Stenographisches Protokoll

111. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 13. März 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

111. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Freitag, 13. März 1998

Dauer der Sitzung

Freitag, 13. März 1998: 12.01 – 18.34 Uhr

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Inhalt

Nationalrat

Ansprache des Präsidenten Dr. Heinz Fischer anläßlich des 60. Jahrestages des "Anschlusses" Österreichs an das "Deutsche Reich" 12

Personalien

Verhinderungen 12

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten


Nationalrat, XX.GP
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111. Sitzung / Seite 2

Dr. Volker Kier und Genossen, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 705/A betreffend ein Bundesgesetz über die Haftung für nukleare Schäden, Atomhaftpflichtgesetz, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 14. April 1998 zu setzen – Ablehnung 15, 73

Unterbrechung der Sitzung 15

Ausschüsse

Zuweisungen 13

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend atompolitisches Versagen des Bundeskanzlers bezüglich grenznaher Atomanlagen, EU-Atompolitik und Atomwaffenfreiheit Österreichs (3835/J) 15

Begründung: Ing. Monika Langthaler 23

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima 28

Debatte:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 37

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima 39

Georg Oberhaidinger 39

Rosemarie Bauer 41

Mag. Karl Schweitzer 44

Dr. Volker Kier 47

Dr. Gabriela Moser 50

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 52

Otmar Brix 55

Dr. Michael Spindelegger 56

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 58

Hans Helmut Moser 60

Mag. Doris Kammerlander 62

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 64

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 65

Mag. Reinhard Firlinger 67

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 68

Dr. Gabriela Moser (tatsächliche Berichtigung) 69

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 69

Dr. Martina Gredler 71

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosemarie Bauer, Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend Maßnahmen gegen grenznahe kerntechnische Anlagen – Annahme (E 106) 43, 72

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Risken der EU-Osterweiterung am Beispiel der Atompolitik – Ablehnung 58, 72

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend die Schaffung einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie – Ablehnung 48, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend dringliche antiatompolitische Maßnahmen Österreichs – Ablehnung 51, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa – Ablehnung 63, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend überhöhte Treibstoffpreise in Österreich – Ablehnung 70, 73

Eingebracht wurden

Petition 13

Petition "zur zwingenden Umsetzung von Volksbegehren, die mindestens 500 000 Stimmberechtigte unterschrieben haben" (Ordnungsnummer 38) (überreicht von der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr )

Regierungsvorlage 13

988 und Zu 988: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den frühzeitigen Austausch von Informationen bei radiologischen Gefahren und über Fragen gemeinsamen Interesses aus dem Bereich der Nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes und Zurückziehung der Regierungsvorlage

Berichte 14

III-118: Bericht aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 20. März 1997, E 49-NR/XX. GP, betreffend Prüfung von innerstaatlichen


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111. Sitzung / Seite 3

Maßnahmen zur Verstärkung der internationalen Mobilität der Studierenden; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-119: Zweiter Bericht gemäß dem Katastrophenfondsgesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung der Jahre 1996 und 1997; BM f. Finanzen

III-120: Ozonbericht 1997; Bundesregierung

III-121: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1995; BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

III-122: Bericht über die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit 1994 – 1996 (Dreijahresbericht); BM f. auswärtige Angelegenheiten

Anträge der Abgeordneten

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderungsplanes im Forschungsbereich (708/A) (E)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Atomenergie und Osterweiterung (709/A) (E)

Arnold Grabner, Karlheinz Kopf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (710/A)

Anfragen der Abgeordneten

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Organisation der Exekutive bei Autobahnunfällen (3783/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Erhaltung des Filmarchivs der Austria Film- und Video GesmbH. im Bundeseigentum (3784/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Überlastung des Verwaltungsgerichtshofes (3785/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Auftreten eines Vertreters der GFK bei einer Schulung für die designierten Mitglieder des UBAS (3786/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Vermittlung von kroatischen und türkischen Sätzen im Deutschunterricht (3787/J)


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111. Sitzung / Seite 4

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Belegung der Goldmünzen mit der Mehrwertsteuer (3788/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Gründung von Kompetenzzentren im Rahmen einer geplanten Technologieoffensive (3789/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Gründung von Kompetenzzentren im Rahmen einer geplanten Technologieoffensive (3790/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Der Jurist als Alleskönner!" (3791/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Beibehaltung der Unfallmeldegebühr (3792/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Ausbildungsdefizite der heimischen Maturanten in nahezu allen wichtigen Lehrbereichen (3793/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Stand der Technologieoffensive (3794/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Stand der Technologieoffensive (3795/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Wahlkampfleiter Waldner (3796/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Zukunft des Bahn- und Busbetriebs der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau-Gesellschaft mbH (GKB) (3797/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Lärmschutz- und Sicherungsmaßnahmen im Bereich des Bahnhofs Gloggnitz (3798/J)


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111. Sitzung / Seite 5

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Ehrung für Dr. Heinrich Gross (3799/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend das Recht auf einen Vor- und Familiennamen für tot geborene Kinder (3800/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend das Recht auf einen Vor- und Familiennamen für tot geborene Kinder (3801/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend das Recht auf einen Vor- und Familiennamen für tot geborene Kinder (3802/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Umgang mit Preisermäßigungen von Schulfotografen (3803/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Finanzierung des Semmering-Basistunnels (3804/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierung des Semmering-Basistunnels (3805/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Umsetzung des Krankenanstaltenarbeitszeitgesetzes (3806/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spekulationen im internationalen Zahlungsverkehr (3807/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Forschungszentrum Seibersdorf (3808/J)

Katharina Horngacher und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Überprüfung eines neuen Reaktortyps in Bayern (3809/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend staatliche Familienleistungen (3810/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Kinderbetreuungsscheck (3811/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Bildungskarenz (3812/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verhängung der Schubhaft über die Mutter eines viereinhalb Monate alten Säuglings (3813/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sichtvermerke in Reisepässen österreichischer Staatsbürger (3814/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Kunstwerke, die ab 13. März 1938 in staatlichen Besitz übergegangen sind und nach der Befreiung Österreichs 1945 überhaupt nicht an ursprüngliche Besitzer (Besitzer vor dem 13. März 1938) rückgestellt wurden oder deren ursprüngliche Besitzer unter dem tatsächlichem Wert und/oder nur unter bestimmten Bedingungen entschädigt wurden (3815/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Krankenscheine für studierende Kinder (3816/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Krankenstand während Schulungen (3817/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Umsetzung des österreichischen Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus (3818/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend personellen Kahlschlag bei der Österreichischen Bundesforste AG (3819/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend personellen Kahlschlag bei der Österreichischen Bundesforste AG (3820/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Tierhaltung in aufgelassenen Bauernhöfen (3821/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Umsetzung des österreichischen Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus (3822/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Umsetzung des österreichischen Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus (3823/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend polizeiliche Maßnahmen wegen angeblicher "provokanter Verwendung von Davidsternen" (3824/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Terminal Graz-Süd/ Werndorf (3825/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Eigentumswohnung des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Vranitzky (3826/J)


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111. Sitzung / Seite 6

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verweigerung von Informationen gegenüber der Volksanwaltschaft (3827/J)

Dr. Harald Ofner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zahl und Erfolg von Rechtsmitteln in Zivil- und Strafverfahren (3828/J)

Dr. Harald Ofner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Praxis der Gerichtshöfe hinsichtlich der bedingten Entlassung aus der Strafhaft (3829/J)

Dr. Harald Ofner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Situation des und die Möglichkeiten für Dipl.-Ing. Wassilij Fjodorowitsch Lomtew (3830/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend einige bedenkliche Freimaurerbetriebe in und um Österreich (3831/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schülerausstellung mit dem Titel "Kärnten unter dem Hakenkreuz" im Museum für Volkskultur in Spittal/Drau (3832/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Formierungsübung des JgB 46 in Spittal/Drau (3833/J)

Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend steuerliche Einstufung von Direktvermarktern als landwirtschaftlicher Betrieb oder als Gewerbebetrieb (3834/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend atompolitisches Versagen des Bundeskanzlers bezüglich grenznaher Atomanlagen, EU-Atompolitik und Atomwaffenfreiheit Österreichs (3835/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Ausübung und Zulässigkeit von "Piercing" (3836/J)

Dr. Johann Stippel und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Wahlwerbung der ÖVP für die NÖ-Landtagswahl am 22. März 1998 auf dem Areal der MILAK in Wiener Neustadt (3837/J)

Dr. Johann Stippel und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Wahlwerbung der ÖVP für die NÖ-Landtagswahl am 22. März 1998 auf dem Areal der MILAK in Wiener Neustadt (3838/J)

Dr. Johann Stippel und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Wahlwerbung der ÖVP für die NÖ-Landtagswahl am 22. März 1998 auf dem Areal der MILAK in Wiener Neustadt (3839/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend gesetzlich nicht gedeckte Personalleihe "im Sonderangebot" zugunsten des Präsidentschaftskandidaten Dr. Klestil (3840/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend gesetzlich nicht gedeckte Personalleihe "im Sonderangebot" zugunsten des Präsidentschaftskandidaten Dr. Klestil (3841/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen (3842/J)


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111. Sitzung / Seite 7

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Brandstiftung und Wiederbetätigung in Wels (3843/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Aufhebung der Radwegebenützungspflicht (3844/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Stand der Bundesstraßenplanung auf Wiener Gebiet (3845/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Anträge auf Gewährung des Insolvenzausfallgeldes (3846/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend LKW-Verwiegung durch automatische Kontrollpunkte (3847/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Inanspruchnahme der neuen Arbeitszeitmodelle wie Bildungskarenz, Solidaritätsprämienmodell und Karenz mit Einstellung einer Ersatzkraft (3848/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Übergriffe der Polizei und Gendarmerie (Statistik 1996) (3849/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend eigenmächtige Personenkontrollen durch angebliche "Beauftragte" eines gewissen Bürgerforums "Mensch – Tier – Umwelt" (3850/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Verdacht auf nationalsozialistische Wiederbetätigung durch die Wiederherstellung einer Tafel am Rathausturm in Bad Radkersburg (3851/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Übergriffe der Polizei und Gendarmerie (Statistik 1997) (3852/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Gedenkstätte Mauthausen (3853/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Besuch von Berufsschulen durch Lehrlinge ohne Lehrvertrag (3854/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Autobahnanbindung an deutsche Autobahn A 94 (3855/J)

Karlheinz Kopf und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Überwachungsgebühren bei Sportveranstaltungen (3856/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend medizinischen Einsatz von Cannabinoiden (3857/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend ehemaliges "Rondell-Kino" (3858/J)


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111. Sitzung / Seite 8

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Gebührenvorschreibung für Anträge auf Verwendung einer Volksgruppensprache und Zulassung des Slowenischen als Amtssprache vor dem Finanzamt Klagenfurt (3859/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gebührenvorschreibung für Anträge auf Verwendung einer Volksgruppensprache und Zulassung des Slowenischen als Amtssprache vor dem Finanzamt Klagenfurt (3860/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend 380 kV-Leitung (3861/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Herzkrankheiten – häufigste Todesursache (3862/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Roma-Siedlung in Oberwart (3863/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Affäre um Bescheiderstellung im Akkord in Ausländerangelegenheiten im Bundesministerium für Inneres (3864/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Teilzeitarbeit (3865/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten im Zusammenhang mit Asylverfahren (3866/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Bezahlung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe an einen kriminellen, wegen Quälens und der Kinderschändung an der eigenen Tochter verdächtigten türkischen Ausländer (3867/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anstiftung zum Ablegen eines nicht den Tatsachen entsprechenden Geständnisses durch einen Spitzenbeamten der Bundespolizeidirektion Salzburg (3868/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Schutz vor möglichen gesundheitlichen Konsequenzen durch GSM-Sendeanlagen (3869/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend die STEWEAG (3870/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Vorerhebungen/Untersuchungen in der sogenannten Causa um Kardinal Dr. Hans Hermann Groër (3871/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beseitigung von Mißständen im Außendienstbereich der Finanzbetriebsprüfer (3872/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Einsatz illegaler Ausländer bei heimischen Sportvereinen (3873/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend soziale Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeit (3874/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Studentenbefragung "Schluß mit lustig" der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) (3875/J)


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111. Sitzung / Seite 9

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung (3876/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend EU-Mittel für die österreichische Landwirtschaft (3877/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3440/AB zu 3573/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3441/AB zu 3534/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3442/AB zu 3528/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3443/AB zu 3642/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3444/AB zu 3581/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3445/AB zu 3521/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3446/AB zu 3489/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3447/AB zu 3492/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3448/AB zu 3558/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (3449/AB zu 3527/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3450/AB zu 3491/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Genossen (3451/AB zu 3525/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3452/AB zu 3506/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3453/AB zu 3515/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (3454/AB zu 3598/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3455/AB zu 3589/J)


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111. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3456/AB zu 3603/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3457/AB zu 3616/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3458/AB zu 3628/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3459/AB zu 3488/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3460/AB zu 3514/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Terezija Haidlmayr und Genossen (3461/AB zu 3626/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (3462/AB zu 3606/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3463/AB zu 3508/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3464/AB zu 3511/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3465/AB zu 3498/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3466/AB zu 3503/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3467/AB zu 3497/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (3468/AB zu 3609/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3469/AB zu 3592/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3470/AB zu 3513/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3471/AB zu 3641/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3472/AB zu 3495/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3473/AB zu 3507/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3474/AB zu 3496/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (3475/AB zu 3584/J)


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111. Sitzung / Seite 11

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (Zu 3440/AB zu 3573/J)

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des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (25/ABPR zu 22/JPR)


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111. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 12.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser.

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie alle herzlich begrüßen und eröff


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111. Sitzung / Seite 13

ne die 111. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens nach § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 109. Sitzung vom 25. Februar sowie der 110. Sitzung vom 26. Februar 1998 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeeinsprucht geblieben; sie gelten damit als genehmigt.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mentil, Rosenstingl, Dr. Salzl, Dr. Ofner, Lackner, Rossmann, Mag. Schreiner, Böhacker, Amon, Ing. Maderthaner, Dr. Leiner, Fink, Horngacher, Mag. Kukacka, Dr. Schwimmer, Leikam, Verzetnitsch, Eder, Tegischer, Müller, Dietachmayr und Parfuss.

Ansprache des Präsidenten anläßlich des 60. Jahrestages des "Anschlusses" Österreichs an das "Deutsche Reich"

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ereignisse, die auf den Tag genau heute vor 60 Jahren in der Auslöschung Österreichs von der europäischen Landkarte kulminierten, die für mehr als sieben Jahre zum Verlust der Eigenstaatlichkeit Österreichs führten und denen wir heute ein gemeinsames Gedenken widmen wollen, sind Ihnen bekannt.

Nachdem eine aus vielen Gründen schwache österreichische Bundesregierung in den ersten Wochen des Jahres 1938 vergeblich versucht hatte, dem von Tag zu Tag ansteigenden Druck Hitler-Deutschlands standzuhalten, und auch der verzweifelte Versuch zur Durchführung einer Volksabstimmung über die Erhaltung der österreichischen Unabhängigkeit in letzter Minute unter dem massiven Druck Deutschlands abgesagt werden mußte, erfolgte am 12. März 1938 der von Teilen der österreichischen Bevölkerung unübersehbar begrüßte Einmarsch deutscher Truppen in Österreich.

Am 13. März 1938, also genau heute vor 60 Jahren, wurde das nach Direktiven Hitlers formulierte verfassungswidrige Reichsgesetz – beziehungsweise in Österreich Bundesverfassungsgesetz – über die "Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich" erlassen, welches Adolf Hitler in die Lage versetzte, zwei Tage später auf dem Heldenplatz in Wien jenen berühmt-berüchtigten Satz mit der "Vollzugsmeldung" über den Eintritt seiner Heimat in das Deutsche Reich zu sprechen.

Damit war der sogenannte Anschluß Österreichs an Deutschland vollzogen, und es begann jene blutige Irrfahrt durch die Geschichte, die durch Gewalt, Krieg, Terror und durch die geradezu fabrikmäßige Vernichtung von Juden charakterisiert war und mit Millionen Toten, mit einem in Schutt und Trümmern liegenden Mitteleuropa, aber auch mit Scham, Trauer und Verbitterung in den Herzen von Abermillionen Überlebenden bezahlt werden mußte.

Die Botschaft dieser Ereignisse für die Zukunft unseres Landes und für eine Politik auf der Basis von Gemeinsamkeiten kann nur lauten:

nein zum Haß,

ja zur Demokratie,

nein zum Rassismus,

ja zu den Menschenrechten,

nein zur Unfähigkeit zu trauern und

ja zu einer gemeinsamen friedlichen europäischen Zukunft.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, der tragischen Ereignisse vor 60 Jahren in einer Minute gemeinsamen Schweigens im Hohen Haus zu gedenken. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen und verharren einige Zeit in stillem Gedenken.) – Ich danke vielmals. (Die Anwesenden nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3783/J bis 3834/J.

2. Anfragebeantwortungen: 3440/AB bis 3475/AB;

Beilage zur Anfragebeantwortung: Zu 3440/AB;

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates):

25/ABPR.

3. Regierungsvorlage:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über den frühzeitigen Austausch von Informationen bei radiologischen Gefahren und über Fragen gemeinsamen Interesses aus dem Bereich der Nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes und Zurückziehung der Regierungsvorlage (988 und Zu 988 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 38 "zur zwingenden Umsetzung von Volksbegehren, die mindestens 500 000 Stimmberechtigte unterschrieben haben", überreicht von der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Antrag 697/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend dauerhafte Sicherung der Pensionen durch Umstellung auf ein Drei-Säulen-Modell;


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Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 701/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl. Nr. 75/1997, in der geltenden Fassung, geändert wird,

Antrag 702/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 1997, BGBl. Nr. 76/1997, geändert wird;

Justizausschuß:

Antrag 705/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Haftung für nukleare Schäden – Atomhaftpflichtgesetz;

Rechnungshofausschuß:

Antrag 699/A der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Rechnungshofgesetz 1948 geändert werden;

Umweltausschuß:

Antrag 706/A der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996 (ChemG 1996) geändert wird,

Antrag 707/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umweltförderungen für die Altlastensanierung;

Verfassungsausschuß:

Antrag 700/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft,

Antrag 704/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Nichtgewährung von Akteneinsicht durch die Volksanwaltschaft beim Bundesministerium für Landesverteidigung;

Verkehrsausschuß:

Antrag 703/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend die Schaffung einer einheitlichen Bahninfrastrukturgesellschaft;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1995 (III-121 der Beilagen);

Außenpolitischer Ausschuß:

Bericht des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten über die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit 1994 – 1996 (Dreijahresbericht) (III-122 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Zweiter Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß dem Katastrophenfondsgesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung der Jahre 1996 und 1997 (III-119 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Ozonbericht 1997 der Bundesregierung (III-120 der Beilagen);


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Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 20. März 1997, E 49-NR/XX. GP, betreffend Prüfung von innerstaatlichen Maßnahmen zur Verstärkung der internationalen Mobilität der Studierenden (III-118 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir das Verlangen des grünen Klubs gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor, die am Beginn der Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 3835/J der Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen an den Herrn Bundeskanzler betreffend atompolitisches Versagen des Bundeskanzlers bezüglich grenznaher Atomanlagen, EU-Atompolitik und Atomwaffenfreiheit Österreichs dringlich zu behandeln.

Die Durchführung der Dringlichen Anfrage wird frühestens drei Stunden nach deren Einbringen, also um 15 Uhr, erfolgen.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß Herr Abgeordneter Dr. Kier beantragt hat, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 705/A betreffend ein Bundesgesetz über die Haftung für nukleare Schäden, Atomhaftpflichtgesetz, eine Frist bis zum 14. April 1998 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

*****

Eine Tagesordnung liegt nicht vor.

Da die Dringliche Anfrage frühestens um 15 Uhr zum Aufruf gelangen kann, um die Verteilung in schriftlicher Form vorzunehmen und die Vorbereitung auf die Verhandlung zu ermöglichen, unterbreche ich nunmehr die Sitzung bis 15 Uhr. Nach Wiederaufnahme der Sitzung findet die Behandlung der Dringlichen Anfrage statt.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 12.08 Uhr unterbrochen und um 15.02 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend atompolitisches Versagen des Bundeskanzlers bezüglich grenznaher Atomanlagen, EU-Atompolitik und Atomwaffenfreiheit Österreichs (3835/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3835/J, die inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, sodaß sich eine Verlesung durch einen Schriftführer erübrigt.


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Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Mit dem Ausstieg Österreichs aus der Kernenergienutzung per Referendum im Jahre 1978 wurde ein bis dahin weltweit einzigartiger Schritt gesetzt. International kommt Österreich alleine aufgrund dieser Vorgangsweise eine zentrale und verantwortungsvolle atompolitische Bedeutung zu. Dieses Rollenbild bietet einerseits eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten bei der Realisierung eines kernenergiefreien Mitteleuropas, andererseits bedarf es genau dafür eines höheren Maßes an Initiativen, Konzepten und Umsetzungsstrategien.

In der Ära Vranitzky wurde dieses Politikverständnis – trotz oder gerade wegen oftmals begründeter Kritik seitens der Grünen hinsichtlich einer Reihe von Handlungsdefiziten – prinzipiell weiterentwickelt und jedenfalls offensiv kommuniziert. Anstatt diese Vorarbeit zu nutzen, und speziell aufgrund einer Reihe aktueller Erfordernisse diese Linie verstärkt, vor allem auch außenpolitisch zu vertreten, ist nach einer anfänglichen Stagnation die Anti-Atompolitik Österreichs praktisch nicht mehr existent.

Während sich das Gefährdungspotential durch grenznahe Atomanlagen durch immer neue Pläne unserer Nachbarstaaten erhöht, während in der EU kein Abrücken von der offiziellen Atomförderung bemerkbar ist, und die Frage des Beitrittes zu atomar bewaffneten Bündnissen präsent ist, begnügt sich Österreich mit der Abfassung allgemeiner Erklärungen, mit dem Ziel, möglichst oft aufs Neue festzuhalten, daß es in Sachen Atom ohnehin einen politischen Konsens gäbe. Die Forderung nach Evaluierung und Neuorientierung wird mit dem Hinweis abgetan, daß Österreich als einzelnes Land sich leider der Realität stellen müsse, wohingegen die Kooperation mit potentiellen Bündnispartnern nicht annähernd gleichviel Energie in Anspruch nimmt.

Österreichs Anti-Atompolitik hat ihre konstruktive Außenwirkung längst verloren. Die Diskrepanz zwischen Ankündigungen etwa vor dem österreichischen EU-Beitritt und erfolgter Ernüchterung mangels Umsetzung hat zur Etablierung eines atompolitischen Biedermeiertums geführt, was zur Folge hat, daß selbst der innenpolitische Konsens auf immer weniger Positionen schmilzt, die zudem primär defensiver Natur sind. Österreich braucht eine seriöse Debatte über Zustand und Zukunft seiner Anti-Atompolitik.

Konzepte, wie das erklärte Ziel vom atomfreien Mitteleuropa am Beispiel Ohu, Temelin, Dukovany, Bohunice, Mochovce oder Krško erreicht werden soll, liegen nicht vor. Mit steigender Tendenz verlagert sich der Inhalt der Diskussion von Begriffen wie ,Atomausstieg‘, ,Reaktorstillegung‘ und ,Nichtinbetriebnahme‘ in Richtung ,möglichst hohe Sicherheitsstandards‘ und ,Untersuchung von Nachrüstungsmaßnahmen‘.

Gerade in Tschechien stehen derzeit die Zeichen günstig wie nie zuvor, die Sinnhaftigkeit der Fertigstellung des Kernkraftwerkes Temelin in Frage zu stellen. Jedoch die Gespräche über Ersatzmöglichkeiten sind seit Jahren sistiert, die Chance, gerade jetzt bilateral Verhandlungen über eine Nachdenkpause zu führen, bleibt ungenutzt, das Angebot Österreichs, eine Studie über die Machbarkeit der Substituierung Temelins zu finanzieren, schaffte den Sprung von der Ankündigung in heimischen Medien nicht über die Grenze zum Grünen Tisch in Prag.

Beispiel Atommüllager Dukovany:

Das Beispiel Dukovany ist bezeichnend für den Zustand der Anti-Atompolitik. Bestehende bilaterale Informationsabkommen, von denen seit geraumer Zeit bekannt ist, daß sie eines – nämlich den Austausch wichtiger Atominformationen – nicht leisten, werden weder in Frage gestellt, noch neu verhandelt. So gelangte auch die Information, daß ein grenznahes Atommüllager mit einer Gesamtkapazität von 2 000 Tonnen hochradioaktiver Brennelemente errichtet werden soll, erst nach Österreich, nachdem eine 30tägige Einwendungsfrist im Rahmen der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bereits zu laufen begonnen hat. Nur nach massivem Druck seitens der Grünen wurde zumindest angekündigt, ein Schreiben der Regierung mit Projekteinwendungen auf den Weg nach Tschechien zu schicken.

Verhandlungen, um für die zweifellos massiv gefährdete österreichische Bevölkerung Einwendungsmöglichkeiten zu erwirken, wurden nicht geführt. Das Argument, daß keine klare rechtliche


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Handhabe existiere, nimmt sich gemessen am Risikopotential und an bekannten Aktivitäten in der Vergangenheit, Stichwort Wackersdorf, eher unbedeutend aus.

Auch in Sachen Mochovce kann von Strategie und Konsens keine Rede sein. Trotz 1,2 Millionen österreichischer Einwendungen (die mitentscheidend waren, daß eine Finanzierung via EBRD und EIB nicht zustande kam) befindet sich der Reaktorblock 1 derzeit unmittelbar vor der Fertigstellung. Die Finanzierung erfolgt nunmehr wesentlich über Frankreich und Deutschland, offizielle österreichische Proteste dagegen sind nicht bekannt. Im Gegenteil, Österreich hat schwerwiegende strategische Fehler begangen. So wurden Aussagen aus der Slowakei begrüßt, daß mit der Mochovce-Inbetriebnahme die beiden ältesten Reaktoren in Bohunice stillgelegt werden sollen. Das kam (gerade in der slowakischen Öffentlichkeit) einer Akzeptanz von Mochovce gleich. Auch war immer bekannt, daß in Bohunice Restrukturierungsmaßnahmen in dreistelliger Millionenhöhe in Auftrag gegeben wurden, deren Abschluß über den Mochovce-Inbetriebnahmetermin hinausgeht bzw. die eindeutig als Investition in eine Verlängerung der Betriebsdauer gelten. Die derzeitigen Gespräche mit der Slowakei haben einzig zum Inhalt, ob ein sogenannter 2. Walkdown-Bericht von kritischen Experten erstellt werden kann, was zwecks Bewertung der Sicherheitsdefizite prinzipiell sinnvoll wäre. Allerdings wurde parallel dazu keine Nichtinbetriebnahme-Garantie vorgeschlagen, sodaß zu befürchten ist, daß die diplomatischen Verhandlungen über Zeitpunkt der Besichtigung und akkordierte Herausgabe des Berichtes mehr Zeit beanspruchen, als bis zur Inbetriebnahme verbleibt.

Neuer Europäischer Druckwasserreaktor:

Nicht nur aufgrund des besorgniserregenden Zustandes einiger bayerischer Reaktoren, wie etwa Ohu/Isar, wäre es längst notwendig, auch gegenüber den deutschen Nachbarn mit klaren Positionen aufzutreten. Denn mit der deutsch-französischen Neuentwicklung eines ,Europäischen Druckwasserreaktors-EPR‘ (Leistung: 1 500 MWe), die vor dem Abschluß steht, droht auch von dieser Seite die Errichtung eines weiteren grenznahen Kernkraftwerkes. Eine Beteiligung Österreichs an der Mitfinanzierung am Projekt durch das künftige 5. EU-Energieforschungs-Rahmenprogramm ist nicht auszuschließen. Ob Österreich in diesem Fall von seiner Vetomöglichkeit bei der Beschlußfassung Gebrauch machen wird, ist ungeklärt.

Mit Beschluß des neuen deutschen Atomgesetzes könnte dieser Reaktortyp standortunabhängig typisiert werden, Mitsprachemöglichkeiten am späteren Errichtungsort würden massiv eingeschränkt. Zwei von sechs möglichen Standorten für dieses Projekt liegen in unmittelbarer Grenznähe zu Österreich (Rosenheim und Pleinting/Passau). Bayern dementierte zwar die unmittelbar bevorstehende Errichtung zum Zweck der Stromversorgung (denkbar ist aber auch eine Export-Referenzanlage), nicht aber, daß das Genehmigungsverfahren bereits Ende 1998 eingeleitet werden könnte. Bislang wurde von der Bundesregierung keine Stellungnahme abgegeben, um auf eine grundsätzliche Verzichtserklärung des Freistaates Bayern hinzuwirken.

Zentrale europäische energiepolitische Erfordernisse, wie etwa die Änderung des anachronistischen Euratom-Vertrages in Richtung Beendigung der EU-Atomförderung, immerhin als klare Aufträge des Parlaments an die Bundesregierung beschlossen, werden mittlerweile als unrealisierbar schubladiert, jedenfalls aber ist nichts über die Erarbeitung eines Umsetzungskonzeptes bekannt. Dabei bedeutet gerade die Frage der Atomförderpolitik ein massives Problem für die österreichische Glaubwürdigkeit in Atomfragen. Denn nach wie vor fließen jährlich rund 100 Millionen Schilling in diverse EU-Atomfonds (Euratom-Mitgliedsbeitrag; Fissions- und Fusionsforschung; PHARE/TACIS).

Osterweiterung und Atomausstieg:

Kein Konzept liegt auch dafür vor, wie Österreich die beginnenden Osterweiterungsverhandlungen und seine EU-Präsidentschaft zur Umsetzung des Parlamentsbeschlusses nutzen will, wonach es ,verbindlich zur Erstellung von Atom-Ausstiegskonzepten für die MOE-Staaten kommen soll‘. Parallel sollten kooperativ EU-Finanzierungsinstrumente (etwa die 50 Milliarden Schilling aus dem Euratom-Fonds, der derzeit für AKW-Kredite zur Verfügung steht) umgewidmet beziehungsweise geschaffen und angeboten werden. Auch würde dieses Junktim Übergangsfristen


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für einen Atomausstieg zulassen. Zu befürchten ist derzeit allerdings, daß die österreichische Position sich inhaltlich auf die Frage der Schaffung einheitlicher, ,akzeptabler‘ Sicherheitsstandards von (Ost-)Reaktoren verlagert. Aus normtechnischen Gründen würde sich daraus eine Marathondebatte ergeben, die zeitlich über den Abschluß der Osterweiterung hinausginge. Damit wäre die Diskussion von Ausstiegskonzepten in den mehrjährigen Beitrittsverhandlungen kein Thema mehr.

Im Atompaket der Regierung wurde für Ende März 1998 die Erstellung eines Atomverfassungsgesetzes in Aussicht gestellt. Mit Ausnahme der Bereiche ,Verbot für Lagerung ausländischen Atommülls‘ und ,Hebung des Atomsperrgesetzes in Verfassungsrang‘ sind jedoch sogar hier wesentliche Punkte umstritten und ein Indiz für den sich auflösenden Anti-Atom-Konsens. Bereich Atomtransit: Nach vollmundigen Ankündigungen im Sommer 1997, daß es zu einem völligen Atom(müll)-Transitverbot kommen soll, werden jetzt völkerrechtliche Bedenken ins Treffen geführt. Seitens der ÖVP wurde ursprünglich vorgeschlagen, auch gleich ein Verbot der Errichtung von Kernfusionsreaktoren in Verfassungsrang mitaufzunehmen – dieser Punkt fand sich allerdings im Regierungspaket zum Atomverfassungsgesetz nicht mehr wieder.

Die Nuklearstrategie von WEU und NATO und das Atomverfassungsgesetz:

Im Zusammenhang mit den Verhandlungen eines österreichischen Atomverfassungsgesetzes wurde auch die Frage der zukünftigen Haltung zu Atomwaffen ausgeklammert. Es besteht die begründete Vermutung, daß diese Vorgangsweise dazu dient, den bewährten Weg der immerwährenden Neutralität Österreichs zu verlassen, sich den westlichen Militärblöcken immer weiter anzunähern und bei einem Vollbeitritt sich auch der Nuklearstrategie der NATO oder WEU anzuschließen. Gerade in Beitrittsverhandlungen möchten offensichtlich jene Teile der Bundesregierung, die eine NATO- oder WEU-Mitgliedschaft anstreben, die Frage der Haltung der Bundesregierung zur Nuklearkomponente der NATO nicht präjudizieren. Dabei ist zu befürchten, daß nach einem Vollbeitritt Nuklearwaffenbasen oder Flugplätze für luftgestützte Atomwaffen errichtet werden. Wenn Infrastruktur für Atomwaffen in Österreich eingerichtet werden soll, so kommt dafür vor allem einer der größten Truppenübungsplätze in Europa, nämlich Allentsteig in Frage. Jedenfalls werden die Verhandlungen über das Atomverfassungsgesetz zeigen, ob die Bundesregierung bereit sein wird, die Atomfreiheit auch als AtomWAFFENfreiheit anzuerkennen oder nicht. Keine klare verfassungsrechtliche Regelung der Atomwaffenfreiheit Österreichs wäre als völliges Versagen der österreichischen Atompolitik mit unabsehbaren Langzeitfolgen zu qualifizieren.

Angesichts der Diskussion um die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik erhält das atavistischste Instrument der Massenvernichtung – die Atomwaffe – plötzlich Aktualität für die österreichische Innenpolitik. Da die Politik der Abschreckung zwischen Supermächten beendet ist, erscheint diese Entwicklung der Erweiterung nuklearstrategischer Maßnahmen besonders grotesk. Ein Beitritt zu den Militärblöcken NATO oder WEU brächte der Republik nicht nur die mit dem absurd beschönigenden Begriff bezeichnete ,Nukleargarantie‘, sondern auch die Verpflichtung, in Krisen- oder Kriegsfällen einer Durchfuhr oder der Lagerung von Atomwaffen oder nuklearem Material zuzustimmen und in Friedenszeiten die Einrichtung von Infrastruktur für die Stationierung von Atomwaffen zuzulassen. Ähnliche Regelungen hat die NATO auch mit ihrem Mitglied Dänemark – das bloß in Friedenszeiten eine Ausnahmeregelung betreffend Atombewaffnung besitzt – und den neuen Mitgliedern Ungarn, Tschechische Republik und Polen getroffen.

Auch Bundeskanzler Klima hat bereits in einer Anfragebeanwortung (2372/AB, XX. GP) am 7. Juli 1997 festgehalten: ,Es muß zur Kenntnis genommen werden, daß sich die NATO die grundsätzliche Möglichkeit vorbehält, in Krisenzeiten Truppen oder Nuklearwaffen auf dem Territorium von Mitgliedsstaaten zu stationieren.‘

Die Frage der Nuklearisierung der österreichischen Sicherheitspolitik käme auch im Falle eines WEU-Beitrittes auf die Tagesordnung. Die Petersberger Erklärung der WEU von 1992 fordert von neuen Mitgliedstaaten, daß sie sich verpflichten, alle Erklärungen seit 1984 zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Damit wäre auch die Haager Plattform von 1987 (The Hague Platform,


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26th October 1987, II.3) erfaßt, in der es heißt, daß nuklearen Waffen bei der Verteidigung Europas eine nicht zu ersetzende Rolle zukommt.

Atomwaffenfreie Zone – Aussöhnungschance mit Rußland:

In Mittel- und Osteuropa gibt es heute de facto eine kernwaffenfreie Zone. 1990 legte Artikel 5 Abs. 3 des deutschen Wiedervereinigungsvertrages die Atomwaffenfreiheit des Territoriums der früheren DDR fest. Am 27. September 1991 haben die USA den Abzug aller taktischen Kernwaffen aus Europa beschlossen. Eine Woche später erklärte Gorbatschow für die UdSSR einen Abzug aller sub-strategischen Kernwaffen aus Osteuropa. Anfang 1992 übernahm Jelzin diese Politik für Rußland als Rechtsnachfolger der Sowjetunion. Alle ehemaligen sowjetischen Republiken außer Rußland sind dem Atomwaffensperrvertrag als Nichtatomwaffenstaaten vor 1995 beigetreten. Die Ukraine hat die letzten strategischen sowjetischen Sprengköpfe auf ihrem Gebiet am 31. Mai 1996 nach Rußland geschickt, Weißrußland folgte im Februar 1997. Damit ist das Gebiet der Višegrad-Staaten, der baltischen Republiken, der Ukraine, der Staaten des ehemaligen Jugoslawien und das Gebiet der ehemaligen DDR de facto kernwaffenfrei. Jedoch ist die Nicht-Stationierung von Atomwaffen nur auf dem Gebiet der ehemaligen DDR vertraglich geregelt. In den letzten beiden Jahren haben Weißrußland, die Ukraine, die Schweiz, Schweden und Finnland mit verschiedenen Initiativen auf eine atomwaffenfreie Zone in Mittel- und Osteuropa gedrängt.

Gegen diese Bestrebungen bestehen die NATO und die WEU auf der prinzipiellen Bereitschaft zur Atomwaffenstationierung als Vorbedingung zu einem Vollbeitritt. Angesichts der bevorstehenden Osterweiterung des atombewaffneten Militärbündnisses ist eine gleichzeitige Erfassung der Neumitglieder unter dem Nuklearschirm mittels luftgestützter nuklearbewaffneter Bomber zu befürchten. Dieses Vorrücken nuklearer Waffen Richtung Osten wird in Rußland neue Bedrohungsgefühle wecken. Eine neue Spaltung Europas droht. Dieses nukleare Element der NATO-Osterweiterung hilft weder der Stabilität, noch bringt es mehr Sicherheit in Europa. Im Gegenteil: Es ist damit zu rechnen, daß damit auch die Nuklearpotentiale in Rußland auf hohem Niveau erhalten bleiben. Anstatt der historischen Chance, ganz Europa von Atomwaffen zu befreien, würde damit der Fortsetzung des atombewaffneten Risikospiels Tür und Tor geöffnet.

Außenminister Schüssel hat in einem Schreiben vom 3. Jänner 1997 betont: ,Die österreichische Bundesregierung tritt, wie Sie wissen, für die Reduzierung und letztlich die weltweite Abschaffung von Atomwaffen ein. Was die Errichtung nuklearwaffenfreier Zonen betrifft, so können derartige Maßnahmen über Wunsch und Initiative jener Staaten, die einer solchen Zone angehören sollen, zur Eliminierung von Atomwaffen einen wertvollen Beitrag leisten.‘

Altbundeskanzler Vranitzky hat in einem Antwortschreiben an die außenpolitische Sprecherin der Abgeordneten der Grünen, Pollet-Kammerlander, (vom 27. Jänner 1997) noch vor 15 Monaten betont, daß ihm die Einrichtung einer ,nuklearwaffenfreien Zone in Europa (...) als politisches Ziel wünschenswert erscheint‘. Auch Bundeskanzler Klima hat vor sieben Monaten in einer Anfragebeantwortung der Grünen festgehalten: ,Ich habe nicht die Absicht, die österreichische Position hinsichtlich eines aktiven Einsatzes für die Reduzierung und letztlich die allgemeine Abschaffung von Nuklearwaffen abzuändern.‘ (2556/AB, XX. GP) Gleichzeitig hat es der Bundeskanzler jedoch versäumt, auf die Frage der Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa und einer österreichischen Initiative dafür auch nur einzugehen.

Außenminister Schüssel hat in einer Anfragebeantwortung der Grünen ebenfalls gemeint: ,Vor diesem Hintergrund wird Österreich seine auf allgemeine systematische und progressive Abrüstung zielende Politik selbstverständlich weiter verfolgen.‘ (2541/AB, XX. GP) Auch er hat es an gleicher Stelle versäumt, auf die spezifische politische Qualität einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa als vertrauensstärkende Maßnahme mit Rußland und als Basis zu einer gesamteuropäischen atomwaffenfreien Zone auch nur einzugehen. Dies ist umso unverständlicher, als eine solche Initiative tatsächlich ein Beitrag zur GESAMTeuropäischen Sicherheit wäre, könnte damit immerhin auch hinsichtlich des russischen Atompotentials eine Basis für intensive internationale Zusammenarbeit in Hinblick auf Kontrolle gelegt werden. Aber auch die Chance der Aussöhnung mit Rußland, die eine solche atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa legen könnte,


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besteht nach wie vor. Es wäre ein vorbildliches Beispiel einer aktiven vermittelnden und vertrauensbildenden Neutralitätspolitik Österreichs, eine Initiative in die hier beschriebene Richtung zu ergreifen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage:

1. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß es entsprechend der Vorankündigung im ,Atompaket‘ der Regierung bis Ende März 1998 zur Erstellung eines österreichischen Atomverfassungsgesetzes kommt, beziehungsweise vertreten Sie die Auffassung, daß in einem derartigen Verfassungsgesetz jedenfalls folgende Punkte enthalten sein sollten:

Verbot des Besitzes, der Verwendung, Herstellung, Durchfuhr und Stationierung von Atomwaffen inklusive der Einrichtung entsprechender Infrastruktur;

Hebung des Atomsperrgesetzes inklusive Kernfusionsreaktoren in Verfassungsrang;

Verbot der Lagerung, Endlagerung und Konditionierung ausländischen Atommülls in Österreich und

Verbot des Transits von spaltbarem Material und Atommüll?

2. Treten Sie für entsprechende Verfassungsregelungen ein, die gewährleisten, daß Österreich nicht Stück für Stück in ein nuklear bewaffnetes Bündnis, wie es die NATO oder die WEU darstellen, hineingezogen wird?

3. Treten Sie für die Verschmelzung von WEU und EU ein, wie sie in den Amsterdamer Verträgen vorgezeichnet ist, und wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die nukleare Komponente der WEU?

4. Treten Sie dafür ein, daß die österreichische Bundesregierung eine Initiative zur Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa als wichtige vertrauensstärkende Maßnahme gegenüber Rußland und als ersten Schritt zur Atomwaffenfreiheit Europas ergreift?

5. Wie sehen Sie, Herr Bundeskanzler, die Tatsache, daß mit der Unterstützung der Petersberger Erklärung auch vorangegangene Erklärungen wie die Haager Plattform zustimmend zur Kenntnis genommen wurden, die besagen, daß nuklearen Waffen bei der Verteidigung Europas eine nicht zu ersetzende Rolle zukommt?

6. Sehen Sie Möglichkeiten und Chancen, daß die Europäische Union auf nuklear bewaffnete Mitgliedstaaten einwirkt, ihre Nuklearstrategie zu beenden, und welche Schritte kann Österreich in diese Richtung unternehmen?

7. Werden Sie im Rahmen der Europäischen Union und der Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik dafür eintreten, daß die nukleare Komponente als Mittel zur Verteidigung Europas ungeeignet ist und vor allem kein Instrument zur Errichtung einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur darstellt?

8. Werden Sie dafür Sorge tragen, daß Österreich während seiner Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union entsprechende Initiativen zur Denuklearisierung ganz Europas ergreifen wird?

9. Werden Sie im Rat der Europäischen Union das Veto-Recht aller Mitgliedstaaten im Fall des Falles dazu nutzen, um zu verhindern, daß auch die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik eine nukleare Komponente erhält?

10. Wie stehen Sie zur aufrechten Option zum nuklearen Ersteinsatz der NATO, den sich die Militärallianz zur Erreichung von Frieden und Stabilität in Europa und in der Welt vorbehält, ge


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rade auch angesichts der Tatsache, daß Österreich bereits mehrere Abkommen mit der westlichen Militärallianz geschlossen hat?

11. Welchen Sinn sehen Sie in der amerikanischen Nukleargarantie für europäische NATO-Mitglieder nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes?

12. Wie begründen Sie die Annäherung Österreichs an das nuklearbewaffnete Militärbündnis NATO, wie sie durch zahlreiche Abkommen, die die Bundesregierung in den vergangenen zwei Jahren mit der NATO abgeschlossen hat, zum Ausdruck gekommen sind?

13. Sehen Sie im Lichte dessen, daß die NATO ein atombewaffnetes Bündnis ist, die Ratifikation des Truppenstatutes und des State of Forces Agreement als neutralitätskonform und wie sind diese Staatsverträge der NATO mit Österreich mit dem atomfreien Status Österreichs vereinbar?

14. Halten Sie eine Initiative Österreichs für eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa als ersten Schritt für ein atomwaffenfreies Europa im Hinblick auf die Überwindung der nuklearen Gefahr und zur Aussöhnung mit Rußland für politisch sinnvoll und welche Schritte in diese Richtung werden Sie unternehmen?

15. Angesichts Ihres Bemühens, die ,allgemeine Abschaffung von Nuklearwaffen‘ weltweit herbeizuführen, drängt sich die Frage der konkreten Schritte zur Erreichung dieses wichtigen Zieles auf. Die ,Canberra Commission on the Elimination of Nuclear Weapons‘ ist die international renommierteste Vereinigung aus Experten, Wissenschaftlern und Generälen, die sich diesem Ziel verschrieben hat. Können Sie sich vorstellen, daß Österreich diese Canberra Commission einlädt, ein internationales Büro in Wien einzurichten und es auch finanziell zu unterstützen?

16. Wie schätzen Sie strategisch – hinsichtlich der Realisierung eines kernenergiefreien Mitteleuropa – die Außenwirkung der Entscheidung ein, als Bundeskanzler die Nuklearkoordination innerhalb der Bundesregierung abzugeben, beziehungsweise teilen Sie die Auffassung Ihres Vorgängers, daß die Anti-Atompolitik für Österreich prioritäre Bedeutung haben sollte?

17. Im ,Atompaket‘ der Bundesregierung, das am 13. November der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, heißt es unter Punkt 6., daß ,die Bundesregierung auf Basis der Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997 im Rahmen der bevorstehenden EU-Beitrittsverhandlungen mit mittel- und osteuropäischen Staaten verbindlich für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten eintreten und entsprechende Aktivitäten setzen‘ wird. Wann werden Sie ein Konzept zur Umsetzung dieses Punktes seitens der Bundesregierung vorlegen, zu welchen Anlässen wurde und wird dies seitens Österreich innerhalb der Union und gegenüber den Beitrittswerbern thematisiert?

18. Wie gedenkt Österreich speziell seine EU-Präsidentschaft im Sinne der Erstellung und Finanzierung von derartigen Atomausstiegskonzepten für die MOE-Staaten zu nutzen?

19. Können Sie ein Abgehen von der oben dargestellten inhaltlichen Position in Richtung der ersatzweisen Diskussion der Akzeptanz bestimmter AKW-Sicherheitsstandards ausschließen?

20. Welche Ergebnisse konnten Sie bislang in Sachen Atomausstiegskonzepte bei der Suche nach Unterstützung durch kernenergiefreie oder ausstiegsbereite Länder gemäß Beschluß des Nationalrates vom 10. Juli 1997, Punkt 2.b) erzielen, und welche konkreten Pläne liegen seitens der Bundesregierung zur Fortführung dieser Aktivitäten vor?

21. Insgesamt soll laut Regierungs-Atompaket und Parlamentsbeschluß die Zusammenarbeit mit atomkritischen Staaten ausgebaut und verstärkt werden. Mit welchen Ländern hat es seit Juli bzw. November 1997 diesbezüglich Gespräche über eine gemeinsame Vorgangsweise gegeben, und welche Ergebnisse wurden dabei erzielt, bzw. mit welchen Ländern sind in nächster Zukunft derartige Kooperationsgespräche geplant, und welche Konzepte und Strategien wurden/werden in diesem Rahmen besprochen?


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22. Welche Ergebnisse konnten Sie bislang bei der zur Realisierung von Atomausstiegskonzepten erforderlichen ,Schaffung entsprechender Finanzierungsinstrumente innerhalb der zuständigen EU-Organe‘ laut Parlamentsbeschluß vom 10. Juli 1997, Punkt 2.b) erzielen, und welche weiteren Schritte haben Sie diesbezüglich geplant?

23. Unter anderem mit der Republik Tschechien besteht ein bilaterales Informationsabkommen in Nuklearfragen. Bereits im Februar 1997 mußte von der Regierung zur Kenntnis genommen werden, daß wesentliche Informationen im Rahmen der regelmäßigen Treffen gemäß Abkommen den österreichischen Teilnehmern vorenthalten wurden. Zuletzt fand im Herbst 1997 ein Treffen statt, bei dem Österreich von der Republik Tschechien wiederum die Information nicht erhalten hat, daß im grenznahen Dukovany ein UVP- und Genehmigungsverfahren zur Errichtung eines neuen Atommüllagers eingeleitet werden soll. Welchen Sinn sehen Sie in einem Informationsabkommen, dessen eigentlicher Zweck – der Austausch von atomrelevanten Informationen – nicht erfüllt wird?

24. Hat die Bundesregierung anhand der Erfahrungen vom Februar 1997 und auf Basis des Parlamentsbeschlusses vom 10. Juli 1997, Punkt 2.d) zwischenzeitlich Initiativen gesetzt, um die bestehenden bilateralen Übereinkommen über Nuklearfragen zu verbessern, und wenn nicht, für wann ist dies konkret geplant?

25. Hätte die Bundesregierung früher als nach Beginn der 30tägigen Einwendungsfrist zur Umweltverträglichkeitsprüfung von der Erweiterung des Zwischenlagers für hochradioaktive, abgebrannte Brennelemente um 1 340 auf gesamt 1 940 Tonnen gewußt, wäre dann eine andere als die nunmehrige Vorgangsweise gegenüber Tschechien möglich gewesen beziehungsweise. gewählt worden?

26. Hat die Bundesregierung in den letzten 30 Tagen versucht, mit der Regierung der Republik Tschechien – ungeachtet der noch nicht in Kraft befindlichen Espoo-Konvention – dahin gehend Verhandlungen aufzunehmen, daß die österreichische Bevölkerung aufgrund des grenzüberschreitenden Gefährdungspotentiales UVP-Einwendungsmöglichkeit erhält?

27. Wann und in welcher Weise wird die Bundesregierung gegenüber Tschechien auf die aus der Dimensionierung des neuen Atommüllagers ableitbare Verlängerung der Betriebsdauer der Dukovany-Risikoreaktoren auf 40 Jahre reagieren?

28. Während sich die Anzeichen mehren, daß die Fertigstellung des Kernkraftwerks Temelin aufgrund massiver finanzieller, technischer und organisatorischer Probleme in Tschechien verstärkt umstritten ist; der geplante Inbetriebnahmetermin laufend offiziell nach hinten verschoben wird; speziell Mitglieder der neuen tschechischen Übergangsregierung und führende Oppositionspolitiker mit Temelin-kritischen Aussagen aufwarten, sind die bilateralen Expertengespräche über nichtnukleare Alternativen seit Jahren sistiert. Werden Sie als Bundeskanzler noch vor den vorgezogenen Parlamentswahlen in Tschechien die Chance nützen, und eine Nachdenkpause bei gleichzeitigem Angebot auf Finanzierung einer Machbarkeitsstudie zu Substituierungsmöglichkeiten von Temelin vorschlagen?

29. Welchen Sinn sehen Sie in der Erstellung eines ,2. Walkdown-Berichtes‘ zu Mochovce, solange nicht auszuschließen ist, daß es noch vor dem akkordierten Abschluß eines allfälligen Berichtes zur Inbetriebnahme des Reaktorblocks 1 kommen könnte?

30. Wird die Bundesregierung die Mochovce-Inbetriebnahme in Kauf nehmen, wenn es parallel zu einer Abschaltung von Bohunice kommt, oder wird gegenüber der Slowakischen Republik der Standpunkt vertreten, daß Bohunice sofort stillgelegt werden müßte, und Mochovce ebenfalls ein inakzeptables Gefährdungspotential darstellt?

31. Welche Aktivitäten wurden von der Bundesregierung seit 10. Juli 1997 gesetzt, um bezüglich grenznaher Kernkraftwerke wie Bohunice, Mochovce, Temelin und Krško ,die Erarbeitung eines multilateralen Konzeptes für nichtnukleare Alternativen zu initiieren‘ wie dies in Punkt 4.c) des damaligen Parlamentsbeschlusses fixiert ist, und welche diesbezüglichen Schritte sind bis Jahresende 1998 noch geplant?


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32. In welcher Weise wird die Bundesregierung im Rahmen der Budgeterstellung dem Parlamentsbeschluß vom 10. Juli 1997, Punkt 4.g), Rechnung tragen, und ,verstärkt Mittel dafür widmen, daß Projekte nichtnuklearer Energieerzeugung, die mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten Alternativen zur Atomenergie eröffnen können, unterstützt und gefördert werden‘?

33. Ein deutsch-französisches Konsortium arbeitet derzeit an der Realisierung eines neuen europäischen Druckwasserreaktors (,EPR‘; geplante Leistung 1 500 MWe). Mit Verabschiedung des neuen deutschen Atomgesetzes kann ein derartiger Reaktor standortunabhängig typisiert werden, was die konkreten Einspruchsrechte am Ort der späteren Errichtung drastisch einschränken würde. Im deutschen Standortsicherungsplan sind 5 von 6 möglichen AKW-Lokalitäten in Bayern, zwei davon in unmittelbarer Grenznähe zu Österreich (Rosenheim und Pleinting/Passau). Eine Reihe von Indizien (etwa das Verhalten des bayerischen Vertreters im Rahmen der Verhandlungen zum Nuklearprotokoll der Alpenkonvention) deuten darauf hin, daß gerade die beiden grenznahen Standorte für die Errichtung eines EPR in Betracht gezogen werden. Stellungnahmen aus Bayern beinhalten zwar die Prognose, daß bis 2010 kein erhöhter Strombedarf entstehe, es wurde aber weder dementiert, daß noch heuer das EPR-Genehmigungsverfahren eingeleitet werden könnte, noch daß ein Prototyp auch als Export-Referenzanlage und nicht zum Zwecke der Stromversorgung errichtet werden könnte. Auch bleibt die Standortfrage offen. Wann wird die Bundesregierung mit dem Freistaat Bayern in Gespräche eintreten, um eine grundsätzliche Verzichtserklärung zur Errichtung eines grenznahen ,Euro-Reaktors‘ zu erwirken?

34. Können Sie ausschließen, daß aus dem derzeit in Verhandlung stehenden vierjährigen 5. Energieforschungs-Rahmenprogramm der EU Mittel (samt aliquoter österreichischer Beteiligung) zur Finanzierung des EPR-Projektes zur Verfügung gestellt werden, und wenn nein, wird Österreich von seiner Vetomöglichkeit im Rahmen der Beschlußfassung Gebrauch machen?

35. Welche Aktivitäten wurden von der Bundesregierung bislang gesetzt, um gemäß Parlamentsbeschluß vom 10. Juli 1997, Punkt 2.c), ,die Zielsetzung von EURATOM dahin gehend zu ändern, daß die Förderung der Kernenergie unterbleibt‘, und welche konkreten weiteren Umsetzungspläne liegen derzeit vor?

36. Welche konkreten Pläne und Anträge Österreichs existieren, um im Rahmen der nächsten Generalversammlung der Internationalen Atomenergieorganisation IAEO im Herbst 1998 eine Umorientierung dieser Organisation, weg von der weltweiten Kernenergieförderung hin zur Nichtverbreitungskontrolle (Nonproliferation) einzuleiten oder zu erreichen, wie dies im Atompaket der Bundesregierung unter Punkt 8. und im Parlamentsbeschluß vom 10. Juli 1997 fixiert ist?

37. Welche Schritte hat die Bundesregierung in Umsetzung des Parlamentsbeschlusses in Richtung der ,Schaffung einer globalen Organisation für erneuerbare Energieträger im Rahmen der Vereinten Nationen‘ bereits gesetzt, und welche Folgeaktivitäten wurden bereits konzipiert?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 2 GOG verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Begründung der Anfrage erhält Frau Abgeordnete Ing. Langthaler das Wort. Ihre Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.03

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Heute, am 13. März 1998, endet die Einwendungsfrist zur Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Zwischenlager, und zwar ein Atommüllager, in Dukovany. Dukovany ist nicht sehr weit entfernt, weder von Wien noch von der Staatsgrenze. Dukovany ist 90 Kilometer von Wien entfernt. Dukovany ist 35 Kilometer von der niederöster


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reichischen Grenze entfernt. (Abg. Dr. Maitz: Das wissen wir! Landtagswahlen Niederösterreich!) Das Projekt ist seit vielen Jahren bekannt.

Allen Abgeordneten, die sich jetzt schon in Zwischenrufen bezüglich Niederösterreich üben, möchte ich sagen: Sie können uns sehr viel an Kompetenz, an Möglichkeiten und vielleicht auch an Einflußnahme, auch bei diesem Einwendungsverfahren, zutrauen, nur so weit, daß wir die tschechische Regierung davon überzeugen, daß gerade heute die Einwendungsfrist für die UVP endet, geht unser Einfluß nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Das ist auch falsch!)

Faktum ist, daß wir seit Jahren wissen, daß dieses Projekt erweitert werden soll. 1992 ist der erste Teil gebaut worden beziehungsweise für 600 Tonnen in Planung getreten. Damals hat Umweltministerin Rauch-Kallat von Beginn an Einwendung gegen dieses Projekt erhoben. Aber schon kurze Zeit danach war bekannt, daß dieses Atommüllager erweitert werden soll, und zwar auf 2 000 Tonnen. Es ist auch belegbar, daß das schon seit längerer Zeit bekannt war. Ich zitiere aus einer APA-Meldung vom 11. Februar 1997: Umweltminister Bartenstein nimmt Stellung zur geplanten Ausweitung des Zwischenlagers Dukovany. Bartenstein spricht in diesem Zusammenhang von einer Brüskierung Österreichs und kündigt für den Fall, daß dieses Projekt realisiert wird, entsprechende Initiativen an. – Das Projekt ist nicht 1997 wiederaktiviert worden, sondern jetzt, 1998.

Wir haben gemeinsam mit der Internationalen Bürgervereinigung versucht, soviel Unterschriften wie möglich zu bekommen, um als Republik Österreich mit der gesamten Bevölkerung im Verfahren zu diesem Atommüllager Einwendung zu erheben und Partei zu ergreifen.

Frau Ministerin Prammer! Sie haben heute in einer Stellungnahme sowohl im Radio, im "Mittagsjournal", als auch gegenüber der Austria Presse Agentur darauf verwiesen, daß Österreich als souveräner Staat natürlich – so heißt es hier – nicht das Recht habe, an einem nationalen UVP-Verfahren eines anderen souveränen Staates teilzunehmen. Das ist schlichtweg falsch! Ich bin überrascht, daß Sie das nicht wissen; ich weiß nicht, ob das tatsächlich Ihrem Wissensstand entspricht oder ob diese Meldung vielleicht nicht korrekt ist.

Ich möchte Ihnen folgendes sagen: Bereits 1972, bei der großen Umweltkonferenz in Stockholm, wurden bestimmte Prinzipien verabschiedet. Ganz berühmt davon ist ein Prinzip, das ein Nachbarland, wenn es sich gefährdet fühlt durch ein Projekt, berechtigt, auf völkerrechtlicher Ebene entsprechende Initiativen zu setzen. Dieses Prinzip wurde bisher vielerorts auf der Welt angewandt und hat schließlich zu einer Konvention geführt, der sogenannten Espoo-Konvention, die Österreich ratifiziert hat, die jedoch noch nicht von genug Staaten ratifiziert wurde, um insgesamt gültig zu sein, die aber selbstverständlich trotzdem anwendbar ist, vor allem deshalb, weil Tschechien ein nationales UVP-Gesetz hat, das es den Nachbarstaaten ermöglicht, im Verfahren Parteienstellung zu erlangen.

Was meinen Sie, wie Verfahren wie beispielsweise Nagymaros und Gabcikovo gelaufen sind? – Selbstverständlich hat man sich auf genau diese internationalen Regelungen gestützt. Selbstverständlich, Frau Ministerin Prammer und Herr Bundeskanzler, gibt es die rechtlichen Voraussetzungen – wenn man will –, um nicht nur politisch, nicht nur diplomatisch, sondern auch rechtlich tätig werden zu können. Wir vermissen das von Ihnen, und deshalb diese Sondersitzung und diese Dringliche Anfrage! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben so wie Ihr Vorgänger immer wieder darauf verwiesen, daß es das Ziel Österreichs sei, ein atomkraftfreies Mitteleuropa zu schaffen. Ich nehme an, Sie werden das auch heute wieder sagen. Ich muß Ihnen aber gleich darauf erwidern: Wir glauben Ihnen einfach nicht mehr! Es genügt nicht, sich in regelmäßigen Abständen entweder an die Presse oder an das österreichische Parlament zu wenden und immer wieder mitzuteilen, daß die österreichische Bundesregierung an dem Ziel arbeitet, das bedeutet, daß es in Mitteleuropa keine Atomkraftwerke mehr gibt. Bisher haben Sie dem nämlich keine Taten folgen lassen. Ich möchte das anhand einzelner Beispiele konkret anführen.

Erstes Beispiel: Dukovany. Es geht nicht nur um das geplante und derzeit aktuelle Atommüllager, hinsichtlich dessen Österreich bisher überhaupt keine Initiative ergriffen hat, sondern es nur


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Versprechungen gibt, nämlich daß Sie in den nächsten Wochen einen Brief schreiben wollen – was aus meiner Sicht viel zuwenig ist. Es gibt dort auch ein bestehendes Atomkraftwerk, ein Atomkraftwerk Dukovany – ich würde jedem empfehlen, dorthin zu fahren und sich das anzusehen; ich selbst war ein paarmal dort –, das allein im Jahr 1995 76 Störfälle zu verzeichnen hatte; das waren dreimal mehr als 1992. Diese Störfälle waren in sechs Fällen schwerwiegend. – Das sind Zahlen aus dem Sicherheitsbericht über Dukovany; Sie können das daher jederzeit nachprüfen.

Das geplante Atommüllager – auch dazu liegen Studien vor – stellt ein hohes Sicherheitsrisiko dar, und zwar nicht nur für die Bevölkerung in Tschechien, sondern genauso auch für die Bevölkerung in Österreich. Wir haben entsprechende Sicherheitsstudien und Risikoanalysen ausarbeiten lassen. Einerseits durch die Lage dieses Atommüllagers, nämlich nur 8 Kilometer von einem Flughafen entfernt, andererseits aber auch aufgrund der geplanten technischen Rahmenbedingungen stellt dieses Lager ein großes Sicherheitsrisiko dar; ein Sicherheitsrisiko, das größer als die Bedrohung ist, die je durch Tschernobyl ausgegangen ist, ein Sicherheitsrisiko, das bei einem Unfall – das wurde anhand verschiedener Szenarien durchgerechnet –, wenn man es konservativ schätzt, zu einer größeren Belastung führen würde als der Unfall in Tschernobyl.

Ein zweites Beispiel neben Dukovany ist Temelin: eine unendliche Geschichte von österreichischen Versprechungen, eine unendliche Geschichte von "Eventuell-Angeboten" von seiten der österreichischen Bundesregierung. – Bis heute ist nichts Konkretes passiert, und dabei gäbe es Geld genug, Geld auf europäischer Ebene, wie zum Beispiel den EURATOM-Fonds, der einen Fonds in Höhe von immerhin 50 Milliarden Schilling für Kredite für Atomkraftwerke darstellt; Kredite und Haftungsrahmen, die von seiten der Mitgliedsländer zur Verfügung gestellt werden.

Selbstverständlich könnte sich Österreich als Mitgliedsland der Europäischen Union für eine Richtlinienänderung in dem Ausmaß einsetzen, daß es eben möglich ist, Alternativprojekte zu Atomkraftwerken, Ausstiegskonzepte zu finanzieren, statt nur zuzusehen, wie Temelin fertiggebaut wird, und zu sagen: Na ja, wir haben es ja versucht, wir machen immer wieder Presseaussendungen! – Aber dabei bleibt es auch.

Drittes Beispiel: Mochovce. Herr Bundeskanzler! Sie haben gerade Mochovce immer wieder als Beispiel dafür genannt, daß Sie doch aktiv seien. Sie haben sich darauf bezogen, daß es in Kürze eine zweite Begehung, einen sogenannten Walk-Down Nummer 2 in Mochovce geben wird. Dazu muß man einiges festhalten:

Erster Punkt: Die Grünen sind selbstverständlich dafür, daß österreichische und internationale Wissenschafter vor Ort noch einmal die Grundlagen erheben. Das ändert aber nichts daran, daß es im Anschluß an die letzte Begehung zwei Jahre gedauert hat, bis ein Bericht vorgelegen ist, weil die Slowakei ewig verzögert hat, und währenddessen weitergebaut wurde, daß auch jetzt weitergebaut wurde, in Kürze der erste Block fertig sein wird und auch in Betrieb gehen soll, und daß möglicherweise der erste Block längst in Betrieb ist, bis Sie, Herr Bundeskanzler, überhaupt den Bericht bekommen, den Ihre Kommission oder die von Ihnen initiierte Kommission erarbeiten wird.

Das ist einfach zu wenig! Es ist wichtig, Daten zu erfassen. Es ist wichtig, internationale Wissenschaftler dorthin zu schicken, aber diese Maßnahme wird nichts daran ändern, daß Mochovce ans Netz geht. Sie müssen schon mehr politischen und diplomatischen Druck dahintersetzen, damit die slowakische Regierung tatsächlich umdenkt! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt zu Mochovce: Österreich hat einen schweren strategischen Fehler gemacht, indem es nämlich angekündigt hat, daß man Bohunice absperren oder abschalten werde, wenn Mochovce fertig wird. Ich halte das für einen Trugschluß, und in der Slowakei ist das so angekommen, als würde Österreich mit ein bißchen Wehmut, aber doch das dann neuere AKW akzeptieren, wenn das alte und absolut inakzeptable Bohunice abgeschaltet wird. Diese Doppelstrategie war sicher falsch und ist in der Slowakei auch völlig falsch angekommen.


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Aber auch hinsichtlich Bohunice gibt es eine unendlich lange Diskussion. Bis heute gibt es keine konkreten Ausstiegshilfen, bis heute gibt es viel zuwenig politischen und kaum diplomatischen Druck.

Nächstes Beispiel: Es geht bei dieser Debatte nicht nur um osteuropäische AKWs. Österreich würde sich unglaubwürdig machen, wenn es nicht im gleichen Ausmaß auch jene Atomkraftwerke und vor allem jene Projekte beurteilen würde, die nach wie vor auch in Westeuropa, nämlich in unserem Nachbarland Deutschland, geplant sind. Es gibt – leider mit Förderungsmitteln der Europäischen Union und EURATOM – einen neuen europäischen Druckwasserreaktor, der nach dem Beschluß des neuen deutschen Atomgesetzes standortunabhängig typisiert werden und in Betrieb gehen könnte.

Sie sollten sich nur einmal die Karte vor Augen halten, die Österreich und die Atomkraftwerke, die grenznahen AKWs zeigt. Sie sehen ganz deutlich: Natürlich ist die Bedrohung vor allem von alten osteuropäischen Atomkraftwerken gegeben, aber sie ist genauso von unseren EU-Nachbarn gegeben. Es ist, Herr Bundeskanzler, eigentlich ein zweiter Skandal, daß Sie innerhalb der Europäischen Union noch nicht Druck gemacht haben, daß ebenso von unseren westlichen Nachbarn Ausstiegskonzepte erarbeitet werden und endlich eine Änderung der EU-Politik im Bereich von EURATOM durchgeführt wird! (Beifall bei den Grünen.)

Die EU hat nach wie vor mit ihren Finanzierungskonzepten, mit ihren Finanzierungsprogrammen – PHARE, TACIS, aber natürlich EURATOM an der Spitze – eine enorme finanzielle Kraft. Es gieren jedoch – das ist leider eine Tatsache – nach wie vor die deutsche und die französische Atomindustrie nach neuen Projekten, vor allem in Osteuropa.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie es mit einer österreichischen Anti-Atompolitik tatsächlich ernst meinten, müßten Sie doch die österreichische EU-Präsidentschaft dazu nützen, eine Grundlage zu schaffen. Österreich hat ab 1. Juli 1998 erstmals die EU-Präsidentschaft inne. Wo sind die Konzepte, Herr Bundeskanzler? Wo ist die Vorarbeit? Wo gibt es ein Gesprächsklima mit anderen EU-Staaten, das zeigen würde, daß es Österreich mit dem Ziel eines AKW-freien Mitteleuropas ernst meint?

Oder: EU und Osterweiterung. Es gibt gerade zu diesem Bereich – alle, die in den entsprechenden Ausschüssen mitarbeiten, wissen das – einen Fünfparteienentschließungsantrag vom November 1997. In diesem Entschließungsantrag und auch in dem vorangegangenen – es gibt zu diesem Bereich zig Entschließungsanträge, und zwar Fünfparteienentschließungsanträge – werden Sie wieder aufgefordert, Herr Bundeskanzler, gerade bei den Verhandlungen betreffend die Osterweiterung dieses Thema einzubringen, und zwar sehr konkret, nämlich daß es bei den Beitrittsverhandlungen bindend ist, daß diese neuen osteuropäischen Mitgliedsländer ein verbindliches Ausstiegskonzept aus der Atomkraft vorlegen, was die Grundlage für die österreichische Zustimmung zu neuen Mitgliedsländern ist.

Wenn man so etwas machen will, Herr Bundeskanzler, dann bedarf das Vorarbeiten, aber auch eines konkreten Sich-Einmischens. Es beginnen im April die Verhandlungen mit den potentiellen neuen Mitgliedsländern, und es ist nicht bekannt, daß Österreich in irgendeiner Form eine Initiative ergriffen hätte.

Ich selbst war letzte Woche in Brüssel und habe dort mit vielen gesprochen, vor allem auch mit Abgeordneten aus osteuropäischen Ländern, potentiell neuen Mitgliedsländern. Diese Abgeordneten erzählten mir genau das Gegenteil, nämlich daß signalisiert wurde, das sei gar nicht so interessant und wichtig, weder für die einzelnen EU-Mitgliedsländer noch für die EU-Kommission insgesamt. Weder sind die Atomkraftwerke bei den Verhandlungen wirklich ein Thema, noch sind es die ... (Unruhe im Saal.) – Herr Präsident! Könnten Sie bitte für etwas mehr Ruhe sorgen!? Das ist unglaublich!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich werde die Sitzung für eine halbe Minute unterbrechen. (Es tritt Ruhe ein.) – Ah, das hat schneller gewirkt. – Bitte, setzen Sie fort.


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Abgeordnete Ing. Monika Langthaler
(fortsetzend): Es ist bezeichnend, daß sich für das Thema Atomkraft in diesem Land offensichtlich nur die Grünen interessieren und daß Sie es vorziehen, zu quatschen und zu tratschen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist vielleicht auch für Sie von Interesse, daß gerade beim Thema EU-Osterweiterung von Österreich überhaupt keine Initiative ausgeht in diesem angeblich so zentralen politischen Bereich Anti-Atompolitik.

Ich wiederhole es noch einmal: Es gibt die Aussage von vielen osteuropäischen Abgeordneten, daß sie von seiten der Kommission signalisiert bekommen hätten, und zwar sehr eindeutig, daß weder die Umweltsituation noch die Atomkraftwerke ein Hindernis für einen Beitritt zur Europäischen Union darstellen würden.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Was bedeutet das für Ihre Politik? Warum gelingt es offensichtlich nicht, sich in diese Debatte betreffend EU und Osterweiterung einzubringen? Wieso gibt es von seiten Österreichs keine Initiativen – jedenfalls keine, die bei Recherchen identifizierbar sind? – Sie kommen nicht in Zeitungsmeldungen vor, und sie kommen auch nicht in konkreten Meldungen, die wir aus Brüssel bekommen, vor. Es scheint, als würde auch diese große Chance von Österreich versäumt, nicht genutzt.

Der Vorwurf, den wir Ihnen heute anläßlich dieses aktuellen Falles in Dukovany hier machen, Herr Bundeskanzler, wo eine große Chance versäumt wird, ist, daß Sie beschwichtigen, daß Sie versprechen, daß Sie sich aber schon längst von einer aktiven Anti-Atompolitik in diesem Land verabschiedet haben! (Beifall bei den Grünen.)

Als Beleg dazu dient auch Ihre gestrige Aussage in London. Sie haben gestern gesagt – das ist in der Austria Presse Agentur nachzulesen unter dem Titel: "Klima fordert Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke in Europa"; ich zitiere –: Prinzipielles Ziel sei weiterhin ein atomkraftfreies Mitteleuropa, aber "wenn es schon Atomkraftwerke gebe, sollten sie einem möglichst hohen Sicherheitsstandard entsprechen, sagte der Kanzler nach einem Mittagessen der 26 Staats- und Regierungschefs im Buckingham-Palast".

Ja!, würde jeder sagen. Nur: In Wirklichkeit zeigt das aber, wohin die Reise geht. Es bedeutet, daß Sie sich von dem Ziel verabschieden, daß diese Atomkraftwerke abgeschaltet, stillgelegt werden. Sie wollen sie offensichtlich nachrüsten lassen.

Herr Bundeskanzler! Es gibt von Ihrem Vorgänger, von Dr. Vranitzky, eine Menge Aussagen, aber auch von ihm initiierte Studien, die zeigen, daß eine sogenannte Nachrüstung dieser Ost-AKW auf westliche Sicherheitsstandards nicht möglich beziehungsweise unfinanzierbar ist. Damals war die offizielle Regierungspolitik, daß es nicht das Ziel sein kann, etwas Unmögliches erreichen und den Schein erwecken zu wollen, daß eine Nachrüstung sicher ist, sondern daß das Ziel eindeutig der Ausstieg aus der Atomkraft ist – und das innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens.

Was wir und viele Umweltorganisationen in diesem Land verlangen, ist ein umfassendes Atomverfassungsgesetz, das vor allem auch die Frage der Atomwaffen beinhaltet.

Herr Bundeskanzler! Sie selbst diskutieren seit einigen Monaten die Frage einer neuen Sicherheitsstruktur in Europa. In der Debatte wird immer versucht, eines zu verschleiern: Die Mitgliedschaft in einem Militärbündnis, egal ob NATO oder WEU, bedeutet gleichzeitig auch die Mitgliedschaft in einem nuklearbewaffneten Bündnis, das bedeutet selbstverständlich die Zurverfügungstellung von Infrastruktur für Atomwaffen, das bedeutet auch die Durchfuhr, den Transport und möglicherweise auch die Aufstellung von Atomwaffen. (Abg. Scheibner: Das ist ein Blödsinn!)

Wir wollen von Ihnen wissen, wie Sie sich in dieser Frage genau positionieren. Es gibt von seiten der SPÖ eine Stellungnahme vom Oktober, wonach die Atomwaffen im Bundesverfassungsgesetz enthalten sein sollen: nämlich ein Verbot des Transportes, der Lagerung und der Durchfuhr, nicht der Infrastruktur. Die ÖVP ist dagegen; offenbar ist sie geistig schon längst in


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der NATO. Es gibt in diesem Bereich also keine Einigung beziehungsweise schaut die Einigung so aus, daß ein Entschließungsantrag vorbereitet ist, der die Position der ÖVP beinhaltet, nämlich daß Atomwaffen nicht in das Atomverfassungsgesetz hineinkommen. Herr Bundeskanzler! Auch diesbezüglich erwarten wir uns eine konkrete Aufklärung.

Das Ziel für uns Grüne muß ein atomkraftfreies und ein atomwaffenfreies Mitteleuropa sein. (Beifall bei den Grünen.) Dafür, dieses Ziel zu erreichen, Herr Bundeskanzler, ist es noch nicht zu spät, wenn Sie endlich die Initiative ergreifen und das tun, was Sie seit Jahren versprechen, nämlich sich wirklich dafür einsetzen.

Wir hören viele Worte – allein es fehlt der Glaube, daß Sie diesen Worten tatsächlich endlich Taten folgen lassen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.23

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie gleich eingangs um Entschuldigung dafür, daß meine Beantwortung etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen wird. Das hängt damit zusammen, daß mir 37 Fragen gestellt wurden, aber auch damit, daß das Thema Atompolitik aus meiner Sicht sehr verantwortungsbewußt zu behandeln ist – ohne daß falsche Hoffnungen erweckt werden, die nicht erfüllbar sind, ohne daß Ängste zusätzlich geschürt werden, verantwortungsvoll mit einer klaren Perspektive, aber auch mit realistischen Schritten der Politik.

Ich meine, daß die Politik, die gegen die Gefahren der Atomkraft kämpft, ein Thema ist, das ganz Österreich angeht, das zu Recht ganz Österreich bewegt und hinsichtlich dessen wir auch in Zukunft eine gemeinsame Position in Österreich brauchen, und zwar deswegen, weil Österreich leider – auch das muß man ganz offen sagen – nach wie vor das einzige europäische Land ist, in dem sich alle Parteien mit einem klaren und unmißverständlichen Nein gegen die Nutzung der Atomenergie ausgesprochen haben.

Österreich ist nach wie vor das einzige europäische Land, das sich ernsthaft für ein kernenergiefreies Mitteleuropa einsetzt. Und gerade weil wir trotz zahlreicher und engagierter Bemühungen und intensiver Gespräche nach wie vor kaum Bündnispartner gefunden haben, ist ein innenpolitischer Konsens in der Atompolitik von strategisch so großer Bedeutung.

Ich bekenne mich so wie Sie, sehr geehrte Frau Abgeordnete, zu einer aktiven Anti-Atompolitik, und ich bekenne mich zu einer Politik, die für Atomkraftfreiheit kämpft, weil Atomkraft – darin sind wir hier alle einer Meinung – eine Technologie ist, die sich wie keine andere gegen die Menschen richten kann.

Ich bekenne mich auch dazu, daß Österreich Schrittmacher für ein atomkraftfreies Mitteleuropa ist und auf ein Umdenken in der Atompolitik in ganz Europa hinarbeiten muß (Beifall bei der SPÖ), aber, sehr geehrte Frau Abgeordnete, auf einer offenen, transparenten und ehrlichen Basis!

Ich glaube, es wäre verantwortungslos, bei der österreichischen Bevölkerung den Eindruck erwecken zu wollen, Österreich könnte, wenn es nur wollte, im Alleingang und gleichsam im Handumdrehen die Beseitigung aller nuklearer Risken und Gefahren bewirken. Für solch eine, wie ich meine, täuschende Politik stehe ich und mit mir die gesamte Bundesregierung nicht zur Verfügung!


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Wir versprechen, daß wir alle zu Gebote stehenden Mittel zum Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt vor nuklearen Risken und Gefahren einsetzen werden – aber wir versprechen nicht, Mittel einzusetzen, die es nicht gibt.

Wir versprechen, auf dem Weg zu einem kernenergiefreien Europa – und das ist und bleibt unser erklärtes Ziel – eine Schrittmacherfunktion einzunehmen – aber wir versprechen nicht, schon morgen die Abschaltung aller grenznahen Kernkraftwerke erzwingen zu können.

Wir versprechen, unsere aktive und konsequente Kernenergiepolitik fortzusetzen – aber wir versprechen nicht, jedes Vorhaben, bei dem die Zusammenarbeit und meist auch die Zustimmung anderer Staaten und damit langfristige und mühevolle Überzeugungsprozesse durch Österreich notwendig sind, von heute auf morgen umsetzen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir machen eine konsequente, offene und ehrliche Politik. Wir versprechen nicht, was wir nicht halten können. Wir halten aber, was wir versprochen haben. Das ist die Politik der Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu Ihren konkreten Bemerkungen zu Dukovany, Frau Abgeordnete Langthaler: Es ist seit 5. März 1997 bekannt, daß die Regierung der Tschechischen Republik die Entscheidung gefaßt hat, die Kapazität des Zwischenlagers anzuheben. Sie wissen, daß bereits damals, im März 1997, eine konzentrierte Aktion des Umweltministers, des Außenministers und meinerseits gesetzt wurde. Es ist daher unfair, der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Untätigkeit vorzuwerfen.

Sie wissen auch, daß in der Tschechischen Republik eine Umweltverträglichkeitsstudie vorbereitet und eingeleitet wurde, die sich in der ersten Phase, in den ersten 30 Tagen an die Umliegergemeinden richtet. Ich selbst habe mit dem tschechischen Ministerpräsidenten gesprochen und Frau Kollegin Prammer mit dem tschechischen Umweltminister, um klarzustellen, daß wir alle Maßnahmen der österreichischen Bevölkerung unterstützen, aber auch, um klarzustellen, daß die österreichische Bundesregierung einen gut vorbereiteten Bericht, eine Stellungnahme dazu innerhalb der 50-Tage-Frist für institutionelle Stellungnahmen einreichen wird.

Hätte die österreichische Bundesregierung beim Gemeindeamt von Dukovany Einspruch erheben sollen? – Sicher nicht! Es gibt die Möglichkeit einer institutionellen Stellungnahme, wofür noch zusätzlich – und das wissen Sie, nehme ich an – 20 Tage lang Zeit ist.

Wir haben also unterstützend dafür gesorgt, daß die entsprechende Anhörung, das Gehörtwerden der österreichischen Bevölkerung gesichert ist. Wir haben aber auch einen seriösen Weg beschritten, indem wir ein österreichisches Institut beauftragt haben, eine Stellungnahme auszuarbeiten, welche auf dem institutionellen Weg den tschechischen Behörden rechtzeitig übermittelt werden wird.

Ich bitte Sie, die Unterschiedlichkeit der Fristen beim Gemeindeverfahren und bei dem institutionellen Verfahren zu berücksichtigen, Frau Kollegin, wenn Sie kritisieren, daß morgen eine Frist ausläuft und wir keinen Einspruch erheben, denn das ist nicht richtig! (Abg. Ing. Langthaler: O ja!)  – Bitte, nein! 50 Tage dauert das institutionelle Verfahren der Tschechischen Republik. – Wir haben immer sehr sachlich miteinander gesprochen.

Wir als Republik Österreich können unsere Stellungnahme nicht beim Gemeindeamt in Dukovany abgeben. Und ich bin sehr froh darüber, daß wir unsere Stellungnahme sehr, sehr gut vorbereiten und daß Frau Bundesminister Prammer in Zusammenarbeit mit den Experten und den Wissenschaftern diese Stellungnahme ausarbeiten wird.

Zu Ihren Aussagen betreffend Mochovce: Wir haben zur Kenntnis nehmen müssen, daß unsere Anstrengungen, die Finanzierung des Atomkraftwerkes Mochovce durch Least-cost-Varianten und so weiter zu verhindern, nicht erfolgreich waren. Wir haben es bei der EBRD geschafft, aber Sie wissen, daß andere Finanzinstitute eingesprungen sind. Wofür wir uns jetzt und ich mich persönlich im November im Gespräch mit dem slowakischen Ministerpräsidenten eingesetzt haben, ist, daß eine Begehung durch eine Expertenkommission unter österreichischer Leitung möglich ist. Es hat mehrerer diplomatischer Interventionen bedurft, um sicherzustellen, daß diese Begehung tatsächlich vor der ersten Beladung mit Kernelementen durchgeführt werden


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kann. Es hat Druckes bedurft, wir haben diesen Druck ausgeübt, und es gibt jetzt eine Vereinbarung – Frau Kollegin Prammer hat sich da sehr engagiert –, daß diese Begehung auch durchgeführt werden kann.

Wir haben darüber hinaus, wie Sie, sehr geehrte Frau Abgeordnete, wissen, gemeinsam mit den Umweltorganisationen ein Maßnahmenpaket für eine neue Dimension österreichischer Kernenergiepolitik erstellt. Wir haben nicht nur die zuständige Ministerin für Strahlenschutz und den Umweltminister bei der Erarbeitung dieses Maßnahmenpakets eingebunden, sondern wir haben es gemeinsam mit Umweltorganisationen ausgearbeitet. Und wir haben es nicht nur ausgearbeitet, sondern wir haben es bereits wenige Tage später im Ministerrat beschlossen, als verpflichtendes Maßnahmenpaket der österreichischen Bundesregierung. Das ist doch auch ein Beweis dafür, daß wir uns in dieser Richtung sehr engagieren.

Ich möchte Ihnen auch folgendes sagen: Obwohl dieses Maßnahmenpaket noch nicht einmal vier Monate alt ist, konnte bereits eine Reihe von Punkten umgesetzt werden.

Ähnlich ist es zum Beispiel beim Atomhaftungsgesetz – im April geht die Begutachtungszeit zu Ende – oder beim Gefahrenguttransportgesetz, wo Regelungen zu treffen sein werden, aufgrund derer Atomtransporte durch Österreich verhindert werden können.

Österreich hat sich aber auch – und auch das muß man klar und deutlich sagen – auf europäischer Ebene im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union dafür eingesetzt, daß im Bericht der Außenminister an den Europäischen Rat in Luxemburg eine klare Verbindung zwischen den Fortschritten der Beitrittswerber hinsichtlich des Niveaus der nuklearen Sicherheit insgesamt und den Ergebnissen im Verhandlungsprozeß hergestellt wird. Die Notwendigkeit umfassender Reformen im Energiesektor, insbesondere die Notwendigkeit langfristiger und umfassender Energiestrategien als Voraussetzung für die Definition konkreter Ausstiegskonzepte haben wir bereits in die Verhandlungen um die Beitrittspartnerschaften bei der Osterweiterung mit eingebracht. – Also: Ihre Aussage, daß sich Österreich im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union nicht darum bemüht, ist durch konkrete Maßnahmen der Bundesregierung widerlegt worden.

Ich möchte, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch klar und deutlich auf die Vermischung der Themen Sicherheitspolitik und Anti-Atompolitik eingehen. Natürlich ist für mich ein atomwaffenfreies Europa oder, noch umfassender formuliert, die Vision einer atomwaffenfreien Welt ebenso ein Anliegen wie für Sie. Aber wir sollten nicht der Bevölkerung vormachen, daß Erfolge nur in allen Bereichen oder gar nicht erzielt werden können.

Worum geht es? – Es geht darum, die Sicherheitspolitik Österreichs, die Sicherheit unseres Landes in einer sich dynamisch verändernden Umwelt zu definieren und gemeinsam mit den Österreicherinnen und Österreichern die beste Lösung zu finden. Deshalb haben sich die Koalitionsparteien in der Koalitionsvereinbarung vom März 1996 auch darauf geeinigt, dem Nationalrat einen sicherheitspolitischen Optionenbericht vorzulegen.

Ich bekenne mich, wie dies auch im Regierungsübereinkommen festgehalten ist, zu einem umfassenden Sicherheitsbegriff, der nicht nur militärisch definiert werden kann, sondern auch die soziale, die wirtschaftliche und die ökologische Sicherheit mit einschließt.

Wir treten dafür ein, daß Österreich die im Vertrag von Amsterdam vorgesehenen Möglichkeiten im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union aktiv – aktiver als bisher – nützt und diese Entwicklungen auch entsprechend fördert. Ich persönlich bin der Meinung, daß Europa seine Stärken im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sehr rasch entwickeln muß, Europa muß lernen, mit einer Stimme zu sprechen, um schneller, aber auch vorausschauender auf Krisen reagieren zu können. Europa muß daher auch im Bereich des internen Krisenmanagements bis hin zur gemeinsamen Sicherheitspolitik eigene Ressourcen aufbauen und eine eigene Identität entwickeln – aus österreichischer Sicht sicher ohne Nuklearpotential, sehr geehrte Frau Abgeordnete!


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Ich darf Ihnen auf Frage 1 konkret antworten:

Die Bundesregierung bekennt sich selbstverständlich weiterhin zum zitierten "Atompaket". In diesem Zusammenhang ist nach wie vor insbesondere geplant, das sogenannte Atomsperrgesetz wie auch das Verbot der Lagerung und Konditionierung von Atommüll aus dem Ausland in den Verfassungsrang zu heben. Darüber hinausgehende Regelungen stehen derzeit in Verhandlung.

Ich darf Ihnen die Fragen 2 und 3 sowie 5 bis 9 beantworten:

Einleitend ist davon auszugehen, daß sich Österreich ohne Einschränkung völkerrechtlich dazu verpflichtet hat, auf den Besitz, die Verwendung und die Stationierung von Atomwaffen zu verzichten. Österreich wird sich auch weiterhin vollinhaltlich zu diesen Verpflichtungen bekennen! (Beifall bei der SPÖ.)

Alle sicherheitspolitischen Entscheidungen Österreichs haben sich daher an dieser rechtlichen Verpflichtung zu orientieren, und diese Verpflichtungen werden auch weiterhin eine wichtige Rahmenbedingung für die zukünftige Sicherheitspolitik Österreichs sein.

In diesem Sinne ist sowohl die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union, sein Beobachterstatus bei der Westeuropäischen Union, seine Mitarbeit in der "Partnerschaft für den Frieden" der NATO als auch seine durch den EU-Vertrag von Amsterdam verstärkte europäische Orientierung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit diesen Verpflichtungen vereinbar.

Insbesondere ermöglicht die durch den Vertrag von Amsterdam vorgesehene Inanspruchnahme der WEU durch die EU zur Durchführung der sogenannten Petersberg-Aufgaben in den Bereichen Friedenssicherung und Friedensschaffung gemeinsame europäische Reaktionen auf sicherheitspolitische Bedrohungen in unserem Umfeld. Die bestehende Vertragslage stellt in diesem Zusammenhang sicher, daß die von Ihnen zitierte nukleare Komponente der WEU und der NATO, die in beiden Organisationen ja ausschließlich im Beistandsfall Relevanz hat, bei der Durchführung der Petersberg-Aufgaben keine Rolle spielt.

Ich glaube, daß die laufenden Bemühungen zur Schaffung einer verstärkten europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität, insbesondere zur Stärkung der Konfliktprävention und des Krisenmanagements, einen wesentlichen Beitrag dazu leisten werden, Konflikten präventiv entgegenzuwirken, um deren Eskalation zu verhindern und friedliche Lösungen zu ermöglichen.

In diesem Sinne verstehe ich auch das sicherheitspolitische Engagement Österreichs als wichtigen Beitrag zur Rüstungskontrolle und zur Abrüstung in Europa.

Eine nukleare Komponente der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union steht nicht zur Diskussion. Österreich würde sich jedenfalls ganz klar gegen die Entwicklung einer solchen nuklearen Komponente aussprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihren Fragen 10, 12 und 13:

Ich habe bereits ausgeführt, daß die österreichische Beteiligung an der NATO-"Partnerschaft für den Frieden" auf der grundsätzlichen Überlegung fußt, damit verstärkte Beiträge zu Sicherheit, Stabilität und Friedenssicherung zu leisten. Die Grundlage für die diesbezügliche österreichische Mitarbeit stellen das sogenannte Rahmendokument sowie das von Österreich vorgelegte Einführungsdokument dar. Damit wird klargestellt, daß die Beteiligung Österreichs ausschließlich in den – nicht-nuklearen! – Bereichen friedenserhaltender Operationen, humanitärer und Katastrophenhilfe sowie Such- und Rettungsdienste stattfinden wird.

Ich darf in diesem Zusammenhang klarstellen, daß das derzeit in parlamentarischer Behandlung stehende Übereinkommen zwischen den NATO-Vertragsstaaten und den anderen an der "Partnerschaft für den Frieden" teilnehmenden Staaten – das "PfP"-SOFA-Abkommen – ausschließlich die Rechtsstellung von Truppen regelt, die im Rahmen der "Partnerschaft für den Frieden"


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teilnehmen. Da sich diese "Partnerschaft für den Frieden" ausschließlich auf nicht-nukleare Bereiche bezieht, befindet sich diese Vereinbarung selbstverständlich im Rahmen der völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs sowie seiner Verfassungsrechtslage. Es wird im übrigen im "PfP"-SOFA-Abkommen ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, daß die Entscheidung, Truppen zu entsenden oder zu empfangen, einer bilateralen Vereinbarung zwischen den betroffenen Staaten vorbehalten bleibt. (Abg. Scheibner: Wo ist dieses Abkommen? Das gibt es ja noch gar nicht!)

Darüber hinaus waren für die österreichische Beteiligung an dem im Rahmen von Kapitel VII der Satzungen der Vereinten Nationen vollzogenen Friedenseinsatz in Bosnien Vereinbarungen mit der NATO erforderlich, wie Sie wissen, um die Rahmenbedingungen der österreichischen Beteiligung rechtlich abzusichern.

Ihre Frage "nuklearer Ersteinsatz der NATO" betreffend kann ich für die österreichische Bundesregierung klar festhalten, daß Österreich grundsätzlich gegen den Einsatz von Nuklearwaffen ist und dies insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht hat.

Zur Frage 11:

Österreich als Nicht-NATO-Mitglied ist nicht die geeignete Adresse für Auskünfte über interne NATO-Überlegungen und Festlegungen dazu.

Zu den Fragen 4 und 14:

Österreich unterstützt das Konzept der nuklearwaffenfreien Zonen. Österreich vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß bei der Errichtung einer nuklearwaffenfreien Zone selbstverständlich das Einverständnis aller von dieser Zone erfaßten Länder gegeben sein muß. Solange in Europa Nuklearwaffen stationiert sind, ist leider – ich bedauere das – die Realisierbarkeit einer nuklearwaffenfreien Zone in Europa nicht möglich, was jedoch unsere Bemühungen in Richtung einer Verwirklichung dieses Ziels nicht beeinträchtigt.

Zur Frage 15:

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wie Sie wissen, unterstütze ich sehr engagiert die Bestrebungen, Organisationen, die Fragen der nuklearen Rüstungskontrolle und Abrüstung behandeln, in Österreich zu verankern. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das jüngste Beispiel der CTBTO. Sollte sich die Frage der Errichtung eines Büros der Canberra Commission für Österreich stellen, so wird sie selbstverständlich von Österreich unterstützt werden.

Zur Frage 16:

Ich habe die Aufgabe der Nuklearkoordination innerhalb der Bundesregierung nicht abgegeben. Daher kann ich auch keine strategischen Auswirkungen dessen erkennen. Angesichts des zusätzlichen Engagements der für Strahlenschutz zuständigen Bundesministerin ist wohl innen- wie außenpolitisch klargestellt, daß die aktive Kernenergiepolitik für Österreich nach wie vor prioritäre Bedeutung hat.

Zur Frage 17:

Wir kommen jetzt zur zivilen Nutzung der Atomenergie. Nukleare Sicherheit und die Notwendigkeit umfassender Strukturreformen im Energiesektor jener Staaten, die der Europäischen Union beitreten wollen, sind thematisiert – nicht erst seit der Verabschiedung des Maßnahmenpaketes, sondern bereits seit Beginn der europäischen Debatte zur Erweiterung der Europäischen Union. Und es ist nicht zuletzt der Intervention Österreichs zu verdanken, daß es in Luxemburg, wie schon erwähnt, diese klare Verbindung gegeben hat und daß die Beitrittspartnerschaften sowohl die Schwerpunkte zukünftiger Unterstützung der Beitrittskandidaten definieren werden als auch insgesamt als Leitplan für die Schwerpunkte des Erweiterungsprozesses dienen werden. Die Diskussion auf Ratsebene wird hiezu noch weiter geführt werden. xxx(sic!)


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Die gegenwärtig vorliegenden Zwischenergebnisse lassen eine weitgehende Berücksichtigung der österreichischen Anliegen erwarten. Ich habe schließlich erst gestern bei der Europakonferenz in London betont, daß wir in jenen Fällen, in denen für Länder, die jetzt der Europäischen Union beitreten wollen, ein Ausstieg aus der Kernenergie kurzfristig nicht möglich ist, zumindest – zumindest! – entsprechende Sicherheitsstandards einfordern. Ziel ist der Ausstieg dieser Länder, die der Europäischen Union beitreten wollen, aus der Kernenergie. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich trete allerdings schon für eine faire Behandlung ein. Ich kann realistischerweise nicht den Ausschluß Frankreichs oder Deutschlands aus der Europäischen Union verlangen, weil diese Länder Kernenergiekraftwerke betreiben. Das ist nicht wirklich realistisch. Daher kann ich nicht verlangen, daß ein Beitritt jener Länder Mittel- und Osteuropas, die Atomkraftwerke mit vergleichbaren Sicherheitsstandards betreiben, ausgeschlossen ist. Das wäre unfair – und ich kenne Sie, Sie persönlich sind nicht so. Daher geht es darum, daß wir in einem langfristigen Übergangsprozeß ein Ausstiegsszenario vorzubereiten haben, aber sehr wohl fordern können, daß es zum Schutz der Menschen zumindest die gleichen Sicherheitsstandards gibt – das auch als Voraussetzung für einen Beitritt.

Zur Frage 18:

Ich glaube, daß zunächst darauf hinzuweisen ist, daß die Rolle der Präsidentschaft in der Vermittlung und nicht in der Polarisierung bestehen soll. Dennoch werden wir die Möglichkeiten unserer Präsidentschaft nützen, um bestimmte Akzente zu setzen. Und einer dieser Akzente wird sicher im Nuklearbereich liegen.

Zur Frage 19:

Es geht mir hier nicht darum, eine bestimmte Position auszuschließen oder ersatzweise eine andere anzunehmen. Es geht wohl zuallererst darum, zum Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt entsprechend optimale Lösungen zu erreichen. Vor dem Hintergrund, daß ein vollständiger Verzicht auf die energetische Nutzung der Kernenergie nicht zu erzwingen ist, muß auch die Diskussion über die Interpretation eines hohen Niveaus an nuklearer Sicherheit und somit auch über technische Sicherheitsstandards von Kernkraftwerken geführt werden. (Anhaltende Unruhe im Saal.)

Zur Frage 20:

Dazu darf ich auf die schon ausführliche Beantwortung der Frage 17 verweisen. Aber hinsichtlich der Zusammenarbeit mit ausstiegsbereiten Ländern ist zur Kenntnis zu nehmen, daß keiner der Beitrittswerber kurzfristig als ausstiegsbereit zu bezeichnen ist. Wir haben jedoch – auch ich persönlich – in den vergangenen Monaten jeden Besuch, jeden offiziellen Kontakt, jede sich bietende Möglichkeit genützt, um potentielle Kooperationspartner in Fragen der nuklearen Sicherheit im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union zu finden.

Zur Frage 21:

Die Beantwortung dieser Frage im Detail würde den Rahmen der heutigen Sitzung tatsächlich sprengen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Einen Moment, Herr Bundeskanzler! – Meine Damen und Herren! Ich würde es fair finden, wenn die Abgeordneten, die dringend etwas miteinander zu besprechen haben, wofür ich Verständnis habe, das außerhalb des Sitzungssaales täten und jenen, die dem Herrn Bundeskanzler zuhören wollen, weil sie im Rahmen einer Sondersitzung eine Dringliche Anfrage gestellt haben, die Möglichkeit dazu böten. Das ist meine ernste Bitte.

Bitte, Herr Bundeskanzler, fortzusetzen.

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima (fortsetzend): Danke schön, Herr Präsident!

Ich darf mich wieder der Frage 21 zuwenden:


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Ich habe bei meinem letzten Regierungsbesuch in Schweden sehr engagiert mit der schwedischen Regierung das von Schweden ins Auge gefaßte Ausstiegsszenario diskutiert, und wir werden jede Möglichkeit nützen, noch andere zu finden, die sich unserer gemeinsamen Überzeugung anschließen, daß auch die friedliche Nutzung der Kernenergie in Atomkraftwerken keine vernünftige Energiepolitik ist.

Zur Frage 22:

Wir haben zunächst eine Analyse der gegenwärtigen Finanzierungsinstrumente der Europäischen Union in Auftrag gegeben. Aufgrund der ersten Ergebnisse dieser Analyse ist festzuhalten, daß gerade die Europäische Investitionsbank Kredite in erheblichem Ausmaß für den nicht -nuklearen Energiesektor der Beitrittskandidaten vergibt. Es ist auch festzuhalten, daß bislang noch kein einziges Projekt in Osteuropa aus Mitteln von EURATOM-Anleihen finanziert wurde, auch wenn hiezu eine Reihe von Anträgen vorliegt – das sei ganz offen zugegeben.

Nach Abschluß der Analyse haben wir vor, wie wir es erfolgreich bei der EBRD gemacht haben, hier weitere konkrete Initiativen zu setzen.

Zur Frage 23:

Ich halte noch einmal klar und deutlich fest, daß Österreich im Rahmen des bilateralen Nuklearinformationsabkommens keine Informationen vorenthalten wurden. Richtig ist allerdings, daß die Tschechische Republik im Vergleich zu anderen Nachbarstaaten Österreichs eher eine sehr zurückhaltende Interpretation dieses bilateralen Nuklearinformationsabkommens an den Tag legt. Vor diesem Hintergrund scheint es übrigens auch wenig zweckdienlich, knappe Ressourcen auf eine wenig erfolgversprechende Initiative zur Erweiterung dieses Abkommens zu konzentrieren.

Ich habe den tschechischen Ministerpräsidenten gestern dringendst gebeten, das von Ihnen angesprochene Espoo-Abkommen, das die Tschechische Republik noch nicht ratifiziert hat, umgehend zu ratifizieren, damit wir eine gemeinsame rechtliche Basis dafür haben. Sie wissen natürlich, sehr geehrte Frau Abgeordnete, daß dieses Espoo-Abkommen in der Tschechischen Republik noch nicht ratifiziert ist. Wir tun trotzdem so, als ob es schon ratifiziert wäre, und werden unsere Stellungnahme zu Dukovany abgeben, aber Sie wissen, daß es noch nicht ratifiziert ist. Wir machen politischen Druck, damit die Tschechische Republik das auch tatsächlich macht.

Zur Frage 24:

Ich bin schon auf den bilateralen Teil des Nuklearinformationsabkommens in der Vorfrage eingegangen.

Wir stehen in einem sehr engagierten Dialog mit der Schweiz und sind überzeugt davon, daß wir in Kürze einen erfolgreichen Abschluß erreichen können. Wir haben kürzlich ein derartiges Abkommen mit Slowenien und mit der Ukraine dem Nationalrat zur Bewilligung zugeleitet.

Zur Frage 25:

Wir haben gemeinsam alle erforderlichen Schritte gesetzt, aber auch eine frühere Benachrichtigung hätte daran nichts geändert.

Zur Frage 26:

Ich habe dieses Anliegen, wie bereits erwähnt, gestern mit meinem Regierungskollegen, dem tschechischen Ministerpräsidenten, besprochen und ihn sehr nachdrücklich auf die österreichischen Bedenken hingewiesen. Auch die für Strahlenschutz zuständige Frau Bundesminister hat in einem Schreiben an den tschechischen Umweltminister, das bereits abgeschickt ist – weil Sie gesagt haben, wir hätten noch nicht geschrieben, wir würden irgendwann schreiben; im Gegenteil, das ist bereits erfolgt –, genau diese Forderungen erhoben und bestätigt. Eine offizielle


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Antwort dazu gibt es noch nicht. Ich kann Ihnen daher die Antwort der Tschechischen Republik dazu noch nicht sagen.

Zur Frage 27:

Die Absicht des Betreibers, die Betriebsdauer des Kernkraftwerkes Dukovany zu verlängern, ist, wie ich bereits in meiner Einleitung ausgeführt habe, ja schon seit längerem bekannt, und ich habe schon dargelegt, was die Bundesregierung innerhalb der Frist sehr präzise und gut vorbereitet zu tun beabsichtigt.

Zur Frage 28:

Ich habe auch diese Frage in meinem gestrigen Gespräch mit dem Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik angesprochen. Darüber hinaus wurde dieses Thema in dem bereits erwähnten Schreiben der Frau Bundesminister Prammer an den tschechischen Umweltminister releviert. Die Situation in der Tschechischen Republik ist jedoch – das muß man klar sagen – keinesfalls so eindeutig, wie sie von Ihnen dargestellt wird. Es erscheint daher zweckmäßig, die gegenwärtig amtierende Übergangsregierung sehr engagiert dazu zu veranlassen, daß diese Ratifizierung endlich erfolgt.

Zur Frage 29:

Das Hauptziel der zweiten Begehung des Kernkraftwerkes Mochovce ist es, die erforderliche Klarheit über das tatsächliche Ausmaß der durchgeführten Nachrüstungsmaßnahmen zu erhalten. Es erscheint – das muß ich Ihnen sagen – zum derzeitigen Zeitpunkt verfrüht, über die Reaktion der Bundesregierung auf die Ergebnisse dieser Begehung Spekulationen anzustellen.

Zur Frage 30:

An unserer Ansicht, daß zumindest die Blöcke 1 und 2 des Kernkraftwerkes Bohunice ehestmöglich stillgelegt werden sollen, hat sich nichts geändert. Unsere Position ist klar: Sollte die Slowakische Republik das Kernkraftwerk Mochovce tatsächlich in Betrieb nehmen, so muß dies jedenfalls mit der umgehenden Schließung der ersten beiden Blöcke des Kernkraftwerkes Bohunice verknüpft werden. Das bedeutet jedoch nicht, daß wir die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Mochovce gutheißen.

Es ist jedoch so, daß dieses Versprechen von seiten der slowakischen Regierung vorhanden ist. Ich habe Meciar auch daran erinnert, und er hat es auch öffentlich vor der österreichischen Presse noch einmal wiederholt.

Zur Frage 31:

Ich verweise auf die Beantwortung der Fragen 17 und 20, gebe aber sofort zu – das wissen Sie auch –, daß diesbezügliche österreichische Vorstöße bei anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht auf riesiges Interesse gestoßen sind. Ich versichere Ihnen jedoch, daß wir unsere gemeinsamen österreichischen Bemühungen weiterhin konsequent und nachhaltig fortsetzen werden.

Zur Frage 32:

Wir haben diesem Umstand schon Rechnung getragen, weil wir den Schwerpunkt "Energiepartnerschaften" im Rahmen der Erweiterung der Europäischen Union verankert haben. Auch die neuen Bestimmungen des Ost-Öko-Fonds nehmen explizit auf Projekte im Energiebereich Bezug.

Zur Frage 33:

Die Entwicklungsarbeiten zum Europäischen Druckwasserreaktor EPR laufen bereits seit vielen Jahren, wie Sie wissen. Ich stimme Ihnen durchaus zu, daß die Schaffung eines standortunabhängigen Bewilligungsverfahrens im deutschen Atomrecht mit dieser Entwicklungsarbeit in


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direkten Zusammenhang zu bringen ist. Ich habe aber keinen Grund, die Aussagen offizieller deutscher Vertreter heute in Zweifel zu ziehen, daß in absehbarer Zeit keine Errichtung eines neuen Kernkraftwerks in Deutschland geplant ist.

Ich darf Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, daß die Bundesregierung, obwohl es sich hier um nationalstaatliche souveräne Entscheidungen handelt, selbstverständlich gegebenenfalls ihre Bedenken klar und deutlich vorbringen wird.

Zur Frage 34:

Es kann ausgeschlossen werden, daß Finanzmittel aus dem 5. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung der Europäischen Union der Errichtung eines Kernkraftwerkes oder auch nur der unmittelbaren Produktentwicklung zugute kommen, weil die gemeinschaftliche Forschung definitionsgemäß vorwettbewerblich ist.

Nicht auszuschließen ist, daß im Rahmen gemeinschaftlicher Forschungsprojekte auch Ergebnisse erzielt werden, die in der einen oder anderen Form möglichen zukünftigen Reaktorentwicklungen – oder wem auch immer – zugute kommen. Die gegenwärtig vorliegenden Formulierungen zum 5. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung schließen aus unserer Sicht jedenfalls eine Finanzierung von Kernforschung aus und machen nach Angabe des zuständigen Ministers keinesfalls ein Veto Österreichs erforderlich.

Zur Frage 35:

Dieser Wunsch des Nationalrates kann nur langfristig umgesetzt werden. Ich erinnere daran, daß die österreichische und die irische Initiative im Rahmen der Regierungskonferenz 1996 nicht die Zustimmung anderer Mitgliedstaaten gefunden hat, und ich erinnere daran, daß eine Änderung des EURATOM-Vertrages natürlich Einstimmigkeit erfordert. Wir sind allerdings angesichts der Dynamik des europäischen Diskussionsprozesses der Hoffnung, daß eine österreichische Initiative sinnvoll möglich sein wird.

Zur Frage 36:

Auch dabei handelt es sich um ein langfristiges Projekt, das in einer Vielzahl von Interventionen und Initiativen umgesetzt wird. Ich habe zuletzt in meiner Grußadresse an die Jubiläumsgeneralkonferenz der Internationalen Atomenergie-Organisation im vergangenen Jahr – nicht zu deren Freude, aber sehr klar – zum Ausdruck gebracht, daß die energetische Nutzung der Kernenergie keine geeignete Strategie zur Bekämpfung des Treibhauseffektes darstellt, da die Kernenergie nicht mit den Prinzipien und Prioritäten einer tragfähigen und zukunftsverträglichen Entwicklung in Einklang zu bringen ist und darüber hinaus auch noch in höchstem Maße ökonomisch fragwürdig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 37 – das ist die letzte Frage – darf ich folgendes festhalten:

Die Bundesregierung steht einer Proliferation globaler Organisationen und Institutionen sehr reserviert gegenüber, da ein Mehr an Bürokratie selten zu einem Mehr an sinnvollen und wünschenswerten Aktivitäten führt. Allerdings besteht im Energiebereich ein krasses Ungleichgewicht hinsichtlich der institutionellen Verankerung verschiedener Energieträger. So steht insbesondere der Internationalen Atomenergie-Organisation auf Ebene der Vereinten Nationen keine gleichwertige Institution für den nicht-nuklearen Energiesektor gegenüber. Österreich verfolgt daher seit längerer Zeit mit verschiedenen Initiativen die Schaffung von adäquaten institutionellen Voraussetzungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie abschließend, daß wir die gemeinsame Linie der österreichischen Atompolitik sowohl hinsichtlich der friedlichen als auch hinsichtlich der militärischen Nutzung weiterhin gemeinsam engagiert verfolgen. Nur so werden wir in unserer Umgebung und in Europa erfolgreich sein – im Sinne des Schutzes der Menschen und der Umwelt. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.02


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111. Sitzung / Seite 37

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Redezeit der einzelnen Redner: 10 Minuten, wie bekannt.

Als erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort. – Bitte sehr.

16.02

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich finde es sehr positiv, daß sowohl der Bundeskanzler als auch die Konsumentenschutz- und "Teilumweltministerin" an der Debatte über die Dringliche Anfrage teilnehmen. Damit enden aber meine positiven Wahrnehmungen auch schon, denn folgendes war sehr bemerkenswert: Herr Bundeskanzler, Sie haben zwar den Konsens in der Antiatompolitik Österreichs beschworen, aber Sie haben ihn, denke ich, mit dieser Erklärung – wie Politikerinnen und Politiker das nun einmal können und auch verstehen – verlassen, und nicht die Grünen oder eine andere Fraktion.

Sie haben diesen Konsens ziemlich klar verlassen, indem Sie eine sehr entscheidende Wendung eingeführt haben, nämlich unter dem Motto des – Anführungszeichen – "atompolitischen Realismus". Der "atompolitische Realismus" und das, was Sie darunter verstehen, sind eine Änderung gegenüber jener Linie, die etwa Umweltministerin Flemming oder auch Bundeskanzler Vranitzky vertreten haben. (Beifall bei den Grünen. – Bundeskanzler Mag. Klima: Nein!)  – Doch. Ich werde Ihnen das begründen. Ich gehe zuerst auf den Energiebereich ein, dann auf den NATO- und Atomwaffenbereich.

Zum Energiebereich: Herr Bundeskanzler! Wieso ist die Stellungnahme der Bundesregierung nicht fertig, wenn Sie bereits seit März 1997 wissen, daß das im Prinzip geplant ist? Muß man "sooo" sorgfältig vorgehen (Bundeskanzler Mag. Klima: Ja!), daß das just heute nicht fertig sein kann? (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. ) Es ist vor allem so, Herr Abgeordneter, wie Kollegin Langthaler völlig richtig gesagt hat: Die Einwendungsfrist, die formale Einwendungsfrist im Rahmen des UVP-Verfahrens, endet heute, und zwar für alle Beteiligten! Herr Bundeskanzler! Die Gebietskörperschaften und Gemeinden in Tschechien haben ein Recht darauf, die eingegangenen Einwendungen noch einmal zu begutachten und dazu Stellung zu nehmen. Das originäre Recht der Einwendungen endet leider heute – und zwar ungenützt von seiten der Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

Wäre es um den "energiepolitischen Realismus" gegangen, warum hätte dann Umweltministerin Flemming seinerzeit nach Wackersdorf fahren sollen? – Es war damals nicht realistisch, daß der Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf oder des schnellen Brüters in Frankreich noch zu stoppen ist. All die vielen kleineren Erfolge der Anti-AKW-Bewegung waren nicht realistisch, als einige Bürgerinnen und Bürger, unterstützt von einigen Politikerinnen und Politikern, über alle Fraktionsgrenzen hinweg mit dem Widerstand begonnen haben. Zunächst war all das nicht realistisch, und es ist doch gelungen!

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie von Anfang an – und das ist die Wendung – fragen: Was könnte realistisch sein?, können Sie keine großen Änderungen mehr bewirken!

Noch etwas: Es gibt im Nahbereich Österreichs ein einziges wirklich absolut sicheres Atomkraftwerk, und das heißt Zwentendorf. Dieses einzige wirklich absolut sichere Atomkraftwerk ist damals auch nicht durch die Regierung, wohl aber durch die Ermöglichung einer demokratischen Entscheidung durch die Bevölkerung von der Realität "weggerückt" und hundertprozentig gesichert worden. Sonst kenne ich kein sicheres AKW.

Daher besteht der Meilenstein der Richtungsänderung der Bundesregierung, die Sie heute hier ausgesprochen haben, darin (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Mag. Klima – doch, Herr Bundeskanzler, nichts anderes ist es –, daß Sie von einem Ausstiegsszenario – von mir aus mit Übergangsfristen, mit Hilfestellung, aber von einem klaren Ausstiegsszenario – zum Slogan der verbesserten Sicherheit übergegangen sind.


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111. Sitzung / Seite 38

Herr Bundeskanzler! Wissen Sie, was das bedeutet? – Das bedeutet Milliardeninvestitionen, und die Auftragnehmer heißen Siemens, Westinghouse und anders. Und Sie als Ökonom, Herr Bundeskanzler, wissen genausogut wie ich, was es bedeutet, Milliarden in ein veraltetes AKW zu investieren, nämlich damit es länger läuft! Die sogenannte Sicherheitsstrategie ist eine Verlängerungsstrategie, ist eine Beibehaltungsstrategie. Das ist Ihr "Realismus"! Sie verlängern damit die Zeit bis zum Ausstieg, der durch das Betreiben der Bevölkerung schon viel früher erreicht werden könnte – wenn man eben unrealistisch ist! (Beifall bei den Grünen.)

Oder: Herr Bundeskanzler! Wo war denn der politische Einsatz – ein Einsatz in derselben Stärke, wie Sie damals um die Bank Austria, um den Einfluß der WestLB in Österreich gekämpft haben –, als sich der französische Atomriese eingekauft hat, als sogar der Wirtschaftsminister das eigentlich nicht ganz gut gefunden hat? Wo war denn da der massive Protest? Wo haben Sie da Leute zur Verantwortung gezogen?

Auf Sicherheitsstrategien zu setzen, vor allem auf einheitliche europäische Sicherheitsstandards, bedeutet jahrzehntelange Verhandlungen, bedeutet das Einsteigen auf ein Sammelsurium von technologischen Fortschritten und ist das diametrale Gegenteil eines Ausstiegsszenarios.

Und vor allem, Herr Bundeskanzler: Wenn das heute so unrealistisch ist, dann frage ich Sie schon: Was hat denn die Bundesregierung dazu gebracht, noch am 13. November des Vorjahres in einer eigenen Aussendung zu sagen (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Mag. Klima )  – wörtliches Zitat –: Die Bundesregierung wird auf Basis der Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997 im Rahmen der bevorstehenden EU-Beitrittsverhandlungen mit mittel- und osteuropäischen Staaten verbindlich für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten eintreten und entsprechende Aktivitäten setzen. – Darin war nicht von "und Sicherheitsinvestitionen" die Rede, sondern von Ausstiegskonzepten, und zwar verbindlich.

Ich frage Sie daher: Wieso ist dieses Vorhaben innerhalb einiger Monate verschwunden? – Das ist nicht ganz erklärlich. Das mag auch mit den ökonomischen Interessen manch potenter Investoren und Konzerne in Österreich zu tun haben. Anders kann ich mir das sonst nicht erklären.

Nun zum Waffenbereich: Herr Bundeskanzler! In diesem Bereich haben Sie die politischen Sprachwendungen ja ganz besonders geschickt eingesetzt, denn Sie wissen genausogut wie ich, daß sich die völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs, keine Atomwaffen zu besitzen, zu stationieren und so weiter, auf eigene Atomwaffen bezieht. Ich hoffe wirklich, daß diesbezüglich Konsens vorliegt, nämlich daß wir in Österreich keine eigenen Atomwaffen herstellen, irgendwo stationieren und damit andere bedrohen.

Die eigentliche Frage, vor der wir stehen und die Ihrem Koalitionspartner sehr am Herzen liegt, ist die NATO – es geht nicht um österreichische Atomwaffen –, und dazu vermisse ich ein klares Wort Ihrerseits. Es ist ja bereits so, daß auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig fremde Armeen üben.

Die kernwaffenfreie Zone ist Realität, daher frage ich Sie: Wollen wir sie nicht absichern? – Sie sprechen nur von der Beistandspflicht im Krisenfall. Aber ich nehme an, daß wir in Österreich auf gar keinen Fall irgendwelche Atomwaffen haben wollen! (Beifall bei den Grünen.)

Auch in Beantwortung der Frage 1 haben Sie politisch, rhetorisch elegant gesagt – aber die Gretchenfrage von Ihnen und Ihrem Koalitionspartner betrifft ja die Stationierung und den Transit von Atomwaffen –: Verhandlungen sind im Gange. – Es wäre schon interessant zu wissen, wie diese Verhandlungen vorangehen und wann sie zu einem Ergebnis kommen werden.

Ich komme zum Schluß. Herr Bundeskanzler! Nationaler Konsens bedeutet nicht das Einschwören auf rhetorische Floskeln. Selbstverständlich sind alle hier in diesem Hause und alle Österreicherinnen und Österreicher gegen Krieg, Gewalt, Umweltzerstörung und Ausbeutung. Aber ich frage Sie als Regierungschef: Was heißt das im konkreten Fall? Was heißt Friedenssicherung? Frieden durch Waffen? – Das ist nämlich in den NATO- und WEU-Strategien enthalten.


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Ich frage Sie weiters: Was tun Sie? – Vom Regierungschef erwarte ich nicht nur beschwörende Formeln, Leerformeln gegen Krieg und Gewalt, gegen alles Böse und für alles Gute – das ist ein bißchen zuwenig!

Und genau bei den Fragen nach den harten politischen Instrumenten, die auch zu Konflikten führen, nämlich: Werden Sie das Vetorecht im Rahmen der EU in Anspruch nehmen? 

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Setzen Sie Rechtsmittel ein? Wohin gehen die Gelder? Gibt es ein Junktim Beitrittsverhandlungen und Atomausstieg?, genau bei diesen Fragen sind Sie nur in rhetorische Schnörkel ausgewichen. – Das ist ein Freitag, der 13., der österreichischen Atompolitik! (Anhaltender Beifall bei den Grünen.)

16.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. – Bitte.

16.13

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Frau Abgeordnete Petrovic! Weil Sie mich anscheinend mißverstanden haben, möchte ich folgendes klarstellen: Es geht um die absolute Beibehaltung des Ausstiegsszenarios aus Kernkraftwerken in Mitteleuropa.

Ich habe davon gesprochen, daß wir im gemeinsamen Recht der Europäischen Union verbindliche hohe Sicherheitsstandards festschreiben wollen. Das ist ein Anreiz dazu, daß die osteuropäischen Staaten, die niedrige Standards haben, genau diesen Ausstieg betreiben. Es ist ein Anreiz dazu, mit diesen Staaten alternative Projekte der Energieversorgung zu besprechen, weil der Ausstieg Sinn macht, weil sie genau wissen, daß sie nicht mit den niedrigen alten Standards in die Europäische Union kommen sollen und daher ein Einstieg in alternative Projekte, bei dem wir sie unterstützen werden, das Ziel ist! (Zwischenrufe der Abgeordneten Wabl und Jung. )

Frau Abgeordnete! Bitte glauben Sie mir: Es geht nicht darum, daß jetzt irgend jemand viel Geld investiert, um alte osteuropäische Kernkraftwerke auf einen hohen Standard zu bringen. Das ist nicht das Ziel!

Das Ziel ist ein gemeinsames Ausstiegsszenario, das wir mit maßvollem Druck erreichen wollen. Das bedeutet, daß wir die Chance haben, jetzt gemeinsam alternative Projekte auf Basis von Least-Cost-Planning und finanzieller Unterstützungen zum Ausstieg aus diesen Kernkraftwerken durchzuführen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Redezeit: maximal 10 Minuten. (Abg. Wabl: Jetzt bin ich gespannt, ob das besser wird als das vom Bundeskanzler!)

16.15

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Es freut mich, Kollege Wabl, daß du gespannt bist. Das freut mich außerordentlich, aber ich verspreche dir, ich werde mich nicht in den niederösterreichischen Wahlkampf, der leider – leider! – der Anlaß für diese Sondersitzung sein dürfte, einmischen, sondern ich werde mich mit dem von euch so "dringlich" gemachten Problem beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Als Energiesprecher meiner Fraktion bin ich verhältnismäßig viel mit dem Thema Kernkraftwerke in den osteuropäischen Ländern befaßt. Ich bin sehr froh darüber, daß wir in Österreich lange Zeit hindurch – ich hoffe, es wird auch in Zukunft so sein – eine stets einheitliche Position zu diesem Thema einnehmen konnten.

Ich darf in diesem Zusammenhang – Frau Kollegin Langthaler als Vorrednerin hat das ja bereits erwähnt – an die vielen Fünfparteienentschließungsanträge, die wir hier in diesem Haus verabschiedet haben, erinnern, und ich meine, einer der umfassendsten und auch tiefgreifendsten Entschließungsanträge zu dieser Thematik wurde im Juli 1997 beschlossen. In gut 20 Punkten


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haben wir uns darin mit der österreichischen Anti-Atomposition beschäftigt und entsprechende Aufträge an die Regierung weitergeleitet.

Ich für meinen Teil stelle aber auch fest – ich brauche ja nur die Zeitungen zu lesen, um das bestätigt zu bekommen –, daß auch die österreichischen Regierungsmitglieder eine einheitliche strikte Antiatomhaltung im In- wie im Ausland vertreten; auch wenn die Oppositionsparteien dies nicht wahrhaben wollen. Und was mich besonders freut: Die österreichischen Vertreter in der EU und den EU-Organen legen in Fragen der Nuklearenergie stets höchste Maßstäbe an, wenn es um die Osterweiterung, budgetäre Fragen, Forschungsförderung oder dergleichen geht.

Frau Kollegin Petrovic! Sie haben gesagt, es gebe eine Sinnesänderung, wir wären vom Ausstiegsszenario abgegangen. Ich darf Ihnen folgendes sagen: Sie kennen sicher den Oostlander Bericht vom 3. Dezember 1997 im Europäischen Parlament und die Änderungsanträge, die unsere Abgeordneten dort eingebracht haben und die auch mit Mehrheit angenommen wurden. Ich darf zitieren:

"5.) ... weist auf die bestehenden Kernkraftwerke in den Ländern Mittel- und Osteuropas hin und fordert die Kommission auf, vor einem Beitritt" – genau das geforderte Szenario: Junktimierung beim Beitritt – "ein vereinbartes Programm vorzubereiten, um

a) die Sicherheitsstandards der bestehenden Kernkraftwerke den westlichen Sicherheitsstandards anzugleichen" – wenn möglich, in vielen Fällen auch nach meinem Dafürhalten eher nicht –,

"b) zu gewährleisten, daß die Betriebssicherheit von einer unabhängigen und von der IAEO anerkannten Stelle überprüft wird,

c) Sicherheitsverfahren entsprechend dem Euratom-Vertrag zu schaffen, damit die Sicherheit des hochradioaktiven Materials gewährleistet ist;

d) die Stillegung" – Frau Kollegin Petrovic, die Stillegung! – "und Nichtinbetriebnahme jener Kernkraftwerke zu veranlassen, die nicht auf das erforderliche internationale Sicherheitsniveau gebracht werden können;" – soviel ich von den Experten weiß, wird das bei Mochovce und zum Teil auch bei Temelin schwierig sein, weil es eben sehr schwierig ist, die alte Osttechnologie mit der neueren Westtechnologie derart in Einklang zu bringen, daß man wirklich ein – unter Anführungszeichen – "einigermaßen sicheres" Kernkraftwerk schaffen kann. Die immer wieder zitierten Kernkraftwerke müßten daher gemäß dieser Entschließung im Europäischen Parlament klar in das Ausstiegsszenario fallen.

Meine Damen und Herren! Aber auch der Bundesrat – und das freut mich für unser Haus – hat sich erst gestern wieder massiv für eine strikte Fortführung der österreichischen Antiatompolitik ausgesprochen; die Landeshauptleute detto. Die verschiedenen Landtage haben die Bundesregierung in den letzten Jahren, in den letzten Monaten und auch – höchst aktuell – in den letzten Wochen immer wieder aufgefordert und darauf hingewiesen, einen eventuellen Beitritt der osteuropäischen Länder strikt an dieses Ausstiegsszenario zu binden. Also selbst dann, wenn unsere Bundesregierung nicht mehr so recht wollte, wie ihr das heute unterstellt wurde, wäre der Druck – allein schon der politische Druck, aber auch der Druck der breiten Öffentlichkeit – so groß, daß es für sie gar nicht leicht werden würde, ihre Haltung in diesem Zusammenhang zu ändern.

xxxeingerichtetIch meine, wir sollten das auch in dieser Debatte tun. Es ist uns mit dieser nach außen einheitlichen, geschlossenen Haltung auch schon sehr viel gelungen. Die Bedeutung der nuklearen Sicherheit in Europa, insbesondere aber in den ehemaligen Ostländern, ist zu einem der wichtigsten Themen innerhalb der EU geworden. Neben der Hebung der Umwelt- und Sozialstandards ist die Sicherheit der Atomkraftwerke in den beitrittswerbenden Staaten eine der entscheidenden Voraussetzungen für deren Beitritt zur Europäischen Union.


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Die Investitionen in Nuklearanlagen, aber auch die Finanzierungshilfen der Europäischen Union für die Atomindustrie wurden zugunsten erneuerbarer Energieträger gesenkt. Das neue Weißbuch der Europäischen Union für eine europäische Energiepolitik setzt voll auf erneuerbare Energien. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll europaweit verdoppelt werden.

Aber auch in unseren östlichen Nachbarländern waren wir nicht erfolglos. Ich erinnere an unsere bilateralen Energiepartnerschaften, mit denen wesentliche Ideen in Richtung Umorientierung hin zum Energiesparen und zu anderen nichtnuklearen Energieträgern eingeleitet und unterstützt wurden.

Wenn man über diese Staaten nicht nur redet, sondern in diese Staaten fährt und dort mit den Menschen spricht, vor allem mit jenen, die sich intensiver mit dem Ausstieg aus dem Kernkraftszenario befassen und die Energiesituation in ihrem Land kennen, dann erfährt man, wie dort, zum Beispiel in der Slowakei, Energiepolitik betrieben wird. Da wird nämlich auf Speicherwärme gesetzt. Das heißt, die Räume werden mit elektrischem Strom versorgt. Man wählt dort fast bewußt Wege, die sehr energieraubend und energieintensiv sind. Da muß es vor allem erst einmal zu einem Umdenken kommen.

Darüber hinaus wissen wir, daß die Öffentlichkeitsarbeit nicht gerade gefördert, sondern eher behindert wird. Es ist also auch sehr schwierig, in der breiteren Öffentlichkeit in der Slowakei und zum Teil auch in Tschechien entsprechende Aufklärungs- und Informationsarbeit zu leisten. Dennoch sind uns bereits einige bedeutende Schritte in diese Richtung gelungen. Ich darf nur an die Umrüstung des konventionellen Kraftwerkes in Šoštanj in Slowenien oder in Nováky in der Slowakei erinnern. (Abg. Wabl: Hören Sie mit Šoštanj auf!) Šoštanj wurde aus umweltpolitischen Gründen saniert, und damit werden konventionelle Energien in diesen Ländern eingesetzt.

Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder vergessen: Vom Hohen Haus ausgehend haben wir erreicht, daß Mochovce nicht mit EBRD-Mitteln finanziert werden konnte. Sie werden sich sicher an die Debatte hier im Hohen Haus erinnern. Dafür, daß es andere Finanzierungsquellen gegeben hat, können wir nichts. Aber unsere offiziellen Möglichkeiten haben wir auf alle Fälle bestmöglich genützt.

Zu diesen Themen werden nach mir noch einige Redner meiner Fraktion sprechen und sich dabei mit Details auseinandersetzen. Ich meine, daß von seiten der österreichischen Bundesregierung ein sehr ambitioniertes Paket umgesetzt worden ist; vor allen Dingen dahin gehend, was uns jetzt ins Haus steht. Ich denke da an die Erhebung des Atomsperrgesetzes in den Verfassungsrang, an das Atomwaffenverbot und an das Atommüllagerverbot, das ebenfalls in den Verfassungsrang gehoben werden sollte. Ich erinnere nochmals an unsere Forderungen im Zusammenhang mit den EU-Beitrittsverhandlungen der osteuropäischen Beitrittswerber und auch an unser Eintreten für die Förderung erneuerbarer Energien.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Ansicht, wir werden österreichische Antiatompolitik, wie wir sie seit Jahren verfolgen, auch weiterhin konsequent in dieser Richtung betreiben. Ich darf Ihnen versichern, daß die österreichische Bundesregierung und die beiden Regierungsparteien konsequent von unseren Nachbarstaaten alle Maßnahmen einfordern werden, um den höchstmöglichen Schutz der österreichischen Bevölkerung zu garantieren. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. – Bitte.

16.25

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Abgeordnete des Bezirkes Hollabrunn und damit auch des Weinviertels bin ich sicher eine derjenigen, die unmittelbar von den Auswirkungen eines Ausbaus und einer Erweiterung des Kraftwerkes beziehungsweise des Atommüllagers Dukovany betroffen sind.


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Die Bewohner unserer Region sind ehrlich besorgt, sie haben Ängste, aber sie sind andererseits auch durch die vielen Gespräche und Kontakte mit Politikern und der Bevölkerung in Tschechien sehr wohl aufgeklärt und lassen sich in manchem nicht täuschen.

Auch wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, in Ihre Dringliche Anfrage hineinschreiben, Sie wollen eine seriöse Debatte über die Situation und die Zukunft der Antiatompolitik der Regierung führen, so können Sie doch nicht ganz von der Hand weisen – betrachtet man die heutigen begleitenden Presseaussendungen in den Bundesländern, speziell im Bundesland Niederösterreich – daß es hier eigentlich nur um eines geht: Es geht darum, dieses Forum, dieses Plenum für den Wahlkampf in Niederösterreich zu mißbrauchen, der in einer Woche seinen Abschluß finden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Man merkt die Absicht und ist verstimmt, denn es kann doch nicht so sein, daß Sie sich fest an der Frist 13. März verbeißen, da Sie nach wie vor wider besseres Wissen sagen, die Frist wäre versäumt worden, wobei Sie der Bundesregierung auf diese Art und Weise unterstellen wollen, daß hier etwas nicht richtig gelaufen sei. (Abg. Ing. Langthaler: Sie glauben, Dukovany ist ein Hirngespinst – oder was? Das gibt es gar nicht?) In Wahrheit brauchen Sie diesen Tag, um hier Wirbel zu machen, Ängste zu schüren, wieder einmal mieszumachen und Versäumnisse aufzuzählen, die eigentlich keine sind, Frau Kollegin Langthaler. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist ganz interessant – es ist sowohl vom Bundeskanzler als auch von anderen Rednern bereits darauf hingewiesen worden – festzustellen, daß dieser 13. März erstens die Frist der unmittelbar Betroffenen darstellt, daß die 50-Tage-Frist die Institutionen erfaßt und daß daher überhaupt nichts versäumt wurde. Auch die Hinweise auf das Espoo-Abkommen und darauf, daß das noch einzuholen sei, sind richtig. Somit haben wir keine Möglichkeit, andere Formen der Kommunikation wahrzunehmen.

Während sich Frau Petrovic jetzt an dieser Frist verbissen und weiter daran festgehalten hat, daß wir verpflichtet wären, eine Stellungnahme abzugeben, urgiert die Kandidatin der Grünen in Niederösterreich verbindliche Instrumente zur Mitsprache und der Parteienstellung. Hier gibt es offensichtlich einen Widerspruch, und man hat sie nicht genügend aufgeklärt. – Soviel zur Seriosität Nummer eins.

Seriosität Nummer zwei: die Vorwürfe an den Landeshauptmann von Niederösterreich. Ich meine, daß gerade der Landeshauptmann von Niederösterreich und die niederösterreichische Landesregierung vehement und ständig ... (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. ) Ich habe die Presseaussendungen gelesen. Sie sind ja gut beraten, wenn Sie ein Mäntelchen vorschützen, damit man nicht gleich merkt, daß Sie uns heute hier für den Wahlkampf mißbrauchen.

Sie lassen durch Ihre Kandidaten dem Landeshauptmann Versäumnisse vorwerfen. Genau das Gegenteil ist der Fall, und ich muß zum x-ten Male sagen – obwohl Sie es offensichtlich ohnedies nicht zur Kenntnis nehmen wollen –, daß Niederösterreich einen eigenen Atomrechtsbeauftragten hat, einen Anwalt, der Niederösterreich in Atomrechtsfragen vertritt und auch schon positive Ergebnisse zu diesem Thema erzielt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Atomrechtsbeauftragte Dr. Herbst war am 11. März 1998, also vor wenigen Tagen, persönlich in Prag und hat die Stellungnahme des Landes Niederösterreich abgegeben. Er hat seine Bedenken gegen das Projekt, das er als grob mangelhaft bezeichnet, aufgezeigt und hat noch dazu einen Informationsaustausch bei grenzüberschreitenden Gefahren urgiert, weil auch dieser Punkt nicht geregelt ist. Er hat ebenso die unzureichenden Schutzmaßnahmen im Falle eines Reaktorunfalles aufgezeigt. Behauptung Nummer zwei ist also auch unrichtig.

Genauso unrichtig ist die Behauptung des Herrn Kollegen Barmüller – er ist jetzt nicht da –, der sich ebenfalls auf Herrn Landeshauptmann Pröll eingeschossen hat. Er hat gemeint, dieser habe nicht einmal mit den Ohren gewackelt. – Er wackelt nicht mit den Ohren, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen vom Liberalen Forum! Seine Qualitäten sind andere. Sie hatten ja nicht nur die Möglichkeit, über den Bund Zurufe zu äußern, sondern Sie saßen eine


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ganze Legislaturperiode lang im Niederösterreichischen Landtag und hätten dort einiges einbringen können; zu hören war aber nichts davon. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Wabl. )

Daß Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren vom Liberalen Forum, aber jetzt nichts mehr einbringen können, ist mir klar, denn in der Zwischenzeit ist Ihnen Ihre Fraktion abhanden gekommen, sie ist einfach zerbröselt. Somit nehme ich auch zur Kenntnis, daß es der Zurufe des Herrn Kollegen Barmüller bedarf. (Abg. Wabl: Niederösterreich läßt keine Opposition zu!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber auf noch etwas hinweisen, da das Wort "seriös" so gefordert ist. Ich kann mich nicht genug über die gestrigen Pressemeldungen wundern, in denen es geheißen hat, der Vorsitzende eines Vereines, ein gewisser Herr Holzinger, Chef der Internationalen Bürgervereinigung, zufällig Klubsekretär der Grünen, wenn ich mich richtig erinnere (Abg. Wabl: Aus gutem Grund!), habe dem Bürgermeister von Dukovany 2 Millionen Unterschriften überreicht. Jetzt lese ich aber in einem Artikel der gestrigen Ausgabe einer Tageszeitung, es seien eigentlich nur 10 000 Unterschriften gewesen, man habe diese Zahl hochgerechnet und sei so auf 2 Millionen gekommen; man habe die Auswirkungen der Beschlüsse der Landtage von Salzburg und Innsbruck und die Gemeinderatsbeschlüsse von Oberösterreich und Klosterneuburg dazugerechnet. – Also wenn das seriös ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann weiß ich aber wirklich nicht mehr, was das Wort "seriös" tatsächlich bedeuten soll. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

"Viel Lärm um nichts" ist die Devise dieser heutigen Sitzung, die viel Geld kostet und unsere Anwesenheit verlangt, nur damit Sie vielleicht bei der Landtagswahl in Niederösterreich einige Stimmen erhaschen können. Ich verurteile das! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da ich in dieser Region – nämlich im Weinviertel – wohne, weiß ich, daß es bei allen Forderungen nach gesetzlichen Regelungen und Maßnahmen besonders wichtig ist – das sollten wir nicht unterschätzen, und das wurde auch von meinem Vorredner gesagt –, Stimmung zu machen, mit der Bevölkerung zu reden, Hilfen anzubieten. Es müssen Hinweise in Richtung Energiesparen und bewußten Umgang mit der Energie gegeben und Projekte vorgezeigt werden, bei denen alternative und erneuerbare Energieträger in Kleinkraftwerken umgesetzt werden, wie sie in einigen Gemeinden bereits bestehen. Es ist erfreulich, daß viele Bürgermeister mit ihren Gemeinderatskollegen aus dem tschechischen Raum speziell ins Weinviertel kommen, sich diese vorbildlichen Projekte anschauen und sie auch verwirklichen wollen. Ich meine auch, daß diese Bewußtseinsbildung vor Ort aufgrund guter nachbarschaftlicher Beziehungen besonders wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Hinblick auf die Fortsetzung unserer erfolgreichen Antiatompolitik möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen. (Abg. Wabl: Bitte keine Drohungen aussprechen!)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosemarie Bauer, Georg Oberhaidinger, Dr. Michael Spindelegger,
Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Dr. Günter Stummvoll, Otmar Brix, Dr. Josef Höchtl, Dr. Peter Keppelmüller, Franz Kampichler, Johann Kurzbauer, Dr. Alois Mock, Willi Sauer, Josef Schrefel, Rudolf Schwarzböck und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen grenznahe kerntechnische Anlagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, im Sinne des Schutzes der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt zum geplanten Vorhaben der Ausweitung des Atommüllagers in Dukovany auf der Basis von Gutachten beziehungsweise der Beurteilung von Experten eine Stellungnahme auszuarbeiten und diese den zuständigen Behörden der Tschechischen Republik zu übermitteln.


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2. Die Bundesregierung wird ersucht, in Weiterführung der bisherigen Aktivitäten und im Sinne des ECE-Abkommens von Espoo Kontakt mit dem Umweltminister der Tschechischen Republik aufzunehmen mit dem Ziel, die Stellungnahme der österreichischen Experten im Genehmigungsverfahren für die geplante Anlage in Dukovany zu berücksichtigen beziehungsweise die österreichische Position in Anhörungsverfahren vertreten zu können.

3. Der Bundeskanzler wird ersucht, beim nächsten Zusammentreffen der EU-Regierungschefs mit den Assoziierten Ländern, Fragen der nuklearen Sicherheit zur Sprache zu bringen.

4. Der Bundeskanzler wird ersucht, bilaterale Initiativen zu Gesprächen mit seinem tschechischen Kollegen über die Frage der nuklearen Sicherheit im Zusammenhang mit der geplanten Erweiterung des Brennelementezwischenlagers Dukovany, sowie des AKW Temelin zu ergreifen.

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Zu Wort gelangt als nächster Redner Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

16.35

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung! Verehrte Kollegen! Die Abgeordneten Gabriela Moser, Langthaler und FreundInnen haben heute einen Antrag betreffend dringliche antiatompolitische Maßnahmen für Österreich eingebracht. Wir Freiheitlichen werden diesem Antrag zustimmen.

Es geht darin um das Verbot des Besitzes, der Verwendung, Herstellung, Durchfuhr, Stationierung von Atomwaffen beziehungsweise um die Hebung des Atomsperrgesetzes inklusive Kernfusionsreaktoren in Verfassungsrang, um das Verbot der Lagerung und Endlagerung von Atommüll und das Verbot des Transits von spaltbarem Material und Atommüll durch Österreich.

Frau Kollegin Langthaler! Der heute von Ihnen eingebrachte Antrag ist inhaltsgleich mit dem Volksbegehren "Atomfreies Österreich": keine Atomwaffen nach oder durch Österreich, weder Durchfuhr, Lagerung noch Stationierung, keine Atommüllendlager, keine Atomtransporte et cetera.

Frau Kollegin Langthaler! Zu diesem inhaltsgleichen Volksbegehren, das im Vorjahr eingebracht wurde, haben Sie am 17. September 1997 gesagt: Dieses zweite Volksbegehren – das erste stammte von den Vereinten Grünen Österreichs – zur Atomfrage von der FPÖ ist ein politischer Scherzartikel und wird zum Zeitpunkt der Eintragungswoche bereits Altpapier sein. – Ja bitte, Frau Kollegin Langthaler, was ist denn dann dieser inhaltsgleiche Antrag, der heute eingebracht wurde? – Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil wir glauben, daß beide keine Scherzartikel sind. Nur möchte ich einmal gesagt haben, daß Sie uns am heutigen Tage tatsächlich mißbrauchen, sonst hätten Sie damals bereits zugestimmt und gesagt: Dieses Atomvolksbegehren ist notwendig. – Das ist die Doppelzüngigkeit der Grünen, und das sollte einmal an diesem Beispiel klar und deutlich aufgezeigt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber da gibt es noch eine zweite Sache, nämlich die Atompolitik der Grünen. Kollegin Petrovic meint laut einer APA-Aussendung vom 6. März 1998: "Selbstverständlich sind wir Befürworter der EU-Osterweiterung, aber ebenso selbstverständlich sollte der Beitritt mit einem Atomausstiegskonzept junktimiert werden."

Meine Damen und Herren! Diesen Antrag hat Kollegin Aumayr schon im Vorjahr mehrfach im Umweltausschuß und auch bei der Debatte zum Fünfparteienantrag gestellt. Warum haben denn die Grünen damals gegen den Antrag der Kollegin Aumayr gestimmt, in dem genau das


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enthalten ist, was Kollegin Petrovic am 6. dieses Monats gefordert hat? Ja was ist denn das? – Das ist doch ein zweites Mal eine absolute Doppelzüngigkeit der Grünen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Man muß auch einmal deutlich klarmachen, wie glaubwürdig die Grünen in dieser AKW-Frage tatsächlich sind.

In einem Punkt muß man den Grünen allerdings recht geben: Die Erkenntnis, daß unter Klima die österreichische Antiatompolitik eingemottet wurde, stimmt tatsächlich. War die Bundesregierung unter Vranitzky noch verbal als Atomgegnerin zu erkennen – zumindest während der Regierungserklärungen –, so verliert Österreich seit dem Amtsantritt Klimas zusehends an Glaubwürdigkeit. Der beste Beweis dafür, Herr Bundeskanzler, ist die zweijährige Geheimhaltung des Mochovce-Dossiers – Sie werden sich noch gut daran erinnern. Ein Dossier, wonach eklatante Konstruktionsfehler nachgewiesen und insgesamt 156 schwerwiegende Mängel aufgedeckt wurden, wurde von Ihrer Bundesregierung zwei Jahre lang geheimgehalten. – Das ist die konsequente Fortsetzung der österreichischen Antiatompolitik, die seit längerer Zeit völlig außer Tritt geraten ist.

Damit Kollegin Bauer nicht als große Siegerin vom Platz geht, erinnere ich Sie an einen anderen 13., und zwar an den 13. November 1996. Meine Damen und Herren von der ÖVP! Am 13. November 1996 stimmten alle Europaparlamentarier der ÖVP geschlossen für die Nutzung der Kernenergie (Rufe bei den Freiheitlichen: Ach so?) und brachten damit einen Antrag zu Fall, der zur Folge gehabt hätte, daß die Förderung der Kernenergie eingestellt und der EURATOM-Vertrag im Jahr 2002 dahin gehend abgeändert worden wäre, daß der sichere Abbau der Zahl der Kernreaktoren und die sichere Lagerung der Nuklearabfälle die einzige Aufgabe von EURATOM gewesen wäre.

Wie heißen diese Abgeordneten? – Flemming, Rack, Rübig, Stenzel, Habsburg und Pirker haben die Annahme des Antrages mit ihren Stimmen verhindert. – Soviel zur Glaubwürdigkeit der ÖVP in Sachen Antiatomkraftpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Du warst ja nie dort!)

Meine Damen und Herren! Damit hat Österreich wohl endgültig auf die Schrittmacherfunktion bei der Schaffung eines AKW-freien Mitteleuropas verzichtet. Es hat sich in der Zwischenzeit auch herausgestellt – die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers hat das heute klar und deutlich ergeben –, daß die Bundesregierung weder bei bilateralen Aktivitäten zur Reduktion des Gefährdungspotentials erfolgreich war noch energiewirtschaftliche Kooperationen zustande gebracht hat, die die Voraussetzung für einen Verzicht der Oststaaten auf die Nutzung der Kernenergie sind. Oder glauben Sie, daß die Errichtung der 380-kV-Leitung durch Österreich eine Vorleistung für den Ausstieg der Ostländer aus der Kernkraft ist? – Meine Damen und Herren, glauben Sie das? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, diese Vorleistung dient einer weiteren und intensiveren Nutzung der Kernkraft in den osteuropäischen Staaten mit Unterstützung durch westliches Kapital, und Österreich spielt da den Hehler! So schaut die Situation aus, was Ihre Antiatompolitik betrifft! – Den Hehler, sage ich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Damit steht für uns Freiheitliche fest, daß die Bundesregierung bei der Wahrung der Interessen der österreichischen Bevölkerung einerseits und des Umweltschutzes andererseits wieder einmal völlig versagt hat und hier über das Mikrophon der Öffentlichkeit Dinge erzählen will, die mit der Realität absolut nichts zu tun haben.

Meine Damen und Herren! Die Interessen der österreichischen Bevölkerung dürften für die Politik der Bundesregierung auch in Sachen Osterweiterung insgesamt keine Rolle spielen, hat doch Herr Bundeskanzler Klima vor kurzem – es war am 25. November 1997 – gesagt: "Wir sind für eine zügige Osterweiterung. Es soll kein Verzögern und es soll kein Bremsen geben." – Bis auf die Freiheitlichen sind alle hier im Parlament vertretenen Parteien für diese zügige Osterweiterung und damit wieder einmal für ein Abenteuer ohne Wenn und Aber. (Abg. Mag. Stadler: Auch die Grünen!)  – Auch die Grünen, obwohl sie jetzt die Forderung der Freiheitlichen unter


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stützen, daß man den Ausstieg aus der Kernkraft zumindest mit der Osterweiterung junktimieren sollte. So weit sind sie jetzt wieder gekommen und sind zu dieser Erkenntnis zurückgekehrt.

Einmal mehr findet man hier eine Vorgangsweise, die im Interesse der Europäischen Union ist – unter Umständen im Interesse der Kernkraftbefürworter –, aber sicherlich nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung. Meine Damen und Herren! Sie wollen eine Osterweiterung, obwohl nicht die geringsten Voraussetzungen dafür geschaffen wurden! Nicht einmal die institutionelle Vorbereitung gibt es ansatzweise! Kein einziger Beitrittskandidat erfüllt die Beitrittskriterien! Alle künftigen Beitrittsländer werden über lange Zeit Nettoempfänger sein! – Das müssen wir den Leuten sagen! Wir müssen ihnen sagen, daß dafür sehr, sehr viel zu bezahlen sein wird. Trotz der gewaltigen finanziellen Unterstützung von mehr als 1 000 Milliarden Schilling wird der Stand der osteuropäischen Länder noch lange nicht auf westeuropäisches Niveau angehoben werden können.

Meine Damen und Herren! Das wird immense Auswirkungen auf Österreich und besonders auf die Ostregionen in unserem Land haben! Aber darüber will man offensichtlich nicht diskutieren, obwohl weitere Produktions- beziehungsweise Investitionsauslagerungen zu befürchten sind, obwohl ein verstärkter Kaufkraftabfluß besonders in den Grenzregionen in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark zu befürchten ist und obwohl es zu massiven Verlagerungen im Bereich der Dienstleistungen kommen wird.

All das sind nicht nur die Befürchtungen von uns Freiheitlichen. Das sind auch die Befürchtungen, die die Landeshauptleutekonferenz im Dezember 1997 in Graz geäußert hat. Meine Damen und Herren! Es muß doch einmal darüber diskutiert werden, welche Nachteile wir unserer Bevölkerung mit diesen Beitrittsverhandlungen insgesamt verschaffen.

Insbesondere das Problem der Migration von Arbeitskräften muß in diesem Zusammenhang einmal angesprochen werden. Laut einer Studie der Akademie der Wissenschaften, die die Bundesregierung in Auftrag gegeben hat (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe), gibt es im Zuge der Osterweiterung ein Migrationspotential von über 9 Millionen Menschen, meine Damen und Herren! Davon werden 25 Prozent als bevorzugtes Einwanderungsland Österreich wählen. – Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Akademie der Wissenschaften, in Auftrag gegeben von der Bundesregierung. Darüber sollten wir einmal reden, meine Damen und Herren! 150 000 dieser Migrationswilligen haben bereits konkrete Schritte unternommen, um nach Österreich zu kommen. Sie haben sich um Wohnung und Unterkunft, um Aufenthalts- beziehungsweise Arbeitsgenehmigungen bemüht.

Meine Damen und Herren! Was hat denn das für Folgen für die Grenzregionen in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark? – Man sollte darüber diskutieren, daß legale und illegale Billigstarbeitskräfte in großer Zahl zu erwarten sind, daß der Druck auf das derzeitige Lohnniveau gewaltig werden wird und daß besonders im Grenzraum enorme Nachteile zu befürchten sind.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Die Redezeit ist abgelaufen. Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Herr Präsident! Deshalb haben wir auch einen Entschließungsantrag eingebracht (Abg. Dr. Khol: Geht nicht mehr!), der nicht nur eine verbindliche Zusicherung der mittel- und osteuropäischen Länder zu einem Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie fordert, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schweitzer! Sie können nicht einen Entschließungsantrag, der schriftlich verteilt wurde und gemäß der Geschäftsordnung zu erläutern ist, nach Schluß der Redezeit einbringen. Das wird ein anderer Abgeordneter erledigen.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Schlußsatz: ... sondern auch auf all die von mir zuletzt genannten Dinge eingeht, im Interesse der österreichischen Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Bravo!)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich würde bitten, daß der nächste Redner auf diesen Entschließungsantrag noch einmal eingeht. Er liegt mir vor. Er wird schriftlich verteilt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler   – zu dem zum Rednerpult gehenden Abg. Dr. Kier –: Herr Dr. Kier, gehen Sie bitte auf unseren Antrag ein! Der Herr Präsident hat gesagt: der nächste Redner! – Abg. Dr. Khol: Vor ein paar Jahren wäre das noch gegangen! – Heiterkeit.)

16.46

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Khol! Damals hat er nicht kandidiert. Doch wenn Sie dann Ihre Aufmerksamkeit wieder mir am Rednerpult zuwenden würden, wäre das ein Anzeichen dafür, daß Sie auf dem Gebiet des guten Benehmens etwas dazugelernt haben. (Heiterkeit. – Abg. Dr. Khol: Und was sind Sie, "Herr Kier"?! – Ein fader Oberlehrer!)

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausführungen der Kollegin Rosemarie Bauer waren so "erhellend", daß ich am Beginn meines Beitrags kurz auf diese Ausführungen eingehen muß. Sie hat nämlich einen Entschließungsantrag eingebracht. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

Zuerst hat sie uns erklärt, die Welt sei heil, die Bundesregierung sei fleißig, die Atompolitik sei nicht in Gefahr und alles sei bestens. (Abg. Dr. Khol: Und was sind Sie, Herr Kier?!) Dann hat sie sich aber doch entschlossen – offenbar mit Erlaubnis ihres Klubobmannes, denn ohne Erlaubnis kann man das in ihrer Fraktion nicht machen –, einen Entschließungsantrag einzubringen – parteienübergreifend; Herr Kollege Oberhaidinger ist auch dabei –, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, eine Stellungnahme zu Dukovany und so weiter und so fort abzugeben.

Also offenbar haben Frau Kollegin Bauer, aber auch Kollege Oberhaidinger, der den Antrag mitträgt, Bedenken. Beide trauen offenbar der Bundesregierung in Wirklichkeit nicht, sonst müßten sie diesen Entschließungsantrag heute nicht einbringen.

Denn wenn alles so heil ist, wie es uns der Herr Bundeskanzler geschildert hat, dann bedarf es dieses Entschließungsantrages doch nicht. Der Herr Bundeskanzler hat nämlich hier gesagt, er werde dieses und jenes machen. Es gab eine Differenz über die Fristen und über die Frage, ob er die Frist nicht vielleicht schon versäumt hat. Sollte er sie bereits versäumt haben, dann ist der Entschließungsantrag für überhaupt nichts gut. Sollte er sie aber nicht versäumt haben, dann muß man ihm schon glauben, daß er es vielleicht doch noch macht – zumindest als Angehöriger einer Regierungspartei.

Ich finde es daher bemerkenswert, daß die SPÖ und die ÖVP hier ausdrücklich durch einen Antrag zum Ausdruck bringen, daß sie der Meinung sind, ohne die heutige Aufforderung würde die Bundesregierung säumig bleiben! – Ich betone: bleiben. Denn daß sie säumig ist, steht für mich fest. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Daher wende ich mich jetzt der Anfragebeantwortung des Herrn Bundeskanzlers zu. Sie war beeindruckend! Er hat gesagt: "Österreich ist das einzige Land, wo alle Parteien ...". – Das mag vielleicht stimmen. Ich habe nicht nachgeschaut, ob auch in Dänemark, Irland, Italien, Schweden, Spanien und Portugal alle Parteien gegen die Errichtung von Atomkraftwerken sind. Aber es ist in diesen Ländern vor allem Regierungslinie, keine Kraftwerke zu haben, die mit Mitteln der Nukleartechnologie Strom erzeugen.

Daher ist seine Behauptung, er habe in diesem Punkt keine Bündnispartner gefunden, nur so zu erklären, daß er sie gar nicht erst gesucht hat. Das möchte ich ganz deutlich sagen. – Irland war schon früher als Österreich initiativ. Dänemark ist traditionell ein Land mit fortschrittlichen Bemühungen in der Energiefrage. Italien ist aus dieser Art der Stromerzeugung ausgestiegen, hat Kraftwerke stillgelegt wie auch Spanien und Portugal. Das sind doch alles Mitglieder der EU. Kennt er die Leute nicht? Fährt er nach London zu einer Regierungskonferenz, um dort im Fernsehen gesehen zu werden und irgend etwas zu sagen und um mit seinem Freund Tony Blair zu plaudern? Warum greift er diese Möglichkeiten nicht auf?


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Mit anderen Worten: Das ist unwahr. Wenn jemand behauptet, er findet in diesen Fragen keine Bündnispartner, dann ist er entweder schlecht informiert oder unaufrichtig. Möglicherweise ist der Herr Bundesminister für Umwelt, der heute nicht anwesend ist, auch nicht gut informiert und die Frau Bundesministerin Prammer vielleicht auch nicht. – Und der arme Herr Staatssekretär Wittmann weiß wahrscheinlich gar nicht, wie er dazu kommt, daß er als Kunststaatssekretär den Bundeskanzler hier auf der Regierungsbank in Atomfragen vertreten muß. Er tut mir in diesem Fall leid. (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Jetzt zur Schrittmacherfunktion, die der Herr Bundeskanzler für sich in Anspruch genommen hat. "Schrittmacher", hat er gesagt. – Ich meine, ein Schrittmacher wäre die Bundesregierung vielleicht dann, wenn sie der Entschließung vom 10. Juli 1997, mit der sie vom Nationalrat beauftragt und ersucht wurde, bis 1. März dieses Jahres ein neues, modernes, auf dem Stand der neunziger Jahre befindliches Atomhaftpflichtgesetz vorzulegen, nachgekommen wäre. Das ist sie aber nicht.

xxxeingerichtetEs wurde vor dem 1. März kein solches Gesetz vorgelegt. Herr Kollege Oberhaidinger! Diese Entschließung vom 10. Juli 1997 in diesem Haus war im übrigen einstimmig, daher ist es merkwürdig, wenn sich jetzt manche dieser Entschließung vom 10. Juli als Fraktion berühmen. Wir waren hier doch alle einer Meinung!

Herr Kollege Oberhaidinger, Sie haben doch auch mitgestimmt! – Der 1. März ist ins Land gezogen, aber es liegt kein Atomhaftpflichtgesetzentwurf der Bundesregierung vor. Und Sie wollen uns weismachen, daß die Bundesregierung die Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997 ernstgenommen hat? – Das muß ich stark bezweifeln.

Im übrigen bringt auch die liberale Fraktion heute einen Entschließungsantrag ein, den ich kurz vortragen möchte:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Mag. Thomas Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend die Schaffung einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, die EU-Kommission aufzufordern, einen Richtlinienentwurf zur Regelung von Atomhaftungsfragen vorzulegen. Diese Regelung soll geeignet sein, im Sinne einer Gefährdungshaftung mittels verpflichtender Haftungsvorsorge die Bereitstellung einer dem Risiko nuklearer Anlagen und radioaktiver Transporte angemessenen, unbeschränkten Haftungssumme zu gewährleisten, die Solidarhaftung und die Möglichkeit der Verbandsklage vorzusehen, sowie die Frage der Kanalisation der Haftung im Interesse potentieller Geschädigter zu regeln."

*****

Dieser Antrag hat einen tieferen Sinn, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, die Sie hier anwesend sind, aber auch meine Damen und Herren Kollegen! Die Bundesregierung hat nämlich ein Instrument in der Hand, das ihr jedenfalls und immer freisteht, und zwar: auf internationaler Ebene mit den von ihr vermißten Bündnispartnern – diese würden da sicher gerne mitmachen! – zumindest einmal für Kostenwahrheit in diesem Bereich zu sorgen.

Warum wird in den USA seit Jahr und Tag in kein Kernkraftwerk mehr investiert? – Weil dort nämlich ein anderes Schadenersatzrecht vorherrscht! Weil nach dem Störfall auf Three Mile Island alle Kernkraftwerksbetreiber bemerkt haben, was es bedeutet, ein solches Kraftwerk zu haben, weil sie, wenn es nur zum kleinsten Störfall kommt, mit Schadenersatzklagen zu rechnen haben, die sie sich nicht leisten können. In den USA weiß man längst, daß es sich bei Atomkraftwerken um unversicherbare Risken handelt, und das heißt letztlich, daß sie nicht wirt


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schaftlich betrieben werden können. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Das ist der springende Punkt!

Da wir in Kontinentaleuropa aber eine andere Rechtsordnung haben, nach der nicht etwas bei Gericht eingeklagt werden kann, wenn es nicht auch Haftungsrechte gibt, müssen wir unser gesamtes politisches Gewicht in Europa dafür verwenden, daß es zu angemessenen Haftungsrechten kommt. Das würde die Franzosen und die Deutschen das Staunen lehren, und das Gefasel vom "billigen französischen Atomstrom" wäre ein für allemal vom Tisch! – Erstens.

Zweitens würden all jene Länder, die frühzeitig erkannt haben, daß das ein Irrweg ist, und zwar auch ein wirtschaftlicher, die immer schon gewußt haben, daß die Endlagerung unfinanzierbar ist – von den Risken rede ich gar nicht! –, endlich einmal den Bonus dafür bekommen, daß sie die richtige Politik betreiben.

Drittens wäre der Verzicht dann selbstverständlich auch eine Voraussetzung für den EU-Beitritt. Es ist unredlich und wirklich ein Skandal, daß den beitrittswerbenden Ländern zwar Machbarkeitsstudien aus dem Westen geliefert werden – etwa für Dukovany –, daß ihnen aber nicht die kaufmännische Seite erklärt wird, was es langfristig wirklich bedeutet – in Schilling, in Mark, in Kronen oder in welcher Währung auch immer –, wenn man diese Fehlinvestitionen tätigt, und daß das auf Jahrzehnte, auf Generationen, auf Zehntausende Jahre hinaus Kosten bedeutet. – Das sagen die Damen und Herren der hundertprozentigen VOEST-Tochter, die "zufälligerweise" in der BRD angesiedelt ist, bei der Machbarkeitsstudie wahrscheinlich nicht dazu. Es wird eine rein technische Machbarkeitsstudie gewesen sein.

Ich sage Ihnen außerdem folgendes: Technische Machbarkeitsstudien sind nicht besser als die technischen Annahmen, die man trifft, wenn man so eine Studie macht. Wenn man daher voraussetzt, daß kein Störfall auftritt, dann ist die Machbarkeitsstudie etwas ganz Elegantes. Wenn man aber eine Machbarkeitsstudie auch wirtschaftlich formuliert, dann muß man den Störfall und auch dessen Kosten mitbedenken.

Daher meine ich, es wäre hoch an der Zeit, daß die Bundesregierung jetzt einmal zumindest in Österreich ein Atomhaftpflichtgesetz vorlegt. Wie will man das international fordern, wenn man es in Österreich selbst nicht einführt? – Aus diesem Grund hat meine Fraktion überdies – meine Fraktion hat nämlich bereits einen solchen Gesetzentwurf in diesem Haus eingebracht – einen Fristsetzungsantrag gestellt, der heute noch zur Abstimmung kommen wird.

Zum Schluß eine Anmerkung zum 13. November 1996, zum damaligen Standpunkt der ÖVP: Herr Klubobmann Khol hat, nachdem er hier seine vermeidbaren Zwischenrufe abgeliefert hat, den Saal verlassen. Aber er wird in diesem Hohen Haus an den 13. November 1996 noch öfter erinnert werden, weil nämlich die ÖVP und ihre Mitglieder im Europaparlament die ersten waren, die die österreichische Solidarität in der Atomfrage gebrochen haben, indem sie geschlossen gegen die österreichische Atomlinie abgestimmt haben! (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Schweitzer. )

Insofern war nicht einmal die Feststellung des Herrn Bundeskanzlers, daß Österreich ein Land ist, in dem alle Parteien an einem Strang ziehen, richtig – dieses Haus betreffend schon, aber das Europäische Parlament betreffend nicht. Wir müssen uns für solche Europaabgeordnete, die nachher noch dazu Ausreden suchen, wie die Kollegin Stenzel und wie sie alle heißen, schämen! (Abg. Mag. Schweitzer: Rack! Rübig!) Aber wir werden das wegstecken. Und ich meine, wir sollten uns auf internationaler Ebene bemühen, durch Kostenwahrheit einen Beitrag zur Energievernunft zu leisten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.  – Abg. Mag. Schweitzer: Flemming!)  – Ja, auch Flemming.

Ich bitte daher insbesondere die ÖVP-Abgeordneten: Redet einmal mit euren Damen und Herren im Europaparlament, damit sie nicht endgültig völlig abheben, nur noch in Straßburg sitzen und nicht mehr wissen, was in Österreich Sache ist. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.56


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

16.56

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter nicht anwesender Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Minister! (Abg. Dr. Haselsteiner: Der Herr Staatssekretär ist da!)

Sehr bezeichnend für den Stellenwert, den die Atompolitik beim Herrn Bundeskanzler hat, ist sicher seine jetzige Haltung: Er ist nicht hier. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber der Staatssekretär! Der Fachmann!) Die Atompolitik ist für ihn – das symbolisiert und zeigt er ja durch seine Nichtanwesenheit – sekundär, zweitrangig, drittklassig. Vor diesem Hintergrund würde ich sagen, daß die Atompolitik dadurch wieder zur Chefsache werden könnte, daß Frau Minister Prammer das Bundeskanzleramt übernähme und damit der Atompolitik neuen Nachdruck verliehe. – Das wäre für mich die richtige Antwort auf das heutige Verhalten des Herrn Bundeskanzlers.

Er sprach hier sehr ausführlich und eindringlich davon, daß er eine seriöse, eine aktive, eine verantwortungsbewußte Atompolitik betreiben will. Er versprach zwar sehr viel, aber der Kontrast zwischen dem, was gesprochen wurde, und dem, wie gehandelt wird, ist sehr deutlich, sehr groß, ja eklatant und zeigt wieder auf, welch zweitrangigen Stellenwert die aktive, ganz konkrete Atompolitik für unseren Bundeskanzler hier und jetzt in diesem Haus hat. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Kommen Sie zur Sache!)

Ich möchte das nun ganz konkret einfädeln und nicht wie Sie, Herr Kollege, oder Ihre Fraktion oder Ihre Kollegin Bauer, dieses Hohe Haus für den niederösterreichischen Wahlkampf mißbrauchen. Das möchte ich überhaupt nicht. Ich verliere kein Wort darüber. Das ist Ihre Angelegenheit, das ist Ihre Schaubühne. Mir ist das zu minder. Kommen wir einfach auf die ganz konkreten Handlungsmöglichkeiten, die derzeit nicht wahrgenommen werden, zurück! Fangen wir ganz einfach von vorne an! (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler. )

Es gibt seit den achtziger Jahren eine Alpenkonvention. Dazu ist noch immer das Energieprotokoll ausständig. Bei diesem Energieprotokoll zeigt sich durch die Jahre hindurch die Aufweichung des atompolitischen Kurses der Bundesregierung, vor allem auch des Umweltministers. War ursprünglich noch die Rede davon, daß der Alpenraum bis auf wenige Ausnahmen für die Stationierung und den Bau von Atomkraftwerken ungeeignet ist, so ist in der zweiten Fassung dieses Entwurfs zum Energieprotokoll der Alpenkonvention nur mehr die Rede davon, daß man sich an internationalen Konventionen orientieren soll. – Der Umweltminister und die österreichische Bundesregierung haben diese Verwässerung mitgetragen.

Jetzt kommt es aber noch ärger, denn es gibt einen dritten Entwurf. Und darin wird weiter verwässert, denn jetzt heißt es in diesem dritten Entwurf des Energieprotokolls zur Alpenkonvention, daß man sich nur noch gegenseitig informieren will. – Keine Rede mehr davon, daß Atomkraftwerke nicht in den Alpenraum passen! Keine Rede mehr davon, daß internationale Abkommen beachtet werden sollen! Es ist nur noch die Rede vom Informieren. – Und das ist das, was die Haltung der Bundesregierung dokumentiert, was die konkreten Taten und Unterlassungen der Bundesregierung so deutlich macht.

Zweites Beispiel: Ich war selbst öfters in Temelin. Jetzt wird gerade von tschechischer Seite ein Gutachten zur Überprüfung, ob unter diesen technischen und finanziellen Rahmenbedingungen überhaupt fertiggebaut werden soll, ausgearbeitet. Ende März, Anfang April soll dieses Gutachten dann ausgewertet werden, und die nunmehrige Übergangsregierung wird überlegen, ob sie nicht doch einen Baustopp erlassen, ob sie nicht doch jetzt bereits dieses Projekt abschließen soll.

Welche Möglichkeit gäbe es nun? Was sollten Sie tun? Wovon sollten Sie nicht nur sprechen? – Das ist ein Gebot der Stunde! Sie sollten ein Ausstiegsszenario entwerfen. Sie sollten eine Stu


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die vorlegen, die den Ausstieg als machbar beweist. Sie sollten auch beinhart eine Kostenkalkulation und alternative Finanzierungskonzepte auf den Tisch legen, die zeigen, daß mit EURATOM-Geldern, mit EU-Geldern ein Ausstieg beziehungsweise eine Umrüstung auf ein Gas- oder Dampfkraftwerk möglich ist.

Das ist auch – ein weiteres konkretes Beispiel – in Dukovany sehr wohl möglich. Bitte, wir wollen die Nulloption, wir wollen kein Zwischenlager, wir wollen keine Erweiterung des Zwischenlagers, denn eine Erweiterung bringt es mit sich, daß der Betrieb des leider schrottreifen Reaktors in Dukovany verlängert wird. Und Sie weisen hier im Zuge dieser Debatte darauf hin, daß die Einwendungsfrist nicht 30 Tage, sondern 50 Tage beträgt und Sie ja ohnehin schon einen Brief geschickt haben und Sie innerhalb dieser 50 Tage ein fundiertes und seriöses Gutachten erstellen werden.

Notwendig ist das, was wir 1992 gemacht haben – und insofern ist das ein Rückschritt –, nämlich daß Sie eindeutig Protest einlegen, daß Sie auf politischem Wege erwirken, daß jede Österreicherin und jeder Österreicher gegen dieses Kraftwerk, gegen die Erweiterung des Lagers Stellung beziehen können. Bitte, das ist ein Rückschritt gegenüber 1992, ein Rückschritt des jetzigen Umweltministers Bartenstein gegenüber Frau Rauch-Kallat, ein Rückschritt des jetzigen Kanzlers Klima gegenüber Vranitzky.

Ich kann das anhand einzelner, ganz konkreter Beispiele dokumentieren. Die Alpenkonvention war ein Beispiel, ein anderes Temelin, und das dritte Beispiel ist Dukovany. Und jetzt komme ich noch zu Mochovce und Bohunice. Da hat es Einwendungen seitens vieler Österreicherinnen und Österreicher gegeben, 1,2 Millionen waren es. Und was machen Sie jetzt? – Sie ziehen sich auf die Diskussion über Sicherheitsstandards zurück, Sie ziehen sich auf die Forderung nach einem zweiten Walkdown zurück, wobei womöglich der zweite Walkdown mit diesem Sicherheitsgutachten der Persilschein für die Inbetriebnahme im Juni ist. Denn über Sicherheitsstandards kann man lang und breit diskutieren. Der eine behauptet, ja, sie sind es, der andere behauptet, nein, sie sind es nicht. Mit dieser Vorgangsweise graben Sie sich praktisch selbst das Wasser ab und ermöglichen vor allem den Weiterbetrieb auch von Bohunice. Das ist ein konkretes Faktum, und das ist auch das Ergebnis Ihrer inaktiven Atompolitik.

Jetzt komme ich zum nächsten Punkt, und zwar zur EU-Präsidentschaft. Der Herr Bundeskanzler hat gemeint, er möchte während der EU-Präsidentschaft als Vorsitzender der Europäischen Gemeinschaft nicht polarisieren. Bitte, gibt es eine Verbindung zwischen Antiatompolitik und Atompolitik? – Ich glaube, da gibt es nur ein Entweder-Oder. In diesem Fall muß man polarisieren. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Fall muß es um klare, konkrete Werte gehen. In diesem Fall gibt es kein Sowohl-als-Auch, sondern nur ein Entweder-Oder. Der Herr Bundeskanzler hat ja in einer Zwischenbemerkung in bezug auf die Rede der Frau Kollegin Petrovic gesagt, er sei für eine Ausstiegspolitik, er sei dafür, daß das Ziel eines Ausstiegsszenarios nach wie vor gelte. Nur: Konkret tut er nichts.

Was läßt sich denn konkret tun? – Verschiedenes: Es gibt Konzepte, Finanzierungsvorschläge, Nulloptionen, die durchgerechnet sind, Vorschläge in Richtung Energiesparen. Es würde sich gerade für die österreichische Industrie beziehungsweise für den österreichischen Arbeitsmarkt eine neue Dimension eröffnen, wenn man diesen Umrüstungsmarkt, diesen Umstiegsmarkt in unseren Nachbarländern im Osten forcieren würde, indem man eben auf die Diskussion über die Sicherheitsstandards verzichtet. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Zusammenhang möchte ich noch unseren Entschließungsantrag einbringen, der drei Punkte betrifft.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend dringliche anti-atompolitische Maßnahmen Österreichs


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Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, entsprechend ihrer Vorankündigung im "Atompaket" vom 13. November 1997, bis Ende März 1998 ein Atomverfassungsgesetz vorzulegen. Dieses Gesetz soll jedenfalls folgende Punkte umfassen:

Verbot des Besitzes, der Verwendung, Herstellung, Durchfuhr und Stationierung von Atomwaffen inklusive der Einrichtung entsprechender Infrastruktur;

Hebung des Atomsperrgesetzes inklusive Kernfusionsreaktoren in Verfassungsrang;

Verbot der Lagerung, Endlagerung und Konditionierung ausländischen Atommülls in Österreich und

Verbot des Transits von spaltbarem Material und Atommüll durch Österreich.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, in Sachen Errichtung des AKW Temelin mit der Übergangsregierung der Republik Tschechien Verhandlungen aufzunehmen, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der Verhängung einer Nachdenkpause. Die Bundesregierung möge der Republik Tschechien die Finanzierung einer in diesem Zeitraum zu erstellenden Machbarkeitsstudie über nichtnukleare Substituierungsmöglichkeiten für das AKW Temelin anbieten.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der Osterweiterungsverhandlungen und anläßlich der österreichischen EU-Präsidentschaft für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten für die mittel- und osteuropäischen Staaten einzutreten und speziell die EU-Präsidentschaft für die Schaffung von entsprechenden EU-Finanzierungsinstrumenten zur Realisierung von nichtnuklearen Alternativen für Kernkraftwerke, wie zum Beispiel Temelin, Dukovany, Bohunice, Mochovce oder Krško, zu nutzen.

*****

Das sind ganz konkrete Möglichkeiten. Auf diese Art und Weise könnten Visionen Realität werden. Das wäre meiner Ansicht nach eine realistische Atompolitik. (Beifall bei den Grünen.)

17.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Dr. Moser soeben vorgetragen hat, wurde geschäftsordnungsgemäß überreicht und ist ausreichend unterstützt. Er wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Es hat sich Frau Bundesministerin Mag. Prammer zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.06

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst einmal vorweg, Frau Abgeordnete Moser: Ich möchte Ihnen, aber nicht nur Ihnen allein, sondern allen sagen, daß sich der Herr Bundeskanzler zu einem Termin begeben hat, der schon sehr lange vereinbart war. Ich sage auch, zu welchem, weil ich glaube, daß das wichtig ist. Anläßlich des Bedenktages 12. März 1938 wird an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien eine Gedenkveranstaltung durchgeführt (Abg. Dr. Gredler: Das kann ich bestätigen!)  – und ich meine, Österreich ist gut beraten, das zu tun –, bei welcher der Spitzenrepräsentant der Bundesregierung auch anwesend sein und eine Rede halten wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nicht zuletzt die Katastrophe von Tschernobyl war – unter Anführungszeichen – "notwendig", damit in Österreich Konsens darüber zustande kam, auf jegliche Nutzung der Atomenergie – sowohl der zivilen als auch der militärischen – zu verzichten. Dies soll aber nicht nur in Österreich der Fall sein, sondern wir werden natürlich überall unser Engagement einbringen, um unsere Anti-Nuklearpolitik auch mehrheitsfähig zu machen; wir werden darum kämpfen, Bündnispartnerinnen und Bündnispartner zu finden. Die österreichische


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Bundesregierung möchte das natürlich gerade auch im Hinblick auf ein verstärktes Engagement in der Europäischen Union tun und ihre Vorreiterrolle ausbauen.

Ich erkenne in der Strategie der österreichischen Bundesregierung zwei Wege, die wir eingeschlagen haben und auch verstärkt fortsetzen wollen. Erstens – und das scheint mir besonders wichtig zu sein –: die gute und enge Kooperation mit den Umweltorganisationen, mit den NGOs. Ich sage hier sehr klar und deutlich, daß gerade die Umweltorganisationen vergangenes Jahr sehr ausführlich mit den Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung verhandelt haben und daß wir in Akkordierung mit diesen Umweltorganisationen schlußendlich das Papier der Bundesregierung verfaßt haben, das dann auch im Ministerrat beschlossen wurde. Ich betone diese Schiene deswegen sosehr, weil ich weiß, daß es diese Kooperation ist, welche die Qualität der österreichischen Antiatompolitik ausmacht.

Ich glaube, daß Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, heute der Anti-Atompolitik Österreichs keinen guten Dienst erwiesen haben. Denn welche Signale senden wir denn jetzt nach außen? – Wir senden Signale der Uneinigkeit über die österreichischen Grenzen hinaus, als würde Österreich tatsächlich in irgendeiner Weise in seiner Überzeugung zu wanken beginnen, daß es ein atomfreies Europa will, daß es sich generell und allgemein von der Atompolitik verabschieden will. Ich meine auch, daß es wichtig und notwendig ist, daß diese Einheit, diese Allianz, die in Österreich gegeben ist, ein wesentlicher Bestandteil bleibt, weil wir nur dadurch über die österreichischen Grenzen hinaus signalisieren können: Es sind dies nicht nur die Bestrebungen eines Bundeskanzlers, einer Bundesministerin, einer Bundesregierung, sondern die Bestrebungen der gesamten Bevölkerung. Das macht ja genau die Qualität aus, und das macht es gerade aus, daß wir im Ausland – im benachbarten sowie im entfernteren – auch wahrgenommen werden. Das ist eine Wechselwirkung, wo wir uns gegenseitig unterstützen und damit auch das Lobbying, das wir auf internationaler Ebene zu betreiben haben, entsprechend forcieren und weiterführen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte das ganz konkret anhand von einigen Beispielen untermauern, etwa – weil es auch angesprochen wurde und tagespolitisch so aktuell ist – am Beispiel des slowakischen Kernkraftwerks Mochovce. Da haben wir uns seitens der Bundesregierung sehr intensiv eingebracht, uns sehr bemüht – der Bundeskanzler mit vielen Gesprächen auf Ministerpräsidentenebene, auf Kollegenebene –, um all das einzufordern, was versprochen wurde. Und schlußendlich ist es zu dieser Vereinbarung gekommen, daß der Walkdown stattfinden kann.

Es wird nicht ganz einfach darüber hinweggegangen werden, welches Ergebnis dort zustande kommt und wie dieser Bericht ausschaut. Und weil gesagt wurde, dieser Bericht wird irgendwann kommen, wenn Mochovce schon lange in Betrieb sein wird: Genau das haben wir nicht vereinbart, sondern dieser Bericht wird rechtzeitig vorliegen, und zwar in sehr, sehr kurzer Zeit sogar, sodaß die Bundesregierung natürlich dementsprechende weitere Initiativen ergreifen können wird. Ich glaube, diese Koalition der Vernunft zwischen den Umweltorganisationen, der Bevölkerung, wenn man so will, und der Bundesregierung zeigt, daß es uns mit unserer Politik ernst ist.

Das internationale Lobbying, das internationale Werben muß die zweite wesentliche Strategie sein. Österreich allein kann und wird es nicht schaffen, den Weg aus der Atompolitik zu bereiten. Man wird gemeinsam vorgehen müssen. Wir brauchen natürlich Bündnispartnerinnen und Bündnispartner, und genau diese suchen wir ja bei den vielen Kontakten mit Ministerkollegen aus dem Ausland. Der Herr Bundeskanzler läßt keine Gelegenheit aus, die jeweiligen Regierungschefs auf dieses Thema anzusprechen und auf einen Ausstieg aus der Atomenergie zu drängen. Und wir haben natürlich auch schon Signale aus den verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union empfangen, noch weit nicht genug, wie wir das gerne hätten, aber es ist wichtig, dieses Lobbying fortzusetzen. Diese konsequente und intensive Kontaktsuche muß auf allen Ebenen mit Leben erfüllt werden.

Schlußendlich bin ich der Ansicht, daß Österreich schon weiß, wo seine Grenzen liegen, daß Österreich aber auch weiß, wo seine Chancen liegen, nämlich in einem gemeinsamen euro


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päischen Konzept, das es zu entwickeln gilt und das endlich zum Ausstieg aus der Nuklearenergie führen wird.

Lassen Sie mich ein paar Worte zu dem sagen, was in diesen Tagen immer wieder medial präsentiert wurde, nämlich der Herr Bundeskanzler hätte angeblich die Chefsache zur Nicht-Chefsache erklärt und seine Kompetenz einer "kleinen" Ministerin übertragen. – Mich persönlich trifft diese Aussage sehr, weil sie ausgerechnet von Abgeordneten kommt, die sehr wohl wissen, daß Sie mir hier im Plenum genauso wie der Herr Bundespräsident die Kompetenz des Strahlenschutzes übertragen haben. Und ich meine, wenn man Strahlenschutz ernst nimmt, kann es nicht nur darum gehen, Konzepte und Frühwarnsysteme zu entwickeln, die beste EDV einzuführen, sondern dann muß man sich auch darum kümmern, daß es gar nicht erst zum Ernstfall kommt. Diese Politik versuche ich in Ergänzung zu dem, was der Herr Bundeskanzler tagtäglich mit seiner Arbeit einbringt, in meinem Kompetenzbereich umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte auch noch einige Worte zu Dukovany verlieren. Ich habe in den letzten Tagen versucht, sehr viel zu kommunizieren, aber offensichtlich sind die Botschaften nicht angekommen. Ich möchte nur in Erinnerung rufen, daß wir sofort, als bekannt wurde, daß eine Umweltverträglichkeitsstudie in Tschechien ausgearbeitet worden ist, diese urgiert haben. Wir haben sie auch umgehend erhalten, und sie ist neu und nicht alt. Sie hat auch neue technische und technologische Inhalte. Es sind keine alten Erkenntnisse, mit denen wir uns auseinanderzusetzen haben. Es werden neue Verfahren, neue Technologien eingesetzt, die notwendigerweise auch von österreichischer Seite zu beurteilen sein werden. Und genau das tun wir jetzt.

Ich wollte aber auch "rechtzeitig" – unter Anführungszeichen –, soweit es überhaupt eine Rechtzeitigkeit in diesem Rechtsfreiraum geben kann, der tschechischen Regierung, konkret dem neuen tschechischen Umweltminister, vorab sagen, daß es noch eine detaillierte inhaltliche Expertise zu unserem Einwand geben wird, die in den nächsten Tagen – spätestens in zehn Tagen – der tschechischen Regierung übermittelt werden wird. Ich glaube, es ist wichtiger, fundierte wissenschaftliche Aussagen vorzulegen, als nur eine Überschrift in einer Tageszeitung zu erreichen. Ich meine auch, daß es im Sinne der Bevölkerung ist, hier sehr sachkundig und verantwortungsbewußt vorzugehen.

Ich habe auch – das wissen Sie ja – die betroffenen, angrenzenden Bundesländer eingeladen, sich dem Einwand der Bundesregierung anzuschließen. Ich habe den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Wien selbstverständlich sofort diese Studie übermittelt. Ich habe auch den Umweltorganisationen selbstverständlich sofort diese Studie übermittelt. Diese wissen, daß es da neue Erkenntnisse beziehungsweise einen neuen Sachverhalt gibt.

Ich habe bereits angekündigt – das wird auch im Ministerrat behandelt werden, und ich gehe davon aus, daß auch ein entsprechender Beschluß gefaßt werden wird –, daß wir natürlich darauf drängen werden – in meinem Brief an den tschechischen Umweltminister habe ich das bereits getan –, daß die Einwände, welche die österreichische Bevölkerung hat, ebenso wie die Einwände der tschechischen Bevölkerung von Regierungsseite auch entsprechend ernst genommen werden.

Übrigens – ich sage das dazu –: Ich bin auch – jetzt nicht eine der 1,2 Millionen Hochgerechneten, sondern eine, die de facto unterschrieben hat – auf der Liste derjenigen, die Einwand erhoben haben, was das Erweiterungsprojekt Dukovany betrifft.

Ich bin zuversichtlich, daß wir nach den Wahlen in Tschechien politische Verhältnisse vorfinden werden, die es uns ermöglichen, die Ausstiegspolitik aus der Atomenergie besser aufzubereiten – nicht nur, was Dukovany, sondern in erster Linie natürlich auch, was Temelin betrifft.

Weil die Espoo-Konvention und das Thema der Fristen mehrfach angeschnitten wurden: Es ist ein Faktum, daß Tschechien diese Konvention nicht ratifiziert hat und wir uns deswegen in einem rechtsfreien Raum befinden. (Abg. Ing. Langthaler: Die haben sie ja unterschrieben!) Wir gehen so vor, als hätte Tschechien diese Konvention unterschrieben, und wir nehmen von da her auch unsere Rechte, unsere "Fast-Rechte", möchte ich sagen, in Anspruch.


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Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, daß es wichtig und notwendig ist, daß wir die eingeschlagenen Wege, die Österreich bisher ausgezeichnet haben, fortsetzen und alles daransetzen, damit Österreich nicht ein einzelnes Land bleibt, in dem die Bevölkerung mit den politisch Agierenden gemeinsame Sache im Sinne eines Ausstiegs aus der Atompolitik macht. Und ich wünsche beziehungsweise erwarte mir von jedem einzelnen von Ihnen, von jeder politischen Partei natürlich auch, daß wir diese gemeinsame Strategie untermauern und festigen.

Das hat der Herr Bundeskanzler gesagt. Ich kann es gar nicht oft genug sagen: Nur gemeinsam sind wir stark! Nur gemeinsam können wir etwas bewegen: auf internationaler Ebene, in Europa und vielleicht sogar darüber hinaus! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein. )

17.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Otmar Brix. – Bitte.

17.20

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Im Frühjahr vergangenen Jahres fand in Bratislava eine Konferenz der Vereinigten Opposition der Slowakei statt, die sich mit dem Thema Mochovce beschäftigte, und diese Opposition, die eine geknebelte Opposition ist, hat uns ihre dramatische Situation klar vor Augen geführt.

Meine Damen und Herren! Folgendes ist dabei sehr interessant: Bei dieser Konferenz waren Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, Herr Abgeordneter Oberhaidinger und meine Wenigkeit anwesend. Von den Grünen war trotz dieses so wichtigen Themas, soweit das Auge reichte, keine Spur! Aber das ist ja klar: Damals war keine Landtagswahl in Sicht, und daher war das für die Grünen kein Thema beziehungsweise war dieses so wichtige Thema für die Menschen, speziell für jene in Niederösterreich und in Wien, für die Grünen uninteressant. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. ) Ihnen, meine Damen und Herren von den Grünen, waren damals Dukovany, Bohunice, Temelin und Mochovce völlig egal. Keine Landtagswahl – kein Interesse! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Herr Abgeordneter! Das sollte eigentlich nicht Ihr Niveau sein!)

Meine Damen und Herren! Die Enttäuschung, liebe Kollegin Langthaler, war wirklich groß. Aber gerade jetzt ist dieses Thema für Sie, weil in zwei Wochen in Niederösterreich Landtagswahlen stattfinden werden, plötzlich von Interesse. (Abg. Ing. Langthaler: Wer hat das die letzten Jahre gemacht?)

Machen Sie nicht nur Zwischenrufe, das ist zu wenig! Interessieren Sie sich doch für die Menschen in Österreich! Interessieren Sie sich doch für die Wiener und die Niederösterreicher, die ganz in der Nähe der genannten Atomkraftwerke leben, nur zirka 70 Kilometer davon entfernt! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. )

Kollegin Langthaler! Interessieren Sie sich das ganze Jahr über für die Menschen in Österreich, die wegen dieser "Todeskraftwerke" Ängste haben! Interessieren Sie sich für die Menschen in Wien, die nur 70 Kilometer von diesen Reaktoren entfernt leben! Nehmen Sie doch das ganze Jahr über an den Sorgen der Menschen in Österreich teil, dann, wenn es darum geht, Interessen zu vertreten.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wien hat sich immer solidarisch mit allen Bundesländern erklärt. Der Wiener Gemeinderat hat – unabhängig von einer Wahl – am 26. Februar dieses Jahres auf Antrag des zuständigen Umweltstadtrates eine Resolution beschlossen, daß das geplante Atommüllager im tschechischen Dukovany nicht in Betrieb gehen soll. Und in dieser Resolution wird unter Hinweis ... (Abg. Jung: Heiße Luft haben sie produziert!) Das stimmt nicht! Es gab einen Beschluß unter Hinweis auf ein inakzeptabel hohes Gefährdungspotential. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. )

Kollege, es wäre besser, wenn Sie da nicht mitreden würden. Ich muß Ihnen nämlich sagen, daß Grün eigentlich die Farbensymbiose von Blau und Gelb ist, und die Blauen und die Gelben


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waren bei der Konferenz in Mochovce auch nicht dabei. Nur die Vertreter der Regierungsparteien haben neben der slowakischen Opposition daran teilgenommen. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Es wäre besser, Sie würden sich dazu nicht zu Wort melden. Lassen Sie lieber den Kollegen Schweitzer dazu reden, denn dieser versteht mehr von diesem Thema als Sie. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Mehr als Sie verstehe ich noch immer!)

Meine Damen und Herren! Der genannte Beschluß des Wiener Gemeinderates weist darauf hin, wie wichtig es ist, daß die Tschechen sobald wie möglich das Espoo-Abkommen ratifizieren. Heute hat der Wiener Umweltstadtrat Fritz Svihalek zu dieser Sitzung in einer Presseaussendung festgestellt – ich zitiere wörtlich – :

"Wir werden die Bundesregierung bei ihren Anstrengungen, den Bau des Kraftwerkes Dukovany zu verhindern, unterstützen, denn bisher hat sich die Regierung in ihren Argumenten gegen Dukovany bereits sehr gut geschlagen." (Abg. Jung: Was sind die Auswirkungen?)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz am Beispiel Temelin etwas dazu sagen. Bereits im Jahre 1985 hat die kommunistische Regierung in der Tschechoslowakei mit dem Bau des Mammutprojektes Temelin begonnen. Heute stellt man fest, daß bei der Kostenrechnung für dieses Kraftwerk etwas nicht stimmen kann. (Abg. Jung: Das ist ja wie in Österreich! Da hauen die Kostenrechnungen auch nicht hin!) In der heutigen Republik Tschechien sagen die tschechischen Sozialdemokraten unter der Führung des Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses Milos Zeman, sie wollen im Falle eines Wahlsieges eine Prüfung des Kraftwerkes Temelin durchführen lassen, und zwar sowohl was die Kostenüberschreitung als auch was die Sicherheit betrifft. Also es sind die tschechischen Sozialdemokraten, die auch dort die Initiative ergreifen!

Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist viel zu ernst, um es nur in Form einer Sondersitzung populistisch für den Wahlkampf zu verwenden. Ich glaube, daß wir alle noch die Ängste der Katastrophe von Tschernobyl in uns haben. Daher bitte ich Sie: Spielen Sie nicht mit der Angst der österreichischen Bevölkerung! Machen Sie keine Sondersitzungen, sondern gehen Sie doch als österreichische demokratische Parteien gemeinsam mit der Bundesregierung, und zwar gemeinsam mit dem Außenminister, dem Bundeskanzler, dem Umweltminister und der Frauenministerin den Weg, denn nur dann, wenn Österreich geschlossen auftritt, werden wir international ernst genommen werden, werden all jene Länder, die beitrittswillig sind, darauf aufmerksam werden! Wir müssen zu verstehen geben, daß es dann, wenn man bezüglich der Atomkraftwerke unseren Forderungen nicht nachkommt, mit einem EU-Beitritt nicht so leicht werden wird, wie sich das manche vorstellen.

Nur dann, wenn wir in dieser Frage gemeinsam auftreten, können wir unser Ziel auch erreichen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.27

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Eines möchte ich schon festhalten: Sehr viel ist von der Dringlichen Anfrage, die wir heute hier zu diskutieren haben, eigentlich nicht übriggeblieben! Der Vorwurf Nummer eins, die Bundesregierung sei völlig untätig gewesen, hat sich nach Äußerungen des Bundeskanzlers, der Frauenministerin und des Umweltministers, der zurzeit in Budapest in Ausübung seines Amtes unterwegs ist, als unwahr erwiesen.

Das Gegenteil ist der Fall: Unmittelbar bevor stehen eine Stellungnahme der Bundesregierung, die auf diplomatischem Weg übermittelt werden wird, und nächste Woche eine Konferenz des tschechischen Außenministers mit Bundesminister Schüssel, anläßlich welcher wichtige Interessen Österreichs in dieser Sache glaubhaft vertreten werden.

Der zweiter Vorwurf von Ihnen, der durch die Gazetten gegeistert ist und in allen Presseaussendungen präsent war, lautet, Niederösterreich und seine Landesregierung hätten in dieser Sache nichts getan.


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Meine Damen und Herren! Am 12. März 1998 hat Dr. Herbst im Auftrag der niederösterreichischen Landesregierung beim Umweltministerium in Tschechien Einspruch erhoben – mit, wie ich meine, sehr guten Gründen. Angeführt wurden Fragen der Sicherheit, die bei der Ausweitung des Atommülllagers Dukovany noch nicht ausreichend gelöst sind, weiters Fragen, die das Vorwarnsystem bei Störfällen betreffen, und die Frage der Einbindung Niederösterreichs, das von dem in Grenznähe gelegenen Atommüllager besonders betroffen ist und sehr wichtige Interessen diesbezüglich hat.

Meine Damen und Herren! Auch dieser Vorwurf ist eigentlich im Nichts versunken.

Der dritte Vorwurf, heute vom Kollegen Kier geäußert, lautete, es gäbe kein Atomhaftungsgesetz in Österreich.

Meine Damen und Herren! Gestern hat der Justizminister einen diesbezüglichen Gesetzentwurf in Begutachtung versendet. Ich frage daher: Was ist aus diesem Vorwurf geworden? – Auch er ist im Nichts versunken.

Noch eines bleibt mir zu sagen, und das darf ich Ihnen, meine Damen und Herren von den Grünen, schon in aller Deutlichkeit vorhalten: Wenn Sie hier erklären, man müsse dieses Thema seriös diskutieren, und ihr neuer Bundessprecher Van der Bellen laut einer APA-Aussendung vom 6. März 1998 sagt, falls Atomwaffen stationiert werden sollten, käme nur Allentsteig in Frage, und die geschätzte Kollegin Gabriela Moser heute hier im Hohen Hause an die Mitarbeiter eine Mitteilung mit der Warnung verteilen läßt: Uns droht die Stationierung von Atomwaffen!, Allentsteig könnte eine atomare Spielwiese werden!, dann muß ich Ihnen sagen, daß ich glaube, daß der Grund für diese Ihre Dringliche Anfrage heute, für diese Ihre Aktion weniger jener ist, daß sie über unzureichende Informationen verfügen, sondern vielmehr der, daß der Ort Allentsteig in Niederösterreich liegt. Eine andere Erklärung dafür gibt es wirklich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte hier ganz klar die Haltung der ÖVP in der Atompolitik zum Ausdruck bringen: Wir von der ÖVP stehen einer Stationierung von Atomwaffen jetzt und später ablehnend gegenüber! Das ist eine klare Aussage. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen dazu nicht erst großartige Rechtsvorschriften zu verfassen. Lesen Sie das Strafgesetzbuch, § 177a! Dort steht folgendes:

Wer zur Massenvernichtung bestimmte und geeignete atomare, biologische oder chemische Kampfmittel herstellt, verarbeitet oder zum Zwecke der Herstellung entwickelt, in das Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder durch das Inland durchführt oder erwirbt, besitzt oder einem anderem überläßt oder verschafft, ist mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

Ich meine: Mehr ist dem nicht hinzuzufügen! Das ist bei Strafe verboten. Mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe wird derjenige bedroht, der diesem Verbot zuwiderhandelt. Diese Bestimmung brauchen wir nicht erst in die Verfassung zu erheben, denn das Delikt "Mord" steht auch nicht in der Verfassung, und niemand wird bezweifeln, daß Mord in Österreich verboten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt noch eine Reihe anderer Rechtsvorschriften, die das verbieten. Ich nenne etwa den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, einen Vertrag, den Österreich mitunterzeichnet hat, oder unseren Staatsvertrag. Es gibt also in Österreich eine Palette von Vorschriften, die das ganz klar regeln.

Folgendes erlaube ich mir schon zu sagen, weil Sie immer auf Ihre sicherheitspolitische Kompetenz als Grüne hinweisen und da jetzt neue Methoden zu entwickeln versuchen: Aus dem Umstand, daß Sie am Truppenübungsplatz Allentsteig Atomwaffen stationiert sehen wollen, wird schon einiges sichtbar! Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Grünen: Auf einem Truppenübungsplatz, auf dem scharf geschossen wird, auf dem Flieger, die Panzerabwehr und die Artillerie des Bundesheeres ihre Waffen im scharfen Schuß erproben, würden Sie ein


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Atomwaffenlager vermuten? – Das ist, meine Damen und Herren von den Grünen, sicherheitspolitische Inkompetenz! Dazu braucht man eigentlich gar nichts mehr zu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich folgendes Resümee ziehen: Diese Dringliche Anfrage, die Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, uns heute beschert haben und aufgrund derer wir alle hierher gerufen wurden, hat wirklich nur einen dringlichen Grund, nämlich den 22. März! Aber Sie werden mit Ihrer Aktion nicht erfolgreich sein; das prophezeie ich Ihnen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Von den Grünen ist nicht einmal die halbe Fraktion hier! Ungeheuerlich: Machen eine Dringliche Anfrage – und dann gehen sie wieder! Das ist reiner Wahlkampf! Kein Grüner von Gewicht ist da!)

17.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf nun den noch ausständigen Entschließungsantrag meines Kollegen Mag. Schweitzer einbringen, einen Antrag, der die Risken der EU-Osterweiterung am Beispiel der Atompolitik betrifft.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer, Mag. Reinhard Firlinger, Robert Wenitsch und Kollegen betreffend Risken der EU-Osterweiterung am Beispiel der Atompolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei den Beitrittsverhandlungen mit den EU-Aspiranten eine ablehnende Haltung einzunehmen, solange nicht sichergestellt ist, daß vor einem EU-Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten

eine verbindliche Zusicherung der mittel- und osteuropäischen Länder zu einem Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie vorliegt,

eine Angleichung und überprüfbare Einhaltung der sozial- und arbeitsrechtlichen Standards sowie der Umweltstandards der Kandidatenländer mit jenen der Europäischen Union erfolgt ist,

das Ziel der Europäischen Union, die Arbeitslosigkeit zumindest zu halbieren, realisiert wurde,

ein spezifisches und ausreichend dotiertes und hinsichtlich der Förderungsregeln der besonderen Problemlage angepaßtes Sonderprogramm für die im Nahbereich der Grenze zu den mittel- und osteuropäischen Ländern liegenden heimischen Regionen geschaffen wurde"

(Abg. Dr. Khol: Jetzt sind schon vier Grüne da! Das ist schon ein Fortschritt! Der Parteiobmann und der Klubobmann immer noch nicht!),

"eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union durch Renationalisierung der land- und forstwirtschaftlichen Einkommenspolitik mit dem Ziel der Erhaltung des Arbeitsplatzes "Bauernhof" durchgeführt wurde,

in jenen Beitrittskandidatenländern, in denen menschenverachtende und völkerrechtswidrige Beschlüsse und Gesetze in Kraft sind, diese außer Kraft gesetzt wurden,

die Steuersysteme, insbesondere der Umsatz- und Verbrauchssteuern innerhalb der Europäischen Union harmonisiert sind und die Wirtschaftskraft Österreichs durch Maßnahmen wie: die Erleichterung der Gründung und Führung von kleineren und mittleren Unternehmen durch


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klare, dauerhafte und berechenbare Vorschriften sowie den Abbau bürokratischer Hemmnisse, durch eine aufkommensneutrale Steuerreform, die die Arbeitskosten und die nichtentnommenen Gewinne entlastet, durch eine rasche Anhebung der Ausgaben für Forschung und technologische Entwicklung sowie durch die Beseitigung der Kalten Progression gestärkt wurde, um wettbewerbsfähig zu bleiben,

eine wirksame Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere der illegalen Einwanderung, des organisierten Verbrechens, des Terrorismus, des Drogenhandels und der Korruption garantiert ist."

*****

(Abg. Dr. Khol: Auch der Wabl fehlt noch immer! Es sind alle im Wahlkampf, Herr Präsident!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf nun auf das zu sprechen kommen, was der Herr Bundeskanzler angesprochen hat. Er hat gesagt, er bekenne sich zu einer aktiven Anti-Atompolitik, und er meinte, es wäre wesentlich, daß jene Atomkraftwerke, die in Betrieb sind, internationale Sicherheitsstandards aufweisen.

Ich meine, da ist ein falscher Zugang gegeben, denn es wird nicht möglich sein, die Ost-Atomkraftwerke, die ja Schrottmeiler sind, auf internationale beziehungsweise westliche Standards zu bringen. Das ist mit einer "Hybridtechnik", die aus der Verbindung Ost-Reaktoren mit westlicher Sicherheitstechnologie gegeben wäre, nicht zu erreichen. Ich halte es für absurd, wenn Bundeskanzler Klima meint, wir könnten schließlich auch nicht verlangen, daß Frankreich oder die Bundesrepublik Deutschland aus der Europäischen Union ausgeschlossen werden, und demzufolge wäre es auch nicht zumutbar, daß beitrittswilligen Ländern ein Beitritt im Rahmen der Osterweiterung verweigert würde.

Atompolitischer Realismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das nicht! Ich sage das deshalb, da eben der Vergleich mit dem Ausschluß Frankreichs und Deutschlands gebracht wurde.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß es bei Greifswald, einer Hybridanlage, wie ich sie vorhin geschildert habe, dazu gekommen ist, daß diese nicht in Betrieb gegangen ist, weil das in Deutschland eben nicht möglich ist. Wir nehmen es aber offensichtlich in Kauf, daß Kernreaktoranlagen in Betrieb genommen werden, die von Beginn an schrottreif sind. Ich glaube, daß eine Sprachregelung gefunden werden muß – und das im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung –, die auch unmißverständlich das ausdrückt, was dem Sicherheitsbedürfnis der Österreicher nahekommt.

Herr Meciar hat unmißverständlich klargemacht, daß er nicht daran denkt – nicht einmal ansatzweise! –, Bohunice zu schließen, wenn das ungeliebte Kernkraftwerk Mochovce in Betrieb geht, obwohl es eine diesbezügliche Zusage gibt.

Ich meine, daß die Antiatompolitik sehr genau, vor allem in Verbindung mit dem Beitritt der ehemaligen Ostblockländer zur Europäischen Union, zu überdenken ist, und ich hoffe, daß im Zuge der Aktivitäten der Bundesregierung nicht noch die Möglichkeit aufgegriffen wird, die Lösung der Frage des Treibhauseffektes beziehungsweise der Erwärmung der Atmosphäre, des CO2-Problems, womöglich dann über Atomstrom aus den Ost-Reaktoren, aus den Schrottmeilern der beitrittswilligen Länder zu kompensieren, um dadurch den Ansprüchen gerecht zu werden. Ich hoffe, daß man sich nicht auf diese Schiene begeben wird.

Lassen Sie mich abschließend noch einen Satz an die Adresse der ÖVP sagen, um ihre "Glaubwürdigkeit" zu untermauern.

Frau Abgeordnete Flemming hat in ihrer Rede am 15. Mai 1997 im Europäischen Parlament folgendes kundgetan:

Um nicht mißverstanden zu werden: Die Atomenergie ist vielleicht eine ganz große Chance für die Menschheit, aber wir werden noch sehr viel Geld und auch Zeit in die Forschung investieren


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müssen. Es wäre unverantwortlich, diese junge Technologie nicht weiterentwickeln zu wollen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie ersuchen, hierüber nachzudenken, ob das der richtige Weg einer Anti-Atompolitik Österreichs ist. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Hofmann vorgetragen hat, ist bereits verteilt worden, ist ausreichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.39

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! (Ruf bei der ÖVP: ... Untergang in Niederösterreich!) Du wirst sehen, wir werden bei der niederösterreichischen Landtagswahl sehr erfolgreich sein. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Totgesagte leben immer länger, Herr Kollege Khol. Das sei bemerkt. (Abg. Dr. Khol: 3 Prozent!) Drei Mandate, lieber Herr Kollege Khol. Wir werden sehen! Wir können nachher darüber debattieren. Ich darf dich dann zur Feier einladen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bisher war das eine sehr interessante Debatte, nur was ich nicht feststellen konnte (Zwischenruf des Abg. Scheibner )  – lieber Herbert Scheibner, paß ein bißchen auf! –, ist die Dringlichkeit für diese heutige Sondersitzung. Die Atompolitik ist zwar ein sehr aktuelles Thema, und ich meine, daß es notwendig ist, über die Versäumnisse der Bundesregierung eine permanente Diskussion zu führen, weil eines evident ist, nämlich das Nichthandeln beziehungsweise das nicht effiziente Handeln der Bundesregierung in Fragen der Atompolitik, und das ist ein Dauerzustand. Es bedarf daher der ständigen Diskussion im Hohen Hause, um hier etwas Bewegung in die Diskussion und auch in die österreichische Politik zu bringen.

Meine Damen und Herren! Daß die Bundesregierung säumig ist, zeigt schon einmal der Entschließungsantrag, den die beiden Regierungsparteien heute eingebracht haben, denn offensichtlich sind sie der Meinung, daß es tatsächlich eines neuerlichen Entschließungsantrages des Nationalrates bedarf, damit die Bundesregierung die bisherigen Entschließungsanträge des Hohen Hauses umsetzt und daß sie aktiv wird im Zusammenhang mit der Frage der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Erweiterung des Atommüllagers in Dukovany.

Was wir Liberalen von der Bundesregierung und von Ihnen, Frau Bundesministerin Prammer, verlangen, ist, daß endlich Taten gesetzt, nicht ständig Konferenzen abgehalten und schöne Reden, Sonntagsreden, gehalten werden, sondern daß Taten folgen: Taten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Entschließungsantrags des Nationalrates vom Juli 1997, Taten im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung Dukovany, aber auch Maßnahmen und Schritte, damit man in unserem Lande endlich zu einem Atomhaftungsgesetz kommt.

Frau Bundesministerin, ich verstehe nicht, daß Sie hier im Parlament behaupten, daß es erst der Katastrophe von Tschernobyl bedurft hat, damit es zu einem politischen Konsens in Österreich gekommen ist. Soweit ich mich erinnere, soweit mir die Abläufe geläufig sind, geschah die Katastrophe von Tschernobyl im Jahre 1986. Im Jahre 1978 fand ein Votum über die Nutzung von Atomenergie in Österreich statt. Dieses brachte ein eindeutiges Ergebnis, und daher haben die Parteien im Hohen Hause, aus Respekt vor der Entscheidung des Volkes, eine klare Anti-Atompolitik vertreten. Die Frau Bundesministerin dürfte diesbezüglich offensichtlich ein Defizit haben.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe auch die Politik der Grünen in dieser Frage nicht, denn im Prinzip ist sie der Sache nicht sehr zuträglich: Auf der einen Seite werden immer wieder unrealistische Forderungen erhoben, es wird mit Angstmacherei oder auch mit falschen Informationen argumentiert. Damit, meine Damen und Herren von den Grünen, tun Sie der Sache nichts Gutes. Was wir Liberalen wollen, ist eine sachliche Diskussion und auch, daß der politische Konsens in dieser Frage in unserem Lande erweitert wird.


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So gesehen ist der Entschließungsantrag, den die Freiheitlichen heute eingebracht haben – von Herrn Kollegen Hofmann verlesen –, auch wenig nützlich. Wenn man will, daß alle Parteien diese Anti-Atompolitik tragen, dann bringen derartige Entschließungsanträge nichts. Sie sind aus unserer Sicht unfair und unrealistisch, weil sie vor allem gegenüber den Beitrittskandidaten in die Europäische Union unrealistisch und unfair sind, da einerseits deren Beitritt vom Erfolg der Politik innerhalb der Europäischen Union abhängig gemacht wird und andererseits den Beitrittskandidaten Forderungen auferlegt werden sollen, die die Staaten der Europäischen Union selbst nicht erfüllen können. Das ist ungerecht, das ist unfair und bedeutet keine Gleichbehandlung! Und daher werden wir diesen Entschließungsantrag auch ablehnen.

Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt, daß die Bundesregierung auch bei der Umsetzung des Entschließungsantrages säumig ist. Frau Bundesministerin! Es ist höchste Zeit, daß all jene Punkte, die der Nationalrat seinerzeit im Juli 1997 festgelegt, in einem Entschließungsantrag beschlossen hat, auch schrittweise umgesetzt werden, beispielsweise im Bereich der Bewußtseinsbildung und Aufklärung auf internationaler Ebene. Es gibt bislang noch keine Informationen und keine Unterlagen darüber, was Sie tatsächlich während des EU-Vorsitzes unternehmen werden. Der Herr Bundeskanzler hat uns heute ebenfalls keine klare Auskunft und keine Information diesbezüglich gegeben. Er hat gesagt: Es wird etwas geschehen. – Was jedoch geschehen wird, hat er nicht gesagt.

Es geht uns auch um die Reduktion bestehender zusätzlicher Risken und wie diese vermieden werden können. Ich bin der Ansicht, daß es Sinn macht und notwendig ist, die Frage des Reduzierens der Risken der Atomkraftwerke in den Beitrittsländern zu diskutieren, die Risiken zu minimieren und daß seitens Österreich auch mit Nachdruck daran gearbeitet und Hilfe geboten wird, bei Alternativen im Rahmen der Energiewirtschaft die Frage der bilateralen Abkommen neu zu verhandeln beziehungsweise neu zu diskutieren, vor allem im Zusammenhang mit dem Strahlenschutz und der Sicherheit. Die Menschen, die Bevölkerung in unserem Lande und in der betroffenen Region haben einen berechtigen Anspruch auf Sicherheit im Zusammenhang mit der Nutzung von Atomenergie.

Ich vermisse auch Maßnahmen der Bundesregierung den Zivilschutz betreffend. Frau Bundesministerin! Das ist zwar nicht Ihre ursächliche Kompetenz, Zivilschutzfragen sind Sache des Innenministeriums, aber auch Sie sind aufgefordert, als "Strahlenschutzministerin", wie Sie der Herr Bundeskanzler heute bezeichnet hat, beim Innenminister vorstellig zu werden, damit diesbezüglich konkrete Maßnahmen gesetzt werden.

Zur Notwendigkeit, die rechtlichen Instrumentarien zu verbessern: Kollege Kier hat die Position von uns Liberalen bereits dargestellt, und wir haben auch einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht. Es ist notwendig, daß auch auf europäischer Ebene eine entsprechende Richtlinie zur Atomhaftung beschlossen wird. Das wäre ein Thema, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, das Österreich bei seiner Vorsitzführung bei der EU-Präsidentschaft einbringen könnte.

Ich komme nun zum Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren betreffend Dukovany. Meine Damen und Herren und Frau Bundesministerin, da muß sich die Bundesregierung sehr wohl den Vorwurf gefallen lassen, daß sie säumig ist beziehungsweise sich bisher zumindest viel Zeit gelassen hat. Es wäre schon notwendig gewesen, die Expertise – und den Einwand, den die Bundesregierung allenfalls bringen wird – auch im Rahmen des Parlaments, im Rahmen eines Ausschusses diskutieren zu können.

Dukovany ist eine sehr sensible Angelegenheit, und die Bevölkerung macht sich berechtigterweise Sorgen. Österreich hat ja in seiner Nachbarschaft nicht nur Dukovany, sondern auch Mochovce, Temelin und Bohunice. Es bedarf daher ganz konkreter Maßnahmen der politisch Verantwortlichen und auch der Niederösterreichischen Landesregierung, diesbezüglich etwas zu tun.

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Bauer und Herr Kollege Spindelegger: Auch Herr Landeshauptmann Pröll war untätig und hat tatsächlich bislang nichts unternommen. Erst jetzt,


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aufgrund der öffentlichen Diskussion, hat auch der Umweltbeauftragte der Niederösterreichischen Landesregierung, und zwar fünf Minuten vor zwölf, einen entsprechenden Einwand deponiert. – Das, meine Damen und Herren, war wirklich nur eine Alibiaktion aufgrund der laufenden öffentlichen Diskussion. Daher halte ich auch die Aussagen des Herrn Landeshauptmannes Pröll, als er erklärte, daß er alles in seiner Macht Stehende unternehmen werde, um seine Position gegen die grenznahen Atomkraftwerke und Atommüllager in Tschechien und der Slowakei durchzusetzen, für nichts anderes als blanken Zynismus, denn in der Zwischenzeit hat Landeshauptmann Pröll im Landtag nichts gemacht. Während andere Landesregierungen oder Gemeinderäte, wie beispielsweise in Wien, Resolutionen beschlossen haben, ist in Niederösterreich nichts geschehen!

Auch die Vorstellungen und Vorsprachen unserer Fraktion, von Herrn Kollegen Dautzenberg, xxx vgl Pau sind abgewiesen worden. Daher konnte im Niederösterreichischen Landtag auf Initiative der Liberalen keine entsprechende Resolution beschlossen werden. Sie wissen genau – und wenn Sie etwas anderes behaupten, dann sagen Sie es wider besseres Wissen –, daß es, um einen entsprechenden Antrag einzubringen, aufgrund der gesetzlichen Grundlagen sechs Unterschriften bedarf, unsere Fraktion aber nur drei Unterschriften zusammengebracht hätte. Daher konnte keine entsprechende Initiative seitens der Liberalen gesetzt werden. In der Frage, in der wir initiativ waren, meine Damen und Herren, ist Kollege Dautzenberg leider abgeblitzt. Das muß der Objektivität und der Wahrheit halber an dieser Stelle auch gesagt werden.

Ich möchte zum Schluß noch auf einen Punkt – weil er in der Dringlichen Anfrage der Grünen angeführt worden ist – kurz eingehen. Es handelt sich um die Frage der Stationierung von Atomwaffen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Herr Präsident! Ich komme schon zum Schlußsatz: Frau Kollegin Kammerlander wird sicherlich gleich zum Rednerpult kommen und lang und breit die Gefahren der Stationierung von Atomwaffen in unserem Lande erklären. (Abg. Dr. Khol: Was ist das für ein Schlußsatz?)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Kammerlander: Das sind die bekannten Unwahrheiten und falschen Informationen, die Sie in Ihrer politischen Argumentation verwenden (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen) , und daher ist es unredlich, wie Sie die Diskussion in dieser Frage führen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. Ihr Klub hat noch eine Redezeit von 6 Minuten. – Bitte.

17.50

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! – Ich warte bis das rote Licht erlischt. Das ist wie eine Prophezeiung, die da vor mir am Rednerpult bereits bekanntgegeben wurde, worüber ich reden werde. (Abg. Haigermoser: Ich habe Sie das erste Mal lachen gesehen! Und nicht einmal im Keller!)

Ich möchte damit anfangen, daß der Herr Bundeskanzler bei der Beantwortung der ersten Frage geflissentlich einen Teil übersehen hat. Denn in der ersten Frage ging es darum, ob er sich dafür einsetzen wird, daß im Atompaket bestimmte Punkte enthalten sein werden. Einen Punkt, den er überhaupt nicht erwähnt hat – und das, Herr Kollege Moser, gibt Anlaß zum Nachdenken –, ist, daß er nicht auf das Verbot des Besitzes, der Verwendung, Herstellung, Durchfuhr und Stationierung von Atomwaffen inklusive der Einrichtung entsprechender Infrastruktur eingegangen ist.

Es ist ja wohl klar, daß wir hier nicht von "österreichischen" Atomwaffen reden. Das hat schon eine meine Vorrednerinnen aus dem Klub der Grünen gesagt. Hier geht es um die Atomwaffen anderer Staaten und Nationalitäten, um die Infrastruktur, um die Bereitstellung und Durchfuhr solcher Waffen bei einer NATO-Mitgliedschaft oder einem anderen Militärbündnis. Diesbezüglich gibt es zurzeit überhaupt keine gesetzliche Regelung, die das abdeckt. (Abg. Hans Helmut Moser: Die NATO hat keine Stützpunkte!)


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Herr Kollege Spindelegger! Sie wissen das auch ganz genau. Sie brauchen nicht mit dem Strafgesetzbuch zu kommen. Das ist in diesem Zusammenhang Nonsens. (Beifall bei den Grünen.) Wir reden weder von österreichischen Atomwaffen noch von österreichischen Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen. Wir reden von einer möglichen Mitgliedschaft bei einem Militärbündnis, von der Durchfuhr und Stationierung ... (Abg. Dr. Khol: Das gilt für alle Atomwaffen! Das gilt für alle Atomwaffen, Frau Kammerlander!) Nein, das gilt nicht für alle Atomwaffen! Das kann gar nicht für alle gelten. Wir reden in dieser Situation von der Durchfuhr und Stationierung ausländischer Waffen. (Abg. Dr. Khol: Ganz gleich! Von jedem! Natürlich gilt es für alle! Lesen Sie das Strafgesetz! Das täte Ihnen gut!) Das kann gar nicht sein, denn der Herr Bundeskanzler hat zum Beispiel – Herr Klubobmann Khol hätten Sie doch zugehört! (Abg. Dr. Khol: Ich habe zugehört!)  – eine sehr klare Antwort gegeben. Er hat nämlich zwischen Kriegs- und Krisenfall und Friedenszeiten unterschieden. Er hat zu Recht unterschieden; das hat er im übrigen schon in einer Anfragebeantwortung getan, die wir ihm vor einiger Zeit gestellt haben, in der er wortwörtlich gesagt hat: Es muß zur Kenntnis genommen werden, daß sich die NATO die grundsätzliche Möglichkeit vorbehält, in Krisenzeiten Truppen oder Nuklearwaffen auch auf dem Territorium anderer Mitgliedstaaten zu stationieren. – Zitatende.

Es gibt also bei einer NATO-Mitgliedschaft Österreichs sehr wohl die Möglichkeit, daß auf unserem Staatsgebiet Nuklearwaffen stationiert oder diese durchgeführt werden. Und genau das ist der Punkt. Das sollten Sie endlich einmal einsehen und auch bekennen, daß eine Vereinbarung, wie sie die NATO vorgibt oder auch tatsächlich mit Ungarn oder Tschechien geschlossen hat, überhaupt nichts hilft, denn diese gilt nur für Friedenszeiten. Selbst der Sondervertrag mit dem Mitgliedsland Dänemark gilt nur für Friedenszeiten und nicht für den Kriegs- und Krisenfall.

Aber es ist ja interessant, daß sich im Laufe der heutigen Debatte offensichtlich doch so etwas wie eine Annäherung herausgebildet hat, wenn ich den Worten meines Vorredners Spindelegger folgen darf, der gesagt hat: Er möchte ein für allemal festhalten und für die Zukunft sagen, daß er gegen die Stationierung von Atomwaffen ist. Unterscheidet sich diese Position nicht gegenüber seiner Positionierung in einem Artikel im "Falter", in dem er so zitiert wird, daß sich Österreich jetzt nicht die Hände binden lassen sollte, weil man nicht wisse, was sein werde, wenn es NATO-Mitglied sein werde? Es ist nicht so, daß man in Österreich Atomwaffen stationieren wolle, aber man sollte sich jetzt nicht die Hände binden. – Zitatende. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn unsere Vermutungen betreffend Truppenübungsplatz Allentsteig so absurd sind, dann frage ich mich, wieso es nicht möglich ist, daß unsere Klubobfrau Petrovic diesen Truppenübungsplatz besuchen und besichtigen darf. Nach Auskunft von Brigadier Teszar, der für diesen Truppenübungsplatz zuständig ist, ist es nicht möglich – jetzt nicht und auch nicht nach den niederösterreichischen Landtagswahlen –, daß wir als Abgeordnete diesen Truppenübungsplatz besichtigen können. (Abg. Dr. Khol: Sie ist schon dort! Sie ist nicht mehr da! Was wollen Sie dort machen?) Wenn alles so harmlos ist, wie Sie versuchen, uns das zu verkaufen, dann können wir ihn ja wohl besichtigen und selbst in Augenschein nehmen.

Ich möchte am Schluß meiner Rede noch einen Entschließungsantrag einbringen, der auf atomwaffenfreie Zonen abzielt. Wenn Ihnen das so ein großes Anliegen ist, wie es der Herr Bundeskanzler auch gesagt hat, brauchen wir uns nicht auf ganz Europa zu beziehen. Sie können sich diese Karte noch einmal anschauen! (Die Rednerin hält eine Karte mit der Aufschrift "Nuclear weapon free Nations in Europe" in die Höhe.) Sie sehen, daß es ein breites Band quer durch Mitteleuropa gibt: Das sind jene Länder in grüner Farbe, die heute de facto atomwaffenfrei sind. Und es geht nicht darum, es bei diesem De-facto-Zustand zu belassen, sondern darum, eine gesetzliche, eine völkerrechtliche Verankerung – zu schaffen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Kammerlander, Freundinnen und Freunde betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundeskanzler möge eine Initiative setzen, die auf die Erhaltung durch eine vertragliche Absicherung der praktisch bestehenden atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa abzielt. Diese atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa möge als vertrauensstärkende Maßnahme zu Rußland und als Basis zu einer gesamteuropäischen atomwaffenfreien Zone in der Internationalen Politik vorgetragen werden.

*****

Das ist mein Verständnis von einer Außenpolitik, die Frieden schafft und Frieden sichert. Eine solche atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa könnte in der Tat (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen) eine Geste an Rußland, eine Geste der Versöhnung sein und könnte tatsächlich etwas in Europa bewirken. Schließen Sie sich diesem Antrag an! (Beifall bei den Grünen.)

17.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst: Ich habe mich sehr geärgert, als ich die Einladung zu dieser Sondersitzung bekommen habe, weil es geradezu "greifbar" war – und das ist auch deutlich herausgekommen –, daß hier ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Landtagswahl in Niederösterreich besteht, und weil es ja kein Zufall sein kann, daß auch im Vorfeld im ORF, und zwar in der Sendung "Report", aber auch in der "ZiB 2", die Grünen sehr kritisch zu Wort kommen konnten. Ich sage nur: Stichwort Kössler, Stichwort Thurnher; aber das war wahrscheinlich Zufall.

Es wird versucht, Ihrer Kollegin Weinzinger, der Spitzenkandidatin der Grünen, eine Plattform zu geben, und offensichtlich ist die Atompolitik das einzige Thema, mit dem Sie vielleicht in Niederösterreich die Leute etwas erschrecken und damit punkten können.

Nun ärgere ich mich aber nicht mehr so sehr, weil die heutige Sitzung doch ganz nützlich war; war sie doch insofern nützlich, als der Herr Bundeskanzler und die Frau Bundesminister sehr eindeutig die Position der Regierung, aber auch der Sozialdemokratie, zur Atomfrage beziehungsweise zur Anti-Atomhaltung darstellen konnten. Es gibt das Problem, daß viele Leute das, was auch wiederholt worden ist, nicht hören wollen. Ich möchte darauf hinweisen, daß Frau Minister Prammer zum Beispiel klar folgendes gesagt hat: Wir haben Tschernobyl nicht gebraucht, um aufzuwachen. Kollege Moser hat diese Aussage genau ins Gegenteil verdreht. Manche wollen eben einfach nicht einsehen, daß eine ausführliche Darstellung und ein Gutachten notwendig sind, um eine ordentliche Lösung in Dukovany und nicht eine 08/15-Lösung zu erzielen. Ich meine daher, der Versuch, ein atompolitisches Versagen der Bundesregierung herbeizureden, ist kläglich gescheitert. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es war hochinteressant – ich habe mich dabei eigentlich amüsiert –, daß vier Parteien, außer den Sozialdemokraten, natürlich sehr "Schlüssiges", also Widersprüchliches in der Atompolitik der jeweils anderen Parteien aufgezeigt haben. Großartig war Herr Kollege Schweitzer (demonstrativer Beifall des Abg. Meisinger ), der das am Beispiel Langthaler wirklich perfekt praktiziert hat. Aber durchaus originell war auch Herr Kollege Hofmann, der Frau Flemming zitiert hat – wenn es stimmt. Und umgekehrt hat Herr Kollege Moser prophezeit, was Frau Kammerlander sagen wird, und er hat damit ins Schwarze getroffen. Das war alles sehr interessant.

Meine Damen und Herren! Wir werden wahrscheinlich in wenigen Tagen oder Wochen Gelegenheit haben, wieder zu einer vernünftigen Auseinandersetzung zurückkehren zu können, denn


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wir werden im Umweltausschuß "Atompunkte" auf der Tagesordnung haben und können unsere Entschließung vom Juli vergangenen Jahres, aber auch das vier Monate alte Maßnahmenpaket der Bundesregierung anhand von Expertenhearings überprüfen. Dabei werden wir sicher draufkommen, daß das kleine Österreich in der Anti-Atompolitik nach wie vor ein Vorreiter in Europa ist, wie wir es im übrigen auch in vielen Bereichen der Umweltpolitik sind.

Das zeigt schon gewisse Früchte, denn wir wissen, daß Schweden am 1. Juli endgültig den ersten Atomreaktor außer Betrieb setzen wird. Auch Milos Zeman, der hoffentlich künftige tschechische Ministerpräsident, hat bereits Kritisches in diese Richtung angemerkt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt. ) Kollege Haupt! Wir werden in dem von unserem emsigen Ausschußobmann bestimmt gut vorbereiteten Umweltausschuß sicher darüber reden, vor allem darüber, wie man den Ausstieg dieser Staaten aus der Nukleartechnologie entsprechend fördern, wie man helfen kann. Österreich hat das mit dem Ostfonds auch schon getan.

Ich bin also durchaus optimistisch, daß wir wieder zu einer vernünftigen gemeinsamen Anti-Atompolitik zurückkehren werden, und ich möchte aus der Dringlichen Anfrage der Grünen, Seite 1, zitieren: "Österreich braucht eine seriöse Debatte über Zustand und Zukunft seiner Anti-Atompolitik." (Abg. Mag. Haupt: In der NATO!)

Das wollen wir Sozialdemokraten, das will die Regierung – und dazu können wir hoffentlich nach dieser Sondersitzung auch wieder zurückkehren. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. Das ist genau der Rest der Zeit, die auf Ihren Klub entfällt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Jetzt kommt ein Feuerwerk!)

18.02

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir nach der bisherigen Debatte zunächst eine Vorbemerkung. Es ist nur gut, daß wir alle, die wir hier in diesem Hause vertreten sind, Anhänger der parlamentarischen Demokratie sind, daß wir uns alle zu den Minderheitsrechten bekennen. Wenn dem nicht so wäre, müßte man doch massive Kritik an der Einberufung dieser Sondersitzung des Nationalrates üben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Im Grunde genommen, meine Damen und Herren, ist das eine ungeheuer große Zumutung. Der Bundeskanzler hat nachgewiesen, daß die Dringlichkeit nicht gegeben ist, denn es gilt nicht die 30-Tage-Frist, sondern die 50-Tage-Frist. (Abg. Ing. Langthaler: Das stimmt nicht!) Zweitens wurden in dieser Diskussion alle Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. (Abg. Ing. Langthaler: Auch das ist falsch!) Drittens ist klar herausgekommen, daß es um eine Panikmache geht, um damit politisches Kleingeld für den Landtagswahlkampf herauszuschlagen. (Abg. Ing. Langthaler: Sie sagen dauernd nur Falsches!) Seien Sie froh, daß wir uns zu den Minderheitsrechten bekennen, denn sonst würde es diese Sitzung gar nicht geben, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen. – Abg. Dr. Haselsteiner: Sie sind auch eine Minderheit! Herr Kollege Stummvoll, Sie sind auch eine Minderheit!)

Ich möchte Ihnen folgendes sagen: Wir nehmen die Sorgen und Ängste unserer Bürger sehr ernst – zumindest so ernst, wie Sie sie nehmen –, aber es kann nicht Aufgabe der Politik sein, angst zu machen. Politik muß Mut machen und Zukunftsoptimismus verkünden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Sie sind auch eine Minderheit, Kollege Stummvoll! Verstehen Sie das nicht?) Was Sie hier produzieren, sind reine grüne Greuelszenarien.

Daß Kollege Haselsteiner Ihnen die Stange hält, haben wir schon mehrmals erlebt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Sie sind eine sehr kleine Minderheit!) Das ist ein Teil der sogenannten Ampel, Herr Kollege Haselsteiner. (Abg. Dr. Haselsteiner: Sie sind eine ganz kleine Minderheit! Sie sind ein Dinosaurier!) Sie sind sehr grün geworden in letzter Zeit! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Lieber grün als schwarz!)


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Meine Damen und Herren! Die Unseriosität der Einberufung dieser parlamentarischen Sondersitzung haben meine Vorredner ... (Abg. Dr. Khol: Günter, hast du den Zwischenruf gehört? "Lieber grün als schwarz!" hat der Haselsteiner gesagt!) Aha, lieber grün-rot. (Abg. Dr. Khol: Nein, nein! Lieber grün als schwarz! Das muß ins Protokoll! – Abg. Dr. Haselsteiner: Lassen Sie es ruhig bei grün! Es gibt noch schlimmere Farben!)

Meine Damen und Herren! Es haben bereits einige Vorredner nachgewiesen, daß allein die Panikmache mit Allentsteig an sich schon völlig absurd ist. Sie ist deshalb absurd, weil wir uns völkerrechtlich verpflichtet haben, weil wir es seinerzeit im Staatsvertrag verankert haben, weil das Strafgesetzbuch, Frau Kollegin, für alle gilt. Wer auch immer in Österreich Atomwaffen herstellt, vertreibt, importiert, exportiert oder lagert, fällt unter die Strafsanktionen: mit Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren. Das ist der Punkt.

Herr Kollege Van der Bellen! Ich habe hier von diesem Rednerpult aus und auch öffentlich wiederholt erklärt, wie sehr ich Sie schätze. Ich muß aber sagen: Seit Sie Sprecher der Grünen sind, haben Sie für mich an Glaubwürdigkeit und Seriosität etwas eingebüßt. Diese Einschränkung muß ich heute anbringen. (Abg. Dr. Van der Bellen  – einen Abstand von zirka einem Zentimeter andeutend –: Aber nur ein kleines bißchen!)

Meine Damen und Herren! Wahrscheinlich gibt es in Europa kein einziges anderes Land, das eine so konsequente Antiatompolitik betrieben und eine Schrittmacherfunktion für Gesamteuropa ausgeübt hat, wie Österreich. (Abg. Ing. Langthaler: Weil Sie nie aus Österreich hinauskommen! Fahren Sie einmal ins Ausland!)

Was ich bedauere, ist, daß Sie heute aus Gründen des politischen Kleingeldes eine gemeinsame Linie verlassen, Frau Kollegin Langthaler, eine gemeinsame Linie, die wir noch im Sommer des Vorjahres hatten, als wir gemeinsam einen Fünfparteienentschließungsantrag zusammengebracht haben. Sie verlassen heute die gemeinsame Linie dieser Fünfparteieneinigung, nur weil Sie glauben, Sie können noch ein paar Stimmen im Landtagswahlkampf in Niederösterreich erreichen. Sie werden am Wahltag sehen: Es war umsonst! (Zwischenrufe bei den Grünen, der ÖVP und den Freiheitlichen!)

Wenn in einem Land Umweltbewußtsein – vom Landeshauptmann abwärts – herrscht, so ist das Niederösterreich. Herr Landeshauptmann Pröll hat wiederholt nachgewiesen, daß er es ist, der eine glaubwürdige Umweltpolitik in Niederösterreich macht – und die Grünen dazu nicht gebraucht werden. (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe.)

Landeshauptmann Pröll hat auch am Beispiel Dukovany nachgewiesen, daß es kein Wahlslogan ist, zu sagen: "Das Land in guter Hand!" – Niederösterreich ist in guter Hand beim Landeshauptmann Pröll! Er hat zeitgerecht Einspruch erhoben. (Abg. Haigermoser: Halleluja!) Wir haben schon nachgewiesen – Rosemarie Bauer war es –: Seit zehn Jahren gibt es einen eigenen Rechtsanwalt nur für Atomfragen. Es ist dies der international renommierte Rechtsanwalt Dr. Herbst, international anerkannt als Spezialist in Atomfragen. Er war vor wenigen Tagen in Prag und hat neuerlich den Einspruch Niederösterreichs deponiert. Unser Umweltminister hat am 24. Februar 1998 seinem Kollegen in Prag geschrieben. Das ist glaubhaftes Eintreten für Umweltpolitik, meine Damen und Herren – aber nicht Panikmache oder Greuelszenarien wie jene der Grünen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Warum ist seit 1992 nichts geschehen?)

Die Wähler in Niederösterreich – glauben Sie mir das! – werden das durchschauen. Wir werden es bei der nächsten Sitzung sehen, wie Sie in Niederösterreich abgeschnitten haben. (Abg. Ing. Langthaler: Ich weiß, daß Sie in Abhängigkeit sind und daß Sie gar nichts anderes sagen können!) Ich darf Ihnen heute schon mein Mitleid für Ihre Wahlniederlage aussprechen, die Sie in Niederösterreich erleiden werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Haselsteiner ist jetzt besonders ruhig, weil er genau weiß, daß es an der Kippe steht, ob die Liberalen überhaupt noch einmal in den Landtag von Niederösterreich hineinkommen. Das steht an der Kippe, und ich verstehe daher, daß Sie jetzt so schweigsam sind, Herr Kollege! (Abg. Dr. Haselsteiner: Das hat doch mit der Atompolitik überhaupt nichts zu tun! Machen Sie eine


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ordentliche Politik! Um uns brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Liberalen und bei den Grünen.)

Ich habe schon wiederholt bemerkt: Je schwächer Ihre Argumente sind, desto lauter wird Ihre Stimme, Herr Haselsteiner! Je schwächer Ihre Argumente, desto lauter Ihre Stimme! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein Wort noch im Zusammenhang mit den Themen Osterweiterung und Kernenergie. Wie der frühere Außenminister, unser jetziger Abgeordneter Alois Mock, bestätigen kann, waren es die Grünen, die es im Außenpolitischen Ausschuß, und zwar vor drei Jahren, abgelehnt haben, daß bei der Osterweiterung der höchste Sicherheitsstandard für die östlichen Kernkraftwerke verlangt werden soll. (Abg. Ing. Langthaler: Weil wir einen Ausstieg aus der Kernenergie wollen!) Sie junktimieren heute und sagen: Ihr dürft nur hinein, wenn ihr euch von der Kernenergie verabschiedet! (Abg. Ing. Langthaler: Wir wollen einen Ausstieg!) Wollen Sie Frankreich und Deutschland ausschließen aus der EU? – Das ist doch absurd, was Sie hier tun, Frau Kollegin Langthaler! (Abg. Ing. Langthaler: Es gibt einen Dreiparteienantrag, und dem haben Sie zugestimmt!) Es ist wirklich absurd! Ich halte Sie nicht für so dumm, Sie sind klug genug, Sie machen das wider besseres Wissen, nur um politisches Kleingeld zu wechseln. Lassen Sie mich das sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns zur parlamentarischen Demokratie, und daher: Sie sollen diese Rechte haben. Der Wähler wird sich sein Urteil bilden. (Beifall bei der ÖVP.)

18.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Dr. Haselsteiner: Die nächste Wahlrede!)

18.09

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Stummvoll, bleib noch ein bißchen da, bevor du gehst, ich habe dir auch etwas zu sagen – speziell an deine Adresse. Kollege Stummvoll, du hast nämlich reichlich stark aufgetragen mit deinem Landeshauptmann Pröll und damit, welch tolle Umweltpolitik dieser macht.

Meine Damen und Herren! Ich werde Ihnen jetzt sagen, welche Umweltpolitik Herr Landeshauptmann Pröll macht. (Abg. Jung: Gar keine!) Die ganze niederösterreichische ÖVP geht, soweit sie heute vorhanden ist, hier heraus zum Rednerpult und sagt: Toll, was dieser Landeshauptmann macht! – Ich werde Ihnen sagen, was er wirklich macht. Der Herr Atomrechtsbeauftragte Dr. Herbst wurde von der Landesregierung dazu bestellt, eine Intervention zu machen. In der Sitzung vom 3. März, in der dies beschlossen wurde, hat unser Landesrat Schimanek einen sehr sinnvollen Antrag gestellt, nämlich den Antrag, die Bürgerinitiativen in Dukovany finanziell zu unterstützen. Dreimal dürfen Sie raten, meine sehr geehrten Damen und Herren, was mit diesem Antrag passiert ist. – Er wurde niedergestimmt! Er wurde niedergestimmt, Kollege Stummvoll, das sagst du aber nicht. (Hört!-Hört!-Rufe und weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Dr. Hebst kann herumfahren, wie er will: Er wird unverrichteter Dinge – wie auch schon der Bundeskanzler, wie auch schon andere Politiker, wie auch schon Landeshauptleute und Minister – aus Tschechien, aus der Slowakei zurückkehren. Das ist die Realität, Kollege Stummvoll, und nichts anderes! Unverrichteter Dinge wird er zurückkehren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da kann sich der Herr Landeshauptmann Pröll bemühen, wie er will, und scheinheilige Aktionen setzen – es wird ihm nichts nützen! Es ist ein Zeichen Ihrer Nervosität, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, daß Sie jetzt versuchen, das Ruder noch einmal herumzureißen. Nur: Es ist zu spät. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rosemarie Bauer: Das ist scheinheilig! Ausgerechnet Sie sagen uns das mit Ihrem Schimanek! Das ist doch scheinheilig!)

Was diesbezüglich in den letzten Jahren auch auf Landesseite betrieben wurde, war, meine Damen und Herren, eine zahnlose Umweltpolitik. (Abg. Dr. Stummvoll: Das wird der Wähler beurteilen!) Denn wenn man wirklich etwas bewegen will, dann muß man junktimieren, dann muß man als Landeshauptmann zum Bundeskanzler, zum Vizekanzler gehen und einfordern,


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daß die EU-Osterweiterung endlich junktimiert wird – und nicht lange herumreden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rosemarie Bauer: Ihr wollt doch die Osterweiterung nicht!) Das Herumreden nützt niemandem. Wir alle wissen, daß manche der Regierungschefs in den Oststaaten unbelehrbar sind und einfach auf die Argumente Österreichs nicht eingehen. Wenn man diese Erkenntnis hat, was hindert uns daran, zu sagen: Meine Damen und Herren von den Regierungen in Tschechien, in Polen, in der Slowakei, dann gibt es halt keinen EU-Beitritt!? Und wenn es so schwierig ist, einen Bündnispartner für eine solche Atompolitik zu gewinnen, dann muß ich mich fragen, warum der Bundeskanzler nicht auch in den EU-Gremien einmal sagt: Dann werden wir uns die Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages überlegen!? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das, meine Damen und Herren, wäre die einzige klare Antwort auf ein ständiges Nein, auf ein dauerndes Nichtzuhören.

Das meine ich auch mit einem verantwortungsvollen Umgang mit der Politik. Alles andere, was ich heute an Argumenten gehört habe – der probiert, der plaudert, und jener geht zum Smalltalk über die Grenze –, ist eine unseriöse Politik. Das wird uns keinen Schritt weiterbringen. Damit wird auch der österreichischen Umweltpolitik kein guter Dienst erwiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was Dukovany betrifft, möchte ich abschließend sagen, daß jeden Tag neue Fakten ans Licht der Öffentlichkeit gelangen. In unmittelbarer Nähe Dukovanys, in einer Ortschaft Namens Námešt, nur 20 Kilometer entfernt, plant man jetzt einen tschechischen Militärflughafen. Na glauben Sie nicht, daß da die Gefahr besteht, daß es einmal eine Fehllandung gibt? Glauben Sie nicht, daß man so etwas mit allen Mitteln verhindern muß – und sei es damit, daß man in die eigene Tasche greift und den vielen Bürgerinitiativen, die da kommen werden, sagt: Jawohl, liebe Leute in Dukovany, da habt ihr 5 Millionen Schilling! Macht etwas daraus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rosemarie Bauer: Schon wieder 5 Millionen! Was soll man denn mit 5 Millionen anfangen?)

Das wäre eine sinnvolle Investition mit einer guten Rendite, aber nicht dieses elende Geschwätz darüber, was man alles versucht, wenn man doch in Wirklichkeit nichts erreicht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Sie haben noch eine Restredezeit von 4 Minuten.

18.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Natürlich hat – wie man vorhergehenden Ausführungen entnehmen konnte – die heutige Sondersitzung mit dem niederösterreichischen Wahlkampf überhaupt "nichts" zu tun. Einige haben sich bemüht, uns das klarzumachen, so zum Beispiel Kollege Schweitzer, für den auch die Osterweiterung herhalten mußte. Das hat natürlich mit dem niederösterreichischen Wahlkampf überhaupt "nichts" zu tun. Auch die versuchte, aber nicht gelungenen NATO-Debatte hat damit "nichts" zu tun.

Es geht nur um Zufälligkeiten. Es geht um eine Zufälligkeit, daß heute ein Termin abläuft, der aber doch nicht abläuft. Oder geht es vielleicht um die Zufälligkeit, daß morgen in Niederösterreich das erste Wahllokal aufsperrt und die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit haben, ihre Stimme abzugeben?

Etwas verblüfft bin ich über den Optimismus verschiedener Kollegen. Herr Brigadier Moser! Drei Mandate? – Aufgrund welcher Leistungen? Aufgrund der Flucht des Herrn Firlinger, eurer Spitze in Niederösterreich? Aufgrund der Flucht des Pepi Wagner und der Politik des LIF in Niederösterreich? Aufgrund der Flucht der Kollegin, die der ÖVP wieder die absolute Mehrheit gesichert hat? Drei Mandate? – Glaubst du an Weihnachten oder an den Osterhasen? Oder wie hättest du es denn gerne? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Der Dautzenberg ist auch weg!)

Meine Damen und Herren! Wieder zurück zu etwas Sachlicherem. Es war schon interessant, die Kommentare der Oppositionsparteien zu hören, so zum Beispiel jene der Kollegin Petrovic, die


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dem Kanzler vorgeworfen hat, er sei in der Atompolitik zur Realpolitik zurückgekehrt. Interessant war es dann, den Kollegen Schweitzer zu hören – er hat schon die Flucht ergriffen –, der gemeint hat, die Politik des Bundeskanzlers habe mit der Realität nichts zu tun. Na also, was jetzt? – Realpolitik? Mit der Realität nichts zu tun? – Wenn die Oppositionsparteien nicht wissen, wie die Politik des Kanzlers ist, dann ist die Politik des Kanzlers sicher eine gute. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines hat mich gestört, und zwar die Ausführungen der Kollegin Moser, die gemeint hat, diese Themen um Niederösterreich seien ihr zu minder. Mir sind diese Themen Niederösterreichs nicht zu minder, und ich freue mich, daß ich die Möglichkeit habe, diese Sondersitzung dafür zu nützen zu können, einige Aussagen ins rechte Licht zu rücken; Kollege Firlinger hat es ja mit untauglichen Mitteln ebenfalls versucht. Er hat darzustellen versucht, daß der Herr Landeshauptmann nicht der einzige ist. Hier hast du sicher recht. Es ist tatsächlich so: Unser Herr Landeshauptmann ist zwar sehr häufig in den "Seitenblicken" anzutreffen, aber nicht unbedingt immer in der Realpolitik.

Daher, meine Damen und Herren, lassen Sie mich die letzten Sekunden meiner Redezeit nutzen, Ihnen in Erinnerung zu rufen, woher die niederösterreichische Atompolitik kommt, wer in Niederösterreich etwas tut. Es gibt seit 1995 im SPÖ-Landtagsklub massive Aktivitäten gegen die Atomkraftwerke in unserer Umgebung, gegen die Ausweitung von Lagern gesetzt, wir haben aber auch Vorsorge getroffen. Wir wissen, daß nicht von heute auf morgen umgeschaltet werden kann, darum bemühen wir uns, mit Hilfe des Katastrophenschutzes unserer Bevölkerung gerade in Grenznähe Sicherheit zu geben.

Meine Damen und Herren! Wir können nicht nur – und auch da werden die Grünen wieder schreien – den Ausstieg verlangen, wir müssen auch Alternativen anbieten. Ich stehe dafür, daß zum Beispiel Temelin zu einem Gas-Dampf-Kraftwerk umgerüstet werden soll, um Tschechien den Energienachschub zu gewährleisten.

Abschließend: Die Erfolge der österreichischen Atompolitik sind beachtlich. Für die Beitrittsverhandlungen sollten wir Einigkeit (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen)  – ich bin schon beim Schlußsatz, Herr Präsident – demonstrieren. Die heutige Sondersitzung des Nationalrates hat jedoch in bezug auf unsere bisherigen Bemühungen um eine gemeinsame österreichische Atompolitik keinen guten Dienst geleistet. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Moser hat eine tatsächliche Berichtigung begehrt. – Bitte, Frau Abgeordnete. 2 Minuten Redezeit. Beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

18.19

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Ganz knapp. Mein Vorredner, Kollege Kummerer, hat behauptet, daß ich gesagt hätte, die niederösterreichische Politik sei mir zu minder.

Ich berichtige: Ich habe tatsächlich gesagt, die Form der Auseinandersetzung mit der niederösterreichischen Politik, wie sie Frau Kollegin Bauer hier vornimmt, ist mir zu minder. Diese Art, das niederösterreichische Wahlkampfmilieu hier hereinzutragen – das ist mir zu minder. (Beifall bei den Grünen.)

18.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte. Herr Abgeordneter, Sie haben noch 5 Minuten Redezeit.

18.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Es ist das gute Recht dieser Regierung, ihre Politik zu preisen. Dazu zählt selbstverständlich auch die Umweltpolitik. Daß der Opposition dabei die Galle hochkommt, ist wirklich kein Wunder.


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Der Preis dieser Umweltpolitik, die sich wirklich nur auf Österreich konzentriert und auf die Einflüsse aus dem Ausland überhaupt keine Rücksicht nimmt, ist ein ungeheuer hoher. Unser BIP leidet darunter, unsere Arbeitskräftesituation leidet darunter. Aber die EU – dort, wo wir ein Vetorecht hätten, dort, wo wir unsere Umweltpolitik umsetzen könnten – pfeift sich etwas um die österreichische Regierungspolitik. Sie hat in Übergangsbestimmungen Zusagen gemacht, genauso wie wir jetzt Zusagen aus den Ostländern bekommen. Sie pfeifen sich etwas um die Anliegen Österreichs. Diese Regierung vertritt unsere Anliegen nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Großteil der Umweltbelastung Österreichs kommt aus den östlichen Ländern. Das wissen wir. Österreich hat die längste Grenze zum Osten; die Immissionen aus dem Osten sind besorgniserregend. Jetzt kommen noch Mochovce und Dukovany hinzu; und das Atommüllager hat gerade noch gefehlt. Zwentendorf haben wir als "Stranded investment" in Milliardenhöhe abgeschrieben. Zum gleichen Zeitpunkt verkaufen wir das steirische Netz an die Franzosen, die dort mit ihrer Atomkraft über österreichisches Netz Atomstrom verteilen. Das ist unsere Umweltpolitik, das ist unsere Energiepolitik – pfui Teufel! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Energiekosten in Österreich sind die höchsten Europas. Die Umweltkosten in Österreich sind die höchsten Europas. Wir haben aber gleichzeitig das größte Gefahrenpotential aller EU-Länder aufgrund unserer Grenze zur Slowakei, zu Tschechien und zu Slowenien. Sie wissen das. Beschönigen Sie das nicht! Machen Sie etwas, damit diese Gefahren endlich reduziert werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was aber machen Sie? – Uns als höchstem Nettozahler – pro Kopf der Bevölkerung – wollen Sie einreden, daß diese Osterweiterung sehr wichtig sei: daß wir noch mehr Geld dorthin schicken, daß noch mehr Mochovces gebaut werden, daß noch mehr Krškos gebaut werden. Das solle alles passieren. Deswegen seien wir jetzt gedrängt, die EU-Kandidaten möglichst rasch aufzunehmen.

Das hat weder wirtschaftspolitische noch sicherheitspolitische und schon gar keine umweltpolitischen Hintergründe. Sie sollten sich querlegen gegen die Aufnahme dieser Länder und sagen: Njet, wenn nicht ...! Das ist Ihre Aufgabe, aber das machen Sie nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Manche von Ihnen sagen schon, das wäre gescheit: Der Herr Finanzminister sagt, in vielleicht 10 oder 15 Jahren sollte man diese Länder aufnehmen. Ex-Bürgermeister Zilk sagt, nach 18 Jahren wäre es auch früh genug. Das sagen Sie hinter vorgehaltenem Mund. Aber nach außen hin sagen Sie natürlich, die EU-Osterweiterung bringe Arbeitsplätze, sie bringe Wirtschaftswachstum, und sie bringe auch das Ende der Atomenergie für unsere östlichen Nachbarn – die Sie mit Ihren Beiträgen finanzieren. So schaut es nämlich aus. (Abg. Schieder: "Hinter vorgehaltenem Mund" ist lustig!) Ja, jetzt sind Sie schmähstad. Sie haben hier nur immer den großen Spruch. (Abg. Schieder: Nein, Sie haben "hinter vorgehaltenem Mund" gesagt!)

Sie machen dort drüben Besuche, Reisen, Blabla und alles mögliche, statt daß Sie endlich einmal in Brüssel eine Politik machen, damit Österreich als Standort mit den hohen Umweltkriterien, die wir haben, auch von den Ostländern respektiert wird. Aber Sie sind eben für eine hohe Abgabenquote und für hohe Steuern zuständig, das ist mir schon bekannt. Daher möchte ich Ihnen auch sagen: So, wie Sie letztlich bei der Atomkraft vorgehen, so verfahren Sie auch beim Benzin. Wir haben überhöhte Kraftstoffpreise in Österreich, die höchsten Europas, mit der höchsten Steuer- und Abgabenbelastung.

Daher bringen wir gleich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Kollegen betreffend überhöhte Treibstoffpreise in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend

eine eingehende Offenlegung und Überprüfung der Kalkulation der Treibstoffpreise vorzunehmen und bei Vorliegen eines Verdachtes eine Klage wegen Verstoßes gegen kartellrechtliche Bestimmungen einzubringen;

die Rahmenbedingungen für die österreichische Mineralölwirtschaft mit dem Ziel einer durch Deregulierung ermöglichten Kostensenkung zu verbessern;

eine weitere Erhöhung der ohnedies im internationalen Vergleich exorbitant hohen Besteuerung von Benzin und Diesel auszuschließen.

*****

Ich kann Ihnen nur sagen: Der Eiertanz der Regierung in Sachen Osterweiterung macht offensichtlich auch vor dem Atommüllproblem nicht halt. Frei nach Qualtinger: Ich weiß zwar nicht, wohin ich fahre, aber dafür bin ich früher dort. – Ich "gratuliere" Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Als letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie haben noch eine Redezeit von 6 Minuten zur Verfügung. – Bitte. (Abg. Dr. Gredler: Vielen Dank!)

18.24

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich Ihnen meine Bestürzung über die Stellungnahme von Herrn Stummvoll mitteilen. Zu drohen und zu sagen, man sei so tolerant und gebe den Minderheiten im Parlament Möglichkeiten, sich zu artikulieren – das, was nicht gesagt worden ist: und sei man eben nicht so tolerant, würde man diese Möglichkeiten wieder abschaffen –, zeigt sehr wohl, wie das demokratiepolitische Verständnis des Herrn Stummvoll beschaffen ist. (Abg. Dr. Stummvoll: So habe ich es nicht formuliert! Lesen Sie das Protokoll nach!) Das ist unglaublich, Herr Stummvoll: Sie haben uns gedroht! Ich akzeptiere nicht, als Minderheit im Parlament bedroht und in meinen Rechten eingeschränkt zu werden! (Abg. Dr. Fekter und Abg. Steibl: Geh! Geh!) Das können Sie hundertmal im Protokoll nachlesen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Zweitens: Wenn Sie schon so stolz auf Ihre Leistung sind, dann möchte ich Ihnen raten, doch einmal mit den ÖVP-Abgeordneten im Europäischen Parlament zu reden. Es haben fünf Stimmen gefehlt, damit im Europäischen Parlament ein Entschluß gefaßt worden wäre, um im nächsten Jahrtausend aus der Atomkraft auszusteigen. (Abg. Tichy-Schreder: Sie vereinfachen!) Diese fünf Stimmen hätten die ÖVP-Abgeordneten dem Antrag geben können, aber sie haben es nicht getan. (Abg. Tichy-Schreder: Nein, so war es nicht!) Das haben Sie beziehungsweise Ihre Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament zu verantworten. Jammerschade, daß dieser Weg nicht gegangen wurde! (Abg. Dr. Stummvoll: Nein, das haben Sie mißverstanden!)

Ich möchte auch den Herrn Bundeskanzler – in dessen Abwesenheit – korrigieren. Er hat gesagt, es gebe zwischen 5. Forschungsprogramm und Atomenergie keine Verbindung. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ich habe hier eine Aussendung der Informationsstelle des Europäischen Parlaments vom 9. März 1998, wonach man sich darüber beklagt, daß von den für das 5. Forschungsprogramm vorgesehenen Geldern – 14 000 M ECU – 91 Prozent auf das Rahmenprogramm und 9 Prozent auf das EURATOM-Rahmenprogramm entfallen. Daher gibt es eine Verbindung, und man sollte nicht so tun, als gäbe es keine.

Schön wäre es, Frau Bundesministerin, wenn Sie den Finanzminister vielleicht überzeugen könnten, daß er in der Budgeterstellung für die nächsten Jahre ein Veto einlegt und sagt: Wir


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wollen nicht so viel Geld für die Atomenergie ausgeben, wir wollen nicht so viel Geld für eine Technologie ausgeben, die uns sehr unsicher erscheint, auch wenn wir Maßnahmen setzen müßten, um die Sicherheit in den Atomkraftwerken zu erhöhen. – Die Grünen haben es erwähnt: Das verlängert nur noch deren Lebenszeit. Ich weiß, daß es ein schwieriger Weg ist, aber ich würde mir wünschen, daß wir uns bei der Erstellung des Budgets der Europäischen Union einbringen. Das liegt im nächsten halben Jahr in unserer Hand, weil die zweite und dritte Lesung in diesen Zeitraum fallen. Das kann der Finanzminister, glauben Sie mir das!

Wenn wir bedenken, daß zwischen 1992 und 1997 fossile Energieträger um 720 Milliarden Schilling gefördert wurden, während nur 18 Milliarden für erneuerbare Energieträger aufgewendet wurden, dann muß ich sagen, daß die Relation von 52 Milliarden Euro zu 1,3 Milliarden Euro einfach nicht stimmt. Wir könnten aber eine Balance wiederherstellen, wenn wir so aktiv wären, wie das zum Beispiel der spanische Außenminister ist. Der spanische Außenminister – darüber beklagt sich Herr Außenminister Schüssel – ruft täglich an, um für die Olivenbäume und die Olivenhersteller zu intervenieren. Hingegen hat Herr Außenminister Schüssel offenbar am 24. Februar einen Brief geschrieben. Da sieht man ein bißchen den Unterschied zwischen dem Engagement unseres Außenministers und dem des spanischen. Der eine ruft täglich an und "sekkiert" seine Kollegen, und der andere schreibt alle Monate irgendeinen Brief. (Abg. Schieder: Die Frage ist, wer mehr Erfolg hat!)

Zu guter Letzt möchte ich – ich habe nur noch wenig Zeit – auf den Antrag der Freiheitlichen Partei zu sprechen kommen. Dabei beziehe ich mich auf Ihr Szenario bei der Erweiterung: Verstärkte Wanderbewegung, zusätzlicher Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt, Produktions- und Investitionsauslagerungen in verschiedenen Industrien – ist das nicht schon einmal passiert? Ist es nicht so, daß wir sehr viele Mitbürgerinnen und Mitbürger aus diesen Ländern haben, die bereits jetzt in Österreich arbeiten? – Diejenigen, die einen Arbeitsplatz wollen, haben ihn schon längst, meine Herren von der Freiheitlichen Partei! Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich da Wesentliches ändert.

Bezüglich der Export- und Importbeschränkungen: Nur 10 Prozent der Produkte sind in ihrem freien Fluß zwischen Ungarn und Österreich beschränkt. Schüren Sie doch nicht ein Szenario, das es überhaupt nicht gibt! Nur noch 10 Prozent sind übrig, alles andere kann frei zirkulieren. Meine Herren, bitte nehmen Sie sich zurück und schüren Sie nicht die Angst der Bevölkerung, die in den Nachbarregionen wohnt! Wir werden ein Augenmerk darauf haben, aber nicht, indem wir Verbote auferlegen, sondern indem wir Kooperationen suchen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, da wir jetzt eine Reihe von Abstimmungen durchzuführen haben.

Wir stimmen zunächst über die eingebrachten Entschließungsanträge ab.

Als erstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosemarie Bauer, Oberhaidinger und Genossen betreffend Maßnahmen gegen grenznahe kerntechnische Anlagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 106.)

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend EU-Osterweiterung am Beispiel der Atompolitik.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend die Schaffung einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend dringliche antiatompolitische Maßnahmen Österreichs.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pollet-Kammerlander und Genossen betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen betreffend überhöhte Treibstoffpreise in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Damit ist die Abstimmung über die Entschließungsanträge beendet.

Abstimmung über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Kier, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 705/A der Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Haftung für nukleare Schäden – Atomhaftpflichtgesetz – eine Frist bis 14. April 1998 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 708/A bis 710/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3835/J bis 3877/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 25. März 1998, 9 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Ich rufe in Erinnerung, daß im unmittelbaren Anschluß an diese Plenarsitzung eine Sitzung des Hauptausschusses, und zwar im Lokal V, stattfinden wird.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 18.34 Uhr