Stenographisches Protokoll

656. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 1. Juli 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

656. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 1. Juli 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 1. Juli 1999: 9.02 – 21.38 Uhr

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Tagesordnung

1. Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden

2. Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden (Euro-Währungsangaben-gesetz – EWAG)

3. Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Markenrechts-Novelle 1999)

4. Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird

5. Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychologengesetz)

6. Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstlei-stungsverkehrs von Psychotherapeuten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychotherapiegesetz)

7. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird

8. Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden

9. Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden

10. Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

11. Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird

12. Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird

13. Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden


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14. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

15. Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz – NEUFÖG), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsgebührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 geändert werden (Steuerreformgesetz 2000)

16. Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird

17. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden

18. Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird

19. Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Einsatzzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundesfinanzgesetz 1999 (7. BFG-Novelle 1999), das Dorotheumsgesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG erlassen wird (Dienstrechts-Novelle 1999)

20. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat geändert wird

21. Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut

22. Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999)

23. Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 1988 geändert wird (Kartellgesetznovelle 1999 – KartGNov. 1999)

24. Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsgesetz 1985 geändert wird


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656. Sitzung / Seite 3

25. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird

26. Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), das Universitäts-Organisationsgesetz, das Kunsthochschul-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden

27. Bundesgesetz über Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit von Tieren in Betrieben (Tiergesundheitsgesetz – TGG) und über eine Änderung des Bangseuchen-Gesetzes, des Rinderleukosegesetzes und des IBR/IPV-Gesetzes

28. Bundesgesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz – FlUG) und mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

29. Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird

30. Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, geändert wird (GGBG-Novelle 1999)

31. Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden

32. Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

33. Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen samt Anhängen und Erklärung

34. Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 1999)

35. Bundesgesetz, mit dem das Umweltkontrollgesetz, BGBl. I Nr. 152/1998, geändert wird

36. Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen (Futtermittelgesetz 1999 – FMG 1999)

37. Bundesgesetz betreffend Grundsätze für den Schutz der Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen (Pflanzenschutzgrundsatzgesetz)

38. Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 1999)

39. Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Genossen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema "Mitwirkung des Bundesrates bei der Nominierung der EU-Kommissare und der übrigen Organe gemäß Artikel 23c Abs. 2 B-VG durch die Bundesregierung, Einführung eines Hearings der Kandidaten im Parlament"

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Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 4

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages und des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat 17

Angelobungen der Bundesräte Hans Ager und Karl Boden 18

Antrittsansprache des Präsidenten Jürgen Weiss 18

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung

Dr. Reinhard Eugen Bösch 38

Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen gemäß § 45 (3), den entsprechenden Ausschüssen eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen in bezug auf die Anträge 3, 4 bis 8, 12, 13, 27, 30, 36, 40, 41, 50, 54, 57, 58, 60, 64, 65, 69, 71, 76, 80, 81, 84, 85 und 89 38

Ablehnung 196 ff.

Antrag auf Durchführung einer Debatte 39

Ablehnung 39

Unterbrechung 41

Personalien

Krankmeldung 17

Entschuldigung 17

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse 37

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 37

Schreiben des Bundeskanzlers und des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Nominierung von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider für die Funktion eines Mitgliedes des Ausschusses der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 4 B-VG 36

Ausschüsse

Zuweisungen 37

Fragestunde

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft 20

Peter Rodek (1059/M-BR/99); Johann Grillenberger, Mag. John Gudenus

Klaus Gasteiger (1054/M-BR/99); Engelbert Weilharter, Engelbert Schaufler

Ulrike Haunschmid (1057/M-BR/99); Friedrich Hensler, Erhard Meier


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 5

Dr. Vincenz Liechtenstein (1060/M-BR/99); Erhard Meier, Mag. John Gudenus

Ernst Winter (1055/M-BR/99); Mag. Christof Neuner, Leopold Steinbichler

Mag. John Gudenus (1058/M-BR/99); Franz Wolfinger

Friedrich Hensler (1061/M-BR/99); Klaus Gasteiger, Engelbert Weilharter

Johann Payer (1056/M-BR/99); Ulrike Haunschmid, Ing. Peter Polleruhs

Ing. Franz Gruber (1062/M-BR/99); Hedda Kainz, Engelbert Weilharter

Verhandlungen

(1) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1853 und 1904/NR sowie 5970/BR d. B.)

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Hannes Missethon 39

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)


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656. Sitzung / Seite 6

Redner:

Dr. André d'Aron 40 und 50

Klaus Gasteiger 41

Mag. Karl Wilfing 42

Engelbert Weilharter 45

Wilhelm Grissemann 47

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 48 und 51

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 52

Entschließungsantrag der Bundesräte Engelbert Weilharter und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Entscheidungskompetenzen im Verkehrsbereich 46

Ablehnung 52

Gemeinsame Beratung über

(2) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden (Euro-Währungsangabengesetz – EWAG) (1639 und 1952/NR sowie 5971/BR d. B.)

(3) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Markenrechts-Novelle 1999) (1643 und 1953/NR sowie 5972/BR d. B.)

(4) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird (1067/A und 1954/NR sowie 5973/BR d. B.)

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Hannes Missethon 52

[Antrag, zu (2), (3) und (4) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Ulrike Haunschmid 53

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 54 und 60

Wolfgang Hager 55

Johann Ledolter 56

Wilhelm Grissemann 57

Mag. Harald Repar 59

Mag. Walter Scherb 59

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (2) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 61

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (3) und (4) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 61

Gemeinsame Beratung über

(5) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychologengesetz) (1758 und 1979/NR sowie 5980/BR d. B.)

(6) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von Psychotherapeuten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychotherapiegesetz) (1759 und 1980/NR sowie 5981/BR d. B.)

(7) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird (1774 und 1981/NR sowie 5982/BR d. B.)

(8) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden (1777 und 1982/NR sowie 5983/BR d. B.)

(9) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden (1778 und 1983/NR sowie 5984/BR d. B.)

(10) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1824 und 1984/NR sowie 5985/BR d. B.)

(11) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird (1084/A und 1985/NR sowie 5986/BR d. B.)

(12) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird (1097/A und 1986/NR sowie 5987/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 63

[Antrag, zu (5), (6), (7), (8), (9), (10), (11) und (12) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Monika Mühlwerth 64

Ing. Walter Grasberger 66


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656. Sitzung / Seite 7

Johann Grillenberger 67

Maria Grander 68

Bundesministerin Eleonora Hostasch 68

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (5) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 70

Entschließungsantrag der Bundesräte Monika Mühlwerth, Engelbert Weilharter und Kollegen betreffend Berufstätige im Gesundheitswesen – Vertrauenswürdigkeit und Deutschkenntnisse 65

Ablehnung 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (6), (7) und (8) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (9), (10), (11) und (12) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 70

Gemeinsame Beratung über

(13) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden (1103/A und 1970/NR sowie 5988/BR d. B.)

(14) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1102/A und 1971/NR sowie 5989/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Payer 72

[Antrag, zu (13) und (14) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Engelbert Schaufler 72

Hedda Kainz 73

Engelbert Weilharter 74

Bundesministerin Eleonora Hostasch 75

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (13) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 76

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (14) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 76

Gemeinsame Beratung über

(15) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz – NEUFÖG), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsge


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 8

bührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 geändert werden (Steuerreformgesetz 2000) (1766 und 1858/NR sowie 5965 und 5976/BR d. B.)

(16) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird (1859/NR sowie 5977/BR d. B.)

Berichterstatter: Johann Kraml 77

[Antrag, zu (15) und (16) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Dr. Reinhard Eugen Bösch 78

Peter Rodek 80

Hedda Kainz 82

Ulrike Haunschmid 84

Alfred Schöls 87

Johanna Schicker 88

Engelbert Weilharter 90

Mag. Walter Scherb 92

Mag. Christof Neuner 95

Bundesminister Rudolf Edlinger 96 und 103

Ernest Windholz (tatsächliche Berichtigung) 103

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (15) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 103

Entschließungsantrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend "Faire Steuern. Arbeit schaffen – Steuern senken" 79

Ablehnung 104

Entschließungsantrag der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen betreffend die steuerliche Belastungsflut der heimischen Gastronomie 86

Ablehnung 104

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (16) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 104

Gemeinsame Beratung über

(17) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (1793 und 1894/NR sowie 5966 und 5978/BR d. B.)

(18) Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (1895/NR sowie 5979/BR d. B.)


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656. Sitzung / Seite 9

Berichterstatter: Johann Grillenberger 105

[Antrag, zu (17) und (18) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. John Gudenus 105

Dr. Ferdinand Maier 105

Johann Kraml 106

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (17) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 107

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (18) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 107

Gemeinsame Beratung über

(19) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Rei-segebührenvorschrift 1955, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Einsatzzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundesfinanzgesetz 1999 (7. BFG-Novelle 1999), das Dorotheumsgesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG erlassen wird (Dienstrechts-Novelle 1999) (1764 und 1945/NR sowie 5990/BR d. B.)

(20) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasyl-senat geändert wird (1946/NR sowie 5991/BR d. B.)

Berichterstatter: Mag. Karl Wilfing 108

[Antrag, zu (19) gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, zu (20) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Mag. Eduard Mainoni 108

Ferdinand Gstöttner 110

Uta Barbara Pühringer 111

Alfred Schöls 113

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (19) gegen den vorliegen-den Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 114

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (20) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 114

(21) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut (1852 und 1948/NR sowie 5993/BR d. B.)


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656. Sitzung / Seite 10

Berichterstatter: Ing. Franz Gruber 115

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Anna Elisabeth Haselbach 115

Alfred Schöls 116

Mag. John Gudenus 117

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 117

(22) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999) (1653 und 1926/NR sowie 5974/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 118

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. Peter Böhm 118

Dr. Günther Hummer 120

Mag. Harald Repar 122

Dr. André d'Aron 123

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 124

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 125

(23) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 1988 geändert wird (Kartellgesetznovelle 1999 – KartGNov. 1999) (1775 und 1923/NR sowie 5975/BR d. B.)

Berichterstatter: Wolfgang Hager 126

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Dr. André d'Aron 126

Dr. Milan Linzer 127

Johann Kraml 128

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 129

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 130

(24) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsgesetz 1985 geändert wird (1093/A und 1950/NR sowie 5994/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 131

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Engelbert Weilharter 131

Wolfgang Hager 132


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 11

Dr. Ferdinand Maier 132

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 133

Mag. Eduard Mainoni 134

Stefan Prähauser 136

Mag. John Gudenus 137

Mag. Melitta Trunk 138

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 140

(25) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird (1100/A und 1949/NR sowie 5995/BR d. B.)

Berichterstatter: Alfred Schöls 140

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Anna Elisabeth Haselbach 141

Dipl.-Ing. Hannes Missethon 142

Mag. John Gudenus 142

Albrecht Konecny 143

Dr. Vincenz Liechtenstein 143

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 144

Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend die Durchsetzung von Vermögensansprüchen von ehemaligen Kriegsgefangenen, Vertriebenen und zur Arbeitsleistung verpflichteten Österreichern 143

Ablehnung 144

(26) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), das Universitäts-Organisationsgesetz, das Kunsthochschul-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (1831 und 1915/NR sowie 5996/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 144

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Monika Mühlwerth 145

Maria Grander 146

Mag. Melitta Trunk 146

Bundesminister Dr. Caspar Einem 147

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 148

(27) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit von Tieren in Betrie


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 12

ben (Tiergesundheitsgesetz – TGG) und über eine Änderung des Bangseuchen-Gesetzes, des Rinderleukosegesetzes und des IBR/IPV-Gesetzes (1712 und 1996/NR sowie 5997/BR d. B.)

Berichterstatterin: Ulrike Haunschmid 148

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 13

Redner:

Ing. Franz Gruber 149

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 149

Gemeinsame Beratung über

(28) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz – FlUG) und mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1048/A und 1930/NR sowie 5963 und 5999/BR d. B.)

(29) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (1834 und 1931/NR sowie 5964 und 6000/BR d. B.)

(30) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, geändert wird (GGBG-Novelle 1999) (1833 und 1932/NR sowie 6001/BR d. B.)

Berichterstatter: Horst Freiberger 150

[Antrag, zu (28), (29) und (30) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Engelbert Weilharter 151

Dr. Ferdinand Maier 152

Herbert Thumpser 153

Mag. Christof Neuner 155

Johann Ledolter 156

Mag. Eduard Mainoni 157

Bundesminister Dr. Caspar Einem 159

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (28) und (29) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 163

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (30) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 163

(31) Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1092/A und 1933/NR sowie 6002/BR d. B.)

Berichterstatter: Wilhelm Grissemann 164

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ing. Walter Grasberger 164

Ernst Winter 165

Engelbert Weilharter 166

Georg Keuschnigg 166

Ing. Kurt Scheuch 167

Bundesminister Dr. Caspar Einem 169

Annahme des Antrages des Berichterstatters, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 170

Entschließungsantrag der Bundesräte Ing. Kurt Scheuch und Kollegen betreffend Verbesserung der Tiertransportbedingungen 168

Ablehnung 170

(32) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1767 und 1964/NR sowie 5968 und 6003/BR d. B.)

Berichterstatterin: Johanna Schicker 170

(Antrag, keinen Einspruch zu erheben)

Redner:

Ulrike Haunschmid 170

Mag. Karl Wilfing 171

Mag. Melitta Trunk 172

Maria Grander 174

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 175

Gemeinsame Beratung über

(33) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen samt Anhängen und Erklärung (1481 und 1974/NR sowie 6004/BR d. B.)

(34) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 1999) (1652 und 1975/NR sowie 6005/BR d. B.)

(35) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltkontrollgesetz, BGBl. I Nr. 152/1998, geändert wird (1086/A und 1976/NR sowie 6006/BR d. B.)

Berichterstatter: Herbert Thumpser 176

[Antrag, zu (33) 1. dem Beschluß des Nationalrates, der in seiner Gesamtheit verfassungsändernden beziehungsweise verfassungsergänzenden Charakter hat, gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, zu (34) und (35) keinen Einspruch zu erheben]

Redner:

Monika Mühlwerth 177

Mag. Karl Wilfing 177


Bundesrat
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Erhard Meier 178

Ernest Windholz 179


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 15

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (33) 1. dem Beschluß des Nationalrates, der in seiner Gesamtheit verfassungsändernden beziehungsweise verfassungsergänzenden Charakter hat, gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, 2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmeneinhelligkeit) 180

Entschließungsantrag


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 16

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung 179

Ablehnung 181

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (34) und (35) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 181

Gemeinsame Beratung über

(36) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen (Futtermittelgesetz 1999 – FMG 1999) (1648 und 1941/NR sowie 6007/BR d. B.)

(37) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 über ein Bundesgesetz betreffend Grundsätze für den Schutz der Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen (Pflanzenschutzgrundsatzgesetz) (1750 und 1942/NR sowie 6008/BR d. B.)

(38) Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 1999) (1094/A und 1943/NR sowie 6009/BR d. B.)

Berichterstatter: Engelbert Schaufler 182

[Antrag, zu (36), (37) und (38) keinen Einspruch zu erheben]

Engelbert Weilharter [Vertagungsantrag gemäß § 51 (1) des Geschäftsordnungsgesetzes des Bundesrates] 182

Redner:

Ulrike Haunschmid 183

Johann Kraml 184

Ing. Franz Gruber 185

Ernst Winter 186

Friedrich Hensler 187

Leopold Steinbichler 189

Engelbert Weilharter 190

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 192

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (36) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 193

Entschließungsantrag der Bundesräte Engelbert Weilharter und Kollegen betreffend Dioxinmisere – importiert und hausgemacht 190

Ablehnung 193

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (37) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 193

Ablehnung des Vertagungsantrages gemäß § 51 (1) des Geschäftsordnungsgesetzes des Bundesrates 193

Annahme des Antrages des Berichterstatters, zu (38) keinen Einspruch zu erheben (mit Stimmenmehrheit) 193

(39) Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Genossen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema "Mitwirkung des Bundesrates bei der Nominierung der EU-Kommissare und der übrigen Organe gemäß Artikel 23c Abs. 2 B-VG durch die Bundesregierung, Einführung eines Hearings der Kandidaten im Parlament" (115/A sowie 6010/BR d. B.)

Berichterstatter: Dr. Günther Hummer 194

Redner:

Engelbert Schaufler 194

(Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen)

Dr. Peter Böhm 194

Annahme des Antrages, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen (mit Stimmenmehrheit) 195

Eingebracht wurden

Anfragen

der Bundesräte Ing. Walter Grasberger, Mag. Karl Wilfing, Leopold Steinbichler und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Dienstfreistellung von Mitgliedern Freiwilliger Feuerwehren und anderer Hilfsdienste bei Katastropheneinsätzen (1620/J-BR/99)

der Bundesräte Ing. Walter Grasberger und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verlegung des Bezirksgendarmeriekommandos Lilienfeld (1621/J-BR/99)

der Bundesräte Engelbert Schaufler und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten der Schubhaft (1622/J-BR/99)

der Bundesräte Alfred Schöls und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gendarmerieeinsatz am 11. 6. 1999 in Mauerbach (1623/J-BR/99)

der Bundesräte Albrecht Konecny und Genossen an den Präsidenten des Bundesrates betreffend Bundesrat Gudenus und die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften, in diesem Fall § 1 Adelsaufhebungsgesetz (1624/J-BR/99)

der Bundesräte Johann Ledolter und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend mangelnde Sicherheitsvorkehrungen beim Semmering- Basistunnel (1625/J-BR/99)

der Bundesräte Alfred Schöls und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Personalentscheidung bei der Besetzung des Leiters der Strom-Schleusenaufsicht der Schiffahrtspolizei Melk (1626/J-BR/99)

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht und Kunst betreffend "Archäologischer Park Carnuntum" (1627/J-BR/99)

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen an den Bundeskanzler – erging auch an alle anderen Mitglieder der Bundesregierung – betreffend Mobbing-Prävention (1628/J-1640/J-BR/99)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Frage der Bundes-räte Albrecht Konecny und Kollegen (1481/AB-BR/99 zu 1616/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen (1482/AB-BR/99 zu 1603/J-BR/99)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Frage der Bundesräte Erhard Meier und Kollegen (1483/AB-BR/99 zu 1605/J-BR/99)

des Bundesministers für Finanzen auf die Frage der Bundesräte Dr. André d'Aron und Kollegen (1484/AB-BR/99 zu 1606/J-BR/99)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss und Kollegen (1485/AB-BR/99 zu 1601/J-BR/99)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Gottfried Jaud (1486/AB-BR/99 zu 1602/J-BR/99)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Frage der Bundesräte Dr. André d'Aron und Kollegen (1487/AB-BR/99 zu 1604/J-BR/99)

des Präsidenten des Bundesrates auf die Frage der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen (1488/AB-BR/99 zu 1607/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen (1489/AB-BR/99 zu 1608/J-BR/99)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Frage der Bundesräte Dr. André d'Aron und Kollegen (1490/AB-BR/99 zu 1612/J-BR/99)

des Bundesministers für Inneres auf die Frage der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen (1491/AB-BR/99 zu 1611/J-BR/99)


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 17

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Präsident Jürgen Weiss: Ich eröffne die 656. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 655. Sitzung vom 2. Juni 1999 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Dr. Paul Tremmel.

Entschuldigt hat sich Herr Bundesrat Thomas Ram.

Angelobungen

Präsident Jürgen Weiss: Eingelangt sind Schreiben des Präsidenten des Niederösterreichischen Landtages und des Präsidenten des Tiroler Landtages betreffend Wahl der Mitglieder und eines Ersatzmitgliedes in den Bundesrat.

Ich ersuche die Schriftführung um die Verlesung dieser Schreiben.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Der Landtag von Niederösterreich

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das Mitglied des Bundesrates, Herr Erich Farthofer, hat sein Mandat per 21. Juni 1999 zurückgelegt. Weiters hat sein Ersatzmitglied, Frau Traude Dierdorf, erklärt, auf das freiwerdende Mandat als Mitglied des Bundesrates nicht nachfolgen, jedoch als Ersatzmitglied auf der Liste verbleiben zu wollen.

Auf Vorschlag des SPÖ-Klubs NÖ wurde in der Sitzung des NÖ Landtages, am 21. Juni 1999, anstelle von Herrn Erich Farthofer Herr Karl Boden als Mitglied des Bundesrates und Frau Traude Dierdorf als Ersatzmitglied gewählt."

Das Schreiben des Tiroler Landtages: "Betreff: Präsident des Bundesrates Gottfried Jaud; Verzicht auf das Mandat

Der Präsident des Bundesrates, Herr Gottfried Jaud, hat mit Schreiben vom 29. Juni 1999 erklärt, daß er mit Ablauf des 30. Juni 1999 auf sein Mandat als Mitglied des Bundesrates verzichtet.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme und allfällige weitere Veranlassungen verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ing. Helmut Mader"

Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Die neuen Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten sein.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel und anschließend um den Namensaufruf.

Schriftführerin Ilse Giesinger: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 18

Hans Ager.

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Ich gelobe.

Schriftführerin Ilse Giesinger: Karl Boden.

Bundesrat Karl Boden (SPÖ, Niederösterreich): Ich gelobe.

Präsident Jürgen Weiss: Ich begrüße die beiden neuen Bundesräte, Hans Ager und Karl Boden, recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Antrittsansprache

9.05

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dem Land Vorarlberg obliegt es, in diesem Halbjahr zum 16. Male den Vorsitz im Bundesrat auszuüben. Ich bedanke mich beim Landtag für das Vertrauen, das Land in dieser Funktion vertreten zu dürfen, und heiße Herrn Landtagspräsidenten Dipl.-Vw. Siegfried Gasser in unserer Mitte herzlich willkommen. (Allgemeiner Beifall.)

Einen weiteren Gruß entbiete ich dem vorangegangenen Präsidenten Gottfried Jaud, der gestern nach über zehnjähriger Zugehörigkeit aus dem Bundesrat ausgeschieden ist. (Allgemeiner Beifall.)

Er war nicht nur ein markiger Vertreter des Landes Tirol, sondern auch ein markanter Bundesrat und zweimaliger Präsident.

Ein besonderes Anliegen war ihm eine enge Zusammenarbeit mit den Landtagen, und ich danke ihm für alle erfolgreichen Schritte, die er in diese Richtung eingeleitet hat.

Es ist mir ein Anliegen, dir, lieber Gottfried, für den Heimweg nach Tirol, den du in Bälde mit der Eisenbahn antreten wirst, das Bewußtsein mitzugeben, daß wir dich und deine Arbeit sehr geschätzt haben und dir für deinen weiteren Lebensweg alles Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

Die Stellung des Bundesrates und seine Stärkung werden in der Regel als verfassungsrechtliche Aufgabe gesehen. Ich möchte einmal einen anderen Blickwinkel wählen und die These vertreten, daß diese Frage auf der Grundlage bereits vorhandener vielfältiger Möglichkeiten in erster Linie politisch zu lösen ist. "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" – diese Feststellung Erich Kästners gilt auch hier.

Solange sich die Länder und der Bundesrat mehrheitlich durch politische Vereinbarungen eingebunden sehen, vom Nationalrat einmal getroffene Entscheidungen auf gar keinen Fall mehr korrigieren zu können, so lange wird jede Diskussion über neue verfassungsrechtliche Strukturen oder Instrumente ins Leere gehen.

Der Bundesrat ist staatsrechtlich ein von den Ländern gebildetes Bundesorgan, in dem sie an der Ausübung der dem Bund übertragenen Gesetzgebung mitwirken und Eingriffen in ihre Zuständigkeiten entgegenwirken können. Politisch betrachtet wurde der Bundesrat aber schon sehr früh – eigentlich schon 1920 – zu Lasten der Länder zu einem Instrument der Bundespolitik, was für Regierungs- und Oppositionsparteien gleichermaßen gilt.

Das ändert nichts an der vielfach verkannten Bedeutung des 1985 eingeführten Zustimmungsrechtes bei Verfassungsänderungen, ohne das – so wie lange Zeit vorher – Eingriffe in Länderzuständigkeiten wesentlich häufiger vorgekommen wären – an Versuchen hat es nicht gemangelt.

Die Befreiung aus diesem Dilemma könnte zwar in Wahrnehmung des freien Mandates für die Länder durchaus auch in den Mitgliedern des Bundesrates selbst liegen. Das ist die Theorie. Die


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 19

Praxis lehrt uns, daß es hier auch eines entsprechenden Engagements der Länder selbst und eines Rückhalts für ihre Vertreter bedarf. Das wäre umso notwendiger, als sich letztlich mit dem geringen Spielraum des Bundesrates kontinuierlich auch der Einfluß der Landtage auf die Gestaltung ihres Landes verringert. Es ist mir ein Anliegen, das Interesse der Länder für diese Zusammenhänge verstärkt zu wecken.

Die Gesetzgebungsperiode des Nationalrates neigt sich ihrem Ende zu, und wir können heute nicht abschätzen, welche Mehrheitsverhältnisse nach der Nationalratswahl die Bundesgesetzgebung prägen werden und welche Auswirkungen das auf die Tätigkeit des Bundesrates haben wird. Unabhängig davon halte ich es für notwendig, für die Zukunft zu einigen Fragen des Zusammenwirkens mit dem Nationalrat unsere Interessen zeitgerecht deutlich zu machen.

Das von allen im Bundesrat vertretenen Parteien zum Gegenstand eines Gesetzesantrages gemachte Stellungnahmerecht vor Fassung von Gesetzesbeschlüssen durch den Nationalrat wäre gemeinsam mit dem ebenfalls schon mehrfach beantragten Recht der Berichtigung formal fehlerhafter Beschlüsse eine praxisgerechte Ergänzung des Einspruchsrechtes.

Wir haben heute ein gutes Beispiel auf der Tagesordnung. Das Blutsicherheitsgesetz muß kurz nach seiner Beschlußfassung novelliert werden, um die unbeabsichtigte verfassungswidrige Rückwirkung einer Strafbestimmung zu berichtigen. Ein Einspruch kann in solchen Fällen über das Ziel schießen. Eine unmittelbare Berichtigungsmöglichkeit im Bundesrat wäre der zweckmäßige und der Rechtssicherheit dienende Weg. Immer mehr Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates setzen mit ihrem Inkrafttretenszeitpunkt stillschweigend voraus, daß der Bundesrat ohnedies sehr rasch durch die Nichtbeeinspruchung oder Zustimmung signalisieren werde, daß das Gesetz kundgemacht werden kann. Würde der von der Verfassung dafür vorgesehene Zeitraum von acht Wochen in Anspruch genommen, kämen teilweise sogar – bei Strafbestimmungen – verfassungswidrige rückwirkende Gesetzesbeschlüsse zustande.

Dieser versteckten Nötigung zu rascher Zustimmung sollten wir bereits im Vorfeld der Entscheidungsfindung entgegenwirken.

Weiters sehe ich die Notwendigkeit, vor allem bei Verfassungsgesetzen oder anderen Gesetzen mit unmittelbaren Auswirkungen für die Länder oder unklaren Folgekosten den Ländern – namentlich auch den Landtagen, die in der Regel nicht in die Begutachtungsverfahren eingebunden sind – die Möglichkeit einer eingehenden Prüfung zu gewährleisten. Ich gehe davon aus, daß sich der Verfassungsgesetzgeber etwas dabei gedacht hat, als er den Ländern im Wege des Bundesrates – ebenso wie umgekehrt der Bundesregierung bei Gesetzesbeschlüssen der Landtage – einen Prüfungs- und Koordinierungszeitraum von acht Wochen eingeräumt hat. Das gilt umso mehr, als die parlamentarischen Beratungen auch im Verfassungsrecht häufiger als früher zu Änderungen an Regierungsvorlagen oder zu kurzfristigen Beschlüssen aufgrund von Anträgen führen.

Nach dem Vertrag von Amsterdam wird dem Zusammenwirken des Europäischen Parlaments mit den in den Mitgliedstaaten bestehenden Europaauschüssen der Gesetzgebungsorgane künftig große Bedeutung zukommen. In der auslaufenden Gesetzgebungsperiode wurden die Österreich zustehenden sechs Sitze in der Konferenz der Europaausschüsse – kurz: COSAG – von den Nationalratsfraktionen de facto unter sich verteilt, fallweise unter Berücksichtigung des einen oder anderen Bundesrates. Da in der Zwischenzeit der Bundesrat einen eigenen EU-Ausschuß eingerichtet hat – mit verfassungsrechtlich abgesicherter Enderledigungsbefugnis –, ist wohl mit Recht zu fordern, daß dieser entsprechend den Intentionen des Vertrages von Amsterdam auch tatsächlich berücksichtigt wird.

Ebenso wie in der Bundesrepublik Deutschland müßte für den EU-Ausschuß des Bundesrates eine eigenständige Vertretung von vornherein außer Streit gestellt und nicht allen Nationalratsfraktionen nachgeordnet sein. Das gilt umso mehr, als die EU-Ausschüsse der Landtage von einer Mitwirkung an der COSAG ausgeschlossen sind und auf Informationen durch den Bundesrat verwiesen werden.


Bundesrat
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In diesen und anderen Anliegen des Bundesrates oder der Länder eine Beeinträchtigung des Nationalrates zu sehen, wäre kurzsichtig. Der Parlamentarismus ist ebenso wie eine Kette nicht stärker als jedes einzelne seiner Glieder, und ohne ganzheitliche Sicht der Gesetzgebungsorgane wird die Diskussion über Stellenwert und Struktur der Landtage und des Bundesrates letztlich auch vor dem Nationalrat nicht haltmachen.

Genauso wie in der Öffentlichkeit eine Gesamtverantwortung aller Gesetzgebungsorgane für die Undurchschaubarkeit, Kurzatmigkeit und Mangelhaftigkeit der Rechtssetzung gesehen wird, gibt es auch eine gemeinsame Verantwortung für die als Gegengewicht zur Übermacht der Exekutive parlamentarisch wahrgenommene Ausübung, Teilung und Kontrolle staatlicher Macht.

Meine Damen und Herren! Die Mitglieder des Präsidiums müssen in solchen Fragen wohl in besonderer Weise ihre Stimme erheben. Letztlich hat sie aber nicht mehr Zählwert als die jedes anderen der 64 Mitglieder des Bundesrates auch. Ich bitte daher Sie alle um Ihre Unterstützung. (Allgemeiner Beifall.)

9.14

Fragestunde

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Ich beginne jetzt – um 9.15 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen zur 1. Anfrage, 1059/M, an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Peter Rodek, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1059/M-BR/99

Wie ist der Stand der innerösterreichischen Umsetzung der Beschlüsse zur Agenda 2000?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Die Agenda 2000 besteht, wie Sie wissen, aus zwei großen Teilen, einerseits der ländlichen Entwicklung und andererseits der Marktordnung.

Für die ländliche Entwicklung legt Österreich noch im Laufe des Juli 1999 das Programmplanungsdokument der Europäischen Kommission vor. Dieses Dokument besteht im wesentlichen aus drei Teilen:

erstens aus dem Umweltprogramm ÖPUL 2000, das bereits vor einigen Wochen in Brüssel zur Notifizierung eingereicht wurde;

zweitens aus der Ausgleichszulage, sprich: der Förderung der Betriebe in den benachteiligten Gebieten – diese wird uns die Umstellung auf die einzelbetriebliche Erschwernisberücksichtigung und die Einführung eines Sockelbetrages für kleinere bäuerliche Betriebe in den Berggebieten ermöglichen;

drittens aus den Maßnahmen der ländlichen Entwicklung – das sind etwa Investitionsförderung, Beratungsförderung, Sektorplan, Forstförderung.

Der zweite große Bereich heißt Marktordnungszahlungen und Marktordnungsprämien. Im pflanzlichen Bereich gilt die Regelung ab der Ernte des Jahres 2000. Hier ist eine österreich


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spezifische Umsetzungserfordernis nicht gegeben, weil die Regeln der Europäischen Union gelten. Derzeit noch nicht endgültig bekannt sind die Durchführungsverordnungen der Kommission selbst, die aber auch noch im Laufe des Juli 1999 verabschiedet werden sollen.

Im tierischen Bereich gilt die Reform ebenfalls ab dem Jahr 2000. Hier ist in Österreich bereits entschieden, wie der nationale Ergänzungsbetrag in Anwendung kommt. Die Auszahlung dieses Ergänzungsbetrages soll an Stiere, Milchrassenkalbinnen und Schlachtkalbinnen erfolgen. Die Schlachtprämien der Europäischen Union werden über eine Rinderdatenbank abgewickelt, die Kalbinnenprämien – ein spezifisch österreichischer Erfolg – im Rahmen der Mutterkuhprämienregelung. Auch hier sind noch Details offen, weil die endgültige Entscheidung erst nach Vorliegen der Durchführungsverordnung der Kommission möglich ist, insbesondere bei den Extensivierungsprämien bei Milchkühen.

Sie wissen, daß die Reform im Milchbereich selbst erst am 1. April des Jahres 2005 beginnt, aber in diesem Wirtschaftsjahr ist ein österreichischer Erfolg umzusetzen, nämlich die Aufstockung um 150 000 Tonnen der Lieferrechte aus der nicht ausgeschöpften Direktvermarktungsquote. Wir haben die Verordnung in Begutachtung gehabt, sie wird demnächst erlassen werden. Es wird so vorgegangen, daß im wesentlichen der 1. April des Jahres 1999 die Richtmengenbasis, die Basis für die Ausgangsberechnung ist. Es soll vorab jeder Betrieb, der berechtigt ist, eine Aufstockung in der Höhe von 500 Kilogramm bekommen, und der Rest wird nach Prozenten in Abhängigkeit von der Quote verteilt.

Im Weinbereich haben wir mit der Weingesetznovelle, die heute noch Gegenstand der Debatte sein wird, den rechtlichen Rahmen für die Umsetzung der Weinmarktordnung geschaffen. Wir brauchen noch die konkreten Durchführungsverordnungen, um auch die entsprechenden Bestimmungen, wie etwa neue Möglichkeiten der Förderung der Umstellung von Weinbetrieben, durchführen zu können. Hier ist der Inkrafttretenszeitpunkt der 1. 8. 2000; bis dann müssen alle Regelungen geschaffen sein.

Meine Damen und Herren! Sie können sich darauf verlassen, daß das Landwirtschaftsressort – so wie bisher – die Umsetzung effizient durchführt, daß den Bäuerinnen und Bauern in Österreich die Möglichkeiten der Agenda 2000 zeitgerecht zur Verfügung stehen.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Die meisten von Ihnen angesprochenen Maßnahmen müssen von den Ländern kofinanziert werden. Gibt es dazu von seiten der Länder bereits Signale der Zustimmung?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Sie wissen, daß die Bundesregierung bereits vor längerer Zeit mit den Ländern ein Agreement getroffen hat, daß der Europa-Vertrag, das heißt die 40 Milliarden an Förderung für die Landwirtschaft, über vier Jahre verlängert wurde, vom Jahr 1999 bis zum Jahr 2002, sodaß damit die entsprechende Grundlage dafür gelegt ist, daß die Länderfinanzierung, die Kofinanzierung Bund-Länder außer Streit steht. Die endgültige Entscheidung ist dann zu treffen, wenn wir wissen, wie viele Mittel die Europäische Union für das Programm der ländlichen Entwicklung zur Verfügung stellt. Es ist damit zu rechnen, daß diese Entscheidung noch vor dem Sommer des heurigen Jahres erfolgen wird.

Präsident Jürgen Weiss: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Grillenberger.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wie wirkt sich für die Landwirtschaft in Österreich der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds aus?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Aus diesem Ausrichtungs- und Garantiefonds werden die wesentlichen Förderungsmaßnahmen für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern finanziert; einerseits werden die Marktordnungsmaßnahmen


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finanziert, sprich die Prämien, die es im Milchbereich in Zukunft gibt, jetzt schon im Rinderbereich, im Getreidebereich – die Bandbreite ist sehr groß, bis hin etwa zur Mutterschaf-Prämie. Andererseits wird aus dem Ausrichtungs- und Garantiefonds vor allem auch die ländliche Entwicklung finanziert, die in Europa, Gott sei Dank, einen größeren Stellenwert bekommt als bisher. Damit ist es möglich, etwa das Umweltprogramm, die Bergbauernförderung, vor allem aber die integrierte Förderung im ländlichen Raum auszubauen. "Integriert" bedeutet, daß wir Projekte unterstützen können, beispielsweise zwischen Bauern und Tourismus, Bauern und Gastronomie, Bauern und Gewerbebetriebe, um auch positive Beschäftigungseffekte im ländlichen Raum zu erzielen.

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. – Bitte.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Was haben Sie im Sinne des Rechnungshofberichtes unternommen, damit die Landwirtschaftskammern nicht monatelang die EU-Förderungen auf ihren verschiedenen Konten horten, sondern diese zügig, vollständig und nachvollziehbar an die bäuerlichen Antragsteller auszahlen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich möchte eingangs festhalten, daß ohne die Mitwirkung der Landwirtschaftskammern eine erfolgreiche Abwicklung der Agrarförderung nicht denkbar wäre, weil das Landwirtschaftsministerium nicht die erforderlichen dezentralen Strukturen hat.

Wir sind aber den Empfehlungen des Rechnungshofes dahin gehend nachgekommen, daß wir in den Förderbesprechungen mit den Landwirtschaftskammern die Landwirtschaftskammern anhalten, möglichst kurze Fristen für die Auszahlung sicherzustellen. Das Problem besteht aber darin – und das sage ich sehr offen –, daß wir eine Förderungsauszahlung erst dann vornehmen können, wenn alle drei Finanzierungsströme, die notwendigerweise da sind – EU-Finanzierung, Bundesfinanzierung und Länderfinanzierung –, auf dem Konto sind, weil erst dann der Bauer, der Förderungswerber tatsächlich den Gesamtbetrag erhalten kann. Es kann aber sein, daß die eine oder andere Gebietskörperschaft, also EU, Bund oder Länder, einmal etwas schneller und einmal etwas langsamer im Bereich der Auszahlung der Budgetmittel ist.

Ich möchte aber festhalten, daß der Rechnungshof in diesem Bericht der Förderungsabwicklung insgesamt in Österreich ein gutes Zeugnis ausstellt.

Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1054/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Klaus Gasteiger, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1054/M-BR/99

Wie ist der Stand der Berechnung des Arbeitskräfteeinsatzes im Hinblick auf betriebs- und arbeitswirtschaftliche Förderungen?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Die §-7-Kommission, die auf Basis des Landwirtschaftsgesetzes eingerichtet ist, hat sich in ihrer Sitzung am 24. August des Jahres 1998 intensiv mit dieser Frage beschäftigt.

Tatsache ist, daß viele Faktoren ein Betriebsergebnis beeinflussen: die Betriebsform, die Betriebsgröße, die regionale Situation des Betriebes, der Kapitaleinsatz, aber selbstverständlich auch der Arbeitskräfteeinsatz.


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Es wurde vereinbart, daß nun in rund 25 Betrieben, die statistisch repräsentativ ausgewählt werden, bis Anfang Oktober Plandaten vorliegen. Als zweiter Schritt werden dann erweiterte Betriebszahlen zur Anwendung kommen, wo diese Plandaten in dem Sinne geprüft werden, daß Aufzeichnungen, die ab dem Jänner 2000 beginnen, über die konkreten Arbeitskräfteeffekte vorgenommen werden. Diese Aufzeichnungen sollen, damit sie repräsentativ sind, über ein Jahr erfolgen, weil ich nur den gesamten Ablauf eines Jahres von der Arbeitskapazität her berücksichtigen kann.

Das ist der derzeitige Zeitplan, sodaß wir auch für zukünftige Entscheidungen zeitgerecht eine fundierte wissenschaftliche Grundlage haben.

Präsident Jürgen Weiss: Danke. – Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Engelbert Weilharter.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Laut Agrarstrukturerhebung wird im Vollerwerb die Arbeitswoche mit 38,5 Stunden berechnet. Die Bäuerinnen müssen ihre Arbeitsleistung davon abziehen. Welche Auswirkungen hat diese falsche Berechnung im sozialen Bereich für die Bäuerinnen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Die Bäuerinnen erbringen eine unverzichtbare Leistung in den bäuerlichen Betrieben.

Im bäuerlichen Betrieb ist es immanent, daß die Bäuerinnen einerseits in der Familie, sprich im Haushalt, eine wesentliche Aufgabe haben, gleichzeitig aber auch die Aufgabe als Betriebsführerin – teilweise in Nebenerwerbsbetrieben –, vor allem aber als Mitgestalterin auch in Vollerwerbsbetrieben haben.

Die angesprochene Frage der statistischen Zuordnung hat keine Relevanz in Richtung sozialrechtlicher Abgrenzungen. Sie wissen, daß gerade im Sozialversicherungsrecht die Bäuerinnen in den letzten Jahren eine sehr große Verbesserung etwa im Bereich der Bäuerinnenpension erreicht haben.

Ich habe aber die Kritik, die in den Medien in den letzten Tagen laut geworden ist, zum Anlaß genommen, auch mit den Kollegen im statistischen Bereich darüber zu sprechen, weil es ganz offensichtlich auch eine Frage des Selbstbewußtseins der Bäuerinnen, des Gott sei Dank steigenden Selbstbewußtseins, ist, das besser, als es im statistischen Bereich derzeit zum Ausdruck kommt, zu berücksichtigen.

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Welche anderen Kriterien können zur Förderungsdifferenzierung herangezogen werden?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Die Förderungsdifferenzierung kann nach mehreren Kriterien erfolgen, etwa nach dem Flächenbesatz. Das heißt, die Tierintensität je Fläche ist ein mögliches Kriterium. Ein anderes Kriterium ist etwa die Erschwerniszone, die wir bisher hatten, die durch die einzelbetriebliche Erschwernissituation gemäß den Ergebnissen des Berghöfekatasters ersetzt werden soll. Das kann selbstverständlich die Situation eines Betriebes im Hinblick auf die Gebietskulisse sein – benachteiligtes Gebiet oder nicht benachteiligtes Gebiet. Das kann etwa die Frage der Kleinerzeugerregelung sein, die die Europäische Union kennt, wonach bestimmte Marktordnungselemente bei bestimmten Betrieben, Stichwort Getreide, nicht zur Anwendung kommen, etwa Flächenstille


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gungen und nur bei größeren Betrieben. Und das ist in zunehmendem Maße selbstverständlich die Frage der Bewirtschaftungsweise. Ein gutes Beispiel dafür ist die biologische Landwirtschaft, bei der die unterschiedliche Bewirtschaftungsweise im Rahmen des Umweltprogramms eine Förderdifferenzierung ermöglicht.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zur 3. Anfrage, 1057/M, an den Herrn Bundesminister. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1057/M-BR/99

Ist Ihnen inzwischen endlich bekannt, welche Mengen an schadstoffbelasteten Futtermitteln, wie zum Beispiel Vitaminen, Mineralstoffen, Ölkuchen, Mischfutter und so weiter, sowie Futtermittelbestandteilen seit Jahresbeginn 1999 aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden nach Österreich verbracht worden sind?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Ich möchte eingangs festhalten, daß das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft umgehend reagiert hat, als die Vorgänge in Belgien bekanntgeworden sind, und das Landwirtschaftsministerium und das Bundeskanzleramt in enger Abstimmung die notwendigen Maßnahmen und Schritte gesetzt haben.

Aus den vorläufigen Daten des Statistischen Zentralamtes über die Futtermittelimporte von Jänner bis März, die derzeit verfügbar sind, geht hervor, daß aus den von Ihnen genannten Staaten – Belgien, Frankreich und Niederlande – nach Österreich insgesamt 169 241 Tonnen an Futtermitteln importiert wurden. Davon entfallen 284 Tonnen oder 0,2 Prozent auf Belgien.

Wir haben die verschiedenen Futtermittelimporte aus Belgien auch gemäß den Zolltarifcodes erhoben; sie sind uns bekannt.

Sie wissen, daß wir unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorfälle mittels Verordnung eine grundsätzliche Sperre von Futtermittelimporten aus Belgien veranlaßt haben. Weiters haben wir veranlaßt, daß in Österreich gefundene belgische Futtermittel beschlagnahmt und untersucht werden. Ein Endergebnis dieser Untersuchung liegt vorläufig noch nicht vor, aber ich kann Ihnen sagen, daß alle bisherigen Ergebnisse dieser Probetätigkeiten ergeben haben, daß Dioxinwerte unterhalb einer gesundheitsgefährdenden Konzentration vorliegen. Trotzdem geht das Landwirtschaftsministerium nach wie vor konsequent jedem Hinweis, der gegeben wird, nach.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Trotzdem frage ich Sie, Herr Minister: Durch belastete Futtermittel werden auch belastete Lebensmittel erzeugt. Ab wann können Sie als Futtermittelminister garantieren, daß keine schadstoffbelasteten Futtermittel an Tiere verfüttert werden, sodaß die Gesundheit des österreichischen Volkes, aber auch der Touristen nicht gefährdet ist?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Ich möchte ganz klar festhalten, daß das österreichische Futtermittelgesetz eine sehr saubere und scharfe Regelung auch im europäischen Vergleich vorsieht, und zwar bis hin zur Kontrolltätigkeit. Ich gehe davon aus, daß die österreichischen Futtermittelhersteller diese scharfen Auflagen einhalten.


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Sie können davon ausgehen, daß, wenn das nicht der Fall wäre, das Landwirtschaftsministerium sehr konsequent vorgehen würde, wie ja die Debatte in den letzten Wochen gezeigt hat. Sofern und sobald ein Verdacht auftritt, handelt das Landwirtschaftsministerium, weil ich im Interesse der Futtermittelproduzenten, im Interesse der Bauern und im Interesse der Konsumenten Sicherheit haben will, was die Qualität unserer Produkte betrifft. (Beifall bei der ÖVP.) Sicherheit kann ich aber nur dann gewährleisten und geben, wenn in diesem Bereich konsequent gehandelt wird, und Sie können davon ausgehen, daß das geschieht.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Hensler.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Stimmt es, daß das Österreichische Statistische Zentralamt nicht verpflichtet ist, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die futtermittelimportierenden Unternehmen zu nennen?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Das ist richtig. Das Bundesstatistikgesetz sieht aus Datenschutzgründen vor, daß Einzelangaben über Unternehmen nicht veröffentlicht werden dürfen. Es gibt nur eine einzige Ausnahme, und zwar dann, wenn die Betriebe selbst einer Veröffentlichung zustimmen.

Die bei einer statistischen Erhebung involvierten Organe sind verpflichtet, die Angaben der Personen geheim zu halten, und ich verhehle nicht, meine Damen und Herren, daß das in einer kritischen Situation, wie wir sie etwa in den letzten Wochen hatten, ein nicht unproblematischer Zustand ist, weil er letztendlich die konkrete Erforschung, vor allem die konkrete Ursachenerforschung, etwas erschwert. Ich gehe daher davon aus, daß es in Zukunft über diese Fragestellung durchaus eine Diskussion geben wird.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wird von Herrn Bundesrat Erhard Meier formuliert. – Bitte.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Welche Möglichkeiten bestehen, möglichst im vorhinein das Vorhandensein von Schadstoffen in Futtermitteln bis zum festgelegten Grenzwert und darüber hinaus festzustellen, damit weder gesundheitlicher Schaden entsteht noch Produktionsbetriebe durch unter Umständen auch unberechtigte Verdächtigungen – aber wenn das einmal bekannt ist, dann gibt es keinen Weg mehr zurück – wirtschaftliche Schäden erleiden?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Voraussetzung dafür ist die laufende Kontrolle, die etwa im Futtermittelbereich durch das Landwirtschaftsministerium durchgeführt wird. Es wurde bereits in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Proben durchgeführt: etwa um die 1 000 Proben mit etwa 2 500 Einzelproben.

Es ist so, daß das Landwirtschaftsministerium und die Futtermittelkontrolle sich vor allem auch als Beratungseinrichtung, nicht nur als Kontrollinstanz verstehen und daher gemeinsam mit der Wirtschaft letztendlich auch Entwicklungen beachtet werden. Es ist daher aus meiner Sicht die richtige Strategie, die auch auf europäischer Ebene überlegt wird, vorausschauend bereits Tendenzen und Entwicklungen zu beobachten, damit rechtzeitig und richtig reagiert werden kann.

Ich möchte aber an dieser Stelle schon sagen, daß eine Voraussetzung dafür auch darin besteht, daß selbstverständlich – und ich halte das für gut – die Untersuchungstechnologien und die Untersuchungsmethodik ständig verfeinert werden. Wir bewegen uns etwa bei der Dioxindebatte im Bereich der Billionstel Gramm je Gramm! Mir hat ein Wissenschafter das so dargestellt: Das ist so, wie wenn in ein sehr großes Schwimmbecken eines Freibades ein Tropfen Wasser hineinfällt, und dann untersucht würde, wo und wie genau sich dieser Tropfen im


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Wasser verteilt hat. Ich halte diese Genauigkeit für gut, aber das bedeutet, daß wir uns ständig weiter entwickeln müssen, auch gemeinsam mit der Wirtschaft.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nun zur 4. Anfrage, 1060/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1060/M-BR/99

Wie bewerten Sie die Einbeziehung der tierischen Produktion in die Verordnung (EWG) 2092/91 über den ökologischen Landbau?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich halte erstens fest, daß die biologische Wirtschaftsweise deswegen eine gute Zukunft haben wird, weil sie einerseits in zunehmendem Maß – Gott sei Dank – nicht nur von den österreichischen, sondern auch den europäischen Konsumenten nachgefragt wird, und zweitens, weil viele Bäuerinnen und Bauern sehr innovativ diese Art der Produktion und Wirtschaftsweise wählen.

Österreich ist Europameister im Bereich Biolandbau. In Österreich werden bereits etwa 20 000 Betriebe biologisch bewirtschaftet. Österreich hat auch in den letzten Wochen große Anerkennung gefunden, weil die erste europäische Biobauerntagung, die es überhaupt seit Existenz der Union gibt, in Österreich stattgefunden hat. Sie wurde von zwei Generaldirektionen der Europäischen Kommission, zwei Kommissaren, Ritt Bjerregaard und Franz Fischler, und zwei österreichischen Ministerien, nämlich dem Umweltministerium und dem Landwirtschaftsministerium, veranstaltet. Bei der letzten Ratstagung ist Österreich für die Ausrichtung dieser Tagung sehr gelobt worden.

Die Einbeziehung der tierischen Produkte halte ich für einen Erfolg, einen Erfolg für die Biobauern, aber auch für einen österreichischen Erfolg, weil die politische Entscheidung über die Einbeziehung der tierischen Produkte in die Biorichtlinie 2092 bereits während der österreichischen Präsidentschaft im Dezember einstimmig erfolgte und die deutsche Präsidentschaft nun auch den formalen Beschluß zustande gebracht hat.

Das bedeutet, daß es nun Regelungen für eine tiergerechte Haltungsweise gibt, welche die Bedürfnisse des Tieres und letztendlich der bäuerlichen Betriebe sowie der Konsumenten in einen vernünftigen Einklang bringt. Es bedeutet, daß es nun einheitliche europäische Regelungen über Fütterungs- und Tierbehandlungsvorschriften und europäische Regelungen hinsichtlich moderner Verarbeitungsstandards gibt. Und es darf nicht außer acht gelassen werden, daß es nun auch gemeinsame europäische Regelungen gibt, wonach biologisch produzierte Produkte keine gentechnisch veränderten Organismen enthalten dürfen. Das ist etwas, was in Österreich bereits dem Lebensmittelkodex zugrunde gelegt ist.

Ich halte diese Einigung auch deshalb für so bedeutend, weil demnächst die Verhandlungen über den weltweiten Lebensmittelkodex, den Codex Alimentarius, fortgesetzt werden und mit dieser Regelung Europa nunmehr mit einer einheitlichen Stimme und Sprache auftreten kann.

Für die österreichischen Biobauern bedeutet das, daß sie nun auch im tierischen Bereich gerechte Wettbewerbsbedingungen vorfinden, wenn sie in zunehmendem Maße – und das halte ich für positiv – den europäischen Markt mit ihren Exportprodukten erobern wollen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Meier. )

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


Bundesrat
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Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Erhard Meier, bitte.

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Einen Teil meiner Frage haben Sie schon beantwortet, aber ich möchte sie doch noch im Sinne der Verstärkung stellen: Ist die Einbeziehung der tierischen Produktion in die EWG-Verordnung über den ökologischen Landbau nicht nur für die Konsumenten eine wertvolle Absicherung, sondern auch eine Absicherung, die zusätzlich von der Bewertung her auch der Landwirtschaft und ihren Produkten einen höheren Stellenwert einräumt?


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 28

Präsident Jürgen Weiss:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Ich teile diese Einschätzung, die in Ihrer Frage zum Ausdruck kommt, weil es an sich nicht erklärbar gewesen wäre, warum es seit einigen Jahren für die pflanzlichen Produkte selbstverständlich europaweite Regelungen gibt, aber nicht für die tierischen Produkte. Es war daher eine notwendige Ergänzung für die Sicherheit der Produzenten und die Sicherheit der Konsumenten, letztendlich diesen Schritt zu tun.

Es ist ja seitens der Europäischen Kommission vorgesehen, nun auch ein gemeinsames europäisches Labelling für Bioprodukte zu machen. Das bedeutet, daß die Konsumenten dann, wenn dieses Label tatsächlich kommt, die Sicherheit haben, daß auch zum Beispiel die Fragen der Tierhaltung und der tierischen Produkte im Biolandbau europaweit gleich geregelt sind.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Mag. John Gudenus.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Sie sprechen von Sicherheit. Warum brauchen Fette und Eier beziehungsweise Produkte daraus zur Erlangung des AMA-Gütesiegels nur 50 Prozent Inlandsanteil, wiewohl sich gerade in Fetten und Eiern Schadstoffe wie Dioxin besonders anreichern?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Sie kennen diese sehr intensive Debatte. Das AMA-Gütesiegel ist etwa im Frischfleischbereich so klar geregelt, daß dort die Produkte zu 100 Prozent aus österreichischer Produktion stammen müssen. Ich unterstütze tendenziell die Bestrebungen, diesen Inlandsanteil auch in anderen Bereichen des Gütesiegels schrittweise auszuweiten.

Ich sage Ihnen aber auch sehr offen, daß wesentliche Teile der Verarbeitungswirtschaft uns vor das Problem stellen, daß es nicht möglich ist, alle Produkte in Österreich zu erzeugen. Dabei gehe ich noch gar nicht auf den Pfeffer und andere Gewürze ein, denn da liegt das auf der Hand. Sie wissen sicher, wo der Pfeffer wächst, Herr Bundesrat! (Heiterkeit. – Bundesrat Mag. Gudenus: Ich hoffe, Sie wissen es auch!)  – Vielleicht. (Heiterkeit.)

Es gibt auch das Argument, daß in einigen Produktbereichen, wie etwa im Bereich Technologie, letztendlich andere Länder, andere Herkünfte notwendigerweise auch für die österreichische Produktion herangezogen werden. Das heißt, das AMA-Gütesiegel erhalten, soweit es nur geht, rein österreichische Produkte, ohne jedoch gleichzeitig außer acht zu lassen, daß es bestimmte, auch wirtschaftliche Zusammenhänge im Import- und Exportbereich gibt.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nun zur 5. Anfrage, 1055/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Ernst Winter, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1055/M-BR/99

Wie stehen Sie zu der laut Agenda 2000 möglichen sozialen Staffelung bei der Förderungsvergabe auf nationaler Ebene?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Sie wissen, daß diese Debatte, die Diskussion um die Staffelung der agrarischen Förderungen in der gesamten Agenda-Diskussion eine zentrale Rolle gespielt hat. Österreich hat diese Diskussion sehr intensiv mitgestaltet und gestaltet, und es sind letztendlich als Ergebnis der Agenda-Verhandlungen zwei Modelle auf dem Tisch gelegen.

Ein Modell hat gelautet: zeitliche Degression der Agrar-Förderungen, das heißt jährliche Kürzung der Agrar-Förderungen. Das andere Modell hat eine Staffelung der Marktordnungsprämien nach Betriebsgrößen, nach Förderhöhe vorgesehen, und zwar europaweit.

Beide Modelle haben keine Mehrheit gefunden. Gewissermaßen als Kompromiß ist nun der Artikel 4 in den Verordnungen der Agenda vorgesehen, der bedeutet, daß die Förderungen in Abhängigkeit von folgenden Kriterien moduliert werden können:

Erstens: Von der Anzahl der Arbeitskräfte, die im Betrieb arbeiten, und zwar ausgedrückt in Jahresarbeitseinheiten. Das ist eine nicht unproblematische Sache, sage ich sehr offen, vor allem für ein Land, das einen hohen Anteil an Nebenerwerbsbetrieben hat.

Zweitens: Vom Maßstab des Gesamtwohlstandes eines Betriebes, ausgedrückt in der Höhe der Standarddeckungsbeiträge, gestaffelt nach Regionen und Betriebstypen.

Drittens: Von der Möglichkeit, in Abhängigkeit von der Höhe des Gesamtbetrages eine Modulation durchzuführen.

Zur Klarheit möchte ich feststellen, daß sich alle diese Fragestellungen ausschließlich im Rahmen der Marktordnungsprämien bewegen. Dies gilt nur für die Marktordnungsprämien.

Aus meiner Sicht ist bei der weiteren Vorgangsweise folgendes zu berücksichtigen:

Erstens: das Ziel, das die Agrar-Förderungen haben. Ich sage bewußt Förderungen , weil es ja nicht die Agrar-Förderung gibt, sondern die Förderung sehr zielgerichtet nur einzelne Sparten kennt.

Zweitens ist vor allem auch die Wettbewerbsfähigkeit der bäuerlichen Betriebe im internationalen Vergleich zu beachten, auch im Vergleich vor allem zu den Mitbewerbern in der Europäischen Union.

Drittens: Einflußfaktoren, die beispielsweise derzeit schon wirken. Ich denke etwa, daß es die Steuerprogression bei nicht pauschalierten, das heißt größeren Betrieben, selbstverständlich schon gibt.

Ich bin dafür, daß bei der weiteren Diskussion zu diesem Thema all diese von mir genannten Faktoren entsprechend Berücksichtigung finden.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Welche Möglichkeiten der sozialen Staffelung werden seitens des Landwirtschaftsministeriums erarbeitet?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Wir haben bereits jetzt Modulationen oder Staffelungen bei den einzelnen agrarischen Förderungen vorgesehen. Ich denke dabei etwa an die Ausgleichszulage oder auch an das ÖPUL-Programm 1998. Ich sage Ihnen darüber hinaus sehr klar, daß ich die weitere Entscheidung in Österreich auch davon abhängig mache, wie sich die Mitbewerber in der Europäischen Union positionieren.


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 29

Ich möchte Ihnen – gerade Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesrat – auch nicht vorenthalten, welche Position der deutsche Landwirtschaftsminister vertritt, der Ihnen in der politischen Ausrichtung ja nicht gerade ferne steht. Er sagt, daß er von der Anwendung dieses Artikels 4 Abstand nehmen wird, weil er die deutschen Betriebe nicht in eine wettbewerbsnachteilige Situation bringen möchte.

Nun wissen Sie allerdings, daß die Betriebsstruktur in Deutschland eine ganz andere ist als die, die wir in Österreich haben: In Deutschland sind nämlich die Betriebe im Durchschnitt größer. Ich bitte daher, bei der endgültigen Entscheidung auch diesen Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit unserer österreichischen Produzenten nicht außer acht zu lassen. Eine endgültige Entscheidung ist in Österreich noch nicht gefallen.


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 30

Präsident Jürgen Weiss:
Danke, Herr Bundesminister.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Mag. Neuner.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Soziale Staffelungen müßten EU-weit einheitlich vorgenommen werden, da weder ehemalige DDR-Kolchosen noch britische Großgrundbesitzer und schon gar nicht niederländische Massentierhalter den österreichischen Betriebsgrößenstrukturen entsprechen und ihre Wettbewerbsvorteile zum Nachteil der österreichischen Bauern und Konsumenten ausnützen würden. Wann wird es EU-einheitliche soziale Staffelungen geben?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich habe Ihnen berichtet, daß bei der Agenda zwei grundsätzlich verschiedene Modelle auf dem Tisch gelegen sind. Österreich hat das Modell der zeitlichen Degression strikt abgelehnt. Österreich hat das Modell einer EU-weiten Größenstaffel der agrarischen Marktordnungsförderungen unterstützt. Ich gehe, wenn diese Entscheidung getroffen werden soll, davon aus, daß sie auf EU-Ebene tatsächlich sinnvoll ist. Warum? – Weil wir nun dann letztendlich auch die Frage der Wettbewerbsfairneß entsprechend berücksichtigen können.

Ich bin nicht in der Lage – das sage ich Ihnen sehr offen –, heute zu sagen, wann eine neuerliche Diskussion zu diesem Thema in Europa stattfinden wird. Ich sage Ihnen nur: Sie wird stattfinden, weil diese Frage der Verteilung selbstverständlich nicht nur in Österreich diskutiert wird, sondern gerade in Regionen, wo die Schere, die Spreizung bei den Betriebsgrößen noch eine viel größere ist, als die, die wir in Österreich haben. Einen Zeitpunkt für diese Diskussion kann ich Ihnen derzeit nicht nennen.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage hat Herr Bundesrat Leopold Steinbichler gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wo gibt es derzeit bereits Elemente einer sozialen Staffelung bei den Förderungsinstrumenten? – Ich denke dabei besonders auch an die viehhaltenden Betriebe, aus der Sicht der Arbeitsbelastung.

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Wenn Sie damit meinen, ob es größenabhängige Staffelungen gibt, dann kann ich Ihnen sagen, daß es diese gibt, und zwar erstens bei der Ausgleichszulage, sprich: bei der Förderung von Betrieben in benachteiligten Gebieten. Zweitens gibt es beim ÖPUL-Programm 1998 eine Staffelung, eine Einschleifregelung in der Abhängigkeit von der Betriebsgröße. Drittens gibt es bei der Investitionsförderung größenabhängige Tangenten. – In diesen drei Förderungsbereichen gibt es jedenfalls Fördertangenten.

Ich habe das deshalb etwas eingeschränkt, weil ich bei dem Begriff "soziale Staffelung" auch sozusagen ein verbales Problem habe. Es handelt sich um agrarische Förderungen und nicht um Maßnahmen der Sozialpolitik! – Ich möchte das sehr klar differenzieren.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 6. Anfrage, 1058/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Mag. John Gudenus, um Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1058/M-BR/99

Warum treten Sie gemeinsam mit dem Noch-EU-Agrarkommissär Fischler für die "Schaffung eines unabhängigen Kontrollorgans" beziehungsweise eines "allgemeinen Lebensmittelüberwachungssystems in der EU" anstelle besserer nationaler Kontrollen ein, obwohl die EU vor zwei Jahren in Dublin bereits ein Lebensmittel- und Veterinäramt gegründet hat?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Im österreichischen Interesse gesprochen, nicht nur im Interesse der österreichischen Bauern, gehe ich davon aus, daß auch Sie der Meinung sind, daß es sich dabei um den Schon-bald-wieder - Kommissär Dr. Franz Fischler handelt! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist richtig, daß es diese in Dublin eingerichtete Agentur gibt. Diese Agentur in Dublin wurde anläßlich der seinerzeitigen Vorfälle im BSE-Bereich eingerichtet. Diese Agentur hat sich durchaus bewährt, weil sie auf sehr hohem wissenschaftlichen Niveau arbeitet.

Die nun von Franz Fischler vorgeschlagene unabhängige Lebensmittelagentur, die ich als Idee unterstütze – es gibt derzeit aber noch keinen Rechtsvorschlag, keine formalen Vorschlag, wie das umzusetzen ist –, sollte vor allem dem Gesichtspunkt dienen, der heute auch schon etwa in der Anfrage Ihrer Kollegin Haunschmid zum Ausdruck gekommen ist: Wie kann tatsächlich präventiv gehandelt werden?

Es ist ja weder für die Bauern noch für die Konsumenten noch für die Hersteller wirklich befriedigend, daß eine Kontrolle sozusagen erst dann ein Ergebnis bringt, wenn bereits ein Tatbestand, nämlich ein nicht erwünschter, vorhanden ist. Das wäre die Absicht: begleitende Kontrolltätigkeit, um Entwicklungen zu erkennen und rechtzeitig vorausschauend, darauf aufbauend – wie wir es ja beispielsweise im Antibiotikabereich erleben –, schrittweise Verbote auszusprechen.

Das ist der Grund, warum ich das unterstütze: Weil ich es im Interesse der Sicherheit für alle für den besseren Weg halte, bereits vorbeugend zu handeln und nicht alleine nachträglich zu kontrollieren.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Bundesminister! Wie soll das im äußersten Westen der EU liegende "Dornröschenamt" in Dublin oder die noch gar nicht existierende Lebensmittelagentur der EU die österreichischen Verbraucher von Lebens- und Futtermitteln vor schadstoffbelasteten Importen besser schützen, als dies strenge Grenzkontrollen könnten?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Deshalb, weil der Binnenmarkt – wie Sie wissen oder auch nicht – genau diese Grenzkontrollen nicht vorsieht. Der Binnenmarkt geht vielmehr davon aus, daß es eine subsidiäre Kaskade in der Kontrolle gibt. Das bedeutet erstens, daß der Futtermittelhersteller selbst die Bestimmungen einhalten muß. Das bedeutet zweitens, daß es Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, durch ihre Kontrollorgane diese Sicherheit zu geben. Aber offensichtlich ist es auch notwendig, eine übergeordnete Kontrolle über die Mitgliedstaaten und eine präventive Strategie einzuführen, weil es sich als nicht ausreichend herausgestellt hat – Stichwort Belgien beispielsweise –, ausschließlich die nationale Verantwortung zu haben.


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656. Sitzung / Seite 31

Ich halte es gerade im Sinne der Konsumenten für notwendig, diese Überkontrolle zu haben, damit auch ein einheitlicher Kontrollstandard in den einzelnen Mitgliedstaaten gesichert wird. Das sogenannte Augenzwinkern muß aufhören!

Präsident Jürgen Weiss: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Herr Bundesrat Franz Wolfinger, bitte.

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Schlußfolgerungen hat der Agrarministerrat hinsichtlich der Vorkommnisse in Belgien gezogen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Die letzte Agrarministerratssitzung vom 14./15. Juni hat sich intensiv mit dieser Frage, vor allem mit dem Schutz der Verbraucher, beschäftigt. Dabei wurden folgende Ergebnisse erzielt.

Erstens: Die EU hat umgehend ein umfassendes Frühwarnsystem eingerichtet, das zwingend vorschreibt, umfassend und rechtzeitig von den Mitgliedsstaaten angewendet zu werden. Das heißt, die Verpflichtung liegt bei den Mitgliedstaaten, weil dort ja auch die überwiegende Verantwortung der Kontrolle liegt. Und es ist der Auftrag ergangen, auch Vorschläge für die Verbesserung dieses Frühwarnsystems durchzuführen.

Zweitens: Es ist die Diskussion über die Einrichtung dieser unabhängigen Lebensmittelagentur zu intensivieren, von der schon die Rede gewesen ist, vor allem auch im Zusammenwirken mit dem bereits existierenden Lebensmittel- und Veterinäramt in Dublin.

Drittens wurde die Kommission ersucht, die Diskussion im Futtermittelausschuß zu intensivieren und vor allem auch in Richtung einer weiteren strikten Harmonisierung der Kontroll- und der Schadstoffbestimmungen vorzugehen. Das betrifft, wie gesagt, die Frage des Kontrollsystems, die Erzeugerregelung, nämlich die Zulassungsregelung, und die Rückverfolgbarkeit.

Das Futtermittelgesetz, das auch heute hier Gegenstand der Beratungen ist, ist ein wesentlicher Beitrag auch dazu.

Darüber hinaus wurde die Kommission aufgefordert, weitere Untersuchungen darüber durchzuführen, welche Produkte tatsächlich nicht mehr in Futtermitteln zugelassen sein sollten. Das betrifft vor allem die noch offene Frage hinsichtlich zweier weiterer in Diskussion in bezug auf ein Verbot stehender Antibiotika. Es wurde ferner darum gebeten, daß die Frage der Tierkörpermehle respektive der Verwendung dieser Produkte in der Fütterung weiterhin kritisch zu überprüfen sei. Und es wurde vereinbart, daß die finnische Präsidentschaft nach Möglichkeit diese Arbeiten bis zum Ende ihrer Präsidentschaft abschließen soll.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 1061/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Friedrich Hensler, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1061/M-BR/99

Wie bewerten Sie das anläßlich der Agrarministerratstagung vom 14. Juni 1999 beschlossene Preispaket 1999/2000?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Das Preispaket ist in der Logik der Reformdiskussion davon gekennzeichnet, daß es gegenüber dem geltenden Recht praktisch keine Veränderungen enthält. Warum nicht? – Weil die Kommission – und diese Meinung hat der Rat einstimmig geteilt – der Auffassung war, daß es keinen Sinn hat, vor Beginn der Reform im Jahr 2000 substantielle Veränderungen vorzunehmen.


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 32

Ich beurteile das Preispaket positiv. Es gibt eine Änderung im Bereich der Lagerkostenerstattung bei Zucker, das ist aufgrund der Zinssenkungen durchaus gerechtfertigt. Österreich wurden wichtige Bestimmungen trotzdem zugesagt. So wird etwa der Feuchtigkeitsgehalt für Getreide, das in die Intervention geliefert wird, auf 15 Prozent und nicht auf 14,5 Prozent festgelegt. Das ist für unsere Gebiete sehr wichtig.

Es wird außerdem die Diskussion über notwendige Maßnahmen im Schweinesektor intensiviert. Wir haben ferner eine Prüfung der Flachsgebietskoeffizienten vereinbart und zugesagt bekommen – das ist für die österreichischen Konsumenten wichtig –, des weiteren wird die Frage der Ziegenprämie in Berggebieten geprüft, und es erfolgt auf österreichischen Wunsch auch eine intensive Prüfung der Fortführung der Schulmilchbeihilfenaktion, für deren Fortsetzung ich jedenfalls eintrete.

Insgesamt wurde ein vernünftiges Ergebnis erreicht, das österreichische Wünsche berücksichtigt.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Herr Bundesrat Klaus Gasteiger.

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Herr Bundesminister! Sind in den Beschlüssen zum Preispaket 1999/2000 grundsätzlich Möglichkeiten gegeben beziehungsweise die Voraussetzungen geschaffen, um auf nationaler Ebene Obergrenzen bei den Förderungen für Großbetriebe beziehungsweise Sockelbeträge etwa für die Tiroler Bergbauern einzuführen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Im Preispaket sind derartige Regelungen nicht vorgesehen. Die Möglichkeit der Einführung von Sockelbeträgen wird aus österreichischer Sicht im Rahmen der Umsetzung der Beschlüsse der Agenda 2000 gesehen. Und im Rahmen der Agenda 2000 sind auch gewisse Spielräume für die Mitgliedstaaten vorgesehen, was die Modulation von Förderungen betrifft, deren Dimension – und auch die Rahmenbedingungen, in denen eine derartige Diskussion zu führen ist – ich bei einer der vorhergehenden Anfragen bereits geschildert habe.

Also: Im Preispaket ist etwas derartiges nicht vorgesehen, aber im Rahmen der Agenda 2000 sehen wir im Sockelbetrag eine Möglichkeit, die wir auch realisieren wollen.

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage hat Herr Bundesrat Engelbert Weilharter gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Sie haben bei der Beantwortung der 7. Anfrage gesagt, daß im Preispaket kaum Veränderungen vorgesehen sind. Sie wissen aber, daß sich die finanzielle Situation der Landwirtschaft dramatisch verschlechtert und gerade aus diesem Grund immer mehr Bauern ihre Existenz aufgeben. Wäre es aus Ihrer Sicht nicht notwendig gewesen, doch auch im Preispaket ein Regulativ zu treffen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Bevor ich auf die Details dieser Frage eingehe, möchte ich festhalten, daß sich die Abwanderungsrate in der österreichischen Landwirtschaft in den letzten zwei Jahren im Vergleich zu jenen Abwanderungswerten, die wir zu Beginn der neunziger Jahre hatten, halbiert hat. Das heißt keineswegs – das möchte ich klar sagen –, daß ich mit der wirtschaftlichen Situation der österreichischen Landwirtschaft zufrieden sein kann. Das bedeutet aber gleichzeitig, daß ich bei dieser Diskussion die Kirche gerne im Dorf lassen möchte, weil eine Schwarz-Weiß-Zeichnung in diesem Fall schlicht und einfach nicht stimmen würde.

Es wäre auch falsch, würde ich sagen, daß die Situation überall großartig und rosig ist. Genauso falsch wäre es aber, von einem permanenten Bauernsterben zu reden, denn würde man alle diesbezüglichen Zahlen seit dem Jahr 1994 zusammenrechnen, würde sich die Frage stellen: Gibt es überhaupt noch einen österreichischen Bauern? – Es gibt deren Gott sei Dank noch sehr viele, und zwar viele erfolgreiche. (Beifall bei der ÖVP.)


Bundesrat
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Ich verhehle aber nicht, Herr Bundesrat, daß es notwendig ist, zusätzliche Maßnahmen zu setzen. Ich meine, daß die österreichische Initiative zur Verbesserung des ÖPUL 2000, die in Brüssel bereits in Verhandlung steht, eine der wichtigen Maßnahmen ist. Es ist vorgesehen, die Finanzmittel dafür zu erhöhen. Ich denke auch, daß die Frage der Verbesserung der Bergbauernförderung – Stichwort: Sockelbetrag – ein wichtiger Impuls ist. Weiters ist im Rahmen der Steuerreform ein wichtiger Impuls – diesem haben leider nicht alle Fraktionen ihre Zustimmung gegeben (Ruf bei der ÖVP: Wie viele Fraktionen waren dagegen?)  – in Form der Erhöhung des pauschalen Vorsteuerabzuges von 10 auf 12 Prozent gesetzt worden, denn das bedeutet für die österreichischen Bauern immerhin eine Zusatzeinnahme von etwa 1,2 Milliarden Schilling ab dem Jahr 2000.


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 34

Präsident Jürgen Weiss:
Wir kommen zur 8. Anfrage, 1056/M, an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Johann Payer, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1056/M-BR/99

Welche Vorteile für Weinproduzenten, Handel und Konsumenten bringt das Weingesetz?


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 35

Präsident Jürgen Weiss:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Die wichtigsten Elemente des Weingesetzes sind folgende: Erstens: Wir können nun mit diesem Weingesetz größere Gebiete – etwa Weinbaugebiet Niederösterreich, Weinbaugebiet Burgenland – definieren, und wir können die Weinbauregion Weinland – das ist die Zusammenfassung vom Weinbaugebiet Burgenland und vom Weinbaugebiet Niederösterreich – sowie die Weinbauregion Bergland definieren, und das alles unter Beibehaltung der kleinen Weinbaugebiete.

Was bedeutet das? – Das bedeutet, daß wir in der Vermarktung einerseits Sicherheit für die Direktvermarkter geschaffen haben, andererseits aber für die größeren Vermarkter mehr Möglichkeiten geschaffen haben, einheitliche Weinqualität auch für ihre Lieferanten sicherzustellen.

Es ist sehr wichtig – das darf ich als Oberösterreicher sagen, der den regionalen Beinamen "Mostschädel" hat, weil ich aus diesem Gebiet komme –, daß wir auch das Kapitel "Obstwein" im Weingesetz verankern konnten und damit auch Sicherheit für die Mostproduzenten geschaffen haben. Ich bin da manchem Weinbautreibenden durchaus etwas eigenartig aufgestoßen, weil ich gesagt habe: Den wirklichen Most gibt es nur aus Äpfeln und Birnen. (Bundesrat Bieringer: Bei uns in Oberösterreich!) In Oberösterreich natürlich in besonderer Weise.

Wir haben eine Vielzahl von Vereinfachungen, Entbürokratisierungen im Weingesetz festgeschrieben. Ich denke da etwa an den Wegfall der Bestandsmeldung ab April; das ist für die Weinproduzenten eine wichtige Maßnahme. Wir haben des weiteren Klarstellungen getroffen, etwa im Zusammenhang mit entalkoholisiertem, alkoholarmem Wein oder in bezug auf die wichtige Frage: Was ist ein "G’spritzter"? Außerdem haben wir Anpassungen an das Weinrecht der Europäischen Union vorgenommen, und zwar bereits in Vorgriff auf die Reform der Weinmarktordnungen.

Vor allem haben wir damit auch einen Wunsch der Wirtschaft erfüllt, denn mit dieser Weingesetz-Novelle kommt es de facto zu einer Wiederverlautbarung des gesamten Weingesetzes, das einen klaren Überblick und eine leichtere Lesbarkeit, was vor allem für die Praxis wichtig ist, bringt.


Bundesrat
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Präsident Jürgen Weiss:
Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Payer.

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Wie stehen Sie zu den Forderungen nach Aufhebung der Hektar-Höchstgrenzen im österreichischen Weingesetz?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich sage ganz klar, daß die österreichische Strategie in der Weinwirtschaft in den letzten Jahren deswegen Erfolg hatte, weil sie kompromißlos zur Qualität gestanden ist. Österreich wird – und dafür garantiere ich, solange ich dafür die Verantwortung trage – an der Qualitätslinie kompromißlos festhalten. Dafür sind auch bestimmte Mengenrestriktionen erforderlich, weil, wie wir wissen, die produzierte Menge die Qualität beeinflußt.

Gleichzeitig brauchen wir aber flexiblere Regelungen in der Vermarktung, und diesem Ziel dient diese Weingesetz-Novelle.

Das heißt: Wir brauchen klare Qualitätsorientierung plus offensive Marketingstrategie. Das ist aus meiner Sicht das Rezept auch für die Zukunft.

Präsident Jürgen Weiss: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte sehr, Frau Bundesrätin Haunschmid.

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Wie niedrig ist die Weinproduktion im Vergleich zur Weinvermarktung in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Vorarlberg und Tirol, die sich jetzt laut neuem Weingesetz stolz als Weinbauregion Bergland bezeichnen dürfen?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Im Interesse der Bundesländer Wien, Burgenland, Steiermark und Niederösterreich würde ich festhalten, daß es Gott sei Dank nicht in allen Bundesländern Weinbau gibt. Es sind auch weinkonsumierende Bundesländer notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

Genauso sage ich: Im Interesse beispielsweise Tirols, Oberösterreichs, Salzburgs und Vorarlbergs gibt es Länder, die weniger Milch produzieren, als dort getrunken wird. Gott sei Dank haben wir diese Situation.

Aber es gibt tatsächlich Entwicklungen – beispielsweise in Vorarlberg oder auch in Tirol –, nämlich, daß probiert wird, auf einigen Hektaren auch Wein zu produzieren. Auch für diese Experimente und Versuche soll das Weingesetz einen klaren rechtlichen Rahmen vorgeben, damit nicht in einem rechtsfreien Raum agiert wird.

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Ing. Peter Polleruhs. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Ing. Peter Polleruhs (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Aus welchen Gründen sollen in Zukunft auch Marketingbeiträge für Wein, der in Gebinden von mehr als 50 Liter ins Ausland verbracht wird, eingehoben werden?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Erstens deshalb, weil die Finanzierung des Weinmarketings unbedingt notwendig ist – und die Erfolge beweisen das auch, gerade die Exporterfolge –, und zweitens deswegen, weil nicht einsichtig ist, daß wir bis dato einen Rechtszustand hatten, durch welchen folgende Situation entsteht: Bei Verbringung in größeren Gebinden jenseits der Grenze wird kein Marketingbeitrag eingehoben, aber teilweise wird dieser Wein dann jenseits der Grenze in Flaschen abgefüllt und kommt als Flaschenwein wieder in österreichische Regale, und dann stehen plötzlich zwei identische Produkte, eines mit Marketingbeiträgen belastet und eines nicht, in den Geschäften. Das ist nicht wettbewerbsfair, und daher ist diese Novelle im Sinne a) der Sicherung der Finanzbasis und b) der Wettbewerbsfairneß in der österreichischen Weinwirtschaft notwendig, und ich hoffe, daß der Bundesrat die Beschlußfassung dieses AMA-Gesetzes in guter Zeit ermöglicht.

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zur 9. Anfrage, 1062/M, an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.

Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Franz Gruber, um die Verlesung seiner Anfrage.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Minister! Hoher Bundesrat! Meine Frage lautet:

1062/M-BR/99

Welche Maßnahmen hat Ihr Ressort im Zusammenhang mit der Problematik belgischer fetthältiger Futtermittel unternommen, um sicherzustellen, daß Schaden von Österreichs Landwirtschaft abgewendet werden kann?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorfälle erging die Weisung an die Kontrollbehörden, Dioxinuntersuchungen bei Geflügelfutter durchzuführen, insbesondere bei Produktgruppen, die zu Problemen in Belgien geführt haben. Dabei möchte ich festhalten, daß Österreich immer schon Dioxinuntersuchungen durchgeführt hat, aber deren Intensität wurde nun erhöht.

Diese Maßnahme wurde am 4. Juni auf alle Futtermittelkategorien ausgeweitet, als bekannt wurde, daß in Belgien nicht nur Geflügelfuttermittel betroffen waren.

Mit Verordnung vom 10. Juni 1999 wurde das Importverbot von Produkten aus Belgien – Ursprung oder Herkunft – in Österreich verlautbart.

Es wurden die Bundesämter beauftragt, alle belgischen Futtermittel zu beschlagnahmen. Es sind daher belgische Futtermittel vom Markt genommen worden, und zwar klarerweise nach Prioritätenkriterien. Oberste Priorität hatten Futtermittel mit einem hohen Fettanteil. Es wurde dafür gesorgt, daß da vernünftig vorgegangen wurde.

Es wurden, wie gesagt, die routinemäßigen Untersuchungen nach Dioxin intensiviert. Diese Ergebnisse haben ergeben, daß im Großteil der österreichischen Produkte die Dioxinwerte den üblichen Hintergrundkonzentrationen entsprechen. In Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt hat das Landwirtschaftsministerium in einer Erklärung auch festgehalten, daß keine Gesundheitsgefährdung vorliege und daß aufgrund der getroffenen Maßnahmen davon auszugehen sei, daß österreichische Waren, sprich: Lebensmittel, keinen überhöhten Dioxinwert enthalten.

Unabhängig davon wissen Sie ja, daß dort, wo tatsächlich auch in österreichischen Produkten überhöhte Werte aufgetreten sind, wo aber keine Gesundheitsgefährdung vorgelegen ist, das Landwirtschaftsministerium umgehend gehandelt hat. Es hat in der Zwischenzeit die betroffene Firma ihre Produktion umgestellt. Aufgrund dessen kann man sagen, daß wir das Problem im Griff haben.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Frau Bundesrätin Kainz.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Kontrollen sind ein wichtiger Schritt, den man zu setzen hat. Ich glaube, daß auch die BSE-Problematik bewiesen hat, daß es im Grunde genommen an der ethischen Einstellung "mangelt" – unter Anführungszeichen –, um in diesem Bereich vom Grundsatz her schon eine andere Richtung einzuschlagen.

Herr Bundesminister! Sehen Sie im Rahmen der EU die Bereitschaft, gemeinsam auf jene Länder einzuwirken, in welchen der ethische Zugang zur Problematik nicht so ausgeprägt ist, wie das in Österreich der Fall ist, um solche Vorfälle in Zukunft überhaupt zu verhindern?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Frau Bundesrätin! Ich habe schon bei einer anderen Anfrage gesagt, daß ich dafür eintrete, daß erstens im präventiven Bereich – auch im Rahmen der Europäischen Union – Verbesserungen stattfinden und daß es zweitens eine Art Überkontrolle in der Union geben muß, um einheitliche Kontrollstandards zu erhalten.

Ich darf aber Ihre Frage auch dazu benützen, auf ein grundsätzliches Problem zu verweisen: Je schärfer der Wettbewerb ist und je größer der Drang ist, Lebensmittel so billig wie nur möglich auf den Markt zu bringen, desto größer ist der wirtschaftliche und der Kostendruck. Ich halte es daher auch für notwendig, die Diskussion über die Frage zu intensivieren, welche wirtschaftlichen Bedingungen gegeben sein müssen, daß langfristig höchste Qualitäten erzeugbar sind. Das Prinzip soll gelten: Das Beste ist zum Billigsttarif nicht zu haben!

Ich lege daher Wert darauf, daß diese Debatte auch für diese grundsätzliche Dimension, wie Sie es gesagt haben, genutzt wird, genutzt werden muß, weil wir, wie gesagt, auch die wirtschaftliche Seite des Problems nie außer acht lassen dürfen. Das heißt: Beste Lebensmittel müssen ihren Preis haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe daher nicht, daß es leider offensichtlich noch immer üblich ist, gerade Lebensmittel zu Lockartikeln im Lebensmittelhandel zu machen. Mir sind Lebensmittel zu wertvoll, um damit zu locken. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Jürgen Weiss: Eine weitere Zusatzfrage hat Herr Bundesrat Engelbert Weilharter gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Wie groß ist der hausgemachte Anteil an problematischen Futtermitteln?

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Wir haben durch unsere österreichische Probetätigkeit festgestellt, daß die österreichischen Futtermittel im großen und ganzen höchste Qualität aufweisen. Wir haben weiters festgestellt, daß es in Einzelfällen überhöhte Werte gibt, die aber – und das sei nochmals festgehalten – keinerlei Gesundheitsgefährdung bewirken und die vor allem in keinerlei Relation zu jenen in Belgien stehen.

Trotzdem hat das Landwirtschaftsministerium sehr konsequent gehandelt, damit auch die wenigen Einzelfälle abgestellt werden und damit für die Zukunft wieder hundertprozentige Sicherheit besteht. Betroffen davon ist ein ganz kleiner Bereich. Der überwiegende Teil ist in Ordnung.

Präsident Jürgen Weiss: Die Fragestunde ist beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Jürgen Weiss: Eingelangt sind elf Anfragebeantwortungen – 1481/AB bis
1491/AB –, die den Anfragestellern übermittelt wurden.

Die Anfragebeantwortungen wurden vervielfältigt und sind bereits allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf die im Saal verteilte Liste der eingelangten Anfragebeantwortungen.

Ich gebe weiters bekannt, daß ein Schreiben des Bundeskanzlers und des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Nominierung von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider für


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 37

die Funktion eines Mitgliedes des Ausschusses der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 4 B-VG vorliegt.

Eingelangt ist weiters ein Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend eine Ministervertretung.

Ich ersuche die Schriftführung um Verlesung dieses Schreibens.

Schriftführerin Hedda Kainz: "Der Herr Bundespräsident hat am 11. Juni 1999, ZI. 300.100/43-BEV/99, folgende Entschließung gefaßt:

Auf Vorschlag des Bundeskanzlers betraue ich für die Dauer der Verhinderung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein innerhalb des Zeitraumes vom 29. Juni bis 2. Juli 1999 den Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend mit der Vertretung.

Hievon beehre ich mich, mit dem Ersuchen um gefällige Kenntnisnahme Mitteilung zu machen."

Präsident Jürgen Weiss: Dies dient zur Kenntnis.

Eingelangt sind drei Beschlüsse des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen, ein Bundesgesetz, mit dem Überschreitungen von Ausgabenansätzen der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1999 bewilligt werden (Budgetüberschreitungsgesetz – BÜG 1999) und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert wird (6. BFG-Novelle 1999).

Diese genannten Beschlüsse unterliegen im Sinne des Artikels 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates.

Eine weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung der vorliegenden Beschlüsse durch den Bundesrat ist daher nicht vorgesehen.

Eingelangt sind weiters jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind, sowie drei Beschlüsse des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend

ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz betreffend eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes und

ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird.

Eingebracht wurde weiters der Entschließungsantrag 118/A (E).

Die eingelangten Beschlüsse des Nationalrates und den Entschließungsantrag 118/A (E) habe ich den in Betracht kommenden Ausschüssen zur Vorberatung zugewiesen.

Die Ausschüsse haben darüber – mit Ausnahme der drei vorhin erwähnten Beschlüsse und des Antrages 118/A (E) – ihre Vorberatungen sowie über den bereits früher eingelangten und zugewiesenen Selbständigen Antrag 115/A abgeschlossen und schriftliche Ausschußberichte erstattet.

Diese Vorlagen habe ich auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Jürgen Weiss: Ich beabsichtige, die Debatte über die Punkte 2 bis 4, 5 bis 12, 13 und 14, 15 und 16, 17 und 18, 19 und 20, 28 bis 30, 33 bis 35 sowie 36 bis 38 der Tagesordnung unter einem abzuführen.


Bundesrat
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Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher in diesem Sinne vorgehen.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Herr Bundesrat Dr. Reinhard Bösch, bitte.

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung

10.18

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Herr Präsident. – Ich melde mich hier zur Geschäftsbehandlung zu Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben vor kurzem an den Herrn Präsidenten des Bundesrates eine Anfrage betreffend die Erledigung von Selbständigen Anträgen im Bundesrat gestellt. Diese Anfrage und deren Beantwortung ist uns und Ihnen allen zugegangen. Ich bedanke mich beim Präsidenten Jaud und bei den Bediensteten des Bundesrates für diese korrekte und, wie ich meine, auch umfassende Arbeit.

Meine Damen und Herren! Diese Anfrage haben wir Freiheitlichen aber nicht aus Jux und Tollerei gestellt. Diese Anfrage und deren Beantwortung muß als Grundlage dienen, hier im Bundesrat künftighin eine kontinuierliche parlamentarische Behandlung aller selbständig eingebrachten Anträge sicherzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf unsere Initiative hin wurden seit einiger Zeit die offenen Anträge, die im Rahmen der laufenden, der XX. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates im Bundesrat bisher eingebracht worden waren, evident gehalten, und wir konnten erreichen, daß dieselben in den Ausschüssen auch behandelt wurden. Sie, meine Damen und Herren, waren ja alle dabei.

Aufgrund der Initiative der Freiheitlichen hat sich die Präsidiale auch darauf geeinigt, daß künftighin jeder Antrag automatisch auf die Tagesordnung des jeweiligen Ausschusses des nächstfolgenden Ausschußtermines gesetzt werden wird. Bisher wurde das auch umgesetzt – vorausgesetzt allerdings – das ist eine kleine Nebenbemerkung – man findet einen Ausschußvorsitzenden. Unser Antrag 118/A konnte nämlich vorgestern im Außenpolitischen Ausschuß nicht behandelt werden, weil der Vorsitzende und seine Stellvertreter nicht greifbar waren. Wir hoffen als Opposition, daß das nur ein Einzelfall war.

Meine Damen und Herren! Von den 118 bisher insgesamt in der Zweiten Republik im Bundesrat eingebrachten Anträgen sind nach wie vor 29 unerledigt; einer davon ist von mir schon genannt worden. Unsere Vorschläge zur weiteren Behandlung dieser Anträge sind in der Präsidiale von den Regierungsparteien abgelehnt worden. Sie wollen nunmehr eine Geschäftsordnung nur in bezug auf einige dieser 29 unerledigten Anträge beschließen, nämlich in bezug auf jene Anträge, deren Antragsteller nicht mehr im Bundesrat vertreten sind.

Wir Freiheitlichen wollen aber, daß die Anträge nicht verfallen, sondern daß sie behandelt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sollten uns gemeinsam als Bundesrat bemühen, daß in der Geschäftsordnung das steht, was permanent an Gültigkeit gewinnen muß. Anträge, meine Damen und Herren, sollten künftighin grundsätzlich behandelt werden. Diese 29 noch unbehandelten Anträge – teilweise sind sie schon Jahrzehnte alt – sollten wir in einem, wie wir es bei den anderen getan haben, in den entsprechenden Ausschüssen behandeln. Wenn Ihre Thematik – und das trifft bei wenigen dieser 29 Anträge zu – nicht mehr zeitgemäß sein sollte, kann uns niemand davon abhalten, sie im Ausschuß abzulehnen und keinen Bericht hier an das Plenum abzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat! Sie haben sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. Ich möchte Sie bitten, einen diesbezüglichen Antrag zu formulieren.

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (fortsetzend): Herr Präsident! Ich danke für die Ermahnung! – Dieser Vorgangsweise dient diese Fristsetzung der Anträge: Ich beantrage nach


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§ 45 (3), den entsprechenden Ausschüssen eine Frist bis zum 28.7. zu setzen in bezug auf die Anträge 3, 4 bis 8, 12, 13, 27, 30, 36, 40, 41, 50, 54, 57, 58, 60, 64, 65, 69, 71, 76, 80, 81, 84, 85 und 89. Ich darf Ihnen diese Anträge geben. (Der Redner überreicht Präsidenten Weiss die genannten Anträge. – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am kommenden Ausschußtag, am 27.7.1999, können wir somit, wenn wir wollen, diese Antragsaltlasten des Bundesrates erledigen. Wenn wir in weiterer Folge eine Geschäftsordnungsänderung machen, dann muß sich diese auf die verpflichtende befristete Behandlung von Anträgen beziehen.

Im Sinne der Vereinbarung in der Präsidiale, künftighin jeden Antrag grundsätzlich beim darauffolgenden Ausschußtermin zu behandeln, haben wir Freiheitlichen dazu auch einen Vorschlag gemacht, und wir werden den entsprechenden Antrag auch stellen.

Es muß zu einer parlamentarischen Selbstverständlichkeit gerade hier im Bundesrat werden, Anträge zu behandeln. Dazu, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir von den Bürgern oder, in unserem Fall, von den Abgeordneten der Landtage auch gewählt. Keiner von uns, egal, welcher Partei er angehört, kann den Wählern draußen erklären, daß er hier Anträge stellt, die nicht einmal behandelt werden. Wir haben daher sicherzustellen, daß die Anträge aufgearbeitet werden und nicht wieder anfallen.

Herr Präsident! Ich stelle den Antrag, über unseren Fristsetzungsantrag eine Debatte durchzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.23

Präsident Jürgen Weiss: Herr Bundesrat Dr. Reinhard Bösch hat den Antrag zur Geschäftsbehandlung gestellt, über die von ihm eingebrachten Fristsetzungsanträge eine Debatte durchzuführen.

Ich lasse sogleich über diesen Antrag, eine Debatte durchzuführen, abstimmen und bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben wollen, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt.

Ich gebe weiters bekannt, daß gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Abstimmung über die eingebrachten Fristsetzungsanträge nach Erledigung der Tagesordnung vorzunehmen ist.

1. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1853 und 1904/NR sowie 5970/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon übernommen. Ich bitte ihn darum.

Berichterstatter Dipl.-Ing. Hannes Missethon: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden.

Der Ausschußbericht liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor, ich beschränke mich daher auf die Verlesung des Ausschußantrages. Dieser lautet:


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Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron. Ich erteile ihm das Wort.

10.26

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, eingangs festzustellen, daß ich den Bundesrat schon als demokratisches Gremium sehe, und wenn seitens meiner Fraktion der Antrag gestellt wird, zu einer Diskussion über die Behandlung von Anträgen zu finden – über einen wesentlichen Gegenstand, nämlich die Aufwertung des Bundesrates letztendlich –, dann hätte ich mir eigentlich von den anderen Fraktionen schon erwartet, daß sie sich dieser Diskussion auch stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Es ist die Einführung einer fahrleistungsabhängigen Maut für die Benützer mehrspuriger Fahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, geplant. Dafür soll es künftighin eine Verordnungsermächtigung seitens des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten geben, die, wie mir erscheint und wie auch vom Verfassungsdienst in seiner Stellungnahme ausgeführt wurde, noch nicht ausreichend determiniert ist. Auch ist nicht klar, wofür die einzuhebenden Mittel verwendet werden sollen. Es wären zum Beispiel – das muß ich als Wiener Bundesrat in diesem Gremium deponieren – auch Überlegungen in Richtung Forcierung der Nordostumfahrung Wiens zu berücksichtigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich frage Sie: Kann im Zusammenhang mit den vorliegenden Gesetzesnovellen die Mittelverwendung für die Nordostumfahrung Wiens ein Thema sein? Im Gesamtzusammenhang stellt sich selbstverständlich die Frage, welchen tatsächlichen verkehrspolitischen Effekt die vorliegenden Novellen haben sollen.

Ich habe hier das Deckblatt des Gesamtverkehrskonzeptes 1991. 1991! Seinerzeit wurde überlegt, welchen Gesamtzusammenhang Verkehr in Österreich hat. Es wurden die einzelnen Verkehrsträger abgehandelt: Schiene, Straße, Luft, Wasser, Rohrleitungen. Was ist daraus geworden? (Bundesrat Dr. Böhm: Nichts!)  – Herr Kollege, ich stimme Ihnen zu: Nichts ist daraus geworden! Es ist zu keinem abschließenden Papier gekommen. Warum ist es zu keinem abschließenden Papier gekommen? – Weil es unterschiedliche parteipolitische Interessen gibt: Das Verkehrsministerium ist, da es eine starke ÖBB gibt, natürlich den Sozialdemokraten zuzusprechen, und ist zuständig für den Betrieb und für die Infrastruktur der Schiene sowie für den Luft- und Wasserverkehr. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten wiederum ist zuständig für den Straßenbau. Diese Kompetenzen werden in Österreich bedauerlicherweise nicht abgestimmt, was zu entsetzlichen Vorgehensweisen führt, weil es keine koordinierende Planung beim Infrastrukturausbau und letztlich bei der Verkehrsbetreuung gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das haben wir auch im Zusammenhang mit der Tunnelkatastrophe gesehen.

Die punktuelle Maßnahme betreffend Road-pricing geht nicht von einer koordinierten Verkehrspolitik aus. Es wird keine Bestandserhebung gemacht und überlegt, was wir im Sinne der österreichischen Wirtschaft und des österreichischen Verkehrs durchführen können, sondern man sagt: Wir brauchen Geld, wir nehmen jetzt die notwendigen Mittel aus den Einnahmen beim Road-pricing für LKWs! Das wird getan, ohne entsprechende Abstimmung vorgenommen, ohne die entsprechende Bestandserhebung durchgeführt zu haben. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch eine andere Ungereimtheit erwähnen, um auch darzustellen, daß diese Konkurrenz im Verkehr nicht nur zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Verkehrsministerium besteht, sondern auch mit dem Finanzministerium. Sie haben zum Beispiel ungleiche Steuerbelastungen für internationale Flugverkehre und Eisenbahnver


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kehre. Eisenbahnverkehre – die umweltfreundliche Eisenbahn – haben für den Inlandsanteil Umsatzsteuer zu entrichten, Flugverkehre hingegen müssen dies nicht tun.

Das sind alles Themen, die ungelöst sind, und wir brauchen – und das fordern wir – ein Ministerium, ein echtes Verkehrsministerium, das sich darum kümmert, das bei der Bestandserhebung anfängt, die Verkehrsträger und die Verkehrsunternehmen, die auf den Verkehrsträgern tätig werden, koordiniert und für eine bestmögliche Abwicklung des Verkehrs – steuerschonend und im Interesse der Anrainer, auch der Behinderten zum Beispiel – sorgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte nun einen Antrag zur Geschäftsbehandlung stellen, da es uns doch notwendig erscheint, daß jene Minister, die hauptsächlich mit Verkehrsfragen zu tun haben, auch bei der Diskussion hier anwesend sind. Ich möchte daher den Antrag stellen, die Anwesenheit des Bundesministers für Verkehr zu verlangen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gasteiger. – Bitte.

Einen Moment, bitte! Ich unterbreche ganz kurz die Sitzung, weil wir den Antrag in eine geordnete Form bringen müssen.

(Die Sitzung wird um 10.32 Uhr unterbrochen und um 10.33 Uhr wiederaufgenommen. )

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den Herr Kollege d'Aron gestellt hat, nämlich, daß wir den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hierher holen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. (Bundesrat Mag. Gudenus: Wieso ist er nicht da?) Herr Bundesrat Gudenus! Er ist deshalb nicht da, weil der Tagesordnungspunkt nicht ihn, sondern den Wirtschaftsminister betrifft. (Bundesrat Prähauser: Das muß der Herr Gudenus aber gar nicht wissen!)

Ich habe Ihnen auch noch mitzuteilen, daß der Antrag, der soeben abgelehnt wurde, hiemit auch erledigt ist.

Ich darf jetzt Kollegen Gasteiger um seine Ausführungen bitten.

10.34

Bundesrat Klaus Gasteiger (SPÖ, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz geändert werden, gibt es aus der Sicht der Tiroler Sozialdemokraten schon einiges zu sagen.

Bei der Festlegung der Straßen, für deren Benützung ein fahrleistungsabhängiges Entgelt zu bezahlen ist, ist besonders auf die Einhebung von fahrleistungsabhängiger Maut auf Autobahnen in Großstädten und in urbanen Ballungsgebieten gemäß EU-Recht zu achten. Dies soll nun auch in Österreich praktiziert werden.

Um sicherzustellen, daß urbane Bereiche mautfrei bleiben, sollten die Mautstellen so errichtet werden, daß innerhalb des halboffenen Mautsystems keine Mautstellen errichtet werden können. Nur so kann der Verkehr in diesen Bereichen wirksam auf die leistungsfähigen Straßen gebracht werden und die Belästigung der Anrainer von Sekundär- und Bundesstraßen sowie von Landes- und Gemeindestraßen in Grenzen gehalten werden.

Man muß auch ganz klar sagen, daß der öffentliche Verkehr selbstverständlich Priorität haben muß, aber es gibt viele Berufszweige, deren Beschäftigten es aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, weshalb sie auf individuelle Verkehrsmittel zurückgreifen müssen. Daher haben wir meines Erachtens alle Kräfte zu sammeln, um


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den Menschen in Österreich einen Mega-Stau in den Ballungszentren vor allem in der Früh und am Abend zu ersparen.

Etwas verwunderlich in der gesamten Verkehrsdebatte ist die Haltung der Freiheitlichen, welche kundtun, daß wir Road-pricing vor allem für LKW nicht brauchen. Ich darf aber eindeutig feststellen, daß auf Verlangen der sozialdemokratischen Fraktion Road-pricing für PKW in diesem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz nicht mehr vorgesehen ist, sodaß nunmehr die klare und eindeutige Situation besteht, daß das Road-pricing nur mehr für LKW und nicht mehr für PKW schriftlich festgehalten wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Grissemann. )

In der Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung zum vorliegenden Gesetzentwurf heißt es eindeutig – ich zitiere –: "Entschieden abgelehnt wird die Aufnahme der B 315, Reschenstraße, im Bereich der Südumfahrung Landeck"– also den Landecker Tunnel; ich sage das für diejenigen, die sich dort auskennen – "in das zu bemautende Straßennetz. Die Aufnahme des Landecker Tunnels in das zu bemautende Straßennetz wird lediglich seine zu erwartende Akzeptanz noch weiter herabsetzen, weil der Verkehr, insbesondere der Urlaubsverkehr vom Fernpaß zum Reschenpaß, weiterhin die parallel verlaufende B 171 und die Ortsdurchfahrt Landeck als Ausweichroute benützen wird. Die Strecke Imst – Landeck – Zams leidet bereits jetzt unter dem größten Mautausweichverkehr in Landeck." – Ende des Zitats aus der Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung.

Mich verwundert auch ein wenig die Haltung der Mandatare der Tiroler Volkspartei, im speziellen die der Abgeordneten zum Nationalrat und auch unseres Verkehrssprechers, Landeshauptmann Weingartner, welche in der gesamten Verkehrsdiskussion, aber speziell während des Landtagwahlkampfes, einen Zick-Zack-Kurs zu diesem komplexen Thema fuhren.

Nachdem sich die Tiroler Volkspartei mit den ach so guten Verbindungen nach Wien während der Wahlauseinandersetzung im heurigen Frühjahr mit der Mutterpartei in Wien anlegte, also auch mit Herrn Bundesminister Farnleitner, ist anzunehmen, daß letztendlich ein Gesetz beschlossen wird, das sehr wenige Standpunkte eines so verkehrsgeplagten Landes wie Tirol beinhaltet.

Das gilt nicht nur für den globalen Wettbewerb der Gestaltung des hochrangigen Straßennetzes, was eine der wichtigsten Aufgaben ist, damit der Wirtschaftsstandort Österreich bestehen kann, nicht nur dafür, daß insbesondere durch die fahrleistungsabhängige Maut zusätzliche Mittel dazu beitragen werden, daß im Straßeninfrastrukturbereich zukunftsorientierte Investitionen getroffen werden können, nicht nur dafür, daß dadurch 1 050 Arbeitsplätze für Mautner geschaffen werden, nicht nur dafür, daß durch die Einführung dieses Gesetzes der ASFINAG 2,3 Milliarden Schilling an zusätzlichen Mitteln für den Ausbau des Straßennetzes zufließen – aber auch.

Da wir Sozialdemokraten als einzige, vom Beginn der Verkehrsdebatte an, klar unseren Standpunkt festlegten und diesen auch bis zum Schluß vertreten haben, stimmen wir Sozialdemokraten diesem Gesetzentwurf zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.39

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Wilfing. – Bitte.

10.39

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich heute morgen bei mir zu Hause in der Trafik den heutigen "Kurier" gekauft habe und dann auf der Nordbrücke den alltäglichen Stau miterleben durfte, konnte ich mir den Kommentar von Alfred Payrleitner auf Seite 2 ansehen. Dabei bin ich daraufgekommen, daß ich all das, was ich heute hier sagen wollte, vergessen könnte, denn ich brauche hier nur das vorzulesen, was Alfred Payrleitner unter der Überschrift "Auf in den programmierten Stau!" beschreibt. Ich lasse jetzt bewußt die Einleitung weg. Er spricht dann davon, daß in den nächsten Wochen die Verkehrs-Vorhölle in Österreich zu erwarten ist: Ferienbeginn, Baustellen, Sperre des


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Tauerntunnels, und im dritten Absatz sagt er dann, warum das so sein wird: "Der Güterverkehr auf den Straßen wuchs in zwölf Jahren viereinhalb mal so schnell wie das Sozialprodukt."

Es wurde – das gleich als Ergänzung von mir – gerade vergangene Woche von der Arbeiterkammer eine Studie des Österreichischen Instituts für Raumplanung vorgestellt, in der nachgewiesen wurde, daß diese Zahl – Güterverkehr viermal so schnell gewachsen wie das Bruttoinlandsprodukt – richtig ist, daß zwischen 1985, als die letzte Studie gemacht wurde, und 1997 – diese Daten sind in diese Studie eingeflossen – das BIP um 37 Prozent, der LKW-Verkehr in Österreich um 170 Prozent, der Busverkehr um150 Prozent und der PKW-Verkehr um 80 Prozent gestiegen sind.

Payrleitner schreibt auch, warum das so ist: "Der LKW-Transport ersetzt die Lagerhaltung. Gleichzeitig haben sich die Frachtpreise nahezu halbiert. Die Konkurrenz ist mörderisch." Und weiter: "Mußten für einen 38-Tonner 1995 für Straßenbenützungsabgabe und KFZ-Steuer noch 82 200 S entrichtet werden, so sind es nach Berechnung des ARBÖ heuer nur 55 460 S. Die PKW-Besitzer subventionieren also ihre eigene, zusätzliche Behinderung auf den Autobahnen – denn von den rund 60 Milliarden Schilling Einnahmen aus dem KFZ-Verkehr stammen rund 45 Milliarden aus dem PKW-Bereich, nur ein Viertel entfällt auf den LKW-Sektor. Vom überwiegenden Rückfluß dieser Gelder in den Straßenbau ist aber seit Ende der Zweckbindung der Mineralölsteuer keine Rede mehr." – Hätten wir diese 35 Milliarden, die durch die Mineralölsteuer hereinkommt für Ausbau, Erhaltung und Verwaltung des Schienen- und des Straßennetzes zur Verfügung, hätten wir da überhaupt keine Budgetprobleme.

"Trotzdem", schreibt er weiter, "wäre es unsinnig, nun eine Art Klassenkampf auf Rädern auszurufen. Beide Transportmittel" – Schiene und Straße, und ich ergänze hier noch: auch Wasser – "sind unentbehrlich. Und bis zur 250 Kilometer-Distanz ist die Schiene keine Alternative für die Brummis."

Das ist ja lustig. Wenn man sehr seriös betrachtet, wie beispielsweise die ÖBB im Verkehrsbereich tätig sind, merkt man, daß sie selbst im Handel und im Transport überall, vorgelagert und nachgelagert, natürlich LKW brauchen. Wir haben uns bewußt nur die Zahlen in Niederösterreich angesehen. Dort werden die beiden zugekauften Speditionen "Expreß" und "Interfracht" – die ÖBB kauft derzeit laufend Speditionen zu – natürlich benötigt, weil die ÖBB ein Logistik-Unternehmen sind, um auch im Ostverkehr konkurrenz- und marktfähig bleiben zu können. Allein die ÖBB betreiben derzeit 600 LKW im Transportbereich.

"Wenn nun", schreibt Alfred Payrleitner weiter, "Caspar Einem für das Jahr 2015 in Werbespots verkehrsfreie Autobahnen verspricht, so ist das nur ein gutgemeinter, aber dennoch irreführender Werbegag. Ja, es braucht eine bessere Schienen-Logistik, aber es braucht auch mehr Straßen oder eine Kombination von beidem: Schon in wenigen Jahren dürften auf den Autobahnen per ‚elektronischer Deichsel‘ gesteuerte Fernlasterkonvois dahindonnern – so als wäre es ein Zug. Also das Gegenteil von leeren Straßen. Vor allem aber muß etwas gegen die absurd häufigen Leerfahrten und für die Kostenwahrheit getan werden. Hier hilft nur der Druck von der Preisseite, die ehebaldige Einführung des Road-pricings, der fahrleistungsabhängigen LKW-Maut."

Keine Abhilfe schaffen, so schreibt Payrleitner weiter, kann man "etwa mit Überholverboten, die sich österreichweit gar nicht kontrollieren lassen, so sinnvoll sie auf bestimmten Strecken auch sein mögen, oder mit Gefahrgut-Regelungen, die gleich wieder geändert werden müssen."

Noch einmal zurück zur Studie des Österreichischen Instituts für Raumplanung. Ich glaube, darin wird am besten aufgezeigt, daß all jene, die heute nur auf einen Transportweg setzen, unseriös vorgehen. Ich möchte fast polemisch sagen, es gibt bei uns in Herrnbaumgarten am Wochenende eine lustige Veranstaltung, zu der all jene eingeladen werden, die etwas "für’n Hugo", für nichts, produziert haben. Ich kann alle Grünen, die glauben, nur mit der Schiene die Zukunft zu finden, genauso dorthin schicken wie jene – das sage ich als Wirtschaftsvertreter bewußt –, die glauben, nur mit dem Straßenausbau Lösungen finden zu können. Es muß beides sein.


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Und so, wie ich kein Problem damit habe, daß pro Jahr um 12 Milliarden Schilling die Schiene ausgebaut wird, muß ich gleichzeitig fordern, daß zumindest der gleiche Einsatz nötig ist, um auch die Straßen in Österreich auszubauen.

Für mich als Weinviertler gibt es natürlich Prioritäten gerade im Osten Österreichs, weil da sehr vieles aufzuholen ist. Ich zitiere in diesem Zusammenhang wieder einen länger zurückliegenden "Kurier"-Artikel, in dem es hieß: Wichtigstes Projekt für Niederösterreich scheint die Nordautobahn zu sein. Allein auf der Znaimer Bundesstraße schnellte die Zahl der LKW auf fast das Vierfache in die Höhe. Gemeinsam mit der Brünner Straße muß der Norden bereits annähernd so viele LKW verkraften wie die Südautobahn im Bereich der Bundeshauptstadt, nämlich 4 720 Schwerfahrzeuge pro Tag.

Das heißt, daß sich dieser an sich hervorragend geeignete Slogan des grünen Verkehrsexperten Hermann Knoflacher: "Wer Straßen sät, erntet Verkehr" heute insofern als unrichtig herausgestellt hat, als wir im Norden und Osten Österreichs keine ordentlichen Straßen haben und die Bundesstraßen nicht geeignet sind –, da man alle vier, fünf Kilometer Orte durchfahren muß –, den Verkehr in einer Form aufzunehmen, die auch nur annähernd die Lebensqualität der betroffenen Bewohner berücksichtigt, als wir trotzdem dort Verkehrsdichten haben, die autobahngerecht wären, etwa die LKW-Dichte, wie dieser Artikel zeigt, mit 4 700 pro Tag. Und was die PKW-Dichte angeht: Wir haben allein in Wolkersdorf, knapp zehn Kilometer vor Wien, derzeit 22 000 Fahrzeuge pro Tag, obwohl wir dort sieben Ampeln haben und tagtäglich der Stau vorprogrammiert ist.

Das zeigt also, daß alles getan werden muß, um auch mit dem jetzt zu verabschiedenden Bundesstraßenfinanzierungsgesetz die Straßen neben der Schiene so auszubauen, daß der Verkehr auch bewältigt werden kann. Ich möchte bewußt den Straßenverkehr nicht verteufeln, weil wir aus allen Studien wissen, daß der Straßenverkehr ein wertvoller Beitrag auch für unsere jetzige Lebenssituation, für unser Volkseinkommen und auch für die wirtschaftlichen Erfolge, die wir haben, ist.

Es gibt eine Studie des Kölner Verkehrswissenschaftlers Prof. Baum, der nachgewiesen hat, daß zirka ein Viertel des Wachstums des österreichischen Volkseinkommens auch auf den Straßenverkehr zurückzuführen ist, und wir wissen, daß das auch ein wertvoller Beitrag für unsere Wirtschaft ist.

Wir unterstützen daher diese fahrleistungsabhängige Maut, weil wir davon überzeugt sind, daß die Einnahmen – da bin nicht nicht einer Meinung mit Dr. d'Aron – natürlich für den Ausbau des höherrangigen und höchstrangigen Straßennetzes zweckgebunden werden müssen, weil wir diese 3,5 Milliarden Schilling, die erwartet werden – davon sollen 2,3 Milliarden Schilling ausbaufähig sein –, brauchen und auch einsetzen werden.

Natürlich – und da bin ich auch mit Herrn Bundesminister Farnleitner einer Meinung – kann das nur, sowohl terminlich als auch tariflich und auch technisch, im Einklang mit unserem wichtigsten Wirtschaftspartner, der Bundesrepublik Deutschland, erfolgen. Das heißt, man muß gemeinsam diese Maut einführen, und zwar technisch so rasch wie möglich über ein geschlossenes System, auch wenn man vielleicht halboffen beginnen muß, terminlich sollte 2002/2003 sein, und tariflich zu den gleichen Kosten, damit die österreichische Wirtschaft konkurrenzfähig bleibt.

Abschließend bedanke ich mich, Herr Bundesminister, sehr herzlich für Ihre Studie "Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum", weil sie nachweist, daß wir da vieles aufzuholen haben, daß gerade im Norden und im Osten Österreichs im Straßenbausektor vieles geschehen muß. Ich bin davon überzeugt, daß wir, wenn dieser Farnleitner-Pröll-Plan bis 2007 umgesetzt ist, damit die wichtigsten Prozesse aufgeholt haben, damit gerade Niederösterreich wieder als Kernland in Europa gilt und auch im Hinblick auf die Osterweiterung – mag sie nun 2007 oder später erfolgen – die nötigen Straßenverbindungen hergestellt sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.48


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

10.48

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zum ASFINAG-Ermächtigungsgesetz stellt ganz eindeutig einen weiteren Schritt in Richtung Abkassieren des Autofahrers dar. Es wäre aber nicht fair, das zu sagen, ohne zu differenzieren. Man muß fairerweise sagen, daß nicht alle Autofahrer von diesem Ermächtigungsgesetz betroffen sind, und zwar deshalb, weil laut Vorlage LKW bis 3,5 Tonnen von diesem Road-pricing, dieser fahrleistungsabhängigen Bezahlung, nicht betroffen sind.

Meine Damen und Herren! Umso dramatischer ist für mich die Einführung dieses Road-pricing, denn gerade der Wirtschaftsverkehr wird zu 98 Prozent mit Transportmitteln auf der Straße, die über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht haben, durchgeführt.

Das heißt, die heutige Beschlußfassung ist ein finanzieller Anschlag auf die Wirtschaft, meine Damen und Herren, und stellt einen österreichischen Alleingang dar, sodaß der Wettbewerbsnachteil für die österreichische Wirtschaft eklatant sein wird.

Es wurde heute bereits andiskutiert, ob es vernünftig ist, daß die Zuständigkeit gerade beim Wirtschaftsminister liegt. Das ist das eine. Das andere ist (Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron ), daß es das Sittenbild des Wirtschaftsministers zu sein scheint. Erinnern Sie sich an die Diskussion um die Autobahnmaut: Wirtschaftsminister generell dafür – Belastung der Wirtschaft. Erinnern Sie sich an die Diskussion um die Vignette: Wirtschafts- und Tourismusminister dafür. Und jetzt beim Road-pricing: Wirtschaftsminister dafür – und es wird wieder abkassiert.

Meine Damen und Herren! Das ist eigentlich ein übles Spiel. Wenn man das beobachtet, hat man das Gefühl, daß sich der Wirtschaftsminister damit zum Assistenten des Finanzministers oder selbst zum Geldbeschaffungsminister für den Finanzminister degradiert.

Herr Wirtschaftsminister! Das kann nicht Ihre Aufgabe sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ausnahmen sollen im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz geregelt werden. Bei den Ausnahmen ist nur die Rede davon, daß humanitäre Transporte, daß Notfälle künftighin von dieser Abgabe, von diesem Road-pricing, von dieser Steuer befreit sein werden. Es stünde einem Wirtschaftsminister gut an, wenn es auch Ausnahmen für den Transport und die Versorgung mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln gäbe. Es stünde einem Wirtschaftsminister gut an, wenn er auch verlangt hätte, daß der Tourismus und vor allem Busreisen in Tourismusregionen davon befreit werden. Und es stünde auch einem Landwirtschaftsminister, aber vor allem einem Wirtschaftsminister gut an, wenn die Tiertransporte – dazu werden wir übrigens heute noch kommen – auch davon ausgenommen wären, denn in der Praxis wird eines passieren: Die Tiertransporte werden dann eben über die zum Teil schlecht ausgebauten und daher gefährlichen Landstraßen erfolgen. Von einer solchen Novelle hätte ich mir daher eine andere Regelung erwartet.

Meine Damen und Herren! In Summe droht diesem ASFINAG-Finanzierungsgesetz das gleiche Schicksal wie dem Mineralrohstoffgesetz. Das heißt, Bundesgesetzgeber und Landesgesetzgeber sind personell und technisch nicht in der Lage, dieses Gesetz zu administrieren. Die Mehrbelastungen hat der Bürger über die Steuern zu tragen, und letztlich wird am Parlament, am Gesetzgeber, der negative Ruf hängenbleiben.

Das, was da vorgelegt worden ist, meine Damen und Herren, bedeutet lediglich ein Flickwerk, das geschaffen wurde mit dem Ziel, abkassieren zu können.

Unverständlich ist auch die Kompetenzverteilung im Straßenverkehr; mein Kollege d'Aron hat es bereits angesprochen. Ich verstehe schon, daß sich für den tragischen Unfall im Tauerntunnel


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niemand in der Bundesregierung verantwortlich fühlt, weder der Straßen- oder Wirtschaftsminister noch der Verkehrsminister. Es ist aber vor allem den steirischen Kolleginnen und Kollegen bekannt, daß es nicht nur bei so tragischen Ereignissen, sondern auch bei kleineren Delikten im Straßenverkehr diesen Kompetenzwirrwarr gibt – und eigentlich keinen Kompetenten in der Regierung.

Bezüglich der A 9, der Pyhrn Autobahn, gibt es eine Verordnung des Verkehrsministers über eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 110 km/h in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr. Die entsprechende Kundmachung hätte über das Wirtschaftsministerium erfolgen sollen. Die Kundmachung in der Form, daß die Ausweisung durch Tafeln erfolgt, ist kaum bis gar nicht erfolgt – ich glaube, es gibt lediglich eine Tafel bei der Einreise von Slowenien nach Österreich –, und die Administration dieser Verordnung hat die Exekutive – also das Innenministerium – über.

Meine Damen und Herren! Das bedeutet, daß die Exekutivbeamten eine Verordnung zu vollziehen haben, die lediglich der Verkehrsminister kennt, weil er sie ja erlassen hat, und das Wirtschaftsministerium weigert sich, diese Verordnung kundzumachen und umzusetzen. Dadurch entsteht für die betroffenen Beamten eine gewisse Rechtsunsicherheit, und das ist meines Erachtens nicht vertretbar.

Meine Damen und Herren! Daher ist es erforderlich, klare Zuständigkeiten im Straßenverkehr insgesamt zu schaffen, damit die Straßenverkehrsgesetze in Summe administrierbar werden, und damit der Bürger und auch jene, die mit der Umsetzung der entsprechenden Gesetze betraut sind, Rechtssicherheit haben. Wir befinden uns mit dieser Forderung nicht in böser oppositioneller freiheitlicher Position, denn kein Geringerer als der derzeitige Herr Innenminister hat in einer Anfrage schon darauf hingewiesen. Da heißt es: "Der zur Beschlußfassung im Ministerrat am 18. Mai 1999 vorliegende Entwurf des vorhin angeführten Gesetzes" – er bezieht sich auf das ASFINAG-Gesetz – "berücksichtigte die im Begutachtungsverfahren vom Bundesministerium für Inneres vorgebrachten Bedenken in den wesentlichen Punkten in keiner Weise." – Der Herr Innenminister hat also in massiver Weise seine Bedenken angemeldet.

Es heißt dann weiter: "Über ausdrücklichen Wunsch des Bundesministers für Inneres ist festzuhalten, daß die Regelung betreffend die Mitwirkung der Angehörigen der Zollwache an der Vollziehung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes im Rahmen der Ausschußberatungen so abzuändern ist, daß einerseits die Vollziehung des Gesetzes gewährleistet ist und es andererseits zu keiner darüberhinausgehenden Ausweitung der Tätigkeit der Angehörigen der Zollwache kommt."

Meine Damen und Herren! Der Innenminister schließt seine Stellungnahme wie folgt: "Ich bin der Meinung, daß die Regelung der Überwachung der Einhaltung der Mautpflicht noch einmal überdacht werden sollte."

Meine Damen und Herren – vor allem von den Sozialdemokraten! Wenn Sie Ihren Minister ernst nehmen, dann unterstützen Sie ihn. Dann können Sie dieser vorgelegten Vorlage aber nicht zustimmen, sondern sind eingeladen, meinem Entschließungsantrag zu folgen, der darauf abzielt, was auch Ihr Innenminister vorschlägt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Engelbert Weilharter und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Entscheidungskompetenzen im Verkehrsbereich

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch eine Änderung der Kompetenzaufteilung auf die einzelnen Ministerien sicherzustellen, daß alle verkehrsrelevanten Agenden, also jene des der


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zeitigen Verkehrsministeriums, die Straßenbaukompetenzen und die Zuständigkeit für die verbliebenen (teilweise) staatseigenen Verkehrsunternehmen in Hinkunft in einem Ressort vereinigt sind."

*****

Ich bitte Sie, Frau Präsidentin, diesen Entschließungsantrag mit in Verhandlung zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Weilharter und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Zusammenlegung der Entscheidungskompetenzen im Verkehrsbereich ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

10.58

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich hätte übrigens gerne gesagt: Sehr geehrte Herren Bundesminister!, weil es für mich es eine Selbstverständlichkeit wäre, daß auch Herr Minister Einem bei diesem Punkt anwesend ist. – Gut.

Herr Kollege Gasteiger! Ich kann Ihre Befriedigung nicht ganz teilen, daß von diesem Road-pricing nur der LKW-Verkehr betroffen ist. Es ist eine etwas eigenartige Erklärung, daß zum Abkassieren nur die Wirtschaft übrigbleibt. Wenn Sie dabei Befriedigung empfinden, dann kann ich nur sagen, ich empfinde bei dieser Erklärung keine Befriedigung, weil die österreichische Wirtschaft der Hauptbetroffene ist, und Herr Minister Farnleitner wird mich verstehen, wenn ich sage, daß das überhaupt unbefriedigend ist.

Das Road-pricing ist für mich eine moderne Bezeichnung für Wegelagerei – mir fällt kein anderes Wort ein –, und das kann und soll nur im Gleichklang mit den wichtigsten EU-Partnerländern eingeführt werden.

Warum diese Hast, meine Damen und Herren? Warum müssen wir dabei wieder die EU-Musterschüler sein, ohne EU-Musterpartner dazu? – Ich komme dann im Punkt zwei meiner Ausführungen noch einmal auf diese Musterschülerrolle zurück. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner. ) – Ja, aber in ganz anderer Form, Herr Minister, und das hat auch eine andere Tradition.

Meine Damen und Herren! Sprechen wir es doch offen aus: Jede weitere Belastung der Frächter soll diese auf die Bahn zwingen. Nur vom Road-pricing betroffen sind wiederum in erster Linie unsere österreichischen Frächter. 80 Prozent des LKW-Verkehrs auf den österreichischen Straßen wird von österreichischen Frächtern verursacht. Der Transit wird vom Road-pricing zum Teil nur am Rande tangiert.

Meine Damen und Herren! Mit dieser übereilten Einführung – die Betonung liegt auf "übereilten Einführung", und die vorgesehene Einführung im Jahr 2002 ist übereilt; wir wissen, daß in Deutschland vor 2003, 2004 gar nicht daran gedacht ist, dieses System einzuführen – treibt man die Rücksichtslosigkeit gegen die Wirtschaft – ich möchte betonen: gegen die Wirtschaft – auf die Spitze. Im Gespräch mit Tiroler Frächtern, die mich händeringend gebeten haben, alles zu unternehmen, damit man die ganze Sache noch einmal überdenkt, ist mir auch klargeworden, daß man in erster Linie und eigentlich nur dem Zeitgeist frönt – natürlich mit dem Effekt, leere Kassen zu füllen. Das ist die Befriedigung, die die Regierung dabei hat.

Daß die Wirtschaftskammer – das möchte ich Ihnen auch auf den Weg mitgeben, Herr Minister – als Mahner und als Warner nicht mehr ernstgenommen wird, das ist jedem klar, das ist in diesem Haus sowieso jedem bekannt. Es ist eine traurige Geschichte, daß die Wirtschaftskammer gerade in dieser Frage zum Papiertiger degradiert worden ist. Meine Herren – ich schaue jetzt ein bissel auf die ÖVP, ich weiß nicht, wer aller Kämmerer in Ihren Reihen ist –, wir alle


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sollten darüber nachdenken, welch traurige Rolle die Wirtschaftskammer in dieser Republik spielt und wie sehr diese Wirtschaftskammer herunterdegradiert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Landeshauptmann Weingartner hat uns Bundesräten und Landtagsabgeordneten im Tiroler Landtag des langen und breiten erklärt, wie froh er ist, die Unterlandtrasse bauen zu können, denn die bayerische Trailergesellschaft wartet nur darauf, diese Strecke zu benützen. Alles wird besser: Auf der Brenner Autobahn ist der ganze LKW-Verkehr weg, auch die DB Cargo-Gesellschaft benützt die Bahn. – Als mir aber dann Minister Einem hier im Haus erklärt hat, daß all das nur Träumereien sind, habe ich schon ein bissel fassungslos dreing’schaut, und mir ist auch die ganze Konzeptlosigkeit dieser Regierung klargeworden.

Hohes Haus! Aus diesem Grund ist von uns Freiheitlichen keine Zustimmung zu dieser Vorlage zu erwarten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.03

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.03

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Dürfte ich dieser Diskussion noch einige Stunden zuhören, würde ich mein Fachwissen endgültig verlieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ. – Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Prähauser: Aber nur wenn Sie aufpassen würden, würden Sie es verlieren!) Ich habe mir sogar alles aufgeschrieben, weil man sich das auf der Zunge zergehen lassen muß.

Ich darf dem Bundesrat in Erinnerung rufen, daß er selbst 1996 dem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz mit dem verpflichtenden Road-pricing für PKW und LKW zugestimmt hat. (Bundesrat Dr. Böhm: Mehrheitlich!) Zumindest müßten alle Bundesräte wissen, daß es dieses Gesetz jetzt schon seit einigen Jahren gibt. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Es müßte auch hier bekannt sein, daß der Verfassungsgerichtshof eine Bestim-mung, nämlich jene, bei der es um die Verordnung der Mautstrecken geht, wegen unzureichender Determinierung aufgehoben hat; diese galt es zu sanieren. Es dürfte auch bekannt sein, damit es hier keine falschen "Vaterschaftsprozesse" gibt: Das Road-pricing für PKW wurde von beiden Regierungsparteien beschlossen und mitgetragen. Ich habe mir gestattet, als ich in diese Regierung eintreten durfte, dieses Vorhaben von Beginn an zu hintertreiben. Dafür werde ich auch von Kolleginnen und Kollegen ordentlich geprügelt. Denn es ist Schwachsinn, PKW-Road-pricing einzuführen, wenn man weiß, daß man dazu vier, fünf Cray-Computer braucht, um alleine die Verkehrsströme zu steuern. Die Autofahrer – das sage ich locker – zahlen schon genug! – Zweiter Punkt.

Nächster Punkt: Es war völlig klar, daß wir in der Finanzierung mit unseren Mitteln langsam am Ende sind, weil in ganz Europa die Mineralölsteuern nicht mehr zweckgebunden verwendet werden, sondern als eine der normalen Besteuerungsarten in die allgemeinen Budgets gehen. Seit wir die Vignette haben, können wir Lückenschlußprojekte durchführen.

Die Transportkosten – Herr Bundesrat Weilharter, auch wenn es die Steirer nicht glauben – sind in den letzten Jahren dramatisch gesunken. Es hat ein Bundesrat zitiert, ich kann es Ihnen noch einmal vorlesen. Die Herren sollen sich nicht dauernd bedauern, der Transport auf dem LKW ist so wettbewerbsfähig, daß die Bahn Mühe hat, ihre Marktanteile zu halten.

Halten wir in dem Kreis auch fest: Die Bundesbahnen transportieren nur ein Fünftel der Güter und nur ein Neuntel der Menschen, die auf der Straße verkehren. Es ist geradezu absurd, hier einen Konflikt zu schüren. Die Bundesbahnen haben die Schlacht längst verloren, sie wissen es. Selbst wenn sie noch so viele Linien bauen, werden sie bestenfalls ihre Marktanteile halten. Darum kaufen sie auch ein Transportunternehmen nach dem anderen auf, denn je mehr man die Bahn forciert, umso mehr Feeder- und Distributor-LKW braucht man an den jeweiligen Lade-


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und Entladeorten. Daher kann die Lösung doch nur sein, wenn wir weiterhin LKWs auf der Straße haben werden – und das werden wir –, ihnen eine entsprechende Infrastruktur zu bieten, für die sie adäquat zahlen. Und das bezahlt im Augenblick der Schwerverkehr bei weitem nicht.

Nächster Punkt: Es ist außer Streit, daß wir gesagt haben – das habe ich im Bundesrat wiederholt erklärt –, daß es das Ziel ist, das im Gleichschritt mit Deutschland zu machen. Die Beamtengespräche mit den deutschen Beamten werden in den nächsten Wochen in Vils beginnen.

Aber es gibt ein anderes Problem, lassen Sie es mich deutlich sagen: Ich komme von einer Ver-anstaltung mit steirischen Autozulieferern, Produzenten von Autobestandteilen. Wenn Sie heute über die Pyhrnstrecke eine Waggonladung Autobestandteile nach Stuttgart fahren, so ist dieses Fahrzeug 48 Stunden unterwegs. Die Kapazität dieser Strecke ist voll ausgeschöpft, weil die Verkehrsleitsysteme nicht hinreichend sind. Mit dem LKW schafft er das in einem Viertel der Zeit.

Einen Punkt lassen Sie mich auch, ohne stänkern zu wollen, klarstellen: Ein Verkehrskompetenzwirrwarr gibt es für jene, die sich mit der Kompetenz nie auseinandergesetzt haben. Ich sehe es an den Faxen, ich kriege Hunderte Faxe, in denen man sich wegen der Ferienreiseverordnung des Kollegen Einem und anderer Dinge beschwert. Ich antworte darauf: Geschätzter Unternehmer! Sie haben mich mit einem Protesttelegramm bedacht. Wenn Sie so wenig über Ihren Betrieb Bescheid wissen wie über die Kompetenzen der Bundesregierung, dann tun Sie mir leid. Denn ich bin nur für den Bau zuständig, für die Verkehrsflußregelung Straße ist Kollege Einem zuständig, und für die Sicherheitskontrollen auf der Straße ist das Innenministerium zuständig. – Also eine watscheneinfachere Aufteilung kann ich mir überhaupt nicht vorstellen (Bundesrat Dr. Böhm: Sinnvoll ist sie nicht!), obwohl ich manchmal nichts dagegen hätte, die Regelungen selbst durchzuführen. Also wer das nicht weiß, muß sich jahrelang nicht informiert haben, es tut mir leid.

Nächster Punkt: Ich würde schon bitten, daß langsam auch organisierte föderale Verhinderung von Infrastrukturprojekten unterbleibt. Ich darf das in diesem Haus sagen. Es kann nicht sein, geschätzter Tiroler Bundesrat, daß ich mit der Tiroler Landesregierung vereinbare, daß die Straße des Landecker Tunnels vignettenpflichtig wird, und dann fangen wir dort mit den Mitteln aus der Vignette in Rekordtempo zu bauen an, und kaum nähern wir uns der Fertigstellung, wird gesagt: Das wollen wir nicht! – Es kann nicht sein, daß uns die Tiroler Landesregierung sagt, wir können uns ein Stretching der Brennermaut vorstellen, wenn es nur ein Jahr vorher ist, damit wir den EU-Prozeß vermeiden, und kaum ist die Wahl vorbei, gilt alles nicht mehr.

Oder: Nordostumfahrung Wien. Wir einigen uns über die Nordostumfahrung Wien, darauf macht das Land Wien im Rahmen des Konsultationsmechanismus einen Einspruch und behindert möglicherweise die Verabschiedung des Bundesstraßengesetzes. Gleichzeitig bekomme ich Anfragen, warum dieses Vorhaben behindert wird.

Meine Damen und Herren! Ich glaube schon, daß etwas mehr Zielorientiertheit auf verschiedenen Ebenen manchmal auch nicht schaden würde.

Jetzt bin ich ein paar Dinge losgeworden, aber lassen Sie mich noch ein paar Punkte sagen.

Ganz wichtig für uns ist die Klärung der Streitfrage, wer in Österreich die Einhaltung der Vignettenpflicht kontrolliert. Meine Damen und Herren! Die Chance in Westösterreich, beim Verstoß gegen die Vignettenpflicht erwischt zu werden, ist 1 : 70 000 bis 80 000. Ich habe allen Kollegen der Gendarmerie erklärt, es kann nur unser Interesse sein, daß wir zu einer gleichen Kontrolldichte in ganz Österreich kommen, von Wien bis Westen. Das sind einige 100 Millionen Schilling, die unsere Geldverknappung in manchen Bereichen verbessern würden.

Hoher Bundesrat! Dieses Gesetz stellt sicher: Erstens: Das PKW-Road-pricing wird es nicht geben.

Zweiter Punkt: Es stellt sicher, daß wir ein LKW-Road-pricing-System einführen können. Es ist x-mal von allen "Spielern" erklärt worden: Selbstverständlich werden wir das im Gleichklang mit


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Deutschland machen müssen, weil wir sonst unmögliche Verzerrungen im Verkehrsgefüge West-/Ostösterreich bekommen würden.

Dritter Punkt: Wenn für die weiterhin wachsenden LKW-Nutzungsgrade nicht bessere Infrastrukturen geschaffen werden, werden wir mit und ohne PKWs nur mehr Stauphänomene haben. Daher ist es für den Wirtschaftsstandort Österreich notwendig, daß wir hier die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Ich hoffe sehr, daß die deutsche Regierung den Termin, den sie sich ursprünglich vorgenommen hatte, nämlich 2002 beziehungsweise 2003, halten kann. Wir werden die Verhandlungen führen.

Noch ein Hinweis: In mehreren europäischen Staaten gibt es seit Jahrzehnten ein Road-pricing-System für PKWs wie für LKWs auf Autobahnen. Wer in Italien oder Frankreich je gefahren ist, wird das wissen. Es gibt überall Mautstellen, wo man einzeln zufahren kann. Also so sensationell neu ist das, was in Österreich passiert, nicht.

Letzte Information: Wir werden im Europaparlament gemeinsam einen Antrag einbringen, der verlangt, daß die Rahmenbedingungen so verändert werden, daß vollautomatische Mautsysteme mit einer verpflichtenden Onboard-unit für LKWs zulässig sind. Dann ersparen wir uns die teure "Hüttlwirtschaft" und auch die Verkehrsabstoppung. Es fahren dann alle einfach durch, und der Betrag wird abgebucht. Wenn wir das schaffen, dann ist das Modell viel einfacher durchsetzbar als bisher. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Kollege d'Aron.

11.11

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitlichen haben hier im Rahmen ihrer Wortmeldungen deutlich ausgeführt, daß es zu einer einheitlichen Verkehrskompetenz in Österreich, zu einer geschlossenen Struktur, zu einem ordentlichen Auftritt nach außen kommen muß. Österreich darf sich in der EU nicht blamieren, und wir haben zu diesem Zweck einen Entschließungsantrag eingebracht.

In diesem Entschließungsantrag steht das, was sich ohnehin jede Bundesrätin und jeder Bundesrat – bitte, Sie sind grundsätzlich freie Mandatare! – denkt: daß wir eine geschlossene, einheitliche Verkehrskompetenz brauchen. Ich möchte das illustrieren, um Ihnen darzustellen, daß Sie, wenn Sie hier gegen unseren Entschließungsantrag stimmen, Österreich im Ausland einen Schaden zufügen, wie Sie das ohnehin schon tun.

Es liegt mir hier ein Schreiben vom 10. Juni 1999 vor, es ist das Schreiben des Generaldirektors Coleman, GD VII Verkehr, an den Botschafter Scheich. Er schreibt – ich zitiere –:

"Herr Botschafter,

Ende März durfte ich mich bereits mit der Frage an Sie wenden, welche Schritte Österreich unternehmen wird, um die im Zusammenhang mit der im Verkehrsministerrat vom 30. November 1998 erfolgte Erklärung Österreichs zur Höhe der Gebühren für die Benutzung der gesamten Brenner-Kufstein-Strecke umzusetzen.

Wie Ihnen bekannt ist, hatte Österreich im Rat erklärt, ab dem 1. Juli 1999" – bitte, das ist heute! – "eine nichtdiskriminierende ausgewogene Durchschnittsgebühr von Euro 84,-- für die Benützung der gesamten Strecke von Kufstein bis zum Brenner zu erheben.

Bisher hat die Kommission von Österreich keine formelle Mitteilung in dieser Angelegenheit erhalten. Ende April gehaltene Informationsgespräche zwischen Vertretern der Kommission und


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verschiedenen österreichischen Ministerien haben leider auch nicht zu einer abschließenden Klärung beigetragen."

Also ich muß Ihnen ehrlich sagen, dieses Schreiben ist für Österreich peinlich.

"Da wir inzwischen kurz vor dem Ablauf der vereinbarten Frist des 1. Juli stehen, möchte ich Sie bitten, mir nunmehr, in Antwort auf mein oben erwähntes Schreiben vom 30. März, die von Österreich beabsichtigten Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen."

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist kein Angriff gegen den Herrn Bundesminister. Hier geht es um eine grundsätzliche Sache, der Herr Bundesminister hat nicht das Bundesministeriengesetz geschrieben. Es ist ein Fehler der Bundesregierung an sich, keine einheitliche Verkehrskompetenz zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich würde daher vorschlagen und Sie auch dringendst ersuchen, im Sinne der Republik, im Sinne unserer Reputation im Ausland, wie ich Ihnen gerade darstellen durfte, im Sinne dieses Schreibens unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesmini-ster. – Bitte.

11.14

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Für dieses Schreiben müßte sich der Herr Generaldirektor Coleman entsetzlich genieren. Ein General-direktor, der so uninformiert ist, dessen Kommissar uns über Wochen Termine verweigert, der, wenn er österreichische Zeitungen gelesen hätte, wissen müßte, daß mein Ministerium die 84 Ecu durch die Senkung auf der Brenner-Mautstrecke in der Zwischenzeit in die Wege geleitet hat, was heute auch in Kraft getreten ist, hat sich längst erübrigt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.) Herr Coleman hätte uns nur anrufen müssen. Ich würde auch Sie in Zukunft bitten, vorher uns zu kontaktieren und zu fragen, dann können wir solche Disputationen vermeiden.

Wahr ist, daß die EU-Kommission manchmal wirklich eine wilde Gruppe ist. Ich darf das wirklich sagen. Es hat eine Besprechung stattgefunden, und wir haben immer gesagt: Selbst wenn wir das Stretching machen, ist es nur möglich, etwa 150 S für den unteren Teil der Inntalstrecke als Maut zu verlangen. Plötzlich erzählen uns die Kollegen der EU-Direktion, auch der von Österreich genannte Kollege, der jetzt hier sitzt (in Richtung Besucherbänke), sie wollen eigentlich den dreifachen Betrag haben. – Darauf haben wir gesagt: Freunde, ihr habt uns beim Europäischen Gerichtshof geklagt, und zwar deshalb, weil wir die 84 Ecu auf der Gesamtstrecke überschreiten. Wir werden mit 1. Juli den Tarif absenken. – Das haben wir gemacht, der Finanzminister hat zugestimmt, die entsprechende Verfügung ist draußen. – Ihr habt uns nicht wegen Diskriminierung im Inntal geklagt, also – bitte das jetzt nicht wörtlich zu nehmen – rutscht uns den Buckel hinunter, jetzt warte ich auf den Richter! Schluß, aus.

Denn so kann es nicht gehen: Zuerst die 84 Ecu einzuklagen, dann eine atypisch hohe Maut für die Inntalstrecke von uns zu erwarten. Das ist nicht machbar mit uns. Daher werden wir streiten. Schluß, aus!

Herr Direktor Coleman soll sich merken, er soll manchmal wenigstens ein paar österreichische Zeitungsausschnitte lesen, wenn er uns schon nicht fragt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.


Bundesrat
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Wir kommen daher zu den Abstimmungen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Bundesräte Weilharter und Kollegen betreffend Zusammenlegung der Entscheidungskompetenzen im Verkehrsbereich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend Zusammenlegung der Entscheidungskompetenzen im Verkehrsbereich ist daher abgelehnt.

2. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden (Euro-Währungsangabengesetz – EWAG) (1639 und 1952/NR sowie 5971/BR der Beilagen)

3. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Markenrechts-Novelle 1999) (1643 und 1953/NR sowie 5972/BR der Beilagen)

4. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird (1067/A und 1954/NR sowie 5973/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden (Euro-Währungsangabengesetz – EWAG),

ein Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Markenrechts-Novelle 1999), sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 2 bis 4 hat Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.

Berichterstatter Dipl.-Ing. Hannes Missethon: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich bringe den Bericht zu Tagesordnungspunkt 2: Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden (Euro-Währungsangabengesetz – EWAG).


Bundesrat
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Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich beschränke mich daher auf die Verlesung des Antrages:

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 3: Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Markenrechts-Novelle 1999).

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich beschränke mich daher wieder auf die Verlesung des Antrages:

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich beschränke mich wieder auf die Verlesung des Antrages:

Der Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

11.21

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das Patentanwaltsgesetz zur Sicherheit der Krankenfürsorge für die Patentanwälte ist eine Notwendigkeit. Die Markenrechts-Novelle zum Schutze unserer Marken ist zu begrüßen. Wir Freiheitlichen stimmen diesen beiden Beschlüssen gerne zu.

Aber vor mir liegt dieses unbeschreiblich dicke Papier, das eine Verwaltungsvereinfachung bringen soll und nichts anderes darstellt als eine unnötige Fleißaufgabe eines sehr regen Wirtschaftsministers.

14 Länder in der EU-Gemeinschaft brauchen kein EU-Währungsangabengesetz, unser Minister aber behauptet, Österreich brauche eines, und zwar schon deswegen, weil wir eine neue Kommission brauchen. Nennen wir es ruhig Arbeitsplatzbeschaffung oder Aufstockung anstatt schlanker Staat, denn mit § 19 wird eine Euro-Preiskommission eingeführt. Sie können sich jetzt ruhig herausreden, Herr Minister, indem Sie sagen, daß diese Kommission als Preisauszeichnungskommission bereits bestanden hat und sich jetzt nur umschulen lassen muß. Aber – ich hätte es beinahe vergessen – es kommen auch noch Sachverständige vom Gewerkschaftsbund, vom Städtebund, vom Gemeindebund, vom Länderbund dazu. – Es kommt also eine weitere Flut der Bürokratie auf uns zu.

Die Zweischneidigkeit, mit der hier bei dieser Gesetzgebung wieder einmal von seiten der ÖVP vorgegangen wurde, ist beispielgebend und sollte eigentlich, meine Damen und Herren, alle unsere Unternehmer vom Sessel reißen. Die Stellungnahme der Wirtschaftskammer war nämlich folgende: Dieses Gesetz führt zu einer isolierten Stellung Österreichs innerhalb der EU und zu einer erheblichen Inländerdiskriminierung für die heimischen Wirtschaftsbetriebe. – Das wird


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dann seitenweise begründet. Unterschrieben ist sie von Herrn Dr. Maderthaner und Herrn Dr. Stummvoll.

Aber wie immer, meine Damen und Herren, waren diese beiden Herren im Nationalratsplenum unter den Befürwortern, wie das schon bei der Abschaffung der Getränkesteuer der Fall war. – Nein, Pardon, da haben sie das Plenum verlassen, um nicht abstimmen zu müssen. (Bundesrat Weilharter: Sie haben mehrere Gesichter!) Wie schon bei vielen anderen wirtschaftlichen Notwendigkeiten sind sie vor den Sozialisten in die Knie gegangen.

Man versuchte, Auswüchse dieses Gesetzes zu vermeiden, indem man für die Kleinen etwas getan hat. Herr Bundesminister! Sie verteidigen dieses Gesetz, indem Sie es im Nationalrat als Flankenschutz bezeichnet haben – auch ein Schutz für Unternehmer, möchte ich meinen. Soll es also nur ein Schutz für die Großen sein? Hat man nun den Kleinen diesen Schutz verwehrt, oder will man ihnen wirklich eine Bürokratielast von den Schultern nehmen? Was ist jetzt in Ihren Augen Ehrlichkeit?

Herr Minister! Bei diesem Koalitions-Fußballspiel auf dem Rasen der Unternehmer, bei dem man diese noch dazu als Ball benutzt, ihn herumschupft, wie man will, werden sich auch die letzten Wirtschaftskammer-Anhänger sowie Arbeitnehmer langsam von den Zuschauerrängen wegbegeben und diesem Fußballspiel nicht mehr länger Beifall zollen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nein, meine Damen und Herren, Herr Minister, dieser Ball wird nicht das Tor treffen, das Sie sich am 3. Oktober vorstellen, er wird dieser Regierung für ihre Unehrlichkeiten, für ihre Proporzherrschaft, wie wir sie gerade in den letzten Wochen bei der Bestellung des zweiten ÖW-Chefs mit einem Jahreslohn von rund 4 Millionen erlebt haben, für ihre Doppelzüngigkeit, für ihre verfehlte Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik und für ihre Alibi-Gesetzgebungen und für ihre Augenauswischereien sicherlich auf den Kopf fallen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.25

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Für Nichtraucher ist starker Tobak genauso wie leichter Tobak nicht immer bekömmlich, aber lassen Sie mich ein paar Dinge gleich feststellen.

Erstens: Dinge werden nicht wahrer, indem sie immer wieder behauptet werden. Wahr ist, daß in der Europäischen Union bis jetzt kein Land ein diesbezügliches Gesetz verabschiedet hat, wahr ist aber auch, daß Frankreich, Belgien, Portugal und Spanien sagen, sie werden Gesetze beschließen oder einfache Verordnungen erlassen, weil sie aufgrund ihrer Rechtsordnung Ermächtigungen der Minister haben, die auf das gleiche hinauslaufen. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Das Kammergutachten ist längst von der Geschichte überholt – auch das wäre fairerweise dazuzusagen. Das bezog sich auf den Erstentwurf. In der Zwischenzeit waren die Kammerspitzen vor allem des Handels bei mir. Als sie nämlich gesehen haben, wie die berühmten europäischen freiwilligen Preisauszeichnungen ausschauen, nämlich daß es ein Gütesiegel gibt, das von einer dritten Stelle verliehen wird, das über das Zivilrechtsverfahren eingeklagt werden kann, das hinsichtlich der Verwaltungskosten einen vielfachen Aufwand des von uns vorgesehenen Modells verursacht, sind sie von "Saulussen" zu "Paulussen" geworden. Daher haben die beiden Herren, die hier genannt worden sind, mit gutem Recht zugestimmt, weil ich es für einen Wahnsinn halte, das deutsche freiwillige Modell einzuführen.

Dritter Punkt: Es hat in der Zwischenzeit ein Wettbewerb der freiwilligen Preisauszeichnung eingesetzt, sogar im Tourismusbereich können Sie oft bis zum kleinsten Wirt alle Preise in Euro lesen. (Bundesrätin Haunschmid: Freiwillig!) Wenn die Freiwilligkeit bis dahin funktioniert hat,


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ist es wunderbar, nur die schwarzen Schafe, die es da und dort geben möge, muß man begleiten.

Eines halte ich hier fest: Wir haben einer ursprünglich unendlich Euro-skeptischen Bevölkerung versprochen, daß wir eine derartige Maßnahme setzen werden. Sie verursacht in keiner Weise Zusatzkosten, weil all jene, die dieser Regelung unterworfen werden, jetzt bereits im Wege der Freiwilligkeit Millionenkosten in Kauf genommen haben, um zwei Jahre vor Einführung des Euro die doppelte Preisauszeichnung durchzuführen. Nehmen Sie die ganzen Handelsketten, nehmen Sie die Betriebe des Tourismus, nehmen Sie die ganzen Versandunternehmen her.

Daher ist dieses Gesetz notwendig, um allfällige schwarze Schafe zu erwischen.

Zum Bürokratismus: Es wird keine neue Kommission geschaffen, sondern es handelt sich um die bereits bestehende Preisauszeichnungskommission. Es wird hier nichts bezahlt, es bekommt niemand etwas, und wenn sich zufällig Experten im Begutachtungsverfahren dazureklamiert haben, so wird auch denen nichts bezahlt.

Also ich nehme an, daß sich dieses Gesetz durch die unglaubliche Akzeptanz der freiwilligen Preisauszeichnung überholen wird, aber es wird eingesetzt werden müssen, sollten einige Unternehmen oder Bereiche von der Preistransparenz oder den erforderlichen Disziplinregeln Abstand nehmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hager. – Bitte.

11.28

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinen Ausführungen hauptsächlich mit dem Euro-Währungsangabengesetz beschäftigen, und ich möchte gleich einleitend sagen: Ich halte dieses Gesetz für absolut notwendig, denn die Einführung des Euro ist für viele Österreicher etwas völlig Neues, das noch dazu sehr tief in die persönliche Lebensführung eingreift.

Der tägliche Umgang mit dem Schilling, das Gefühl für die Kaufkraft des Schillings ist den meisten Menschen verinnerlicht, und sie müssen sich mit der Einführung des Euro von einem Stück Sicherheit trennen – von etwas, das bisher vertraut, alltäglich und schon unbewußt handhabbar war. Das vorliegende Gesetz ist ein wichtiger Beitrag zum Abbau des Mißtrauens, und es ist – wie es schon der Herr Wirtschaftsminister im Nationalrat gesagt hat – eine psychologische Stütze für die Menschen.

Es gibt zweifelsohne eine gewisse Verunsicherung bei den Menschen. Bei älteren ist diese stärker als bei jungen, was auch ganz klar verständlich ist: Ältere Menschen haben in ihrem Leben schon bis zu fünfmal eine Währungsumstellung erleben müssen, wobei viermal diese Umstellung unter anderen wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen erfolgt ist – die jetzige fünfte Umstellung ist eine zu einem fixierten Wechselkurs, die keine Änderung des Wertes und der Kaufkraft der Währung mit sich bringt. Durch entsprechende Greuelpropaganda aber werden die Menschen noch zusätzlich verunsichert, und wenn man nur lange genug und intensiv genug die latente Unsicherheit bestärkt, dann schürt man ganz intensiv die Ängste der älteren Bevölkerung.

Gerade Pensionisten, aber auch Menschen, die trotz aller Information es nicht schaffen, von heute auf morgen mit einer ihnen vorerst fremden Währung zu hantieren, und auch Menschen, die vielleicht intellektuell nicht in der Lage sind, das Prinzip der Umrechnung von Schilling in Euro so problemlos zu verstehen, sind potentielle Opfer von eventuell versuchter Bauernfängerei. Diese Bauernfängerei hintanzuhalten, diese Menschen zu schützen, das ist, so glaube ich, nicht unwesentliches Ziel dieses Gesetzes.


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Im Detail sieht das Gesetz sehr gut durchdachte Regelungen vor. Es ist nicht so, daß eine starre Vorschrift zur doppelten Preisauszeichnung quer durch alle Branchen existiert. Es gibt spezielle Vorschriften, etwa für Tankstellen, für Versandhäuser, für Taxiunternehmen, für Buchhandlungen und für Kleinunternehmen, speziell auch für Kleinunternehmen, wobei jeweils auf die Besonderheiten dieser Sparten Rücksicht genommen wird.

Lassen Sie mich noch eine Überlegung anstellen. Wie wir alle aus unserer täglichen Erfahrung wissen, sind große Handelsketten, aber auch zahlreiche andere Wirtschaftsunternehmen und Banken bereits heute, da der Euro erst als Buchgeld existiert, dazu übergegangen, die Preise sowohl in Schilling als auch in Euro auszuzeichnen. Ich bin mir nicht sicher, ob diese scheinbare Freiwilligkeit nicht auch darauf zurückzuführen ist, daß eine entsprechende gesetzliche Regelung angekündigt war. Die Preistransparenz ist der beste Konsumentenschutz. Bei allem Vertrauen in Marktmechanismen ist die Rute im Fenster, nämlich die Euro-Preiskommission und die Euro-Preiskontrolle, die beste Garantie dafür, daß diese Marktmechanismen auch funktionieren.

Im Zusammenhang mit diesem Gesetz von wucherndem Bürokratismus zu reden, ist grundfalsch. Wenn sich alle Unternehmen an faire Regeln halten, wird dieses Gesetz gar nicht greifen – der Herr Bundesminister hat es gesagt –, werden die Behörden gar nicht eingreifen müssen. Aber das Gesetz schafft gerade in diesem sensiblen Bereich Sicherheit.

Noch ein Satz zur Markenrechts-Novelle. Diese Novelle stellt eine wichtige Fortentwicklung zu einem modernen Markenrecht dar, denn Firmen, die sehr viel in den Aufbau einer Marke investiert haben, werden vor billiger Konkurrenz geschützt.

Abschließend möchte ich noch zum Patentanwaltsgesetz sagen, daß auch diese Novelle begrüßenswert ist, stellt sie doch die gesetzliche Grundlage für die Schaffung von Einrichtungen zur Versorgung ihrer Mitglieder und deren Angehörigen für den Fall der Krankheit dar.

Meine Fraktion wird allen drei Vorlagen gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

11.32

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Verehrte Frau Vizepräsidentin! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe das Lamento und die Aufregung von Frau Kollegin Haunschmid nicht ganz. Wenn sie vorgibt, sich für die Klein- und Mittelbetriebe einzusetzen, vor allem aber für die Kleinen und Tüchtigen in diesem Segment, dann sollte sie doch auch erwähnen, daß es hiefür Ausnahmen gibt und daß unser Wirtschaftsminister für diesen Fall sehr wohl Ausnahmen vorgesehen hat, nämlich für jene Betriebe, die weniger als neun Mitarbeiter haben, und daß es für diese sehr wohl vereinfachte Preisauszeichnungsregeln gibt. (Bundesrätin Haunschmid: Herr Kollege! Sie hören mir nicht zu!) Es wird Umrechnungstabellen geben, die man an den Kassen aufstellen wird können. Letztendlich ist es, meine Damen und Herren, auch ein Anliegen der Wirtschaft, auf Preistransparenz hinzuweisen.

Letztendlich sollte sich die Wirtschaft nicht davor scheuen, zu demonstrieren, daß sie das nicht nötig hat, was Herr Kollege Hager mit Bauernfängerei bezeichnet hat, nämlich daß Rundungs- und Umrechnungsdifferenzen dazu verwendet werden, die Preise in die Höhe zu lizitieren, und daß auf diese Art und Weise der Konsument zu Schaden kommt. Im Gegenteil, meine Damen und Herren, ich weise das zurück. Ich würde mir sehr wünschen, daß auch die Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei endlich einmal den Marktmechanismus, den Wettbewerb, das Regulativ, dem letztendlich auch diese unsere Wirtschaft unterworfen ist, jene Regelungskreise, die notwendig sind, um fairen Wettbewerb, faire Preise, vor allem aber auch Gewinne bei den Unternehmen immer noch möglich werden zu lassen, verstehen lernen.


Bundesrat
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Meine Damen und Herren! Wenn wir zum Ausgangspunkt zurückblenden, dann muß ich sagen, daß es eine sehr geringe innerösterreichische Akzeptanz für den Euro und für die Währungsumstellung gegeben hat. Diese lag bei etwa 20 Prozent. Daher war es sehr wohl notwendig, Begleitmaßnahmen zu setzen, um den Österreicherinnen und Österreichern diese Skepsis zu nehmen und die Akzeptanz zu erhöhen.

Die Alternativen hat der Herr Minister schon erwähnt. Was hätte es an Möglichkeiten gegeben? – Die Teilnahme an diesem freiwilligen Euro-Commercesystem, das letztendlich von überbordender Bürokratie geprägt ist, das zweifelsohne aber auch sehr ineffizient für diese wenigen ist, die vielleicht dieses Gesetzes bedürfen.

Was sehr positiv zu vermerken ist, ist, daß die Großen, die Handelsketten, all jene, die EDV-gestützt ihre Betriebe führen, damit absolut kein Problem haben, zwei Preise auszudrucken und so dem Kunden den Vergleich zu ermöglichen. Für jene aber, die wirklich dem Kleinstsegment angehören, gelten die erwähnten Ausnahmen.

Die Konsequenz, die bereits aufgrund der Ankündigung dieses Gesetzes und jetzt auch aufgrund dessen Wirksamwerdens zu bemerken war, war, daß bereits eine Flut von Doppelauszeichnungen begonnen hat und die tüchtigen und leistungsfähigen Unternehmungen darauf stolz sind, daß sie diese Angaben auch ohne legistischen Rahmen und ohne Begleitmaßnahmen zur Verfügung stellen.

Meine Damen und Herren! Was die Novelle des Markenschutzgesetzes betrifft, möchte ich erwähnen, daß es in einem Europa der Regionen zweifelsohne wichtig und wertvoll ist, auch eine Identität aufgrund von Produkten zu schaffen und zu erreichen. Diese Novelle regelt drei wichtige Rahmenbedingungen für diesen Markenschutz und schützt damit jene, die sehr viel Geld in die Ausformung von Eigenmarken investiert haben, wie beispielsweise den Tiroler Speck oder die Wachauer Weine oder das steirische Kernöl – Produkte, die sehr für die österreichische, für die regionale Identität stehen. Es ist das Erwerbsrecht an einer Marke für jedermann geregelt. Es ist damit aber auch eine Verschärfung des Gebrauchszwanges verbunden, das heißt, nicht benützte Markenrechte werden ausgeschieden werden. Es gibt insgesamt eine wirkungsvolle Bekämpfung des sittenwidrigen Erwerbs von Marken. Ich glaube daher, daß es durchaus im Interesse unserer einheimischen Firmen ist, die sehr viel aufgewendet haben, um sich auf dem Markt zu positionieren, daß sie diesen Schutz auch vom Gesetzgeber her bekommen.

Zur Änderung des Patentanwaltsgesetzes ist zu sagen, daß es Ziel dieser Initiative der Patentanwaltskammer war und ist, die gesetzliche Grundlage für die Schaffung von Einrichtungen zur Versorgung ihrer Mitglieder und deren Angehörigen für den Fall der Krankheit einzuräumen, und daß es auch Ergänzungen dahin gehend gibt, daß die Anwaltskammer von der Möglichkeit des sogenannten Opting-out Gebrauch machen und Ausnahmen von der Pflichtversicherung der Patentanwälte in der Krankenversicherung beantragen kann.

Meine Damen und Herren! Es handelt sich insgesamt um drei Materien, denen wir von der Österreichischen Volkspartei gerne unsere Zustimmung geben werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.38

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Grissemann. – Bitte.

11.39

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich rede zum Euro-Währungsangabengesetz und muß sagen, daß ich selbst davon betroffen bin. Ich bin ein typischer Mittelständler, habe einen Textilhandel mit 30 Mitarbeitern und weiß also, was auf mich zukommen wird.

Vor uns liegt ein legistisches Meisterwerk, allerdings im negativen Sinn. Seit der Behandlung dieses Gesetzes im Ausschuß ist mir auch klar, wie man in Österreich Gesetze konzipiert, nämlich nach dem Motto: Warum denn so einfach, wenn es auch so herrlich kompliziert geht.


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 58

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Man muß die Begeisterung erlebt haben, wie im Ausschuß hier im Bundesrat die zuständigen Bürokraten – pardon, Beamten – ihr vermeintlich legistisches Meisterwerk vorgetragen haben.

Worum geht es eigentlich? – Ab dem 1. Oktober 2001 bis längstens 31. Dezember 2002 sollten die Preise doppelt angeschrieben werden. So weit, so gut.

Dazu hat man ein Gesetz von sage und schreibe sieben DIN-A4-Seiten produziert. Einige Kostproben daraus – Frau Präsidentin, ich darf mit Ihrer Erlaubnis zitieren –: "§ 6 (2): Bei einer Preisauszeichnung gemäß den Bestimmungen des Preisauszeichnungsgesetzes, BGBl. Nr. 146/1992 in der jeweils geltenden Fassung, sowie bei Preisangaben in der Werbung hat hinsichtlich der doppelten Währungsangabe bei Preisangaben nebeneinander der Schillingbetrag links und der Eurobetrag rechts, bei Preisangaben übereinander der Schillingbetrag oben und der Eurobetrag unten zu stehen." – Kleine Kostprobe daraus. (Bundesrat Dr. Böhm: Eine Reifeleistung!)

Ich darf weiters § 6 (3) zitieren: "Unternehmer haben im Kassenbereich an gut sichtbarer Stelle auf einem Aushang den Umrechnungskurs, die Saldierungswährung sowie eine Liste der Stückelungen von Schillingnoten und -münzen und Euronoten und -münzen mit dem jeweiligen Wert in der anderen Denomination anzugeben." – Da sieht man schon, wie kompliziert Gesetze geschrieben werden. (Bundesrat Schöls: Das ist aber Ihr Problem, wenn Sie nicht lesen können!) Ja, ist schon klar.

Sie dokumentieren damit wieder einmal mehr, wie ungeheuer schwer lesbar in Österreich Gesetze produziert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich lese Ihnen den einen Satz noch einmal vor: "im Kassenbereich an gut sichtbarer Stelle auf einem Aushang ... anzugeben." – Das, meine Damen und Herren, Herr Minister, wäre es gewesen. Mehr wäre nicht notwendig gewesen, und mehr wird auch in den meisten EU-Ländern nicht verlangt und praktiziert werden.

Nicht so in Österreich. Es wird wieder einmal die österreichische Wirtschaft schikaniert – ich sage das Wort ganz deutlich: schikaniert – und völlig unnotwendig mit Arbeit eingedeckt. Schlußendlich werden dem österreichischen Handel gigantische Mehrkosten aufgehalst. Meine Damen und Herren! Ich weiß, wovon ich rede, ich habe mir mit meinen Mitarbeitern schon ausgerechnet, wie viele Tage und Nächte wir sitzen werden. Es geht halt nur so, daß man das in nächtelanger Arbeit umschreibt.

Ein Vorredner hat gesagt: Wenn sie fleißig sind, wenn sie intelligent sind, wenn sie clever genug sind, werden sie das jetzt schon doppelt anschreiben. Die Praxis schaut in Wahrheit ganz anders aus, meine Damen und Herren, lassen Sie sich das von mir sagen, die schaut wirklich ganz anders aus. Ich habe Mehrkosten in der Höhe von zirka 100 000 S für meinen Betrieb ausgerechnet. Warum denn einfach, wenn es kompliziert auch geht?

Eines möchte ich auch noch sagen, Herr Minister – gut, daß Sie da sind (Ruf bei der ÖVP: Er ist immer da!), Ihr Naheverhältnis zur Wirtschaftskammer ist ja bekannt –: Anhand dieses Gesetzes wird wieder einmal die Doppelzüngigkeit der Wirtschaftskammer aufgezeigt. Ich habe mit Interesse gehört, daß die Herren Maderthaner und Stummvoll dazugelernt haben und sich bei solchen Abstimmungen von ihren Plätzen erheben und den Saal verlassen. Das ist mir neu, denn früher haben sie darauf vergessen. Da wurde es uns noch deutlicher vor Augen geführt. (Bundesrat Ledolter: Das ist eine Ungeheuerlichkeit!) Das ist aber eine Tatsache.

Es ist traurig, meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, daß Sie diesem Wahnsinn auf sieben Seiten zustimmen. Von uns Freiheitlichen ist jedenfalls dazu keine Zustimmung zu erwarten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.44

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Repar.


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 59

Darf ich vielleicht zuerst, bevor der Herr Bundesrat das Wort ergreift, folgendes sagen: Wir haben zirka 25 Grad hier im Saal, es ist sehr schwül und drückend. Wir werden versuchen, mit Hilfe der Klimaanlage die Temperatur etwas zu senken. Aber wer immer sein Sakko ausziehen möchte, soll so frei sein und das tun. (Allgemeiner Beifall.)

Bitte, Herr Kollege Repar.

11.44

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich einige Anmerkungen zur Novelle des österreichischen Markenrechtes machen. Ich bin der Überzeugung, daß gerade in einer modernen Industriegesellschaft, wie es hier schon gesagt wurde, Marken einen enormen Wert darstellen, der schützenswert ist. Wir wissen, wie wichtig eine eingeführte, allgemein bekannte Marke für die Absatzstrategien der Unternehmen ist. Nicht umsonst werden teilweise hohe Summen dafür ausgegeben, eine bestimmte Marke aufzubauen und auf dem Markt zu etablieren. Aus diesen Gründen ist es für ein hochentwickeltes Industrieland, wie es Österreich ist, auch wichtig, ein modernes Markenrecht zu haben.

Mir ist auch bewußt, daß dies kein Thema für die breite Öffentlichkeit ist. Den betroffenen Firmen ist jedoch sehr wohl bewußt, wie wichtig der Schutz dieses Gutes namens Marke ist. Diese Firmen haben das Recht, auf den Schutz ihrer Marken durch den Gesetzgeber vertrauen zu können. Ich meine, daß uns mit der vorliegenden Novelle ein modernes und effizientes Markenrecht für Österreich vorliegt. Wesentlich sind für mich zwei Punkte. Erstens einmal hat jeder das Recht, eine Marke zu erwerben. Damit sind der Kreativität der heimischen Erfinder keine Grenzen gesetzt. Eine einmal geborene Idee hat aber gleichzeitig die Möglichkeit, vor Nachahmern und Mißbrauch geschützt zu werden.

Zweitens gibt es eine Verschärfung des sogenannten Gebrauchszwanges. Wird eine Marke nicht mehr benützt, so kann daraus logisch gefolgert werden, daß sie für den Erfinder auch keinen Wert mehr hat. Die rasche Ausscheidung nicht genützter Marken ist daher absolut richtig.

Zusammenfassend darf ich sagen, daß die vorliegende Markenrechts-Novelle vor allem im Sinne eines besseren Schutzes eingeführter Marken vor Mißbrauch und billiger Konkurrenz schützt und wir deshalb unsere Zustimmung erteilen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Scherb. – Bitte.

11.46

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am ersten Handelstag des Euro lag der Kurs des Euro bei rund 1,18 Dollar. Nun, nach sechs Monaten, ist er bei 1,04 Dollar angelangt. Der Euro notiert also um 12 Prozent schlechter als am Beginn im Verhältnis zum Dollar gesehen. Entgegen den Versicherungen, Beteuerungen, Behauptungen, Absichtserklärungen der Vertreter der Regierungsparteien ist der Euro keine stabile Währung und hat sich auf dem Weltmarkt nicht durchgesetzt.

Als Beispiel will ich nur eine Titelseite der Kammernachrichten vom November 1997 bringen: Der Euro wird beim Wettlauf mit dem Dollar die Nase vorne halten. – War wohl nichts.

Offenbar haben doch die 155 Professoren der Wirtschaftswissenschaften recht behalten, die sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen den zu frühen Einführungszeitpunkt des Euro ausgesprochen haben. Damals wurde die Erklärung als quasi unerheblich abgetan, aber offenbar hatten sie ... (Bundesrat Ing. Polleruhs: Abgestürzt!) Ja, aber die Argumente haben uns recht gegeben. Ihre Argumente haben sich im nachhinein als falsch erwiesen, das zeigt sich. Sie haben gesagt, der Euro werde stabil sein. Der Euro ist aber nicht stabil. Das kann bewiesen werden.


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Soweit zu Ihren Plänen und Absichtserklärungen und der wirtschaftlichen Realität. Italien hat sich sicherlich als Pferdefuß und als Sargnagel für den Euro erwiesen.

Nun aber zur eigentlichen Gesetzesvorlage. Es sind jetzt noch 914 Tage bis zum 1. 1. 2002, bis zur Einführung des Euro als Banknote. Die Regierung will die Unternehmer mit dem Euro-Währungsangabengesetz verpflichten, eine doppelte Preisauszeichnung durchzuführen. Das Datum der doppelten Preisauszeichnung ist mit 1. 10. 2001 festgesetzt, also 92 Tage vor Einführung der Banknote. Meine Frage ist: Warum brauchen wir das Gesetz überhaupt? – Auch der Herr Minister hat gerade gesagt, eigentlich brauchen wir das Gesetz nicht mehr, weil es schon durch die freiwilligen Leistungen vorweggenommen worden ist. Meine zweite Frage ist: Warum brauchen wir es so früh, und warum brauchen wir es überhaupt?

Um keine Verwirrung bei den Konsumenten hervorzurufen, empfiehlt die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten, doppelte Preisauszeichnungen und Betragsangaben in der alten und in der neuen Währung vorzunehmen. Die Preisauszeichnungen sollten auf freiwilliger Basis zwischen den Wirtschaftsakteuren und den Konsumenten vereinbart werden.

Die Stellungnahme der Wirtschaftskammer möchte ich nicht so, wie es der Herr Minister getan hat, als nicht mehr sachgemäß und nicht mehr richtig darstellen. Ich bin schon der Meinung, daß auf die Wirtschaft Kosten in Milliardenhöhe zukommen, Schätzungen zufolge in Höhe von 1 bis 3 Milliarden. Mein Kollege Grissemann hat aus eigener Erfahrung bestätigt, daß auf ihn als relativ kleinen Player in der österreichischen Wirtschaft doch enorme Kostenbelastungen zukommen.

Die Regierung hat leider ihren Hang zur Überregulierung nicht ablegen können. Warum hat man wirklich dieses Gesetz konzipiert, das eigentlich nicht notwendig ist und aufgrund der freiwilligen Leistungen schon vorweggenommen wird, wenn man zum Beispiel auch mit einer Verordnungsermächtigung bei weitem das Auslangen gefunden hätte? – Es ist leider in diesem Land nicht möglich, einen einfachen, unkomplizierten Weg im internationalen Gleichklang zu gehen. Wir müssen überall der Musterschüler und Vorreiter sein.

Diese Regelungswut der Koalitionsregierung, die die Wirtschaft Österreichs an allen Ecken und Enden behindert, stimmt einen Unternehmer wie mich schon nachdenklich. Die Beteuerungen im Vorfeld, die immer wieder von den angeblichen Wirtschaftsvertretern der ÖVP gemacht worden sind, daß sie sich gegen ein solches Gesetz aussprechen werden, sind schon lange unglaubwürdig. Die ÖVP entfernt sich leider immer mehr von ihrer Rolle, Vertreterin der Wirtschaft zu sein.

Mit diesem Gesetz hat man wiederum Bürokratie geschaffen, die nicht notwendig gewesen wäre. Wir haben bisher einen Alleingang gemacht. Das gleiche wäre mit weniger Bürokratie erreichbar gewesen. Deswegen werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

11.52

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ein paar Bemerkungen zu den ersten Sätzen. Man sollte als Wirtschaftsexperte schon zwischen dem äußeren Wert einer Währung und der inneren Stabilität unterscheiden. Lassen Sie mich hier deutlich sagen: So kann man nicht argumentieren, denn seit wir den Euro haben, ist in den einzelnen Ländern Europas die Inflationsrate beinahe Null. In jenen Ländern, die sich auf dem Weg zum Euro befinden, geht die Inflationsrate deutlich zurück. Wir haben in Europa zum ersten Mal fast inflationsfreies Wachstum. – Erster Punkt. Daher: Die innere Stabilität ist mit dem Euro absolut gewährleistet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Es hat in diesem Land noch keine Generation gegeben, die einmal ohne Inflation gelebt hat. Man muß einmal einfach sagen, daß wir uns früher mit 3 bis 4 Prozent Inflation pro Jahr jedes Jahr um 80 bis 90 Milliarden Schilling selbst verarmt haben. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Schauen wir uns den Außenwert des Euro an. Ich darf allen, die vorgeben, Wirtschaftskompetenz zu besitzen, einige Daten nennen. Ich bin wie Sie über den Schmarren, den ich in manchen Zeitungen lese, entsetzt. Ich darf das wirklich einmal sagen. Jeder, der sich mit Geld auskennt, weiß, daß Europa heute einen Zahlungsbilanzüberschuß in der Höhe von 75 Milliarden Euro hat, daß Europa im Schnitt die höchsten Sparraten der Konsumenten hat. Bei uns in Österreich liegt sie bei neun, in den USA liegt sie bei Null. Die Amerikaner haben das größte Zahlungsbilanzdefizit aller Zeiten. Europa ist Nettokapitalgeber, Amerika ist Nettokapitalnehmer. Heute hat das Federal Reserve Board die Leitzinsen, also die Diskontrate, auf 5 Prozent hinaufgesetzt. Der europäische Zinssatz bewegt sich bei 2,5 Prozent. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Scherb. ) Leben Sie einmal drüben! Das für die Durchschnittseinkommensempfänger. Faktum ist jedenfalls, daß die Zinsdifferenz dazu führen muß, daß der Euro im Wechselkurs sinkt und der Dollar steigt, weil jeder, der Geld hat, das er im Inland nicht besser anlegen kann, in Euroveranlagungen geht, da die Amerikaner ihr Zahlungsbilanzdefizit decken müssen.

Meine Damen und Herren! Daraus kann man kein Scheitern des Europrojekts ablesen. Ich darf als österreichischer Außenhandelsminister schon sagen: Ich bin für jedes Zehntel Senkung des Euro dankbar, weil es die größte Exportsubvention ist, die wir je in der Exportwirtschaft in der Dollarzone gehabt haben. Die Amerikaner haben uns jahrzehntelang unsere Märkte durch ihre Abwertungen zerstört. Ich sage noch einmal: Ich kann mir als Ökonom durchaus vorstellen, daß bei den künftigen Gleichgewichten im Welthandel, bei ungefähr gleich großen Mengenanteilen im Welthandel es einen Kurs von 1:1 gibt. Wenn die innere Stabilität durch Wettbewerb und Stabilität des Systems hält, stört mich der Außenwert überhaupt nicht. Mit allem Respekt, im Augenblick dreht der Eurowert nach unten und trägt in unserem Fall eher zu größerer Beschäftigung, zur Einkommenssicherung und zum Wohlstand bei. Es ist ohnedies lang genug anders herumgegangen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die doppelte Preisauszeichnung und andere Angaben von Geldbeträgen erlassen werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.


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656. Sitzung / Seite 62

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970 und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentanwaltsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

5. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychologengesetz) (1758 und 1979/NR sowie 5980/BR der Beilagen)

6. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von Psychotherapeuten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychotherapiegesetz) (1759 und 1980/NR sowie 5981/BR der Beilagen)

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird (1774 und 1981/NR sowie 5982/BR der Beilagen)

8. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden (1777 und 1982/NR sowie 5983/BR der Beilagen)

9. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden (1778 und 1983/NR sowie 5984/BR der Beilagen)

10. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1824 und 1984/NR sowie 5985/BR der Beilagen)

11. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird (1084/A und 1985/NR sowie 5986/BR der Beilagen)


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12. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird (1097/A und 1986/NR sowie 5987/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 5 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte wieder unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychologengesetz),

ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von Psychotherapeuten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychotherapiegesetz),

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden,

ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden,

eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta),

ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 5 bis 12 hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich darf ihn um die Berichte bitten.

Berichterstatter Horst Freiberger: Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Berichte liegen allen Mitgliedern des Bundesrates schriftlich vor. Ich werde deshalb auf die Verlesung der Berichte verzichten und nur die Beschlußanträge bringen.

Zu Tagesordnungspunkt 5:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum.


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656. Sitzung / Seite 64

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 6:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von Psychotherapeuten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 7:

Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 8:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Tagesordnungspunkt 9:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 10:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta).

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 11:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Tagesordnungspunkt 12:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. – Bitte.

12.02

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich auf die Tagesordnungspunkte 5, 6 und 8 betreffend Niederlassung von Psychologen und Psychotherapeuten


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656. Sitzung / Seite 65

sowie die Arbeit von Hebammen. Dabei handelt es sich im wesentlichen um EWR- und EU-Anpassungen. Wir müssen leider einmal mehr bedauern – wie wir das auch schon bei anderen Berufsgruppen feststellen konnten –, daß hiebei wiederum nicht geregelt worden ist, daß diese Personen, die ihren Beruf in Österreich ausüben dürfen, der deutschen Sprache in einem ausreichenden Maße mächtig sein müssen.

Im Ärztegesetz ist es sehr wohl geregelt, daß ausreichende Deutschkenntnisse vorhanden sein müssen. Unverständlicherweise ist es bei Berufsständen wie Psychologen, Psychotherapeuten und Hebammen nicht notwendig oder nicht für notwendig erachtet worden, ausreichende Deutschkenntnisse einzufordern, obwohl gerade diese Berufsgruppen in besonderem Maße vom Gespräch leben.

Die SPÖ-Nationalratsabgeordneten haben auf Anträge, die die Freiheitlichen diesbezüglich auch schon im Nationalrat gestellt haben, nämlich darüber, in welcher Sprache sich der Patient mit dem Therapeuten verständigen können soll, geantwortet: Das regelt der Markt. Der Patient wird schon merken, ob ihn der Therapeut versteht oder nicht. – Das finde ich schon sehr zynisch, muß ich sagen! Denn ich meine, daß es eine Zumutung ist, daß ich einen Therapeuten suchen muß, der meine Sprache spricht. Es ist in anderen Ländern durchaus üblich, Sprachprüfungen über die Beherrschung der Landessprache zu verlangen, wie beispielsweise in Großbritannien, wo diese Sprachprüfung sogar recht streng ist.

Weiters geht es uns auch ab, daß von Österreich kein Strafregisterauszug beziehungsweise kein Leumundszeugnis verlangt wird. Niemand gibt uns die Garantie, daß die betreffenden Personen nicht schon einmal in Österreich waren und sich hier etwas zuschulden kommen ließen. Ich denke, ein derartiges Vertrauensverhältnis, das diese Berufe voraussetzen, macht es notwendig, daß der Patient nach allen Seiten hin abgesichert ist.

Ich erlaube mir daher, einen Entschließungsantrag einzubringen, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Monika Mühlwerth, Engelbert Weilharter und Kollegen betreffend Berufstätige im Gesundheitswesen – Vertrauens


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656. Sitzung / Seite 66

würdigkeit und Deutschkenntnisse

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Im Interesse einer optimalen Patientenbetreuung wird die Bundesregierung aufgefordert, das Anforderungsprofil für alle nichtösterreichischen Bewerber(innen) um die Ausübung eines Gesundheitsberufes in Österreich, einschließlich Psychologen und Psychotherapeuten, in folgenden Punkten zu vereinheitlichen:

1. Nachweis ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache,

2. Nachweis der Vertrauenswürdigkeit durch Vorlage einer Strafregisterauskunft und eines Leumundszeugnisses, sowohl aus Österreich als auch aus dem Heimat- und Herkunftsstaat, die bei Vorlage nicht älter als drei Monate sein dürfen."

*****

Ich hoffe, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, daß Sie diesem unseren Entschließungsantrag zum Wohle der Patienten Ihre Zustimmung erteilen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.05

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Mühlwerth, Weilharter und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Berufstätige im Gesundheitswesen – Vertrauenswürdigkeit und Deutschkenntnisse ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. – Bitte.

12.06

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen auf den Punkt 12, das Blutsicherheitsgesetz, beschränken und möchte damit beginnen, daß heute wieder einmal – ich frage mich, zum wievielten Male – das Fehlen einer entsprechend kräftigen Stellung des Bundesrates unter dem Schlagwort "Aufwertung des Bundesrates" beklagt wurde.

Ich möchte hier festhalten: Gerade dieser Punkt 12, das Blutsicherheitsgesetz, stünde heute nicht auf unserer Tagesordnung, wären wir hier im Bundesrat nicht tätig geworden, hätten wir diesbezüglich nicht einen Mangel bei der letzten Bundesratsplenarsitzung festgestellt und diesen Mangel an den Nationalrat entsprechend dokumentiert und auch aufarbeiten lassen, sodaß es heute zu einer, so hoffe ich, Beschlußfassung in dieser Richtung kommen wird. Herr Präsident Jürgen Weiss hat das heute auch in seiner Antrittsrede verpackt. Ich möchte das, wie gesagt, zum Anlaß nehmen, um durchaus Selbstbewußtsein zeigen zu können. Wenn wir wollen, dann können wir dieses Selbstbewußtsein auch zeigen.

Ich möchte noch in Erinnerung rufen, daß wir bezüglich dieses Blutsicherheitsgesetzes am 19. Februar 1999 wesentliche Verbesserungen mitbeschließen durften – tatsächlich wesentliche Verbesserungen! –, die der Sicherheit von Spendern, aber auch der Sicherheit von Empfängern von Blutkonserven dienen. Es ist beispielsweise nicht mehr gesetzlich gedeckt, wenn Blutspendeaktionen in dafür ungeeigneten Räumlichkeiten – ich habe diese damals als "bessere Jausenkammerln" bezeichnet – durchgeführt werden. Heute finden Blutspendeaktionen im Beisein von Amtsärzten oder Amtsärztinnen, entsprechend abgesichert, statt. Wir konnten damit eben dieses sehr erwünschte Maß an Sicherheit erreichen.

Wir haben damals auch die notwendige Form eines erweiterten Fragebogens diskutiert. Ich möchte Ihnen bei dieser Gelegenheit sagen, daß ich wieder einmal Kontakt mit der Blutspendezentrale des Österreichischen Roten Kreuzes aufgenommen habe. Der stellvertretende Direktor und Organisationsleiter Gerhard Svoboda hat mir mitgeteilt, daß seit dieser Gesetzeswerdung auch aus seiner Sicht die Sicherheit wesentlich gestiegen ist und daß er sehr dankbar dafür ist, daß wir im Hohen Hause tätig geworden sind.

Ich habe das auch schriftlich. Ich möchte Ihnen die Stelle nicht vorenthalten, in der er schreibt: Unsere Anliegen im Bundesrat in guter Hand zu wissen, stellt für das Österreichische Rote Kreuz auch einen Vertrauensbeweis für unsere Arbeit dar.

Abschließend spricht er noch eine Einladung aus: Ich würde mich freuen, Sie und Ihre Kollegen bei Interesse einmal durch die Blutspendezentrale führen zu dürfen, um Ihnen an Ort und Stelle einen Einblick in unsere Arbeitsweise geben zu können. – Ich glaube, das ist eine durchaus positive Rückmeldung, die wir als Gesetzgeber nicht alle Tage bekommen.

Ich nutze jedoch auch die Möglichkeit, hier ein Anliegen des Österreichischen Roten Kreuzes zu transportieren. Das Österreichische Rote Kreuz plant eine österreichweite Informationskampagne, vor allem für junge Leute, für Menschen, die als Erstspender gewonnen werden sollen. Wir wissen, daß die Zahl der Blutreserven, die wir im Lande haben, nach wie vor gerade ausreicht, um die entsprechende Versorgung mit Blutreserven abdecken zu können. Das heißt kurz und gut: Wir haben nicht zu viele Blutreserven, sondern wir haben gerade jene Zahl, die wir sozusagen täglich brauchen. Diese österreichweite Kampagne, um Erstspendern die Angst zu nehmen, um Erstspender zu motivieren, für ihre Mitmenschen das zu tun, was notwendig ist, ist jetzt geplant. Ich darf Sie, verehrte Frau Bundesministerin, bitten, diesem Anliegen entsprechend Raum zu geben und dieses Anliegen zu unterstützen.


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Ich möchte noch auf ein ähnliches Thema zu sprechen kommen, das zwar nicht Inhalt der Gesetzesmaterie ist, mit der wir uns jetzt befassen, aber in dem ich in Form einer Anfrage an Sie, verehrte Frau Bundesministerin, ein Problem der Freiwilligen Feuerwehren im Katastropheneinsatz angesprochen habe. Ich bringe das im Zusammenhang mit dem Österreichischen Roten Kreuz, weil beide Organisationen in Katastrophenfällen besonders wichtig sind.

Der Inhalt meiner Anfrage war, daß es Faktum ist, daß, wenn heute Freiwillige Feuerwehren in den Einsatz – sprich in den Katastropheneinsatz – gehen, sie diesen Einsatz zu ungleichen Startbedingungen zu leisten haben.

Es gibt eine Reihe von Berufen, bei denen es überhaupt kein Problem darstellt, wenn bestimmte Arbeitnehmer einen Einsatz leisten wollen; der Dienstgeber, der Arbeitgeber – beispielsweise die Gemeinde oder seit heuer auch das Land Niederösterreich – gewähren sozusagen Sonderurlaub für derartige Situationen. Es gibt aber eine Menge von Berufsgruppen, die – das wurde im Zuge der letzten Hochwasserkatastrophe sehr deutlich – beim Einsatz für ihre Mitmenschen, wenn dieser länger als einige Tage dauert, Sorge haben müssen, daß sie vielleicht die ersten sein werden, die ihre Beschäftigung verlieren werden, falls dieser Fall eintritt.

In diesem Sinne möchte ich an Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, appellieren: Mein Vorschlag geht in die Richtung, daß man auch diese Umstände bedenken und Mittel aus dem Katastrophenfonds bereitstellen soll, damit eine Abgleichung erfolgen kann. Ziel sollen gleiche Startbedingungen für die Feuerwehrfrauen und -männer im Katastropheneinsatz sein.

Ich möchte abschließend noch sagen, daß die ÖVP-Fraktion selbstverständlich dieser von uns initiierten Korrektur des Nationalratsbeschlusses vom 19. Februar 1999 im Hinblick auf das Blutsicherheitsgesetz die Zustimmung erteilen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.13

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Johann Grillenberger. Ich erteile ihm dieses.

12.13

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit den vorliegenden Tagesordnungspunkten aus dem Gesundheitsbereich, die in Zusammenfassung zu beschließen sind, wird zum größten Teil eine Anpassung des österreichischen Rechtes an die Rechtslage der Europäischen Union vorgenommen und umgesetzt.

Bezüglich des Bundesgesetzes über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienst-leistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum kann nicht von einer Gleichwertigkeit der im Ausland erworbenen Qualifikationen der im Bereich des Gesundheitswesens tätigen Psychologen ausgegangen wer-den – insbesondere mangels vergleichbarer gesetzlicher Regelungen in den anderen Mitgliedstaaten des EWR. Daher muß vor einer Berufszulassung in Österreich natürlich die Gleichwertigkeit der Qualifikationen im Rahmen einer individuellen Überprüfung des Einzelansuchens festgestellt werden. Ich glaube, daß das schon ein Beitrag dazu ist, um diese Qualifikationen auch in Österreich nachzuweisen.

Bestehen gravierende Mängel im Vergleich zu den in Österreich geforderten Voraussetzungen für die Zulassung zur Berufsausübung der genannten Berufsgruppen, dann sind Wahlmöglich-keiten zwischen Anpassungslehrgängen und Eingangsprüfungen als Ausgleichsmaßnahmen anzubieten. Die näheren Ausgestaltungen dieser Ausgleichsmaßnahmen werden durch eine Verordnung festgelegt, um flexibler auf allfällige Änderungsnotwendigkeiten reagieren zu können.

Ich meine, es geht im wesentlichen auch darum, daß die österreichischen Ausbildungsstandards durch diese Regelung nicht aufgeweicht werden, denn nicht in allen EU-Staaten bestehen gleich hohe Standards wie bei uns.


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Meine Damen und Herren! Zum Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird, wurde im Ausschuß berichtet, daß über die Jodierung von Speisesalz noch keine genauen Untersuchungen vorliegen, die eine Unbedenklichkeit garantieren. Derzeit wird als Argument für eine Unbedenklichkeit die langjährige breite Anwendung von Jodat als Zusatz zu Speisesalz ohne Beobachtung allfälliger schädlicher Wirkungen auf Menschen ins Treffen geführt. Es werden sicher noch weiterreichende Untersuchungen und Forschungen notwendig sein, um generell gesundheitsschädliche Auswirkungen ausschließen zu können.

Beim Medizinproduktegesetz und beim AIDS-Gesetz handelt es sich ebenfalls weitgehend um Anpassungen an eine EU-Richtlinie.

Dem vorliegenden Konvolut an Gesetzesvorlagen können meine Fraktion und ich die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Maria Grander. Ich erteile ihr dieses.

12.16

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz, da ich aus einem Gesundheitsberuf komme, zum Hebammengesetz Stellung nehmen.

Daß die EU-Konformität eine notwendige Maßnahme ist, ist klar, obwohl in der Frage der Freiberuflichkeit dieser Berufsgruppen – sprich Hebammen, Gesundheits- und Krankenpflegepersonal – nach wie vor die Meinung vertreten wird, daß ein Jahr Praxis in einer Krankenanstalt not-wendig wäre, um diese Freiberuflichkeit ausüben zu dürfen.

Zur Bewilligung der Freiberuflichkeit durch den Landeshauptmann muß man sagen, daß bereits das Diplom zur Freiberuflichkeit berechtigt. Daher wird die Bewilligung durch den Landeshauptmann von diesen Berufsgruppen als bürokratisch und formalistisch angesehen.

Die Regelung, daß der Greminalbeitrag bei Hebammen ab 1. Jänner 2000 ausschließlich vom Dienstgeber einzubezahlen ist, führt bei den freiberuflichen Hebammen zu Erschwernissen, da es derzeit so ist, daß dieser Beitrag von den Freiberuflichen selbst einbezahlt wird.

Mit dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz werden endlich die Eigenständigkeit der Pflegeberufe und der Stellenwert der Pflege gesetzlich geregelt; das ist auch im Hinblick auf die demographische Entwicklung der Bevölkerung bezüglich der Pflegebedürftigkeit und die dadurch notwendigen Veränderungen für die Pflege zu sehen.

Die Diskussion um den Beruf des Alten-Fachbetreuers – das möchte ich hier kurz anreißen – wird nach wie vor geführt. Meiner Meinung nach ist diese Diskussion nicht im Zusammenhang mit dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, sondern mit dem Pflegehelfergesetz zu führen. In dieser Diskussion soll der Beruf des Pflegeassistenten zur Sprache kommen. Auch diese Forderung ist im Rahmen des Pflegehelfergesetzes gerechtfertigt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.19

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch. Ich erteile ihr dieses.

12.19

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Wie von Ihnen in der Debatte schon festgestellt wurde, handelt es sich bei den meisten der hier angesprochenen Gesetze um Anpassungen an EWR- beziehungsweise EU-Bestimmungen und um die Herstellung der entsprechenden EU-Konformität. Ich möchte aber trotzdem einige wenige Punkte herausgreifen, von denen ich glaube, daß sie von besonderer Bedeutung sind – abgesehen von jenen Punkten, die von Ihnen selbst angesprochen wurden.


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Sie, Frau Bundesrätin Grander, haben das Hebammengesetz angesprochen. Ich möchte dazu noch ergänzen, daß darin der wichtige Punkt beinhaltet ist, daß jemand mit einer Berufsreife-prüfung den Zugang zu diesem Beruf finden kann. Wir haben damit wieder einen weiteren Schritt erreicht, damit die Durchlässigkeit zum Beispiel von der Lehre in andere Weiterqualifizierungen sichergestellt ist. Das ist ein Ziel, das wir, wie ich glaube, mit Konsequenz auch in anderen Bereichen zu verfolgen haben.

Wir haben mit dem angesprochenen Blutsicherheitsgesetz, aber auch mit dem Medizinproduktegesetz jenen Status erreicht, der nach den derzeitigen Erkenntnissen der Medizin und der Wissenschaft "state of the art" ist. Also die bestmöglichen und höchsten Standards, die man nach dem jetzigen Wissensstand nur erreichen kann, sind nun vorgesehen. Ich bedanke mich diesbezüglich auch für die Hinweise des Roten Kreuzes.

Ich habe selbst vor kurzem die Kollegen des Roten Kreuzes und ihre Einrichtungen besucht und konnte mich davon überzeugen, daß wir in Österreich auf dem höchsten Qualitätsniveau sind, das es derzeit gibt. Ich bin sehr froh darüber, daß wir dieses auch auf der gesetzlichen Ebene haben, weil ich glaube, daß es gerade im Gesundheitswesen unverzichtbar ist, jeweils die bestmöglichen Sicherungssysteme für die Patienten und Patientinnen zu haben. Dementsprechend unterstütze ich natürlich auch die Aktivitäten des Roten Kreuzes oder anderer Partner, die wir im Gesundheitswesen haben, die uns dahin gehend unterstützen, die Bedürfnisse der Patienten zu erfüllen.

Frau Bundesrätin Mühlwerth hat die Frage der Beherrschung der deutschen Sprache von den Psychologen und Psychotherapeuten angesprochen. Ich glaube, dabei ist darauf zu verweisen, daß wir unter der österreichischen Patientenschaft auch Patientinnen und Patienten haben, die nicht unbedingt den Schwerpunkt darauf legen, daß jemand umfassend der deutschen Sprache mächtig ist, sondern es beruht auf einer freiwilligen Entscheidung, welchen Arzt, welche Ärztin oder welchen Therapeuten sich ein Patient, eine Patientin auswählt. Ich meine, daß wir daher falsch lägen, dieses Kriterium noch zusätzlich zu den Qualitätsanforderungen zur Ausübung dieses Berufes einzufordern. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. ) Ich möchte dem gegenständlichen Antrag nicht noch eine andere Motivation unterstellen, sondern versuchen, auch sachlich zu begründen, warum ich glaube, daß die einwandfreie Beherrschung der deutschen Sprache nicht erforderlich ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Grasberger hat die Frage der Freiwilligen Feuerwehr angesprochen. Wir haben in Österreich verschiedene Systeme bei der Feuerwehr. Es gibt zwei Bereiche: In Wien haben wir zum Beispiel die Berufsfeuerwehr, aber in weiten Teilen Österreichs haben wir die Freiwillige Feuerwehr, damit nicht zuletzt aufgrund von Landesbeschlüssen beziehungsweise Landesvorgangsweisen der Katastrophendienst und die Katastrophenbewältigung gewährleistet sind.

Ich glaube daher, daß jene Überlegungen gut sind, die wir jetzt auch schon mehrmals bezüglich der Diskussion über Katastrophen hatten, daß nämlich einerseits seitens der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer versucht wird, auf die Arbeitgeber Einfluß zu nehmen, damit diese den freiwilligen Einsatz von ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützen und nicht behindern, daß andererseits aber die Länder, die für den Katastropheneinsatz zuständig sind, aufgefordert werden, dafür auch die entsprechenden sonstigen Rahmenbedingungen zu schaffen, sodaß die Zusammenarbeit zwischen hauptberuflich und ehrenamtlich Tätigen in unserer Gesellschaft immer reibungslos funktionieren kann. Selbstverständlich unterstütze ich diese Intentionen auch.

Ansonsten bedanke ich mich für Ihr Signal, diesen Gesetzentwürfen die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.23

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Diese Debatte ist geschlossen.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
656. Sitzung / Seite 70

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychologengesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mühlwerth, Weilharter und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Berufstätige im Gesundheitswesen – Vertrauenswürdigkeit und Deutschkenntnisse vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend Berufstätige im Gesundheitswesen – Vertrauenswürdigkeit und Deutschkenntnisse ist daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von Psychotherapeuten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychotherapiegesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden.


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 71

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

13. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden (1103/A und 1970/NR sowie 5988/BR der Beilagen)

14. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1102/A und 1971/NR sowie 5989/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte ebenfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden, und

ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 13 und 14 hat Herr Bundesrat Johann Payer übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.


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Berichterstatter Johann Payer:
Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht zu Tagesordnungspunkt 13:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Bericht zu Tagesordnungspunkt 14:

Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. Ich erteile ihm dieses.

12.30

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Gerne sage ich ein paar Worte zu diesen notwendigen Gesetzesbestimmungen, da in Zeiten, in denen zunehmend die Flexibilität der Arbeitnehmer in, von und nach Österreich eingefordert wird, natürlich auch die Sozialgesetzgebung darauf zu reagieren hat.

Der heute zur Diskussion stehende Beschluß des Nationalrates bedeutet eine Anpassung der österreichischen Regelungen an die Entsenderichtlinien, um damit ein konformes Gemeinschaftsrecht auf diesem einerseits schwierigen, andererseits aber wachsenden Gebiet zu erreichen.

Ich möchte nicht das ganze Gesetz, das hochinteressant ist, in seinen vielen Aspekten durchleuchten, sondern mich nur auf drei Schwerpunkte stürzen. Zum einen ist darin geregelt, daß ausländische Arbeitnehmer für die Dauer ihrer Entsendung nach Österreich hinsichtlich des Urlaubsanspruches einem vergleichbaren österreichischen Arbeitnehmer gleichgestellt werden. Das heißt, für jenen Zeitraum, den er in Österreich verbringt, soll er den gleichen Urlaub wie ein österreichischer Arbeitnehmer bekommen.

Ich frage mich jedoch: Werden diese in unser Land entsendeten ausländischen Arbeitnehmer die österreichischen Rechtsgrundlagen auch zur Kenntnis genommen haben? Werden sie von ihren Dienstgebern oder von wem auch immer darüber informiert werden, wie die Rechtslage bei uns ist? – Dazu muß uns vielleicht noch etwas einfallen. Vielleicht wäre es auch eine Möglichkeit, jene zu uns entsandten Arbeitskräfte über die Arbeiterkammern darauf aufmerksam zu machen, daß sie in diesem Bereich die gleichen Ansprüche wie österreichische Arbeitnehmer haben. Denn falls der Urlaub nicht während des Aufenthaltes in Österreich verbraucht wird, behält er das Recht, diesen bei der Rückkehr in Anspruch zu nehmen.

An und für sich ist diese Bestimmung – wie auch andere – notwendig, und zwar aus dem Grund, daß damit Wettbewerbsverzerrungen und auch ein Unterlaufen des österreichischen Arbeitsrechtes vermieden werden.

Das zweite Thema, das ich kurz besprechen möchte, ist die Haftungsfrage von Unternehmen, Subunternehmen für Entgeltansprüche von Arbeitnehmern. Die diesbezügliche Regelung wurde


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 73

nun dahin gehend verbessert, daß der Generalunternehmer als Ausfallsbürge zu haften hat, falls sein Subunternehmer in Schwierigkeiten gerät und Entgeltansprüche der Arbeitnehmer de facto offen bleiben. Ich finde diese Klarstellungen und neuen Regelungen sehr gut. Es ist damit auch gesichert, daß eine generelle "Haftungskette" vom Generalunternehmer bis zum letzten Subunternehmen nicht zustande kommt, sondern immer nur vom direkten Auftraggeber an den tatsächlich Ausführenden. Das halte ich für eine vernünftige Regelung.

Den dritten Punkt, den ich auch nur ganz kurz ansprechen möchte, ist jene Bestimmung im Ausländerbeschäftigungsgesetz, wonach Arbeitgeber verpflichtet werden, auf einer Baustelle, Arbeits- oder Betriebsstätte auf jeden Fall eine Person zu bestellen, die einem Kontrollorgan Auskünfte erteilen kann.

Denn wie schaut denn das in der Praxis aus? – Es kommen Kontrollore, die ohnedies nicht überall sein können, wo sie sein sollten, um beispielsweise auf einen geringen Verdacht auf illegale Beschäftigung hin die Arbeitsstelle zu kontrollieren. Es ist aber dort niemand anwesend außer ein paar Arbeitern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, obwohl sie vielleicht sogar legal hier sind. Ich finde diese Bestimmung sehr nützlich, auch für jene Bereiche, in denen ordentliche Verhältnisse herrschen. Dort, wo es illegale Beschäftigung gibt, ist es umso wichtiger, daß die Pflicht besteht, daß eine Person Auskünfte geben kann.

Ich meine, daß durch diese Verpflichtung auch ein Schritt in die Richtung gesetzt wurde, illegale Beschäftigung etwas effizienter zu bekämpfen, vielleicht sogar diese von vornherein hintanzuhalten. Das ist eigentlich das Beste, was ein Gesetz bewirken kann, nämlich präventiv zu wirken und dafür zu sorgen, daß Übertretungen ausbleiben.

Vielleicht noch eine kleine kritische Anmerkung: Man könnte auch zur Annahme kommen, daß es insgesamt – nicht nur aus der Sicht eines österreichischen Arbeitnehmers, sondern auch aus der Sicht eines österreichischen Unternehmers – besser wäre, in die Richtung zu denken, daß jeder, der in Österreich beschäftigt ist, egal, aus welchem Land er kommt, nach österreichischem Recht – in der Frage des Entgeltes sowie aller sonstigen arbeitsrechtlichen Ansätze – zu behandeln ist, denn das würde Wettbewerbsverzerrungen absolut hintanhalten.

So weit sind wir jedoch noch lange nicht. Ich meine aber, daß diese Beschlüsse ein, zwei oder mehrere Schritte in die richtige Richtung sind, denen noch weitere folgen müssen. Weil es die richtige Richtung ist, stimmen meine Fraktion und ich diesen Beschlüssen gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.36

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile ihr dieses.

12.36

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, wenn sich Interessenvertreter über Fraktionsgrenzen hinweg in Einigkeit zu einem Thema äußern können. Der angesprochene Gesetzesbeschluß macht dies möglich, denn das, was Kollege Schaufler ausgeführt hat, entspricht auch meiner Intention, nämlich die Tatsache, daß mit diesen Gesetzesänderungen ein Schritt in Richtung eines einheitlichen europäischen Arbeitsrechtes getan werden kann.

Damit wird einerseits der Ausbeutung ausländischer Arbeitskräfte ein Riegel vorgeschoben, andererseits können aber auch inländische Arbeitskräfte vor Lohndumping geschützt werden. Darüber hinaus wird damit eine Wettbewerbsverzerrung für die österreichische Wirtschaft – ich will nicht sagen: hintangehalten – etwas eingebremst werden – ein Ansatz, der auch uns Gewerkschaftern durchaus wichtig ist – sowie – auch vor dem Hintergrund der Diskussionen über die kommende Osterweiterung – einigermaßen sichergestellt, daß durch diesen Weg in Richtung einer Harmonisierung innerhalb der EU ein im Vergleich zum österreichischen Arbeitsrecht etwa gleichwertiger Standard erreicht wird. Dies ist unsere Zielsetzung, und die heutigen Änderungen sind nur Schritte dazu!


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Wünschenswert wäre noch eine kollektive Klagemöglichkeit in diesem Bereich, um zu verhindern, daß ausländische Arbeitnehmer aufgrund ihrer unter Umständen kurzfristigen Anwesenheit in Österreich oder aus Unkenntnis ihrer Rechte nicht versuchen, diese Rechte durchzusetzen.

Noch einige Bemerkungen zur zweiten Materie, die wir heute zu beschließen haben, nämlich die Änderungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz. Ich halte diesen Schritt, der durch die Änderungen und die Nachvollziehung von Klarstellungen einer anderen Gesetzesmaterie notwendig geworden ist, für äußerst nützlich. Obwohl die Situation der betroffenen Frauen an und für sich mit Problemen behaftet ist, die es gilt, in anderen Bereichen zu verbessern, ist dieser Schritt, nämlich Personen in die Sozialversicherung einzubeziehen, die andernfalls der völligen Schutzlosigkeit ausgeliefert sind, sehr zu begrüßen! Es ist mir jedoch durchaus klar, daß auch diese begünstigte Finanzierung dieser Gruppe von Menschen, vor allem von Frauen, nicht ganz leichtfallen wird.

Eine Verbesserung all dieser Probleme zu erreichen ist, wie gesagt, durch dieses Gesetz nicht möglich, denn dazu wären andere gesellschaftliche Denkansätze notwendig beziehungsweise diese Denkansätze in anderen Gesetzesmaterien weiter zu vollziehen. Dennoch stehen wir dieser Änderung sehr positiv gegenüber. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.40

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm dieses.

12.40

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird den unter Tagesordnungspunkt 13 genannten Gesetzesvorlagen die Zustimmung nicht geben. (Bundesrätin Schicker: Hätte uns auch gewundert!) Ich darf das wie folgt begründen:

Es ist darin einerseits die Aufhebung von bisherigen Sanktionen vorgesehen, das heißt, der Ausschluß von weiteren öffentlichen Aufträgen wird aufgehoben, andererseits wird damit jedoch wieder eine Sanktionsmöglichkeit geschaffen, die eigentlich dazu im Widerspruch steht, nämlich die Haftung oder die Bürgschaft von Generalunternehmen gegenüber Subunternehmen.

Meine Damen und Herren! Das stellt erstens einen klaren Widerspruch in sich dar und ist zweitens auch eine eigenwillige und eigenartige österreichische Gesetzesbegründung, weil wir wissen, daß es in anderen Bereichen sehr wohl anders ist, ich sage nur: Stichwort Konsumentenschutzregelung, Produkthaftung! Dort ist sehr wohl die Ursprungshaftung, also die Herstellerhaftung gegeben. In dieser Vorlage soll nun eine neue Rechtsmaterie in der Form geschaffen werden, daß quasi Generalunternehmer für Subunternehmer haften. Gleichzeitig finden wir es nicht richtig, daß generell die Weitergabe eines öffentlichen Auftrages an Subunternehmer, wenn deren Anteil über 50 Prozent ist, untersagt wird.

Das ist für uns Grund genug, dem Tagesordnungspunkt 13 unsere Zustimmung nicht zu geben.

Dem Tagesordnungspunkt 14, den Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, werden wir, wie ich bekanntgeben darf, sehr wohl zustimmen. Ziel dieser Novelle ist es, daß Notstandshilfebezieher, die aus irgendwelchen anderen Gründen einen zu hohen Unterhalt erhalten, einen Zugang zur Selbstversicherung haben sollen. Dieser Zugang zur Selbstversicherung sollte erleichtert werden, da diese Gruppe bisher vom Sozialsystem und von der Sozialversicherung quasi ausgeschlossen war.

Meine Damen und Herren! Auch wenn man dieser Gesetzesmaterie zustimmt, sollte man darüber nachdenken, warum es in Österreich überhaupt zu solch einer Fülle an Notstandshilfebeziehern kommen konnte. Diesbezüglich hat die Arbeitsmarktpolitik klar versagt. Diese Beschlußfassung heute ist eigentlich das Eingeständnis, daß die Arbeitsmarktpolitik versagt hat.


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Es kann aber nicht sein, daß die von einer problematischen und letztlich nicht funktionierenden Arbeitsmarktpolitik betroffenen Menschen bei Sozialleistungen durch den Rost fallen. Meine Fraktion wird dieser Vorlage daher die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.43

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ferner zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

12.43

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Ich möchte mich bei Herrn Bundesrat Schaufler dafür bedanken, daß er die Kernpunkte des Tagesordnungspunktes 13 herausgearbeitet hat, und das auch nochmals unterstreichen.

Es wurde die Frage der Information angesprochen. Wie können wir sicherstellen, daß dies für jene, für die wir diese Bestimmungen in erster Linie geschaffen haben, nämlich die Arbeitnehmerseite, auch geltendes Recht wird? – Ich kann darauf verweisen, daß die Entsenderichtlinien für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt und somit ihrem Inhalt und der politischen Zielsetzung nach den Arbeitnehmern in allen Ländern bekannt gemacht werden müßte  – das sage ich jetzt mit größter Vorsicht! Wir in Österreich haben, so glaube ich, durch unsere Interessenvertretungen insbesondere auf Arbeitnehmerseite, nämlich durch die Hilfe der Betriebsräte, die Chance, dafür Sorge zu tragen, daß auch ausländische Kolleginnen und Kollegen, die bei uns vorübergehend ihre Arbeitsleistungen unter den gleichen Voraussetzungen erbringen, wissen, welche Rechte ihnen zustehen.

Sicherlich wird auch mein Ressort begleitend zur Seite stehen, weil damit erreicht werden soll, daß keine Unfairneß entsteht, sowohl für die Arbeitgeberseite durch unlautere Wettbewerbsrahmenbedingungen als auch für die Arbeitnehmerseite.

Die Frage nach einer Ansprechperson für die Möglichkeit des Hinterfragens auf zum Beispiel einer Baustelle wurde zu Recht angesprochen. Ich glaube, dies ist ein wichtiger Schritt, den wir damit setzen, möchte aber trotzdem betonen, daß es mir leid tut, daß wir heute im Bundesrat nicht den ganz großen Wurf diskutieren können – ich meine damit das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in seiner gesamten Dimension! Denn dann hätten wir meiner Ansicht nach ein noch wirksameres Instrumentarium, organisierte illegale Beschäftigung nachhaltig zu bekämpfen und noch erfolgreicher zu sein beim Schutz korrekt arbeitender Unternehmungen, aber auch zum Schutz der bei uns beschäftigten Kolleginnen und Kollegen.

Es wurde auch die Frage der Generalunternehmungen angesprochen. Dazu muß man sagen, Herr Bundesrat Weilharter, daß es aus der Sicht der Arbeitnehmer schon ganz wichtig ist, daß wir diese Haftungsregelungen schaffen konnten, weil der Arbeitnehmer noch immer auf der schwächeren Seite steht. Wenn zum Beispiel ein Subunternehmen seinen Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern nicht nachkommt, war es für diese, die immer der schwächere Teil sind, früher wesentlich schwerer als jetzt nach der neuen Rechtsgrundlage, ihre eigenen Rechte durchzusetzen, Ansprüche geltend zu machen, wenn zum Beispiel dieses Unternehmen in Konkurs gegangen ist. (Bundesrat Weilharter: Das gibt es aber auch bei Generalunternehmen!)

Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Generalunternehmer in die Situation kommt, dann Leistungen erbringen zu müssen, ist aufgrund dessen Stärke und Kraft – es gibt einen Stufenplan bei der Durchsetzung des Rechtes – schon größer als bei Subunternehmen. (Bundesrat Weilharter: Das ist nicht gesagt!) In der Praxis absolut! Schauen Sie sich die großen Bereiche an, etwa Bau, Metall und dergleichen!

Es ist auch ganz wichtig, so glaube ich, auf einen weiteren Punkt zu verweisen, nämlich daß mit diesem Gesetz sichergestellt ist, daß mit der – verzeihen Sie diesen Begriff – Unkultur aufgeräumt wird, daß ein Generalunternehmer praktisch den gesamten Auftrag an Sub- oder sogar Sub-Subunternehmungen weitergibt. Nunmehr ist ein Auftrag überwiegend vom Generalunter


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nehmer selbst wahrzunehmen und auch dadurch eine stärkere Gesamtverantwortlichkeit dokumentiert – auch zum Wohle derer, die den Auftrag erteilen. Ich denke, daß dies eine ganz wichtige Weichenstellung für unsere gesamte Wirtschaftsstruktur ist.

Herr Kollege Weilharter! Sie haben auch eine Bemerkung zum Allgemeinen Sozialversicherungsrecht gemacht, bezüglich der ich zunächst inhaltlich etwas klarstellen möchte.

NotstandshilfebezieherInnen sind krankenversichert. Es geht bei dieser Regelung um einen wahrscheinlich ganz kleinen Kreis von voraussichtlich Frauen, die ausschließlich Alimentationsleistungen beziehen, aber sonst keine Leistungen erfahren, durch die sie krankenversichert wären. Für diesen Personenkreis ist diese Regelung gedacht, damit durch eine Selbstversicherung zu einem der sozialen Situation angemessenen Beitrag sichergestellt wird, daß wir letztlich sagen können, daß in unserem Land nicht nur 99,9 Prozent der Bevölkerung durch die gesetzliche Krankenversicherung geschützt sind, sondern 100 Prozent, und niemand aus dem Krankenversicherungsschutz herausfällt.

Daher halte ich das für eine ganz wichtige Ergänzung der sozialen Schutzmaßnahmen in unserem Land, möchte jedoch fokussieren, daß wahrscheinlich nur sehr wenige Menschen – ich sage: Gott sei Dank sehr wenige – davon betroffen sein werden, da wir unser Krankenversicherungsnetz schon sehr weit ausbauen konnten. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.49

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

15. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuerge


Bundesrat
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setz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz – NEUFÖG), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsgebührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 geändert werden (Steuerreformgesetz 2000) (1766 und 1858/NR sowie 5965 und 5976/BR der Beilagen)

16. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird (1859/NR sowie 5977/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte gleichfalls unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

das Steuerreformgesetz 2000 und

ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 15 und 16 hat Herr Bundesrat Johann Kraml übernommen. Ich bitte um die Berichterstattung.

Berichterstatter Johann Kraml: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kapitalverkehrsteuergesetz, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Elektrizitätsabgabegesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Investmentfondsgesetz 1993 und die Bundesabgabenordnung geändert werden und mit dem ein Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz), eingeführt wird, weiters das Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, das Gerichtsgebührengesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 geändert werden (Steuerreformgesetz 2000).

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Soweit die Berichte des Finanzausschusses.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Danke für die Berichterstattung.


Bundesrat
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Ich begrüße zunächst sehr herzlich den mittlerweile im Hause erschienenen Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch. Ich erteile ihm dieses.

12.53

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die große Koalition hat Österreich in den letzten Jahren zu einem echten Hochsteuerland gemacht und die Abgabenquote von 41,9 Prozent im Jahre 1989 auf nunmehr rund 45 Prozent des Bruttoninlandsproduktes gesteigert. So haben sich zum Beispiel die Einnahmen aus der Lohnsteuerpflicht von 88 Milliarden im Jahre 1989 auf zirka 190 Milliarden Schilling im Jahre 1998 mehr als verdoppelt. Die Leidtragenden dieser Entwicklung waren vor allem Familien sowie Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen.

Da SPÖ und ÖVP in den letzten Jahren die durch die überwuchernde Bürokratie verursachte Ausgabendynamik nicht einbremsen konnten, unternimmt die Koalition trotz ohnehin stetig steigender Einnahmen ständig den Versuch, den Steuerzahler weiter zur Kasse zu bitten. Es müßte hingegen ein gemeinsames Ziel von Finanzverwaltung, Beratern und Steuerbürgern sein, die geradezu unüberschaubare Zahl von permanenten steuerlichen Änderungen einzuschränken und die vor allem in den letzten Jahren überproportional angestiegene Kompliziertheit des Steuerrechtes auf das unbedingt notwendige Ausmaß zurückzuführen.

Aber anstatt die Kritik namhafter und zahlreicher Experten – ich nehme an, Herr Staatssekretär, sie sind Ihnen alle bekannt – zu beachten und daran zu arbeiten, die Steuergesetze zu vereinfachen und fairer zu gestalten sowie gleichzeitig die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu steigern, um die Ausgabendynamik einbremsen zu können, überlegen die Regierungsparteien lediglich, wie sie neue Einnahmequellen erschließen können.

Auch aus der Debatte zur vorliegenden Steuerreform ist zu ersehen, daß ÖVP und SPÖ nicht wirklich bereit sind, neue Wege zu beschreiten. Anstatt einer echten Entlastung der Steuerzahler durch ein neues, einfacheres Steuersystem sollen die Steuerlasten nur neu verteilt werden. Anstatt die Unternehmen, die privaten Haushalte und die Verwaltung von bürokratischem Aufwand zu entlasten, werden laufend neue komplizierte Ausnahmeregelungen erfunden. Statt echter Sparsamkeit mit dem Geld des Steuerzahlers sind fortgesetzte Verschwendung und weitere Aufblähung der Bürokratie angesagt.

Wir Freiheitlichen, meine Damen und Herren, treten hingegen für ein Steuersystem ein, welches die Familien begünstigt, vor allem die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen entlastet und die klein- und mittelständischen Unternehmen fördert. Durch diese von uns vorgeschlagene Steuerreform soll der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt, die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher erhöht und durch eine vermehrte Inlandsnachfrage auch die Arbeitslosigkeit wirksamer bekämpft werden als bisher. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Schöls: Stimmen Sie der Vorlage zu!)

Um diese Zielsetzung zu erreichen, Herr Kollege von der ÖVP, haben wir Freiheitlichen ein eigenes, zukunftsweisendes Modell erarbeitet. (Rufe bei der ÖVP: "Zukunftsweisend"!) Dieses Modell der fairen Steuern, Flat-tax, baut auf Einfachheit, Transparenz, Fairneß, Ehrlichkeit, Wirksamkeit, Unternehmertum, Wachstum und Bürokratieabbau auf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich darf deshalb namens meiner Fraktion folgenden


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Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Ulrike Haunschmid, Engelbert Weilharter, Mag. Walter Scherb, Mag. Christof Neuner und Kollegen betreffend "Faire Steuern. Arbeit schaffen – Steuern senken"

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat zum Beginn der neuen Legislaturperiode einen Gesetzentwurf betreffend die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer vorzulegen, der insbesondere folgendes vorsieht:

Alle Einkommen werden nach Abzug der jeweiligen Freibeträge mit einem einheitlichen Steuersatz von 23 Prozent besteuert. Die ,Fairen Steuern‘ ersetzen die bisherige Einkommensteuer, Lohnsteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer.

Alle Steuerpflichtigen erhalten einen jährlichen Freibetrag von 150 000 S pro Erwachsenem und von 75 000 S pro Kind. Das heißt, daß eine Familie mit zwei Kindern ein steuerfreies Einkommen in der Höhe von 450 000 S beziehen kann. Ein von einem Ehepartner nicht konsumierter Freibetrag ist aliquot beim anderen Ehepartner anrechenbar.

Pro Familie steht ein maximaler Freibetrag von 450 000 S zur Verfügung. Die Freibeträge werden zwischen 600 000 S und 900 000 S der laufenden Bezüge mit Ausnahme der Kinderfreibeträge auf Null eingeschliffen.

Das 13. und 14. Monatsgehalt bleiben unangetastet.

Sämtliche Investitionen können im ersten Jahr zu 100 Prozent steuerlich geltend gemacht werden. Investierte nichtentnommene Gewinne sind daher steuerfrei.

Sämtliche Ausnahmebestimmungen, Absetzbeträge sowie sonstige Freibeträge (ausgenommen 8 500 S bei den sonstigen Bezügen) und Steuerschlupflöcher werden gestrichen.

Sozialversicherungsbeiträge können im Rahmen der Freibeträge steuermindernd geltend gemacht werden.

Die Höchstbeitragsgrundlagen in der Krankenversicherung werden aufgehoben (Arbeitnehmer derzeit 42 000 S, Selbständige 49 000 S). Kleinverdiener mit einem Einkommen bis zu 250 000 S erhalten jährlich einen einkommensabhängigen Zuschlag zur Familienbeihilfe in der Höhe von maximal 9 600 S pro Kind.

Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen bis 200 000 S erhalten jährlich eine einkommensabhängige zusätzliche Beihilfe in Höhe von maximal 2 000 S.

Die Steuererklärungen werden einfach und verständlich."

*****

Meine Damen und Herren! Das ist der freiheitliche Entschließungsantrag. (Der Redner überreicht Vizepräsident Dr. Linzer das Schriftstück.) – Bitte, Herr Vizepräsident.

Das soll eine grundsätzliche Reform des österreichischen Steuersystems bringen. Ihr Reformwerk jedoch, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, verdient in keiner Weise die Bezeichnung Reform. Was Sie vorlegen, bringt höchstens einige Abänderungen des Steuersystems und des Steuertarifs, Herr Staatssekretär!

Ihr Gesetz bringt keine Entlastung bei den Lohnnebenkosten. Ihr Gesetz bringt keine gerechte Senkung der Lohn- oder Einkommensteuer. Es bringt keine Entrümpelung der Bürokratie und


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656. Sitzung / Seite 80

keine Vereinfachung der Steuergesetze. Ihr Gesetz bringt keine Ökologisierung des Steuersystems, und es bringt auch keine Investitionsanreize für die Unternehmer unseres Landes.

Insgesamt bringt Ihr Steuergesetz keine Verbesserung für den Wirtschaftsstandort Österreich und seine Menschen, sondern ist ausschließlich ein vordergründiges Wahlkampfmanöver. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen stimmen deshalb nicht zu und legen mit diesem Entschließungsantrag ein umfassendes Steuerkonzept vor. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.01

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Dr. Bösch und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend "Faire Steuern. Arbeit schaffen – Steuern senken" ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Rodek. Ich erteile ihm dieses.

13.01

Bundesrat Peter Rodek (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausführungen des Kollegen Bösch zur Steuerreform kann man nicht so im Raum stehen lassen. Es geht dabei immerhin um 30 Milliarden Schilling, um die unsere Bevölkerung, die Familien und die Unternehmer entlastet werden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß für Sie – ich kenne Ihre Einkommensverhältnisse nicht – 30 Milliarden Schilling nichts sind, wobei 12 Milliarden Schilling zusätzlich für die Familien vorgesehen sind.

Das ist doch immerhin etwas, Herr Kollege Bösch! Wenn Sie sich die Steuerreformen 1988 und 1993 anschauen, so werden Sie sehen, daß beide Steuerreformen zusammen in etwa dasselbe Entlastungsvolumen gebracht haben wie die jetzige Steuerreform. Da kann man einfach nicht sagen, das ist nichts.

Sie haben auch gesagt, Sie würden mit Ihrem Flat-tax-Modell die kleineren und mittleren Unternehmen entlasten. Ich habe mir als Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses angeschaut, was das in etwa für die Landwirtschaft bedeuten würde. Ihre Vorschläge – unter Berücksichtigung all der Umstände, die in diesem Modell enthalten sind, darunter auch, daß Wirtschaftsförderungen gestrichen werden sollen –, würden bedeuten, daß die heimische Landwirtschaft 20,5 Milliarden Schilling an öffentlichen Mitteln verliert. Dazu kommen noch die Gelder aus der EU, weil das all kofinanziert ist. Also alle Gelder, die im Rahmen der Kofinanzierung, der Ausgleichszahlungen, der Strukturförderungen und so weiter in die Berggebiete hineinfließen würden, würden gestrichen werden. Das sind insgesamt wiederum 4,54 Milliarden Schilling. Das würde allein für die Landwirtschaft eine Kürzung dieser Mittel um rund 30 Milliarden Schilling bedeuten, und dann sagen Sie noch, Sie sind der Vertreter, Förderer und Unterstützer der Landwirtschaft. So kann es doch nicht sein.

Ich habe mir das bei zwei Betrieben angeschaut. Für einen 40-Hektar-Marktfruchtbetrieb würde Ihr Steuermodell einen Verlust an Ausgleichszahlungen im Ausmaß von 37 Prozent und somit auch einen Einkommensverlust im Ausmaß von 37 Prozent bedeuten. Oder: Für einen 18,2-Hektar-Biobetrieb würde Ihr Modell eine Minderung der Gesamteinkünfte in der Höhe von 36,1 Prozent bringen.

Ich kann mir nicht vorstellen, daß damit eine Ent lastung erfolgt, sondern das ist eine gewaltige Be lastung für die Landwirtschaft, wobei noch dazukommt, daß das Einkommen in der Landwirtschaft pauschaliert ist. Diese Pauschalierungsbestimmung würde nach Ihrem Modell ebenfalls wegfallen. Das würde bedeuten, daß bei einem einheitlichen Steuersatz die Landwirtschaft nicht nur die Ausgleichszahlungen verlieren würde, sondern gleichzeitig im Bereich der Einkommensteuer sehr kräftig zur Kasse gebeten werden würde.

Das heißt, Ihr Modell belastet eigentlich die kleineren Einkommen mehr, denn Sie haben selbst von einem Steuersatz von 23 Prozent gesprochen. Sie wissen, daß es sehr viele mit solch


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einem kleinen Einkommen gibt, die entweder gar keine Steuer zahlen beziehungsweise einen Steuersatz von 10 respektive 20 Prozent haben. Die würden dann wesentlich mehr bezahlen, während – sicherlich dankenswerterweise – Bezieher höherer Einkommen, die jetzt einen Spitzensteuersatz von 50 Prozent haben, wesentlich weniger an Steuer zu leisten hätten.

Ich glaube, daß Ihr Flat-tax-Modell sicherlich der falsche Weg ist und daß der Weg des Bauernbundes, der Weg der Regierung, der jetzt mit der Steuerreform beschlossen worden ist, der wesentlich bessere ist, denn mit diesem Weg wird der Landwirtschaft geholfen. Ich denke nur daran, daß eine zentrale Forderung des Bauernbundes, der bis jetzt noch nicht Rechnung getragen worden ist, nun erfüllt wird, da, wie es heute Minister Molterer schon erwähnt hat, der Umsatzsteuersatz von 10 Prozent auf 12 Prozent angehoben wird. Dadurch kann man den Landwirten tatsächlich helfen, denn die landwirtschaftlichen Preise sind seit dem EU-Beitritt gefallen, ohne daß ein wesentlicher Ausgleich durch eine Verbilligung der Betriebsmittel erfolgt wäre, wodurch die pauschalierten Landwirte eine Umsatzsteuerbelastung von jährlich – auch das Wirtschaftsforschungsinstitut hat das errechnet – 1,5 Milliarden Schilling zu tragen haben.

Auch die §-7-Kommission hat das schon lange gefordert, und ich freue mich, daß diese steuerliche Ungerechtigkeit mit 1. Jänner 2000 beseitigt wird und der Landwirtschaft immerhin 1,2 Milliarden Schilling an Mehreinnahmen beschert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage das auch deswegen, weil sich die Freiheitlichen immer auch als die Schützer und Beschützer der Landwirtschaft aufspielen. (Bundesrat Ing. Scheuch: Sie waren ja in der Regierung!) Aber ihr habt gegen diese steuerpauschalierte Erhöhung gestimmt. (Bundesrat Ing. Scheuch: Es war ja eine rot-schwarze Regierung!) Warum haben Sie dann bitte dagegen gestimmt? – Ihr seid immer für die Landwirtschaft, aber ihr habt dagegen gestimmt, daß die Umsatzsteuer von 10 auf 12 Prozent erhöht wird. Ihr habt dagegen gestimmt, daß die Bauern dadurch pro Liter Milch jetzt 8 bis 9 Groschen mehr kriegen (weiterer Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch ), daß beim Stier – Sie haben Mutterkuhhaltung – zirka 300 S bis 350 S mehr und beim Getreide ebenfalls ein Plus herauskommen. Sie vergönnen offensichtlich den Bauern diese Mehreinnahmen nicht.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es erreicht. Trotzdem aber haben unsere Land-wirte – aber nicht nur die Landwirte, sondern auch die Wirtschaftstreibenden – gegenüber den anderen EU-Ländern immer noch Wettbewerbsnachteile, denn bei uns in Österreich liegt der normale Mehrwertsteuersatz bei 20 Prozent, in Deutschland bei 16 Prozent, in Luxemburg bei 15 Prozent, und im Bereich der Landwirtschaft sind diese umsatzsteuermäßigen Nachteile noch gravierender. Zwischen 4 und 25 Prozent variieren die Umsatzsteuersätze. (Bundesrat Dr. Bösch: Das habe ich ja gesagt!) Da sind wir gleicher Meinung. Bei Saatgut, Tierarzneien, Pflanzenschutzmitteln gibt es gewaltige Nachteile. (Bundesrat Weilharter: Wer ist denn verantwortlich dafür?) Daher ist es nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern im gesamtwirtschaftlichen Interesse notwendig, eine Harmonisierung des europäischen Steuersystems auch in dieser Hinsicht anzustreben.

Heute ist schon so oft von dem richtigen Schritt in die richtige Richtung gesprochen worden. Auch ich möchte davon sprechen und möchte dabei vor allem den 2prozentigen Beimischungszwang von Rapsöl zum Dieselkraftstoff bei gleichzeitiger Steuerfreistellung – und das ist das wichtigste – hervorheben. Dadurch wird sicherlich eine verstärkte Nutzung alternativer Energien möglich und durch den dadurch erforderlichen Anbau von rund 60 000 Hektar Raps gleichzeitig auch die Situation auf dem Getreidesektor wesentlich entspannt.

Diese Steuerbefreiung stellt eine echte Maßnahme auf dem Weg zur Ökologisierung des Steuersystems dar – da bin ich mit Kollegen Bösch einer Meinung –, aber kurzfristig, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre nicht nur eine Beimischung, sondern der verpflichtende Einsatz von Pflanzenölen als Schmierstoffe in den umweltsensiblen Bereichen – Schipisten, Schiffahrt und so weiter – sinnvoll. Es wäre leicht zu administrieren und zu überwachen. Das Risiko von Umweltschäden könnte durch diese fossilen Treibstoffe minimiert werden.


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Langfristig aber – das wird sicherlich Aufgabe der nächsten Regierung sein, wie auch immer sie zusammengesetzt sein wird – ist eine intelligente – die Betonung liegt auf "intelligente" – ökologische Steuerreform gefragt, wobei bei der Festlegung der Steuersätze die Lenkungseffekte und Senkungseffekte zur Umweltentlastung und zur Entlastung der Lohnnebenkosten berücksichtigt werden müssen.

Abschließend möchte ich noch feststellen, daß es aufgrund des Widerstandes, aber auch aufgrund des Verhandlungsgeschickes den Vertretern des Bauernbundes trotz der Begehrlichkeit von verschiedenen Gruppierungen gelungen ist, eine Einheitswerterhöhung und eine Erhöhung der Grundsteuer zu verhindern. Das hätte nämlich nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für jeden Häuslbauer und für jeden Mieter zusätzliche Belastungen gebracht. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Weilharter: Und daraus die erhöhten Sozialversicherungsbeiträge!)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion, auch im Hinblick auf die Familiensteuerreform, auf die meine Nachredner noch näher eingehen werden, weil mir die Zeit dazu fehlt, wird die Zustimmung zu dieser Steuerreform geben. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich begrüße den mittlerweile im Hause erschienenen Herrn Finanzminister Rudolf Edlinger. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Hedda Kainz. Ich erteile ihr dieses.

13.11

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Vorweg: Ich bekenne mich zu einem "Wahlmanöver" – unter Anführungszeichen –, das 30 Milliarden Schilling Kaufkraft bringt, und unter dieser Zielsetzung möchte ich nicht nur die Reform an und für sich, sondern auch meine Ausführungen verstanden wissen.

Ich gebe zu, daß ich auch all jenen zustimme, die meinen, daß sich der Trend der letzten Jahre zur Staatsfinanzierung massiv zu Lasten der Lohnsteuerzahler verschoben hat, und es an der Zeit war, hier eine Änderung herbeizuführen. Daher war es eine der Zielsetzungen der Steuerreform, mehr Einkommensgerechtigkeit und damit natürlich auch eine Kaufkraftsteigerung zu erreichen. Ich sage auch hier vorweg: Meines Erachtens nach ist das auch erreicht.

Eine  weitere  Zielsetzung  war,  Beschäftigung  zu  sichern  –  dies  wurde  als  Ziel  ebenfalls erreicht –, den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern – ebenfalls eine Zielsetzung, die ich als erreicht ansehe. Im Gegensatz zu den Vorstellungen der FPÖ sehe ich es auch als wichtige Zielsetzung an, diese Steuerreform seriös zu finanzieren. Denn Versprechungen zu machen, daß alle weniger Steuern zahlen werden, und zu glauben, daß das auch in die Köpfe hineingeht, daß damit nicht andere Finanzierungsquellen anzuzapfen sind – ich glaube, so beleidigen darf man das österreichische Schulsystem nicht. Denn allen mehr geben und nirgends etwas hernehmen, das kann schlichtweg nicht funktionieren, und ich denke, daß die Menschen in unserem Land das auch sehr gut verstehen.

Ich habe schon erwähnt, daß ich glaube – nein, ich bin überzeugt davon –, daß die wesentlichen Zielsetzungen der Reform erreicht sind und daß das Gesamtreformvolumen von 30 Milliarden Schilling Kaufkraft, die sich aus den 17 Milliarden Schilling, die sich im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer ergeben, und den 12 Milliarden Schilling, die im Rahmen des Familienpakets den österreichischen Steuerzahlern wieder zugute kommen, zusammensetzen, ein beachtliches Reformpotential ist.

Hinsichtlich der Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen und bezüglich der von mir immer wieder in die Debatte eingebrachten Zusammenhänge zu den Frauen möchte ich darauf hinweisen, daß von diesen 17 Milliarden Schilling, die all jenen zugute kommen, die bis 20 000 S monatlich brutto verdienen, 11 Milliarden Schilling Frauen betreffen. Ich glaube, das ist eine ganz besonders bemerkenswerte Entlastung für Frauen, auch wenn man leider darauf hinweisen


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muß, daß noch immer 50 Prozent der Frauen weniger als 14 000 S brutto monatlich verdienen und es nur 9 Prozent der Frauen sind, die ein Bruttoeinkommen bis etwa 30 000 S haben.

Was die Bezieherinnen und Bezieher ganz kleiner Einkommen, nämlich jener, die sich nur bis 10 000 S Einkommen erwirtschaften können, betrifft, darf ich darauf hinweisen, daß die Reform hier Entspannungen vorsieht, da ihnen ein Betrag von jährlich 1 500 S in Form einer Negativsteuer zugute kommt. Den Alleinverdienern und Alleinverdienerinnen, die aufgrund ihrer geringen Steuerleistung auch diese Absetzbeträge nicht lukrieren können, also all jenen, die die 5 000 S nicht ausnutzen können, wird das in Form einer Gutschrift überwiesen.

Daß der Einkommensteuersatz für die ersten 50 000 S auf Null gesetzt wird und damit erreicht wird, daß die Einkommen in dieser Größenordnung überhaupt steuerfrei sind, bedeutet ebenfalls eine Entspannung für Bezieher solch kleiner Einkommen.

Die 12 Milliarden Schilling, die sich aus der Familienförderung ergeben, bewirken eine Situation, die ich Ihnen nur mit einer einzigen Zahl illustrieren möchte, nämlich am Beispiel einer – ich möchte fast sagen klassisch-konservativen – Normfamilie, bestehend aus Vater, Mutter, zwei Kindern mit einem Familieneinkommen von 35 000 S brutto. Hier wird die Gesamtsumme der Entlastung jährlich etwa 20 000 S betragen. Ich denke, daß das auch ein Betrag ist, der für diese Betroffenen von Bedeutung ist.

Weitere heute auch bereits angesprochene Neuerungen im Bereich der Unternehmen sind folgende: Hier möchte ich ganz besonders auf die Situation der Lehrlingsförderung hinweisen, für die bereits im Nationalen Aktionsplan 1998 ein Freibetrag in der Höhe von 20 000 S im ersten Lehrjahr eingeführt wurde. Diese Förderung wird jetzt bei positiv abgeschlossener Lehrabschlußprüfung – ein Umstand, den ich im Sinne der Qualifizierung auch sehr positiv sehe – auf 60 000 S angehoben, und das wird ganz besonders wirksam für Frauen werden, weil leider zwei Drittel der lehrstellensuchenden Jugendlichen Mädchen sind.

Die Neugründung von Unternehmen ist mir aufgrund meiner Erfahrung mit den oberösterreichischen Stiftungen auch ein ganz besonderes Anliegen. Auch wenn da der Frauenanteil noch nicht im gewünschten Ausmaß vorhanden ist, möchte ich dennoch auf diesen Bereich ganz besonders hinweisen, weil wir aufgrund der Zahlen in Oberösterreich wissen, daß durch jede Unternehmensneugründung, die auch besonderer Unterstützung gerade im ersten Wirkungsjahr bedarf, zwei bis vier Arbeitsplätze geschaffen werden. Ich glaube, daß das in Summe doch ein ganz beachtlicher Umstand ist, weil es zu einer Verbesserung der Zielsetzung "Erhöhung der Erwerbsquoten" beiträgt.

Die Absetzbarkeit von Bildungsausgaben halte ich gerade im Hinblick auf die Besserqualifizierung auch für Frauen für sehr wichtig. Wir wissen, daß Unternehmen, wenn sie schon Geld für betriebliche Ausbildung in die Hand nehmen, dieses in erster Linie für Männer ausgeben. Wenn Frauen innerbetriebliche Weiterbildung überhaupt geboten wird, dann meistens auf deren eigene Kosten. So gesehen ist auch das für Frauen eine Entlastung.

Als eine, die aus einem Unternehmen kommt, dessen Forschungsabteilung vor wenigen Jahren leider geschlossen werden mußte, möchte ich mich ganz besonders dafür verwenden, daß Forschungsförderung betrieben wird. Auch da kommt es jetzt zu einer wesentlichen Verbesserung durch die Zielsetzung, die Forschungsförderung auf eine Quote von 2,5 Prozent anzuheben. Sie können mir glauben, daß mir gerade diese Fragen wirklich Herzblut bedeuten, denn es ist traurig, wenn man miterleben muß, wie Know-how, Qualifikation und Arbeitsplätze aus dem Grund dem österreichischen Staat und der österreichischen Wirtschaft verlorengehen, weil die Forschung nicht in dem Ausmaß zu finanzieren ist, wie es notwendig wäre. Deshalb werden Sie verstehen, daß mir das ein besonderes Anliegen ist.

Die Wertschöpfungsabgabe wäre mir ebenfalls ein Anliegen gewesen. Leider war auch nicht nur ein Schritt in diese Richtung machbar. Ich hoffe, daß das in Zukunft möglich sein wird.


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Im übrigen wird es notwendig sein, all diese Schritte, die jetzt eingeleitet werden, mit der nötigen Konsequenz auch in den nächsten Jahren fortzusetzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.20

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid. – Bitte.

13.20

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Minister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Dankbarkeit des Volkes ist uns gewiß, jedenfalls am 3. Oktober. So hat man es aus den Worten des Herrn Kollegen Rodek wie auch aus jenen der Vorrednerin herausgehört. (Bundesrat Wolfinger: Das haben Sie bei der Europawahl auch gesagt!) 1,2 Milliarden Schilling für die Landwirte, eine halbe Million für diese, eine halbe Million für jene. Die große Geldverteilung ist perfekt bei dieser Steuerreform.

Die Bundesregierung wähnt sich sicher durch ihre große Errungenschaft, die sogenannte "Steuerform" – mit Absicht lasse ich das "re" heraus, weil es für mich sicher keine Steuerre form, sondern ein Reförmchen ist –, aber so siegessicher wäre ich nicht, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, denn auch das Volk ist sich mehr und mehr dessen bewußt, mit welcher Augenauswischerei und mit welchem Reförmchen vor den Wahlen versucht wird, das Volk herumzukriegen.

Die Mehrheit ist sich darüber im klaren, daß nach dem 3. Oktober die Auswirkungen des Folgebudgets geltend gemacht werden. Im Klartext: Das Volk ist nicht mehr so dumm, Ihnen den großen Gönner abzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Das Volk ist nicht die FPÖ!) Das Volk fürchtet sich heute schon vor dem neuen Sparpaket, denn ohne nichts wird nichts, und wenn man selbst nichts hat, dann muß man es halt stehlen, auch wenn es aus dem Säcklein der braven, fleißigen und tüchtigen Leute – so wie Herr Kollege Ledolter mich zitiert hat –, der Steuerzahler ist. Man könnte heute schon das Lied anstimmen: "War immer so, war immer so!" (Bundesrätin Schicker: Die Gastwirte sind vergessen worden!)

Das, was hier vor mir liegt, ist das Wahlzuckerl der großen Koalition; für die Freiheitlichen ein saures Wahlzuckerl: ein Schildbürgerstreich, eine Menge unüberschaubarer Bestimmungen. Die Sprachregelungen von Rot und Schwarz ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) – Sie dürfen sich dann zu Wort melden, Herr Kollege (Bundesrat Mag. Himmer: Das weiß ich!) , und auf mich replizieren. (Bundesminister Edlinger: Da muß man Sie noch fragen vielleicht!) Wenn Politiker jubeln, sie hätten Großes geleistet, dann ist bekanntlich immer der Wurm drinnen. (Bundesrat Schöls: Was sagt denn da Landeshauptmann Haider zu Ihrer Äußerung? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Minister! Sie und Ihr Koalitionspartner Minister Farnleitner wähnen sich im Trockenen, aber ich versichere Ihnen: In einem Land, in dem die Fleißigen als Kapitalisten und Ausbeuter bezeichnet werden (Ruf bei der ÖVP: Von wem?) und man die Wirtschaftskammer mit den Wirtschaftstreibenden verwechselt, in einem Land, in dem gerade Sie, Herr Minister, meine Kollegen pauschal in den Dreck gezogen haben, kann es auch dieser Koalition passieren, im Lügensumpf zu ersticken.

Künstlerisch ist es gelungen, ein Mosaikbildnis – es ist zwar kein wertvolles, aber eine Sammlung aus 23 verschiedenen Gesetzesmosaiksplittern; teils sind es Scherben – zu präsentieren, wohl wissend, daß das für das Volk sehr verwirrend ist. Sie haben es verstanden, das Ergebnis der Steuerreformkommission, die verschiedenen Stellungnahmen zu schubladieren, ohne daran zu denken, nur das Geringste davon umzusetzen. Sie, Herr Minister, und Ihre Koalitionspartner haben es verstanden, mit einer verfehlten Steuer- und Wirtschaftspolitik unser Bundesland zuerst zu einem Hochsteuerland zu machen: 41,9 Prozent 1989 bei der letzten Steuerreform und nun 45 Prozent. (Bundesrätin Schicker: Wir liegen damit im Mittelfeld in Europa! Das wissen Sie auch, Frau Kollegin!) Wir liegen nicht im Mittelfeld. (Bundesminister Edlinger: Oja!)


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Was wollen wir? Was wollen wir Freiheitlichen jahrelang für die österreichischen Bürger und für die heimische Wirtschaft? – Unsere Anliegen sind Verminderung der Steuerlast und Vereinfachungen im System der Verwaltung. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das bleibt bei diesem Reförmchen Utopie.

Schon Bismarck zitierte im 19. Jahrhundert: "Nie wird soviel gelogen wie in Wahlzeiten." Dazu kann man auch eine Steuerreform 2000 verwenden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir Freiheitlichen geben Stellungnahmen ab, in denen wir uns das zu sagen trauen, was andere, denen der Mund verschlossen ist oder wurde, bloß denken dürfen.

Versprochen wurde von Ihnen, Herr Minister: "Unser Steuersystem muß einfacher, durchschaubarer und auch gerechter werden." – Versprochen, gebrochen!

Präsident Maderthaner von der ÖVP meinte: "Keine Steuerreform ohne Senkung der Lohnnebenkosten!" – Versprochen, gebrochen! Jetzt hat er einwandfrei dieser Steuerreform zugestimmt.

Oder: Eigenkapitalzuwachsverzinsung. Das ist der schlechteste Scherz, Herr Minister!

Sie haben die Abschaffung des 13. Umsatzsteuertermins versprochen. – Versprochen, gebrochen!

Oder wenn ich dann noch an Herrn Minister Farnleitner und Abgeordneten Stummvoll denke, so kann ich nur sagen, es ist für die Wirtschaft ein fürchterlicher Schlag, daß man bei einer Steuerreform nicht einmal 10 Prozent ihres Volumens für die Wirtschaft reserviert, meine Damen und Herren (Beifall bei den Freiheitlichen), und damit zum Ausdruck bringt, daß man gar keine Unternehmen will, vor allem keine kleinen und mittelständischen Unternehmen.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Man braucht sich nicht mehr zu wundern, wenn die österreichischen Klein- und Mittelbetriebe unter diesen Rahmenbedingungen nicht mehr mitmachen. Es braucht Sie nicht mehr zu erstaunen, wenn diese Unternehmen keine Lehrlinge mehr ausbilden, auch wenn Sie mit großangelegten Lehrlingsförderungen kommen. (Bundesrätin Schicker: Die kosten eh schon nichts mehr! Die Lehrlinge kosten den Wirtschaftstreibenden schon nichts mehr!)

Die ÖVP mit ihrem Herrn Minister Farnleitner versteht es vorzüglich, mit diesen Förderungen, sei es auf Landes- oder Bundesebene, alles zudecken zu wollen. Zuckerbrot und Peitsche, Zuckerbrot von der ÖVP mit ihren Förderungen und Peitsche von der SPÖ. Diese Peitsche, Herr Minister Edlinger, haben gerade viele meiner Kollegen in letzter Zeit zu spüren bekommen. Bis ins kleinste Loch ist man auf Geheiß des Finanzministers gekrochen. Österreichische Wirte müssen 1 Milliarde Schilling an Steuern nachzahlen. 100 000 S und mehr müssen teilweise unsere Kollegen nachzahlen. (Bundesrätin Schicker: Wenn sie es normal bezahlt hätten, bräuchten sie nicht nachzuzahlen! Wahrscheinlich kommen sie ihren Steuerzahlungen nicht nach!)

Dieser Wahnsinn hat aber Methode, meine Damen und Herren! Vor einem Dreivierteljahr hatten Finanzbeamte in einer generalstabsmäßig geplanten Aktion Hausdurchsuchungen bei den Brauereien veranstaltet. Sie beschlagnahmten alle Unterlagen und EDV-Daten. (Bundesrat Thumpser: Hätten sie ihre Steuern halt gleich gezahlt!) Freilich haben die Behörden, Herr Kollege, für ihr scharfes Vorgehen gute Argumente. Jahrelang war ein stilles Waffenstillstandsübereinkommen zwischen Wirten und Steuereintreibern gegeben. Darum haben die Wirte solch eine Wut. Ohne Vorwarnung wurde der Waffenstillstand gebrochen, und ärgern tut dies die Wirte auch darum, weil die beim Bier, Herr Kollege, hinterzogenen Steuern nicht nachgefordert ... (Bundesrat Schöls: Die werden sich bei Ihnen bedanken für diesen Offenbarungseid!) Lieber Herr Kollege, lassen Sie mich ausreden! (Bundesrat Schöls: Die werden sich bei Ihnen bedanken!) Wissen Sie, warum die Wirte solch eine Wut haben? – Weil nicht nur die beim Bier hinterzogenen Steuern nachgefordert wurden, sondern diese Beträge auf alle Speisen und Getränke


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hochgerechnet werden. (Bundesrätin Schicker: Sie werden das jetzt nachzahlen müssen, weil sie es nicht abgeführt haben!)

Nun, das muß man Ihnen, Herr Minister, schon neidlos zugestehen, Sie verstehen es meisterhaft, laufend schleichende Einnahmen zu erschließen. Bis sich das Volk der Tragweite Ihres Tuns bewußt wird, ist der Effekt eines möglichen Aufstandes verspielt.

Darum bleibt es auch bei unseren Standesvertretern – vor allem bei der Wirtschaftskammer, aber auch bei der Arbeiterkammer – immer nur beim Wollen. Großplakatierung, Aufforderungen an uns alle, sich zu wehren, wie am 23. November vorigen Jahres. Aufruf an alle unsere Wirte, von Vorarlberg bis zum Burgenland. Alles nach Wien vor das Parlament! Ich hätte den Kollegen damals schon sagen können, daß daraus nichts wird, denn am Freitag, als ich dann anrief, hat man mir gesagt, das sei nicht der richtige Moment. Warum nicht? – Weil die Ratspräsidentschaft in Wien getagt hat. Man kann sich doch nicht blamieren, also hat man es abgeblockt. Man verschob es auf Jänner.

Was blieb übrig? – Ein einsamer, kleiner Wirt, der von Eferding von der Wirtschaftskammer aus zu Fuß nach Wien geschickt worden ist. Auf Geheiß der Wirtschaftskammer lief er von Eferding nach Wien. Bepackt mit Forderungen kam er vor das Parlament, stellvertretend für die ganze Gastronomiebranche. Sechs Etappen von 258 Kilometern Länge insgesamt hat er zurückgelegt. Natürlich waren vor dem Parlament dann sämtliche Spitzenrepräsentanten der Wirtschaftskammer von Oberösterreich versammelt und haben das Herrn Khol übergeben. Wie immer vertritt die ÖVP – das ist ganz typisch – ihre Meinung bis vor die Tore des Parlaments. Aber innerhalb des Parlaments stimmt man dann anders, denn dann ist man sich seines Koalitionspaktes sehr bewußt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Action, Events sind gefragt – Visionen auch noch. Das entspricht dem Trend der Österreich Werbung. Visionen könnten etwas bringen. Meine Damen und Herren! Da ich meinen Kollegen gegenüber verpflichtet bin, das Beste für Sie hier zu geben, werde ich mich nicht mit Visionen begnügen, sondern die Forderungen der Branchenkollegen, der Wirtschaftskammer Oberösterreich, als


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Entschließungsantrag einbringen. Zu diesem großen Paket des Entschließungsantrages des Herrn Kollegen Bösch kommt noch ein Entschließungsantrag mit den Forderungen der Wirtschaftskammer Oberösterreich dazu. Denn ich glaube, wir Oberösterreicher, aber auch die anderen Bundesräte haben die Verpflichtung, die Forderungen nicht dem Schmiedl, sondern dem Schmied, der hier sitzt, zu übergeben. Dazu fehlt aber dem kleinen Wirt aus Eferding die Möglichkeit, mir ist aber diese Möglichkeit gegeben.

Als von der Landesregierung Entsandte nutze ich nun diese Möglichkeit und bringe diesen Entschließungsantrag ein und bitte vor allem die Kollegen aus Oberösterreich und die Kollegen, die Wirtschaftskammerfunktionäre sind, um ihre Zustimmung.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ulrike Haunschmid und Kollegen betreffend die steuerliche Belastungsflut der heimischen Gastronomie

Die untragbare Zeltfest-Regelung seit Sommer vergangenen Jahres, die nach wie vor nicht geklärte Frage der Getränkesteuer und letztendlich die sogar von der Wirtschaftskammer Oberösterreich als diskriminierend bezeichnete Vorgangsweise bei Finanzprüfungen in den Betrieben lasten schwer auf der heimischen Gastronomie. Diese Belastungsflut bringt bei den Wirten erneut das Faß zum Überlaufen. Diese Umstände haben sogar einen oberösterreichischen Gastwirt dazu veranlaßt, 258 Kilometer von Eferding nach Wien zu laufen und dort am 28. Juni mit Repräsentanten der oberösterreichischen Gastronomie dem VP-Klubchef Andreas Khol einen Wirte-Forderungskatalog zu überreichen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Bundesräte folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert,

1. eine EU-konforme Umsatzsteuerangleichung zu veranlassen,

2. die Bagatellesteuern für Gastronomie und Hotellerie ersatzlos zu streichen,

3. eine Steuerpauschalierung für Kleinbetriebe bis zu einem Jahresumsatz von 3 Millionen Schilling zu verlassen,

4. eine Senkung der Lohnnebenkosten zu veranlassen,

5. zu veranlassen, daß Geschäftsessen nicht mehr nur zu 50 Prozent steuerlich abzugsfähig sind.

******

Meine Damen und Herren! Gerade habe ich ein Schriftstück bekommen, welches ich Ihnen vorlesen möchte, damit Sie auch davon Kenntnis haben.

Es ist uns nicht mehr möglich: Der Getränkesteuer droht die Niederlage. Im Streit um die Zulässigkeit der Getränkesteuer droht Österreich eine Niederlage auf der ganzen Linie vor dem Europäischen Gerichtshof. Folgt das Gericht dem Generalanwalt, der am Donnerstag seine Empfehlung in Luxemburg vorlegt, dann sind die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke und die Steuerbefreiung für Ab-Hof-Verkauf von Wein EU-widrig. Der EuGH ist an die Schlußfolgerungen des Generalanwalts nicht gebunden, folgt ihnen aber in vier von fünf Fällen. Der Generalanwalt lehnte außerdem das Ersuchen der Bundesregierung ab, die Rückwirkung des Urteils wegen der schwerwiegenden Folgen zeitlich zu begrenzen.

Wien hatte darauf verwiesen, daß in diesem Falle mögliche Rückzahlungen in der Höhe von rund 22 Milliarden Schilling für die Jahre 1995 bis 1998 auf die österreichischen Gemeinden zukämen. Dies entspräche 0,9 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Nur in einem Punkt gewann Österreich: Die Steuer auf Speiseeis und nichtalkoholische Getränke darf bleiben. – Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.34

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Haunschmid und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend die steuerliche Belastungsflut der heimischen Gastronomie ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls. – Bitte.

13.34

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Egal, unter welcher Bezeichnung sich die Redner der Freiheitlichen Partei heute zu dieser Steuerreform erklären, egal, wie viele Redner sie ans Rednerpult des Hohen Hauses schicken, es gelingt ihnen nicht, über die Tatsache hinwegzutäuschen, daß mit dieser Novelle – speziell im Bereich der Einkommensteuer – eine große Entlastung für viele Bereiche in diesem Land erreicht wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Dr. d′Aron: Das glauben Sie doch selbst nicht! – Präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie heute hier den Eindruck vermitteln wollen, daß wir in einem Armenhaus sind (Bundesrätin Haunschmid: Das habe ich nicht gesagt!), dann muß ich Ihnen sagen, gelingt Ihnen das auch nicht. Wenn Sie heute über die Abgabenquote klagen und diesen Teil der Abgabenquote allein im Raum stehen lassen, dann ist das nichts anderes als wieder nur eine Fortsetzung Ihrer Halbwahrheiten. Es stimmt schon, wir haben – dazu bekenne ich mich – keinen geringen Anteil an Abgaben. Aber aus diesen Abgaben leitet sich auch unser sozialer Fortschritt ab, und davon


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reden Sie nicht. Für Sie ist das eine Selbstverständlichkeit, daß unser soziales System gesichert ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Für Sie ist das eine Selbstverständlichkeit! Sie greifen darauf zurück wie in einem Selbstbedienungsladen, so wie Ihr ehemaliger Kamerad Rosenstingl selbstverständlich zugegriffen hat. Sie bedienen sich und machen andere dafür verantwortlich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Ich lasse mich nicht von Ihnen als Betrügerin oder Diebin hinstellen!) – Diese Halbwahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen der freiheitlichen Fraktion, predigen Sie.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Es geht um Ihr Fortkommen. Das Wahlergebnis bei den Europawahlen hat Ihnen schon eines gezeigt: Wenn Ihr Führer im Bärental angebunden ist, dann sind Sie führer- und herrenlos und bringen nichts zusammen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Weilharter: Die Wahlbeteiligung hat es gezeigt, Herr Kollege!) Daher lernen Sie für die Nationalratswahlen, und stellen Sie die Dinge so dar, wie sie tatsächlich sind. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. ) Der Brief an das Christkind, liebe Frau Kollegin Haunschmid, selbst wenn Sie ihn schreiben, wird nicht 1 zu 1 in Erfüllung gehen.

Wir alle wissen, daß das hohe Sozialsystem, das wir haben, daß das hohe Bildungssystem, das wir haben, und daß das hohe Sicherheitssystem, das wir haben, natürlich ihren Preis haben und daß dafür Abgaben zu zahlen sind. (Bundesrat Weilharter: Auch in Brüssel, Herr Kollege! Sagen Sie das dazu!) Es war eine der entscheidenden Aufgaben dieser Steuerreform, jetzt wieder nach einigen Jahren eine Entlastung und eine Kurskorrektur – diese ist im Einvernehmen der Koalitionsparteien gelungen – für die Bereiche der Wirtschaft und der Landwirtschaft herbeizuführen. (Bundesrätin Haunschmid: Wer gibt denn die Arbeitsplätze, Herr Kollege?) Daß ich mich als Gewerkschafter dazu bekenne, daß vor allem die kleinen und mittleren Einkommen entlastet wurden, sei mir gestattet. Daher habe ich überhaupt kein Problem damit, daß meine Fraktion dem heute zustimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ihr Kollege Bösch hat heute einen Entschließungsantrag betreffend die flache Taxe, wie es Kollege Gudenus einmal bezeichnet hat, beziehungsweise die Flat-tax oder was immer eingebracht. Ich würde empfehlen, diesen Entschließungsantrag nicht dem Hohen Haus vorzulegen, sondern der Nobelpreiskommission. Denn es muß etwas Wahres dran sein, wenn Sie damit hausieren gehen und Ihren Fähnleinführer sogar in Amerika studieren lassen. Soweit ich informiert bin, gibt es auf der ganzen Welt zwei Staaten, die sich dieses ungerechten Steuersystems, das Sie zelebrieren und vor sich hertragen, als hätten Sie das Fahrrad erfunden, bedienen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. )

Wir brauchen Ihre Ideen nicht, wir werden ohne Ihre Ideen auskommen. (Bundesrat Weilharter: Sie kopieren die Ideen von der Koalitionspartei! Sie werden vorgegeben!) Wir haben Gott sei Dank das Volk, das Sie zitiert haben, Frau Kollegin Haunschmid, die Menschen draußen auf der Straße hinter uns, weil es aufgrund dieser Steuerreform zu einer Erhöhung der Kaufkraft kommt, weil es zu einer Entlastung der Wirtschaft kommt. Das verstehen die Menschen. Für diese sind wir da und nicht dafür, daß wir irgendwelche theoretische Formulierungen, an die Sie selbst nicht glauben, vertreten. In diesem Sinne gebe ich Ihnen die Chance, umzudenken. Man kann noch immer gescheiter werden, aber bei Ihnen habe ich die Hoffnung aufgegeben. Wir werden zustimmen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.40

Präsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Johanna Schicker. – Bitte.

13.40

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß auch ich ein paar Anmerkungen zu den Aussagen der Vorrednerin Kollegin Haunschmid mache.

Ich muß ganz ehrlich sagen, mein Mitleid hält sich mit all jenen Gastwirten, von denen Sie gemeint haben, daß sie hohe Steuernachzahlungen zu leisten hätten, in Grenzen. (Bundesrätin Haunschmid: Ich habe gesagt, es geht nicht um die Steuernachzahlung!) – Lassen Sie mich aussprechen, Frau Kollegin Haunschmid! (Bundesrätin Haunschmid: Sie haben mich auch


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nicht aussprechen lassen!) Ich spreche jetzt auch als Gemeindepolitikerin. Wir haben die Erfahrung gemacht – wir nehmen das Instrumentarium der Steuerprüfung bei der Getränkesteuer sehr wohl wahr –, daß interessanterweise immer dieselben Gastwirte nachzuzahlen haben. Ich sehe es überhaupt nicht ein, daß die ehrlichen, die ihre Steuern immer zeitgerecht abführen, dann benachteiligt sind. Aus diesem Grunde hält sich mein Mitleid mit all jenen, die Steuernachzahlungen zu leisten haben, in Grenzen. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. )

Meine Damen und Herren! Nun möchte ich doch zum ursprünglichen Reformpaket der Steuerreform kommen. Die Steuerreform 2000 – das haben wir heute schon gehört, auch die Vorredner haben es bereits gesagt – hat zum Ziel, günstige Rahmenbedingungen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Das ist für mich der Kernsatz. Das ist sozusagen die Botschaft, die dieses Steuerreformgesetz 2000 rechtfertigt. Daß davon sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, die Wirtschaft und die Konsumenten, die Familien und die Kinder profitieren sollen, wird nicht nur allgemein erwartet, sondern das ist auch gerecht. Zu dieser gerechten Lösung darf ich Ihnen, Herr Bundesminister, herzlich gratulieren.

Zu danken ist in diesem Zusammenhang aber auch den Mitgliedern der Steuerreform, die auch einiges dazu beigetragen haben. Sie haben gewisse Grundlagen geschaffen, damit diese Steuerreform so gestaltet werden konnte.

Die Familien werden es Ihnen danken, Herr Bundesminister, weil es tatsächlich eine spürbare Steuerentlastung gibt und sie daher weniger Steuern bezahlen müssen und darüber hinaus für die Kinder auch eine höhere Familienleistung bekommen. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist dem Verfassungsgerichtshof zu verdanken!)

Die sogenannte kalte Progression der letzten Jahre wird durch diese Steuerreform überkompensiert und kommt somit allen Steuerpflichtigen zugute. Persönlich hätte ich mir natürlich eine größere Anhebung der Nettobeträge betreffend die Steuerentlastung für die niedrigeren Einkommensbezieher gewünscht, aber es ist mir auch klar, daß dieser Bezieherkreis prozentuell am meisten von dieser Steuerentlastung profitiert.

Aber auch die Wirtschaft, liebe Kollegin Haunschmid, wird zu den Gewinnern dieser Steuerreform zählen. Auch die Gastwirte gehören dazu, da aufgrund verschiedener Maßnahmen Steuererleichterungen eintreten werden; und das ist auch gut so. (Bundesrätin Haunschmid: Zuerst lassen Sie sie insolvent werden!) Wir stehen dazu, denn auch wir wissen, daß nur durch eine florierende Wirtschaft der Wirtschaftsstandort Österreich gesichert beziehungsweise verbessert werden kann. (Bundesrätin Haunschmid: Großkonzerne ist euer Trend!)

Unter anderem wird der Lehrlingsfreibetrag – das hat Kollegin Kainz schon gesagt – von bisher 20 000 S auf 60 000 S, also um das Dreifache, erhöht. Das ist eine Maßnahme, von der wir erhoffen, daß sich dann wieder mehr Betriebe bereit erklären, Lehrlinge aufzunehmen und auszubilden.

Aber auch die Förderungsmaßnahmen für Jungunternehmer und Jungunternehmerinnen beziehungsweise Unternehmensgründer und -gründerinnen, wie zum Beispiel die Befreiung von staatlichen Gebühren aus Anlaß der Betriebsgründung oder die Reduzierung der Abführung von bestimmten Lohnnebenkosten im Betriebsgründungsjahr, sollen es ermöglichen, finanziell leichter Fuß zu fassen.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber einiges anfügen: Gerade im Hinblick auf die Meldungen der heutigen Presse, wonach die Zahl der Ausgleiche und der Konkurse wieder stark im Steigen begriffen ist, denke ich mir, daß gegengesteuert werden muß.

Meine Damen und Herren! Ich muß auch einmal sagen, daß ich oft das Gefühl habe, daß Jungunternehmer oder solche, die eine Unternehmertätigkeit beginnen, zu leichtfertig in diese Unternehmertätigkeit hineingehen. Ich bemerke, daß manche Jungunternehmer und -innen vom Tag ihrer Betriebsgründung an andere Menschen werden. (Bundesrat Dr. Maier: Das hat man bei Meischberger gesehen! Meischberger ist ein typischer Fall!) – Das ist Ihre Meinung. Ich kann es nur aus meiner Umgebung sagen.


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Sie werden einfach andere Menschen. Sie leben von Beginn an über ihre Verhältnisse. Sie glauben, daß es dazugehört, das teuerste Auto fahren zu müssen, die beste Bürolage haben zu müssen, von der Büroausstattung ganz zu schweigen. Man könnte oft meinen, sie verwechseln Umsatz mit Gewinn und vergessen, daß all das auch erst erarbeitet werden muß.

Herr Kollege Missethon! Sie werden mir recht geben: Ich zähle Sie zu einem dieser jungen – nicht dieser. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich zähle Sie zu einem Jungunternehmer, der es tatsächlich geschafft hat, sich durch reelle Arbeit emporzuarbeiten. Das darf ich wohl sagen. (Beifall bei der ÖVP.) Sie werden mir recht geben, daß es diese Fälle, von denen ich gesprochen habe, gibt. Das führt dann letztendlich dazu, daß es früher oder später zum Ausgleich oder zum Konkurs kommen muß. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. )

Ich erinnere daran, Frau Kollegin, daß es auch andere Jungunternehmer gibt. Es gibt auch Begünstigungen für diese. Wir haben Wirtschaftsparks und wir haben Technologieparks gegründet. In unserem Bezirk haben wir einen gut florierenden Technologiepark, wo sich Jungunternehmer ansiedeln könnten. Sie könnten dort die gesamte Logistik und die Infrastruktur mitbenützen. Die Bürokosten sind minimalst. All das kann bei uns auf fünf Jahre genützt werden. Aber manche meinen, sie stehen über den Dingen, sie müssen sofort alles haben. Nur diese Ausnahmen habe ich hier angesprochen. Das ist keine Pauschalverurteilung.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß und möchte feststellen, daß die Steuerreform 2000 ein ausgeglichenes Paket von Maßnahmen und Steuererleichterungen darstellt, was gerecht ist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.47

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

13.47

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin Kollegen Schöls für seine Reformvorschläge sehr dankbar. Es ist interessant ... (Bundesrat Dr. Böhm: Ich habe keine gehört! – Bundesrat Schöls: Ich habe keinen gemacht!) – Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Besserung, Herr Kollege! Sie haben wirklich keinen Vorschlag gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kollege Schöls hat auch gemeint, er verzichte auf die Vorschläge von uns Freiheitlichen. Ich nehme zur Kenntnis, daß Sie auf unsere Vorschläge verzichten. Das glauben wir auch, Herr Kollege! Denn von Ihrer Fraktion und von Ihrer Partei sind in diesem Zusammenhang leider noch keine Vorschläge gekommen. (Bundesrat Schaufler: Auf die flache Taxe können wir verzichten!) Sie haben in der gesamten Finanzpolitik, in der Budgetpolitik in der letzten Zeit nur eines gemacht: die Belastungspakete von den Sozialisten 1 zu 1 übernommen und mangels Alternativen umgesetzt. Das war Ihre Budgetpolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Sozialdemokraten heißt das!)

Meine Damen und Herren! Ich darf auch auf die Ausführungen von Kollegin Kainz kurz replizieren. Sie hat durchaus Ziele genannt, die eine Steuerreform haben sollte. Sie hat viele positive Ziele erwähnt. Gefehlt hat mir aber bei dieser Zieldefinition, daß generell die Einkommenssituation zu verbessern wäre. Sie hat von den Frauen gesprochen, aber es gibt mehr als genug. Es gibt zu viele in Österreich, die ein mittleres oder nur ein kleines Einkommen haben, und da fehlt mir doch die Gesamtheit. (Bundesrätin Schicker: Was Frauen? Es gibt zu viele Frauen? – Zwischenruf des Bundesrates Schöls. )

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kainz hat auch davon gesprochen, daß diese vorliegende Steuerreform ausgewogen, sozial gerecht und familienfreundlich sein sollte. Meine Damen und Herren! Daß überhaupt der Begriff "Familienfreundlichkeit" in der österreichischen Steuergesetzgebung Platz gegriffen hat, hat erst das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Ich frage mich: Wo bleibt die soziale Gerechtigkeit, wo bleibt die Familienfreundlichkeit einer Steuerreform, wenn 1 Million Menschen in Österreich an der Armutsgrenze leben? (Bundesrat Schaufler: Das ist der alte Sozialbericht, der die Steuerreform nicht beinhaltet!) Sie können nicht von sozialer Ausgewogenheit sprechen und dabei diese Fakten außer acht lassen. Die 1 Million Menschen an der Armutsgrenze ist das Ergebnis Ihrer seit Jahren betriebenen Steuerpolitik, meine Damen und Herren! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die vorliegende Steuerreform besteht – dies wurde bereits erwähnt – aus 23 Gesetzen. Eine kleine Facette dieses Pakets ist, daß in Hinkunft auch in Österreich eine Spekulations- beziehungsweise Kapitalsteuer eingeführt wird. Hiezu gibt es eine interessante Ausschußfeststellung des Finanzausschusses des Nationalrates. SPÖ und ÖVP verlangten in einer Ausschußfeststellung, daß eine Verordnung zur Einführung der Spekulationssteuer zeitgerecht erlassen werden möge.

Was heißt das, meine Damen und Herren? – Sie haben Ihre Aufgabe als Gesetzgeber ein weiteres Mal an die Regierung delegiert. Sie haben damit das Parlament ignoriert, indem Sie die gesetzgeberischen Aufgaben uneingeschränkt der Regierung übertragen. Meine Damen und Herren! Sie stellen damit in der Steuerpolitik dem Finanzminister einen Freibrief aus.

Meine Damen und Herren! Zu einem bösen Erwachen ist es in der Vergangenheit auch sehr oft erst nach Inkrafttreten der betreffenden Gesetze gekommen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wir haben nicht geschlafen!) Ich erinnere Sie: Belastungspaket eins, Belastungspaket zwei und jetzt Belastungspaket drei. In Wahrheit ist das keine Reform, sondern lediglich eine kleine Tarifanpassung.

Meine Damen und Herren! Daß Sie, die Mandatare der ÖVP und SPÖ, Ihrem Auftrag nicht gerecht werden, als Mitglieder einer gesetzgebenden Körperschaft tätig zu sein, ist – so würde ich einmal sagen – Ihre Sache und entspricht Ihrer Politik. Aber, meine Damen und Herren, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hätten es verdient, daß sie eine Steuerreform bekommen, die darauf abzielt – entsprechend den vielen Forderungen des Wirtschaftsbundes, entsprechend den vielen Forderungen der Gewerkschaft –, die Lohnnebenkosten zu senken, die kalte Progression abzugelten, das Steuersystem zu entrümpeln und vor allem Anreize für Investitionen zu schaffen.

Eine Steuerreform müßte zum Ziel haben – das läßt sich aus dem vorliegenden Papier nicht herauslesen –, alle Einkommen nur einmal zu versteuern, einkommensschwache Familien steuerlich zu entlasten. (Bundesrätin Schicker: Das ist gemacht worden! – Bundesrätin Mag. Trunk: 30 Milliarden Schilling – ist das etwa nichts? – Bundesrat Schaufler: Ich erinnere nur an den Kinderscheck!) – Frau Kollegin! Eine Steuerreform muß transparent, durchschaubar und vor allem administrierbar sein. (Bundesrätin Schicker: So wie in Deutsch-Griffen geht es sicher nicht!)

Eine echte Steuerreform, meine Damen und Herren, kann nicht als Ergebnis eines Klassenkampfes zwischen ÖVP und SPÖ, wie wir ihn erlebt haben, zustande kommen. Eine Steuerreform muß fair und ausgeglichen für alle Berufsschichten sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Schöls: Die Lösung bitte! – Bundesrätin Mag. Trunk: Sagen Sie uns, wie es geht! – Bundesrätin Haunschmid: Die Flat-tax wäre die Lösung!)  – Sie haben die Chance, Herr Kollege, die Lösung mitzutragen, indem Sie unserem Entschließungsantrag die Zustimmung geben. Sie haben die Chance, Herr Kollege Schöls! Sie haben die Möglichkeit, dazuzulernen und unsere Vorschläge mitzutragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nun zum zweiten Teil dieser unter einem abgeführten Debatte, zur Normverbrauchsabgabe: Die Begründung beziehungsweise die Präambel im Bericht des Finanzausschusses ist bezeichnend für die Regierungsparteien – ich zitiere wörtlich –: Es werden von Österreichern in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Betriebe gegründet, deren einzige Aufgabe es ist, als Zulassungsadresse für Fahrzeuge zu dienen. Diese Fahrzeuge werden dann ständig im Inland benutzt, sind aber im Ausland zugelassen. Einziger Grund für


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diese den tatsächlichen Verwendungen widersprechenden Zulassungen ist die Vermeidung der Belastung mit der Normverbrauchsabgabe.

Meine Damen und Herren! Allein diese Begründung stellt eine generelle Kriminalisierung aller Betriebsinhaber, die im Ausland tätig sind und Standorte haben, dar. Meine Damen und Herren! Eine derartige Begründung ohne Differenzierung finde ich wirtschaftspolitisch gesehen für grob fahrlässig.

Doch diese Begründung, meine Damen und Herren, geht noch weiter! Es heißt weiter in dieser Begründung, Frau Kollegin, daß eben in Hinkunft Fahrzeuge, die nicht in Österreich zugelassen sind und von österreichischen Staatsbürgern benutzt werden, die beruflich im Ausland sind, im Inland aufeinanderfolgend nur mehr drei Tage lang benutzt werden dürfen.

Das heißt, meine Damen und Herren, daß Sie nicht wollen, daß unsere Pendler, die sich woanders hinorientieren mußten, nach Deutschland, in die Schweiz oder wohin auch sonst immer, um zu arbeiten, weil Sie ihnen im Inland keine Arbeit geben konnten, in Hinkunft zu ihren Familien heimkommen können.

Meine Damen und Herren! Diese Normverbrauchsabgabe, diese Regelung dazu ist diskriminierend. Daher wird meine Fraktion dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.57

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Walter Scherb das Wort. – Bitte.

13.57

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Die österreichische Wirtschaft wird noch immer von der Staatsverwaltung dominiert. Diese Feststellung mache nicht nur ich, sondern auch das bekannte Fraser-Institut in Vancouver bei seiner Bewertung Österreichs. Das Fraser-Institut ist nicht irgendein Institut, sondern hat Mitglieder wie die Nobelpreisträger Milton Friedman und Gary S. Becker.

Das Institut meint mit dieser Bewertung aber nicht die verstaatlichte Wirtschaft, meine Damen und Herren, sondern die Steuern in Österreich. Es wird der horrende Geldverbrauch des Staates kritisiert, der den Steuerzahler mit einer Abgabenquote von rund 45 Prozent belastet und ihm jegliche Lust an der Arbeit nimmt.

Das Fraser-Institut hat erkannt, daß das Problem des Staates Österreich die Ausgaben sind. Ausgabenseitige Reformen aber haben in Österreich nie stattgefunden. Vielleicht sollte Herr Kollege Schöls, der jetzt leider nicht anwesend ist, auch öfters Auslandsreisen machen, um seine engstirnige Sicht abzulegen. (Bundesrat Schöls  – im Sektor der Freiheitlichen stehend –: Hier bin ich, und Auslandsreisen unternehme ich nach wie vor!) Aha, ja. Sie befinden sich schon im richtigen Bereich! Sie sollten öfter Auslandsreisen machen, um vielleicht eine großzügigere Sicht der Dinge zu bekommen.

Man hat in der Vergangenheit mit den Sparpaketen die Steuerzahler für die versäumten Dinge immer nur zur Kasse gebeten. Nun will man dem Staatsbürger, wie Sie richtig sagen, mit dieser Reform etwas zurückgeben. Aber das, was er zurück bekommt, ist nicht einmal die kalte Progression der letzten Jahre, sondern nur ein Bruchteil davon.

Der Verein der Steuerzahler Österreichs hat sehr penible Berechnungen angestellt und festgestellt, daß bei einem Bruttoverdienst in der Höhe von 19 000 S nur die Hälfte der kalten Progression abgegolten wird: Bei 26 000 S sind es 36 Prozent, bei 32 000 S nur mehr 30 Prozent und bei 38 000 S nur mehr 21 Prozent.

Ich kann Ihnen das anhand eines Beispieles erläutern: Ein Durchschnittsverdiener, der 1989 20 000 S brutto verdient hat, müßte heute zirka 25 800 S verdienen. 1989 hatte er einen Nettobezug in der Höhe von 14 156 S, heute hat er einen in der Höhe von 17 237 S. Die Bruttobezüge sind demnach um 28 Prozent gestiegen, die Nettobezüge aber nur um 22 Prozent. Jetzt kommt


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der Clou: Die Abzüge sind in diesem Zeitraum um 44 Prozent gestiegen! Das ergibt beim Nettolohn einen Verlust von 918 S pro Monat, somit 11 000 S pro Jahr. Von diesen 11 000 S bekommt der Steuerzahler jetzt von Ihnen 4 000 S zurück, also nicht einmal 40 Prozent, nicht einmal die Hälfte!

In diesem Reformkonzept ist auch eine besondere Verhöhnung der Wirtschaft enthalten: Das ist die Eigenkapitalzuwachsverzinsung. Die Regierung kann nur froh sein, daß diese Reform erst 2000 wirksam wird, also nach der Wahl, und viele Unternehmer erst dann draufkommen werden, daß sie verhöhnt worden sind.

Auch dafür habe ich ein Beispiel: Nehmen wir an, ein Unternehmen hat 350 000 S Gewinn, der Eigenkapitalzuwachs beträgt 100 000 S nach Steuern, bei einer Zinsrate von 5 Prozent betragen die fiktiven Eigenkapitalzinsen 5 000 S, die mit 25 Prozent zu versteuern sind. Die verbliebenen 345 000 S sind zum Beispiel in einer GmbH mit 34 Prozent zu versteuern. Der Steuervorteil durch diese Reform beträgt bei diesem Unternehmen 450 S pro Jahr! Aber nicht nur, daß es auf der einen Seite nur Kleinbeträge einbringt, ist dafür auch ein äußerst kompliziertes Regelwerk geschaffen worden, um diese Eigenkapitalzuwachsverzinsung zu normieren.

Um diesen Betriebsausgabenabzug überhaupt durchführen zu können, ist die Führung eines Eigenkapitalevidenzkontos notwendig, auf dem die Eigenkapitalbewegungen – Gewinne, Verluste, Entnahmen und Einlagen – festgehalten werden müssen. Dieser Eigenkapitalzuwachs ist durch den Vergleich des durchschnittlichen steuerlichen Eigenkapitalstandes dieses Jahres mit dem höchsten durchschnittlichen steuerlichen Eigenkapitalstand der vergangenen sieben Jahre zu ermitteln. Im ersten Anwendungsjahr wird lediglich mit zwei vorangegangenen Jahren verglichen, wobei der Beobachtungszeitraum in weiterer Folge Jahr für Jahr ausgedehnt wird. Der siebenjährige Vergleichszeitraum gilt also erstmals für das Jahr 2005.

Die Führung eines solchen Eigenkapitalevidenzkontos, die Ermittlung des Eigenkapitalzuwachses und der berechtigten Zinsen ist mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbunden. Dieser administrative Mehraufwand steht in keinem Verhältnis zu den minimalen Steuererleichterungen, die damit zu erzielen sind. Selbst Steuerberater – ich habe mit einigen unabhängigen gesprochen, zum Beispiel mit Dr. Bruckner, aber auch vielen anderen – raten ab, diese – unter Anführungszeichen – "Steuererleichterung" in Anspruch zu nehmen, weil sie viel mehr kostet, als sie bringt.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie zitieren, Herr Finanzminister! Sie haben am 25. März 1998 im Plenum gesagt, daß die Steuerreform unter anderem danach zu bewerten sein wird, in welchem Ausmaß sie Strukturen neu ordnet und vereinfacht. (Bundesrat Dr. d′Aron: Richtig!) Nun müßten Sie eigentlich sagen, diese Reform ist mißglückt, weil, wie dieses Beispiel zeigt, wiederum nur komplizierteste Regelungen eingeführt wurden.

Wenn das die Ideen sind, wie Unternehmen in Österreich zu Eigenkapital kommen und für den EU-Raum fit gemacht werden sollen, dann bin ich wirklich enttäuscht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: die Spekulationsfrist im Rahmen der SpeSt. Die Steuer ist leider so effizient und so gut, wie ihre Bezeichnung klingt. Die Spekulationsfrist für Aktiengewinne auf zwei Jahre auszudehnen, hilft sicherlich, den Finanzplatz Wien noch mehr in der Versenkung verschwinden zu lassen. Die Banken, die nach österreichischer Manier als Steuereintreiberinstitute mißbraucht werden – mich wundert in diesem Zusammenhang, daß die ÖVP dieser Steuer so unkritisch zustimmt –, erblicken in dieser Steuer schon eine Verfassungswidrigkeit. Sie haben 1,5 Milliarden Schilling Einführungskosten aufzubringen, damit sie als verlängerter Arm des Finanzministers agieren können. Diese Kosten und die erhöhten laufenden Kosten werden sie sich sicher bei den Kunden holen, und es ist auch schon angekündigt worden, daß die Bankgebühren erhöht werden sollen. Begründet wurde dies auch mit der Verteuerung durch die Steuerreform.


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Auf der einen Seite bekommen die Staatsbürger etwas, nämlich 4 000 S, auf der anderen Seite wird ihnen in Form von Bankgebühren und Verteuerungen wieder Geld weggenommen. So verhält es sich mit der Politik, die in Österreich gemacht wird.

Wenn man aus der Sicht der Wirtschaft argumentiert, daß diese Steuer sinnlos sei, weil sie mehr koste, als sie bringe, wird von der Regierung dagegen argumentiert, daß man nur die direkten Kosten ins Verhältnis zu den Einnahmen setzen könne und nicht die Gesamtkosten, die der Wirtschaft insgesamt erwachsen.

Der nächste Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung. Nach wie vor hat für die meisten beziehungsweise für viele Unternehmen das Jahr nicht zwölf, sondern 13 Monate, und es ist erneut eine Verkomplizierung eingetreten, indem nämlich eine Grenze eingeführt wird – bis 10 000 S muß man nicht zahlen, und ab 10 000 S gilt dann der 13. Monat. Ich frage mich, wie das ist, wenn man die Grenze gerade eben überschreitet beziehungsweise wenn man sie nur einmal überschreitet. Also in diesem Bereich gibt es wieder eine Verkomplizierung. (Bundesminister Edlinger: Was ist daran kompliziert?)

Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Ziele erinnern, die sich die Regierung für die Steuerreform gesteckt hat. Das war zunächst einmal die kostenmäßige Entlastung des Faktors Arbeit. Dieses Ziel ist sicherlich nicht verwirklicht worden. Das war die Ökologisierung des Systems, die auch nicht verwirklicht worden ist. Das war eine Neuordnung und Vereinfachung der Strukturen. Dies ist auch nicht verwirklicht worden. Es sollten Ungerechtigkeiten beseitigt und strukturelle Effekte erzielt werden. All dies ist nicht erreicht worden!

Was von den großen Ankündigungen der Regierungsparteien übriggeblieben ist, ist schlicht und ergreifend eine geringfügige Änderung des Steuertarifs. Eine Tarifreform ist aber bei weitem keine Steuerreform. Zudem wird sie leider noch mehr Bürokratie produzieren, keine strukturellen Effekte bringen, sondern bloß zu einer weiteren Verkomplizierung des Systems führen.

Die Regierung hat wieder einmal ihrer Regelungswut freien Lauf gelassen. Wir sind jetzt in Österreich schon so weit, daß Steuerberater schon Spezialisten als Steuerberater brauchen! (Bundesrätin Schicker: Dann ist er eben zu schwach!) Nicht nur der Normalbürger braucht einen Steuerberater, sondern auch der Steuerberater braucht einen Steuerberater – zum Beispiel im Bereich des Fondsgesetzes und der SpeSt. (Bundesrat Schöls: Das trifft vielleicht auf freiheitliche Steuerberater zu!)  – Nein, nicht nur, sondern für viele andere auch! (Bundesrat Schöls: Das ist nur eine Frage der Qualifizierung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Also bei den Investmentfondsbestimmungen und Stiftungsbestimmungen gibt es nur eine Handvoll Steuerberater in Österreich, die sich auskennen!

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Was ich Ihnen vorwerfe, ist, daß Sie Schlagzeilenpolitik betreiben. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Konecny. ) Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP, war die Schlagzeile wichtig: Die ÖVP setzt sich für die Eigenkapitalverzinsung ein und setzt sich damit durch. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Dabei nehmen Sie in Kauf, daß diese Eigenkapitalverzinsung der Wirtschaft de facto nichts bringt. Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, war die Schlagzeile wichtig: Die SPÖ setzt die Spekulationssteuer durch. – Dabei nehmen Sie in Kauf, daß Sie eine Steuer einführen, die umfassend betrachtet mehr kostet, als sie bringt. Ich hätte liebend gern auf die zwei Schlagzeilen verzichtet und dafür eine "entschlacktere" Steuerreform bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Koalition hat leider wieder einmal bewiesen, daß sie zu echten Reformen nicht fähig ist. Wir haben Ihnen heute mit unserem Antrag ein diskussionswürdiges Konzept vorgestellt – ein Konzept, das alle Vorhaben, die ich vorhin als Ihren eigenen Ankündigungen entsprechend dargestellt habe, erfüllt, was man leider vom vorliegenden Papier nicht behaupten kann.

Zum aktuellen Problem mit der Getränkesteuer würde mich interessieren, Herr Finanzminister, wie Sie sich die Refinanzierung der 22 Milliarden Schilling vorstellen. Ich bin nicht der Meinung, daß man das einfach auf die Gemeinden abschieben sollte und deren Vorschläge abwarten müßte, zumal Sie bei einer der letzten Sitzungen sehr zuversichtlich waren, daß wir beim EuGH gewinnen werden. Danach sieht es aber derzeit leider nicht aus!


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Abschließend möchte ich noch kurz eine persönliche Erklärung abgeben: Ich werde mein Mandat in nächster Zeit zurücklegen, weil sich der nicht unerheblich zeitliche Aufwand, der mit der Bundesratstätigkeit verbunden ist, leider nicht mehr mit meiner unternehmerischen Tätigkeit vereinbaren läßt. Ich habe in den letzten zwei Jahren sehr viel profitiert und viel gelernt. Ich möchte mich für die freundliche Aufnahme in Ihrem Haus bedanken. Besonders möchte ich mich bei Präsidenten Weiss bedanken, der zeigt, daß man auch über Parteigrenzen hinweg ein korrektes und kollegiales Verhältnis haben kann. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

14.11

Präsident Jürgen Weiss: Ich denke, es ist angebracht, auch Ihnen, Herr Kollege, alle guten Wünsche mitzugeben und Ihnen weiterhin nicht nur politischen, sondern vor allem auch beruflichen Erfolg zu wünschen.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Christof Neuner das Wort. – Bitte.

14.11

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie die Debattenbeiträge zu diesem Tagesordnungspunkt zeigen, kann man jedes Problem von zwei unterschiedlichen Seiten sehen. Eines ist für mich aber unbestritten: Es bleibt der sozialdemokratischen Koalitionsregierung vorbehalten, Österreich durch eine verfehlte Steuer-, Wirtschafts- und Budgetpolitik zu einem Hochsteuerland zu machen.

Im Jahre 1989, dem Jahr der letzten Steuerreform, betrug die Abgabenquote 41,9 Prozent. 1998 betrug sie rund 45 Prozent. Damit liegt Österreich im Spitzenfeld der Steuer- und Abgabenbelastung. Die Abgabenquote von 119 untersuchten Staaten ist nur in sieben Staaten höher als in Österreich. Das ist auch von vielen internationalen Institutionen kritisiert worden.

Hohes Haus! Noch nie war die Kritik an einem Steuerreformgesetz so massiv und nachhaltig. Ich kann die Aussagen meiner Kollegin Haunschmid nur unterstreichen, dieses Reformgesetz verdient in keiner Weise die Bezeichnung "Reform". Reform laut Duden heißt erneuern, eine Änderung zum Besseren hin. Selbst die regierungsfreundlichen Gazetten schreiben darüber, das sei kein großer Wurf. Sie haben die von der Bundesregierung selbst gesteckten Ziele in keiner Weise erreicht. Dieses Gesetz bringt keine Entlastung bei den Lohnnebenkosten, wie es immer wieder versprochen wurde. Dies trifft in Zeiten der zunehmenden Globalisierung vor allem die Klein- und Mittelunternehmen.

Ich selbst war zehn Jahre lang Obmann der Klagenfurter Kaufmannschaft und glaube, die Sorgen und Nöte der Betroffenen zu kennen. Großkonzerne finden Wege durch Auslagerung von Arbeit ins Ausland oder steuerschonende Konstruktionen, mit ihren Mutterfirmen im Ausland den Steuerdruck zu reduzieren. Daraus resultiert ein weiterer Wettbewerbsnachteil für die Klein- und Mittelbetriebe, die nach wie vor in Summe der größte Arbeitgeber, Ausbildner von jungen Menschen und Steuerzahler im Lande ist.

Dieses Gesetz bringt keine Senkung im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer. Dieses Gesetz bringt keine Vereinfachung der Gesetze und keine Entrümpelung in der Steuerbürokratie. Der kleine Unternehmer kann sich keine teuren internationalen Anwalts- und Steuerberatungskanzleien leisten, um mit dem Ziel Modelle zu entwickeln, Steuer zu sparen. Dieses Gesetz bringt keine Investitionsanreize für die Unternehmer, etwa durch Steuerfreistellung des nichtentnommenen und reinvestierten Gewinnes.

Wie Kollege Dr. Bösch schon festgestellt hat, bringt dieses Gesetz keine Verbesserung für den Wirtschaftsstandort Österreich. Denken wir an die eingeführte Spekulationssteuer für Aktiengewinne! Damit wird der österreichische Kapitalmarkt, der Markt, der das Risikokapital beschafft, mit Füßen getreten. Eine Harmonisierung zu den europäischen Standards ist nicht erreicht worden.

Dieses Gesetz bringt auch keine Stimulierung der Inlandsnachfrage, die wir notwendig bräuchten. Der private Konsum ist nicht nur ein wichtiger Indikator, sondern auch der Motor der heimi


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schen Wirtschaft. Dieses Gesetz bringt auch keine effektive Förderung der Eigenkapitalbildung. Dieses Steuerreformgesetz 2000 ist eine Ansammlung von wohlklingenden Überschriften mit wenig materieller Substanz, ein Werk von Zögerern und Zauderern, das Ergebnis eines Kollektivs von Mutlosen.

Es ist eine Steuerreform, die weder Akzente in Richtung Beschäftigung hat, noch mittelfristig eine Entlastung für die Unternehmer und für die Arbeiter bringt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hier ist im Endeffekt nur Flickarbeit herausgekommen. Die Regierung war nicht bereit, an diesem Reformgesetz über Antrag und nach dem Willen der Opposition auch nur einen einzigen Beistrich zu ändern. Die gesamten Verhandlungen waren daher seitens der Bundesregierung und seitens der Regierungspartei reine Alibiverhandlungen.

Angesichts der Kritik an diesem Steuerreformgesetz 2000 haben wir Freiheitlichen beantragt, man möge Fachleute aus der Wissenschaft und unabhängige Experten einladen, um ein Hearing durchzuführen. Man war nicht bereit, diesem Ansinnen nachzugeben. Wahrscheinlich hatte man Angst, daß diese Steuerreform in der Luft zerrissen wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.16

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich dem Herrn Bundesminister für Finanzen das Wort. – Bitte.

14.16

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einige Bemerkungen zu der nun gelaufenen Debatte machen. Ich werde mich bemühen, nicht in Überschriften zu reden, weil das an und für sich nicht besonders zweckmäßig ist, sondern einige Argumente, die man beim Zuhören heraushören konnte, zu orten und meine Meinung dazu zum Ausdruck zu bringen.

Es ist richtig, daß die Steuerreform mit einem Volumen von 30 Milliarden Schilling festgelegt und auch von der Struktur her nach dem Gebot der Machbarkeit und unter Einbeziehung der Notwendigkeiten des Stabilitätspaktes und der Zielsetzung, als Ergebnis nicht ein- oder eineinhalb Jahre später der österreichischen Bevölkerung ein Sparpaket Nummer drei zu verordnen, erstellt worden ist. 30 Milliarden Schilling Einnahmenverzicht für Bund, Länder und Gemeinden sind an und für sich kein kleines Volumen. Es ist 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Es ist interessant, daß es auch – je nach dem, auf welcher Ebene der Politik man seine Verantwortlichkeit hat – von den Vertretern der Gemeinden und der Länder ein wenig anders, ein wenig differenzierter gesehen wird, als das mitunter in der Diskussion in der Öffentlichkeit dargestellt wird, wenn es darum geht, die Steuerreform insgesamt zu beurteilen.

Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen, daß nicht nur der Bund allein der Europäischen Union beigetreten ist und die Länder und Gemeinden etwa nicht, sondern daß die Republik Österreich in ihrer Gesamtheit Mitglied der Europäischen Union ist und daß die Stabilität der öffentlichen Haushalte daher danach beurteilt werden muß, in welchem Maße Bund, Länder und Gemeinden – jeder für sich, aber dann insgesamt – in der Darstellung des nationalen Defizits dem gesamten nationalstaatlichen Stabilitätspakt entsprechen.

Jetzt beginnt eine Diskussion in eine andere Richtung, die dahin gehend lautet: Ist denn die Steuerreform vom Verzicht der Einnahmen über 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes her überhaupt geeignet, den Stabilitätskurs und den Stabilitätspakt der Republik Österreich aufrechtzuerhalten? – Diese Diskussionen laufen allerdings noch unterhalb der Wahrnehmungsgrenze für Menschen, die sich politisch nicht interessieren, aber da ich Sie zu jenen zähle, die sich oberhalb dieser Wahrnehmungsgrenze befinden, werden Sie es sicherlich schon bemerkt haben. Daß man diese Diskussion führt, ist legitim. Denn man darf eines nicht vergessen: Seit Beginn der Diskussion zur Steuerreform haben sich einige Rahmenbedingungen verändert.

Als wir das Budget 1999 im Februar 1998 im Nationalrat vorgeschlagen haben, sind die damaligen Wirtschaftsforscher davon ausgegangen, daß wir in Österreich im Jahr 1999 mit einem


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Wachstum in der Höhe von 3,2 bis 3,4 Prozent zu rechnen haben. Das war im Februar 1998. Wir haben damals ein Wachstum in der Höhe von 2,8 Prozent im Voranschlag für 1999 angenommen und noch 0,2 Prozent an Ermessenskrediten gesperrt.

Das Resultat war – das können Sie in den Protokollen des Nationalrates nachlesen – massive Kritik gerade der Oppositionsparteien, vor allem der Freiheitlichen Partei, die mir damals unterstellt hat: Bei derartigen Wachstumsprognosen ein derart restriktives Budget zu machen, könne eigentlich nur den Sinn haben, daß sich der Finanzminister für irgend etwas ein Körberlgeld machen möchte.

Meine Damen und Herren! Ich bin heute sehr froh, daß wir ein sehr restriktives Budget gemacht haben. Etwas, das ich für eine sehr wichtige, eigentlich zum Teil neue Positionierung in der Budgetpolitik halte, ist, daß man kein Budget nach dem besten Szenario, das es gibt, macht, sondern daß man versucht, ein vorsichtiges Budget zu erstellen, ein Budget, das jedenfalls erfüllbar ist, um damit zu verhindern, daß mitten im Budgetvollzug die Debatte darüber aufkommt, wie hoch denn eigentlich das Budgetloch des laufenden Jahres sei. Ich war 1997 das letzte Mal mit dieser Diskussion konfrontiert, allerdings hat es das Budgetloch schon damals nicht gegeben. 1998 hat es keinen Journalisten mehr gegeben, der das schreibt. Ich habe prophylaktischerweise bereits öffentlich erklärt, daß sich Politiker, aber auch die Journalisten andere Sommerlöcher als jenes eines Budgetlochs des Jahres 1999 suchen sollen, denn wir werden keines haben.

Das Budget 1999 steht auf jenen Vollzugsschienen, die wir an und für sich mit der Budgeterstellung 1998 gelegt haben und bei der auch Vorsicht und, wie ich glaube, in der Koalition ver-einbarte Seriosität die Grundlage des Voranschlages und natürlich auch des Vollzuges darstellten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Steuerreform ist aber unter anderen, unter optimistischeren Szenarien begonnen worden. Sie werden mir nicht einreden können, daß irgend jemand vor eineinhalb Jahren das eher niedrige Wachstum in der Europäischen Union und in Österreich voraussagen konnte. Wenn das jemand gemacht hätte, wäre es bösartige Vorsätzlichkeit, aber ich wäre sehr dankbar gewesen, wenn damals ein Hinweis gekommen wäre.

Ich glaube auch nicht, daß irgend jemand vor eineinhalb Jahren voraussagen hätte können, daß es in gar nicht so weiter Entfernung von unserem Land eine fatale kriegerische Auseinandersetzung geben würde, die natürlich auch einen wirtschaftlichen Einfluß auf die unmittelbar angrenzenden Länder und in indirektem Maße auch auf uns hat. Niemand kann mir einreden, daß er damals gewußt hat, daß wir heute dadurch auch im internationalen Gleichklang aufgefordert sind, im humanitären Bereich, im sicherheitspolitischen Bereich und natürlich auch im infrastrukturellen und im wirtschaftlichen Bereich einen Beitrag zu leisten, damit dieser Südosten Europas zu einem Teil Europas wird, mit dem man seriöserweise Wirtschaft und Handel betreiben und auch politische Kooperationen eingehen kann. Daß das irgend jemand vor eineinhalb Jahren gewußt hat, das glaube ich schlicht und ergreifend nicht.

Daher muß ich schon bitten, auch zu berücksichtigen, daß diese Steuerreform nicht das ist, was ich mir selbst vor eineinhalb Jahren vorgestellt habe. Aber der Unterschied zwischen einer Oppositionspartei und einer Regierungspartei ist, daß – zum Glück für die Oppositionspartei – diese nicht eingeladen wird, ihre Vorstellungen zu realisieren, denn sonst könnten Sie mit Ihren Vorschlägen ein "Kärntner Trauma" erreichen. Das möchte ich in aller Deutlichkeit und ohne Polemik sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich halte es für fatal, sehr geehrte Damen und Herren, wenn sich jemand wie Sie, sehr geehrte Frau Bundesrätin Haunschmid, herstellt und von einem Reförmchen spricht. Gleichzeitig sagen Sie, Sie sind die Vertreterin der "kleinen Menschen". Was ist denn eigentlich ein Reförmchen? – Zu den zwei Zentralbereichen, der Lohnsteuerreform und der Familienbesteuerung, werde ich in der Begründung noch etwas sagen, und ich nenne nur zwei Beispiele.

In einer Familie verdient der Ehepartner A 15 000 S, der Ehepartner B 10 000 S. Von dieser Familie kann man nicht sagen, daß sie sehr reich ist. Diese Familie hat noch ein Kind. Mit der nun


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mehrigen Steuerreform wird sich der eine Partner 4 000 S im Jahr ersparen, und der zweite Partner, der unter 10 000 S liegt, daher nur 1 500 S, und er kommt in den Genuß der Negativsteuer. Außerdem kommen 6 000 S Beihilfenerhöhung dazu. Das sind 11 575 S netto mehr pro Jahr für eine Familie, die üblicherweise 25 000 S brutto verdient. Hier von einem Reförmchen zu sprechen und sich gleichzeitig als Vertreter der Kleinen herzustellen, dazu gehört Mut! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie einer Familie mit 25 000 S gemeinsamem Familieneinkommen 11 000 S, fast 12 000 S netto im Jahr dazugeben, dann können Sie nicht sagen, das sei ein Klacks, das sei nichts, auf das könne man verzichten. Ich möchte Sie bitten, das nicht nur hier zu sagen, sondern auch den konkret betroffenen Menschen, die von dieser Steuerreform besonders profitieren. (Bundesrat Weilharter: Es hat schon einmal ein Regierungsmitglied einen Tausender mehr versprochen!) – Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen, ich verspreche keinen Tausender, sondern ich habe eine Steuersenkung versprochen. Ich habe eine Steuersenkung versprochen, die zwischen 4 000 S und 7 000 S pro Jahr Steuererleichterungen bringt – natürlich nicht für jene, die keine Steuer zahlen, das ist ganz klar. (Bundesrätin Haunschmid: Aber gerade der kleine Unternehmer! Schauen Sie sich die Unternehmensbesteuerung an!) – Wenn Sie davon ausgehen, daß der kleine Unternehmer keine Steuern zahlt, dann haben Sie recht. Aber wenn der kleine Unternehmer Einkommensteuer bezahlt, dann profitiert er davon genauso wie ein Lohnsteuerzahler. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen, sehr geehrte gnädige Frau! Sie sagen, eine Flat-tax wäre gescheiter gewesen. Ich will jetzt gar nicht diskutieren, ob ich recht habe, der ich behaupte, Ihre Flat-tax kostet 110 Milliarden Schilling an Steuerentfall, oder ob Ihr Herr Gilbert Trattner recht hat, der den Steuerentfall mit 70 Milliarden beziffert. Es ist, wenn ich mir das Budget anschaue, eigentlich egal, ob man 70 oder 110 Milliarden Schilling an Einnahmenverzicht hat, wenn man nicht sagt, wo diese Ausgaben dann eingespart werden sollen, und das ist eigentlich keck. Das muß ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, liebe gnädige Frau!

Ich habe auch versucht, im Nationalrat von der FPÖ zu erfahren, wie sie das finanziert. Denn Sie sind nicht einmal Ihrem "Papst" treu geblieben, jenem Herrn Professor, der die Flat-tax erfunden hat. Dieser sagt nämlich: ohne Ausnahmen. Dann haben Sie gemerkt, wenn man den 13.  und 14.  nicht macht, ist das nicht klaß, und schon war der 13. und 14. gedeckt – mit 50 Milliarden Schilling. Das darf man nicht vergessen.

Jetzt sagen Sie: nichtentnommene Gewinne. Wie soll denn das mit der Flat-tax gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren? – Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie eine Flat-tax, 23 Prozent für alles, oder wollen Sie Ausnahmen? – Flat-tax und Ausnahmen führen ganz einfach zu einer Budgetkatastrophe. Nehmen Sie das zur Kenntnis, oder Sie schneiden in das soziale Netz – das unterstelle ich Ihnen nicht, aber ich stelle es zumindest in den Raum –, daß den ÖsterreicherInnen Hören und Sehen vergeht! Das will ich schlicht und ergreifend nicht.

Daher bin ich gerne bereit, theoretisch über die Flat-tax zu diskutieren, aber über jenes Modell des Herrn Nobelpreisträgers und nicht über die Haider’sche Abart, daß man überall dort, wo es Ausnahmen gibt, denkt, man könne doch beim 13. und 14. nicht herumdrehen, und den Kinderbetreuungsscheck, den wir brauchen, gibt es dann bei der Flat-tax auch nicht, weil man ihn nämlich nicht zahlen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie vergessen nämlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß gesunkene Einnahmen auch sinkende Ausnahmen bedeuten. Es ist für mich zu wenig, wenn Sie mit mir seriös diskutieren wollen, die Ausgabenseite des Budgets zu demolieren und die Einnahmenseite auszuweiten. Das ist die Quadratur des Kreises, das können Sie nicht machen. Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit. Ich könnte Ihnen noch eine ganze Summe von Beispielen nennen, was diese Steuerreform bedeutet.

Zweites Argument: Der Verfassungsgerichtshof habe die Änderung der Familienbesteuerung ausgelöst. – Das ist vom Anlaß her richtig, aber nicht von der Auswirkung her. Denn der Verfassungsgerichtshof hat nicht die Familienbesteuerung aufgehoben, sondern in seinem Erkenntnis


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lediglich festgestellt, daß bei Einkommen über 700 000 S und Unterhaltsverpflichteten über 19 Jahren die geltende Regelung der Familienbesteuerung nicht ausreicht.

Für mich ist es zumindest legitim – aber das sage ich ungesichert, weil es innerhalb der Koalition nicht akkordiert ist; aber ich habe das Recht, durchaus auch meine Meinung zu sagen –, darüber nachzudenken, ob es nicht gescheit wäre, auch die Familienbesteuerung sozial zu staffeln, denn ich meine, langfristig werden wir mit dem Gießkannenprinzip Probleme bekommen.

Aber eines muß ich Ihnen schon sagen: Die Korrektur nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hätte bedeutet, daß sie das Budget 700 Millionen Schilling kostet – 700 Millionen Schilling hätte das gekostet! Aber was hätte es bedeutet? – Es hätte bedeutet, daß der Generaldirektor für einen studierenden Sohn 6 000 S im Jahr und die alleinerziehende Mutter nichts bekommen hätte. Ich möchte es jedoch aus gesellschaftspolitischer Sicht nicht so haben! Da mir jedes Kind gleich viel wert ist, muß auch das Kind der Hilfsarbeiterin und der Alleinerzieherin 6 000 S bekommen (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP), und dadurch sind diese 12 Milliarden entstanden! – Dazu bekenne ich mich, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir machen jetzt eine Steuerreform mit 17 Milliarden Schilling an Tarifsenkungen – 17 Milliarden Schilling! Es wird jetzt in einer Art historischen Glorifizierung die Steuerreform 1989 – das habe ich schon von einigen Persönlichkeiten der Politik gehört – als große Steuerreform hervorgehoben, aber auch jene von 1994. Bei allem Respekt: Das waren gute Steuerreformen – sie sind auch von sozialdemokratischen Ministern vorgeschlagen worden; na selbstverständlich! (Heiterkeit bei der SPÖ)  –, aber die Entlastung der Steuerreform 1989 betrug 10 Milliarden, die Entlastung der Steuerreform 1994 waren 14 Milliarden, die Entlastung der Steuerreform 2000 wird aber allein im Lohnsteuerbereich 17 Milliarden betragen! Kompensiert mit der Familienbesteuerung ist das die größte Entlastung, die es je bei einer Steuerreform seit 1945 – selbst unter Berücksichtigung des Index – gab! Dann von einem Reförmchen zu reden, dazu gehört Mut. Aber das überlassen wir Ihnen, reden Sie weiterhin von einem Reförmchen.

Es ist falsch, zu sagen, daß keine strukturellen Maßnahmen gesetzt wurden. Das möchte ich hier doch bestreiten, denn wenn man faktisch Freibeträge für Berufsausbildung gibt, wenn man lebenslanges begleitendes Lernen steuerlich absetzbar macht, wenn man steuerliche Regelungen auch als einen Mosaikstein für Forschung und Entwicklung betrachtet, um die Zielsetzung der österreichischen Bundesregierung, die Forschungsquote bis 2005 auf 2,5 Prozent anzuheben – ein Mosaikstein, das geht nicht mit einer Maßnahme allein; ich nehme an, daß Sie mir zumindest darin recht geben –, dann muß man feststellen, daß das strukturelle Maßnahmen sind.

Wenn man bei der Steuerreform davon reden kann, daß immerhin ein Drittel der österreichischen Unternehmungen die Umsatzsteuervorauszahlung nicht mehr leisten muß – für die kleineren, die damit größere Schwierigkeiten haben, ist das eine Erleichterung; ich bin für die kleinen, ja! –, kann man doch nicht sagen, das sei keine strukturelle Veränderung! – Natürlich hätte auch ich mir gewünscht, das für alle zu machen, aber es geht schlicht und einfach nicht – nicht aus Liquiditätsgründen – budgetpolitisch wäre das kein Problem; das ist nichts anderes als das Herborgen einer Umsatzsteuertranche auf die Dauer eines Monats –, sondern wegen des Maastricht-Schuldenstandes. Wenn Sie den Vorschlag machen, müssen Sie mir sagen, wie wir den Maastricht-Schuldenstand darstellen sollen. Das geht ganz einfach nicht, wir würden eine Kippe nach oben machen, und das kann ich auch aufgrund unserer völkerrechtlich verbindlichen Verträge im Hinblick auf die Maastricht-Kriterien nicht machen, wenn ich verantwortungsbewußte Politik mache.

Aber wir signalisieren doch ganz deutlich in die Richtung: Sobald der Schuldenabbau weiter über die Bühne geht, werden wir weitere Bereiche der 13. Umsatzsteuervorauszahlung "aufmachen" – dann eben nicht bis zur Grenze wie jetzt, sondern vielleicht um 50 Prozent mehr –, aber das geht nicht auf einmal! Wenn Sie behaupten, daß das auf einmal geht, dann kennen Sie sich entweder nicht aus, oder Sie sagen die Unwahrheit – eines von beiden trifft sicher zu.


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Es geht nicht, und wenn man seriöse Politik macht, dann muß man sich auch dann, wenn es unangenehm ist, in die Öffentlichkeit stellen und sagen: Meine Damen und Herren! Das geht nicht! – Ich bin bereit, zu sagen: Das, was geht, machen wir, und das, was nicht geht, ist ein Abenteuer, und diese Politik mache ich nicht! – Das ist die Politik, die diese Bundesregierung verfolgt, dazu bekenne ich mich auch. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich weiß nicht, in welcher Eigenschaft Sie hier gesprochen haben: als freiheitliche Bundesrätin oder als Abgesandte der Gastronomie; es ist mir eigentlich egal, in welcher Funktion. Aber folgendes muß ich Ihnen schon sagen, Frau Bundesrätin: Die "Finanz" ist nicht von allein aktiv geworden! Es lag eine Strafanzeige vor! Das Landesgericht Oberösterreich hat eine Haussuchung angeordnet, nicht die Finanzverwaltung des Landes Oberösterreich – das könnte ich auch gar nicht! Die immer wieder kolportierten Bewaffnungen waren nicht von den Finanzbeamten – ich kenne gar keinen Finanzbeamten, der bewaffnet ist; vielleicht in seiner Freizeit als Jäger, aber nicht in seiner Dienstausübung. Die Hunde, von denen Sie erzählt haben, gehören auch nicht der Finanzverwaltung, sondern der Gendarmerie! – Das ist ganz einfach jene Amtshilfe, die das Gericht verlangt hat, um Haussuchungen festzulegen.

Es ist nämlich nicht so, wie Sie sagen! Wenn ich glaube, daß die Leute, die Gastronomie so empört sind, dann muß ich sagen: Das hat schon zwei Seiten. Ich bin nämlich ein kommunikativer Mensch und gehe sehr oft in Gaststätten. Ich werde eigentlich überall freundlichst bedient – nicht nur, weil ich bar bezahle, das ist einmal klar. (Heiterkeit.) Ich gehe auch davon aus, daß der Wirt, wenn ich ihm Getränkesteuer zahle, diese an die Gemeinde weitergibt – davon gehe ich einmal aus, denn das ist kein Teil des Entgelts. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.) Nett wäre natürlich auch, wenn er die Umsatzsteuer zahlte, die er mir bei meinem Krügel Bier abnimmt – das wäre auch nett –, denn das ist kein Geschenk von mir als Konsumenten für den Wirt, sondern eine Steuer, die durchläuft und abzuführen ist.

Ich habe auch überhaupt kein Verständnis für anderes Verhalten und weiß, daß der größere Teil der Gastronomiebetriebe, der größere Teil der Tourismusbetriebe mit den Finanzämtern kein Problem bekommen wird, weil sie ihre Seriosität nachweisen können. Auch im Interesse einer sozialen Gerechtigkeit, so glaube ich, habe ich als Finanzminister unter anderem die Aufgabe, den redlichen Unternehmer vor dem unredlichen zu schützen. Auch diese Aufgabe nehme ich wahr – auch dann, wenn es Ihnen nicht gefällt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. )

Es wäre nett gewesen, sehr geehrte Frau Bundesrätin, wenn Sie zumindest darauf hingewiesen hätten – aber das haben Sie vergessen –, daß wir gerade der Gastronomie in einem extrem hohen Maße entgegenkommen, nämlich mit der Pauschalierung. Ich könnte Ihnen den Brief, den mir Herr Kröll .geschrieben hat, als wir uns auf Umsatzhöhe und -anteil geeinigt haben, zeigen. Er meint darin, daß das die materiellste Hilfe ist, die der Finanzminister der Gastronomie je gegeben hat. – Setzen Sie sich mit Ihrer Interessenvertretung auseinander!

Ich bin dafür, daß wir vereinfachen, ich bin dafür, daß kleine Wirte eine Pauschalierung bekommen, ich bin dafür, daß kleine Lebensmittelhändler eine Pauschalierung haben, weil sie es ohnehin gegen die Lebensmittelketten schwer haben, ich bin dafür, daß kleine Drogisten Vereinfachungen bekommen, weil auch sie unter dem Druck der Ketten stehen, aber eines muß klar sein: Es muß seriös, es muß zumutbar und transparent sein. Ich bin sehr froh darüber, daß wir uns mit der Gastronomie in diesem Bereich bereits geeinigt haben. Es wäre nett gewesen, wenn Sie zumindest angemerkt hätten, daß wir in diesem Bereich durchaus weitergedacht haben.

Wenn es sich dabei nicht um eine Änderung der Struktur handelt, dann weiß ich nicht, was Struktur ist! Es handelt sich dabei um Struktur – zumindest in jenen Bereichen, die ich soeben genannt habe.

Aber ich gebe zu, daß auch ich mir mehr Reformen im strukturellen Bereich gewünscht hätte – überhaupt keine Frage! Die Lohnnebenkosten sind ein Faktor. Aber ich habe immer gesagt – gerade in der Länderkammer müßte ich doch für diese meine Haltung Interesse und Verständnis finden –, es wäre nicht fair, würde der Partner Bund im vierten Viertel eines laufenden Fi-


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nanzausgleichs auf den Finanzausgleich Einfluß nehmen, würde der Finanzminister den Fi-nanzausgleich aufkündigen – er könnte das! Der Finanzminister braucht nicht einmal eine Einigung mit den Ländern und Gemeinden – Sie wissen das sicher –, es ist nur üblich. Bedauerlicherweise sind die beiden letzten jeweils von einem Bundesland nicht unterschrieben worden. Ich habe gesagt: Der Finanzausgleich läuft bis inklusive 2000, und da greife ich nicht ein!

Ich erinnere mich daran: Als ich als Vorsitzender der Landesfinanzreferentenkonferenz 1996 ins Rathaus zurückgekommen bin, haben wir erstens gefeiert, weil die Länder nicht schlecht abgeschnitten haben – das muß ich schon sagen; heute habe ich eine ein bißchen andere Befindlichkeit, wenn ich daran zurückdenke –, und zweitens haben wir in den nächsten drei Monaten ein mittelfristiges Budget bis inklusive des Jahres 2000 gemacht.

Strukturreformen im Bereich der Lohnnebenkosten sind ohne Verhandlungen mit den Finanzausgleichspartnern ganz einfach nicht möglich. Das muß man in aller Deutlichkeit sagen. Ich habe diesen Punkt aber selbstverständlich auf der Tagesordnung der Finanzausgleichsverhandlungen, weil wir zumindest über die Fondskonstruktionen, die überproportionale Zuflüsse haben, nachdenken sollten. Wir sollten darüber nachdenken, ob man nicht dort, wo wir Probleme bekommen, nachlassen sollte, anstatt Krampflösungen zu suchen und damit Systeme zu gefährden.

Wenn man von der Senkung der Lohnnebenkosten spricht, klatscht jeder, aber was bedeutet denn das? – Mit den Lohnnebenkosten wird der gut Teil des Sozialnetzes der Republik Österreich finanziert! Es ist legitim, zu fragen: Muß das über die Kopfzahl gehen?! – Aber all das sind Fragen, die man nicht in einer Zeit der Polarisierung, die man auch nicht in Form von Überschriften diskutieren kann, sondern bei denen man konkrete Handlungen überlegen muß, politische Gespräche führen muß, auch mit den Sozialpartnern, die davon betroffen sind. Ich bin überzeugt davon, daß wir im Rahmen des Finanzausgleiches zu Lösungen kommen werden.

Einige Bemerkungen möchte ich noch machen: die Steuerquote. Ich habe das schon sehr oft gesagt, aber ich wiederhole es noch einmal: Die Steuerquote ist zunächst einmal ein unzulässiger Vergleich, denn Steuerquoten entstehen auf verschiedene Arten. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel zeigen. Nehmen Sie an, ich würde sämtliche Familientransfers über die Steuer finanzieren, dann wären das 45 Milliarden Schilling. – Das ist möglich, das ist überhaupt keine Frage! Das ist mit Absetzbeträgen möglich. Sogar die soziale Verteilung würde nicht nennenswert durcheinander geraten. Aber wissen Sie, was passieren würde? – Die österreichische Steuerquote würde um 4 Prozent sinken! Niemand hätte etwas davon.

Wir haben ein System von sehr hohen Beträgen, die wir durch Transfers zahlen. Aber hier in der Länderkammer muß ich folgendes sagen – ich nehme an, ich werde Ihre Unterstützung bekommen –: Ich habe eine Steuerquote von 45 Prozent zu vertreten. Sehen Sie (der Redner zeigt eine Grafik), das, bis 13 Prozent, bekommt der schlimme Finanzminister, der versucht, alle Wohltaten für die österreichische Bevölkerung damit zu finanzieren. Der nächste Block – er ist fast genauso groß – zeigt das, was die Länder und Gemeinden erhalten. Sie werden doch nicht glauben, daß dann, wenn die Steuerquote zurückgeht, gleichzeitig nicht auch zumindest in proportionalem Ausmaß die Länder und Gemeinden davon betroffen sind? – Daher würde ich an Ihrer Stelle zunächst einmal, bevor ich die Forderungen stelle, Rücksprache mit meinem Landtag halten, um zu sehen, wie man dort darauf reagiert. – Der Herr Präsident lächelt – nach innen, das verstehe ich.

Wir haben auch noch den Anteil der Sozialversicherungen, und einen Anteil von immerhin bereits 3 Prozent haben die Fonds, deren Zuwachs immer stärker ist. Wir müssen diese Steuerquote daher gemeinsam vertreten.

Ich kann mir zum Beispiel folgende philosophische Diskussion vorstellen: Ich bin bereit, auf einen gleich hohen Anteil von den 13 Prozent zu verzichten, wie Sie bereit sind, für die Länder und Gemeinden zu verzichten. – Wir werden sehen, wie dann die Diskussion in der Öffentlichkeit läuft. Ich meine das als Modellspiel, denn man soll in der Politik durchaus auch Modelle spielerisch durchdenken.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluß: Ich möchte zur Spekulationsertragsteuer etwas sagen, weil in der Diskussion Dinge in den Raum gestellt werden, die sich schlicht und einfach nicht so entwickelt haben.

Zunächst einmal wage ich zumindest mit dem gleichen Ton der Überzeugung, den Sie verwendet haben, zu sagen: Die Banken sagen, daß das einmalig 1,5 Milliarden kostet – das wage ich in Zweifel zu ziehen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Maier. ) – Herr Generalsekretär! Respekt, aber die Banken sind mein geringstes Problem. Ich möchte jetzt überhaupt nicht darüber diskutieren.

Nehmen wir an, das stimmt. – Aber die Einführung der Spekulationssteuer hat viel weniger hinterlistige Gründe, als Sie immer denken.

Als ich ungefähr drei Wochen Finanzminister war, kam eine Abordnung respektabler Persönlichkeiten des Bankensektors zu mir und sagte: Das zarte Pflänzchen Börse wird durch die Börsenumsatzsteuer enorm bedroht – eine Steuer, die es nur in Österreich gibt und die weggehört. – Sie können doch nicht von mir verlangen, daß ich in einem Zeitalter, in dem wir alle – wieder von Applaus begleitet – davon reden, die Lohnnebenkosten zu senken, die Kosten des Faktors Arbeit zu senken, eine Kapitalsteuer ersatzlos streiche, ohne darüber nachzudenken, wo wir den fehlenden Betrag im Kapitalbereich hereinholen.

Wir werden darüber noch diskutieren, das ist jetzt für eine bestimmte Dauer sistiert, denn solange es diesbezüglich keine Einigung gibt, gibt es die BUSt. Wenn die Banken jetzt plötzlich sagen: Die BUSt bedroht nicht das "Pflänzchen"!, dann soll es mir recht sein.

Aber eines muß ich schon sagen: Von mir, jemandem, der für ein sozial ausgewogenes Steuersystem eintritt, können Sie nicht verlangen, daß ich in dem ohnehin zurückgehenden Bereich der Kapitalbesteuerung eine Kapitalsteuer streiche und Arbeitssteuern erhöhe! Das ist der Weg, den Sie mit mir nicht gehen können – das sage ich in Ihre Richtung! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber auch der vor wenigen Minuten durchgekommenen APA-Erklärung zur Getränkesteuer nicht ausweichen. Sie haben das so dargestellt, als ob das schon das Erkenntnis des Gerichtes wäre. Das wundert mich überhaupt nicht, denn wissen Sie, wer das vertritt? – Das vertritt der Generalanwalt, und der Generalanwalt ist bekannterweise jener, der die Klage für das Verfahren zu formulieren hat. Wenn man genauer schaut – das haben Sie natürlich nicht gemacht, aber ich habe es gemacht –, was der Herr Generalanwalt gesagt hat, dann findet man folgendes: Die Getränkesteuer widerspricht nicht der Umsatzsteuerrichtlinie, sondern der Verbrauchssteuerrichtlinie, weil nicht genau definiert wird, was damit geschieht.

Ich bin, wenn ein solches Urteil kommt, guter Dinge, denn ich meine, daß wir sehr genau definieren könnten, was die Gemeinden mit den 6 Milliarden Schilling aus der Getränkesteuer machen, etwa im Bereich der kommunalen Infrastruktur. Wenn das Ergebnis das wird, was der Herr Generalanwalt in seinem Papier sagt, dann blicke ich auch einem Verurteilungsergebnis eher gelasseneren Auges entgegen. Wenn der Europäische Gerichtshof möchte, daß wir sagen: Die Getränkesteuer ist für kommunale Infrastrukturen, also für Straßen, für Kulturbauten, für Kindergärten!, und meint, daß das in den Budgets der Gemeinden auszuweisen ist, dann würde ich als ehemaliger Kommunalpolitiker sagen – noch dazu war ich einige Zeit, bevor ich Finanzstadtrat wurde, für diesen Bereich zuständig –: Es ist auch aus der Sicht einer Gemeinde, die ich noch kenne und die relativ viel daraus bekommt, kein Problem, das nachzuweisen!

Sie wissen ganz genau – diese meine Haltung vertrete ich immer wieder –: Die Gemeinden sind die großen Investoren der öffentlichen Gebietskörperschaften. Sie investieren doppelt soviel wie der Bund und dreimal soviel wie die Bundesländer von ihrem Budgetanteil. Da ist das Erkenntnis – für den Fall, daß es so kommt – überhaupt kein Problem. Ich lese nur die Klageschrift. Sie haben nur die APA gelesen. (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. ) Sie haben die APA gelesen, aber ich habe hier das Dokument. (Bundesrätin Haunschmid: Nein, nein, das paßt!) Ich habe mir das Dokument faxen lassen, denn wenn ich in das Hohe Haus komme, brauche ich die entsprechenden Unterlagen mit. Als ich um 11.33 Uhr die APA-Meldung bekam, schaute ich natürlich, daß ich das um 11.56 Uhr aus Brüssel gefaxt bekam, um mich ernsthaft auf die


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Diskussion mit Ihnen, gnädige Frau, vorzubereiten. Ich glaube, das gehört sich auch. (Beifall bei der SPÖ.)

Im übrigen bin ich persönlich mit dieser Etappe der Steuerreform zufrieden. Sie bringt den sozial Schwächeren mehr als anderen. Wir führen damit eine Reihe struktureller Reformen durch. Man muß sagen: Es wurde nicht alles erreicht, aber diese Steuerreform ist nach dem Prinzip der Machbarkeit vorgeschlagen! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.50

Präsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Bundesrat Ernest Windholz das Wort. – Ich rufe in Erinnerung, daß die Redezeit die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf, daß sich die Berichtigung überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und sodann auf die Darstellung des Sachverhaltes zu beschränken hat. – Bitte sehr.

14.50

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Sie haben im Zusammenhang mit den Hausdurchsuchungen in den Brauereien behauptet, daß das nicht Bedienstete aus dem Bereich der Finanzverwaltung waren. – Diese Aussage ist unzutreffend.

Das Bundesministerium für Finanzen verfügt über einen Exekutivwachkörper von 2 300 Bediensteten. (Bundesminister Edlinger: Der Zoll!) Diese haben selbstverständlich Dienstwaffen, verfügen auch über Diensthunde und waren tatsächlich auch bei diesen Hausdurchsuchungen eingesetzt. (Beifall der Bundesrätin Haunschmid. ) Das bedeutet, die Aussagen der Kollegin Haunschmid waren zutreffend, Ihre Aussagen jedoch unzutreffend. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.51

Präsident Jürgen Weiss: Es hat sich noch einmal der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.51

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Bundesrat! Ich danke Ihnen, daß Sie mich daran erinnern: Ich weiß, daß ich eine Zollbehörde habe, und ich bin auf diesen Zoll auch sehr stolz, denn der jüngste Bericht über die Zollwache ist tatsächlich respektabel. Die Erfolge des Zolls sind hervorragend, und ich bekenne mich auch dazu, daß der Zoll bei der Finanzverwaltung zu verbleiben hat, weil er eine sehr schlagkräftige kleine Truppe ist.

Aber nur zur Klarstellung: Falls wir vom gleichen Einsatz reden, muß ich betonen: Dort war der Zoll nicht eingesetzt! (Bundesrätin Haunschmid: Dort war der Zoll eingesetzt!)  – Nein, das war er nicht.

Ich kann jetzt nicht sagen, worum es gegangen ist, denn das unterliegt der Amtsverschwiegenheit. Aber jedenfalls waren jene Einsätze, die sehr oft in der Zeitung gestanden sind, Gendarmerieeinsätze, weil die mobile Überwachungsgruppe dort nicht eingesetzt war.

14.52

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Steuerreformgesetz 2000.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

Es liegt ferner ein Antrag der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend "Faire Steuern. Arbeit schaffen – Steuern senken" vor. Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist abgelehnt.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Haunschmid und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend die steuerliche Belastungsflut der heimischen Gastronomie vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag ebenfalls abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Hand-zeichen. – Das ist die Minderheit.

Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

17. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (1793 und 1894/NR sowie 5966 und 5978/BR der Beilagen)

18. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (1895/NR sowie 5979/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden, und weiters


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ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird.

Die Berichterstattung über diese Punkte hat Herr Bundesrat Johann Grillenberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Berichterstatter Johann Grillenberger: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich erstatte den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden.

Der Finanzauschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird.

Der Finanzausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein, die, wie gesagt, über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgefüht wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

14.56

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Ich möchte meine Wortmeldung nur auf das Versicherungsaufsichtsgesetz beschränken, welches geändert wird. Ich halte diese Änderung für sehr zweckmäßig. Meine Freunde und ich empfinden das so, weil es in einem Zeitraum, in dem Staatsgrenzen überschritten und die Kontinente wirtschaftlich fast übergreifend behandelt werden sollen, zweckmäßig ist, daß Rechtsvorschriften dieser Situation angepaßt werden. Es trägt dies auch insbesondere dann, wenn es sich darum handelt, der Versicherungsaufsichtsbehörde und dem Regierungskommissar mehr Wirkung zu geben, dazu bei, daß der Erhalt von Vermögen gesichert wird.

Die Situation, daß wie im letzten Jahr die eine oder andere Bank in große Schwierigkeiten gekommen beziehungsweise in Konkurs gegangen ist, soll im Versicherungsbereich nicht stattfinden. Aus diesem Grunde stimmen wir diesem Gesetz mit großer Freude zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Maier. – Bitte.

14.58

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Aktenstücke, wenn ich so sagen darf, sind für uns quasi ein weiterer Schritt in Richtung Durchsetzung des Binnenmarktes und auch natürlich in Richtung einer Erweiterung der Liberalisierung im Finanzverkehr. Daher sind diese Vorlagen zu begrüßen, und wir von der ÖVP stimmen dem ebenfalls zu.

Ich möchte das aber zum Anlaß nehmen, ein paar Anmerkungen zu machen, insbesondere aufgrund des Umstandes, weil der Herr Bundesminister für Finanzen nicht nur anwesend ist, sondern in der Debatte, die vorangegangen ist, auch sehr eindrucksvoll die Steuerreform vertreten hat. Ich konnte mich in dieser Debatte nicht mehr zu Wort melden, mir ist aber aufgefallen, er


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spricht als ein Bundesminister für Finanzen, der, wenn ich das richtig sehe, dieses Amt etwa eineinhalb Jahre lang innehat. (Bundesminister Edlinger: Zweieinhalb Jahre!)  – Pardon, zweieinhalb Jahre.

Wahrscheinlich ist ihm ein Rückblick – damit meine ich etwas weiter zurück – nicht ohne weiteres möglich, notabene, da er die Dinge früher aus der Sicht eines Kommunalpolitikers gesehen hat. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als die Sozialdemokraten allein in der Regierung waren oder dann, schon etwas geschwächt, die blaue Fraktion zur Unterstützung beigezogen hatten. Das war in den Jahren 1983 bis 1986. Da hat es eine Steuerreform gegeben, und zwar unter dem damaligen Minister Salcher, die sich darin erschöpft hat, daß die Gültigkeit der Lohnsteuerkarte von einem Jahr auf zwei Jahre erhöht wurde. Das wurde damals als sehr große Steuerreform angesehen.

Wenn ich das richtig sehe, dann würde ich meinen, daß die tatsächlich erste richtige Steuerreform jene war, die 1989 in Kraft getreten ist, also eigentlich seit dem Eintritt der Österreichischen Volkspartei in die Regierung. Kein Geringerer als Johannes Ditz hat das damals gemacht. Der damals amtierende Finanzminister Lacina hätte das eigentlich früher machen können, dazu hätte er nicht unbedingt die ÖVP gebraucht.

Die zweite Steuerreform von 1994 hat natürlich genauso die Handschrift der ÖVP getragen. Daß Sie, Herr Bundesminister, heute so freudig die Steuerreform präsentieren konnten, haben Sie eigentlich Wolfgang Schüssel zu verdanken, der sie zur Chefsache erklärt hat, wie Sie wissen. Sonst wäre es in dieser Regierungsperiode wahrscheinlich zu keiner Steuerreform mehr gekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesminister Edlinger: Ich hätte das nicht gebraucht! Schüssel hat offensichtlich kein Vertrauen in die Regierung! Ich hätte das nicht gebraucht!)

Ich möchte aber angesichts des Umstandes, daß hier auch das Versicherungsaufsichtsgesetz diskutiert wird, eine Anregung machen – ich weiß, daß ich da gerade bei Ihnen offene Türen einrenne –, damit man in der nächsten Legislaturperiode eine zukunftsorientierte Maßnahme trifft, und zwar im Bereich der Bankenaufsicht.

Wir hatten vor, ich glaube, zwei Monaten Gelegenheit, im Rahmen einer Fragestunde über diesen Bereich zu sprechen. Damals hat Herr Bundesrat Vizepräsident Dr. Milan Linzer gefragt, wie denn das werden wird in der Frage der Bankenaufsicht. Dazu haben Sie, Herr Minister, gemeint, es gebe Gutachten: einige offensichtlich freiwillig organisierte, und auch eine beauftragte Kanzlei hat ein Gutachten darüber gemacht. Im Rahmen der Verhandlungen würden Sie darauf schauen, so meinten Sie weiter, daß es zu einer eigenständigen Bankenaufsicht käme.

Die politischen Verhandlungen haben dann zwar ein bißchen etwas anderes ergeben, aber ich meine, für die nächste Periode sollten wir versuchen, eine Bankenaufsicht für Österreich zu schaffen, die ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland selbständig organisiert oder wie das Schweizer Modell selbständig – auch vom Verfassungsrang her – installiert ist.

Was die Frage der Kosten betrifft, so hat es bei den politischen Diskussionen schon Klarheit darüber gegeben, daß eine Deckelung erfolgen sollte. Das sollte, wie ich meine, auch künftig so bleiben. Daher mein Appell für die nächste Periode: So Sie in diesem Amt sind, Herr Bundesminister, ersuche ich Sie, in der Frage der Bankenaufsicht eine Vorgangsweise zu wählen, die international vergleichbar ist. Und dazu eignen sich die Beispiele der Bundesrepublik Deutschland und durchaus auch der Schweiz. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesminister Edlinger: Frankreich!)

15.01

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Kraml zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.01

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die uns heute vorliegenden Gesetzesvorlagen dienen für die Sicherheit des Kapitalmarktes. Es sind, wie ich mei


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ne, moderne Gesetze, und die Sozialdemokratie wird diesen Gesetzen die Zustimmung geben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP sowie des Bundesrates Mag. Gudenus. )

15.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung das Wort? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse, die getrennt erfolgt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 17. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

19. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Einsatzzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundesfinanzgesetz 1999 (7. BFG-Novelle 1999), das Dorotheumsgesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG erlassen wird (Dienstrechts-Novelle 1999) (1764 und 1945/NR sowie 5990/BR der Beilagen)

20. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat geändert wird (1946/NR sowie 5991/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.


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Es sind dies:

Dienstrechts-Novelle 1999 und

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 19 und 20 hat Herr Bundesrat Mag. Wilfing übernommen. Ich darf ihn darum bitten.

Berichterstatter Mag. Karl Wilfing: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Einsatzzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundesfinanzgesetz 1999 (7. BFG-Novelle 1999), das Dorotheumsgesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG erlassen wird (Dienstrechts-Novelle 1999).

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher zur Antragsverlesung. Artikel XVII des gegenständlichen Beschlusses unterliegt gemäß Artikel 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Einspruchsrecht des Bundesrates.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben.

Damit komme ich zum Tagesordnungspunkt 20: Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat geändert wird.

Dieser Bericht liegt ebenfalls schriftlich vor, und ich komme daher zur Antragsverlesung.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Mainoni. – Bitte.

15.07

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche, Salzburg): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst erlaube ich mir schon noch eine kurze Replik zu den lichtvollen Äußerungen des Herrn Bundesministers.

Es ist nicht ganz so, wie er es dargestellt hat. Natürlich versucht jeder, sein Produkt möglichst optimal, bestmöglich darzustellen. Der Herr Bundesminister macht das zweifellos sehr selbstbewußt. Aber die Darstellung dieses Produktes bedeutet noch lange nicht eine Aussage über die Qualität des Produktes.

Ich komme da sehr wohl noch einmal auf unseren leider Gottes nicht angenommenen Entschließungsantrag im Zusammenhang mit der Flat-tax, faire Steuern, zu sprechen. Ich habe dazu einen Zwischenruf gehört – ich glaube, er war aus dieser Ecke (der Redner blickt in Rich


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tung ÖVP), ich weiß nicht genau woher; dazu muß man sagen, teilweise sind die Zwischenrufe wirklich unter jeder Kritik! –, der gelautet hat: "Flat-tax ist gleich Wettex, hehehe!" – Wenn wir uns bereits auf diesem Niveau bewegen, dann brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, daß die Rolle des Bundesrates und sein Ansehen in der Öffentlichkeit immer weiter hinuntergetragen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich will dazu nur sagen, daß Herr Universitätsprofessor Alvin Rabushka, der Vater dieses Steuermodells, das wir hier eingebracht haben, sehr wohl Erfahrung damit besitzt und daß es international sehr wohl die Erfahrung gibt, daß Steuersenkungsmodelle die Wirtschaft ankurbeln. Professor Rabushka war zum Beispiel der Berater Ronald Reagans bei seinem Steuersenkungsprogramm, das sehr wohl für die Wirtschaft erfolgreich geendet hat, und er war auch der Finanzberater von Margret Thatcher, die in Großbritannien die Wirtschaft durch massive Steuersenkung angekurbelt hat.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat! Darf ich Sie bitten, zur Tagesordnung zu sprechen. Wir haben den Tagesordnungspunkt Steuerreform bereits abgeschlossen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (fortsetzend): Keine Panik, Frau Vizepräsidentin, ich bin schon dabei.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich würde Sie bitten, sich einer ordentlichen Sprache zu befleißigen!

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (fortsetzend): Ich kann keinen anderen Ausdruck außer "Panik" verwenden, mir fällt kein anderer ein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu diesen Tagesordnungspunkten kommend ... (Rufe bei der ÖVP: Unterstes Niveau! Wir sind nicht im Wirtshaus! Das ist ungeheuerlich! Ist so etwas möglich?!)  – Aha, jetzt gibt es wieder die Zwischenrufe. Es gelingt mir ... (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)  – Ich habe Gott sei Dank einen Sitzplan mit, ich kann also die lichtvollen Äußerungen dann auch den einzelnen Bundesräten direkt zuordnen, das ist nämlich ganz interessant.

Man lasse mich bitte nunmehr über die vorliegenden, zur Diskussion und zur Abstimmung anstehenden Tagesordnungspunkte kurze Ausführungen machen. Sofern die Ausführungen und die Einwürfe sinnvoll sind, gehe ich gerne darauf ein, wenn nicht, dann tut es mir leid, dann kann ich Ihnen nicht helfen. Ich werde Ihr Niveau nicht ändern können! (Bundesrat Schöls: Darauf legen wir auch keinen Wert! – Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Nun zur Sache: Im Volksmund gesprochen, wird man den nun zur Diskussion stehenden 19. Tagesordnungspunkt wohl als Kraut und Rüben bezeichnen können, denn als nichts anderes ist es zu bezeichnen, wenn das Dorotheumsgesetz mit dem Bundestheaterpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz mit dem Militärberufsförderungsgesetz und so weiter und so fort in einem Tagesordnungspunkt zusammengefaßt werden. Es gibt darunter – bei genauer Durchsicht stellt man das fest – eine Reihe von problematischen Bestimmungen. (Ein Handy läutet. – Der Redner unterbricht seine Ausführungen und wartet, bis das Läuten aufhört.)  – Danke. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe die Hausordnung studiert, und in der Hausordnung steht, daß das Benützen von Mobiltelefonen während der Sitzungen nicht gestattet ist. Deshalb habe ich gewartet. Wenn das auch wieder falsch interpretiert wird, Herr Kollege, dann ist das Ihr Problem.

§ 180b des Beamten-Dienstrechtsgesetzes sieht zum Beispiel vor – ich nehme nur einen Teil heraus –, daß Universitätsassistenten bereits nach einem Jahr mit Lehrveranstaltungen zu beauftragen sind. Wir Freiheitlichen halten das für absolut problematisch.


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Oder, ein weiteres Beispiel: Artikel XX sieht vor, daß ein Bundesgesetz über die Gründung einer weiteren Bundespensionskassen AG geschaffen werden sollte. Wir haben bereits rund ein Dutzend Pensionskassen, und jetzt soll durch eine Neugründung wieder eine dazukommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es besteht der nicht unbegründete Verdacht, daß da etwas passiert, was auch schon in der Vergangenheit passiert ist, daß nämlich in großkoalitionärer Eintracht – zu gleichen Teilen – letztendlich dann bei der Übertragung ein rotes und ein schwarzes Imperium davon profitieren sollten. Ich denke da beispielsweise an die Wiener Städtische Versicherung, eingegliedert in den allgegenwärtigen Machtkonzern der linken Reichshälfte, der SPÖ, und auch an die Herren, die ein Giebelkreuz als Firmenzeichen haben, zu Unrecht im Boulevard als "Lodenmafia" bezeichnet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Korrekterweise müßte diese Veräußerung ausgeschrieben werden und an den Bestbietenden gehen. Wir werden ein sehr wachsames Auge darauf haben, ob das auch tatsächlich der Fall ist, oder ob das geschieht, woran sich die Herrschaften von Rot und Schwarz schon immer gewöhnt und sich bedient haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind in diesem Zusammenhang sehr wohl auch einige Worte über das Verhältnis Vertragsbediensteter und Beamter anzubringen. Da sind wir Freiheitlichen der Meinung, daß da eine Novelle dringend notwendig wäre und dieses Flickwerk nicht weiter fortgeführt werden sollte. In einem Entschließungsantrag wurde das im Nationalrat bereits zum Ausdruck gebracht. Wir vertreten in diesem Zusammenhang den Standpunkt, daß leistungsorientierte Besoldung endlich einmal Platz greifen sollte. Außerdem sollte es eine Abkehr vom Dienstalterprinzip, einen Abbau der Zulagen und eine Beseitigung des Nebengebührenunwesens, gleiche Entlohnung für gleiche Dienste und schließlich auch eine Verbesserung der Karrieremöglichkeiten geben. All das sind Punkte, die zur Gerechtigkeit beitragen könnten. Sie wurden leider Gottes bis jetzt nicht aufgegriffen.

Zu Punkt 20 – um, sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, bei der Sache zu bleiben (Zwischenruf bei der SPÖ)  –: Es gab einen sogenannten § 27-Antrag im Nationalrat beziehungsweise in den Ausschüssen, und zwar gleichsam als Tischvorlage. Es wurde die Opposition düpiert, indem Dinge gleich zur Entscheidung vorgelegt wurden. Ich weiß nicht, wie es mit Ihrem demokratischen Feingefühl bestellt ist, aber ich persönlich halte diese Vorgangsweise, gelinde gesprochen, für inakzeptabel. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt da zwei Möglichkeiten: Die beiden Koalitionshäuptlinge, die beiden Klubobmänner Kostelka und Khol haben entweder schlampig gearbeitet oder vorsätzlich gehandelt. Für uns ist das Ergebnis jedenfalls inakzeptabel. So etwas geschieht nicht mit unserer Zustimmung. Ich bin der Ansicht, daß die Sozialdemokraten und die ÖVP ihre demokratiepolitischen Hausaufgaben in diesem Fall sehr schlecht oder gar nicht gemacht haben, und deshalb wird es unsererseits dazu keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.15

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ferdinand Gstöttner. – Bitte, Herr Bundesrat.

15.15

Bundesrat Ferdinand Gstöttner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu meinem Vorredner nur eine Bemerkung: Es gibt einen alten Spruch, der lautet: "Wie man in den Wald hineinruft, so hallt es zurück!" – Das kann vorkommen! Noch einen weiteren gibt es, und der lautet: "Wenn man mit einem Finger auf jemanden zeigt, sollte man daran denken, daß es drei sind, die auf einen zurückzeigen." – Das sei nur allgemein bemerkt. (Bundesrat Mag. Mainoni: Denken Sie an meine Äußerungen!)

Die vorliegende Dienstrechts-Novelle behandelt ein umfangreiches Paket von legistischen Maßnahmen. Ohne Übertreibung kann dabei von einem bedeutenden Schritt in Richtung strukturelle Verwaltungsreform gesprochen werden. Konsequenz ist unter anderem auch, daß sich das Finanzministerium aus verschiedenen Bereichen, zum Beispiel aus dem Dienst-, Besoldungs-


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und Pensionsrecht, zurückziehen wird. Die vorliegende Novelle regelt auch wichtige Fragen im Schul-, Exekutiv- und Militärbereich. Es wird die gesetzliche Grundlage für eine Bundespensionskasse geschaffen. Damit wird eine besoldungsrechtliche Verbesserung ermöglicht.

Schwerpunkt ist auch die Umsetzung einschlägiger EU-Richtlinien betreffend Verbesserungen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes, zum Beispiel im Bereich der Land- und Forstarbeiter sowie beim Jugendarbeitsschutz.

Die Novelle zum Bundes-Personalvertretungsgesetz, die nicht nur Rechte verbessert, sondern auch die Mitwirkungskompetenz stärkt, soll als positiver Aspekt nicht unerwähnt bleiben.

Noch so manche wichtig erscheinende Punkte könnten herausgegriffen werden, das würde aber den Rahmen meiner Wortmeldung bei weitem sprengen.

Einen Bereich allerdings möchte ich noch ansprechen. Es sind zum Beispiel auch Verbesserungen für den Rechnungshof vorgesehen, die den hohen Standard der öffentlichen Finanzkontrolle gewährleisten. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, daß die Prüfer mit großem Fleiß und Engagement bei der Sache sind. Durch diese Tätigkeit – auch das soll erwähnt sein –, durch die konstruktive Zusammenarbeit von Prüfern und Geprüften konnten bedeutende Einsparungen und auch Verbesserungen in verschiedensten Verwaltungsbereichen gemeinsam erreicht werden. Das ist nur ein Bereich. Es gibt noch viele solcher Bereiche, und zwar in allen Ministerien, in allen Bereichen des Bundes, des Landes und auch der Gemeinden.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Beamtinnen und Beamten und an alle Vertragsbediensteten, die in, wie schon gesagt, allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung das ganze Jahr über wirklich gute und konstruktive Arbeit im Sinne der Bürgerinnen und Bürger leisten.

Kritisiert und geraunzt, wie man sagt, wird leider oft. Anerkennung und Dank sind dagegen eher selten. Die besonderen Leistungen und das Engagement der Säulen unserer Republik, nämlich der Beamten und Vertragsbediensteten, der Arbeitsbienen auf allen Ebenen, ob weiblich oder männlich, sollen damit ins rechte Licht gerückt sein. Danke, meine Damen und Herren!

Abschließend möchte ich noch feststellen, daß mit diesem Gesetz eine wichtige Grundlage für eine moderne, bürgernahe und serviceorientierte öffentliche Verwaltung gegeben ist. Meine Fraktion wird gegen das vorliegende Gesetz keinen Einwand erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.18

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Uta Barbara Pühringer. – Bitte, Frau Bundesrätin.

15.18

Bundesrätin Uta Barbara Pühringer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! – Er ist nicht im Saal. Meine Damen und Herren! Die vorliegende Dienstrechts-Novelle 1999 enthält auch eine Novelle zum B-DG, zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979; darauf ist Kollege Gstöttner schon eingegangen. Ich möchte genau zum selben Punkt, nämlich zu den Regelungen für den Rechnungsdienst, auch eine Anmerkung treffen.

Diese B-DG-Novelle enthält Regelungen, die eine qualifizierte Nachbesetzung im Prüfungsdienst des Rechnungshofes sichern sollen. Im Bericht des Verfassungsausschusses wird als Erklärung dazu – zu Recht, merke ich an – darauf hingewiesen, daß der Personalstand des Prüfungsdienstes nur dadurch ergänzt werden kann, daß man erfahrene, qualifizierte Frauen und Männer aus anderen Bereichen – aus Bereichen des Landesdienstes und des Bundesdienstes und auch aus Bereichen der Wirtschaft – gewinnen kann. Es sei daher, so wird da angemerkt, eine attraktive Einkommensgestaltung erforderlich, damit für Spezialisten, die fachlich dafür in Frage kommen, ein Anreiz besteht, in diese verantwortungsvolle und fachlich anspruchsvolle Tätigkeit überzuwechseln.


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Dieser Feststellung, diesem Anliegen und auch dieser gesetzlichen Umsetzung kann man nur Verständnis und Zustimmung entgegenbringen. Überrascht war ich aber dann über den Hinweis in der Regierungsvorlage, daß diese Feststellung für die übrigen Bereiche des öffentlichen Dienstes nicht zutreffe und daher derartige Maßnahmen – gemeint sind finanzielle Anreize für andere Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes – für diese nicht in Betracht kommen. Mir fallen dazu gleich zwei Beispiele ein, die ich dieser Meinung entgegenhalten möchte.

In Berufsschulen und HTLs werden als Lehrer qualifizierte Leute aus der Wirtschaft mit langjähriger Berufserfahrung benötigt, und wenn nun solch ein Fachmann aus der Wirtschaft bereit ist, in den Lehrberuf umzusteigen, dann fängt er finanziell praktisch fast bei Null wieder an, nämlich deshalb, weil ihm als Lehrer die Zeiten, in welchen er in der Wirtschaft Berufserfahrung gesammelt hat, nur zu einem sehr geringen Teil angerechnet werden. Ich glaube, daß das doch ein Widerspruch zu dem ist, was der Gesetzgeber auf der einen Seite als berufliche Voraussetzung für diese Schultypen den Lehrern abverlangt, aber andererseits dann besoldungsrechtlich nicht entsprechend würdigt.

Ein weiterer Bereich, in dem es ebenfalls sehr wünschenswert ist, daß die Bestqualifizierten zum Einsatz kommen, ist jener der Schulaufsichtsbeamten. Schulaufsichtsbeamte – das sind Landesschulinspektoren, Bezirksschulinspektoren, Fachinspektoren – sind vor allem pädagogische Berater und Begleiter der Lehrer. Für sie wird nun nach langen Verhandlungen ein neues Gehaltssystem geschaffen, das ihnen ein entsprechendes Einkommen sichern soll und das darüber hinaus – so wird zu Recht vermerkt – auch eine administrative Vereinfachung darstellt.

Die Abgeltung der Mehrleistungen dieser Inspektoren ist bisher unterschiedlich erfolgt: in einigen Bundesländern durch genaue Abrechnung von Einzelstunden, in anderen wiederum durch Pauschalbeträge, die im Rahmen der Sparmaßnahmen immer weiter gekürzt wurden. Diese Abgeltung der Mehrleistungen ist nun durch die Regelung, die uns vorliegt, sozusagen ein fixer, also ein gesicherter, Teil des Bezuges der Schulaufsichtspersonen.

Unsere Ministerin hat es ein All-inclusive-Modell genannt. Dieses ist in diesem Bereich sicherlich positiv zu werten, es ist aber auf den Bereich der Lehrer keineswegs übertragbar. Es steht heute für Lehrer auch nicht zur Diskussion. Ich betone es aber, weil da und dort schon dieser Gedanke aufgetaucht ist.

Als Personalvertreterin begrüße ich natürlich auch die Neuerungen des PVG, des Personalvertretungsgesetzes, die großteils aus der praktischen Handhabung dieses Gesetzes entstanden sind.

Ein wirklich langjähriger Wunsch war auch die Verlängerung der Funktionsperiode der Personalvertretung von derzeit vier auf künftig fünf Jahre. Wir haben Ende dieses Jahres, Ende November, im öffentlichen Dienst Bundespersonalvertretungswahlen. Wir bereiten uns schon seit einiger Zeit darauf vor, und zwar sowohl organisatorisch als auch fraktionell. Dabei darf aber unsere Arbeit für die Lehrer, die – ich spreche jetzt von meinem Bereich – sehr intensiv und umfangreich ist, nicht darunter leiden.

Ich bin sehr dankbar dafür, daß die nächste Periode fünf Jahre dauern wird, denn das wird einen längeren Zeitraum für uns bringen, der unbelastet von Wahlvorbereitungen sein wird. Jede Wahl kostet auch Geld, und insoferne stellt die Verlängerung dieser Funktionsperiode eine Ersparnis dar, die ebenfalls positiv zu werten ist.

Ich darf abschließend anmerken, daß meine Fraktion gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates insgesamt keinen Einspruch erheben wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)


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15.23

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile es ihm.

15.23

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut Ding braucht Weile, könnte man sagen. Da spreche ich jetzt primär als Gewerkschaftsfunktionär aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes. Ich erinnere mich daran, wie viele Regierungssitzungen wir Blut geschwitzt haben in Sorge darüber, ob diese Novellen auch tatsächlich beschlossen werden. Dazu ist zu sagen: Es ist sicher in der kommenden Legislaturperiode zu überdenken, ob manche Dinge nicht etwas rascher abgehandelt werden sollten.

Wie gesagt: Gut Ding braucht Weile!, und dem, was wir hier jetzt vorliegen haben – meine Kollegin Pühringer hat es schon angesprochen –, können wir grundsätzlich zustimmen, weil da einige Dinge in eine neue Richtung gebracht worden sind.

Ich denke da beispielsweise daran, daß wir in Richtung Pensionskassen ein Signal gesetzt haben. Ich denke auch daran, daß im Bereich der Dienstwohnungen eine Regelung gelungen ist, die zu mehr Gerechtigkeit zwischen den aktiven Bediensteten und den Pensionisten führt. Weiters denke ich daran, daß wir damit für den Rechnungshof wichtige Voraussetzungen schaffen. Nicht zuletzt denke ich daran, daß wir nun ein Ding reparieren, das aus einer unseligen Ära, einer Gott sei Dank sehr kurzen Ministerschaft eines freiheitlichen Verteidigungsministers stammt, mit dem die Frage des Instituts Zeitsoldat in einer Art und Weise zu lösen versucht wurde, mit der die Betroffenen keine Freude gehabt haben. Jetzt sind Ansätze vorhanden, diesen Fehler eines freiheitlichen Pfusches und auch einige andere Punkte mehr zu sanieren. Man kann also im großen und ganzen sagen: Es ist eine gute Lösung!

Ich möchte auch nicht verabsäumen, noch einmal hervorzukehren, was Kollegin Pühringer für den Bereich der Schulaufsicht gesagt hat. Es ist nach langen Verhandlungen – auch internen Verhandlungen im Lehrerbereich – gelungen, einen Schritt von der Schulverwaltung zum Bildungsmanagement zu machen.

Von dieser Stelle aus richte ich einen aufrichtigen Dank an die zuständige Ressortchefin, für die es nicht immer leicht ist, die unterschiedlichen Lehrerinteressen unter einen Hut zu bringen. Umso beachtlicher ist es, daß da eine vernünftige Regelung getroffen wurde.

Ich habe kein Problem damit, daß auch in der zweiten Kammer der Bundesgesetzgebung die vorliegenden Gesetze nur mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen werden. Wir tun uns auch als Personalvertreter und als Gewerkschafter damit relativ leicht, und wir werden das natürlich auch bei den kommenden Bundespersonalvertretungswahlen entsprechend klarstellen.

Ich weiß nicht, welcher Grund Kollegen Windholz bewogen hat, während der Erklärungen seiner Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt draußen zu sein, aber einfach gegen alles zu sein, ist natürlich zu wenig, und das wird auch bei den kommenden Personalvertretungswahlen von der Kollegenschaft entsprechend bewertet werden. (Zwischenruf des Bundesrates Windholz. )

Ich möchte, weil ich hier heute schon einmal von Halbwahrheiten gesprochen habe, erwähnen – damit es auch dem Hohen Haus bekannt ist; vielleicht ist es Ihnen bekannt, und wenn nicht, dann ist das kein großes Problem, dann erfahren Sie es jetzt –, daß man einmal versucht hat, eine eigene politische Gewerkschaft zu gründen. Es hat da einen gewissen Herrn Kleindienst gegeben, der ausgezogen ist, eine neue Gewerkschaftsbewegung zu gründen. Er ist als Polizist durch seine markanten Sprüche bekanntgeworden.

Dieser Herr Kleindienst hat vor wenigen Wochen erklärt, er werde den Dienst bei der Bundespolizei aufgeben, er werde aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden, und er werde – anscheinend deshalb, weil er der einzige ist, oder deswegen, weil er glaubt, der einzige zu sein – bei den Bundespersonalvertretungswahlen kandidieren. Wie sich die Liste, für die er kandidieren wird, nennt, ob sie sich A & F oder sonstwie nennt, tut nichts zur Sache. Aber er täuscht wieder die Wähler, indem er erklärt, er werde als Spitzenkandidat bei den Bundespersonalvertretungswahlen zur Verfügung stehen und dann diesen "Haufen" von Mitgliedern, wofür es angeblich bei irgendeinem Notar Erklärungen gibt, weiterführen. (Zwischenruf des Bundesrates Windholz. ) Das nur zur Ehrlichkeit!


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Kollegin Haunschmid ist nicht da. Sie hat hier eine Erklärung abgegeben, die sie selbst betroffen hat, als sie davon gesprochen hat, daß die Politiker lügen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich wollte das nur im Zusammenhang mit den Bundespersonalvertretungswahlen und mit der Agitation im Bereich des öffentlichen Dienstes anmerken. Es ist nicht immer das drinnen, was angeschrieben ist, und so ist es, wenn Herr Kleindienst als Spitzenkandidat antritt. (Bundesrätin Mühlwerth: Herr Kollege! Woher haben Sie diese Information?) Er hat es fairerweise vorher schon gesagt, daß er sich nachher bald verabschieden wird.

Wir als Christgewerkschafter werden natürlich bei den Personalvertretungswahlen auf jene Erfolge, die wir für die öffentlich Bediensteten erzielen konnten, wieder hinweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.30


Bundesrat
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656. Sitzung / Seite 115

Vizepräsident Dr. Milan Linzer:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Einsatzzulagengesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Militärberufsförderungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundesfinanzgesetz 1999 (7. BFG-Novelle 1999), das Dorotheumsgesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG erlassen wird (Dienstrechts-Novelle 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates – soweit dieser dem Einspruchsrecht des Bundesrates unterliegt – keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

21. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut (1852 und 1948/NR sowie 5993/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Ing. Franz Gruber: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut.

Da die in den §§ 14 Abs. 10 und 33 Abs. 2 enthaltenen Verfassungsbestimmungen die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung nicht einschränken, bedürfen diese nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach. Ich erteile ihr dieses.

15.34

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich damit beginnen, zu sagen, daß ich froh bin, daß der auswärtige Dienst endlich dieses Statut erhalten wird, wird doch damit so vieles, das bis jetzt schon ganz hervorragend und umsichtig organisiert durchgeführt wurde, auf eine innerstaatliche Rechtsgrundlage gestellt. Die dadurch erreichte Sicherheit für zu treffende Entscheidungen auf mannigfaltigen Gebieten ist für die Beschäftigten im auswärtigen Dienst von großer Wichtigkeit.

Wir begrüßen die dezidiert angesprochene Fürsorgepflicht für die an Dienststellen im Ausland tätigen Mitarbeiter und – das betone ich ganz besonders – deren Angehörige. Hier wird ein guter, nicht zu unterschätzender Schritt in die richtige Richtung gesetzt.

Wir werden aber auch weiter darüber beraten müssen, wie bei Auslandsverwendung die Rolle des jeweiligen Ehepartners beziehungsweise der -partnerin zu verstehen ist. Vor allem bei zunehmender höherer Berufsqualifikation von Frauen rücken Fragen wie zum Beispiel die berufliche Wiedereinstiegsmöglichkeit bei der Rückkehr nach Österreich oder auch das Begründen von eigenständigen Pensionsansprüchen in den Vordergrund. Die Liste von Fragen wäre natürlich noch wesentlich länger, aber die beiden genannten Beispiele erscheinen mir ganz besonders wichtig.

Aus dem umfangreichen Regelungspaket ist auch erwähnenswert, daß die §§ 27 und 28 auf die heutigen Erfordernisse des diplomatischen Dienstes insofern eingehen, als ständige Weiterbildung als unabdingbar erkannt wird. Im Gegensatz zu manchen auswärtigen Diensten anderer Staaten setzt Österreich auf die sogenannten Karrierediplomaten, die schon durch das Rotationsprinzip Generalisten sein müssen. Das halte ich für richtig, keine Frage, aber ganz spezielles Fachwissen ist heute eben neben guter Grundausbildung unverzichtbar. Daher ein ganz deutliches Ja zu § 28. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Debatte auch ganz gerne dazu nutzen, um anzuregen, über etwas nachzudenken, was vielleicht manche als Spitzfindigkeit empfinden werden, was aber zu den Grundsätzen der österreichischen Verwaltung gehört. Nämlich neben dem Gebot, nur aufgrund von Gesetzen tätig zu werden, besteht auch die Forderung, nach dem Prinzip der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit zu handeln. Das ist


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auch richtig so. Aber Sprache signalisiert eben sehr viel, und daher meine ich, gerade für den auswärtigen Dienst würde ich gerne die Zweckmäßigkeit an erster Stelle genannt sehen.

Es geht um das Bild Österreichs im Ausland. Ich weiß, daß da sehr viel getan wird. Nur gehört zu diesem Bild alles, nicht nur die von uns geschätzten handelnden Personen, sondern das geht eben hin bis zu den Amtsräumen. Die Bemühungen in diesem Zusammenhang sind groß, es wird viel gemacht, und ich hoffe, daß es so bleibt und nicht am falschen Fleck gespart wird.

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir aber auch, diese Debatte dazu zu nützen, um den Beamten des auswärtigen Dienstes zu danken. Sie sind es, die maßgeblich zur Reputation Österreichs beitragen, und ich kann Ihnen nur sagen: Wo immer ich im Ausland mit unseren diplomatischen Vertretern zusammengetroffen bin, haben sie sich als kompetente, umsichtige und vor allen Dingen vom Gastland hochgeschätzte Persönlichkeiten erwiesen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dank gebührt aber auch den im Inland Tätigen, deren Informationen bei der Vorbereitung für den Empfang ausländischer Funktionsträger beziehungsweise bei der Vorbereitung von Auslandsbesuchen unsererseits von ganz großem Wert für uns sind. – Herr Botschafter (an Herrn Botschafter Dr. Peter Niesner gewandt, der gerade mit einem Bundesrat der SPÖ spricht), weil ich Sie hier sehe: Ich darf Sie bitten, und ich darf auch den Herrn Bundesminister bitten, diesen Dank weiterzugeben, und ich hoffe, daß dieser Gesetzesbeschluß des Nationalrates, dem wir gerne unsere Zustimmung geben, zum Besten unseres auswärtigen Dienstes ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.39

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile ihm dieses.

15.39

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann dem, was Kollegin Haselbach gesagt hat, eigentlich nichts mehr hinzufügen, und ich darf auch für meine Fraktion sagen, daß wir als Repräsentanten, als politische Repräsentanten dieses Landes froh darüber sein können, daß für die Beschäftigten im auswärtigen Dienst nach vielen Jahren und nach vielen Bemühungen nunmehr dieses Statut ermöglicht wird und so auch die Republik Österreich ihrer Fürsorgepflicht nachkommt.

Wenn man die Berichterstattung in den Medien betrachtet, hat man oft den Eindruck, der Dienst der Diplomaten bestehe nur darin, mit Sektgläsern herumzustehen und Small talk zu machen.

Weit gefehlt! Das ist ein sehr schwieriger Dienst, das ist ein sehr verantwortungsvoller Dienst, und für diesen Dienst hat der Dienstgeber, hat die Republik auch die entsprechende Fürsorgeverpflichtung. Daher bin ich froh darüber, daß mit diesem Statut – ich glaube, wir haben einmal darüber gesprochen – nach 23 Jahre dauernden Verhandlungen nun endlich die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen sind.

Ich möchte allen Beschäftigten im diplomatischen Dienst und in den verschiedensten Außenstellen auch von dieser Stelle aus namens meiner Fraktion ein herzliches Danke für diese verantwortungsvolle Tätigkeit sagen. Sie sind die Visitkarten der Republik Österreich in allen Ländern der Welt, und ich möchte von dieser Stelle aus auch dem Ressortchef für die vorbildliche Führung des Außenamtes ein herzliches Danke sagen.

Die Volkspartei wird diesem Statut natürlich die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.41

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.


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15.42

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute das Organisationsstatut für den auswärtigen Dienst, welches, wie wir hören konnten, schon eine 23jährige Verhandlungsdauer hinter sich hat.

Bei der vorgestern erfolgten Ausschußberatung konnten wir erfahren, daß dieses Statut im Grunde genommen nur eine Zusammenfassung von bestehenden Regeln darstellt. Auch das ist wertvoll, nur kann man dann vielleicht auch sagen: Die Berge kreißten – und ein Mäuslein ward geboren.

Es wird in diesem Statut nicht oder zu wenig auf die Besonderheiten der Mobilität derer, die im auswärtigen Dienst tätig sind und, wie wir von meinen beiden Vorrednern hören konnten, Österreich so vorzüglich im Ausland, aber auch im Inland vertreten, Bezug genommen. Das ist bedauerlich, denn die berufsspezifische Mobilität fällt hiebei unter den Tisch. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

1 600 Beamte im auswärtigen Dienst sind von dem neuen Statut betroffen. Es wäre vielleicht gut gewesen, die 23 Jahre dauernden Verhandlungen etwas zielgerichteter auf die Personen des auswärtigen Dienstes hin zu führen.

Es wurde auch von meiner Vorrednerin, der jetzigen Vorsitzenden Haselbach, darauf hingewiesen, daß die Ehepartner immer wieder Probleme haben. Auf diese wird in diesem Punkt ebensowenig hingewiesen und eingegangen wie auf die Notwendigkeit, daß Ehepartner, insbesondere wenn sie im Ausland sind, quasi als Berufspersonen dort sind. Sie können sich nicht das Privatleben leisten, das sie zu Hause haben können. Sie sind Teil der Karriere ihres Mannes, sie sind Teil des Ansehens der Republik Österreich im Ausland.

Diese Punkte wurden nicht berücksichtigt, aber ich bin überzeugt, daß eine tüchtige Personalvertretung im Auswärtigen Amt, daß aber auch pflichtbewußte Parlamentarier diese Belange in Zukunft wahrnehmen werden, um die Schwachstellen, die ich hier erwähnt habe, entsprechend zu korrigieren.

Wir nehmen dieses Gesetz selbstverständlich, so wie die Mehrheit dieses Hauses, an und heißen es gut, hoffen aber auf eine weitere Verbesserung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.45


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656. Sitzung / Seite 118

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlußwort? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

22. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999) (1653 und 1926/NR sowie 5974/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu Punkt 22 der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager übernommen. Ich darf ihn um den Bericht bitten.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999) liegt Ihnen schriftlich vor.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.

15.47

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Das vorliegende Eherechts-Änderungsgesetz 1999 wird von den beiden Regierungsparteien als echte, zukunftsweisende Reform des Ehe- und Ehescheidungsrechtes gepriesen und als großer Erfolg gefeiert. Gemessen an den ursprünglichen rechtspolitischen Zielvorstellungen der Regierungserklärung und des Bundesministers für Justiz, die weitaus ambitionierter waren, kann aber von einer zeitgemäßen Gesamtreform nicht ernsthaft die Rede sein, handelt es sich doch so besehen eher um ein bloßes "Reförmchen", präziser: um Stückwerk und Flickwerk.

Aus der Sicht des Bundesministeriums für Justiz hätte sich wohl die Frage gestellt, ob man unter solchen Bedingungen das Gesetzesprojekt nicht überhaupt hätte fallen lassen sollen. So manche Fachreferenten des Ressorts, die ich persönlich kenne, sehen das so. Wenn sich kein gesellschaftlicher Konsens für eine grundlegende Eherechtsreform finden ließ, so hätte man von einer Novellierung, die von keinem klaren Konzept getragen ist, gerade auf einem solch sensiblen Rechtsgebiet lieber ganz absehen sollen. Diese Kritik allein rechtfertigt ja die Ablehnung der Vorlage durch meine Fraktion, die ich hiermit ankündige.

Die nach großen Krämpfen zwischen den Koalitionsparteien zustande gekommene Neuregelung ist nämlich vom grundsätzlichen Standpunkt aus betrachtet weder Fisch noch Fleisch. Man kann nämlich entweder Verfechter der Beibehaltung des Verschuldensprinzips für die Ehescheidung sein, wie es der traditionellen Position entspricht, die von der Österreichischen Volkspartei und auch von meinen Kollegen im Nationalratsplenum eingenommen worden ist, oder man kann im Einklang mit der Empfehlung des Europarates der modernen Tendenz in den meisten europäischen Ländern folgen, die weitestgehend zum reinen Zerrüttungsprinzip übergegangen sind. Das gilt jetzt jüngst selbst für die in solchen Fragen eher bedächtige Schweiz und zuletzt auch für Irland. Die österreichischen Familienrichter haben entschieden dafür plädiert, und auch ich habe als Fachvertreter in der das Bundesministerium beratenden Arbeitsgruppe dafür durchaus Verständnis gezeigt.

Wie gesagt, beide Grundsätze beziehungsweise Modelle kann man jeweils in sich konsequent verwirklichen. Das einzige, was man nach meiner fachlichen wie auch politischen Überzeugung aber aus innerer sachlicher Logik nicht miteinander vereinbaren kann, ist eben das, was im Nationalrat jüngst beschlossen worden ist und heute hier zur Debatte steht.


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Es ist einerseits an der Scheidung aus Verschulden festgehalten worden, andererseits die einzig wirklich wesentliche Konsequenz, die aus dem alleinigen oder überwiegenden Verschulden an der Scheidung folgt, nämlich der Verlust des Unterhaltsanspruches, zwar nicht beseitigt, aber daran sehr erheblich gerüttelt worden. Soll doch künftig auch dem schuldig geschiedenen Ehegatten, sofern er darauf angewiesen ist, in bestimmten Fällen ein seinen Lebensbedarf deckender Unterhaltsanspruch zugebilligt werden.

Welche Bedeutung soll aber dann dem Ausspruch des Verschuldens im Scheidungsurteil überhaupt noch zukommen? Dann könnte man auf dieses Erfordernis doch gleich ganz verzichten. Einer solchen in sich widersprüchlichen Grundkonzeption konnte ich bereits in der Arbeitsgruppe und kann ich daher auch hier und heute nicht zustimmen.

Was ist, selbst von diesem krassen inneren Widerspruch des künftigen Ehescheidungs- und -scheidungsfolgenrechtes abgesehen, auch nur isoliert betrachtet vom verschuldensunabhängigen nachehelichen Unterhaltsanspruch des bedürftigen Ehegatten zu halten? – Ich verkenne durchaus nicht, daß damit primär eine billige Lösung für Härtefälle angestrebt wird und daß es um die Absicherung von Ehegatten, in aller Regel von Ehefrauen, geht, die sich unter Verzicht auf eigene Erwerbstätigkeit voll der Haushaltsführung und gegebenenfalls der Erziehung von Kindern gewidmet hatten. Dennoch ist man mit der Neuregelung auf der einen Seite zu weit gegangen und hat auf der anderen Seite ein längst gebotenes rechtspolitisches Ziel verfehlt.

Zu weit geht es, wenn die Anspruchshöhe nicht auf den notwendigen Unterhalt beschränkt wird, wenn er, außer im Falle aufzuziehender Kleinkinder, unter Umständen sogar zeitlich unbegrenzt zuerkannt werden kann und wenn auch der Tatbestand der Verwirkung dieses Unterhaltsanspruches des schuldigen Teiles wegen Unzumutbarkeit für den schuldlosen Teil nicht angemessen formuliert worden ist. Was hingegen ein wahres und zentrales Gebot der Gerechtigkeit gewesen wäre – ich betone: nicht so sehr gegenüber dem schuldig geschiedenen Ehegatten, vielmehr bereits bei aufrechter und intakter Ehe gegenüber dem nicht erwerbstätigen, haushaltsführenden und insbesondere dem kinderbetreuenden Eheteil –, ist vor allem, daß er nämlich von seiten des erwerbstätigen Ehegatten in bezug auf einen künftigen Pensionsanspruch abgesichert wird. Eben dieses Ziel ist erneut nicht verwirklicht, vielmehr in weite Ferne gerückt worden.

Gewiß war das nicht vom Bundesminister für Justiz allein, sondern nur im Zusammenwirken mit der Bundesministerin für soziale Verwaltung zu erreichen. Aber das ändert natürlich nichts an der politischen Gesamtverantwortung der gegenwärtigen Regierung, die sie trotz langjähriger Kenntnis dieses drängenden sozialen Problems nicht wahrnimmt!

So kann man sich des prekären Eindrucks nicht erwehren, daß die soziale Absicherung der schuldig geschiedenen Ehefrau, die unversorgt ist, bewußt auf den früheren Ehemann überwälzt wird, während neben den an sich unterhaltspflichtigen Familienmitgliedern der Ehefrau vor allem die öffentliche Hand entlastet werden soll.

Bemerkenswert erscheint daran auch der eigentümliche ideologische Positionswechsel der beiden Regierungsparteien. So entdeckt etwa die SPÖ plötzlich ihr Herz für die im Haushalt tätige Ehefrau, obwohl es doch sonst ihr stets erklärtes Ziel ist, daß möglichst jede Frau erwerbstätig ist und einen eigenen Pensionsanspruch erwirbt, und läßt etwa die ÖVP gänzlich außer acht, daß man keiner jungen Frau oder auch keinem jungen Mann mehr ernstlich raten kann, sich allein Haushalt und Familie zu widmen, weil sie oder er derzeit damit ein zu großes Risiko eingeht. Sehen beide Parteien nicht, daß durch zu weitreichende ökonomische Belastungen in der Ehe oder als Folge einer gescheiterten Ehe nur die zunehmende Verweigerung der Eheschließung, also bestenfalls die nichteheliche Lebensgemeinschaft gefördert wird?

Soll aber dann in Zukunft auch diese nichteheliche Lebensgemeinschaft rechtlich reguliert werden, um soziale Härten zu vermeiden? Ist das vertretbar, wenn eine solche informelle Partnerschaft eben meistens gerade deshalb eingegangen wird, um die Rechtsfolgen einer Ehe auszuschließen? Oder müßte man dann gar eine dritte Lösung schaffen? Wer nämlich die


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Folgen auch einer solchen "Ehe minderen Rechts" – die mir hier vorschwebt, ohne sie zu propagieren – nicht haben will, der muß dann eine Art Opting-out-Klausel vereinbaren können.

Im Vergleich zu diesen äußerst gravierenden Bedenken fallen weitere Einwände gar nicht mehr entscheidend ins Gewicht. So mag die volle Einbeziehung von Unternehmen, also von Betrieben, in die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Falle der Ehescheidung vom Prinzip der Errungenschaftsgemeinschaft her konsequent sein. Sie wird sich aber betriebs- und volkswirtschaftlich höchst nachteilig auswirken.

Problematisch ist auch, daß eine bereits vor der Ehe erworbene, geschenkte oder geerbte Wohnung wertmäßig in die Aufteilung einbezogen wird.

Das Recht des haushaltsführenden Ehegatten, künftighin vom erwerbstätigen Ehegatten den Unterhalt nicht mehr bloß in natura zu erlangen, sondern – nicht nur zum Teil, vielmehr sogar zur Gänze – in Geld zu fordern, und das nicht etwa allein im Falle der Verletzung der Unterhaltspflicht oder aus sonst gerechtfertigtem Grund, erscheint mir überzogen. Erneut ist hierbei an bäuerliche Familien zu denken. Im übrigen müßte ja auch die Tragung der Haushaltskosten, insbesondere der Wohnkosten, entsprechend rechnerisch veranschlagt werden.

Zuletzt verweise ich noch auf die gutgemeinte Einrichtung der Scheidungsmediation. Sie ist voll zu begrüßen. Bedenklich erscheint mir dabei aber, daß sie auch ohne Beteiligung eines fachlich qualifizierten Juristen möglich sein soll. Dann wäre es aber jedenfalls unvertretbar, wenn auch solche nicht ausreichend rechtskundige Mediatoren wirksame außergerichtliche Vergleiche gegenüber rechtlich unkundigen Personen vermitteln könnten. Eine Kritik, die ich bereits gegenüber juristisch nicht ausgebildeten Konfliktreglern beim Außergerichtlichen Tatausgleich geübt habe.

Um es aber abschließend nochmals hervorzuheben: Nicht diese und noch weitere von mir aus Zeitgründen weggelassene Einzelregelungen, die wir ablehnen, stehen für mich im Zentrum unserer Beurteilung, sondern vielmehr die Konzeptlosigkeit dieser sogenannten Eherechts- und Ehescheidungsreform. Die realpolitisch verständliche, sachpolitisch aber höchst bedauerliche Tatsache, daß sich der Bundesminister für Justiz weitestgehend an den Vorgaben einer gerade in diesen gesellschafts- wie rechtspolitisch so bedeutsamen Materien völlig uneinigen Regierungskoalition orientieren muß, und die Tatsache, daß er mit einem Justizausschuß des Nationalrates konfrontiert ist, dessen maßgeblichen Akteure mit solch komplexen Regelungsgegenständen offenbar intellektuell oder emotional, vielleicht auch aus ideologischer Voreingenommenheit, überfordert sind, sind in den Vordergrund zu stellen.

Auf die Familienfreundlichkeit der Regelung und ihre Vereinbarkeit mit dem parallel dazu gerade erneuerten Kindschaftsrecht wurde schon gar nicht Bedacht genommen.

Da meine Fraktion solch unsachlichen Vorgaben nicht unterliegt, sie daher faule Formelkompromisse der an sich in diesen Fragen völlig zerstrittenen Koalitionsparteien ablehnt, aber auch eine Taktik schleichender Systemveränderungen wie zu Zeiten Christian Brodas nicht billigt, wird sie dieser Vorlage mit guten Gründen ihre Zustimmung versagen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Hummer. – Bitte.

15.58

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner, Bundesrat Professor Böhm, rügt den kompromißhaften Charakter des hier vorliegenden Nationalratsbeschlusses. Er vergaß sicher nicht, was Kelsen einmal gesagt hat, daß auch die Verfassung nur in Worte gekleidete Politik sei und daß jedem Gesetz letztlich eine Unzahl von Kompromissen zugrunde läge. Gerade wir in Österreich, wenn wir in die Geschichte nach 1945 zurückblicken, können heute sagen: Den vielen Kompromissen, die wir innenpolitisch


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geschlossen haben, verdanken wir heute, daß wir in Frieden, Freiheit und Wohlstand leben können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es konnte sich nie eine politische Partei so durchsetzen, daß sie sozusagen mit 50 Prozent allein prägend gewesen wäre, wie man sieht, wenn man kritisch und selbstkritisch die einzelnen Gesetzeswerke hinterfragt.

Im Mittelpunkt des vorliegenden Eherechts-Änderungsgesetzes, wie der Beschluß des Nationalrates im Kurztitel heißt, steht die Frage: Soll die Scheidung aus Verschulden beibehalten werden? Vor allem linksliberale Kräfte wie auch aus ganz anderen Gründen die Richterschaft, also die Justiz, befürworteten die Reduzierung auf das Zerrüttungsprinzip. Wenn man einige Zeit bei Gericht gedient hat, wenn auch nur kurz wie ich, weiß man sehr wohl, warum die Richter, warum die Justiz nur für das Zerrüttungsprinzip plädieren.

Ideologisch hingegen liegen diesem Richtungsstreit zwei Fragen zugrunde: einmal, wieweit ein Ehepartner für die Zerrüttung der Ehe einstehen muß oder nicht, und zum zweiten, ob der Ehe in der Gesellschaft von heute noch eine Rangordnung zukommt, die sie von anderen Gemeinschaften unterscheidet und die ihr eindeutig einen höheren Rang einräumt.

Es darf aber auch der rein praktische Aspekt – wie angedeutet – nicht übersehen werden, nämlich daß man sich durch die Abschaffung des Verschuldensprinzipes die Vermeidung langwieriger Scheidungsprozesse – sehr häßlicher Prozesse, wie man weiß – und des sogenannten Schmutzwäschewaschens vor Gericht erhofft.

Das Verschuldensprinzip hat seine geistesgeschichtliche Grundlage in dem Gedanken, daß der Mensch für sein Tun letztlich einzustehen habe und dafür verantwortlich zu machen sei. Der uralte Gedanke von Schuld und Sühne basiert seinerseits auf der Idee einer zumindest weitgehenden persönlichen Freiheit, der zumindest einen gewissen Spielraum der Wahlmöglichkeit gewährt.

Verschiedene Rechtsordnungen haben das Verschuldensprinzip aus dem Scheidungsrecht eliminiert, etwa in der Bundesrepublik Deutschland. Dennoch bleibt die Frage, wieweit dies aus der Sicht eines demokratischen Rechtsstaates wünschenswert ist, offen. Eine Demokratie lebt ja zum Unterschied von autoritären Regierungssystemen davon, daß sie sich in der Freiheit und der Verantwortung ihrer Bürger und der Verantwortung des Staates gegenüber seinen Bürgern konstituiert sieht. Mit Bürgern, von denen man annehmen muß, daß sie nur Opfer ihrer Triebe und Aggressionen und Produkte von Abstammung und Milieu wären, ist in der Demokratie im wahrsten Sinn des Wortes kein Staat zu machen.

Die Volkspartei tat also gut daran, als eine den Werten verpflichtete, den freien Menschen voraussetzende, christlich-demokratische Partei allen Bestrebungen entgegenzutreten, die Verantwortung des Bürgers für sein Tun und Lassen in wesentlichen Bereichen einzufordern und Überlegungen – wenn auch verständlichen Überlegungen – nicht bloßer Zweckmäßigkeit zu opfern. Andererseits ist aber, wie uns die Psychologie lehrt, nicht zu verkennen, wieweit menschlicher Wille im Kraftfeld irrationaler un- und unterbewußter Mächte steht, und ferner, wie die Verwobenheit menschlicher Beziehungen die Feststellung der Verantwortung ganz oder teilweise unmöglich macht.

Der Gesetzgeber versucht dieser Tatsache dadurch Rechnung zu tragen, daß er Sachverhalte und ihre Rechtsfolgen mit unbestimmten Gesetzesbegriffen wie "Billigkeit", "Zumutbarkeit", "Angemessenheit" und ähnlichem verknüpft und damit eine Brücke zwischen Praxis und purer Verantwortung schlägt. So war auch die Normierung der §§ 68a und 69 des vorliegenden Nationalratsbeschlusses eines Eherechts-Änderungsgesetzes Ausdruck dieses Ringens. Wenn man sagt, man kann doch nicht dem Zerstörer der Ehe gleichsam zum Dank einen Unterhaltsanspruch einräumen, so ist doch nicht zu verkennen, daß die Klinge der Justiz nicht so scharf und so fein ist, um immer den wahrhaft Alleinschuldigen, zumal im ethischen Sinn, zu orten. Denn der rechtlich Alleinschuldige muß nicht notwendig der menschlich-moralische Alleinschuldige sein. Dazu kommt, daß durch den Ausschluß jedes Unterhaltsanspruches des Alleinverschul


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ders unschuldige Dritte, etwa gemeinsame Kinder und von ihm betreute Anverwandte, indirekt gewissermaßen bestraft werden.

All dies galt es, zu erwägen, zwischen sehr verschiedenen Standpunkten einen vernünftigen Mittelstandpunkt zu finden, um sachgerecht und damit nach menschlichem Ermessen gerecht zu normieren. Dem Unterhaltsanspruch enge Grenzen zu setzen war zweifellos notwendig, wird aber Populisten nicht daran hindern, im laufenden Nationalratswahlkampf zu verkünden: Die Koalitionsparteien geben dem Alleinschuldigen einen Unterhaltsanspruch – unerhört so etwas!

Die gezogenen Grenzen stichwortartig: ein gemeinsames Kind oder ein betreuter Angehöriger, die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung, der nur befristete Unterhalt und ferner der für den Lebensunterhalt notwendige Lebensbedarf und als Voraussetzung zusätzlich die Zumutbarkeit und die Billigkeit.

Es handelt sich hier um einen mühsam errungenen Kompromiß, gewiß kein Grund zum Feiern oder kein Grund für einen der Regierungspartner, sich besonders zu freuen, aber ein Kompromiß – und Österreich fährt gut mit Kompromissen –, der nach unserem Dafürhalten Gesetz werden soll. Kein Glanzstück der Gesetzestechnik, aber ein Schritt in Richtung eines neuen, unseren Tagen angemessenen Ehescheidungsrechtes.

In diesem Sinne schlage ich vor, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Repar. – Bitte.

16.06

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Aus sozialdemokratischer Sicht möchte ich zur vorliegenden Änderung des Ehegesetzes und anderer Gesetze grundsätzlich festhalten, daß es sich aus meiner Sicht um einen mühsam errungenen Kompromiß handelt. Nach jahrelangen Diskussionen ist es gelungen, einige Schritte in Richtung eines modernen Eherechtes zu setzen.

Es ist sicherlich ein schwieriges Unterfangen, legistisch eine faire Lösung für jeden einzelnen Scheidungsfall zu finden. Die vorliegende Gesetzesänderung hebt besonders den Schutz für den sozial schwächeren Teil der Ehe hervor. Es ist aber auch ein Schritt in Richtung größerer Gleichberechtigung, ein Schritt in Richtung Zerrüttungsprinzip im Eherecht.

Durch den Ausbau des Gleichbeteiligungsgrundsatzes konnte auch eine Anpassung des Eherechtes an die Gegebenheiten einer modernen Gesellschaft erreicht werden. So kann nunmehr beispielsweise eine Frau von ihrem Beruf als Hausfrau in einen anderen Beruf wechseln, ohne sich damit in die Gefahr zu begeben, möglicherweise einen Zerrüttungsschritt oder einen Scheidungsgrund zu liefern.

Natürlich ist es enorm schwierig, im Falle einer Scheidung eine gerechte Lösung zu finden oder diese gerechte Lösung legistisch vorwegzunehmen. Einerseits geht es darum, den sozial schwächeren Teil der Ehe nach der Trennung einigermaßen sozial abzusichern. Es ist doch in den allermeisten Fällen so, daß die zurückbleibende Frau, möglicherweise auch mit einem oder mehreren Kindern, nach langer Abwesenheit vom Arbeitsmarkt größte Probleme hat, sich selbst und die Kinder finanziell über die Runden zu bringen. Die aktuellen Armutsstatistiken beweisen dies auch deutlich. Hier ist es die Pflicht des Gesetzgebers, für eine Absicherung des schwächeren Teils nach einer Trennung zu sorgen.

Ich habe aber auch für die heute hier vorgebrachten Einwände Verständnis, die Kritik an der Verpflichtung zum Unterhalt, völlig unabhängig vom Verschuldensprinzip, zum Inhalt hatten. Gerade für den betroffenen Ehepartner mag es durchaus auch sehr schwer verständlich sein, trotz eigener Unschuld an der Trennung nun quasi zu einer finanziellen Unterstützung des


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schuldhaften Eheteiles verpflichtet zu werden. Ich meine aber, in diesem Widerspruch zwischen Schuldprinzip und sozialer Absicherung hat man sich für eine stärkere Gewichtung des zweiten Prinzips entschieden, und damit ist auch der teilweise Übergang vom Verschuldens- zum Zerrüttungsprinzip verbunden.

Aus sozialdemokratischer Sicht stimme ich den vorliegenden Gesetzesnovellen zu, da eine Anpassung des Eherechtes an aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen erfolgte und darüber hinaus eine bessere Absicherung des sozial schwächeren Teiles nach einer Ehescheidung zum Tragen kommt. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

16.09

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. d'Aron. – Bitte.

16.09

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich die Reden der SPÖ- und ÖVP-Bundesräte noch einmal geistig Revue passieren lasse, stelle ich fest, daß die vorliegende Novelle des Eherechts-Änderungsgesetzes, sagen wir einmal, nicht zu einer vollständigen Befriedigung führt. Es ist hier offenbar nicht die große Leidenschaft vorhanden, die man einer Novelle, einer Neuigkeit entgegenbringen kann.

Die Diskussion um das Eherecht in Österreich ist ja auch, so wie in anderen Staaten, eine Diskussion, die nicht nur von rein sachlichem Gedankengut geprägt ist, sondern eine stark emotionale Diskussion, da ja letztlich jeder Bürger eines Staates in irgendeiner Weise in das Eherecht involviert ist, und zwar auf sehr emotionaler Ebene, was die ganze Diskussion natürlich sehr schwierig macht. Es wird versucht, die Zuneigung zweier Menschen unterschiedlichen Geschlechts, ihre langfristigen Absichten und den Fall einer Störung eines Vertragsverhältnisses in einen Gesetzestext zu gießen. Das ist natürlich eine äußerst schwierige Situation.

Bei dieser Novelle ist es für uns sehr interessant, daß nicht nur die Personen, die unmittelbar mit der Ehe zu tun haben – nämlich die Ehegatten und die Kinder –, sondern auch die Leistungsfähigkeit des Staates mitberücksichtigt wurde. Das ist ja offensichtlich: Wenn Sie eine Unterhaltspflicht für den schuldhaft geschiedenen Ehegatten vorsehen, sodaß der schuldlose an den Schuldhaften zu zahlen hat, dann frage ich mich: Was sind die Beweggründe dazu? Ist es nicht auch so, daß sich der Staat bei solch einer Vorgehensweise Sozialleistungen, die Sozialhilfe erspart? – Somit haben wir hier eine Eherechts-Novelle, wo auch ein Motor die Einsparungen des Staates sind – und das halte ich persönlich, muß ich Ihnen ehrlich sagen, für wirklich nicht gut und nicht positiv, wie man in diesem Zusammenhang der Ehe gegenübertritt.

Eine Eherechts-Novelle sollte daher in einem familienfreundlichen Staat nicht primär von möglichen Staatsersparnissen und von den Ergebnissen im Rahmen des Scheiterns einer Ehe getragen sein, sondern man muß das ganze Thema von einem anderen Aspekt her sehen, anders fokussieren. Was wir in Österreich haben wollen, ist, daß die Menschen glücklich sind, daß sie zueinander finden. Es gibt Verlobte, die wollen heiraten. Die schauen sich das Ehegesetz an und auch, welche Rechtsfolgen sie erwarten. Daraufhin haben sie genug. Ich sehe das in meinem Bekanntenkreis. Die Rechtsfolgen führen dazu, daß jemand sagt: Ich werde vielleicht schuldlos geschieden und kann dann auch noch zahlen! (Zwischenrufe.) Na ist es nicht so? – Es steht im Gesetzestext, Frau Kollegin!

Unsere Ansicht dazu ist daher: Man muß ein Klima, ein familienfreundliches Klima in Österreich schaffen. Das heißt ... (Ruf bei der SPÖ: Kinderbetreuungsscheck!) Dazu komme ich noch! Danke, daß Sie einsehen, daß durch den Kinderbetreuungsscheck ein familienfreundliches Klima geschaffen wird!

Und da frage ich Sie gleich, weil Sie das hier einwerfen: Warum blockieren Sie das in Kärnten? Warum blockieren Sie es? (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Aber ich wollte noch auf etwas anderes eingehen. Ich wollte auf die Sicherheit der Verlobten eingehen, ein positives Eheverhältnis abschließen zu können. Es sollte – und das sollten wir doch wollen; ich habe den Eindruck, Sie wollen das offenbar nicht – in Österreich doch so sein, daß Verlobte eine positive Chance haben, eine Ehe zu schließen. Sie müssen im vorhinein wissen, was auf sie zukommt, sie müssen in der Lage sein, einen Ehepakt zu schließen.

Herr Bundesminister! Ich frage Sie – Sie sind gelernter Notar –: Schätzen Sie die Notare als so schlecht ein, als so unfähig im Grunde genommen, die künftigen Ehepartner, die Verlobten, aufzuklären, was auf sie zukommt, daß wir heute eine Situation haben, daß Ehepakte de facto bei Gericht nicht halten? – Das führt doch zu einer enormen Verunsicherung der Verlobten. Es handelt sich um eine Situation, wo man nicht definitiv klären kann, wie die Unterhaltspflicht ausschaut: nicht der notwendige Unterhalt, sondern der Unterhalt nach den Lebensbedürfnissen. Was ist mit der gemeinsam aufgebauten Firma? Clevere Verlobte sagen heute: Na ja, dann machen wir das vielleicht im Rahmen einer Stiftungskonstruktion, um dem Ehegesetz zu entgehen. Das ist doch kein Ergebnis einer Eherechts-Novelle!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich bei der SPÖ bedanken, daß sie den Kinderbetreuungsscheck, zu dem ich jetzt erst kommen wollte, so rasch als eheförderliche Maßnahme genannt hat. Wir finden, daß man, wenn man ein Eherecht macht, davon ausgehen sollte, daß die Verlobten ein positives Gefühl haben, wenn sie in eine Ehe einsteigen. Hier, bei dieser Eherechts-Novelle, haben wir ... (Bundesrat Payer: Nicht jeder ist ein Hellseher!) Danke, daß Sie sich dem anschließen. Wir werden uns anschauen, wie Sie dann in weiterer Folge abstimmen werden.

Wir finden, daß diese Novelle nicht von einer Förderung der Ehe ausgeht, und werden dieser daher nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

16.15

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Der Ihnen heute zur Beschlußfassung vorliegende Entwurf eines Eherechts-Änderungsgesetzes ist – und das konzediere ich – keine grundlegende Erneuerung des österreichischen Eherechts. Ich bin aber überzeugt davon, daß das Gesetz jedenfalls ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung unseres Eherechtes ist, ein Schritt durchaus im Einklang mit unserer gesellschaftlichen Entwicklung, aber gerade auch deshalb nicht weitergehend.

Im Verlaufe einer mehrjährigen Diskussion in einer sehr breitbesetzten Arbeitsgruppe im Justizministerium, in die alle gesellschaftlich relevanten Kräfte eingebunden waren und an der auch hier Anwesende teilgenommen haben, hat sich doch letztlich erwiesen, daß kein zwingender Bedarf an einer umfassenden Reform dieses Rechtsgebietes besteht, es haben sich aber doch sehr deutlich einige wichtige punktuelle Änderungsnotwendigkeiten gezeigt.

Wir hatten aufgrund des Ergebnisses dieses Arbeitskreises durchaus ein Ziel, ein Konzept, das allerdings aufgrund von verschiedener Seite her entrierter öffentlicher Desinformationen lange Zeit schwer erkennbar war, und es hat großer Mühe bedurft, nach anfänglichen Einzementierungen vorgefaßter Meinungen die Thematik wieder flügge zu machen und zu einer sachlichen Auseinandersetzung zurückzuführen.

Unser Ziel war es – und das haben wir, das sage ich ausdrücklich, erreicht –, daß unter prinzipieller Beibehaltung der bisherigen Grundlinien des Ehewirkungs-, des Ehescheidungs-, des Scheidungsfolgen- und des Verfahrensrechtes durch einzelne Änderungen und Neuregelungen die Grundsätze der Gleichberechtigung und der Partnerschaft in der Ehe betont wurden, der Schutz des wirtschaftlich Schwächeren in der Ehe und nach der Scheidung – insbesondere auch der Schutz eines dringenden Wohnbedürfnisses – ausgebaut werden soll, das Zerrüttungsprinzip bei der Ehescheidung verstärkt und das Bedarfsprinzip im Scheidungsfolgenrecht einigermaßen ausgebaut werden soll.


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Wenn nun das Kernstück dieser Neuregelungen angesprochen wurde – nämlich § 68a, also der verschuldensunabhängige Unterhaltsanspruch –, dann halte ich diesen auch aus meiner Sicht für besonders zukunftsweisend und auch für in der praktischen Auswirkung sehr bedeutsam, weil er die Chance bietet, ohne Schmutzwäschewaschen – also ohne sich mit wechselseitigen Schuldvorwürfen auseinandersetzen zu müssen, damit dann der weniger schuldig oder schuldlos Geschiedene, in der Regel die Gattin, Unterhaltsansprüche gegen den anderen geltend machen kann – grundsätzlich unabhängig vom Verschulden einen Unterhaltsanspruch zu erlangen, sofern einer der beiden Gründe vorliegt.

Ich gebe schon zu, daß verschuldensunabhängig auch heißen kann, daß auch dem überwiegend, unter Umständen sogar allein Schuldigen ein Anspruch zustehen kann. Aber bitte, Herr Bundesrat, das ist ja in der einvernehmlichen Gestaltung der Ehe zwischen den beiden Ehegatten begründet, wo sich der eine seiner beruflichen Karriere widmen konnte, während der andere im Einvernehmen wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung auf seine berufliche Entwicklung verzichtet hat. (Bundesrat Ing. Scheuch: Das war nicht seine Entscheidung!) Es war eine einvernehmliche Entscheidung! Wir gehen von der Partnerschaft in der Ehe aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wäre doch unmöglich, wenn heute jener, der dem anderen und der gemeinsamen Ehegestaltung zuliebe seine beruflichen Möglichkeiten hintangestellt hat, jetzt, wo er älter geworden ist, die Anknüpfung an den Beruf verloren hat, auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr untergebracht werden kann, aufgrund seiner Investitionen in die Ehe von dem anderen unter gewissen Umständen nicht doch einen bestimmten Unterhalt bekommen könnte. Ich halte das für durchaus gerechtfertigt.

Ich gebe schon zu, daß in dem vorliegenden Gesetzentwurf, wie es nun einmal einem demokratischen Gesetzgebungsprozeß bei gesellschaftspolitisch so sensiblen Themen entspricht, ein Kompromiß zustande gekommen ist. Ich meine aber, daß das ein Kompromiß ist, der sehr gelungen ist, weil er insgesamt ausgewogen ist.

Daß nicht alles, was wir zunächst zur Diskussion gestellt haben, auch verwirklicht wird, schmälert meines Erachtens die Bedeutung des Eherechts-Änderungsgesetzes keineswegs. Manches, wie insbesondere die heute erwähnte Neuregelung der sozialversicherungsrechtlichen Folgen der Scheidung, mußte, weil dies nicht isoliert, sondern in einem größeren grundsätzlichen Zusammenhang, der auch die aufrechte Ehe betrifft, zu sehen ist, auf die nächste Legislaturperiode verschoben werden, da es diesbezüglich, wie Sie wissen, noch vertiefender Überlegungen und Diskussionen zu den von den verschiedenen Seiten vorgebrachten Vorschlägen bedarf. Insgesamt bin ich mit dem Ergebnis zufrieden. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

16.23

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.


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23. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 1988 geändert wird (Kartellgesetznovelle 1999 – KartGNov. 1999) (1775 und 1923/NR sowie 5975/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 1988 geändert wird (Kartellgesetznovelle 1999 – KartGNov. 1999).

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Hager übernommen. Ich darf ihn darum bitten.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 1988 geändert wird (Kartellgesetznovelle 1999), liegt schriftlich vor.

Der Justizausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. d'Aron. – Bitte.

16.24

Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich bedauere es, daß Sie sich zu meiner Frage, die ich im Rahmen des Eherechts-Änderungsgesetzes gestellt habe, warum Sie die Erhöhung der Privatautonomie im Rahmen des Ehepaktes nicht näher konkretisieren wollen, eigentlich nicht geäußert haben. Ich sehe unser Gremium, den Bundesrat, nicht als Organ an, das es halt auch gibt, damit auch etwas abläuft, sondern schon als wesentlich im Rahmen der Gesetzgebung. Es wurde dies auch heute in der Antrittsrede des neuen Präsidenten, der im Rahmen des Rotationsprinzipes bestellt ist, zum Ausdruck gebracht.

Nunmehr zum Kartellgesetz. Nach den Erläuterungen zu gegenständlicher Regierungsvorlage wurde das Bundesministerium für Justiz durch Ereignisse mit kartellrechtlicher Relevanz – das konnten wir in den Zeitungen beobachten, wie Bauskandal oder Zusammenschluß Rewe – Meinl, vorher der Zusammenschluß Rewe – Billa – veranlaßt, gemeinsam mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten und den Sozialpartnern eine Prüfung des Kartellrechtes herbeizuführen. Herausgekommen ist eine Novelle, welche zwar gewisse Möglichkeiten, wie zum Beispiel das amtswegige Vorgehen des Kartellgerichtes, vorsieht, nicht jedoch eine im Sinne des Mittelstandes und zur Erhaltung der Nahversorgung benötigte Novelle darstellt. Denn was haben wir heute? Welche Wirtschaftsstruktur haben wir heute vermehrt durch die EU? – Die Großen verdrängen immer mehr die Kleinen. Das bedeutet, die Großen haben größere Einflußgebiete, größere Gebiete, die sie betreuen. Das heißt, die Dichtheit jeder Branche läßt immer mehr nach. Das heißt, die Nahversorgung wird ein wesentliches Thema für die österreichische Wirtschaft werden.

Bemerkenswert bei der bestehenden Regierungsvorlage ist auch, daß auf die Entwicklungen im Bereich Telekom und Schiene nicht eingegangen wurde. Auf der einen Seite haben wir die Gewerbeordnung, auf der anderen Seite haben wir Sondergesetze. Das sind natürlich auch Gewerbe. Das Eisenbahngewerbe ist natürlich auch ein Gewerbe, weil es im wesentlichen den gewerberechtlichen Voraussetzungen unterliegt. Für diese Gewerbe Eisenbahn und Telekom – für Telekom gibt es bereits eine bestehende Regelung, für die Eisenbahn soll eine jetzt im Zusammenhang mit dem RailRegulator kommen – stellt sich natürlich schon die Frage, inwieweit das mit der nunmehr eingebrachten Kartellgesetznovelle überhaupt vereinbar ist. Meines Erach


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tens hätte das abgestimmt gehört. Was findet zum Beispiel die gesetzgebende Körperschaft oder der zuständige Minister Schlechtes an Kartellgerichten, Schlechtes an der Richterschaft, daß man da zu anderen Lösungen finden muß?

Es ist mir schon klar, daß zu derartigen Novellen – ich meine jetzt die vorliegende Novelle – die Sozialpartner zugezogen werden. Was ist aber der tatsächliche Effekt? – Der tatsächliche Effekt ist, daß sich die mittelständische Wirtschaft bei den Sozialpartnern nicht wirklich artikulieren kann und das auch im Gesetzwerdungsprozeß eine Rolle spielt. Ich frage Sie daher, Herr Bundesminister: Haben Sie bei der Gesetzwerdung zu diesem Entwurf überlegt, was dieser Entwurf grundsätzlich für die mittelständische Wirtschaft bedeutet, welche Konsequenzen er hat beziehungsweise was wir für die mittelständische Wirtschaft, insbesondere unter dem Aspekt der Nahversorgung, im Zusammenhang mit einer Kartellgesetznovelle hätten tun können?

Für grundsätzlich richtig halte ich die Ausweitung des Verbotsprinzipes auf Verhaltenskartelle. Es ist doch tatsächlich so, daß kaum eine Behörde ein Schriftstück finden wird, wonach eine Vereinbarung zwischen Wirtschaftskörpern besteht. Tatsächlich sieht man nur das Kartell am Verhalten der großen Unternehmen an sich. Da gibt es auch in der Novelle eine sehr interessante Regelung betreffend amtswegige Erfassung. Ich habe, als ich die Novelle durchgeschaut habe, die Abschätzung der Kosten vermißt, die Abschätzung der Kosten, wie man feststellen soll, wo Kartelle auftreten, und die treten überall auf: in Handel, Gewerbe, Industrie, Geld- und Versicherungswesen. Wie – diese Frage muß man sich schon stellen, wenn da zum Beispiel in der Novelle drinnen steht, es werden keine wesentlichen Mehrkosten erwachsen – soll amtswegig festgestellt werden, wo wir überall Kartelle haben? Ich bitte Sie in diesem Zusammenhang um Aufklärung.

Wir Freiheitlichen sehen die vorliegende Novelle zwar als Verbesserung des Status quo, aber als zu wenig weitgehend und auch als unvollständig an und können so, wie diese Novelle vorliegt, dieser nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.30

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Linzer. – Bitte.

16.30

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Geist der Europäischen Verträge über die Gründung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, die von Anfang der neunziger Jahre datieren, war sehr wohl von einem besonderen Schwerpunkt getragen, und zwar zunächst einmal davon, daß die Privatwirtschaft in erster Linie die Trägerin der gesamten Wirtschaft ist – im Gegensatz zur Wirtschaft der öffentlichen Hand –, und diese, wenn es Klein- und Mittelbetriebe betrifft, den Großteil der Beschäftigten auch aufnimmt und dadurch eben die Wirtschaft in der Europäischen Union betreibt, wodurch es zum berühmten Marktspiel kommt.

Es war damals klar, daß man die Klein- und Mittelbetriebe, damit sie sich im Wettstreit, im Wettbewerb mit den größeren Betrieben, vor allem mit den Konzernbetrieben, behaupten können, durch Strukturprogramme, durch Aktionsprogramme in wirtschaftlicher Hinsicht und durch gesetzliche Rahmenbedingungen in rechtlicher Hinsicht schützt und vor allem auch unterstützt.

Im EG-Wettbewerbsrecht ist statuiert, daß sich die Kommission um die kartellartigen Zusammenschlüsse kümmert und da nach dem Rechten sieht. Es gab ja diesbezüglich auch schon etliche Verfahren; natürlich gibt es parallel dazu auch in den nationalen Regelungen einzelne Kartellgesetzgebungen.

Ich glaube daher, daß diese vorliegende Gesetzesnovelle wohl als eine Etappe zu einer Entwicklung, einer Weiterentwicklung des Kartellrechtes zu sehen ist, oder sie auf dem Weg dazu ist, in erster Linie die Klein- und Mittelbetriebe zu schützen. Ich meine jedoch, es ist kein Geheimnis, daß wir hier noch keineswegs am Ziel angelangt sind, daß es sich hier noch um keine endgültige Lösung handelt.


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Meine Damen und Herren! Diese Kartellgesetznovelle beinhaltet drei Schwerpunkte. Es geht zuerst einmal – wie schon mein Vorredner angeführt hat – um die umfassende Befugnis zu einem amtswegigen Vorgehen durch das Kartellgericht, wobei ich das natürlich so verstehe, daß es nicht ein umfassendes Offizialprinzip ist, sondern der Schwerpunkt natürlich weiterhin beim sogenannten Antragsprinzip bleibt. Ich glaube, daß durch das Miteinander eine gegenseitige Ergänzung und Erfüllung dieser Aufgabe des Kontrollmechanismus bewerkstelligt werden kann.

Natürlich ist die leidgeprüfte Nahversorgung zweifellos ein Thema, das uns jahrelang beschäftigt hat. Nun gibt es die Regelung, daß der Verkauf unter dem Einstandspreis sozusagen als Mißbrauch geahndet wird. Ich bin aber auch da nicht überzeugt davon, daß diese Maßnahme allein den Nahversorger retten wird, sie ist jedoch zweifellos ein Instrument für den Nahversorger, das er gegen den Konzernbetrieb einsetzen kann, vor allem gegen die vielen Handelsbetriebe, die sich der tollsten Ideen mit Sonderangeboten, Lockangeboten und, wie gesagt, dem Verkauf unter dem Einstandspreis bedienen. Ich hoffe daher, daß diese Bestimmung tatsächlich draußen im Marktspiel greifen wird.

Die Vermutung, daß Unternehmen mit einem Marktanteil von mindestens 30 Prozent eine marktbeherrschende Stellung haben, geht in die Richtung, die wettbewerbsverzerrenden Zusammenschlüsse hintanzuhalten.

Meine Damen und Herren! Wir sind uns dessen bewußt, daß hier nur ein Zusammenspiel zwischen der EU-Kommission aufgrund des EU-Wettbewerbsrechts einerseits und der Vollziehung aufgrund dieses gegebenen Kartellgesetzes andererseits Abhilfe schaffen kann. Die Europäische Union beabsichtigt auch, Teile der Zuständigkeit der nationalen Zuständigkeit zu übertragen. Wir finden das absolut positiv. Wir, als Vertreter der Wirtschaft, sind aber sehr wohl der Meinung, daß den Klein- und Mittelbetrieben weiterhin massivst geholfen werden muß. Ich appelliere auch an Sie, Herr Bundesminister – ich glaube, diese Absicht haben Sie bereits kundgetan –, daß die Weiterentwicklung dieses Kartellgesetzes vehement betrieben wird, damit wir ehebaldigst eine Verbesserung, einen weiteren Schritt in die richtige Richtung beschließen können.

In diesem Sinne möchte ich sagen, daß meine Fraktion diesem Gesetzesbeschluß die Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Prähauser. )

16.37

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

16.37

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zuge der verschiedenen Firmenzusammenschlüsse in letzter Zeit ist es vermehrt zu öffentlichen Diskussionen über das bestehende Kartellrecht und darüber, was es eigentlich kann, gekommen.

In erster Linie galt es, die Schwachstellen des Gesetzes den geänderten Wirtschaftsbedingungen anzugleichen. Die zu beschließenden Änderungen sehe ich zwar nicht als ganz großen Wurf an, aber sie sind doch wichtige Schritte hin zu einem modernen und vor allem praktikablen Kartellrecht. So ist zum Beispiel einer der Schwerpunkte der vorliegenden Novelle, daß ein 30prozentiger Marktanteil als marktbeherrschend angesehen wird.

Weiters wird eine Regelung des Verkaufs unter dem Einstandspreis für marktbeherrschende Unternehmen eingeführt; auch die Beweislast wird den Unternehmen auferlegt. Diese Regelung dient als Schutz für die kleineren Betriebe.

Der wichtigste Punkt der Novelle ist die Regelung, daß das Kartellgericht künftig auch von sich aus tätig werden kann und Firmenzusammenschlüsse nicht erst dann geprüft werden können, wenn eine Partei einen Prüfantrag stellt. Kartellbildungen können für Teile der Wirtschaft ein großer Schaden sein. Ich sehe es daher als ganz wichtig und richtig an, daß der Gesetzgeber


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ein Eingriffsrecht hat und so für eine gut funktionierende Marktwirtschaft sorgen kann. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Die Änderungen sind wichtige Schritte und sollen zu faireren Bedingungen für die Wirtschaft, aber auch für den Konsumenten führen. Letztendlich wird es jedoch davon abhängen, wie die verantwortlichen Stellen die Möglichkeiten, die das Kartellgesetz einräumt, nützen.

Meine Fraktion wird der vorliegenden Novelle die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.39

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Michalek. Ich erteile ihm dieses.

16.39

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich auf die Äußerungen des Herrn Bundesrates d'Aron zurückkommen, mit denen er das Thema Privatautonomie im Eherecht angesprochen hat. Das Stichwort war mir bei meiner Wortmeldung gerade nicht präsent, sonst wäre ich gleich darauf eingegangen.

Ich meine, daß im Rahmen des Eherechts durchaus privatautonome Regelungen möglich sind – das sind sie schon jetzt, soweit sie nicht dem Wesen der Ehe widersprechen; über Abgrenzungen kann man natürlich streiten – und daß in diesem Zusammenhang auch für den Fall der Be-endigung der Ehe Regelungen vorstellbar sind. Die von Ihnen angesprochenen Bereiche sind durchaus regelbar, sie müssen sich allerdings eine rechtliche Nachkontrolle gefallen lassen – und das meines Erachtens durchaus zu Recht, handelt es sich doch um Bereiche, bezüglich derer aus dem Blickwinkel der clausula rebus sic stantibus letzten Endes eine nachprüfende gerichtliche Kontrolle möglich sein muß, ob das, was vielleicht vor 20 Jahren naturgemäß ohne Kenntnis der zwischenzeitlichen Entwicklung und später gegebenen Situation gegolten hat, dann, wenn es zum Tragen kommt, noch angemessen und gerecht ist.

Sie wissen ja auch, daß nicht nur im Bereich der Vereinbarungen über eheliche Ersparnisse, sondern auch in Bereichen des ehelichen Gebrauchsvermögens durchaus Regelungen für den Fall der Scheidung möglich sind, diese sich allerdings an der gerichtlichen Nachkontrolle hinsichtlich ihrer aktuellen Rechtfertigung messen müssen. Ich meine, Privatautonomie ist in einem meines Erachtens ausreichendem Ausmaß gegeben.

Wenn Sie mich fragen, was wir in unserem Beruf tun, wenn sich Menschen über die Folgen der Ehe beraten lassen wollen, darf ich Ihnen sagen, wie das endet. Nach einer halben Stunde oder Dreiviertelstunde sagen diese: Herr Notar, Sie haben uns mißverstanden. Wir wollen heiraten, wir wollen uns nicht scheiden lassen! – Und das ist das Problem. In aller Regel endet es dann damit, daß keine Ehepakte geschlossen werden. Der Grund dafür, daß sich das deshalb so entwickelt hat, ist meiner Meinung nach jener, daß früher Ehepakte zum Teil über die Köpfe der Kinder hinweg von den Eltern geschlossen worden sind, und man den jungen Leuten die Schwierigkeit genommen hat, bei hoffnungsvoller Eingehung einer auf Dauer ausgerichteten Ehe seitenlange Vereinbarungen für den Fall einer Scheidung treffen zu müssen. Wenn es heute überhaupt zu Ehepakten kommt, betrifft das meist Zweit- oder Drittehen, also sogenannte gebrannte Beteiligte, die in sehr eingeschränktem Umfang Vereinbarungen für den Fall der Scheidung treffen.

Was nun die Frage des Kartellrechts anlangt, so glaube ich, daß diese Kartellgesetznovelle 1999 einen wichtigen Schritt in der Weiterentwicklung des österreichischen Kartellrechts darstellt. Das ist durchaus ein selbständiger Schritt und nicht nur ein Teilschritt, der besser aufgeschoben worden wäre. Es gibt auch in der Diskussion darüber – bis jetzt jedenfalls – keine Kritik an einzelnen darin enthaltenen Neuerungen. Die Kritik geht immer nur dahin, warum nicht auch dieses oder jenes gemacht wurde. Die Kritik entzündet sich daran, was darin nicht auch noch weiter novelliert wurde.


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Diese Punkte haben wir ganz offen, wie Sie ja aus dem Studium der Erläuternden Bemerkungen erfahren haben, sozusagen als Selbstschutz und für die künftigen Verhandlungen ein wenig fördernd hineingeschrieben. Aus unserer Sicht sind mit dieser Novelle die Reformen und Erneuerungen noch nicht abgeschlossen, sondern weiterzuführen.

Selbstverständlich ist im Zuge der Vorbereitung dieses Gesetzes auch an klein- und mittelständische Betriebe gedacht worden, wobei einer der Punkte nicht die Einführung, sondern, wie ich sage, die Verdeutlichung des heute schon von der Generalklausel erfaßten Verbotes der Veräußerung und des Verkaufs unter dem Einstandspreis samt einer Beweislastumkehr war. Auch die Vermutung der marktbeherrschenden Stellung kommt den kleineren und mittleren Unternehmen, die selbst nicht stark genug zur Beweisführung sind, zugute.

Letztlich ist die Einführung der Amtswegigkeit des kartellgerichtlichen Verfahrens eine große Verbesserung auch für jene kleineren und mittleren Unternehmungen, die bisher aus Scheu vor übermächtigen Großen oder aus Scheu vor den Folgekosten, die damit verbunden sind, nicht von den Möglichkeiten her – im Zusammenschluß haben sie diese nicht, aber beim Mißbrauch der marktbeherrschenden Stellung schon –, kein Verfahren beantragen wollten, dieses aber nun anregen können.

Was die Kosten anbelangt, so meinen wir, daß abgesehen von der personellen Ausstattung des Kartellgerichts, die notwendig ist und die wir schon beim Finanzministerium beantragt haben, in aller Regel die auftretenden Kosten, die im wesentlichen aus Sachverständigenkosten bestehen werden, zumindest dann, wenn das Verfahren Mißbrauch feststellt oder jedenfalls eine Kostenpflicht ergibt, von dem Kostenpflichtigen zu tragen sind; denn obwohl es sich hier um ein außerstreitiges Verfahren handelt, haben wir auch dafür eine Kostenersatzpflicht vorgesehen. Insofern glauben wir, daß keine beträchtlichen Mehrkosten entstehen werden.

Im übrigen ist die Nahversorgung an sich durch ein Nahversorgungsgesetz geregelt, das in die Kompetenz des Wirtschaftsministers fällt.

Wir sind uns bewußt – das wurde von uns auch in den langen Passagen des Allgemeinen Teils der Erläuternden Bemerkungen festgehalten –, daß die Entwicklung des österreichischen Kartellrechts durch die vorliegende Novelle keineswegs abgeschlossen sein kann. Der Gesetzgeber wird gehalten sein, gerade auch auf diesem Gebiet der Rechtsordnung den laufenden Veränderungen im Wirtschaftsleben, mit denen wir insbesondere in einem zunehmend zusammenwachsenden Europa konfrontiert sind, Rechnung zu tragen.

Außerdem wird sich über die in den Erläuterungen angeführten fortzusetzenden Überlegungen und die davon betroffenen Bereiche hinaus möglicherweise durch die EU-Gesetzgebung, die ja eine Neubewertung der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und nationalen Wettbewerbsbehörden – sagen wir einmal vorsichtig – im Auge hat, noch ein weitergehender Novellierungsbedarf ergeben. Für eine fortgesetzte Arbeit am Kartellrecht ist jedenfalls gesorgt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.47

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Diese Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.


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Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

24. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsgesetz 1985 geändert wird (1093/A und 1950/NR sowie 5994/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsgesetz 1985 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Alfred Schöls übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsgesetz 1985 geändert wird, bringen.

Der Bericht liegt schriftlich vor. Ich beschränke mich daher auf die Verlesung des Antrages und teile mit, daß der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit beschlossen hat, den Antrag zu stellen, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm dieses.

16.49

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat mehrfach angekündigt, daß es im Bereich der Presseförderung zu einer Neuordnung und zu einer grundsätzlichen Änderung kommen wird.

Die heute vorliegende Novelle scheint das Ergebnis dieser großen Ankündigung zu sein. Meine Damen und Herren! Wenn es das ist, dann ist es symptomatisch für diese Regierung und legt Zeugnis dafür, was "große" Reformen beinhalten: lediglich zwei halbe Seiten beziehungsweise die Änderung von zwei Paragraphen, und zwar § 7 und § 11. Wenn das die gesamte Presseförderungsreform ist, dann ist es, so glaube ich, sehr traurig um diese Reform bestellt.

Meine Damen und Herren! In der vorliegenden Bundesgesetz-Novelle werden zwei Bereiche verändert. Der Zeitraum für die Bewertung des Umfanges des Anzeigenteiles wird künftighin von einem Jahr auf fünf Jahre ausgedehnt. Das stellt vorweg schon eine Problem dar, denn es wird hoffentlich morgen und vor allem in Zukunft auch neue Medien geben, wie aber werden diese den Anzeigennachweis von fünf Jahren erbringen, wenn sie noch nicht so lange auf dem Markt sind. Andererseits ist es eine klare Absage an jene Medien, die von sich aus den Inserate-Markt bisher tüchtig bewirtschaftet und bearbeitet haben.

Ich hätte mir viel eher vorstellen können, daß man die Presseförderung generell abschafft, da unter diesem Titel – und vor allem von den Regierungsparteien – meist ein Mißbrauch betrieben wird, und zwar in der Form, daß die Regierung versucht, über die Presseförderung die Berichterstattung zu beeinflussen, Abhängigkeiten von Medien zu schaffen und sich letztlich damit auch die Gunst der Medien zu erkaufen.

Meine Damen und Herren! Eine Abschaffung der Presseförderung und gleichzeitig eine Zurücknahme beziehungsweise eine Abschaffung der Anzeigensteuer würde mehr Markt im Me


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dienbereich bewirken, denn der Entfall der Einnahmen aus dieser Förderung für die Medien würde damit gleichzeitig kompensiert. Das wäre für meine Fraktion der richtige Weg. Das wäre eine Reform, der auch wir etwas abgewinnen könnten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.52

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wolfgang Hager. Ich erteile es ihm.

16.52

Bundesrat Wolfgang Hager (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Novelle zum Presseförderungsgesetz beinhaltet eine ganz einfache technische Anpassung, die ohne viel Aufregung betrachtet werden kann. Es geht darum – Kollege Weilharter hat das schon gesagt –, daß ein Durchrechnungszeitraum von fünf Jahren eingeführt wird, in dem der Anzeigenteil einer Zeitung auch jene festgeschriebenen 22 Prozent in Relation zum Gesamtumfang übersteigen darf, ohne daß die Besondere Presseförderung sofort eingestellt wird.

Diese Änderung der Besonderen Presseförderung bringt eine tatsächliche Besserstellung für die betroffenen Zeitungen und beseitigt Ungerechtigkeiten, die ohne dieses Stufenmodell bisher gegeben waren. Denn eine Zeitung, die in einem Jahr aufgrund der Konjunktur oder besonderer Marketingmaßnahmen bei den Anzeigen über die Grenze von 22 Prozent kam, fiel um die Presseförderung zur Gänze um. Mit dem Stufenmodell wird das nun etwas abgefedert und für alle gerechter gestaltet.

Die von der FPÖ geforderte Abschaffung der Presseförderung würde eines bewirken: ein Massensterben der Zeitungen. Sicher gibt es einige wenige Zeitungen, die auch ohne die Presseförderung bestens existieren können, aber wir wollen eine breite Presselandschaft und eine große Medienvielfalt. Wir treten entschieden jenen entgegen, die, aus welchen politischen Gründen auch immer, uns auf ein – ich würde sagen – pressemäßiges Fast food beschränken wollen: inhaltsleer und hübsch verpackt!

Ohne irgendein Presseerzeugnis diffamieren zu wollen, stelle ich schon fest, daß es nicht Zeitungen betrifft, bei denen Politik und Kultur als Randthemen vorkommen, und nicht Zeitungen, in denen das Kreuzworträtsel den intellektuellen Anspruch des Lesers befriedigt, und auch nicht Billigzeitungen, die ein wesentliches Korrektiv der Innenpolitik in unserer Republik darstellen.

Qualitätszeitungen können auf einem so kleinen Markt, wie in Österreich, nicht ohne Förderungsmaßnahmen bestehen. Wir können nicht alles nur aus kaufmännischer Sicht betrachten! Ich sage, Grundwerte unserer Demokratie müssen uns auch finanziell etwas wert sein, und dazu zähle ich die Pressevielfalt und damit die Meinungsvielfalt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.54

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. Ich erteile ihm dieses.

16.55

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Das gegenständliche Aktenstück befaßt sich mit der Besonderen oder speziellen Presseförderung. Herr Kollege Weilharter, was Sie von sich gegeben haben, zeigt, daß Sie nicht wissen, wovon Sie reden. Aber lassen Sie mich noch sagen ... (Bundesrat Weilharter: Von der Presse, die Ihnen besonders nahe steht! Aber wir verstehen Sie schon!)

Wenn Sie sagen, Ihr Konzept sieht vor, die Presseförderung abzuschaffen und dagegen die Anzeigenabgabe einzutauschen, dann wissen Sie nicht, wovon Sie reden. Eine Zeitung, die am Markt ist, hat von der Anzeigenabgabe wirtschaftlich überhaupt nichts. Das belastet die Wirtschaft, ist in Wirklichkeit ein Durchlaufposten und hat nichts mit dem Medium oder mit dem Medienunternehmer zu tun. Die Presseförderung unterstützt hingegen sehr wohl einen


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Medienunternehmer und ist daher – das hat mein Vorredner dankenswerter Weise bereits herausgearbeitet – ein Beitrag zur Erhaltung der Meinungsvielfalt.

Genau das ist der Grund, warum man für die Beibehaltung der Besonderen und speziellen Presseförderung sein sollte, wenngleich ich zugebe, daß es im Bundeskanzleramt seit längerem – und Sie haben darauf hingewiesen – eine Diskussion darüber gibt, wie man die Presseförderung allenfalls verändern könnte. Angeblich gibt es auch ein Weißbuch, ich kenne es nicht. Man könnte – und das ist auch der Punkt – anläßlich der Novelle zu diesem Presseförderungsgesetz durchaus darüber reden und einen Diskussionsbeitrag in die Richtung abgeben, daß in einem künftigen Presseförderungsgesetz vielleicht mehr Qualitätskriterien verankert werden.

Ich halte das Gesetz, wie es heute vorliegt, deshalb für richtig, weil damit, daß diese fünfjährige Frist eingearbeitet wurde, versucht wird, gewisse Ungleichheiten auszugleichen. Aber der Umstand, daß Sie sich hinstellen und sagen, "Presseförderung – Nein" und "Anzeigenabgabe – Nein", zeigt, daß Sie nicht wissen, wovon Sie reden, denn das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich glaube aber, daß man angesichts einer derartigen Diskussion auch darüber reden könnte, wie man überhaupt ein wenig unabhängiger vorgeht – ich rede vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Wenn Sie die Forderungen der Österreichischen Volkspartei, was die Frage von Medienanstalten anbelangt, kennen, so wissen Sie, daß das der heikle Punkt ist. Diesbezüglich spreche ich an alle Fraktionen hier in der Länderkammer eine Einladung aus, in nächster Zeit einen nächsten Schritt im Rahmen der Privatisierung der elektronischen Medien zu machen. Wir haben bereits einen Schritt in Richtung Privatradio gemacht, weitere werden hoffentlich irgendwann einmal folgen. Und da ist die Frage der Medienanstalt, wie ich meine, eine ganz wichtige.

Noch eine Grußbotschaft an die Damen und Herren der Sozialdemokratischen Partei! Wenn, wie es nach dem letzten Ministerrat passiert ist, der Herr Bundeskanzler den Vertretern des ORF erklärt, wann sie die Kamera abzuschalten und die Mikros wegzunehmen haben, dann hört sich alles auf! Aus genau diesem Grund plädiere ich dafür, daß es zu einer unabhängigen Medienanstalt ... (Bundesrat Weilharter: Das fördern Sie ja damit!) Das hat ja nichts mit der Presseförderung zu tun, Herr Kollege! Ich sage noch einmal, Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen!

Die Frage einer Medienanstalt wäre meiner Ansicht nach eine Befreiung und könnte auch den ORF durchaus in eine Situation bringen, in der etwas mehr Unabhängigkeit möglich wäre, sodaß es nicht zu Vorkommnissen wie nach dem letzten Ministerrat kommen kann. Ich halte es wirklich für einen Skandal, daß der Bundeskanzler der Republik den Vertretern des ORF sagt, wann sie die Kameras abzudrehen haben, weil er irgend etwas anderes zu sagen hat, was der Öffentlichkeit vielleicht nicht zugemutet werden kann. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm. ) Das ist in Wirklichkeit ein Skandal! Lassen Sie sich das ins Stammbuch geschrieben sein! (Beifall bei der ÖVP.)

16.59

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte.

16.59

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Dr. Wittmann hat mich gebeten, ihn hier zu vertreten, da er zeitgleich den Bundeskanzler im Verfassungsausschuß vertreten muß. Er hat mich überdies darum gebeten, Ihnen das mitzuteilen, was er Ihnen gesagt hätte, wäre er anwesend.

Medien im allgemeinen, insbesondere Tageszeitungen, unterscheiden sich von anderen Gütern und Dienstleistungen dadurch, daß sie der Meinungsbildung dienen und die Bevölkerung mit politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Informationen versorgen. Es besteht daher kein Zweifel, daß Vielfalt und Vielzahl im Bereich der Zeitungen folglich nicht nur von demokratiepolitischem Interesse, sondern vielmehr ein zentraler Bestandteil der Demokratie sind.


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Die Aufgabe der Presseförderung war und ist daher die Schaffung und der Erhalt einer möglichst großen Vielzahl von Titeln. Im Bereich der Tageszeitungen kommt hiebei der Besonderen Presseförderung eine zentrale Bedeutung zu. Diese Förderung besteht in finanziellen Zuwendungen des Bundes an Tageszeitungen mit besonderer Bedeutung für die politische Willensbildung, denen jedoch keine marktbeherrschende Stellung zukommt.

Die österreichische Zeitungslandschaft, insbesondere deren ökonomische Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren gewandelt. Einige eindeutig nicht marktbeherrschende Tageszeitungen weisen, was sehr begrüßenswert ist, steigende Anzeigenteile auf. Trotzdem benötigen sie, um sich auf dem Markt behaupten zu können, noch eine Förderung. Beim vorliegenden Beschluß des Nationalrates handelt es sich um eine Anpassung an diese geänderten Rahmenbedingungen.

Seitens des Bundeskanzleramtes wird auf der Grundlage des Weißbuches zur Presseförderung noch eine weitere Reform ins Auge gefaßt. Die Ergebnisse dieses Weißbuches werden zurzeit von den Betroffenen, dem Verband Österreichischer Zeitungsherausgeber, den Zeitungsverlegern im allgemeinen und der Journalistengewerkschaft diskutiert, und Wittmann ist zuversichtlich, daß wir auf dieser Grundlage zu einer umfassenden Neugestaltung des Förderungswesens im Pressebereich gelangen werden.

Der gegenständliche Beschluß des Nationalrates stellt somit einen Zwischenschritt vor diesem größeren Vorhaben dar, mit dem die Förderungsvoraussetzungen im Bereiche der Besonderen Presseförderung zunächst den geänderten Gegebenheiten im Tageszeitungsbereich angepaßt werden sollen. Wie Ihnen bekannt ist, soll hiebei das bisherige Prinzip des Entfalls der Förderung ab einem Anzeigenanteil von 22 Prozent der Seiten zwar grundsätzlich erhalten bleiben, aber durch einen fünfjährigen Bemessungszeitraum und das nunmehr vorgesehene Stufenmodell abgefedert werden.

Nach Ansicht Wittmanns ist der Schritt zur Mehrjährigkeit der Berechnung sehr zielführend, da damit konjunkturelle Schwankungen ausgeglichen werden können. Weiters wird durch eine Abstufung der Förderungshöhe dem Umstand Rechnung getragen, daß mit einem höheren Anzeigenausmaß üblicherweise auch höhere Erlöse erwirtschaftet werden. Aufgrund der neuen Regelung verlieren Zeitungen mit einem über 22 Prozent wachsenden Anzeigenanteil daher nicht schlagartig die gesamte Förderung, sondern wachsen langsam aus dieser hinaus – eine, wie der Staatssekretär meint, sachgerechte Lösung.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Einreichfrist für das Jahr 1999 auf sieben Monate ausgedehnt werden soll, um zu gewährleisten, daß sämtliche Tageszeitungen, die aufgrund der neuen Regelung im Bereich der besonderen Förderung die Förderungskriterien erfüllen, noch innerhalb der Frist ansuchen können. Die dreimonatige Frist für die allgemeine Förderung bleibt hievon unberührt. – Soweit die Ausführungen Wittmanns.

17.03

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Mag. Eduard Mainoni. Ich erteile ihm dieses.

17.03

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche, Salzburg): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! Herr Vizepräsident! Vorab muß ich mich bei Ihnen entschuldigen, ich habe Sie in meinem letzten Redebeitrag als Frau Vizepräsidentin bezeichnet. Der Fehler liegt bei mir. Es liegt kein optischer Fehler vor, sondern ich habe vergessen, mich umzudrehen.

Nun zum Inhalt: Dieses Gesetz ist, um es auf den Punkt zu bringen, eine Lex "Standard", eine Lex "Der Standard", sonst überhaupt nichts. Dieses "vornehme" Herumgerede darüber, was denn jetzt plötzlich sinnvoll wäre und was bis jetzt nicht sinnvoll war, ist müßig! Es geht nur um den "Standard", weil er nämlich jetzt plötzlich auf über 22 Prozent seines Gesamtanteils Inserate hat und deshalb um die Besondere Presseförderung, die jährlich in Zigmillionen geht, umfallen würde.


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Daher sind die Herren Dr. Peter Kostelka und Dr. Andreas Khol zu einem Eiertanz bereit. In der Präambel schreiben sie: "Ohne das System der Besonderen Förderung grundsätzlich in Frage zu stellen, sollen die Förderungsvoraussetzungen im Bereich der Besonderen Presseförderung den geänderten Gegebenheiten im Tageszeitungsbereich angepaßt werden." –
Am Ende heißt es: "Das bisherige Prinzip des Entfalls der Förderung ab einem gewissen Anzeigenausmaß bleibt grundsätzlich erhalten, wird aber durch das vorgesehene Stufenmodell" – ein besonderes Wort – "abgefedert." – Zitatende. Soweit der Eiertanz!

In der Realität geht es darum, daß "Der Standard" weiter seine Besondere Förderung bekommt. Ich hätte einen wesentlich besseren Vorschlag. (Bundesrat Konecny: Das ist sachlich völlig falsch!) Herr Klubobmann der SPÖ! Ich habe den Eindruck, daß wir hier nicht auf der Löwingerbühne, sondern im Bundesrat sind (Bundesrat Konecny: Ja! Daran sollten Sie sich halten!), und deshalb bitte ich Sie, mir nicht ins Wort zu fallen!

Ich hätte einen besseren Vorschlag für Sie oder Ihren Kollegen im Nationalrat (Bundesrat Konecny: Ich habe kein Problem ...!), nämlich folgende Formulierung für die Präambel: "Da die in Rosarot gehaltene Tageszeitung ,Der Standard‘ um die Besondere Presseförderung umzufallen droht, ist uns zur Erhaltung des Prinzips ,Ich gebe dir, liebe Tageszeitung, Steuergeld, und du schreibst gefälligst positiv über uns!‘ folgendes eingefallen." (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Das ist eine Frechheit!)

Ich kann den Beweis dafür liefern, Frau Kollegin Stunk (in Richtung der Bundesrätin Mag. Trunk), die Sie gerade dazwischenrufen! Bei uns in Österreich gilt ein ganz einfaches Motto: Wer zahlt, schafft an! (Bundesrat Konecny: Wie der Schelm ist, so benimmt er sich im Bundesrat!) Das kann ich natürlich auch beweisen. (Bundesrat Konecny: Das muß bei Ihnen so sein!) Zum Beispiel Ihr Bundeskanzler ... (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Echauffieren Sie sich nicht, beruhigen Sie sich wieder!

Der Bundeskanzler ist zum Beispiel ein lebender Beweis dafür. Bitte, hören Sie zu, ich sage es Ihnen! Der Schriftsteller Robert Menasse ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Frau Kollegin Stunk (in Richtung der Bundesrätin Mag. Trunk), bitte hören Sie zu!

Der Schriftsteller Robert Menasse hat es in einem Gastkommentar im "Standard" gewagt, dem Herrn Bundeskanzler Untätigkeit, Mediengeilheit und sogar noch mangelnde Bildung vorzuwerfen. Herr Robert Menasse hat den Bundeskanzler dieser Unzulänglichkeiten geziehen. Was ist geschehen? – Das Ganze hat übrigens "NEWS" am 9. Juli 1997 abgedruckt.

Daraufhin ist folgendes geschehen: Der Herr Bundeskanzler ließ Herrn Menasse fragen, ob er denn nicht wisse, daß "Der Standard" unter anderem überhaupt nur mehr deshalb existiere, weil ein gewisser Bundeskanzler Klima dafür zuständig sei, daß die Presseförderung in Österreich im europäischen Vergleich noch immer heftig und üppig sprudle. – Das ist dem "Standard" – suchen Sie ihn heraus, Sie schauen so ungläubig – vom 9. Juli 1997 wortwörtlich so zu entnehmen und der beste Beweis dafür, daß dieses Prinzip in Österreich fröhliche Urständ’ feiert. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Die Präambel, die die Herren Klubobmänner des Nationalrates unterschrieben haben, ja den gesamten Antrag könnte man auch mit Konecny und Bieringer unterschreiben, denn auch Sie werden dem zustimmen, das haben die Wortmeldungen schon längst ergeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt aber neben dieser Besonderen Presseförderung – Sie werden es sicher wissen, denn wir werden damit berieselt und bekommen es auch noch zu sehen – die ganz Besondere Presseförderung. Das ist nämlich das, was in manchen Ministerien für Werbung ausgegeben wird, um die Regierungstätigkeit besonders gut darzustellen. Momentan haben wir diese unselige Werbung des Verkehrsministers, in der es das Wortspiel mit einem/Einem gibt, damit er auch vorkommt. Seien wir doch ehrlich, das ist ein untauglicher Versuch! Da geht es ebenfalls um viel Geld! (Zwischenruf des Bundesrates Thumpser. )


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Im Jahre 1998 ging es dabei um 163 Millionen Schilling! Das Bundeskanzleramt hat 70 Millionen dafür ausgegeben, der Verkehrsminister 37 Millionen! Die Werbeeinschaltungen in Tageszeitungen erfolgten folgendermaßen – nämlich von den Kosten her –: in der "Presse" sage und schreibe 45 Millionen Schilling, im "Standard" 5,1 Millionen und im "NEWS" 10,8 Millionen Schilling. – Das sind die Werbungen der einzelnen Minister, mit denen die Medien noch einmal "gefüttert" werden, damit sie entsprechend gewogen berichten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie was? – Diese Besondere Presseförderung gehört einfach abgeschafft, denn damit bewirkt man folgendes (Beifall bei den Freiheitlichen) : Wir würden damit erstens dem Steuerzahler sehr viel Geld ersparen; die Journalisten – die normalen Journalisten in den Redaktionsstuben – wären sehr froh darüber, denn sie dürften wieder schreiben, wie sie wollen, ohne daß der Herausgeber oder der Chefredakteur mit dem Bambusstaberl sofort auf die Hand klopft, wenn sie nicht die gewogene Hofberichterstattung durchführen, und jene Zeitungen, die nicht gekauft werden, weil sie unbeliebt sind, würden eingehen, und kein Hahn würde nach diesen unfähigen Medien krähen, die sich so schlecht verkaufen lassen, sie würden niemanden interessieren – außer vielleicht ein paar SPÖ- und ein paar ÖVP-Mandatare. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.10

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich erteile ihm dieses.

17.10

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Die Novellierung dieses Presseförderungsgesetzes stellt sich für mich klar als eine richtige Möglichkeit dar, für eine gerechtere Berechnungsgrundlage zu sorgen, damit jene Zeitungen, die für Meinungsvielfalt und für Qualität stehen, auch entsprechend in die Lage versetzt werden, in dieser Landschaft zu reüssieren.

Meine Damen und Herren! Zur Presseförderung – normale Presseförderung, besondere und eine ganz besondere, wie sie die Freiheitlichen aufs Tapet gebracht haben – kann man stehen, wie man will. Tatsache ist, sie ist gegeben, und wir müssen schauen, wie der Staat damit zu Rande kommt. Ich habe überhaupt kein Problem, für die Presseförderung zu stimmen, weil ich einfach sehe, daß sie so verwendet wird, wie es der Gesetzgeber beabsichtigt hat. (Bundesrat Ing. Scheuch: Das glauben Sie selbst nicht! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum dritten Teil, zum Teil der ganz Besonderen Presseförderung, den Sie, meine Damen und Herren, so gerne aufgreifen, weil Inserate von Ministerien, Parteien oder sonst irgend jemandem geschaltet werden, kann ich nur sagen: Der große Inseratenwahlkampf findet auch durch die FPÖ statt, und meines Wissens leben Sie auch von Subventionen des Staates. Auch das ist eine Umwegrentabilität, bei der Sie daraufsetzen, in den Medien auch so gut wegzukommen, wie Sie es anderen Parteien unterstellen, meine Damen und Herren!

Ich glaube aber, wenn wir über die Presseförderung reden, sollten wir uns ernsthaft darüber unterhalten, doch die Freiheitliche Partei tut das nicht. Sie hat nämlich, wie bei allen anderen Angelegenheiten auch, zu allem eine Meinung (Bundesrätin Mühlwerth: Na so was!), die rundum läuft. Auf der einen Seite wird bedauert, daß die "Oberösterreichischen Nachrichten" und die "Salzburger Nachrichten" zu wenig bekämen, sie werden bedauert. Auf der anderen Seite wird verlangt, die Presseförderung total einzustellen und dafür – da gibt es auch bereits ein Rechenbeispiel – die Anzeigenabgabe einzustellen.

Kollege Maier hat das hier schon sehr treffend beantwortet. Das ist ein Durchlaufposten. Letztendlich müßten Sie aber dann den Kommunen erklären, wer den Steuerausfall wie wo vergüten würde. Das ist eine andere Frage, meine Damen und Herren! Wenn man Populistisches fordert, sollte man in die Tiefe gehen und sich überlegen, was man vorschlägt, ohne weitere Vorschläge zu haben. (Bundesrat Weilharter: Dann brauchen Sie die Presseförderung nicht zu bezahlen! Dann haben Sie das kompensiert!)


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656. Sitzung / Seite 137

Meine Damen und Herren! Wenn wir von Trägern von Meinungsvielfalt sprechen, dann kann man sagen, es ist in der letzten Zeit ein weiterer Träger von Meinungsvielfalt geschaffen worden, der an vielen von uns bisher vorbeigegangen ist, nämlich der Privatrundfunk. Der Privatrundfunk hat ohne irgendwelche Unterstützung zu bestehen – dazu stehe ich auch –, und zwar ausschließlich aufgrund seiner finanziellen Hintergründe oder der Tüchtigkeit, Sekunden zu verkaufen. Allerdings hat der Gesetzgeber hier die Möglichkeiten, privatwirtschaftlich gut zu arbeiten, sehr eingeengt. Ich denke an die kommunalen Radios, für die vom Gesetzgeber festgelegt wurde: Eine Hörerreichweite von 150 000 darf nicht überschritten werden.

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Glaubt jemand in diesem Raum, daß man mit einem Potential von 150 000 Hörern in der Werbewirtschaft bestehen kann und dafür entsprechend Mittel freimacht, damit man Angestellte in einem Radio auch bezahlen kann? – Ich glaube es nicht.

Ich verlange aber keine Förderung für Privatradios, meine Damen und Herren, ich verlange nur gerechtere Grundlagen. Ich verlange, daß wir sehr bald darüber nachdenken sollten, daß einmal die Grenze von 150 000 fallen muß. Wen schützt man damit? – Ich weiß es nicht. Es kann nicht so sein, daß wir ein zweites Monopol nach dem ORF schaffen, indem wir regionale Radios schützen. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Hier müssen wir alsbald tätig werden, um – das ist das entscheidende für die nächste Zeit – einer Variante des ORF zu begegnen, der einen vierten Kanal österreichweit schaffen wird – FM 4 gibt es an sich, aber mit einem neuen Erscheinungsbild –, denn da werden dann die letzten Privaten natürlich sehr stark in Bedrängnis kommen.

Ich sehe daher Handlungsbedarf für uns. Auf der einen Seite kommt der ORF seinen Aufgaben nach, wie es ihm der Staat aufträgt, er hat die Möglichkeit, sich durch Pflichtbeiträge entsprechend mit Finanzmitteln auszustatten, er hat die Möglichkeit, durch seine Präsenz in Österreich natürlich entsprechend Werbekunden zu lukrieren, und er hat auch noch die Möglichkeit, für sich selbst bei sich selbst zu werben.

Ich mache den Vorschlag, daß in der Höhe des Werbeaufwandes für Rundfunk und TV landesweit – das ist kein Problem – auch den lokalen Betreibern in den Landes-TV-Sendungen Fenster geschaffen werden müssen, um ebenso werben zu können wie der ORF für seine Radioprogramme im TV. Das wäre für mich eine Verbesserung des Wettbewerbs, das wäre gerechter. Wenn man davon ausgeht, daß für Radios auf privater Ebene keinerlei Steuerschillinge vorgesehen sind, dann sollte man auch darüber nachdenken, wie die Lebensfähigkeit dieser Radios gewährleistet werden kann. Ansonsten, meine Damen und Herren, sind 700 Arbeitsplätze über Nacht gefährdet gegenüber vielleicht 20, die für FM 4 zusätzlich geschaffen werden. Das kann nicht im Sinne von Meinungsfreiheit, von Medienvielfalt, von Qualität sein.

Meine Fraktion wird das Gesetz mitbeschließen, aber ich rege an und bitte auch alle anderen Fraktionen, in der zweite Phase mit dafür zu sorgen, daß auch den neuen Trägern von Meinungsvielfalt, den Privatradios, die Chance gegeben wird, zu überleben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.16

Vizepräsident Dr. Milan Linzer:  Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

17.16

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dieses Bundesgesetz, das das Presseförderungsgesetz von 1985 ändern soll, zeigt, daß die Idee des Förderungswesens pervertiert wird.

Natürlich soll man fördern, man soll auch Medien fördern, aber die Medien, die wir kennen, seit Jahr und Tag an den staatlichen Tropf zu hängen, heißt, diese in die totale Abhängigkeit derer zu bringen, welche die finanziellen Zuwendungen leisten.


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656. Sitzung / Seite 138

Meine Damen und Herren! Direkt gefördert wird mit etwas mehr als einer Viertel Milliarde Schilling, das sind 260 Millionen Schilling, und weitere 163 Millionen Schilling – mein Vorredner Mainoni hat das schon erwähnt – gehen als sogenannte Werbeeinschaltungen in diese Medien. Also 370 Millionen Schilling erhalten die Printmedien an Förderung. Ich muß sagen, daß es mich wundert, daß Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Sie ebenso wie ich bemüht sind, die Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit im Rahmen der finanziellen Gebarung der Republik wahrzunehmen, diesem Gesetz eigentlich nur positive Seiten abgewinnen können.

Mein Vorredner, Kollege Prähauser, ist nachdenklich, und das schmeichelt ihm und lobt ihn. (Bundesrat Konecny: Geh, mach eine tatsächliche Berichtigung!) Er fordert gerechte Grundlagen. Auf diese Art und Weise werden wir nie gerechte Grundlagen bekommen, wenn wir jenen, die sowieso auf dem Markt verankert sind, die volle Börse übergeben und es jenen, die sich schwer tun, überhaupt die Medienvielfalt als solche zu einer solchen werden zu lassen, noch schwerer machen, am Markt Fuß fassen zu können. Es hieße – das ist fast gegen das sozialdemokratische Empfinden (Bundesrat Konecny: Ja, gegen das ist es!) ; es kommt auch so heraus, wie man manchmal so hört –: Die Reichen werden reicher, und die Armen werden ärmer. – So ist es bei den Medien.

Jene, die es haben oder es sich in Wirklichkeit im Laufe der Jahre hätten erringen können, aber vielleicht unfähig sind, bekommen immer nur Geld. Diejenigen, die es aber nicht haben, aber möglicherweise fähig sind, haben nicht einmal die Chance, zu zeigen, was sie auf dem Markt und an Meinungsvielfalt beitragen könnten. Das, so finde ich, ist der Skandal an dieser Presseförderung, die wir Freiheitlichen aus diesem Grund – wirklich aus diesem Grund – ablehnen müssen.

Es ist eine zutiefst undemokratische Gesetzgebung, nur einzelne Medien – es sind ziemlich viele – zu fördern (Bundesrat Konecny: Einzelne sind ziemlich viele! Das ist eine Logik!), und zwar mit der Begründung, daß es in Österreich nur einen kleinen Kreis von Tages- und Wochenzeitungsverlegern gibt und der überwiegende Teil der österreichischen Tages- und Wochenzeitungen eine Förderung erhält.

Das ist der Skandal! Ein kleiner Kreis von Herausgebern gibt eine relative große Zahl von Tages- und Wochenzeitungen heraus, und diese kleine Zahl von Herausgebern erhält über die Medienförderung für die Wochen- und Tageszeitungen sehr viel Geld.

Ich finde, das ist nicht zu vertreten, und ich meine, daß wir auch hinterfragen müssen: Wie wird die Presseförderungskommission besetzt? Ist Ihnen nicht klar, daß sich diese Kommission selbst dotiert, daß der Vorsitzende der Presseförderungskommission selbst der Herausgeber einer dotierten Tageszeitung ist, daß die Kommissionsmitglieder Medien vertreten, die selbst von der Presseförderung profitieren?

Es ist das ein zutiefst undemokratischer, sich selbst bedienender Futternapf für die Medien geworden, die nicht mehr zeigen müssen, was sie können. Jene, die es könnten, läßt man gar nicht an den Tropf herantreten. Dieses Gesetz kann man nur mit Schaudern ablehnen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

17.20

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Melitta Trunk. Ich erteile ihr dieses.

17.20

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Punkt eins: eine schlichte und einfache Feststellung zu den Ausführungen des Kollegen Gudenus, der Formulierungen von sich gegeben hat, die eine klare Ohrfeige gegen die Freiheit der Form der Ausübung des freien Journalismus in der Republik Österreich sind. Das richtet sich nicht deshalb besonders an Sie, weil Sie vorhin hier gestanden sind und merkwürdige, denkwürdige Äußerungen von sich gegeben haben (Bundesrat Weilharter: Machen Sie sich nicht zur Oberpräsidentin des Hauses!), sondern weil Sie – das wurde mir gerade beim Hergehen in die Hand gedrückt – selbst auch Zeitungsherausgeber sind. Ich


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gestehe jedem Zeitungsherausgeber, sogar Ihnen, zu, daß er das demokratische Grundprinzip der Wahrung der Freiheit des Journalisten und der Journalistin auch für sich selbst in Anspruch nimmt. (Bundesrätin Haunschmid: Aber nicht mit der Presseförderung!)

Was Sie mit Ihren Formulierungen getan haben, ist kein kleines parteipolitisches Hickhack, Herr Kollege Gudenus, denn Sie haben Ihrer ganz persönlichen und somit auch politischen Haltung keine Maske aufgesetzt, sondern sich vielmehr die Maske selbst abgenommen. Sie haben formuliert, daß es einen Zusammenhang zwischen der Pressefreiheit und der Presseförderung gibt. Sie haben gesagt, daß jene, die der Presse Förderungen zukommen lassen, auch die Meinung dieser Presse bestimmen. – Das ist eine ganz schlimme Unterstellung! (Bundesrat Weilharter: Damit haben Sie ein Problem! Das ist ein Problem, das Sie damit haben! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ihre Kollegen regen sich jetzt lauthals auf, Sie geben mir recht und nicken. (Bundesrat Mag. Gudenus: Nein!) Ich denke, Sie haben vielleicht nachgedacht. (Ruf: Der Gudenus denkt nicht!)

Zweiter Punkt: Es ist eine Ungeheuerlichkeit, Kollege Mainoni, und Sie diskreditieren und diffamieren den freien Journalismus und die Journalisten und die Journalistinnen – ob das jetzt "Der Standard", die "Krone", die "Kleine Zeitung" oder von mir aus dieses "Zur Zeit" ist –, wenn Sie sagen, daß sich die Journalisten des "Standard" die Meinung der Geldgeber "aufdrücken" lassen. (Bundesrat Dr. Bösch: Sie verwechseln das! Das ist ein Mißverständnis, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es steht Ihnen nicht zu, die Freiheit des Journalismus in Österreich mit Füßen zu treten und freie Journalisten und Journalistinnen insofern zu beschimpfen, als Sie ihnen unterstellen, daß sie in ihren Medien nicht freie Meinungsäußerung wiedergeben, sondern daß sie befehlsempfangende Lakaien sind. Diese Befehlsempfänger mag es vielleicht in Gruppierungen geben, möglicherweise leider auch in politischen Gruppierungen (Bundesrätin Mühlwerth: Zum Beispiel bei euch!), aber zum Glück nicht im Bereich des österreichischen Pressewesens. (Beifall bei der SPÖ.)

Dritte Bemerkung: Es ist nicht die SPÖ, es ist nicht die ÖVP, die unverhohlen am Bildschirm und im O-Ton einen starken und ganz klar ausgesprochenen Zusammenhang zwischen ihrem Selbstverständnis und dem Umgang mit der Freiheit von Medien von sich gegeben hat. Es ist die FPÖ und der derzeitige Landeshauptmann, der für jeden – ich denke, Sie werden ihn doch wohl bewundert haben – während der "Pressestunde" unverhohlen, nicht durch die Blume, sondern präzise formuliert hat: Presseförderung wird es nur dann geben, wenn die Presse willens ist, den Kinderbetreuungsscheck zu puschen und ihm zu helfen, diesen umzusetzen. – Das ist direkte Abhängigkeit! Das ist Meinungsmanipulation! (Beifall und Oh-Rufe bei SPÖ und ÖVP.)

Vierter Punkt: Soweit ich das überblicken kann – es steht mir kein Urteil zu, sondern das ist nur mein Eindruck –, hat keine andere demokratische Partei in der Republik Österreich kein klares Verhältnis zur Trennung von Politik und Meinungsmache, das heißt, zur Trennung von Politik und Journalismus.

Es ist niemand von der SPÖ, es ist niemand von den Grünen, es ist niemand von den Liberalen, es ist niemand von der ÖVP (Bundesrat Dr. Bösch: Das müssen Sie ziemlich oft wiederholen, Frau Kollegin!), der ein Medium benützt und dort zugegebenermaßen auch ganz gut verdient, indem er in einer Zeitung, nämlich der auflagenstärksten Zeitung, der "Kronen-Zeitung", zweimal Kolumnen schreibt – einmal feig unter einem Pseudonym –, nämlich Kolumnen, um jene Politik, die er selbst mitgestaltet – Sie wissen, um wen es sich handelt, nämlich um einen gewissen Herrn Mölzer –, zu bejubeln. Herr Mölzer legt in den Kolumnen der "Kronen-Zeitung" seine kuriosen – um es charmant zu formulieren – kulturpolitischen Positionierungen dar, um sie als Landeskulturbeauftragter, also quasi als freier Beamter des Herrn Jörg Haider, selbst zu bejubeln.

Das heißt, auf der einen Seite gibt er kuriose kulturpolitische Äußerungen von sich – das Land Kärnten und die Steuerzahler in Kärnten haben Millionen für diesen Vertrag zu bezahlen –, und


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auf der anderen Seite schreibt er unter dem Pseudonym "Noricus". Das ist auch vielsagend und erklärt, wie hervorragend seine eigenen, dort präsentierten Ideen sind.

Das ist keine Trennung von Journalismus, sondern das ist schlimmste Mißachtung der klaren Trennung von Journalismus und Politik! (Bundesrat Dr. d′Aron: Sie hassen ihn ja!) Nein! Sie müßten wissen, um hassen zu können, muß man jemanden sehr lieben. Sie werden mir doch zugestehen, daß ich kein Bedürfnis habe, Herrn Mölzer zu lieben! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Letzter Punkt – auch nicht haßerfüllt, aber ich werde diese Stunden und diese Minuten nie vergessen, die ich in meinem Land Kärnten erleben mußte –: Es war nicht die SPÖ ... (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. ) Herr Scheuch! Es ist nicht die SPÖ, es war nicht die SPÖ, und es war auch nicht die ÖVP, die 1989 unter der Anführung des jetzt im Nationalrat sitzenden Kollegen Gaugg den Kärntner ORF gestürmt hat. Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.27

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

25. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird (1100/A und 1949/NR sowie 5995/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Alfred Schöls übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Alfred Schöls: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form auf. Ich kann mich daher auf die Formulierung des Antrages beschränken.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte, die Debatte zu eröffnen und die Abstimmung durchzuführen.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Ich danke für die Berichterstattung.


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Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach. Ich erteile ihr dieses.

17.30

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wie alle vergangenen Ereignisse ist auch die Geschichte eines Volkes der Spannung zwischen Erinnern und Vergessen, Zuwendung und Verdrängung ausgesetzt. Perioden intensiverer Beschäftigung mit der Vergangenheit wechseln mit Perioden, in denen diese Vergangenheit verblaßt. Aber manches verschwindet sogar ganz aus dem Gedächtnis, wie zum Beispiel die Hunderttausenden Zwangsarbeiter. Daß all das noch zum Bewußtsein kam oder besser gesagt gebracht wurde, war gut.

Wir können uns nicht der Tatsache entziehen, daß Undenkbares geschehen ist. Was geschah, ist vorher gedacht, gesagt und geschrieben worden, vorher politisch und sogar wissenschaftlich legitimiert worden. Bereitwillig wurde aufgenommen, daß es Untermenschen gibt, daß es wertvollere und wertlosere Menschen gibt, daß es lebensunwertes Leben gibt, daß es Feinde unseres Volkes, unserer Rasse gibt. Daß es legitim war, jene auszugrenzen, zu verachten, auf Distanz zu halten, zu hassen, die nicht zu uns gehören – danach handelten nicht nur die Rabauken auf der Straße, sondern das machte man sich auch zunutze, um zu rauben, zu quälen, zu morden und im Bereich der Industrie das Bezahlen der Löhne zu vergessen.

Meine Damen und Herren! Zu lange wurden Rechtfertigungen verbrecherischer Handlungen hingenommen, die da lauteten: Ich habe es getan, weil es mir befohlen worden ist. – Andere haben noch schlimmeres getan als ich. – Oder: Wenn ich es nicht getan hätte, dann hätte es irgend jemand anderer mit noch größerer Härte an meiner Stelle getan!, und so weiter und so fort. Wir alle kennen das. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, daß das unserem Ruf im Ausland nicht gerade dienlich war. (Unruhe.) – Dürfte ich angesichts dieses Themas bitten, die Fotos vielleicht woanders anzuschauen und zu kommentieren. (Bundesrat Konecny: Du mußt lauter reden, die Herrschaften sind von dem Thema so fasziniert!)

Mit der Beschlußfassung über die Errichtung des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus und der heute zuzustimmenden Erweiterung der Rechte und der Möglichkeiten des Nationalfonds ist es uns gelungen beziehungsweise wird es uns gelingen, das Ausland, aber vor allem die Opfer von unserem guten Willen zu überzeugen. An dieser Stelle gebührt den Organen des Fonds unser aufrichtiger Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich muß hier noch etwas sagen: Gibt es nicht welche, die immer wieder sagen, es gibt doch nicht nur Auschwitz, es gibt doch auch Dresden? Gibt es nicht welche, die die Nazigreuel gegen die Verbrechen der Kommunisten aufrechnen? Gibt es nicht welche, die sagen, wir seien quitt? – Ja, meine Damen und Herren, auch von anderen Menschen sind Menschen gequält und ermordet worden. Aber das kann den Holocaust, nämlich den planmäßig durchgeführten Genozid und die übrigen Verbrechen der NS-Gewaltherrschaft nicht relativieren, geschweige denn in einem milderen Licht erscheinen lassen. Ich meine, ein wechselseitiges Aufrechnen von Verbrechen verbietet sich für alle, die es mit der Achtung der Menschenwürde ernstmeinen.

Die Naziherrschaft brauchte an die 2 000 Erlässe und Gesetze, um Menschenrechte und Menschen zu vernichten. Nicht alles, was Gesetz ist, ist also Recht.

Mit unserer heutigen Zustimmung zum Gesetzesbeschluß des Nationalrates setzen wir Recht. Gleichzeitig reichen wir damit jenen, denen unsägliches Leid zugefügt wurde, die Hand mit einer Bitte, nämlich mit der Bitte um Vergebung und Versöhnung. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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17.35

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon. Ich erteile ihm dieses.

17.35

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Präsidentin! Ich darf Ihnen aufrichtig für diesen Debattenbeitrag danken. Den Wert eines Gutes erkennt man häufig erst dann, wenn man ihn verloren hat; das gilt für die Gesundheit ebenso wie für die persönliche Freiheit. Für uns ist es selbstverständlich, frei unsere Meinung zu sagen, zu debattieren, frei zu wählen, frei zu reisen. Daß dies nicht immer selbstverständlich war, zeigen NS-Diktatur und auch das Unrechtsregime in Serbien.

Ich glaube, daß Österreich mit dieser Einrichtung des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus einen sehr mutigen Schritt gesetzt hat. Dieser hat eine wichtige Rolle gespielt und bekommt mit dem heutigen Tage eine noch wichtigere Rolle. Er hat durch seine umsichtigen Tätigkeiten bewirkt, daß erstens das Vertrauen von Opfern des Nationalsozialismus in Österreich wieder ein wenig hergestellt werden kann, denn es wurde damit vielen Menschen ein Stück Bindung an die eigene Heimat wieder zurückgegeben. Er hat zweitens dazu beigetragen, daß in Österreich eine Aufarbeitung der Geschichte stattfinden kann. Allein die Tatsache, daß es diese Einrichtung gibt, ist ein großer mutiger Schritt, der in Österreich gesetzt worden ist.

Das Schicksal der vom nationalsozialistischen Unrechtsregime Verfolgten darf weder vergessen noch verdrängt werden. Es muß in lebendiger Erinnerung bleiben. Gerade in den letzten Monaten ist uns vor Augen geführt worden, daß in Europa kein Platz für Massenexekutionen, für Massenvertreibungen und für Massenvergewaltigungen mehr sein darf. Es war richtig, daß wir bei diesen Dingen nicht zugesehen haben, sondern daß eingegriffen worden ist.

Der Nationalfonds ist ein ausgezeichnetes Instrument. Durch die Änderungen, die wir heute beschließen wollen, haben nun auch Private die Möglichkeit, Leistungen in diesen Fonds miteinzubringen. – Die ÖVP wird daher dieser Gesetzesänderung ebenfalls gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.38

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

17.38

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen nehmen zu diesem Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird, die gleiche Haltung ein wie Sie alle. Persönlich empfinde ich, daß dieses Gesetz und damit auch die Änderung viel zu spät kommen.

Ich möchte nur den amerikanischen Staatssekretär Eizenstatt zitieren, der bei Verhandlungen mit dem damaligen deutschen Staatssekretär im deutschen Kanzleramt Bodo Hombach dazu sagte: Es müsse immer daran gedacht werden, daß die Entschädigungsregelungen verwaltungstechnisch einfach bleiben, da nicht viel Zeit für ihre Umsetzung bleibe. – Dieser Meinung kann ich mich nur völlig anschließen. Wir alle wissen, was mit Zeit gemeint ist. Es ist die biologische Uhr, die es vielen nicht mehr möglich macht, in den Genuß dieses Gesetzes zu geraten.

Ich bin auch Frau Kollegin Haselbach sehr dankbar dafür, daß Sie die Meinung vertreten hat, wir sollten nicht relativieren, wir sollten auch nicht aufrechnen. Sie haben völlig recht, Frau Kollegin!

Weil wir nicht aufrechnen und nicht relativieren sollen, meine ich, daß wir gerade derer gedenken sollen, die der Umstände halber nicht zu denen gehörten, die man zwangsläufig als der Zwangsarbeit unterliegend bezeichnet hat. Es sind viele Österreicher – manche bis 1955 – als Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit und zum Frondienst verurteilt gewesen. Es waren viele Österreicher während der Kriegszeit zur Zwangsarbeit eingezogen, ohne unter dieses Gesetz zu fallen, und es gibt viele Österreicher, die bis zum Jahr 1945 in anderen Staaten lebten und vertrieben worden sind und sowohl ausgewiesen als auch enteignet wurden, die keine Entschädigung verlangten. Wir bringen daher einen


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Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend die Durchsetzung von Vermögensansprüchen von ehemaligen Kriegsgefangenen, Vertriebenen und zur Arbeitsleistung verpflichteten Österreichern

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Vorlage zuzuleiten, die folgendes vorsieht:

1. allen österreichischen Kriegsgefangenen – die oftmals bis 1955 Zwangsarbeit und Frondienst leisten mußten – und allen Österreichern, die während der Kriegszeit zur Zwangsarbeit herangezogen wurden, eine zeitadäquate Entschädigung – basierend auf der Zwangsarbeitsentschädigung für Ukrainer, Polen und andere – zukommen zu lassen,

2. die Prüfung der vermögensrechtlichen Ansprüche völkerrechtswidrig ausgewiesener und enteigneter Personen, welche sich nach dem Kriege in Österreich niedergelassen haben."

*****

Wir stimmen dem Gesetz zu. Wir hoffen, daß Sie unserem Entschließungsantrag auch zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.42

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Mag. Gudenus und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend die Durchsetzung von Vermögensansprüchen von ehemaligen Kriegsgefangenen, Vertriebenen und zur Arbeitsleistung verpflichteten Österreichern ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Kollege Konecny, bitte. Ich erteile ihm das Wort.

17.43

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich will den Anspruch des Kollegen Gudenus, daß er zu diesem Gesetz dieselben Meinungen vertrete wie die Angehörigen der beiden Regierungsfraktionen, nicht diskutieren. Ich möchte nur eines festhalten:

Die Einbringung dieses natürlich als unselbständig ausdrücklich an diese Novelle gekoppelten Entschließungsantrages ist genau das, was die Frau Vizepräsidentin in ihrer Rede in so eindrucksvoller Weise als moralisch unzulässig bezeichnet hat. Das Anliegen, das hier vorgebracht wird, zu debattieren, ist eine Sache. Hier in dieser Debatte und im Zusammenhang mit dieser Novelle mit einer Opfergruppe, gegenüber der Menschen dieses Landes eine ganz besondere Verantwortung haben, eine Verquickung herzustellen, ist moralisch unzulässig.

Wir werden aus diesem Grund – ich betone: aus diesem Grund – diesen Entschließungsantrag ablehnen. Aber ich möchte politisch dazu sagen, daß wir Sie gerne einladen, diesen Antrag erneut als Selbständigen Antrag zu stellen. Wir können uns gerne über dieses Thema unterhalten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.44

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. Ich erteile ihm dieses.

17.44

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Ich erlaube mir, dazu eines ganz klipp und klar zu sagen, nämlich daß ich persönlich absolut dem zustimme, was Kollege Konecny jetzt gesagt hat. Wir müssen das eine, dieses Gesetz, diese Möglichkeiten, schaffen. Wir müssen als Europäer natürlich auch auf die Heimatvertriebenen, Kriegsgefangenen et cetera


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schauen. Europa ist das Europa der Vaterländer. Da gehören wir alle zusammen – gleichgültig, was damals passiert ist. Aber das sind zwei Sachen. Da stimme ich einmal mit dieser Hälfte überein. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.45

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Dies ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung .

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen .

Ich lasse nun über den Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Gudenus und Kollegen abstimmen. Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit .

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend die Durchsetzung von Vermögensansprüchen von ehemaligen Kriegsgefangenen, Vertriebenen und zur Arbeitsleistung verpflichteten Österreichern ist daher abgelehnt .

26. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), das Universitäts-Organisationsgesetz, das Kunsthochschul-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (1831 und 1915/NR sowie 5996/BR der Beilagen)

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gelangen nun zum Punkt 26 der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten, das Universitäts-Organisationsgesetz, das Kunsthochschul-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Johanna Schicker übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht liegt wie alle anderen in schriftlicher Form auf. Ich kann mich daher auf die Verlesung des Beschlußantrages beschränken.

Der Ausschuß für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.


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17.48

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist immer interessant, wenn wir Gesetze beschließen sollen, von denen wir mit ziemlicher Sicherheit voraussetzen können, daß sie nur teilweise umgesetzt werden beziehungsweise gar nicht umgesetzt werden. Dies trifft auf das Gleichbehandlungsgesetz in einem besonderen Maße zu, weil wir da schon öfter feststellen mußten, daß auch bereits bestehende Gesetze durch die Hintertür ad absurdum geführt worden sind.

Es wäre schön gewesen, wenn man an dieser Stelle sagen könnte, daß die Ministerien mit gutem Beispiel vorangegangen seien, was die Quotenregelung der Frauen betrifft – also Männer und Frauen ziemlich ausgewogen mit Leitungsfunktionen zu betrauen –, und da wäre es schon erfüllt. Es ist wohl richtig, daß es in einigen Ministerien – das möchte ich gar nicht verschweigen – insgesamt gesehen so ist, daß der Frauenanteil fast ausgeglichen ist – im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales gibt es im Gesamten sogar einen Überhang.

Dies betrifft aber nur das Gesamtpersonal. Bei den Leitungsfunktionen schaut es nämlich nicht so gut aus. Ich darf einige Beispiele anführen: Beim Bundeskanzleramt ist im Gleichbehandlungsbericht unter den Sektionsleitern ein Frauenanteil in der Höhe von 14,29 Prozent ausgewiesen. Da ist man von einer Ausgewogenheit wirklich sehr weit entfernt.

Es geht weiter: Beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten schaut es überhaupt sehr traurig aus: Abteilungsleiterinnen: 18,87 Prozent, Referatsleiterinnen: 23,81 Prozent und die Auslandspositionen – zum Beispiel Botschafterinnen –: 2,86 Prozent. – So viel zu den schönen Sonntagsreden. Ich könnte das jetzt noch weiter vorlesen, aber ich glaube, das muß nicht sein. Sie wissen, worum es geht.

Das also kommt mit schönen Sonntagsreden heraus, in denen immer wieder gefordert wird, daß Frauen und Männer gleichermaßen die Möglichkeit haben sollten – richtigerweise, nebenbei bemerkt –, in Leitungspositionen zu kommen.

Zur Quotenregelung möchte ich noch kurz anmerken: Wir Freiheitlichen sind generell gegen Quotenregelungen. Wir sind dafür, daß die Qualifikation entscheidet. Selbstverständlich gibt es schon ein Gesetz, das besagt, daß bei gleicher Qualifikation die Frau genommen werden soll – das müßte nur umgesetzt werden!

Wie allerdings damit umgegangen wird – das war das, was ich eingangs mit der Hintertüre gemeint habe –, zeigt jener Fall aus dem Jahr 1997, als im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr eine Funktion der Abteilung I/A/8 ausgeschrieben war. Es haben sich acht Personen um diese Stelle beworben, zwei davon sind dann für die engere Wahl übriggeblieben: Herr Dr. Seitz und Frau Dr. Brandstötter, die in hohem Maße als geeignet erachtet wurden. Die Ausschreibungskommission hat dann allerdings einen kleinen Haken geschlagen und festgestellt, daß bei den genannten Bewerbern zwar das Qualifikationskalkül in hohem Maße gegeben wäre, dies aber keinesfalls als Gleichwertigkeit zu verstehen sei.

Über einen Antrag der Gleichbehandlungsbeauftragten ist dann die Gleichbehandlungskommission eingeschaltet worden, die zu dem Schluß gekommen ist, daß dieses Ergebnis in keiner Weise nachzuvollziehen ist, und auch gemeint hat, daß es zu einer Änderung kommen müßte.

Das ist aber nicht geschehen. Herr Dr. Seitz hat die Stelle bekommen; Herr Dr. Seitz, der – nebenbei bemerkt, und das ist wahrscheinlich reiner Zufall – der Schwager des Wiener Bürgermeisters Dr. Häupl ist.

Ich meine: Solange man die vorhandenen Gesetze nicht ernst nimmt, müssen wir nicht ständig versuchen, das Zusammenleben auf beruflicher, aber auch auf privater Ebene in Gesetzesform zu gießen, wenn man selbst nicht bereit ist, die Gesetze, wenn es darauf ankommt, tatsächlich zur Anwendung zu bringen.


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Bedauerlicherweise gibt es gegen solche Beschlüsse für die Betroffenen noch immer kein Rechtsmittel – wir haben es schon gefordert, es ist aber leider noch immer nicht geschaffen worden. Wir haben schon immer gemeint, daß das Ausschreibungsgesetz die rechtliche Möglichkeit enthalten muß, unsachliche Begutachtungen beziehungsweise Funktionsbetrauungen in Form von ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmitteln erfolgreich zu bekämpfen. Das gibt es nach wie vor nicht, daher können wir – das muß ich Ihnen wirklich sagen – mit diesem Gleichbehandlungsgesetz auch nichts anfangen. Wir werden es ablehnen, weil ohnehin nicht zu erwarten ist, daß auch entsprechend vorgegangen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.53

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Maria Grander. Ich erteile ihr dieses.

17.53

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gleichbehandlungsgesetz gehört so wie in meinem beruflichen Bereich das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz zu jenen Materien, die immer sehr lange und sehr intensiv diskutiert werden; sie sind eingeführt. Ich bin schon der Meinung, daß durch das Gleichbehandlungsgesetz das Bewußtsein, was die Ungleichbehandlung anlangt, geschärft wurde und daß es ein guter Ausgangspunkt für eine Bewußtseinsänderung ist. Wenn man den Gleichbehandlungsbericht von 1995 bis 1997 liest, erkennt man sehr wohl, daß es in diesen Jahren in diesem Bereich Veränderungen gegeben hat.

Bei der Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes wurden Empfehlungen der Gleichbehandlungsbeauftragten und der GleichbehandlungsanwältInnen sehr wohl berücksichtigt. Ich stelle auch fest: Frauen sind in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert. – Ich persönlich komme aus einem Beruf, der hauptsächlich ein Frauenberuf ist, und da ist es umgekehrt: Die Männer sind unterrepräsentiert. Das ist im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege fast an der Tagesordnung. Ich überlege in meiner Funktion als Pflegedirektorin bei der Nachbesetzung von leitenden Posten schon manchmal, ob da nicht auch Männer herangezogen werden müßten. – Sie sehen also, es gibt auch die umgekehrte Seite. (Beifall der männlichen Bundesräte der ÖVP.)

Die Gleichbehandlungsanwältin in Innsbruck berichtet, daß sie zu 40 Prozent mit Fällen von sexueller Belästigung auf dem Arbeitsplatz zu tun hat. Daher war die Änderung betreffend Glaubhaftmachung der sexuellen Belästigung durch die Antragstellerin unbedingt notwendig; das Umgekehrte ist meiner Meinung nach nicht würdig, sagen wir es so.

Im Rahmen der Gleichbehandlung muß auch über Aus- und Weiterbildung, bedarfsgerechte Kinderbetreuungseinrichtungen und flexible Arbeitszeitmodelle gesprochen werden, um eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. – Meine Fraktion gibt die Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.55

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. Ich erteile ihr dieses.

17.56

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Wirklich geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Eine kurze Bemerkung zu den Ausführungen der Kollegin Mühlwerth: Ich unterstütze Sie sogar in Ihrer Kritik betreffend Diskriminierung von Frauen, Nichtgleichbehandlung von Frauen, den eklatanten Mangel von Frauen in Führungspositionen! Das unterstütze ich. Ich kann allerdings nicht verstehen, warum Sie einem Gesetz nicht zustimmen, das den Personenkreis, auf den die Gleichbehandlung von Frauen angewendet werden soll, erweitern soll, nach dem die Frauenförderung für einen weiteren Personenkreis gelten soll und das die Möglichkeit der Maßnahmenergreifung gegen sexuelle Belästigung auf einen größeren Personenkreis ausdehnt, sodaß darunter auch Studenten und Studentinnen fallen.


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Ich bin Ihren Ausführungen sehr aufmerksam gefolgt – Sie haben sehr spannend begonnen –, konnte ihnen aber nicht entnehmen, daß Sie berücksichtigt haben, daß diese Regierungsvorlage eine Erweiterung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes bedeutet, nämlich eine Erweiterung auf den Personenkreis der Lehrbeauftragten, Gastprofessoren, Gastvortragenden, Studienassistenten und dergleichen, die derzeit nicht davon erfaßt sind. – Ich denke, das andere ist zu kritisieren, aber mir fehlt jedes Verständnis dafür, daß Sie dieses positive Gesetz ablehnen, wenn Sie für Frauenförderung und gegen die Diskriminierung von Frauen sind! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. )

Ich verstehe allerdings das ideologische Unterfutter. Diskriminierung in jeder Form – ob Diskriminierung von Frauen, Minoritäten oder Kunstschaffenden – ist eine Frage der Macht. Ich hoffe nicht, daß diese Frage der Macht innerhalb der FPÖ folgendermaßen beantwortet wird: Als die FPÖ in Kärnten noch eine kleinere Partei war, leistete sie sich den Luxus, eine Frau in die Regierung zu entsenden; als die FPÖ in Kärnten zur stärksten Partei wurde, gab es diese Frau nicht mehr! – Ich denke, das ist ein sehr klarer Beweis dafür, wie abhängig die Diskriminierung und Eliminierung von Frauen auch von Machtfaktoren ist. (Bundesrat Ing. Scheuch: Aber eine Vizepräsidentin!)

Natürlich wird die SPÖ-Fraktion keinen Einwand erheben, sondern diese Änderung positiv unterstützen. Sie erlauben mir etwas, was ich in der Vergangenheit ganz selten getan habe und auch in Zukunft ganz selten hier machen werde: Ich erlaube mir, dem zuständigen Minister Caspar Einem dafür zu danken, daß er zu jenen Politikern gehört, die ihr partnerschaftliches Denken und ihre frauengerechte Haltung – nicht: frauenfreundliche Haltung, denn Freundlichkeit ist eine Sache des augenblicklichen Klimas und der Willkür –, ihr frauengerechtes politisches Denken nicht nur an Frauenparteitagen, bei Sonntagsreden und in Kolumnen von Frauen positiv gegenüberstehenden Zeitungen wiedergeben. Caspar Einem hat unter anderem auch in Kärnten vor exakt einem Jahr anläßlich einer Frauenkonferenz das Wort ergriffen und sich dort für ganz konkrete Maßnahmen zur Beseitigung der Frauendiskriminierung in seinem Bereich, im Universitäts- und Wissenschaftsbereich, ausgesprochen. Aus diesen Worten wurden Taten – ich danke Ihnen dafür, Herr Minister! Österreichs Frauen werden Sie sehr kräftig in Ihrem Versuch unterstützen – wenn es auch für Sie manchmal sehr mühsam ist –, partnerschaftliche Politik zum Thema Nummer eins zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.59

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Einem. – Bitte, Herr Bundesminister.

18.00

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich könnte natürlich sagen: Was soll ich jetzt noch sagen, ohne rot zu werden?, aber ich habe das Glück, schon rot zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Hoher Bundesrat! Ich denke, die Materie ist es wert, zumindest in einer Hinsicht noch eine Anmerkung zu machen: Natürlich reicht es nicht aus, ausschließlich gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen, neu zu entwickeln, die der Gleichbehandlung, die der Chancengleichheit, die einer gerechten Behandlung von Frauen etwa im Bereich der Universitäten dienen. Es ist notwendig, das sowohl im informellen als auch im formellen Bereich zu machen. (Präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Ich gehe auch noch einen Schritt weiter. Die Kritik, die die Frau Bundesrätin Mühlwerth im Zusammenhang mit der Besetzung einer Funktion einer Abteilung im Wissenschaftsministerium geäußert hat, ist der Sache nach offenbar gerechtfertigt, denn sonst wäre sie auch von der Gleichbehandlungskommission nicht so bewertet worden. Nur: Allein aus diesen Gründen zu sagen, ein Gesetz, das nachher nicht zu 100 Prozent eingehalten wird, beschließe ich überhaupt nicht, würde bei konsequenter Anwendung bedeuten, daß sie gar keines mehr beschließen dürften.

Man muß schon sehen, daß die Beschlußfassung und das Inkrafttreten des Gleichbehandlungsgesetzes die Voraussetzung dafür waren, hier zu einer klaren Entscheidung zu kommen. Und


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diese klare Entscheidung ist in diesem Fall zum Nachteil des Ressorts ausgegangen – das muß man auch zur Kenntnis nehmen. Diesem Maßstab haben wir uns zu stellen, und dazu kann ich mich auch bekennen.

Ich denke, daß es daher wirklich gute Gründe dafür gibt, sowohl einer Verbesserung der gesetzlichen Lage im Interesse der Gleichbehandlung zuzustimmen, als auch darüber hinaus auf allen Ebenen dafür zu sorgen, daß nicht nur die Diskussion über die Gleichberechtigung, sondern auch die Praxis im Alltag Fairneß und Chancengleichheit erkennen lassen. Dazu kann ich mich auf beiden Ebenen, auf der formellen und auch auf der inhaltlichen, voll bekennen. – Das wollte ich gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist somit angenommen.

27. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit von Tieren in Betrieben (Tiergesundheitsgesetz – TGG) und über eine Änderung des Bangseuchen-Gesetzes, des Rinderleukosegesetzes und des IBR/IPV-Gesetzes (1712 und 1996/NR sowie 5997/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz über Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit von Tieren in Betrieben (Tiergesundheitsgesetz – TGG) und über eine Änderung des Bangseuchen-Gesetzes, des Rinderleukosegesetzes und des IBR/IPV-Gesetzes.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Ulrike Haunschmid übernommen. Ich bitte Sie um den Bericht.

Berichterstatterin Ulrike Haunschmid: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister! Ich berichte über den Bericht des Ausschusses für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit von Tieren in Betrieben (Tiergesundheitsgesetz – TGG) und über eine Änderung des Bangseuchen-Gesetzes, des Rinderleukosegesetzes und des IBR/IPV-Gesetzes.

Der schriftliche Bericht ist Ihnen zugegangen und inhaltlich bekannt.

Der Ausschuß für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, der Bundesrat möge keinen Einspruch erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber. Ich erteile es ihm.


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18.04

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Das Tiergesundheitsgesetz 1999 schafft die Grundlage für die Erlassung einer Reihe von Verordnungen und für die behördlichen Überwachungen im Veterinärsektor, soweit dies zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Verhütung des Auftretens von infektiösen Krankheiten bei Tieren erforderlich ist.

Ich gebe schon zu, daß durch die Registrierung nicht unbeträchtliche Kosten entstehen, doch ist durch die Entschädigungsregelung bei der Ausmerzaktion von den Ländern Ballast abgeworfen worden. Verendete ein Rind wegen Rauschbrand, Para-Rauschbrand oder Milzbrand und war vorher geimpft, so erhielt der Tierbesitzer vom Bund maximal 50 Prozent, den Rest mußten das Land und eben die Tierbesitzer aufbringen.

Eine Entlastung wird es auch bei anderen Krankheiten geben, vor allem bei IBR/IPV. Hatte ein Bauer zum Beispiel eine Kalbin zur Zucht aus Deutschland importiert, die IPV-infiziert war – in Deutschland war das keine Seuche –, so mußte der Landwirt die Keulung des gesamten Viehbestandes "schlucken". In Kärnten hat das Land diese von der Existenz her bedrohten Betriebe unterstützt.

Mit dem neuen Tiergesundheitsgesetz hat der Tierhalter einen Bundesrechtsanspruch. Dank Minister Molterer beträgt die Entschädigungszahlung 75 Prozent.

1997/98 mußten wir in Österreich eine IBR/IPV-Bekämpfungsaktion mit erheblichen Kosten durchführen. Der gesamte Rinderbestand mußte untersucht werden. Mit der Entscheidung des Rates 98/548/EG wurde uns die IBR/IPV-Freiheit zugestanden. Somit sind in Zukunft nur mehr stichprobenartige Erhebungen notwendig. Das sind jährlich 14,5 Prozent des Tierbestandes.

Durch die EU-Kofinanzierung werden wohl auch die kritischen Stimmen in unseren Reihen, vor allem aus Niederösterreich, verstummen. Durch das neue Programm, die Salmonellen-Untersuchungen und durch den neu eingeführten Tiergesundheitsdienst – da besteht ein enges Zusammenarbeiten von Tierhaltern und Tierarzt – kann der österreichische Konsument sicher sein, daß er ein gesundes, umweltgerecht produziertes Lebensmittel kauft. Leider greift er allzuoft zu billigen ausländischen Lebensmitteln. Wir werden dem Gesetz unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

18.07

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

28. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz – FlUG) und mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1048/A und 1930/NR sowie 5963 und 5999/BR der Beilagen)


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29. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (1834 und 1931/NR sowie 5964 und 6000/BR der Beilagen)

30. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, geändert wird (GGBG-Novelle 1999) (1833 und 1932/NR sowie 6001/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nun zu den Punkten 28 bis 30 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz – FlUG) und mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird,

ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 28 bis 30 hat Herr Bundesrat Horst Freiberger übernommen. Ich bitte ihn um den Bericht.

Berichterstatter Horst Freiberger: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Berichte zu den Tagesordnungspunkten 28 bis 30 liegen Ihnen schriftlich vor, ich beschränke mich deshalb auf die Verlesung der Beschlußanträge.

Zum Tagesordnungspunkt 28: Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz) und mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 29: Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich zum Tagesordnungspunkt 30: Bericht über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998, geändert wird (GGBG-Novelle 1999).

Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte an, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter das Wort.


Bundesrat
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18.10

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird dem Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz und der Änderung des Luftfahrtgesetzes die Zustimmung geben, ebenso dem Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz geändert wird. Wir würden gerne auch dem Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geregelt wird, zustimmen, dies ist uns aber leider nicht möglich. Ich darf das in meiner Ausführung begründen.

Meine Damen und Herren! Die vorliegende Novelle zum Gefahrgutbeförderungsgesetz beinhaltet keine Reform, bewirkt keinen Deut Sicherheit mehr, sondern stellt lediglich eine Anpassung an internationales Recht dar. Andererseits ist dieser Vorlage zu entnehmen, daß es sich hiebei um eine Anlaßgesetzgebung handelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es gibt niemanden hier im Hause und auch nicht außerhalb, der den tragischen Unfall im Tauerntunnel verniedlichen würde. Ich glaube, wir alle sind davon betroffen. Aber gerade dieses Unglück hat gezeigt, daß es um die Gefahrgutbestimmungen in Österreich nicht gut bestellt ist.

Wenn aber nun ein so tragisches Unglück schon den Anlaß für eine Gesetzesänderung gibt, dann hätte ich mir eigentlich ein Gesetz erwartet, mit dem die Betroffenen insgesamt, also die Straßenverkehrsteilnehmer, aber auch die Bevölkerung in den einzelnen Orten, durch die Gefahrgut transportiert wird, mehr Sicherheit bekommen. Das wird aber durch keinen Ansatz in dieser Vorlage bewirkt.

Das Verkehrsministerium hat nach diesem Unfall lediglich eine Verordnung erlassen und dabei einmal mehr gezeigt, daß es in diesem Bereich mehr als überfordert ist. Die Verordnung sagt im wesentlichen aus, daß in Hinkunft Begleitfahrzeuge erforderlich sind.

Niemand hat sich bei der Herausgabe dieser Verordnung darüber Gedanken gemacht, daß es nicht damit getan ist, Begleitfahrzeuge mitfahren zu lassen, sondern es kommt auch darauf an, daß diese Begleitfahrzeuge entsprechend ausgerüstet sind. Es genügt auch nicht irgendein Begleitfahrzeug samt Mannschaft, sondern es muß sich auch um wirklich Berufene, um entsprechend ausgebildetes Personal handeln.

Meine Damen und Herren! Der Versuch, allein auf dem Verordnungswege den LKW-Verkehr einzuschränken, das heißt, das Wochenendfahrverbot auszudehnen, stellt auch keinen Deut Sicherheit mehr dar, denn es wird in der Praxis folgendes eintreten: Das benötigte Gut wird einfach innerhalb des kürzer vorgegebenen Zeitraumes transportiert werden, das heißt, der LKW-Verkehr, der Gefahrgutverkehr wird sich auf einen kürzeren Zeitraum beschränken müssen, innerhalb dessen sich dann wahrscheinlich der Gefahrguttransport konzentrieren wird.

Daß manche Routen nicht mehr mit Gefahrgut befahren werden dürfen, stellt nur eine Verlagerung des Gefahrguttransportes auf anderen Routen oder auf anderen Straßen dar.

Erwartet hätte ich mir vom Bundesgesetzgeber vielmehr, daß generell die Kontrolle der Deklaration des Gefahrgutes verstärkt wird. Meine Damen und Herren! Sie alle wissen, wieviel Unfug in diesem Bereich betrieben wird und welche Deklarationen vorgenommen werden, die oft nicht dem Gefahrgut entsprechen. Erwartet hätte ich mir ferner, daß bei Gefahrguttransporten die Geschwindigkeitskontrollen verstärkt durchgeführt werden. Und erwartet hätte ich mir beim Gefahrguttransport, daß vor allem der ordnungsgemäße Zustand des Transportmittels einer verschärften Bestimmung und Kontrolle unterliegt.

Meine Damen und Herren! Gefahrgut ist in der Vergangenheit und wird auch in Zukunft immer wieder transportiert werden müssen. Erwartet hätte ich mir im Zusammenhang mit diesem Gesetz auch, daß zeitgemäße Straßenausbauten erfolgen, damit das Gefahrgut möglichst ungefährlich transportiert werden kann.


Bundesrat
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All diese Punkte sind weder in dieser Verordnung enthalten noch wurden sie als Ziel der Bundesregierung erklärt. Daher wird meine Fraktion diesem Gesetz die Zustimmung verweigern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.16

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. Ich erteile ihm das Wort.

18.16

Bundesrat Dr. Ferdinand Maier (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Gesetze wurden schon hinlänglich diskutiert, sodaß man eigentlich nicht dagegen sein kann.

Aber wenn wir heute schon den Herrn Verkehrsminister in unserem Kreise haben, dann sollten wir doch die Gelegenheit nützen, aus der Sicht eines Bundesrates die eine oder andere Diskussion mit ihm zu führen. Es ist natürlich schon sehr reizvoll, jenen Bundesminister vor uns zu haben, der das meiste Steuergeld aufwendet, um Botschaften an die Nation zu kommunizieren, die fern aller Realität sind.

Es ist wirklich "wunderbar", wenn wir uns dauernd anhören können: "Schiene statt Verkehrslawine". Oder – dieser Spot ist aber, glaube ich, schon vorbei –: "Lichtfahrer sind sichtbarer". (Bundesminister Dr. Einem: Das ist schon zwei Jahre her!)

Die beste Werbung lautet ja überhaupt: "Brems dich ein!", denn das wäre an sich die Empfehlung an den Bundesminister, sich mit dieser Werbung langsam einzubremsen und den Worten eher Taten folgen zu lassen.

Ich kann mich noch an die Zeit erinnern – das ist schon sehr lange her –, als ich einmal das Vergnügen hatte, mit einem Verkehrsminister diskutieren zu dürfen. Das war 1974. Da hat mich der damalige Verkehrsminister Erwin Lanc darüber informiert, daß die künftige Politik der Bundesregierung nur sein kann, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Warum Sie das jetzt, 1999, noch immer versuchen, das zu verstehen, überlasse ich Ihnen und all jenen, die damit zu tun haben. Man sollte prüfen, was denn in der Zwischenzeit passiert ist.

Der derzeitige, vor kurzem nominierte Vorstandsdirektor der ÖIAG, der ehemalige Verkehrsminister Rudi Streicher hat ja auch einmal einen Streich gespielt und gemeint, jetzt gehen wir es im Austrotakt an, und hat all das, was bisher im Ressort in Richtung Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene geplant war, zertrümmert und hat leere Personenzüge im Stundentakt durch Österreich fahren lassen.

Jetzt gibt es eine andere Strategie, die nicht wirklich greift, aber gerade deswegen bewerben Sie sie anscheinend umso stärker. Ich glaube aber nicht, daß wir das hier diskutieren sollten, ich versuche das nur etwas kritisch anzumerken. Ich denke, ein weiterer Redner meiner Fraktion wird noch darauf zu sprechen kommen.

Ich versuche, mich auf ein anderes Gebiet zu konzentrieren und hätte dazu einige Fragen an den Ressortminister. Über diesen Bereich hört man relativ wenig, aber ich glaube, daß wir dem künftig ein wenig mehr Augenmerk schenken sollten.

Wir stehen am Beginn der Urlaubssaison und der Hauptverkehrs- und Urlaubszeit. Dabei sind wir mit den Zuständen bei der heimischen Luftfahrt – da ist es nicht ganz so dramatisch –, aber auch der europäischen und der internationalen Luftfahrt konfrontiert. Dabei müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß oft ungeheure Verzögerungen und Verspätungen eintreten, die natürlich für jeden einzelnen Reisenden alles andere als erfreulich sind.

Diese Situation hat auch ihre Ursachen, dafür gibt es entsprechenden Gründe. Mich würde nun interessieren, was der zuständige Ressortminister dagegen zu tun gedenkt, was er an Vorschlägen innerhalb der Europäischen Union als Input einbringt, damit entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, um diese Staus und diese Überlastung im Flugverkehr abzubauen.


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Das sollte einerseits im nationalen Bereich Maßnahmen nach sich ziehen, und es müßte aus meiner Sicht auch im europäischen Bereich eine gewisse Bereitschaft dafür geben, Zugeständnisse zu machen.

In diesem Zusammenhang würde mich sehr interessieren, welche Maßnahmen hier geplant sind, denn diese Staus, die da auftreten, sind, wie ich meine, unerträglich. Sie sind auch bereits eine Frage der Sicherheit und der Umweltbelastung geworden. Daher wundere ich mich ja darüber, daß man außer den erwähnten Werbespots eigentlich nicht viel vom zuständigen Verkehrsminister hört.

Wenn man sich die Veränderungen und die diversen Allianzen auf dem internationalen Flugsektor anschaut, dann stellt sich auch die Frage: Wie stellt sich Österreich dazu, nachdem etwa vor kurzem bekannt wurde, daß sich zwischen der Delta Air und der Air France eine Allianz anbahnt? – Das ist, wenn Sie so wollen, schon eher eine globale Allianz. Wie sieht das der österreichische Verkehrsminister und welche Überlegungen und Vorschläge hat er in dieser Frage?

Wir sind inzwischen Gott sei Dank so weit, daß der Einfluß der öffentlichen Hand im österreichischen Flugwesen zurückgedrängt wurde, was die Anteile am Kapital anbelangt, welche auf unter 40 Prozent gesunken sind oder sinken werden.

Das heißt, es ist nicht mehr möglich, so einzugreifen wie früher, aber trotzdem möglich, Vorschläge zu machen, zu helfen oder Allianzen zu finden, die für die Austrian Airlines jene zukunftssichere Situation schafft, die notwendig ist.

All das sind Fragen, die ich im Rahmen dieser Debatte an den Ressortminister stellen möchte, weil ich glaube, daß sie wichtig sind. Ich möchte damit auch ein bißchen herunterkommen von der werblichen, kommunikativen Seite zu den wirklichen Fakten, und bin schon sehr neugierig auf das, was ich da hören werde. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

18.22

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herbert Thumpser das Wort.

18.22

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein paar Sätze zum Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz. Ich denke, daß es dadurch nun eine eigenständige, unabhängige Untersuchungsstelle gibt, die effiziente Untersuchungsverfahren durchführen kann. Mit dieser jetzt zu beschließenden Vorlage kommt es nicht nur zu einer Verbesserung in diesem Bereich, sondern auch zu einer allgemeinen Verbesserung für die österreichischen Flugsportler, vor allem was die sogenannten Selbstkostenanteile betrifft: Selbstkostenregelungen, wie wir sie in anderen Bereichen schon kennen. Diese Regelung war oder ist nicht nur unser Wunsch, sondern auch der Wunsch von 17 000 Flugsportlern in Österreich.

Zum zweiten: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vom Kollegen Weilharter wurde schon angesprochen (Bundesrat Weilharter ist dabei, den Saal zu verlassen, kommt aber, als er seinen Namen hört, noch einmal zurück) – sonst warte ich gern ein bisserl! (Heiterkeit)  –, daß es leider nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa Anlaßfälle gegeben hat, die meiner Meinung nach offensichtlich machen, daß Gefahrguttransporte mit LKWs ein immer größeres Risiko darstellen.

Unfälle sind selbst mit den schärfsten gesetzlichen Maßnahmen nie völlig auszuschließen. Ich habe mir auch erlaubt, da hier so gern aus Zeitungen zitiert wird, die Seite 9 der heutigen Ausgabe des "Kurier" mitzubringen. Darin heißt es – ich zitiere –: "Schrott-Lkw machen Straße unsicher". Ein kurzer Auszug aus diesem Artikel und der Aussage eines Verkehrspolizisten: "Eigentlich grenzt es an ein Wunder, daß es nicht noch mehr schwere Unfälle mit Lkw auf den heimischen Straßen gibt. Denn praktisch jedes Schwerfahrzeug hat heute zumindest einen schweren Mangel." – Und weiter heißt es: "Ein 7,5-Tonnen-Lkw mit explosiven Gasflaschen an


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Bord wurde schon zu Beginn aus dem Verkehr gezogen. Die Ladung war nicht als Gefahrgut deklariert, die Flaschen waren nur lose – in Klammern: Rufzeichen – auf der Ladefläche gelagert." – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, daß wir als Politiker vor allem drei Dinge tun müssen. Punkt eins: Alles dafür zu unternehmen, daß die Anzahl der Gefahrguttransporte auf der Straße möglichst eingedämmt wird, und wenn sie trotzdem durchgeführt werden, alle Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, für den Fall, daß es zu einem Unfall kommt. Punkt zwei: Alles zu unternehmen, um den größtmöglichen Teil des LKW-Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu bringen.

Im Zusammenhang damit möchte ich auf die Statistiken verweisen, die Kollege Wilfing heute früh angeführt hat, besonders was die Zunahme des LKW-Verkehrs auf Österreichs Straßen in den letzten zwölf Jahren anlangt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, gerade das ist eine Frage, die uns beschäftigen muß, weil alle Prognosen in diesem Bereich für die Zukunft besagen, daß derartige Zuwachsraten beim LKW auch in Zukunft zu erwarten sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum dritten Punkt, den Kollege Weilharter leider nicht aufgezählt hat, der aber meiner Meinung nach einer der wichtigsten, wenn nicht überhaupt der wichtigste ist: Wir müssen alles dafür tun, daß jene Leute, die diese LKWs steuern, unter menschenwürdigen Bedingungen unterwegs sind, und zwar nicht nur, was die Bezahlung anbelangt – viele von Ihnen haben die Diskussion darüber in den letzten Wochen und Monaten miterlebt –, sondern auch, was die Rahmenbedingungen anbelangt.

Liebe KollegInnen! Ich möchte nur ganz kurz aus einer aktuellen Wochenzeitschrift zitieren. Unter der Überschrift "Schlafende Riesen" beginnt ein Artikel mit den Worten: "Fünf Red Bull, und es geht schon. Der Schlaf ist ein Feind. 28 000 Kilometer in einem Monat habe er geschafft, behauptet der junge Wilde mit den 350 PS unter dem Hintern." – Und in einem weiteren Absatz – dieser hätte den Kollegen Maier betroffen, der gerade den Saal verläßt – heißt es: "Wenn du zehn verschiedene Firmen" – gemeint sind Transportunternehmungen – "hernimmst, dann hast du zehn verschiedene Lohnsysteme, meint der Betroffene. Gemeinsam ist allen zehn eines gleich: daß sie die Fahrer unter Druck setzen." – Ende des Zitates.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, daß wir gerade in diesem Bereich für die Menschen, für jene Personen, die diese LKWs fahren, auch die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen müssen. Gerade deshalb meine ich auch, daß wir versuchen sollten, Gefahrguttransporte, soweit es möglich ist, auf die Schiene zu bringen, vor allem dann, wenn es sich um Transitverkehr handelt und wenn es parallel zur Straße eine gut ausgebaute Infrastruktur bei der Bahn gibt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte als Betroffener, als Niederösterreicher, der aus dem Bezirk Lilienfeld stammt, ein Beispiel anführen. Unser Bezirk grenzt an die Obersteiermark an. Es hat in den letzten Jahren in der Obersteiermark ein für den Individualverkehr gutes, aber für den LKW mißbräuchlich verwendetes Ausbauprogramm für die Straßen gegeben, was dazu geführt hat, daß jetzt viele LKWs nicht mehr die A 2, die A 21 oder die A 1 verwenden, sondern über Mürzsteg, das Gschaid und Lilienfeld nach St. Pölten auf die A 21 fahren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist für ein Gebiet, das zu einem Großteil vom Tourismus lebt, ein Wahnsinn, ständig und permanent mit derartigen Zuwachsraten im LKW-Verkehr leben zu müssen. Sehr geehrter Herr Minister! Ich bitte Sie, zu prüfen, ob man diesbezüglich vielleicht eine ähnliche Regelung anstreben könnte, wie es sie in Niederösterreich auf der B 18 schon gibt, nämlich ein LKW-Transitfahrverbot zu verhängen. – Ich betone dabei das Wort "Transit".

Dieses Transitfahrverbot würde nicht jene Betriebe betreffen, die innerhalb dieses Bundesstraßengebietes oder in den angrenzenden Bezirken angesiedelt sind, sondern würde jene Frächter und jene LKW-Fahrer betreffen, die diese Route – sie ist nämlich um rund 70 Kilometer kürzer als der Weg über die Autobahnen – als Abkürzung nehmen.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Sozialdemokraten werden diesen drei Vorlagen, die hier vor uns liegen, unsere Zustimmung geben. Ich möchte mit der Hoffnung schließen, daß wir in Zukunft nicht mehr oder nicht nur über Gefahrgüter diskutieren, sondern daß wir, wenn wir schon über Gefahrguttransporte sprechen, auch über die Menschen reden, die diese Transporte durchführen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Christof Neuner. – Bitte, Herr Bundesrat.

18.30

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Werter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte in meinem Debattenbeitrag zuerst kurz auf das Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz eingehen. Wir stimmen dem Gesetz zu, weil es ein unproblematisches Gesetz zu sein scheint, in dem die Gesetzeslage nicht unbedingt nur nachhinkt, sondern eine vorausschauende Komponente hat. Ich meine damit den Umstand, daß in Zukunft auch eine Untersuchung schwerer Störfälle stattfinden kann, wenn sich ein Unfall beinahe unter bestimmten Prämissen ereignet hätte.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß in beiden österreichischen Luftfahrunternehmen bei den Piloten und beim anderen fliegenden Personal große Unzufriedenheit herrscht, weil die Arbeitszeiten des fliegenden Personals im Grunde genommen gesetzlich nicht ausreichend geregelt sind.

Mir ist auch wichtig zu erwähnen, daß es erhebliche Verbesserungen für den österreichischen Flugsport geben wird. Dies hat auch für den österreichischen Tourismus positive Auswirkungen.

Der zweite Punkt, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz, ist offenbar nur eine kleine Novelle. Es müßte dieses Gesetz in seinen Grundzügen neu gestaltet werden. Zum Beispiel sollten Gastwirte, insbesondere nach der 0,5 Promille-Regelung, die Möglichkeit bekommen, für ihre Gäste etwa Leistungen im Bereich des Transportes anzubieten.

Meine Damen und Herren! Letzter Punkt: Gefahrgutbeförderungsgesetz. Diesem Gesetz werden wir Freiheitliche nicht zustimmen. Eines der Grundprobleme bei der Gefahrgutbeförderung ist die Kontrolle. Man kann sehr wohl verlangen, daß man am Wochenende nicht mehr fahren darf, aber es gibt zuwenig Anhaltespuren, zuwenig Parkspuren und zuwenig Personal, um Kontrollen in jenem Umfang, in welchem sie nötig sind, auch durchzuführen.

Die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung haben die mangelnde Infrastruktur und zu erwartende Nachteile für die Wirtschaft bemängelt. Es gibt überhaupt viele Presseaussendungen zu diesem Thema.

Eine Presseaussendung von heute lautet beispielsweise folgendermaßen: Landeshauptleute kritisieren LKW-Ferienreiseverordnung – im Auftrag des Tiroler Landeshauptmanns Wendelin Weingartner.

Ich zitiere nun aus einer Presseaussendung von gestern: Auch Häupl kritisiert LKW-Ferienreiseverordnung.

Da kann man eigentlich fast keine Argumente mehr finden, warum man auch dagegen sein muß.

Ich zitiere weiter: Kritik an der LKW-Ferienreiseverordnung kam auch vom Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Häupl. Er bemängelte in einem am Dienstag datierten Schreiben an Verkehrsminister Caspar Einem, daß die Verordnung ohne Begutachtungsverfahren erfolgt sei. Eine derartige Vorgangsweise müsse er aus grundsätzlichen Überlegungen strikt ablehnen. Den Ländern und der betroffenen Wirtschaft sei es unmöglich gewesen, Bedenken geltend zu machen. Im Interesse einer reibungslosen Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern darf ich ersuchen, in Zukunft legistische Maßnahmen nicht ohne besondere Begut


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achtungsverfahren durch die Länder und die Kammern vorzunehmen, schrieb Häupl. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.34

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Johann Ledolter. – Bitte, Herr Bundesrat.

18.34

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Verkehrsminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als unüberlegten Schnellschuß, als anlaßbezogenen Gesetzespfusch, als eine Ho-ruck-Gesetzgebung, mit der Einem weit übers Ziel hinaus schießt, so haben Wirtschaftskreise die überfallsartig verhängte Ausdehnung des Fahrverbots für Gefahrgutbeförderung vom 15. Juni bis 15. September bezeichnet. Dieses Verbot bestand bisher nur vom 1. 7. bis 31. 8. im Rahmen der sogenannten Ferienreiseverordnung. Dies hat für heftige Proteste der österreichischen Wirtschaft gesorgt und nicht nur in Wirtschaftskreisen, sondern auch bei den Frächtern und bei jenen, die die Nahversorgung, die die Versorgung mit den Gütern des täglichen Bedarfes, aufrechterhalten, Kritik hervorgerufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Eckpunkte dieser anlaßbezogenen Gesetzgebung, die, wie schon mein Vorredner kritisiert hat, auch nicht im normalen Modus der Verordnungserlassung durchgeführt wurde, sind zum einen der Umstand, daß die Versorgung dadurch gefährdet wird, daß Gefahrguttransporte von Freitag 8 Uhr früh bis Sonntag 22 Uhr auf allen wichtigen Autobahnen und Durchzugsstraßen nicht mehr durchgeführt werden dürfen, und zum anderen die Tatsache, daß auch der normale LKW bereits ab Samstag 8 Uhr das ganze Wochenende über keine Transporte erledigen darf. Daß diese Zusammendrängung der Gefahrguttransporte auf nur vier Tage natürlich auch dazu führt, daß es eine wesentlich dichtere Abfolge dieser Transporte gibt, ja geben muß, liegt auf der Hand. Es wird damit auch eine wesentliche Beeinträchtigung des Straßenbaus mitverursacht, weil letztendlich auch die bituminösen und die Asphaltprodukte, die für den Straßenbau verwendet werden, unter diese Verordnung fallen.

Darüber hinaus ist auch die Treibstoffversorgung eingeschränkt, weil von Freitag 8 Uhr bis 22 Uhr am Sonntag auch keine Tankstellenversorgungen stattfinden dürfen.

Letztendlich, meine Damen und Herren, gibt es noch eine Reihe anderer Wirtschaftsgüter, die durchaus notwendig sind, aber unter diese Gefahrgutdefinition fallen. Die unverzichtbare Gefahrgutbeförderung wird somit vom höherrangigen auf das niederrangige Straßennetz verdrängt und birgt dort noch ein wesentlich höheres Gefahrenpotential.

Das Ganze wird noch garniert mit einer Überlegung betreffend ein generelles Überholverbot für LKWs, was die Frächter natürlich besonders auf die Palme bringt und insgesamt recht deutlich den Irrweg veranschaulicht, der letztendlich darin gipfelt, daß man meint, geschätzter Herr Minister, durch eine Verteuerung des Straßentransportes in einem unerträglichen Ausmaß und durch eine Erschwerung und Verbürokratisierung dieses Transportweges letztendlich eine Verlagerung auf die Schiene und zur Bahn hin erreichen zu können. Das wäre an sich noch nicht so problematisch, wenn man es aber gegen jene Maßnahmen hinterlegt, die bei der Bahn zutreffen und derzeit durchgeführt werden, dann sieht man, daß es so absolut nicht funktionieren kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Denn: Wie ist das Erscheinungsbild der Bahn in der Öffentlichkeit? Wie beurteilen die Wirtschaft, die Auftraggeber, die potentiellen Kunden diese Bahn? – Als zu kompliziert, zu langsam, zu ineffizient, unverlässlich, inkompetent und letztendlich auch relativ teuer.

Herr Verkehrsminister! Mit noch so schönen Szenarien und bunten Bildern und einer oft ans Grenzdebile heranreichenden Werbung wird es nicht möglich sein, darüber hinwegzutäuschen, daß im Bereich der Bahn konkrete Maßnahmen fehlen. Es nützt nichts, auf der einen Seite die LKW-Unternehmer zu Feindbildern hochzustilisieren, ihnen Schwierigkeiten zu machen und auf der anderen Seite ihnen keine Alternativen anzubieten.


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Denn: Die Bahn – und das wissen Sie sehr genau, Herr Verkehrsminister – ist selber im Begriff, ein großer Frächter, ein großer Spediteur, aber ein solcher auf der Straße, zu werden. Die ganze Logistik dieses Unternehmens kulminiert zum Beispiel im Fall Niederösterreich in der Überlegung, daß im großen und ganzen nur fünf Knotenpunkte von der Bahn angefahren werden und daß ein Mödlinger, der meint, per Bahn Expreßgut zugestellt zu bekommen, dieses per Bahn, per Schiene nach Wiener Neustadt geliefert bekommt und von dort mit dem LKW nach Mödling überstellt bekommt.

Die Zuwächse, mit denen die Bahn immer zu argumentieren versucht, gibt es in der Regel nur dort – auch nach einem Jahrzehnt der Reformen und der Bemühungen –, wo die Bahn selbst als Frächter auf der Straße auftritt. Letztendlich geht es ja auch um eine gewisse Produktwahrheit: daß man nicht immer nur davon reden kann, daß die Schiene beworben, aber die Straße benützt wird.

Ich fordere Sie daher auf, Herr Verkehrsminister, in Zukunft konstruktive Verkehrspolitik statt Frächterdiskriminierung zu machen. Ich fordere Sie auf, dafür zu sorgen, daß bei der Bahn Wirtschaftlichkeitsdenken und Kostenbewußtsein sowie verantwortungsbewußter Umgang mit Steuermitteln einkehren.

Ich möchte noch einmal daran erinnern und an Sie appellieren, daß Sie nicht einem Propagandaministerium vorstehen, wie man manchmal den Eindruck hat, sondern einem Verkehrsministerium. Genau in diesem Sinne geben wir schweren Herzens, aber doch dieser vorliegenden Gesetzesmaterie die Zustimmung – in der Erwartung, daß es in Zukunft auch besser werden möge! (Beifall bei der ÖVP.)

18.40

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Eduard Mainoni. Ich erteile ihm das Wort.

18.40

Bundesrat Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gerade die Vorlage des Flugunfall-Untersuchungs-Gesetzes ist eine Gesetzesmaterie, die mir sehr am Herzen liegt, da ich selbst Pilot bin. Ich hatte Gott sei Dank selbst noch nie einen Flugunfall, mußte jedoch einige Freunde durch Flugunfälle verlieren.

Dieses Gesetz ist deshalb so wichtig, weil uns jede Untersuchung eines Flugunfalles die Chance gibt, in Zukunft weitere Flugunfälle zu vermeiden. Die Luftfahrt ist eben eine Form der Fortbewegung, die um vieles gefährlicher ist als der andere Verkehr und bei der man um vieles genauer und präziser agieren muß als beim Verkehr auf der Erde.

Es ist vor allem positiv, daß es sich bei diesem Gesetz um keine Anlaßgesetzgebung handelt, das heißt, daß erst ein Unfall hat passieren müssen, damit man draufgekommen ist, daß es möglicherweise durch die Kompetenz in einer Hand zu Schwierigkeiten kommt. Dieses Gesetz ist eine vorausschauende Maßnahme des Gesetzgebers. Insbesondere wichtig ist die Trennung – mein Kollege Neuner hat schon darauf hingewiesen – der nationalen Luftfahrtbehörde, die die Lufttüchtigkeit, die Zulassung, den Flugbetrieb und so weiter prüft, und der Flugunfall-Kommission, weil es im Extremfall dazu kommen kann, daß gerade jene Behörde, die für Lufttüchtigkeit, Zulassung und so weiter zuständig ist, einen Flugunfall zu untersuchen hat, der möglicherweise auf Fahrlässigkeit derselben Behörde beruht. Deshalb ist diese Trennung sehr wichtig.

Noch ein sehr wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist der Umstand, daß auch bereits schwere Störungen untersucht werden. Auch das ist eine Chance, Flugunfälle in Zukunft zu vermeiden, indem schwere Störungen wie zum Beispiel Beinahezusammenstöße untersucht werden. Die meisten Flugunfälle sind nur auf Fahrlässigkeit zurückzuführen. Da gibt es keinen Vorsatz, sondern es ist wirklich Fahrlässigkeit die Ursache dafür. Die Luftfahrt ist, wie ich bereits erwähnt habe, eine doch sehr komplexe und nicht ungefährliche Sache. Deshalb ist die Präventivmaßnahme, schwere Störungen zu untersuchen, sehr sinnvoll. Daß die Ausstellung eines


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Zulassungsscheines entfallen soll, ist tatsächlich noch dazu ein Bürokratieabbau, der zu begrüßen ist.

Die Änderung des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes – der nächste Tagesordnungspunkt – stellt eine aus unserer Sicht geringfügige EU-Anpassung dar, gegen die sicher nichts einzuwenden ist. Diese Gelegenheit sollte aber doch genützt werden, kurz über das Thema der Qualität unserer Taxilenker hinsichtlich Deutsch- und Geographiekenntnisse zu sprechen.

Ich will nicht polemisieren, ich darf nur darauf aufmerksam machen – und ich hoffe, Sie teilen meine Ansicht –, daß die Organisation und die Qualität von Taxibetrieben in einer Stadt doch eine Art Visitenkarte für Touristen sind, die in eine Stadt kommen.

Ich weiß nicht, ob Sie das auch schon erlebt haben: In New York zum Beispiel wird einem beschieden, daß es einen eigens angestellten Mann gibt, der einem sagt, wieviel man zu bezahlen hat und daß man darüber hinaus nicht mehr bezahlen muß. Das heißt, da wird der Fahrgast offensichtlich vor dem Taxichauffeur geschützt.

Wer nach Istanbul fährt, kann vorher im Polyglott- oder Dumont-Reiseführer erfahren, daß man den Preis vorher ausmachen sollte (Bundesrätin Kainz: In Rom!)  – auch in Rom, wie die Kollegin die Erfahrung gemacht hat –, weil man sonst sein blaues Wunder erlebt.

In Wien ist mir folgendes passiert – es mag wirklich ein Einzelfall sein und soll nicht symptomatisch sein; ich habe auch einen Zeugen dafür –: Gegen 22 Uhr habe ich von einem Hotel aus ein Taxi gerufen und wollte in ein Kaffeehaus eines Museums fahren. Der Taxilenker fuhr schon sehr zögerlich an, als ich das Fahrziel nannte, und nach einigen Minuten – ich selbst bin bis heute nicht sehr kundig in Wien und war damals noch weniger kundig – sagte mir der Fahrer: Nicht wissen wohin! Ich fragte ihn dann: Was sollen wir jetzt machen?, worauf er umständlich eine Straßenkarte von Wien herausgekramt und mich gebeten hat, daß ich ihm zeigen soll, wo das sei. Das konnte ich nicht, worauf er mir das Mikrophon in die Hand drückte, das ihn offensichtlich mit seiner Taxizentrale verband, und mich bat, mit der Taxizentrale direkt Kontakt aufzunehmen. (Ruf bei der SPÖ: Vielleicht hat er Sie nicht verstanden?) So gelang es mir, mit dem Fahrzeuglenker, mit dem Mikrophon und der Straßenkarte das Ziel zu finden. (Bundesrätin Kainz: Aber er war höflich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt, das mag ein Einzelfall sein, aber es ist eben ein Problem, und ich möchte schon darauf hingewiesen haben. Ich bin aber, nachdem ich ermahnt werde, wieder zur Sache zu kommen, nun gerne bereit, zum dritten Punkt, einem sehr wichtigen, und zwar dem Gefahrgutbeförderungsgesetz zu kommen.

Diese Gesetzesmaterie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist durch das Inferno im Tauerntunnel in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses getreten. (Unruhe im Saal.)

Es freut mich außerordentlich, daß ich durch meine Taxigeschichte offensichtlich rege Dispute hervorrufen konnte (Bundesrat Konecny: Wir erzählen uns jetzt alle unsere Geschichten!), ich ersuche Sie aber wegen der Wichtigkeit der Gesetzesmaterie, die wir jetzt behandeln, um Ihre Aufmerksamkeit.

Ich möchte Sie, sehr geehrter Herr Minister, nun auf etwas Besonderes aufmerksam machen – das hat nicht direkt mit dem vorliegenden Gesetzestext etwas zu tun, sondern ist, wie von Vorrednern bereits erwähnt wurde, mit dieser Gesetzesmaterie verwandt –, und zwar auf die Beschränkung für Gefahrgutfahrzeuge beim Befahren von Autobahntunnels mit Gegenverkehr.

Im Land Salzburg tut sich da etwas, was vom Gesetzgeber sicher nicht gewünscht wurde und wird. Eine ORF-Meldung dazu: "Entlang des Ofenauer Tunnels" – das ist der erste Tunnel, der entlang der Tauern Autobahn Richtung Süden führt – "stehen wie Wegelagerer Kleinstunternehmen, um Begleitfahrten für Gefahrtransporte anbieten zu können, und verlangen bis zu 700 S für die paar Kilometer entlang dieses Tunnels, wo es auch einen Gegenverkehr gibt."


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Die zuständige Landesrätin Gabriele Burgstaller zeigte sich gegenüber dem ORF über diese Umstände und darüber, was da an Auswüchsen herrscht, auch erschüttert. Es kann nicht Sinn des Gesetzgebers sein, daß heute in Goldgräber-Mentalität, wie es der ORF in seinem Radio-Interview tituliert hat, Wegelagerer nur darauf schauen, daß sie Geld kassieren, und eigentlich dem Zweck der Gesetzesnorm überhaupt nicht Genüge tun. Es wird in vielen Fällen nur ein Gelblicht auf das Autodach gestellt, manche fahren sogar mit Motorrädern hinterher und kassieren dafür Unsummen von den LKW-Fahrern. Im Extremfall ist es sogar soweit gekommen, daß Gefahrguttransporte im Konvoi fahren – in Mißinterpretation dieser Norm.

Herr Bundesminister! Ich kann Sie nur ersuchen, doch dafür zu sorgen, daß Durchführungsbestimmungen das so präzisieren, daß diese Gesetzesnorm, die zweifellos zur Erhöhung der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer dienen sollte, auch diesen Zweck erfüllt und nicht dazu dient, daß einige Wegelagerer, im übertriebenen Sinn gesprochen, dafür sorgen... (Bundesrat Schöls: Das ist eine Diskriminierung eines Beamten, den Sie als Wegelagerer bezeichnen! Denken Sie nach, was Sie sagen! Die haben das nicht verdient, daß sie sich von Ihnen diskriminieren lassen! Sie erfüllen die Gesetze! – Präsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege! Ich habe schon einmal gesagt: Wir sind nicht in der Löwingerbühne, und Sie sind auch nicht Paul Löwinger. Deshalb bleiben wir bei der Sache, würde ich vorschlagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf abschließend noch einmal ersuchen, diese Normierung mit Leben zu erfüllen, damit der Zweck der Gesetzesnorm erfüllt wird. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.49

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem erteile ich Herrn Bundesminister Dr. Caspar Einem das Wort. – Bitte.

18.49

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Danke, Herr Präsident! – Hoher Bundesrat! Lassen Sie mich zu einigen der angesprochenen Fragen ein paar kurze Anmerkungen machen, und zwar zunächst zu der am lebhaftesten diskutierten Ferienreiseverordnung und ihrer zeitlichen Ausdehnung und dem Mangel an Begutachtung und all diesen Dingen.

Hoher Bundesrat! Ich möchte mich eigentlich schon fragen, was Sie mir vorwerfen würden, wenn ich aus Anlaß der Tatsache, daß der Tauerntunnel die nächsten Monate gesperrt ist und daß wir doch damit rechnen müssen, daß ein gewisser Urlauberreiseverkehr durch das Land kommen wird – glücklicherweise werden auch etliche dieser Urlauber nach Österreich fahren und nicht alle nur durch Österreich –, wenn ich aus Anlaß der Verdichtung des Verkehrs auf den verbliebenen offenen Strecken nichts gemacht hätte. Sie hätten völlig zu Recht kritisiert, was das für ein Verkehrsminister ist, der auf eine solche Verschärfung der objektiven Situation auf Österreichs Straßen nicht reagiert.

Auf die erste Frage, warum ich so schnell die Ferienreiseverordnung erlassen habe, warum ich nicht vorher alle, die gerne gefragt worden wären, gefragt habe, ist die Antwort relativ einfach: Weil am 18. Juni in Nordrhein-Westfalen Ferienbeginn war, und weil wir damit rechnen mußten, daß das das erste stärkere Urlaubertransitwochenende sein würde. Es ist daher darum gegangen, jene Maßnahmen zu ergreifen, die auch in den vergangenen Jahren – wenn auch etwas später, aber da war auch der Tauerntunnel nicht gesperrt – ergriffen worden sind, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.

Natürlich macht es Sinn, den LKW-Güterverkehr und den Touristenverkehr an den haupttouristischen Durchzugswochenenden zu trennen, um dadurch nicht nur die freien Verkehrsflächen ausschließlich den PKW zur Verfügung zu stellen, sondern auch das Risiko auf Österreichs Straßen zu reduzieren.


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Die Erfahrung hat bewiesen, daß das eine vernünftige Lösung ist. Die Ferienreiseverordnung gibt es seit 1993. Wir haben heuer aufgrund der besonderen Situation früher reagiert und haben daher vorher nicht alle gefragt, und ich denke, das war auch richtig so.

Die Hauptkritik richtet sich ja gegen etwas anderes, nämlich gegen die Tatsache, daß wir zugleich auch den Gefahrguttransport ab Freitag in der Früh reduziert haben. Es wird hier dagegen von manchen Rednern, die heute hier gesprochen haben, eingewendet, daß das Hauptproblem erstens darin bestehe, daß dadurch eine unglaubliche Verdichtung der Gefahrguttransporte an den übrigen vier Tagen stattfindet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gefahrguttransporte machen tatsächlich nach deutschen Zahlen und auf deutschen Strecken 16 Prozent aus. Sie sind in Österreich etwas geringer; sie liegen bei uns bei 5 bis 10 Prozent der Gütertransporte auf der Straße, und die dramatische Verdichtung, die durch eine Reduktion auf vier Tage erfolgt, hält sich in der Tat in Grenzen. Das ist verträglich.

Es geht nun darum, deutlich auf eine Tatsache zu reagieren, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte, nämlich die Tatsache, daß wir ab Freitag vormittag ein deutliches Ansteigen des Unfallgeschehens auf Österreichs Straßen mit LKW-Beteiligung haben, und mir geht es darum, und das muß ich mit aller Deutlichkeit sagen, hier primär Sicherheitsinteressen zu verfolgen. Die Gefahrguttransporte heißen deswegen Gefahrguttransporte, weil von ihnen prinzipiell ein besonderes Risiko ausgeht, und das, worum es mir gegangen ist, war, zu dem Zeitpunkt, in dem eine Verdichtung des Verkehrs und eine Häufung des Unfallgeschehens mit LKW-Beteiligung zu befürchten ist, dieses Risiko so gering wie möglich zu halten.

Es ist auch eingewendet worden, daß die Versorgungssituation dadurch schwierig geworden sei. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beispiele dafür, wo sie wirklich schwierig geworden ist, gibt es bisher nicht. Es wird zwar allenthalben relativ laut geschrien und geklagt, aber natürlich habe ich mit den einschlägigen Branchen inzwischen durch die Bank Gespräche geführt, und wir sind weiter im Gespräch, weil ich natürlich insbesondere die Mineralölwirtschaft, weil diese 70 Prozent aller Gefahrguttransporte durchführt, eingeladen habe, mir zu sagen, wo Engpässe bestehen und welche Änderungen gegebenenfalls notwendig sind, um keine unnötigen Engpässe entstehen zu lassen.

Sie werden erstaunt sein, aber bis jetzt sind mir konkrete Vorschläge noch nicht zugekommen, und ich habe das erste Gespräch mit dem Fachverband der Erdölindustrie am 18. Juni geführt. Das war der Tag, an dem diese Maßnahme erstmals in Kraft getreten ist, und inzwischen ist doch schon einige Zeit vergangen.

Ich denke, wir sollten die Dinge nicht unnötig dramatisieren. Dort, wo es tatsächlich Engpässe gibt – und ich bestreite nicht, daß es durchaus welche geben kann –, gibt es Möglichkeiten einer Lösung. Das oberste Gebot, das wir jetzt verfolgen, ist, für einen sicheren Straßenverkehr zu sorgen, und das insbesondere auch in einer Zeit, in der wir wesentlich mehr touristischen Verkehr auf der Straße haben als sonst das Jahr über.

Lassen Sie mich zu einem zweiten Punkt, der angesprochen worden ist, kurz etwas sagen. Sie haben sich von mir gewünscht – mehrere Redner namentlich der ÖVP; es hat mich sowohl Herr Bundesrat Maier als auch Herr Bundesrat Ledolter darauf angesprochen –, ich sollte nicht so sehr ein Propagandaminister sein, sondern lieber ein Verkehrsminister, der ordentliche Verkehrspolitik macht.

Hoher Bundesrat! Sie finden mich genau in dieser Position, und ich bin gerne Verkehrsminister. Und ich denke, Herr Bundesrat Ledolter, gerade jemand, der im Glashaus sitzt, sollte nicht allzusehr mit Steinen werfen. Ich erinnere mich an Inserate Ihres Landeshauptmannes oder einer ganzen Reihe auch von Kollegen aus der Bundesregierung – sie haben nur eines gemeinsam: das ist die Fraktion –, die relativ viel Propaganda machen, eine Propaganda für ihre Gesichter.


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Ich mache Propaganda für Verkehrssicherheit, etwa mit "Brems dich ein", oder für eine vernünftige Verlagerungspolitik, und nicht primär für mich. Ich glaube, das ist ein kleiner Unterschied, und das liegt auch in meiner Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zu den Fragen, die Herr Bundesrat Maier an mich gestellt hat – jetzt ist er wieder da –, auch antworten, weil er hat gesagt, er würde sich so sehr dafür interessieren, was ich dazu sage. (Bundesrat Dr. Maier: Deshalb bin ich ja da!) Ja, ja! Sie sind da! Ich habe vorhin schon Sorge gehabt, daß Sie sich so sehr interessieren, daß Sie dann gleich gegangen sind.

Herr Bundesrat! Sie haben mich einerseits gefragt, was ich zur Flugverspätung und zu Maßnahmen gegen diese Flugverspätung zu sagen hätte, und Sie haben mich andererseits zum Thema Flugallianzen oder Luftverkehrsallianzen gefragt. Lassen Sie mich mit dem Flugverkehr beginnen, mit den Verspätungen.

Wir haben im letzten Verkehrsministerrat der Europäischen Union dieses Thema natürlich auf der Tagesordnung gehabt, denn das ist ja kein spezifisch österreichisches. Wir sind in Österreich ja noch relativ gut dran, aber wir sind natürlich mit in die Verspätungszusammenhänge einbezogen, die in Europa und auch im transatlantischen Verkehr entstehen.

Zur Frage, weshalb es dazu kommt. – Es gibt im Prinzip drei Ursachen, die dafür verantwortlich sind, die in etwa auch nach unserer Einschätzung gleichgewichtig dafür verantwortlich sind: Das eine ist, daß wir tatsächlich auf Engpaßfaktoren in der Luftverkehrskontrolle auflaufen. Da ist die Gesamtbemühung darauf gerichtet, zu einer stärker europäisch orientierten Luftverkehrskontrolle zu kommen und die sehr stark nationalstaatlich bestimmte durch eine europäische zu ersetzen. Das kann oder das könnte sowohl eine etwa EU-einheitliche mit einer Zentrale sein, es kann aber auch der Weg sein, den wir jetzt tatsächlich beschreiten, nämlich daß es im wesentlichen innerhalb der EU die Eurocontrol ist, und daß es etwa im mittel- und osteuropäischen Raum künftig, ab 2006, CEATS, also die zentraleuropäische Luftverkehrskontrolle ist.

Das ist ein Aspekt, an dem gearbeitet wird, denn uns ist klar, daß es zu Verbesserungen kommen muß.

Zweitens gibt es eine ganze Reihe von Ursachen, die in den Flughäfen gelegen sind, in der konkreten Organisation auf den Flughäfen, bei denen vielfach die Ablauforganisation ein pünktliches Starten und Landen nicht zuläßt. Das liegt sowohl an der Bautätigkeit als auch an Reparaturtätigkeiten. Denken Sie etwa an das Problem der Reparatur einer Piste in Schwechat, die sowohl zu Verspätungen als auch zu Fluglärmbelastungen im angrenzenden Raum beiträgt.

Da ist ein Teil der Verantwortung bei den Flughäfen zu suchen. Das Problem ist aber nur zum Teil wirklich bewältigbar bei zunehmendem Luftverkehr, und daß der in der Ferienspitzenzeit am stärksten ist, liegt auf der Hand.

Das dritte ist, daß es auch an den Luftverkehrsunternehmen selbst liegt, die zum Teil durch eine Dispositionsweise ihrer Fluggeräte dazu beitragen, daß die Verspätungen sich sozusagen akkumulieren. Es muß, auch wenn das Geschäft günstiger wäre, wenn man die allerdichteste Auslastungsform nimmt, ein Mindestpuffer zwischen den einzelnen An- und Abflügen gelegen sein, weil andernfalls überhaupt keine Fehlertoleranz da ist und diese Fehler sich dann potenzieren und fortschleppen. Es gilt auch da, zu einheitlicheren Standards in der Qualität des europäischen Luftverkehrs zu kommen, und das soll auch darüber hinaus gelten.

Dort, wo es um Sicherheit geht, sind wir auf diesem Sektor schon relativ weit. Dort, wo es um diese Fragen geht, ist es primär der Wettbewerb, der dazu beitragen muß, und sind es zum Teil Maßnahmen, die von dezentralen Einrichtungen zu treffen sind. Die relativ effizienten Steuerungsmöglichkeiten stehen uns im Bereich der Luftverkehrskontrolle und einer Zentralisierung auf europäischer Ebene zur Verfügung. Das wird auch vorangetrieben. Das ist Angelegenheit der europäischen Verkehrsminister, und darüber sind wir auch mit der Kommission vollkommen einig. (Bundesrat Dr. Maier: Und da sind Sie auch bereit dazu?) Und auch bereit dazu!


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Ein weiterer Punkt sind die Luftverkehrsallianzen. Dazu ist auch grundsätzlich etwas zu sagen. Erstens bin ich nicht Eigentümervertreter der AUA und ihrer Konzernunternehmen, und es ist daher nicht primär meine Sache, mich darum zu kümmern, mit wem sich die in ein Bett legen. Ich bin Verkehrsminister, und als Verkehrsminister – die Eigentümerfunktion wird im Finanzministerium, soweit sie beim Bund ist, wahrgenommen – habe ich zwei Interessen: Ich habe das Interesse, daß die Konsumenten optimal bedient werden, und daß es dabei auch einen fairen Wettbewerb gibt. Die Luftverkehrsallianzen, die sich in Europa gebildet haben, sind im wesentlichen eine Notmaßnahme – nach meiner Interpretation, nach unserer Interpretation –, eine Notmaßnahme der europäischen Luftverkehrsindustrie gegenüber den Open-Skies-Abkommen. Diese sind zwar für jeden einzelnen Staat eine wunderbare Sache, sie sind aber für die europäische Luftfahrtindustrie ruinös, weil sie den US-amerikanischen Luftfahrtunternehmen vollständige Freiheit in Europa einräumen, die die europäischen Luftfahrtunternehmen aufgrund der Nationalstruktur dieser Abkommen in den USA nicht haben.

Das führt dazu, daß sich auf europäischer Seite aus wirtschaftlichen Gründen Allianzen bilden müssen, weil sonst die europäischen Luftverkehrsunternehmen gegenüber den US-amerikanischen rettungslos ins Hintertreffen geraten würden.

Der Punkt ist also, sie müssen das tun. Das Problem ist nur: Wenn Sie am Sitz eines dieses Allianzbetreibers sind, wenn Sie in Kopenhagen oder in Frankfurt leben, dann beginnt sich der Wettbewerb in interessanten Destinationen zu verflüchtigen. Dort werden Sie im allgemeinen attraktive Verkehrsverbindungen über den Atlantik nur mehr mit der Allianz, die dort ihren Sitz hat, finden. Die Frage ist, ob das wirklich das Beste ist, was sich die Konsumenten wünschen könnten.

Wir haben daher auch auf europäischer Ebene eine sehr lebhafte Diskussion über die Frage, was wir eigentlich vorantreiben sollten. Ich kann Ihnen ganz offen sagen: Meine Position, die Position des österreichischen Verkehrsministers im Europäischen Verkehrsministerrat ist, daß wir für eine europäische Luftverkehrspolitik einzutreten haben, die gemeinsam die europäischen Interessen auch gegenüber den USA vertritt. Ich halte es für falsch, daß man erst die Allianzen knackt, wie das zum Teil von der Wettbewerbskommission versucht wird, und sich dann in einer hilflosen Situation den Amerikanern gegenübersieht. Ich halte es für richtig, der Europäischen Kommission ein Mandat zu geben, eine europäische Luftverkehrspolitik gegenüber den USA zu vertreten, dann aber Wettbewerbsmaßnahmen zu setzen, die dazu beitragen, daß der Kunde eine Wahl hat. Im allgemeinen zeigt die Erfahrung nämlich schon, daß die Konsumentenentscheidung unter Wettbewerbsbedingungen bessere Möglichkeiten, bessere Leistungen und vielfach auch günstigere Preise mit sich bringt. So gesehen sind wir hier in der Mitte eines europäischen Prozesses, der noch nicht zum Ende gekommen ist.

Lassen Sie mich ein Letztes zu Herrn Bundesrat Thumpser sagen, der mit Recht darauf hingewiesen hat, daß es eine ganze Reihe von Ausweichrouten auf Österreichs Straßen gibt, die zum Teil auch von Gefahrguttransporten, aber vor allem insgesamt vom Güterverkehr auf der Straße wahrgenommen werden. Natürlich hat er nicht nur als Mandatar, sondern auch als Bürgermeister in Traisen das Problem, daß es dort eben zu einer besonderen Belastung auf Bundesstraßen kommen kann.

Das Problem ist aber lösbar, allerdings ausschließlich auf Landesebene. Ich muß das zu manchen dieser Zurufe, die ich in den letzten Tagen auch bekommen habe, sagen: Die Länder sind es, denen die Vollziehung des Verkehrsrechts zukommt, und die Länder sind es, die auf den Bundesstraßen auch Fahrverbote oder andere Begrenzungen einführen können. Mir steht ausschließlich die Regelungskompetenz auf den Autobahnen zu, und dort nehme ich sie wahr.

Auch wenn das nicht alle gern haben, aber eines sollte ich abschließend auch noch zu den Überholverboten sagen. Herr Bundesrat Ledolter! Wir machen das alles nicht, um irgend jemanden zu "tratzen", und ich bin auch nicht so blauäugig, zu glauben, daß, wenn man die LKWs, wenn man die Frächter recht "schiach" behandelt, daß sie dann alle liebend gern auf die Bahn kommen. Ich bin kein Illusionist, aber wir haben sehr klare Daten aus Österreich und aus anderen Staaten. Wir haben beispielsweise auf der Unterinntalstrecke der Autobahn schon lange ein


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sehr langes, ein 15 Kilometer langes Überholverbot gehabt und haben in der Phase, in der das galt, gesehen, welch drastischen Rückgang es dort im Unfallgeschehen mit LKW-Beteiligung gegeben hat.

Das sind Argumente, an denen ein Verkehrsminister nicht vorbeikann.

Zu sagen, daß das die LKW-Betreiber so sehr belastet, halte ich ehrlich gesagt für ein nicht besonders starkes Argument. Wir haben ein Problem beseitigt, das seit Jahren kritisiert worden ist, daß nämlich LKW-Züge auf der Autobahn nur 70 km/h fahren dürfen und Sattelschlepper 80 km/h. Wir haben jetzt ein einheitliches Limit mit 80 Stundenkilometer geschaffen. Die neuen Fahrzeuge sind alle in der Lage, diese Geschwindigkeit zu fahren, und ob sie hintereinander fahren oder nebeneinander fahren: Sie können die PKW-Fahrer, Sie können die Masse der österreichischen Wähler und die Masse der Touristen fragen, was sie lieber hätten. Ich bin dafür, daß sie hintereinander fahren. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.04

Präsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Untersuchung von Unfällen und Störungen beim Betrieb ziviler Luftfahrzeuge (Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz) und mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorlie-genden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist angenommen.

31. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße –


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TGSt), das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1092/A und 1933/NR sowie 6002/BR der Beilagen)

Präsident Jürgen Weiss: Wir gelangen zum 31. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Wilhelm Grissemann übernommen. Ich bitte ihn dar-um.

Berichterstatter Wilhelm Grissemann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Wehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe Ihnen den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Verkehr über den Beschluß des Nationalrates vom 16. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden, zur Kenntnis.

Meine Damen und Herren! Der Bericht liegt Ihnen vor. Aus zeitökonomischen Gründen ersuche ich Sie, von einer Verlesung Abstand nehmen zu dürfen.

Ich bringe Ihnen den Ausschußantrag zur Kenntnis. Der Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Herr Präsident! Ich ersuche um Durchführung der Debatte und anschließende Abstimmung.

Präsident Jürgen Weiss: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Herr Bundesrat Ing. Walter Grasberger. Ich erteile es ihm.

19.08

Bundesrat Ing. Walter Grasberger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor ziemlich genau einem Jahr, nämlich am 2. Juli 1998, haben mein damaliger Kollege Bundesrat Rieser, unser Bundesrat Engelbert Schaufler und auch ich zusammen mit einigen Kollegen einen Antrag zur Novellierung des Führerscheingesetzes eingebracht. Heute freut es mich, hier von diesem Rednerpult aus ein zweites Mal sagen zu können – einmal habe ich es schon erwähnt, nämlich beim Blut-sicherheitsgesetz –, daß sehr wohl Initiativen des Bundesrates in die Gesetzgebung, in eine vom Nationalrat geplante Veränderung der Gesetzgebung einfließen können. Wenn wir es wollen, dann können wir es.

Auch in diesem Fall ist es gelungen, einen wesentlichen Punkt in einem Führerscheingesetz, das vom Nationalrat nicht zufriedenstellend beschlossen worden ist, abzuändern. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben nämlich – lassen Sie mich nur einen Punkt herausgreifen – damals festgestellt, daß mit dem B-Führerschein, also mit dem Auto-Führerschein, nur Anhänger gezogen werden dürfen, bei denen die Summe des höchstzulässigen Gesamtgewichtes von Zugfahrzeug und Anhänger 3 500 Kilogramm nicht übersteigt. Bei Übertretung dieser 3 500-Kilogramm-Gesamtgewichtsgrenze erfolgte der Entzug der Lenkerberechtigung über einen Zeitraum von drei Monaten.

Wir erachteten als Lösung dieses Problems, das natürlich vor allem Bauern betrifft, die Tiertransporte durchführen, einen erleichterten Zugang zur Kombination B plus E, also PKW-Führerschein plus Anhängerführerschein, und haben damals in unserer Arbeitsgruppe auch schon eine EU-Richtlinie herangezogen, die das ohne weiteres zuläßt. Wir haben Sie, sehr geehrter Herr


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Bundesminister, damals mittels dieses Antrages aufgefordert, die Fahrprüfungsverordnung entsprechend zu ändern, und wir haben, wie gesagt, heute die Möglichkeit, unter anderem diesen Punkt endgültig, so glaube ich, zufriedenstellend abschließen zu können.

Das, was ich jetzt angeschnitten habe, ist nicht zuletzt auch ein Beitrag zu einer tierfreundlicheren Transportbestimmung in unseren Bundesländern, weil die überwiegende Mehrheit der Tiertransporte mit PKW-Anhängern erfolgt, die die Gesamtgrenze von 3 500 Kilogramm PKW plus Anhänger entsprechend ausweisen.

Eine Anmerkung möchte ich noch machen – ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Verkehrsminister, daß Sie mir jetzt wirklich ein wenig Gehör schenken, wiewohl ich weiß, daß Kollege Meier Ihnen sicherlich auch etwas Wichtiges mitteilen möchte. Gerade, weil Sie heute schon einige Male gesagt haben, Sie fühlen sich als Verkehrsminister äußerst kompetent, möchte ich hier auch Ihre Kompetenz zum Tiertransportgesetz ansprechen.

Es geht um die Frage, wie die Bahn konkret Tiertransporte nach Friaul durchführen kann. Aufgrund der Tunnelkatastrophe war es so, daß der niederösterreichische Rinderzuchtverband geplant hat, alle Transporte von Rindern in unser Exportland Italien, in unseren Nachbarstaat Italien in Zukunft mit der Bahn abwickeln zu lassen. Insgesamt sind es etwa 30 000 Kälber, zirka 10 000 Stück Großvieh, die in Summe in Niederösterreich pro Jahr abgesetzt werden, und ein nicht unwesentlicher Teil davon geht in den Export. Es erging eine Anfrage an die Österreichischen Bundesbahnen, ob sie diese Transporte als Alternative zu den bestehenden LKW-Transporten abwickeln könnten.

Ich glaube, Herr Bundesminister, wir sind uns einig in der Frage, daß die Bahn grundsätzlich die tierfreundlichere Möglichkeit für Tiertransporte bieten würde. Nur wenn die Fakten so aussehen, daß der Tiertransport mit dem LKW in sechs Stunden von Niederösterreich nach Friaul erfolgen kann, mit der Bahn allerdings 30 Stunden dazu benötigt werden, dann ist die Bahn nicht mehr als tierfreundliche Möglichkeit anzusehen. Daher – ich spreche Sie nochmals direkt an, Herr Bundesminister – sind hier Taten zu setzen. Hier wären schon Taten zu setzen gewesen, und ich appelliere an Sie, die ÖBB direkt darauf anzusprechen. Das, was derzeit die Bahn in Sachen Tiertransporte leisten kann, ist zuwenig.

Die Volkspartei, meine Fraktion, wird dem Gesetzesbeschluß des Nationalrates die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.13

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ernst Winter. Ich erteile ihm das Wort.

19.13

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Grasberger! Ich glaube auch, daß das Führerscheingesetz ein gutes Gesetz geworden ist, du hast einiges dazu gesagt.

Nun aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Tiertransportgesetz, das den Transport von Schlachttieren regelt: Es ist, wie wir alle wissen, das strengste in Europa, vielleicht überhaupt das strengste auf der ganzen Welt. Um Tierleiden zu vermeiden, ist der Zeitraum des Transportes auf sechs Stunden beziehungsweise auf 130 Kilometer auf Autobahnen beschränkt, und es muß der nächstgelegene Schlachthof angefahren werden. Die EU-Richtlinie sieht eine längere Transportzeit, nämlich acht Stunden, vor, beim Einsatz von Spezialfahrzeugen und bei bestimmten Tierarten eine Transportzeit von bis zu 24 Stunden.

Wir wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß ein deutscher Kraftfahrer bestraft wurde, weil er länger als sechs Stunden unterwegs war, nämlich genau 23 Stunden. Er hat berufen, eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, und der Verwaltungsgerichtshof beantragte beim EuGH eine Vorentscheidung. Diese besagt, daß der Schutz der Gesundheit der Tiere auch durch weniger einschneidende Maßnahmen als durch die Verkürzung der Trans-


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portzeit erreicht werden kann. Unser nationales Gesetz schränke den freien Warenverkehr ein, und deshalb sei eine Aufhebung nötig. Österreich hatte deshalb Handlungsbedarf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetz ist aber auch sichergestellt, daß in Zukunft Überschreitungen der festgelegten Transportzeiten bestraft werden können. Meine Fraktion wird daher die Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.16

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Engelbert Weilharter. Ich erteile ihm das Wort.

19.16

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Die vorliegende Novelle – es wurde schon kurz angedeutet – hat natürlich auch ihre Ursache. Ursache ist ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes vom 11. Mai dieses Jahres. Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, daß § 5 Abs. 2 des Tiertransportgesetzes dem Gemeinschaftsrecht widerspricht. Weil das österreichische Tiertransportgesetz keine entsprechenden Strafbestimmungen im Hinblick auf die Tiertransportzeiten vorgesehen hat, ist diese Novelle notwendig. Das heißt, die europäische Richtlinie hätte in Summe nicht umgesetzt werden können. Es gilt daher, diese Strafbestimmungen einzuführen.

Interessant sind aber auch die Ausführungen des Kollegen Grasberger. Es ist richtig, daß die Landwirtschaft im Hinblick auf das Führerscheingesetz diese berechtigte Ausnahme verlangt. Das heißt, daß Tiertransporte mit dem B-Führerschein in Hinkunft durchgeführt werden können und nicht wie bisher den Besitz eines E-Führerscheines erfordern. Die Begründung hiefür im Bericht des Verkehrsausschusses ist schon interessant: Weil Landwirte in Hinkunft für landwirtschaftliche Tiertransporte, die das Gewicht von 3 500 Kilogramm Gesamtgewicht übersteigen, leichter zu einem E-Führerschein kommen sollen. Die Voraussetzung hiefür ist – das entnehme man der Begründung –, daß der Landwirt bereits drei Jahre lang im Besitz des Führerscheines der Klasse B und F ist. Das heißt also, wenn man das anders formuliert, daß Inhaber des B-Führerscheines in Hinkunft einen leichteren Zugang zum B-Führerschein haben werden.

Meine Damen und Herren! Hier handelt es sich wohl um eine Begründung, die nicht im Sinne des Antragstellers und nicht im Sinne der Bauern sein kann. Faktum ist, es wird in Hinkunft diese Erleichterung geben, aber ich würde Sie doch bitten, in Zukunft diese Begründungen etwas ernster zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.19

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Georg Keuschnigg das Wort.

19.19

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zum Führerscheingesetz möchte ich nur eine Bemerkung machen: Wir haben jetzt zwar eine befriedigende Regelung, ich möchte aber schon kritisch anmerken, daß es eigentlich unverständlich war, daß es trotz allem so lange gedauert hat, bis eine so offenkundig notwendige Maßnahme, die im Prinzip eine reine Nachjustierung des Rechtes an die geänderte technische Entwicklung darstellt, das heißt, daß man schwere Allrad-PKWs auch mit dem B-Führerschein lenken darf, umgesetzt werden konnte. Letztlich kam diese Novelle erst durch den Impuls anderer notwendiger Gesetzesänderungen zustande. Ich habe diese Verzögerung seitens der Sozialdemokratie eigentlich nicht verstanden, aber jetzt ist die Regelung da, sie ist zufriedenstellend, und der Friede ist damit wieder eingekehrt.

Jetzt noch ein Wort zu den Tiertransporten. Wie Sie wissen, muß unser Tiertransportgesetz im Hinblick auf die Transportdauer an die europäische Regelung angepaßt werden. Für internationale Tiertransporte gilt nun eine maximale ununterbrochene Transportdauer von acht Stunden. Auch wenn die österreichische Regelung mit sechs Stunden besser ist, sage ich, daß diese Anpassung relativ unproblematisch ist.


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Natürlich sind viele hier im Haus wie ich der Meinung, daß die Tiere im geschlachteten Zustand im Kühlwagen transportiert werden sollten. Solange aber noch so viele internationale Abnehmer aus vielen verschiedenen Gründen den Lebendtiertransport bevorzugen – sei es, weil sie ihre Schlachtkapazitäten ausnützen wollen, sei es aus religiösen Gründen oder sei es auch, weil die notwendigen Kühlhäuser in manchen Gebieten fehlen oder weil das Verständnis von Tierschutz zum Teil in manchen Abnehmerländern noch nicht so ausgeprägt ist, daß sie die höheren Kosten von geschlossenen Kühlketten in Kauf nehmen wollen –, solange es also viele solche Abnehmerländer gibt, wird der Tiertransport notwendig sein.

Es geht beim Tiertransport in erster Linie darum, daß er als Ganzes möglichst tierfreundlich durchgeführt wird, und da ist die Transportdauer nur ein Argument unter vielen. Genauso wichtig wie die Transportdauer oder vielleicht noch wichtiger sind geeignete Aufbauten, ist die Frage der Fütterung und der Tränkung der Tiere, ist die Frage der Einstreuung und der Belüftung der Aufbauten. Hier bietet die EU-Richtlinie Standards, die durchaus auch mit unserem Niveau vergleichbar sind.

Eines muß in Richtung Verkehrsminister schon auch noch gesagt werden: Wir haben ein strenges österreichisches Tiertransportgesetz, aber die internationalen Transporteure waren mit diesem Gesetz sehr schlecht in den Griff zu bekommen. Was nützt es uns, den nationalen Handel voll zu reglementieren, wenn wir die schwereren internationalen Kaliber, wo die groben Verstöße festgestellt wurden, mit dieser Regelung nicht in den Griff bekommen?

Aus rein nationaler, also innerösterreichischer Sicht ist die EU-Anpassung sicher ein minimaler Rückschritt, in der gesamtheitlichen internationalen Betrachtung aber durchaus ein Schritt nach vorne. Aus diesem Grund wird meine Fraktion diesem Gesetz auch die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.23

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kurt Scheuch. Ich erteile ihm das Wort.

19.23

Bundesrat Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche, Kärnten): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hochgeschätzter Bundesrat! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bin nicht ganz der Meinung meiner Vorredner, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil ich auch in diesem Bereich ein Praktiker bin und eigentlich diesen Entscheid des EU-Gerichtshofes als verwerflich empfinde. Ich finde es eigentlich unglaublich – um nicht zu sagen, beinahe skandalös –, daß meine Vorredner nicht erwähnt haben, daß nicht nur die sinnvolle Bestimmung des österreichischen Tiertransportgesetzes, nämlich die Beschränkung von sechs Stunden beziehungsweise 130 Kilometern, aufgehoben wurde und nun eine Fahrtbeschränkung von acht Stunden und eine unbegrenzte Kilometerzahl beschlossen wird, sondern daß auch die Bestimmungen über die Aufbauten et cetera geändert wurden. Man könnte hier unter Umständen noch einen Konsens finden, aber klar ist, daß diese Bestimmungen auch schlechter als die österreichischen sind.

Nachdem ich mit 15 Jahren einen landwirtschaftlichen Betrieb übernommen habe (Bundesrätin Mag. Trunk: Was? Das ist möglich?)  – ja, das ist möglich – und seit dieser Zeit Tiere in natur-naher Produktion halte, und zwar im Jahresschnitt zwischen 50 und 100 GVE, muß ich Ihnen schon etwas sagen: Ich glaube, daß die verantwortlichen Beamten, die diese EU-Richtlinie herausgebracht haben, durchaus einmal in einen Tiertransporter gesetzt und acht Stunden lang durch Europa kutschiert werden sollten.

Ich möchte schon eines zu meinem Vorredner sagen, wenn er gemeint hat, für manche Länder sei aus religiösen Gründen und so weiter ein Umstieg auf Gefriertransporte nicht möglich: Ich glaube, es hat einen ganz anderen, einen banalen Grund: weil es eine Förderungspolitik im Rahmen der EU gibt, die Lebendtiertransporte unterstützt. Ich sage Ihnen noch etwas: Es ist eben beispielsweise für irgendeine Kärntner oder niederösterreichische Firma interessant, Lebendschweine aus Holland zu importieren und sie dann hier in Österreich zu stechen beziehungsweise zu schlagen, denn dann haben sie einen großen Prozentanteil der Wertschöpfung hier im


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Land und können das "Ja zu A"-Gütesiegel draufpicken. Das ist verwerflich! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist eine fehlgeleitete Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie scheinen wiederum nicht informiert zu sein. Hören Sie mir zu, dann werden Sie etwas lernen!

Vielleicht noch zum Gesetzentwurf selbst einige Worte, weil das, so glaube ich, auch ein wichtiger Punkt dieser Geschichte ist. (Bundesrat Bieringer: Eingebildet nennt man das und nicht anders!) Das lasse ich unkommentiert. Mein Kollege hat schon von der Löwinger-Bühne gesprochen. Sie sind anscheinend Karl Löwinger. Aber bitte, ich möchte das nicht weiter vertiefen. (Bundesrat Bieringer: Einen Karl gibt es auch?)

Ich möchte also jetzt zum Gesetzentwurf selbst Stellung nehmen. (Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Herr Präsident! Würden Sie bitte zur Ruhe rufen! Geben Sie mir doch die Möglichkeit, weiterzusprechen, Herr Präsident! (Zwischenbemerkung des Präsidenten Weiss. ) – Eben, danke.

Zum Gesetzentwurf selbst: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dieser neuen Regelung mit acht Stunden Fahrzeit ist auch noch folgendes zu sagen: Wer soll – da wird natürlich auch der Verkehrsminister gefordert sein (Bundesrat Prähauser: Der Herr Verkehrsminister! Soviel Zeit muß sein!), ja, der Herr Verkehrsminister – diese Kontrolle durchführen? – Das heißt, in acht Stunden kann jeder LKW durch Österreich fahren, somit ist eine Kontrolle eigentlich nicht mehr möglich. Wir werden sozusagen totes Recht schaffen. Aber da der Einäugige unter den Blinden König ist und ich Sie heute einmal königlich belohnen will, werden wir diesem Antrag zustimmen. (Beifall und Bravorufe bei Bundesräten der ÖVP.)

Wir werden aber unsererseits auch einen Entschließungsantrag einbringen. Ich danke für die Zustimmung. Ich hoffe, die Zustimmung erfolgt dann auch bei der Abstimmung über unseren Entschließungsantrag, der folgendermaßen lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ing. Kurt Scheuch und Kollegen betreffend Verbesserung der Tiertransportbedingungen

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, geeignete Initiativen zu ergreifen, um die EU-Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport derart zu verändern, daß zumindest die alten Standards (6 Stunden/130 Kilometer) des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße wieder für alle Transporte in Kraft gesetzt werden können.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß die österreichischen Tiertransportgesetze mit aller Konsequenz vollzogen werden."

*****

Ich übergebe diesen Antrag hiemit dem Herrn Präsidenten. Ich bitte Sie, im Sinne der betroffenen Tiere und auch – das ist heute auch schon gesagt worden – im Sinne einer naturnahen Nahrungsmittelproduktion diesem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu erteilen. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.28

Präsident Jürgen Weiss: Der vom Herrn Bundesrat Ing. Kurt Scheuch soeben eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der Transportbedingungen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Caspar Einem. Ich erteile es ihm.


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19.29

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Lassen Sie mich zunächst zu der Aufforderung Stellung nehmen, die mir von Herrn Bundesrat Grasberger zuteil geworden ist, nämlich daß ich mich als Verkehrsminister darum kümmern sollte, daß die Österreichischen Bundesbahnen ein besseres Angebot machen als das, das Sie beschrieben haben, nämlich 30 zu 6.

Herr Bundesrat! Das Problem ist: Ich bin nicht Geschäftsführer der ÖBB, aber ich bin gerne bereit, diesen Wunsch weiterzutragen, weil auch ich der Überzeugung bin, daß die Bahn nur dann, wenn sie auch wirklich wettbewerbsfähige Angebote macht, zum Zuge kommen kann. Daher ja zu Ihrem Anliegen, ja auch zu meiner Bereitschaft, das an die Geschäftsführung der ÖBB heranzutragen. Es ist mitunter zwar ein bißchen schwierig, die notwendigen logistischen Voraussetzungen zu schaffen, aber wir werden uns gerne dafür einsetzen, daß es geschieht. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.)

Hoher Bundesrat! Lassen Sie mich ein bißchen zum Tiertransportgesetz-Straße und zu der heute zu beschließenden Novelle Stellung nehmen. Der Grund, warum wir nur eine relativ kleine Novelle hier vorgeschlagen haben, ist im wesentlichen der, daß wir auch der Überzeugung sind, daß wir zu der ursprünglichen Position des österreichischen Tiertransportgesetzes-Straße, zu den ursprünglichen Schutzbestimmungen mit maximal 130 Kilometern und maximal sechs Stunden Transportdauer zurückkehren sollen. Wir sind darüber hinaus auch der guten Hoffnung, daß das rechtlich möglich sein könnte. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt Hinweise darauf, daß der Vertrag von Amsterdam neue und zusätzliche Spielräume für nationale Gesetzgebung auf diesem Gebiet geschaffen hat, und wir sind dabei, diese Spielräume jetzt durch ein entsprechendes Gutachten auszuloten. Falls dieser Spielraum gegeben ist, sind wir, Hoher Bundesrat, fest entschlossen, den Weg zu gehen, eine entsprechende nationale Gesetzgebung zu schaffen, die wieder den sechsstündigen Maximalrahmen und die 130 Kilometer bringt. Wir sind der Überzeugung, daß das das Maximale ist, was den Tieren zugemutet werden kann, und wir werden daher die notwendigen Vorarbeiten leisten. Es bedarf daher keiner Entschließung, wir sind von uns aus dazu entschlossen. (Bundesrat Ing. Scheuch: Die Entschließung soll Sie unterstützen!) Ich bin immer ungemein unterstützt durch Entschließungen, aber ich handle gelegentlich auch, ohne daß mir sozusagen etwas zugerufen wird, weil mitunter auch die Dinge für sich sprechen. Ich bin gerührt, daß ich die freiheitliche Unterstützung habe. Diese ist mir schon sooft zuteil geworden; ich freue mich immer wieder, wenn mir diese Chance geboten wird. Danke, Herr Ing. Scheuch! (Bundesrat Ing. Scheuch: Die Kärntner rühren Sie heute zu Tränen, wie es scheint!) Für Tränen wird es nicht reichen, aber es bewegt mich schon irgendwie menschlich.

Lassen Sie mich noch ein Letztes zum Tiertransportgesetz-Straße sagen. Hoher Bundesrat! Wir dürfen uns natürlich auch keine Illusion machen. Einerseits ist es die Frage der Subventionspolitik im Bereich der Landwirtschaft – das ist richtig –, andererseits ist es aber natürlich eine Tatsache, daß der Transport auf der Straße unglaublich billig ist. Es ist heute durchaus lohnend, Tiere über ein paar hundert Kilometer zu transportieren, um sie in einem anderen, weit entfernten Schlachthof schlachten zu lassen, weil der Transport so gut wie nichts kostet – außer den Tieren ungemeines Leiden.

Daher sind wir der festen Überzeugung, daß nur mit einem vernünftigen Road-pricing so früh als nur möglich ein Beitrag dazu geleistet wird, daß unnötige Langstreckentransporte, unter anderem auch von lebenden Tieren, unterbleiben.

Hoher Bundesrat! Ich würde mich freuen, wenn mich nicht nur die freiheitliche Fraktion in den Bemühungen, die ich ohnehin anstelle, unterstützt, sondern wenn Sie mich auch in unserem Bestreben unterstützen würden, so bald wie möglich eine vernünftige und gerechte, effiziente Kostenanlastung auf der Straße durchzusetzen, weil nur das auch einen selbsttätigen Beitrag


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dazu leistet, daß unnötiges Leiden der Tiere auf langen Transporten vermieden wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.33

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Ing. Scheuch und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Verbesserung der Tiertransportbedingungen vor. Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung ist daher abgelehnt.

32. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1767 und 1964/NR sowie 5968 und 6003/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 32. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Die Berichterstattung hat Frau Bundesrätin Schicker übernommen. Ich bitte sie darum.

Berichterstatterin Johanna Schicker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch dieser Bericht liegt schriftlich vor. Ich verlese daher nur den Beschlußantrag.

Der Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Haunschmid. – Bitte.

19.35

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegenden Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 hätten wir Freiheitlichen fast zugestimmt, hätten wir dieses Gesetz nur oberflächlich betrachtet.

Vorletzte Woche sagte Herr Minister Edlinger im "Standard" im Rahmen des Budgetüberschreitungsgesetzes, er habe überhaupt kein Verständnis mehr dafür, daß sich in manchen Töpfen Gelder ansammeln, die dem Budget zur Verfügung zu stehen hätten. Der letzte Stand ist also:


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Der Herr Finanzminister hat vor – das hat er dezidiert gesagt –, die Zuwendungen zum Familienlastenausgleichsfonds – nämlich den Arbeitgeberbeitrag – von derzeit 4,5 Prozent auf 3,5 Prozent zu senken. Also in Zukunft, meine Damen und Herren, wird es keine FLAF-Überschüsse mehr geben, und dann wird auch der Reservefonds nicht mehr so viel Geld haben.

All das wird der Herr Minister kaschieren. Der Herr Familienminister kaschiert dies mit der Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, die heute beschlossen werden soll. Der Herr Minister sollte eigentlich ehrlich sein: Es wird in Zukunft eine Sanierung des Budgets zu Lasten der österreichischen Familie geben. Ich habe heute im Rahmen meiner Ausführungen zur Steuerreform bereits angedeutet, es ist immer wieder ein Nehmen und ein Geben, und wie auch in den Vorjahren müssen die österreichischen Familien – hören Sie ganz gut zu, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien – wiederum zur Budgetsanierung beitragen. Dafür haben wir Freiheitlichen überhaupt kein Verständnis.

Wir begrüßen, daß in einer Zeit, in der die Scheidungszahlen erschreckend hoch sind und noch weiter steigen, in einer Zeit, in der die Aggression in den Familien zu vielen Familientragödien ausartet, der Bereich der Elternbildung ausgedehnt werden soll. Somit ist es wichtig, daß es eine Eltern- beziehungsweise Partnerbildung gibt, um hier Abhilfe zu schaffen, und daß es eine Kinder- und Elternbegleitung gibt. Ich bin der Meinung – ich sehe es besonders an den gestreßten Gastwirtfamilien, weil dieser Beruf wirklich familienfeindlich ist, und zwar mehr als jeder andere –, daß diese Familien total überfordert sind.

Dieser Elternbildung wird daher sicherlich eine größere Bedeutung zukommen, aber es geht um das Wie. Die Eltern können jetzt von dieser Bildungsmöglichkeit Gebrauch machen. Die Mediation, die dazu vorgesehen ist, ist eine neue Form der Schlichtung. Wir sehen eigentlich überhaupt nicht ein, meine Damen und Herren, daß in den Augen des Justizministeriums dieses Modell aufkommensneutral und eher kostensparend ist und daß es kein Berufsbild und keine Richtlinien dafür gibt. Es entsteht ein neuer Markt, der einfach nicht mehr kontrollierbar ist. Eigentlich könnte jeder Mediator sein.

Der Herr Minister hat auch gesagt, daß die Mediation flächendeckend in ganz Österreich angeboten und die Länder zur Mitfinanzierung aufgefordert werden sollen. Es gibt auch dafür noch keine Richtlinien. Die Mitfinanzierung der Länder ist daher noch immer nicht gesichert.

Die Förderungsmaßnahmen bei der Elternbildung und der Mediation, die Veranlagung der Mittel des Reservefonds und die Zugriffsermächtigungen auf den FLAF sollten ausschließlich dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie vorbehalten bleiben. Es soll sichergestellt werden, daß die Einnahmenüberschüsse des Familienlastenausgleichsfonds und die Rücklagen zweckgebunden und ausschließlich für familienpolitische Zwecke verwendet werden.

Wenn der Familienlastenausgleichsfonds von den Zugriffen des Finanzministers verschont bleibt, meine Damen und Herren, dann steht auch der Umsetzung unseres Kinderbetreuungsschecks beziehungsweise dem Kindergeld für alle nichts mehr im Wege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Wilfing. – Bitte.

19.40

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Politik ist, auch wenn sie sehr ernst ist, oft auch ein lustiges Spiel. Es gibt in "Tante Jolesch" von Friedrich Torberg die berühmten Erzherzogfragen. Der Erzherzog wird vom Prüfer gefragt: Wie lange dauerte der 30jährige Krieg?, und der Erzherzog antwortete: 17 Jahre, sechs Monate und drei Tage. Der Prüfer muß dann versuchen, zu sagen: Richtig, Herr Erzherzog. Denn wenn man die Nächte, die freien Tage und die Sonntage abzieht, dann kommt man genau auf diese 17 Jahre und so weiter.


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Ähnlich sind die Begründungen der Freiheitlichen, warum sie gegen irgendein Gesetz sind. Wir, die Regierungsparteien, schaffen teilweise perfekte Gesetze, und Sie müssen dann immer wieder versuchen, stundenlang, tagelang, nächtelang, wochenlang daran zu arbeiten, zu begründen, warum Sie doch noch gegen ein bestimmtes Gesetz sein könnten. Sie haben es wieder geschafft. So gesehen kann ich Ihnen dazu gratulieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich kann Sie beruhigen, Frau Kollegin Haunschmid! Es wurde im Ausschuß genau erklärt, daß diese Mittel des FLAF durch den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie verwaltet und vergeben werden. Es wurde im Nationalrat genau erklärt, daß diese Mittel so vergeben werden. Ich kann das – aller guten Dinge sind drei – hier noch einmal wiederholen. Wir sind in Österreich Gott sei Dank in einem Land, in dem entgegen Ihrer Darstellung eine sehr gute Familienpolitik betrieben wird und in dem auch entgegen Ihrer Darstellung gerade derzeit mit dem Familiensteuerreformpaket Familien ab 1. 1. 1999 und noch mehr Familien ab 1. 1. 2000 eindeutig mehr Mittel bekommen und daher eine bessere Unterstützung erfahren. Dazu kann man dieser Bundesregierung und dem Familienminister Martin Bartenstein nur gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch einmal, Frau Haunschmid: Ab 1. 1. 2000 für jedes Kind in jeder Familie 6 000 S mehr Kinderbeihilfe und ein höherer Kinderabsetzbetrag. Jetzt kann es sein, daß das angesichts Ihres Einkommens nichts ist. Ich weiß, daß sich sehr viele Familien darüber freuen und das sehr hochschätzen, daß es dieser Bundesregierung gelungen ist, die Familiensteuerreform durchzusetzen und ab 1. 1. 2000 den Familien 6 000 S pro Kind mehr zu geben.

Zu diesem Gesetz kann man nach meinem Dafürhalten de facto nur ja sagen – das haben auch Sie erklärt –, weil gegen Elternbildung, so glaube ich, niemand sein kann. Mit dieser Novelle wurde erreicht, daß 30 Millionen Schilling mehr für Elternbildung zur Verfügung stehen, damit Familienkompetenz gestärkt wird und darüber hinaus auch Mittel für Mediation und Kinder- und Elternbegleitung zur Verfügung stehen werden. Mediation wird also in Zukunft – das ist auch einer EU-Richtlinie entsprechend – eine der wichtigsten Problemlösungsmöglichkeiten sein.

Aber viel schlimmer ist für mich, was in dieser Legislaturperiode nicht erreicht werden konnte. Da muß ich jetzt auch unseren Regierungspartner SPÖ etwas rügen. In einer Zeit, in der die Zeitungen voll davon sind, daß obskure Vereine, in denen sich Sekretäre des Bundeskanzlers tummeln, Kinder des Bundeskanzlers tummeln, ein sogenannter Verein Euroteam Millionen – man kann es nur so sagen – verschleudert, um angeblich mehr Lehrlinge unterzubringen, aber in Wahrheit, so wie wir jetzt wissen, SPÖ-Wien, Kinderfreunde, Stadtgemeinde Wien und so weiter beraten wurden, aber keine Lehrlinge beschäftigt werden konnten, hohe Hotelrechnungen auftauchen und teure Flugreisen innerhalb Europas verrechnet wurden, hat unser Koalitionspartner etwas, was schon vereinbart war, nämlich die Schüler- und Lehrlingsfreifahrt auch bei auswärtiger Unterbringung, abgelehnt. (Bundesrat Ing. Scheuch: Pfui!) Wir haben uns im letzten Ausschuß bemüht, diese Schüler- und Lehrlingsfreifahrt noch in dieser Legislaturperiode zu verankern, haben dafür allerdings keine Unterstützung erfahren. Wir sind sicher, daß wir das in der nächsten Legislaturperiode verwirklichen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es genügt nämlich nicht nur, von Lehrlingen zu sprechen, sondern man muß auch etwas dafür tun, diese auch wirklich unterstützen und nicht nur Imagekampagnen hier betreiben.

Ein Letztes: Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, daß wir in Österreich Karenzgeld für alle einführen. (Bundesrat Dr. Bösch: Bravo!) – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Trunk. – Bitte.

19.46

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Bei dem vorliegenden Entwurf handelt es sich um zweckgebundene und aus meiner Sicht sehr sinnvoll gebundene Mittel im Zusammenhang mit jenem Gesetz, dem Ehe- und Scheidungsrecht, dem wir vor einigen Stunden hier zugestimmt haben. Es wurde zweimal der Begriff Mediation verwendet, aber es scheint mir doch sehr symptomatisch zu sein, daß


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Politiker und Politikerinnen eine ganz merkwürdige Scheu davor haben, Begriffe und Worte auszusprechen, die auch gesamtgesellschaftlich allzu gerne tabuisiert werden.

Die Mittel, die hier eingesetzt werden sollen, sind nämlich ein sehr wichtiger Meilenstein in der gesamten Meilenallee aller Initiativen der Regierungen der Vergangenheit, beginnend seinerzeit mit einer Staatssekretärin Johanna Dohnal und der Errichtung von Erste-Hilfe-Notschutzzentren in sogenannten Frauenhäusern. Es handelt sich um Meilensteine in der politischen Beantwortung von Gewalt in unserer Gesellschaft insgesamt und von Gewalt in der Familie im besonderen.

Es sollen 30 Millionen eingesetzt werden. In Kärnten haben wir damit begonnen, etwa im Bezirk Spittal, so etwas wie ein erstes Mediationszentrum, eine Form der Krisenintervention im Scheidungsfalle einzurichten, wo in erster Linie qualifizierte Frauen, aber auch Männer, Betreuer, Therapeuten, Juristen und Juristinnen Partner, die beschlossen haben, sich scheiden zu lassen, und vor allem Partner, die sich emotional voneinander entfernt haben – denn den Wunsch nach Scheidung gibt es üblicherweise nicht, weil man einander besonders liebt –, aufgrund der Tatsache, daß es zu Gewaltübergriffen gekommen ist, und der Tatsache, daß diese zwei Menschen einfach miteinander nicht können, beraten. Fast täglich sind wir leider mit Schlagzeilen konfrontiert, was passiert, wenn in derartigen Fällen keine Hilfe geboten wird. Es handelt sich um eine Form des Angebotes an diese beiden Menschen, die miteinander nicht können, das heißt, im besten Falle in Sprachlosigkeit verharren, wo es aber letztlich, wenn es keine Worte mehr gibt, meistens zu Taten und zu Gewalttaten kommt.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, auch Kollegen von der FPÖ! Es reicht nicht, sich verzweifelt an den Kopf zu greifen oder Schlagzeilen, die von Gewalttaten innerhalb der Familie sprechen, hochzuhalten und sich darüber zu empören. Aufgabe von Politik ist es, in erster Linie ein familiengerechtes, partnergerechtes Gesellschafts- und Weltbild zu schaffen, und zwar nicht nur ein Bild, sondern eine Wirklichkeit, in zweiter Linie Mittel zur Prävention einzusetzen – dafür gibt es nach wie vor einfach zu wenig –, aber auch Mittel zur Hilfestellung einzusetzen, um genau alle denkmöglichen politischen Maßnahmen treffen zu können, um solche Gewaltauseinandersetzungen, sei es jetzt durch körperliche Gewaltauseinandersetzung, die sehr oft mit dem Verlust des Lebens, also mit dem Tod ... (Bundesrätin Mühlwerth: Ist das jetzt Familienlastenausgleich?) – Darum geht es!

Ich würde Ihnen diese zweieinhalb klein geschriebenen Seiten zur Erläuterung empfehlen, dann würden Sie wissen, wovon Sie, die FPÖ-Fraktion, früher geredet haben. Es heißt, diese Maßnahme dient dazu – 30 Millionen sind nicht sehr viel –, ein Netzwerk in Österreich aufzubauen, um verzweifelten Menschen, erwachsenen Partnern, die im Begriffe sind, sich zu trennen, aber auch den betroffenen Kindern zu helfen, das heißt einzuschreiten, bevor es zu Gewalttaten und Morden kommt.

Gestern hat ein Mann in Kärnten seine Frau erstochen, weil er gemeint hat, diese Welt sei zu schlecht für sie beide. Sie kann keine Antwort mehr geben. Er hat sie umgebracht, sich selbst hat er aber nicht das Leben genommen, weil er gemeint hat, dazu habe ihm der Mut gefehlt. Jedoch der Mut, Täter zu sein, hat ihm nicht gefehlt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir sollten immer dann, wenn es darum geht, Gewaltprävention zu betreiben, den Begriff der Gewalt in unserer Gesellschaft zu thematisieren, diesen Begriff tatsächlich aussprechen und ansprechen. Politik hat auch Vorbildwirkung. Wenn Politik Vorgänge wie jene, die innerhalb der sogenannten heiligen vier Wände der oft gar nicht so heiligen Familie passieren, nicht thematisiert und nicht beim Namen nennt, dann sind wir Politiker keine besonders guten Vorbilder.

Ich kann mich als Politikerin von der Privatperson Melitta Trunk logischerweise nicht trennen; seit 15 Jahren bin ich in der Initiative "Wider die Gewalt" – aber ohne "ie" geschrieben, weil viele das noch immer verwechseln – engagiert. Sie werden es mir verzeihen, wenn ich ganz wenige Fakten und Daten aufzähle und sie Ihnen zum wiederholten Male zur Kenntnis bringe, denn ich bin ganz einfach davon überzeugt – das hat mir die Qualität des Wegschauens der vorigen Re


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debeiträge bewiesen –, daß wir uns in Erinnerung rufen sollten, daß Gewalt in erster Linie logischerweise gegen die Schwächeren in unserer Gesellschaft gerichtet ist. Nach wie vor sind 98 Prozent der Opfer Frauen und Kinder. 2 Prozent der Opfer sind Männer, und jedes Opfer ist zuviel. Soviel nur kurz als Antwort auf diese oft sehr geflügelten Worte – unter Anführungszeichen –: "Wir Männer müssen uns vor diesen emanzipierten Frauen fürchten." – Faktum ist: 98 Prozent der Opfer von Gewalttaten sind Frauen und Kinder.

Es ist bekannt – das wurde in den vorangegangenen Debattenbeiträgen schon thematisiert und debattiert, wenn auch manchmal nicht in sehr politischer Kultur –, daß die Wurzeln dieser Gewalt gegen Frauen, Kinder, Schwächere und Leisere natürlich in der Machtungleichheit liegen, das heißt, auch in der Machtungleichheit einer Partnerschaft. Daher, so meine ich, sollte jene Politik, die sich folgender Doktrin verschrieben hat, nicht Platz greifen. Ich zitiere jemanden, der jetzt in meinem Heimatland Kärnten regiert, der vor sechs Jahren gemeint hat (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist ein Trauma!): In einer Partnerschaft ist es so, daß es einen führenden und einen dienenden Teil gibt. Führender Teil ist logischerweise der Mann – ich zitiere; das ist nicht meine Meinung – und naturgemäß (Bundesrat Ing. Scheuch: Ersparen Sie sich den Teil!) der dienende Teil die Frau. – Zitatende.

Ich meine, in einer Partnerschaft kann es nicht um Diener und Führer gehen, sondern um gleichberechtigte Partner!

Zweiter Punkt: Jede fünfte verheiratete Frau in Österreich wird Opfer familiärer Gewalt durch den Mann – jede fünfte Frau! Wir sollten, wenn wir durch Wien, durch Klagenfurt, durch Innsbruck gehen, in die Augen jeder fünften Frau schauen; da wird es uns wahrscheinlich so wie beim Wählerverhalten, das uns nicht paßt, passieren, daß wir sagen: Das kann nicht sein, sie wird es nicht sein!

Wie sieht es bei Kindern aus? – Nach wie vor wird jedes vierte Mädchen sexuell mißhandelt – jedes vierte Mädchen und jeder achte Bub! Wir wissen längst, eigentlich mittlerweile seit Jahrzehnten, daß die Täter nicht der fremde Onkel oder die fremde Tante sind, sondern daß es der wirkliche Onkel, der wirkliche Vater und hin und wieder bedauernswerterweise auch die wirkliche Mutter ist. (Bundesrat Dr. Böhm: Also lösen wir die Familie auf am besten!?)

Ich denke, das sind offizielle Zahlen und Fakten, die ein Alarmsignal sind. Die eingesetzten 30 Millionen Schilling, die durch den FLAF mit dieser Regierungsvorlage verbunden sind, geben mehr als eine Berechtigung dafür, wieder einen Meilenstein im Bereich der Verhinderung von Gewalt und Gewalttaten zu setzen.

Ich bin der Ansicht, die Politik hat hier Vorbild zu sein – mit politischen Taten, aber auch mit der Erkenntnis: Worten der Gewalt folgen irgendwann Gewalttaten. – Wir sollten uns dieser Tatsache immer sehr bewußt sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Grander. – Bitte.

19.55

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Rahmen der FLAF-Diskussion möchte ich mich grundsätzlich meinem Kollegen Wilfing, besonders seinen Aussagen über "Karenzgeld für alle" anschließen. Für die ÖVP ist es ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, allen Müttern, Vätern und Kindern Karenzgeld zu gewähren, weil uns einfach jede Mutter, jeder Vater und jedes Kind gleich viel wert sind. Diese Wahlfreiheit für die Eltern bietet eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

In der vorliegenden Novelle geht es auch darum, die in Zukunft zu erwartenden Überschüsse des FLAF bestmöglich zu veranlagen. Die Österreicherinnen und Österreicher wünschen sich einerseits eine harmonische Familie und eine funktionierende Partnerschaft, andererseits gibt es


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steigende Scheidungsraten, einen Rückgang der Geburten sowie eine zunehmende Gewaltbereitschaft, die deutlich zeigt, wie notwendig es ist, in Richtung Prävention zu gehen.

Der Mehraufwand kann ab dem Jahr 2000 durch die Einnahmen aus dem FLAF abgedeckt werden. Ziel der Lebenspartei ÖVP ist es, mit Hilfe dieser Maßnahmen den Familien wieder mehr Mut zum Kind zu geben. Insgesamt beträfe dies 11 Prozent aller Mütter, Väter und Kinder. Jede neunte Mutter, jeder neunte Vater und jedes neunte Kind würde vom "Karenzgeld für alle" profitieren. (Beifall bei der ÖVP.)

19.57

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

33. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen samt Anhängen und Erklärung (1481 und 1974/NR sowie 6004/BR der Beilagen)

34. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 1999) (1652 und 1975/NR sowie 6005/BR der Beilagen)

35. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltkontrollgesetz, BGBl. I Nr. 152/1998, geändert wird (1086/A und 1976/NR sowie 6006/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 33 bis 35 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen samt Anhängen und Erklärung,

ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird, sowie

ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltkontrollgesetz, BGBl. I Nr. 152/1998, geändert wird.

Die Berichterstattung über die Punkte 33 bis 35 hat Herr Bundesrat Thumpser übernommen. Ich bitte ihn um die Berichte.


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Berichterstatter Herbert Thumpser:
Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Zu Punkt 33:

Bericht des Ausschusses für Umwelt, Jugend und Familie über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen samt Anhängen und Erklärung.

Der vorliegende Staatsvertrag hat gesetzändernden beziehungsweise gesetzesergänzenden Charakter und ist weiters in seiner Gesamtheit verfassungsergänzend und verfassungsändernd. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG erforderlich.

Da dieses Übereinkommen die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung einschränkt, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG. Der Nationalrat hat anläßlich der Beschlußfassung im Gegenstand im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Weiters hat der Nationalrat anläßlich der Genehmigung des gegenständlichen Staatsvertrages gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG beschlossen, daß dieser dadurch kundgemacht wird, daß er in französischer und russischer Sprache zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie aufliegt.

Der Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. dem Beschluß des Nationalrates, der in seiner Gesamtheit verfassungsändernden beziehungsweise verfassungsergänzenden Charakter hat, gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen,

2. gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Punkt 34:

Bericht des Ausschusses für Umwelt, Jugend und Familie über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird.

Der Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zu Punkt 35:

Bericht des Ausschusses für Umwelt, Jugend und Familie über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltkontrollgesetz, BGBl. I Nr. 152/1998, geändert wird.

Der Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.


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20.01

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Als wir in diesem Hause vor nicht allzu langer Zeit die Ausgliederung des Umweltbundesamtes beschlossen haben, waren alle sehr stolz darauf und haben das auch richtig gefunden. Damals wurden quasi vermehrte Einnahmen versprochen beziehungsweise in Aussicht gestellt, nämlich durch Aufträge, die das Umweltbundesamt aufgrund der Ausgliederung zusätzlich übernehmen kann.

Heute haben wir das Umweltkontrollgesetz mit der kühnen Anforderung vor uns, Mittel zweckentfremdet zu verwenden, damit drei Akademiker beschäftigt werden können. Dagegen wäre grundsätzlich nichts zu sagen, denn der Grund dafür ist die Novelle zum Altlastensanierungsgesetz. Aber ich meine doch, diese drei Akademiker sollten eigentlich aus den Mitteln, die das Umweltbundesamt zweifellos durch seine vermehrte außerhäusliche Auftragstätigkeit eingenommen hat, bezahlt werden und ganz sicherlich nicht durch Einnahmen aus der Altlastensanierung, wie es das Umweltkontrollgesetz hier vorsieht.

Diesem Gesetzentwurf werden wir auf keinen Fall unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.02


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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wilfing. – Bitte.

20.02

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich meine, man braucht die Geschichte nicht zu wiederholen. Gegen dieses Gesetz betreffend ein Übereinkommen über grenzüberschreitende Auswirkungen von Industrieunfällen kann kaum etwas gesagt werden. Wir alle begrüßen es, daß es gerade aufgrund der Gefährlichkeit, die Industrieunfälle nach sich ziehen, zu einem hervorragenden Austausch der Daten und Fakten zwischen den einzelnen Ländern kommen muß, obwohl ich auch zu verstehen gebe, daß wir gerade in der derzeitigen Phase unglücklich über unseren tschechischen Nachbarn und auch über andere nähere und fernere Nachbarländer wie Slowenien, Litauen und Bulgarien sind, weil wir uns wirklich erwarten würden, daß diese Staaten bereit wären, auf die Atomenergie zu verzichten.

Es muß für uns eine Forderung bleiben, daß wir betreffend EU-Erweiterung nur jenen Staaten die Zustimmung zu einem Beitritt geben können, die die Atomenergie auf einem Niveau nutzen, das westeuropäischen Sicherheitsstandards entspricht. Das kann man derzeit von Temelin, Bohunice, Kozloduy und anderen AKWs sicher nicht behaupten.

Ansonsten meine ich, daß man diesen drei Gesetzen nur die Zustimmung erteilen kann, weil der Umweltbericht, der für Österreich wiederum hervorragende Daten im europäischen Vergleich bekanntgibt, demzufolge wir hinsichtlich der Luftreinhaltung, der Gewässergüte, des Bodenschutzes und so weiter europäische Spitzendaten aufweisen, eindeutig klarlegt, daß die Umweltpolitik in Österreich sehr erfolgreich war.

Ich möchte mich auch beim Umweltbundesamt und bei den Beamtinnen und Beamten des Umweltministeriums bedanken, die diesen Bericht in ausgezeichneter Art und Weise ausgearbeitet haben.

Betreffend Umweltkontrollgesetz: Wir unterstützen es, daß das Umweltbundesamt in Zukunft die Möglichkeit haben soll, mit Mitteln aus den Altlastensanierungsbeiträgen die Gefährdungspotentialabschätzung und die Prioritätenfestsetzung in der bisherigen Qualität, aber auch rascher durchzuführen.

Aus diesem Grund wird meine Fraktion gegen diese drei Gesetzentwürfe keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

20.05

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hoher Bundesrat! Ich möchte zum Gesetz bezüglich grenzüberschreitende Auswirkungen von Industrieunfällen betonen, daß dieses Gesetz zeigt, wie wichtig es im Umweltbereich ist, auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten und gemeinsame Abstimmungen von Regelungen zu treffen.

Im Umweltbereich hat nicht jeder nur die Verantwortung für sich selbst und für den eigenen Staat zu tragen, sondern das geht weit über die Grenzen hinaus. Umweltschutz ist eine internationale Aufgabe unserer Gesellschaft, wenn man nur beispielhaft die Luftreinhaltung, den Gewässerschutz und eben den Umgang mit gefährlichen Stoffen nennt. In diesem Übereinkommen werden Regelungen und Maßnahmen bei Industrieunfällen bei der Herstellung, der Verwendung, der Lagerung, der Beförderung und letztlich der Entsorgung von Produkten getroffen, vor allem dann, wenn gewisse Mengenschwellen – siehe Anhang I – überschritten werden und grenzüberschreitende Auswirkungen erfolgen können.

Diese Auswirkungen können sofort und unmittelbar negativ oder später von nachhaltiger Wirkung sein, und zwar im weitesten Sinne alle Bereiche betreffend: Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Landschaft, Wasser, Luft und andere Sachwerte bis hin zu Kulturgütern.

Welche Vorgangsweisen sind zur Schadensverhütung vorgesehen? – Ich führe nur einige stichwortartig an: Gefährliche Tätigkeiten müssen zum Beispiel in einer Umweltverträglichkeitsprüfung festgestellt werden, Beratungsmechanismen und Untersuchungskommissionen, wie im Anhang II angeführt, müssen geschaffen werden, Maßnahmen zur Verhütung von Industrieunfällen müssen getroffen werden. Technische Verfahren sind grundsätzlich zu prüfen, Anhang V weist das noch genauer aus. Es ist die Auswahl geeigneter Standorte zu treffen, Vorsorgen für den eventuellen Notfall sind notwendig und die Information der Öffentlichkeit im eigenen Land sowie der gegenseitige Informationsaustausch, international gesehen, sind nötig. Sollte es wirklich zu Problemen kommen, ist gegenseitige Hilfe erforderlich.

Letztlich – hoffentlich tritt dieser Fall nicht so oft ein – ist festzustellen, wer die Verantwortung trägt und wer für Vorkommnisse haftet. Wer, welche Behörde, ist im jeweiligen Land zuständig? – Diese Kommunikation und die Nützung dieses Abkommens werden nun von der Konferenz der Vertragsparteien, die mindestens einmal pro Jahr stattfinden sollte, überprüft. In den Anhängen I bis VIII sind die obigen Grundsätze noch genauer definiert.

In Österreich bestehen bereits die im Übereinkommen geforderten Einrichtungen von Bundes- und Landeswarnzentralen. Diese sind grundsätzlich rund um die Uhr erreichbar. Diese Richtlinien sind auch mit dem EU-Recht vereinbar und in der Seveso-II-Richtlinie, die seit Februar 1999 gilt, geregelt.

Wir als Teil der Gesetzgebung sind für die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen zuständig. Die Ausführung und alle notwendigen praktischen Umsetzungen liegen nun in allen Fällen bei der Exekutive, nämlich der Regierung, im zuständigen Ministerium, in dessen Behörden und auch bei den Ländern.

Ich möchte schon darauf hinweisen, daß unter diesem Blickwinkel auch die atomaren Gefahren beachtet werden sollten. Ich glaube, wir sind uns einig darüber, daß Österreich ein atomfreies und atomwaffenfreies Land, in dem auch keine Durchfuhr und Lagerung von Atomwaffen gestattet ist, sein sollte.

Im Sinne der besten Vorbeugung vor auftretenden Schäden durch grenzüberschreitende Auswirkungen ist auch die Novelle zum Umweltinformationsgesetz zu sehen, die eine Anpassung laut EU-Richtlinien ist. Diese führt zu einem besseren Informationszugang und zu mehr Transparenz. Aber auch die Änderung des Umweltkontrollgesetzes gehört dazu. Wenn die Kontrolle und die Bearbeitung von Altlasten in Verdachtsgebieten beschleunigt werden, ist das sicherlich


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sehr positiv. Ich meine, wenn hier mehr Personal angestellt wird, was der Erreichung dieses Zieles dient und zum Erfolg führt, ist dagegen nichts einzuwenden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß in diesem Zusammenhang zu viele Menschen beschäftigt sind, die nichts zu tun haben.

Frau Kollegin Mühlwerth! Wenn mehr zu tun ist, braucht man auch das dazu notwendige Personal, um es erledigen zu können. Wir können nicht immer nur davon reden, daß wir das und das bräuchten, aber niemanden einsetzen, der es auch bewältigt. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber nicht aus dem Sanierungstopf!) Es stehen ja auch die in letzter Zeit erhöhten Mittel aus den Altlastenbeiträgen zur Verfügung.

Die SPÖ-Fraktion wird diesen drei Gesetzesvorlagen zustimmen und keinen Einspruch erheben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Windholz. – Bitte.

20.11

Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Vizepräsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Das Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieabfällen ist absolut zu begrüßen. Unverständlicherweise wird jedoch im gegenständlichen Abkommen ausgerechnet die gefährlichste Art von Industrieabfällen, nämlich jene von Atomreaktoren, nicht berücksichtigt. Es erscheint mir daher dringend erforderlich, diesem Problem auf anderem Wege beizukommen.

In diesem Zusammenhang muß man auch erwähnen, daß gerade unsere östlichen Nachbarländer großes Interesse an einem EU-Beitritt bekundet haben. Aber gerade in diesen Ländern befinden sich Atomkraftwerke meist sowjetischer Bauart mit höchst zweifelhaften Sicherheitsstandards.

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Ernest Windholz und Kollegen betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern unmißverständlich klarzumachen, daß Österreich die Schließung beziehungsweise den Baustopp für grenznahe, mit Sicherheitsmängeln behaftete Atomkraftwerke als unabdingbare Voraussetzung für den EU-Beitritt der betroffenen Länder erachtet.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, klarzustellen, daß Österreich andererseits bereit ist, allen Nachbarstaaten das erhebliche Know-how Österreichs auf dem Gebiet der Alternativenergien zugänglich zu machen und entsprechende Initiativen mit dem Ziel eines Ausstiegs aus der Atomenergie zu unterstützen.

*****

Hohes Haus! Gerade als Bundesrat des Bundeslandes Niederösterreich möchte ich darauf hinweisen, daß im Mai eine diesbezügliche Resolution der Niederösterreichischen Landesregierung gefaßt wurde. (Bundesrätin Haunschmid: In Oberösterreich auch!) Ich darf kurz daraus zitieren:

Die Niederösterreichische Landesregierung ist "bestürzt über die Entscheidung der tschechischen Regierung, das Atomkraftwerk Temelin weiterzubauen" und legt "entschieden Protest gegen diesen Beschluß" ein. Sie stützt "sich dabei auf unabhängige Studien, aus denen ein


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deutig hervorgeht, daß die Inbetriebnahme von Temelin ein hohes Sicherheitsrisiko sowohl für die tschechische als auch für die österreichische Bevölkerung" darstellt. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Resolution ist auf Basis breitester politischer Unterstützung beschlossen worden. Alle in der Landesregierung vertretenen Parteien, dieselben, die auch hier in diesem Hohen Haus vertreten sind, haben dieser Resolution zugestimmt. Ich hoffe, daß es nicht nur in Niederösterreich einen breiten politischen Konsens in dieser Frage gibt, sondern auch hier im Hohen Haus! Insbesondere erwarte ich mir von den niederösterreichischen Bundesräten eine entsprechende Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Windholz und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates, die getrennt erfolgt.

Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen bitten, jetzt Platz zu nehmen. Die folgende Abstimmung verlangt, wie Sie wissen, ein erhöhtes Quorum. Die Stimmen können nur dann auch wirklich zugeordnet und gezählt werden, wenn die Stimmabgabe vom zugewiesenen Platz aus erfolgt. Daher bitte ich die Damen und Herren des Bundesrates, Platz zu nehmen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Übereinkommen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen samt Anhängen und Erklärung.

Der gegenständliche Beschluß regelt Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder, weshalb er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG bedarf.

Da der vorliegende Beschluß zudem in seiner Gesamtheit verfassungsändernden beziehungsweise verfassungsergänzenden Charakter hat, bedarf er gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG der verfassungsmäßigen Zustimmung bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.

Ich bitte jetzt jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, dem vorliegenden Beschluß gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, dem vorliegenden Beschluß des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG beziehungsweise Artikel 50 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlußerfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


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Ferner bitte ich jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies ebenfalls Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, gegen den Beschluß des Nationalrates, gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG den gegenständlichen Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Windholz und Genossen auf Fassung einer Entschließung betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenminderheit. (Rufe bei den Freiheitlichen: Auszählen!) Wir werden zur Sicherheit auszählen. Es hat zwar vom Präsidium, von dem aus man doch etwas besser sieht, so ausgesehen, aber ich werde selbstverständlich gerne auszählen lassen.

19 Stimmen sind für diesen Antrag, 46 Bundesräte sind anwesend, es ist dies also die Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung ist daher abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird. (Unruhe im Saal.) Bitte, wir sind im Abstimmungsvorgang!

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Mehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltkontrollgesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

36. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen (Futtermittelgesetz 1999 – FMG 1999) (1648 und 1941/NR sowie 6007/BR der Beilagen)

37. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 über ein Bundesgesetz betreffend Grundsätze für den Schutz der Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen (Pflanzenschutzgrundsatzgesetz) (1750 und 1942/NR sowie 6008/BR der Beilagen)


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38. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 1999) (1094/A und 1943/NR sowie 6009/BR der Beilagen)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zu den Punkten 36 bis 38 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Es sind dies:

ein Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen,

ein Bundesgesetz betreffend Grundsätze für den Schutz der Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen sowie

ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein.

Die Berichterstattung über die Punkte 36 bis 38 hat Herr Bundesrat Schaufler übernommen. – Bitte.

Berichterstatter Engelbert Schaufler: Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Zum Tagesordnungspunkt 36, Futtermittelgesetz 1999, darf ich mich, weil der Bericht schriftlich vorliegt, auf den Antrag beschränken.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 37, Pflanzenschutzgrundsatzgesetz, liegt der Bericht ebenfalls schriftlich vor, sodaß ich mich ebenfalls auf den Antrag beschränken darf.

Da die im § 8 Abs. 2 enthaltene Fristsetzung für die Ausführungsgesetzgebung der Länder ein Jahr nicht überschreitet, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 15 Abs. 6 Bundes-Verfassungsgesetz nicht erforderlich.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Zum Tagesordnungspunkt 38, Weingesetz 1999, liegt der Bericht ebenfalls schriftlich vor. Ich beschränke mich daher ebenfalls auf den Antrag.

Da die im § 29 enthaltene Verfassungsbestimmung die Zuständigkeit der Länder in der Gesetzgebung und Vollziehung nicht einschränkt, bedarf diese nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 29. Juni 1999 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf die Frau Präsidentin bitten, in die Debatte einzutreten.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein. (Bundesrat Weilharter meldet sich zur Geschäftsordnung.)

Kollege Weilharter hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

20.24

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark) (zur Geschäftsordnung): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Antragsteller, die Abge


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ordneten Schwarzböck und Gradwohl, haben einen gesamtändernden Abänderungsantrag betreffend das Weingesetz und das AMA-Gesetz gestellt.

Meine Damen und Herren! Der Landwirtschaftsminister hat heute am Vormittag im Zuge der Fragestunde darauf hingewiesen und seine Bitte und seinen Wunsch geäußert, daß das AMA-Gesetz beschlossen werden möge. In den Einladungs-Avisos sind auch sowohl das AMA-Gesetz als auch das Weingesetz noch auf der Tagesordnung gestanden. Der Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft hat aber das AMA-Gesetz abgesetzt.

Ich bin der Meinung, daß sich die Antragsteller, die Abgeordneten Schwarzböck und Gradwohl, bei ihrer Vorgangsweise sehr wohl etwas gedacht haben, weil nämlich erstens ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den beiden Gesetzen besteht und zweitens die Bezeichnung "gesamtändernder Abänderungsantrag" verwendet wurde.

Meine Damen und Herren! Ich darf daher im Sinne des § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Antrag auf Aufschub der Entscheidung über den Verhandlungsgegenstand Tagesordnungspunkt 38 stellen.

20.26

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Die Abstimmung über diesen Antrag erfolgt nach Ende dieser Debatte.

Ich darf jetzt Frau Kollegin Haunschmid zum Rednerpult bitten.

20.26

Bundesrätin Ulrike Haunschmid (Freiheitliche, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Für mich als Wirtin ist es eine Verpflichtung, mich zum Weingesetz zu Wort zu melden. Herr Kollege Wilfing, Sie werden es nicht glauben, ich habe wieder etwas Negatives in diesem Gesetz gefunden. (Bundesrat Prähauser: Wenn man nur Negatives sucht!)

Es ist schrecklich! Ein blindes Hendl findet auch ein Körndl (Bundesrat Prähauser: Genau das war es!), und die Freiheitlichen finden halt immer wieder einen Stein da drinnen! Es ist halt einmal so! (Ruf bei der ÖVP: Sie finden das negativ?) Nein! Ich finde es nicht negativ, sondern positiv, wenn die Freiheitlichen etwas finden, was man aufzeigen kann und vielleicht besser machen könnte.

Für mich ist Wein ein sehr edles Getränk und österreichischer Wein ist für mich Kultur, die aus Österreich nicht mehr wegzudenken ist. Und österreichischer Wein ist der edelste Tropfen, er hat seit der Verordnung über die 0,5 Promille-Grenze als etwas Edles und Besonderes noch an Bedeutung gewonnen, denn wenn Sie in Gasthäuser gehen, werden sie bemerken, daß seither mehr Qualität als Quantität konsumiert wird.

Meine Damen und Herren! Nach dem alten Weingesetz lautete die Definition von Wein: "Wein im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das durch alkoholische Gärung aus dem Saft frischer und für die Weinbereitung geeigneter Weintrauben hergestellte Getränk."

Der Weinhandel will aber ein ganz neues Gesetz, also macht der Herr Landwirtschaftsminister auch ein neues Gesetz, und die Regierungskoalition beschließt es. Was ist Wein nach dem neuen Weingesetz? – Das ist schwer zu sagen! Jedenfalls steht darin nirgends, daß Wein durch Gärung von Trauben entsteht. Was dieses Gesetz aber – und jetzt passen Sie ganz genau auf! – in puncto Wein bestimmt, gilt dem Sinne nach auch für sämtliche andere Erzeugnisse, die unter dieses Gesetz fallen. Es ist darin nämlich meist nicht von Wein, sondern von "Erzeugnissen" die Rede.

Eine "Kostprobe" dieses neuen Weines sei Ihnen mit folgendem Zitat gegeben: "Bei Erzeugnissen sind ausschließlich önologische Verfahren und Behandlungen zulässig, die in den Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft für Wein oder in diesem Gesetz vorgesehen sind." – Also ich glaube, damit läßt man langsam die Katze aus dem Sack!


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Weiters heißt es darin: "Sofern es nicht nach den Bestimmungen dieses Gesetzes oder geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft erlaubt ist, ist das Zusetzen von Stoffen verboten, die ihrer Beschaffenheit nach geeignet sind,

1. Erzeugnisse zu vermehren, wie insbesondere das Zusetzen von Wasser,

2. über wesentliche Eigenschaften des Erzeugnisses zu täuschen,

3. vorgenommene unzulässige Änderungen oder Zusätze zu decken oder

4. die chemische Zusammensetzung des Erzeugnisses zu verändern." – Zitatende.

Der Schluß daraus muß lauten: Wenn es die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft erlauben, dann kann man pantschen und Wasser oder sonstige Zusätze dazugeben. (Ironische Heiterkeit und Rufe bei SPÖ und ÖVP.)

Ich zitiere weiter: "Insbesondere ist das Zusetzen von Farbstoffen, Süßungsmitteln, Konservierungsmitteln ..." (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich habe nur gesagt, daß es so sein wird.

"Insbesondere ist das Zusetzen von Farbstoffen, Süßungsmitteln, Konservierungsmitteln und anderen Stoffen verboten, sofern es nicht nach den Bestimmungen dieses Gesetzes oder geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft erlaubt ist." – Zitatende. Also: Es ist wieder einmal alles erlaubt, wenn es die Europäische Gemeinschaft erlaubt!

"Wer Wein in Verkehr bringt, hat vorzusorgen, daß er nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt wird, soweit" – passen Sie ganz genau auf! – "dies nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist."

Ich schließe daraus, meine Damen und Herren: Wer in Zukunft Wein aus selbst geernteten Trauben durch alkoholische Gärung erzeugt, ist selbst schuld, denn er wird relativ streng kontrolliert. Sein AMA-Beitrag richtet sich nach seinen Weingartenflächen, er muß also pro Hektar bezahlen. Er muß mit unfairen Praktiken konkurrieren.

Für alle übrigen Erzeugnisse, meine Damen und Herren, gilt der segensreiche liberale Tankwagenexport. Nicht nur einem echten Winzer und Gastronomen, der ein wunderbares Produkt in seinem Keller zur Ausschank bereit hält, sondern auch dem Genießer von diesem wunderbaren reinen Produkt muß es zu Herzen gehen, wie ein Landwirtschaftsminister Masse einer Erzeugung nach EU-Verordnung billigst verschleudern läßt.

Der Feinkostladen Österreich, das Besondere dieses Landes, wird wiederum in Frage gestellt. Ich habe das schon wiederholt hier betont. Unsere beste Tourismuswerbung und die Garantie einer hervorragenden Gastlichkeit war immer unser Land, unsere Kultur, unsere herrlichen reinen Produkte und die ehrlichen Menschen, die diese ehrlichen Produkte erzeugen und auf den Markt bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der nächste Weinskandal, meine Damen und Herren, wird nicht lange auf sich warten lassen. (Bundesrat Dr. Maier: In welchem Land? Wo?) Ein grausliches Prosit, meine Herren Weinlobbyisten! Mein herzliches Beileid an die ehrlichen kleinen Weinbauern! Wir werden aus Solidarität und im Interesse der kleinen Weinbauern diesem Weingesetz die Zustimmung verweigern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.32

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kraml. – Bitte.

20.32

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzten Wochen haben wieder einmal gezeigt, daß gerade im Futtermittelbereich mit äußerster Sorgfalt vorgegangen


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werden muß. Vereinfacht ausgedrückt ist es nämlich so, daß sich alles, was wir dem Tierfutter beimischen, später in den Nahrungsmitteln wiederfindet und in weiterer Folge dann in unseren Körpern landet.

Wenn heute zum Beispiel die Schweinemast auf zirka 100 Tage ausgerichtet ist und ein Huhn bereits nach 30 Tagen den Gang in die Gefriertruhe des Supermarktes antreten muß, dann kann man diese Zeit nur mit ausgeklügelter Fütterung erzielen. Und da, so glaube ich, liegt auch das Problem. Damit diese Ziele erreicht werden können, braucht man das sogenannte Turbofutter, und das stimmt mich sehr bedenklich. Aber auch die Medikamente spielen eine gewisse Rolle.

Die Mäster erzielen ihre Gewinne zum Teil nicht mehr über den Preis, sondern über die Stückzahlen und die Fütterung. Daher spielt der Preis der Futtermittel eine nicht unbeträchtliche Größe in der Tiermast. Auch da gibt es einen negativen Kreislauf: Die Turbomast produziert Überschüsse, diese Überschüsse drücken die Preise, daher müssen die Futtermittel wieder billiger werden. Wir brauchen Steuergelder, damit wir diese Überschüsse auch lagern können. Wenn wir diese dann letztendlich verkaufen können, meistens in die ehemaligen Ostländer, dann fährt auch dort der Preis in den Keller, wie das jetzt in Polen wieder gezeigt wird.

Der Herr Bundesminister hat schon in der heutigen Fragestunde darauf hingewiesen, daß eine gute Qualität auch einen entsprechenden Preis hat, und wenn wir immer billiger erzeugen müssen, weil es immer billiger verkauft wird, dann wird das letztendlich in eine Sackgasse führen.

Als Konsument verlange ich, daß ich um mein Geld einwandfreie Lebensmittel bekomme, und ich verlange auch, daß sich keine Giftrückstände in den Nahrungsmitteln befinden. Grundsätzlich ist für Österreich zu sagen, daß die Qualität der Lebensmittel in den letzten Jahren ständig verbessert worden ist. Dies ist auch darauf zurückzuführen, daß es bei uns entsprechend strenge Kontrollen gibt und daß, wenn einmal etwas passiert, seitens der zuständigen Ministerien sofort gehandelt wird – nicht immer zur Freude der betroffenen Betriebe, wie man auch vernehmen konnte.

Meine Damen und Herren! Das vorliegende Futtermittelgesetz regelt die Herstellung, das In-Verkehr-Bringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen. Es ist meiner Meinung nach ein brauchbares Gesetz, wenn die Vorgaben eingehalten und die entsprechenden Kontrollen auch durchgeführt werden.

Das Pflanzenschutzgesetz, meine Damen und Herren, ist in seinen wesentlichen Inhalten den EU-Rechtsvorschriften angepaßt. Weiters sind Grundsätze für die Landesgesetzgebung bei der Festlegung von Pflanzenschutzmaßnahmen und für die Kostentragung bei der Durchführung dieser Maßnahmen vorgesehen.

Mit dem vorliegenden Entwurf erfolgt weiters eine Anpassung der teilweise veralteten Terminologie an die im gemeinschaftlichen Pflanzenschutzsystem verwendeten.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ-Fraktion wird den vorliegenden Gesetzesbeschlüssen die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Gruber. – Bitte.

20.36

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Frau Vizepräsidentin! Heute habe ich diesem Raum etwas gelernt: Herr wirklich geschätzter Bundesminister, so sagt man nämlich zu den SPÖ-Kollegen, deswegen können wir das auch machen, aber bei uns kommt es sicherlich vom Herzen. (Beifall des Bundesrates Hensler.  – Allgemeine Heiterkeit.)

Hoher Bundesrat! Die Änderung des Futtermittelgesetzes 1999 ist lediglich eine Umsetzung der EU-Richtlinie, bietet aber die Voraussetzung, daß Skandale wie in England und in Belgien nicht


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passieren sollten. Doch wird bei diesem Gesetz nicht der Inhalt, sondern – wir werden das beim nächsten Redner erkennen – das Umfeld diskutiert.

Minister Molterer hat in den Morgenstunden darüber reichlich Aufklärung gegeben, doch da haben sicherlich einige von der Opposition noch ihre nächtlichen Träume aufgearbeitet.

Ich gebe schon zu, daß eventuell die beiden Minister, vor allem aber die Konsumentenschutzministerin etwas zu voreilig waren. Aber auf der einen Seite verlangt ihr von der Opposition immer mehr Kontrolle. Frau Aumayr hat diese im Nationalrat verlangt, Frau Haunschmid hat es heute in der Fragestunde angezogen, und Gudenus verwechselt sogar die AMA mit dem Gütezeichen A. Auf der anderen Seite geht ihr, liebe Freunde, zur Bevölkerung und zu den Bauern und macht eine miese Stimmung. Ich verstehe schon, das ist Opposition. Aber, meine Damen und Herren, es kann nicht im Interesse der Opposition sein, eine Politik zu machen, die in Wirklichkeit den österreichischen Bauern schadet. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Das Futtermittelgesetz stellt für Biobetriebe sicher, daß sie gentechnikfreie Produkte produzieren und gibt den Konsumenten die Sicherheit, ehrliche und gesunde österreichische Produkte kaufen zu können. Dafür danken wir unserem Minister Molterer. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Pflanzenschutzgrundsatzgesetz ändert sich nicht. Ich darf jedoch als praktizierender Pflanzenbauer kritisch anmerken, daß unsere Probleme, Herr Minister, nicht die Anerkennung von Pflanzenschutzmitteln und so weiter sind, sondern die zu hohen Betriebskosten. Unter anderem kostet ein Liter Roundup bei uns drei Mal so viel wie in Luxemburg.

Vielleicht noch einen Satz zu dem Futtermittel, dessen Ursprungsland Belgien ist. Wenn wir in Österreich keinen Skandal haben, dann machen wir einen. Frau Haunschmid hat es von diesem Rednerpult aus gezeigt: Sie wollte schon wieder einen Weinskandal heraufbeschwören. Ich würde mich schämen! (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Dioxinbelastung bei einer Tunneldurchfahrt ist enorm. Die Dioxinbelastung in einer Raucherecke in einem Gasthaus ist nicht zu unterschätzen. Die Dioxinbelastung im Klärschlamm, sehr geehrte Damen und Herren – in Kärnten dürfen wir auf Betreiben einer ehemaligen freiheitlichen Umweltlandesrätin Klärschlamm ausbringen –, ist im Vergleich dazu gigantisch.

Wir Bauern sollen der Abfallkübel der Nation sein, jedoch wenn bei uns ungerechtfertigterweise aufgrund des Absatzes die Preise in den Boden rattern, läßt man uns teilweise im Regen stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Winter. – Bitte.

20.41

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Frau Kollegin Haunschmid hat sich zum Weingesetz zu Wort gemeldet. Liebe Frau Kollegin Haunschmid! Ich möchte hier schon folgendes feststellen: Sie sagen, der österreichische Wein sei für Sie eine Kultur und fragen gleichzeitig, was der Wein nach dem neuen Gesetz sein werde. – Ich blicke nur ein bißchen zurück: Wie viele Novellen hat es gegeben, wie viele Gesetzesänderungen hat es gegeben, bei denen sich die FPÖ davon geschlichen und nicht zugestimmt hat? – Heute bezeichnen Sie Wein als Kultur, also müssen doch die Gesetze, die beschlossen wurden, gute Gesetze sein, sonst wäre er doch keine Kultur. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Frau Kollegin Haunschmid! Liebe Kolleginnen und Kollegen der F-Bewegung! Liebe Freunde! Ist das die Achtung vor den Bauern, vor denen ihr steht, die ihr vertreten wollt, wenn eine Vertreterin eurer Bewegung hier öffentlich sagt, dann pantschen wir halt oder geben wir Wasser dazu? (Bundesrätin Haunschmid: Ganz so habe ich das nicht gesagt!) Liebe Freunde! Für


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diese Achtung, die ihr vor den Bauern und vor den Nebenerwerbsbauern habt – es hat das heute schon jemand gesagt –, würde ich mich wirklich schämen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrätin Haunschmid: Aufpassen, was man wirklich sagt!)

Nun zur Sache. (Bundesrat Weilharter: Das war nicht zur Sache!) Liebe Freunde! Wir haben heute schon vieles vom neuen Weingesetz 1999 gehört. Es werden größere Gebiete erschlossen. Es werden Regionen erhalten. Österreich kann größere Mengen exportieren.

Mit dem Weingesetz 1999 werden nicht nur neue Gebietsregelungen, das heißt zusätzliche Weinbaugebiete in Niederösterreich und Burgenland, aber auch zusätzliche Weinbauregionen, Weinland und Bergland, umgesetzt, sondern auch die Anpassung der Bestimmungen über Obstwein an moderne Technologien bei gleichzeitigem Schutz für Obstmost von traditionell bäuerlicher Herstellung vorgenommen. Weiters werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Vielzahl von Vereinfachungen, Klarstellungen und Anpassungen an das Gemeinschaftsrecht vorgenommen.

Mit dem neuen Weingesetz wird natürlich auch dem langjährigen Wunsch der Weinwirtschaft nach einem lesbaren Weingesetz, wenn ich so sagen darf, in einem Guß nachgekommen.

Darüber hinaus erfolgt mit dem neuen Weingesetz auch eine Anpassung an das Gemeinschaftsrecht sowohl in materieller als auch in terminologischer Hinsicht. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich als einer, der im Weinviertel aufgewachsen ist – ich bitte, mich jetzt nicht falsch zu verstehen –, auf ein Viertel Bergwein. Wenn ich diesen in Tirol trinken könnte – dieses Land habe ich sehr gerne –, würde ich mich besonders freuen.

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird meine Fraktion natürlich diesem Gesetz zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.45

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, wenn hier gute Stimmung herrscht, aber noch haben wir nicht "ausg’steckt". (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber dieses kurze Abschweifen ins Private auch dazu nutzen, dem nächsten Redner, Kollegen Hensler, alles Gute zu seinem besonderen Geburtstag zu wünschen. Wir haben keine Mühen und Kosten gescheut, heute eine Sitzung zu Ehren seines Geburtstages zu machen. – Ich darf Sie bitten, das Wort zu nehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.46

Bundesrat Friedrich Hensler (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Bundesrates! Vorerst recht herzlichen Dank für die Glückwünsche. Die Frau Präsidentin hat es ganz dezent verschwiegen, ich feiere heute meinen 50. Geburtstag. (Allgemeiner Beifall.) – Nochmals recht herzlichen Dank dafür!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Bundesräte! Ich möchte heute zu drei Gesetzen, die in unmittelbarem Zusammenhang stehen, nämlich das Futtermittelgesetz, das Pflanzenschutzgesetz und das Weingesetz, Stellung nehmen. Ich glaube, es ist zweifelsohne unbestritten, daß diese Gesetze eng miteinander verbunden sind, es sind Gesetze, die jeder Bürger benötigt. Denn jeder einzelne von uns konsumiert Grundnahrungsmittel, und die Bauern sind diejenigen, die sie erzeugen.

Wir haben sehr viele Argumente gehört, sowohl positiver als auch negativer Art. Aber eines ist sicher unbestritten: daß dieses Futtermittelgesetz ein Gesetz ist, das mit dem Dioxin eng verbunden war. Ausgangspunkt war Belgien. Eines ist auch unbestritten, und das möchte ich hier klar und deutlich sagen: Als dieser Skandal aufgekommen ist, war es unser Bundesminister Willi Molterer, der sich vehement engagiert und alles unternommen hat, damit das Ärgste von den


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Menschen und von den Bürgern in Österreich abgewendet wird. – Danke schön dafür, sehr geehrter Herr Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in Österreich schon immer – wir haben es heute vormittag schon gehört, aber ich möchte es nochmals dezidiert unterstreichen – Dioxinuntersuchungen gehabt, und sie wurden aufgrund dieser Vorfälle auf sämtliche Produkte ausgedehnt.

Zu diesem Thema möchte ich abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich auf das Weingesetz eingehe, folgendes sagen: Die österreichischen Bauern erzeugen hervorragende und gute Qualität. Wir sind stolz auf unsere Bauern, aber eines ist auch unbestritten: Die Lebensmittel, die die Bauern erzeugen, sprich die Arbeit der Bauern, brauchen ihren Preis, und das muß zweifelsohne auch dem Konsumenten klarsein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt möchte ich einige Sätze zum Weingesetz sagen. Bevor ich darauf konkret eingehe, gestatten Sie mir, sehr geehrte Frau Bundesrätin Haunschmid, daß ich als produzierender Landwirt und als produzierender Weinbauer etwas zu Ihren Äußerungen sage.

Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, es werde gepanscht (Bundesrätin Haunschmid: Es könnte, habe ich gesagt!), es könnte gepanscht werden. Gnädige Frau! Ich möchte dazu folgendes sagen: Es gibt ein Sprichwort – hören Sie gut zu –, das folgendermaßen lautet: Wie der Schelm denkt, so spricht er. – Ich glaube, das ist unbestritten. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Noch etwas ist mir eingefallen, als ich über Ihre Ausführungen nachdachte: Sie sind eine blaue Bundesrätin, Sie verkaufen roten Wein, und ich bin überzeugt davon, daß Sie diesen nicht schwarz verkaufen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Haunschmid: Sicher nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber jetzt konkret zum Weingesetz, damit wir wieder zur Tagesordnung kommen.

Dieses Weingesetz wurde 1985 beschlossen. Es war ein Gesetz, das zum damaligen Zeitpunkt sicher die Voraussetzungen erfüllt hat. Heute, 1999, wird dieses Gesetz neu organisiert, neu gestaltet. Es tritt also wieder frisch in Kraft. Ich bin sicher, diese Voraussetzungen waren ausschlaggebend, weil gerade aufgrund des Zusammenschlusses mit der EU und darüber hinaus gewisse Voraussetzungen zu schaffen gewesen sind. Unser Bundesminister hat heute vormittag bereits die Vorteile erwähnt, aber ich möchte noch einmal vehement unterstreichen, was mir persönlich sehr wichtig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer der wichtigsten Vorteile ist die Gebietseinteilung. Wir haben jetzt die Möglichkeit, Gebiete zusammenzuschließen und dadurch den Markt besser zu beliefern. Wir werden damit wesentlich flexibler. Man hat ganz einfach die Möglichkeit, eine größere Kapazität an Qualitätsweinen – das dient in erster Linie sicher den Händlern – auf dem Markt – ich denke an die EU-Gebiete – anzubieten. Auf der anderen Seite hat der kleine Weinbauer die kleinen Gebiete nach wie vor zur Verfügung, sodaß er in seinem unmittelbaren Bereich darauf hinweisen kann, daß das Weinbaugebiet – erlauben Sie mir, daß ich Eigenwerbung mache – Carnuntum einen hervorragenden Wein erzeugt. (Beifall bei der ÖVP und des Bundesrates Windholz. ) – Das freut mich, Herr Bundesrat!

Die kleinen Regionen bleiben auf der einen Seite erhalten, und auf der anderen Seite haben wir die Möglichkeit, am Weltmarkt aktiv mitzuhalten. Ich glaube, das ist ein wichtiger Faktor bei diesem Weingesetz.

Ein zweiter wichtiger Punkt betrifft die Vereinfachung für den Erzeuger, sprich die Bürokratie. Es heißt immer wieder, Österreich sei überbürokratisiert, Seit 30. Mai ist die Erntemeldung entfallen. Das heißt also, wir haben die Möglichkeit, trotz vieler Kontrollen aktiv dabei zu sein, was zweifelsohne auch eine Erleichterung für die Bauern darstellt.

Der dritte Punkt betrifft die Anpassung an die EU, was auch sehr wichtig ist.


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Zusammenfassend glaube ich sagen zu können, daß es ein gutes Gesetz ist. Es ist ein Gesetz, das auf der einen Seite den Bauern und auf der anderen Seite den Konsumenten dient. Das ist der Grundgedanke des politischen Denkens in diesem Bereich, aber auch der Grundgedanke des agrarpolitischen Denkens.

Abschließend erlauben Sie mir noch eine Bemerkung, welche aus tiefstem Herzen kommt. Sie alle wissen, wir befinden uns in einer Zeit, in der es nicht sehr einfach ist, gewisse Gesetze in sehr kurzem Zeitraum abzuschließen. Mich hat es interessiert, und daher habe ich mich erkundigt: Dieses Weingesetz wurde binnen drei Monaten so organisiert und gestaltet, wie es derzeit am Tisch liegt. Ich denke, das ist eine großartige Leistung des Ministeriums. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Weilharter: Das ist das Problem, Herr Kollege!)

Das ist eine großartige Leistung des Ministeriums, also von Ihnen, Herr Bundesminister, aber auch von den Beamten, die dieses Gesetz vorbereitet haben. Dankeschön dafür, das ist wirklich ein positiver Faktor.

Die Österreichische Volkspartei, meine Fraktion, wird diesem Gesetz sehr gerne ihre Zustimmung erteilen. – Ich schließe mit einem aufrichtigen und ehrlichem Prost auf den österreichischen Wein! Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

20.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Steinbichler. – Bitte.

20.54

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Das Wesentliche zu diesen Gesetzen wurde von meinen Vorrednern bereits gesagt. Ich denke, wenn man solch profunde Produzenten wie Kollegen Hensler hat, der wirklich weiß, wovon er spricht, dann ist dem nichts mehr hinzuzufügen. Trotzdem möchte ich doch noch einiges zum Futtermittelgesetz sagen.

Ich fürchte, daß sich diese Diskussion wieder auf typisch theoretischem Niveau abspielt. Es wird so gesprochen, als ob in Österreich vorwiegend künstliche und zugekaufte Futtermittel eingesetzt werden würden. Wir übersehen dabei, daß in erster Linie Produkte wie Gras, Getreide aus bodenständiger nationaler Produktion verabreicht und verfüttert werden, was letztlich für unsere Kulturlandschaft von größter Bedeutung ist. Ein ganz wesentlicher Punkt bei den Zukauffuttermitteln müßte sein, daß man die Haftungsfrage verstärkt, insbesondere den Regreßweg, weil es immer noch skrupellose Händler gibt, die ihre verseuchten Futtermittel in den Verkehr bringen. Diese werden dann vom Bauer in dem Glauben, daß es sich um ordentliche Produkte handelt, verfüttert. Die Bauern sind dann letztlich die Geschädigten, weil solche Skandale immer wieder auf den Produzenten zurückfallen. Ich denke, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, daß man im Bereich der Haftungsfrage wesentlich schärfer vorgeht.

Ein ganz wesentlicher Punkt wurde bereits angesprochen: Wir wurden auch von der Opposition manchmal dafür geprügelt, weil wir eine Überbürokratie haben, weil wir den Bauern zusätzliche Arbeit auflasten. Das stimmt, aber ohne diese Kennzeichnung vor Ort, ohne die Kennzeichnung der Tiere und in weiterer Folge ohne AMA-Gütesiegel, ohne Kennzeichnung der Produkte könnte nicht gewährleistet werden, daß es sich um ausschließlich österreichische Produkte handelt. Das sind meiner Meinung nach ganz wesentliche Punkte, wobei oftmals die AMA in Mißkredit kommt. Da wird nicht nur gute Werbearbeit geleistet, sondern es wird auch die Qualität gekennzeichnet, damit sie nachvollziehbar ist.

Alle jene Betriebe, die es mit unseren österreichischen Bauern, mit unserer heimischen Landwirtschaft ehrlich meinen, sind aufgefordert, Produkte mit dem AMA-Gütesiegel zu verwenden. Es hilft uns nichts, wenn große Konzerne mit "Ja! Natürlich" – ich nenne es bei Namen – werben und sagen, sie können dafür bürgen, daß sie ausschließlich mit österreichischen Produkten handeln. Wer garantiert dort? Wo ist die Kontrolle vom Betrieb bis zum Verkaufsregal. – Ausschließlich das AMA-Gütesiegel garantiert das. Wenn es diese Firma ehrlich meint, dann


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soll sie auch Produkte mit dem AMA-Gütesiegel verwenden. Sie sind zwar teurer, aber dafür sind sie garantiert echt und ehrlich.

Frau Kollegin Haunschmid! Sie haben unsere Weinbauern als Panscher bezeichnet. Ich bin jemand, der die Partnerschaft mit den Wirten ständig sucht, und zwar nicht nur im Schnitzel-, im Fleischbereich, sondern auch beim Wein. Wenn wir die Garantie bekommen, daß unsere Wirte nur mehr österreichischen Wein ausschenken, also auf den Südtiroler, auf den Italiener, auf den Franzosen, auf den chilenischen Merlot verzichten, dann werden wird vielleicht etwas an Weinkultur verlieren, weil wir unseren Wein auch exportieren, aber dann sind wir ehrlich. Es besteht die Gefahr, daß ich mit meiner Frau einmal zum Mittagessen zu Ihnen komme und mich von der Qualität des Weines in Ihrem Haus überzeuge. Sie müssen damit rechnen, Frau Kollegin! (Bundesrätin Haunschmid: Sehr gut!)

Abschließend noch eine Bemerkung: Vielleicht sollten uns diese Skandale zu einem neuen Denkansatz in der Agrarpolitik bewegen. Auch die Beratung geht manchmal zu stark in Richtung Zuchtfortschritt, zu stark in Richtung Mengenproduktion, obwohl das auch sehr wichtig ist, aber vielleicht ist es doch etwas überzogen. Gerade im Ministerium wurden schon wertvolle Ansätze umgesetzt. Ich denke zum Beispiel an das ÖPUL-Programm, an die bodengebundene Produktion. Wir wollen auch in Zukunft eine Landwirtschaft, eine bäuerlich betriebene Land- und Forstwirtschaft mit flächengebundener Produktion und keine Farmerwirtschaft mit F wie in Amerika und schon gar keine Pharmerwirtschaft mit ph. Deshalb sind diese drei vorliegenden Gesetzesbeschlüsse eine Entscheidung in die richtige Richtung. Meine Fraktion wird daher zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weilharter. – Bitte.

20.59

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Spätestens seit 1976 – ich sage dazu Stichwort Seveso – ist die gesundheitsschädliche Wirkung von Dioxinen und chemisch verwandten Stoffen nicht nur in Wissenschaftskreisen, sondern allgemein bekannt. Es war also für viele nur eine Frage der Zeit, bis dieses Gift in unsere Nahrungskette gelangt. So bestätigt auch der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft im Landwirtschaftsausschuß am 9. 6. 1999, daß vor dem belgischen Futtermittelskandal österreichische Futtermittel nicht speziell auf Dioxin untersucht worden sind.

Meine Damen und Herren! Die Gesundheit und der Konsumentenschutz und hier vor allem die zuständigen BundesministerInnen innerhalb des europäischen Raumes verlassen sich bei diesem Thema auf die Grenzwerte der Weltgesundheitsorganisation. Auch eine Entscheidung der EU-Kommission vom 3. 6. 1999 nimmt Bezug auf diese Daten der Weltgesundheitsorganisation, und sie verweist in ihren Empfehlungen im Hinblick auf dioxinkontaminierte tierische Erzeugnisse in Hinkunft auf die Grundlagen der Weltgesundheitsorganisation. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Das bestätigt aber auch, daß innerhalb der Europäischen Union in diesem Bereich letztlich das Melde- und Informationssystem versagt hat. So kann nicht ausgeschlossen werden, daß Österreichs Verbraucher seit vielen Wochen dioxinverdächtige Lebensmittel kaufen und verzehren. Aus diesem Grund darf ich einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Engelbert Weilharter, Ulrike Haunschmid und Kollegen betreffend Dioxinmisere – importiert und hausgemacht

Der Bundesrat wolle beschließen:


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"Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, hinsichtlich der Dioxinkontamination von Lebens- und Futtermitteln folgende Maßnahmen zu setzen:

Offenlegung aller bisher verfügbaren Daten und Fakten,

klare Benennung und lückenlose Auflistung der

dioxinverdächtigen,

tatsächlich dioxinhaltigen

Lebens- und Futtermittel zwecks Information der Verbraucher und Landwirte,

rasche und lückenlose Beschlagnahme tatsächlich kontaminierter Lebens- und Futtermittel,

Importstopp für verdächtige Lebens- und Futtermittel,

Abgeltung für schuldlos zu Schaden gekommene bäuerliche Betriebe,

ausreichende budgetäre Dotierung der Lebensmitteluntersuchungsanstalten, um erforderliche Geräte und ausgebildetes Personal für die notwendigen Rückstandsuntersuchungen einsetzen zu können.

Abgesehen von diesen Sofortmaßnahmen wird die Bundesregierung aufgefordert, in Zusammenwirken mit den zuständigen EU-Gremien

rasch ein Dioxin-Ausstiegsprogramm für alle Mitgliedstaaten zu entwickeln und umzusetzen,

im Rahmen der EU-Umweltpolitik und des Betriebsanlagerechtes die Emissionskontrolle für Dioxin bei den Verursachern zu intensivieren,

EU-weit einheitliche strenge Dioxin-Grenzwerte zu beschließen."

*****

Herr Präsident! Ich bitte Sie, diesen Entschließungsantrag mit in die Verhandlungen einzubinden.

Meine Damen und Herren! Noch ein paar Bemerkungen zum Weingesetz: Kollege Winter hat aus seiner Sicht zum Weingesetz Stellung genommen, und ich bin sehr froh, daß Kollege Winter nur über Wein redet und nicht Wein produziert. Herr Kollege Winter! Denn wenn Sie das produzieren oder so produzieren müßten, wie Sie es gesagt haben, dann würden, so glaube ich, die meisten hier in diesem Hause abstinent leben und unter Umständen keinen Wein mehr trinken. (Bundesrat Winter: Was Haunschmid gesagt hat – dann würde ich keinen kaufen! – Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das Weingesetz selbst jetzt in einem Husch-Pfusch-Verfahren zu beschließen, stiftet nicht nur Verwirrung, sondern gefährdet auch das Weinland und den Weinstandort Steiermark. Es dürfte Ihnen allen bekannt sein, daß gerade die steirischen Weinbauern in der letzten Zeit in der Lage waren, doch ein Qualitätsprodukt zu produzieren, einen Wein zu keltern und zu verkaufen, der sich weit über die Grenzen der Steiermark hinaus bewährt hat, nämlich die steirische Spezialität, den steirischen Bergwein, der besonderen Qualitätskriterien unterliegt.

Meine Damen und Herren! Mit den neuen Begriffsbestimmungen im Weingesetz, das Sie vorhaben, stiften Sie Verwirrung. Mit dieser neuen Begriffsbestimmung "Berglandwein" gefährden Sie den steirischen Bergwein. Die Beschlußfassung dieses Weingesetzes ist einen Schlag gegen die steirische Landwirtschaft. Sie werden verstehen, daß wir als Freiheitliche – ich hoffe, auch die steirischen Vertreter – diesem Weingesetz unsere Zustimmung nicht geben können.


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(Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Jetzt übertreibst du! – Bundesrat Winter: Wenn das Haider hört, hast du heute den letzten Tag gehabt! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

21.06

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Weilharter und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Dioxinmisere – importiert und hausgemacht ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

21.06

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich möchte nur wenige Sätze sagen. Herr Bundesrat Weilharter! Die Futtermitteluntersuchungen, die in der Vergangenheit durchgeführt worden sind, haben selbstverständlich auch Dioxin als Untersuchungsgegenstand beinhaltet. Selbstverständlich ist die Intensität der Dioxinuntersuchungen nach den belgischen Vorfällen erhöht worden. Aber es stimmt nicht, was Sie gesagt haben, daß es keine Dioxinuntersuchungen gegeben hat (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter ), sondern es ist im Zuge der routinemäßigen Untersuchungen selbstverständlich auch auf Dioxin untersucht worden.

Zur Frage des Weingesetzes: Frau Bundesrätin Haunschmid! Ich möchte Ihnen nur einige Informationen geben. Erstens: Es handelt sich um einen Initiativantrag, gnädige Frau Bundesrätin, den Abgeordnete des Nationalrates auf Basis der praktischen Erfahrungen, die mit den Weinbauern und Vertretern der Weinwirtschaft intensiv diskutiert wurden, erarbeitet haben. Das Landwirtschaftsministerium hat selbstverständlich das Know-how zur Erarbeitung dieses Initiativantrages zur Verfügung gestellt.

Zweitens, Frau Bundesrätin, ist es eine mehr als 1000jährige Erfahrung, daß Wein durch Gären entsteht.

Drittens, Frau Bundesrätin, wird die österreichische Bundesgesetzgebung gut beraten sein, auf Wiederholungen zu verzichten, weil die europäische Weinmarktordnung bereits grundlegend die Definition enthält, was Wein ist, und eine Dublette ist im österreichischen Weingesetz nicht erforderlich.

Viertens: Das österreichische Weingesetz hält unmißverständlich an der Qualitätsorientierung fest und hält unmißverständlich an der Hektarhöchstbegrenzung zur Sicherung der Qualitäten fest, gnädige Frau! Interessanterweise ist im Landwirtschaftsausschuß des Nationalrates von Abgeordneten der FPÖ kritisiert worden, daß dieses Weingesetz in einzelnen Punkten zu restriktiv sei und daß die FPÖ eine andere Weingesetzgebung wollte. Aber dort wurde das gegenteilige Argument von dem, was Sie heute hier gebracht haben, angeführt.

Frau Bundesrätin! Ich verwehre mich im Interesse der österreichischen Weinbauern ganz klar gegen all das, was Sie hier gesagt und insbesondere angedeutet haben, was Sie offensichtlich gerne herbeigeredet hätten. Ich garantiere Ihnen, daß die österreichischen Winzer an der Qualitätsorientierung unmißverständlich festhalten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Die österreichischen Winzerinnen und Winzer haben es nicht verdient, daß hier vom Panschen geredet und ein Weinskandal herbeigeredet wird, den es nicht gibt, Frau Bundesrätin! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Die Möglichkeit wird freigegeben!)

Sie werden verstehen, daß ich als Landwirtschaftsminister diesbezüglich etwas emotionell bin. Insbesondere von einer Wirtin hätte ich das Wort "Panschen" nicht erwartet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.09

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.


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Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über die vorliegenden Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen (Futtermittelgesetz 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Weilharter und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Dioxinmisere – importiert und hausgemacht vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag auf Fassung einer Entschließung ist daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 über ein Bundesgesetz betreffend Grundsätze für den Schutz der Pflanzen vor Krankheiten und Schädlingen (Pflanzenschutzgrundsatzgesetz).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Wir stimmen zunächst über den Antrag des Bundesrates Engelbert Weilharter ab, gemäß § 51 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz des Bundesrates die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 38 zu vertagen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 38 zu vertagen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag, die Verhandlungen zu TOP 38 zu vertagen, ist daher abgelehnt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 18. Juni 1999 betreffend ein Bundesgesetz über den Verkehr mit Wein und Obstwein (Weingesetz 1999).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

39. Punkt

Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Genossen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema "Mitwirkung des Bundesrates bei der Nominierung der EU-Kommissare und der übrigen Organe gemäß Artikel 23c Abs. 2 B-VG durch die Bundesregierung, Einführung eines Hearings der Kandidaten im Parlament" (115/A sowie 6010/BR der Beilagen)


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Vizepräsident Dr. Milan Linzer:
Wir gelangen nun zum 39. Punkt der Tagesordnung: Selbständiger Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Genossen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema "Mitwirkung des Bundesrates bei der Nominierung der EU-Kommissare und der übrigen Organe gemäß Artikel 23c Abs. 2 B-VG durch die Bundesregierung, Einführung eines Hearings der Kandidaten im Parlament".

Die Berichterstattung hat der Vorsitzende des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus, Dr. Günther Hummer, übernommen. Ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Dr. Günther Hummer: Hoher Bundesrat! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Antrag auf Abhaltung einer parlamentarischen Enquete in seiner Sitzung am 31. Mai 1999 vertagt und am 29. Juni 1999 neuerlich in Verhandlung genommen.

Den Bericht an den Ausschuß erstattete Bundesrat Dr. Peter Böhm.

Zum vorliegenden Antrag brachte Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch einen Abänderungsantrag ein.

Der gegenständliche Antrag in der Fassung des Abänderungsantrages erhielt nicht die erforderliche Mehrheit.

Die Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch, Mag. John Gudenus und Dr. André d'Aron stellten gemäß § 32 Abs. 6 GO-BR das Verlangen, einen Bericht an den Bundesrat zu erstatten. Ein Berichterstatter wurde nicht gewählt.

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir gehen in die Debatte ein.

Wünscht jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Engelbert Schaufler.

21.14

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Verehrte Damen! Geschätzte Herren!

Antrag

der Bundesräte Ludwig Bieringer und Albrecht Konecny

zum Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus (6010 der Beilagen)

über den Selbständigen Antrag der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Genossen betreffend Abhaltung einer Enquete zum Thema "Mitwirkung des Bundesrates bei der Nominierung der EU-Kommissare und der übrigen Organe gemäß Artikel 23c Abs. 2 B-VG durch die Bundesregierung, Einführung eines Hearings der Kandidaten im Parlament"

Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, der Bundesrat wolle den im Titel zitierten Bericht zur Kenntnis nehmen.

*****

21.15

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der soeben verlesene Antrag ist ausreichend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile ihm dieses.

21.15

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Geschätzte Damen und Herren! Glauben Sie ja nicht, daß ich mich zu dieser vorgerückten Stunde deshalb


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zu Wort melde, weil ich darüber gekränkt wäre, daß Sie mir im Ausschuß für Verfassung und Föderalismus nicht die Ehre zuteil werden ließen, heute dem Plenum zu unserem eigenen Antrag Bericht zu erstatten – mag dieses kleinliche Verhalten auch der bisher gepflogenen Usance widersprechen. Nein, was ich wirklich bedauere und was meine Fraktion nicht mehr versteht, ist die Ablehnung unseres Selbständigen Antrages betreffend Abhaltung einer Enquete.

Denn weshalb haben die Koalitionsparteien diesem unserem Antrag nicht zugestimmt? Wäre er etwa demokratiepolitisch nicht zu rechtfertigen gewesen? – Geht es doch bei der Kontrolle der Regierung um eine der wenigen, dem Parlament noch real verbliebenen Kompetenzen. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wäre die von uns vorgeschlagene Enquete nicht auch ein Beitrag zur Stärkung des Föderalismus und der Aufwertung des Bundesrates als Länderkammer gewesen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hätte es uns nicht gutgetan, wenn wir an der entsprechenden Willensbildung zur Nominierung der EU-Organe hätten mitwirken können?

Sie haben uns dabei im Ausschuß unterstellt, wir hätten verkannt, daß die Entscheidung über die Ernennung der EU-Kommissare bei der Europäischen Union – präziser: beim Präsidenten der EU-Kommission und dem EU-Parlament, das die Kommissare zu bestätigen hat – liege. Diesen Nachhilfeunterricht über den Amsterdamer Vertrag hatten wir nicht nötig, das weise ich zurück, das war uns stets bewußt. Ebenso war uns aber auch bewußt, daß die Regierungen der Mitgliedsstaaten – also auch Österreichs – dabei doch unleugbar eine ganz wesentliche Rolle spielen.

Soll und darf das Parlament an diesem Vorschlagsrecht der Bundesregierung nicht kontrollierend Anteil nehmen, oder wollen nur Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP und der SPÖ, das nicht, weil Sie ohnehin schon in koalitionärer Absprache, womöglich im üblichen proporzmäßigen Abtausch, Ihre Personalentscheidungen längst getroffen haben? – Wir nehmen doch nicht an, daß Sie Persönlichkeiten vorschlagen wollen, die man dem Parlament nicht präsentieren könnte!

Bedauern Sie doch künftig in Festreden nicht mehr, daß Sie die Bedeutung des Bundesrates in Öffentlichkeit und Medien nicht ausreichend anerkannt sehen, wenn Sie selbst es sind, die wieder einmal die Chance zu seiner Aufwertung verspielen.

Abschließend appelliere ich daher an alle Kollegen von ÖVP und SPÖ: Überdenken Sie bitte Ihre demokratiepolitische Haltung! – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.19

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen nunmehr zur


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Abstimmung
über den Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer und Albrecht Konecny auf Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichtes ist somit angenommen .

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Abstimmung über Fristsetzungsanträge

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Fristsetzungsanträge.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Antrag 4/A der Bundesräte Brunnauer und Kollegen betreffend Behördenüberleitungsgesetz eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Antrag 5/A der Bundesräte Bürkle und Kollegen betreffend Aufhebung der Sicherheitsdirektion eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Antrag 6/A der Bundesräte Appel und Kollegen betreffend Durchführung der Schulgesetze eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Antrag 81/A(E) der Bundesräte Dr. Dillersberger und Kollegen betreffend Föderalistische Bundesverfassung eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Verfassung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Antrag 85/A der Bundesräte Dr. Schambeck und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Finanz-Verfassungsgesetzes eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Verfas


Bundesrat
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sung und Föderalismus zur Berichterstattung über den Antrag 89/A der Bundesräte Dr. Kapral und Kollegen betreffend Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 12/A der Bundesräte Ing. Gassner und Kollegen betreffend Bundesgesetz vom 31. 5. 1967, BGBl. Nr. 200, über die Kranken- und Unfallversicherung öffentlich Bediensteter eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 60/A(E) der Bundesräte Dr. Irmtraut Karlsson und Kollegen betreffend Schaffung eines Bundesgesetzes für Flüchtlings- und Zuwandererbetreuung eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 80/A(E) der Bundesräte Dr. Tremmel und Kollegen betreffend Verwendung des Pflegegeldes eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 13/A der Bundesräte Egger und Kollegen betreffend Schaffung einer Lehrkanzel für Ernährung eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 36/A der Bundesräte Raab und Kollegen betreffend Befreiung der Nostrifikation ausländischer Zeugnisse von Abgaben und Gebühren eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.


Bundesrat
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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 40/A der Bundesräte Maria Rauch-Kallat und Kollegen betreffend Befreiung erheblich behinderter Kinder vom Leistungsnachweis bei der Gewährung von Schülerbeihilfen eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 27/A der Bundesräte Dr. Malcher und Kollegen betreffend Schließung offensichtlicher Rechtslücken im Strafgesetzbuch eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 41/A der Bundesräte Dr. Schambeck und Kollegen betreffend Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über Antrag 64/A(E) der Bundesräte Mag. Gudenus und Kollegen betreffend Allgemeine Regelung der Gefährdungshaftung eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 65/A(E) der Bundesräte Dr. Wabl und Kollegen betreffend Änderung der Jurisdiktionsnorm eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
656. Sitzung / Seite 199

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 30/A der Bundesräte Dr. Schambeck und Kollegen betreffend Entwicklung in Polen eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.


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Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 54/A(E) der Bundesräte Konecny und Kollegen betreffend Bundesgesetz über das Verbot wirtschaftlicher Beziehungen zur Republik Südafrika eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 69/A der Bundesräte Mölzer und Kollegen betreffend Novellierung des Berggesetzes eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Umwelt, Jugend und Familie zur Berichterstattung über den Antrag 50/A(E) der Bundesräte Sattlberger und Kollegen betreffend Freigabe von Propan/Butan und anderer in der EG bewährter unbedenklicher Treibgase im Zusammenhang mit dem Verbot von FCKWs in Spraydosen eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Minderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Ausschuß für Wissenschaft und Verkehr zur Berichterstattung über den Antrag 76/A der Bundesräte Dr. Rockenschaub und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz geändert wird, eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 3/A der Bundesräte Rück und Kollegen betreffend Verzinsung der seinerzeitigen Reichsdarlehen an gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgesellschaften – Genossenschaften eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 7/A der Bundesräte Dr. Mussil und Kollegen betreffend Vereinfachung der Lohnverrechnung eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 8/A der Bundesräte Dr. Mussil und Kollegen betreffend Novellierung des Güterfernverkehrssteuergesetzes eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 57/A(E) der Bundesräte Saliber und Kollegen betreffend Fortbestand des Salzbergbaues und der Saline Hallein eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 58/A(E) der Bundesräte Köpf und Kollegen betreffend Weiterführung der Salzproduktion am Standort Hallein eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 71/A der Bundesräte Dr. Kapral und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz geändert wird, eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Bundesrates Dr. Reinhard Eugen Bösch gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, dem Geschäftsordnungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 84/A der Bundesräte Dr. Schambeck und


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Kollegen betreffend Änderung der Bundesrats-Geschäftsordnung eine Frist bis zum 28. Juli 1999 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenminderheit.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Ich gebe bekannt, daß seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt 21 Anfragen, 1620/J bis 1640/J, eingebracht wurden.

Ich gebe ferner bekannt, daß der Selbständige Antrag 120/A der Bundesräte Dr. Reinhard Eugen Bösch und Kollegen betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates sowie der Selbständige Antrag 121/A der Bundesräte Ludwig Bieringer, Albrecht Konecny und Kollegen ebenfalls betreffend Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates eingebracht wurden.

Ich weise diese beiden Anträge dem Geschäftsordnungsausschuß zur Vorberatung zu.

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 29. Juli 1999, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Falls die Tagesordnung nicht zeitgerecht erledigt werden kann, ist vorgesehen, die Sitzung zu unterbrechen und am nächsten Tag, Freitag, dem 30. Juli 1999, um 9 Uhr fortzusetzen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Vorlagen in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschußvorberatungen sind für Dienstag, den 27. Juli 1999, ab 14 Uhr vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 21.38 Uhr