangen, wir sind heute bei 15 Mitglied­staaten beziehungsweise 55 Prozent. Und das hat immerhin sichergestellt, dass das Stimmgewicht Österreichs weitaus besser gewahrt bleibt, als etwa noch im Konvents­text vorgesehen war, daher ist das für uns voll akzeptabel. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben die Rolle der nationalen Parlamente mit der Subsidiaritätskontrolle deutlich gestärkt. Es gibt erstmals eine Bremse, wenn das Subsidiaritätsprinzip unterdrückt oder vernachlässigt werden soll. Ein Drittel der nationalen Parlamente kann gegenüber der Kommission aktiv werden.

Meine Damen und Herren! Kompliziert wird natürlich manches sein, denn auch ich ver­stehe nicht ganz – der deutsche Botschafter sitzt oben auf der Galerie –, wie das Ab­stimmungsverhalten zwischen Bundestag und Bundesrat im Vermittlungsausschuss genau funktioniert, trotzdem ist Deutschland eine exzellente Demokratie. Manches hier ist für Insider, für Geschäftsordnungsexperten überhaupt keine Frage, für den Bürger hingegen ist es wahrscheinlich nicht unbedingt ein Muss, dies alles zu wissen.

Bedeutsam für uns war: Jetzt haben die großen Staaten zwei Kommissare, die mittle­ren und kleinen einen. In Hinkunft wird es einen Kommissar pro Mitgliedsland geben. Es sind alle Versuche abgewehrt worden, eine Hierarchisierung durchzusetzen oder gar den größeren Ländern ständige Kommissare und den kleineren rotierende, quasi wechselnde Besetzungen zuzuweisen. Für zehn Jahre gilt dieses Prinzip, und es kann einstimmig verlängert werden. Wenn es sich bewährt, ist das, so glaube ich, ein gutes Argument, wenn nicht, dann kann man automatisch bei völlig gleichberechtigter Rota­tion auf zwei Drittel zurückgehen.

Meine Damen und Herren! Wir haben eine Woche später das Personalpaket entschie­den. Auch Regierungschefs sind Normalsterbliche und haben halt nicht zwei kompli­zierte Themen auf einmal geschafft. Aber jetzt gibt es eine überwältigende Mehrheit, fast einstimmige Zustimmung für Jose Manuel Barroso, den neuen Kommissionspräsi­denten, der die Kommission für die nächsten fünf Jahre führen wird.

Eines möchte ich hier sagen, weil ich ihn gut kenne – viele Jahre lang hat er mit der Europäischen Volkspartei zusammengearbeitet und ist seit zwei Jahren Regierungs­chef –: Es ist immer das gleiche Spiel: Kaum kommt jemand, dann wird sofort an ihm herumgekratzt: kein Charisma, nichts durchgesetzt, Schwierigkeiten zu Hause, und, und, und.

Jose Manuel Barroso ist jemand, der langjähriger Profiaußenpolitiker ist und den Frieden in Angola mit großen Mühen zustande gebracht hat. Er hat vor zwei Jahren sein Land übernommen und das dramatische Budgetdefizit deutlich reduziert, er hat die überbordende Verwaltung reduziert und Leadership und Führungsqualität bewie­sen. Dass er jetzt eine hervorragende Fußball-Europameisterschaft organisiert hat, gehört zwar nicht hier her, ist aber auch ein Punkt, der den Portugiesen insgesamt ganz gut gefällt. Im Halbfinale sind sie außerdem noch.


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Ich würde daher dafür plädieren, dass man diesem Mann jedenfalls einen Vertrauens­vorschuss gibt, denn Vertrauen, Unterstützung von allen Seiten wird die Kommission brauchen, gerade im Interesse der kleineren und mittleren Länder. Nachdem seine Wahl auch dem Mehrheitswillen der europäischen Bevölkerung entspricht, wird er die volle Unterstützung Österreichs genießen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gleiches gilt für den neuen Außenminister Europas Javier Solana. Er ist ein bewährter Mann, er ist Sozialdemokrat, ich kenne ihn seit vielen Jahren. Ich habe mit ihm schon als Außenminister sehr gut zusammengearbeitet. Ich freue mich auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit ihm unter neuen Auspizien! Er wird jetzt beides sein: beauf­tragt von den Regierungen im Rat und zugleich innerhalb der Kommission, und das ist, so glaube ich, eine sehr vernünftige Kooperation.

Mein Dank gilt den vielen Ländern, die mit uns zusammengearbeitet haben, und der Außenministerin, die vor allem die Mitteleuropäische Partnerschaft zum ersten Mal zum Leuchten gebracht hat. Das hat wirklich gut funktioniert. Danke daher an die Außenministerin, an das Team im Außenressort und im Bundeskanzleramt, an die Konventsmitglieder und an die Parlamentarier, die uns hier permanent unterstützt haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hohes Haus! Ich bitte Sie daher, den Text dieser Verfassung, der in etwa einem Monat autorisiert und von den Rechtsexperten geprüft vorliegen wird, zu unterstützen. Ich bitte Sie nach der Unterzeichnung, die wahrscheinlich im Oktober in Rom stattfinden wird, diesen Vertrag so früh als möglich zu ratifizieren. Mit dieser Verfassung wird die Europäische Union tatsächlich ihrer Rolle im größeren Europa und in der Welt gerecht werden.

Meine Damen und Herren! Wir werden Ihnen aber auch gleichzeitig eine Umbildung der österreichischen Bundesregierung vorstellen. Zwei Kollegen sitzen neu auf der Regierungsbank, es sind dies Frau Mag. Karin Miklautsch, die ab sofort das wichtige Justizministerium leiten wird, und Herr Abgeordneter zum Nationalrat Mag. Eduard Mainoni, der als Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie arbeiten wird.

Aus dem Regierungsteam ausgeschieden sind der bisherige Justizminister Dr. Böhm­dorfer und der Staatssekretär im Gesundheitsministerium Universitätsprofessor Dr. Reinhart Waneck. Ich möchte beiden Ausgeschiedenen sehr herzlich danken. Sie waren mehr als vier Jahre hindurch in diesem Team und haben gute Arbeit für Ös­terreich geleistet. Und was mich besonders freut, ist, dass das mittlerweile auch die Opposition eingesehen hat und hier Lob nachgerufen hat. Nur: Manchmal ist es bes­ser, auch ein bisschen im Voraus Vertrauen zu schenken, als nachher zu sagen, es sei eigentlich eh alles super gewesen. – Vielleicht können wir es bei den neuen Kollegen so halten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Politik ist nicht einfach, das wissen wir, das wissen alle, die hier sitzen. Niemand kommt als Minister, als Staatssekretär, als Regierungschef oder als Abgeordneter auf die Welt, das muss man sich aneignen. Man hat eine gewisse Fähigkeit dazu, Neugier, fachliche Kompetenz und auch politisches Networking – all das gehört dazu. Aber zu­nächst einmal geht es darum, die erfolgreiche Arbeit, die vor 16 Monaten mit dieser Bundesregierung mit der Angelobung begonnen hat, weiterzuführen. (Ironische Heiter­keit bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist sehr viel weitergebracht worden, meine Damen und Herren! Ein großer Teil des Regierungsprogramms dieser Legislaturperiode ist bereits erledigt oder in Umsetzung, und all jene, die jetzt den Stillstand beklagen, sind genau diejenigen, die noch vor eini-


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gen Wochen das Tempo, das zu hohe Tempo beklagt haben. Wie hätten Sie es denn gerne? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Allein in diesem ersten Halbjahr haben wir eine Steuerreform mit 3 Milliarden € Entlas­tung beschlossen. – Eine Entlastung für alle Steuerzahler und für die Arbeitsplätze! 2,5 Millionen Österreicher sind steuerbefreit. Die Familien werden gefördert, Standort und Arbeitsplätze gesichert.

Wir haben vor wenigen Wochen ein europaweit einmaliges Bundes-Tierschutzgesetz – danke dafür – einstimmig verabschiedet. – Ein Mustergesetz, in dem die Tiere erstmals als fühlende Geschöpfe anerkannt und nicht mehr als Dinge oder Sachen betrachtet werden und in dem wir auch auf die Bedürfnisse der kleineren Familienbetriebe in der Landwirtschaft Rücksicht genommen haben. Dieses Gesetz wird bereits jetzt internati­onal sehr beachtet, und ich hoffe, auch kopiert.

Oder: Strafrechtsprozessreform. – Jahrzehntelang ein Thema, jetzt ist es Gesetz! Der Staatsanwalt ist der Herr des Vorverfahrens, die Sicherheitsbehörden arbeiten zu, Ver­besserungen des Rechtsschutzes und des Opferschutzes sind selbstverständlich.

Oder: Elternteilzeit. – Ein Gesetz, das es in dieser Form nirgends auf der Welt gibt. Ein Gesetz, wodurch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie endlich Praxis wird, wobei auch die Anliegen der Familien und der Wirtschaft, die ja unterschiedlich sein können, in einer guten Art und Weise verbunden werden konnten.

Oder – siehe letzte Plenarsitzung –: die großartige Reform, völlige Neuordnung der Forschungslandschaft. – Ein Meilenstein, von breiter Mehrheit, inklusive der Grünen als Oppositionspartei, mitgetragen, jahrzehntelang diskutiert, jetzt Gesetz! Professor Felderer vom IHS hat gesagt, wir seien in diesem Bereich mittlerweile einer der attrak­tivsten Standorte in Europa geworden.

Oder nehmen Sie als Beispiel die Bundesbahnreform! – Inklusive Dienstrecht gab es hier eine Einigung – vor einem Jahr begonnen, jetzt abgeschlossen –, eine Einigung unter der kundigen Führung des Vizekanzlers, an der die ÖBB-Führung, der Vorstand, die Gewerkschaft und das Ministerium mitgewirkt haben, und damit ist das Unterneh­men im Wettbewerb der Verkehrsträger wesentlich besser gestellt. – So macht man das, liebe Freunde! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder: Vor einer Woche erfolgte die Präsentation der Bundesheer-Reformkommission unter der kundigen Führung von Professor Helmut Zilk. – Die ganz große Umbaure­form des Bundesheeres zu einer modernen, zeitgenössischen Armee mit vielen Emp­fehlungen, die vorigen Freitag vom Nationalen Sicherheitsrat bereits einstimmig ange­nommen worden sind! Wer sagt, hier herrsche Stillstand, der überliest oder übersieht bewusst, was hier alles gelaufen ist.

Oder: „Team 04“, die andere Baustelle im Sicherheitsapparat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bundesminister Strasser hat ein Konzept für die seit Jahrzehnten überfällige Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie erarbeitet. Der Probebetrieb läuft be­reits, meine Damen und Herren, Mitte 2005 wird der Vollbetrieb vollzogen sein. Ziel ist es, einen effizienten Personaleinsatz für die Sicherheit im Interesse der Bürger zu­stande zu bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) – Herr Abgeordneter Parnigoni, Sie sind nie in die Nähe eines Gesetzes gekommen. Das ist der Unterschied: Wir machen das!

Das Gleiche gilt für die Pensionsreform und -harmonisierung. – Vor einem Jahr erfolgte die Angleichung an die demographische Entwicklung durch das Hinaufsetzen des Frühpensionsalters, jetzt wird die notwendige, gerechte Harmonisierung sämtlicher Pensionssysteme verhandelt. Wir sind sehr gut unterwegs, haben, wie ich glaube, 20,


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25 Sitzungen mit den Sozialpartnern abgehalten, und wir sind so weit, dass wir wirklich hoffen, noch vor der Sommerpause die Inhalte präsentieren zu können.

Meine Damen und Herren! Von Reformstillstand kann keine Rede sein! Die neuen Kol­legen kommen in ein voll arbeitsfähiges und auf Hochdruck arbeitendes Team. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihnen. Ich wünsche ihnen Kraft, Erfolg und auch Glück in ihrem Ressort und hoffentlich auch ein wenig Vorschusslorbeeren von Seiten der Opposition und von Seiten der Regierungsparteien.

Die Arbeit ist nicht weniger geworden. Wir sind soeben den Finanzausgleich angegan­gen, sind mittendrin in der Gesundheitsreform, die Budgeterstellung für die nächste Zeit wird im Sommer beginnen – drei wichtige Vorhaben. Sie sind eingeladen, daran mitzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausfüh­rungen und bitte nunmehr den Herrn Vizekanzler, das Wort zu ergreifen. Seine Rede­zeit beträgt 10 Minuten.

 


10.26

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Als Vizekanzler der Republik Österreich freut es mich, Ihnen heute zwei neue Mitglieder im freiheitlichen Regierungsteam präsentieren zu dürfen. (Abg. Öllinger: Das freut Sie auch noch?)

Ich möchte ganz kurz dort beginnen, wo die Freiheitlichen in die Bundesregierung ein­getreten sind, nämlich im Jahre 2000. Das geschah mit dem Ziel, Österreich gerechter, Österreich moderner und sicherer zu machen. (Abg. Brosz: Wie viele Regierungsmit­glieder gibt es denn noch von damals?) Es geschah auch mit dem Ziel, eine vernünf­tige zukunftsorientierte Politik mit Herz und Verstand zu machen, in deren Mittelpunkt eindeutig der Mensch und sonst niemand steht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es geschah natürlich auch – und hören Sie zu von Seiten der Opposition! – mit dem Ziel, das endlich in Angriff zu nehmen, was jahrzehntelang liegen geblieben ist, näm­lich notwendige Reformen, um die Zukunft Österreichs auch wirklich zu sichern, meine Damen und Herren! Es ist der Reformkraft der Freiheitlichen Partei und des freiheit­lichen Regierungsteams zuzuschreiben (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grü­nen) und zu verdanken, dass diese wichtigen Reformen auch umgesetzt wurden. (Abg. Öllinger: Postenschacher!)

Denken Sie – ich nenne schon Beispiele, warten Sie ein bisschen – etwa an die Unfi­nanzierbarkeit des Pensionssystems auf Grund von 30 Jahren verfehlter Sozialpolitik. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Herbert Haupt und Uschi Haubner haben die Pensionssicherungsreform – kein leichtes Vorha­ben – federführend vorangetrieben. Wir haben es gemeinsam beschlossen, und zwar so behutsam wie möglich, aber gleichzeitig auch so konsequent wie notwendig. Und das ist gut so für die Österreicherin/für den Österreicher in Richtung eines würdigen Lebensabends. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Denken Sie aber auch an die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten! Denken Sie an das Konzept der Abfertigung-neu! – Beides eine gute Sache für die arbeitende Bevölkerung, und für beides war es auch notwen­dig, dass nach der SPÖ die FPÖ in eine Bundesregierung eintritt. Insbesondere was die Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten betrifft, ist das eine besonders bemer­kenswerte Note.


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Denken Sie aber vielleicht auch an eine urfreiheitliche Forderung schlechthin, nämlich an das Kindergeld, das eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bringt, eine massive Unterstützung für die Frauen bedeutet, und daran, dass Österreich – und hören Sie jetzt zu! – durch diese Initiative zum familien- und jugendfreundlichsten Land Europas überhaupt geworden ist! (Abg. Marizzi: 50 000 jugendliche Arbeitslose!)

Denken Sie aber auch an die Behindertenmilliarde, meine Damen und Herren! Auch dazu sei gesagt: Noch nie wurde in diesem Land so viel für Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt!

Denken Sie aber auch an die schon erwähnte zweite Etappe der Steuerreform! – Ge­samt gesehen, nach der ersten, mit Konjunkturpaketen, die beschlossen wurden, und zwar zum richtigen Zeitpunkt, mit einer Entlastung von 4 Milliarden € die größte Steuer­reform in der Zweiten Republik, eine Entlastung für die Bürger und eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. – So macht man wirtschafts- und bürgernahe Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Leider wird der bisherige Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck nicht mehr der freiheit­lichen Regierungsmannschaft angehören. (Rufe bei den Grünen: Leider!) Auf einige Punkte seiner vierjährigen Tätigkeit möchte ich deshalb hinweisen. Durch die Arbeit von Staatssekretär Reinhart Waneck ist es zu spürbaren Verbesserungen für die Pati­enten gekommen. (Abg. Öllinger: Wo denn?)

Wer Dr. Waneck bei seiner täglichen Arbeit erlebt hat, hat ganz einfach bemerkt, dass Dr. Waneck als Arzt weiß, was der Patient braucht und wo der Schuh wirklich drückt. Durch seine Verhandlungen, meine Damen und Herren, ist es zu einer deutlichen Sen­kung der Arzneimittelkosten gekommen; weiters konnten einige Strukturen verbessert und modernisiert werden.

Ich möchte aber auch Dr. Wanecks internationalen Kontakte erwähnen, die er gut ge­knüpft hat und so österreichischen Firmen im Bereich der Gesundheitsindustrie zu vie­len guten, interessanten Aufträgen verholfen hat, wodurch auch zahlreiche Arbeits­plätze geschaffen werden konnten. Ich bin mir dessen sicher: Es ist jetzt nicht möglich, alle guten Taten von Reinhart Waneck aufzuzählen, aber ich möchte Dr. Waneck in meiner Funktion als Vizekanzler, aber auch, was meine Mitgliedschaft zur Freiheit­lichen Partei betrifft, recht herzlich danken und ihm für seinen weiteren Weg alles Gute wünschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Die zweite Neuerung im freiheitlichen Team betrifft das Justizministerium. Dass Dieter Böhmdorfer hervorragende Arbeit geleistet hat, hat auch die Opposition – zwar spät, aber doch – erkannt; auch die Fachwelt gibt dies­bezüglich Recht und sagt: Dr. Böhmdorfer war einer der wichtigsten und besten Jus­tizminister der Nachkriegszeit. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Weshalb tritt er zurück?)

Ich zähle jetzt nur einige Großtaten Dieter Böhmdorfers auf: So hat er etwa die drasti­sche Verschärfung des Sexualstrafrechtes durchgesetzt; lebenslange Haftstrafe für Drogenbosse hat er erreicht; die Modernisierung des Außerstreitgesetzes hat er er­möglicht; eine Verbesserung des Opferschutzes im Strafprozess ist seine Errungen­schaft; ein neues Gesetz gegen Sozialbetrug durch Scheinfirmen hat Dr. Böhmdorfer geschaffen – und vieles mehr. Herzlichen Dank, Dieter Böhmdorfer, es war eine Super­leistung, die du hingelegt hast! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Warum ist er zurückgetreten?)

Nunmehr, meine Damen und Herren, zu den Neuen in der Bundesregierung. Es hat auch der Freiheitlichen Partei bedurft, dass erstmals in Österreich eine Justizministe­rin Platz auf der Regierungsbank nimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge-


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ordneten der ÖVP.) Gleichzeitig konnten wir auch einen Wunsch insbesondere des scheidenden Justizministers erfüllen, nämlich eine deutliche Verjüngung unserer Re­gierungsmannschaft vorzunehmen.

Mag. Miklautsch ist die erste weibliche Justizministerin dieser Republik, die siebente übrigens in Europa – und wir wünschen ihr natürlich einen guten Start! Karin Miklautsch kann auf dem, was Dieter Böhmdorfer geschaffen beziehungsweise bereits eingeleitet hat, aufbauen. Mag. Miklautsch hat auch gemeint, sie möchte sich heute, sozusagen innerhalb meiner Redezeit, selbst dem Hohen Haus vorstellen, was ich natürlich begrüße und mich deshalb jetzt in meinen Ausführungen entsprechend ein­schränke und daher nur sage: Liebe Karin, ich weiß, wie das ist, wenn man das erste Mal auf der Regierungsbank sitzt. Es ist ein besonderes Gefühl, vielleicht auch ein bisschen mulmiges Gefühl, aber: Reformen für Österreichs Bürgerinnen und Bürger zu machen und für eine gute Zukunft in unserem Land zu arbeiten, ist ein schönes, viel­leicht das schönste Gefühl überhaupt, welches man in der Politik haben kann! Alles Gute dafür! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das zweite neue Gesicht auf der Regierungsbank, Herrn Mag. Eduard Mainoni, in diesem Hause vorzustellen, das wäre ja wie „Eulen nach Athen tragen“; das will ich daher nicht. Edi Mainoni ist ja allen bekannt als Abgeordne­ter dieses Hauses; zuletzt war er Verkehrssprecher der Freiheitlichen, immer sehr engagiert. Mag. Mainoni kommt aus der Wirtschaft, war dort ein erfolgreicher Manager. Das war sowohl Frau Staatssekretärin Haubner als auch mir sehr wichtig, was eben das Profil eines zukünftigen Staatssekretärs betrifft.

Mag. Mainoni wird insbesondere die Forschungsreform, die wir vor wenigen Tagen beschlossen haben, begleiten und dafür sorgen, dass eine rasche und zügige Umset­zung erfolgt und damit ein wichtiger Impuls zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich gesetzt wird. – Auch dir, lieber Edi, alles Gute in der neuen, sicher interes­santen Arbeit!

Insgesamt freue ich mich darauf, mit diesem erneuerten Team wieder voll durchstarten zu können: für unsere Republik und für die Bürgerinnen und Bürger Österreichs! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr erteile ich Frau Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch das Wort. Sie hat 5 Minuten Wunschredezeit; Restredezeit wären 7 Minu­ten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.35

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Da mich das Hohe Haus noch nicht kennt, ist es mir ein Anliegen, Ihnen kurz meinen beruflichen Werdegang zu schildern. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Den haben wir eh schon in der Zeitung gelesen!)

Mein Studium der Rechtswissenschaften habe ich im Jänner 1988 an der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck abgeschlossen. Nach meiner Gerichtspraxis am Be­zirksgericht Villach und am Landesgericht Klagenfurt war ich drei Jahre lang Konzipien­tin in einer Klagenfurter Anwaltskanzlei. Seit dem Jahre 1991 arbeite ich in der Umwelt­rechtsabteilung beim Land Kärnten und war bis zu meiner Angelobung als Justizminis­terin für das Wasserrecht im Lande Kärnten verantwortlich. Besonders stolz bin ich auf die ausgezeichnete Qualität der Kärntner Seen und Gewässer.


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Ich bin Praktikerin aus den Bereichen der Justiz und Verwaltung. Mir ist wichtig – und darin weiß ich mich mit meinem Amtsvorgänger einig –, dass sich die Justiz für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes öffnet. Dazu bedarf es einer verständlichen Sprache und auch der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Justizpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, ist Gesellschaftspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist mir daher ein persönliches Anliegen, gerade in dieser Frage den Dialog mit Rich­tern, Staatsanwälten und dem gesamten nicht-richterlichen Personal zu suchen.

Mir ist auch die Weiterführung der Reformen im Bereich der Opferhilfe wichtig. Ich nenne hier nur das Stichwort „Opferschutz vor Täterschutz“. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Eine weitere Verbesserung für die Bevölkerung unseres Landes sehe ich im ehrgeizi­gen Projekt der Verfahrensbeschleunigung in Zivilprozessen. Mein Ziel ist es, dass privatrechtliche Streitigkeiten vor Gerichten erster Instanz in Zukunft nicht länger als ein Jahr dauern dürfen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Des allseits bekannten Problems der steigenden Häftlingszahlen und der Unterbrin­gung der Häftlinge werde auch ich mich annehmen.

Sozialbetrug soll unter meiner Ministerschaft einer strengen Bestrafung zugeführt wer­den. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Als erste Justizministerin der Republik Österreich will ich auch die Chance nutzen, das Thema Gleichstellung von Mann und Frau im Sinne von Gender Mainstreaming in meine Arbeit einfließen zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich will eine Justizministerin für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sein. In diesem Sinne freue ich mich schon auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen! Ich habe vor, bereits in den nächsten Tagen Gespräche mit den Justizsprecherinnen und dem Justizsprecher der Parlamentspar­teien zu führen, und hoffe auf ihre Unterstützung. – Herzlichen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte über diese Erklärun­gen ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 15 Minu­ten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


10.40

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat auf das wesentliche Werk einer Europäischen Verfassung verwiesen, das in der Tat von ganz großer Bedeutung ist, weil damit die Bürgerinnen und Bürger Europas das erste Mal eine gemeinsame Verfassung erhalten. Es ist richtig, dass viele der Wünsche, die es an diese Verfassung gegeben hat, nicht realisiert werden konnten. Es ist diese Ver­fassung leider weiterhin sehr intransparent, was die Entscheidungsverfahren betrifft, und es sind ganz wesentliche Erfordernisse europäischer Politik nicht geregelt. Aber es ist diese Verfassung noch immer besser als der Zustand davor, und daher begrüßen wir Sozialdemokraten den Beschluss dieser Europäischen Verfassung ganz deutlich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können aber über die Tatsache nicht hinweggehen, dass die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament außerordentlich niedrig war – nicht nur bei uns in Österreich, sondern auch in vielen


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anderen europäischen Staaten. Ich glaube, es wäre zu spät, wenn man sich erst vor der nächsten Wahl die Frage stellte, was man unternehmen kann. Vielmehr muss man jetzt, am Beginn der neuen Legislaturperiode des Europäischen Parlaments, darüber nachdenken, wie man Europa nach Österreich holen und den Bürgerinnen und Bür­gern näher bringen kann.

Ich bin für eine offene Diskussion zu diesem Thema bereit. Liegt nicht ein Teil des Problems darin, dass bei jeder nationalen Wahl die Menschen den Eindruck haben, sie wählen nicht nur ein Parlament, sondern sie bestimmen auch mit über eine künftige Regierung? Gerade in Europa ist das aber nicht der Fall. Wäre es daher nicht besser, wenn bei den Wahlen zum Europäischen Parlament an der Spitze der Parteien jene Kandidatinnen und Kandidaten stünden, die man für das künftige Amt des Kommissi­onspräsidenten vorsieht, und man diese Frage nicht wochenlangen Geheimverhand­lungen hinter gepolsterten Türen überließe, sondern die Entscheidung über den Präsi­denten der Europäischen Kommission in die Hand der Bürgerinnen und Bürger Euro­pas gäbe? – Das wäre eine Demokratisierung, die mit Sicherheit Europa den Men­schen näher bringen würde, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Zweiten müssen wir uns auch die Frage stellen, wie europäische Politik hier im österreichischen Parlament diskutiert wird. Sehr oft diskutieren wir Europapolitik im Hauptausschuss, selten hier im Plenum. Und wir wissen alle, dass die Frage der Wahr­nehmung europäischer Politik auch davon abhängig ist, welchen Stellenwert euro­päische Politik hier im Hohen Haus hat.

Ich finde, es wäre sinnvoll, wenn zum Beispiel der künftige österreichische Kommissar oder die künftige österreichische Kommissarin eingeladen würde, auch hier im Hohen Haus das Arbeitsprogramm der EU-Kommission zu vertreten und mit den Mitgliedern des Hohen Hauses diese Frage zu diskutieren, damit nämlich Europapolitik Teil unse­rer Arbeit hier im Hohen Haus wird. (Allgemeiner Beifall.)

Zum Dritten, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die EU-Verfassung, die nun beschlossen ist, wird ratifiziert werden. Und danach wird es – wie man hört – in einer Reihe von Mitgliedstaaten Volksabstimmungen darüber geben. Und die Frage ist: Was geschieht, wenn in einem einzigen Land diese Volksabstimmung negativ ausgeht? Wird dann dieses Land aus der Europäischen Union austreten? Wird es Neuverhand­lungen geben, die zu einer weiteren Verwässerung der Verfassung führen, oder wird der gesamte europäische Verfassungsgebungsprozess aufgehalten?

Ich finde, dass sich der europäische Zug nicht allein darauf reduzieren lassen sollte, wie die Abstimmung in einem Land ausgeht. Wenn man wirklich eine europäische Verfassung will, dann wäre doch das Allerfairste, dass alle Bürgerinnen und Bürger Europas gleichzeitig über diese Verfassung abstimmen. Und wenn die Mehrheit der Staaten und die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Europas für die Verfassung ist, dann soll es die gemeinsame europäische Verfassung sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das heißt, wir sind in den nächsten Monaten und Jahren gefordert, wenn wir wollen, dass Europa für die Bürgerinnen und Bürger auch tatsächlich lebendig wird.

Herr Bundeskanzler, Sie haben darauf verwiesen, dass mit 1. Mai dieses Jahres ein großer Schritt gesetzt wurde. Ja, es wurde ein großer Schritt gesetzt mit der Erweite­rung der Europäischen Union um zehn Mitgliedstaaten. Und alle in Europa gehen eigentlich davon aus, dass die Hauptprofiteure dieser Erweiterung Österreich und Deutschland sein werden.

Ich stelle Ihnen die Frage: Wieso glauben Sie, dass sich trotz dieses historischen Da­tums, trotz der allgemeinen Einschätzung, dass das insbesondere für Österreich gut


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sein wird, so etwas wie eine Aufbruchsstimmung nicht breit machen will? Hängt das nicht vielleicht damit zusammen, dass die Realität, die die Menschen erleben, weit ent­fernt ist von diesem Aufbruch, dass die Menschen, die jeden Tag im Stau stehen, den Eindruck haben, Österreich ist nicht geeignet auf diese Erweiterung vorbereitet, dass die Menschen, die Arbeit suchend sind, den Eindruck haben, dass ihre Perspektive durch die Erweiterung nicht besser wird, dass die Menschen in Österreich überhaupt den Eindruck haben, dass zwar die Erweiterung ein wichtiger Schritt in die Zukunft ist, aber dass, wenn die Regierung diese Erweiterung nicht richtig vorbereitet, keine Grundlage für eine Aufbruchstimmung gegeben ist?

Herr Bundeskanzler, ich sage Ihnen: Hier ist politische Verantwortung gefordert, denn den Aufbruch kann man nicht herbeireden, den muss man politisch gestalten! Das ist die Erwartung, die die Bevölkerung hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben gemeint, früher sei alles so schnell gegangen und jetzt werde die Stagnation beklagt. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Niemand wirft Ihnen vor, dass Sie nichts tun. Nein, das ist nicht der Vorwurf. Durch das, was Sie tun, wer­den allerdings die Probleme unseres Landes nicht gelöst, sondern es werden in Wirk­lichkeit große Probleme erst geschaffen, meine Damen und Herren! Das ist das Pro­blem dieser Bundesregierung und der Bilanz, die Sie heute zu vertreten haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler, durch die viel gerühmte Universitätsreform ist kein Problem der Universitäten gelöst worden. Ganz im Gegenteil – um bei Ihrem Bild zu bleiben –: Die Baustelle Universität ist durch Ihre Reform entstanden. Was ist durch die Bildungspoli­tik der Frau Bundesministerin und die Kürzungen der Mittel in den Schulen entstan­den? (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) – Nicht eine bessere Qualität von Schule, sondern enorme Probleme der Lehrerinnen und Lehrer, dort heute überhaupt zu unter­richten. Herr Bundeskanzler, durch Ihre Politik ist die Arbeitslosigkeit in Österreich nicht reduziert, sondern erhöht worden! – Das ist das Problem: dass Ihre Politik die Pro­bleme schafft und nicht löst, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und das Beste ist, dass Herr Arbeitslosenminister Bartenstein, der uns jetzt monate­lang erklärt hat, man könne gegen die Arbeitslosigkeit nichts unternehmen, man müsse halt einfach darauf warten, dass sich die wirtschaftliche Lage bessert, nun das erste Mal mit einem Vorschlag in die Öffentlichkeit getreten ist. Und der ist ganz einfach: Minister Bartenstein meint, das Problem der Arbeitslosigkeit löst man dadurch, dass die Menschen länger arbeiten und weniger verdienen. (Abg. Großruck: Ist falsch!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist der falsche Weg, das wird die Arbeitslosigkeit erhöhen und nicht bekämpfen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Schön langsam stellt sich die Frage, wie denn ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ich verstehe schon Ihre Aufregung. Von dieser Bartenstein-Formel werden Sie auch betroffen sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist denn die Botschaft an die Bevölke­rung aus den letzten Monaten? – Die Pensionen werden überfallsartig gekürzt, die Arbeitslosigkeit steigt, und der Herr Arbeitsminister kündigt an, in Zukunft werde die Arbeitszeit länger werden und die Leute würden wenig verdienen. Das soll Motivation in Österreich schaffen? Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was Sie hier machen, ist ein Demotivationsprogramm der österreichischen Bevölkerung und der österreichischen ArbeitnehmerInnen. Das ist die Wahrheit der Bilanz dieser Regierung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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In dieser Situation gibt es eine Regierungsumbildung. Die Erwartungshaltung war in der Tat groß. Man hätte sich gedacht, der Herr Bundeskanzler nimmt die Gelegenheit wahr, um die wesentlichen Schwachpunkte seiner Regierung zu korrigieren.

Er bringt zum Beispiel einen neuen Arbeitsminister, der sich wirklich einmal um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kümmert. Er bringt eine neue Bildungsministerin, die die Bildungsmisere beseitigt, oder er bringt einen neuen Gesundheitsminister oder eine neue Gesundheitsministerin, der oder die sich wirklich um eine Reform der Gesundheit kümmert. – Nein, von all dem ist nichts zu sehen, es wird weiterhin die bisher fehlge­schlagene Politik bejubelt. Das Einzige, was es gibt, ist eine Umbildung auf FPÖ-Seite.

Der allgemeine Eindruck der österreichischen Bevölkerung von dieser Regierungsum­bildung ist klar: Sie löst kein Problem der FPÖ, sie löst kein Problem der Regierung und sie löst kein Problem unseres Landes. Das ist die Bilanz dieser Regierungsumbil­dung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Sie haben auch in Ihren heutigen Ausführungen nicht gesagt, wie Sie gedenken, die künftigen Probleme zu lösen. Wenn Sie einige der Reformerfolge genannt haben, dann, meine ich, ist bezeichnend, dass die größten Reformerfolge ohne Zutun der Bundesregierung stattgefunden haben. Ich erinnere daran, meine Damen und Herren: Die Regierungsvorlage zum Tierschutzgesetz ist meilenweit von dem entfernt, was zum Glück dann das Hohe Haus in einer Vier-Parteien-Einigung beschlossen hat. Das heißt, dort, wo eine Reform wirklich Sinn gemacht hat, war es nicht der Regierungsvor­schlag, sondern die Arbeit des österreichischen Parlaments, und das zeigt, wo echte Reformarbeit sinnvoll gemacht werden kann: hier im Hohen Haus und nicht in der schwarz-blauen Regierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie der Arbeit der Bundesheerreformkommission, mit dem ehemaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk an der Spitze, mit Recht ein positives Zeugnis ausstellen und sagen, dass das ein gutes Reformkonzept ist – auch außerhalb der schwarz-blauen Regierung erarbeitet –, dann stelle ich mir die Frage, Herr Bundeskanzler: Wie sicher sind Sie sich denn, dass diese Zilk-Reform tatsächlich hier beschlossen wird, wenn Ihr eigener Koalitionspartner vergangene Woche ausrichten lässt, mit der FPÖ sei diese Bundesheerreform nicht abgesprochen und nicht vereinbart!? (Abg. Groß­ruck: Wo leben denn Sie?) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt einen guten Vorschlag, aber keinerlei Garantie, dass die derzeitige schwarz-blaue Regie­rungsmehrheit das auch umsetzen kann.

Daher, Herr Bundeskanzler: Reformen werden immer mehr ohne Sie und nicht mit Ihnen gemacht! Das ist die Situation in Österreich im Jahr 2004.

Wenn Sie am Beginn des Baustellensommers über die Baustellen gesprochen haben, dann kann man sagen: Jawohl, Sie signalisieren Stabilität, und zwar Stabilität der Stag­nation, Stabilität steigender Arbeitslosigkeit, Stabilität größerer Belastungen der Bürge­rinnen und Bürger, Stabilität der Pensionskürzung, Stabilität der Lösungsunfähigkeit im Gesundheitssystem und Stabilität der Perspektivenlosigkeit für die österreichischen Jugendlichen auf dem Lehrstellensektor. Auf diese Art von Stabilität kann die österrei­chische Bevölkerung in der Tat verzichten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher ist diese Regierungsumbildung eine verlorene Chance. Sie hätten die Chance gehabt, durch diese Regierungsumbildung eine grundsätzliche Änderung Ihrer Politik einzuleiten. Das wäre grundsätzlich notwendig gewesen. Sie haben lediglich eine kleine Korrektur vorgenommen, die die großen Probleme des Landes nicht löst. Sie haben damit erneut eine große Chance verspielt. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

 


10.54


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. 15 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.55

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Herr Kollege Gusenbauer! Der allgemeine Eindruck, den Österreich hat, ist: Das Problem der SPÖ heißt Gusenbauer – nach dieser Rede eindrucksvoll bestätigt. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sie kommen mir vor wie ein roter Schwarz­seher. Sie kommen mir vor wie ein Fuchs, dem die Trauben viel zu hoch hängen. (Zwi­schenruf des Abg. Parnigoni.) Herr Kollege Gusenbauer, es ist eine Ihrer vielen Reden, die Sie hier im Nationalrat gehalten haben, wo wieder einmal kein einziger Vor­schlag, keine einzige Alternative auf den Tisch gelegt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

So gesehen, denke ich, Herr Kollege Gusenbauer, wenn Sie bei dieser Strategie blei­ben, werden Sie dort bleiben, wo Sie jetzt sitzen und offensichtlich sehr gut aufgeho­ben sind. Viel Erfolg bei dieser Strategie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Europa-Wahl am 13. Juni hat in diesem Hohen Haus, ja, wie ich meine, in allen Parlamenten Europas doch eine Dis­kussion geeint: die große Sorge über die geringe Wahlbeteiligung. Alle politischen Kräfte in diesem Land, auch alle, die hier im Parlament vertreten sind, haben sich die Frage gestellt: Was können wir, was müssen wir gegen diese demokratiepolitisch durchaus bedenkliche niedrige Wahlbeteiligung tun?

Uns, ja allen Beteiligten war klar, dass Europa neue Antworten braucht, neue Antwor­ten für die Bürgerinnen und Bürger dieses Kontinents, neue Antworten vor allem auch deswegen, weil Europa seit dem 1. Mai des heurigen Jahres ein anderes, ein größe­res, ein neues Europa ist. Wir alle waren uns einig, dass die Europäische Verfassung genau jene neue Antworten geben kann, dass Europa handelt und dass Europa den Bürgerinnen und Bürgern dort Antworten gibt, wo die Bürgerinnen und Bürger der Schuh drückt.

Meine Damen und Herren! Ich bin stolz darauf, dass diese Europäische Verfassung nun auf dem Tisch liegt, diese gute neue Europäische Verfassung, die erstmals fast 500 Millionen Menschen auf diesem Kontinent gleiche Spielregeln für Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft gibt. Daher ist es eine gute Verfassung, und wir sind als Volkspartei voll Überzeugung für diese Verfassung, wir sagen ja zu dieser neuen Euro­päischen Verfassung. (Beifall bei der ÖVP.) Sie baut auf der guten Arbeit des Konvents auf, und sie ist dank der hervorragenden Arbeit der Staats- und Regierungschefs in wesentlichen Punkten verbessert worden. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Herr Kol­lege Öllinger, wir werden das sicher auch noch diskutieren, nicht nur heute, sondern auch in der Folge.

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das solide Fundament des Konvents eine Ursache für den Erfolg dieser neuen Verfassung ist, zweifelsfrei. Aber genauso wichtig ist die solide Arbeit der Staats- und Regierungschefs (Abg. Öllinger: Wo?), insbeson­dere auch unseres Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel, der in dieser Frage eine Schlüsselrolle für den Erfolg gespielt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Warum eine Schlüsselrolle? – Weil Bundeskanzler Dr. Schüssel einerseits als Sprachrohr für die kleinen und mittleren Staaten in der Europäischen Union eingetreten ist und weil andererseits die Initiative unserer Außen­ministerin bei der Regionalen Partnerschaft jene Grundlage gebildet hat, dass Öster­reich gemeinsam in dieser Regionalen Partnerschaft für diese Europäische Verfassung eintreten konnte. Ich danke daher ausdrücklich Bundeskanzler Dr. Schüssel und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner für diesen Erfolg – ein Erfolg für Österreich,


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vor allem aber ein Erfolg für Europa, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben gefragt, Herr Kollege Öllinger, Herr Kollege Van der Bellen, auch in der letz­ten Diskussion, auch Gusenbauer: Wo sind denn die Verbesserungen, die nun in der neuen Europäischen Verfassung grundgelegt sind?

Ich möchte Ihnen einige Beispiele nennen, weil es für die Bürgerinnen und Bürger auch wichtig ist, diese konkrete Seite zu kennen. Es geht da nicht um eine Frage von eini­gen Verfassungsjuristen, sondern es geht um eine zutiefst politische Frage, bei wel­cher es darum geht, wie das Zusammenleben auf diesem Kontinent für alle Menschen in Zukunft gestalten wird.

Erstens: Ich denke, dass die auf Basis des Konvents erstellte und nun vorliegende ver­besserte Verfassung das gleiche Recht für alle Mitgliedstaaten garantiert. Unabhän­gig davon, ob es sich um kleinere, mittlere oder größere Staaten handelt: Alle Staaten sind in dieser Europäischen Union gleichberechtigt. Das ist für uns eine sehr, sehr wichtige Frage – daher ja: Dieser neue Vorschlag der Kommissionszusammensetzung auch nach 2014 sichert diese Gleichberechtigung aller Staaten.

Zweitens: Die Frage der Subsidiarität und der Bürgernähe. Für uns etwa hier im Hohen Haus, für den Nationalrat, aber auch, denke ich, für den Bundesrat ist etwa die Klagslegitimation dann, wenn wir meinen, das Subsidiaritätsprinzip sei verletzt, eine ganz entscheidende Frage für die demokratischen Spielregeln in der Europäischen Union. Unsere Rechte sind gestärkt, genauso wie das Recht des Europäischen Parla­ments etwa im Zusammenhang mit dem EU-Haushalt.

Oder etwa: Die klare Kompetenzverteilung ist eine wichtige Perspektive für uns alle und für die BürgerInnen, etwa die schon angesprochene Initiativmöglichkeit eines euro­päischen Volksbegehrens – etwas Neues, das es bisher nicht gegeben hat.

Drittens: Ich denke, diese neue Verfassung wird ein gestärktes Europa bringen. Den­ken Sie nur etwa an die klaren Führungsstrukturen, die die Europäische Union mit die­ser neuen Verfassung hat, aber auch an die klaren Spielregeln für Entscheidungen: Es wird mehr Mehrheitsentscheidungen geben, aber in einer Art und Weise, die gewähr­leistet, dass die demokratische Balance innerhalb der Europäischen Union – das ist gerade aus der Sicht eines kleinen Landes wichtig – nicht nur durchaus in Ordnung ist, sondern unseren Interessen entgegenkommt.

Es ist – viertens – ein sozialeres Europa, das mit dieser neuen Verfassung begründet wird. Denken Sie nur etwa an die Verankerung der sozialen Marktwirtschaft, die Ver­ankerung des sozialen Dialoges, der Sozialpartner in der Europäischen Union. Das ist etwas, was völlig neu ist. Das Österreich-Modell der Sozialpartnerschaft, wenn Sie so wollen, wurde auf Europa übertragen – gut und richtig –, genauso wie die Verankerung der Grundrechte oder etwa auch die Zielsetzung der Vollbeschäftigung und die Sozial­klausel als horizontale Verpflichtung (Abg. Dr. Einem: Für „hohe Beschäftigung“!), dass alle Entscheidungen, die Europa trifft, nach diesem Maßstab der Sozialklausel bewertet werden müssen.

Selbstverständlich – und das ist der fünfte Punkt, meine Damen und Herren – bringt diese Verfassung jene Sensibilität – und auch hier danke und Gratulation an unseren Bundeskanzler! –, dass auf wichtige österreichische Anliegen Rücksicht genommen worden ist. Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist kein „Kantönli-Geist“, nein, sondern das ist das legitime Interesse eines Landes, für seine Bürgerinnen und Bürger in Europa die Interessen im wohl gemeinten Sinne durchzusetzen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), etwa in der Daseinsvorsorge, etwa in der Sicherung unserer Wasserreserven, etwa in der Frage der Bergregionen – ein Lebensanliegen für


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unsere Mitbewohner in Österreich – oder des Tier- und des Umweltschutzes, aber auch etwa in der Frage der Neutralität, wie sie unsere Verfassung kennt.

Aber auf all diesen Lorbeeren dürfen wir uns nicht ausruhen, sondern wir müssen jetzt diese Verfassung den BürgerInnen nahe bringen und die Bürger davon überzeugen.

Herr Kollege Gusenbauer! Ich bin durchaus mit Ihnen einer Meinung, was die Ein­schätzung des Referendums betrifft: Ein Referendum macht Sinn, wenn es europaweit durchgeführt wird. Ein Referendum macht europaweit Sinn, wenn die Spielregeln für die Ergebnisse dieses Referendums vorher bekannt sind, damit jeder weiß, wie er dran ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist auch die personelle Entscheidung an der Spitze der Europäischen Kommission ein wesentliches, ganz ent­scheidendes Signal. Es spricht für Österreichs Rolle in der Europäischen Union, es spricht für die Leistung dieser Bundesregierung und es spricht für die Persönlichkeit unseres Bundeskanzlers, dass Dr. Wolfgang Schüssel eine Schlüsselrolle auch in die­sem Zusammenhang gespielt hat. – Ich gratuliere, sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Nur wer Qualität hat, ist für diese Funktion im Gespräch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Ist Ihnen die Regierungsumbildung schon aufgefallen?)

Es ist aber gut für Österreich und gut für die zukünftige Perspektive dieser Bundesre­gierung, dass unter der Führung des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel die Er­folgsarbeit für Österreich fortgesetzt werden kann – Erfolgsarbeit, die ich in drei großen Zielsetzungen definieren möchte:

Erstens: Österreich muss im internationalen Wettbewerb gestärkt werden. Das ist die Voraussetzung für Arbeit und für Vollbeschäftigung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber gestärkt werden wir international im Wettbewerb nur dann, wenn wir den Mut zur Veränderung haben. (Abg. Öllinger: Darum gibt es eine Umbildung der Regierung! – Heiterkeit bei den Grünen.)

Herr Kollege Gusenbauer, da unterscheiden wir uns einfach: Wir haben den Mut zur Veränderung! Wir haben die Uni-Reform mit unseren Stimmen beschlossen – Sie haben dagegengestimmt. Wir haben die Forschungs- und Entwicklungsstrategie mit unseren Stimmen beschlossen – Sie haben dagegengestimmt. Wir haben die Steuer­reform, die Entlastung der Wirtschaft und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unseren Stimmen beschlossen – Sie haben dagegengestimmt. Wir haben die Reform der Österreichischen Bundesbahnen mit unseren Stimmen beschlossen (Abg. Öllin­ger: Postenschacher!) – Sie haben dagegengestimmt. (Abg. Öllinger: Postenscha­cher! – Abg. Reheis: Darauf brauchen Sie nicht stolz zu sein, auf diese Leistung!) Wir haben beispielsweise die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur mit unseren Stimmen beschlossen – Sie haben dagegengestimmt. – Ihnen fehlt der Mut zur Zu­kunft, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das zweite große Ziel: Wir müssen in diesem Land die soziale Balance, das soziale Gleichgewicht halten. Gleichgewicht in der Sozialpolitik, Balance in der Gerechtigkeit gibt es nur dann, wenn wir den Mut zur Veränderung haben, meine Damen und Her­ren. (Abg. Öllinger: Die Arbeitszeiten!) Verändern, weil sich die Gesellschaft verän­dert, ist Voraussetzung dafür, dass auch in Zukunft das soziale Gleichgewicht in die­sem Land gewährleistet ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben diesen Mut zur Veränderung: Wir haben mit unseren Stimmen die Pensi­onssicherungsreform beschlossen – Sie haben dagegengestimmt. Wir haben mit unse­ren Stimmen die Elternteilzeit beschlossen – Sie haben dagegengestimmt. Bei der


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Frage der Pensionsharmonisierung und bei der Gesundheitsreform werden Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, selbstverständlich auf dem Prüfstand stehen (Abg. Öllinger: Ja?! – ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger): ob Sie den Mut zur Ver­änderung haben oder ob Ihnen, so wie in anderen Bereichen, der Mut zur Zukunft fehlt. (Abg. Öllinger: Sie stehen auf dem Prüfstand!)

Die dritte große Fragestellung dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren, ist, den Menschen in diesem Lande Sicherheit zu geben. Sicherheit geben bedeutet eben­falls, den Mut zur Veränderung zu haben. Daher wird mit unseren Stimmen, meine Damen und Herren, die Bundesheerreform umgesetzt und mit unseren Stimmen team04 umgesetzt. Wir haben das Asylrecht beschlossen – Sie haben dagegen­gestimmt. Wir haben die Punkte der Justizreform beschlossen – Sie haben in weiten Bereichen dagegengestimmt, weil bei Ihnen auch da der Mut zur Zukunft fehlt. (Abg. Öllinger schüttelt den Kopf.)

Apropos Justizpolitik: Ich möchte mich beim Kollegem Dr. Böhmdorfer für seine Arbeit im Justizressort herzlich bedanken. Er hat Zeichen gesetzt, Zeichen, die anfangs um­stritten gewesen sind. Ich erinnere daran, dass immerhin sieben Misstrauensanträge Dieter Böhmdorfer ereilt haben. Jetzt, meine Damen und Herren von der Opposition, höre ich ganz andere Töne. Messen Sie bitte, was Sie am Anfang gesagt haben, mit dem, was Sie jetzt gesagt haben, und ändern Sie bitte Vorurteil auf Urteil! Die Taten sind das Entscheidende und nicht das, was Sie an Vorurteilen haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich danke auch Kollegem Waneck, der dabei mitgearbeitet hat, den Grundstein für die erfolgreiche Gesundheitsreform zu legen. (Abg. Öllinger: Welche?)

Ich wünsche der neuen Frau Justizministerin und dem Staatssekretär (Abg. Öllinger: Wo ist die Gesundheitsreform?) alles Gute und viel Erfolg bei der Arbeit in dieser Bun­desregierung, die klare Ziele hat: Österreich im Wettbewerb stärken, soziales Gleich­gewicht halten und Sicherheit geben.

Diese Bundesregierung, meine Damen und Herren, handelt, diese Bundesregierung verändert, diese Bundesregierung gestaltet. Mit Wolfgang Schüssel an der Spitze wird diese Bundesregierung unbeirrt und konsequent an diesen Zielen festhalten und im Interesse Österreichs diese Ziele umsetzen. Alles Gute der neuen Kollegin und dem neuen Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. 15 Minuten Redezeit. – Herr Kollege, Sie sind am Wort. (Abg. Wittauer – in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Van der Bellen –: Eine Entschul­digung für die Frau Abgeordnete Moser wäre aber angesagt!)

 


11.10

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Die Bundesregierung startet durch!“ – Der politische Asphalt ist schon ganz schwarz von diesem ewigen Durchstarten. (Heiterkeit bei den Grünen. – Zwi­schenruf bei der ÖVP.) – Ja, Schwarz ist eine gute Farbe (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), wenn auch nur beim Durchdrehen der Räder; sonst bringt es ja nichts.

Ich habe mir gestern Abend eine kleine Liste gemacht – und diese Liste ist vielleicht nicht vollständig –, wie oft ich das jetzt hier im Hohen Haus gehört habe: Ein Minis­ter/eine Ministerin tritt zurück, es wird gedankt für die vorzügliche Arbeit – und die Bun­desregierung „startet durch“.


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Bundesminister Krüger tritt zurück, hat vorzügliche Arbeit geleistet in den wenigen Wochen, die er hatte (Abg. Parnigoni: Neun Tage, Kollege Van der Bellen!) – die Bun­desregierung „startet durch“!

Frau Bundesministerin Sickl tritt zurück; es wird ihr seitens der Bundesregierung, sei­tens der ÖVP und der FPÖ, für die vorzügliche Arbeit gedankt – und die Bundesregie­rung Schüssel „startet durch“!

Bundesminister Schmid tritt zurück; man dankt ihm für seine vorzügliche Arbeit – und die Bundesregierung – Schüssel I war das damals, glaube ich – „startet durch“!

Bundesministerin Forstinger tritt zurück; ÖVP und FPÖ danken ihr für die vorzügliche Arbeit, die sie nicht geleistet hat – und die Bundesregierung – Schüssel/Riess-Passer damals – „startet durch“!

Vizekanzlerin Riess-Passer tritt zurück – allerdings mit einem gewissen Verzögerungs­effekt –; man dankt ihr für die vorzügliche Arbeit – und die Bundesregierung, dann schon Schüssel II, tritt ... – nein, tritt nicht zurück (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPÖ), sondern „startet durch“! – Es ist sehr schwer, da die Übersicht zu behalten. (Abg. Wittauer: Da waren Neuwahlen dazwischen, das muss man auch sagen!)

Bundesminister Reichhold tritt zurück; FPÖ und ÖVP danken für die vorzügliche Arbeit – und „starten durch“! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da lachen auch nur die Grünen! Aber sonst ist das nicht witzig! Das ist eine langweilige Rede!)

Staatssekretärin Rossmann – FPÖ – tritt zurück. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist eine langweilige Rede!) – Das ist absolut langweilig! Ich stimme Ihnen absolut zu, Frau Kol­legin! (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist es ja gerade! Auf Französisch sagt man dazu „Déjà vu“, glaube ich: Zehn Mal, elf Mal „Déjà vu“! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie hätten sich mehr einfallen lassen sollen, Herr Professor Van der Bellen!)

Rossmann habe ich schon erwähnt. – Staatssekretär Waneck tritt zurück; man dankt heute für die vorzügliche Arbeit, die er in seinem Ressort geleistet hat – und Vizekanz­ler und Bundeskanzler „starten durch“! Der Asphalt raucht wieder, Herr Kollege Stummvoll von der ÖVP! (Abg. Mag. Molterer: ... Reifen! – Abg. Dr. Stummvoll: Man merkt den Wirtschaftsprofessor bei dieser Rede!)

Justizminister Böhmdorfer tritt zurück; man dankt, wie heute, für die vorzügliche Arbeit, die Minister Böhmdorfer in diesen vier Jahren – fast vier Jahren, ungefähr vier Jahren – geleistet hat – und die Bundesregierung (Ruf bei den Grünen: „Startet durch“!) – erra­ten! – „startet durch“! (Abg. Mag. Molterer: Gut vorbereitet!) – Molterer glaubt seinen Ohren nicht.

Minister Grasser, habe ich da stehen ... – Das muss ein Irrtum sein. (Heiterkeit bei Ab­geordneten der Grünen und der SPÖ.) Minister Grasser ist zwar zurückgetreten, man hat ihm für seine vorzügliche Arbeit gedankt, aber irgendwie hat er es geschafft, ... – „durchzustarten“. „Durchzustarten“ hat er geschafft. (Ruf bei der ÖVP: Ist der Schmäh schon aus?)

Vizekanzler Haupt – ihn habe ich noch nicht erwähnt – ist zurückgetreten; man hat ihm für seine vorzügliche Arbeit als Vizekanzler gedankt (Abg. Dr. Fekter: Das ist Ihrer nicht würdig!) – und die Bundesregierung „startet durch“!

Was unser Vorschlag ist? – Das ist wirklich originell: Klubobmann Molterer hat gegen­über Klubobmann Gusenbauer auch moniert, dass die SPÖ doch Vorschläge machen soll. – Das ist wirklich originell, dass die Opposition bezüglich des Austauschs und des


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anschließenden Durchstartens (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPÖ) der Bundesregierung Vorschläge machen soll. Wirklich originell! (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Eine ausgezeichnete Rede!)

Es gibt ja bei diesem „Durchstarten“, bei diesen ständig neuen Angelobungen immer die Debatte: Sollen wir jetzt 100 Tage oder 90 Tage oder 110 Tage Schonfrist geben? (Abg. Dr. Rasinger: ...! Außerdem: Wir haben den Turbo!) – Frau Justizministerin, es ist halt so eine Sache: Ich bin an sich durchaus gewillt, in diesem Fall diese 100 Tage einzuräumen, aber nach meiner Aufzählung werden Sie auch verstehen, dass das eine bedingte Zusage ist, denn wenn wir nach all diesen Rücktritten und „Durchstartereien“ immer 100 Tage Schonfrist geben, dann steht die Bundesregierung unter einer Dauer­schonfrist und die Opposition könnte inzwischen auf Urlaub gehen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber Sie haben ja ohnedies etwas Zeit: Die Strategie der FPÖ – diesen Punkt finde ich ziemlich genial – war, dass sie den Amtsantritt jetzt auf Ende Juni gelegt hat. Das heißt, weil Juli und August normalerweise sowieso ziemlich ruhig sind (Abg. Lentsch: Aber nur bei Ihrer Partei! Wir arbeiten!), dass Sie mit 60 Tagen wahrscheinlich rechnen können. Viel länger garantiere ich nicht. (Abg. Dr. Fekter: Wir sind für die Bürger immer da! Wir gehen nicht auf Sommerpause!)

Meine Damen und Herren! Es geht hier nicht allein um die FPÖ, das ist Bundeskanzler Schüssels Regierung! Es ist nicht die erste Auflage, das ist die zweite Auflage! Die erste Auflage von ÖVP und FPÖ ist gescheitert im September 2002, sofern ich mich recht erinnere – die vorherigen Rücktritte, Wiederantritte und „Durchstartereien“ nicht gerechnet.

Ganz bewusst hat die ÖVP vor ungefähr 15 Monaten eine zweite Auflage dieser Regie­rung gewählt – mit einer allerdings auf ein Drittel geschrumpften FPÖ; mein Beileid, Herr Kollege Scheibner! (Abg. Scheibner: Nicht übertreiben! Nicht übertreiben!) –, und derzeit versucht die ÖVP so eine Art Alleinregierung, soweit ich das richtig verstehe, mit den Versuchen, die FPÖ hin und wieder durch die Vergabe von Posten – wie zu­letzt jenen des Rechnungshofpräsidenten – zu beschwichtigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die ÖVP versucht sozusagen für sich Stabilität zu suggerieren, während der einzig instabile Part der Bundesregierung die Freiheitlichen seien. – Ich teile diese Ansicht nicht! Die Bundesregierung ist eine Koalitionsregierung, und Stabilität ist in dieser Form nicht teilbar: Sie wursteln sich eben von einer Krise zur anderen durch, das ist alles. Wie regiert wird, das war gestern Abend ausnahmsweise in „Offen gesagt“ zu hören, was ganz interessant war, und zwar von niemand anderem als dem hier von der Regierungsbank und von Kollegen der Regierungsparteien hoch gelobten Herrn Böhm­dorfer.

Es war wirklich sehr interessant, wie er da einmal – für einen Politiker absolut unge­wöhnlich – ehrlich Auskunft gab darüber, was in ihm die große Frustration ausgelöst hat: zum Beispiel, die Ergebnisse der Regierungskonferenz der Europäischen Union am Montag in der Bundesregierung vorgelegt zu bekommen – allerdings nur das Deck­blatt! (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Und am nächsten Tag bekommt man 10 Minuten vor der entscheidenden Sitzung tatsächlich ein Konvolut von 100 Seiten (Abg. Großruck: Können Sie irgendwelche Vorschläge bringen, Kollege Van der Bel­len? Bringen Sie Vorschläge! – Sie haben keine!) – von 100 Seiten! –, die man dann in 10 Minuten durchstudieren und absegnen soll. – Wenn das die Art der Vorgangsweise der Regierung ist, ja eigentlich der Alleinregierung der ÖVP, der sich die FPÖ im Laufe der Jahre offenbar angeschlossen hat, dann muss ich sagen: Na ja, wenn es Ihnen


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Spaß macht, wenn es Ihnen Vergnügen bereitet, liebe Kollegen von der FPÖ! Meine Art, meine Idealvorstellung vom Regieren ist das nicht!

Aber Vizekanzler Gorbach scheint da mitzuspielen. Wie ich dem „profil“ von heute ent­nehmen kann, war Vizekanzler Gorbach sogar einer derjenigen, die die Ablöse von Böhmdorfer betrieben haben. Böhmdorfer war in der Tat lästig in der Regierung! Es ist richtig, dass wir Grünen in nur wenigen Punkten mit ihm einverstanden waren, aber dass er als Minister im Laufe der Zeit – jetzt subtrahiere ich die Jahre 2000 und 2001, sagen wir einmal – Profil entwickelt hat, dazu muss man sagen: Ja, hat er! Nicht unser Profil – das wäre ja noch schöner –, aber das Profil der FPÖ. Und dieser Minister, der wird abgelöst (Abg. Mag. Molterer: Krokodilstränen!) – „mit herzlichem Dank“, mit Aus­sagen wie „vorzügliche Arbeit“, „wunderbar“, und „jetzt können wir endlich durchstar­ten“ – auf Betreiben, wie ich den Medien entnehme, nicht zuletzt des Vizekanzlers Gor­bach. Und Ersatz – „gute Planung“, „hervorragende Strategie“ – haben Sie, verehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, so schnell nicht gefunden; das war gerade noch, bevor Sie zwecks Angelobung zu Bundespräsident Klestil gegangen sind. Das ist wirklich „meisterhafte Planung“ auf der FPÖ-Seite, aber auch auf ÖVP-Seite.

Die Krise der FPÖ – man könnte ja sagen: Was tangiert das die Grünen? – Aber die sind in der Bundesregierung! (Abg. Scheibner: Die Grünen noch nicht!) Das ist ja nicht irgendein Kegelverein – jedenfalls noch nicht. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Insofern müssen wir uns schon Sorgen machen: Was ist das für eine Führungsstruktur, deren Verbesserung Sie da nicht und nicht zustande bringen, mit einem Vizekanzler, der keine parteiliche Verantwortung trägt, mit einer Parteichefin – ab Samstag oder Sonntag, sofern ich es richtig im Kopf habe –, die aber in der Bundesregierung Staats­sekretärin ist, im Übrigen bei einem Minister, der die größten Böcke zu verantworten hat – oder seien wir vorsichtig: vielleicht die zweitgrößten Böcke, aber jedenfalls mit die größten Böcke –, die diese Bundesregierung geschossen hat? (Abg. Scheibner: Wel­che „Böcke“?)

Das waren das Debakel um den Hauptverband, die Unfallrentenbesteuerung, die Ambulanzgebühren und – last but not least – die Pensionskürzungsreform. All das hat Bundesminister Haupt, teilweise Vizekanzler Haupt, zu verantworten. Staatssekretärin Haubner begnügt sich damit, in seinem Schatten weiterzufuhrwerken. Aber bei allem Respekt, Frau Staatssekretärin Haubner – im Moment ist sie nicht im Saal –, ich glaube nicht, dass es Aufgabe eines Mitgliedes einer Bundesregierung ist, sich aus­schließlich der Parteiarbeit zu widmen.

Es gibt schon etwas anderes auch noch, hätte ich gedacht, nämlich vernünftig zu regieren, allerdings mit einem vernünftigen Minister. – Wir danken für die vorzügliche Arbeit, heißt es jetzt. Wenn Haupt gegangen ist, wird die Bundesregierung endlich durchstarten können. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Im Übrigen ist meine Diagnose nicht so originell, da Staatssekretärin Haubner selbst in der „Pressestunde“ am Sonntag wörtlich gesagt hat, das jetzige Arrangement sei nicht das Führungsmodell der Zukunft. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) – Ich weiß nicht, was das Führungsmodell der Zukunft für die FPÖ ist, das hat mich auch nicht so zu interessieren, ich habe jedoch der gestrigen Ausgabe der Sendung „Offen gesagt“ mit großem Interesse entnommen, dass die Freiheitlichen die wahren Verfechter des basisdemokratischen Prinzips sind. (Abg. Dolinschek: Die Grünen sicher nicht!) – Gut, wenn Sie uns da folgen.

Wie soll eine Regierungspartei Profil gewinnen, wie soll sich die Bundesregierung sta­bilisieren, wenn die FPÖ weiterhin vor der ÖVP in die Knie geht? Sie betreiben The­men- und Verantwortungsflucht. Sie geben das Staatssekretariat im Gesundheitsminis-


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terium auf, dort stehen große Reformen an, aber da wollen Sie anscheinend nicht an­streifen, das gäbe nur Ärger, und schaffen ein zusätzliches Staatssekretariat in jenem Ministerium, das der Vizekanzler ohnehin schon innehat, lediglich zu seiner Entlastung.

Herr Mainoni hat sich bis jetzt als Verkehrssprecher betätigt – aber lassen wir das, die Schonfristen, ungeachtet der Problematik ihrer ständigen Verlängerung, lassen wir es einmal so stehen. Das ist Verantwortung einer Regierungspartei? Böhmdorfer als ein­ziger Nein-Sager, als Einziger mit Profil in dieser Bundesregierung wird auf Betreiben des Vizekanzlers entfernt. (Abg. Großruck: Wie viele Misstrauensanträge haben Sie eingebracht gegen ihn?) Super, es gibt mehrere FPÖs, das ist offensichtlich. Die FPÖ von früher gibt es nicht mehr. Aber mich – ich betone das noch einmal – berührt das nur insofern, als Sie Mitglieder einer Bundesregierung sind, die die Republik Österreich zu vertreten und zu regieren hat (Abg. Mag. Molterer: Und dies auch tun!), und das tun Sie nicht!

Wir sind Woche für Woche mit den internen Problemen dieser Regierungspartei be­schäftigt, und Sie können niemandem einreden, dass das nur das Problem der FPÖ ist. (Abg. Wittauer: Das ist eure Lieblingsbeschäftigung!) Das ist das Problem der ÖVP as well, Herr Kollege Molterer. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Es ist genauso das Problem der ÖVP, und Sie werden gemeinsam mit diesem jetzt schon kenternden Schiff untergehen. (Abg. Mag. Molterer: Das sagen Sie seit Jahren!)

Zu Fragen der EU-Reform. Die Regierungsparteien haben es nicht übers Herz ge­bracht, im Nationalrat eine Debatte ausschließlich zur Regierungsumbildung zu ma­chen – das war sogar Ihnen zu dünn. Deswegen haben Sie gesagt: Gut, wir reden ein bisschen über die Regierungsumbildung und ein bisschen über die Regierungskonfe­renz! – Was die Grünen betrifft, wird meine Kollegin Eva Lichtenberger, die im Juli ins Europäische Parlament wechselt, zu diesen Fragen Stellung nehmen. – Ich danke Ihnen sehr für Ihre gespannte Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner für 15 Minuten ans Rednerpult. – Sie sind am Wort, Herr Kollege. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Scheibner –: Durchstarten!)

 


11.24

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Wie meinen, Herr Parnigoni? (Abg. Parnigoni: Es wird schon werden!) Herr Kollege Parnigoni, gegenüber Ihnen habe ich es immer noch leichter, auch in der FPÖ, da können Sie sicher sein!

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen, es ist schade, dass Sie die Kompetenz in den EU-Fragen jetzt an Ihre Kollegin Lichtenberger abgegeben haben, denn ich hätte ganz gerne auch über Ihre Meinung zur EU-Verfassung diskutiert. (Abg. Dr. Van der Bellen: Haben wir ja schon, haben wir des Öfteren!) Schade. Es war ganz nett, Ihnen zuzuhören, aber für eine Diskussion braucht man eben auch ein paar In­halte. (Ruf: Durchstarten!) Durchstarten allein ist als Inhalt zu wenig – da finden wir uns vielleicht.

Deshalb hätte ich mir gerade von Ihnen, die Sie ja nicht beim Durchstarten sind, son­dern irgendwo im Hangar warten und hoffen, dass sich die Tür zum Hangar einmal öffnet und ein bisschen Kerosin in den Tank kommt, sodass Sie auch einmal abfliegen können, erwartet, dass Sie ein paar Inhalte zur EU oder auch zur Regierungspolitik bringen, Herr Kollege Van der Bellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist ja das Problem der SPÖ und der Grünen – ich verstehe das schon –, die ge­hofft hatten, dass es endlich so weit ist, dass sie wieder beziehungsweise erstmals auf


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dieser Regierungsbank sitzen dürfen, dass sie endlich diese Chance haben, weil es diese Bundesregierung, auf gut Wienerisch, „zerreißt“. Aber leider nein, Herr Kollege Van der Bellen! (Abg. Dr. Van der Bellen: Nur so weiter!) Sie alle können auf Urlaub fahren, all die Sorgen, dass Sie etwas umstellen müssen, sind unbegründet – Gott sei Dank, sage ich, auch für Österreich. Ihren Unkenrufen zum Trotz ist diese Regierung nicht nur arbeitsfähig, sie setzt auch Initiativen, und zwar nicht nur in Form von schö­nen Sonntagsreden, sondern ganz konkrete Initiativen für die Bevölkerung Österreichs. (Abg. Öllinger: Baustellen setzen Sie!)

Gerade jetzt, da Sie alles schlechtreden, wird in wenigen Tagen der zweite Teil der größten Steuerreform dieses Landes in Kraft treten, wird ein Entlastungspaket für die Wirtschaft in Kraft treten, Herr Kollege Van der Bellen, Herr Kollege Gusenbauer, das notwendig ist, um Österreich – wenn wir EU-Fragen diskutieren, müssen wir auch das sagen – europafit, konkurrenzfähig zu machen. Das schafft Arbeitsplätze, das garan­tiert Arbeitsplätze für die Zukunft, nicht Ihre Reden, die Sie hier zum Besten geben, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wo waren diesbezüglich Initiativen von Ihnen? Wo war wenigstens Ihre Zustimmung dazu? Warum sind Sie, Herr Kollege Gusenbauer, dagegen, dass in wenigen Tagen die Pendlerpauschale um 15 Prozent angehoben wird? Warum, meine Damen und Herren von der Opposition, Herr Kollege Van der Bellen, sind Sie dagegen, dass wir 250 Millionen € zusätzlich für den Steuerzahler bereitstellen, dass Familieninitiativen ergriffen werden, dass es einen Zuschlag beim Alleinverdienerabsetzbetrag für die Familien gibt? Warum sind Sie dagegen, dass wir gerade den Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen die größte Entlastung haben zukommen lassen? – Sie sollten einmal argumentieren, warum Sie gegen diese Entlastungsoffensive der Bundesregie­rung eingetreten sind, und nicht alles schlechtreden!

Da Herr Kollege Van der Bellen gefragt hat, ob es in der Regierung so lustig ist, möchte ich ihm auch eine Antwort darauf geben. Meine Damen und Herren, Herr Kol­lege Van der Bellen, ich sage Ihnen: Es war nicht lustig, im Jahr 2000 einen Scherben­haufen mit einem Rekorddefizit zu übernehmen (Abg. Dr. Van der Bellen: Von der ÖVP!) und diesen Scherbenhaufen zu sanieren! Doch es ist dieser Bundesregierung gelungen, nicht nur dieses Chaos zu sanieren.

Wenn wir schon von Regierungsumbildungen reden, sei Ihnen auch gesagt: Den Re­kord von Kanzler Vranitzky, innerhalb kürzester Zeit 20 Minister zu verbrauchen und trotzdem nichts weiterzubringen, werden wir sicher nicht brechen, da hätten wir noch einen sehr weiten Weg zurückzulegen und könnten noch oft durchstarten – und Sie könnten noch oft Inhalte durch nette kabarettistische Einlagen ersetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt: Mich ärgert an diesen Personaldiskussionen – man soll ja offen und ehrlich sein (ironische Heiterkeit bei den Grünen); ja, da können Sie lachen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Mehr als lachen können sie ja nicht!), ich gebe es wenigstens zu, meine Damen und Herren –, dass all die positiven Initiativen der österreichischen Bundesre­gierung, auch des Parlaments und der Regierungsparteien dadurch völlig zugedeckt werden können, dass durch diese unentwegten Personaldiskussionen aber auch Ihre Konzeptlosigkeit in all den Angelegenheiten zugedeckt wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Der Moser muss zugedeckt werden! – Abg. Öllinger: Moser!)

Auf den ehemaligen Klubdirektor der FPÖ – das werfen Sie ihm ja vor – Moser werden wir heute auch noch zu sprechen kommen. Aber das ist ja Ihr Mechanismus, meine Damen und Herren von den Grünen und von der SPÖ (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Immer alles schlecht machen!), dass Sie zuerst alles schlecht machen, auch die Perso-


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nen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Permanent vernadern!), ganz, ganz tief in die Kiste grei­fen wie Abgeordneter Pilz, der jetzt nicht im Saal ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der ist ja nie da!) Er ist überhaupt selten im Hohen Haus, wenn es um bestimmte Themen geht, aber Personen schlecht machen, diskreditieren, das kann er allemal noch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das kann er!)

Das, meine Damen und Herren, werfen wir Ihnen vor: Zuerst einmal machen Sie alles schlecht – bis hinein ins Persönliche –, um dann zu sagen: War eigentlich doch nicht so schlecht! Justizminister Böhmdorfer, habe ich heute gehört, war der Einzige mit Pro­fil – das hat Kollege Van der Bellen gesagt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Freiheitliche!) Auch Justizsprecher Jarolim weint Minister Böhmdorfer Tränen nach. – Meine Damen und Herren! Haben Sie vergessen, dass die Opposition sieben Misstrauensanträge gegen diesen erfolgreichen Justizminister eingebracht hat? (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Herr Kollege Jarolim, sieben Misstrauensanträge! War all das nur opposi­tionelle Praxis oder doch ernst gemeint? Oder brauchen Sie wirklich so lang, nämlich vier Jahre lang, meine Damen und Herren von der Opposition, bis Sie endlich drauf­kommen, dass es gute Leute sind, die die Freiheitlichen in die österreichische Bundes­regierung schicken? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Genauso ist es beim Rechnungshofpräsidenten. Wir haben doch all das schon beim Präsidenten Fiedler gehört (Abg. Öllinger: Warum werden die guten Leute abgelöst, wenn sie so gut sein sollen?): Eine parteipolitische Besetzung! Packelei! Das ist ungeheuerlich, ein Parteifunktionär wird an diese Position gesetzt! – Und jetzt? Gerade, dass bei der letzten Nationalratsdebatte nicht auch faktisch Rosen­sträuße auf die Regierungsbank gelegt wurden. Jetzt heißt es, der Nachfolger wird sich an dieser großartigen Leistung von Präsident Fiedler zu messen haben.

Meine Damen und Herren! Ja, Dr. Moser wird sich daran zu messen haben, und er wird sich daran auch messen, denn ich bin überzeugt davon, dass wir mit Dr. Moser im Hauptausschuss den bestqualifizierten Kandidaten dafür gewählt haben. Diskreditieren Sie nicht Kandidaten, bevor diese noch unter Beweis stellen konnten, was sie für das Amt leisten. Dann, wenn sie zurücktreten, wenn die Amtszeit endet, Lob zu streuen, das ist zu spät. Wir brauchen eine konstruktive – sicher auch kritische – Mitarbeit und Zusammenarbeit aller Parteien in diesem Hohen Haus. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auf diese Bundesregierung werden in den nächsten zwei­einhalb Jahren noch sehr viele wichtige Aufgaben zukommen, wie zum Beispiel jetzt die Pensionsreform. Und da erwarten wir uns auch von Ihnen, meine Damen und Her­ren von der Sozialdemokratie, von den Sozialpartnern konstruktive Zusammenarbeit und Mitarbeit.

Meine Damen und Herren! Ja, wir schaffen es, wenn wir alle wollen – wenn auch Sie es wollen –, gemeinsam wie beim Tierschutzgesetz einen Konsens zustande zu brin­gen für diese wichtige Reform, sodass es in Zukunft nur noch ein einziges Pensions­system, fair und gerecht, für alle Beschäftigten in Österreich gibt. Legen Sie in diesem Fall die parteipolitischen Scheuklappen ab! Zuerst waren die Arbeiterkammerwahlen, da durfte nichts weitergehen, dann die EU-Wahl, dann waren andere Dinge, die so wichtig waren, irgendwelche Landtagswahlen, und all das hat Sie gehindert, dynamisch an einem Ergebnis zu arbeiten. Legen Sie die parteipolitischen Scheuklappen ab, arbeiten Sie gemeinsam mit uns für diese wichtige Reform! Das ist unser Appell an Sie. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir bei den Erfolgen der österreichischen Bundesregierung sind, die, wie ich schon gesagt habe, durch manche Personaldiskussionen vielleicht verdeckt werden, dann sollten wir auch nicht vergessen – die Justizministerin wird in Zukunft auch einen


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wichtigen Beitrag für die Sicherheit unseres Landes zu leisten haben –, dass seit 1. Mai dieses Jahres das neue Asylgesetz in Kraft ist; natürlich auch gegen die Stim­men von SPÖ und Grünen beschlossen. Es wurde leider, sage ich, auch dort, wo ein Projekt, das sich vielleicht manche in Österreich wünschen, nämlich Schwarz-Grün, gestartet wurde, in Oberösterreich, sofort als verfassungswidrig beeinsprucht. Wir haben es Gott sei Dank hier beschlossen, und es gibt seit 1. Mai einen massiven Rück­gang bei den illegalen Übertritten von Asylanten und auch einen massiven Rückgang an Asylanträgen, weil jetzt nur noch jemand in Österreich ein Asylverfahren bestreiten kann, der auch wirklich Asylgründe hat und nicht schon die Möglichkeit hatte, in einem Nachbarland dieses Verfahren einzuleiten.

Das ist konsequente Politik, das ist auch konsequente freiheitliche Handschrift in dieser Bundesregierung, und das wird auch in den nächsten beiden Jahren so sein, auch wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, sich anderes wünschen. Aber das kann ich Ihnen garantieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Bundesministerin, wir haben noch Handlungsbedarf. Justizminister Böhmdorfer hat viele Initiativen gesetzt, aber wir müssen etwa im Rahmen der Bekämpfung der Drogenkriminalität weiterhin konsequent gemeinsam mit dem Innenminister daran arbeiten, dass all jenen das Handwerk gelegt wird, die unserer Jugend mit Drogen, mit dieser Versuchung die Zukunft verbauen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wir müssen auch dafür sorgen, dass endlich dieses Ungleichgewicht zwischen Ge­waltdelikten und Wirtschaftsdelikten beseitigt wird. Es darf kein Kavaliersdelikt sein, wenn es – ich weiß schon, kleine Raufereien – zu Gewalt gegen Kinder, Gewalt gegen Frauen kommt. Das darf kein Kavaliersdelikt sein! Hier muss mit der vollen Härte des Strafrechtes vorgegangen werden.

Wir erwarten uns selbstverständlich auch – Sie haben es ja angekündigt, Frau Justiz­ministerin –, dass im Bereich der Bürgernähe hier einige Initiativen gesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns um Bürgernähe bemühen, möchte ich mir ein bisschen mehr Zeit nehmen als Herr Kollege Van der Bellen, um auch die EU-Fragen hier ansprechen, denn die Bürgernähe stellt, glaube ich, eines der größten Defizite der Europäischen Union dar. Wir haben jetzt Gott sei Dank eine neue EU-Verfassung, da kann man vieles positiv sehen, schon allein die Tatsache, dass es diese Verfassung überhaupt gibt – das allein ist schon ein wichtiger Erfolg –, und selbstverständlich gibt es auch eine ganze Reihe von sinnvollen Maßnahmen im Verwaltungsbereich. Es gibt auch ein klares Bekenntnis – auch das gehört zur Sicherheitspolitik –, dass es eine gemeinsame Anstrengung im Kampf gegen den Terrorismus geben muss, dass das keine nationale Angelegenheit ist, sondern dass man gemeinsam, solidarisch dieser Bedrohung entgegenwirken muss.

Es gibt auch ein wichtiges Signal in Richtung Einstimmigkeitsprinzip für essentielle Fragen – aber viele Fragen sind auch noch offen geblieben, etwa im Zusammenhang mit der Demokratie, wie es denn mit Volksabstimmungen auf EU-Ebene bei wichtigen Fragen aussieht, zum Beispiel mit einer Volksabstimmung über diese Verfassung selbst. Warum fürchtet man sich vor den Instrumenten der direkten Demokratie in der Europäischen Union so sehr? Gerade die Wahlenthaltung so vieler Menschen in Europa zeigt doch, dass hier der falsche Weg gegangen wurde. Die EU darf kein Europa der Bürokraten sein! Die EU darf kein Europa der Lobbyisten sein, sondern sie muss endlich wieder ein Europa der Menschen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Dann werden wir eine höhere Wahlbeteiligung haben und auch eine europäische Identität finden.


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Meine Damen und Herren! Da werden wir noch einiges zu tun haben. (Abg. Dr. Lich­tenberger: Der Mölzer wird das schon machen mit der europäischen Idee!) Ja. Frau Kollegin Lichtenberger, Sie werden in Zukunft im Europaparlament unter Beweis stel­len können, ob Sie, wie wir das immer gesehen und gefordert haben, ein Vertreter Österreichs und österreichischer Interessen in Brüssel sind oder ob Sie meinen, wie es in der Vergangenheit auch Ihre Vertreter in Brüssel gemacht haben, alles in Brüssel vertreten zu müssen, was Sie glauben, das die Österreicher nachzuvollziehen haben. Das ist der falsche Weg, das sagen wir Ihnen!

Wir wollen österreichische Repräsentanten in Brüssel, die in erster Linie der eigenen Bevölkerung und den eigenen Interessen verbunden sind. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.)

Meine Damen und Herren! Ich habe es auch als Fehler empfunden, dass man bei die­sem Gipfel nicht ehrlich war und betreffend die Erweiterungsrunde gesagt hat: Wir ha­ben jetzt eine große Erweiterungsrunde geschafft, aber die müssen wir erst verkraften, und nächste Erweiterungsrunden sind jetzt ganz einfach nicht möglich, schon gar nicht mit Ländern, die noch sehr, sehr, sehr weit von dem entfernt sind, was wir uns von einem Mitgliedsland der Europäischen Union erwarten. Man hat der Türkei wieder Hoffnungen gemacht, die aus meiner Sicht nicht erfüllbar sind. Das ist auch nicht die Ehrlichkeit, die man sich in einer europäischen Partnerschaft erwarten würde.

Meine Damen und Herren! Deshalb hoffen wir, dass diese Bundesregierung so wie auch vor dieser Umbildung dynamisch und aktiv für die Interessen der Österreicherin­nen und Österreicher eintritt, die vielen wichtigen Projekte – Pensionsreform, Gesund­heitsreform, auch Veränderungen etwa in der österreichischen Sicherheitsordnung – in Angriff nimmt, gemeinsam mit dem österreichischen Parlament diese Reformen angeht und dass diese Bundesregierung in Europa und auch alle Abgeordneten, Frau Kollegin Lichtenberger, im Europaparlament diese Verantwortung wahrnehmen nach dem Mot­to: Österreich zuerst in Europa!, die Verantwortung, ein gemeinsames Europa auf dem Bewusstsein der Bevölkerung zu gründen (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist ein absolut „erfolgreiches“ Modell, wenn das alle machen!), aber aufzupassen, dass die Lobbyisten und Bürokraten nicht über unsere Interessen drüberfahren. Das würden wir uns erwar­ten.

Alles Gute für die neuen Regierungsmitglieder, auch für Staatssekretär Mainoni, sie werden unsere Unterstützung haben – die Unterstützung der Opposition wird ihnen wahrscheinlich abgehen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, die wird uns nicht abgehen!), aber die Verantwortung für Österreich ist klarerweise etwas anderes, als nur die eige­nen Parteiinteressen im Vordergrund zu sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. Redezeit: 8 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


11.39

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglie­der der Bundesregierung! Sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zur europäischen Verfassung, die jetzt beschlossen worden ist, sagen. Lassen Sie mich damit beginnen, Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu sagen, dass das, was die Staats- und Regierungschefs am 18. Juni 2004 beschlossen haben, etwas mehr als 100 Seiten Abänderung gegenüber dem Konventsvorschlag beinhaltet. Und es lohnt sich hinzuschauen, was sie da alles geändert haben.


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Ich muss Ihnen gestehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin das erste Mal froh darüber, feststellen zu können, dass die Regierenden wirklich sehr weit von den Wünschen der Bevölkerung entfernt sind, weil das der einzige Grund ist, warum die zentralen Errungenschaften des Verfassungsentwurfs, den der Konvent vorgelegt hat, nicht beschädigt worden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Würden Sie es wirklich für ein Hauptanliegen der Bürgerinnen und Bürger halten, die Stimmgewichtung so zu regeln, wie sie jetzt von den Staats- und Regierungschefs geregelt worden ist? Glauben Sie wirklich, dass das die Bürgerinnen und Bürger sehr interessiert? Glauben Sie wirklich, dass die Ver­schiebung der Verkleinerung der Europäischen Kommission von 2009 auf 2014 das ganz zentrale Anliegen der Menschen war? – Das halten Sie doch nicht im Ernst für die Wahrheit!

Halten Sie es wirklich für besonders bürgernah, wenn Sie im Zuge der Beratungen unter den Staats- und Regierungschefs die wenigen Instrumente, auf die wir uns im Konvent zur besseren Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität einigen konn­ten, auch noch beseitigen oder so stark verschlechtern, dass man sie nicht mehr an­wenden kann? Oder halten Sie es für eine Leistung, dass Sie die Bestimmungen, die wenigen und schwachen Bestimmungen, die wir im Konvent zur Bekämpfung grenz­überschreitenden Steuerbetruges zustande gebracht haben, einfach beseitigen? – Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

Herr Bundeskanzler, diese Liste ließe sich fortsetzen. So gesehen ist es geradezu ein Glück, dass sich die Staats- und Regierungschefs um Fragen gekümmert haben, die nicht die der Bürger sind, aber sie haben auch bei dieser Verfassung und bei deren vorliegendem Entwurf Schaden angerichtet.

Es gibt jedoch genügend Gründe – das möchte ich heute und hier auch deutlich sa­gen –, ja zu dem zu sagen, was herausgekommen ist. Das liegt im Wesentlichen daran, dass es wirklich zu einer Stärkung des Europäischen Parlaments und damit derjenigen kommt, die direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt sind, um deren Interessen in Europa zu vertreten – nicht Länderinteressen, sondern Interessen von konkreten Menschen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das Zweite ist Folgendes: Natürlich ist es auch ein Ja wert, dass es endlich zur rechts­verbindlichen Verankerung der Europäischen Grundrechtscharta kommt, dass es rechtsverbindliche und gerichtlich durchsetzbare Grund- und Freiheitsrechte, Men­schen- und Bürgerrechte auch auf europäischer Ebene geben wird. Das sind die bei­den Gründe dafür, warum wir ein ganz klares Ja zu dieser Verfassung und zu ihrer Verabschiedung sagen, weil die Stärkung des Europäischen Parlaments zugleich die Hoffnung mit sich bringt, dass die Art des erbärmlichen Kuhhandels, die die Streiterei der Regierungschefs um Machtfragen jedes Mal bedeutet, vielleicht zu Gunsten der Lebensinteressen der Bürgerinnen und Bürger überwunden werden kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bei diesen Lebensinteressen, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es primär darum, Arbeit durch eine gemeinsame und starke Wirtschaftspolitik zu schaffen. Es geht darum, Kriminalität wirksam und gemeinsam zu bekämpfen, Steuer- und Sozial­dumping im Interesse sozialer Sicherheit und im Interesse der Finanzierung des euro­päischen und auch des österreichischen Wohlfahrtsstaates zu bekämpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber wir diskutieren heute nicht nur die Fra­ge der Europäischen Verfassung, wir diskutieren auch über eine neuerliche Umbildung der schwarz-blauen Regierung. Ich bin ein bisschen erstaunt und verwundert darüber, vor allem meine Damen und Herren von der freiheitlichen Seite, dass Sie meinen, Ihre Krise dadurch überwinden zu können, dass Sie den Justizminister ablösen.


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Es ist schon einiges dazu gesagt worden. Herr Abgeordneter Molterer – vielleicht darf ich kurz Ihre Aufmerksamkeit gewinnen –, Sie haben sich darüber gewundert, dass die Sozialdemokraten Herrn Böhmdorfer so anerkannt haben. Sie haben schon das letzte Mal, als ich gesprochen habe, nicht verstehen können, dass es ein politisches Urteil gibt. Und das politische Urteil ist, dass wir mit den Reformen, die Böhmdorfer im Auge hatte, nicht einverstanden sind. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Mag. Stoisits. – Abg. Mag. Molterer: Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer!)

Aber es ist unbestreitbar, dass Böhmdorfer eine der stärksten freiheitlichen Figuren war, und es ist unbestreitbar, dass er in der Lage war, das Justizministerium zu führen. Und das kann man nicht von jedem der verbliebenen und schon gar nicht von man­chen der schon zurückgetretenen freiheitlichen Minister sagen. Das ist der Unter­schied. Dass Sie die relativ stärkste freiheitliche Figur ablösen und glauben, dass Sie damit die freiheitliche Krise überwinden können, ist für uns überraschend.

Aber lassen Sie mich vielleicht eines zum Schluss sagen: Ich denke, Herr Bundeskanz­ler, Sie sollten sich darauf einstellen, noch weitere Regierungsumbildungen in der lau­fenden Regierungsperiode vornehmen zu müssen. (Abg. Wittauer: Das ist nicht euer Problem!)

Eine Enquete mit den qualifiziertesten Steuerexperten, die heute stattgefunden hat, kommt zum Ergebnis, dass Minister Grassers Versuch, sich für die Begünstigung – genauer gesagt: für die Beschenkung – durch die Industriellenvereinigung rein zu wa­schen, nicht gelungen ist. Herr Bundeskanzler! Sie werden sich über einen Nachfolger für Minister Grasser Gedanken machen müssen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Lassen Sie mich ein zweites Beispiel anführen: Arbeits- und Wirtschaftsminister Bar­tenstein, dem seit vier Jahren bei der Bekanntgabe der Arbeitslosenzahlen nie etwas anderes einfällt, als zu sagen, wir hoffen, dass es jetzt bald nicht mehr so weitergeht, sondern dass es besser wird, genau derselbe Bundesminister Bartenstein, der für Arbeit und Wirtschaft zuständig ist, glaubt, jetzt – nach vier Jahren ständig steigender Arbeitslosigkeit – vorschlagen zu müssen, dass man die Arbeitszeit verlängern muss, weil wir nicht lange genug arbeiten, damit diejenigen, die heute schon mit dem Stress der Arbeit kaum mehr zurechtkommen, noch länger arbeiten müssen und die anderen weiterhin keine Arbeit haben. – Glückwunsch, Herr Arbeitsminister! Sie sind reif für die Ablöse! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Aufzählung, die ich jetzt vorgenommen habe, ließe sich ohne weiteres fortsetzen, meine Damen und Herren. Es geht nicht darum, hier schwarz zu malen. Es geht auch nicht darum, hier Personen schlecht zu machen. Es geht darum, endlich Schlussfolge­rungen aus einer verfehlten Politik zum Nachteil der österreichischen Bevölkerung zu ziehen. Das ist es, worum es heute ginge. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Dr. Fekter 8 Mi­nuten zu uns. – Bitte.

 


11.46

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel! – Er ist im Haus. – Herr Vizekanzler Gorbach! Besonders begrüßen möchte ich die beiden neuen Regierungsmitglieder, Herrn Kollegen Mag. Mainoni und Frau Ministerin Mag. Miklautsch.


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Ich möchte zuerst auf die von Herrn Kollegen Van der Bellen dargestellte Durchstart-Philosophie bei Regierungsumbildungen replizieren. Herr Kollege Van der Bellen, Boxenstopps in der Formel 1 dauern inzwischen nur mehr sechs Sekunden, und sie dienen dazu, das Renngeschehen zu optimieren. Wir sind die Formel 1 hier in dieser Bundesregierung (Abg. Öllinger: Sie vergleichen die Regierung mit ...?), nämlich leis­tungsstark, spannend und mit großer Problemlösungskapazität ausgestattet! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Schieder: Weil Sie im Kreis gehen! – Abg. Öllinger: Formel 1 ist „im Kreis fah­ren“!)

Kollegen Einem möchte ich eine tatsächliche Berichtigung entgegenhalten. Er hat ge­gen Ende seiner Rede behauptet, der Herr Wirtschafts- und Arbeitsminister hätte eine Arbeitszeitverlängerung gefordert. – Das ist eindeutig falsch. Der Herr Wirtschafts- und Arbeitsminister hat von Arbeitszeitflexibilisierung gesprochen, was nicht zwangsläu­fig Arbeitszeitverlängerung bedeutet. Dass er hier falsch zitiert worden ist, dafür kann ich nichts. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Nun zur Regierungsumbildung. Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede dem Vorgänger der neuen Bundesministerin Mag. Miklautsch, Herrn Justizminister außer Dienst Böhmdorfer, im Namen der ÖVP-Fraktion und in meinem Namen als Vorsitzende des Justizausschusses Dank und An­erkennung für seine Arbeit aussprechen. Ich bin ja ganz überrascht darüber, wie Minis­ter Böhmdorfer außer Dienst heute gelobt wird.

Es ist aber richtig, dass die Justizpolitik in der Regierung unter Bundeskanzler Schüs­sel, sowohl unter Schüssel I als auch Schüssel II, dass also beide Regierungsperioden als große Reformära im Justizbereich in die Geschichte eingehen werden. Nie zuvor hat es eine derartige Fülle an Neugestaltungen in der Justiz mit konservativer, bürgerli­cher Handschrift gegeben.

Denken Sie beispielsweise an das Kindschaftsrecht mit der gemeinsamen Obsorge! Das war die erste große Reform. Bereits 80 Prozent der Scheidungseltern wählen die gemeinsame Obsorge als Modell für ihre Kinder. Mit den Sozialisten wäre das niemals möglich gewesen.

Frau Präsidentin Prammer hat in der großen Koalition noch gemeint: Nur über meine Leiche wird es eine gemeinsame Obsorge nach der Scheidung geben. – Daher sind wir froh darüber, dass diese Koalitionsregierung in der Justizpolitik bisher so viel ge­meinsam weitergebracht hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Zusammenarbeit mit Bundesminister Böhmdorfer war für uns von der ÖVP sehr konstruktiv und effizient. Dafür bedanke ich mich bei ihm sehr herzlich. Er war ein gro­ßer Reformer – das ist heute schon erwähnt worden – mit enormem Umsetzungswillen und hoher Durchschlagskraft.

Das erste Regierungsübereinkommen in Jahre 2000 hat er übernommen und umge­setzt. Das zweite Regierungsübereinkommen hat er bereits intensiv selbst mitgestaltet und inzwischen auch zum Großteil umgesetzt oder die Umsetzung ist zumindest in guter Vorbereitung. Gemessen an seinen Arbeitsergebnissen wirken die von der Oppo­sition zu Beginn seiner Amtszeit eingebrachten sieben Misstrauensanträge oder die zu Unrecht erfolgte Anschwärzung seiner Person durch die – unter Anführungszeichen – „drei Weisen“ zur Sanktionszeit heute eigentlich lächerlich und wie ein intrigantes Geplänkel.

Es gab in der Ära Böhmdorfer eine bahnbrechende Mietrechtsreform, ein neues Woh­nungseigentumsgesetz, ein modernes Kartellrecht mit einer Wettbewerbsbehörde und


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einem kontrollierenden Kartellanwalt, eine große Reform im Außerstreitgesetz, damit die Unterhaltsregelungen rascher gelöst werden, eine neue, moderne Zivilprozessord­nung für schnellere Verfahren, ein so genanntes Jahrhundertwerk, und das Heimauf­enthaltsgesetz, mit dem wir den Heimbewohnern gesetzliche Mindeststandards garan­tieren. Dieses ist inzwischen Vorbild auch für andere europäische Staaten.

Die überwiegende Mehrheit der Gesetze im Justizausschuss wird im Konsens auch mit der Opposition beschlossen. Für diese konstruktive Arbeit bedanke ich mich auch bei der Opposition. Zwei Drittel der Beschlüsse fallen dort einstimmig oder im Mehrpartei­enkonsens mit zumindest einer Oppositionspartei.

Nicht mitgetragen hat die Opposition die große Strafprozessreform, ein Jahrhundert­werk, und die elektronischen Ermittlungsmethoden für die Exekutive. Die Opposition hat auch gegen Strafverschärfung bei Drogendelikten und Sexualdelikten gestimmt. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist falsch!) Da ist die linke Oppositionsideologie, nämlich für Drogenliberalisierung und für Entkriminalisierung von Straftätern, meilenweit von der ÖVP-FPÖ-Regierungsarbeit entfernt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Miklautsch! Ich hoffe, dass Sie Drogenliberalisie­rung und Entkriminalisierung von Straftätern, wie beispielsweise beim gewerbsmäßi­gen Diebstahl gefordert, nicht in Ihrem Konzept haben. Sie würden damit bei der ÖVP auch keine Mehrheit finden.

Dr. Böhmdorfer hat Ihnen, Frau Ministerin Mag. Miklautsch, ein gut geführtes Ressort übertragen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das zeichnet diese Bun­desregierung aus, nämlich dass Amtsübergaben korrekt und sachlich vonstatten ge­hen. Es ist nicht so, wie wir es im Jahr 2000 erlebt haben, als manche sozialistischen Minister Chaos hinterlassen haben und sich weigerten, eine ordnungsgemäße Amts­übergabe durchzuführen. (Abg. Dr. Puswald: Wer war damals in der großen Koali­tion?) Damals gab es herausgerissene Telefonleitungen, unbenützbare Computer und keine Übergabe der Ressorts. Das unterscheidet das Team um Bundeskanzler Schüs­sel ganz wesentlich von sozialistischen Regierungen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Einstellung zur Regierungsarbeit und zu den notwendigen Reformen, nicht bloßer Machterhalt zeichnet diese Bundesregierung aus. Deshalb ist die wichtige Aufgabe Forschung und Innovation mit einem neuen Staatssekretariat aufgewertet worden. Ich werde Herrn Kollegen Mainoni im Justizausschuss vermissen; für Ihre neue Aufgabe wünsche ich Ihnen, Herr Staatssekretär, alles Gute.

Wir haben noch Arbeit vor uns, wir modernisieren nachhaltig. Wir verändern, denn: Nur wer verändert, kann Gutes bewahren. – Ein Zitat unseres Bundeskanzlers. (Beifall bei der ÖVP. – Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Es ist so, dass der Anteil der älteren Menschen in der Gesellschaft größer wird, dass wir uns bemühen, Arbeitsplätze zu sichern, denn: Nur was Arbeit schafft, ist sozial.

Wir wollen das kinderfreundlichste Land der Welt werden.

Die Bevölkerung hat ein Recht auf Sicherheit. Es gilt die Kriminalität zu bekämpfen und die Straftäter dingfest zu machen. Österreich ist kein Selbstbedienungsladen für Ta­schen- und Ladendiebe oder für Raubzüge in Wohnungen und Überfälle auf Frauen und ältere Menschen.

All jenen sei eine klare Absage erteilt, die glauben, durch Entkriminalisierung und einem Darüber-Hinwegsehen könnten diese Probleme gelöst werden. Wir werden nicht den gewerbsmäßigen Diebstahl liberalisieren und entkriminalisieren. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)


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Sehr geehrte Frau Ministerin! Es steht viel Arbeit vor Ihnen. Wir von der ÖVP werden Sie dabei tatkräftig unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger ans Rednerpult. 8 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung der sich zu ihrem Platz begebenden Abg. Dr. Fekter –: Ich weiß nicht, ob sich die Frau Minister diese Unterstützung wünscht! – Ruf: Ruhig, Herr Jarolim!)

 


11.55

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Fekter, Ihr Bild des Boxen­stopps macht ein bisschen nachdenklich. (Abg. Dr. Fekter: Das ist ein gutes Bild!) Wenn ich mir das mit den sechs Sekunden so überlege, muss ich sagen: Bei Boxen­stopps werden üblicherweise Reifen ausgetauscht, bei Ihnen Regierungsmitglieder. Wenn das jetzt in immer noch kürzeren Abständen erfolgen soll, dann fürchte ich, dass in diesem Land überhaupt nichts mehr entschieden werden kann! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist einfach eine klare Sache: Wenn man beobachtet, was für ein Karussell in der Postenfrage bei den Freiheitlichen mittlerweile eingetreten ist, dann wird das schön langsam bedenklich. (Abg. Dr. Fekter: Unter Vranitzky war das genauso!) Ich habe zuerst vermutet, dass die jetzige Regierungsumbildung, dass man diese nämlich ge­nau auf den jetzigen Zeitpunkt „hingetimt“ hat, natürlich damit zu tun hat, dass man die Diskussion um den ehemaligen freiheitlichen Klubdirektor Moser als neuen Rech­nungshofpräsidenten so schnell wie möglich loswerden wollte, weil das natürlich eine äußerst peinliche Diskussion ist. (Abg. Dr. Fekter: Das ist der nächste Tagesord­nungspunkt!)

Moser hat nämlich in der letzten Zeit nicht unbedingt gute Bilder dafür abgeliefert, wie objektiv er bestimmte Sachen angeht. Wir werden ohnehin am Nachmittag noch Gele­genheit haben, darüber zu diskutieren. Dass nun als sein Nachfolger bei den ÖBB der glücklose Ex-Verkehrsminister Reichhold im Gespräch ist, der inzwischen bei Magna zwischengeparkt worden ist, das setzt aus meiner Sicht dem Ganzen wirklich die Krone auf. Ich halte das in dieser Vorgangsweise für skandalös! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es zeichnet sich offensichtlich ab, dass die freiheitliche Parteizentrale jetzt aus dem Sozialministerium in das Verkehrsministerium wandert, denn es hat in der letzten Zeit schon eine große Aufstockung gegeben. Das größte jemals existierende Kabinett eines Ministers ist nun im Verkehrsministerium angesiedelt. Auf das Verkehrsministerium bezogen, handelt es sich nicht um ein Verkehrsministerium, sondern um eine Partei­zentrale, die dort aufgebaut wird. Diese soll jetzt offensichtlich nicht mehr die Filiale sein, sondern der Hauptsitz. (Abg. Dr. Bleckmann: So, wie der Schelm denkt, ist er!) Ich frage mich: Was geschieht dann im Verkehrsministerium? Verkehrspolitik oder Pos­tenschacher für freiheitliche Parteigänger? – Das ist aus meiner Sicht für die drängen­den Probleme im Verkehrssektor wirklich unzumutbar. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieser Exkurs war notwendig. Heute sollte es eigentlich um die Europäische Verfas­sung gehen, aber welchen Stellenwert Europapolitik bei dieser Regierung genießt, sieht man daran, dass man diese beiden Themen, nämlich die diversen Boxenstopps der Freiheitlichen und die Europäische Verfassung, in eine gemeinsame Debatte hineinzwingt. Ich sage Ihnen ehrlich: Das ist wirklich eine Kleinlichkeit gegenüber der europäischen Frage, die genau die Ursache für die schlechte Wahlbeteiligung bei den Europawahlen war. Nicht die Wahlmüdigkeit allein kann damit begründet werden, aber


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ich sage Ihnen eines: Wenn Sie so fortsetzen, dass diese Kombinationen in der De­batte die Regel sein werden, dann wird der europäische Geist noch sehr, sehr lange auf sich warten lassen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim.)

Das ist eben nicht nur im Parlament der Fall, sondern das ist ganz eklatant offensicht­lich auch in der Regierung der Fall. Herr Böhmdorfer hat gestern in aller Breite geschil­dert, welchen Stellenwert europäische Politik in dieser Regierung hat, nämlich wenn man eine 100-Seiten-Vorlage zehn Minuten vor der Abstimmung in die Hand gedrückt bekommt und wenn man dann eben irgendwie dafür entscheidet, ohne die Details wirk­lich zu kennen. Meine Damen und Herren, das ist nicht europäische Politik, das ist ein dramatischer Boxenstopp im Nirwana! Wirklich! (Beifall bei den Grünen.)

Bei der Bewertung der Regierungskonferenz durch den Herrn Bundeskanzler bleiben einige interessante Fragen offen. So ist zum Beispiel die Frage völlig offen geblieben, wie sich der Herr Bundeskanzler jetzt zu den Versprechen der Frau Außenministerin stellen wird, dass Österreich sofort und ohne Rücksicht auf seine Neutralität an der strukturierten Zusammenarbeit teilnehmen wird. Bei der Lektüre des Verfassungsver­trages, so wie ihn die Regierungskonferenz jetzt verstümmelt hat, ist ja im Bereich des militärischen Sektors die NATO-Bindung noch einmal verstärkt worden und sind die Entscheidungsmechanismen noch einmal stärker in Richtung Militarisierung gedrängt worden.

Herr Bundeskanzler! Wie können Sie das vereinbaren mit einer Friedenspolitik, die in Österreich einmal Tradition hatte und zu der ein ganz großer Teil der Bevölkerung in Österreich steht? (Abg. Mag. Molterer: Auch die Bundesregierung!) Herr Bundeskanz­ler, diese Frage müssen Sie dem Nationalrat, müssen Sie der österreichischen Bevöl­kerung beantworten, denn das ist eine jener Fragen, die die Menschen interessiert. Nicht die Zahl der Kommissare, nicht die äußerst komplexen Bestellungsmodalitäten für die Kommissare, sondern die Frage der Friedenspolitik tangiert die Lebensinteres­sen der Bevölkerung ganz besonders. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben geschildert, welch großartige Rolle die Regierungskon­ferenz in Sachen Verfassungsvertrag gespielt hat. Ich kann Ihnen nur eines sagen – hier zitiere ich ausnahmsweise einmal aus „Die Presse“ mit ihrer heutigen Glosse –:

„Wochenlang, wenn nicht monatelang, haben sie in Hinterzimmern gemauschelt, Ab­sprachen getroffen, sich gegenseitig blockiert und in die Irre geführt: Die Wahl des EU-Kommissionspräsidenten wirft ein dubioses Licht auf die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und auf die Institutionen, die sie vertreten.“

Meine Damen und Herren! Das ist eine dramatische Analyse, und der Herr Bundes­kanzler hat sie ja selbst unterstützt. Er hat nämlich Renner mit dessen Aussage zitiert: Die Nationen werden immer streiten. – Sie, Herr Bundeskanzler, waren derjenige, der das Vorrecht der Regierungen gegenüber der Kommission, gegenüber dem Parlament, gegenüber den europäischen Instituten immer vehement verteidigt hat. Sie, Herr Bun­deskanzler, sind hier Täter – und nicht Kommentator einer historischen Entwicklung. (Beifall bei den Grünen.)

Ein letztes Wort noch zu dem Leistungsbericht, den Sie auch abgeliefert haben. Sie waren stolz darauf, die Preisstabilität in die Zielsetzungen der Verfassung hineinbe­kommen zu haben. Und Sie waren genauso zufrieden damit, dass die Frage des Ar­beitsmarktes in der Regierungskonferenz heruntergeholt worden ist auf ein so genann­tes hohes Beschäftigungsniveau. Meine Damen und Herren! Das ist genau das, was zur Praxis dieser Regierung passt: Arbeitskräfte sind Manövriermasse, und Massen­wohlstand gehört der Vergangenheit an. – Das, meine Damen und Herren von der


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ÖVP, ist das Ziel, das Sie in Österreich und auf EU-Ebene verwirklichen wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Auch sie hat eine Redezeit von 8 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


12.04

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Zuerst einmal zu Ihnen, Frau Abgeordnete Lichtenberger: Ich meine, es ist doch wirklich das legitime Interesse von Nationalstaaten, für ihre Interessen auch zu kämp­fen. Das Paradoxe ist, dass alle EU-Länder für ihre nationalen Interessen kämpfen. Ich kann mich erinnern, dass beispielsweise Spanien sich vehement dagegen gewehrt hat, dass die Mittel, die Spanien von der EU bekommt, anlässlich der Erweiterung gekürzt werden. Nur von den Österreichern verlangen Sie, dass sie nicht für die nationalen Interessen kämpfen. Das finde ich wirklich etwas paradox. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Und wenn Sie den Herrn Bundeskanzler angreifen – ich bin nicht der erste Verteidiger des Herrn Bundeskanzlers, das liegt an der ÖVP, aber trotzdem –, möchte ich schon in Erinnerung rufen, was da aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Beim EU-Gipfel in Rom, bei dem 25 Staats- und Regierungschefs anwesend waren, bewies unser „klei­ner“ Kanzler wieder Mut gegen die EU-Großen: Er hat sich nämlich an die Spitze der Revolte der Kleinen gegen den Entwurf einer neuen EU-Verfassung gestellt, der die Großen bevorzugt. – Ich finde, dafür sollten wir alle dem Bundeskanzler dankbar sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es würde Ihnen von der SPÖ und von den Grünen auch gut anstehen, wenn Sie da auch Anerkennung zollen würden, denn ich finde, wir sollten gemeinsam für österrei­chische Interesse auch in der EU kämpfen. Das müsste uns doch wirklich ein Bedürfnis sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt aber auch auf die Regie­rungsumbildung zu sprechen kommen. Ich habe mir wirklich nicht erwartet, dass Sie sachlich über die Regierungsumbildung diskutieren werden, denn Sachlichkeit war ja noch nie die Stärke oder das Markenzeichen dieser Opposition. Aber dass Sie sich derart lustig machen über die Regierungsumbildung, wie beispielsweise Herr Van der Bellen das getan hat, lächerlich und langweilig, oder dass Frau Lichtenberger ohne irgendeinen Grund behauptet, es würde nun im Verkehrsministerium eine Parteizent­rale entstehen – es besteht ja überhaupt kein Anlass, das zu behaupten! –, hätte ich nicht erwartet. Das ist wirklich äußerst unsachlich!

Ich habe offensichtlich noch immer eine zu gute Meinung von Ihnen, von der Opposi­tion (Abg. Scheibner: Nach 20 Jahren?!), weil ich geglaubt habe, Sie werden sich mit dieser Regierungsumbildung ernsthaft auseinander setzen, aber nicht nebulos, lächer­lich, langweilig, wie Herr Van der Bellen das getan hat, oder diskriminierend wie Frau Abgeordnete Lichtenberger. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich möchte noch kurz darauf eingehen, was sich im Vorfeld abgespielt hat, Herr Kolle­ge Matznetter, wie da persönlich diffamiert wurde.

Was die Frau Justizministerin angeht, hat man ja wirklich in die unterste Lade gegrif­fen, obwohl man ... (Rufe bei der SPÖ: Wann?) Passen Sie auf, ich werde Ihnen gleich etwas zitieren! Obwohl niemand die Frau Justizministerin genau gekannt hat, hat Frau Bures – sie gehört ja offensichtlich noch der SPÖ an, nehme ich an (Abg. Scheibner: Wir nehmen sie nicht!) – gesagt, Frau Karin Miklautsch sei eine völlig unerfahrene Juristin. – Immerhin hat die Frau Justizministerin drei Anwaltsjahre in einer Kanzlei und


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mehr als zehn Jahre als Verantwortungsträgerin in der Landesregierung gearbeitet, und das bezeichnen Sie als unerfahren, als eine verantwortungslose Regierung?! (Abg. Dr. Jarolim: Politisch unerfahren!) – Was ist da verantwortungslos?

Sie fordern immer die Kultur des Dialogs, aber tatsächlich praktizieren Sie nur das Prinzip der verbrannten Erde. Das ist Ihre Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich kann mich noch ganz genau erinnern: Als Herr Bundesminister Böhmdorfer ange­lobt wurde, haben Sie ihm jede fachliche Eignung – ich muss mich da (in Richtung SPÖ und Grüne) hinwenden, denn Sie waren es ja – für das Ressort abgesprochen. Sie sagen jetzt: die ideologische. Haben Sie während der Amtsführung des Herrn Ministers Böhmdorfer einmal gemerkt, dass er in irgendeiner Weise ideologisch vorge­gangen ist? – Nein, überhaupt nicht (ironische Heiterkeit bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ), denn seine Politik war getragen von dem Gedanken, eine Justiz­politik für Österreich zu machen, die allen Österreichern zum Nutzen gereicht, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Jetzt loben Sie Minister Böhmdorfer. Im Justizausschuss haben Herr Abgeordneter Jarolim und Frau Abgeordnete Stoisits den Justizminister – ich würde sagen – sogar mehr gelobt als ich selbst, denn ich habe mit dem Justizminister hin und wieder Aus­einandersetzungen gehabt. (Abg. Dr. Jarolim: Das war auch der Grund, ...! Das ist auch der Grund seines Abgangs!) Ich war beispielsweise nicht mit ihm einer Meinung, was die StPO-Reform betrifft, aus anderen Gründen als Sie, aber Sie haben ihn über alles gelobt! In Wirklichkeit war Herr Justizminister Böhmdorfer der Reformminister, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das hat es bisher nicht gegeben: einen Justizminister, der die dringenden Probleme rasch und zügig erledigt hat. (Abg. Riepl: Warum ist er dann weg?) – Das war sein persönlicher Wunsch, Herr Abgeordneter, das haben Sie ja gehört.

Diese Diskussion bietet aber auch die Gelegenheit, darüber zu reden, was im Justiz­ressort alles passiert ist; es ist einiges davon schon erwähnt worden.

Die Stärkung der Opferrechte beispielsweise ist wirklich etwas, was die vorherigen Justizminister nicht angegriffen haben. Oder: die Heimaufenthalts- und Heimvertrags­regelung; Frau Abgeordnete Fekter hat das schon erwähnt. Das ist etwas, was die Ärmsten, nämlich diejenigen, die nicht mehr auf sich selbst schauen können, betrifft. Oder: das Außerstreitgesetz und so weiter.

Oder: Minister Böhmdorfer hat auch eine wichtige Maßnahme gesetzt gegen die Dro­genhändler, indem beispielsweise die Grenzmenge für Heroin heruntergesetzt oder auch die lebenslange Freiheitsstrafe für die Drogendealer eingeführt worden ist.

Genauso unsachlich, wie Ihre Bemerkungen waren, als Böhmdorfer das Justizressort übernommen hat, agieren Sie auch heute wieder. Und es wird Ihnen wahrscheinlich Ähnliches passieren. Die Frau Justizminister wird beweisen, dass sie eine gute Justiz­politik macht, eine Justizpolitik im Interesse der Staatsbürger. Und sie hat ja heute schon ihre Schwerpunkte dargelegt. Sie hat gesagt: Stärkung der Opferrechte, eine verständliche Sprache – was wirklich notwendig ist, denn viele Gesetze verstehen nicht einmal wir Juristen, nicht einmal die, die im Justizausschuss sind (Beifall bei Abgeord­neten der Freiheitlichen – Abg. Öllinger: Sie verstehen es nicht? – Sie sollten auch sofort zurücktreten!), eine Beschleunigung des Verfahrens und so weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben wirklich keine Argumente, gegen diese Bundesregierung vorzugehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Herr Abgeordneter Öllinger, schreien Sie mir nicht immer drein, sondern hören Sie einmal zu!


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Es ist ja auch sehr bezeichnend, wie Sie auf all das eingehen, was hier von Regie­rungsseite vorgebracht wird. Ich kann mich erinnern: Als Herr Bundeskanzler Schüssel heute berichtet hat, welche Gesetze diese Bundesregierung beschlossen hat, welche positiven Maßnahmen sie gesetzt hat, sind Sie nur in höhnisches Gelächter ausgebro­chen. Wir haben zwei Konjunkturpakete beschlossen, die Österreich in einem Ranking bezüglich Wirtschaftsstandort auf den 13. Platz weltweit gebracht haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das müssen Sie in der heutigen Zeit, angesichts dieser schwierigen Wirtschaftslage einmal durchsetzen!

Wir haben ein Bruttoinlandsprodukt, das absolut im Durchschnitt liegt. Wir haben eine Steuerreform durchgesetzt, die 2,5 Millionen Menschen begünstigt: die Hälfte der Steuerzahler zahlt keine Steuer mehr! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Daher kann ich nur wieder – meine Redezeit ist zu Ende – den Appell an Sie richten: Arbeiten Sie in dieser schweren Zeit mit der Regierung zusammen – im Interesse der Staatsbürger – und versuchen Sie nicht immer, politisches Kleingeld aus allem zu schlagen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Darabos. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.13

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich stehe zum ersten Mal hier vor Ihnen und sage ganz offen: Ich bin ein bisschen verwundert und enttäuscht über den bisherigen Verlauf der Debatte. (Abg. Neudeck: Das wird aber jetzt nicht besser!) Verwundert deshalb, weil es mir jetzt schon so vorkommt, Frau Kollegin Pablé, als ob wir die Regierungsmitglieder der FPÖ abgelöst hätten, und nicht Sie. (Beifall bei der SPÖ.) Enttäuscht deshalb, weil der heutige Tag ja auch Ihnen die Gelegenheit gege­ben hätte zu sagen: Okay, das Votum bei den letzten Wahlen, zuletzt jenes bei der Wahl zum Europäischen Parlament, zeigt uns, dass wir schlechte Zensuren bekom­men haben. Wir tauschen daher nicht nur Personen aus, wir machen auch eine andere Politik.

Sie von ÖVP und FPÖ aber bunkern sich hier ein und haben heute quer durch die Re­gierungsfraktionen gesagt, Sie wollen diese Politik weiter betreiben. Da kann ich eine Prophezeiung gleich anschließen: Wenn Sie diese Politik weiter betreiben, wird diese personelle Kosmetik nicht ausreichen. Sie werden den schleichenden Sterbeprozess dieser schwarz-blauen Bundesregierung nur vorantreiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, was das Schlimme an dieser Situation ist? – Das Schlimme an der Situa­tion ist, dass der Bundeskanzler an der Spitze und die gesamte Bundesregierung wissen, dass sie am Ende sind, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr hinter ihnen steht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir haben die besseren Werte!) 39 Prozent der Bevölkerung haben Sie bei der EU-Wahl gewählt. Das ist weit entfernt von einer absoluten Mehrheit! Und die Bundesregierung weiß, dass sie nicht mehr die Kraft hat (Abg. Dr. Fekter: Das wünscht ihr euch, aber das ist nicht so!), eine gestalterische und phantasievolle Politik für Österreich zu machen.

Ich meine daher, dass es heute notwendig gewesen wäre, hier ein bisschen anders zu agieren, vielleicht in der Form, dass man in sich geht und sagt: Wir haben eine falsche Politik gemacht, aber wir ändern diese Politik, wir machen einen echten Befreiungs­schlag! Wir hinterfragen die eigenen politischen Positionen, wir versuchen einen ech­ten Kurswechsel in der Politik – hin zu einer Politik für die Menschen, weg von einer Politik, die eigentlich nur in Belastungen bestanden hat.


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Der Herr Bundeskanzler hat uns gefragt: Wie hätten Sie es denn gern? – „Speed kills“, eine Politik der Geschwindigkeit, des Drüberfahrens – ich erinnere nur an Ambulanz­gebühren, Unfallrentenbesteuerung, Studiengebühren –, wollen wir nicht. Und jetzt machen Sie eine Politik des Stillstands. Wie wir es gerne hätten? – Wir hätten gerne eine soziale Politik, die verträglich ist, die Reformen mit Augenmaß durchführt. Das hätten wir gern, und das hätte auch die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher gern! (Beifall bei der SPÖ.)

Es bleiben daher aus meiner Sicht drei Dinge festzuhalten.

Erstens: Das Austauschen von Personen wird diese Regierung nicht gesunden lassen. Ich habe nichts gegen die zwei neuen Regierungsmitglieder; sie werden versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen zu arbeiten. Es wäre aber für die FPÖ sinnvoller, ihre Politik zu überdenken und sich aus dieser Umklammerung durch die ÖVP zu be­freien, denn der wahre Grund dafür, dass Sie Wahlen verlieren, ist, dass Sie eine neo­liberale Politik mittragen und damit gefangen sind in einer Regierungskonstellation, die einem Verrat an Ihren Wählern gleichkommt. Deshalb haben Sie 17 Prozent bei der EU-Wahl verloren, und nicht, weil der Herr Böhmdorfer hier hinten gesessen ist, oder ein anderer Staatssekretär. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir von der SPÖ haben Ihnen ja Angebote gemacht, sich von dieser Politik abzuwen­den – Stichwort Pensionsreform. Sie hätten ja gemeinsam mit der Opposition im Vor­jahr eine Pensionsreform beschließen können, die sozial gerecht gewesen wäre, die nicht einer Pensionskürzungsreform, wie sie Bundeskanzler Schüssel mit seinem Team ausgearbeitet hat, gleichgekommen wäre, sondern eine sozial gerechte Politik gewesen wäre. Aber Sie haben sich für die Beibehaltung der Ministersessel entschie­den. Das sei Ihnen unbenommen – aber das wird Sie nicht schützen vor nächsten Wahlniederlagen.

Zweitens – und das sei auch gesagt, weil das immer wieder in den Medien kolportiert wird –: Jörg Haider ist nicht der Löser eines Problems, er ist ein Teil des Problems selbst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Weiß das der Ambrozy auch?) Die große Mehrheit der Bevölkerung steht nicht mehr hinter seinem Kurs, und ich würde auch den Kurs mit diesen drei Flügeln, die es bereits gibt in der FPÖ, einmal überden­ken.

Drittens, Herr Bundeskanzler: Sie können sich nicht, wie Ihre Propagandamaschinerie versucht, der Öffentlichkeit weiszumachen, aus der Verantwortung stehlen und auf Stabilität setzen. Sie sind der Stabilitätsfaktor. Sie sind der Mitverursacher dieses Chaos der Regierung, denn Sie haben lange dazu geschwiegen, und Sie sind nicht nur verantwortlich für die ÖVP-Regierungsmitglieder, sondern genauso verantwortlich für die FPÖ-Regierungsmitglieder. Und man hätte sich von Ihnen schon früher ein klares Wort in diese Richtung erwartet. (Beifall bei der SPÖ.)

Der einzige Grund, warum wir froh sind, dass Sie nicht nach Brüssel wechseln – im Übrigen ist das ja nur in Österreich kolportiert worden, in sonst keinem europäischen Staat; keine europäische Zeitung hat das geschrieben (Abg. Prinz: Sie lesen offenbar sehr wenig! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) –, ist die Tatsache, dass Sie für die Politik, die Sie mit dieser Regierung zu verantworten haben, früher oder später gerade­zustehen haben. – Wir freuen uns auf den Tag, an dem das der Fall sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindel­egger. Auch er hat 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 



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12.18

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Kollege Darabos, Sie haben bei Ihrer ers­ten Rede Ihrer Enttäuschung Ausdruck verliehen, dass die Diskussion heute nicht in einer so sachlichen und besonderen Art stattfindet, wie Sie sich das vorstellen. Aber ich muss Ihnen diese Enttäuschung zurückgeben: Ihre erste Rede in diesem Hohen Haus, im Nationalrat, haben Sie eigentlich zu nichts anderem verwendet als dazu, die Plattitüden aus der Löwelstraße zu wiederholen. – Meine Damen und Herren! Das ist zu wenig für ein Parlament wie dieses. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte zu dem zurückkehren, was der Herr Bundeskanzler in seiner Erklärung heute angesprochen hat, und ich glaube, das ist es wert; darüber zu diskutieren, denn: Eine Europäische Verfassung hat es bisher nicht gegeben, aber in Zukunft wird es eine solche geben. Mit der Einigung der Staats- und Regierungschefs – da bin ich anderer Meinung als der Kollege Gusenbauer, der gemeint hat: na, ja, besser eine solche als gar keine – ist schon ein Meilenstein gesetzt worden, meine Damen und Herren. Diese Einigung von 25 Staats- und Regierungschefs verhilft uns dazu, dass wir jetzt ein Fun­dament haben, auf dem wir dieses Europa weiter aufbauen können.

Ich glaube, dass es schon ein beeindruckendes Ergebnis auch der Handlungsfähigkeit der Union ist, dass es diese Einigung in Europa gegeben hat. Und ich bin froh darüber, dass alle 25, die jetzt Mitglieder sind, mit ihren Vertretern dort mitgestimmt haben, wahrscheinlich besser, als wenn – erinnern wir uns sechs Monate zurück – damals nur 15 eine Verfassung beschlossen hätten, die auch für zehn weitere Staaten gegol­ten hätte.

Ich glaube, es ist schon ein beeindruckender Meilenstein, der mit dieser Europäischen Verfassung geschaffen wurde. Und ich möchte das für meine Fraktion auch sehr be­grüßen, weil wir pro Europa stehen und glauben, dass sich darauf ein gutes neues Europa aufbauen lässt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte auch Frau Kollegin Lichtenberger widersprechen, die meint, es werde da über Texte irgendwo im geheimen Kämmerlein verhandelt, und darüber wisse niemand Bescheid. – Ja, Frau Kollegin Lichtenberger, offensichtlich ist an Ihnen der Prozess, der in diesem Haus zur Begleitung stattgefunden hat, völlig vorübergegangen. Über einen Großteil der Dokumente, dieses dicken Pakets, wurde vorher schon Einverneh­men erzielt. Das haben wir im Hauptausschuss auch alle miteinander begrüßt.

So, wie das in Österreich in der Verfassung und in der Praxis vorgesehen ist, haben auch die Fraktionen des Hauses die Möglichkeit gehabt, mitzubestimmen, und zwar über jeden einzelnen Text, der auf diesem Europäischen Rat noch verhandelt wurde. Wir haben dazu ein Feuerwehrkomitee in diesem Nationalrat, in das jede Fraktion einen Vertreter entsendet, und dieses begleitet diesen Prozess. Ich möchte das auch einmal an dieser Stelle vor einer großen Öffentlichkeit festhalten, dass wir in Österreich diesbezüglich ein vorbildliches System der Mitbestimmung des Parlaments an solchen Ereignissen wie einem Europäischen Rat haben. Und das halte ich für eine ganz we­sentliche Voraussetzung für eine Partizipation der Bürger an einer Fortentwicklung der Union.

Ich möchte auch festhalten, dass wir mit unseren Regierungsvertretern auch Persön­lichkeiten in diesem Europäischen Rat haben, mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, mit der Frau Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, die für Österreich im letzten Augenblick noch ganz wesentliche Punkte bei diesem Veränderungsprozess herausge­holt haben.

Wichtig für uns: die Daseinsvorsorge. Kollege Einem hat gemeint, das interessiert ja die Österreicher nicht. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Die Frage der Daseinsvor-


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sorge, Herr Kollege Einem, interessiert jeden Österreicher, weil jeder gerne wissen möchte, wo für ihn die Gesundheitsvorsorge entschieden wird: in Österreich oder in Brüssel? Wo wird für ihn entschieden, wie die Müllbeseitigung zu erfolgen hat, von der Kommune oder in Brüssel? – Wir stehen dafür, dass es in Österreich entschieden wird, und so haben wir das auch umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Beispiel: das Thema Wasser, das von Ihnen so oft im Wahlkampf als ein so entscheidendes Thema zitiert wurde. Bei dieser Regie­rungskonferenz wurde eben entschieden, dass auch Fragen des Wassers zukünftig der Einstimmigkeit unterliegen und hier nicht durch irgendwelche europäischen Gesetze Veränderungen herbeigeführt werden können. – Ein Erfolg für diese Bundes­regierung, meine Damen und Herren, denn der Bundeskanzler hat das letztlich im Europäischen Rat durchgesetzt. Und das halte ich für ganz wesentlich, denn wir wollen weiter über unsere Wasserressourcen entscheiden; ohne uns gibt es in diesem Be­reich nichts, was verändert werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte ein drittes Beispiel anführen, das die Österrei­cher interessiert. Natürlich geht es auch um die Mitbestimmung in allen Institutionen. Die Kommission ist nun einmal der Motor der ganzen Europäischen Union. Und wenn Österreich keinen Kommissar hat, heißt das, dass man auch abgeschnitten ist von Informationsprozessen. Wir haben bis 2014 einen Kommissar. Das heißt, noch zwei weitere Perioden wird ein österreichischer Kommissar in der Kommission sitzen und mitentscheiden. Wir halten das für wichtig und gut. Der Bundeskanzler hat das durch­gesetzt, Kollege Einem – Sie hätten das gleich gestrichen. Wir wollen das nicht, son­dern wir wollen, dass wir weiterhin in allen Institutionen vertreten sind – ein Erfolg un­seres Bundeskanzlers! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube daher, auf diesem Fundament lässt sich auf­bauen, und wir begrüßen diese Entscheidung der Staats- und Regierungschefs. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.24

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Als Erstes möchte ich eines feststellen: Ich weine dem Herrn Bundesminister Böhm­dorfer keine Träne nach! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Jössas na! Sie haben ihn doch immer gelobt! Sie haben doch riesige Lobeshymnen für ihn gehabt!) Ich weine ihm wahrlich keine Träne nach und erinnere Sie daran, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass genau er es war, der die Vorschläge Jörg Haiders, „Vaterlandsverräter“, oppositi­onelle Politiker, die Kritik an der Regierungspolitik üben, von der Strafjustiz zu verfol­gen, für verfolgenswert hielt (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ehrlich sind Sie wirklich nicht!), dass Justizminister Böhmdorfer derjenige gewesen ist, der Jörg Haider seinerzeit in der so genannten Spitzelaffäre als „über jeden Verdacht erhaben“ bezeichnet hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum haben Sie ihn dann in jeder Sitzung gelobt? Bedankt haben Sie sich für die Politik, die er macht!)

Deshalb sind die sieben Misstrauensanträge, die gegen Minister Böhmdorfer als politi­sches Mittel gegen seine Arbeit hier im Parlament von der Opposition eingebracht wor-


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den sind, mehr als berechtigt gewesen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Frage allerdings, warum gerade dieser Minister abgelöst wird, von dem die Regie­rung behauptet, dass ihm die Opposition Tränen nachweine, und der heute von der Regierung ach so gelobt wurde (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich lasse mir die Protokolle bringen!), konnte nicht beantwortet werden. Diesen Widerspruch konnte noch niemand von den Rednern und Rednerinnen der Regierungsfraktionen hier aufklären.

Ja, meine Damen und Herren, wenn er so gut war, wie Sie tun, dann würde er ja immer noch hier sitzen und dürfte in seiner Arbeit fortfahren! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie waren aber eine Jubelperserin!)

Aber für uns – und das möchte ich auch noch klarstellen – ist ein Justizminister, der die Jugendgerichtsbarkeit in Österreich zerschlagen hat, so wie der Herr Bundesminister außer Dienst Böhmdorfer, ein Justizminister, in dessen Ära die Häftlingszahlen in Ös­terreich so hoch gestiegen sind wie noch nie zuvor, was unmittelbar mit seiner Politik zu tun hat, wahrlich kein Minister, dem man eine Träne nachzuweinen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und deshalb, meine Damen und Herren, weil ich mich nicht mehr mit ihm auseinander setzen kann, möchte ich mich jetzt der neuen Frau Bundesministerin widmen.

Frau Bundesministerin Mag. Miklautsch! Ich habe Ihre Bestellung bisher nicht kom­mentiert. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie wird auch keinen Wert darauf legen!) Was hätte ich auch kommentieren sollen? Ich bin keine Spezialistin in Sachen Kärntner Was­serqualität. Ich kann Ihre Arbeit als Kärntner Wasserrechtsspezialistin nicht kom­mentieren, weil ich mich bisher nicht damit beschäftigt habe. (Abg. Neudeck: Und so etwas ist Justizsprecherin!) Ich habe mich in den letzten Jahren als Justizsprecherin der Grünen mit dem Justizressort in Österreich, mit dem Rechtsstaat sehr wohl auseinander gesetzt, und da kann ich nur sagen: Ich bin mehr als verwundert, dass genau diese Bundesregierung jemanden, der selber zugibt, ahnungslos in all diesen Dingen in Bezug auf das Justizressort zu sein – das war ja Ihre erste Reaktion auf Ihre Bestellung –, in dieses Ressort, das ein Schlüsselressort eines jeden Staates ist, setzt. Das Justizressort ist nicht ein Ressort wie jedes andere. Der Ressortverantwortliche – in dem Fall jetzt Sie – steht jenem Ressort vor, das eine der Staatsgewalten, nämlich die Justiz, verwaltet. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nach einem halben Jahr werden Sie sie wieder bejubeln!)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Vorgangsweise in der Bundesre­gierung zeigt ja nichts anderes, als dass dieser Bundesregierung der Rechtsstaat kein großes Anliegen ist. Sonst würde nämlich nicht mit dieser Beliebigkeit ein Minister­wechsel vonstatten gehen. Herr Minister Böhmdorfer hat ja zugegeben, dass er nicht freiwillig gegangen ist, dass er weiterarbeiten wollte. Und dann wird jemand – so habe ich das zumindest verstanden – innerhalb von zwölf Stunden in dieses Schlüsselres­sort, in dieses sensible Ressort bestellt!

Welches Verhältnis haben Sie, Herr Bundeskanzler, zu diesen Fragen, welche Antwor­ten geben Sie darauf: Wie hält es Österreich mit dem Rechtsstaat? Was ist mit der Frage der Personalsituation bei den Richtern und Richterinnen und StaatsanwältIn­nen? Was ist mit der Frage der dramatischen Personalsituation in Österreichs über­füllten Gefängnissen, wo die Justizwache, die für Sicherheit in den Gefängnissen zu­ständig ist, mehr als Alarmsignale an die Verantwortlichen in der Politik aussendet und sie auffordert, endlich etwas zu tun? Was ist mit der Frage der Strafbarkeit juristischer Personen, mit diesem wesentlichen und großen Gesetzesvorhaben, wo wir eine Res­sortverantwortliche brauchen, die in dem Fall wie eine Frau – früher war es halt ein


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Mann – hinter diesem Anliegen steht und nicht vor der Industrie und vor der Wirtschaft in die Knie zu gehen droht, damit dieses Gesetz auch umgesetzt werden kann?

Davon habe ich von Ihnen, Frau Ministerin, jetzt nichts gehört. Und das sind die Haupt­probleme, denen Österreich in den nächsten Monaten – hoffentlich nicht Jahren – ausgesetzt ist und mit denen Sie zu kämpfen haben werden.

Aber nichtsdestotrotz: Als erste und damit jetzt siebente Justizministerin in Österreich wünsche ich Ihnen alles Gute und hoffe auf eine fortgesetzt gute Zusammenarbeit, wie es im Justizausschuss immer üblich war. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

12.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.30

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Aber ganz besonders: Frau Justizminister und Herr Staatssekretär! Sie möchte ich ganz besonders begrüßen, weil ich Ihnen alles Gute für Ihre schwierige Arbeit wünschen möchte – einen kleinen Vorgeschmack haben Sie ja jetzt bekommen.

Frau Kollegin Stoisits, mich hat gefreut, dass viele Redner der Opposition Dieter Böhmdorfer und seine Arbeit gelobt haben, aber wenn Sie das auch noch getan hätten, dann hätte ich vielleicht gedacht, dass er irgendetwas falsch gemacht hat. Deshalb, Frau Stoisits, bin ich froh, dass Sie Dieter Böhmdorfer keine Träne nachweinen. Das ist für mich ein Beweis dafür, dass er eine ausgezeichnete Politik gemacht hat. Ich danke Ihnen sehr! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren der SPÖ, vor allem Herr Kollege Darabos! Diese Bundesre­gierung hat in der Tat etwas mit Chaos zu tun, nämlich mit dem Chaos, das wir von Ihnen im Jahre 2000 übernehmen haben müssen, dem Chaos, das sich vor allem auf die budgetäre Situation bezogen hat.

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung mit der Beteiligung von uns Frei­heitlichen hat begonnen, diese Probleme zu lösen. Ich erinnere Sie nur an die Steuer­reform. Ich erinnere Sie an das Bundes-Tierschutzgesetz, an die Strafprozessordnung, Dinge, über die wir heute schon debattiert haben, an die Abfertigung-Neu, ein altes Anliegen von Ihnen, das Sie nie durchgesetzt haben – die Bundesregierung, beste­hend aus ÖVP und FPÖ, hat es getan! Ich erinnere Sie an die Pensionssicherungsre­form, das Kindergeld oder die „Behinderten-Milliarde“.

Meine Damen und Herren! Das sind alles Meilensteine gewesen in der Innenpolitik dieser Republik, die ohne die Beteiligung von uns Freiheitlichen nicht möglich gewesen wären. Deshalb ist diese Bundesregierung auf dem richtigen Weg, und deshalb werden wir Freiheitlichen auch alle Kraft hineinlegen, um diesen erfolgreichen Weg weiterzu­führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dasselbe vollzieht sich auch auf der europäischen Ebene. Wir haben heute die Euro­päische Verfassung hier in Ansätzen zu debattieren; der Herr Bundeskanzler ist schon darauf eingegangen. Es ist ein wichtiger Schritt für die gesamte Europäische Union, dass es jetzt eine Verfassung für 500 Millionen Menschen gibt, die einen neuen Schritt nach vorne bedeutet und die die Gestaltung der jetzt auf 25 Mitgliedsländer erweiterten Union möglich macht.

Wir Freiheitlichen sind aber auch der Ansicht, dass mit der Erweiterung um diese zehn Mitgliedsländer und mit dieser neuen Verfassung, die jetzt eingeführt werden soll,


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wesentliche Schritte gesetzt worden sind, die jetzt einmal dazu führen müssen, dass die Union sich bemüht, diese Integration auch qualitativ zu bewältigen, dass wir jetzt keine weiteren Erweiterungsschritte anpacken dürfen und dass wir uns auch, was die Intensität der Integration anbelangt, Zeit lassen müssen.

Meine Damen und Herren! Wenn das Experiment Europäische Union gelingen soll – und wir sollten das wollen! –, wenn dieses Experiment gelingen soll, dann braucht es Zeit, dann braucht es auch Zeit, diese Erweiterung um zehn neue Mitgliedsländer wirk­lich zu verarbeiten, und dann wird es auch Zeit brauchen, bis diese Verfassung, die man jetzt auf Regierungschef-Ebene beschlossen hat, in Funktion gesetzt und von den Bevölkerungen der Europäischen Union akzeptiert wird.

In dieser Verfassung gibt es wesentliche Verbesserungen gegenüber der Situation da­vor, Herr Kollege Einem, und das ist, glaube ich, das wesentliche Kriterium. Wir haben sicherstellen können, dass die Wasserreserven Österreichs von der europäischen Ebene nicht angegriffen werden können. Wir haben die Daseinsvorsorge, ein Anliegen, das Sie gerade im Konvent vorangetrieben haben, in der neuen Verfassung, die jetzt beschlossen worden ist, gesichert. Wir haben ein Mitspracherecht für die nationalen Parlamente erwirken können. Wir haben die Auslösung eines Frühwarnmechanismus von den nationalen Parlamenten aus verankert, wenn die Kommission ihre Gesetzge­bungsvorschläge macht. Wir können dagegen auch Klage erheben, wenn es die Be­fürchtung gibt, dass das Subsidiaritätsprinzip verletzt worden ist.

Wir haben auch eine ausdrückliche Festlegung der Mitentscheidung auf europäischer Ebene zwischen dem EU-Parlament und den Räten. Das ist ganz wesentlich: Die direkt von der Bevölkerung Europas gewählten Abgeordneten im Europäischen Parla­ment sind in einer ständigen Zusammenarbeit mit den Vertretern der demokratisch legitimierten Regierungen der Mitgliedsländer. Das ist ein wesentlicher Schritt nach vor, und ich denke, dass das auch ein guter Bestandteil der neuen Verfassung ist.

Wir müssen uns zweifellos auch im Lichte der Bürgernähe überlegen, wie man im Rahmen einer Volksabstimmung nun diese Verfassung legitimiert. Wenn es gelingt, auf europäischer Ebene eine Volksabstimmung abzuhalten, dann soll mir das recht sein, dann ist es ein guter Schritt in die richtige Richtung. Aber wir müssen uns auch als Österreicher fragen, inwieweit diese neue Europäische Verfassung in die Verfassungs­realität unserer österreichischen Verfassung eingreift. Diese Diskussion, meine Damen und Herren, sollten wir auch führen, um festzulegen, ob auch hier eine Volksabstim­mung notwendig sein wird. – Ich danke Ihnen sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit der letzten vier Redner hiezu wird jeweils 6 Minuten sein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.35

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal eine Regierungsumbildung, wieder einmal werden im freiheitlichen Team Leute ausgetauscht. Damit ist die Rundumerneuerung der freiheitlichen Regierungsmann­schaft abgeschlossen – es gibt niemanden mehr, der seit Februar 2000 mit dabei ist.

Wir finden ja, Sie hätten ruhig weitermachen können mit der Rundumerneuerung. Auch im ÖVP-Teil der Regierung wäre uns einiges eingefallen in Richtung Rundumerneue­rung. Vor allem wäre die Rundumerneuerung notwendig, was Ihre Politik betrifft. Wir könnten uns zum Beispiel vorstellen eine Rundumerneuerung, was die Bildungspolitik


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betrifft. (Abg. Mag. Molterer: Das fürchten wir!) Wir würden uns wieder eine Bildungs­politik wünschen, die die Chancen der Kinder in den Mittelpunkt stellt und nicht die Chancen der Kinder wegspart. Wir würden uns wünschen eine Rundumerneuerung in der Arbeitsmarktpolitik, die die Chancen der Jugendlichen wieder in den Mittelpunkt stellt und sich nicht damit abfindet, dass so viele junge Menschen in unserem Land keine Arbeit finden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir würden uns wünschen eine Rundumerneuerung in der Pensionsreformpolitik, wür­den uns wünschen, dass zügigst eine Pensionsreform umgesetzt wird, die das Ver­trauen der Menschen gewinnt und dieses Vertrauen auch verdient.

In Summe, sehr geehrte Damen und Herren, würden wir uns von Ihnen eine Politik wünschen, wo sich die Leute nicht mehr fürchten müssen, wenn sie das Wort „Reform“ hören, so wie das im Moment der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Frau Vizekanzlerin, Entschuldigung, die Frau Staatssekretärin – Freud’sche Fehl­leistung, ich glaube, nicht zufällig – hat gemeint, dass die Bestellung der Justizministe­rin eine frauenpolitische Ansage ist. – Aha! Zu „frauenpolitischer Ansage“ würde mir sehr viel einfallen. Was frauenpolitische Ansage betrifft, würde ich es zum Beispiel nach vielen Jahren Ihrer Regierungspolitik sehr originell finden, wenn Sie einmal Politik machen würden, die Frauen nützt, die Frauen hilft, sie in ihrem Leben zu entlasten, die Frauen wieder Chancen eröffnet. Aber da tun Sie nichts, das unterlassen Sie, obwohl die OECD Sie in diesem Zusammenhang gerügt hat. Die OECD rügt Sie dafür, dass zu wenig passiert im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in unserem Land. Aber Sie reagieren nicht, Sie ändern Ihre Politik auch deshalb nicht.

Die EU-Kommission hat Sie gerügt und kritisiert, dass Ihre Politik den Wiedereinstieg für Frauen nach der Babypause sehr schwer macht. Sie reagieren nicht!

Das wären wichtige frauenpolitische Ansagen! (Beifall bei der SPÖ.) Hier hätten Sie viel Handlungsspielraum, um sinnvolle Dinge zu tun, aber leider gibt es hier nur absolu­ten Stillstand.

Aber nun zur Person der neuen Justizministerin. – Frau Justizministerin, es war sehr nett von Ihnen, uns hier Ihren Lebenslauf zu präsentieren. Mehr noch hätte mich inter­essiert, Ihre politischen Vorstellungen zu hören. Dazu haben wir leider nur einige Schlagworte von Ihnen gehört. Ich hätte beispielsweise auch gerne gewusst, was Sie, Frau Justizministerin, darunter verstehen, wenn Sie sagen, dass Sie Sozialbetrug hart bestrafen wollen. Was dürfen wir uns da in den nächsten Jahren von Ihnen erwarten?

Sie, Frau Minister, haben den Opferschutz genannt, ich glaube, mit Recht, denn da ist vieles offen geblieben. Leider haben Sie uns nicht gesagt, was Sie hier ändern wollen. Interessant wäre auch, wie Sie mit den Opferschutzverbänden umzugehen vorhaben, die Ihr Vorgänger leider finanziell ausgehungert hat.

Sie, Frau Bundesministerin, haben leider nichts gesagt zur derzeit zwangsverordneten gemeinsamen Obsorge. Wir hören von sehr vielen Eltern, dass es hier zu Konfliktaus­tragung auf dem Rücken der Kinder kommt. Ich denke, dass auch hier Handlungsbe­darf besteht.

In Summe betrachtet, Frau Bundesministerin, wünsche ich Ihnen viel Glück, und: Ich fürchte, Sie werden es brauchen!

Zu Staatssekretär Mainoni: Ich finde es sehr bedauerlich, Herr Staatssekretär, dass Sie sich gleich in Ihren ersten Stellungnahmen verabschiedet haben vom nicht besonders ambitionierten Ziel, die Forschungsquote bis 2010 auf 3 Prozent zu steigern. Sie sagen, das Geld sei nicht da.


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Ich würde sagen, Herr Staatssekretär: Mehr Mut! Da geht es um wichtige Dinge. Da geht es um den Wirtschaftsstandort. Da geht es um qualifizierte Arbeitsplätze. Da geht es um Chancen für die Jugend.

Daher: Mehr Mut! Resignieren Sie nicht! Kämpfen Sie doch dafür, dass es die entspre­chenden Budgetmittel für die Forschung gibt! Es würde sich lohnen.

Herr Staatssekretär! Begnügen Sie sich, bitte, nicht mit der Ihnen offenbar zugedach­ten Rolle, der Gehilfe des Herrn Vizekanzlers zu sein, damit er sich mehr auf die Par­teiarbeit in der FPÖ konzentrieren kann!

Herr Staatssekretär, nehmen Sie Ihren Job wirklich ernst! Kämpfen Sie für mehr For­schungsmittel, für mehr Budgetmittel! Das ist eine wichtige Rolle, die Sie da übernom­men haben. Wir stärken Ihnen dabei sehr gerne den Rücken! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

In Summe gesehen möchte ich sagen: Machen Sie weiter mit der Rundumerneuerung! Machen Sie nicht Halt damit, belassen Sie es nicht dabei, ein paar Köpfe auszutau­schen! (Abg. Mag. Molterer: Wir werden mit der Arbeit nicht Halt machen!) Machen Sie Rundumerneuerung, was die Substanz Ihrer Politik betrifft! Die Menschen in die­sem Land hätten es bitter nötig. (Beifall bei der SPÖ.)

12.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank – vor allem die neuen Regierungsmitglieder, die ihr hier in diesem Hohen Haus herzlich willkom­men seid!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer die heutige Debatte aufmerksam verfolgt hat, dem ist Folgendes aufgefallen: Die Opposition hat mit zwei völlig unterschiedlichen Ansätzen versucht, die Regierungspolitik schlecht zu machen und zu zerreden. Gusen­bauer hat es versucht mit einer sehr larmoyanten, schwarzmalerischen, Angst machen­den Rede – sie war erfolglos. Kollege Van der Bellen hat es versucht mit einer sehr kabarettistisch, launisch, lächerlich angelegten Rede – sie war auch erfolglos.

Da kann ich nur sagen: Der Vergleich macht uns sicher! (Abg. Dr. Van der Bellen: Ah so?!)

Wenn wir heute die Europäische Verfassung diskutieren, so macht uns folgender Ver­gleich sicher, meine Damen und Herren: Erinnern wir uns zurück an das Frühjahr 2000 und vergleichen wir es mit dem heutigen Zustand! – 2000: Sanktionen aller EU 14 gegen Österreich. Heute: eine neue Europäische Verfassung, wo viele Vorredner zu Recht gesagt haben, dass sie in großem Ausmaß die Handschrift unseres Bundes­kanzlers und unserer Außenministerin trägt. Wir alle und alle Österreicherinnen und Österreicher konnten in den letzten Wochen erleben, welch große Wertschätzung un­ser Bundeskanzler in Europa hat. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) – Welch Vergleich, meine Damen und Herren, zwischen 2000 und heute! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundeskanzler, lassen Sie mich Folgendes sagen: Natürlich sind wir Österreicher als kleines Land unglaublich stolz, dass wir in unserem Bundeskanzler einen europäi­schen Spitzenpolitiker haben. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann muss ich sagen: Wir sind noch mehr froh, dass Sie Bundeskanzler für die Republik Österreich bleiben,


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Herr Bundeskanzler, denn es gibt keinen Besseren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es macht uns auch ein zweiter Vergleich sicher, meine sehr geehrten Damen und Her­ren – und das wissen jene Kollegen aus dem Finanzausschuss, die dabei waren, als die Experten des Währungsfonds vor eineinhalb Monaten in diesem Haus waren, und dort waren alle vier Fraktionen vertreten –: Die Experten des Währungsfonds haben gesagt, dass seit der politischen Wende 2000 Österreich, was die notwendigen Refor­men betrifft, ein Herzeigemodell für Europa – ein Showcase für Europa – geworden ist. Österreich ist unter den Top 3, was den Lissabon-Prozess betrifft. Lissabon-Prozess heißt: wirtschaftlicher Aufholprozess, heißt Arbeitsplätze, Einkommenschancen, soziale Sicherheit – und wir sind unter den Top 3 mit einer hervorragenden Leistungsbilanz dieser Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Parnigoni: Nur auf dem Papier! Sehr hohe Arbeitslosigkeit!) Herr Kollege Parnigoni, die folgenden Zahlen sind sehr einfach, die verstehst auch du.

Meine Damen und Herren! Im Vorjahr hatten wir in Österreich ein doppelt so hohes Wirtschaftswachstum und eine nur halb so hohe Arbeitslosigkeit wie jene im EU-Durchschnitt und ein Budgetdefizit, das nur ein Drittel dessen ist, was Frankreich, Eng­land, Deutschland oder Italien hat – also eine hervorragende Performance dieser Bundesregierung!

In diese Bundesregierung kommen jetzt zwei neue Mitglieder, und diese zwei neuen Mitglieder haben meiner Meinung nach hervorragende Startbedingungen in dieser Bundesregierung: Sie kommen in ein erfolgreiches Team.

Was die neue Justizministerin betrifft, so hat sie neben ihrer eigenen Qualifikation ein hervorragendes Haus mit exzellenten Experten und die Parlamentsmehrheit hinter sich. Sie hat mit unserer Maria Theresia Fekter als Justizausschussobfrau eine kon­geniale Partnerin. Da kann ich nur sagen: Glück auf in dieser neuen Funktion, Frau Justizministerin! Sie werden die Justizreformen erfolgreich fortsetzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Eduard Mainoni, ich glaube, du, den wir ja schon länger kennen, hast ebenfalls hervorragende Startvoraussetzungen: Dieses Hohe Haus hat in den letzten Monaten im Forschungsbereich die Weichen so gestellt, dass heute anerkannte Exper­ten, wie zum Beispiel Prof. Felderer, sagen, dass Österreich einer der attraktivsten Forschungsstandorte ist.

Wir haben im Forschungsbereich zahlreiche Maßnahmen gesetzt: Erhöhung des For­schungsfreibetrages, Forschungsprämie, Nationalstiftung für Forschung, völlige Neu­strukturierung der gesamten Forschungslandschaft.

Lieber Kollege Edi Mainoni, du hast hervorragende Chancen, aber wir wissen: Wir können die schönsten Gesetze beschließen, aber sie müssen auch vollzogen werden! Diese Chance liegt jetzt bei dir, und wir sind sehr hoffnungsfroh und wünschen dir alles Gute für diese faszinierende Aufgabe in dieser neuen Funktion. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass diese Mannschaft, die jetzt auf der Regie­rungsbank sitzt, alle Voraussetzungen mitbringt, und zwar auf Grund der bisherigen Leistungen. (Zwischenruf des Abg. Broukal.) Herr Kollege Broukal, diese Leistungen können Sie nicht zerreden! Das sind Daten und Fakten, die lassen sich nicht zerreden!

Wir haben in Österreich eine hervorragende Leistungsbilanz im Bereich der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Ich zähle die Leistungen nur stichwortartig auf: Stabilität im Staatshaushalt, Steuerreform zur Entlastung der Bürger und der Betriebe, Investitionen in die Infrastruktur.


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Wir haben eine hervorragende Leistungsbilanz in der Sozialpolitik mit Maßnahmen wie Abfertigung-Neu, Kinderbetreuungsgeld, Elternkarenz, Hospizkarenz. Das ist eine per­fekte Bilanz der Sozialpolitik!

Wir haben auch eine hervorragende Bilanz im Bereich der Bildungs- und Forschungs­politik; Stichwort: Universitätsreform. Wir haben die Weichen gestellt für die Zukunft unserer hohen Schulen. Wir haben alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Österreich in diesem Bereich wieder federführend ist.

Ich selbst habe vorige Woche in meinem Wahlkreis die Donau-Uni in Krems besucht. Ich darf Sie daran erinnern: Seinerzeit von Ihnen belächelt – heute gibt es dort 3 000 Hörer aus 40 Nationen der Welt, und die Uni weist einen Selbstfinanzierungs­grad von 80 Prozent aus. – Das ist die Erfolgsstory der Bildungspolitik dieser Bundes­regierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.)

Herr Kollege Bauer, auch du hast damals gelächelt! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.) Ich kann mich noch daran erinnern, wie Altlandeshauptmann Sigi Ludwig diese Visionen, wo sich manche auf den Kopf geklopft haben, in die Wirklichkeit umge­setzt hat.

Das ist die Stärke dieser Bundesregierung: Sie hat eine Perspektive – Österreich 2010. Dieses Land ist bei dieser Bundesregierung in guten Händen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 6 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.47

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich hoffe, dass meine Bemerkungen zu dieser Regierungsumbildung auf mehr Interesse als bei Herrn Stummvoll stoßen, aber da ich kein Weihrauchfass mithabe, bezweifle ich das.

Erst vor kurzem haben wir erlebt, wie wenig erfolgreich die Debatte um die Themen „Vaterlandsverräter“ und „Champagner“ von Ihnen geführt wurde, und nun offerieren Sie uns eine wenig originelle Umbildung der Bundesregierung, die ich nicht so span­nend finde wie all Ihre Parteigenossinnen und -genossen. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir sind keine Genossen!) Wir hören zu wiederholtem Male die Schlagworte „Aufbruch­stimmung“, „Erneuerung“, „Kompetenz“, aber niemand verblüfft das, weil wir das immer schon gehört haben. Immer wieder haben Sie erneut umgebildet – mit oder ohne quietschende, rauchende Gummis.

Was Sie aber gleichzeitig gemacht haben, das ist Folgendes: Sie haben ein neues staatspolitisches Amt geboren, nämlich das eines Kärntner Konsulenten. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Dessen Ratschläge allerdings würde ich mehr als Schläge gegen ein erfolgreiches Regieren betrachten denn als Rat. Wenn Sie jedoch hören, was die Kommentatoren dazu schreiben und sagen, dann sollten Sie zumindest stutzig werden, ob so ein Amt dienlich ist, Österreich und die Republik zu führen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Ganze bleibt aber trotzdem unverständlich, außer man deutet diese Regierungs­umbildung als das, was sie wirklich ist, nämlich das Eingeständnis eines breiten und wiederholten politischen Versagens. Sie ist das Eingeständnis eines Desasters bei der Qualitätssicherung in der Politik und auch das Eingeständnis der Entzauberung des Bundeskanzlers als nachhaltigen, großen Strategen, der weiß, was er tut. Sie ist auch die Entzauberung des Parlamentspräsidenten Khol, der schon einige teure Weine ver-


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wettet hat, indem er auf die Tragfähigkeit der Regierung setzte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Halten wir fest: Ein Dream-Team oder, wenn Sie so wollen, ein Kabinett des Lichtes schaut jedenfalls für mich und, wie ich meine, auch für die Mehrheit der Bevölkerung ganz anders aus. De facto ist es der ÖVP aber wirklich gelungen, in einer Art Alleinre­gierung sich sehenden Auges davon zu verabschieden, dass Ministerien eine kompe­tente, sachbezogene, fachlich richtige Führung bekommen. – Das ist nicht der Fall, und das liegt auch in der Verantwortung des Bundeskanzlers.

Ich will jetzt niemanden desavouieren – und ich will weder Mainoni noch die jetzige Justizministerin hier anklagen –, trotzdem bleibt etwas: Man braucht Mut, um nicht zu sagen, eine gewisse Tollkühnheit oder Respektlosigkeit den Anforderungen eines Amtes gegenüber, wenn man zu allem ja sagt, zu all dem, wozu man berufen wird – egal, ob geeignet oder nicht geeignet! Und das finde ich bedenklich! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist auch deswegen wichtig, weil das Wort „Ministerium“ – da ist wahrscheinlich Khol Experte – ja von „dienen“ kommt, aber dienen tun solche Besetzungen eigentlich keiner Bürgerin/keinem Bürger Österreichs!

Herr Bundeskanzler, was mich am meisten irritiert: Sie nehmen das alles in Kauf, diese Art Alleinregierung, dieses „Wegzaubern“ von fachkompetenter Ressortsteuerung, nur um Ihre Macht, nur um diese Koalition zu erhalten! Und das – sagen Sie mir dann, ob Sie’s anders sehen – halte ich für ich einen Verrat an der Republik, einen Verrat an den WählerInnen. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.) – „Landes­verrat“ habe ich nicht gesagt, aber es ist ein Verrat! Ich sehe das so.

Herr Bundeskanzler, brauchen Sie wirklich Kompetenzen im Wasserrecht, weil Ihnen und der Regierung das Wasser bald bis zum Hals steht?! Brauchen Sie wirklich einen Staatssekretär für Sport, der bald, mit Stethoskop und weißem Mantel, sozusagen einen gesundheitspolitischen Marathon laufen wird – aber wahrscheinlich nicht zu Ende?!

Wozu, Herr Bundeskanzler, brauchen Sie eine solche Regierungsumbildung?! Ich glaube, man muss nicht ForscherIn oder ÄrztIn sein, um entsprechende Ressorts zu leiten, aber: Mit Sachkompetenzen wenig oder überhaupt nichts am Hut zu haben, empfiehlt sich meiner Meinung nach auch nicht!

Wenn Martin Strutz in Kärnten sagt, der Einfluss Kärntens auf die Regierung habe sich stärker entwickelt, sage ich dazu: Ob das gut ist, will ich gar nicht kommentieren, das überlasse ich Ihrer Phantasie!

Sie, die neue Frau Justizministerin, könne „gut zupacken“, hat es geheißen; sie „traut sich etwas“, sagt Lopatka über die neue Bundesministerin. – Ich meine: „Zupacken“ tut man bei Möbelfirmen, und „trauen“ tut man sich vielleicht etwas als Stuntman/Stunt­woman: Ob das jedoch dazu berechtigt, ein Justizressort zu führen, weiß ich nicht. (Abg. Scheibner: Also Sie haben Sorgen – wirklich wahr!)

Einmal ist der Vergleich eines bekannten, aber in sich ruhenden, gelassenen Politikers gekommen, der meinte: Diese Umbildung zeugt von einem Koma! – Jetzt möchte ich das ein bisschen näher ausführen, weil das in meinen Fachbereich fällt: Koma heißt, dass eigentlich ganz wesentliche Funktionen des zentralen Nervensystems darnieder­liegen, dass Leute im Koma keinen Kontakt mit der Umwelt halten können, nicht auf Reize der Umwelt hören, nicht sehen und nicht reagieren können, zumindest nicht ziel­gerichtet. – Einen Unterschied gibt es aber: Die meisten PatientInnen im Koma können dafür nichts – außer sie hätten sich dauernd mit einem Gummihammer so lange auf


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den Kopf geschlagen, dass diese Funktionen nicht mehr möglich sind. (Abg. Dr. Bösch: Ungeheuerlich! Unverschämtheit!)

Ich weiß jetzt nicht, ob Sie vielleicht versteinerte „Kärntner Kasnudeln“ genommen haben (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), um sich gegenseitig zu bewerfen (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unglaublich!), aber ich glaube, dass ein Koma in diesem Sinne dann schon mit Verantwortung verbunden wäre. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Bundeskanzler, aus ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Herr Kollege!

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (fortsetzend): Herr Bundeskanzler! Aus dieser Verantwortung möchte ich Sie nicht entlassen: Schauen Sie, dass die Bundesregie­rung wieder kognitive Fähigkeiten bekommt, die wir verstehen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP und den Freiheit­lichen: Peinlich, peinlich! Und das will ein Arzt sein!)

12.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regie­rungsmitglieder! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Dr. Grünewald schafft es, dass ich ein bisschen aus der Fassung bin, was ich am Anfang sagen soll, denn die Grünen haben sich heute sozusagen selbst übertroffen.

Begonnen hat es bereits in der Früh mit Frau Kollegin Moser, die sich disqualifiziert hat mit ihrem Zwischenruf einer neuen Justizministerin gegenüber, der wirklich aus der tiefsten Lade gekommen ist! (Zwischenruf bei den Grünen.) Kollegin Stoisits hat dann ein bisschen nachgesetzt, und was Herr Dr. Grünewald zum Schluss gesagt hat, ent­behrt wirklich jeglicher Kompetenz, die man auch von den Grünen, zumindest hin und wieder, erwarten könnte! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zwei Themen sind es, die bei diesem Tagesordnungspunkt zu diskutieren sind. Ich möchte mich zuerst ganz kurz mit der Diskussion um die EU-Verfassung beschäftigen, und ich meine auch, dass es schon sehr wichtig ist, was heute hier gesagt wurde, dass das nämlich ein Thema ist, das Österreich in den nächsten Wochen und Monaten be­schäftigen wird, und selbstverständlich ist das auch etwas, was die Zukunft massiv beeinflussen wird.

Momentan ist es wohl noch so, dass sich die Bevölkerung überhaupt nicht damit be­schäftigt; die Bevölkerung nimmt Europa, nimmt die EU nicht wirklich wahr, das hat sich ja auch in den Wahlergebnissen gezeigt, die übrigens für alle Parteien nicht be­sonders gut waren, möchte ich einmal sagen, wenn man die absoluten Zahlen her­nimmt. Zugegeben: auch für die Freiheitlichen nicht. – Warum waren die Ergebnisse nicht gut? – Die Bevölkerung ist EU-kritisch, und sie kann diese Verfassung sozusagen nicht angreifen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich meine, dass dieses Thema zu wichtig ist, um jetzt auf Ihre Zwischenrufe einzugehen. Ich bin der Auffassung, dass hier einmal alle politi­schen Vertreter versuchen sollten, in der Angelegenheit EU-Verfassung konstruktiv für Österreich zu arbeiten, nebeneinander zu stehen – und nicht gegeneinander zu Felde zu ziehen! Die Opposition sollte auch ihr parteipolitisches Denken aufgeben! Wenn schon Vertreter aller Parteien in Brüssel sitzen, so würde ich mir wirklich erwarten, dass ihnen das Hemd näher ist als der Rock. Ich bin davon überzeugt, dass unsere


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erste Heimat Österreich sein sollte – und erst unsere zweite Europa. Wir Freiheit­lichen stehen jedenfalls dafür, dass das auch in Zukunft so bleiben wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb, geschätzten Damen und Herren, ist auch diese Volksabstimmung sicherlich ein sehr interessantes Thema, und wir werden uns in nächster Zeit damit beschäftigen, ob es Sinn macht, in Österreich sozusagen solitär das Volk zu befragen – oder ob das europaweit geschehen soll. Frau Dr. Pablé hat es ja ganz deutlich gesagt in ihren Aus­führungen: Es ist eben so, dass hier Wasser gepredigt und in Brüssel Wein getrunken wird!

Es ist wirklich traurig, wenn man hier in einem nationalen Parlament mit Vertretern der Opposition über dieses Thema spricht – und dabei sehen muss, dass von der Opposi­tion alle Grundsätze über Bord geworfen werden. (Abg. Öllinger: Von Ihnen!) Nichts von all dem – nichts! –, mit dem Sie in den Wahlkampf ziehen, hält! (Abg. Öllinger: Ganz klein sind Sie in der Regierung!) – Wir Freiheitlichen sind vielleicht momentan eine kleine Partei, Herr Kollege Öllinger, da mögen Sie Recht haben. Ja, wir waren schon einmal größer, wir sind kleiner geworden, aber: Sie jedoch mit Ihrer Politik wer­den nie viel größer werden! Heute haben Sie in diesen drei Stunden Fernsehübertra­gung gezeigt, dass Sie nicht in der Lage, dass Sie nicht willens sind, jemandem eine Chance zu geben, und Sie haben in drei Stunden Fernsehübertragung bewiesen, dass Ihre Parteipolemik und Ihre Zwischenrufe nur dazu dienen sollen, etwas schlecht zu machen und eine Menschenhatz zu veranstalten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Thema Regierungsumbildung möchte ich noch etwas sagen, und ich habe mir ein bisschen etwas aufgeschrieben, welche Aussagen dazu bereits gefallen sind.

Frau Kollegin Bures zum Beispiel hat gesagt, die neue Justizministerin hätte keine Kompetenz, keine Erfahrung. (Abg. Öllinger: Die hat gar nicht gesprochen!) – Ich muss ehrlich sagen: Ich erinnere mich an eine Sondersitzung von vor rund drei Wo­chen hier, und da ist auch jemand von der SPÖ hier heraußen gestanden. Dazu: Wenn das, was Herr Kollege Broukal hier heraußen gesagt hat, von politischer Kompetenz und von politischer Erfahrung zeugt, dann, muss ich sagen, bin ich froh über die Ent­scheidung meiner Bundespartei, wirklich gute und kompetente Leute nach vorne zu stellen – und nicht irgendwo im ORF nach irgendwelchen Leuten zu suchen, die dann bei der erstbesten Gelegenheit hier im Hohen Haus ausrasten und hier auch vor der Öffentlichkeit zeigen, auf welch tiefer Ebene sie sich befinden! (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie, Herr Kollege Darabos, haben davon gesprochen, dass die Regierung keine Mehr­heit bei der EU-Wahl gehabt habe. Sie sollten rechnen: Auch Ihr Anti-Regierungskurs hatte keine Mehrheit, denn immerhin waren 6 Millionen wahlberechtigt. Die SPÖ hat knapp 830 000 Stimmen bekommen; das sind 14 Prozent der Bevölkerung. Das sollte auch Ihnen zu denken geben – und nicht nur uns, und ich glaube, man sollte ange­sichts dieses geringen Prozentsatzes auch nicht unbedingt von „Mehrheit“ sprechen.

Abschließend noch ein paar Worte zu den neuen Mitgliedern in der Bundesregierung: Herr Mag. Mainoni ist ja allen hier herinnen bekannt; ich glaube, über ihn braucht man nicht viel zu sagen. Mag. Mainoni, ein tief verwurzelter Freiheitlicher, wird seinen Weg ganz sicherlich gehen. Ich möchte an ihn aber auch an dieser Stelle die Bitte richten, dass er eben nicht vergisst, den Kontakt zu den Bürgern zu suchen, dass er nie ver­gisst, dieses Gespür der Freiheitlichen für die Menschen wahrzunehmen – und dass er immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Probleme der Menschen hat! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Zur Frau Justizministerin Mag. Miklautsch, über die heute hier schon sehr viel gespro­chen wurde: Ich habe das Glück, sage ich einmal, bin ich doch einer der wenigen hier herinnen, der sie persönlich kennt, auch aus verschiedenen Verhandlungen. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen, jedoch nicht der Abg. Dr. Glawischnig, die gerade etwas schreibt.) – Frau Dr. Glawischnig, Sie können ruhig lachen darüber, das zeichnet Sie in diesem Fall aber nicht aus (Abg. Dr. Glawischnig: Ich rechne!); Sie, Frau Dr. Lichtenberger auch nicht! Es zeichnet Sie nicht aus, über eine junge Justizmi­nisterin zu lachen. (Abg. Öllinger: Das tun Sie höchstens!) Das möchte ich ganz klar an dieser Stelle sagen! Das ist wirklich etwas Verwerfliches! Das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin davon überzeugt, dass Frau Minister Miklautsch ihren Weg gehen wird, und ich bin auch davon überzeugt, dass sie sich sehr gut einarbeiten und gute Arbeit leisten wird. Wir Freiheitlichen werden sie jedenfalls nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen; der freiheitliche Klub wird immer hinter ihr stehen! (Zwischenruf bei den Grünen.)

Der Klub der Freiheitlichen wird – gemeinsam mit der ÖVP – den Beweis dafür antre­ten, dass sich jeder hier im Hohen Haus eine politische Chance verdient hat: egal, ob er auf der Nationalrats- oder auf der Regierungsbank sitzt. Jeder hat sich eine politi­sche Chance verdient, eine Tatsache, die auch Sie von der Opposition sich endlich einmal zu Herzen nehmen sollten – und nicht dann, wenn jemand geht, hinterher loben, wie gut er/sie war, und das, obwohl Sie vorher nur geschimpft haben.

Wir werden auf alle Fälle beweisen, dass die Opposition auch da mit ihren Aussagen falsch liegt, und ich habe mir überlegt (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), was man der Frau Bundesministerin mit auf die Reise geben soll. – Ich komme schon zum Schlusssatz, Herr Präsident. – Einer Frau sollte man ein paar Blumen mit auf die Reise geben, und als Zweites möchte ich der Frau Justizministerin ein Bild von Justitia mit den Unterschriften meiner Nationalratskolleginnen und -kollegen geben, dass sie es in Ehren hält. Die Grundsätze von Justitia mögen ihr dabei helfen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch begibt sich zur Regierungsbank und überreicht Bundesministerin Mag. Miklautsch einen Blumenstrauß und das erwähnte Bild der Justitia.)

13.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit sind wir am Ende dieser Debatte.

Ich gebe bekannt, meine Damen und Herren, dass die vier Fraktionen darin übereinge­kommen sind, den Redezeitvorschlag für die nachfolgende Debatte über die Wahl des Rechnungshofpräsidenten zu modifizieren: Jede Fraktion hat 25 Minuten. Es bleibt den einzelnen Fraktionen jedoch frei, entweder drei Redner zu nominieren – oder bei der Einteilung: 15 Minuten Erstredner beziehungsweise 10 Minuten Zweitredner zu blei­ben. Darüber besteht Einvernehmen im Hohen Haus. – Danke.

*****

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 13.01 Uhr unterbrochen und um 13.17 Uhr wieder aufgenom­men.)

 


*****


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

3. Punkt

Bericht des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Vorschlages für die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten des Rechnungshofes (559 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Debattenredner zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Cap. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


13.18

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben heute hier die Möglichkeit, uns noch einmal kritisch mit der Postenbesetzungsstrategie dieser schwarz-blauen Regierung auseinander zu setzen, denn im Hauptausschuss dieses Hauses war ja Gegenstand die Frage, wer für die nächsten zwölf Jahre Präsi­dent/Präsidentin des Rechnungshofes werden soll. Vor allem denjenigen, die heute vor den Fernsehapparaten sitzen, muss man dazu sagen: Der bisherige Präsident Franz Fiedler hat diese Tätigkeit in sehr korrekter Weise ausgeübt, und er hat auch in der Öffentlichkeit dargestellt, eben als Ergebnis der Kontrollen des Rechnungshofes, wo es Mängel gibt und welche Konsequenzen aus diesen Mängeln, eben auf Grund dieser Kontrollberichte, zu ziehen wären.

Der Rechnungshof ist eine ganz wichtige Einrichtung des Parlaments. In Alt-Währung: Hunderte Millionen Schilling pro Jahr werden durch die Kontrolltätigkeit des Rech­nungshofes den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern erspart, und daher müssen wir genau darauf achten: Wird der nächste Rechnungshofpräsident einer, der dieses Amt ausfüllen kann, der es ernst nimmt – und der auch, wenn eben notwendig, im Gegen­satz zur Regierung steht?

Es ist uns ein ganz wichtiges Anliegen: Der nächste Rechnungshofpräsident muss wieder ein unabhängiger Rechnungshofpräsident sein, damit er diese Tätigkeit auch so ausfüllt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Als die ÖVP noch in Opposition war, 1980, hat ÖVP-Abgeordneter Heinrich Neisser einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem er Folgendes gefordert hat:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Entwurf einer Bundesverfassungsnovelle vorzulegen, in der vorgesehen wird, daß für die in der Bundesverfassung vorgesehe­nen Kontrolleinrichtungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene Personen zu ihrer Leitung vorgesehen werden, die nicht Vertrauensleute der jeweiligen Mehrheits­partei sind.“

ÖVP und FPÖ haben genau diesen Gedankengang Neissers offensiv gebrochen, denn Dr. Josef Moser, ehemaliger Klubdirektor der FPÖ, ist natürlich ein Parteikandidat und eine Vertrauensperson der beiden Regierungsparteien. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und Nowotny ist kein Parteikandidat?)

Das ist der Hintergrund! Und deswegen – und damit komme ich zum wichtigsten Punkt – auch diese Farce von einem Hearing, die im Hauptausschuss stattgefunden hat. Wir haben uns in der Hauptausschusssitzung dafür ausgesprochen und auch den Antrag eingebracht, den Österreicherinnen und Österreichern doch die Möglichkeit zu geben, durch die Präsenz der elektronischen und der Printmedien selbst zu sehen, ob dieses Hearing ein ernstes Hearing ist oder ob es nur ein Schauspiel ist.


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Herausgestellt hat sich, dass die Vorwürfe der Sozialdemokratinnen und Sozialdemo­kraten, der Opposition richtig waren. Dr. Moser war von Haus aus ausgemacht! Ich frage mich nur – und das ist zugleich meine Frage an die ÖVP –: Was haben Sie den drei Zählkandidaten, Hengstschläger, Hochhauser und Lengheimer, drei honorigen Persönlichkeiten, eigentlich erzählt, als Sie sie ersucht haben, als Kandidaten der ÖVP in dieses Hauptausschusshearing für den Rechnungshofpräsidenten zu gehen? Wie war das Gespräch? Haben Sie gesagt: Geh, tue uns einen Gefallen, geh hin, du wirst es ohnedies nicht! Tue so, als ob du es werden wolltest!? – Oder haben Sie ihnen ge­sagt, dass sie wirklich Chancen haben? Frau Haubner, die Staatssekretärin, hat noch gesagt, dass es ein ernstes Hearing war und sie ganz überrascht war, dass Dr. Moser herausgekommen ist.

Mit dieser Geisteshaltung wurde also dieses Hearing durchgeführt. Was haben Sie den dreien eigentlich gesagt? Und dem Dr. Wolf aus dem Rechnungshof, der auch nur ein Zählkandidat war? Was haben Sie denen gesagt? Nimm vorher Schauspielunterricht, damit man dir glaubt, dass du an deine Chance glaubst, es zu werden!? – Oder was war der Hintergrund? (Abg. Neudeck: Sie haben Cap sehen wollen!)

Ich muss Ihnen sagen: Wenn man so mit der Einrichtung des Hauptausschusses und mit der Einrichtung des Hearings umgeht, dann verstehe ich auch, warum Sie die An­wesenheit der Medien nicht wollten: damit nämlich der Österreicher und die Österrei­cherin nicht sehen, welche Farce Sie geplant hatten. Das verstehe ich dann! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie von den Koalitionsparteien wollen also eine Selbstkontrolle mit Augenzwinkern. Heimlich haben Sie Dr. Moser ausgemacht. Das Hearing war eine Farce! Dann war die Abstimmung: 17 Stimmen waren für Dr. Moser, 12 für Dr. Ewald Nowotny, der bei wei­tem der qualifizierteste Kandidat im Hearing war! Das war in Wirklichkeit der Hearing-Sieger! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für die SPÖ!)

Drei Stimmen waren für Dr. Heinz Mayer. Und dann in der Schlussabstimmung hat die ÖVP nicht einmal einen ihrer drei Kandidaten des ÖVP-Wahlvorschlages nominiert, weil sie anscheinend nach dem Hearing der Meinung war, Dr. Moser ist der Beste und die drei anderen sind gar nicht so gut. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als ob Sie ihn gar nicht gekannt hätten! Dr. Moser ist immerhin zehn Jahre im Parla­ment gewesen. – Also den Applaus, der da gerade gekommen ist, sollten Sie sich zu Gemüte führen. Das sage ich Ihnen nur, damit das nicht ganz in Vergessenheit gerät. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eine solche Wertschätzung über die Parteigrenzen hinweg kennen Sie eben nicht!)

Ich möchte aber noch einen Punkt ansprechen, und der muss auch hier im Plenum zur Diskussion stehen: Als Dr. Moser in diesem Hearing befragt wurde, hat es natürlich auch Fragen in Bezug auf Veröffentlichungen in den Medien gegeben, unter anderem auch über die Frage illegaler Parteifinanzierung. Wir alle, auch Sie von der ÖVP, ha­ben uns damals, als Jörg Haider seine Höhenflüge gehabt hat, die Frage gestellt, wo­mit er das eigentlich alles finanziert: die Hubschrauberflüge, das „Runden-Schmeißen“ bei den Wahlveranstaltungen und so weiter. Da war Geld da in Hülle und Fülle! Was war da eigentlich los?

Da hat es auch ein Protokoll eines Chauffeurs gegeben – die Verfahren wurden leider eingestellt, aber angeblich soll es einen Transport von Plastiksäcken gegeben haben, in denen Geld enthalten war. Die Antwort von Dr. Moser zu diesem Vorhalt – die Plas­tiksäcke sind angeblich von Turnauer gekommen und in der Böhmdorfer-Kanzlei abge­geben worden – war bloß: Ich bin kein Plastiksackerl-Träger! – Das mag schon sein. Wir erwarten uns aber jetzt von den Rednern der ÖVP und der FPÖ schon, dass zu diesen Vorwürfen, die wir in den Medien lesen und vernehmen müssen, klare Aussa-


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gen kommen und nicht bloß die vermeintliche Rückzugsposition: „Ich bin kein Plastik­sackerl-Träger!“ – Oder: Wie man aus anderen Medien vernehmen durfte, hat Dr. Moser angeblich ein Kuvert abgegeben, in dem 10 Millionen Schilling waren. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Angeblich“ ist nicht die Wahrheit!) Dazu hat Dr. Moser gesagt, es habe ihn nicht interessiert, was in dem Kuvert gewesen sei. – Na, das wünscht man sich immer, dass jemand Dinge transportiert und gar kein Interesse daran hat, was da drinnen ist!

Ich sage Ihnen nur eines: Nach § 4 Parteiengesetz müssen die Spendenlisten der Par­teien an den Rechnungshof weitergegeben werden. Daher muss doch bitte hier ein Rechnungshofpräsident sitzen, der über jeden Verdacht erhaben ist! Das sei einmal in dieser Deutlichkeit auch in diesem Rahmen hier festgestellt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich will Ihnen noch etwas sagen: Wenn Ihnen von der ÖVP das alles egal ist, wenn Sie nichts anderes im Kopf haben, als diesen Pakt hier einzuhalten – Rechnungshof blau, dafür etwas anderes dann wieder schwarz, schwarz, schwarz, dann wieder lang nichts und dann wieder blau –, wenn Sie das alles vorhaben, dann gehen Sie heraus und sagen Sie es! (Abg. Neudeck: Ist das jetzt ein Gesetzesantrag?) Dann ersparen wir uns in Zukunft das Hearing, dann brauchen wir eigentlich gar keine Plenardebatte, nur das Fernsehen sollte man nicht ausschalten, denn man sollte nämlich sehen, dass Sie hier wirklich in einer Sklaventreue gegenüber diesen Pakten vorgehen und den Intenti­onen Heinrich Neissers hier überhaupt keine Folge mehr leisten. Alles, was Sie in der Zeit, als Sie noch in Opposition waren, einmal hier vorgetragen haben, interessiert Sie nicht mehr!

Es gibt aber noch einen zweiten Punkt, der auch in den Medien erörtert worden ist, nämlich den Vorwurf: Bruch der Vertragsschablonenverordnung. Mir fehlt jetzt die Zeit, um auf die Details einzugehen, es scheint allerdings Faktum zu sein – und das war auch beim Hearing Gegenstand der Erörterung –, dass es nicht ersichtlich war, ob Dr. Moser der Meinung ist, dass er die Vertragsschablonenverordnung gebrochen hat, als er mit der HL-AG – Hochleistungsstrecken AG – diesen Vertrag gemacht hat, nach dem ein Teil refundiert wird, damit er hier im Hohen Haus weiter Beamter bleibt. Er hat nur gesagt, er sei spartanisch in seiner Gestionierung. – Ich weiß nicht, was daran spartanisch ist: Er wird jedenfalls einen Anspruch auf Abfertigung haben, er wird ein Dienstauto haben, und er verbleibt im Beamtenstatus. Also die Tränen kommen einem nicht bei dieser Gestionierung, das muss ich schon auch sagen!

Auch auf diese Vorwürfe, die in den Medien sogar mit Abdruck entsprechender Kopien angeführt wurden, erwarte ich mir von den folgenden Rednerinnen und Rednern Ant­worten, weil wir mit Recht diese Antworten zu erwarten haben. (Abg. Neudeck: Dazu gibt es eine Presseaussendung, die genau das Gegenteil besagt!)

Zum letzten Punkt: Professor Ewald Nowotny, der im Übrigen 54 wissenschaftliche Artikel und 8 Bücher veröffentlicht hat, übrigens über den öffentlichen Sektor, der Vize­präsident der Europäischen Investitionsbank und hier lange Zeit Finanzsprecher, im Rechnungshofausschuss war ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wenn er so viel schreibt, hat er ohnehin keine Zeit zu kontrollieren!) – Ja, das macht Sie unruhig! Dr. Nowotny war nämlich der Einzige, der wirklich alle Qualifikationen erfüllt hat und alle Kompe­tenzfragen exzellent geklärt hat. Er hat nur einen einzigen „Nachteil“ gehabt: Er kommt nicht von der ÖVP und er kommt auch nicht von der FPÖ. Daher kann er noch so qualifiziert sein, das Hearing noch so gut absolvieren, er wird es einfach nicht! Punkt! – Das ist Ihre Geisteshaltung. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Genau!)

Genau – Sie sagen es ja, Herr Abgeordneter Scheuch! Da wird nur parteipolitisch auf­geteilt – und sonst nichts! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nowotny war doch Klubobmann


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der SPÖ, oder?) Ob das für den Rechnungshof positiv ist, ob es ihm schadet, ob damit mehr oder weniger Steuergelder erspart werden – das interessiert Sie alles nicht.

Da kann ich Ihnen nur sagen: Es wird Zeit, dass Ihnen der Wähler bald die Rechnung präsentiert für den Schacher, den Sie hier zu verantworten haben! (Beifall bei der SPÖ.)

13.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend zu Wort. Seine Redezeit beträgt ebenfalls 10 Minuten. – Bitte.

 


13.29

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Rede des Herrn Klubob­mannes Cap war nach meiner Meinung ein Musterbeispiel für eine Rede, wie sie in einer derartigen Situation unangemessen, und zwar im höchsten Ausmaß, ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Cap, Sie kommen hier heraus, zitieren den ehemaligen Präsidenten Neis­ser, der gesagt hat, es sollte keine Vertrauensperson einer Partei sein, und im gleichen Atemzug verteidigen Sie die Nominierung von Ewald Nowotny, der jahrelang nicht nur Mitglied der SPÖ, sondern sogar Klubobmann-Stellvertreter und damit einer der wich­tigsten Funktionsträger der SPÖ war. Das wollen Sie den Leuten als ehrlich verkaufen? Das verstehe ich nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Wir haben gehört, was Cap gesagt hat! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unvorstellbar!)

Bei der Funktion des Rechnungshofpräsidenten geht es tatsächlich um eine der wich­tigsten und zentralsten Funktionen des Staates, weil er die gesamte Gebarung über­prüft, weil er auch den Bundesrechnungsabschluss erstellt und weil er selbst bei allen Akten der Finanzschuld des Bundes mit beteiligt ist. Wir haben das Glück gehabt, dass wir in den letzten Jahrzehnten in Österreich Persönlichkeiten höchsten Ranges gehabt haben, die in der Lage waren, diese Funktion nicht nur einwandfrei, sondern auch mit internationalem Maßstab gemessen bestens auszufüllen.

Ich erinnere an Präsident Kandutsch, an Präsident Broesigke oder zuletzt an Präsident Fiedler. Sie alle waren ursprünglich einmal Mitglied und auch Funktionär einer Partei, aber sie haben es verstanden, diese Funktion parteiunabhängig auszuüben. Und ich könnte Ihnen vorlesen, was Sie, und zwar die Grünen und die SPÖ, damals anlässlich der Wahl von Präsident Fiedler gesagt haben. (Abg. Dr. Niederwieser: Vorlesen!) Als „vergifteten Köder“ hat ihn Frau Abgeordnete Stoisits bezeichnet, als „Hausmeister“ ist er von Wabl und Voggenhuber bezeichnet worden. Die SPÖ hat gesagt, und zwar der damalige – ich glaube, er war es damals gerade noch – Klubobmann Fuhrmann, dass er dem Ansehen dieses Hauses und der Republik nicht dienen wird, wenn er in diese Funktion gewählt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unglaublich!)

Ich kann es Ihnen wörtlich zitieren, ich habe mir die Reden herausgeholt und könnte Ihnen jedes einzelne Wort zitieren. Und ähnlich argumentieren Sie heute! Das Bild von Fiedler hat sich auch bei den heutigen Oppositionsparteien entscheidend verändert: Er ist in allen Lagern Österreichs über alle Maßen angesehen. Ich denke, das kann man sagen, und er verdient es auch, dass nicht mit Polemik begonnen wird, sondern dass wir ihm an dieser Stelle am heutigen Tag ein großes Danke dafür sagen, dass er der Republik Österreich so hervorragende Dienste geleistet hat. Und ich würde mich freuen, wenn auch die Opposition dabei mitzieht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Es ist beschämend, dass Sie nicht einmal in dieser Stunde zu einem Applaus für Dr. Fiedler bereit sind. Das zeigt Ihre Einstellung! Das zeigt ein wenig von dem, wie


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Ihre Gesinnung tatsächlich ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) So ähnlich halten Sie es jetzt auch mit Moser. Moser – und jeder, der ihn kennt, und die meisten in die­sem Hause kennen ihn, wird das bestätigen – ist zweifellos ein hervorragender Mann, dem niemand seine Kompetenz abstreiten kann, der eine Dynamik hat, der Arbeitsein­satz zeigt und der es auch verstanden hat, sich überall dort, wo er agiert hat, so weit Vertrauen zu erwerben, dass man sagen kann: Dieser Mann hat Handschlagqualität! – Sie stellen ihn heute so hin, als stünde er in einem zwielichtigen Licht, als könne man ihm nicht trauen und als wäre er in jedem Fall ungeeignet. Sie machen damit wieder haargenau das Gleiche, das Sie bereits vor zwölf Jahren getan haben.

Was Sie damit aber in Wirklichkeit tun, ist, dass Sie das Ansehen dieses wichtigen Staatsamtes in Frage stellen, dass Sie das Ansehen dieses Staatsamtes beschädigen. Spätestens am Wahltag sollte man davon Abstand nehmen und sollte man nicht mit Vorurteilen agieren, sondern mit berechtigtem Urteil – auch in kritischer Hinsicht, das steht einer Opposition durchaus zu (Abg. Dr. Jarolim: Danke, dass Sie uns das zuge­stehen!), dies aber so, dass man sich auch nachher noch in die Augen schauen kann und dass nicht nachher plötzlich etwas ganz anderes gilt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich stelle mir die Frage, warum Herr Klubobmann Cap hier heraus geht, warum er hier auf diese Art und Weise spricht, die eigentlich entwürdigend ist in dieser Situation. Ich bin vollkommen überzeugt, dass die Menschen das auch nicht verstehen, dass sie wollen, dass wir auch über Parteigrenzen hinweg denken können, dass wir auch bereit sind, einem Mann einen Vertrauensvorschuss zu geben, dass wir auch in der Lage sind, zuerst an das Ansehen der Republik zu denken und nicht nur an das Ansehen der Partei. (Abg. Mag. Wurm: Was heißt bei diesem Kandidaten „über die Parteigren­zen hinweg denken“?)

Warum geht er heraus? Herr Klubobmann Cap! Ich möchte Ihnen eine Frage stellen: Wenn Sie es nicht für wert befunden haben, parteiübergreifend so zu agieren, dass wenigstens die Opposition einen gemeinsamen Kandidaten aufstellt, wenn es Ihnen nicht einmal gelungen ist, einen einzigen Abgeordneten aus der anderen Oppositions­partei für Ihren Kandidaten zu gewinnen, oder wenn auf der anderen Seite kein einzi­ger Mandatar von der SPÖ für den Kandidaten der Grünen, Mayer, gestimmt hat, ja bitte, erwarten Sie dann, dass wir das auch noch anerkennen sollen? Dann erwarten Sie wirklich, dass wir Ihnen Regierungsfähigkeit zutrauen sollen? – Das kann es nicht sein.

Herr Klubobmann Cap, wenn man nicht in der Lage ist, für ein derartiges Amt einen Kandidaten zu finden, der auch parteiübergreifend eine Mehrheit erhalten kann, dann ist man nicht in der Lage, Verantwortung für diese Republik zu tragen. Und wenn man dazu den anderen noch beschuldigt, dann ist man unfähig! Das möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jaro­lim: Sehr unseriös!)

Ich möchte Ihnen gerne einige Zitate bringen. Ich sage Ihnen, was seriöse Menschen zur Person von Moser sagen. Etwa Hans Winkler in der „Kleinen Zeitung“, der schreibt:

„Stille Kompetenz, unauffälliger Ehrgeiz ... Alle, die mit Moser als Klubdirektor zu tun hatten, loben seine Kompetenz und Sachlichkeit, sein politisches Augenmaß, aber auch die Konsequenz im Verfolgen seiner Ziele.“

Das sagt ein unabhängiger Journalist.

Eine zweite Stimme: Was sagen etwa die „Salzburger Nachrichten“, die beileibe keine besonderen Fans dieser Regierungskoalition sind? – Dort steht zu lesen:


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„Vor zwölf Jahren, als das letzte Mal ein oberster Republik-Kontrollor gesucht und in Franz Fiedler gefunden wurde, war’s noch schlimmer. ... Dass Franz Fiedler, der aus diesen Trümmern auferstand, ein ausgezeichneter Rechnungshofpräsident war, der zum Abgang auch von SPÖ und Grünen mit Lob geradezu überschüttet wurde, zählt zu den Glücksfällen der Politik.

Möglicherweise wird auch Josef Moser, den die Koalitionsparteien am Mittwoch nach einem mehrstündigen Hearing als neuen Rechnungshofpräsidenten nominieren, ein solcher Glücksfall sein.“

Was sagt die „Kronen Zeitung“? – „Moser wurde bisher von allen Parlamentsparteien attestiert, ein sehr genauer und fairer Experte gewesen zu sein.“

Was schreibt der „Kurier“? – „Josef Moser ist ein guter Mann. Geeichter Jurist, solider Organisator und Respektsperson über die Parteigrenzen hinweg.“

Ja, meine Damen und Herren, und das war er nicht nur von vornherein – Moser ist als Favorit in diese Auseinandersetzung hineingegangen –, sondern das hat er auch im Hearing eindrucksvoll bewiesen. Was Moser dort vorgestellt hat, war brillant. Mir hat besonders imponiert, dass er auch ganz klare Schwerpunkte genannt hat. Was will er tun? – Er hat gesagt, als Erstes wolle er die Zusammenarbeit zwischen Rechnungshof und Parlament noch weiter intensivieren. Das ist auch meine Ansicht: Der Rechnungs­hof ist das wichtigste Kontrollorgan des Parlaments, daher soll das auch intensiviert werden.

Was will Moser weiters? – Er will eine genaue Abgrenzung zum Europäischen Ge­richtshof und auf der anderen Seite auch zu den anderen Überprüfungsstellen der Bundesländer. In finde, in einem föderalen Staat wie Österreich ist das absolut wichtig.

Drittens: Was möchte er noch? – Er möchte die Berichte beschleunigen. Wir alle haben darunter gelitten, dass die Berichte viel zu spät gekommen sind. Er hat sich dieses Ziel gesetzt, und ihm traue ich es auch zu, dass er das auch erreicht. Und deshalb werden wir ihm auch das Vertrauen geben.

Ich möchte zum Schluss diese Bitte um das Vertrauen nicht nur an meine eigenen Fraktionskollegen richten, sondern durchaus auch an die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ und von den Grünen. Meine Damen und Herren! Seien Sie bereit, für dieses unabhängige Amt einen Mann zu wählen, der bereit und der fähig ist, dieses Amt ent­sprechend auszuüben! (Abg. Dr. Jarolim: Der Klubdirektor im Haus war!) Ich selbst habe zum Beispiel erst im Hearing erfahren, dass er nicht einmal Mitglied der FPÖ war. Moser hat für die FPÖ gearbeitet, hat aber als Person auch so viel Eigenständigkeit bewiesen, dass er nicht einmal Mitglied geworden ist. Ich finde das anerkennenswert. (Abg. Dr. Glawischnig: Wieso? Müssen bei Ihnen alle Angestellten Parteimitglieder sein?)

Springen Sie über Ihren Schatten! Geben auch Sie ihm das Vertrauen! Zeigen Sie, dass Sie nicht einfach nur einer taktischen Variante Ihres Klubobmanns Folge leisten. Unterstützen Sie das Ansehen des Amtes des Rechnungshofpräsidenten, und Sie werden in der glücklichen Lage sein, in wenigen Monaten das gleiche Lob über Mosers Amtsführung auszusprechen, wie Sie es bisher über diejenige Fiedlers getan haben, nachdem er bei seiner Bestellung in Grund und Boden gestampft worden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Seine Redezeit beträgt 15 Minuten. – Bitte.

 



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13.39

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen aus allen vier Fraktionen! Das Plenum des Nationalrates ist zuständig für die Wahl des Rech­nungshofpräsidenten. Vor dieser Aufgabe stehen jetzt alle hier Anwesenden, und ich würde tatsächlich den Appell an Sie richten, sich noch einmal daran zu erinnern, was die Vorgänge waren, die zu diesem Vorschlag geführt haben, und sich zu fragen, ob es nicht Vorgangsweisen gegeben hätte, die ein klareres Resultat erzeugt hätten, hinter dem wirklich vier Parteien stehen könnten, zum Wohle von Rechnungshof und Repub­lik – und auch, ob der Zug wirklich schon abgefahren ist.

Deshalb appelliere ich an Sie, sich die Frage zu stellen, ob wir diesen Schritt, den der Hauptausschuss dem Plenum vorschlägt, wirklich in dieser Art und Weise nachvollzie­hen sollen. – Ich begründe das jetzt mit verschiedenen Vorgängen im Vorfeld dieser möglichen Bestellung. (Abg. Neudeck: Der Vorsitzende sucht sich seinen Chef aus!)

Also wer der Chef von wem ist, Kollege Neudeck? An dieser Ihrer Bemerkung sehen wir schon wieder, welch eigenartiges Verständnis Sie haben. (Abg. Scheibner: Das glaubt er von Ihnen!) Das Parlament ist das Organ der Republik, das den Rechnungs­hof als verlängerten Arm hat – und nicht umgekehrt! Aber es geht nicht darum, ob wir uns alleine hier jemanden aussuchen, sondern es geht darum, ob eine einstimmige Wahl möglich gewesen wäre oder noch möglich ist. Und das war immer die Initiative und der Vorschlag der Grünen. (Abg. Neudeck: Im Gegensatz zu Van der Bellen waren Sie beim Hearing!)

Ich muss meinen Vorredner Fasslabend an dieser Stelle auf das Heftigste kritisieren, wenn er hier auf der einen Seite von Parteipolitik und auf der anderen Seite von Partei­freiheit spricht. Es hat genügend Initiativen und Anläufe gegeben, eine Lösung zu fin­den, dass jemand das Amt des Rechnungshofpräsidenten übernimmt, der nicht über das Sekretariat des Landeshauptmannes, der nicht über die Klubdirektion der FPÖ oder über ähnliche Verflechtungen kommt.

Sie wissen ganz genau, dass es viele Bemühungen gegeben hat, einen, wie ich meine, parteifernen, aber sehr politikerfahrenen und hochrangigen Experten dem Plenum vor­zuschlagen. Und das verstehen wir unter parteifrei – und nicht das, was Sie hier erklärt haben, Kollege Fasslabend! (Beifall bei den Grünen.)

Aber es geht ja nicht grundsätzlich darum, dass man in Österreich nicht auch einmal mit einem Parteibuch etwas werden darf, sondern es geht um etwas ganz anderes, nämlich darum, dass in dieser schwierigen Situation – zugegeben, für alle Fraktionen – eine Lösung hätte gefunden werden können, die sogar der Regierung geholfen hätte, aus ihrem an sich – das muss man wirklich feststellen – schon vermieften Postenscha­chereck herauszukommen. Es hätte diese Möglichkeiten gegeben! Sie haben sich nach dieser fatalen EU-Wahl aber dahin geflüchtet, in einem letzten Anlauf noch ein­mal zu bekommen, was zu bekommen ist, und jetzt haben wir das Resultat. Ich finde, das ist der falsche Vorgang, aber Sie haben es von Haus aus darauf angelegt.

Es war immer der Vorschlag, dass wir vor der EU-Wahl dem Parlament die Kandidaten nennen. Sie haben es mit Ihrer Mehrheit geschafft, dass das Ganze nach der EU-Wahl gemacht wird. Erklären Sie doch den Leuten (Abg. Scheibner: Das merkt man eh dar­an, was Sie jetzt aufführen, dass das richtig war!), wieso die Nominierung von Rech­nungshof-Präsidentschaftskandidaten mit dem Termin der EU-Wahl in Zusammenhang steht! Das kann doch nur mit Ihrer Vorgangsweise in irgendeinem Zusammenhang stehen, und genauso war es dann auch: Je mehr die FPÖ bei der EU-Wahl verliert, desto mehr muss sie im Nachhinein kompensiert werden, damit sie nicht noch kopf­scheuer wird, als sie es ohnehin schon ist. – Und das ist eine schlechte Voraussetzung


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für die Bestellung eines Rechnungshofpräsidenten! Das war der erste Kardinalfehler. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Seit zwölf Jahren ist bekannt, dass dieser Tag, der 30. Juni, kommen wird, und Sie haben es geschafft, bis auf zwei Tage davor zu warten. Ich finde das dem scheidenden Präsidenten gegenüber eine unangenehme Vorgangsweise, aber ich finde es auch gegenüber dem Neuen schlecht, egal, wer es ist. Es ist jedenfalls Ausdruck dessen, dass Sie Ihre parteipolitische Taktik nur mehr darauf abstellen, wie Sie sich von Termin zu Termin lavieren können und Ihre restlichen wenigen Prinzipien der Regierungspolitik noch unterbringen können. Es ist in diesem Fall klipp und klar ein ganz ordinärer Pos­tenschacher, dieser Vorwurf ist Ihnen nicht zu ersparen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun gab es den Versuch, dass man dieses so genannte Hearing im Hauptausschuss aus vielen guten Gründen öffentlich macht. Das ist geschäftsordnungsmäßig schwierig, aber umschiffbar. Jeder und jede, die guten Willens gewesen wären, hätten das Pro­blem lösen können, die Vorschläge waren auf dem Tisch. (Abg. Großruck: Die Ge­schäftsordnung ist nicht da, um umschifft zu werden!) Doch die Mehrheit hier im Haus, die Regierungsfraktionen haben ein öffentliches Hearing verhindert.

Im Nachhinein wissen wir auch, warum. Wir haben schon geglaubt, dass das Ganze irgendeinen Sinn hat. Ich sage Ihnen ganz offen: Hätte ich vorher gewusst, was Sie hier unter der Regie der Regierungsparteien im Hauptausschuss für ein Schauspiel aufführen, hätte ich meiner Fraktion empfohlen, daran gar nicht teilzunehmen, und wir hätten uns überlegt, ob wir überhaupt einen Kandidaten nominieren. Auch Sie hätten sich überlegen sollen, ob Sie dort Menschen hinschicken, um auf diese Art und Weise hintergangen zu werden, muss ich fast sagen. (Abg. Neudeck: Kollege Pilz wäre nicht abgegangen!) Das war eine Farce, ein widerwärtiges Schauspiel, ich möchte das nie mehr im Parlament erleben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Parteipolitik ist eine Sache, aber dass sich der wichtigste Ausschuss im Parlament für solch ein Schauspiel hergibt, ist der Tiefpunkt, und so lauteten auch die Kommentare im Nachhinein: Tiefpunkt und Schande für den Hauptausschuss und für das Parlament! Und das hat nun einmal die Mehrheit der Regierungsfraktionen zu verantworten, und davon kann ich auch den Parlamentspräsidenten leider nicht ausnehmen. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Sie wissen doch ganz genau, wie es war: Entgegen allen Beteuerungen im Vorfeld ist die Bestellung im Vorhinein abgekartet gewesen. Hätten Sie das doch wenigstens ge­sagt, hätten Sie doch gesagt: Es ist nicht anders möglich, als einen Kandidaten, den die FPÖ vorschlägt, zu nehmen. Dann hätten wir uns das Hearing erspart. Es war nicht so, dass die Opposition mit politischer Naivität gesagt hätte: Machen wir ein Hearing, der Beste möge gewinnen! Wir haben schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die­ses Szenario droht, und wir haben Sie eindringlich ersucht, für diesen Fall ausdrücklich den Weg der Parteienverhandlungen zu beschreiten. Sie aber haben ein Pseudo-Hearing veranstaltet, in dem Sie sieben Leute im Parlament haben antanzen lassen, von denen sechs gar keine Chance mehr hatten. Unseren Vorschlag aber haben Sie abgelehnt.

Man hätte ja noch hoffen dürfen, dass dieses Hearing irgendeinen Sinn hat. Im Nach­hinein stellt sich heraus, dass es einen Sinn gehabt hat. Ich darf ein Ergebnis dieses Hearings vorwegnehmen: Wieder mit Ihrer Mehrheit im Übrigen ist ausdrücklich ein Einer-Vorschlag an das Plenum durchgedrückt worden. (Abg. Mag. Molterer: Das ist geschäftsordnungsgemäß!) Wissen Sie, auf wen dieses Los gefallen ist? – Genau jener Kandidat, der nachweislich Fragen der Abgeordneten in einem Hearing nicht be­antwortet hat, ist Gegenstand (Abg. Neudeck: Das stimmt doch nicht!) dieses dem


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Plenum des Nationalrates und Ihnen aufgezwungenen Einer-Vorschlags! Sie sind Ihrer Wahlmöglichkeit beraubt worden, Sie dürfen nur mehr jenen wählen, der nachweislich die Fragen nicht beantwortet hat. So weit ist es gekommen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

All das hätten Sie sich selbst, der Opposition, vor allem den Kandidatinnen und Kandi­daten und letztlich auch der Öffentlichkeit ersparen können. Nun stehen wir vor der Situation, dass hier ein Vorschlag vorliegt, angesichts dessen man nur mehr resümie­ren kann: Wenn Sie das wirklich ehrlich betrachten und das Ganze noch retten wollen, dann müssen Sie zurück an den Start! – Deshalb wird es heute auch einen Rückver­weisungsantrag geben. Über diesen Vorschlag des Hauptausschusses soll nicht abge­stimmt werden, sondern er soll an den Hauptausschuss rückverwiesen werden, mit dem ehrlichen Bemühen, das Ganze noch einmal zu probieren. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Wenn es schon ein Hearing gibt, dann sollte dieses ehrlich abgeführt werden – oder man beschließt gleich Parteienverhandlungen, so wie wir es Ihnen ursprünglich vorge­schlagen haben. (Abg. Neudeck: Wir wählen so lange, bis es Ihrer ist, dann sind Sie zufrieden!) Aber das, was Sie jetzt hier vorliegen haben, ist nicht richtig. Wenn Sie jetzt in geheimer Abstimmung diesem Vorschlag zustimmen, dann haben Sie den größt­möglichen Schaden für das Parlament und letztlich – das ist zu befürchten – auch für den Rechnungshof herbeigeführt.

Sie können noch zwei Stunden in sich gehen, und möglicherweise wird der eine oder die andere von Ihnen auch die Courage aufbringen, zumindest in geheimer Wahl die­sem Vorschlag allein schon auf Grund dieser völlig verbogenen Vorgangsweise nicht die Zustimmung erteilen und das Ganze noch einmal retten.

Deshalb appelliere ich an Sie an dieser Stelle in der Sache selbst: Wenn wir uns die­sem Hearing zuwenden, dann muss man sagen, dass der nun vorgeschlagene Kandi­dat ein paar Riesenprobleme aufgeworfen hat. (Abg. Wittauer: Er hat einen Namen!) – Er hat den Namen Dr. Moser; vielen Dank. – Dr. Moser ist Bediensteter, Chefmanager der HL-AG, mit dem Tag des Hearings wäre er eigentlich für die ÖBB-Holding vorge­sehen gewesen. Es ist wahrscheinlich nur ein purer Zufall, dass der designierte Kandi­dat für die ÖBB-Holding seinen diesbezüglichen Vertrag – der Herr Verkehrsminister hinter mir weiß das – an diesem Tag oder knapp danach hätte unterzeichnen sollen.

Das ist im Übrigen auch ein Riesenproblem in der ÖBB. Herr Vizekanzler, Sie haben doch selbst gesagt, dass Ihnen die Geschichte mit Dr. Moser jetzt bald schon zu viel wird. Er solle sich einmal auf irgendetwas konzentrieren. Er möge doch einmal in der ÖBB zeigen, was er kann, und außerdem wollen Sie sich die Vorgänge, die jetzt dort wiederum anlaufen, ersparen. (Abg. Neudeck: Wenn er so schlecht ist, müssen doch die ÖBB froh sein!) Sie müssen jetzt wieder einen Manager suchen – und im Übrigen sind wieder ein paar blaue Kandidaten und niemand anderer im Gespräch. Der Vorsit­zende der ÖBB sagt: Das Ganze ist doch eine Farce des Aufsichtsrates! Und Sie haben auch noch in diese Gestionierung eingegriffen. Wenn dem so ist, wird Ihnen das Problem gleich bekannt sein.

Dr. Moser war von 2002 bis 2004 in der HL-AG verantwortlich und war vorbereitend verantwortlich bei der ÖBB-Reform. Eines der wichtigsten Überprüfungsgebiete des Rechnungshofes ist das Verkehrswesen, die öffentliche Verkehrswirtschaft. Wie wird er sich da verhalten? – Das wird sehr schwierig. (Abg. Neudeck: Konsequent sind Sie nicht in Ihrer Überlegung!) Zumindest für die Jahre 2002 bis 2004 wird er sich befan­gen erklären müssen, wenn er seriös ist. Das ist das erste Problem. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Neudeck.)


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Das nächste Problem ist – das haben Sie im Ausschuss gar nicht einsehen wollen, aber –: Herr Klubdirektor Dr. Moser, der Herr FPÖ-Klubdirektor Dr. Moser war nicht irgendein Klubdirektor, sondern – das ist sogar seiner Bewerbung zu entnehmen – er war auch für die Koordination der Regierungsarbeit zuständig. In den Jahren 2000 bis 2002 war also Dr. Moser für die Regierungsvorlagen hier im Haus zuständig und viel­leicht auch für das eine oder andere konkrete Regierungsprojekt, das den Abgeordne­ten hier verklickert werden sollte.

Daraus leiten Sie keine Befangenheit ab? – Die Koordination der Regierungstätigkeit ist irgendetwas, was mit Regieren zu tun hat! Möglicherweise ist das bei der FPÖ nicht so, aber jedenfalls scheint mir hier eine gewisse Befangenheit gegeben zu sein. (Abg. Scheibner: Das wisst ihr nicht, da könnt ihr nicht mitreden!)

Nächster Punkt: die so genannten Regelungen in seinem Manager- und Pensionsver­trag. Es geht um die Vertragschablonenverordnung. Der Rechnungshof kritisiert diese ernst und regelmäßig. Wie wird sich ein künftiger Rechnungshofpräsident Dr. Moser in dieser Sache verhalten? – Wir werden sehr gespannt sein, falls er heute doch gewählt wird. Ich halte hier eine krasse Unvereinbarkeit für gegeben.

Der Rechnungshof hat in seinen Berichten regelmäßig bei der Überprüfung der öffent­lichen Unternehmungen darauf hingewiesen, dass es in den meisten Betrieben diese Probleme gibt. Dr. Fiedler war hier sehr engagiert, und jetzt bekommen wir einen Rechnungshofpräsidenten, der selbst das größte Malheur damit hat.

Letzter Punkt: Ein Rechnungshofpräsident, der auf den Vorhalt, ob er in illegale Par­teienfinanzierung verwickelt ist oder nicht – ganz egal, wie die Sache gerichtlich weiter­gegangen wäre oder ausgegangen wäre –, nichts anderes sagen kann als: Ich bin kein Plastiksackerlträger!, dazu muss ich sagen, das ist ein bisschen dünn. (Abg. Scheib­ner: Das stimmt doch nicht!) – Natürlich stimmt das, Sie waren offensichtlich nicht immer dabei. (Abg. Scheibner: Ich war schon dabei!) Das Zitat ist mehrmals gefallen und verbrieft: Ich bin kein Plastiksackerlträger! – Gratuliere, wenn das die Hauptqualifi­kation ist! Auch deshalb fordere ich: Zurück an den Start! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie bringen immer als Vergleich Dr. Fiedler. – Dr. Fiedler hat vielleicht eine gewisse ÖVP-Nähe gehabt, aber er war zuvor sechs Jahre lang Vizepräsident des Rechnungs­hofes, und Dr. Fiedler hat nie ein derartiges Loyalitätsverhältnis zu wesentlichen Politi­kern aus der Regierungskoalition gepflegt. (Abg. Scheibner: Rechtsstaat ist für Sie ein Fremdwort!) Das ist das Problem. Fähig oder nicht fähig – darüber rede ich jetzt nicht weiter. Wir haben sieben Kandidatinnen und Kandidaten gehabt, davon wäre jeder fähiger gewesen als Dr. Moser, allein deswegen, weil die anderen gewillt waren, die Fragen zu beantworten, und weil niemand in dieser Art und Weise in einem Loyalitäts­konflikt steckt wie Dr. Moser. Das Problem müssen Sie aber mit sich selbst ausma­chen, das haben Sie zu verantworten. Und deshalb ist dieser Vergleich mit Fiedler völ­lig falsch.

Natürlich kann sich jeder in dieser Funktion profilieren. Das ist eine andere Sache, aber man muss deshalb im Vorfeld nicht jenen auswählen, der die größten Bedenken mit sich schleppt und nicht gewillt ist, die Fragen der Abgeordneten zu beantworten. Das sollte Sie interessieren, wenn Sie heute hier mit „ja“ stimmen wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Redezeit!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist abgelau­fen! Den Schlusssatz, bitte!

 



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Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Frau Präsidentin! Waren das 15 Mi­nuten? – (Präsidentin Mag. Prammer: Ja!) Gut, dann darf ich danken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 


13.55

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Wenn Kollege Kogler sagt, es wurden im Ausschuss Fragen nicht beantwortet, dann hat er vielleicht das gesamte Hearing nicht ganz oder ein biss­chen einseitig verfolgt. Es hat auf die gleiche Frage immer wieder die gleiche Antwort gegeben: Herr Dr. Moser hat eindeutig gesagt, dass diese Vorwürfe nicht stimmen! Wenn Sie das nicht hören wollen, dann ist das Ihr Problem. Sie hören halt immer nur das, was Sie hören wollen. Aber er hat dort eindeutig gesagt: Die Vorwürfe stimmen nicht!

Sie wissen genau, die Abgeordneten können fragen, was sie wollen, und die Experten können ebenfalls die Antworten geben, die sie wollen. Es ist wohl verständlich, dass auf die gleiche Frage immer wieder die gleiche Antwort gegeben wird. Für Sie ist ein Ergebnis nur dann richtig, wenn das, was Sie haben wollen, eintrifft. Wenn Sie Recht behalten, dann war es ordnungsgemäß und dann war es richtig, wenn Sie nicht Recht behalten, ist es Postenschacherei und Packelei und was weiß ich. Man kann sich halt leider die Demokratie nicht aussuchen. Es gibt nun einmal auch andere Spielregeln. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zu Kollegen Cap, zum Herrn Klubobmann: Ich bin schon etwas enttäuscht, wie hier gearbeitet wird und wie Sie sprechen. Sie arbeiten mit infamen Unterstellungen, die Sie hier von diesem Rednerpult aus sagen können, weil Sie ja immun sind, Sie schütten einen Kandidaten an, indem Sie ihm Dinge vorwerfen, von denen er selbst gesagt hat, sie stimmen nicht, von denen Sie alle wissen, dass die Erhebungen einge­stellt worden sind, weil laut unserer Gerichtsbarkeit nichts nachweisbar ist. Und ich denke mir, auf diesem Boden stehen Sie auch. Es ist alles eingestellt worden.

Sie selbst sagen „angebliche Transporte“, weil Sie selbst wissen, dass es nicht stimmt, aber Sie versuchen, einen schon abgeschlossenen Fall wieder ans Tageslicht zu zer­ren, obwohl es nichts gibt. Sie wissen, dass nichts dahinter ist, dass es nur haltlose Unterstellungen Ihrerseits sind, die wir nicht zulassen. Sie legen verzweifelte Skandali­sierungsversuche an den Tag. Sie wissen selbst, dass erst nach dem Tod des Indust­riellen Turnauer über diese Dinge gesprochen wurde. Weder in seinen Büchern noch in der Partei wurden all diese Gelder, von denen Sie sprechen, gefunden. Und jemand, der schon tot ist, kann leider selbst keine Stellungnahme mehr dazu abgeben, ob es irgendwelche Parteispenden gegeben hätte. Und genau das ist verwerflich: Dinge, die abgeschlossen sind, die beendet sind, die von unserer Justiz abgeschlossen sind, werden von Ihnen wieder ans Tageslicht gezerrt, um einen Kandidaten, der Ihnen nicht passt, anzuschütten und schlecht zu machen. Und dagegen verwahren wir uns! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie von SPÖ und Grünen sprechen von einem öffentlichen Hearing. Dazu sage ich: Genau diese Diskussion, so wie sie Klubobmann Cap begonnen hat, zeigt, dass es gut war, kein öffentliches Hearing abzuhalten, gut für alle sieben Kandidaten, aber vor allem für jene sechs Kandidaten, die nicht in diese Position kommen werden, denn diese hätten sich öffentlich zur Schau stellen müssen, wären noch breiter in den Medien transportiert worden und müssen nun alle in ihre Jobs zurückkehren oder be-


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werben sich zukünftig auch wieder um Jobs. Deshalb sage ich auch im Sinne Ihrer Kandidaten: Es ist gut und richtig, dass es kein öffentliches Hearing gegeben hat, wie auch diese Diskussion, so wie sie heute abläuft und die sicherlich von Kollegen Pilz wieder weitergetragen werden wird, zeigt. Es ist gut, dass sich die Kandidaten – die wir alle für gut halten, aber es muss nun einmal einer der beste sein – diesem nicht stellen mussten. (Abg. Mag. Kogler: Postenschacher hinter Polstertüren!)

Ich sage Ihnen Folgendes: Nicht mehr erleben möchte ich die Art und Weise, wie Herr Pilz im Ausschuss argumentiert hat. Zudem meinte er als Angehöriger einer nicht ge­rade großen Partei aus seinem „großartigen“ Demokratieverständnis heraus: Mit einer Partei, die nur 4 Prozent hat, redet er nicht! – Ich muss das hier wiederholen, er hat es zwar dann zurückgenommen, jedoch nicht einmal mit Bedauern. Das ist halt sein Demokratieverständnis und seine Art und Weise, Dinge hervorzuziehen, die einfach nicht mehr aktuell sind und die auch nicht der Wahrheit entsprechen. Das ist nun ein­mal Ihre Vorgangsweise! Es ist daher gut, dass das nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wurde und dass es jetzt auch beendet ist.

Nun zum Hearing, werte Kollegen. Vor zwölf Jahren haben die Freiheitlichen in Oppo­sition einem Regierungskandidaten zugestimmt, weil dieser im Hearing eben als der Beste hervorgegangen ist. Das ist nun einmal ein Kriterium, dazu macht man auch ein Hearing, um zu sehen, wer genau jenen Voraussetzungen entspricht, die man selbst als Voraussetzungen vorgibt. Wir als Freiheitliche Partei schreiben einige Vorausset­zungen vor: Wir wollen eine umfassende Qualifikation, Unabhängigkeit, jemanden, der dynamisch zwölf Jahre durchdienen kann, der Kompetenz hat und auch ein Maßnah­menpaket mit Zielen präsentiert.

Kollege Dr. Moser hat all diesen Voraussetzungen, die wir Freiheitliche fordern, ent­sprochen und bringt die erforderlichen Qualifikationen mit. Er war der einzige Kandi­dat, der wirklich umfassende Qualifikation vorzuweisen hat, nämlich: parlamentarische Erfahrung – die ist wichtig, weil vor allem auch den Abgeordneten zugearbeitet wird –, Verwaltungserfahrung, vor allem finanztechnische Verwaltungserfahrung, wie sie sonst keiner der Kandidaten hatte – eine Erfahrung, die vor allem im Rechnungshof von be­sonderer Wichtigkeit ist –, und er hat auch noch – was die meisten der anderen Kandi­daten nicht hatten – privatwirtschaftliche Erfahrung. Er hat bewiesen, dass er umfas­sende Managementqualifikationen hat. – Das ist eine wirklich umfassende Qualifika­tion, die er nachgewiesen hat.

Dr. Moser hat auch sehr glaubhaft gemacht – auch wenn Sie es nicht hören wollen –, dass er wirklich unabhängig agiert. Er hat jede Funktion – und das kann man laut sei­nem Lebenslauf auch nachvollziehen –, in der er war, immer bestmöglich ausgefüllt, auch seine Funktion als Klubdirektor, aber er ist eben nicht – wie so viele andere! – Parteimitglied geworden. Insofern ist er, wie Fiedler es war, Klubsekretär gewesen, hat aber ganz eindeutig seine Unabhängigkeit dargestellt.

Daher frage ich die SPÖ noch einmal: Was wollen Sie eigentlich? Zuerst sagen Sie, Sie wollen einen, der das Amt ausfüllen kann, es ernst nimmt, auch gegen die Regie­rung, also einen – Zitat Kollege Cap –, der natürlich unabhängig ist. Dann sagen Sie aber im Hauptausschuss – Sie ändern Ihre Meinung innerhalb von drei Tagen, wenn nicht sogar in Ihrer Rede hier –: Parteizugehörigkeit darf aber kein Hindernis sein! – Zitat Cap, auch im Hauptausschuss.

Also: Was wollen Sie jetzt? Wie wollen Sie es haben? Ihr Kollege Nowotny würde dem, was Sie heute gesagt haben, nämlich unabhängig zu sein, überhaupt nicht entspre­chen. Jemand, der so lange Zeit in maßgeblichen Funktionen der SPÖ tätig war und es auch heute noch ist, kann dieser Unabhängigkeit aber schon überhaupt nicht entspre­chen. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen: dass Ihr Kandidat Nowotny Ihrem


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Kriterium, das Sie als erstes genannt haben, nie entsprechen könnte! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Werte Kollegen! Für uns auch wichtig ist, dass jemand das Amt übernimmt, der auch wirklich zwölf Jahre durchdienen kann. Uns war es bei der letzten Novelle wichtig, dass nicht für zweimal sechs Jahre, sondern für zwölf Jahre bestellt wird, dass durch den Verzicht auf Wiederwahl eine echte Unabhängigkeit gewährt werden kann und dass der Kandidat eben auch jung und dynamisch genug ist, diese zwölf Jahre durchzudie­nen. – Schauen Sie sich das Alter der anderen Kandidaten an, dann wissen Sie, dass sie – bis auf eine Kandidatin – diesen Kriterien nicht entsprochen hätten.

Wir erwarten uns auch Kompetenz. Aus dem Lebenslauf von Dr. Moser ist diese er­sichtlich, ebenso aus vielen Zeitungsartikeln, und zwar aus Zeitungen, die sicherlich der FPÖ nicht nahe stehen.

Der „Standard“ zum Beispiel sagt: „Keine Frage, dass der 48-Jährige tüchtig und kom­petent ist.“ „Wie auch Franz Fiedler ... muss man aber auch Moser zugestehen, dass er das Amt korrekt führen kann.“ – Das von einer sicherlich nicht freiheitlichen Zeitung geschrieben.

Oder: „Kurier“: „Moser ... gilt als umgänglich, loyal und kompetent, aber auch als hart in der Sache.“ (Abg. Dr. Matznetter: Loyal?!) – Ja, loyal in der Position, die er gerade innehat, und das ist das Wichtige! Als Rechnungshofpräsident wird er dem Rech­nungshof und somit auch dem Hohen Haus gegenüber loyal sein. Sie werden sehen, dass das so sein wird.

Insofern ist für uns die Bestellung des Rechnungshofpräsidenten eine Frage der Kom­petenz, und da stellt sich die Frage: Wer gibt wirklich klare Ziele vor und schlägt Maß­nahmen vor? Sie alle, die im Hearing anwesend waren, haben es erlebt: Moser war der Einzige, der ein ganz konkretes Maßnahmenpaket mit Zielen vorgelegt hat, das dem entspricht, was wir haben wollen.

Wollen Sie vielleicht keinen Ausbau und keine Vertiefung der Zusammenarbeit zwi­schen Parlament und Rechnungshof mit einer Verkürzung der Frist zwischen Prü­fungsbeginn und Berichtslegung hier im Parlament? Wollen Sie keine Vertiefung und keinen Ausbau der Zusammenarbeit und der Koordination mit anderen Kontrolleinrich­tungen? – Auch das ist ein Schwerpunkt für Dr. Moser.

Dr. Moser hat auch die Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in den Rechnungs­hof sowie die Erhöhung der Effizienz dieser Kontrolleinrichtung zum Ziel.

Ich meine, das sind wirklich gute, konkrete Ziele, die er als Einziger der Kandidaten genannt und auch wirklich optimal präsentiert hat. Deshalb sagen wir: Dr. Moser ist für uns der Kandidat, der wirklich der Bestgeeignete ist, der auch an sich höhere Maß­stäbe anlegt.

Ich darf an dieser Stelle noch kurz auf seinen Dienstvertrag zu sprechen kommen. Er hat gesagt, er kürzt in seiner derzeitigen Position sein Gehalt auf das eines Vizedirek­tors, und hat somit weniger genommen als sein Vorgänger, der aus Ihren Kreisen nominiert war. Er hat sich um keine ÖBB-Pension beworben, er hat auf den ihm zuste­henden Chauffeur verzichtet, und er wird als Rechnungshofpräsident weniger Gage erhalten, als er derzeit bei den ÖBB erhält.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeordne­te, bitte kommen Sie zum Schlusssatz!

 


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (fortsetzend): Ich bin mir sicher – das ist mein letzter Satz –: Sie werden nach den zwölf Jahren Amtszeit von Dr. Moser so wie


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bei Dr. Fiedler sagen: Er war ein guter Kandidat! – Dessen bin ich mir ganz sicher! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.05

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Kräuter. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.06

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Hohes Haus! Frau Kollegin Bleckmann, Sie wissen natürlich als Generalsekre­tärin Ihrer Partei ganz genau, was wirklich geplant war. Wirklich geplant war, Staats­sekretär Alfred Finz zum Rechnungshofpräsidenten zu machen, und Ihre Partei wäre mit einigen Posten entschädigt worden. Nur: Finz ist untragbar geworden, er hat sich disqualifiziert. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ein schöner Blödsinn, was Sie da sagen!)

Ich erinnere Sie, Herr Kollege, an die Weiß-Wasch-Aktion in der Causa Grasser. (Abg. Neudeck: Das ist 30 Jahre sozialdemokratische Politik, was du da erzählst!) Ja, Kol­lege Neudeck, die innenpolitischen Journalisten Österreichs haben schallend gelacht bei diesem Persilschein-Austeilen des Herrn Finz, daher ist er untragbar geworden und daher ist es zu der heutigen Situation gekommen.

Meine Damen und Herren! Finz hat sich nicht nur für das Amt des Rechnungshofpräsi­denten disqualifiziert und ist dafür untragbar geworden, sondern er ist, wenn Sie mich fragen, für jedes Amt in der Republik Österreich untragbar. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Herr Molterer, es gibt Vorwürfe gegen Dr. Moser wegen Privilegien im Zusammenhang mit Pensionen und Abfertigungen und so weiter, dass er sich die Rosinen aus dem Kuchen pickt. – Vor einigen Jahren, als die FPÖ noch in Opposition war, was hätte da Dr. Haider gemacht, wären Pensionsprivilegien, Abfertigungen und so weiter im Spiel gewesen? Er wäre meterhoch gesprungen, hätte über Bonzen und Privilegienritter ge­wettert und gefordert, alle sollten sofort zurücktreten!

Doch was ist heute, meine Damen und Herren? Was sagt der Kärntner Landeshaupt­mann Jörg Haider heute? Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider – Zitat – „ist von Moser begeistert“. „Wir in Kärnten können darauf stolz sein. Jeder, der ihn kennt, weiß, dass ...“

Meine Damen und Herren! Den ehemaligen Anhängern Haiders dreht es den Magen um, wenn sie das hören und lesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Bleckmann, Sie haben von „infamen Unterstellungen“ der SPÖ gegen­über Dr. Moser gesprochen. – Also, bitte, trocknen Sie Ihre Krokodilstränen sehr, sehr rasch!, denn ich erinnere nur an das Jahr 1992. Was hat denn Dr. Haider damals ge­macht – von wegen „infame Unterstellungen“?

Werner Doralt, ein sehr ehrenwerter Mann, ein guter Kandidat damals, Universitätspro­fessor in Innsbruck: Dr. Haider hat ihn in die Nähe von Korruption gerückt, später hat sich alles aufgeklärt, alles war frei erfunden und nicht wahr! – Es war menschenverach­tend, was Dr. Haider damals gemacht hat. (Abg. Dr. Bleckmann: Was machen Sie jetzt?) Trocknen Sie also Ihre Krokodilstränen! Es ist vollkommen unglaubwürdig, was Sie hier sagen, Frau Bleckmann! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber, meine Damen und Herren von der FPÖ, bleiben wir noch bei Privilegien, das interessiert nämlich Arbeitnehmer ganz besonders, die ja laut Bartenstein jetzt länger arbeiten und weniger verdienen sollen! Bleiben wir bei Privilegien, bei Pensionisten, Pensionistinnen, bei der älteren Generation! Bundeskanzler Schüssel hat in teuren Inseraten zu Jahresbeginn eine Erhöhung der Pensionen versprochen. Was ist die


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traurige Wahrheit? – Wenn die ältere Generation heute auf ihre Gehaltszettel schaut, steht ein Minus davor, und das haben Sie natürlich mitzuverantworten, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Mitter­lehner. – Abg. Großruck: Seit wann haben Pensionisten einen Gehaltszettel?)

Bei Herrn Dr. Moser ist das ganz anders: 100 000 € Abfertigung – 100 000 € entgegen der Vertragsschablonenverordnung –, eine Pensionszusage mit Unverfallbarkeit. – Meine Damen und Herren! Es gibt eine Rechtsordnung gegen Privilegien, von Dr. Franz Fiedler maßgeblich gestaltet. Franz Fiedler ist nicht sehr leicht aus der Re­serve zu locken gewesen, hat sich nicht sehr schnell über etwas empört, aber wenn Manager im staatsnahen Bereich ungerechtfertigte Privilegien genossen haben, war auch Präsident Fiedler oft sehr, sehr hart und kritisch.

Dr. Moser hat solche Privilegien, meine Damen und Herren! (Abg. Neudeck: Na wo?) Wie will er künftig so etwas überprüfen? Wollen Sie den Bock zum Gärtner machen? – Dr. Haider ist begeistert, meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Welche Privile­gien? – Abg. Neudeck: Was hat er für Privilegien?)

Jetzt von Dr. Haider zu Dr. Khol – es ist ein ganz kurzer Weg. (Abg. Scheibner: Wel­che Privilegien hat er im Gegensatz zu Ihren Leuten? – Abg. Neudeck: Was hat er für Privilegien?) Er hält sich nicht an die Vertragsschablonenverordnung, Kollege Neu­deck, das müssen Sie doch wissen, Sie können das ja nachlesen. (Abg. Neudeck: Das ist eine untragbare Behauptung!)

Ganz Österreich weiß, meine Damen und Herren, dass der Rechnungshofpräsident von ÖVP und FPÖ ausgepackelt wurde. Es wäre ja geradezu schon kurios, wenn es nicht so traurig wäre. Herr Fasslabend hat Winkler zitiert. Hans Winkler ist ein renom­mierter österreichischer Journalist, ein ehrenwerter konservativer Beobachter der ös­terreichischen Innenpolitik.

Winkler schrieb in der „Kleinen Zeitung“ – Sie sollten die richtigen Zitate lesen, Herr Fasslabend; ich zitiere –: „Die FPÖ ist fast tot.“ – Nochmals: Zitat Hans Winkler, den soeben Fasslabend als unabhängigen Journalisten bezeichnet hat.

Winkler weiter: „Da nützen auch alle politischen Freundlichkeiten, wie die ausgepa­ckelte Bestellung eines FPÖ-Manns zum Rechnungshof-Präsidenten nichts, durch die die ÖVP ihr demokratiepolitisches Ansehen schwer beschädigt hat.“ – Zitatende.

So schauts aus, Herr Fasslabend! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist dadurch jedoch, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur das demo­kratiepolitische Ansehen der ÖVP beschädigt, sondern auch das des Parlaments und der Republik Österreich!

Was sagt Nationalratspräsident Andreas Khol dazu? – Nachzulesen im „Standard“, und zwar auf die Feststellung des „Standard“: „Die Bestellung von Josef Moser zum Rech­nungshofpräsidenten riecht nach Schiebung. Das war doch längst ausgemacht. Ist das nicht eine ordentliche Packelei?“

Darauf Nationalratspräsident Khol: „Mir ist nicht bekannt, dass es Absprachen gegeben hätte. Es hat für mich auch nicht den Anschein.“

Meine Damen und Herren, das spricht wirklich für sich! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Ein trauriges Kapitel in der österreichischen Innenpolitik!

Diese „Medizin“, meine Damen und Herren von der ÖVP, die Rechnungshofpräsident heißt und die Sie der FPÖ geben, wird das Siechtum der FPÖ nur kurz verlängern – und diese „Medizin“ hat Nebenwirkungen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Es wird die FPÖ, Herr Kollege Scheibner, längst dahingeschieden sein, wird die ÖVP noch an


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den Nebenwirkungen leiden! Es ist das nämlich ein anti-demokratischer „Ausschlag“, den Sie sich heute hier zuziehen – und das macht Sie für Wählerinnen und Wähler in Zukunft ausgesprochen unattraktiv! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Seien Sie ein bisschen vorsichtiger mit Ihren merkwürdigen Bemerkungen!)

Sehr geehrte Damen und Herren, schauen wir uns den Lebenslauf von Herrn Dr. Moser an! Dr. Moser war Klubdirektor des freiheitlichen Parlamentsklubs und für die Koordination der Regierungstätigkeit zwischen den Koalitionsparteien und den ein­zelnen Ressorts verantwortlich; natürlich auch im Zusammenhang mit dem Verkehrs­ressort. Seit dem Jahre 2000 ist das ja dort eine geradezu schwindelerregende Drehtür für unfähiges FPÖ-Personal!

Ich erinnere Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, nur daran: In diesem Ressort hat sich einmal ein Herr Schmid versucht (Zwischenruf des Abg. Neu­deck), dann die unsägliche Frau Forstinger, Herr Reichhold, dann Gorbach. – Da war FPÖ-Klubdirektor Dr. Moser für die Koordination zuständig. Später ist Moser ohnehin als Manager im Verkehrsbereich tätig. Damit ist er doch Akteur! Das soll keine Befan­genheit sein, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien?!

Wenn jetzt ein Rechnungshofpräsident Dr. Moser Verkehrspolitik in Österreich kontrol­liert, da muss er sich ja selbst ein fürchterliches Zeugnis ausstellen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch dafür, was die Überprüfung von Parteienfinan­zierung betrifft, die widmungsgemäße Verwendung dieser Gelder, ist der Rechnungs­hofpräsident zuständig. Dr. Moser war als FPÖ-Klubdirektor – da will ich jetzt gar nicht von den noch unaufgeklärten Fällen reden – auch dafür zuständig! Das ist doch gera­dezu in klassischem Sinne unvereinbar! Dr. Moser kann doch nicht zwei, drei Jahre später das prüfen, was er selbst zu verantworten hat!

Daher die letzte Chance für Vernunft: damit noch einmal in den Hauptausschuss zu­rückzukehren! Vielleicht wird auch Kollege Großruck meinem Antrag zustimmen, den ich jetzt einbringe, sehr geehrte Frau Präsidentin:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kräuter, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückverweisung des Berichtes des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Vorschlages für die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten des Rechnungshofes (559 d.B.)

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 GOG, den Top 3 der Nationalratssitzung am Montag, den 28. Juni 2004 betreffend den Aus­schussbericht 559 d.B. nochmals an den Ausschuss zu verweisen.

*****

Geschätzte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Sie behaupten zwar, dass Dr. Moser der Beste im Hearing gewesen wäre, haben aber mit allen Mitteln zu verhin­dern versucht, dass dieses Hearing öffentlich stattfindet und sich die Bevölkerung selbst ein Bild machen kann.

Kollege Scheibner, ich bin seit dem Jahre 1991 im Rechnungshofausschuss, bin dort der dienstälteste Abgeordnete (Abg. Scheibner: Was war 1992?), und ich werde Ihnen jetzt etwas sagen. (Abg. Scheibner: Haben Sie 1992 ein öffentliches Hearing abgehal­ten, wenn Sie schon so gescheit reden?) Dr. Moser hat sich im Hauptausschuss als


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nervöser Schnellredner präsentiert, der gehörig ins Schwitzen gekommen ist: bei Privi­legien, Befangenheit und mit seinen Affären! – Professor Hengstschläger und Profes­sor Mayer hingegen haben sich kompetent, sehr sachlich und als durchaus geeignet präsentiert, aber eine Klasse für sich, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ – und das wissen alle, die dabei waren – (Abg. Neudeck: War der Nowotny!), war Pro­fessor Ewald Nowotny! Das war eine wirklich souveräne Vorstellung, das muss ge­sagt werden, auch, was die Konzeption betrifft sowie Dr. Nowotnys Wirtschafts- und Finanzkompetenz! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Scheib­ner: Peinlich!)

Wissen Sie, meine Damen und Herren, was Wählerinnen und Wähler nicht wollen? – Dass sich die Mächtigen, dass sich die Regierung selbst kontrolliert! Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, werden dafür, wenn Sie das wirklich machen, zur Verantwortung gezogen werden – und die Rechnung dafür wird Ihnen bei den nächsten Nationalratswahlen präsentiert werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

14.15

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Gahr. Sie haben eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.15

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Hohes Haus! Mit der heutigen Wahl des Rechnungshofpräsidenten geht es einzig und allein darum, eine gute Entscheidung für die nächsten zwölf Jahre in Bezug auf die Kontrolle in unserem Staate zu treffen. (Abg. Mag. Kogler: Genau!) Es geht nicht dar­um, politisch abzurechnen, sondern wir müssen die am besten geeignete Person für diese wichtige Position wählen. (Abg. Mag. Kogler: Genau! – Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Kollege Kräuter hat hier heute eine Geschichte erzählt von Dr. Finz, und dazu kann ich nur sagen: Ja, es ist sozusagen wieder eine Neuigkeit dazugekommen zum Hauptaus­schuss, aber es ist wohl so, dass das nicht den Ernst und die Verantwortung des Hauptausschusses widerspiegelt.

Präsident Dr. Fiedler hat über zwölf Jahre lang die Kontrolleinrichtung des Staates gut geführt: durch Kontinuität, mit Umsicht und Kompetenz. – Der heutige Kandidat Dr. Moser bringt diese Kompetenz sicherlich auch mit, und er wird dieses Amt gut aus­füllen, diese Tätigkeit bestens fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt ein Sprichwort, das da lautet: „Ein Blick in die Vergangenheit lohnt sich, wenn er der Zukunft dient.“ – Ich habe heute Zitate aus dem Protokoll über die letzte Bestel­lung des Rechnungshofpräsidenten mit, und manche davon, meine Damen und Her­ren, sind geradezu entlarvend. Anhand dieses Stenographischen Protokolls kann man sehr gut erkennen, wie damals Dr. Fiedler kritisiert wurde. – Heute hingegen, bei seiner Verabschiedung, wird Dr. Fiedler von allen gelobt! Es sollte also jeder nachdenken, was damals gesagt wurde beziehungsweise was Tatsache ist!

Herr Kollege Kogler, Ihrem Antrag auf Rückverweisung können wir nicht zustimmen, das wäre verantwortungslos, denn das hieße, am 1. Juli gäbe es in Österreich keinen Rechnungshofpräsidenten! Das können wir für die Zukunft unseres Landes wirklich nicht verantworten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da heute hier behauptet wurde, Herr Dr. Moser hätte Fragen nicht beantwortet. (Abg. Mag. Kogler: Genau!) – Ich bin froh, dass es da kein öffentliches Hearing gab (ironi­sche Heiterkeit bei der SPÖ), denn das waren keine Fragen, sondern Unterstellungen,


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Unterstellungen, die sich selbst entlarvt hätten, aber: Solche Unterstellungen hat sich die Öffentlichkeit wirklich nicht verdient!

Im Jahre 1992 wurde also die Entscheidung getroffen; 93 : 90 für Dr. Fiedler lautete das Abstimmungsergebnis. In kürzester Zeit hatte Präsident Fiedler viele Freunde und Befürworter und, wie ich glaube, faire Partner gefunden.

Dr. Moser wird sich dieses Vertrauen erarbeiten; Vertrauen bekommt man nicht ge­schenkt, das muss man sich hart erarbeiten. Diese Wahl heute ist der erste Vertrau­ensvorschuss von ÖVP und FPÖ, so nehme ich an – aber vielleicht entschließen sich auch einige Abgeordnete von der Opposition, da mitzugehen –, um Dr. Moser in dieses Rennen für die nächsten zwölf Jahre zu schicken.

Dr. Josef Moser wird als kompetenter Prüfer und Berater des Rechnungshofes agieren. Es wird, Kollege Kogler, unter Ihrer Vorsitzführung – das sage ich auch ganz offen: auch mit Dr. Moser wird das so sein – sicherlich eine konstruktive Arbeit im Rech­nungshofausschuss geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieses Hearing von vergangener Woche wurde von Kollegem Dr. Cap als Farce be­zeichnet. – Ich muss hier allen sieben Kandidaten das Kompliment machen: Es haben sich alle sehr bemüht, es waren alle überaus kompetent; vieles wurde eingebracht.

Ich habe eigentlich dieses Hearing so gesehen, dass die Ideen, Aussagen und Inhalte dieses Hearings geradezu ein Auftrag für unsere zukünftige Arbeit im Rechnungshof­ausschuss sind. Ich bedanke mich im Namen der ÖVP-Fraktion bei allen Kandidatin­nen und Kandidaten, die dazu ins Parlament gekommen sind. Es ist nicht selbstver­ständlich, sich zur Verfügung zu stellen, denn da steht man in der Auslage, im Schau­fenster! – Nochmals: Dieses tolle Hearing hat sehr viel für unsere Arbeit im Rech­nungshofausschuss gebracht.

Das Einzige, was bei diesem Hearing aus meiner Sicht vielleicht nicht gepasst hat, war eigentlich Kollege Pilz, von welchem ich mir mehr Stil und Niveau erwartet hätte. (Abg. Neudeck: Erwartet habe ich es nicht, erhofft hätte ich es!) – Jawohl, erhofft haben wir es, Kollege.

Im Vorfeld dieses Hearings wurden ja viele Dinge ausgetauscht. So haben Kollege Gusenbauer und Kollege Van der Bellen behauptet, dass unser Nationalratspräsident Khol die Unwahrheit gesagt habe oder von seiner eigenen Partei desavouiert werden soll. Ich stelle hier die APA-Meldung richtig:

„Khol: Franz Fiedler hat dieses Amt geprägt im Sinne eines unabhängigen, nicht par­teigebundenen Präsidenten. Ich denke, man wird nicht auf die Parteizugehörigkeit ach­ten, sondern auf die Expertise: Ein Rechnungshofpräsident muss die Verwaltung von innen kennen, er muss wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen und er sollte schon hinaus gerochen haben in die Welt außerhalb einer politischen Funktion. Versorgungs­posten für ehemalige Regierungsmitglieder sind passé. Das gibt es nicht mehr.“

So ist auch die Aussage von Staatssekretär Finz, welche heute hier genannt wurde, auch wieder in Abrede zu stellen.

Die Vorwürfe der Packelei sind aus unserer Sicht politisches Hickhack. Dr. Moser sollte mit allen Mitteln etwas angehängt werden. Ich persönlich meine, dass die FPÖ diesmal einen sehr potenten, kompetenten Kandidaten stellt und wir hier mitgehen können, weil wir uns sicher sind, dass Dr. Moser ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.) – Kollege Einem, ich habe Ihr Zeitungszitat gelesen, aber in der Presse wird auch sehr viel Un­wahrheit verbreitet. Ich kann das eigentlich nicht nachvollziehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wir unterstützen Dr. Moser, weil wir ihn für den Richtigen für diese wichtige Aufgabe halten. Wir kriminalisieren nicht Menschen im Voraus, sondern geben ihnen einen Ver­trauensvorschuss. Politik braucht Entscheidungen. Die Entscheidung für Dr. Moser war korrekt, wenn Sie es auch nicht so sehen wollen.

Zur Person von Dr. Moser: Er erfüllt zu 100 Prozent die fachlichen Qualifikationen. Er hat Berufserfahrung als Beamter in der Finanzlandesdirektion. Er kennt die Politik. Er kennt Abläufe im Staat. Ich behaupte, mit Dr. Moser werden die Anlaufverluste sehr gering gehalten, und die Arbeit kann sofort beginnen. Wir können somit die Rech­nungshofarbeit weiter aktiv fortführen.

Im Hauptausschuss wurde auch behauptet, der FPÖ-Klub hätte Moser hier hingeho­ben. Wir sehen, Dr. Moser hat sich genauso beworben wie alle anderen Kandidaten. Niemand sollte Dr. Moser endgültig beurteilen. Beweis ist die Arbeit, welche er erbringt, und daran wird er in Zukunft gemessen werden.

Der Rechnungshof wurde unter Dr. Fiedler gut aufgestellt. Angesichts der derzeit statt­findenden Fußballereignisse kann man sagen: Der Vergleich mit einem Teamchef ist angebracht. Es gibt einen Teamchefwechsel, es gibt eine gute Mannschaft mit viel Potential, und ein neuer Chef wird neuen Schwung bringen. Wir kennen ihn, und wir wissen, was er kann. Er wird die Erwartungen, die an ihn gestellt werden, auch erfüllen und darauf achten, dass Steuermittel sparsam und zweckmäßig eingesetzt werden. (Abg. Mag. Gaßner: Beim Fußball!) – Freiwillig? Beim Fußball, aber bei Dr. Moser wird das nicht passieren, Herr Kollege.

Es soll auch in Zukunft das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung und in die Kontrolle gewahrt bleiben. Wir müssen Einsparungsmöglichkeiten im staatsnahen Bereich auf­zeigen, wir müssen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen objektiv und transpa­rent sein. Dem Rechnungshof muss es in Zukunft aber vor allem auch erlaubt sein, staatliche Strukturen genau zu hinterfragen. Es wurde heute hier schon betont: Hätten wir die Strukturreformen bei den ÖBB, bei Polizei und Gendarmerie früher gemacht, hätten wir manches einsparen können. Genau diese Empfehlung hat Dr. Fiedler immer abgegeben. Wir haben vielleicht viel zu spät auf diese Empfehlungen gehorcht. Ich hoffe, dass das zukünftig besser sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht heute darum, dass die Kontrolle im Staat funktioniert, dass sie unabhängig bleibt, dass die Qualität der Kontrolle laufend verbessert wird und dass Österreichs Rechnungshof seinen Ruf, den er im Inland und auch im Ausland genießt, auch in Zu­kunft beibehält. Deshalb unsere Unterstützung für Dr. Moser. Er ist der richtige Mann für diese wichtige Position! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich nun Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass wir gewissermaßen zur letzten Run­de der Redner und Rednerinnen während der Fernsehzeit kommen. Ich werde mir da­her erlauben – wir brauchen exakt 35 Minuten –, punktgenau abzuläuten und Sie auch zu unterbrechen. Herr Abgeordneter Pilz! Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten, sobald Sie sich am Rednerpult befinden. – Bitte. (Abg. Dr. Pilz begibt sich mit einem BILLA-Sackerl zum Rednerpult. – Abg. Neudeck: Ich habe nicht geglaubt, dass du noch tiefer sinken kannst!)

 


14.26

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die­ser Gegenstand, der Sie so tief berührt (der Redner weist auf das Plastiksackerl), ist etwas, was es nach Ansicht der Regierungsparteien und von Dr. Moser gar nicht gibt. Worüber regen Sie sich auf? – Es hat kein Plastiksackerl gegeben, und es hat auch


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das, was nach Auskunft von Zeugen bei gerichtlichen Aussagen in dem Plastiksackerl war, nicht gegeben. Nichts davon ist wahr, weil es kein Plastiksackerl, weil es keine 5 Millionen Schilling, weil es keine illegale Parteienfinanzierung der Freiheitlichen Par­tei geben darf. Nur dann, wenn es kein Plastiksackerl gibt, wenn es keine 5 Millionen Schilling gibt und wenn es keine illegale Parteifinanzierung der Freiheitlichen Partei durch Herrn Dr. Moser gegeben hat, kann er Rechnungshofpräsident werden, und deswegen gibt es für Sie real existente Plastiksackerl einfach nicht. (Abg. Scheibner: Wir sind in einem Rechtsstaat! Da müssen Sie etwas beweisen, nicht umgekehrt!) Ich behaupte: Ein Plastiksackerl ist ein Plastiksackerl, eine illegale Parteienfinanzierung ist eine illegale Parteienfinanzierung, und ein ungeeigneter Kandidat für die Funktion des Präsidenten des Rechnungshofes ist auch für Mehrheitsfraktionen in diesem Hohen Hause ein ungeeigneter Kandidat! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Der BILLA wird mit dem Pilz keine Freude haben!)

Die Vorwürfe gegen Herrn Dr. Moser stammen nicht von uns und sind nicht Erfindun­gen der Opposition. Wissen Sie, wann der Name Dr. Moser das erste Mal im Zusam­menhang mit illegaler Parteienfinanzierung aufgetaucht ist? – Im Bericht der Wirt­schaftspolizei über die Spitzelaffäre. Da werden die ersten Zeugeneinvernahmen wie­dergegeben, und da wird darauf hingewiesen, dass es vom persönlichen Sekretär von Dr. Haider eine telefonische Intervention gegeben habe, kein Wort mehr über diese 5 Millionen zu reden und das einfach zu leugnen. Trotzdem hat der, der angerufen worden ist, nämlich der persönliche Chauffeur von Herrn Dr. Haider, vor der Wirt­schaftspolizei unter Wahrheitspflicht ausgesagt. Diese Aussage liegt Ihnen, liegt uns, liegt vielen vor. Sie ist öffentlich diskutiert worden. Jemand hat hier, ohne irgendeinen Vorteil erwarten zu können, unter anderem Herrn Dr. Moser schwer belastet. Es ist nicht damit getan, dass Sie sagen, Sie nehmen das einfach nicht zur Kenntnis. (Abg. Scheibner: Es geht um den Rechtsstaat! Ist untersucht worden, ist etwas herausge­kommen? – Darum geht es!) Es geht nicht um Sie, es geht nicht um die Regierungs­mehrheit, es geht nicht um die persönliche Zukunft von Herrn Dr. Moser, sondern es geht um das Ansehen und die Integrität einer der wichtigsten Einrichtungen dieser Republik und eines der wichtigsten Instrumente des österreichischen Nationalrates. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie dem Rechnungshof diesen Respekt und diese Sorgfalt im Umgang mit seinem Ansehen zukommen lassen, die sich die Beamten und Beamtin­nen dort und letzten Endes auch der Nationalrat als sein Auftraggeber verdienen. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Dr. Moser hat seine Probleme nicht, weil er irgendetwas getan hat – und das sage ich ganz offen an dieser Stelle –, was ein schwerer Verstoß gegen das Strafrecht wäre, sonst würde er sich wahrscheinlich trotz Böhmdorfer und trotz anderer vor Gericht ver­antworten müssen, sondern Dr. Moser hat ein Schlupfloch ausgenützt. Das ist rein strafrechtlich gesehen sein gutes Recht. Als Klubdirektor der FPÖ und als einer der Experten für freiheitliche Parteienfinanzierungen in der Grauzone, um das sehr, sehr vorsichtig zu formulieren, wusste er sehr genau, dass im Gegensatz zur Bundesrepub­lik Deutschland das österreichische Gesetz über Parteienfinanzierung ein großes Schlupfloch hat. Es gibt nämlich für illegale Parteienfinanzierung keine Strafbestim­mung.

Wer das in Deutschland tut, was Herr Dr. Moser mit Herrn Dr. Haider und anderen ganz offensichtlich getan hat – zumindest steht er im Verdacht, es getan zu haben –, der hätte auf jeden Fall mit Konsequenzen zu rechnen, denn das ist in der Bundesre­publik Deutschland strafbar und wäre ein Grund für ein Gerichtsverfahren. – Bei uns gibt es dafür keine Strafbestimmung. (Abg. Neudeck: Die Grünen werden das schon ändern!) Also sagt der Staatsanwalt im schlimmsten Fall: Ja, das ist wirklich nicht in Ordnung, das widerspricht auch dem Gesetz, aber es tut mir Leid, mangels Strafbe­stimmung kann ich diesen Fall nicht verfolgen!


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Ich gehe davon aus, dass Ihr erfahrener Klubdirektor Dr. Moser dieses Schlupfloch sehr gut kannte. Alles, was wir derzeit vom Gericht und speziell von den gerichtlichen Aussagen wissen, deutet darauf hin, dass er das Schlupfloch auch genutzt hat. – Ja, aber qualifiziert ihn das für das Amt des Präsidenten des Rechnungshofes, dass er in der Lage ist, Schlupflöcher, die aus schlechten Gründen frühere Bundesregierungen – und an nicht all diesen Bundesregierungen waren Freiheitliche beteiligt, das muss man dazusagen – gelassen haben, zu nutzen?

Bleiben wir beim Thema „Schlupflöcher“: Auch der Dienstvertrag, auch die Art und Weise, wie Herr Dr. Moser das Beste aus dem ÖBB-Vertrag und das Beste aus dem Beamten-Vertrag mit dem Parlament auf eine Art miteinander kombiniert hat, vor der der Rechnungshof seit Jahren warnt und sagt, diese Praxis sei abzustellen – ja, auch hier hat er wieder Lücken im Gesetz genützt –, lassen mich die Frage stellen: Qualifi­ziert ihn das zum Rechnungshofpräsidenten, oder macht ihn das nicht eher zum Fall für den Rechnungshof? Wäre es nicht sinnvoll, ein wirklich unabhängiger Präsident oder eine unabhängige Präsidentin des Rechnungshofes bekäme jetzt die Chance, Beamten-Privatwirtschafts-Generaldirektoren mit gemischten Pensions- und Gehalts­ansprüchen wirklich einmal so zu prüfen, wie sie geprüft gehören, damit auch Privile­gien in diesem Bereich beseitigt werden?

Jetzt bleibt noch Dr. Moser der Regierungskoordinator – jemand, von dem Sie ernst­haft erwarten, dass er sich selbst und die Früchte seiner Regierungskoordinationstätig­keit der letzten Jahre als Präsident prüfen soll? Ein Spezialist für Schlupflöcher in der Parteienfinanzierung soll die Parteienfinanzierung kontrollieren? Ein Spezialist für Schlupflöcher in der Anti-Privilegiengesetzgebung soll die Privilegien kontrollieren? Ein Spezialist für Regierungskoordination und Umsetzung von Regierungspolitik – wie immer man sie bewerten will – soll die Ergebnisse dieser Regierungspolitik kontrollie­ren? – Da mache ich lieber hundert Böcke zum Gärtner als Dr. Moser zum Rechnungs­hofpräsidenten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Manche Regierungsabgeordnete lieben Ausflüge in die Literatur, ich habe es mir bis jetzt verkniffen. Ich bin auf einen hingewiesen worden. In seiner Erklärung seines Privi­legien-Vertrages – diese Mischung ÖBB/Parlamentsdirektion, also Beamtenansprü­che – erklärt Dr. Moser, seine Regelung sei spartanisch.

Es gibt weite Berichte, was man in Sparta als üblich angesehen hatte, und ich zitiere aus einer gängigen Beschreibung des täglichen Lebens in Sparta: „Die Jungen wurden auch gezwungen, ihre Nahrungsmittel zu stehlen.“ – Etwas, was ich Dr. Moser nie unterstellen würde. Aber wichtig ist:

„Wer erwischt wurde, erhielt Prügel. Nicht, weil er gestohlen hatte, sondern, weil er sich hat fangen lassen.“

Das ist etwas, was mir an Ihrer Art, hier Politik zu machen, meine Damen und Herren – oder die meisten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen –, immer wieder auffällt: dass Sie nicht bereit sind, darüber zu befinden, ob jemand wirklich geeignet ist, ob das berufliche Vorleben wirklich so tadellos ist, dass es für ein derart sensibles Amt qualifiziert.

Aber ich möchte trotzdem mit etwas nicht ganz Positivem, aber nicht ganz Hoffnungs­losem schließen: In der Sitzung des Hauptausschusses hatte ich den Eindruck, dass insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der Österreichischen Volkspartei alles an­dere als begeistert hinter diesem Vorschlag stehen. Ich hatte nicht nur bei dem Abge­ordneten der ÖVP, der sich dann weigerte, überhaupt als Berichterstatter vor dieses Haus zu treten (Abg. Miedl: Das glaube ich nicht, Herr Kollege!) – und deswegen


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musste ein freiheitlicher Abgeordneter hier berichten –, sondern auch sonst den Ein­druck, dass hier der regierungsinterne Geduldsbogen schon ziemlich überspannt ist.

Wenn das einmal so weit ist, und wenn Sie wissen, dass die Auseinandersetzung um den Rechnungshofpräsidenten auch nach seiner Bestellung weitergehen muss, weil es notwendig sein wird, den Rechnungshof vor Herrn Dr. Moser in ganz konkreten Fragen in Schutz zu nehmen – und diese Situation hatten wir noch nie, das wird zum ersten Mal eine Aufgabe des Nationalrates sein –, dann ersuche ich Sie: Überlegen Sie es sich! Wenn einige von Ihnen nicht einmal bereit waren, hier oben zu argumentieren, warum man Dr. Moser wählen soll, dann überlegen Sie sich, ob es nicht besser für dieses Hohe Haus, besser für den Rechnungshof und besser für den Rechtsstaat in Österreich wäre, wenn Sie eine geheime Wahl dazu nützten, einen erneuten Vorgang einer Bestellung des Rechnungshofpräsidenten zu ermöglichen.

Ich ersuche Sie, das noch einmal zu überlegen. Der Rechnungshof und der Nationalrat haben sich Besseres als diesen Kandidaten verdient. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.36

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Nächste, dem ich das Wort erteile, ist Herr Abgeordneter Neudeck. Herr Abgeordneter, auch für Sie 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.36

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es zeigt sich eindeutig, wie selten Kollege Pilz hier im Hohen Haus ist, denn der Berichterstatter berichtet schon lange nicht mehr über eine Angelegenheit oder nur in Fällen, in denen etwas zu berichtigen ist. (Abg. Eder: Im Protokoll steht er!) Er steht im Protokoll. Es war gar nicht das Problem, dass er diese Verantwortung nicht über­nehmen wollte. Aber wie so viel bei Kollegem Pilz ist ja nicht wichtig der Inhalt ... (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Eder und Mag. Kogler.) Weil er der Meinung ist, dass der Berichterstatter nichts ist, was so wichtig ist, dass wir es im ... (Weitere Zwischen­rufe.) – Das ist ja nicht wahr! Er hat ja zu dieser Angelegenheit geredet, daher steht er auch im Protokoll. Fragen Sie ihn doch! Fragen Sie ihn selbst, und verbreiten Sie nicht Gerüchte!

Kollege Pilz als Überbleibsel einer Zeit der Grünen, in der es noch wichtig war, irgend­etwas herzuschmeißen, aber die Wahrheiten nicht zu beweisen, ist ja sowieso schon isoliert in seiner Fraktion und musste einmal sogar mit leichter Gewalt aus einem Aus­schusslokal entfernt werden, weil er der nachfolgenden fachlich qualifizierten Kollegin Moser keinen Platz machen wollte. – So weit zu Kollegem Pilz.

Meine Damen und Herren! Er kommt immer nur kurz vor seinen Reden auf eine Stunde ins Lokal und ist dann wieder weg. – So viel zu seinem Interesse an der parla­mentarischen Arbeit.

Meine Damen und Herren! Die Opposition hat ein öffentliches Hearing verlangt. – Ich hätte kein Problem damit gehabt, wenn die Vorstellung der Kandidaten in öffentlicher Form erfolgt wäre, denn sie alle waren hoch qualifiziert und waren auch durchaus mit neuen Ideen gespickt, die für uns Rechnungshofausschussmitglieder, die wir diesmal im Hauptausschuss waren, sehr wertvoll sind.

Allerdings haben die Fragen und vor allen Dingen jene des Kollegen Pilz mit einem Hearing nichts zu tun gehabt, das waren Verhörmethoden. Wenn ich eine Frage in einem Hearing so lange stelle, bis ich glaube, dass ich eine Antwort bekomme, die mir recht ist, dann muss ich sagen, Kollege Pilz: Das hat mit einem Hearing nichts zu tun, sondern das sind Methoden, die es seit vielen Jahrzehnten nicht mehr geben sollte!


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Für mich waren ja das beste Beispiel für Desinteresse und vorgefasste Meinung der Parteiobmann der Grünen Van der Bellen und der Parteiobmann der SPÖ Gusen­bauer, die es nicht für wert gefunden haben, bei dem Hearing anwesend zu sein, uns aber nach zwei, drei Stunden Hearing-Dauer über den Pressedienst mitgeteilt haben: Das Hearing ist eine Farce, im Hearing gibt es keine Inhalte! – (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen.) Das haben Sie vorher abgemacht, dass Sie das aussenden?

Man hat gesehen, Sie waren nie drinnen! Ja, aber Sie waren ja nie im Hearing. Wieso wissen Sie dann, dass das Hearing eine Farce war?! – Sie wussten gar nicht, was herauskommt! – So wie der Schelm denkt, ist er auch!

Kollege Kräuter ist ja für mich überhaupt ein Phänomen. Es ist erstaunlich, was er heute alles als untragbar bezeichnet hat. Ich habe auch etwas untragbar gefunden, ich sage es dir dann unter vier Augen.

Welche Macht der Klubdirektor in der SPÖ hat, das muss unvorstellbar sein! (Abg. Parnigoni: Er ist einer der Besten!) – Das ist schade genug, wenn er einer der Besten ist, Kollege Parnigoni! Du schaffst es heute schon dreimal, dass dein Name genannt wird – aber nur bei den Zwischenrufen.

Der Klubdirektor der FPÖ führt anscheinend die Regierung, er ist schuld, wenn Minister ausgetauscht werden, ist schuld an der Politik, die die Regierung macht (Abg. Grad­wohl: Nein, nein, an eurer Misswirtschaft seid ihr schon selbst schuld!) – denn Sie haben ja gesagt: Klubdirektor Moser ist an all diesen Dingen schuld! (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Gradwohl.) Dann musst du dir das mit dem Kräuter ausmachen. Er sagt, Moser sei an all diesen Dingen schuld. Das kann er ja nur dann, wenn er solche Dinge auch seinem Klubdirektor in der SPÖ anrechnet.

Meine Damen und Herren! Dann stellt man sich hin und sagt: Moser ist „gepackelt“, Moser ist nicht geeignet! Der gleiche Redner, Kollege Cap, sagt: In den ÖBB wird Moser ein großes Loch hinterlassen, er wird dort abgehen! – Also ist mit ihm doch der beste Mann am richtigen Ort, denn wenn er für das riesige Unternehmen ÖBB oder für die HL-AG gut ist, dann muss er auch für den Rechnungshof recht sein.

Kollegen Pilz sei noch gesagt: All diese Verfahren und Inhalte, die er hier auf den Tisch legt, sind Anwürfe. Die Verfahren sind eingestellt. In all den Untersuchungen wurde die Stichhaltigkeit seiner Anwürfe nicht bewiesen, es wurde alles widerlegt. Sogar mit sei­nem Sackerl entspricht er nicht dem Zeitgeist, denn heuer ist 50 Jahre Spar – 50 Jahre BILLA war voriges Jahr!

Meine Damen und Herren! Was will die Opposition? – Die Opposition will anscheinend einen Rechnungshofpräsidenten aus der Retorte (Abg. Dr. Glawischnig: ...! Wir sind gegen Klonen!), denn er soll alle Erfahrungen haben, die es gibt, er soll wirtschaftlich kompetent sein, er soll Verwaltungserfahrung haben, er soll Finanzerfahrung haben, er soll politische Erfahrung haben, nur: Er darf sie nirgends sammeln – außer vielleicht, mit etwas Glück, im Dunstkreis der SPÖ. Dort ist es durchaus möglich, denn Kollege Nowotny sei ja ein unparteiischer Kandidat, hieß es im Hearing.

Ich darf jetzt nur ganz kurz den bisher von den Oppositionsrednern so negativ geschil­derten Kandidaten Dr. Josef Moser etwas näher vorstellen. Er ist 1981 in den Finanz­landesdienst Kärnten eingetreten, hat einen Ausbildungslehrgang für den höheren Finanzdienst mit mehreren Auszeichnungen abschließen können und wurde 1985 zum Vorstandstellvertreter der Personal- und Präsidialabteilung der Finanzlandesdirektion bestellt. (Abg. Eder: Beim Haider!)

1986 wurde er einstimmig zum Obmann der überparteilichen Finanzakademiker Kärn­tens gewählt.


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1989 – und das müsste ihn ja bei den Grünen sympathisch machen – gründete er eine Bürgerinitiative – weit blickend – mit dem Titel: „Stoppt den Bahnlärm!“.

Er ist 1991 aus der Finanzverwaltung ausgeschieden und in die Landesverwaltung Kärnten eingetreten und war dort für Personal, Budget, Hoch-/Tiefbau, Energie und Verkehr und für die Koordination dieser Bereiche mit dem Landtag zuständig.

Er bekam 1992 das Angebot, nach Wien zu wechseln, und übernahm die Funktion des Klubdirektors der Freiheitlichen Partei, ohne – wie schon von einigen Vorrednern er­wähnt – Parteimitglied zu sein, und er war in dieser Funktion sehr erfolgreich bis Ende 2002 tätig.

2003 wurde Dr. Josef Moser Vorstand der HL-AG und konnte gemeinsam mit seinen Mitarbeitern und mit seinen Vorstandskollegen die Betriebsleistung der HL-AG von 330 Millionen auf 500 Millionen im Jahr 2004 steigern. Er konnte Projekte trotz massi­ver Eingriffe in die Natur durch Abgleichung mit den Interessen der Bürger großteils friktionsfrei fertig stellen.

Diese seine Tätigkeit führte dazu, dass er dann in der ÖBB Holding AG die kaufmänni­sche Leitung des Finanz- und Rechnungswesens übernehmen und für die strategische Führung der operativen Gesellschaften der ÖBB-Infrastruktur Betriebs AG zuständig sein sollte.

Meine Damen und Herren! Dr. Josef Moser hat in seiner Vorstellung im Hearing aus meiner Sicht als Einziger weitreichende Vorstellungen für Modernisierungen und Ände­rungen im Rechnungshof präsentiert. Er hat eine verstärkte ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Kollege, ich war die ganze Zeit im Ausschuss – und nicht so wie du, Kollege Puswald, meistens vor dem Ausschusslokal.

Er hat gefordert, die Zusammenarbeit zwischen Parlament und Rechnungshof zu stär­ken, und zwar durch die Forcierung von Einzelberichten gegenüber den Jahresberich­ten, um dadurch eine einheitlichere parlamentarische Behandlung gewährleisten zu können. Er hat über mehrere Seiten Konzepte entwickelt, was der Rechnungshof für ihn in Zukunft bedeuten soll.

Zu seinen Bezügen: Meine Damen und Herren! Dr. Josef Moser verdient wesentlich weniger als sein Vorgänger, der – ohne dass man lange raten muss – ein Mitglied der SPÖ war. Er ist kein Versorgungsfall. Er geht in den Rechnungshof, obwohl er dort ... (Abg. Broukal: Wo? Bei der HL-AG?) – Bei den ÖBB. Beziehungsweise bei der HL-AG war sein Vorgänger natürlich ein SPÖ-Parteigänger.

Weiters: Er ist, so wie viele, die Beamte sind, dienstfrei gestellt. (Abg. Broukal: Und er hat wesentlich mehr verdient? Sind Sie sicher?) – Nun, Sie wissen das ja sicher, Sie kennen sich ja aus bei der Bahn, Kollege Broukal. (Abg. Broukal: Wer bei der HL-AG? Nur damit wir es gleich tatsächlich berichtigen können!) – Kollege Brenner war bei der HL-AG. Gut? – Dann werden Sie also sofort nachschauen und werden blass werden, wenn Sie sein Gehalt sehen.

Kollege Moser ist ein Beamter, der dienstfrei gestellt ist, und seine Bezüge werden von der HL-AG beziehungsweise dem Bund gegenüber ersetzt. Somit handelt es sich nicht um einen Doppelbezug, so wie Sie es darstellen. Wenn man dann noch sieht, wie un­abhängige Medien Dr. Moser qualifizieren, dann kann man nur sagen: Das, was die Opposition gemacht hat oder was sie machen will, ist, einen guten Kandidaten zu ver­hindern, denn Josef Moser wird auch von den Medien als respektabler Rechnungshof­präsident dargestellt. (Abg. Eder: Die waren nicht dabei beim Hearing, die Medien, darum können sie auch nichts sagen! Die habt ihr ja nicht hineingelassen!) Ein blinder Parteihengst, wie die Opposition ihm unterstellt, einer zu sein, war er nie.


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Auch Fiedler musste einen anfänglichen Misstrauensvorschuss wegen seiner Herkunft aus dem Parlamentsklub einer Partei erst widerlegen. – Danke. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

14.46

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeordnetem Prähauser das Wort. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


14.46

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kollege Neu­deck hat gesagt, Herr Moser hinterlasse ein riesiges Loch bei den ÖBB. Wir sind nicht in der Lage, das nachzuvollziehen, weil die Dauer seiner Arbeitszeit es aus unserer Sicht einfach noch nicht zulässt, das zu beurteilen. Das Einzige, was wir sagen kön­nen, ist: Im Budget der ÖBB hinterlässt er natürlich ein großes Loch: 100 000 € Abfer­tigung für unverschuldetes Ausscheiden ist nicht schwach, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schöls.)

Um zu präzisieren, was „unverschuldetes Ausscheiden“ betrifft: Es muss auch jemand schuld am Ausscheiden sein, und das sind Sie, meine Damen und Herren von der Koalition! Ich würde daher vorschlagen, dass sich die Eisenbahn die Summe von 100 000 € von Ihren Klubs wieder zurückholt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen aber eines sagen: 1964 ging der Rechnungshof in die richtige Richtung. Die damalige Koalition hat einen Oppositionspolitiker mit der Führung des Rechnungs­hofes beauftragt. Es war damals Jörg Kandutsch, der 1964 bis 1980 als dessen Präsi­dent tätig war. 1980, auf der Höhe der sozialdemokratischen Alleinregierung, wurde auch ein Politiker der Opposition (Abg. Dr. Fekter: Der kleinen Oppositionspartei!), nämlich Tassilo Broesigke, zum Rechnungshofpräsidenten bestellt. (Abg. Dr. Fekter: Immer von der kleinen Oppositionspartei!)

Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Ein Demokratieverständnis, wie wir als Sozi­aldemokraten es für richtig halten, bedeutet, dass jene, die die Stärkeren, die Mächti­gen auch im Parlament kontrollieren sollten, auch die Möglichkeit haben, Rechnungs­hofpräsidenten zu sein.

Wir wollten auch 1992 einen parteifreien Nachfolger für Broesigke haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wieso „auch“? Der Nowotny war ja nicht parteifrei!) Das ist nicht mög­lich gewesen, weil die Probe für die kleine Koalition damals schon gemacht wurde. Es ist also unserem Koalitionspartner damals gelungen, die Opposition für sich, für einen ihrer Kandidaten zu gewinnen. Er hat sich gegen einen parteilosen Kandidaten ausge­sprochen und hiermit Fiedler gewählt.

Dass Präsident Fiedler dann nicht ganz das für Sie wurde, was Sie sich vorgestellt haben, ist wieder ein anderer Punkt. Unter Broesigke ist nämlich etwas eingerissen, nämlich die Informationen an die Öffentlichkeit, an die Medien. Einzelne Politiker der blauen Couleur haben natürlich für viel Unruhe gesorgt, und Fiedler hat es geschafft, in seinem Umfeld dies wieder abzustellen. Daher sei ihm auch speziell in diesem Zu­sammenhang noch einmal unser ausdrücklicher Dank ausgesprochen.

Ich darf Ihnen aber noch ein Weiteres sagen, meine Damen und Herren: Wir haben heute oft über die Frage diskutiert: Hearing unter Ausschluss der Öffentlichkeit: ja oder nein? Sie geben vor, die Kandidatinnen und Kandidaten zu schützen. In Wirklichkeit haben Sie sich selbst geschützt, nämlich deshalb, weil Ihre Aussagen, dass einer mit Abstand der Beste gewesen sei, nicht unbedingt dem objektiven Empfinden derer ent­spricht, die da mit dabei waren. Wäre die Öffentlichkeit dabei gewesen und hätte man dann vielleicht per TED abgestimmt, Sie hätten Ihre Wunder erlebt, wie diese Abstim­mung ausgegangen wäre!


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Herr Dr. Moser hat – das war sicherlich keine Frage – keine schlechte Figur gemacht: Er war schnell im Reden, er war leicht nervös – das ist zugegebenermaßen auch ver­ständlich. Was aber die Fachkompetenz betrifft, so konnte er Mayer und Nowotny in keinster Weise das Wasser reichen!

Aber wir nehmen zur Kenntnis: Die Mehrheit entscheidet, die Mehrheit versteckt sich hinter irgendwelchen Aussagen. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) – Herr Kollege Fasslabend, ich gehöre zu jenen, die Sie eigentlich sehr, sehr schätzen, aber was Sie heute hier von sich gegeben haben, war aus meiner Sicht einstudiert wie von einem Schauspieler, der von irgendetwas berichtet, bei dem er gar nicht dabei gewesen ist. Sie sprachen wie nach einem Drehbuch, das Sie vorgelegt bekommen haben. – Ich glaube, du weißt, was ich meine.

Meine Damen und Herren! Ich denke auch, in Zukunft sollten wir für uns daraus unsere Schlüsse ziehen. Schalten wir die Öffentlichkeit doch nicht aus! Scheuen wir uns nicht, zu sagen: Wenn jemand sich für solch ein Amt bewirbt, dann wird er auch nichts dage­gen haben, dass sich eine breite Öffentlichkeit über seine Fähigkeit ein Bild machen kann! (Abg. Scheibner: War 1992 ein Hearing?) – 1992 war kein Hearing. (Abg. Scheibner: Warum nicht?) Es kam nicht dazu, weil Sie sich mit der ÖVP auf andere Weise durchgesetzt haben. (Abg. Scheibner: Was? Vorher? Vor der Abstimmung?)

Herr Kollege Scheibner! Es hat genauso Absprachen vorher gegeben wie jetzt auch. (Abg. Scheibner: Na geh!) Das nach zehn oder zwölf Jahren aufzurühren, ist eigent­lich verlorene Liebesmüh. (Abg. Scheibner: Ich wollte nur wissen, ob es ein öffentli­ches Hearing gegeben hat!)

Tatsache ist: Dieses Mal war in jeder Facette des Hearings Ihre Zielrichtung erkennbar. Sie war auch dadurch gut erkennbar, dass Ihre Hearing-Teilnehmer sich großteils da­durch hervorgetan haben, sich immer abzuwechseln. Niemand von Ihrer Fraktion hat alle Kandidatinnen und Kandidaten gehört! Sie haben immer rechtzeitig dafür gesorgt, dass wieder der Ersatz gekommen ist. Wir Sozialdemokraten sind vom Anfang bis zum Ende da gewesen und waren für jeden Kandidaten ein Gesprächspartner. (Abg. Scheibner: Was Sie alles beobachten!)

Ich war den ganzen Tag herinnen, Herr Kollege Scheibner, daher weiß ich das. (Abg. Scheibner: Da hätten Sie aber auf die Kandidaten aufpassen müssen und nicht auf die FPÖ-Mitglieder!) Das allein ist die Gewähr dafür, ein objektives Bild zeichnen zu können: Wer dabei ist, kann darüber reden!

Sie waren die meiste Zeit nicht dabei. Wir werden diesen Kandidaten natürlich jetzt nicht unterstützen! (Beifall bei der SPÖ.)

14.51

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


14.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich war die ganze Zeit bei dem Hearing dabei, ich habe keine einzige Minute versäumt (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), und ich kann Ihnen sagen: Es war ein reales Hearing! (Beifall bei der ÖVP.)

Es war kein „virtuelles Hearing“, kein „Cyber-Hearing“, keine „Farce“, kein „Schauspiel“, was alles schon gesagt worden ist. Ich kann Ihnen auch versichern: Für uns war das Ergebnis des Hearings sehr wohl relevant! (Ironische Heiterkeit der Abg. Mag. Wurm.)

Ich bin auch der Meinung, die schon von vielen geäußert worden ist, dass es ein her­vorragendes Hearing war (Ruf bei der SPÖ: „Super“ war das!), weil alle Kandidaten


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sehr gut entsprochen haben. Ich für mich persönlich könnte sagen, ich hätte bei kei­nem einzigen der Kandidaten Bedenken, ihm das Amt des Präsidenten des Rech­nungshofes anzuvertrauen.

Aber wir müssen einen Präsidenten auswählen – wir können nicht sieben Präsidenten und Präsidentinnen wählen (Abg. Öllinger: Das war die Münze, oder was?), und daher geht es um die Frage: Wer hat das breiteste Spektrum, die breiteste Palette, die ihn für dieses Amt befähigt? (Abg. Dr. Einem: Jetzt hören Sie aber auf!)

Ich muss gleich sagen: Besonders gut hat mir zum Beispiel die Präsentation von Anna-Maria Hochhauser von der Wirtschaftskammer Österreich gefallen. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: No na!)

Ich muss sagen: Gerade diese Präsentation hat der Sache der Frauen einen sehr guten Dienst erwiesen (Abg. Öllinger: Warum habt ihr sie nicht gewählt?), und ich freue mich schon auf die Zeit, wo einmal sowohl das Amt des Bundespräsidenten als auch das Amt des Rechnungshofpräsidenten mit Frauen besetzt sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die Professoren, die eingeladen und nominiert waren, haben ihre Stärken ge­zeigt, die wir zum gut Teil bereits kennen: Johannes Hengstschläger als sicher bester theoretischer Kenner des Rechnungshofes, Heinz Mayer als ein auch von mir beson­ders geschätzter Staatsrechtler und Ewald Nowotny als besonders ausgewiesener Wirtschaftstheoretiker. Auch die beiden Spitzenbeamten Karl Lengheimer und Winfried Wolf haben ihre Stärken gezeigt, haben aber natürlich auch ein gewisses Defizit in der Führung von Wirtschaftsbetrieben, wo Erfahrung dann entsprechend gefehlt hat.

All das zusammen – eben die Menge, das ganze Spektrum an Qualifikationen, das, wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, bei Josef Moser vorhanden ist – hat uns dann dazu bewogen (Abg. Öllinger: Das darf nicht wahr sein!), dem Vorschlag der Freiheit­lichen Partei zuzustimmen. (Abg. Öllinger: ... 14 Tage!)

Es ist schon gesagt worden, dass durch Jahrzehnte hindurch von der FPÖ nominierte Persönlichkeiten das Amt des Rechnungshofpräsidenten innehatten. Ich denke da an Kandutsch und an Broesigke, die ja bereits genannt worden sind. Diese wurden da­mals von der jeweils kleinsten Fraktion im Parlament vorgeschlagen, und die großen Fraktionen wollten eben damit die Unabhängigkeit des Rechnungshofes betonen. Auch jetzt wird der Vorschlag weder von der ÖVP noch von der SPÖ präsentiert, also scheint auch damit die Unabhängigkeit gewährleistet (Abg. Öllinger: Das darf ja nicht wahr sein!), zumal niemand sagen kann, wie lange oder in welcher Zeit welche Regie­rungsform an der Regierung ist. (Abg. Öllinger: Sie sollten als Büttenredner auftre­ten! – Das ist ja unglaublich!)

Hohes Haus! In diesem Sinne möchte ich für den für die Funktion des künftigen Rech­nungshofpräsidenten vorgeschlagenen Kandidaten, der hier jetzt zur Diskussion steht, also für Josef Moser, einen unverdächtigen Zeugen zitieren. Ich habe in der „Presse“ die Aussagen des Chefs der Eisenbahnergewerkschaft Wilhelm Haberzettl gelesen, der sicherlich nicht jener Partei nahe steht, die Josef Moser nominiert hat. Es steht drinnen,

„Moser habe eine Linie in den ansonsten lethargischen ÖBB-Vorstand gebracht“ – das ist die Meinung von Wilhelm Haberzettl – und: „Das Ausscheiden“ Mosers „bedeute einen riesigen Schaden für die ÖBB.“

Hohes Haus! Ich bin sicher, dass diesem riesigen Schaden für die ÖBB ein ganz be­sonders großer Nutzen für den Rechnungshof, das Parlament und die Republik Öster­reich gegenübersteht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


14.56


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Herr Klubobmann, Sie haben 5 Minuten Redezeit. Es ist nicht mehr die Fernsehübertragung relevant dafür, aber die Verhandlungsunterbrechung für den Aufruf der Anfragebesprechung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.56

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viel ist jetzt hier geredet worden über das Hearing und auch über den Kandidaten, der heute hier vorgeschlagen ist, nämlich Dr. Moser.

Meine Damen und Herren! Wenn man mit Vertretern der Opposition unter vier Augen spricht, dann klingt das immer alles ganz anders als hier vom Rednerpult aus, denn dann sagt man selbstverständlich, dass Dr. Moser ein ausgezeichneter Experte war und ist und auch in Zukunft sein wird, und man ist auch so wie wir der Meinung, dass mit Dr. Moser ein ausgezeichneter Experte in Zukunft den Rechnungshof führen wird. Davon sind wir auch überzeugt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir würden nie Kandidaten so abqualifizieren, wie Sie das gemacht haben (Widerspruch bei der SPÖ), und auch nicht das Hearing! Es war ein gutes Hearing. Alle Kandidaten haben sich dort entsprechend positiv qualifiziert und präsentiert. Wir sind aber der Meinung, dass auf Grund von Curriculum, Erfahrung im Verwaltungsbereich, Erfahrung in der Privatwirtschaft, Erfahrung auch im parlamentari­schen Betrieb Dr. Moser die besten Voraussetzungen für den Rechnungshof mitge­bracht hat. Deshalb wird er heute hier als Kandidat nominiert, und wir gehen davon aus und hoffen, dass er mit einer möglichst breiten Zustimmung auch in dieses wichtige Amt gewählt wird.

Meine Damen und Herren! Es ist Ihnen selbstverständlich unbenommen, dagegen zu sein, aber wenn Sie sich selbst noch ernst nehmen, dann sollten Sie hier wenigstens die richtigen Argumente ins Treffen führen und entsprechend eine Gegnerschaft auf­bauen. Wenn Sie, meine Damen und Herren, nämlich sagen, die Opposition müsse den Rechnungshofpräsidenten stellen, dann sei Ihr Pessimismus Ihnen unbenommen, aber Sie wissen doch, dass der Rechnungshofpräsident auf zwölf Jahre bestellt ist, und ich frage Sie: Gehen Sie wirklich davon aus, dass Sie zwölf Jahre in der Oppo­sition sein werden – denn nur dann wäre dieser Wunsch gerechtfertigt? Ich wünsche Ihnen dazu alles Gute!

Trotzdem bin ich der Meinung, dass es völlig egal ist, wer den Rechnungshofpräsiden­ten nominiert, es soll der Beste sein! Er soll bestens qualifiziert sein, durchschlagskräf­tig, unabhängig, dynamisch – und das ist mit Dr. Moser gegeben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sagen, das Hearing hätte öffentlich sein sollen. Sie wissen, dass die Geschäftsord­nung das gar nicht vorsieht. Sie wissen, Herr Kollege von der SPÖ – das wollten Sie nicht zugeben –: 1992, als Sie die Mehrheit gehabt haben, hat es auch kein öffentli­ches Hearing gegeben. (Abg. Dr. Glawischnig: Aber da waren Sie für ein öffentli­ches!)

Frau Kollegin Glawischnig, die Unvereinbarkeit ist hier auch angesprochen worden: Dr. Moser dürfe jetzt alle möglichen Dinge nicht prüfen, weil er für die Koordinierung zuständig gewesen ist. – Sie wissen doch selbst, was das bedeutet, wenn ein Klubdi­rektor in die Regierungskoordinierung mit einbezogen ist: Da hat er ja keine Entschei­dungskompetenz! – Wenn man das nachvollziehen würde, dann hätte Ihr Kandidat Nowotny, meine Damen und Herren von der SPÖ, auch ein Problem gehabt (Abg. Dr. Fekter: Weil er die Gesetze mitbeschlossen hat! – Heiterkeit der Abg. Dr. Fekter), bei den Universitäten eine entsprechende Prüfung vorzunehmen. Also bleiben Sie hier wirklich bei der Wahrheit und bei einer konsequenten Argumentation!


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Aber ich muss Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, doch zugestehen, dass Sie einen gewissen Rahmen eingehalten haben, innerhalb dessen die Person und auch das Amt nicht beschädigt wurden. Das sage ich hier in aller Deutlichkeit!

Ganz anders war das bei den Grünen, oder ich würde es einmal einschränken auf den Abgeordneten Pilz: Abgeordneter Pilz, der ja den ganzen Tag bei der Debatte nicht anwesend war, geht hier herunter, gibt hier seine Wortspende ab, diffamiert Personen, verdächtigt sie in der Art eines Großinquisitors – und ist jetzt schon wieder nicht da. Das ist das Verständnis eines Abgeordneten, dem es überhaupt nicht um die Sache geht, sondern nur um ein Kriminalisieren, Diskreditieren, Hineinhauen! Das ist die Methode von Herrn Pilz – und das lehnen wir ab, meine Damen und Herren! Aber ich gehe einmal davon aus, dass Sie auch nicht sehr glücklich über eine solche Art von Politik sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist im Hearing auch klar zum Ausdruck gekommen: Da gab es Vorwürfe und Ver­dächtigungen. Dr. Moser, der übrigens als Einziger auch ganz konkrete Zukunftsvor­schläge für den Rechnungshof eingebracht hat, hat klar und deutlich gesagt, dass es diese Verdächtigungen gab und dass es Erhebungen gab, die aber zu nichts geführt haben, und alles zurückgelegt worden ist. – Das war die Antwort von Dr. Moser, die hier nicht präsentiert wurde, meine Damen und Herren!

Wenn man fünf Mal dasselbe fragt, dann wird man auch fünf Mal die gleiche Antwort bekommen. In einem Rechtsstaat gilt Gott sei Dank – und hoffentlich bleibt es noch lange so in Österreich, auch wenn es sich Herr Pilz vielleicht anders wünscht! – nicht nur die Unschuldsvermutung, sondern da muss man Beweise bringen, wenn man irgendwelche Verdächtigungen ausspricht. Nur hier von diesem Rednerpult aus kann man, wie es Kollege Pilz gemacht hat, sagen, was man will. Aber wir alle als Abgeord­nete können uns und auch die Öffentlichkeit kann sich ohnehin ein Bild von der Seriosi­tät solcher Aussagen machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass der Rechnungshof in den nächsten zwölf Jah­ren mit Dr. Moser einen guten Weg gehen wird. Und ich hoffe auch ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, bitte den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Ich werde den Schlusssatz bringen. Da allerdings die Fernsehzeit abgelaufen ist, Frau Präsidentin, wäre es ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sie können gerne nach Aufruf der Anfragebe­sprechung die Rede fortsetzen. Jetzt werde ich aber unterbrechen.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Ich bin überzeugt davon, dass Sie in zwölf Jahren dasselbe Schicksal erleiden werden wie Ihre Fraktion damals bei Dr. Fiedler: Vorher schimpfen und nachher loben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den 3. Punkt der Tagesordnung.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1560/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungs­zahl 1560/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.


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Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner und keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstrednerin zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitglie­dern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären und Staats­sekretärinnen sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Frau Abgeordnete Dr. Moser als Antragsstellerin, die Debatte zu er­öffnen. Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


15.03

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Schon heute Vormittag haben Sie, Herr Finanzminister, kurz die Regierungsbank besucht. Heute Nachmittag ist der Anlass für Ihr Hiersein auch, Ihre Leistungen noch einmal vor dem Hintergrund Revue passieren zu lassen, dass heute Vormittag eine Regierungsneubildung erfolgte.

Verschiedene Beobachter der innenpolitischen Szene haben sehr wohl auch einen eigentlich ablösereifen Minister wiederholt genannt. Dieser eine ablösereife Minister waren Sie, Herr Finanzminister! Ich brauche nicht aufzuzählen, Sie wissen es ja selbst: Zur Homepage-Affäre steht noch einiges aus, gerade zu dem, was der Rechnungshof bereits im Rohbericht erarbeitet hat. Darum ist in Anbetracht der Bestellung von Herrn Dr. Moser besonders interessant, was jetzt im Endbericht stehen wird, da doch der Rohbericht durchaus Besonderes über diese Finanzprüfung innerhalb des Ressorts des Herrn Finanzministers betreffend seine Homepage-Geschichte bringt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie haben sich durch Ihre Zwischenrufe schon selbst disqualifiziert! Man braucht Ihnen nicht mehr zuzuhören!)

Herr Finanzminister, Ihre Ablösereife hat sich eigentlich schon dadurch abgezeichnet, dass Sie den Schwenk vom Nulldefizit zur Steuerreform vornahmen und eine Steuerre­form präsentierten, die zum Millionen‑ und Milliardengeschenk für Großkonzerne wird. Da hat sich schon gezeigt, dass Sie eigentlich nicht Kurs halten, sondern den Kurs flexibel ändern, je nachdem, wie es Ihnen der Mainstream und so weiter gerade ratsam erscheinen lassen!

Der dritte Teil, der uns im Parlament schon häufig beschäftigte, war natürlich die Frage der Eurofighter, der Kampfflugzeuge. Auch diesbezüglich ist wiederholt dokumentiert worden, dass der Kauf dieses teuersten aller Fluggeräte, das selbst vom Bundesheer aus fachlichen Gründen abgelehnt wird, kraft Ihrer blitzschnellen Entscheidung vor einem gewissen Ministerrat dann doch über die Bühne gegangen ist. (Abg. Neudeck: Es geht doch um die Bundeswohnungen und nicht um die Flieger!)

Der letzte Akt – das möchte ich sagen, bevor wir zum eigentlichen Thema kommen –, Herr Finanzminister, waren Ihre Auftritte innerhalb der EU-Finanzministerriege, wo Sie es schafften, von einem Fettnapf in den anderen zu treten. Das Letzte war ja immerhin so gewaltig, dass Sie Ihr Kollege aus Deutschland nicht mehr zu einem gemeinsamen Treffen mit einlädt! Sie haben unsere Finanzpolitik, repräsentiert durch Ihre Person, durch Ihre Äußerungen auf internationalem EU-Niveau maßgeblich diskreditiert, indem Sie praktisch die deutsche Budgetpolitik in Grund und Boden verdammten, etwas, was sich unter Finanzministern offenbar nicht gehört!

Jetzt kommen wir zur eigentlichen Tatsache: Sie gedachten, sich im Immobilienwesen sozusagen als großer Zampano aufzuführen, und stellten vor etwa 14 Tagen oder drei Wochen den Verkauf von 62 000 Bundeswohnungen und – und das ist sehr wesent­lich! – von 5,1 Millionen Quadratmetern unbebautem Grund um sage und schreibe 850 Millionen € als großen Erfolg dar. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)


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Herr Finanzminister! Sie brauchen doch nur einfach zu rechnen! (Abg. Großruck: Die Zahlen sind falsch!) Ich habe die Nettozahlen genommen, Herr Kollege Großruck! Ich habe die aushaftenden Darlehen abgezogen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.) Ja freilich! Ich sage es Ihnen doch gerne! Aber das ist doch nichts, was der Herr Minister einnehmen kann! (Abg. Amon: Sie haben keine Ahnung!) Das sind aus­haftende Darlehen, die kann man ja nicht einnehmen, sondern die muss ich doch vom Kaufpreis mehr oder weniger abziehen! Darum bekommt er ja unter dem Strich nicht mehr als 850 Millionen und, wie ich glaube, 55 Millionen für die „Wiener Eisenbahner“. Das ist praktisch die Nettosumme!

Was steht denn auf dem Spiel? Was ist denn das Paket, das um diese 850 Millionen € plus 55 Millionen € verkauft wird? – Es geht um 62 000 Wohnungen, es ist dies der größte Immobiliendeal dieser Republik! Das sind 5,1 Millionen Quadratmeter höchst­wahrscheinlich bebauungsfähiges Land, das sind Gewerbebetriebe, das sind 23 000 Parkplätze!

Rechnen Sie doch einmal nach! Wenn man von 850 Millionen € ausgeht, dann wird pro Wohnung ungefähr der Preis von 40 000 € erzielt. Wenn man jetzt den Grundstücks­preis ... (Abg. Dr. Fekter: Plus die Schulden!) Die Schulden habe ich schon wegge­zählt! (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber der Wert, der dazugezählt werden muss!) Frau Kollegin Fekter! Das ist vielleicht wirklich ein gutes Rechenbeispiel für Sie: Wir haben 5,1 Millionen Quadratmeter. Wenn es sich um Bauland handelt – und Wohnbaugesell­schaften kaufen ja mit Vorliebe Bauland –, dann kann man vielleicht, wenn man freund­lich rechnet, pro Quadratmeter Bauland im städtischen Bereich – und die BUWOG und die WAG haben hauptsächlich städtische Liegenschaften und entsprechend auch Bau­land akquiriert – mit durchschnittlich 100 € rechnen. Und da bin ich schon der billigste aller Jakobe, die es gibt, nicht wahr?

Jetzt rechnen Sie 100 mal 5,1 Millionen: Da kommen Sie auf sage und schreibe 500 Millionen €. Der Herr Finanzminister erzielt aber in Summe 850 plus 55 Millionen! Ich meine, das ist das Problem! (Abg. Dr. Fekter: Dazu gehören aber auch die Gärten und Höfe!) – Frau Kollegin Fekter! Sie sollten sich dann vielleicht selbst zu Wort mel­den, wenn Sie schon ein so großes Redebedürfnis entwickeln! – Es ist ganz einfach: In Summe ist der erzielte Preis für das, was insgesamt an Immobilienwerten der Republik zur Verfügung steht, meines Erachtens ein halber Sommerschlussverkauf!

Gehen wir aber noch kurz auf die Anfragebeantwortung, die der Herr Finanzminister mir zukommen ließ und die der Anlass dieser Anfragebesprechung ist, ein. – Herr Minister! Ich habe Sie auch gefragt, wie es in Zukunft – für mich ist ja auch die Woh­nungspolitik als solche ein Thema – mit dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz aus­schauen wird, denn derzeit und auch in Zukunft sind ja die verkauften Wohnungen im Regime des WGG, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes. Sie, Herr Minister, haben immer wieder gesagt: Den MieterInnen droht derzeit nichts. – Das stimmt, keine Frage! Sie haben aber auch gesagt – und da bringe ich mein Fragezeichen an –: Zu­künftigen MieterInnen droht praktisch keine Änderung.

Wir alle wissen aber ganz genau, dass es, wenn Sie oder Ihr Nachfolger in Koopera­tion mit dem ressortzuständigen Bautenministerium eine WGG-Änderung politisch be­schließen, dann sehr wohl die Neuvermietungen und die Nachvermietungen trifft. Dann trifft es nämlich alle! Dann kann nicht nur in den verkauften Wohnbaugesellschaften des Bundes, sondern in allen gemeinnützigen Wohnungsvereinigungen bei Neuvermie­tungen womöglich entsprechend Ihrer Gesetzesänderung eine höhere Miete verlangt werden. Insofern sehe ich das aus wohnungspolitischen Gründen als Damokles­schwert!


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Meine Frage lautete: Ist in Hinkunft das WGG in der bestehenden Form gesichert, oder gedenken Sie, Änderungen vorzunehmen? – Darauf haben Sie mir geantwortet:

„Ich ersuche um Verständnis dafür, dass ich für die zukünftigen legistischen Tätigkeiten dieser und folgender Regierungen keine Aussagen machen kann.“ 

Sie geben sogar für diese Regierung keine Garantie! Dass Sie das für die zukünftige nicht tun, das nehme ich Ihnen allerdings ohne weiteres ab, Herr Minister, denn Sie werden wahrscheinlich in zukünftigen Regierungen nicht mehr Finanzminister sein!

Sie, Herr Minister, haben mir weiter geantwortet:

„Ich kann aber versichern, wie ich dies bereits bei einer Vielzahl von Anfragebeantwor­tungen getan habe, dass sich für die derzeitigen Mieter durch den Verkauf nichts ändert.“

Das sind ja nicht unsere Befürchtungen! Da stimme ich völlig mit Ihnen überein! Aber Sie lassen es völlig offen, wie es in Zukunft in dieser Legislaturperiode sein wird; detto Herr Minister Bartenstein, der ebenfalls zuständig ist. Und Herr Justizminister Böhm­dorfer hat bei einer Fragestunde vor laufender Kamera in diesem Plenarsaal gleich gesagt: Es ist keineswegs auszuschließen, dass es zu Wohnrechtsänderungen kommt, sodass für zukünftige Generationen von MieterInnen höhere Mieten zu zahlen sind.

Das gilt nicht nur, wie ich schon gesagt habe, für die bundeseigenen beziehungsweise für die – ich korrigiere mich – ehemaligen bundeseigenen Wohnbaugesellschaften, sondern auch für alle gemeinnützigen. – In Anbetracht dessen frage ich mich, ob Ihr Verkaufsdeal, der finanzpolitisch meines Erachtens nicht der große Wurf war, sondern höchstens ein Nullsummenspiel – über die Details können wir dann noch durch Herrn Kollegen Kogler die Diskussion führen –, nicht wohnungspolitisch in Österreich etwas aufmacht, sozusagen einen kommerziellen Bereich anregt und für etwas Platz macht, das insgesamt zu einer massiven Verteuerung auf dem Wohnungsmarkt führen wird.

Das ist aus meiner Sicht das große Problem und auch der Hintergrund dafür, dass ich Ihnen jetzt schon über 26 Anfragen zu dieser Materie gestellt habe und dass wir schon mindestens dreimal in diesem Parlament darüber auch in Form von Anfragebespre­chungen diskutieren, weil ich diese Ernte, die Sie jetzt kurzfristig finanzpolitisch einfah­ren wollen, für eine wohnungspolitische Hypothek halte! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

All das geschieht nur, damit Sie sich unter dem Strich 850 Millionen € gutschreiben lassen können. Sie haben immer vom Schuldenabbau geredet. Jetzt liest man in der APA, dass Sie damit Forschung und sonst etwas kurz finanzieren wollen. Darin besteht aber Ihre Wetterwendigkeit: Einmal sagen Sie so, dann so!

Mir ist es recht, wenn Sie die Schulden abbauen, mir wäre es aber lieber, wenn Sie die Wohnungen nicht verkauften. Mir ist es natürlich sehr recht, wenn man das Geld inves­tiert, das Nichtverkaufen wäre aber für mich die Option schlechthin. Rechnen Sie doch nach: Sie selbst haben in Ihrer Amtsperiode in der Zeit zwischen 2001 und 2003 an Dividenden sage und schreibe 187 Millionen € von den Gesellschaften lukriert – in drei Jahren 187 Millionen! –, und Sie verkaufen diese Gesellschaften nun auf einmal um 850 Millionen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen). Rechnen Sie sich das selbst aus: In fünf Jahren haben Sie mit dem ganzen Verkauf eigentlich ein Defizitgeschäft gemacht! Aber so ist Ihre Politik! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

 


15.13


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit der nun folgenden Redner und Rednerinnen laut Geschäftsordnung 5 Minuten be­trägt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.14

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­ter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Das, was Sie, Frau Moser, jetzt gebracht haben, ist Ihrer unwürdig! Das würde ich vielleicht von Herrn Cap oder vielleicht sogar von Frau Bures erwarten, aber nicht von Ihnen! (Zwischenruf des Abg. Eder.) Ich hätte von Ihnen nicht erwartet, dass Sie derart unsachlich argumentieren, hier Hypotheken in den Raum stellen und die Leute verunsichern!

Ich werde auf Ihre Argumente eingehen. Bitte hören Sie mir zu! Ich hoffe, dass Sie vom Saulus zum Paulus beziehungsweise von der Saula zur Paula werden, wenn Sie meine Argumente hören. (Abg. Eder: So eine Überheblichkeit!) Das, was Sie hier geboten haben, ist alter Wein in alten Schläuchen, den Sie nicht einmal selbst trinken! Den Österreicherinnen und Österreichern muten Sie dieses Getränk jedoch zu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Eder: Das ist unsympa­thisch bis zum Gehtnichtmehr!)

Frau Kollegin Moser, die Anfrage, die Sie gestellt haben, ist vom März. Beantwortet wurde sie – zum x-ten Mal – im Mai, und inzwischen wissen Sie, dass Mitte Juni die Bundeswohnungen ganz erfolgreich verkauft wurden. Das, was Sie und die Opposition betreiben, ist Scheinheiligkeit und eine Desinformationspolitik der Opposition für die Bürger!

Lassen Sie mich einmal Argumente bringen. – Vorerst möchte ich aber dem Finanzmi­nister dazu gratulieren, dass es ihm gelungen ist, diesen Bundeswohnungsanteil zu einem Spitzenpreis zu verkaufen, dass es ihm gelungen ist, dass die Eigentümer in Österreich sind und hier bleiben, trotz aller Unkenrufe, die wir hier von diesem Platz aus schon gehört haben!

Frau Kollegin Moser! Punkt eins, den Sie gebracht haben, war, dass diese Anteile unter dem Wert verkauft beziehungsweise verschleudert worden seien, wie Sie es be­zeichnet haben. – Das ist falsch! Ich wiederhole: Ihre Argumentation und Ihre Zahlen sind schlichtweg falsch, denn insgesamt wurde mit dem Verkauf der Bundeswohnun­gen ein Erlös von 2,639 Milliarden € erzielt.

Sie müssen schon gerecht sein, Frau Kollegin Moser! Nehmen Sie an, Sie kaufen ein Haus, das 4 Millionen Schilling Verkehrswert hat – ich drücke es jetzt in Schilling aus –, und darauf sind 2 Millionen Schulden. Dann werden Sie nicht 4 Millionen Schilling dafür bezahlen und die Schulden auch noch übernehmen, sodass es insgesamt 6 Millionen ausmacht, sondern Sie werden das Haus sehr wohl um 2 Millionen kaufen, wenn Sie es bekommen, plus Schulden. Und genau so müssen Sie diesfalls gerechterweise auch rechnen!

Ich nenne Ihnen die Zahlen: Die BUWOG, die WAG, die ESG-Villach und die EBS Linz wurden um 961 Millionen € verkauft, die WBG um 55 Millionen €. Die Dividenden aus den Jahren 2001 bis 2003 haben 187 Millionen € ausgemacht. Wissen Sie, warum? – Weil wir hier im Parlament beschlossen haben, dass die Gemeinnützigkeit für die Ge­sellschaften – nicht für die Wohnungen, das wissen Sie auch genau – aufgehoben wird, damit ein entsprechender Verkaufserlös auf dem Markt für die Wohnungen und für die Wohnbaugesellschaften erzielt werden kann. Das war der Grund! In dieser Zeit, als die Ausschreibung lief, die Angebote hereinkamen und die Lehman Brothers den


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Auftrag erhielten, hier zu prüfen, sind Dividenden bezahlt worden. Das stimmt, weil die Gemeinnützigkeit eben aufgehoben worden ist, um den Verkauf zu forcieren. Die Schuldenübernahme, Frau Kollegin Moser, betrug 1,436 Milliarden, insgesamt wurden 2,6 Milliarden € inklusive Schulden erzielt. Der Nettoerlös betrug 961 Millionen €. – Das ist das Faktum, das Sie negieren!

Dann haben wir hier von allen Seiten der Opposition gehört: Gefahr! Es besteht die Gefahr, dass die Wohnbaugesellschaften ans Ausland verkauft werden! – Das ist ebenso falsch! Den Zuschlag hat ein Österreich-Konsortium mit der Raiffeisen Landes­bank, der Wiener Städtischen, der Oberösterreichischen Landesbank, der Oberöster­reichischen Versicherung und der Immofinanz bekommen. Das Ziel war, dass die Wohnungen beziehungsweise die Gesellschaften in Österreich bleiben und dass die Garantie gegeben ist, dass eine entsprechende Fortsetzung auch für die Mieter erfolgt. Sie wissen genau, Frau Kollegin Moser, dass eine Mietpreiserhöhung nicht in Frage kommt, denn es heißt: Einmal gemeinnützig, immer gemeinnützig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Die Wohnungen, die hier verkauft werden, unterliegen dem Wohnungsgemeinnützig­keitsgesetz und sonst nichts anderem, und wenn Sie hier dem Finanzminister vorwer­fen, dass er etwas verändern wolle, dann unterminieren Sie das Parlament, denn der, der eine Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes beschließen kann, ist nicht der Finanzminister, sondern das sind die Abgeordneten hier im Parlament. Und wir haben nicht vor, eine Änderung zu beschließen – das sage ich Ihnen auch gleich, um weiteren Unterstellungen vorzubeugen.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. Ich bringe einen eineinhalbfachen Vierzeiler, denn mir ist zur Diskussion um den Rechnungshofspräsidenten etwas eingefallen:

Ob es Böhmdorfer, ob es Fiedler war,

man ließ daran kein gutes Haar.

Vernadern war rot-grünes Ziel,

bei Moser läuft dasselbe Spiel.

Auch ihm, ich wette drauf schon heut,

werden Rosen einst gestreut!

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.19

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Großruck, ich bin echt froh, dass Ihnen ab und zu noch ein Vierzeiler einfällt, denn das war die einzige Bereicherung Ihrer Ausführungen hier heute. (Abg. Neudeck: Es war ein Sechszeiler!)

Ich meine, die heutige Besprechung, initiiert von Kollegin Moser, ist sehr wichtig. Wir reden heute hier nicht nur über den größten Immobilientransfer der Zweiten Republik, sondern insgesamt über die größte Vermögensverschiebung der Zweiten Republik, und davon sind Tausende Menschen betroffen.

In diesen Wohnungen wohnen 62 000 Familien, die auf Grund der Politik von ÖVP und FPÖ in Kombination mit diesem Finanzminister heute nicht wissen (Abg. Hornek:


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Sagen Sie, warum!), wie es morgen mit ihrer Wohnung, vor allem aber mit der Miete aussehen wird.

Wir haben 62 000 Wohnungen, das sind 4,5 Millionen Quadratmeter Wohnfläche, wir haben 5 Millionen Quadratmeter unbebaute Fläche (Abg. Hornek: Wo ist der Unter­schied zur Gemeinde Wien?), die hier völlig unseriös und unvorbereitet verscherbelt werden. Das Einzige, das wir schon fix haben, ist eine Reihe von Kosten: für Bera­tungsfirmen fast 11 Millionen € (Abg. Hornek: Das ist unrichtig!) – das sind 150 Millio­nen Schilling, die da an Beratungskosten geflossen sind! Mit diesem Geld hätten wir 50 Einfamilienhäuser für Mehrkinderfamilien bauen können (Abg. Hornek: Das ist unrichtig, was Sie sagen!), mit diesem Geld, das Sie für völlig unnötige Beratung durch den Rauchfang gejagt haben, wie das auch der Rechnungshof sieht, weil das Ministe­rium ausreichend Experten gehabt hätte. Man hätte sich diese Kosten sparen können. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.)

So gehen Sie mit dem Steuergeld um! Herr Finanzminister, Sie verschleudern Steuer­geld für Beratung, die völlig unnötig ist! Außer Spesen nichts gewesen – das ist die Bilanz Ihres Deals! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. – Abg. Hornek: Diese Rede ist vom Vorjahr!)

Wenn man Kosten hat, dann gibt es auch, könnte man denken, Erlöse. Aber schauen wir uns die Erlöse genau an.

Herr Finanzminister! Im Jahr 2001 haben Sie noch gesagt: 3 Milliarden € werden wir durch diesen Immobiliendeal erwirtschaften. Vor einem Jahr haben Sie dann die Sum­me reduziert und gesagt: 2 Milliarden € sind ja allemal noch viel, wir werden 2 Milliar­den aus diesem Deal bekommen! – Heute wissen wir: Es sind knapp 1 Milliarde €. Die Rechnung des Herrn Großruck ist eine Bauernrechnung, die stimmt nicht (Zwischen­rufe bei der ÖVP), da sind langfristige Darlehen enthalten, die so nicht zu berechnen sind! (Abg. Mag. Molterer: Was ist eine „Bauernrechnung“?) Knapp 1 Milliarde € be­trägt heute der Erlös. (Abg. Mag. Molterer: Was ist eine „Bauernrechnung“? – Abg. Hornek: Frau Bures, Bauern können gut rechnen!)

Herr Finanzminister, Sie sind nicht nur ein Mal hier gestanden, sondern des Öfteren und haben gesagt: Wir machen die Wohnungsmieter zu Wohnungseigentümern! (Abg. Mag. Molterer: Was ist eine „Bauernrechnung“, Frau Bures?) – 98 Prozent der Woh­nungsmieter konnten die Wohnung nicht kaufen. Es waren gerade 2 Prozent der Mie­ter, die die Chance hatten, die Wohnung zu erwerben. (Abg. Mag. Molterer: Ich möchte wissen, was eine „Bauernrechnung“ ist! Was ist eine „Bauernrechnung“?)

Wissen Sie, warum die Mieter die Wohnungen nicht kaufen konnten? – Der Herr Finanzminister und Sie, Herr Molterer, haben den Mietern 1 470 € pro Quadratmeter Wohnfläche in Rechnung gestellt. Und wissen Sie, was Sie heute von Immobilieninves­toren verlangen? – 300 €! (Abg. Mag. Molterer: Frau Bures, was ist eine „Bauernrech­nung“?) Immobilieninvestoren bekommen die Wohnungen um 300 €, der Mieter aber musste 1 400 € zahlen! (Ruf bei der SPÖ: Unerhört!) Das ist Sand-in-die-Augen-Streuen! Sie haben nie Interesse daran gehabt, Mieter zu Wohnungseigentümern zu machen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Frau Bures, was ist eine „Bauern­rechnung“? – Sie hat keine Ahnung! Sie weiß nicht, was eine „Bauernrechnung“ ist!)

Es ist die falsche Rechnung. Herr Großruck kann nicht einmal addieren, das ist das Problem, denn er bietet Wohnungsmietern die Wohnung um 1 400 € pro Quadratmeter an, während Investoren nur 300 € zu bezahlen haben, obwohl Sie den Mietern ver­sprochen haben, dass sie Wohnungseigentum erwerben können. Nichts konnten sie erwerben! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) In Wirklichkeit haben Sie die Wohnungen den Investoren in den Hals geworfen, das ist das Problem.


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Weil Sie gesagt haben, es werde sich bei den Mieten nichts ändern, einmal Woh­nungsgemeinnützigkeit sei immer Wohnungsgemeinnützigkeit: Die Frage ist doch, wer das Gemeinnützigkeitsgesetz beschließt und wie sich die Mieten in diesem Zusam­menhang gestalten! ÖVP und FPÖ haben das immer in Nacht-und-Nebel-Aktionen erhöht, die Mieten in Österreich sind gestiegen, die Einkommen sind gesunken (Zwi­schenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), die Pensionen haben Sie gekürzt – und die Menschen können sich in Zukunft das Wohnen nicht mehr leisten. Das ist die Bilanz Ihrer falschen Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum gibt es, Herr Finanzminister, Herr Großruck, eine Nachschussverpflichtung? Wenn die Investoren bei 300 € pro Quadratmeter noch höhere Erträge haben, dann profitiert der Finanzminister, nicht nur die Investoren.

In Wirklichkeit haben Sie vor, für alle Menschen, die in Genossenschaftswohnungen wohnen (Abg. Neudeck: Das haben Sie nicht verstanden!) – das sind 2,2 Millionen Menschen –, die Mieten zu erhöhen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen.) Sagen Sie das auch, und verhindern Sie nicht – ich komme zum Schlusssatz, Frau Präsidentin – eine Rechnungshofkontrolle! Ich hoffe, dass Josef Moser, wenn er beschlossen wird, auch tatsächlich diesen Deal kontrolliert, das wäre nämlich höchst notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

15.24

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser. Herr Minister, Sie wissen, die Redezeit sollte 10 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte, Herr Minister.

 


15.25

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin dankbar dafür, dass wir nach einer sehr erfolgreichen Veräußerung unseres Wohnungsportfolios eine direkte Information des Hohen Hauses vornehmen können. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.) Frau Abgeordnete Moser hat ja mehrfach mit uns hier einen Dia­log geführt. (Abg. Öllinger: Einen ziemlich einseitigen!)

Ich konnte seit dem Jahr 2000 den Ministerrat sechsmal über diesen Wohnungsverkauf informieren. Es hat insgesamt 26 parlamentarische Anfragen gegeben, wir haben zehn Debatten im Parlament gehabt. Wir haben die Privatisierung fünfmal im parlamentari­schen Rechnungshofausschuss behandelt, und es hat auch eine Rechnungshofkon­trolle über die Vergabe der Beraterauswahl gegeben. Ich darf Ihnen sagen, Frau Abge­ordnete Bures, ich freue mich schon darauf, wenn es einen Rechnungshofbericht über das Gesamtergebnis dieser Privatisierung gibt, weil es selten in Österreich eine solch professionelle Vorgangsweise und ein solch gutes Ergebnis, sowohl für den Steuer­zahler als auch für die Mieter, gegeben hat wie bei dieser Privatisierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, noch einmal ganz kurz: Warum haben wir privatisiert? – Wir haben privatisiert in der festen Überzeugung, dass der Staat kein guter Unternehmer ist. Wohnbau, Wohnungsvermietung, das ist nicht mehr das Kerngeschäft eines mo­dernen Staates; man muss nicht Eigentümer, nicht Besitzer von Wohnungen sein, sondern man hat über attraktive Rahmenbedingungen – sprich: über Gesetze; das angesprochene Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – für attraktive und günstige Mie­ten zu sorgen, insbesondere dort, wo es um kleine Einkommen geht. Das ist unsere Zielsetzung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Was wird privatisiert? – Noch einmal: Sie wissen, es geht um fünf Bundeswohnbauge­sellschaften, um die BUWOG, die WAG, die ESG, die EBS und die WBG – in Summe ein Wohnungsportfolio von 62 000 Einzelwohnungen.

Wie haben wir es gemacht? – Wir haben ein professionelles, ein sehr transparentes Verfahren gewählt. Es hat entsprechende öffentliche und internationale Ausschreibun­gen gegeben, in der „Financial Times“, in der „Presse“, in der „Wiener Zeitung“. Wir haben in diesem Privatisierungsprozess voll und ganz den beihilferechtlichen Vorga­ben der Europäischen Union entsprochen und damit das Verfahren völlig transparent und objektiv abgewickelt. Es hat natürlich auch eine professionelle Abwicklung mit Hilfe international renommierter Berater gegeben.

Frau Abgeordnete Bures hat die Kosten angesprochen: Ich bekenne mich dazu, dass Berater auch etwas kosten. Frau Abgeordnete, wenn man das optimierte Ergebnis sieht, das wir hier erzielt haben, dann muss man sagen, es ist – wie in jedem anderen Verfahren – erstens international üblich, solch einen Berater einzusetzen, und zweitens rechtfertigt das Ergebnis diese Beraterkosten allemal.

Ich darf Ihnen einen kleinen Hinweis geben auf eine Privatisierung, und zwar betref­fend die Eisenbahnwohnungsgesellschaften, die in Deutschland stattgefunden hat. Die deutsche Bundesregierung – sie besteht, wie Sie wissen, aus Rot/Grün – hat dort, wie Sie sagen, Vermögensverschleuderung betrieben; ich sage: sinnvoll Wohnungen priva­tisiert. (Abg. Bures: Sie irren sich mit den Jahreszahlen!) Man hat dort, Frau Abgeord­nete, für 100 000 Wohnungen Beraterkosten von 38 Millionen € in Kauf genommen. 38 Millionen € Beraterkosten in Deutschland! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Bu­res.) Sie wissen, dass es bei uns ein absoluter Bruchteil an Kosten war, der hier ange­fallen ist.

Wesentliche Punkte, meine Damen und Herren: Was war unsere Zielsetzung? – Die Zielsetzung war, dass wir die Interessen der Mieter absichern. Wir haben zuallererst gesagt – und das war der erste Schritt in diesem Verfahren –: Bieten wir als erste Bun­desregierung überhaupt in Österreich diese Wohnungen den Mietern zum Kauf an! Und ich bin froh darüber, dass sich mehr als 1 000 Mieter tatsächlich entschlossen haben, diese Wohnungen käuflich zu erwerben. Wir waren die Ersten, die diese Mög­lichkeit eingeräumt haben – mehr als 1 000 haben sie genützt. (Abg. Bures: 2 Pro­zent!) Die anderen haben sie deswegen nicht genützt, weil sie sich zu Recht darauf verlassen, dass es weiterhin bei den Mieten Durchschnittspreise, Frau Abgeordnete, von etwa 2,40 € pro Quadratmeter geben wird. (Abg. Bures: Garantieren Sie 2,40 €?) Wenn Sie das mit dem privaten Wohnungsmarkt vergleichen, dann wissen Sie, dass man dort bis zu 7 €, in vielen Fällen sogar über 7 € pro Quadratmeter bezahlt. (Abg. Bures: Garantieren Sie 2,40 €?)

Frau Abgeordnete! Ich nehme für uns in Anspruch, dass wir mit diesem Wohnungsge­meinnützigkeitsgesetz 2,40 € für die Mieter erreicht haben – sehr attraktive, günstige Mieten –, und ich gehe davon aus – das ist meine Zielsetzung –, dass es auch dabei bleibt.

Wir haben angeführt – und das wurde von Frau Abgeordneter Moser gefragt –: „Einmal WGG, immer WGG!“ – Genau das war unsere Zielsetzung. Das heißt, dieser Verkauf der Wohnungen wird keine Auswirkungen auf die bestehenden Mietverhältnisse haben. Der neue Eigentümer kann in keiner Weise in die bestehenden Mietverhältnisse ein­greifen. Und damit haben wir für den Mieter das Optimum erreicht, nämlich auf der einen Seite eine österreichische Lösung, was das neue Eigentum betrifft, und auf der anderen Seite günstige, attraktive Mieten in Zukunft. Besser geht es für den Mieter nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)


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Frau Abgeordnete Bures, es gehört schon ein gehörig Maß an politischem Mut dazu – um es diplomatisch auszudrücken –, wenn Sie sich hier herausstellen und sagen, wir hätten Vermögen des Steuerzahlers verschleudert! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist nicht Mut, sondern Unwissenheit!)

Frau Abgeordnete Bures, ich konnte Sie bereits einmal hier im Hohen Haus damit kon­frontieren – Sie wissen es ohnehin ganz genau –, dass es im Jahre 1997 den Versuch der Sozialdemokratie gab, und zwar mit dem Initiativantrag Nr. 413/A der Abgeordne­ten Eder und Genossen, wo man im Jahre 1997 die Geschäftsanteile des Bundes an drei Eisenbahnsiedlungsgesellschaften, nämlich jenen in Villach, Wien und Linz, an die Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Wien verkaufen wollte, an eine Genossenschaft, die im Einflussbereich der Sozialdemokratie bezie­hungsweise der Gewerkschaft steht. Damals ging es um einen Verkauf von über 20 000 Wohnungen, den Sie für 13,1 Millionen € durchführen wollten! 20 000 Wohnun­gen für 13,1 Millionen €! (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Heute stellen Sie sich hier heraus, Frau Abgeordnete Bures, und sprechen so – nach­dem Sie von der SPÖ solch ein Geschäft zugunsten der Sozialdemokratie und der Gewerkschaft, jedoch zu Lasten des Steuerzahlers machen wollten! Vermögen des Steuerzahlers wollten Sie in die Sphäre der SPÖ beziehungsweise der Gewerkschaft – und das ganz offensichtlich zu einem sehr, sehr niedrigen Preis – nahezu verschen­ken! (Abg. Bures: Uns geht es um die Mieter!)

Ich sage Ihnen: Der Vergleich macht uns sicher, Frau Abgeordnete! So etwas hätten wir niemals auch nur ins Auge gefasst, weil wir das Vermögen des Steuerzahlers opti­mal und bestmöglich verkaufen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Abg. Bures: Sie verkaufen die Mieter! Das Einzige, was Sie verkaufen, sind die Mieter!)

Frau Abgeordnete Bures, um auf Ihre Zwischenrufe gerne weiter einzugehen und vor Ihrer Türe kehren zu dürfen, darf ich Ihnen noch etwas sagen: Sie haben sich sehr, sehr oft hier heraus gestellt und behauptet, wir würden Gesellschaften, die wir gar nicht verkaufen dürfen, verkaufen, so zum Beispiel die WBG. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Bures.) – Wir haben dann die WBG auf Grund dieser rechtlichen Probleme vor­erst nicht verkauft, weil die BWS, eine gemeinnützige Genossenschaft der Eisenbah­ner mit lauter sozialdemokratischen Führungsfunktionären, Einspruch erhoben hat. Sie haben uns geklagt vor dem Zivilgericht, vor dem Handelsgericht, vor dem Obersten Gerichtshof sowie dem Verwaltungsgerichtshof, und sie haben uns bei der Veräuße­rung dieser Gesellschaft alle Probleme gemacht, die nur irgendwie möglich sind.

Meine Damen und Herren! Was glauben Sie, wie diese Sache weitergegangen ist? – Auf Grund all dieser Probleme haben wir uns dazu entschlossen, die WBG aus diesem Bündel von fünf Gesellschaften herauszulösen, und haben gesagt: Wir verkaufen eine gesondert! Wir haben sie verkauft an die BWS, und zwar zu einem fairen Marktpreis, das muss ich betonen. Wir haben sie an die Gesellschaft sozialdemokratischer Eisen­bahner verkauft, und zwar für 55 Millionen € plus Schuldenübernahme. Und was glau­ben Sie, was passiert ist? – Alle rechtlichen Einwände, die es gab, wurden sofort zu­rückgezogen! (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Oho! – Abg. Großruck: Das ist der wahre Skandal!)

Die Stadt Wien, die MA 50, die Aufsichtsbehörde der Stadt Wien, hat auf einmal er­klärt: Voll und ganz zu Recht ist man da seitens der österreichischen Bundesregierung vorgegangen! (Abg. Bures: Sagen Sie, warum!)

Das heißt, Frau Abgeordnete Bures: Sie haben auf der einen Seite und nachgewiese­nermaßen 1997 versucht, Vermögen des Steuerzahlers zu inakzeptabel niedrigen


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Preisen in die Sphäre der Sozialdemokratie beziehungsweise der Gewerkschaft zu verschieben, auf der anderen Seite ist dann, Frau Abgeordnete, wenn die Sozialdemo­kratie kauft – es war übrigens auch die BAWAG-Wohnbauholding mit dabei als Käu­fer –, dann, wenn Ihre Einflusssphäre kauft, alles in Ordnung! Dann stört Sie das offen­sichtlich überhaupt nicht, dann stellen Sie sich auch nicht hier heraus und sagen: Da hätte man nicht verkaufen dürfen!

Am besten ist es also, man verkauft an die Sozialdemokratie, dann hat man es Ihrer Ansicht nach richtig gemacht! – Das ist Doppelbödigkeit, die wir ablehnen! Wir privati­sieren aus voller Überzeugung: im Interesse der Mieter und der Steuerzahler – und erreichen die bestmöglichen Ergebnisse, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und wie kommt es zu diesen bestmöglichen Ergebnissen? – Wir haben mit Alfred Finz gesagt, wir wollen eine unabhängige Expertenkommission einsetzen, damit wir objek­tiv, transparent und nachvollziehbar ein sehr, sehr gutes Ergebnis zustande bringen.

Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen die Mitglieder dieser Expertenkommission nennen: Deren Vorsitzender war Dipl.-Ing. Rainer Wieltsch von der ÖIAG; Dr. Peter Michaelis war mit in dieser Expertenkommission; ebenso Sektionschef Dr. Gerhard Steger; Herr Dr. Rudolf Lessiak, ein Vergaberechtsexperte. Weiters waren in dieser Kommission: Herr Universitätsprofessor Dr. Josef Aicher, Experte für Handels- und Vergaberecht, weiters Herr Dr. Mantler vom BMF, Herr Ministerialrat Traumüller sowie Herr Sektionschef Svoboda vom BMF.

Diese Kommission wurde am Beginn dieses Jahres eingesetzt, hat diesen Prozess begleitet – und hat Alfred Finz und mir für die endgültige Entscheidung dann einen ein­stimmigen Vorschlag gemacht. Was diesen einstimmigen Vorschlag betrifft, so sprach eine der beiden Abgeordneten hier von „Sommerschlussverkauf“. – Meine Damen und Herren, ich würde mir öfters einen solchen „Sommerschlussverkauf“ wünschen: einen für 62 000 Wohnungen mit einem Gesamterlös von 2,639 Milliarden €! Und ich würde mir wünschen, dass ein solcher „Sommerschlussverkauf“ länger anhalten würde!

Niemand hat uns das zugetraut, schauen Sie sich doch Medienkommentare dazu an! Jeder war überrascht, dass wir für dieses Wohnungsportfolio nach einem vierjährigen, sehr professionell vorangetriebenen Prozess 2,639 Milliarden € in Summe für die Steuerzahler erreichen konnten!

Dieser Gesamterlös, meine Damen und Herren, teilt sich auf in: 961 Millionen € für die Geschäftsanteile der BUWOG, der WAG, der ESG, der EBS; den Verkaufspreis der WBG, die in die BAWAG-Wohnbauholding auf der einen Seite und in die BWS-Eisen­bahnergenossenschaft gegangen ist, eben mit 55 Millionen €, wie ich bereits gesagt habe; eine Schuldenübernahme von 1,436 Milliarden € und Dividenden aus den Jah­ren 2001 bis 2003 von 187 Millionen €.

Frau Abgeordnete Moser, da bin ich jetzt bei Ihnen, und wenn Sie bitte Fairness walten lassen wollen in Ihrer Beurteilung: Sie sind hier heraußen gestanden in mehreren kur­zen Debatten und haben zu mir gesagt: Wir werden ja sehen, ob Sie es schaffen, zu erreichen, was der Rechnungshof vorgegeben hat, nämlich 500 Millionen € an Ver­kaufserlösen zustande zu bringen! Das war die Mindestgrenze, die der Rechnungshof festgelegt hat. (Abg. Dr. Gabriela Moser: 600 Millionen für zwei! – Weitere Zwischen­rufe bei den Grünen.)

Warum hat der Rechnungshof das so festgelegt? Und ich komme jetzt zurück auf Ihr Argument: Sie haben gesagt, in fünf Jahren hätten wir das Ganze jetzt verdient, weil wir ja 187 Millionen € an Dividende herausgenommen haben.


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Meine Damen und Herren! Der Betriebserfolg dieser Gesellschaften lag im letzten Jahr, im Jahre 2003, bei 21,5 Millionen €. Die Rechnung des Rechnungshofes war die: Wenn wir 25 Millionen € pro Jahr erzielen und das Ganze auf der anderen Seite mit einem 5-prozentigen Zinssatz rechnen, den wir heute haben, um die Finanzschuld der Republik bedienen zu können, dann müssen wir, damit wir ein gutes Geschäft für den Steuerzahler machen, zumindest 500 Millionen € erreichen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Für zwei, nicht für vier!)

Meine Damen und Herren! Wir haben nicht 500 Millionen € erreicht, sondern wir haben an liquiden Mitteln 1 016 Millionen €, also mehr als das Doppelte erreicht – und wir haben damit ein sehr, sehr gutes Geschäft für den Steuerzahler gemacht, auf das wir zu Recht stolz sein können! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Schluss kommend: Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh und glücklich, dass uns das gelungen ist – dieses Konsortium war der Bestbieter –, eine österreichi­sche Lösung zu erreichen. Es war uns von Beginn an bewusst, dass der Bestbieter selbstverständlich, wie es alle internationalen Vergabekriterien vorsehen, zum Zuge kommen muss. Und dass es die glückliche Fügung gibt, dass der Bestbieter auch ein Österreicher ist, nämlich die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, die Immofinanz Immobilien Anlagen AG, die Wiener Städtische Allgemeine Versicherung AG, die Ober­österreichische Landesbank AG und die Oberösterreichische Versicherungs-AG, ist insofern von großem Vorteil, als wir hiemit auch regionale Lösungen für die Mieter zu­stande bringen konnten. Daher glaube ich, dass wir mit dieser österreichischen Lösung in Summe sehr, sehr gut leben können.

Wenn ich zum Schluss nochmals einen Vergleich ziehen darf: Dort, wo es – unabhän­gig davon, ob eine sozialdemokratische, eine grüne Koalition oder eine andere am Werk ist – marktwirtschaftliche Überzeugungen gibt, dort, wo man weiß, dass der Staat kein guter Unternehmer ist, privatisiert man. Deswegen hat man sich zum Beispiel in Berlin, wo es eine Koalition aus SPD und PDS, also aus Sozialdemokraten und kom­munistischer Nachfolgepartei gibt, dazu entschlossen, 66 490 Wohnungen zu verkau­fen, also deutlich mehr Wohnungen, als das in Österreich der Fall war. Man hat einen Kaufpreis von 405 Millionen € plus Schuldenübernahme erzielt.

Das heißt, meine Damen und Herren, wir brauchen auch da internationale Vergleiche keinesfalls zu scheuen – ich könnte Ihnen jetzt Cashflow-Renditen seit dem Jah­re 1996 nennen –, denn der Kaufpreis, den wir erreicht haben, mit allen Informationen, die mir vorgelegt wurden, ist Europarekord, Europarekord für den österreichischen Steuerzahler! Weiters: eine professionelle Abwicklung, Rechte der Mieter sicherge­stellt, höchstmöglicher Preis erzielt, das Optimum für den Steuerzahler erreicht – und: eine österreichische Lösung!

So wünsche ich mir Privatisierungserfolge auch in Zukunft. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Neudeck zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.40

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist ja fast ein Eigentor, das sich Frau Kollegin Moser mit dieser Besprechung einer Anfragebeantwortung geschossen hat. (Abg. Dr. Fekter: Ganz bestimmt!) – Ganz bestimmt ein Eigentor! Gut, wenn Frauen etwas sagen, dann folge ich: Das ist ein Eigentor, meint Frau Kollegin Fekter.


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69. Sitzung / Seite 98

Folgendes hat mich schon gewundert: Es gab im Vorfeld immer Diskussionen darüber, was man bekommen wird, wie viel es sein wird, um wie viel es zu wenig sein wird und welcher Berater, welche Ausländer das kriegen werden. Und plötzlich haben wir einen Superpreis, der über all dem liegt, was einmal seriös gehandelt wurde. Wir haben ein sehr transparentes Vergabeverfahren. – Wir haben vielleicht einen Problemfall: Das ist die Vorgehensweise bei der WBG, die ich dann noch einmal kurz erklären möchte, obwohl der Herr Bundesminister schon sehr genau darauf eingegangen ist. – Und wir haben im Vertrag einen Besserungsschein, den ich besonders notwendig finde. Kolle­ge Großruck und ich, wir haben schon mehrmals gesagt, dass wir in dieser Legislatur­periode nicht vorhaben, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz anzugreifen, aber es wird die Zeit kommen, da wird vielleicht die Sozialdemokratie wieder eine Mehrheit im Parlament und an Regierungsämtern haben. Und dann kann es mit den Verflechtun­gen und Verfilzungen, die die SPÖ – Kollege Matznetter ist nicht da, er könnte uns das genau aufhellen – im Wohnbausektor hat, durchaus passieren – die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß –, dass sich die Wohnungsgemeinnützigkeit zu Gunsten der sozialdemo­kratischen Genossenschaften ändert.

Wenn sich da etwas zu Ungunsten der Mieter und zu Gunsten der Eigentümer bei den sozialdemokratisch geführten Genossenschaften ändert, dann soll der Staat über die­sen Besserungsschein – weil sich natürlich in der Nachfolge auch die Mieten in diesen verkauften Gesellschaften ändern würden – auch etwas dafür bekommen. Zu diesem Passus stehe ich; ich finde es sehr weitblickend, dass dieser in diesem Vertrag enthal­ten ist. Er ist aber nicht deswegen enthalten, weil wir eine Erhöhung vorhaben. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Sie wollen das WGG ändern!)

Meine Damen und Herren, es wird auch die BUWOG von einer SPÖ-Zweigstelle zu einer privatwirtschaftlich geführten Unternehmung werden. Ich glaube, dass das der Grund dafür ist, warum die Aufregung so groß ist, denn Zuweisungen, Inserate und andere Kostenzuwendungen an Sozialdemokraten nahe stehende Vorfeldorganisatio­nen waren dort durchaus gang und gäbe.

Kollegin Bures, Sie haben heute bedauert, dass nicht mehr Mieter Eigentum erworben haben. Daran sind Sie mit Ihrer Verunsicherungskampagne schuld, denn von Seiten der Wohnbaugesellschaften des Bundes war vorgesehen, in einer ersten Schiene An­teile an den Objekten an die Mieter zu veräußern, aber Sie haben das madig gemacht, Sie haben das Verfahren erschwert, Sie haben Kosten durch Klagen et cetera verur­sacht. Jetzt zu sagen, diese Regierung wollte nicht an die Mieter verkaufen, das ist wohl sehr – ich würde fast sagen – scheinheilig.

Natürlich errechnet sich ein Kaufpreis nach dem Ertrag eines Objektes, daher kann es durchaus sein, dass ein Investor ein Objekt etwas günstiger kauft als der Mieter, der drinnen ist, der sich ein Objekt kauft, das in seiner Gestion liegt, auch was die Frage betrifft, ob es leer werden und daher zu einem wesentlich höheren Preis veräußert werden kann. Da war es auch die Sozialdemokratie, die der Mieterspekulation Tür und Tor öffnen wollte.

Kollegin Bures, Sie haben diese Anfragebeantwortung natürlich wieder dazu genutzt, für die Mietervereinigung, der Sie ja vorstehen, die Werbetrommel zu rühren. Sie haben jedoch vergessen zu sagen, dass der größte Hausherr Europas die Gemeinde Wien ist, wo am meisten über die Betriebskosten, die ebenfalls die Gemeinde Wien mit ihren Kanalgebühren, Versicherungsgebühren et cetera erhöht, gejammert wird. Es sind nicht die Mietrechtsgesetze und die Mieten am freien Sektor, die derart steigen, sondern die Betriebskosten, die nicht in der Gestion der Eigentümer liegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


15.44


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69. Sitzung / Seite 99

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als letzter Redner hiezu gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler zu Wort. Auch für ihn gelten 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.45

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mindestens zwei Vorredner haben hier den Begriff „Scheinheiligkeit“ traktiert (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ordnungsrufverdächtig!), der Kollege aus Oberösterreich durf­te wieder seine Vierzeiler außerhalb seiner Redezeit vortragen und hat hier die Rech­nungshofsache angesprochen. – Ich sage Ihnen eines: Ich habe mich ja vorhin wirklich sehr zurückgehalten, aber wenn irgendetwas am heutigen Tag scheinheilig ist, immer noch scheinheilig ist (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das darf der gar nicht sagen, Frau Präsi­dentin!), dann der Vorgang, wie hier ein Rechnungshofpräsident gefunden werden soll. Das sollten Sie von der ÖVP sich besonders überlegen und sich nicht mit diesem Vokabel an die Opposition wenden!

Wir wissen genau, wer in Ihrer Partei Personalpolitik macht. (Abg. Großruck: Wir sind bei der Wohnbaugeschichte!) Wir wissen genau, wer das ist: der Bundeskanzler, der Parlamentspräsident, manchmal der Herr Klubobmann. Bei Ihnen heißen sie die Heili­gen Drei Könige. Das sind wirklich die „scheinheiligen drei Könige“ in dieser Angele­genheit, das kann ich Ihnen sagen. Und hören Sie auf, der Opposition in diesem Zu­sammenhang und in ähnlichen Zusammenhängen solche Dinge zu unterstellen! (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Sicherlich sind Sie scheinheilig!)

Jetzt kommen wir zu dem, was solch ein toller Verkaufserfolg sein soll. Ich meine, was ich wirklich anerkenne, Herr Bundesminister, ist, dass Sie nie einen Hehl daraus machen, dass Sie das auch aus ideologischen Gründen – in Ihrer Welt durchaus über­zeugend – verkaufen wollen. (Abg. Großruck: Die Kommunisten in Berlin verkaufen auch!) Das haben Sie ja auch heute wieder betont. – So weit, so schlecht; so weit, so gut.

Was dann allerdings ein geeigneter Verkaufspreis ist – er ist sicher mehr als 500 bis 600 Millionen €, das ist richtig –, was der Rechnungshofpräsident mit 500 bis 600 Mil­lionen € alles gemeint hat, ist dann schon eine andere Frage.

Ich darf aber noch einmal auf die Medien zurückkommen, weil Sie gemeint haben, das sei alles so gelobt worden. Unter dem Titel „Verkaufsflop“ finden wir in der „Presse“ einen Kommentar, in dem davon ausgegangen wird, dass bei 800 Millionen € immer noch die Kategorie „Flop“ anwendbar wäre. – So weit sind Sie davon nicht weg.

Aber schlimmer noch für diese ganze Aktion: Es sind zwar jetzt nicht 10 Komma irgendetwas Millionen an Beraterhonorar, sondern, auf Grund der Konstruktion, die nun endgültig zum Zug gekommen ist, eben nur 8,5 Millionen € – aber immer noch 8,5 Mil­lionen und damit weit mehr als 100 Millionen Schilling – an Beraterhonorar, und zwar für eine Truppe, die nicht österreichisch – wie Sie, Herr Minister, gesagt haben – ist und die sich ohnehin nur Subunternehmer bedient, also wieder nur auf bestimmte Bieter zurückkommen kann, die im Verfahren unterlegen sind – mit einem Bruchteil der Kosten des angeblichen Bestbieters. Was wir zu diesen Beraterverträgen hier im Haus noch hören werden, das ist noch offen. Loben Sie in dieser Causa den Tag nicht vor dem Abend! Gerade Sie sollten im Zusammenhang mit Beraterverträgen die notwen­dige und Ihnen wirklich selbst gedeihliche Zurückhaltung üben, denn sonst haben wir das nächste Problem. (Beifall bei den Grünen.)

Zum erwähnten Kaufpreis. Ich bin kein Experte, ich kann nur sagen, es ist ja nicht so, dass hier „bloß“ – unter Anführungszeichen – 62 000 Wohnungen veräußert wurden. Immerhin sind auch 5,1 Millionen Quadratmeter Grund – meistens Baugrund – dabei, es sind 23 000 Garagenplätze dabei; das wird sicher alles in irgendeiner Form mitbe-


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wertet worden sein. Ob aber letztlich 900 Millionen € in der Nettorechnung das Ende der Fahnenstange waren, ist für mich noch nicht heraußen.

Für diesen Jubelauftritt sehe ich wenig Anlass. Das letztlich auch vor dem Hintergrund, dass es Klauseln gibt, die dazu führen würden, dass bei allfälligen Änderungen und Wertsteigerungen, die durch gesetzliche Bestimmungen hervorgerufen werden könn­ten, diese mit zehn Jahren limitiert sind, wogegen die dadurch ausgelöste allfällige Wertsteigerung natürlich einen viel längeren Zeitraum beträfe und insofern eigentlich mit einer Zinsrechnung bis in die Unendlichkeit aufgerechnet werden müsste. Ob das alles reflektiert, wage ich zu bezweifeln. Sie haben uns das hier 20 Minuten lang be­sonders schmackhaft zu machen versucht. Mich haben Sie damit nicht überzeugt. Ob wir beziehungsweise Sie hier einen guten Deal gemacht haben, das wird ein Rech­nungshofbericht beweisen – ich hoffe, mit einem Präsidenten, der dieser Sache auch gewachsen ist.

Ich darf noch einmal auf den viel zitierten Herrn Plech eingehen. Da Sie gesagt haben, das sei im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses alles schon geklärt wor­den: Das ist überhaupt nicht der Fall! Herr Plech, in Multifunktionen von Ihnen hinein­gesetzt, hat im „kleinen Untersuchungsausschuss“ nicht einmal gewusst, in welcher Rolle er die Antworten geben soll. Ich habe hier die Protokolle. – So viel zu Ihrer Transparenz und Unvereinbarkeit. (Beifall bei den Grünen.)

15.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den 3. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ihre gewünschte Rede­zeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


15.51

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Finanzminister a. D.! (Bundesminister Mag. Grasser ist im Begriff, den Sit­zungssaal zu verlassen.) Sie verabschieden sich nämlich gerade. Werte Damen und Herren! Es gilt jetzt wieder, die Frage des Rechnungshofpräsidenten vor jenem Hinter­grund zu betrachten, der vor nicht einmal einer Stunde eigentlich deutlich machte, dass die von Ihnen mit Mehrheit ausgestattete Person beileibe nicht den Anforderungen entspricht.

Ich wiederhole nur einfach: Der Rechnungshof prüft die Parteienfinanzierungen. – Ihr Kandidat hat bei Parteienfinanzierungstransfers eigenartige Handhabungen gehabt oder eigenartige Dienste geleistet – steht im Protokoll der Wirtschaftspolizei. Das sage nicht ich, das besagt das Protokoll der Wirtschaftspolizei! (Abg. Neudeck: Haben Sie das vom Pilz abgeschrieben oder wissen Sie das? Haben Sie das gesehen?)

Im Hauptausschuss beim Hearing hat Ihr Kandidat geantwortet: Ich bin kein Plastiksa­ckerlträger. – Insofern hat ihn diese Antwort nicht für diese wesentliche Position quali­fiziert.

Der Rechnungshof als unser oberstes Kontrollorgan, als Säule einer parlamentarisch kontrollierenden Demokratie prüft auch Pensionsregelungen. Ihr Kandidat, Ihr mit Mehrheit zu wählender Kandidat, hat für sich persönlich eine etwas eigenartige – wie soll ich sagen? –, privilegienanrüchige Pensionsregelung getroffen. Sie wissen, er wird


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auf Grund seiner Tätigkeit als Klubdirektor eine Beamtenpension beziehen. Er wird zusätzlich eine privat finanzierte Pensionsvorsorge in Anspruch nehmen, dafür hat die HL-AG auch schon gezahlt. Er pickt sich sozusagen die Rosinen aus beiden Syste­men, die Beamtenpension und das gute Gehalt bei der HL-AG, heraus.

So eine Person wird Rechnungshofpräsident, obwohl der Rechnungshof in seinen Be­richten, obwohl Herr Rechnungshofpräsident Fiedler sogar auf eine für ihn untypisch emotionale Art immer die Schablonenverordnung im Zusammenhang mit den ÖIAG-Pensionen eingemahnt hat, da bei den ÖIAG-Pensionen diese Rechtskonstruktion, die hier im Haus beschlossen worden ist, wiederholt nicht beachtet wurde.

Es steht sehr auf tönernen Beinen, ob nicht auch die Pensionsregelung Ihres Kandida­ten in Zukunft einer Rechnungshofkritik unterzogen wird, denn lupenrein ist sie nicht. Es gibt Verquickungen, wo man nicht recht durchsieht. Jedenfalls, unter dem Strich: Jemand soll Präsident einer Institution werden, die in diesem speziellen Bereich immer wieder sehr scharf die Goldwaage angelegt hat.

Es ist unser Bedenken, dass in Zukunft womöglich diese scharfe Kritik des Rech­nungshofes, auf Gesetzen beruhend, nicht mehr in der Brillanz, in der Klarheit, in der eindeutigen politischen Kontrollfunktion erfolgen wird.

Nächster Bereich. Sie wählen einen Herrn zum Rechnungshofpräsidenten, der aus Kärnten kommt, der ein Naheverhältnis zum Kärntner Landeshauptmann hat, der in persönlicher Beziehung zu diesem „Konsulenten“ der FPÖ steht. Und Sie wählen einen Herrn zum Rechnungshofpräsidenten, der dann ÖBB-Projekte zu prüfen hat, die Kärn­ten allein nützen. Ich erwähne nur den Koralmtunnel. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und der Herr Nowotny? Wie würde der Herr Nowotny das machen?)

Wie soll dieser Rechnungshofpräsident seriös und unabhängig in einer Causa agieren, in der sehr wohl auf Grund seiner persönlichen Beziehungen ein Naheverhältnis be­steht? Wieso haben Sie denn so darauf gedrängt, dass Herr Dr. Moser Präsident des Rechnungshofes wird? – Sie hätten durchaus auch unabhängige Personen zur Dis­kussion stellen können. Es hat da im Vorfeld sogar Signale von Ihnen gegeben.

Herr Professor Mayer ist ein wirklich unbestrittener Experte. Er ist sehr wohl geeignet! (Abg. Neudeck: Hättet ihr ihn nicht so für euch vereinnahmt!) Da gab es auch von Ihrer Partei, von der FPÖ, ein Signal, da gab es von Ihrem Landeshauptmann in Kärnten ein Signal. Aber es musste dann jemand sein, der in einem Naheverhältnis zu Ihnen steht, in einem Vertrauensverhältnis, obwohl er nicht Parteimitglied ist. Aber dieses Vertrau­ensverhältnis ist ein viel engeres, als es jeweils ein Parteibuch sein könnte. Das ist unser Eindruck – unser Eindruck auch auf Grund dessen, was ich im Hearing zu hören bekam.

Der Herr Aspirant, sozusagen, auf das Amt des Rechnungshofpräsidenten, der im Vor­feld schon sehr siegesgewiss auftrat, hat im Hearing in einem relativ – ich verwende das Wort – lieblosen Ruckzuckverfahren seine ganzen Vorstellungen heruntergeleiert. Ich sage absichtlich: heruntergeleiert.

Es gab keinerlei Bemühung auf eine differenzierte Darstellung. Er hat Schlagworte genannt, die durchaus akzeptabel sind – keine Frage –, wie Fristverkürzung von Prü­fungsberichten et cetera. Aber seine Performance, seine Vorstellung, war meines Er­achtens unter der sonstigen Qualität, die er anscheinend manchmal, laut Ihren Urtei­len, an den Tag gelegt hat.

Dann muss ich noch etwas berichtigen, weil seine Vergangenheit bei der HL-AG wie­derholt Diskussionspunkt war. Sein Vertrag lautete auf 211 000 €. Der Vertrag seines Vorgängers Dr. Brenner lautete auf 208 000 €.


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Sie haben gesagt, er sei höher gewesen. – Nein, er war niedriger! Wieder so ein Be­weis dafür, wie ein Herr, der aus dem Parlamentsdienst kommt, sich dann in der Pri­vatwirtschaft sehr wohl die Rosinen herauspickt. Das sei ihm unbenommen, das kann er, von mir aus; aber das, was er nicht kann, ist meines Erachtens, dann Präsident einer unabhängigen Kontrollinstanz zu werden. Das ist für mich unvereinbar! (Beifall bei den Grünen.)

Kommen wir zum Schluss noch zu einem Aspekt: HL-AG beziehungsweise ÖBB! Ihr Postenkarussell, parteinahe Personen in privatfirmenartige Konstellationen und Direk­torenpositionen zu transferieren, damit sie ein besseres Einkommen haben und Ihnen in Ihrer Entscheidungsfindung etwas näher stehen, bringt derzeit die ÖBB in echte Turbulenzen, weil schon längst ein neuer Vorstand agieren sollte.

Nicht umsonst ist heute der Tag, an dem der Transfer von der HL-AG zu den ÖBB hätte unterschrieben werden sollen. Und nun soll dieser Mann Rechnungshofpräsident werden. Das passt nicht zusammen. Ihnen fehlt es dort und da! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Feiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.58

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Tätig­keit des Rechnungshofes umfasst die Kontrolle der Staatsfinanzen und den Bundes­rechnungsabschluss. Der Präsident des Rechnungshofes muss moralische Autorität ausstrahlen, objektives Handeln als Maxime setzen und vor allem eine Vertrauensper­sönlichkeit sein.

Wichtig zur Findung eines neuen Rechnungshofpräsidenten war, dass sich die Öffent­lichkeit in einem Hearing ein Bild machen kann. Wenn dieses Hearing tatsächlich öffentlich gewesen wäre, dann wäre nämlich die Angst der Regierung, die sich sehr daran geklammert hat, dass das Hearing nicht öffentlich sein soll, aufgeflogen. Dann wäre dieses Hearing der Regierung als Schauspiel und Basarverhandlungen entlarvt worden.

Schon bevor das Hearing begonnen hat, war klar, wer dieses gewinnen wird: der FPÖ-Kandidat, der nur von der FPÖ vorgeschlagen wurde, denn die ÖVP hat keine Namen zur Abstimmung gestellt, sie hat nur mitgestimmt.

Jener FPÖ-Kandidat Moser konnte den Vorwurf nicht entkräften, dass er Spenden in der Höhe von 5 Millionen Schilling am Parteienfinanzierungsgesetz vorbeigeschwindelt zu haben schien. (Beifall des Abg. Dr. Jarolim.)

Er hat nur lapidare Worte verwendet: Ich bin kein Plastiksackerlträger! – Das ist die moralische Autorität.

Bei den ÖVP-Kandidaten war das Auftreten so, als wären sie wie Holzpuppen am sei­denen Faden der Meister Gepetto, Molterer und Khol, gezappelt. Es waren hier: Pro­fessor Hengstschläger, ein ÖVP-Kandidat, der sich selbst keine Chancen ausgerech­net hat, Frau Mag. Hochhauser, die mehr über ihre Tätigkeit in der Wirtschaftskammer gesprochen hat und prompt als neue Generalsekretärin der Wirtschaftskammer vorge­schlagen wurde (Abg. Neudeck: War sehr kompetent!), ein weiterer ÖVP-Kandidat, Dr. Lengheimer, der vor In-Kraft-Treten der neuen Bezügeregelung schnell als Be­zirksvorsteher in Pension ging, um eine Abfertigung und eine hohe Pension zu erhal­ten, um dann nach einigen Monaten als Bezirksrat weiterzuarbeiten.


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Im Gegensatz dazu Professor Ewald Nowotny: Er hat sich im Hearing als fundierter Kenner herausgestellt (Heiterkeit bei den Freiheitlichen), hat konkrete Vorschläge ge­macht, ja, er hat sogar internationale Überlegungen eingebracht. All das sind entschei­dende Dinge, die für so eine wichtige Position notwendig sind. Wir bedanken uns für seine hervorragende Performance! (Beifall bei der SPÖ.)

Professor Nowotny war der einzige Kandidat, der sich nicht in Stehsätzen und Plattitü­den ergangen ist, sondern sehr weit reichende Visionen entwickelt hat. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die ÖVP Unabhängigkeit sagt, macht sie Pup­penspielermethoden, wenn die ÖVP Objektivität sagt, entwickelt sie Basarmethoden, wenn die ÖVP von Integrität spricht, dann frage ich mich, was ist dann mit den „Plastiksackerlträgern“ und wer ist es nicht? Wenn die ÖVP von Kompetenz spricht, kommen Stehsätze und Plattitüden heraus. So wird eine wichtige Kontrollposition im Staat in einem lächerlichen Puppenspiel besetzt. Das hat sich der Rechnungshof wahr­lich nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Also bitte!)

16.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 5 Minuten Wunschredezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


16.01

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon viel zu der Causa Rechnungshof­präsident-Nachfolger gesagt worden. Ich möchte schon – da mich der Kollege Fassl­abend gerade so nett anschaut und mir zuhört (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Wir hören alle zu!) – sagen, dass ich mich darüber freue, dass du bei diesem Hearing schon etwas gelernt hast, nämlich, dass der Kollege Moser kein FPÖ-Parteibuch hatte, und das hat dich sehr beeindruckt.

Ich kann mir das schon vorstellen: In der ÖVP wäre das nicht möglich, nicht? Das glaube ich schon. Dort hat ein Klubsekretär schon ein Parteibuch zu haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Aber bei euch auch!)

Kollege Neudeck, der mich auch so nett anschaut – die Regierungsfraktionen sind ja wirklich so nett zur Opposition (Ruf bei der SPÖ: Liebenswert!), direkt liebenswert, höre ich da (Abg. Dr. Partik-Pablé: Endlich sagt ihr die Wahrheit!) –, hat gemeint, die Be­richterstatterfrage sei kein Thema gewesen. Na ja! Es ist schon eigenartig: Man einigt sich so wunderbar auf den Kollegen Moser, dann kommt die Phase der Beratungsun­terbrechung, und danach meint Präsident Khol zum Klubobmann Molterer, die ÖVP hätte die Berichterstattung im Hohen Haus zu übernehmen. – Ich weiß schon, dass dort oben niemand sitzt, aber es geht ja um das Formalprotokoll.

Da haben sich in der ÖVP auf einmal alle umgeschaut, und dann ist der Name von meinem Bezirkskollegen Maier gefallen. Der hat sich mit Händen und Füßen gewehrt und hat gesagt, er mache das nicht. Ich habe mir gedacht, es wird schon einen Grund haben. – Ich weiß ihn bis jetzt noch nicht, aber vielleicht kannst du ihn mir einmal sagen. (Abg. Dr. Jarolim: Ist so etwas schon einmal vorgekommen?) Jedenfalls war der ÖVP die Berichterstattung anscheinend äußerst unangenehm, weil es nicht der Kandidat der ÖVP war, sondern der Vorschlag der freiheitlichen Partei. So ist dann halt der Berichterstatter aus den Reihen der Freiheitlichen Partei gekommen.

Kollegin Moser hat vorhin bezüglich des Kollegen Moser das Argument vorgebracht, dass das bei der Eisenbahn so schwierig sei und so weiter. Ich habe schön langsam den Eindruck, bei der Eisenbahn kann man eh machen, was man will, die Züge fahren immer weiter fahrplanmäßig, und was da oben im Management geschieht, interessiert


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die Eisenbahner gar nicht mehr, sondern die machen ihr Geschäft, schauen, dass die Züge fahren, und oben wird halt versucht, dem einen oder anderen Parteigünstling das eine oder andere Geschäft zuzuschachern. Ich glaube, der Moser geht bei der Eisen­bahn auch nicht ab. Die Züge werden morgen sicher genauso weiterfahren, als wäre heute der Vertrag unterschrieben worden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das hat der Kollege Cap gesagt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mich bei der ganzen Sache aber ärgert, ist, dass man honorige Leute, honorige Professoren zu einem Hearing einlädt, das wirklich unwürdig war. Ich war auch schon bei vielen Hearings, was Unternehmungen anbelangt. Ich habe schon Assessment Centers mit angesehen und teilweise sogar mit geleitet (Abg. Dr. Jarolim: Aber noch nicht so etwas Komisches!), aber das, was ich da einen ganzen Tag lang gehört habe und anhören musste – da teile ich die Meinung des Kollegen Regler, wir sind beide den ganzen Tag dagesessen –, war sehr eigenar­tig.

Die einzelnen Kandidaten haben das nämlich wirklich ernst genommen und haben sich wirklich ernsthaft präsentiert. Es haben die beiden Regierungsparteien aber bereits die fixe Meinung gehabt, dass der Kollege Moser es werden soll. – Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Ich sage auch persönlich nichts gegen den Kollegen Moser, son­dern es geht um die Art und Weise, wie man hier demokratiepolitisch vorgegangen ist.

Es wurde heute vom Kollegen Regler die Kollegin Maria Hochhauser gelobt – eine Frau, die meines Erachtens einen sehr guten Eindruck gemacht hat. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Die war auch sehr gut! Hervorragend!) – Ja, aber das war ja sinnlos. Zu dem Zeitpunkt, als man sich noch gefreut hat, dass man einen guten Eindruck macht, war schon längst fix, dass der Kollege Moser Rechnungshofpräsident werden soll. Das ist eigentlich das, was ich hier verurteile.

Jetzt weiß ich auch endlich, was bei den Regierungsparteien Objektivität ist, nämlich das, was wir hier gehört und erlebt haben. – Das ist bei ihnen Objektivität! Jetzt weiß ich auch, wie bei den Regierungsparteien wichtige Positionen besetzt werden, und ich weiß jetzt auch, warum zum Beispiel vier Verkehrsminister verbraucht wurden: weil die wahrscheinlich nach einem ähnlichen Objektivitätskriterium oder in ähnlichen Hearings ausgesucht wurden. Wenn man die so aussucht, dann können sie sich nicht lange hal­ten.

Auch die Frau Bundesminister, die heute hier vorgestellt wurde, muss nach einem un­heimlich schwierigen Ausleseverfahren so blitzartig gefunden worden sein. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Eine gute Wasserrechtlerin!) – Eine gute Wasserrechtlerin, höre ich so­gar. – Na ja, das Wasser reicht der Regierung ohnehin bis zum Hals, da braucht man langsam eine Wasserrechtlerin, die das Wasser wieder ein bisschen absenkt! Dieser Meinung bin ich auch. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Regler: Das ist wichtig! Kärntner Seen, sehr wichtig!)

Ich weiß jetzt aber auch, wie mittlerweile zehn oder elf Minister verbraucht wurden. Die wurden auch in so einem „super“ Assessment Center ausgesucht. Ich weiß auch, wie in Zukunft die weiteren ÖBB-Vorstände bestellt werden. Auch die werden wahrschein­lich nach so einem System ausgesucht. Ich weiß auch und habe gelernt, wie in der ÖIAG die Aufsichtsräte nominiert und ausgesucht werden. Und ich weiß auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass unser Land im Sumpf des ärgsten Posten­schachers versinkt!

Es war ja gerade die Freiheitliche Partei, die den Postenschacher immer so verurteilt hat. – Ich kann mich noch an viele Reden von euch erinnern. (Abg. Scheibner: Eure Beispiele brauchen wir nicht!) Ihr seid die allerärgsten Postenschacherer! So eine Schacherei wie unter der freiheitlichen Regierungsbeteiligung hat es in diesem Land


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überhaupt noch nie gegeben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das glaubst ja selber nicht!)

Ich sage nur eines: Dieser Regierung ist das Augenmaß verloren gegangen, und des­wegen vertreten Sie auch schon lange nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung. Sie werden bald bemerken, dass Sie nicht mehr allzu lange in diesem Geschäft, in der Regierung sein werden. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Die Wiener SPÖ ...!)

16.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Becher gemeldet. 5 Minuten Wunschredezeit. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


16.07

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hearing hat bei mir einen sehr bitteren Nachgeschmack hinterlassen, denn es erinnerte mich fatal an eine Pro-forma-Eignungsprüfung bei einem Vorstadt­stegreiftheater: Zwar werden die sieben als Hauptdarsteller in Frage kommenden Per­sonen von der Jury auf Herz und Nieren geprüft, aber das Ergebnis steht von Anfang an fest. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das haben wir heute schon ein paar Mal gehört! Kommt etwas Neues?) Die Hauptrolle erhält genau derjenige, der als einziger bei die­ser Eignungsprüfung in zwei Kriterien nicht entsprochen hat, zwei Kriterien nicht erfül­len konnte.

Die Rolle wird ihm durch Absprachen zugespielt, und mehr als die Hälfte der Jurymit­glieder beteiligt sich an dieser Farce. Das Problem ist dabei offensichtlich: Die Macht­politik der ohnehin nur provisorischen Theaterleitung wirkt sich negativ auf die Qualität des Theaters aus, und ich frage mich, wie schlecht es um den Zustand der Regie­rungskoalition bestellt sein muss, wenn beide Regierungsparteien eine derartige Posse wie bei der Kür des FPÖ-Klubdirektors Dr. Moser zum designierten Rechnungshofprä­sidenten nötig haben.

Dazu schreibt auch die „Presse“ – es wurde ja heute schon aus Zeitungen zitiert, und die „Presse“ ist wahrlich keine der SPÖ nahe stehende Zeitung – am 24. Juni: „Sechs weitere Kandidaten,“ – für das Amt des Rechnungshofpräsidenten – „die sich am Mitt­woch dem Hearing“ – im Hauptausschuss – „stellten, wurden zu Marionetten degra­diert.“ (Abg. Neudeck: Haben Sie keine spannendere Geschichte? Das ist mühsam!) – Hören Sie mir zu, Herr Kollege Neudeck! Ich habe Ihnen ja auch zugehört. (Abg. Neu­deck: Das war aber nicht so mühsam!) – Das wollen Sie natürlich nicht gerne hören, das ist unangenehm für Sie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sehen Sie, jetzt habe ich Ihnen zu einem Applaus verholfen!)

Ich zitiere weiter: „Dass die Koalition auf Nicht-Öffentlichkeit beharrte, verstärkt den (zutreffenden) Eindruck, dass das Ganze zwischen ÖVP und FPÖ längst ausgemachte Sache war. Die Kanzlerpartei ist derzeit bemüht, den Freiheitlichen entgegenzukom­men, um die Regierungskrise nicht zu verschärfen, nimmt dafür aber eine schiefe Optik in Kauf.“

Diese offensichtliche Absprache über die Vergabe von Posten ohne Rücksicht auf Qualifikation und moralische Integrität ist das einzige, was die Regierung noch zu­sammenhält, denn in allen inhaltlichen Sachfragen ist in der letzten Zeit ohnehin nichts weitergegangen.

Der Präsidentenposten wurde der FPÖ – um es bildhaft zu formulieren – als Beruhi­gungspille verabreicht, und das ist auch die letzte Möglichkeit der FPÖ, ihre Leute in wichtigen Funktionen unterzubringen. Die ÖVP trägt die Verantwortung dafür, dass das Amt des Rechnungshofpräsidenten zu einem Spielball innerkoalitionärer Absprachen


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degradiert wurde. (Abg. Neudeck: Können Sie das auch begründen, oder behaupten Sie das nur?)

Das ist ein teurer Preis, den die Österreicherinnen und Österreicher dafür zu bezahlen haben, denn weder konnte der Regierungskandidat Fragen in Bezug auf illegale Par­teispenden entschärfen, noch wurden die Fragen nach seinem Vertrag von ihm offen und vollständig beantwortet.

Was bedeutet das nun für die zukünftige Amtsführung? – Von der Regierung wird ein Rechnungshofpräsident für zwölf Jahre installiert, dem moralische Autorität fehlt. Wie sollen den gesetzlichen Vorgaben entsprechend nicht-gesetzeskonforme Verträge auf­gezeigt werden, wenn er sich schon beim eigenen Vertrag nicht daran hält und dieser bedenklich ist? Wie kann der Rechnungshof als moralische Instanz wirken, wenn beim Präsidenten entscheidende Vorgaben nicht entsprechend eingehalten wurden?

Das hat sich der österreichische Rechnungshof, der in der Bevölkerung sehr angese­hen ist, bei weitem nicht verdient, und das hat sich schon gar nicht die österreichische Bevölkerung verdient. Das ist ein sehr trauriges Schauspiel, das Sie uns hier bieten, aber letztendlich werden Sie die Rechnung dafür präsentiert bekommen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Ich hoffe, Sie ziehen die Anschuldigungen zurück, wenn er gewählt ist!)

16.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Nieder­wieser. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


16.12

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Von Rednerinnen und Rednern der Regierungsparteien wurde heute des Öfteren vorge­bracht, wir sollten warten, bis die Funktionsperiode von zwölf Jahren vorbei ist, dann würden wir unsere Meinung gegenüber dem Kandidaten, den Sie heute vorschlagen, revidieren, wie das bei Präsident Fiedler auch der Fall gewesen sei.

Nun, wir haben heute nicht darüber zu entscheiden, was in zwölf Jahren sein wird, sondern darüber, was wir auf Grund des Hearings für einen Eindruck von der Kandida­tin und den Kandidaten hatten und welche Person für dieses wichtige Amt wirklich ge­eignet ist. (Abg. Großruck: Der „parteilose“ Nowotny! – Abg. Neudeck: Wir haben nur aufgezeigt, wie Sie sich bei Fiedler gedreht haben!)

Frau Bleckmann hat gemeint, es gehe hier um Qualität, es gehe keinesfalls darum, dass da gepackelt worden sei. – Kollegin Bleckmann! Ausgerechnet Sie als General­sekretärin müssten genau über diese Packeleien zwischen ÖVP und FPÖ Bescheid wissen. (Abg. Neudeck: Über etwas, das es nicht gibt, kann man nichts wissen!)

Kollege Fasslabend! Sie haben gemeint, die Menschen werden verstehen, was Sie hier heute tun. – Ich kann Ihnen sagen, was ich aus einigen Gesprächen weiß (Ruf bei der ÖVP: Auf einer SPÖ-Versammlung!): Das Gegenteil ist der Fall: Die Menschen verstehen absolut nicht, was hier heute geschieht, weil es eine parteipolitische Ent­scheidung ist. Sie verstehen überhaupt nicht, dass eine Partei wie die ÖVP drei Kandi­daten nominiert und am Ende des Hearings dann sagt, es sei nichts gewesen, sie hät­ten sich alle angesehen und ihre drei Kandidaten hätten leider nicht bestanden. – Das haben Sie sich ja wohl vorher schon gut überlegt, wer hier bestehen wird!

Die Menschen verstehen auch nicht, dass dieses Hearing geheim sein musste, denn es wäre selbstverständlich für die Bevölkerung ... (Abg. Neudeck: Es war nicht ge­heim, sondern „nicht öffentlich“!) – Es war geheim! Es war nicht öffentlich. (Abg. Neu­deck: Es war nicht öffentlich, aber nicht geheim!) – Es war keine öffentliche Sitzung, kein öffentliches Hearing, und Sie haben gute Gründe dafür gehabt, das nicht öffentlich


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zu machen! Es war die Scheu davor, dass sich die Menschen selbst ein Bild machen könnten. Davor haben Sie Angst gehabt. – Zu Recht, wie sich herausgestellt hat!

Daher müssen wir heute über die Fähigkeiten der Kandidaten reden und über die Kan­didaten, die zur Wahl stehen – oder den Kandidaten, der zur Wahl steht, und jene, die sich beworben haben. Ich zitiere hier Günther Schröder von der „Tiroler Tageszeitung“, der in der Ausgabe vom 24. Juni gemeint hat, mit Josef Moser werde am Montag si­cher kein unqualifizierter Kandidat zum neuen Rechnungshofpräsidenten gewählt wer­den. Moser sei aber keinesfalls der beste der sieben Bewerberinnen und Bewerber. – Genau so hat es sich für alle dargestellt, die fähig waren, dieses Hearing aufmerksam zu verfolgen!

Wir hatten – und das wurde von einigen schon erwähnt – zwei Bewerber, die ohne Zweifel sehr viel in dieses Hearing eingebracht haben, sich auch sehr kompetent zu dieser neuen Funktion geäußert haben und einen exzellenten Eindruck hinterlassen haben. (Abg. Neudeck: Das wird doch nicht schon wieder der Nowotny sein!) – Das war selbstverständlich Universitätsprofessor Nowotny, und es war auch Universitäts­professor Mayer. Auch Professor Hengstschläger hat durchaus einen sehr guten Ein­druck hinterlassen.

Sie haben sehr viele Ideen vorgebracht, zum Beispiel zur Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungshof des Bundes, den Landes-Rechnungshöfen und den Kontrollorga­nen auf europäischer Ebene.

Mayer hat eher den Bereich des Verfassungs- und Verwaltungsrechts abgedeckt, wäh­rend Professor Nowotny – und das hat durchaus vielen im Hearing gefallen – seine wirtschaftlichen Kompetenzen deutlich herausgearbeitet hat, die für dieses Amt ohne Zweifel sehr notwendig sind. Das betrifft zum Beispiel Folgekostenberechnungen, Aus­gliederungen und Rechnungshof oder auch seine Ideen, die einige von Ihnen auch durchaus nachfragenswert gefunden haben, was die Vergabe von Teilaufträgen an ausgegliederte Unternehmen und dergleichen anlangt.

Daher hat das Hearing bestätigt, dass es gerechtfertigt war, dass wir Professor Nowot­ny als den geeignetsten Kandidaten in die Wahl und in den Vorschlag gebracht haben. Nur war es so: Professor Nowotny durfte es nicht werden, denn er ist Sozialdemokrat. (Abg. Großruck: Das ist aber neu! Der ist doch parteilos!) Professor Mayer durfte es nicht werden, denn er ist von den Grünen nominiert worden. Professor Hengstschläger durfte es nicht werden, weil die ÖVP ihn zwar nominiert hat, aber sie ihre Stimmen schon dem FPÖ-Kandidaten Moser versprochen hat und daher ihren eigenen Kandida­ten nicht unterstützen konnte.

Diese Art von Auswahl, wie sie heute getroffen wird und wie sie im Anschluss an das Hearing getroffen wurde, ist ein Tiefpunkt im Parlamentarismus, und dafür sollten sich vor allem jene in der ÖVP schämen, die zuvor sehr großspurig davon gesprochen haben, man wolle den Besten auswählen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.17

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Nicht vorhandene Bundesregierung! Werte Damen und Herren Kollegen im Hohen Hause! Spätestens seit dem 23. Juni, seit dem Hearing der Kandidaten für das Amt des Rech­nungshofpräsidenten, heißt es – salopp formuliert –: Statt Schüssel nach Brüssel Schüssel im „Reindl“. (Beifall bei der SPÖ.)


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Das kommt nicht zufällig, denn die FPÖ ist genau wegen dieser Packelei um den Rechnungshofpräsidenten so verfallen, weil sie genau für das, wofür sie immer ange­treten ist, nicht mehr steht – sich nicht mehr im Kampf gegen Privilegien betätigt, nicht mehr gegen den Postenschacher auftritt, sondern selbst wesentlicher Teil dieses Schachers ist. Genau deswegen ist die FPÖ auch so verloren und steht auf verlore­nem Posten! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es kommt nicht von ungefähr, dass Andreas Unterberger in der Wochenendausgabe der „Presse“ schreibt:

„Was ist das nur für eine Partei, diese FPÖ. Niemand kann mehr zählen, zum wieviel­ten Mal sie das Land mit einer Regierungskrise lahm gelegt hat – und das Ergebnis ist so jammervoll wie immer. (...) Ferner kommt ein neuer belangloser Staatssekretär an­stelle eines anderen ebensolchen. Der Parteiapparat wird wohl von sehr simplen Kärntner übernommen.“ Dann gibt’s eine neue Justizministerin, ein „allerletztes Aufge­bot in letzter Stunde“, und so geht es weiter.

Nun könnte man natürlich sagen: Was interessiert das uns?, wie es Herr Professor Van der Bellen vormittags schon gesagt hat. – Das Schlimme ist, dass Österreich ins­gesamt darunter leidet, weil Schüssel ja auch im Ausland nicht einmal von seinen eige­nen konservativen Freunden mehr gewünscht wird, weil mit unserem Finanzminister dessen Kollegen in der EU nicht mehr zu Abend essen gehen wollen.

All das, weil genau diese Politik der Packelei und des Postenschachers weder in Öster­reich noch im Ausland goutiert wird, wie sich überhaupt diese ÖVP offenbar immer mehr den Untugenden der FPÖ annähert. – Das hat sich heute wieder ganz deutlich in der Diskussion gezeigt, wenn nämlich anstelle von Inhalten – vor allem, was den Rechnungshofpräsidenten betrifft – Worthülsen propagiert werden.

Es sind hier vom Kollegen Gahr und auch vom Kollegen Regler die hoch qualifizierten sieben Kandidaten erwähnt worden. In diesem Zusammenhang muss ich sagen: Es ist ja Menschenverachtung, wenn Sie – wie wir ja jetzt alle wissen – bereits vor diesem Hearing ausgepackelt haben, wer neuer Präsident des Rechnungshofes wird, und dann sieben hoch qualifizierte Persönlichkeiten dazu missbrauchen – und ich sage bewusst „missbrauchen“ –, einen ganzen Tag diesem Hearing zu opfern, sich tagelang darauf vorzubereiten. Das ist aus meiner Sicht menschenverachtend! Das haben sich diese hoch qualifizierten Persönlichkeiten nicht verdient!

Das hat auch Ihr Wirtschaftskammerpräsident Leitl nicht goutiert, der sich mehr als eindeutig geäußert hat, was er von den Vorgängen gerade um Frau Hochhauser hält.

Das ist etwas, was auch die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht goutieren, das aber von Ihnen jetzt institutionalisiert wird: eine Politik der Unglaubwürdigkeit, eine Politik der Packelei und eine Politik der Worthülsen.

Wenn Sie etwa davon sprechen, dass Sie Probleme angehen und lösen, so muss ich dem entgegenhalten: Das ist genauso unwahr! (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Wenn Sie davon sprechen, dass Sie Reformen durchführen, so muss ich sagen: Auch das ist nicht richtig, denn außer Pensionskürzungen, Verscherbeln von Bundesvermö­gen und sonstigen nachteiligen Handlungen zu Lasten der österreichischen Bürgerin­nen und Bürger haben Sie nichts getan, gar nichts! (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Herr Kollege, da helfen auch Ihre scherzhaften oder weniger scherzhaften Vierzeiler nichts! Sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Regierung inhaltlich am Ende ist und sich nur mehr mit Packelei die Mehrheitsbeschaffung durch die FPÖ sichert, um sich so bis 2006 noch über die Runden zu retten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte aber in diesem Zusammenhang auch eines erwähnen, weil heute immer wieder auf den alten Themen herumgeritten wird, wie zum Beispiel „Chaos“. Sie versu­chen vom heutigen Chaos, das gerade durch diese Konstellation und durch die Packe­lei um den Rechnungshofpräsidenten offenkundig wurde, abzulenken, indem Sie vom angeblichen Chaos im Jahr 2000 sprechen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihr wolltet den Nowotny machen! Das ist auch ein Roter!)

Im Jahre 2000, lieber Freund Scheuch, habt ihr etwas übernommen, von dem ihr sagt, es sei Chaos gewesen. Die ÖVP stimmt in dieses Wehklagen ein und vergisst ganz darauf, zu sagen, dass sie jahrelang in dieser Regierung vor 2000 mitgewerkt hat und mit ihren Stimmen im Ministerrat, in dem bekanntlich Einstimmigkeit herrscht, alle Re­formen verhindert hat. Und Sie werfen uns Chaos vor!

Das Chaos, das heute besteht, ist etwas wesentlich anderes als jenes, das 2000 von Ihnen als Chaos bezeichnet wurde. Dieses Chaos heute ist nämlich durch nichts mehr sanierbar und auch durch nichts mehr zu rechtfertigen (Abg. Murauer: Welches „Chaos“?), nämlich jenes Chaos, dass Sie Politik durch Packelei ersetzen (Abg. Mur­auer: Welche „Packelei“?), dass Sie Problemlösung durch Worthülsen ersetzen, und dass Sie sich in Wahrheit, Herr Kollege, von der politischen Bühne schon längst verab­schiedet haben und sich nur mehr am politischen Leben erhalten, indem Sie die FPÖ noch irgendwie beruhigen, um sich ins Jahr 2006 zu retten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.22

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute schon sehr viel darüber diskutiert haben, warum Sie, Herr Klubobmann Molterer, die Öffentlichkeit vom Hearing ausschließen wollten. Mir ist bei der Präsentation des Dr. Moser völlig klar geworden, dass Sie dem Fernsehen und auch den anderen Medien den Eindruck ersparen wollten, den Sie uns als Oppositi­onspartei vermittelt haben.

Man muss kein Antlitzforscher und auch kein Ausdrucksforscher sein, um an den Ge­sichtern der ÖVP-Abgeordneten zu erkennen, was in ihnen vorgegangen ist, und das im Unterschied zu dem, Herr Kollege Fasslabend, was Sie gesagt haben. Sie haben uns vermittelt, Herr Kollege Fasslabend, dass Sie selbst von dem Verfahren und von diesem unsäglichen Schauspiel angewidert gewesen sind. Während der gesamten Präsentation durch Dr. Moser haben Sie, Herr Klubobmann Molterer, und auch alle anderen Ihre Köpfe hinter Zeitungen und Manuskripten versteckt gehabt. Kein Zeichen des Beifalles für Ihren gemeinsamen Kandidaten! Steinerne Mienen, als Ihnen Kollege Pilz das Szenario vorführte, das sich im Soge dieser Spendenaffäre über den neuen Rechnungshofpräsidenten ausbreiten und auch halten würde.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Sie haben Dr. Moser auch nicht ins Gesicht gesehen, während er sich aufgeregt, völlig nervös und meinem Eindruck nach überhaupt nicht gut aussehend über die Runden schleppte – aus meiner Sicht ein Mann, der die letzte Chance seiner persönlichen Lebensplanung darin gesehen hat, sich als einziger Kitt der Koalition darzustellen, gestützt von Ihnen, Kollege Scheibner von der FPÖ, die auch die letzte Chance darin sieht, diesen bedeutenden Posten und diese bedeutungsvolle Position in unserem Staat zu besetzen, bevor sie selbst in die Bedeutungslosigkeit verschwindet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Auch die ÖVP, im Hintergrund – er ist leider jetzt weg – auch unser Bundeskanzler Schüssel, sah in diesem Deal die letzte Chance, den Koalitionspartner im gemeinsa­men Boot zu halten und sich damit die Macht zu sichern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP! Ganz unschön war – und auch das konnte man an Ihrem Gesichtsausdruck erkennen –, dass Sie wirklich qualifizierte Kandidaten angeboten haben, die in allen Belangen – das können Sie nicht wegdisku­tieren – Dr. Moser weit überlegen waren und ohne den Schatten von Affären dieses Amt des Rechnungshofpräsidenten hätten bekleiden können.

Was meinen Sie, was denkt heute ein Dr. Lengheimer über Ihr Abstimmungsverhalten, was denkt eine Anna-Maria Hochhauser oder was denkt ein Kollege Hengstschläger, der sich wahrscheinlich im Budgetsaal VI an das „Landtmann 2“ erinnern wird, mit dem Unterschied, dass er im „Landtmann“ wenigstens einen Kaffee hätte serviert bekom­men?

Herr Bundeskanzler, es ist peinlich für Sie, es ist peinlich für die ÖVP, denn im Lichte der ausgepackelten Entscheidungen gewinnen die Entscheidungen an Bedeutung, die heute schon zitiert worden sind, beispielsweise die Entscheidung von Bundeskanzler Kreisky im Jahre 1980, mit Tassilo Broesigke einen unabhängigen Kandidaten der Minderheit gewählt zu haben, der die Minderheitsrechte als Rechnungshofpräsident wirklich vertreten konnte. Solch eine Entscheidung zu treffen, wäre staatsmännisch gedacht gewesen, Herr Bundeskanzler!

Wenn der Herr Bundeskanzler auch Professor Ewald Nowotny gehört hätte, dann hätte auch er erkannt, dass Professor Nowotny wahrscheinlich der einzig richtige Kandidat gewesen wäre.

So, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird wohl jemand Rechnungshofpräsi­dent, der aus meiner Sicht nur von sich selbst überzeugt ist – aber auch das ist ihm nicht in allen Phasen gelungen – und der sich mit der Position eines Rechnungshof­präsidenten eine Position auf zwölf Jahre – länger ist es nicht möglich – sichert, die er bei den ÖBB sicher nicht gehabt hätte. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Wittauer: Jetzt hört’s einmal auf!)

Noch ein Allerletztes, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu dieser Parteispen­denaffäre, zu den Turnauer-Millionen, von denen Kollege Pilz bereits gesprochen hat, die den Weg von Wien nach Kärnten angetreten hätten. Auch wenn der zukünftige Rechnungshofpräsident Dr. Moser zigmal beteuert hätte, dass er kein Packerlträger ist, möchte ich doch sagen, lieber Kollege Wittauer: Der Schatten des Packerls wird immer über ihm schweben, egal, ob diese Affäre jemals aufgeklärt wird oder nicht, denn aus­gepackelt war seine Position immer zwischen euch beiden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.27

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Leere Regierungs­bank! (Ruf bei der ÖVP: Nur wenn Sie reden!) Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist doch bezeichnend, welches Interesse diese Bundesregierung über­haupt noch diesem Haus gegenüber zeigt. (Abg. Scheibner: Gehen Sie hinein und lernen Sie die Geschäftsordnung! – Abg. Neudeck: Sie kennen sich nicht aus!) Zumin­dest eines der vielen Regierungsmitglieder könnte sich die Mühe machen, hier anwe­send zu sein. Weil aber dieses Spiel hier ein abgekartetes ist, ein von vornherein ab­gekartetes Spiel, bei dem Ihr Stimmverhalten, meine Damen und Herren – und ich


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zeige besonders auf die Abgeordneten der ÖVP –, ohnehin schon vorgegeben ist, macht man sich diese Mühe nicht mehr.

Aber bleiben wir doch bei der Frage des Wahlvorschlages Dr. Josef Moser. – Heute haben wir mehrmals hier gehört beziehungsweise wurde von diesem Pult aus gesagt, Dr. Moser hätte einwandfrei erklärt, mit dem damaligen Vorgang nichts zu tun gehabt zu haben. Ich habe mir die Mühe gemacht, in der „Parlamentskorrespondenz“ nachzu­schauen, die so freundlich war, es wörtlich – also unter Anführungszeichen – zu zitie­ren.

Moser hat gesagt: „Ich bin kein Mann, der jemandem ein Plastiksackerl mit 5 Mill. S in die Hand drückt und dann auf Wiedersehen sagt“.

Die Frage des Abgeordneten Pilz war meiner Meinung nach aber präzise eine andere: Der Geld-Träger war der Chauffeur Wolf, den er in dem Hearing zitiert hat; der war der Geldbote. Es ging nicht darum, ob er ihm etwas in die Hand gedrückt hat, sondern ob er das Geld entgegengenommen hat und in der Kanzlei Böhmdorfer abgegeben hat.

Meine Damen und Herren! Für zwölf Jahre eine Persönlichkeit zu bestellen, ist eine hohe Verantwortung für dieses Haus. Dies erfordert mehr, als nach Fraktionsmeinung abzustimmen. Es ist eine Person – Sie selber haben es angedeutet –, die bei wech­selnden Regierungen eine eindeutige Kontrollfunktion wahrnehmen muss und kraft ihrer moralischen Autorität als Rechnungshofpräsident in der Lage sein muss, Miss­stände, die es gibt, aufzuzeigen und für deren Behebung zu sorgen.

Sie machen es dieser Person aber nicht leicht, wenn Sie sie dort hineinbringen, obwohl sie selbst noch hinsichtlich ihrer eigenen Tätigkeit in der Vergangenheit Aufklärungs­bedarf hat.

Ich komme aber zur Kernfrage zurück: Sieben Kandidaten in einem Hearing, bei dem wir alle anwesend waren. Klubobmann Molterer hat am Ende zusammengefasst, dass es eine Reihe positiver Vorschläge für die weitere Entwicklung dieses Amtes gegeben habe. (Abg. Mag. Molterer: Da haben Sie aber nicht aufgepasst!) Ich habe genau auf­gepasst, was Sie genannt haben. Bis auf die Frage der Beschleunigung der Prüfbe­richte, die jeder der Kandidaten genannt hat, habe ich nichts gefunden, was aus dem Bereich des Dr. Moser gekommen ist. Ich habe genau aufgepasst und kann sagen: Das haben alle Kandidaten gesagt!

Wirkliche Vorschläge zur Weiterentwicklung des Rechnungshofes – getragen von der Vorstellungswelt moderner Prüfungstätigkeit, unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Kooperation mit anderen Dienststellen und vor allem auch anderen Prüfinstitutio­nen – gab es eigentlich nur von Professor Nowotny, und ich möchte an dieser Stelle Professor Nowotny dafür danken. Er ist gekommen, obwohl er wusste, dass er bei Ihnen keine Mehrheit finden wird, und er hat uns dort vorgeführt, wer wirklich ein geeig­neter Kandidat für dieses Amt gewesen wäre und wer würdig gewesen wäre, dieses Amt zu bekleiden. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt wollen wir hoffen, dass, wenn heute eine Mehrheit für Dr. Moser zustande kommt, er selbst die Chance hat, mit der Aufgabe zu wachsen. Das ist letztlich das, wofür Sie ihm hier im Voraus Rosen streuen. Sie sagen, in zwölf Jahren wird es heißen: Er hat es wie der Fiedler gemacht!, und so, wie Dr. Fiedler sich ein Image erarbeitet hat, wird er das auch tun, und das wird die Opposition – wir oder wer auch immer – dann zu würdigen wissen.

Das Problem für Dr. Moser ist nur: Wenn das Persönlichkeitsbild stimmt, wie es hier von den Befürwortern gezeichnet wurde, dann gibt es ein paar kleine Probleme.

Erstens: Generalsekretärin Dr. Bleckmann hat seine Loyalität hervorgehoben. – Nun, gerade Loyalität zu jener Gruppe, die ihn in eine Funktion gebracht hat, ist das, was wir


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am wenigsten brauchen können bei der Funktion des Rechnungshofpräsidenten. Er braucht gerade keine Loyalität zur FPÖ, er bräuchte stattdessen eine klare und unab­hängige Position. Ob er Mitglied oder nicht Mitglied der FPÖ war: Entschuldigen Sie bitte, aber das Problem der FPÖ, einen Klubdirektor gehabt zu haben, der nicht einmal bereit ist, der Arbeit gebenden Partei beizutreten, ist eigentlich nur ein Problem der FPÖ, weist aber nicht auf seine Unabhängigkeit hin.

Ich bin aber nicht jemand, der vorweg sagt, der Betreffende kann es nicht schaffen. Ich sage nur: Sie sollten die Chance ergreifen, in einer geheimen Wahl noch einmal in sich zu gehen und – vor allem die Abgeordneten beider Regierungsfraktionen; beider! – zu überlegen, ob sie in einer geheimen Wahl wirklich Dr. Moser die Stimme geben. Es würde heute niemandem unangenehm auffallen, wenn es in der geheimen Wahl ein paar Stimmen weniger wären. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wittauer. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


16.32

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Ab­geordneter Matznetter! Ich muss mich schon wundern. Sie sollten erstens einmal die Geschäftsordnung nachlesen: Der Nationalrat ist für den Rechnungshof zuständig, nicht die Regierung. Aber Ihre Vorgangsweise, hier einen Kandidaten hervorzuheben – und zwar Ihren – und uns zu unterstellen, dass wir parteipolitisch agieren, ist schon fast lächerlich.

Wenn Abgeordneter Puswald hergeht und den Kandidaten Moser verunglimpft und auf der anderen Seite sagt, sechs Kandidaten seien vorgeführt worden, dann muss ich ihm entgegnen: Ich weiß nicht, Herr Abgeordneter Puswald, ob Sie, wenn der Herr Dr. Mo­ser nicht gewählt wird, dann sagen, auch der Dr. Moser ist vorgeführt worden. Unbe­stritten ist, und das quer durch alle Tageszeitungen, Folgendes: Der Gewerkschafts­boss Haberzettl ist ja nicht irgendjemand, er ist ja einer von euch, von den Sozial­demokraten, und wenn der den – dann unser aller Rechnungshofpräsident – Dr. Moser vorher lobt, ist das so schlecht? Muss man da immer gleich nur das Negative suchen?

Aber es gibt immer eine Vorgeschichte: Davor haben Sie ihn gelobt, davor haben Sie gesagt, er sei ein guter Klubdirektor gewesen, er sei ein guter Vorstand bei den Bun­desbahnen, aber danach ist das alles auf einmal nichts mehr wert! Sie müssen ein bisschen vor Ihrer eigenen Haustür kehren. Wenn es Ihr eigener Kandidat wäre, wären Sie wahrscheinlich über Dr. Moser voll des Lobes. Es hätte dann ein guter Kandidat verloren – aber jetzt ist es eben umgekehrt.

Aber eines habe ich nicht gehört: Dass einmal zu den Inhalten gesprochen worden wäre! Plastiksackerl und so weiter – alles Dinge, die man jemandem unterstellt. Herr Dr. Moser hat ganz klare Ziele für seine Tätigkeit vorgegeben. Er hat ganz klar gesagt, dass er die Effizienz der Rechnungshoftätigkeit steigern will, dass er die Erstellung von Einzelberichten forcieren möchte, er hat über die Darstellung der Prüfungsergebnisse in Bezug auf die Beurteilung einzelner Prüfkriterien bestimmte Vorstellungen, über die Verkürzung der Frist zwischen Prüfungsbeginn und Berichtsvorlage an den Nationalrat trotz des formellen Verfahrens. – Es ist eine ganze Liste von Bereichen, die er erläutert hat.

Kein einziges Mal aber hat ein Abgeordneter von der Opposition das in irgendeiner Form erwähnt! Sie haben nur unterstellt, Sie wollten aus einem guten Kandidaten einen schlechten machen. Ich sage Ihnen heute hier: Er war in der Vergangenheit ein guter Kandidat, er ist heute ein guter Kandidat, und er wird morgen ein sehr, sehr guter


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Rechnungshofpräsident sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.35

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident, mit ihrer Erlaubnis werde ich jetzt nicht mehr zum Thema „Rechnungshofpräsident“ sprechen, sondern nur ein paar Abschiedsworte ans Plenum richten.

Das ist meine letzte Rede hier, und ich kann Ihnen sagen: Die Abschiedsrede fällt mir genauso schwer wie meine Antrittsrede. Ich habe mich damals ganz schrecklich ge­fürchtet. Es war eine Anti-Atom-Dringliche der Grünen, und ich bin hier unten gestan­den und habe gehofft, dass die 5 Minuten ganz schnell vorüber sind. Das hoffe ich, ehrlich gesagt, jetzt auch. Ich werde mich bemühen, nicht allzu pathetisch zu sein und nicht in Tränen auszubrechen.

Ich wollte mich eigentlich vor dieser Abschiedsrede drücken, aber viele Kolleginnen und Kollegen haben gesagt: Das geht nicht! Also stehe ich hier und versuche, ein paar nette und verbindliche Abschiedsworte zu finden.

Meine Damen und Herren! Es war für mich eine sehr schöne und auch lehrreiche Zeit. Ich habe viel gelernt. Ich bin 1999 als Quereinsteigerin hierher gekommen. Ich kannte im SPÖ-Klub eigentlich niemanden – außer Klubchef Kostelka und Josef Cap aus dem Fernsehen (Heiterkeit), sonst eigentlich niemanden. Es war am Anfang nicht ganz ein­fach, zurechtzukommen. (Ruf bei der ÖVP: Gusenbauer ist unangenehm aufgefallen!) Also, Alfred Gusenbauer war damals noch nicht Parteichef, wenn ich Sie daran erin­nern darf. (Abg. Neudeck: Aber Abgeordneter schon!)

Alle 70 Abgeordneten kennen, glaube ich, die normalen Bürgerinnen und Bürger nicht. Das wird bei Ihrem Klub auch nicht anders sein, Herr Kollege. Ich glaube, da brauchen wir uns gar nicht in die Tasche lügen.

Ich möchte nun allen Kolleginnen und Kollegen aus meiner Fraktion danken, die mir am Anfang wirklich sehr geholfen haben, mich in diesem Haus zurechtzufinden. Ich möchte auch jenen danken, die mich am Anfang als Quereinsteigerin, glaube ich, ein bisschen kritischer beäugt haben, mir aber dann wirklich geholfen haben und mich als eine der Ihren akzeptiert haben. Danke! (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Ein Dank auch an meine beiden Klubobleute, Peter Kostelka und Josef Cap. Ich glau­be, sie haben es nicht immer einfach mit mir gehabt. Es hat auch manchmal Auseinan­dersetzungen gegeben, und ich glaube, Josef Cap verdankt mindestens eins, wenn nicht zwei seiner grauen Haare mir. (Abg. Mag. Molterer: Der Gusenbauer für den Rest! – Heiterkeit.) Wir haben uns dann am Schluss doch irgendwie zusammengerauft.

Was die Arbeit betrifft, muss ich rückblickend sagen: Es ist für Oppositionsabgeordnete nicht immer einfach, weil die Arbeit eigentlich hauptsächlich darin besteht, die Verfeh­lungen der Bundesregierung aufzuzeigen (Abg. Mag. Molterer: Die es ja nicht gibt!) – die es vielleicht manchmal doch gibt –, aber nicht wirklich konstruktiv mitzuarbeiten. Deswegen habe ich das Tierschutzgesetz, das wir vor kurzem hier beschlossen haben, als einen der Höhepunkte meiner politischen Arbeit in diesem Haus erlebt, weil es möglich war, durch die entsprechende Konstellation, für die es sehr viele Jahre ge­braucht hat, sehr konstruktive Vorschläge einzubringen und Änderungen, ganz kon­krete Verbesserungen auch für die Tiere durchzusetzen und dann ein Gesetz zu be-


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schließen, auf das sehr viele Menschen viele Jahre gewartet haben. Darauf bin ich eigentlich sehr stolz, und das hat mir viel Spaß gemacht. (Allgemeiner Beifall.)

Ich hoffe auch im Sinne des Parlaments, dass es noch möglichst viele solcher Gesetze geben wird. Ich glaube, es war ein Lehrstück für parlamentarische Arbeit, wie wir sie uns natürlich verstärkt wünschen. Ich hoffe auch, dass es mit meinem Nachfolger Jan Krainer – er wird die Umweltsprecherrolle in meiner Fraktion übernehmen – eine gute Zusammenarbeit von allen Fraktionen geben wird.

Abschließend noch ein ganz generelles Anliegen: Umweltschutz fällt auf der Prioritä­tenliste der Österreicherinnen und Österreicher, aber auch der Politik immer weiter zurück. Umweltschutz wird immer weniger wichtig. Das schmerzt mich persönlich, weil ich Umweltschutz, wie Sie wissen, seit vielen Jahren zu meinem Herzensanliegen ge­macht habe. Ich kann nur hoffen, dass Sie alle hier wirklich zusammenhelfen und mit­arbeiten, dass Umweltschutz wieder ein wichtigeres Thema auf der Prioritätenliste wird.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich auf meine neue Herausforderung in Wien. Ich bin nicht ganz aus der Welt, und wir werden sicher noch voneinander hören, weil ich auch vorhabe, mich als Umweltstadträtin ein bisschen in der Bundespolitik einzumi­schen. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

16.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Mag. Sima, Sie verlassen jetzt nach vier Jahren dieses Haus. Sie haben sich als Umweltexpertin über die Fraktionen hin­aus Achtung erworben. Wir wünschen Ihnen für Ihre neue Funktion als Stadträtin viel Glück und Erfolg! Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner in einer ähnlichen Sache ist Herr Abgeordneter Nürnberger. 5 Minu­ten. – Bitte. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Werden Sie auch Stadtrat? – Abg. Nürn­berger – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich werde nicht Stadtrat, Herr Bundes­kanzler!)

 


16.40

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Allgemeine Heiterkeit, weil Abg. Nürnberger das Rednerpult zu weit nach unten gestellt hat.) – Macht nichts! (Zwischen­rufe, diverse Ratschläge hinsichtlich des Verstellens des Rednerpultes beinhaltend.)

Zum gegenständlichen Tagesordnungspunkt haben die Kolleginnen und Kollegen mei­ner Fraktion bereits das Wesentliche gesagt, und ich bin mit ihnen vollinhaltlich einer Meinung. Ich darf aber mit dem Wohlwollen des geschätzten Herrn Präsidenten und auch mit Ihrem Wohlwollen rechnen und bedanke mich bei meiner Fraktion für zwei, drei, vier Minuten Redezeit, die ich auch in privater Angelegenheit nützen möchte.

Ich glaube, ich kann Ihnen jetzt keine große Überraschung mitteilen, denn es ist ja be­reits durch die Medien gegangen: Ich habe mich aus einer Reihe von privaten Gründen entschlossen, dieses Hohe Haus zu verlassen. Es sind, wenn ich das eine Jahr Bun­desrat dazuzähle, fast auf den Tag genau 21 Jahre, die ich diesem Hohen Haus ange­höre. Frau Abgeordnete Fekter, Sie gestatten mir, dass ich jetzt ein kurzes privates Gespräch, ein Vier-Augen-Gespräch, wiedergebe, was ich normalerweise nicht tue: Die Frau Abgeordnete hat mich gefragt: Aber als Sozialpartner bleiben Sie mir erhal­ten? Da habe ich gesagt: Ja. Und ich habe hinzugefügt – und das ist einer der wichtigsten Gründe für mein Ausscheiden –: Wir haben am letzten Gewerkschaftstag ein sehr engagiertes Arbeitsprogramm beschlossen. Darin sind sehr viele gute Dinge enthalten, und ich möchte selbst noch einiges daransetzen, das eine oder andere umzusetzen. Ich habe aber auch gleichzeitig gesagt, es seien gute Dinge im Interesse


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der Wirtschaft, und wenn ich „im Interesse der Wirtschaft“ sage, dann wissen sehr viele in diesem Hohen Haus, dass ich immer beide meine: Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Da dieses Arbeitsprogramm meine ganze Arbeitskraft erfordert und wir darüber hinaus, wie Sie wissen, an der Fusion einer neuen, großen und schlagkräftigen Gewerkschaft arbeiten, möchte ich also in Zukunft meine ganze Arbeitskraft der Gewerkschaft Metall-Textil zur Verfügung stellen. Daher habe ich mich dazu entschlossen, mit 30. Juni das Hohe Haus zu verlassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, ein bisschen selbstkritisch anzumerken: Wenn ich mich hier an das Rednerpult begeben habe, hat es meist einen etwas höheren Lärmpegel gegeben. Ich möchte aber für mich in Anspruch nehmen – und ich glaube, die Statistik der Ordnungsrufe spiegelt das wider –, ich war immer be­müht, nie persönlich oder unter der Gürtellinie zu argumentieren. Sollte die eine oder andere Kollegin oder der eine oder andere Kollege doch den Eindruck haben, dass ich persönlich zu hart attackiert habe, dann darf ich im Nachhinein um Nachsicht bitten, dann möchte ich mich dafür in aller Form entschuldigen.

Es sei mir auch gestattet, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses ein herzliches Dankeschön zu sagen. In 21 Jahren hat man die Unterstützung von fast allen Mitarbeitern dieses Hauses gebraucht. Vor allem die Stenographen haben es mit mir nicht immer leicht gehabt, aber im Protokoll habe ich meine Rede dann immer in wunderbarem Deutsch lesen können! (Heiterkeit.) Dafür sei Ihnen (in Richtung Proto­kollführung) herzlichst gedankt! (Allgemeiner Beifall.)

Meinen Kolleginnen und Kollegen vom Klub danke ich natürlich auch. Ganz gehe ich euch nicht verloren, ich bleibe euch in einigen Funktionen noch erhalten. Aber ich werde das im Klub selbst mitteilen.

Ihnen allen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, sage ich: Es war eine schöne Zeit, es war eine lehrreiche Zeit. Ich wünsche Ihnen persönlich für die Zukunft alles Gute! Herzliches Glückauf! (Lang anhaltender allgemeiner Beifall.)

16.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Rudolf Nürnberger! Der lang anhaltende Applaus aller Fraktionen zeigt, dass Sie sich in 21 Jahren Ansehen, Respekt und Wertschätzung aller Fraktionen erworben haben.

Ich möchte auch meine persönliche Wertschätzung an Sie als sozialistischen Gewerk­schafter aussprechen. Sie haben immer mit offenem Visier gekämpft. Ich kann mich an manche Unterredung erinnern. Sie waren sehr direkt, immer mit Humor, Hand­schlagqualität, ein Sozialpartner von Schrot und Korn. Wir bedauern, dass Sie dieses Haus verlassen! Alles Gute, Herr Kollege! Glück auf! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Nürnberger erhebt sich von seinem Platz und dankt mit einer Verbeugung.)

Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Pilz. 5 Minuten Redezeit. Das ist aber keine Abschiedsrede, nehme ich an. (Zahlreiche Oje-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


16.45

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Das ist ein Willkommen, wie ich es mir in einem langen Parlamentarierleben verdient habe! (Allgemeine Heiterkeit.) Trotzdem möchte ich Sie darauf hinweisen: Ich werde heute nicht dieses Haus verlassen. (Neuerliche Oje-Rufe.) Ich werde Ihnen erhalten bleiben, und ich kann Ihnen versichern: Sie haben mich verdient. (Lebhafte Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Von Ulli Sima und dem Kollegen Nürnberger möchte ich mich ganz persönlich kurz verabschieden:

von Ulli Sima, die das wirkliche Verdienst hat, die SPÖ, die es damals noch dringender nötig hatte als heute, deutlich zu ver- oder ergrünen und die ich als gute Kollegin schätzen gelernt habe;

von Kollegem Nürnberger, von dem nicht nur ich überzeugt bin, dass dieses Land ge­rade kantige Interessenvertreter braucht, die in bestimmten Situationen auch bereit sind, die Interessen ihrer eigenen Mitglieder über die Interessen ihrer eigenen Partei zu stellen, und das nicht nur bei Koalitionsverhandlungen, sondern auch in manchen anderen erinnerungswürdigen Auseinandersetzungen.

Bevor ich jetzt ganz melancholisch werde (Ruf: Nicht weinen!), füge ich hinzu, dass es jemanden gibt, von dem ich mich jetzt sehr, sehr gerne verabschieden würde, das ist Dr. Josef Moser; aus vielen guten Gründen, die heute schon genannt worden sind, aus einem Grund, der noch nicht genannt worden ist, und dieser Grund heißt Rechtsanwalt Dr. Machold.

Wir haben heute noch nicht darüber gesprochen, weil diese Zeugenaussage noch nicht vollinhaltlich veröffentlicht worden ist, nämlich dass nicht nur ein Haider-Chauffeur, sondern auch Rechtsanwalt Dr. Machold vor dem Staatsanwalt ausgesagt und unter Wahrheitspflicht zu Protokoll gegeben hat, dass Dr. Josef Moser in seiner Eigenschaft als freiheitlicher Klubobmann eines Tages (Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Ruf: Das war er nie!), als Klubdirektor – entschuldigen Sie; das nehme ich mit jedwedem Ausdruck zurück –, als Klubdirektor in der Kanzlei von Dr. Böhmdorfer auf­getaucht ist und dem völlig überraschten und in der Kanzlei allein anwesenden damali­gen Konzipienten Mag. Machold einen Sack übergeben hat, in dem sich, mit Bandero­len umwickelt, genau die genannten 5 Millionen Schilling befunden haben. Später hat sich Dr. Böhmdorfers Kollegin und Kanzleimiteigentümerin Frau Mag. Gheneff in der Kanzlei gemeldet, gefragt, wo das Geld verblieben ist, und es dann in Folge auch sichergestellt.

Wir haben jetzt zwei gerichtliche Aussagen, unter Wahrheitspflicht gemacht: die des Haider-Chauffeurs und die eines damaligen Mitarbeiters der Kanzlei Böhmdorfer-Gheneff. Beide bestätigen, dass der Plastiksack mit den 5 Millionen Schilling von Dr. Moser abgeholt und persönlich in die Kanzlei Böhmdorfer gebracht worden ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir haben auch die Aussage von Dr. Moser!) Dies tat er als freiheitlicher Klubdirektor.

Diesen Herrn wollen Sie nun zum Rechnungshofpräsidenten wählen (Abg. Scheibner: Wenn Sie ihn kritisieren, ist das für ihn eine Auszeichnung! Das kann ich Ihnen sagen!) – jemanden, über den nicht nur ein Chauffeur, sondern ein heutiger Rechtsan­walt, sein Risiko für seinen Beruf und für seine künftige Tätigkeit wohl kennend, aus­sagt, dass er sehr wohl Augenzeuge eines Aktes wahrscheinlich illegaler Parteien­finanzierung geworden ist!

Meine Damen und Herren! Vielleicht ist es Ihnen wirklich egal, weil Sie das schon ge­wöhnt sind, vielleicht ist das in Ihrer Partei das Normalste der Welt. Im Rechtsstaat Österreich ist illegale Parteienfinanzierung mit Sicherheit nicht das Normalste der Welt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Nehmen Sie das Wort „Rechtsstaat“ nicht in den Mund! Es wäre besser, Sie nähmen das Wort „Rechtsstaat“ nicht in den Mund!) Ein Dr. Moser an der Spitze des Rech­nungshofes ist ein schwere Beeinträchtigung und Gefährdung der Arbeit dieser seriö­sen Einrichtung, die dem Nationalrat nahe steht, wie nur wenige Einrichtungen dieser Republik.


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Wir wussten schon, dass wir vieles in der Republik vor der Freiheitlichen Partei in Schutz nehmen müssen, aber dass wir einmal darauf hoffen müssen, dass sich heute einige Kolleginnen und Kollegen der Österreichischen Volkspartei finden, um doch im letzten Moment die Institution Rechnungshof zu schützen und ihr Ansehen zu wahren, das ist nicht gerade eine Sternstunde des Parlaments, dass es so weit hat kommen müssen.

Mit der Wahl, die jetzt stattfinden wird, haben wir eine letzte Chance, und ich appelliere wirklich an Sie, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei: Geben Sie dem Rechnungshof dadurch eine Chance, dass Sie Dr. Moser nicht zu seinem Präsidenten wählen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kräuter, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen, den Gegenstand an den Ausschuss rückzu­verweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Ich gebe bekannt, dass das Verlangen vorliegt, die Wahl gemäß § 88 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung in Wahlzellen durchzuführen.

Ich gehe daher so vor und unterbreche die Sitzung zur Vorbereitung dieser Wahl.

(Die Sitzung wird um 16.52 unterbrochen und um 16.54 wieder aufgenommen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir kommen zur Wahl.

Der Stimmzettel, der zu benützen ist, wird samt Kuvert bei Namensaufruf durch den Schriftführer von den hierzu bestimmten Bediensteten der Parlamentsdirektion ausge­geben. Für die Wahl können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Vorschlag des Hauptausschusses, Dr. Josef Moser zum Präsidenten des Rechnungshofes zu wählen, ihre Zustimmung erteilen, auf dem Stimmzettel den Kreis neben dem Wort „Ja“ anzukreuzen. Diejenigen Abgeordneten, die sich gegen diesen Vorschlag aussprechen, ersuche ich, den Kreis neben dem Wort „Nein“ anzukreuzen.

Stimmzettel, die auf andere Personen lauten, sind ebenso ungültig wie Stimmzettel, aus denen der Wählerwille nicht eindeutig erkennbar ist.

Das Stimmrecht wird in der Wahlzelle ausgeübt. Der ins Kuvert eingelegte Stimmzettel wird anschließend in die bereitgestellte Urne eingeworfen.

Ich bitte den Herrn Schriftführer, Abgeordneten Wimmer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Dr. Fekter wird ihn später hierbei ablösen. – Bitte, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Wimmer und die Schriftführerin Dr. Fek­ter begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzellen und werfen sodann die Stimm­zettel in die Urne.)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 118

Präsident Dr. Andreas Khol: Ich sehe niemanden mehr in den Wahlzellen. – Ich frage: Haben alle Aufgerufenen die Gelegenheit gehabt, ihren Stimmzettel abzugeben? Gibt es noch irgendjemanden, der nicht abgestimmt hat? – Das ist nicht der Fall. Die Stimmabgabe ist damit beendet.

Ich bitte nun die damit beauftragten Bediensteten des Hauses, unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenauszählung vorzunehmen. Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenauszählung vor. – Die Sitzung wird um 17.19 Uhr unterbrochen und um 17.32 Uhr wieder aufgenommen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Wahlergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 179; davon gültig: 179.

Die gemäß § 87 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderliche unbedingte Mehrheit be­trägt somit 90 Stimmen.

Es entfielen auf den Wahlvorschlag des Hauptausschusses Dr. Josef Moser 94 Stim­men; 85 Stimmen waren „Nein“-Stimmen.

Somit ist Herr Dr. Josef Moser zum Präsidenten des Rechnungshofes gewählt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 426/A bis 430/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1933/J bis 1957/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen dient, berufe ich für 17.34 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 17.33 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien