Stenographisches Protokoll

13. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 20. März 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

13. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 20. März 1996

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 20. März 1996: 11.01 – 23.27 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 1996 und 1997 samt Anlagen

2. Punkt: Bericht über den Antrag 142/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992 geändert wird

3. Punkt: Internationales Kakaoübereinkommen 1993 samt Anhängen

4. Punkt: Bericht über den Antrag 7/A der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz 1975 geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 30/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Bergrechtsreform

6. Punkt: Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz – CWKG

7. Punkt: Washingtoner Artenschutzübereinkommen-Durchführungsgesetz; WA-Durchführungsgesetz

8. Punkt: Notifikationsgesetz – NotifG

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970 und das Patentverträge-Einführungsgesetz geändert werden

10. Punkt: Erste Lesung des Antrages 10/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird

11. Punkt: Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger 12


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 2

Angelobung des Abgeordneten Dipl.-Ing. Richard Kaiser 12

Personalien

Verhinderungen 11

Ordnungsruf 93

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen betreffend Gewährleistung der Öffentlichkeit der Sitzungen des Nationalrates beziehungsweise der Teilnahme an diesen bei Einhaltung der Bannmeile

Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen 11

Karl Öllinger 11

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zu den Wortmeldungen der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen und Karl Öllinger 11, 12

Verkürztes Verfahren (Verzicht auf Vorberatung betreffend 77, 78, 79 und 80 d. B.) 13

Absehen von der 24stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschußberichtes 84 d. B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung 13

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 14

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend Reihenfolge der Redner bei Zustimmung der Opposition 150

Feststellungen des Präsidenten Mag. Dr. Willi Brauneder zur Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol 150, 151

Wahlen in Institutionen

11. Punkt: Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates 178

Ergebnis: Mitglieder: Dkfm. Holger Bauer, Dr. Willi Fuhrmann, Edeltraud Gatterer, Dr. Alfred Gusenbauer, Peter Schieder, Dr. Walter Schwimmer; Ersatzmitglieder: Hans Helmut Moser, Herbert Scheibner

Ausschüsse

Zuweisungen 13, 178

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geldvernichtung durch die Flughafen Wien AG (324/J) 76

Begründung: Peter Rosenstingl 80

Bundesminister Mag. Viktor Klima 86

Debatte:

Mag. Johann-Ewald Stadler 90

Rudolf Parnigoni 93

Mag. Johann-Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) 96


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 3

Mag. Dr. Josef Höchtl 96

Mag. Reinhard Firlinger 99

Rudolf Anschober 101

Dr. Martin Graf 105

Mag. Herbert Kaufmann 107

Georg Wurmitzer 109

Mag. Thomas Barmüller 111

Andreas Wabl 113

Hermann Böhacker 114

Dkfm. Holger Bauer 117

Dr. Susanne Preisinger 120

Dr. Helene Partik-Pablé 122

Hans Schöll 125

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 128

Dr. Jörg Haider 130

Helmut Haigermoser 133

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Vertretung des Bundes in Unternehmungen – Ablehnung 107, 135

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 1996 und 1997 samt Anlagen

Bundesminister Mag. Viktor Klima 15

Beschluß auf erste Lesung 31

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 142/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992 geändert wird (84 d. B.)

Berichterstatter: Winfried Seidinger 31

Redner:

Peter Rosenstingl 31

Josef Edler 34

Rudolf Anschober 36

Mag. Helmut Kukacka 39

Ing. Walter Meischberger 41

Mag. Reinhard Firlinger 44

Bundesminister Dr. Rudolf Scholten 46

Josef Trenk 49

Robert Sigl 50

Annahme des Gesetzentwurfes 51

3. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (6 d. B.): Internationales Kakaoübereinkommen 1993 samt Anhängen (66 d. B.)

Berichterstatter: Georg Oberhaidinger 51

Redner:

Helmut Haigermoser 52

Ingrid Tichy-Schreder 53


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 4

Anna Elisabeth Aumayr 54

Mag. Doris Kammerlander 54

Genehmigung des Staatsvertrages 55

Antrag der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Genossen, gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die Kundmachung des Vertragstextes des Internationalen Kakaoübereinkommens 1993 (6 d. B.) samt Anhängen in französischer, spanischer, russischer, arabischer und chinesischer Sprache dadurch vorzunehmen, daß diese Texte beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden aufliegen – Annahme 53, 56

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 7/A der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz 1975 geändert wird (68 d. B.)

5. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 30/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Bergrechtsreform (69 d. B.)

Berichterstatter: Helmut Dietachmayr 56

Redner:

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 5


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 5

7

Rudolf Parnigoni 59

Rudolf Anschober 61

Jakob Auer 65

Anna Elisabeth Aumayr 66

Mag. Thomas Barmüller 68

Dr. Udo Grollitsch 69

Arnold Grabner 70

Robert Wenitsch 72

Bundesminister Dr. Johannes Ditz 75

Mag. Dr. Maria Fekter 135

Dr. Volker Kier 137

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 138

Annahme des Gesetzentwurfes in 68 d. B. 140

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 69 d. B. 140

6. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (36 d. B.): Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz – CWKG (73 d. B.)

Berichterstatter: Günter Kiermaier 141

Redner:

Herbert Scheibner 141

Werner Amon 142

Helmut Dietachmayr 143

Hans Helmut Moser 144

Mag. Doris Kammerlander 146

Annahme des Gesetzentwurfes 147

7. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (37 d. B.): Washingtoner Artenschutzübereinkommen-Durchführungsgesetz; WA-Durchführungsgesetz (74 d. B.)

Berichterstatter: Mag. Franz Steindl 148

Redner:

Anna Elisabeth Aumayr 148

Ludmilla Parfuss 150

Ing. Monika Langthaler 151

Klara Motter 154

Dr. Stefan Salzl 156

Georg Schwarzenberger 157

Annahme des Gesetzentwurfes 158

8. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (38 d. B.): Notifikationsgesetz – NotifG (75 d. B.)

Berichterstatter: Mag. Franz Steindl 159

Redner:

Kurt Eder 159

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 160

Annahme des Gesetzentwurfes 161

9. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (43 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970 und das Patentverträge-Einführungsgesetz geändert werden (76 d. B.)

Berichterstatter: Mag. Franz Steindl 162

Redner:

Kurt Wallner 162

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 163

Mag. Reinhard Firlinger 164

Mares Rossmann 165

Annahme des Gesetzentwurfes 166

10. Punkt: Erste Lesung des Antrages 10/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird

Redner:

Maria Schaffenrath 167

Dr. Ilse Mertel 168

Dr. Gertrude Brinek 170

Edith Haller 172

Mag. Doris Kammerlander 173

Mag. Dr. Heide Schmidt 175

Bundesministerin Dr. Helga Konrad 177

Zuweisung des Antrages 10/A an den Verfassungsausschuß 178

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 13

70 und Zu 70: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1996 samt Anlagen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 6

71 und Zu 71: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1997 samt Anlagen

72: Strukturanpassungsgesetz 1996

77: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits samt Anhängen, Protokollen und Erklärungen

78: Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Estland andererseits samt Anhängen und Protokollen

79: Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Litauen andererseits samt Anhängen und Protokollen

80: Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Lettland andererseits samt Anhängen und Protokollen

Berichte 13

III-21: Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1996 und 1997 gemäß § 9 Abs. 2 LWG; Bundesregierung

Vorlage 10 BA: Bericht betreffend den Budgetbericht des Bundes 1996; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz geändert wird (143/A)

Mag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über das Grundrecht auf Gesundheit (144/A)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus (145/A)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates, das Klubfinanzierungsgesetz 1985, das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 und die Nationalrats-Wahlordnung 1992 geändert werden (Förderung der Beteiligung von Frauen am politischen Leben) (146/A)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird (147/A)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz durch Bestimmungen über die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern ergänzt wird und das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, das Universitäts-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Kunsthochschul-Organisationsgesetz und das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten geändert werden (148/A)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 7

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend budgetwirksame Kosten für Ausländer und Fremde in Österreich (298/J)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Kaputtsparen des Agrarbereichs (299/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Arbeitszeitregelungen für Ärzte und Pflegepersonal (300/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Reaktivierung des Gruppeninspektors in Ruhe Johann Reingruber (301/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Abbuchung der Bezüge bei Bundesbediensteten der Postsparkasse (302/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr betreffend Einführung einer elektronischen Ökopunkte-Abrechnung (303/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Privilegien der Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank und deren Besteuerung (304/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr betreffend Einschränkung beziehungsweise Einstellung des Betriebs von Postämtern (305/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Adelsgesetz (306/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 8

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (307/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (308/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (309/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (310/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (311/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (312/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (313/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (314/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Jugend und Familie betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (315/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (316/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (317/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (318/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Umwelt betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (319/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (320/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (321/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst betreffend Reduktion und Zusammenlegung von Sektionen, Gruppen, Abteilungen und Referaten (322/J)

Mag. Brigitte Ederer und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend das Demokratieverständnis des kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman (323/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geldvernichtung durch die Flughafen Wien AG (324/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 9

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Welser Westspange (325/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Welser Westspange (326/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bauaufträge – Hamberger-Pleite – Folgekosten für die Republik (327/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bauaufträge – Hamberger-Pleite – Folgekosten für die Republik (328/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Datenschutz bei Bankkrediten (329/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorkommnisse bei der Staatspolizei (330/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Skandaldeponie Ort (331/J)

Mag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst betreffend Sparmaßnahmen bei der Übersetzer- und Dolmetscherausbildung (332/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Verlegung des Bezirksgendarmeriekommandos und der Bezirksleitzentrale Thalheim/Wels nach Marchtrenk (333/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten der Studentendemonstrationen (334/J)

Günther Platter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verkehrsaußenstelle Reutte/Tirol (335/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (33/AB zu 29/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (34/AB zu 130/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (35/AB zu 5/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (36/AB zu 10/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (37/AB zu 143/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (38/AB zu 11/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (39/AB zu 9/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (41/AB zu 77/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (42/AB zu 122/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen (43/AB zu 84/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (44/AB zu 62/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (45/AB zu 26/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (46/AB zu 120/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (47/AB zu 141/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (48/AB zu 116/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 11.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne hiemit die 13. Sitzung des Nationalrates und begrüße sehr herzlich den Herrn Bundespräsidenten, der anläßlich der Budgetrede in unserer Mitte weilt. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte auch von dieser Stelle aus dem Kollegen Dr. Neisser noch einmal sehr herzlich zu seinem runden Geburtstag gratulieren. Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Ich gebe bekannt, daß die Amtlichen Protokolle der 10. Sitzung sowie der 11. und 12. Sitzung in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben sind.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn, Gatterer, Dr. Schwimmer, Mag. Stoisits und Dr. Gusenbauer.

Geschäftsbehandlung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Van der Bellen gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

11.02

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Mitarbeiter des Grünen Klubs hatten heute Schwierigkeiten, das Parlamentsgebäude zu betreten – und meines Wissens auch mindestens ein Abgeordneter; ein – vielleicht übereifriger – Polizist hat darauf bestanden, einen Parlamentsmitarbeiterausweis zu sehen.

Jetzt gehe ich aber davon aus, daß die Sitzungen des Parlaments öffentlich sind, und ich frage mich, wie unter diesen Umständen die Öffentlichkeit der Sitzung gewährleistet ist. (Unruhe und Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich bitte Sie, Herr Präsident, nach Ihren Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen, daß das auch tatsächlich der Fall ist.

11.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen dazu sagen, daß wir verschiedene Ziele gleichzeitig erreichen müssen, nämlich einerseits die Öffentlichkeit der Sitzungen zu gewährleisten, die ja heute insbesondere auch durch die Fernsehübertragung, aber auch durch die vollbesetzte Galerie gewährleistet ist, andererseits müssen wir aber die Einhaltung der Bannmeile und die Einhaltung der Bestimmungen des Versammlungsgesetzes sicherstellen. In der Früh hat offenbar die Gefahr bestanden, daß die Bannmeile verletzt wird, und die Polizei steht vor der sehr schwierigen Aufgabe, mit den gelindestmöglichen Mitteln die Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Bestimmungen sicherzustellen.

Ich gehe davon aus, daß die Öffentlichkeit dieser Sitzung gewährleistet ist, und ich hoffe auch, daß der Nationalrat seine Beratungen ohne jeden Druck von außen durchführen kann. Das ist jedenfalls das Bemühen der Mitarbeiter. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es liegt eine weitere Wortmeldung zur Geschäftsordnung vor. Ich bitte aber, zu bedenken, daß wir sehr am Rande der Geschäftsordnung diskutieren.

11.04

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Alle möglichen Probleme in Ehren – ich weiß, daß es hier Probleme geben kann –, aber es müßte auch


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 12

gewährleistet sein oder zumindestens vorausgesetzt werden können, daß Abgeordnete auch das Parlament erreichen können, und zwar selbst dann, wenn sie keinen Ausweis dabeihaben. (Unruhe. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Das Problem, das es heute gegeben hat – ich nehme an, nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen Abgeordneten –, war, daß sie nach dem Ausweis gefragt wurden. (Anhaltende Zwischenrufe.) Es müßte zumindest gewährleistet sein, daß die Abgeordneten davon informiert werden, daß sie am Sitzungstag nur mit diesem Ausweis das Parlament erreichen oder auch ohne Ausweis ins Parlamentsgebäude kommen können.

11.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Das Betreten des Gebäudes ist nicht in der Geschäftsordnung, sondern in der Hausordnung geregelt, und diese steht jetzt nicht zur Diskussion – trotzdem habe ich Ihnen das Wort erteilt. Ich sage noch einmal: Die Ausweispflicht hat den Sinn, zu verhindern, daß Personen ins Haus gelangen, die dann Aktionen setzen, mit denen zumindest eine große Mehrheit dieses Hauses nicht einverstanden wäre. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) – Bitte keinen Beifall!

Ich will versuchen, alle gesetzlichen Bestimmungen – auch wenn sie in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander stehen – bestmöglich wahrzunehmen, und ich glaube, daß das im großen und ganzen gelungen ist. An einem solchen Tag ist eben das Vorzeigen eines Ausweises in Einzelfällen unvermeidlich und hoffentlich zumutbar.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es ist von der Bundeswahlbehörde die Mitteilung eingelangt, daß Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Herr Dipl.-Ing. Richard Kaiser in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, wird sogleich seine Angelobung vorgenommen. – Ich bitte Sie, sich von den Sitzen zu erheben.

Der Schriftführer wird die Gelöbnisformel verlesen; den Dienst des Schriftführers versieht Herr Abgeordneter Auer. – Bitte sehr.

Schriftführer Jakob Auer: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordneter Dipl.-Ing. Richard Kaiser (ÖVP): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten traditionell herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände darf ich auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 298/J bis 323/J.

2. Anfragebeantwortungen: 33/AB bis 39/AB und 41/AB bis 48/AB.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 13

3. Regierungsvorlagen:

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1996 samt Anlagen (70 und Zu 70 der Beilagen),

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1997 samt Anlagen (71 und Zu 71 der Beilagen),

Strukturanpassungsgesetz 1996 (72 der Beilagen).

B) Zuweisungen

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 29a, 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend den Budgetbericht des Bundes 1996 (Vorlage 10 BA);

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1996 und 1997 gemäß § 9 Abs. 2 LWG (III-21 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters sind die Vorlagen: Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Estland andererseits samt Anhängen und Protokollen,

Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Litauen andererseits samt Anhängen und Protokollen und

Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Lettland andererseits samt Anhängen und Protokollen eingelangt.

Im Einvernehmen mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 28 a der Geschäftsordnung vor, von der Zuweisung dieser drei Verträge an einen Ausschuß abzusehen und sie auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu stellen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall; dann werden wir so vorgehen.

Weiters ist die Vorlage: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits samt Anhängen, Protokollen und Erklärungen (77 der Beilagen) eingelangt.

Auch da schlage ich im Einvernehmen mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz vor, von der Zuweisung dieser Vorlage an einen Ausschuß Abstand zu nehmen und sie auf eine der Tagesordnungen der nächsten Sitzungen – wann, werden wir noch fixieren – zu setzen.

Wird dagegen Widerspruch erhoben? – Das ist nicht der Fall; dann werden wir so vorgehen.

Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um den Punkt 2 der heutigen Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung mit Zweitdrittelmehrheit erforderlich, von der 24stündigen Aufliegefrist Abstand zu nehmen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 14

Dabei handelt es sich um den Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 142/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz geändert wird (84 der Beilagen).

Ich stelle das erforderliche Quorum fest und bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diesen Ausschußbericht ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Geschäftsordnungsbeschluß einstimmig gefaßt wurde. Wir werden daher so vorgehen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist weiters vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 4 und 5 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Auch dagegen sehe ich keine Einwendungen. Wir werden daher so vorgehen.

Ankündigung einer dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe dem Hohen Haus bekannt, daß die Abgeordneten Rosenstingl und Genossen das Verlangen gestellt haben, die vor Eingang in die heutige Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 324/J an den Herrn Bundesminister für Finanzen betreffend "Geldvernichtung durch die Flughafen Wien AG" als dringliche Anfrage zu behandeln.

Da dieses Verlangen darauf gerichtet ist, die dringliche Behandlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen, mache ich von dem Recht nach § 93 Abs. 4 der Geschäftsordnung Gebrauch, mit der Verhandlung dieser dringlichen Anfrage um 16 Uhr zu beginnen. – Bitte um Kenntnisnahme.

Redezeitbeschränkungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten zur heutigen Tagesordnung erzielt. Demgemäß soll die Debatte zu Punkt 2 auf zwei "Wiener Stunden" beschränkt werden, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 30 Minuten, ÖVP 28 Minuten, Freiheitliche 26 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 18 Minuten.

In der Debatte zu den Punkten 3, 6 und 7 soll jeweils ein Redner pro Fraktion mit einer Redezeit von 10 Minuten und ein zweiter Redner mit einer Redezeit von 5 Minuten zu Wort kommen.

Die gemeinsame Debatte zu den Punkten 4 und 5 soll auf drei "Wiener Stunden" beschränkt werden. Die sich daraus ergebenden Redezeiten werden ohnehin zu Beginn der Debatte noch einmal bekannt geben.

Die Debatte zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 soll jeweils eine "Wiener Stunde" dauern, also 15, 14, 13, 9 und 9 Minuten, aufgeteilt auf die Fraktionen.

Weiters und schließlich sollen in der Debatte zu den Punkten 10 und 11 jeweils zwei Redner pro Fraktion mit einer Redezeit von jeweils 10 Minuten zu Wort kommen können, wenn dies gewünscht werden sollte.

Dieser Vorschlag ist von der Präsidialkonferenz erarbeitet worden. Ich lege ihn dem Hohen Haus vor und lasse darüber abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Danke, das ist so beschlossen, und wir werden so vorgehen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 15

1. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 1996 und 1997 samt Anlagen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der 1. Punkt der Tagesordnung ist die Erklärung des Herrn Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für 1996 und 1997 samt Anlagen.

Ich darf dem Herrn Bundesminister für Finanzen das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundesminister.

11.13

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Budgetrede ist der Auftakt für mehrere Wochen intensiver, gemeinsamer Arbeit an einem außergewöhnlichen, für unser Land aber notwendigen Vorhaben: Es sind zwei Bundeshaushalte, ein Finanzausgleich für vier Jahre, Hunderte Budgetbegleitgesetze und einige bedeutende Strukturgesetze zu beraten und zu beschließen.

Dies alles dient nur einem Ziel, meine sehr geehrten Damen und Herren, dem Ziel, nachhaltig

den Wirtschaftsstandort Österreich und damit die hohe Beschäftigung;

die Kreditwürdigkeit Österreichs auf den internationalen Kapitalmärkten;

günstige Zinssätze für Investitionen des Staates, für die Wirtschaft und für die Konsumenten;

den starken Schilling;

den Haushaltsspielraum für öffentliche Leistungen in künftigen Budgets;

die Glaubwürdigkeit der Politik und

den sozialen Frieden und die Stabilität

in Österreich zu sichern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Ziel kann nur durch Mitwirkung aller Bürgerinnen und Bürger, aller Gebietskörperschaften – des Bundes, der Länder und Gemeinden –, der gesetzgebenden Körperschaften und der Sozialpartner erreicht werden. (Abg. Wabl: Und der Hochschulen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden dieses Ziel gemeinsam erreichen. Wir müssen es, trotz mancher Schwierigkeiten, auch erreichen, weil es dazu keine realistische Alternative gibt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Als ersten Schritt legt die Bundesregierung als Teil eines Gesamtkonzeptes, begleitet von zahlreichen Maßnahmen zur Sicherung und Schaffung von Beschäftigung, nun ein Konsolidierungsprogramm vor, ein Konsolidierungsprogramm, das naturgemäß einen Kompromiß unterschiedlicher Interessen darstellt, das aber nur zustande kommen konnte, weil die beiden Regierungsparteien, die Sozialpartner und die Gebietskörperschaften konstruktiv und entschlossen zusammengewirkt haben.

Deren Vertretern gilt daher mein besonderer Dank, insbesondere aber jenen, die in diesem Vierer-Team mitgewirkt haben, also Wirtschaftsminister Johannes Ditz, Landesstatthalter Herbert Sausgruber und Landeshauptmann Karl Stix. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! In gleicher Weise möchte ich nicht nur aus Tradition, sondern aus persönlichem Erleben in den letzten Wochen den Experten und Beamten des Bundesministeriums für Finanzen und der anderen Ministerien für ihren im wahrsten Sinne des Wortes unermüdlichen Arbeitseinsatz danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 16

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß wir die Art, wie dieses Programm entstanden ist, die konstruktive und entschlossene Zusammenarbeit auch in den Beratungen des Hohen Hauses fortsetzen können. (Abg. Wabl: Mit den Universitäten!) Nur so wird es möglich sein – ohne das Konsolidierungsziel zu gefährden –, die eine oder andere Verbesserung zu erzielen und das gesamte Reformwerk bis Ende April zu verabschieden. Rasches Handeln ist erforderlich.

Natürlich sind wir zu Recht stolz auf die Leistungen der Österreicherinnen und Österreicher in den vergangenen Jahrzehnten. Österreich ist heute das drittreichste Land der Europäischen Union. Nach Luxemburg haben wir die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union. Seit Jahren verleihen die internationalen Rating-Agenturen Österreich die beste Bonitätsstufe, das Triple A. Trotz der effektiven Schillingaufwertungen hat Österreich 1995 seine Export-Marktanteile um 3 Prozent erhöhen können. Nicht zuletzt konnte Österreich in den letzten beiden Jahren seine Marktanteile an ausländischen Direktinvestitionen erhöhen und weist die höchste Sparquote in der Europäischen Union auf. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit wir unter den Besten bleiben und um künftige Fehlentwicklungen und tatsächliche Notprogramme zu vermeiden, müssen nun dennoch rasch Reformen gesetzt werden.

In den Jahren 1992 bis 1995 wurde durch eine Reihe von Entwicklungen der Staatshaushalt beträchtlich belastet, Entwicklungen wie Maßnahmen zur Bekämpfung der Rezession, Ausweitung des Personalaufwandes, Expansion der Transferleistungen, Einmalausfälle durch die Steuerreform, Zahlungen an die EU, wobei Rückflüsse überwiegend dem privaten Sektor direkt zugute kommen, und auch außergewöhnliche Belastungen wie Ausgleichszahlungen für die vom EU-Beitritt betroffenen Wirtschaftssektoren haben das Defizit des Staatshaushaltes von 66 Milliarden Schilling im Jahr 1992 auf etwa 118 Milliarden Schilling 1995 verschlechtert.

Eine Fortführung dieser Entwicklung hätte den finanz- und wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum verringert und zu einer unfinanzierbaren Budgetbelastung geführt.

Wir wollen aber auch – und auch das sei klar gesagt – an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmen. Ein Zurückbleiben hätte negative Auswirkungen auf die Währungspolitik, negative Auswirkungen auf wesentliche Standortvorteile, wie zum Beispiel die stabile Währung und die im europäischen Vergleich niedrigen Zinssätze. Höhere Zinsaufwendungen aber hätten nicht nur negative Folgen fürs Budget, sondern auch für die Wirtschaftsentwicklung und die Arbeitsplätze.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wußte auch schon der legendäre Staatssekretär Seidel, demzufolge der Staat kein höheres Nettodefizit als 2,5 Prozentpunkte des BIP haben sollte.

Wir machen nun dieses Konsolidierungsprogramm aber nicht wegen irgendwelcher abstrakter Maastricht-Kriterien. Wir werden zugunsten der Qualität und Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich, wir werden zugunsten einer langfristigen Sicherung der Arbeitsplätze entschlossen gegensteuern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aus diesem Grund – und nur aus diesem Grund – haben wir uns das fiskalpolitische Ziel gesetzt, 1997 das Nettodefizit des Bundes auf 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu reduzieren. Wir legen Ihnen daher – eine durchaus außergewöhnliche Situation – heute zwei Bundesvoranschläge vor.

Der Bundesvoranschlag 1996 sieht Einnahmen von 656 Milliarden Schilling und Ausgaben von 746,6 Milliarden Schilling vor. Der Abgang im Budget 1996 wird demnach 90,6 Milliarden Schilling betragen, das sind etwa 3,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Der Bundesvoranschlag 1997, der, wie bereits erwähnt, gleichfalls vorgelegt wird, sieht Einnahmen von 672,8 Milliarden Schilling und Ausgaben von 740,7 Milliarden Schilling vor. Der Abgang 1997 wird mit 67,9 Milliarden Schilling prognostiziert, das sind etwa 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 17

Um dieses Ziel zu erreichen, sind Maßnahmen im Verhältnis von zwei Drittel Einsparungen auf der Ausgabenseite und einem Drittel auf der Einnahmenseite vorgesehen.

Die ausgabenseitigen Einsparungen betreffen vor allem Maßnahmen für eine effizientere und sparsamere Verwaltung und auch für die Straffung der Transferleistungen des Staates. Auf der Einnahmenseite stehen das Schließen von Steuerlücken, die Streichung von Ausnahmebestimmungen und nicht mehr zeitgemäßen Steuersubventionen sowie die Einbeziehung von Gas und Strom in die Energiebesteuerung im Vordergrund.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung legt dem Hohen Haus aber insgesamt ein konstruktives, mit nachhaltigen und langfristigen Wirkungen versehenes Programm vor. Das ist kein Paket des "Kaputtsparens", sondern es ist ein Programm, das vernünftiges Eindämmen des Ausgabenwachstums im konsumptiven Bereich mit Investitionen verbindet, es ist ein Programm, das die Zukunft unserer Zweiten Republik sichert. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Aus diesem Grund müssen wir dieses Konsolidierungsprogramm auch konsequent umsetzen – nicht stur, aber konsequent. Das heißt, daß in einzelnen Teilbereichen zwar das Einsparungsziel beibehalten werden muß, daß aber Gesprächsbereitschaft über die Methode besteht.

Aus der Sicht einzelner Interessen mögen einige Maßnahmen als unzumutbare Einschränkungen empfunden werden. Ich verstehe auch die Sorgen, Bedenken und kritischen Einwendungen einzelner Bevölkerungsgruppen. Insgesamt aber – das zeigen uns alle Umfragen – gibt es jedoch großes Verständnis der österreichischen Bevölkerung und – bei aller punktuellen Kritik – eine breite Akzeptanz dieses Maßnahmenpaketes.

Ein Grund dafür liegt wohl darin, daß die Konsolidierung ausgewogen erfolgt, daß die Bezieher höherer Einkommen mehr als jene niedriger Einkommen beitragen und daß alle Einkommensarten und Bevölkerungsgruppen ihren Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein zweiter Grund – und darauf können wir stolz sein – liegt sicherlich auch in der politischen Kultur Österreichs. Sie war und ist unverrückbar eine Kultur der sozialen Gemeinsamkeit, des sozialen Friedens und der politischen Stabilität. Diese soziale Gemeinsamkeit kennt keine trennenden Gräben zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, zwischen Jung und Alt, zwischen Arm und Reich. Und so soll es auch bleiben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Unser Land beweist mit diesem Programm, daß vernünftige politische Ziele in gemeinsamer Arbeit und Anstrengung umgesetzt werden können. Das vorliegende Maßnahmenpaket legt den Grundstein für einen ausgewogenen Weg zwischen Ausgabenkürzungen, Steuermaßnahmen und Investitionen. Ich möchte daher auch die Kritiker ganz bewußt einladen, diesen Weg in eine gute Zukunft Österreichs solidarisch mitzugehen.

Es sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, tatsächlich beide Schienen dieses Geleises in die Zukunft erforderlich: die Schiene der Konsolidierung und die Schiene der Beschäftigungsoffensive, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind schwierig.

Gegen Ende 1995 hat sich in Österreich – wie in ganz Europa – der Konjunkturaufschwung vorzeitig abgeschwächt. Das Wirtschaftswachstum in den meisten Ländern fällt daher heuer niedriger aus als erhofft, aber es bleibt ein Wachstum.

Ein Grund für diese Wachstumsabschwächung sind unter anderem die Währungsturbulenzen zu Anfang 1995. Diese brachten besonders für Hartwährungsländer kurzfristig Wettbewerbsnachteile im Export mit sich. Die gleichzeitig in den meisten europäischen Ländern stattfindende Budgetkonsolidierung trägt auch zu einer Konjunkturdämpfung bei.

Außerhalb Europas sieht die Lage besser aus. In den USA setzt sich ein mäßiger Konjunkturaufschwung weiter fort, Japan dürfte sich langsam aus seiner vierjährigen Rezession erholen,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 18

und in den Wachstumszonen Südostasiens und Lateinamerikas werden monatlich neue Wachstumsrekorde gemeldet.

Aber auch in Europa bestünde durchaus Grund zu Optimismus. Dieser Wirtschaftspessimismus, der einzieht, ist sicherlich eines der psychologischen Probleme, gegen die wir anzukämpfen haben. Denn die grundlegenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind nicht schlecht: Die Inflationsraten sind – historisch gesehen – überaus niedrig, die Nominalzinsen sind gesunken und nunmehr niedrig wie schon lange nicht mehr. Die Entschlossenheit zur Budgetkonsolidierung stärkt das Vertrauen der Finanzmärkte, es sollte auch das Vertrauen von Konsumenten und Investoren stärken.

Es ist aber – und da hat sich Österreich mit seinen Initiativen in den letzten Wochen und Monaten besonders engagiert – parallel zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte mit engagierten Beschäftigungsprogrammen dem europäischen Problem der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken.

Es ist allgemein bekannt, daß Konsolidierung kurzfristig auch Wachstumsverluste mit sich bringt. Mittel- und langfristig kann aber nur der Konsolidierungskurs die Zinslast für die Staatsschulden verringern und Spielraum für eine aktive Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik schaffen. Es besteht kein Zweifel, daß das durch die Währungsunion noch stärker vereinte Europa nach dieser kurzen Durststrecke seine Position als einer der wichtigsten Akteure im globalen Wirtschaftsgeschehen verstärken wird. Vor allem stabile Rahmenbedingungen im außenwirtschaftlichen Bereich begünstigen kleine, exportabhängige Volkswirtschaften wie die Österreichs.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt sind die Aussichten auf die kommenden Jahre nicht so schlecht, wie sie oftmals gesehen werden. Objektiv gesehen besteht überhaupt kein Anlaß, unsere Wirtschaft zu Tode zu jammern.

Sowohl die OECD als auch die EU gehen davon aus, daß die derzeit herrschende Konjunkturpause bald vorüber ist. Der gesamte OECD-Raum rechnet 1996 und 1997 mit einem Wachstum von jeweils 2,3 Prozent. Innerhalb der Europäischen Union wird für diesen Zeitraum ein Wachstum von jeweils knapp unter 2 Prozent prognostiziert.

Die österreichische Wirtschaft wird in den nächsten zwei Jahren weniger rasch wachsen als in den letzten beiden. Die reale Wirtschaftsleistung soll nach den Dezember-Prognosen heuer um 1,6 Prozentpunkte und nächstes Jahr um 1,2 Prozentpunkte zunehmen. Vergessen Sie aber nicht, daß die Wirtschaftsforscher dabei von einem relativ kräftigen Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen und der Exporte ausgehen. Nach diesen Prognosen wird das Bruttoinlandsprodukt 1996 nominell voraussichtlich rund 2 449 Milliarden Schilling und 1997 rund 2 517 Milliarden Schilling betragen.

Ich weiß schon, daß diese Zahlen kein Anlaß zum Jubeln sind, aber sehen Sie bitte doch auch die Relationen: Selbst eine Reduktion der Wachstumsprognose um 0,3 Prozentpunkte hätte nur geringfügige Auswirkungen, geschätzt 0,06 Prozentpunkte, auf die Defizitquote.

Selbstverständlich – das ist für den Vollzug von besonderer Bedeutung – haben wir für diesen Fall vorgesorgt. So sind zum Beispiel Privatisierungserlöse bisher nur im Budget 1996 enthalten – und da nur in dem bescheidenen Ausmaß von 4,7 Milliarden Schilling. Jeder von Ihnen hat die Diskussion über allfällige Veräußerungserlöse von Creditanstalt, Bank Austria, ATW, Salinen AG, Staatsdruckerei und ähnliches verfolgt, sodaß er weiß, was wir tatsächlich erwarten können. Diese Mehreinnahmen verschaffen uns zusätzlichen Handlungsspielraum.

1996 werden sowohl die Netto-Masseneinkommen als auch die verfügbaren persönlichen Einkommen leider nur schwach zunehmen. Aufgrund des zu erwartenden Rückganges der Sparquote ergibt sich daraus für den privaten Konsum noch immer ein reales Wachstum von 1,5 Prozent für 1996 und 1 Prozent im Jahr 1997.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 19

Die Warenexporte sollen 1996 und 1997 nominell jeweils um 7,1 Prozent zunehmen, real wird die Zuwachsrate jeweils 6 Prozent betragen. Die Warenimporte werden weniger rasch, 1996 und 1997 nominell um jeweils 4 Prozent, zunehmen.

Das hat natürlich positive Auswirkungen auf die Leistungsbilanz. Für die Leistungsbilanz ergibt sich für 1996 ein Defizit von etwa 35 Milliarden Schilling, das entspricht in etwa 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, und für 1997 nur mehr ein Defizit von etwa 20 Milliarden Schilling oder 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Arbeitslosenquote wird für 1996 vorsichtig mit 4,7 und für 1997 mit 5,5 Prozent angenommen. Der Anstieg der Verbraucherpreise wird für 1996 mit 2,2 Prozent und für 1997 mit 1,9 Prozent angegeben.

Hohes Haus! Die Bundesregierung legt Ihnen nun mit den Entwürfen zu den Bundesfinanzgesetzen gleichzeitig Maßnahmen vor, die bei den Betroffenen – und das sind mit Sicherheit wir alle – natürlich nicht immer auf Freude stoßen.

Ich möchte daher noch einmal vor Augen führen, daß diese individuellen Anpassungen bei weitem das geringere Übel sind, als würden wir diesen entschiedenen Schritt nicht setzen.

Wir haben in den letzten Jahren miterfahren müssen, wie schnell steigende Defizite die Staatsschuld erhöhen. So haben sich allein die Schulden des Bundes seit 1992 um mehr als ein Drittel erhöht. Ohne Gegenmaßnahmen würden sie sich in den nächsten vier Jahren um weitere 50 Prozent erhöhen, und die gesamte Staatsschuld würde nur wenig unter dem Bruttoinlandsprodukt bleiben.

Bei gleichbleibendem Zinssatz würde die Belastung des Bundeshaushaltes durch Zinszahlungen von derzeit knapp 80 Milliarden Schilling auf über 110 Milliarden Schilling steigen. Das wiederum würde entweder das Defizitwachstum noch deutlich beschleunigen, oder es müßten – in weitaus stärkerem Ausmaß als heute – Maßnahmen zur Senkung des Defizits ergriffen werden.

Kritiker dieses Paketes haben auch eingewendet, daß es die Beschäftigung reduziere. Das würde stimmen, gäbe es keine Begleitmaßnahmen. Das vorgelegte Programm enthält jedoch eine Anzahl beschäftigungsoffensiver Maßnahmen, auf die ich später noch im Detail eingehen werde. Die Konsolidierung wird mit dem Ziel geringster volkswirtschaftlicher Kosten erzielt, sodaß in Summe – inklusive beschäftigungsoffensiver Maßnahmen – die Strukturmaßnahmen sogar positiv ausfallen könnten.

Aber eines ist klar, und auch das möchte ich in aller Offenheit unterstreichen: Eine Defizitpolitik ist bei den integrierten und offenen Märkten kein effizientes Instrument mehr, Beschäftigung zu schaffen. Wie die sehr hohe Sparquote der privaten Haushalte in Österreich belegt, wird offensichtlich zumindest ein Teil der Transferleistungen des Bundes gespart. Dieses Geld sichert also keine Beschäftigung. Das gestiegene Leistungsbilanzdefizit, das wir in den letzten Jahren beobachten mußten, ist zum Teil darauf zurückzuführen, zum Teil auf das starke Ansteigen der Zahl an Urlaubsreisen ins Ausland und ähnliches mehr.

Schließlich darf ich noch erwähnen, daß sich hohe Budgetdefizite zumindest mittelfristig in höheren Inflationsraten und nicht in Wachstum niederschlagen. Dies macht weder Investitionsprojekte leichter kalkulierbar, noch unterstützt es die bewährte Einkommenspolitik der Sozialpartner. Daß der "harte Schilling" dann gefährdet wäre, ist auch kein Geheimnis.

Apropos Währung:

Gerade die Hartwährungsländer, die ungünstige Folgen der Währungsturbulenzen der letzten Jahre miterleben mußten, wie wir Österreicher es auch erlebt haben, müßten daran interessiert sein, daß es in Europa möglichst rasch zu einer Währungsunion auf möglichst breiter Basis kommt. Es ist das Ziel der Bundesregierung, daß Österreich von Anfang an an dieser Währungsunion teilnehmen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Die derzeitige Wirtschaftslage in Österreich erfordert eine innovative Wirtschafts- und Finanzpolitik mit Hilfe eines genau abgestimmten Policy-Mix.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 20

Neben der Sanierung der öffentlichen Haushalte sind gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Reihe offensiver Maßnahmen zur mittel- und langfristigen Sicherung der Beschäftigung, des Wirtschaftsstandortes Österreich und zur Absicherung des Wohlfahrtsstaates vorgesehen.

Zum einzelnen:

Im Konsolidierungspaket sind folgende beschäftigungsrelevante Maßnahmen enthalten:

Die Aufstockung der Wohnbauförderung und die Anhebung des Höchstbetrages beim Bausparen setzen zusätzliche Bauinvestitionen von mehr als 2,5 Milliarden Schilling frei.

Die Österreichischen Bundesbahnen werden ermächtigt, in den nächsten fünf Jahren Investitionen im Ausmaß von mehr als 60 Milliarden Schilling beschäftigungswirksam zu tätigen.

Durch forcierten Verkauf von Bundesimmobilien werden 1,3 Milliarden Schilling pro Jahr für eine Bauoffensive frei.

Durch Mauteinnahmen und Road-pricing werden weitere Mittel für den Lückenschluß im hochrangigen Straßennetz zur Verfügung stehen.

Schlußendlich wird die Erhöhung des Investitionsfreibetrages ein geschätztes Investitionsvolumen von einer weiteren Milliarde Schilling jährlich aktivieren.

Eine Studie der Sozialpartner zeigt, daß durch diese Maßnahmen rund 30 000 Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen werden können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie werden sehen, daß das Budget sehr sorgfältig, behutsam und mit der nötigen Vorsicht gemacht ist. – Und daher sind auch die 30 000 und nicht 300 000 Arbeitsplätze enthalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer der Schwerpunkte der Investitionsoffensive ist natürlich der Infrastrukturausbau. Eine moderne Infrastruktur gilt als unverzichtbarer Bestandteil einer leistungsfähigen Volkswirtschaft. Dabei geht es sowohl um den Ausbau im Bereich des regionalen Nahverkehrs als auch um den Lückenschluß im Autobahnnetz und den Ausbau der europäischen Schienennetze.

Neue Finanzierungsmodelle, die unter dem Stichwort "Private Public Partnerships" zusammengefaßt werden, sollen budgetschonend den hohen Finanzierungsbedarf für diese Vorhaben langfristig sichern.

Eine Exportoffensive wird vor allem die Exportchancen der österreichischen Klein- und Mittelbetriebe verbessern. Gerade diese Unternehmen weisen die höchste Wachstums- und Beschäftigungsdynamik auf. Für diese Betriebe soll durch neue Modelle der Zugang zu Risikokapital erleichtert werden. Die Offensive konzentriert sich auf die stark wachsenden Märkte in Übersee, aber auch auf konkrete Regionalinitiativen in den mittel- und osteuropäischen Märkten. Österreichs Position in den angrenzenden Ländern wird damit nicht nur abgesichert, sondern nachhaltig verbessert.

Das Ziel der Schaffung neuer Arbeitsplätze zieht sich wie ein roter Faden durch das Konsolidierungsprogramm. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik wird die Qualifikation der Beschäftigten, insbesondere die der Facharbeiter, noch weiter heben und damit die Standortqualität Österreichs weiter verbessern. Selbstverständlich wird die besondere Situation von Frauen im Berufsleben verstärkt Berücksichtigung finden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Das ist ein Hohn!)

Die Zukunft des Standortes Österreich hängt wesentlich von Erfolgen in Forschung und Entwicklung ab. Die Forschungsförderung wird ausgebaut und effizienter eingesetzt. Eine verstärkte Partnerschaft zwischen Wissenschaft und Wirtschaft schafft geeignete Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte. Dazu trägt auch die Teilnahme Österreichs an den Forschungsprogrammen der EU bei.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 21

Im Zentrum einer modernen Forschungs- und Entwicklungspolitik steht heute die Technologiepolitik. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie sind ja der Münchhausen!) Sie ist in den hochindustrialisierten Ländern zur modernen Form der Wachstumspolitik geworden. Der Ausbau Österreichs als Hochtechnologie-Standort wird durch Intensivierung der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung vorangetrieben. Die Mittel dafür kommen aus Privatisierungserlösen. Das Volumen des Innovations- und Technologiefonds wird daher kräftig aufgestockt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Mit den neuen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für den Telekommunikationsbereich – Beseitigung von Monopolen – schaffen wir zudem die Voraussetzungen für positive Entwicklungen in dieser dynamischen Wachstumsbranche. Aber auch mit der Ausgliederung der Österreichischen Post aus der Bundesverwaltung wird dieses Flaggschiff der österreichischen Telekommunikation für den Wettbewerb im liberalisierten europäischen Umfeld gestärkt. Die budgetäre Verträglichkeit dieser Ausgliederung ist durch eine Reihe von Maßnahmen sichergestellt.

Bis zur vollständigen Liberalisierung 1998 wird die Post Konzessionsabgaben für den Monopolbereich von rund 10 Milliarden Schilling an den Bund leisten. Dazu kommen insgesamt netto etwa 7,5 Milliarden Schilling an GSM-Lizenzeinnahmen. Damit, meine Damen und Herren, sichern wir nicht nur die rund 50 000 Arbeitsplätze bei der Post, sondern schaffen auch die Grundlage für neue Beschäftigung im High-Tech-Bereich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mit Barwertzusicherungen für den Siedlungswasserwirtschaftsfonds in Höhe von 3,9 Milliarden Schilling lösen wir nicht nur Investitionen von rund 11 Milliarden Schilling aus: Wir sichern damit auch die hohe Wasserqualität in Österreich. Zusätzliche Impulse für die Umwelt werden mit der Novelle zum Umweltförderungsgesetz gegeben, die 1996 Förderungen in der Höhe von insgesamt 1 Milliarde Schilling sicherstellt. Im umweltpolitisch bedeutenden Bereich der Altlastensanierung werden durch Strukturreformen zusätzliche Vorhaben im Ausmaß von rund 1 Milliarde Schilling in Angriff genommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Insgesamt stellt die Bundesregierung damit sicher, daß wir trotz der ambitionierten Wirtschaftsinitiativen mit den natürlichen Ressourcen unseres Landes verantwortungsbewußt umgehen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wo?) Wachstum und Umwelt sind für uns kein Gegensatz. Österreich wird weiterhin die ökologische Vorreiterrolle in Europa einnehmen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ein zweiter Schwerpunkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die für den Lebensstandard der österreichischen Bevölkerung so notwendige Absicherung des Wohlfahrtsstaates. Es werden verstärkte Anstrengungen gegen den Mißbrauch des Sozialnetzes gesetzt, durch Adjustierung bei einigen Maßnahmen und durch zeitgemäße Effizienzsteigerungen bei den Trägerorganisationen. Dazu zählen die überfällige Neuordnung der Krankenhausfinanzierung ebenso wie die langfristige Absicherung des Pensionssystems. Und es wird, sehr geehrte Damen und Herren, trotz der notwendigen Anpassungen der soziale Standard in Österreich in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre höher sein als zu Beginn dieser Dekade. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nach diesem Überblick über die politischen Ziele, Hintergründe und Zukunftsaspekte des Konsolidierungsprogrammes möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Ausgabenseite lenken. Zwei Drittel des Konsolidierungsvolumens werden ja durch Einsparungen erreicht. Es werden aber auch – und das ist von besonderer Bedeutung – nachhaltig Strukturen verändert, die ihre volle Einsparungswirkung erst in einigen Jahren – in den Jahren 1998, 1999, 2000 und mehr – tatsächlich erreichen werden.

Dazu zählen zum Beispiel Maßnahmen wie Förderung der Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer, die schrittweise Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters an die unverändert gegebenen gesetzlichen Grenzen, Maßnahmen für eine effiziente und schlanke Verwaltung mit schrittweisem Übergang auch zu privatrechtlichen Organisationsformen – Contracting out,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 22

Outsourcing sind Überlegungen, die sehr kritisch angestellt werden müssen – zur Vermeidung mißbräuchlicher und zweckentfremdeter Inanspruchnahme von Leistungen, bessere Wiedereinstiegshilfen in den Beruf ebenso wie die Überprüfung von Transferleistungen auf Effizienz und Anreizwirkungen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie die Gesetze im Detail beraten, werden Sie feststellen, wie nachhaltig wir damit veraltete Strukturen aufbrechen und jetzt die Basis für langfristig wirksame Reformen legen. Wir schaffen damit die Voraussetzungen für eine nachhaltige Entlastung der Budgets der Zukunft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf den öffentlichen Dienst entfällt ein Einsparungsvolumen gegenüber den Prognosen von insgesamt 16 Milliarden Schilling. Zur Erreichung dieses Zieles wurden sowohl bei den Aktivbezügen als auch im Pensionsrecht Maßnahmen für zukünftige Pensionisten gesetzt.

Die Personalausgaben im öffentlichen Dienst werden bis 1997 nicht wesentlich gesteigert, sondern auf dem Niveau des Budgetvollzuges 1995 stabilisiert. Dazu werden legistische Maßnahmen im Rahmen der Dienstrechtsgesetze, restriktive Maßnahmen im Stellenplan und auch im Budgetvollzug gesetzt. Die Gehaltsrunde für den öffentlichen Dienst ist mit Einmalzahlungen von 2 700 S zum 1. April 1996 und von 3 600 S zum 1. Februar 1997 äußerst moderat ausgefallen und belastet die Folgejahre nicht nachhaltig. Die Kosten dafür betragen für das Jahr 1996 insgesamt 844 Millionen Schilling und für das Folgejahr 1 500 Millionen Schilling.

Im Stellenplan 1995 standen insgesamt 249 822 Planstellen zur Verfügung. Demgegenüber weist der Stellenplan 1996 nur mehr 234 066 Planstellen aus. Die Differenz ergibt sich aus der Einsparung von über 5 200 Planstellen und aus der Ausgliederung der Post- und Telegraphenverwaltung. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Was heißt das netto?)

Der Stellenplan 1997 weist 230 049 Planstellen auf. Die Differenz gegenüber dem Stellenplan 1996 ergibt sich aus der Einsparung von netto weiteren rund 4 000 Planstellen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Was heißt Planstellen? Effektivstellen sind interessant!) Im Rahmen einer begleitenden Kontrolle werden weitere Einsparungsmöglichkeiten untersucht.

Was uns aber wesentlich war, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das möchte ich hier mit Nachdruck betonen –: Zusätzliche Planstellen für Behinderte und ältere Arbeitslose sind von diesen Maßnahmen selbstverständlich ausgenommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ein Teil der Konsolidierungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst entfällt auf den Schul- und Hochschulbereich. Auch da muß der kontinuierliche Kostenanstieg eingedämmt werden. Im Schulbereich sind dazu die Reduktion der Stundentafeln, die Änderung der Abgeltung für Abendschullehrer, die verstärkte Verlagerung der Lehrerfortbildung in die unterrichtsfreie Zeit und die Umschichtung der Mehrdienstleistungen auf junge Lehrer vorgesehen.

Der freie Zugang zu Schulen und Hochschulen bleibt erhalten. Es gibt keine Studiengebühren, keinen Numerus Clausus. Auch für Investitionen an den Hochschulen stehen ausreichend und mehr Mittel zur Verfügung. Bei den Einsparungen im Bereich des Personalaufwandes besteht bei Wahrung des Sparzieles ausreichende Flexibilität für weiterführende Verhandlungen.

Und weil, meine sehr geehrten Damen und Herren, alle ihren Beitrag leisten, haben wir für Politiker weitere Nullohnrunden vereinbart. In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, daß die Parteienförderung beträchtlich reduziert wird. – Wo bleibt der Applaus? (Allgemeine Heiterkeit.)

Generelles Ziel im Bereich des öffentlichen Dienstes ist die Annäherung des faktischen Pensionsantrittsalters an das gesetzliche Pensionsalter. Rund zwei Drittel der im letzten Jahr im öffentlichen Dienst in Pension Gegangenen hatten das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet. Das Pensionsantrittsalter ist in den einzelnen Bereichen des öffentlichen Dienstes verschieden hoch, liegt im Durchschnitt aber bei nur etwa 56 Jahren. Die daraus erwachsenden Kosten sind auf Dauer nicht finanzierbar.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 23

Um die Zahl der Frühpensionierungen zu senken, muß ein erhöhter Anreiz zum möglichst langen Verbleib im Dienst gegeben werden. Wie bei den ASVG-Pensionen wird künftig auch bei den Beamtenpensionen ein früheres Ausscheiden die Pensionshöhe beeinflussen. Die Ruhegenußbemessungsgrundlage wird daher für jedes volle Jahr zwischen Pensionsantritt und Vollendung des 60. Lebensjahres um 2 Prozentpunkte gesenkt.

Diese bedeutende Strukturreform im Beamtenpensionsrecht wird erst in den Folgejahren nachhaltig budgetwirksam. Schon 1996 wird sich aber daraus ein relativ kleines Einsparungsvolumen von etwa 600 Millionen Schilling und 1997 ein Volumen von etwa 900 Millionen Schilling ergeben. In den Folgejahren wird das eine bis mehrere Milliarden Schilling ergeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch Begleitmaßnahmen ist jedoch sichergestellt, daß die angesprochene Reduktion der Ruhegenußbemessungsgrundlage zu keinen übergebührlichen Härten führt. So wird zum Beispiel bei vorzeitiger Pensionierung infolge eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit diese Reduktion nicht wirksam.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Bereich der sozialen Systeme haben wir dafür zu sorgen, daß diese in Österreich langfristig finanzierbar bleiben. Dazu muß die Kostenentwicklung bei den verschiedenen Sozialversicherungspensionen beobachtet und überprüft werden. Auch da ist einem Ansteigen der Frühpensionen entgegenzuwirken.

Wir haben dabei folgende Grundsätze beachtet:

1. die Verstärkung des Versicherungsprinzips,

2. das Beibehalten der gesetzlichen Altersgrenzen für die vorzeitige Alterspension,

3. keine Eingriffe in bestehende Pensionen und

4. überschaubare Übergangsregelungen, die die persönliche Lebensplanung berücksichtigen.

Im wesentlichen sind vier Maßnahmen gesetzt worden:

1. die Vorgabe längerer Versicherungszeiten für den Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension; aus diesem Grund mit einer Einschleifregelung, die insbesondere das Problem in bezug auf Frauen entschärfen sollte,

2. die Reduktion der Pensionsprozente bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Alterspension,

3. der Vorrang der Rehabilitation vor der Zuerkennung einer Berufsunfähigkeits- beziehungsweise Invaliditätspension,

4. der erleichterte Zutritt zu einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit – er wird zwar für Frauen bei 55 Jahren belassen, aber für Männer erst ab Vollendung des 57. Lebensjahres ermöglicht.

Als weitere Maßnahme gegen den vorzeitigen Austritt aus dem Erwerbsleben ist das Auslaufen der allgemeinen Sonderunterstützung in der Arbeitslosenversicherung mit einem Übergangsmodell zu nennen.

Begleitet werden diese Änderungen im Pensions- und Arbeitslosenversicherungsrecht durch wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die sicherstellen, daß ältere Arbeitnehmer länger im Arbeitsprozeß gehalten werden können, aber daß diese Arbeitsplätze, die den jüngeren Arbeitnehmern nun nicht mehr zur Verfügung stehen, durch andere, neu geschaffene Arbeitsplätze für jüngere Arbeitnehmer kompensiert werden.

Neben den Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung wird ein Bonus-Malus-System bei Einstellung beziehungsweise Kündigung von Arbeitnehmern über 50 Jahre zum Tragen kommen. (Abg. Dr. Ofner: Direkt in eine Katastrophe!)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 24

Von großer arbeitsmarktpolitischer Bedeutung ist, daß es zu keiner Kürzung der Arbeitsmarktförderung kommt. Zusammen mit den Fördergeldern aus der Europäischen Union wird es sogar ein Anheben der Mittel für die Arbeitsmarktförderung geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Positive Arbeitsmarkteffekte läßt auch die Einführung der noch im Detail auszuverhandelnden Ruhensbestimmungen erwarten, insbesondere beim Zusammentreffen von Pension und Erwerbstätigkeit, ohne daß davon die Alterspension tangiert wird. Diese sollen gleichermaßen für alle öffentlichen Pensionssysteme gelten. Die Harmonisierung der Pensionssysteme ist ein wesentliches Ziel.

Neben den angeführten Maßnahmen, die ihre volle Wirkung erst in einigen Jahren entfalten werden, waren sozial verträgliche Sofortmaßnahmen notwendig. In Anbetracht des Umstandes, daß die Anpassung der Sozialversicherungspensionen zum 1. Jänner 1996 in Höhe von 2,3 Prozent deutlich über den prognostizierten Inflationsraten lag, halten wir es für vertretbar, daß 1997 keine generelle prozentuelle Anpassung in diesem Bereich erfolgen wird. Bezieher niedriger Einkommen werden Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 900 Millionen Schilling erhalten. Trotzdem ergibt sich aus dieser Maßnahme, meine Damen und Herren, gegenüber der Hochrechnung eine Einsparung in Höhe von 4,6 Milliarden Schilling.

Bei den Pensionen der Bauern und Gewerbetreibenden wurde der Eigenfinanzierungsgrad erhöht. Der Bundeszuschuß zu den Pensionen kann damit um insgesamt 1,3 Milliarden Schilling verringert werden.

Das gesetzliche Pensionsanfallsalter für Alterspensionen einschließlich des Anfallsalters für vorzeitige Alterspensionen bei langer Versicherungsdauer sowie bei Arbeitslosigkeit bleibt mit 55 Jahren bei Frauen und 60 Jahren bei Männern unverändert. Ebenso unverändert bleibt die Pensionshöhe bei der Alterspension, also beim Pensionsantritt mit 60 Lebensjahren für Frauen beziehungsweise mit 65 Lebensjahren für Männer. Das ist eine Unterstützung der Lebensplanung für Frauen und Männer. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wichtig ist, daß auch der Vertrauensschutz gewahrt ist, daß das Pensionsrecht in seinem Kern unangetastet ist. Damit hat die Bundesregierung auch sichergestellt, daß Aktive nicht höher belastet werden und die Lohnnebenkosten nicht steigen.

Die im Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung gesetzten Maßnahmen sollen auch hier konkreten Fehlentwicklungen entgegenwirken. So soll mit einer Verlängerung der Jahresarbeitszeit in Saisonbranchen das bestehende Ungleichgewicht zwischen Beitragsaufkommen und Ausgabenvolumen verringert werden. Hier zählen wir auf die Unterstützung der Sozialpartner, um rasch zu einer entsprechenden Regelung zu kommen.

Einsparungseffekte – und es sind ohne Zweifel Einsparungseffekte – beim Karenzgeld ergibt die Verkürzung der Dauer der Inanspruchnahme durch einen Elternteil auf maximal eineinhalb Jahre. In Summe bleibt es, wie gesagt, bei diesen zwei Jahren; auch der arbeitsrechtliche Schutz bleibt – auch für eine Einzelperson – auf zwei Jahre bestehen. Wir hoffen damit aber auch – ich gebe zu, es ist ein kleiner Anreiz –, daß in Zukunft mehr Väter in die Kinderbetreuung eingebunden werden.

Wichtig erschien es uns aber, daß es zur Wiedereingliederung von Frauen, die nach der Geburt und den ersten Lebensjahren des Kindes zu Hause waren, neue Kinderbetreuungsprogramme und neue Kinderbetreuungsplätze gibt. Der Bund wird mit 600 Millionen Schilling Initiativen unterstützen, sodaß von den Ländern rasch die erforderlichen Kinderbetreuungsplätze auch geschaffen werden können.

Der mißbräuchliche Inanspruchnahme der Arbeitslosenunterstützung, der Schwarzarbeit, aber auch der illegalen Beschäftigung – sowohl auf der Arbeitnehmer- als auch auf der Arbeitgeberseite – werden durch effizientere Kontrollen und durch schärfere Sanktionen entschlossen entgegengetreten.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 25

Die Einsparmaßnahmen im Pflegebereich zielen darauf ab, die Aufwendungen für das Pflegegeld bis 1997 auf dem Niveau von 1995 zu stabilisieren. Durch sozial verträgliche und mit den Pflegebedürftigen-Organisationen auch besprochene und verhandelte Maßnahmen, wie zum Beispiel dem Ruhen des Pflegegeldes bei Krankenhausaufenthalt, wird sichergestellt, daß die Aufwendungen für das Pflegegeld begrenzt werden. Das wird aber in einer sozial ausgewogenen Form erfolgen.

Meine Damen und Herren! Es wird – und darauf können wir stolz sein – trotz dieser Einsparungen die Qualität der sozialen Leistungen in Österreich weiterhin im europäischen Spitzenfeld rangieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Unsere älteren, unsere kranken und unsere pflegebedürftigen Mitbürgerinnen können weiterhin auf unser Verantwortungsbewußtsein vertrauen.

Hohes Haus! Der Familienlastenausgleichsfonds hat in den letzten Jahren hohe Defizite entwickelt. Es muß nun im Interesse der übergeordneten Zielsetzung, familienpolitische Leistungen auf hohem Niveau auch in Zukunft sichern zu können, auch Anpassungen im Bereich der Familienförderung geben. Die Kernleistungen der Familienpolitik sollen jedoch gewahrt bleiben.

Die Treffsicherheit der Transferleistungen soll gesteigert und generelle Kürzungen sollen so weit wie möglich vermieden werden. Beim Wegfall von Leistungen, wie zum Beispiel bei der Geburtenbeihilfe, gibt es Übergangsregelungen. Die Zahlungen, die 1996 und 1997 noch anfallen würden, werden im Jahr 1996 zur Auszahlung kommen – das gilt für Geburten bis zum 31. 12. 1996. Es gibt aber auch Übergangsregelungen für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen; es gibt eine Art Härtefonds, wodurch insbesondere die Absicherung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen gewährleistet wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein besonderes Problem gibt es natürlich im Bereich der Studenten: etwa der Wegfall der Freifahrten für Studenten. Soziale Härtefälle, die auftreten können, werden durch einen Fahrtkostenzuschuß vermieden.

Auch die Bindung der Familienbeihilfe an den Studienerfolg wird und muß zu Einsparungen führen. Hier sind noch Gespräche mit den zuständigen Bundesministern vorgesehen, sodaß bei den Leistungen an die Eltern von Studenten zwar das Sparziel gewahrt bleibt, aber Flexibilität in den Methoden besteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es allerdings das Ziel der politischen Agitation ist, die Umsetzung des Konsolidierungsprogramms zu vereiteln, dann möchte ich hier mit Nachdruck festhalten, daß damit nicht nur unserem Land, sondern auch der Zukunft der Studenten geschadet wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Nach diesem Überblick über die ausgabenseitigen Maßnahmen nun zur Einnahmenseite. Etwa ein Drittel des Konsolidierungsbedarfs des Bundes wird über die Einnahmenseite abgedeckt. "Steuern einheben statt Steuern anheben" war der Grundsatz für die einnahmenseitigen Maßnahmen. Daher konzentrierten sich die Reformen auf das Schließen von Steuerlücken, auf die Streichung von steuerlichen Begünstigungen, auf den Wegfall von Steuersubventionen und steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Um die steuerlichen Vorteile des Standortes Österreich abzusichern, wurden Steuertarife und Steuersätze im wesentlichen nicht angehoben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es werden aber auch auf diesem Gebiet der Steuern zusätzlich expansive Maßnahmen und Anreize für die Wirtschaft gesetzt. Beispiele dafür sind die Erhöhung des Investitionsfreibetrages von 9 auf 12 Prozent für Investitionsgüter mit längerer Lebensdauer, die Verkürzung der Frist für die Übertragung stiller Reserven von drei Jahren auf ein Jahr – damit wird Geld für die Wirtschaft frei –, die Beschleunigung der im Zuge der Steuerreform 1994 geregelten Rücklagenauflösung (Abg. Böhacker: Das ist ja unglaublich!) und die Abschaffung der Mietzinsrücklage mit einer raschen, begünstigten Auflösung der bestehenden Rücklagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie nur einen Moment kalkulieren, dann werden Sie sehen, daß durch diese Maßnahmen zusätzliche Investitionsmittel freigegeben werden. Die


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 26

Höherdotierung der Wohnbauförderung – die durchaus bedeutsame Höherdotierung der Wohnbauförderung! – wird vor allem die Bauwirtschaft ankurbeln. Aufgrund der Anhebung des Höchstbetrages um 20 Prozent ist auch mit zusätzlichen Bausparmitteln zu rechnen. (Abg. Böhacker: Bei gleichzeitiger Kürzung der Prämie!)

Auch bei den einnahmenseitigen Maßnahmen wurde besonders auf soziale Gerechtigkeit geachtet. Die Belastung der verschiedenen sozialen Gruppen ist ausgewogen. Der Beitrag des einzelnen steht in einem gerechten Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Und bei den Steuerreformen wurde darauf geachtet, daß tatsächlich jede Einkommensart erfaßt ist.

Die steuerlichen Maßnahmen werden in Summe zu einer Erhöhung der Nettoeinnahmen des Bundes von mehr als 33 Milliarden Schilling führen, wovon etwa 60 Prozent bereits im Budgetjahr 1996 wirksam werden. Zusätzliche Steuereinnahmen kommen aus der Ausgliederung der Post. Fast ein Viertel dieses Mehraufkommens insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird in Form von Ertragsanteilen den Ländern und Gemeinden zufließen.

Im Bereich der Lohn- und Einkommensteuern gibt es nun folgende konkrete Änderungen: Die Einschleifregelungen beim allgemeinen Absetzbetrag ab Einkommen von 200 000 S und bei der Abzugsfähigkeit der Sonderausgaben ab 500 000 S sowie auch die volle Steuerpflicht für Überstundenzuschläge erst ab der Höchstbeitragsgrundlage sind Maßnahmen, die dem Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit entsprechen.

Sichergestellt haben wir damit, daß Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen einen geringeren Konsolidierungsbeitrag leisten, daß Bezieher höherer Einkommen einen höheren Konsolidierungsbeitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Rahmen des Maßnahmenpaketes konnte auch eine Reihe von Ungereimtheiten und Mißbrauchsmöglichkeiten ausgeräumt werden. So entbehrt es tatsächlich jeder Logik, daß zum Beispiel beim 13. und 14. Monatsbezug die Sozialversicherungsbeiträge, die auf diesen Bezug entfallen, als Werbungskosten beim laufenden Bezug abgesetzt werden. (Abg. Böhacker: Es soll ja eine Begünstigung sein!) Auch die bisherige umsatzsteuerliche Begünstigung von Fiskal-Lkws fällt unter diese Ungereimtheiten.

Bei der Unternehmensbesteuerung sind im Zuge von verschiedenen – an sich vernünftigen – Maßnahmen der letzten Jahre, wie etwa Endbesteuerung, Umgründungssteuerrecht, Stiftungsrecht und so weiter, einige Nischen entstanden, die zu nicht beabsichtigter Steuervermeidung geführt haben. Daher werden etwa die Mehrfachverwertung von Verlusten bei Kapitalgesellschaften, die Ausnützung der teilweisen Steuerfreiheit von Stiftungen auch für Unternehmensgewinne und die Firmenwertabschreibungen beseitigt. In diesem Sinne ist auch die Abschaffung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen folgerichtig.

Ebenso wird die bisherige pauschale 15prozentige Teilwertabschreibung für Auslandsforderungen abgeschafft – aber nicht, wenn es tatsächlich eine Risikobewertung gibt. Aber wenn ein österreichisches Unternehmen an seine deutsche Tochtergesellschaft liefert und dafür als Risikoabschlag 15 Prozent Abschreibemöglichkeit in Anspruch nehmen kann, ist das tatsächlich etwas unverständlich.

Gleichzeitig wird die Steuerfreiheit der Haftrücklagen bei Banken und der Risikorücklagen bei Versicherungen neu geregelt. Auch bei Veräußerungsgewinnbesteuerungen haben wir neue Regelungen vorgesehen: Wir haben die Halbsatzbesteuerung beibehalten für jene Betriebsaufgaben, wo der Unternehmer bereits über 60 ist. Ansonsten, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden Veräußerungsgewinne wie alle anderen Gewinne in Österreich voll zu versteuern sein, allerdings mit der Option einer Aufteilung auf fünf Jahre.

Verlustmodelle, die auf einer Verwertung unechter Verluste beruhen, werden künftig weitgehend ausgeschaltet. Echte Verluste sind selbstverständlich weiterhin ausgleichsfähig. Die Steuerfreiheit der Mietzinsrücklage, die zu einer unverhältnismäßigen Verschiebung der Steuerpflicht auf Mieteinkünfte geführt hat, wird abgeschafft. Die Übertragung stiller Reserven, die in der Vergangenheit häufig über Gebühr ausgenützt wurde, wird insofern eingeschränkt, als sie auf


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 27

Beteiligungen überhaupt nicht mehr und bei Grundstücken nur mehr auf die Anschaffungskosten anderer Grundstücke erfolgen kann. In einigen Bereichen erscheint auch die bisherige zwölfprozentige Pauschalierung der Betriebsausgaben ungerechtfertigt hoch, sie wird daher auf 6 Prozent zurückgenommen.

Um all diese Maßnahmen, die natürlich erst in den Folgejahren wirksam werden, nun für 1996 und 1997 liquiditätsmäßig abzusichern und keine übermäßigen Aufkommensspitzen in den Folgejahren zu erzeugen, werden die Vorauszahlungen an Einkommen- und Körperschaftsteuern erhöht. Neben dieser allgemeinen fünfprozentigen Anhebung wird vor allem durch die Sistierung des Verlustvortrages für die nächsten zwei Jahre – die Verlustvorträge 1989/1990 werden nicht abgeschafft; es wird nur für die Jahre 1996 und 1997 kein Verlustvortrag geltend gemacht werden können – und auch durch die Anhebung des Mindest-KÖSt-Satzes von 15 000 S auf 50 000 S die erforderliche Liquidität erzielt.

Bei der Lohnsteuer wird die Wirksamkeit der Freibetragsbescheide für Sonderausgaben ausgesetzt, für Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen werden unverzüglich neue Freibetragsbescheide erlassen.

Hohes Haus! Eine wichtige Maßnahme ist die Einführung der Energiesteuer auf Gas und Strom. Damit wird – unter Einbeziehung der bereits bestehenden und im Vorjahr angehobenen Mineralölsteuer – eine praktisch umfassende Besteuerung der Energie eingeführt.

Um aber negative Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft weitestgehend auszuschalten, wird die neue Energiesteuer für güterproduzierende Unternehmen mit 0,35 Prozent der Wertschöpfung begrenzt. Es ist, wie wir glauben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dadurch auch zu erwarten, daß es Impulse für eine energiesparende und damit auch umweltfreundliche Herstellung von Raumwärme sowie für energiesparende Produkte geben wird.

Ein Teil des Maßnahmenpaketes betrifft den Kraftfahrzeugbereich. Zum einen wird der Vorsteuerabzug auf echte Lkws, also auf jene, die einen gesonderten Kasten haben, beschränkt, indem die bisherigen sogenannten Fiskal-Lkw abgeschafft werden. Die Normverbrauchsabgabe-Formel soll in Zukunft auf die neue EU-weite Verbrauchsmessung bezogen sein, die Spreizung wird durch Erhöhung des Höchststeuersatzes etwas verstärkt.

Außerdem, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die steuerliche Abschreibungsdauer für Pkws der wirtschaftlichen Nutzungsdauer angepaßt und mit acht Jahren angesetzt, das heißt, daß der Abschreibungssatz mit 12,5 Prozent begrenzt ist.

Dieses Konsolidierungspaket enthält auch eine Erhöhung des Kapitalertragsteuersatzes von 22 Prozent auf 25 Prozent und flankierend dazu – ich halte das für einen sehr wesentlichen Punkt – eine Erhöhung der Versicherungssteuer auf die sogenannten Kurzläufer im Bereich der Lebensversicherungen von 4 auf 11 Prozent. Außerdem wird es zu einer Anhebung der Tabaksteuer und des Zuschlages zur Erbschaftsteuer kommen.

Hohes Haus! Sicherlich führt ein steuerliches Konsolidierungspaket dieses Ausmaßes auch zu Einkommenseinbußen der Bevölkerung. Nichtsdestotrotz besteht – ich habe es schon erwähnt –, wie uns auch Umfragen zeigen, Verständnis für die Notwendigkeit dieser Maßnahmen. Wichtig für deren Akzeptanz ist ohne Zweifel, daß keine Bevölkerungsgruppe ausgenommen wird und daß sich der persönliche Beitrag weitgehend nach der jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit richtet.

Kalkulationen, die vorgelegt wurden – zuletzt aus Tirol kommend – und aufzuzeigen versuchen, daß besonders gut verdienende Gehaltsempfänger in Relation zu ihrem Einkommen weniger beitragen, gehen an der Realität vorbei. Es wird dabei nicht berücksichtigt, daß bei den höchsten Einkommen steuersparende Konstruktionen, wie etwa Verlustbeteiligungen und ähnliches mehr, eine besondere Rolle gespielt haben. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 28

Es ist ein Irrglaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, anzunehmen, daß man hohe Einkommen einfach durch einen höheren Spitzensteuersatz treffen könnte. In vielen Fällen liegt das zu versteuernde Einkommen durch Ausnützung diverser Abschreibungsmöglichkeiten wesentlich unter dem wirtschaftlichen Einkommen. Es sind daher Maßnahmen, die sich auf die Ermittlung der Steuerbasis, auf die Ermittlung des steuerlichen Einkommens beziehen, wie Figura zeigt, wesentlich effizienter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben neben dem Prinzip der sozialen Ausgewogenheit eine Reihe von Reformpunkten verwirklicht, die das österreichische Steuersystem verständlicher, moderner und einfacher administrierbar machen. Zusätzlich – und darauf müssen wir im Sinne unserer Betriebsansiedlungen stolz sein – konnten die attraktiven Steuersätze in Österreich beibehalten werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! Spätestens mit Inkrafttreten der Währungsunion ist eine neue Qualität der Finanz- und Budgetpolitik gefordert. Maßgeblich ist die finanzielle Leistung aller öffentlichen Haushalte. Das heißt, daß eine Kooperation von Bund, Ländern und Gemeinden zur Erreichung der Budgetziele notwendig ist.

Die Haushalte des Bundes, der Länder und der Gemeinden in Österreich werden maßgeblich durch den Finanzausgleich bestimmt. Mit diesem Instrument wird die finanzielle Basis der Länder und Gemeinden gesichert und dem föderalistischen Prinzip der Bundesverfassung Rechnung getragen.

Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung sind daher im Bereich der Haushalte aller drei Gebietskörperschaftsebenen erforderlich. In Anerkennung dieser gemeinsamen Kostenverantwortung haben sich Länder und Gemeinden dazu verpflichtet, einen Defizithöchstwert von 0,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes 1997 nicht zu überschreiten. Es werden, um dieses Ziel zu erreichen, in den Ländern und Gemeinden auch die vom Bund gesetzten personalwirtschaftlichen Maßnahmen in ihrem Bereich umzusetzen sein.

Im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen wurde das Finanzausgleichsgesetz 1993 um ein Jahr bis 1996 verlängert. Wichtig ist allerdings, daß es in diesen Finanzausgleichsverhandlungen möglich war, Einigung darüber zu erzielen, daß wir ein neues Finanzausgleichsgesetz von 1997 bis zum Jahr 2000 vereinbaren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren ! Auf dieser Basis erhält der Bund von den Ländern und Gemeinden zusätzlich zu seinem Anteil laut Finanzausgleich einen Vorwegabzug von 3,75 Milliarden Schilling. Außerdem werden für den Bund Anteile in Höhe von 1,7 Milliarden Schilling reserviert, die vom Mehrertrag laut Finanzausgleich dem Katastrophenfonds und dem FLAF zuzuführen wären.

In der Siedlungswasserwirtschaft, die die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung regelt, wurde das bestehende Förderungsvolumen bis zum Jahr 2000 gesichert. Die jährliche Barwertzusicherung in Höhe von 3,9 Milliarden Schilling löst Investitionen von rund 11 Milliarden Schilling aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Länder erhalten vom Bund zusätzlich aus der Energiesteuer einen Betrag von 828 Millionen Schilling für umweltschonende und energiesparende Maßnahmen. Die Gemeinden erhalten aus diesem Titel 350 Millionen Schilling für die Unterstützung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Außerdem – und das ist ein gewaltiger Brocken! – erhalten die Länder zusätzlich Wohnbauförderungsmittel in Höhe von rund 3 Milliarden Schilling. Den Gemeinden kommt durch die Ausgliederung der Post ein zusätzlicher Ertrag an Kommunalsteuer in Höhe von rund 500 Millionen Schilling zugute.

Die Finanzausgleichspartner haben sich auch darauf geeinigt, das große Problem der Krankenanstaltenfinanzierung innerhalb weniger Wochen zu lösen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Das


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 29

schau’ ich mir an!) Bei einer Einigung in nächster Zeit hat der Bund zusätzliche Mittel dafür vorbereitet.

Zwischen 1997 und 2000 wird der Bund zusätzlich 3 Milliarden Schilling für die Krankenanstaltenfinanzierung zur Lösung des Problems der Gastpatientenfrage, aber auch für die Strukturanpassungen der Kostensituationen in den einzelnen Bundesländern zur Verfügung stellen, wenn folgende Vorgaben erreicht werden:

1. Erstellung eines verbindlichen, österreichweiten Krankenanstaltenplans,

2. Ausbauplan für Ambulanzen,

3. Lösung der Gastpatientenfrage,

4. Einrichtung einer Strukturkommission, die sich auch mit extramuralen Bereichen und den Niedergelassenen befaßt.

Aber eines ist das wesentlichste dabei, daß nämlich die Umstellung auf das Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierungs-System LKF mit einer "Kostendeckelung" eingerechnet wird, sodaß man in Zukunft die Kostenentwicklung im Krankenanstaltenbereich in den Griff bekommen wird.

Die Bundesregierung will mit der Unterstützung der Reform der Krankenanstaltenfinanzierung dazu beitragen, daß die flächendeckende Gesundheitsversorgung auch in Zukunft finanzierbar bleibt und ihr hohes Niveau weiterhin gesichert ist.

Hohes Haus! Für die Erreichung der Konvergenzkriterien zur Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion ist die Gesamtheit der öffentlichen Haushalte ausschlaggebend. Bis 1997 soll das Gesamthöchstdefizit auf 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gesenkt werden. Dieses setzt sich aus 2,7 Prozent Anteil des Bundes und 0,3 Prozent Anteil der Gebietskörperschaften zusammen. Auf Basis der Budgetdaten der Jahre 1996 und 1997 wird nun ein österreichisches Konvergenzprogramm erstellt, das dem Nationalrat und den entsprechenden Gremien der Europäischen Union übermittelt werden wird.

Zur Unterstützung dieses wechselseitigen Abstimmens zur Sicherung der Konvergenzkriterien soll ein Konsultationsmechanismus zwischen den Gebietskörperschaften – Bund, Ländern und Gemeinden – gleichberechtigt eingerichtet werden.

Hohes Haus! Zum Abschluß möchte ich einen kurzen Überblick über einige Budgetkapitel geben, die nicht schon in anderem Zusammenhang erörtert wurden. So werden die Obersten Organe und alle Ressorts zur Konsolidierung beitragen, indem im wesentlichen die Personal- und Sachausgaben für 1996 und 1997 durch engagierte Reorganisationsprogramme auf dem Niveau von 1995 stabilisiert werden.

Für Zuwendungen des Nationalrats an den Nationalfonds der Republik Österreich sind in den Jahren 1996 und 1997 jeweils 200 Millionen Schilling veranschlagt und jeweils 400 Millionen Schilling als Überschreitungsermächtigung im Bundesfinanzgesetz vorgesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was immer wieder vergessen wird: Für multilaterale und bilaterale Entwicklungshilfe ist für die Jahre 1996 und 1997 insgesamt ein Betrag von rund 8 Milliarden Schilling enthalten. Für bilaterale Maßnahmen zur Hilfeleistung an osteuropäische Staaten werden die Budgetansätze der Vorjahre gehalten. Mit einer Überschreitungsermächtigung von 100 Millionen Schilling wird 1996 und 1997 dem österreichischen Beitrag zu den Wiederaufbaumaßnahmen im ehemaligen Jugoslawien Rechnung getragen.

Im Bereich des Innenressorts stellt der Aufbau des Grenzdienstes der Bundesgendarmerie eine neue Herausforderung dar. Die enge Zusammenarbeit mit den Zollbehörden wird den Personalaufwand kostengünstiger halten, als dies ursprünglich vorgesehen war. Entlastend wirkt hier


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 30

auch, daß vorübergehend die Verlängerung des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres an den Staatsgrenzen im Osten vorgesehen ist.

Im Bereich der Ausgaben für die Flüchtlingsbetreuung und Integration sind Einsparungen durch die Friedensentwicklung in Ex-Jugoslawien und auch durch die Rückkehr von Kriegsvertriebenen möglich.

Eine effiziente und rasche Gestaltung der Rechtsprechung wird zu Einsparungen im Personal- und Sachaufwand des Justizressorts führen. Ein Schwerpunkt wird dabei auf den Ausbau der Sicherheitseinrichtungen in Gerichtsgebäuden und Justizanstalten gelegt werden. Der Ausbau der EDV-Ausstattung der Justizverwaltung wird einen effizienteren Gerichtsbetrieb sicherstellen. Die einnahmenseitigen Maßnahmen tragen dem Grundsatz der Kostenwahrheit Rechnung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verteidigungsausgaben für 1996 und 1997 werden im wesentlichen auf dem Niveau des Jahres 1995 stabilisiert. Durch die Umstellung auf das neue System der Militärpersonen auf Zeit – also der Zeitsoldaten – ergeben sich Umschichtungen vom Sachaufwand in den Personalaufwand. Neben den laufenden österreichischen Beteiligungen an internationalen Friedenseinsätzen haben wir auch für den IFOR-Bosnieneinsatz budgetär vorgesorgt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Landwirtschaft hat durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union tatsächlich große Herausforderungen zu bewältigen. In den Budgets für 1996 und 1997 ist gemäß dem Europavertrag für die entsprechende Hilfestellung vorgesorgt. Die Agrarförderungen werden in dem zwischen Bund und Ländern vereinbarten Umfang dotiert, wobei die Ausnützung von EU-Kofinanzierungen sichergestellt werden kann.

Bei den Übergangsmaßnahmen ergeben sich gegenüber dem Budgetvollzug 1995 Einsparungen durch die degressiven Ausgleichszahlungen sowie natürlich durch den Entfall von Restfinanzierungen der früheren österreichischen Agrarmarktordnung. Im Zuge der Verwaltungsreform werden mit Jahresende 1996 auch zwei Bundesanstalten aufgelassen, und die Österreichischen Bundesforste werden so schnell, wie dies sinnvoll möglich ist, aus dem Budget ausgegliedert, wobei allerdings die Frage der Eigentümerfunktion vor allem im Hinblick auf den Grundbesitz sensibel zu prüfen ist, weil es sich dabei um die Sicherung der bedeutendsten Grundwasservorkommen Österreichs handelt, um den Schutzwald für die alpinen Regionen und – nicht zuletzt – um die größten Naturschutzgebiete in unserem Land.

Hohes Haus! Dieses Konsolidierungsprogramm, dieses Konsolidierungspaket entschärft naturgemäß die Ausgabendynamik. Das ist manchmal nicht angenehm. Aber es ist notwendig, meine sehr geehrten Damen und Herren, und es wird von offensiven Maßnahmen begleitet. Es wurde vor kurzem als "ebenso mutig wie unausweichlich und sozial ausgewogen" bezeichnet, sodaß "die Art der Programmerstellung als Vorbild für die internationale Staatengemeinschaft dienen könnte".

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das schönste an dieser Anerkennung ist, daß sie nicht aus den eigenen Reihen kommt, sondern daß sie von der Delegation des Internationalen Währungsfonds, die kürzlich im Rahmen der aktuellen Österreich-Prüfung da war, stammt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie gesagt: Dieses Konsolidierungsprogramm ist notwendig. Tragen Sie dazu bei, daß es auch umgesetzt werden kann. Dann wird ähnliches im heute vorliegenden Ausmaß nicht mehr notwendig sein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Darlegungen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 31

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt ein Antrag die Regierungsvorlage betreffend vor, die Bundesfinanzgesetze für 1996 und 1997, 70 und 71 der Beilagen, samt Anlagen einer ersten Lesung zu unterziehen.

Ich lasse darüber abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag auf Durchführung einer ersten Lesung zustimmen, dies zu bekunden. – Ich stelle fest, daß der Nationalrat einstimmig die Durchführung einer ersten Lesung beschlossen hat. Sie ist für morgen in Aussicht genommen.

2. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 142/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992 geändert wird (84 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun gelangen wir zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 142/A der Abgeordneten Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992 geändert wird (84 der Beilagen).

Abgeordneter Seidinger ist vom Ausschuß zum Berichterstatter gewählt worden. Ich bitte ihn, die Debatte einzuleiten.

Berichterstatter Winfried Seidinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohe Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, den Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 142/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992 geändert wird, vorzutragen.

Es geht im wesentlichen darum, daß das Oberste Gericht entschieden hat, daß das Bundesgesetz zu novellieren ist. Der Verkehrsausschuß hat sich in seiner Sitzung vom 19. März mit dessen Inhalten beschäftigt und nach einer Diskussion von sechs Abgeordneten den erwähnten Antrag mit Mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Bericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Wir haben zu Beginn der heutigen Sitzung eine Blockzeit von zwei Wiener Stunden beschlossen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 30 Minuten, ÖVP 28 Minuten, Freiheitliche 26 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 18 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Rosenstingl. Ich erteile es ihm.

12.34

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es als geradezu typisch bezeichnen, wenn wir heute nach dem ersten Tagesordnungspunkt, der Rede des Finanzministers, ein Thema behandeln, das deutlich zeigt, daß diese Regierungskoalition in Wirklichkeit unfähig ist, ordentliche Gesetze zu beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn sie nämlich dazu fähig wäre, müßten wir uns heute nicht mit dem Bundesbahngesetz beschäftigen, nämlich mit einem Passus, welchen der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat. (Abg. Oberhaidinger: Ihr Beschluß! – Abg. Dr. Kräuter: Sie haben keine Ahnung!)

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, warum wir, nachdem der Verfassungsgerichtshof am 9. März 1995 eine Gesetzesbestimmung mit einer Frist bis 31. März 1996 aufgehoben hat, erst jetzt, Ende März, über diese Aufhebung sprechen. Es wäre Zeit genug gewesen, eine ausgereifte Lösung in diesem Punkt im vergangenen Jahr zu suchen und auch


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 32

zu beschließen. Was aber ist geschehen? – Es ist im vergangenen Jahr überhaupt nichts geschehen! Und nun wird uns ein Husch-Pfusch-Antrag vorgelegt, der beschlossen werden soll. Es ist geradezu ein Unsinn, was einige Kollegen von der Regierungskoalition im Verkehrsausschuß gemeint haben, nämlich daß man diesen Passus nicht abändern konnte, weil man zu sehr mit der Regierungsbildung beschäftigt war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierung hat wirklich lang gebraucht, sich zu bilden und sich dem Parlament zu präsentieren Aber eines muß man dieser Regierung schon zugute halten: Sie hat nämlich nicht von März 1995 bis März 1996 gebraucht; sie hat zwar lange gebraucht, aber nicht so lange. Das bedeutet aber, daß man genügend Zeit gehabt hätte, das im vergangenen Jahr abzuändern.

Wenn Herr Bundesminister Scholten meint, daß halt der Wahlkampf dazwischen gekommen ist, so möchte ich festhalten, daß der Wahlkampf frühestens im Oktober 1995 begonnen hat und nicht schon im März 1995. Daher hätten Sie ab März 1995 diese Regelungen bis zum Sommer beschließen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Vorgangsweise zeigt, daß diese Regierungskoalition, insbesondere der betroffene Bundesminister, also der jetzige Finanzminister und frühere Verkehrsminister Klima, viel redet, aber wenig tut, wenig handelt.

Nun wird etwas eingebracht, was durchaus zu hinterfragen ist. Herr Bundesminister Scholten! Bedauerlicherweise mußte ich im Verkehrsausschuß feststellen, daß Sie relativ uninformiert darüber waren, worum es geht und welche Hintergründe diese Frage hat. Ich bin ganz allgemein der Meinung, daß durch diese Kompetenzveränderung, die nun stattgefunden hat, daß man nämlich das Verkehrsressort und das Wissenschaftsressort zusammengelegt hat – und für mich ist das Verkehrsressort ein sehr wichtiges, umfangreiches Ressort –, daß also durch diese Kompetenzveränderung eine falsche Entwicklung in diesem Ressort eintritt. Ich habe den Eindruck, man hat das aus Parteiinteressen gemacht, und die Verkehrspolitik bleibt dabei auf der Strecke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber warum ist das nun ein Husch-Pfusch-Verfahren? – Es steht weiterhin die Verfassungsmäßigkeit nicht fest. Herr Bundesminister! Sie machen es sich wirklich zu einfach, wenn Sie im Verkehrsausschuß auf die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bestimmung antworten: Ausschließen kann man verfassungsrechtliche Bedenken nie.

Ich meine, Sie hätten Zeit genug gehabt, um mit diesem Passus die verfassungsrechtlichen Bedenken auszuschließen. (Abg. Mag. Kukacka: Es gibt ja keine!) Ich frage mich auch, warum die Sozialisten es so gefeiert haben, daß diese Regelung kommt, insbesondere die im Verkehrsausschuß sitzenden Eisenbahnervertreter, weil es in Wirklichkeit eine Regelung ist, die im Ernstfall zu einem Nachteil für die Eisenbahner führen würde, zu einem Nachteil, der vielleicht ungerechtfertigt ist. Es gibt Vorteile für die Eisenbahner, über die man sprechen kann, aber es gibt Nachteile für die Eisenbahner – und das ist einer –, über die man sprechen sollte. Und da sollte man sich schützend vor die kleinen Eisenbahner stellen, die tagtäglich ihre Arbeit machen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe des Abg. Edler. )

Herr Kollege Edler! Ihnen muß ja bewußt sein, daß hier etwas nur bis zum 31. 12. 1992 abgesichert ist. Wenn aber der Ernstfall zum Beispiel in zehn Jahren eintritt, könnte es sein, daß ein Bediensteter, der zum Beispiel ein Gehalt von 25 000 S durch Kollektivvertragserhöhungen, also durch die gesetzlichen Erhöhungen, hat, dann vielleicht statt 25 000 S nur 15 000 S abgesichert hat, nämlich den Wert, den er seinerzeit gehabt hat.

Ich war sehr verwundert darüber, daß das als Erfolg gefeiert wurde, daß der Bundesminister das im Verkehrsausschuß verteidigt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Spielen Sie sich nicht immer als Eisenbahnervertreter auf, denn in den für die Eisenbahner wichtigen Fragen versagen Sie immer wieder! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 33

Es ist ja auch interessant festzustellen, daß es sich die Regierung richtet, wofür sie zuständig ist und wann sie für etwas zuständig ist! (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Bundesminister Klima hat seinerzeit auf die Frage, wie er zu dem Gehaltsabschluß kommt, gesagt: Ich als Bundesminister bin für den Gehaltsabschluß nicht zuständig, das ist eine Frage zwischen Personalvertretung und Management. (Abg. Mag. Stadler: Wo ist die ganze rote Partie?) Herr Kollege Edler! Sie als Eisenbahner vergessen, daß die für die Infrastruktur zuständigen Bediensteten der Bund zahlen muß. Daher ist der Bundesminister schon zuständig und müßte Interesse daran haben, da der Bund zahlt. Das Interesse muß vorhanden sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Edler! Sie verteidigen das jetzt und sagen: Das ist richtig, natürlich ist er nicht zuständig!, daher frage ich Sie als Eisenbahner: Wieso haben Klima und Ditz nun vereinbart, daß es 1997 eine Nullohnrunde gibt, wenn sie nicht zuständig sind? – Seinerzeit war er für den Lohnabschluß nicht zuständig, nun können aber neben der Personalvertretung und dem Management beide, Klima und Ditz, nicht zuständig sein – Ditz gar nicht, da er ja mit der Eisenbahn überhaupt nichts zu tun hat –; und diese beiden verhandeln jetzt eine Nullohnrunde für 1997. (Zwischenruf des Abg. Edler. )

In der ÖBB-Politik ist diese Regierung, Herr Kollege Edler, nichts anderes als chaotisch! Sie hat keine Zuständigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verkehrsministerium verletzt dauernd das ÖBB-Gesetz – das gehört abgestellt! Immer wieder gibt es Verhandlungen mit Ländern, in denen die Länder aufgefordert werden, zum Betrieb etwas beizutragen. Sie wissen ganz genau, daß laut ÖBB-Gesetz die Länder zum Betrieb nichts beitragen müssen. Im ÖBB-Gesetz steht, daß die Länder unter bestimmten Umständen zur Infrastruktur beitragen müssen. Daher wird auf diese Art das ÖBB-Gesetz verletzt, und es ist notwendig, endlich ein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz einzubringen. (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Es ist geradezu lächerlich, wenn Sie, Herr Bundesminister, im Ausschuß auf die Frage: Was ist mit dem Nahverkehrsfinanzierungsgesetz? wortwörtlich sagen: "Die Arbeiten am Nahverkehrsfinanzierungsgesetz gehen ungebrochen weiter!" – Diese Arbeiten werden schon seit vielen Jahren ungebrochen durchgeführt – es liegt aber nichts vor, Sie können keinen Termin dafür nennen, wann das Gesetz hier vorgelegt werden wird, wann es zur Begutachtung ausgesandt werden wird. Sie sagen nur: Die Arbeiten gehen ungebrochen weiter! – Diese Arbeiten dauern schon viel zu lange, und durch Ihre Unfähigkeit leiden die Betroffenen – das sind die Leute, die im Nahverkehr Verbindungen brauchen, die Leute, die Bahn- und Busverbindungen und so weiter brauchen.

Herr Bundesminister! Aufgrund Ihrer Äußerung ist zu befürchten, daß dieses Nahverkehrsfinanzierungsgesetz auch in dieser Legislaturperiode nicht vorgelegt werden wird.

Es ist festzustellen: Offensichtlich ist das ÖBB-Gesetz schlecht, sonst würde der Verfassungsgerichtshof nicht Teile davon aufheben, sonst würde der Verkehrsminister selbst nicht laufend das ÖBB-Gesetz verletzen. (Abg. Parnigoni: Vier Wörter werden aufgehoben!)

Es ist weiters festzustellen, daß die Ausgliederung der Bundesbahnen den Zuschußbedarf erhöht statt vermindert hat, daß die Budgetbelastungen größer als je zuvor sind, daß Privatinitiativen durch die Österreichischen Bundesbahnen und durch dieses Gesetz unterbunden werden, daß es dadurch zu keiner Budgetentlastung kommt, daß das ÖBB-Gesetz novellierungsbedürftig ist und Sie bei der Novellierung wieder einmal säumig sind.

Das Nahverkehrsfinanzierungsgesetz ist ungelöst; der vorliegende Antrag betreffend das ÖBB-Gesetz ist ein Nachteil für die Eisenbahner, er ist verfassungsrechtlich bedenklich.– Das ist typisch sozialistische Verkehrspolitik. Wir Freiheitliche werden dieses Chaos nicht mitmachen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

12.44


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 34

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

12.45

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Werte Damen und Herren! (Abg. Haigermoser: Kolleginnen und Kollegen!) Kollege Rosenstingl – gerne Schatten-Verkehrsminister –, ich habe nicht gelesen, daß Sie jetzt beim Schattenkabinett eine Chance erhalten hätten. Ich habe in den letzten Jahren immer geglaubt, Sie seien innerhalb der "F" für Verkehrsfragen zuständig. Sie waren heute zwar der Erstredner, aber das, was Sie, Kollege Rosenstingl, heute hier verkündet haben, zeugt von Unkenntnis der ÖBB-Materie beziehungsweise einer ökologisch vertretbaren Verkehrspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie vorbringen, die Regierung sei unfähig, Gesetze richtig einzubringen und zu beschließen, muß ich Ihnen sagen: Sie haben sich unter Ihrem Wert geschlagen, denn es sind schon wir hier im Parlament dafür zuständig, Gesetze zu beschließen – sie ordentlich zu beschließen. Damals in der Vorberatung für das Bundesbahngesetz 1992 war es so, daß die Vorlage hinsichtlich ihrer Verfassungskonformität geprüft wurde.

Meine Damen und Herren! Seien wir froh, daß der einzelne Staatsbürger dann, wenn er meint, daß etwas nicht in Ordnung ist, Höchstgerichte anrufen kann. Wir beraten heute über das ÖBB-Gesetz 1992 aufgrund eines Entscheides des Verfassungsgerichtshofes vom 9. 3. 1995 – Anlaß war ein Einspruch eines ÖBB-Kollegen, der gemeint hat, es müsse auch weiterhin die Republik, der Bund die Haftung für sein Dienstrecht abgeben. Er hat in dieser Frage – und nur in dieser Frage – recht erhalten, und wir sind heute aufgefordert, eine Präzisierung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Bund und jenen ÖBB-Bediensteten, die vor dem 1. 1. 1993 zur Bahn gekommen sind, vorzunehmen.

Meine Damen und Herren! Es wird manchmal gesagt, die ÖBB könnten irgendwann einmal in die Insolvenz geschickt werden. Ich sage Ihnen: Die ÖBB befinden sich derzeit zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes, und daher braucht man überhaupt keine Angst zu haben. Eine große Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen Eisenbahner hat diesbezüglich auch keine Angst.

Meine Damen und Herren! Das ÖBB-Gesetz 1992 war aber auch in der Beratung eine Herausforderung hinsichtlich der EU. Es ist EU-konform, und die Gewerkschaft der Eisenbahner hat damals ihre Bereitschaft bekundet, mitzuentscheiden und mitzuverantworten. Wir haben wesentliche Reformen durchgeführt. Besonders darf ich darauf hinweisen, daß die Eisenbahner die einzige Gruppe im öffentlichen Dienst sind, bei der schon seit einige Zeit neu Eintretende ein sogenanntes ASVG-Dienstrecht haben. Das haben auch die Personalvertretung und die Gewerkschaft der Eisenbahner mitzutragen und ist eine zukunftsweisende Entscheidung.

Die Österreichischen Bundesbahnen befinden sich aufgrund des Bundesbahngesetzes 1992 wirklich auf Erfolgskurs – Kollege Sigl wird darauf noch eingehen. Die Leistungen, die derzeit von seiten der ÖBB erbracht werden, besonders von jenen Bediensteten, die im Interesse einer vernünftigen Verkehrspolitik, aber auch im Interesse der Republik ihren Dienst versehen, sind herzeigbar. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Auf Kosten des Budgets!)

Die ÖBB spielen in der österreichischen Verkehrspolitik eine sehr wichtige Rolle. Immer wieder wird hier gesagt, es müsse zu einem Umdenken – verbunden mit einem Umsteigen – kommen. Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen worden; und wir haben unsere Umwelt in unsere Überlegungen miteinzubeziehen.

Da derzeit eine Diskussion mit Brüssel stattfindet – das sage ich als EU-Befürworter –: Ich bin überhaupt nicht begeistert, daß man dort über bürokratische Instanzen Vorbehalte abgibt, die nicht angebracht sind! Wir haben das in Brüssel auszudiskutieren und können damit nicht einverstanden sein.

In Brüssel, in einem EU-Weißbuch wird die Belastung durch den Straßenverkehr besonders in den Vordergrund gestellt.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 35

Die ÖBB – das hat heute auch Finanzminister Klima angesprochen – haben eine wesentliche Aufgabe in der Beschäftigungspolitik wahrzunehmen.

Für die Zukunft – ich glaube sagen zu können, daß es in dieser Hinsicht zwischen den Parlamentsfraktionen keinen Unterschied gibt – haben wir Vorsorge in die Richtung zu treffen, daß wir den Nahverkehr stärker ausbauen – besonders was die Pendlerströme betrifft, damit sie wirklich umsteigen können.

Wir haben in den nächsten Wochen wahrscheinlich ein Nahverkehrsgesetz zu beraten. Es geht auch darum – das wurde in der Erklärung von Bundesminister Klima heute auch schon angesprochen –, endlich zu einem sogenannten Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz zu kommen und unter Einbindung von Privaten zu versuchen, die Schienennetze auszubauen.

Es wird so oft gesagt, man solle gewisse Leistungen Privaten überlassen, man könne über alles diskutieren – Kollege Firlinger hat das auch im Verkehrsausschuß angesprochen. Einverstanden. Ich habe aber bis dato noch nicht bemerkt, daß sich etwa Kollege Haselsteiner als großer Bauunternehmer – Ihr Wirtschaftssprecher, der anscheinend sehr gute Vorschläge hat, aber derzeit mit seinen Aussagen eher Verunsicherung betreibt –, als privater Unternehmer anbietet, was den Ausbau der Infrastruktur betrifft, ich habe nicht gehört, daß er Finanzierungsmodelle vorschlägt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. )

Meine Damen und Herren! Auch Herr Haselsteiner, das sei hier einmal deutlich gesagt, lebt von Aufträgen der öffentlichen Hand und ist darauf angewiesen, daß er gewisse Förderungen erhält!

Private sind aus diesem Bereich jedenfalls nicht ausgeschlossen. Ich darf aber in diesem Zusammenhang auf den sogenannten Eurotunnel zwischen dem Kontinent und Großbritannien verweisen. Ständig hören wir die Meldung, daß sich das nicht rechnet. Daher kann man das sicher nicht allein Privaten überlassen, sondern hat darin vielmehr eine volkswirtschaftliche Aufgabenstellung zu sehen.

Meine Damen und Herren! Ich als Eisenbahner sage: Für mich ist erfreulich, daß die ÖBB und die Eisenbahner in den letzten Jahren, seit wir das Gesetz haben, kein Streitthema waren. Man hat versucht, sich damit sachlich auseinanderzusetzen, aber die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes und das Beamtensparpaket waren Anlaß dafür, daß einige wenige anscheinend aus dem Winterschlaf erwacht sind und wieder bissige Angriffe gegen die Eisenbahner geführt haben und führen.

Meine Damen und Herren! Wir haben immer erklärt – ich sage das für die Eisenbahner –, daß die Eisenbahner im Äquivalent das Sparpaket des öffentlichen Dienstes mittragen werden.

Als Kritik auch an die Bundesregierung: Wir haben eigene Organe, die gewählt und bestellt sind, wir haben die Personalvertretung, die gewählt ist, und diese haben autonom zu verhandeln. Daß über diese Verhandlungen erhöhte Pensionsbeiträge für die Eisenbahner erreicht wurden und auch die Einbindung der Pensionisten, ist etwas Einmaliges; es ist einmalig, daß hier Solidarität gegeben ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Kollege Kukacka, wo sonst finden Sie diese Solidarität? (Abg. Mag. Kukacka: Sie desavouieren den Schlögl!) Daß wir über eine Milliarde Schilling auch zur Konsolidierung des Staatshaushaltes beitragen, ist eine Anerkennung für unsere Eisenbahn und Eisenbahner wert.

Ich darf darauf hinweisen, daß 80 Prozent der Eisenbahner rund um die Uhr im Einsatz sind, also Tag- und Nachtdienst, Sonn- und Feiertagsdienst, und dadurch gewisse Belastungen gegeben sind. Und eine Grundvoraussetzung bei uns ist, bei Maßnahmen, die notwendig sind, so sparsam wie möglich vorzugehen, aber eine solidarische Lösung anzustreben – und das ist hiemit geschehen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß kommen und darauf hinweisen, daß das ÖBB-Gesetz eine Grundlage auch für die Gesundung der ÖBB ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) Es werden harte Maßnahmen, die die Eisenbahner zu tragen haben, durchgesetzt – das ist sicher nicht leicht. Schon Exbundesminister Streicher hat verkehrspolitische Reformen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 36

eingeleitet, Exverkehrsminister Klima hat sie effizient weiter umgesetzt, und unser neuer Verkehrsminister Scholten hat unser volles Vertrauen. Er hat in der Sitzung des Verkehrsausschusses in der kurzen Vorstellung gezeigt, daß er in der Lage sein wird, eine zukunftsorientierte, ökologisch vertretbare volkswirtschaftliche Verkehrspolitik umzusetzen. Die ÖBB werden an dieser Verkehrspolitik sicher einen wichtigen Anteil haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte.

12.55

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Herr Kollege Edler recht hätte, was den Zustand der Verkehrspolitik und den Zustand der Bundesbahnen betrifft, würde ich persönlich mich sehr freuen. Ich befürchte aber: So ganz recht hat er nicht – obwohl wir uns hinsichtlich mancher Visionen in diesem Bereich nicht so sehr unterscheiden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir behandeln eine Detailsanierung (Abg. Mag. Kukacka: ... Visionen wollte ich wissen!) – Herr Mag. Kukacka, ich weiß, daß Sie das Wort "Visionen" so nicht ganz kennen. Das ist das Grundproblem Ihrer Politik, Herr Mag. Kukacka, aber Sie werden uns nachher noch erzählen, welche verkehrspolitischen Visionen die ÖVP hat. Das Problem ist nur, daß ich die bisherigen verkehrspolitischen Konzepte der ÖVP – ich möchte sie nicht "Visionen" nennen – unter dem Motto "Kaputtsparen der Eisenbahn" kennengelernt habe sowie unter "völlig freie Fahrt für freie Bürger auf Österreichs Straßen". Und das ist genau das, was wir umweltpolitisch nicht mehr akzeptieren können und nicht mehr brauchen können.

Wir haben heute hier eine Detailsanierung des ÖBB-Gesetzes zur Beschlußfassung vorliegen. Es ist eine Frage in dieser Debatte bereits angesprochen worden, die nach wie vor ein Problem darstellt, nämlich die verfassungsrechtliche Akzeptanz, die meines Erachtens in diesem Novellierungs- und Sanierungsvorschlag nicht eindeutig geklärt ist. Ich halte das für ein schweres Versäumnis, das zu Lasten der Eisenbahner gehen kann – nicht gehen muß, aber gehen kann; man soll den Teufel nicht an die Wand malen.

Eigentlich müßte diese Detailsanierung des ÖBB-Gesetzes aufgrund des vorliegenden Anlaßfalles doch längst dazu führen, eine Gesamtsanierung des völlig mißglückten ÖBB-Gesetzes einzuleiten; eines völlig mißglückten ÖBB-Gesetzes, das zu einer Ausgliederung geführt hat. Kollege Edler! Da werden wir uns wahrscheinlich gar nicht so sehr widersprechen: Unser zentrales verkehrspolitisches Problem ist derzeit die fehlende beziehungsweise unklare Zugriffsmöglichkeit der Verkehrspolitik auf die ÖBB; was auch ein Zurückziehen aus der Verantwortung für die ÖBB bedeutet.

Mir schwebt ein Eisenbahnkonzern in Österreich vor, für den sich die Republik verantwortlich erklärt. Nach einer großen Entstaubungsaktion – darin werden wir uns einig sein, wahrscheinlich sogar mit Mag. Kukacka, daß man da in vielen Detailbereichen entstauben muß – muß es heißen: volle Verantwortung für dieses Unternehmen, für diesen Konzern, auch in finanzieller Hinsicht.

Derzeit ist die Situation doch so, daß wir die Eisenbahn in die Eigenverantwortung delegiert haben und sich die Eisenbahn mittlerweile auf einem Abstellgleis befindet, weil es in diesem Land, in dieser Bundesregierung – ich fürchte, das wird so fortgeschrieben werden – keine koordinierte Verkehrspolitik mit Weichenstellung in Richtung öffentlichen Verkehr, umweltfreundlichen Verkehr gibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist das Hauptproblem, und da müßte die Gesamtsanierung des ÖBB-Gesetzes ansetzen: klare Gesamtverantwortung der öffentlichen Hand für diesen ÖBB-Konzern, mit den Maßnahmen, die in Richtung Entstaubung notwendig sind, und mit den Konsequenzen in Richtung koordinierter Verkehrspolitik, mit Priorität für den öffentlichen Verkehr in diesem Land. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 37

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im letzten Wahlkampf wurde häufig der OECD-Prüfbericht zur Umweltsituation in Österreich herumgereicht. Ich erinnere mich noch an Fernsehdiskussionen, in denen etwa Frau Abgeordnete Bundesgeschäftsführerin Ederer mit dem Umweltzertifikat "Bestnoten für Österreich" hausieren gegangen ist. Sie hat neben positiven Kapiteln über die österreichische Umweltsituation ein Detailkapitel übersehen: das Verkehrskapitel. Der Verkehr in Österreich erhält von der OECD ein katastrophales Zeugnis. Steigerungsraten des Straßenverkehrs seit 1980 von über 80 Prozent sind die höchsten Steigerungsraten im OECD-Raum. Das heißt, hier stimmt etwas nicht.

Kollege Kukacka! Glauben Sie wirklich, daß wir diese katastrophale Kurve nach oben, die uns bald zur Autofahrernation nummer eins in Europa machen wird – wir liegen bei den Steigerungsraten des Straßenverkehrs um das Doppelte über dem OECD-Durchschnitt –, daß wir diese katastrophale Zunahme des Straßenverkehrs in den nächsten Jahren so fortsetzen können? Wenn Sie das glauben, hinnehmen und akzeptieren, dann akzeptieren Sie auch, daß wir in den nächsten Jahren Rekordozonwerte haben werden, daß wir ein forcierten Waldsterben haben werden und daß die Verkehrspolitik in Österreich de facto gescheitert ist! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben – und da müßte die Gesamtsanierung des ÖBB-Gesetzes ansetzen – diese koordinierte Verkehrspolitik nicht. (Bei der Regierungsbank sprechen Bundesminister Dr. Scholten und Bundesminister Dr. Bartenstein miteinander.) – Ich finde es schön, wenn der Umweltminister einmal mit dem neuen Verkehrsminister spricht, denn das sind die beiden Ressorts, die hier Hand anlegen müssen. Ich hoffe, es geht in diesem Zusammenhang auch ums Thema. Aber der eigentliche Verkehrsminister ist ja nicht mehr da. Er sitzt eigentlich hier herüben. Er hat zwar einen anderen Namen: Er ist der Wirtschaftsminister in diesem Land. Wir haben eine schwarze Verkehrspolitik im wahrsten Sinn des Wortes, eine tiefschwarze Verkehrspolitik durch den Wirtschaftsminister, der auf Straßenbau, Straßenbau, Straßenbau, auf niedrige Tarife und auf keinerlei Schritte in Richtung Kostenwahrheit setzt, und wir haben Versuche einer etwas ökologischeren Planungspolitik im Bereich des tatsächlichen Verkehrsministeriums, die aber auch kläglich scheitern, weil nichts ineinandergeht.

Diese Bundesregierung hat die große Chance, geeinte Kompetenzen zu schaffen, ein starkes Verkehrsministerium zu schaffen, nicht genutzt. Das Gegenteil ist passiert. Der Verkehr wird irgendwie angedockt, angehängt an ein relativ großes, bereits bestehendes Ressort und wird, so befürchte ich, dort ein Anhängsel bleiben. So kann man eine der Hauptzukunftsfragen im Umweltbereich nicht lösen!

Wir haben eine unkoordinierte Verkehrspolitik mit einem ÖBB-Gesetz, das die Eisenbahn aufs Abstellgleis gebracht hat, wir haben kein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz, wir haben keinen Bundesverkehrswegeplan. Kollege Kukacka! Die Bremser von der ÖVP setzen sich immer wieder durch. Ich muß Ihre Leistungen wirklich schätzen. Die muß ich wirklich schätzen! Sie stehen nur auf der falschen Seite! Es setzt sich in verkehrspolitischen Fragen immer die Beton- und Asphalt-Fraktion durch, und das ist die Österreichische Volkspartei.

Wir haben kein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz. Die Städte, die Gemeinden, die Länder, die Träger des öffentlichen Verkehrs, stehen nach wie vor am Rande der Pleite. Sie haben nur mehr eine Handlungsmöglichkeit durch Quersubventionierung vom Energiebereich in den Verkehrsbereich in den Städten.

Wir haben keinen Bundesverkehrswegeplan, deswegen gibt es keine Prioritäten und keine Prioritätenreihung, vor allem nicht bei den Bauten der HL-AG und damit bei den großen Eisenbahnbauten, und wir haben kein geeintes Ressort. So wird weitergewurschtelt in diesem Land. Ein kleines Flickwerk am ÖBB-Gesetz wird aus einem Anlaßfall heraus vorgenommen, weil man nicht mehr anders kann. Der große Wurf einer Gesamtreform der ÖBB, der große Wurf einer gesamtkoordinierten Kompetenz im Bereich des Verkehrs bleibt leider Gottes aus.

Im Bereich der Bundesregierung herrscht verkehrspolitisch das Tohuwabohu – ich meine damit nicht die gleichnamige ORF-Sendung –, eigentlich das restlose Chaos. Eine Hand weiß nicht,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 38

was die andere macht. Ein klassisches Beispiel dafür ist meiner Meinung nach die Frage der geplanten neuen Infrastrukturkonzepte im Bahn- und Straßenbereich.

Im Bahnbereich werden wir noch sehr genau auf diese Frage zu sprechen kommen. Wir haben bereits parlamentarische Anfragen dazu gestellt.

Im Straßenbereich ist es höchst interessant. Es wird eine Ausgliederung des überregionalen Straßenbaus geplant, eine Ausgliederung, die de facto ein Versuch ist, mit einem Schuldenberg von über 85 Milliarden Schilling aus den Maastrichter Konvergenzkriterien zu fliehen.

Herr Kollege Kukacka! Sie wissen wahrscheinlich genausogut wie ich – wenn nicht besser; vielleicht sind Sie mit einer der Planer in diesem Zusammenhang –, wer derzeit diese Infrastrukturkonzepte, diese Ausgliederungskonzepte erstellt. – Es ist ein Vorarlberger Zivilingenieur, der eigentlich aus dem Nirwana, aus dem Nichts, aufgetaucht ist. Wissen Sie, wer die Auftraggeber dieses Herrn sind? Die PORR AG, die STUAG, die STRABAG und noch ein vierter großer Baukonzern. (Abg. Mag. Kukacka: Von Ihnen kommen ja keine gescheiten Vorschläge!) Die zukünftige Infrastukturplanung in Österreich wird bereits von jenen erstellt und in der Rohkonzeption entworfen, die damit Geld machen wollen. Es ist ihr legitimes Recht, damit Geld machen zu wollen, aber verkehrspolitische Prioritäten kann man doch nicht von der Frage abhängig machen, ob ein Konzern für den Tunnelbau prädestiniert ist, und sich deswegen, weil dieser Konzern im Tunnelbau höchste Qualitäten aufweist, prioritär für eine große Serie von Tunnelbauten in Österreich entscheiden. Das kann doch keinen Sinn machen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Alles in allem – Kollege Edler wird mir wahrscheinlich in einer ruhigen Stunde recht geben – stehen doch die ÖBB – seien wir uns ehrlich – nach dieser Ausgliederung vor dem Finanzruin. (Abg. Edler: Das stimmt aber nicht!) Reden Sie einmal mit Ihrem Generaldirektor, Herrn Draxler, dann werden Sie die Situation ein bissel anders beurteilen! Die ÖBB stehen meines Erachtens aus verschiedenen Gründen – das gestehe ich zu – in einer unglaublich angespannten finanziellen Situation. (Abg. Edler: Jede Bahn in Europa!)

Das ist ja die Tragödie! Jede Bahn in Europa steht derzeit in einer finanziell äußerst prekären Situation. Aber das hat mit der europäischen Verkehrspolitik zu tun. Das hat damit zu tun, daß die Konkurrenzsituation der Bahnen und des öffentlichen Verkehrs insgesamt in Europa derzeit ausweglos ist, weil die finanzielle Belastung völlig einseitig bei der Bahn liegt und die tatsächlichen Kosten des Straßenverkehrs nicht eingerechnet werden. Das heißt, wir brauchen natürlich auch europäische Lösungen in Richtung einer neuen Wegekostenrichtlinie. Das ist völlig unbestritten!

Aber wir brauchen auch Maßnahmen in Österreich, die es nicht als logische nächste Schritte erscheinen lassen, daß wir die Bahn dahin gehend in eine weitere finanzielle Zuspitzung treiben, indem wir etwa in Zukunft Benützungsentgelte von ihr einfordern, denn das würde natürlich die Finanzsituation weiter anspannen. Wenn wir uns anschauen, was Generaldirektor Draxler an Benützungsentgelten vorkalkuliert hat, etwa am Beispiel Semmering-Basistunnel, dann müssen wir uns fragen: Wie sollen denn die ÖBB in ihrer derzeitigen Finanzsituation in der Lage sein, sollte in den nächsten Jahren der Semmering-Basistunnel tatsächlich errichtet werden, bei diesen kalkulierten Benützungsentgelten, damit sich die Projekte rechnen, ein attraktives Zugsangebot anzubieten und diese Entgelte tatsächlich zu entrichten?

Wie ist es denn verantwortbar, Kollege Kukacka, daß die Bahn etwa jetzt daran denkt, auch noch die Kraftwerke zu verkaufen? (Abg. Mag. Kukacka: Ich bin nicht der Verkehrsminister!) – Gott sei Dank sind Sie nicht der Verkehrsminister, Kollege Kukacka; das ist ja noch ein Segen in diesem Land! (Beifall bei den Grünen.) Aber Sie sind nahe daran, und das ist ja das Problem dieser Bahn, deswegen steht diese Bahn in einer Sackgasse, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wie ist es denn verantwortbar, daß die ÖBB in einer derart katastrophalen Finanzsituation sind, daß sie bereits ihre Kraftwerke abverkaufen müssen? (Abg. Edler: Der Rosenstingl fordert das immer wieder!) Kollege Edler, was heißt denn das für die Zukunft? – Das bedeutet in Zukunft


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 39

natürlich enorm erhöhte Kosten, wenn diese Kraftwerke weg sind. Das bedeutet keine Eigenversorgungsmöglichkeit, völlige Abhängigkeit vom Marktpreis in diesem Zusammenhang und massive Steigerung der tatsächlichen Kosten. Das heißt, die Bahn muß ihr letztes Familiensilber verkaufen, damit sie durchtauchen und in den nächsten zwei, drei Jahren finanziell überleben kann.

Das ist mit eine Konsequenz dieses ÖBB-Gesetzes, eines ÖBB-Gesetzes, das Rot und Schwarz in diesem Haus geschneidert haben, zu Lasten des öffentlichen Verkehrs, zu Lasten der ÖBB, zu Lasten der Eisenbahner, zu Lasten der Umwelt. Sie werden doch nicht ernstlich glauben, indem man heute hier ein minimales Detailflickwerk starte, habe man die ÖBB aus der Sackgasse geholt. Deswegen können wir diesem Schritt auch nicht unsere Zustimmung geben! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.08

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Der Herr Kollege Anschober und, ich glaube, auch der Herr Kollege Rosenstingl – das kann man wohl getrost sagen – haben die Gelegenheit verpaßt, vernünftige, sinnvolle, praktikable und vor allem umsetzbare Vorschläge zur Verkehrspolitik zu machen. Die üblichen Rundumschläge, die Sie hier am Rednerpult machen, bringen in der Sache überhaupt nichts und zeigen nur, daß Sie keinerlei verkehrspolitische Kompetenz haben. Machen Sie nur so weiter! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte zum Thema Bundesbahngesetz folgendes sagen: Wir begrüßen diese Novelle. Wir sind immer davon ausgegangen, daß dieser § 21, wonach das Unternehmen ÖBB die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten und den Empfängern von Ruhe- und Versorgungsgenüssen fortsetzt, bedeutet, daß alle aktiven Bediensteten, die bis zur Ausgliederung in einem Dienstverhältnis gestanden sind, selbstverständlich den Bund als Bürgen für ihre entsprechenden Entgeltansprüche haben.

Mit der heutigen Beschlußfassung wird auch ein entsprechendes verfassungsrechtliches Bedenken des Gerichtshofes repariert, der meint, daß mit der Ausgliederung der ÖBB in eine rechtlich selbständige Gesellschaft eine Verschlechterung der Rechtsposition der aktiven ÖBB-Bediensteten verbunden gewesen sei, weil eben befürchtet wurde, daß dadurch die für ihre Bezugsansprüche bestehende Besicherung verlorengegangen wäre, da die ÖBB nunmehr als vom Bund ausgegliedertes, selbständiges Unternehmen allenfalls auch in Konkurs gehen könnten, während früher der Bund sozusagen über unbegrenzte Deckungsreserven verfügt hätte.

Diese Gefahr, daß durch einen Konkurs eventuell Entgeltansprüche der Eisenbahnbediensteten verlorengegangen wären, kann nun nicht mehr eintreten. Diese Verschlechterung der Rechtsposition für frühere ÖBB-Bedienstete wird durch diese Novelle beseitigt, und damit wird auch die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers wiederhergestellt, denn niemand will eine Verschlechterung der Rechtsposition der ÖBB-Bediensteten; sicherlich auch nicht die Österreichische Volkspartei.

Was wir wollen und was wir auch schon des öfteren angemahnt haben, ist eine auch mit dem übrigen öffentlichen Dienst vergleichbare, gerechte Besoldungs-, Dienst- und Pensionsordnung, die keine Bevorzugung der ÖBB-Bediensteten kennt. Das ist unser Anliegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Dies liegt auch im Interesse der ÖBB-Bediensteten, damit es nicht immer wieder zum gegenseitigen Ausspielen der verschiedenen Gruppen des öffentlichen Dienstes kommt.

Deshalb war es auch sehr gerechtfertigt, daß Herr Staatssekretär Schlögl einen Brief an den Vorstand geschrieben hat, in dem er diesen aufgefordert hat, auch bei den ÖBB äquivalente


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 40

Maßnahmen, so wie sie für den übrigen öffentlichen Dienst vereinbart wurden, durchzusetzen. Das war eine richtige und notwendige Forderung, verknüpft mit einer zweiten, nämlich daß – mit dem Ziel der Heranführung des faktischen Pensionseintrittsalters an das gesetzliche Pensionseintrittsalter – für jedes Jahr, um das das gesetzliche Pensionseintrittsalter unterschritten wird, ein Abschlag von 2 Prozent von der Pension einbehalten wird. Das heißt, der Staatssekretär hat gefordert, daß diese Regelungen in ähnlicher Weise auch bei den Österreichischen Bundesbahnen umgesetzt werden.

Auch der Herr Finanzminister hat vor einer guten halben Stunde darauf hingewiesen und gemeint: Jawohl, das muß im öffentlichen Dienst entsprechend umgesetzt werden.

Nun hat es bereits eine Vereinbarung zwischen Klima und Ditz über die Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages der Eisenbahner gegeben. Das ist richtig, notwendig und gerechtfertigt. Dazu bekennen wir uns. Das wird auch entsprechend umgesetzt werden. Das ist ein richtiger Schritt, kann aber – das muß uns klar sein – aus Gründen der Gerechtigkeit gegenüber allen anderen Gruppen des öffentlichen Dienstes nur ein erster Schritt gewesen sein.

Wenn von den Österreichischen Bundesbahnen auch gewisse Rationalisierungsmaßnahmen in Angriff genommen wurden – das anerkennen wir durchaus –, so liegt doch noch ein weiter Weg vor ihnen, um tatsächlich ein modernes, leistungsfähiges, kundenorientiertes Unternehmen zu werden. Sehr wichtig dabei ist eben die Heranführung des faktischen Pensionsantrittsalters an das gesetzliche Pensionsantrittsalter.

Meine Damen und Herren! Derzeit – das sind die Zahlen aus dem Jahr 1995 – gehen die Eisenbahner im Schnitt mit 53 Jahren und vier Monaten in Pension. Das ist zu früh – das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Edler: Wie ist das mit den Verschiebern?) Und durch dieses niedrige Pensionsantrittsalter ist auch das Zahlenverhältnis der Pensionisten zu den Aktiven so ungünstig. Heute stehen bei den Eisenbahnen 60 000 Aktiven 73 000 Pensionisten und Pensionsbezieher gegenüber. Diese Relation stimmt einfach nicht. Bei der Post stehen immerhin 54 000 Aktive 40 000 Pensionsbeziehern gegenüber. (Abg. Edler: Sie vergleichen mit den SUG-Pensionsbeziehern!) Dieses Verhältnis muß korrigiert werden. Hier läuft die Entwicklung in die falsche Richtung. Wenn Sie schon mir nicht glauben, so glauben Sie zumindest Ihrem eigenen Finanzminister, der erst vor einer halben Stunde genau diese Forderung erhoben hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir hören von der ÖBB-Geschäftsführung in letzter Zeit insbesondere für den Absatzbereich immer Erfolgsmeldungen. Ich bestreite gar nicht, daß da Erfolge eingetreten sind. Die Rationalisierungsmaßnahmen sind sicherlich notwendig. Die Produktivität wurde erhöht. Überflüssige Dienstposten wurden abgeschafft. Aber das ist nur eine Seite der Medaille; das muß uns klar sein. Denn: Anlaß zu übertriebenem Optimismus gibt es auch in dieser Frage so lange nicht, als wesentliche Strukturprobleme der Bundesbahnen vom Unternehmen auf den Staat und auf das Budget verlagert werden. Das ist in den letzten zwei, drei Jahren eindeutig der Fall gewesen.

Beim Personalaufwand erfolgt eine Verlagerung von den Bundesbahnen zum Budget, denn wenn Bundesbahnbeamte, wie wir soeben gehört haben, regulär im Schnitt mit 53,4 Jahren und in den Fällen der Frühpension sogar noch früher in Pension geschickt werden, dann ersparen sich zwar die Bundesbahnen die Gehälter dieser Bediensteten, aber diese Ersparnis geht zu Lasten des Budgets, denn der Bund muß nun für die Pensionen der ÖBB-Bediensteten aufkommen. Dieser Betrag macht derzeit im Jahr immerhin zwischen 15,5 und 16 Milliarden Schilling aus. Im Infrastrukturbereich werden nicht nur die Pensionen, sondern auch alle Aktivgehälter vom Bund getragen.

Wir erkennen also klar und eindeutig: Die Bahn saniert sich zu einem gut Teil zu Lasten des Bundes, zu Lasten des Budgets, zu Lasten der außerbudgetären Verschuldung der Bahn, für die auch der Bund haftet. Das ist ein Weg, der so nicht fortgesetzt werden darf! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch durch interne Regelungen wird eine wünschenswerte Verlängerung der Lebensarbeitszeit konterkariert. (Abg. Dr. Haider: Stimmst du heute nach deiner


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 41

Rede dem Gesetz zu?) Das, was wir heute beschließen, ist richtig und notwendig, Kollege Haider. Das möchte ich einmal sagen. Das, was wir heute beschließen, ist eine richtige und notwendige Maßnahme. Kollege Rosenstingl hat sogar gesagt, es sei zuwenig, was wir beschließen. Er will sogar, daß hier noch mehr für die Eisenbahner beschlossen wird. Also widersprechen Sie sich nicht in dieser Frage! Das muß ich Ihnen klar und deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Er ist ein Opportunist wie die Bauernkammerer!)

Ich möchte nur auf ein Faktum hinweisen: Bei den Bundesbahnen gibt es ein Treuegeld für 40jährigen Dienst. Aber dieses Treuegeld für 40jährigen Dienst wird schon bei 35 Jahren ausbezahlt. (Abg. Dr. Khol: Wahnsinn! – Abg. Dr. Haider: Das gibt es bei der Nationalbank auch!) Damit wird keinerlei Anreiz, länger tätig zu sein, geschaffen, denn jeder, der die Pensionsberechtigung mit 35 Dienstjahren erreicht, bekommt das 40jährige Treuegeld und geht dann in Pension. (Abg. Dr. Haider: Das ist doch genauso bei der Nationalbank! Was regst du dich bei den Eisenbahnen so auf?) Wir sind schon lange der Meinung, daß diese Dinge bei der Nationalbank abgeschafft gehören, genauso wie sie auch bei den Bundesbahnen abgeschafft werden sollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Ihr habt doch die Möglichkeit dazu! Warum tut ihr es dann nicht? – Abg. Edler: Ist das Ihre Meinung oder die der ÖVP? Sonst müssen wir auch noch über andere Dinge reden!)

Meine Damen und Herren! Das ist eine Entwicklung, die wir nicht mit tragen wollen. Sie sehen also, auch bei den Österreichischen Bundesbahnen ist viel zu tun. Der Verkehrsminister hat als Eigentümervertreter große Probleme zu lösen. Wir werden ihn dort, wo er gemeinsam mit uns darangeht, die großen Strukturprobleme der Eisenbahn in Angriff zu nehmen, unterstützen. Wir werden ihm dabei unsere Mitarbeit anbieten und wünschen ihm, auch im Interesse der österreichischen Verkehrspolitik, durchaus Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

13.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Meischberger. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Die maximale Redezeit für Sie beträgt noch 17 Minuten.

13.20

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Abgeordneter Kukacka ist hier herausgegangen und hat Kollegen Rosenstingl und dessen Ideen und machbare Vorschläge zur Lösung unserer Verkehrsprobleme kritisiert. Wir haben mitgezählt, wie viele machbare Lösungsvorschläge Herr Kukacka in seinem Referat gebracht hat. Wir sind auf null gekommen, denn ich glaube, daß mit Treuegeldregelungen und Pensionsantrittsalterregelungen die Verkehrsproblematik in Österreich nicht gelöst werden kann.

Herr Kollege Kukacka! Es sei schon erlaubt, daß man sich von einem neuen Verkehrsminister, von dem man grundsätzlich zum Thema Verkehr und zu der damit verbundenen Problematik überhaupt noch nichts gehört hat, erwartet, ein paar Grundsatzerklärungen zu bekommen. (Abg. Dr. Haider: Schifferlversenken kann er schon!) Aber er interessiert sich auch nicht besonders für die Materie, anscheinend ist er nicht eingelesen, sonst hätte man von ihm etwas gehört. (Abg. Böhacker : Er denkt über die Zukunft nach! Sie mißverstehen das Ganze!) Den ersten drei Rednern hat er nicht einmal zugehört, der Herr Zukunftsminister, dem auch der Bereich Verkehr unterstellt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es drängt sich ein Vergleich auf, wenn man dieser Debatte zugehört hat, nämlich was die österreichische Medien- und die österreichische Verkehrspolitik gemeinsam haben. Beiden Bereichen gemeinsam ist vor allem eines: daß nirgendwo etwas weitergeht (Abg. Böhacker : Das ist der Satz des Tages: Es geht nichts weiter!), daß keine Regierungspolitik in diesen Fragen stattfindet und daß letztlich, wenn es einmal zu einem Gesetzesbeschluß kommt, dieser postwendend vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden muß, weil hinten und vorne etwas nicht stimmt.

Nach dem Versagen in der Straßenverkehrs- und in der Transitpolitik scheint es nun so zu sein, daß dem großen Hoffnungsträger im Lösen von Verkehrsproblemen, der Bahn, ein ähnliches


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 42

Fiasko bevorsteht: Milliardenschulden, die letztlich keine Lösungen, sondern nur Belastungen für die Bürger bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß dieses Fiasko bereits im Planungsbereich beginnt. Während es bei den Straßenbau-Sondergesellschaften nach wirklich heftiger Kritik der Opposition und des Rechnungshofes nach Jahren gelungen ist, aus sechs Gesellschaften zwei zu machen, also eine rote und eine schwarze – anders als in dieser Proporzaufteilung geht es leider nicht in diesem Land –, geht man bei der Bahn umgekehrte Wege. Man macht aus zwei Planungsgesellschaften, die nichts Gescheites weitergebracht haben, drei: Zu der Infrastruktur der ÖBB selbst und der HL-AG kommt dann noch die Brennerstreckenplanungsgesellschaft dazu. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch .)

Da sieht man – Herr Kollege Lukesch, auch Sie werden das zugeben müssen –, wie sich die Bahnkatze hier in den Schwanz beißt. Auf der einen Seite wird die Bahndirektion für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck aufgelöst, weil dort nichts weitergeht, weil man dort einen Mißerfolg nach dem anderen hat, siehe beispielsweise Ökombi oder der Terminal in Wörgl und viele andere Dinge mehr, und auf der anderen Seite weiß man nicht, was man mit den Funktionären, die man dort vor die Türe setzt, machen soll. Dann haben Regierungspolitiker die "glorreiche" Idee, eine Planungsgesellschaft zu gründen, und zwar für eine Brennerstrecke mit dem Hauptplanungspunkt Brenner-Basistunnel, von dem jeder in diesem Haus und jeder in Tirol weiß, daß er letztlich nicht finanzierbar ist und niemals gebaut werden kann, wenn die EU nicht mitfinanziert. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Herr Kollege! Sie wissen ganz genau, was uns die EU-Verantwortlichen in diesem Bereich ausgerichtet haben. Sie haben uns erklärt: Keine müde Mark in den Brenner-Basistunnel! Auch die Bundesdeutschen haben uns das vorausgesagt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Italiener haben kein Interesse daran, dort etwas zu investieren, Österreich wird übrigbleiben. (Abg. Mag. Haupt : Abspecken! – Abg. Dr. Lukesch : 80 Prozent der Planungskosten werden übernommen! – Abg. Dr. Haider : 50 Prozent!)

Herr Kollege Lukesch! Ich bin mit dem Denken einen Schritt weiter als Sie. Ich frage mich: Warum plane ich etwas, was ich niemals bauen werde? Das ist die Frage, die mich beschäftigt. Sie wissen genausogut wie ich, daß der Zug an uns schon lange vorbeigefahren ist. Der Gotthard-Tunnel und der Lötschberg in der Schweiz werden im Jahr 2004 in Betrieb genommen werden; dort wird der Bahntransit ablaufen, die Schweizer werden den Bahnverkehr haben und auch Geschäft damit machen. Wir werden kein Geschäft damit machen. Uns bleiben der Straßenverkehr und die Umweltbelastung in Tirol. Das sollten Sie sich einmal als Tiroler Abgeordneter überlegen, und nicht dauernd Dinge verteidigen, die nicht zu verteidigen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen ganz genau, was man hier mittels der Wahnsinnsaktion der EU, die bereit ist, 400 Millionen Schilling für die Planung einer Strecke bereitzustellen, die niemals gebaut werden wird, weil man 400 Millionen Schilling aus Österreich kofinanziert, versucht hat. Da gründet man eine Planungsgesellschaft, damit man Herrn Direktor Lindenberger beschäftigen und Funktionäre unterbringen kann – das ist der erste Teil. Der zweite Teil ist, daß man den Menschen in Tirol Sand in die Augen streut und sagt, man plane ohnehin, man versuche alles, man werde das Ganze schon lösen, obwohl man sich bewußt ist, daß diese Lösung in Wirklichkeit nicht erfolgen wird. Das Ergebnis für Tirol ist klar, Sie kennen es auch: 25 Prozent Luftverschlechterung in Hall in Tirol aufgrund der verschlafenen Verkehrspolitik, des schlafenden Bahnausbaus, des Über-den-Tisch-Ziehens bei den Transitverhandlungen! All diese Dinge haben Sie mit Ihren roten Kollegen mitzuverantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da nützt es nichts, eine Planungsgesellschaft zu errichten, 800 Millionen Schilling bereitzustellen und die Menschen in Tirol für so dumm zu erklären, daß sie das nicht verstehen! Die Rechnung haben Sie am 17. Dezember 1995 präsentiert bekommen, und zwar auch für diese Sache, mit dem Wahlergebnis der Tiroler Volkspartei. (Abg. Scheibner : Wie viele Stimmen hat er denn gemacht?) – Nicht viele, ich weiß es nicht genau, es ist nicht nennenswert. (Abg. Scheibner :


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 43

Reden wir nicht darüber!) Die Vorzugsstimmen sind ganz wenige gewesen; bei der nächsten Rede werde ich die Zahl mitbringen.

Schnell zum Thema zurück, denn ein Kollege wird noch sprechen, und wir brauchen die Zeit. Ich möchte noch zu dem vom Finanzminister heute vorgelegten 60-Milliarden-Schilling-Paket, das für den Bahnausbau zur Verfügung gestellt wird, etwas sagen.

Das ist so eine Sache: Man hat der Bahn 60 Milliarden Schilling zur Verfügung gestellt. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen doch alle genau, daß das nichts anderes als eine Kreditermächtigungsansage des Herrn Finanzministers und kein Zurverfügungstellen von Kapital ist. Die Bundesbahnen mit ihren wirtschaftlichen Zahlen und ihrer wirtschaftlichen Betrachtungsweise werden niemals in der Lage sein, auch nur die Zinsen für diese 60-Milliarden-Schilling-Kredite zurückzuzahlen. Es bleibt dies letztlich wieder dem Bund, es bleibt dies dem Steuerzahler vorbehalten, und es ist nichts passiert, außer daß man diese 60-Milliarden-Schilling-Finanzierung aus dem allgemeinen Budget ausgegliedert hat. Das sind die wahren Hintergründe, und ich glaube, so kommen wir in der Verkehrspolitik nicht weiter. So wird die Entwicklung nicht rasch genug gesteuert, wie wir sie brauchen, um unsere wirklich eminenten Probleme zu lösen.

Ich bin völlig der Meinung des Kollegen Anschober, wenn er sagt, hier gehörte endgültig ein Schnitt gemacht, hier gehörte entstaubt und neuer Schwung genommen mit einer privaten Lösung. Ich glaube auch, daß die deutschen Bahnen in diesem Bereich ein gutes Beispiel sind. Dort hat man sich wirklich ein Herz gefaßt, dort hat man Nägel mit Köpfen gemacht. Herr Heinz Dürr, der Vorstand der AG der bundesdeutschen Bahn, hat zur Bedingung gemacht, er übernehme den Job nur dann, wenn er das Ganze wirklich unpolitisch in einer unabhängigen Aktiengesellschaft angehen könne. (Abg. Edler: Kollege Meischberger! Was macht die deutsche Bahn? – Zusperren!)

Am 1. Juli 1993 hat diese Aktiengesellschaft ihren Betrieb aufgenommen, 1995 wurde eine sogenannte schwarze Null geschrieben – die ÖBB wissen gar nicht, wie man eine schwarze Null schreibt –, und 1996 erwartet man dort Gewinne, lieber Kollege. Ich glaube, auch die Politik hat das Ihre dazu beigetragen, indem sie sich letztlich ein Herz gefaßt hat, das Ganze zu entpolitisieren, und indem Finanzminister Waigel 400 Milliarden Schilling Altschulden – soviel waren es in Deutschland – abgelöst hat. Und er hat gut daran getan, denn er hat damit den bundesdeutschen Bürgern 730 Milliarden Neuverschuldung für die nächsten zehn Jahre erspart. Das sind Lösungen, die sich sehen lassen können und die innerhalb von zwei Jahren auch konkret zum Tragen kommen.

Herr Kollege Edler! Sie sind ein persönliches Beispiel dafür, daß so etwas in Österreich nie gelingen kann. (Abg. Edler : Na, geh!) Es kann deshalb nie gelingen, weil die Österreichischen Bundesbahnen immer ein Spielball zwischen dem roten Finanzminister und dem roten Verkehrsminister – auch wenn er das Ganze noch so ungern hört – bleiben werden, da es nur darum geht, 60 000 ÖBB-Stimmen für die SPÖ abzusichern. Das ist das Machtspiel, das ist das Schauspiel, dem wir hoffentlich nicht mehr lange werden zuschauen müssen. Das ist der wahre Hintergrund, warum man nicht wirklich neu anfangen kann, warum man nicht wirklich neue Strukturen bilden kann, die uns letztlich weiterhelfen würden.

Dazu, Herr Bundesminister, hätte ich schon gerne von Ihnen heute ein paar konkrete grundsätzliche Aussagen gehört. Wir wissen ja, daß Sie bereits indirekt in der Verkehrspolitik mitgemischt haben, nicht am Schienenweg und nicht im Straßenverkehr, sondern im Bereich der Wasserstraßen, damals noch als Sekretär des ehemaligen Finanzministers Vranitzky. Sie haben ja bewiesen, wie schnell es gehen kann mit einer guten Sache wie der DDSG, wenn man ein bißchen Schifferlfahren will und 500 Millionen Schilling in die Donau setzt. Das hat letztlich als Ergebnis hervorgebracht, daß es heute keine DDSG mehr gibt, obwohl dieser Wasserweg ein höchst interessanter Verkehrsbereich auch für Österreich wäre.

Hier haben Sie mitgemischt – eher unrühmlich. Ich würde heute gerne zumindest Ihr Versprechen hören, daß sich die Österreicher so etwas von Ihnen in der Verkehrspolitik nicht mehr


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 44

erwarten müssen. Uns fehlt bislang der Glaube daran. Aber vielleicht können Sie uns durch eine Erklärung Sicherheit geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.34

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meines Erachtens weist das ÖBB-Gesetz 1992, das ja aufgrund der Ausgliederung des Bahnbetriebes aus dem Bundesbudget verabschiedet wurde, nicht eine Schwachstelle auf, sondern eine ganze Reihe von Schwachstellen. Daher bin ich der Meinung, daß dieses Gesetz in einem umfangreichen Sinne der Überarbeitung bedarf, und ich hätte mir eine solche auch gewünscht. Statt dessen hat sich der Verkehrsausschuß gestern mit einer einzigen Korrektur auseinandergesetzt, nämlich mit jener Sache, die der Verfassungsgerichtshof aufgrund einer erfolgreichen Privatanfechtung für verfassungswidrig erkannt hat.

Meine Damen und Herren! Wie so oft wurde eine solche Gesetzesreparatur im allerletzten Augenblick, fünf Minuten vor zwölf, parlamentarisch behandelt. Zwischen dem 9. März 1995 – das ist der Zeitpunkt des Spruches des Verfassungsgerichtshofes – und dem heutigen Tag ist mehr als ein Jahr vergangen. Dieser Fall zeigt ganz klar auf (Abg. Mag. Kukacka : Das hat der Rosenstingl schon gesagt! Das ist nichts Neues!) – ja, Herr Kollege Kukacka, ich komme noch auf Ihre Ausführungen zurück –, wie die Regierung in Wirklichkeit arbeitet: ineffizient, schlampig und ohne Innovationsbereitschaft!

Denn hätte es diesen äußeren Anlaßfall nicht gegeben, meine Damen und Herren, dann wäre wohl das bestehende Bundesbahngesetz auch die nächsten Jahre formell und materiell einzementiert worden. Ich wage das von dieser Stelle aus zu behaupten. Die Regierungsfraktionen hätten halt gewartet, bis dieser Fall irgendwann einmal beim Verfassungsgerichtshof landet. Aber eine echte inhaltliche Reform wäre sicherlich nicht eingeflossen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Man braucht doch nicht zu glauben, daß mit der Ausgliederung der ÖBB die Probleme vom Tisch sind. Damit wurde wirklich nur der allererste Schritt getan; ein wichtiger Schritt, aber nur ein erster Schritt, sozusagen die Grundvoraussetzung, um eine durchgängige ÖBB-Reform überhaupt in Gang setzen zu können.

In diesem Stadium sind die Regierungsfraktionen stehengeblieben. Da hat sich nichts mehr bewegt. Ich werde mir die Frage erlauben dürfen: Was hat sich wirklich getan seit der Ausgliederung vor zwei Jahren? – Ich habe ein paar Punkte gefunden, aber diese stimmen mich nicht gerade freudig:

Es wurde erstens einmal auf dem Papier ein überaus problematisches neues Dienstrecht geschaffen, das so neu gar nicht ist. Dieses Dienstrecht hat nur die Bezeichnung "neues Dienstrecht", denn dabei ging es anscheinend nur darum, den Eindruck zu erwecken, man würde die Besserstellung der ÖBB-Bediensteten gegenüber den privatwirtschaftlich Angestellten signifikant und nennenswert abbauen.

Meine Damen und Herren! In Wirklichkeit wurde nur die Spitze des Eisberges gekappt hinsichtlich der Privilegien der ÖBB-Bediensteten und bestenfalls die Ungleichbehandlung etwas gemildert. Aber auch das war sicher kein Reformwerk. Man hat die Vergangenheit mit den zur Verfügung stehenden Mitteln fortgeschrieben.

Ein zweiter Punkt, den ich hervorheben möchte: Von einer erfolgreichen Privatisierung wird immer wieder gesprochen, insbesondere seitens der SPÖ-Regierungsvertreter. Allen voran nimmt der nunmehrige Finanzminister Klima dieses Wort in den Mund. Er behauptet nur allzu gern, wie erfolgreich diese "Privatisierung" – ich muß dazu sagen: unter Anführungszeichen – über die Bühne gegangen ist.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 45

Meine Damen und Herren! Ich glaube, eines getrost sagen zu können, und ich werde nicht müde werden, das an dieser Stelle immer wieder zu wiederholen: Eine Ausgliederung aus dem Bundeshaushalt ist noch lange keine Privatisierung! Sie ist die Fortführung eines bisherigen Zustandes mit einem neuen Gesicht, nämlich in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, aber sie ist grundsätzlich noch eine Fortführung.

Die Ausgliederung hat auch nichts mit einer angeblich angestrebten Liberalisierung des Verkehrsweges Schiene zu tun. Hier scheinen doch die terminologischen Differenzen im allgemeinen Sprachgebrauch recht groß zu sein. Eine solche Liberalisierung ist nämlich erst dann erreicht, wenn es zu einer vollständigen operativen Trennung von Infrastruktur und Bahnbetrieb gekommen ist – als erste Voraussetzung – und wenn gleichzeitig das Monopol der ÖBB im Bahnbetrieb fällt. Dann ist eine Liberalisierung erreicht, sonst nicht! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Edler .)

Hören Sie mir doch auf mit Ihren Nebenbahnen, Herr Kollege! Sie kommen mir immer wieder mit den paar kleinen Pimperlbahnen! (Abg. Edler : Können die Franzosen bei uns fahren oder nicht?) De facto ist das Monopol der ÖBB nicht abgebaut, Herr Kollege!

Meine Damen und Herren! Wir verstehen jedenfalls unter Liberalisierung etwas anderes und nicht das, was in Sonntagsreden landläufig gerne verbreitet wird, insbesondere von Angehörigen der SPÖ-Fraktion.

Die Trennung von Infrastruktur und Bahnbereich besteht in Österreich nur auf dem Papier. Grau ist die Theorie, würde ich sagen, und völlig anders die tägliche Realität. Die gegenseitigen Mitspracherechte des Infrastrukturbereiches im Absatzbereich und des Absatzbereiches im Infrastrukturbereich führen ja nur dazu, daß die Verantwortungsanonymität größer und nicht kleiner wird.

Wenn ich von "Verantwortungsanonymität" spreche, dann nehme ich damit recht gerne ein Wort von Rudolf Streicher in den Mund, den ich schon längere Zeit auch von meiner außerparlamentarischen Tätigkeit her kenne, denn er hat im Zusammenhang mit der Rationalisierung von Unternehmen auch sehr gerne dieses Wort gebraucht. Ich finde, er trifft mit diesem Wort den Nagel auf dem Kopf!

Ein Beispiel für diese Verantwortungsanonymität, meine Damen und Herren, sehe ich darin, wie mit diesem sogenannten 60-Milliarden-Schilling-Ding umgegangen wird. Da sprach im Wahlkampf Finanzminister Klima – damals war er noch Verkehrsminister, eine Zeitlang war er beides – davon, die ÖBB sollten sich keine Sorgen machen, es gebe die 60 Milliarden Schilling und er werde dafür sorgen, daß sie zur Verfügung gestellt werden.

Es ist gut und schön, wenn man jetzt endlich ein Schieneninfrastrukturgesetz parlamentarisch berät, aber bitte, der Herr Minister kann nicht Versprechungen machen, ohne daß im Parlament ein diesbezüglicher Beschluß verabschiedet wäre. Ich reihe so etwas in den Bereich der Verantwortungsanonymität ein, und ich bleibe auch dabei.

Aus all dem, was ich bisher gesagt habe, meine Damen und Herren, ist ganz klar ersichtlich, daß die Bundesregierung – man sieht es auch im Regierungsübereinkommen – keine ernsthafte Liberalisierung des Verkehrsweges Schiene anstrebt.

Ein dritter Punkt, den die Regierung unternommen hat oder, besser gesagt, eigentlich unterlassen hat oder nicht verhindert hat, betrifft den letzten Lohn- und Gehaltsabschluß der ÖBB-Bediensteten. Er liegt mit durchschnittlich 2,8 Prozent außergewöhnlich hoch, würde ich einmal sagen. In diesem Teilbereich erkennt man auch ganz klar, daß die Verantwortlichen keinerlei Rücksicht auf die allgemeine Spargesinnung nehmen, auf jene Gesinnung, die der österreichischen Bevölkerung sozusagen als Notwendigkeit verkauft wird. Auf der einen Seite mutet man den österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu, überall zu sparen. Man fährt im Budget nach der Rasenmähermethode brutal drüber, ohne daß sich jemand wehren kann. Aber man hält es auf der anderen Seite im Bereich der Bundesbahnen gern mit dem Floriani-Prinzip: Sparen ja, aber beim anderen!


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 46

Meine Damen und Herren! Diese Vorgangsweise kann ich nicht billigen, und sie ist auch symptomatisch dafür, wie sehr die Regierungsparteien, in diesem Fall insbesondere auch die SPÖ, bei unpopulären Maßnahmen zweierlei Maßstäbe anlegen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Dort, wo es nämlich weh tut, im eigenen Bereich, wo eine Wählerklientel vorhanden ist – 55 000 oder 60 000 ÖBB-Bedienstete, die überwiegend der SPÖ-Wählerschaft zuzuordnen sind –, passieren die großen Ausnahmen – woanders nicht! Dort, wo sich der Bürger in diesem Lande nicht wehren kann, wird drübergefahren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist so, meine Damen und Herren, da gibt es nichts zu beschönigen.

Mich wundert allerdings, daß die ÖVP diesen Sonderregelungen für die ÖBB-Bediensteten beim Gehaltsabschluß so eins zu eins zugestimmt hat. Aber ich nehme an, daß es noch eine anderslautende, ergänzende Vereinbarung gibt. Vielleicht hat man sich geeinigt, vielleicht war das ein Junktim für irgendwelche Besonderheiten bei der Agrarförderung oder bei der Finanzierung des Kammersystems oder in anderen Bereichen. Ich erkenne jetzt schon ganz klar dieses Junktim, Herr Kollege Kukacka, und Sie werden mir nichts anderes weismachen können. (Abg. Mag. Kukacka: Millionen!)

Ein vierter Bereich, meine Damen und Herren, betrifft das leidvolle Thema der gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Sie wissen alle, daß im ÖBB-Gesetz der Bereich der gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht ausreichend und zweifelsfrei, nicht astrein definiert ist. Aus diesem Grund haben wir es auch jedes Jahr mit neuerlichen umfangreichen Diskussionen zu tun, wie beispielsweise jetzt wirklich der Regionalverkehr finanziert wird, was die Länder bezahlen, was der Bund übernimmt, ob das jetzt Sacheinlagen sind, ob das Barleistungen sind, und so weiter. Also wir haben eine enorme Grauzone in diesem Bereich. Wir sprechen darüber, und es gibt eine Debatte, aber eine Larifari-Debatte, denn letzten Endes wird irgend etwas, was dann als Meinung hineinverpackt wird, mehr oder weniger verabschiedet, ohne daß man an den Kern der Sache, an die inhaltliche Materie herangeht. Das ist natürlich auch ein Zustand, den man im ÖBB-Gesetz nicht so belassen sollte.

Herr Bundesminister! Sie sehen selbst, Sie werden in Ihrem Megaressort ganz gewaltige Aufgaben zu erfüllen haben. Ich hoffe, Sie sind bei der Bewältigung dieser Aufgaben nicht überfordert, denn ich muß schon sagen, diese Hoffnung, die ich jetzt geäußert habe, rührt eben daher, daß ich der Auffassung bin, daß Ihnen Ihr Vorgänger eine ganze Menge ungelöster Problemfälle hinterlassen hat.

Der einzige Grund, warum ich heute als Proredner gemeldet bin, ist, daß ich nicht will, daß die ÖBB-Bediensteten wieder jenen dienstrechtlichen Status erhalten – und das droht –, den sie vor der Ausgliederung hatten, nämlich den Status eines Bundesbediensteten. Das ist wirklich der einzige Grund, warum man in der Sache selbst dieser "Reparatur" – nicht "Novelle", Herr Kollege Kukacka – zustimmen kann. Daher ist das einer der wenigen Bereiche, in denen wir mit den Regierungsfraktionen übereinstimmen. In allen anderen Bereichen wird es weiterhin eine nachhaltige und intensive Diskussion geben müssen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Scholten. – Bitte, Herr Minister.

13.46

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, betraut mit der vorläufigen Leitung des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Dr. Rudolf Scholten: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich gleich beim letzten Punkt anschließen darf: Ich habe diese Funktion nicht in der Erwartung angetreten, daß es da keine Fragen mehr zu lösen gebe. Sie ist mir auch nicht übertragen worden mit der begleitenden Bemerkung, daß es da keine Fragen mehr zu lösen gebe. Ganz im Gegenteil, ich denke, daß sich auch ein Unternehmen wie die ÖBB selbstverständlich zu jedem Zeitpunkt wesentlichen Fragen gegenübersehen wird. Das wird sich gar nicht nur auf organisationsrechtliche und schon gar nicht nur auf dienstrechtliche Fragen beziehen, insbesondere, wenn das gelingt, was offensichtlich alle im Grundsatz vorhaben, nämlich daß dieses Unternehmen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 47

selbständig am Markt, aber unter Berücksichtigung seiner gesellschaftlichen Aufgaben, agiert, im Sinne derer, die in diesem Unternehmen beschäftigt sind, aber selbstverständlich primär im Sinne der Kunden.

Wenn dieses Unternehmen so agieren soll, dann braucht es erstens die Bereitschaft, sich jeweils auf die Fragen, die die Zeit stellt, einzustellen, und da sind verkehrspolitische Fragestellungen, wie Sie wissen, sehr großen Veränderungen unterworfen gewesen. Es braucht aber auch – und damit komme ich zu einem Punkt, der mir wesentlich erscheint – jene Gewißheit, agieren zu können, die sich ein ausgegliedertes Unternehmen, ein selbständiges Unternehmen, glaube ich, erwarten kann.

Ich begegnete in diesen wenigen Tagen schon einer ganzen Reihe von Fällen und einer ganzen Reihe von Argumenten, wo gesagt wird: Ja, wir wissen schon, das ist ausgegliedert, aber das sollen sie nicht dürfen und jenes sollen sie nicht dürfen, und das sollen sie nicht selbständig vereinbaren, sondern dazu müssen Vereinbarungen dazu getroffen werden.

Ich sehe schon ein – das sage ich auch dazu –, daß sich ein Unternehmen dieser Größe und auch sozusagen mit dieser Nähe zur öffentlichen Hand nicht so ganz aus dem öffentlichen Gesamtbild heraushalten kann. Das muß schon in einem gewissen Einklang stehen. Wir werden es sonst wohl auch niemandem anders sinnvollerweise erklären können. Aber ich denke, ein Prinzip, das wir uns nicht nur zu eigen machen, sondern auch halten und vielleicht dann, wenn Gefahr droht, ein wenig verstärken sollten, ist, daß diese Selbständigkeit des Unternehmens auch Respekt findet, und zwar nicht nur dann, wenn man irgendwelche unangenehmen Geschichten abgeben kann, sondern auch dann, wenn vom Vorstand oder von den Unternehmensorganen insgesamt Entscheidungen getroffen werden, die zu respektieren sind. Nur so kann Ausgliederung auch Sinn machen.

Der zweite Punkt, der mir in dem Zusammenhang auch wesentlich erscheint, ist, daß dieses Unternehmen zur Ruhe kommt, und wenn ich das sage, dann meine ich wahrlich nicht zur Inaktivität, aber zur Ruhe kommen soll in dem Sinn, daß die Summe aller dort Tätigen, egal, auf welcher Hierarchieebene, egal, in welchem Status, die Gewißheit bekommt, daß ihnen derjenige, der de facto Eigentümer dieses Unternehmens ist, nämlich der Staat, Raum gibt zur Weiterentwicklung und nicht zu jedem Zeitpunkt nur feststellt, was sich gerade als scheinbar miserabel darstellen läßt.

Ich glaube, daß – um das ganz praktisch zu sagen – die Beschäftigten der ÖBB ein Recht auf Anerkennung dafür haben, daß sie in einer besonders das Staatsganze im Auge habenden Form an den Veränderungen der letzten Jahre mitgewirkt haben, daß sie in einer Form an diesen Veränderungen mitgewirkt haben, die sehr wohl Rücksicht genommen hat auf all das, was wir letztendlich von ihnen wollten. Also mangelnde Kooperationsbereitschaft kann man ihnen da wohl nicht vorwerfen.

Damit haben sie sich aber, glaube ich, auch eines verdient, nämlich einen gewissen Vertrauensvorschuß für die Zukunft und nicht nur die Nebenbemerkung, daß wir sozusagen scheibchenweise jetzt hinterher sind. Das ist kein Aufruf zur Unwirtschaftlichkeit, es ist aber ein Aufruf dazu, jene zu respektieren, die in den letzten Jahren sehr viel an Engagement aufgebracht haben, persönlich und stellvertretend für andere, um diese Veränderungen zu bewerkstelligen, ein Aufruf, ihnen jetzt auch den notwendigen Raum zu geben und nicht sofort wieder, gleichsam kritisierend, nachzusetzen. Das ist auch kein Freibrief für Mißstände, das ist kein Freibrief für Fehlentwicklungen, und das ist schon gar kein Freibrief für Passivität, es sollte aber, wie gesagt, ein Vertrauensvorschuß sein.

Der dritte Punkt ist, daß die ÖBB – und ich glaube, daß man das auch in der politischen Einordnung wohl so sagen kann – in der politischen Debatte auch diese sachliche Auseinandersetzung verdienen. Ich sage das ganz bewußt als jemand, der wenige Tage Verkehrsminister ist, unter Betonung dieses Umstandes. Wenn man den Debattenbeiträgen hier zuhört, dann fällt ein Argument immer wieder auf, nämlich dasjenige, daß man dieses Thema nur unter dem


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 48

Blickwinkel sieht, daß eine hohe Zahl von ÖBB-Beschäftigten der SPÖ angehört. Wenn das meiner Fraktion vorgehalten wird, so ist das ein Vorwurf, auf den man zu reagieren hat.

Man hat zu respektieren, daß es hier um unternehmerische Belange geht. Es geht um das Schicksal des Unternehmens, es geht um verkehrspolitische Fragen, es geht um das Schicksal derer, die dort beschäftigt sind. Es kann nicht aus der Sicht der Kritik darum gehen, welche politischen Einstellungen in hoher Zahl die Beschäftigten dieses Unternehmens haben. Das kann kein sachliches Argument sein, und das ist auch kein sachliches Argument. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade die immer wieder heraufbeschworene – nicht zu Unrecht heraufbeschworene – Notwendigkeit, daß sich das Unternehmen aus seinen politischen Abhängigkeiten zu wirtschaftlicher Selbständigkeit entwickelt, erfordert, denke ich, in ganz besonderem Maße diesen Umgang, der nicht ständig sozusagen dieses parteipolitische Schielen beinhaltet.

Letzter Punkt: Die ÖBB sind mit Sicherheit – sowohl hinsichtlich ihrer infrastrukturellen als auch hinsichtlich ihrer Verkehrsträgeraufgaben – ein wesentlicher, wenn nicht der Schlüssel zur Lösung der verkehrspolitischen Fragen der Zukunft.

In Klammer möchte ich nur dazusagen: Wenn seitens des Herrn Meischberger vermutet wird, daß eine eigene Gesellschaft zur Versorgung eines Bediensteten gefunden wird, dann sollte man, wenn man uns das schon nicht zutraut, zumindest der EU zutrauen, daß sie dafür nicht noch beträchtliche Gelder zur Verfügung stellen würde. Diese Einstellung – ich weiß schon, daß man das von der Regierungsbank aus angeblich nicht sagen darf, aber ich mache es jetzt dennoch –, alle für dumm zu halten, und dann noch ganz Europa, halte ich für verwegen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die ÖBB sind nun einmal ein verkehrspolitischer Schlüssel, ein verkehrspolitischer Schlüssel für die Lösung der zukünftigen Fragen. Das geht von den bekannten Themen der diversen Transitrouten bis zu den generellen Themen des Verhältnisses zwischen den Verkehrsträgern. Ich glaube, wenn wir heute hier insbesondere über die ÖBB sprechen, daß wir jenen Bereich hier besonders auch vor unsachlicher Polemik schützen sollten, der unser wesentliches Instrument ist und bleiben wird, auf diese Fragen Antworten zu geben.

Ganz zum Schluß noch ein Satz zu der konkreten Bestimmung, über die heute hier debattiert wird. Es taucht immer wieder – vielleicht von mir jetzt zu hellhörig wahrgenommen – unterschwellig das Argument auf: Na, wer weiß, ob das jetzt halten wird? – Also ich denke, daß eine Bestimmung, die in der Form korrigiert wurde, wie sie vom Verfassungsgerichtshof geradezu vorgeschlagen wurde, doch eine hohe Chance hat, auch entsprechend verfassungsrechtlich anerkannt zu werden.

Ich glaube, daß man auch den Beschäftigten der ÖBB das klare Signal geben sollte, daß es nicht darum geht, daß sich vor dieser Bestimmung niemand um ihre Rechte und jetzt sozusagen die Verfassung um ihre Rechte gekümmert hat, sondern man kann wohl mit Fug und Recht behaupten,  daß  vor  dieser  Bestimmung  eine  Absicherung  der  Rechte  der  Beschäftigten der ÖBB in materiell gleichwertiger Form gegeben war, man hat aber gleichzeitig festzustellen und dieses Erkenntnis des VGH selbstverständlich zu respektieren, daß die gegenwärtige Fassung auch die notwendige verfassungsrechtliche Überhöhung garantieren kann. Und das ist gut so.

Ich danke auch, daß wir auch im Ausschuß eine sehr sachliche Debatte zu diesem Thema führen konnten. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 49

13.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Trenk. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Ihre Restredezeit beträgt 5 Minuten.

13.56

Abgeordneter Josef Trenk (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! – Herr Kollege Edler, Sie sagten den wunderbaren Satz in Ihrer Rede: Wenn sich ein Bediensteter irgendwie unmutig benimmt und bei der ÖBB zum Beispiel mit den Gesetzen oder mit der neuen Novelle nicht einverstanden ist, dann kann er sich gesetzlich schützen. – Das haben Sie heute hier gesagt. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen: Wenn er das tut, hat er sicherlich keine Arbeit mehr, denn dann wird er wahrscheinlich abgebaut werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden mit dieser Novelle alle ÖBB-Bediensteten über den Tisch ziehen, und wir Freiheitlichen werden bei dieser Ziehung sicherlich nicht mitspielen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die 70 000 bis 73 000 Pensionisten mit dieser Novelle in den Jahren 1996 und 1997 mit einer Erhöhung der Pensionssicherungsbeiträge belastet werden, so finden wir, daß diese Belastung viel zu plötzlich von der SPÖ- und von der ÖVP-Fraktion getragen wird. Sie hätten sicherlich schon einige Jahre Zeit gehabt, über diese Novelle nachzudenken. Mir kommt das genauso vor, wie mein Kollege Rosenstingl gesagt hat: eine Husch-Pfusch-Partie. Die ÖBB-Bediensteten werden über den Tisch gezogen. Man beschließt hier eine Novelle, aber sicherlich nicht mit den Freiheitlichen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Minister Ditz sagte in einem Radiointerview, diese Maßnahme führe zu einer Reduzierung der Bezüge für die Pensionisten. (Abg. Parnigoni: Bleib im Wirtshaus!) – Herr Parnigoni, Sie sprechen eh nach mir. Wir werden dann hören, was Sie dazu sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gehaltssteigerungen sind ja nicht beinhaltet, sondern nur die Biennalsprünge.

Liebe Kollegen von der SPÖ! Ich denke, daß wir dieser Novelle nicht zustimmen können, weil wir uns noch immer für die kleinen Arbeiter einsetzen, speziell für jene Arbeiter, die bei den ÖBB auf den Schienen et cetera arbeiten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang unserem neuen Bundesminister kurz die Frage stellen, wie er zum Semmering-Basistunnel steht, der ja an und für sich in das Verkehrskonzept hineinfällt. Auf der einen Seite sagt man: Sparpaket hin, Sparpaket her, dort nehmen wir den Pensionisten etwas weg, aber wir bauen trotzdem das Monsterprojekt, das zwischen 10 und 15 Milliarden Schilling kostet. Der Vorgänger, Herr Minister Klima, hat es nicht geschafft, hier im Parlament einmal ein Finanzierungspaket vorzulegen, damit wir über diese Finanzierung auch debattieren hätten können.

Dieses Monsterprojekt will von niederösterreichischen Seite sowieso keiner, das interessiert überhaupt niemanden. Die Ansage der SPÖ, daß man sich 20 Minuten erspart und schneller in Mürzzuschlag oder in Bruck ist, diese 20 Minuten, meine sehr geehrten Damen und Herren, kosten den Steuerzahler 10 bis 15 Milliarden Schilling. Wir Freiheitlichen werden im Sinne des Sparpaketes da sicherlich nicht mittun, sondern den Bau des Semmering-Basistunnels zu verhindern versuchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Scholten! Ich würde Sie bitten, Ihre Arbeit nicht so zu beginnen, wie sie Ihr Vorgänger, Herr Bundesminister Klima, verlassen hat. Ich würde Sie bitten, sich etwas stärker gegen den Bau des Semmering-Basistunnels einzusetzen, denn auf der einen Seite nimmt man den Pensionisten Prozente weg, auf der anderen Seite verschwendet man Beträge in Milliardenhöhe – und das für ein Projekt, das keiner will. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 50

14.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist dazu noch Abgeordneter Sigl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.01

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Trenk, jetzt steht eine Novelle zum Bundesbahngesetz zur Debatte, nicht aber der Bau des Semmering-Basistunnels. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Blünegger: Weil ihr euch eh nicht traut! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Kukacka! Sie haben hier von überflüssigen Eisenbahnern gesprochen, die da wegrationalisiert wurden. Ich möchte Ihnen hiezu nur sagen, daß die Österreichischen Bundesbahnen in den letzten drei Jahren, seit 1993, 7 000 Kolleginnen und Kollegen eingespart haben. Natürlich bekennen sich die ÖBB zu sinnvollen Rationalisierungen – wenn es zum Beispiel keine Stellwerke mehr gibt, kann man auch keine Stellwerker anstellen, wenn es keine Dampfmaschinen mehr gibt, braucht man auch keinen Heizer mehr –, aber überflüssig ist kein einziger! Denn, verehrte Damen und Herren, wir haben mit dieser gesunkenen Zahl von rund 60 000 Beschäftigten mehr Reisende und die höchste Zahl an Tonnagen seit Bestehen der Österreichischen Bundesbahnen befördert. – Und das ist auch einen Dank wert. (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Kollegen Firlinger, der über die verschiedenen sogenannten Privilegien, wie er meint, gesprochen hat, muß ich sagen, daß die Österreichischen Bundesbahnen der einzige Betrieb waren und sind, der im Jahre 1995 erstmalig und einmalig eine insgesamt niedrigere Lohnsumme hatte als im Jahre 1994. – Und das sagt doch auch einiges aus.

Da Sie, Herr Abgeordneter Kukacka, erwähnt haben, daß es bei den Österreichischen Bundesbahnen rund 73 000 Pensionisten gibt, muß ich Ihnen dazusagen, daß sich diese Zahl von 73 000 natürlich aus Beamten im Ruhestand, aber zu 35 Prozent auch aus Witwen, nämlich 26 000 Witwen, zusammensetzt. – Das muß man auch einmal erwähnen.

Abschließend noch ein Wort über all jene Eisenbahner und Eisenbahnerinnen, die ab 1. Jänner 1995 neu eintreten. Sie werden – wie in keinem anderen Bereich – Rechte abgeben und nun nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz behandelt werden, ein neues Arbeitszeitansparmodell wird für sie wirksam werden, wie das in keinem anderen Betrieb dieser Größenordnung der Fall ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem von unserer Fraktion eingeleiteten und vom Koalitionspartner unterstützten Initiativantrag soll das Fortbestehen der Reformen bei den Österreichischen Bundesbahnen gesichert werden. Es soll durch die in diesem Antrag geforderte Präzisierung des § 21 klargestellt werden, daß für eine bestimmte Gruppe von Bedienstetem eine subsidiäre eingeschränkte Bundeshaftung gegeben ist, nämlich für jene Gruppe von Bediensteten, die vor dem 1. Jänner 1993 bei den ÖBB beschäftigt waren.

Diese Schadlos- oder Ausfallbürgschaft soll sicherstellen, daß bei einer möglichen Insolvenz des privaten Unternehmens Österreichische Bundesbahnen der Bund die Haftung übernimmt. Würde nämlich bis 31. März 1996 keine Änderung des Bundesbahngesetzes 1992 zustande kommen, müßten viele erfolgreich eingeführte Reformen bei den ÖBB eingestellt werden. Seit dem Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes konnten nämlich zahlreiche Rationalisierungsschritte gesetzt werden.

Durch die Änderung im Dienstrecht ergaben sich maßgebliche Fortschritte im organisatorischen Bereich. Die erfolgreichen Reformen schlagen sich bereits jetzt in einer effizienteren Organisation der ÖBB nieder. So ist es zum Beispiel möglich, die Teilzeitarbeit zu forcieren. In der heutigen Zeit muß man mit verschiedenen Arbeitszeitmodellen variieren können, um die betriebliche Effizienz des Unternehmens zu gewährleisten.

Diese erfolgversprechenden Maßnahmen wären nicht möglich, wenn das mühsam ausverhandelte neue Dienstrecht der Österreichischen Bundesbahnen für nichtig erklärt würde, denn im Dienstrecht des Bundes sind solche Arbeitszeitmodelle nicht vorgesehen.

Die damit verbundene Leistungssteigerung des Unternehmens ist ein großer Schritt in Richtung internationaler Wettbewerbsfähigkeit. So zum Beispiel bewirken diese Änderungen auch eine Erhöhung der Angebotspalette und damit verbunden eine noch attraktivere Österreichische


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 51

Bundesbahn. Es profitiert nicht nur das Unternehmen vom neuen Dienstrecht, sondern auch die Konsumenten der Österreichischen Bundesbahnen.

Desgleichen kann durch diese Angebotssteigerung der Straßenverkehr entlastet werden, was wiederum eine Reduzierung der Schadstoffe, der Lärmbelästigung und des Energieaufwandes bedeuten würde. Damit entfiele eine wesentliche Belastung für die Umwelt. Dieser aus der Reform des Dienstrechtes begründete sekundäre Effekt kommt nicht nur dem Bahnbenützer zugute, sondern eben der gesamten Bevölkerung.

Weiters wäre noch zu erwähnen, daß es im neuen Dienstrecht keinen Versetzungsschutz für den Arbeitnehmer gibt. So kann ein Bediensteter der Österreichischen Bundesbahnen aus betrieblichen Gründen auch weiterhin jederzeit in ganz Österreich versetzt werden. Das führt auch sicherlich zu einem Vorteil gegenüber anderen privaten Beförderungsunternehmen, die diese Möglichkeit nicht in ihrem Dienstrecht verankert haben.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich Ihnen sagen, daß die Österreichischen Bundesbahnen ohne das neue Dienstrecht schwerwiegende strukturelle Nachteile gegenüber der Konkurrenz hätten. Deshalb ersuche ich Sie, zahlreich der Änderung des Bundesbahngesetzes 1992 § 21 Abs. 1 zuzustimmen. Es ist dies im Sinne einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt mir keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Herr Berichterstatter, wünschen Sie ein Schlußwort? (Berichterstatter Abg. Seidinger: Danke nein!) Nein, das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung , und ich bitte die Damen und Herren, die Plätze einzunehmen.

Ich lasse abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 84 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Entwurf in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

3. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (6 der Beilagen): Internationales Kakaoübereinkommen 1993 samt Anhängen (66 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 3. Punkt der Tagesordnung: Internationales Kakaoübereinkommen 1993 samt Anhängen (66 der Beilagen).

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Ich bitte ihn, die Berichterstattung vorzunehmen. (Von der Galerie werden Flugblätter in den Sitzungssaal geworfen.) – Herr Abgeordneter, bitte warten Sie eine Sekunde! Was ist denn? – Bitte, vielleicht könnten die Bediensteten des Hauses dafür Sorge tragen, daß das nicht fortgesetzt wird.

Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie um Ihren Bericht.

Berichterstatter Georg Oberhaidinger: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftausschusses über die Regierungsvorlage (6 der Beilagen): Internationales Kakaoübereinkommen 1993 samt Anhängen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 52

Der Wirtschaftsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung vom 7. März 1996 in Verhandlung genommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Staatsvertrag: Internationales Kakaoübereinkommen 1993 samt Anhängen (6 der Beilagen) wird genehmigt.

Herr Präsident! Da Wortmeldungen vorliegen, ersuche ich, die Debatte darüber fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Meine Damen und Herren! Da jeder offensichtlich schon sein Flugblatt hat, können wir die Debatte fortsetzen. (Heiterkeit.)

Für diese Debatte wurde festgelegt, daß pro Fraktion ein Redner mit einer Redezeit von 10 Minuten und ein zweiter Redner mit einer Redezeit von 5 Minuten zu Wort kommt.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Haigermoser. – Herr Abgeordneter, ich erteile es Ihnen.

14.10

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Einige begleitende Anmerkungen zum Internationalen Kakaoübereinkommen. Gestern durfte ich in einem Wiener Kaffeehaus erfahren, daß das Ganze "Gaugau" heißt, aber nun gut.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Maßnahmen liegt, wie wir gehört haben, in der Aufbereitung, Beurteilung und in statistischen Maßnahmen. Ich hoffe nicht, daß es hiebei bleibt, sondern daß dieses zweifelsohne positive Abkommen zu einigen Verbesserungen für die Herkunftsländer dieser birnenförmigen Baumfrucht führt.

Österreich muß aufgrund des EU-Beitrittes dieses Abkommen übernehmen. Wir geben damit Souveränitätsrechte an die Europäische Union ab. – Dies darf aber nicht dazu führen, daß es vielleicht in Hinkunft zu einem Plagiat oder zu einer Wiederholung der EU-Banane respektive der EU-Bananeneinfuhrordnung kommt, die nämlich dazu geführt hat, daß die Schwellenländer, die Erzeugerländer, schlechtere Preise bekommen und auf der anderen Seite die österreichischen Verbraucher draufgezahlt haben, und zwar bis zu einer Verdoppelung des Preises bei Bananen. Das heißt also, daß wir in diesem Spezialbereich höllisch aufpassen müssen, daß die Delegierung der Probleme an die EU nicht zu Nachteilen für den österreichischen Markt führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich ist dieser, wie die Wiener sagen, "Gaugau" auch Volksnahrungsmittel, da er als Hauptbestandteil in der Schokolade beinhaltet ist, und wir müssen die Dinge daher auch von der Preisseite her betrachten, nämlich dergestalt, daß ein ordentlicher, guter Preis für diese Produkte aus den Schwellenländern in Hinkunft die beste Entwicklungshilfe ist. Daher werden wir genau aufpassen, ob diese Interessen der Entwicklungshilfe für die Entwicklungsländer eingehalten werden.

Wir meinen, daß eine Lösung, wie sie, wie gesagt, bei der Bananen-Importregelung gefunden wurde, zu einem weiteren Hinarbeiten auf Monokulturen führt. Diese Monokulturpolitik der Europäischen Union hat sich auf verschiedenen Ebenen bereits negativ ausgewirkt. Daher sind unsere Vertreter in Brüssel, insbesondere EU-Kommissar Fischler, aufgerufen, da endlich einmal nach dem Rechten zu sehen, damit auch die Probleme des Umweltschutzes in die Gesamtüberlegungen miteinbezogen werden.

Meine Damen und Herren! Zuzugeben sei – abschließend gesagt –, daß mit diesem Internationalen Kakaoabkommen, dem Österreich bisher nicht beigetreten ist, in der Vergangenheit die Preissituation zumindest über die Jahre gleichmäßig gestaltet werden konnte. Das heißt, wenn wir uns die Entwicklung auf dem Rohwarenmarkt in London anschauen – siehe auch


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 53

heutige Ausgabe der "Neuen Zürcher Zeitung" –, kann über Monate hindurch verfolgt werden, daß ein in etwa gleichbleibender Preis auf dieser Warenterminbörse in London festgestellt werden kann, detto auf der großen Warenterminbörse in New York. Mit diesen Maßnahmen ist den Entwicklungsländern mit Sicherheit – das wird man auch feststellen können, wenn es ordentliche Beobachtungszeiträume gibt – geholfen.

Wir stimmen daher diesem Beitritt nicht nur gezwungenermaßen zu, sondern meinen, daß bei entsprechender Beobachtung für die Herkunftsländer des Kakaos sicherlich entsprechend gute Preise erzielt werden können. Ich bitte auch um Verständnis bei den Verbrauchern, daß es nicht nur immer der tiefe Preis für ein Produkt ist, der ausschlaggebend ist, sondern auch die entsprechende Qualität eingehalten werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.14

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, Herr Abgeordneter Haigermoser, Österreich tritt erst jetzt, nachdem es Mitglied der Europäischen Union geworden sind, dem internationalen Kakaoübereinkommen bei. Das ist ein Abkommen, das die Importe und Exporte – also die Produktion und den Verbrauch – von Kakao regelt, und innerhalb dieser Organisation haben sowohl die kakaoanpflanzenden Länder als auch die verbrauchenden Länder je 1 000 Stimmen. Man will damit erreichen, daß ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anbau und Verbrauch gegeben ist, und ganz besonders will man mit dieser Maßnahme Dritte-Welt-Länder, die hauptsächlich Kakao anbauen, unterstützen, damit sie auch zu einem gerechten Preis kommen.

Meine Wortmeldung bezieht sich aber auf einen Abänderungsantrag, den ich hier einbringen möchte, weil wir im Ausschuß durch meine Schuld – das muß ich dazusagen – vergessen haben, eine Bestimmung aufzunehmen, die ich hiermit nachtragen möchte und die hier beschlossen werden muß, und zwar:

Antrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Kollegen zur Regierungsvorlage (6 der Beilagen): Internationales Kakaoübereinkommen 1993 samt Anhängen in der Fassung des Ausschußberichtes (66 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG werden die in französischer, spanischer, russischer, arabischer und chinesischer Sprache gehaltenen Texte dieses Übereinkommens dadurch kundgemacht, daß diese beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden aufliegen.

*****

Mit diesem Antrag wird bezweckt, daß wir uns Papier ersparen und daß die Veröffentlichung in den anderen Sprachen einfach im Bundesministerium erfolgt.

Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen des Hauses, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete, bitte in Zukunft das Original des Abänderungsantrages hier vorzulegen, damit ich überprüfen kann, ob das auch der Antrag ist, der verlesen wurde. (Abg. Dr. Haider: Sie ist noch nicht so lange im Parlament! – Ein Beamter überreicht Präsident Dr. Neisser den entsprechenden Antrag.) Danke.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 54

Der Antrag – ich sehe es jetzt – ist ausreichend unterstützt. Er wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Aumayr. Ihre Redezeit beträgt maximal 5 Minuten. Bitte.

14.17

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Wieder ein internationales Abkommen wie das Kaffeeabkommen oder zum Beispiel das Handelsabkommen GATT – ich frage mich nur: Wurde oder wird dadurch die Situation der Kakaobauern, der Kaffeebauern in irgendeiner Weise verbessert? Wird durch dieses Abkommen die Landflucht verhindert, werden die Slums in den Städten kleiner? Gibt es durch diese Abkommen faire Preise für die Produzenten, für die Bauern – einen Preis, der ihre Kosten abdeckt und sie einen Gewinn erzielen läßt, damit sie ihre Familien ernähren können?

Es gibt bis jetzt weder ein Abkommen für Kaffee, das für die Produzenten gerechte Preise beinhaltet, noch ein Abkommen, durch das gerechte Preise zum Beispiel für Getreide gewährleistet wären. Die Kaffeebauern in Brasilien weichen, um überleben zu können, bereits in den Anbau von Pflanzen aus, aus welchen dann Drogen erzeugt werden, oder sie wandern ab und vergrößern durch ihre Suche nach Arbeit die Slums in den Großstädten.

Aus Afrika geht der größte Teil des Kakaobedarfs in die ganze Welt und nach Afrika flossen und fließen Beträge in Milliardenhöhe an Entwicklungshilfe. Die UNO hat gerade gestern ein Hilfsprogramm für Afrika in Höhe von 285 Milliarden Schilling lanciert – und trotzdem sanken, im Gegensatz zu den meisten Regionen der Welt, die Einkommen in Afrika in den vergangenen Jahren ganz beträchtlich. In Afrika leben 220 Millionen Menschen unter der absoluten Armutsgrenze – 220 Millionen von 758 Millionen Menschen! –, die Milliardenhilfe der Ersten Welt für Afrika jedoch wird zum Teil verschwendet und für sinnlose Projekte ausgegeben.

Internationale Abkommen – vor allem das GATT – wirken sich à la longue für alle Bauernfamilien auf der ganzen Welt ruinös aus. Ohne Unterschied trifft es die amerikanischen Farmer, treibt sie in Schulden  –  die höchste Selbstmordrate aller Berufsgruppen in Amerika weisen die Farmer auf –, trifft es das europäische Bauerntum – in Europa ist ein Bauernsterben unbeschreiblichen Ausmaßes im Gange –, trifft es die Bauern in Lateinamerika, in Afrika und in Asien. Bei einem Produktionspreis von 3 bis 5 S pro Kilo Kaffee – verkauft wird er in Österreich um 130 bis 150 S; bei Kakao ist es ähnlich – oder bei einem Preis von 2,60 S für Getreide, während 1 Kilo Brot 23 S kostet, kann kein Bauer mehr überleben.

Ist das die Marktwirtschaft, die Sie meinen?: Kaffee-, Kakao- und Getreidepreise werden von einer Handvoll mächtiger Menschen hinter dicht verschlossenen und gepolsterten Türen ausverhandelt. Die freie Marktwirtschaft wird nur vorgetäuscht! In Wirklichkeit wird sie dadurch nur zunichte gemacht. Nicht umsonst hat Karl Marx zur freien Marktwirtschaft folgendes gesagt – hören Sie gut zu; das ist vor allem für die ÖVP interessant – ich zitiere wortwörtlich –:

"Man überlegt den völligen Freihandel. Ich bin für den völligen Freihandel, denn mit diesem wird das bürgerliche Element mit Sicherheit beseitigt."

Von der freien Marktwirtschaft werden weltweit das Bauerntum und das bürgerliche Element beseitigt. Und Sie von der ÖVP sind da fest mit unterwegs! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist als vorläufig letzte Rednerin hiezu Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander.

Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort! Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten.

14.21

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen dem vorliegenden Abkommen zu, denn wir sehen darin eine


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 55

Möglichkeit, vor allem jenen Ländern Importe auch nach Europa zu ermöglichen, in welchen die Kakaoproduktion ein substantieller Bestandteil ihrer Wirtschaft ist.

Aber – dieses Aber bitte ich zu bedenken und jetzt schon zu berücksichtigen – die Kommission der Europäischen Union arbeitet derzeit an einer Richtlinie, die genau diesem Abkommen zuwiderläuft. Sie sieht nämlich vor, daß für die Länder Großbritannien, Irland und Dänemark der Ersatz von Kakaobutter durch pflanzliche Öle als auch durch Schokolade erlaubt sein soll. Sollte diese Richtlinie tatsächlich in Kraft treten, so würde nicht nur das Reinheitsgebot zugunsten der Schokoladeindustrie geopfert werden, sondern hätte das auch ziemlich verheerende Auswirkungen gerade auf jene Länder, die eben von dieser Produktion profitieren. Das würde einen Rückgang der Kakaoproduktion beziehungsweise ein auf Halde- oder Lagerliegen der Kakaobohnen zur Folge haben. Das würde einen zusätzlichen Preisdruck durch verminderte Nachfrage bedeuten.

Natürlich würden à la longue, sollte die Europäische Union tatsächlich eine solche Maßnahme setzen, auch andere Staaten, außereuropäische Staaten, wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten da nachziehen, um die Wettbewerbsbedingungen sozuagen wieder ins Lot zu bringen und um mithalten zu können.

Klarerweise würde eine solche Vorlage der Europäischen Kommission nicht nur zu diesem Kakaoabkommen, das in seinem Artikel 32 vorsieht, daß vor allem die Importländer alle Anstrengungen unternehmen sollen, um die Nachfrage nach Kakao noch zu erhöhen, in Widerspruch stehen, sondern auch zur geforderten Kohärenz in der Europäischen Union. Das heißt, eine solche Maßnahme würde mit einer Reihe von politischen Maßnahmen nicht mehr im Einklang stehen. Sie würde vor allem zur Entwicklungspolitik, die ja an und für sich im Vertrag von Maastricht festgelegt ist, im Widerspruch stehen.

Interessanterweise – um noch ein weiteres Beispiel dieser Widersprüchlichkeiten aufzuzeigen – hat noch Ende der achtziger Jahre die Weltbank im Rahmen eines Strukturanpassungsprogrammes gerade jene Projekte gefördert, durch die der Kakaoanbau ausgedehnt wird. Auch das würde nun in Frage gestellt werden.

Das heißt, es gilt schon jetzt wachsam zu sein. Wenn wir diesem Kakaoabkommen beitreten, dann müssen wir auch darauf achten, was diesbezüglich in der Europäischen Union ausgearbeitet wird. Sollte es tatsächlich zu einer Vorlage der EU-Kommission kommen, dann müssen wir – ich möchte schon jetzt an Sie appellieren – in gemeinsamen Beratungen im Hauptausschuß zu verhindern trachten, daß diese dem Kakaoabkommen, das wir heute beschließen, zuwiderläuft und es ad absurdum führt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Herr Berichterstatter, wünschen Sie ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. (Abg. Ing. Maderthaner betritt in Eile den Sitzungssaal.) Herr Präsident, wir warten auch auf Sie.

Wir stimmen als erstes ab über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anhängen in 6 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

(Beim Liberalen Forum stehen zwei Abgeordnete an einem Platz.) Frau Abgeordnete, das kommt davon, wenn man nicht rechtzeitig da ist: Jetzt stehen sie beide an einem Platz. (Heiterkeit.) Aber es sind noch einige Plätze frei in diesem Haus. Vielleicht kann man sich verteilen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 56

Weiters ist beantragt, gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die Kundmachung des Vertragstextes samt Anhängen in französischer, spanischer, russischer, arabischer und chinesischer Sprache dadurch vorzunehmen, daß diese Texte beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch bei diesem Antrag kann ich die einstimmige Annahme feststellen.

4. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 7/A der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz 1975 geändert wird (68 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 30/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Bergrechtsreform (69 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies Berichte des Wirtschaftsausschusses über die Anträge 7/A der Abgeordneten Grabner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz geändert wird (68 der Beilagen), und 30/A (E) der Abgeordneten Anschober und Genossen betreffend Bergrechtsreform (69 der Beilagen).

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Abgeordneter Dietachmayr.

Herr Abgeordneter! Ich bitte Sie, beide Berichte zu geben.

Berichterstatter Helmut Dietachmayr: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erstatte zunächst den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 7/A der Abgeordneten Grabner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz 1975 geändert wird.

Um den Gemeinden eine verstärkte Mitwirkung bei der Erteilung von Gewinnungsbewilligungen zu ermöglichen, soll ihnen in den ihnen im eigenen Wirkungsbereich zur Vollziehung zukommenden Angelegenheiten die Stellung einer Formalpartei eingeräumt werden.

Der Wirtschaftsausschuß hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 7. März 1996 in Verhandlung genommen.

Die Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen brachten einen Abänderungsantrag ein, der eine formale Richtigstellung enthielt.

Der Abgeordnete Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn stellte den Antrag, einen Unterausschuß 3:3:2:1:1 einzusetzen, der keine Mehrheit erhielt.

Weiters brachten die Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen drei Entschließungsanträge ein.

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 7/A in der Fassung des Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.

Die Entschließungsanträge der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen fanden nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 57

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Ich bringe weiters den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag [30/A (E)] der Abgeordneten Anschober, Wabl und Genossen betreffend Bergrechtsreform.

Die Abgeordneten Anschober, Wabl und Genossen haben am 30. Jänner 1996 den gegenständlichen Entschließungsantrag im Nationalrat eingebracht.

Der Wirtschaftsausschuß hat den Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 7. März 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Herr Präsident! Ich bitte, die Debatte darüber durchzuführen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Für diese Debatte wurde eine Beschränkung der Redezeit auf drei "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Gesamtredezeiten ergeben: SPÖ 45 Minuten, ÖVP 42 Minuten, Freiheitliche 39 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 27 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.31

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Nicht ganz überfülltes Plenum! Sehr geehrte Damen und Herren! Man sieht, daß die Materie Bergrecht, obwohl sie von eminenter volkswirtschaftlicher Bedeutung ist, insbesondere in den Reihen der Sozialisten kein besonderes Interesse erweckt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber ich hoffe, daß ich dazu einige Ausführungen machen kann, die auch für Sie interessant sind.

In den letzten Monaten wurde in der Öffentlichkeit verstärkt über den Bergbau in Österreich diskutiert; insbesondere das Berggesetz und dessen Novelle 1990 sind Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Vielfach wird dabei der Boden der Sachlichkeit verlassen und mit Polemik auf die Angelegenheiten des Bergbaues eingegangen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn der Bergbau, und zwar der klassische Bergbau, an Bedeutung verloren hat, so ist er doch noch von eminent hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung. Einige Beispiele dafür: Es wird derzeit in 451 Betrieben mit 11 500 Beschäftigten Bergbau betrieben. Die Wertschöpfung der österreichischen Bergbaubetriebe beträgt zirka 30 bis 40 Milliarden Schilling.

52 Millionen Tonnen feste mineralische Rohstoffe werden abgebaut und transportiert, und zirka 1,1 Millionen Tonnen Erdöl wird in Österreich gefördert. Diese 52 Millionen Tonnen müssen natürlich auch transportiert werden; das sind umgerechnet rund 2,1 Millionen LKW-Ladungen. Durch die dabei emittierten Schadstoffe wird die österreichische Umwelt belastet. Auch die hohe Zahl der Importe an mineralischen Rohstoffen belasten natürlich die Handelsbilanz entsprechend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht, wenn wir über das Bergrecht diskutieren, um nicht mehr und nicht weniger als um die Nutzung der österreichischen Ressourcen und um die österreichische Rohstoffpolitik. Wichtige Leitgedanken dazu sind im Nationalen Umweltplan enthalten. Diese harren allerdings im wesentlichen ihrer Umsetzung.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 58

Es muß doch im allgemeinen Interesse sein, daß in Österreich nutzbare Ressourcen geordnet, nachhaltig und unter Zugrundelegung höchster Umweltstandards ihrer wirtschaftlichen Bestimmung zugeführt werden. Um diese vernünftige Rohstoffpolitik umzusetzen, ist in meinen Augen die Bundeskompetenz – vor allem in technischer und fachlicher Hinsicht – unabdingbar und daher aufrechtzuerhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bergbau stellt auch ein Abbild der jeweiligen Gesellschaft dar. In der Zeit des Wiederaufbaues war die Gewinnung der Rohstoffe von wesentlich anderer Bedeutung als heute. Heute ist – und das zu Recht – die Umweltrelevanz gleichberechtigt mit wirtschaftlichen Aspekten zu sehen. Dies ist auch die Ursache dafür, daß das Berggesetz mit den ihm zugeordneten Regelungen immer wieder zu diskutieren sein wird und den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen anzupassen ist. Handfeste wirtschaftliche Interessen der Großunternehmen sind sorgfältig gegen die Interessen der vielen kleinen Unternehmer abzuwägen, die aufgrund ihrer Nähe zu den Bedarfsträgern – den Baustellen – einen wesentlichen Beitrag zur Volkswirtschaft Österreichs leisten.

Auch die Probleme beim Transport müssen dabei berücksichtigt werden. Laut Mitteilungen der ÖBB fehlen dafür die Kapazitäten, sodaß ein wesentlicher Teil des Rohstofftransportes über die Straße erfolgen muß.

Meine Damen und Herren! Sollten die Zugriffsmöglichkeiten zu Massenrohstoffen verschlechtert werden, so zum Beispiel, indem die Verfahrensdauer verlängert oder der bürokratische Aufwand erhöht wird, dann werden die Rohstoffimporte wesentlich zunehmen, und infolgedessen wird es auch zu einer Verschlechterung der Leistungsbilanz kommen. Eine derartige Feststellung ist auch im "Nationalen Umweltplan" enthalten. Ich zitiere daraus – es geht dabei um Massenrohstoffe –:

"Im Gegensatz zu den anderen mineralischen Rohstoffen ist jedoch eine Verknappung der Massenrohstoffe viel eher durch die Einschränkung der Zugriffsmöglichkeiten als durch die Erschöpfung der natürlichen Vorräte zu erwarten. Ist ein Massenrohstoffvorkommen einmal direkt oder im Umkreis verbaut, so ist eine spätere Rohstoffnutzung aufgrund des geringeren Wertes und der durch die Gewinnung im Tagbau verursachten Immissionen unmöglich gemacht."

Aus dieser Anmerkung im Umweltplan ist ersichtlich, welches Spannungsfeld der Interessen zwischen Bürgerbeteiligungen, Volkswirtschaft und nationalem Interesse beschritten werden muß. Das macht gerade das Bergrecht – in Verbindung mit dem Umweltrecht – so kompliziert. Aus diesen Gründen sind wir überzeugt davon, daß wir eine generelle moderne Fassung des Bergrechts und zugeordnete Vorschriften brauchen werden.

Die Materien Umweltrecht, Gewerberecht und Bergrecht sind in sachlicher Weise aufeinander abzustimmen. Das gilt in besonderer Weise für die verwendeten Begriffe. Es ist tatsächlich unerträglich, daß im Gewerberecht von einem ganz anderen Anlagenbegriff als im Bergrecht ausgegangen wird und daß im Gewerberecht die Abwicklung der Verfahren völlig anders abläuft und ein anderer Instanzenzug als im Bergrecht zum Tragen kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, daß diese Rechtsmaterien konsequent aufeinander abgestimmt und vereinheitlicht werden müssen. Das kann nicht mit einem einzigen Antrag erledigt werden. Es wird nämlich am Bergrecht schon einige Zeit gebastelt, womit ich persönlich grundsätzlich nicht einverstanden bin.

Die Regelung im Antrag 7/A, der hier zur Diskussion steht, gemäß welcher den Gemeinden und damit den Bürgermeistern Formalparteistellung eingeräumt werden soll, stellt sicherlich nur eine kleine Maßnahme dar. Dadurch kann vielleicht die Bürgerbeteiligung oder der Zugang der Bürger zum Recht verbessert werden. Aber wenn ich an die Probleme denke, die beispielsweise im Rahmen der Umsetzung bei der Bauordnung entstanden sind, und zwar dadurch, daß die Bürgermeister auch Baubehörde sind und daß es sich da um eine wesentlich komplexere und volkswirtschaftlich bedeutendere Materie handelt, bin ich mit diesem Schritt, wenn er allein als


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 59

Zubau oder Umbau des bestehenden Bergrechts ohne generelle Reform erfolgt, nicht einverstanden.

Außerdem glaube ich, daß die Bürgermeister oder eben die Behörden einem sehr großen Druck unterliegen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Gemeinden die Probleme des Bergbaues und der Rohstoffwirtschaft lösen können, ohne daß eine Gesamtreform erfolgt. Wir werden daher diesen Antrag ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun einige Worte auch zum Antrag 30/A der Grünen. Dieser Antrag enthält Ansätze, die wir durchaus mittragen können: zum Beispiel die Vereinheitlichung des Anlagenbegriffes und des Zum-Tragen-Kommen von Umweltstandards. Damit sind wir durchaus einverstanden. Aber die anderen Ansätze sind falsch. So wird zum Beispiel eine Standortvoraussetzungsregel gefordert. Im Bergbau ist es unmöglich, diese anzuwenden, weil eben der Bergbau standortgebunden ist und man eine Lagerstätte nicht einfach von einem Ort zum anderen transferieren kann.

Ich glaube auch, daß ein Großteil der in diesem Antrag enthaltenen Forderungen bereits verwirklicht ist. Daher kann ich diesen Antrag nur als ungegoren bezeichnen und werde ihn auch ablehnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bergrecht und alle mit ihm zusammenhängenden Materien sind sehr komplex und von äußerst großer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Unsere Abänderungsanträge im Ausschuß sind – in gewohnter Weise, möchte ich sagen – abgelehnt worden. Wir Freiheitlichen arbeiten in Zusammenarbeit mit Experten aus Wirtschaft und Verwaltung an einer grundsätzlichen Neuformulierung des Bergrechts, sodaß ein modernes, praktikables und umweltgerechtes Bergrecht entstehen kann. Es werden diese Arbeiten aufgrund der Kompliziertheit der Materie noch einige Zeit in Anspruch nehmen, aber wir werden die entsprechenden Anträge dem Hause vorlegen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

14.41

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das österreichische Berggesetz steht seit sieben Jahren in Diskussion, wurde oft novelliert und hat vor allem in den letzten fünf Jahren Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten gegeben. Gerade die Novelle des Jahres 1990 war und ist Gegenstand öffentlicher und politischer Kritik.

Hauptkritikpunkt war die Erweiterung des § 5 des Berggesetzes um die grundeigenen mineralischen Rohstoffe – Quarz, Quarzit und Quarzan –, soweit sie sich als Einsatzstoff zur Herstellung von Zementen eignen. Und dadurch ist eigentlich der Anwendungsbereich des Berggesetzes auf den Schotter- und Kiesabbau ausgeweitet und die Parteistellung von Anrainern und Gemeinden stark eingeschränkt worden.

Beschwerden sowohl von Anrainern als auch von Gemeinden waren die Folge. Unsere Fraktion hat sich wiederholt an das Wirtschaftsministerium gewandt, um die Situation zu entschärfen, und aufgrund der Bergrechtsgesetz-Novelle 1994 und aufgrund unserer Tätigkeit konnten wir einige wichtige Änderungen erreichen (Abg. Haigermoser: Wer ist "wir"?) – Wir, die sozialdemokratische Fraktion, der dieses Thema sehr wichtig erscheint.

Leider hat das Wirtschaftsministerium bis jetzt unseren Vorschlag nicht aufgegriffen, nämlich die Flächenwidmung der Gemeinden als öffentliches Interesse im Sinne des Berggesetzes zu normieren. Die Interessen jener – das könnte man daraus schließen, Herr Bundesminister –, die Schotterabbau betreiben, waren ein wenig wichtiger als die Interessen ... (Abg. Dr. Haider: Sandler!) Wie war das Herr Abgeordneter Haider? Das sind Sandler? (Abg. Dr. Haider: Das waren Sandler!) Sandler sind das Ihrer Meinung nach. Die Schotterbarone werden sich freuen, daß sie von Ihnen als "Sandler" bezeichnet werden. Ich habe kein Problem. (Abg. Haigermoser: Da mußt du auch für die Habsburger sein!) Ich werde kaum Wähler bei den Schotterbaronen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 60

haben, aber vielleicht haben Sie welche, wenn Sie sie als "Sandler" bezeichnen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Das spricht für Ihre Geisteshaltung, Herr Abgeordneter Haider! Ich bin sehr dankbar dafür, daß Sie sich in der Öffentlichkeit so prostituieren und sagen, was Sie eigentlich von Menschen halten, die als Unternehmer tätig sind. Das sollte man wissen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Für Sie gibt es für ein Wort nur einen Begriff!)

Meine Damen und Herren! Der heute vorliegende Initiativantrag ermöglicht es aber den Gemeinden, endlich Parteistellung bei der Errichtung von Schotter- und Kiesgruben zu bekommen. Ich halte das für einen wichtigen Schritt im Interesse der Gemeinden, der gesetzt werden muß. (Abg. Haigermoser: Schotterbarone!) Und ich möchte festhalten, daß das natürlich nur ein Schritt ist, um die größten Unzulänglichkeiten und Probleme zu lösen.

Nun einige Bemerkungen zu den grundlegenden Problemen des Berggesetzes. Das Berggesetz befindet sich – das hat mein Vorredner durchaus richtig dargestellt – im Spannungsfeld unterschiedlicher und widersprüchlicher Interessen. Einerseits gibt es den Mineralrohstoffabbau und die Mineralrohstoffsicherung, andererseits gibt es die Interessen der Wasserwirtschaft, die Interessen des Umweltschutzes, des Naturschutzes, des Tourismus, der Naherholung und die Interessen der Raumordnung. Die Genehmigung eines Bergbaustandortes nach dem Berggesetz hängt ausschließlich von einem Gesichtspunkt, nämlich vom bergbaurechtlichen, ab. (Abg. Dr. Fekter: Nein, das ist falsch!) Die fehlende Berücksichtigung anderer Interessen, werte Frau Kollegin Fekter, aber auch allgemeiner Interessen ist der eigentliche Grund für die Konflikte, die diesbezüglich permanent auftreten.

Allerdings – das möchte ich hier schon sehr deutlich sagen, meine Damen und Herren – ist zu befürchten, daß durch diese nicht gelösten Konflikte die Akzeptanz für den Mineralrohstoffabbau generell vermindert wird und wir dadurch die Mineralrohstoffsicherung gefährden. Mein Vorredner hat darauf hingewiesen, daß es immerhin 11 000 Beschäftigte in diesem Bereich gibt. Daher ist das ein Thema, das durchaus mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zu beleuchten ist.

Wir Sozialdemokraten bekennen uns zur Sicherung des Bergbaus, wir bekennen uns grundsätzlich dazu, daß man Mineralrohstoffe abbauen kann – man muß allerdings die Frage des Interessenausgleiches und damit die Fragen der Nachbarschafts- und Parteienrechte in die Diskussion miteinbringen und ihr breiten Raum bieten.

Wir halten an unserer Forderung fest, daß die bergrechtlichen Bestimmungen in die Gewerbeordnung aufgenommen werden sollten, damit die Beachtung der Raumordnung und eine Interessenabwägung gewährleistet sind. Es ist nicht einzusehen, warum derzeit für den Schotterabbau je nach Gegebenheit die Bergbehörde oder die Gewerbebehörde zuständig ist. Das ist ein Umstand, der zu Konflikten führt. Und die Abschaffung dieser Parallelitäten brächte Rationalisierung, brächte einen Schritt in Richtung Verwaltungsvereinfachung (Ruf: Rechtssicherheit vor allem!), brächte Rechtssicherheit. Und das ist auch etwas, was im Koalitionsübereinkommen zwischen ÖVP und SPÖ vereinbart wurde.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf die Studie "Harmonisierungsmodell", das zu dieser Problematik entwickelt worden ist, hinweisen. In dieser Studie setzt man sich mit der Mineralrohstoffvorsorge und dem Bergrecht auseinander. Sie umfaßt 1 000 Seiten, und ich nehme an, daß sich mein Vorredner auch auf diese Studie bezogen hat. Diese Studie empfiehlt zur Verbesserung der Situation, daß es im Bereich der Mineralrohstoffversorgungssicherheit zu einer Rückführung der mit der Berggesetz-Novelle 1990 unter das Berggesetz einbezogenen Massenrohstoffe wiederum unter das gewerberechtliche Regime kommt. Das heißt, daß diese Studie eigentlich unsere Überlegungen bestätigt, und auch alle anderen Varianten, die diese Studie ausweist, deuten auf eine weitere Veränderung der Rechtsmaterie hin.

Es ist auch so, daß die Koalition vereinbart hat, das Anlagenrecht generell neu zu ordnen, daß wir in den nächsten zwei Jahren mit dieser Materie generell für die Zukunft vereinfachende, gesicherte Bestimmungen schaffen müssen und bei dieser Gelegenheit auch die Problematik des Massenrohstoffabbaus im Mineralienbereich mit dem Bergrecht entsprechend regeln sollten.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 61

Hohes Haus! Ich möchte den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten auffordern – wir können ihm unsere Unterstützung zusichern –, daß er einen entsprechenden Vorschlag in diese Richtung erarbeiten, in diesen Vorschlag die Überlegungen der Harmonisierungsstudie miteinarbeiten läßt, und daß wir damit zu einer Lösung kommen, die diesen Konflikt zwischen Anrainern, Gemeinden und jenen, die auch im Sinne der österreichischen Volkswirtschaft Arbeitsplätze im Bereich der Mineralbewirtschaftung beziehungsweise des Mineralrohstoffabbaus sichern, bereinigen wird. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.50

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Schotterinteressierte! Ich möchte zu Beginn dieser Thematik einen Artikel über das Bergrecht, also über unsere heutige Thematik (Abg. Auer: Österreich!), aus der "Süddeutschen Zeitung" vom 6. März dieses Jahres zitieren. Hören Sie gut zu, Herr Kollege Auer, dann werden Sie wissen, was das mit Österreich zu tun hat. (Abg. Aumayr: Einzigartig in Österreich! Das gibt es sonst nirgends mehr!) Sie können sehr alte und lange überholte Staatsbegriffe mit dem Namen Österreich austauschen, Kollege Auer, dann werden Sie vielleicht sehen, was das mit unserer heutigen aktuellen Thematik in Österreich zu tun hat.

"Durchlöchert wie ein Schweizer Käse" lautet die Überschrift dieses Artikels vom 6. März 1996 in der "Süddeutschen Zeitung": Es riecht nach Rebellion und Aufstand, sechs Jahre nach dem Ende der SED-Diktatur wurden in ostdeutschen Landen wieder feurige Reden geführt. Dabei geht es freilich nicht – wie man annehmen könnte – um das Hauptproblem Nummer eins, die unverändert hohe Arbeitslosigkeit oder um die neuen Abwassergebühren, nein: Ursache der Aufregung ist statt dessen ein Stück in die Jetztzeit hinübergerettetes DDR-Erbe, das Bergrecht.

Etwas weiter unten heißt es in diesem Artikel: Denn eine Besonderheit des ostdeutschen Bergrechtes ist folgendes: Anders als etwa in Westdeutschland und im gesamten übrigen Westeuropa unterliegen hier nicht nur Kohle und wertvolle Erze dem Bundesberggesetz, sondern auch mindere Rohstoffe, wie eben Sande und Kiese. Während diese Bodenschätze im Westen voll der Verfügungsberechtigung des Eigentümers unterliegen, hat der nach dem Bergrecht nur wenig zu sagen. Der Gewinnung der bergfreien Rohstoffe wird dabei meist der Vorrang vor anderen öffentlichen Interessen eingeräumt. Umwelt, Natur, Gewässer, Immissionsschutz und auch das kommunale Planungsrecht müssen zurücktreten.

Diese DDR-typische Regelung, Herr Kollege Auer, wurde mit in den Grundlagenvertrag aufgenommen, um den erhofften wirtschaftlichen Aufschwung nicht durch langwierige Genehmigungsverfahren und Restitutionsanträge von Alteigentümern zu verzögern. – Das Bergrecht Ost als Appendix der DDR-Verhältnisse.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das letzte westeuropäische Land – außer Österreich –, das ein derartiges Bergrecht, zuständig für Massenrohstoffe hat, war bis vor kurzem die DDR. (Abg. Dr. Fekter: Nein! Sie kennen sich nicht aus! Sie kennen den Unterschied zwischen bergfreien und grundeigenen Mineralen nicht!)

Frau Kollegin Fekter! Vor zehn Tagen wurde unter Führung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ein Antrag eingebracht, unterstützt von SPD, FDP und Grünen – einzig die PDS hat nicht mitgestimmt –, daß genau diese Regelung demokratisiert werden soll, daß Massenrohstoffe aus dem Bergrecht herausgenommen werden müssen, daß Alt-DDR-Verhältnisse demokratisiert werden müssen. (Abg. Dr. Fekter: Das stimmt doch nicht! Bergfreie Mineralien sollen grundeigene werden!)

Frau Kollegin Fekter! Es ist schwer verständlich für einen Oberlobbyisten der Schotterindustrie (Abg. Dr. Fekter: Bedauerlich, daß Sie sich mit dem Berggesetz nicht auskennen!), was diese undemokratischen Verhältnisse, die uns nur mehr im DDR-Regime begegnet sind, hier und heute bedeuten. Daß Sie das nicht akzeptieren können, verstehe ich sehr wohl.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 62

Wir haben aber in Österreich seit 1990 eine ganz ähnliche Situation; Kollege Parnigoni hat das schon ausgeführt. Seit 1990 fallen die Massenrohstoffe auch unter das Bergrecht, ein Bergrecht, das besonders schützenswerte, seltene Rohstoffe sichern sollte. Das ist vom Grundansatz her durchaus verständlich. Aber daß ein Massenrohstoff wie Schotter und Kies auch unter diese Regelung fällt, ist ein Willkürakt und ist ganz einfach ein Sonderrecht für Schotterbarone und Schotterbaronessen (Abg. Dr. Fekter: Ich bin ein "Sandler" und kein Baron!)

Frau Kollegin Fekter! Ich will jetzt keine Selbstdenunzierungen von Ihnen hören, das liegt mir fern, und ich werde das nicht in den Mund nehmen, ich bleibe bei der Schotterbaroneß, und ich bleibe bei den Sonderrechten für derartige Schotterbarone und Schotterbaronessen, die eigentlich in einem Land wie Österreich nichts verloren haben, ein Land, von dem ich immer geglaubt habe, daß es eine aufgeklärte Demokratie gibt, so wie etwa in Westdeutschland, wo ein derartiger Unfug seit Jahrzehnten nichts verloren hat, so etwa wie nun auch in Ostdeutschland, wo diese Alt-DDR- und Stasi-Gesetze aufgehoben wurden, wo ein derartiges steinzeitliches undemokratisches Gesetz nichts verloren hat. – Ich habe mich aber offensichtlich getäuscht.

Es gibt eine Lobby in diesem Land, die den Koalitionspartner am Gängelband hat, die die eigene Partei am Gängelband hat, die die Bundesländer am Gängelband hat und die damit Sonderrechte für ihr eigenes Klientel durchsetzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Siegerin der Debatten, der Parlamentsdebatten, der vielen Versuche, seit 1990 diese Sonderrechte zu entsorgen und gleiches Recht, gleiche Umweltanlagenbedingungen, gleiche Rechtsgebungen in allen umweltrelevanten Verfahren zu erreichen, die Siegerin, die dies alles abgebogen hat, sitzt heute hier unter uns, und ich muß sagen, ich kann ihr nur gratulieren: Seit sechs Jahren dominiert sie ein Parlamentsplenum, seit sechs Jahren versteht sie es, derartige Regelungen zu verhindern, das ist eine anerkennungswerte Leistung – eine anerkennungswerte Leistung, die aber zu Lasten von Hunderten betroffenen Bürgerinitiativen, von Hunderten Gemeinden, die protestieren, von allen Bundesländern, die protestieren, geht. Und das sollte Ihnen auch zu denken geben.

Frau Kollegin Fekter! Ich möchte jetzt von diesen eher abstrakten Ausführungen zu Beginn wegkommen und mich direkt mit Ihnen beschäftigen. Sie kennen doch sicherlich die Resolutionen des Oberösterreichischen Landtags und die Briefe, die der oberösterreichische Landeshauptmann namens des Oberösterreichischen Landtags auch an Sie geschrieben hat. Sie werden sie doch in der Mappe dabeihaben. Sie kennen den Appell, daß Sie eine Gesamtentsorgung und eine Gesamtreform der Zuständigkeit dieses Bergrechts für Massenrohstoffe hier ermöglichen sollten. – Ein innerparteilicher Appell an Sie. Sie werden den Brief sicherlich bei sich haben, er ist aus dem Jahr 1993. Es werden ihn andere Redner hier noch zitieren. Und daß Sie demjenigen, der Sie in die Funktion einer Staatssekretärin gebracht hat, nämlich dem ehemaligen Landesvater von Oberösterreich, diese Bitte nicht erfüllen, das schmerzt mich schon sehr, muß ich sagen, Frau Kollegin Fekter, und das zeigt, wem Sie hier eigentlich verpflichtet sind. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben gegen diese Regelung seit 1990 massiv protestiert. Es gibt Anträge der Grünen seit 1990, und zwar in die Richtung, daß Massenrohstoffe nicht mehr unter das Bergrecht fallen. Wir haben seit 1990 viele Bündnispartner, es gibt den Umweltdachverband ÖGNU mit mittlerweile mehr als hundert Bürgerinitiativen, die sich in einer Plattform gegen das Berggesetz zusammengeschlossen haben – lauter Betroffene der Schotterwillkür in Österreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben da mit uns Herrn Universitätsprofessor DDr. Meier, der sich vehement dagegen wehrt und meinte: Mit einer aufgeklärten Demokratie ist eine derartige Rechtssubstanz unvereinbar. Wir haben eine Fülle von Experten-Gutachten vorliegen, und es gibt hiezu die Ausführungen von Heinz Peter Rihl, die Sie sicherlich auch kennen werden, der meint: Die Berggesetz-Novelle findet nicht einmal im Bergwesen eine Deckung, ebenso scheint sie im Lichte des Gleichberechtigungsgrundsatzes verfassungswidrig zu sein.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 63

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben seit zweieinhalb Jahren die Studie "Harmonisierungsmodell" des Instituts für Geologie in Arbeit gehabt; zwölf Wissenschaftler haben mitgearbeitet, Dr. Letouzé war ihr Koordinator. Sie wurde auch im Auftrag von acht Bundesländern, vom Umweltministerium und vom Bundeskanzleramt erstellt. Diese Studie liegt seit 28. Februar 1996 vor, und ich persönlich verstehe den Wirtschaftsminister, den ich gerade in derartigen Angelegenheiten bei denen seriöse Vorschläge am Tisch sind, den ich für fair und seriös in diesen Angelegenheiten halte, nicht, wenn er mit einer Regelung einverstanden ist, die im krassen Widerspruch zu der großen, von den zuständigen Fachexperten seit zehn Tagen fertiggestellten Studie steht und daß er dieser der Studie widersprechenden Regelung trotzdem zustimmen kann. Ich kann das wirklich nicht verstehen!

Wenn Sie sich nur die Zusammenfassung des Projektes "Harmonisierungsmodell", diese zweieinhalb Jahre dauernde Studie im Auftrag der acht Bundesländer, im Auftrag des Bundeskanzleramtes und Umweltministeriums durchlesen, dann müssen Sie doch sehen, daß das mit der heute – so befürchte ich – beschlossenen Regelung, unvereinbar ist.

 

Ich zitiere die Zusammenfassung dieser Studie: "Das Rechtsgutachten qualifiziert die Einbeziehung der Massenrohstoffe unter § 5 des Berggesetzes als kompetenzwidrig und konstatiert eine ungenügende Beachtung des Rücksichtsnahmegebotes durch den Berggesetzgeber."

Das ist der Schlüssel! Für Schottergruben, für einen Massenrohstoff kann nicht die Bergbaubehörde zuständig sein und können nicht die gleichen Regelungen wie für tatsächlich schützenswerte, seltene Rohstoffe gelten. Daher müssen wir lernen, zu differenzieren – auch alle betroffenen Bürgermeister in den Gemeinden. Herr Kollege Auer zum Beispiel kennt das zur Genüge aus seiner Region in Hinblick auf die dort vorhandenen Projekte. Man muß sich klarmachen, daß man differenzieren muß und daß man statt dieses Placebo-Vorschlages, der uns heute vorliegt, eine Gesamtreform braucht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich tatsächlich um einen Placebo-Vorschlag, der Gemeinden und Länder und die betroffenen Bürgerinitiativen ruhigstellen soll. Alle, mit denen ich bisher darüber gesprochen habe – und das waren Dutzende Bürgermeister, einige Ländervertreter, etwa auch Oberösterreichs –, sind entsetzt darüber, daß man ihrer Resolution nicht entspricht. So ist etwa die Resolution des oberösterreichischen Landtages, wenn ich mich recht entsinne, einstimmig gefaßt worden. Man ist entsetzt darüber, daß man auch den Forderungen aller anderen Bundesländer und vor allem der Letouzé-Studie nicht entspricht.

Ich habe mit all den Betroffenen aus dem Umweltdachverband gesprochen, die die Plattform gegen das Bergrecht koordinieren und öffentlichkeitswirksam tätig sind. Und niemand versteht, warum Sie in einer Ho-ruck-Aktion zu Beginn einer Legislaturperiode vollendete Tatsachen schaffen.

Die SPÖ sagt mir – so habe ich Herrn Parnigoni verstanden –: Das ist ja nicht der Abschluß, sondern nur ein weiterer Schritt, und es werden noch weitere Schritte folgen. Mehr ist koalitionsintern nicht machbar! – Aber seien wir uns doch ehrlich: Jeder, der sich anschaut, wie lange der Unterausschuß in der vorletzten Legislaturperiode getagt hat, aus Gründen, die Herr Parnigoni und ich sehr gut kennen ... (Abg. Parnigoni: Du bist vor dem Gericht gestanden!) Genau! Die Gründe wurden auch schon vor Gericht erörtert, und zwar mit dem Kronzeugen Parnigoni. (Abg. Parnigoni: Du bist vor dem Gericht gestanden, nicht ich!) Jeder, der die Vorgänge kennt, weiß, daß das der Versuch ist, eine Totalreform des Bergrechtes mit Hilfe einer reinen Placebo-Regelung in der Sackgasse landen zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können dieser Scheinnovellierung nicht zustimmen, weil sie bei weitem keine adäquate Reaktion des Gesetzgebers auf die Interessenkonflikte beim österreichischen Schotterabbau darstellt und ein reines Placebo ist. Die Länder und die Gemeinden werden nicht in die Rechtsposition versetzt, in der sie sich vor der Berggesetznovelle 1990 befunden haben. Und den Vertretern der Partei, die immer wieder von Föderalismus spricht, muß ich sagen: Gerade Sie müßten mit uns gemeinsam beantragen, daß


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 64

man versucht, die gleichen Rechtsverhältnisse für die Länder und Gemeinden wiederherzustellen, die vor der Novelle 1990 gegeben waren. Das muß unser aller Ziel sein!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Endeffekt ist es gleichgültig, wie wir dieses Ziel erreichen. – Sie bewirken jedoch genau das Gegenteil. Ich kann mich noch – Kollege Keppelmüller ist gerade hier – an Aussendungen des Kollegen Keppelmüller erinnern, die ich für vollinhaltlich gut befunden habe, die absolut korrekt waren und die dargestellt haben, daß wir uns in einen Rechtsraum zurückbewegen müssen, wie er vor 1990, vor der großen Novellierung des Berggesetzes, vorhanden war. – Es gab eine gleichlautende Aussendung des Kollegen Parnigoni und des Kollegen Grabner. Etliche andere Politiker haben das in der Öffentlichkeit genauso formuliert.

Was spielt sich jedoch heute ab? – Ich habe zum Beispiel vor den letzten Nationalratswahlen in Kooperation mit den Umweltverbänden einen Fragebogen an alle Nationalratsabgeordneten versandt. Die Antworten, die gekommen sind, waren sehr klar. Fast alle haben gemeint: Natürlich müssen wir die Massenrohstoffe Schotter und Kies aus dem Berggesetz insgesamt herausnehmen.

Ich zitiere nur Kollegen Grabner von der SPÖ, der die Antworten für die niederösterreichische SPÖ formuliert hat. Auf die Frage: Soll der Schotterabbau generell aus den Bestimmungen des Berggesetzes entfernt werden?, sagt er: Ja, er soll entfernt werden. Auf die Frage: Werden Sie sich in der kommenden Legislaturperiode im Falle einer Wiederwahl für eine generelle Streichung des Berggesetzes und für die Lösung des Schutzes besonders seltener Rohstoffe als Teil des Gewerberechtes einsetzen?, sagt er: Ja, ich werde mich einsetzen. Auf die Frage: Werden Sie sich dafür einsetzen, daß es zu einer Novellierung in diesem Sinn in den ersten sechs bis zehn Monaten der kommenden Legislaturperiode kommen soll?, sagt er: Ja.

Heute jedoch stimmt die SPÖ, am Gängelband der ÖVP-Lobby, hier einem Novellierungsvorschlag zu, der mit diesen so positiven Versprechungen nichts mehr zu tun hat. Denn es handelt sich um eine totale Placebo-Novellierung. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Ich weiß nicht, wie es euch dabei geht. Das ist aber auch nicht mein persönliches Problem.

In diesem Fall hat sich eine Lobbyvertreterin lediglich eines Teils einer bestimmten Wirtschaftsbranche – ich kenne Vertreter der Schotterindustrie, die völlig entgegengesetzter Meinung sind, Frau Kollegin Fekter! – durchgesetzt, die eigene Partei mitgezogen und auch den Koalitionspartner sozusagen im Handtascherl noch mitgenommen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hunderte Bürgerinitiativen und Tausende Betroffene werden sich das nicht bieten lassen! Wir werden jede einzelne und jeden einzelnen darüber informieren, welches Schauspiel Sie hier bieten und daß Sie sich nicht an Ihre Versprechungen und Ankündigungen halten, wenn eine Lobbyvertreterin aufsteht und sagt: Hurra, trara, es geht um eine Koalitionsfrage! Das geht so nicht! Ich will das so! Punkt. (Abg. Dr. Fekter: Sie sitzen aber nicht in der Koalition! Sie wissen nicht, wie es sich dort abspielt!) Wie es sich in der Koalition abspielt, kann ich mir, wenn ich die Aussagen der Kollegen Parnigoni, Keppelmüller und Grabner von noch vor wenigen Wochen dem, was Sie heute hier beschließen, gegenüberstelle, gut vorstellen! Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie sich das in Ihrer Koalition abspielt: Offensichtlich gibt es einen Tauschhandel in vielerlei Bereichen, ein Koalitionsgängelband, bei dem es nicht um sachpolitische Lösungen geht, sondern nur mehr darum, daß sich ein Lobbyinteresse durchsetzt.

Bei mir waren viele Vertreter der Schotterindustrie, die gesagt haben: Wir wollen, daß Schluß ist mit diesem Wild-West-Verhalten! (Zwischenruf des Abg. Auer .) Wir wollen ja selbst, daß es Einigungen und Verhandlungen gibt, in die die Bürger eingebunden sind, bei denen es keine Polarisierung zwischen Bürgern und einem Teil der Schotterbranche gibt. Das müßte doch auch das Anliegen dieser Branche insgesamt sein!

Die Vertreter der Schotterindustrie, mit denen ich gesprochen habe – Frau Kollegin Fekter, ich weiß nicht, ob Sie mit denen überhaupt noch reden! –, verstehen Ihr Vorgehen überhaupt nicht. Sie sagen, daß das einen schweren Schaden für diese Branche verursacht, und damit werde im


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 65

Endeffekt Rufmord an dieser Branche begangen. Denn sie stehen derzeit als die Ökotäter der Nation da. – Und das trifft nicht zu! Denn es bestreitet ja niemand, daß wir Schotter und Beton brauchen.

Die Fragen lauten vielmehr: Welche Mitspracherechte gebe ich dem betroffenen Bürger? Wie binde ich ihn im Verfahren ein? Kann ich es verantworten, daß es Sonderrechte für bestimmte Branchen und für bestimmte Leute gibt? Oder schaffe ich gleiches Umweltrecht für alle? – Das soll die entscheidende Debatte hier sein, Sie machen hier jedoch ganz genau das Gegenteil davon.

Ich habe Ihnen den Artikel, der nicht einmal zehn Tage alt ist, zu Beginn meiner Rede vorgelesen, nämlich daß es bis vor kurzem außer in Österreich nur noch in einem einzigen Land in Westeuropa eine derartige Regelung gab, nämlich in der ehemaligen DDR. – Daß die ÖVP unter Verhältnissen, wie sie in der ehemaligen DDR geherrscht haben, hier leben kann, wundert mich persönlich sehr! Offensichtlich ist Ihnen aber, wenn es ums Durchsetzen der eigenen Interessen geht, jedes Mittel recht! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.09

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Auer. Ich erteile es ihm. – Bitte.

15.09

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt nur wenige Gesetze, die so massiv in die Gemeindeautonomie eingreifen wie dieses Berggesetz. Es ist daher dieser kleine Schritt, der heute gesetzt wird, zu begrüßen. Es ist das ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, und ich freue mich, daß ich dabei ein wenig mithelfen konnte. Der heutige Antrag wurde auch im letzten Jahr bereits eingebracht. Es ist daher wichtig, daß man darüber ein bißchen sachlicher diskutiert, als Kollege Anschober dies soeben in seinen Ausführungen getan hat.

Meine Damen und Herren! Es hat einmal jemand gesagt: In den Gemeinden funktioniert die Demokratie noch, und dieses Funktionieren beruht auf drei Säulen: auf Mitbestimmen, Mitentscheiden und Mitverantworten. – In diesem Fall handelt es sich um Flächenwidmungspläne und Entwicklungskonzepte, welche sehr oft mühsam und in langwierigen Verhandlungen erarbeitet werden, wobei es viel Engagement der Kommunalpolitiker für die Schaffung von Leitbildern und Zukunftsplanungen gibt.

Entscheidungen, ob eine Gemeinde sich als Tourismusgemeinde oder als Wohngemeinde deklariert, werden durch das jetzt bestehende Berggesetz plötzlich bedeutungslos.

Die sinnvolle Einteilung in Wohngebiete, Erholungsraum oder Sonderwidmungen wird durch Entscheidungen der Bergbaubehörde auf den Kopf gestellt. Die Gemeinde erhält ein Schreiben der zuständigen Berghauptmannschaft – in Oberösterreich unter Hinweis auf den § 15 Abs. 11 des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes –, daß man diese oder jene Fläche, auf die sich die Entscheidung dieser Behörde bezieht, in Zukunft im Flächenwidmungsplan als solche auszuweisen hat, unabhängig davon, was die örtlich zuständige Gemeindevertretung in Zusammenarbeit mit ihren Gemeindebürgern vorher erarbeitet hat. Das empfinden Gemeindebürger, Kommunalpolitiker und Bürgermeister als Pflanzerei und als Hohn, denn rechtlich kann eine Gemeinde gegen eine derartige Entscheidung nichts unternehmen. Früher hat sich der Gemeindebürger das gefallen lassen. Dem ist heute nicht mehr so, und ich füge hinzu: Es ist Gott sei Dank nicht mehr so!

Es ist daher letztlich niemandem mit der Beibehaltung dieses Gesetzes geholfen, weder den Kiesabbauunternehmen noch der Gemeinde, schon gar nicht den Gemeindebürgern.

Meine Damen und Herren! Daß dieses Berggesetz in vielen Fragen des Abbaus von Bodenschätzen eine bestimmte Schutzfunktion hat, ist klar. Es gibt in Hinblick auf den Abbau von Mineralien und bestimmten Bodenschätzen eine Absicherung. Aber daß Schotter und Kies bei


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 66

der letzten Novelle sozusagen verschämt in dieses Bergrecht einbezogen wurden, ist nicht der Weisheit letzter Schluß.

Ich behaupte, daß diese Maßnahme mehr als übertrieben ist. Ich halte jedoch nichts davon, Herr Kollege Anschober, daß man den Zustand von vor 1990 wiederherstellt, daß nämlich der Schotter- und Kiesabbau nach dem Gewerberecht abzuhandeln ist. Denn ich mache nachdrücklich darauf aufmerksam, daß nach dem Gewerberecht die Widmung einer Gemeinde nicht entscheidend ist. Nach dem Gewerberecht hätte eine Gemeinde keine Parteienstellung. Da ist mir die modifizierte, heute zu beschließende Fassung allemal noch lieber, als wenn man heute sagte: Wir haben damals einen Fehler gemacht und den Massenrohstoff Schotter dem Bergrecht zugewiesen, jetzt nehmen wir ihn wieder heraus und stellen den früheren Zustand wieder her. Denn dann müßten wir feststellen: Nach dem Gewerberecht haben wir wieder nichts mitzureden! – Das wäre der falsche Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich begrüße daher die von Herrn Bundesminister Ditz im Ausschuß gemachte Zusage, daß eine umfangreiche Novellierung des Bergrechtes in Betracht zu ziehen ist, in der alle Punkte zu berücksichtigen und in der strittige Fragen einer sorgfältigeren Überprüfung zu unterziehen sind, als dies Kollege Schöggl gemacht hat, der diesen Zugriffsmöglichkeiten das Wort redet, während seine Kollegin Aumayr dann sicher herauskommen und gerade das wieder bestreiten wird, meine Damen und Herren! (Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Frau Kollegin! Ich könnte Ihnen auch die Aussage des Landesrates Achatz anläßlich der Resolution in Oberösterreich vorlesen. Das wäre durchaus möglich. (Abg. Aumayr: Lesen Sie sie vor!) Herr Kollege Anschober! Diese Resolution wurde 1995 im Landtag einstimmig beschlossen, als Landeshauptmann Dr. Ratzenböck bereits außer Dienst war. Das sollten Sie wissen, wenn Sie sich eine spöttische Bemerkung in Richtung Kollegin Fekter schon nicht verkneifen konnten!

Meine Damen und Herren! Ich halte fest: Jenes Gesetz, das in Zukunft diese Maßnahmen zu regeln hat, sollte kein absolutes Verhinderungsgesetz sein, sondern ein Gesetz, das den Verantwortlichen in den Gemeinden und den betroffenen Bürgern die Mitsprache sichert, die wirklich notwendig ist. Denn es kann doch nicht so sein, daß in einer Gemeinde, die sich als Erholungs- und Tourismusgemeinde definiert, dann, weil es jemand in den Kram paßt, Schotter oder Kalkstein abgebaut wird, ohne daß die Betroffenen mitreden und mitbestimmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe am Anfang gesagt: Es ist dies ein ganz kleiner Schritt in die richtige Richtung – jedoch nicht die Lösung des Problems. Ich bitte daher den Herrn Bundesminister, daß er, so wie er es im Ausschuß zugesichert hat, diese problematische Materie auch einer umfangreichen Novellierung und Beschlußfassung zuführen möge! (Beifall bei der ÖVP.)

15.15

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Aumayr. Ich erteile es ihr.

15.15

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem krampfhaften Festhalten an diesem unseligen Gesetz hat man den Schotterbetrieben wirklich einen Bärendienst erwiesen. Denn der Name "Berghauptmannschaft" ist in der Bevölkerung jetzt schon sehr negativ besetzt, auch wenn die Berghauptmannschaft oft auch Positives leistet. Ich glaube, daß man allein schon aus diesem Grund an eine Änderung dieses Gesetzes herangehen muß.

Kollege Auer! Sie sprechen von einem kleinen Schritt in die richtige Richtung. – Ich habe mir die Protokolle von 1990 angeschaut, als diese Berggesetznovelle beschlossen worden ist. Damals hat Abgeordneter Resch gesagt: Es ist zwar nicht optimal, aber ein erster Schritt in die richtige Richtung. Und Dr. Frizberg hat gesagt: Es ist zwar nicht ganz optimal, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. – Ich frage Sie: Wer hindert Sie daran, daß Sie endlich marschieren und nicht immer nur kleine Schritte machen? (Beifall bei den Freiheitlichen. –


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 67

Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir sind ja völlig konform: Wir wollen ein ordentliches Gesetz, in dem die Bürgerrechte und selbstverständlich auch die Rechte und berechtigten Anliegen der Wirtschaft berücksichtigt sind.

Das, was sich da abspielt, ist wirklich nur mehr peinlich. Die Freiheitliche Partei hat bereits 1990 gegen diese Berggesetznovelle gestimmt, und zwar aus ökologischen und demokratiepolitischen Überlegungen. Seit 1990 wird nun an dieser Berggesetznovelle herumgedoktert: Einmal wird da etwas geändert, einmal wird dort etwas geändert, aber es kommt überhaupt nichts Gescheites heraus!

Ich erinnere mich da an eine Vielzahl von Petitionen von SPÖ-Abgeordneten. SPÖ-Nationalratsabgeordnete bringen Petitionen in den Petitions- und Bürgerinitiativenausschuß ein, wenn dann aber im Parlament ein Antrag von der Opposition eingebracht wird, der genau die gleichen Änderungswünsche beinhaltet, stimmen die gleichen SPÖ-Abgeordneten, die die Petition eingebracht haben, dagegen!

Oder: Im oberösterreichischen Landtag ist eine Resolution zur Berggesetznovelle einstimmig verabschiedet worden – einstimmig! Ich bin sicher, daß der Inhalt der Resolution heute in diesem Gesetz keine Berücksichtigung finden wird. Aber die SPÖ tut sich da ohnehin recht leicht, denn: Die SPÖ in Oberösterreich stimmt im Landtag für einen Baustopp in Lambach, wenn der gleiche Gesetzesantrag dann aber im Nationalrat beschlossen werden soll, stimmen SPÖ-Abgeordnete dagegen; einige bleiben im Saal sitzen, einige oberösterreichische Abgeordnete treten jedoch die Flucht in die Gänge an.

Diese Berggesetznovelle ist nur unter dem Druck des Koalitionszwangs und unter dem Druck der Schotterlobby zustande gekommen. Es verhält sich so, wie Kollege Anschober gesagt hat: Dieses Berggesetz ist identisch mit einer Regelung in der Ex-DDR. In Deutschland hat man allerdings diese Altlast vor wenigen Tagen entsorgt. In Österreich wird man jedoch heute mit einer Novellierung diesen verfassungswidrigen Zustand zementieren.

Österreichs Berggesetz ist somit nach dem Aus für die ostdeutsche Sonderregelung einzigartig in der Europäischen Union. Der Abbau von Schotter unterliegt somit außer bei uns nirgends mehr in Europa dem Bergrecht. Es geht bei diesem Gesetz in erster Linie um die Daseinsberechtigung einer Behörde, die sich in der gegenwärtigen Form überlebt hat. – Diese Berggesetznovelle hat den Behörden Instrumente in die Hand gegeben, welche sich wirklich zum Totschläger für Bürgerrechte und für die Natur entwickelt haben.

Als Beispiel erwähne ich nur die Naßbaggerungen. Eine der wichtigsten Lebensgrundlagen für die Menschheit ist das Wasser. Weltweit wird bereits jetzt vor einer bevorstehenden Wasserknappheit gewarnt. Nur noch bis zum Jahr 2010 reichen unsere Trinkwasserreserven aus. – Man muß sich einmal vorstellen, was das bedeutet. (Rufe bei der ÖVP: Wo? Wo?) Alle Zeitungen sind voll damit. Bis ins Jahr 2010 sind die Wasserreserven weltweit gesichert. Lesen Sie die Zeitungen! (Abg. Dr. Maitz: In Afrika!) – Nicht nur in Afrika, auch bereits in Europa! Schauen Sie nur nach Spanien oder nach Portugal! – Daß es Sie nicht stört, Herr Maitz, wenn Menschen in Afrika Durst haben, kann ich mir vorstellen; das paßt nicht in Ihre Ideologie. Mich bewegt es, das muß ich wirklich sagen.

Man spricht bereits von Kriegen um das Wasser. Umweltflüchtlinge werden den Wirtschaftsflüchtlingen folgen, Herr Kollege Maitz! Durst ist ärger als Hunger. Aber statt alles zu tun, um unser Wasser zu schützen, sind hier zwei Regierungsparteien am Werk, die ohne Rücksicht auf die kommenden Generationen, nur um den Gewinn einiger weniger Firmen zu maximieren, Löcher in die Erde graben lassen, den Schotter ausbeuten lassen und das offene Grundwasser dem Schadstoffeintrag überlassen.

Das Argument "Arbeitsplatz" hört man in diesem Zusammenhang immer wieder. Aber trotz Raubbau haben wir 300 000 Arbeitslose in Österreich. Unsere Generation – und das muß man sich einmal vorstellen! – hat mehr an Bodenschätzen, welche Millionen Jahre brauchen, bis sie entstehen, verbraucht und abgebaut als alle anderen Generationen davor. Ich finde das wirklich unverantwortlich, vor allem den kommenden Generationen gegenüber!


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 68

Ziel muß ein völlig neues Gesetz sein. Schluß mit dieser Flickschusterei an einem Gesetz, das einzigartig in Europa ist, und zwar einzigartig schlecht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.22

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.23

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gleich zu Anfang eine Klarstellung: Die Novelle 1990 war – gerade in diesem besonderen Bereich des § 5 mit der Einbeziehung des Schotters – im Grunde genommen eine Flucht aus der Gewerbeordnung. Sie war deshalb eine Flucht aus der Gewerbeordnung, weil die Verfahren nach der Gewerbeordnung kompliziert sind; die Verfahren nach der Gewerbeordnung sind langwierig und für antragstellende Unternehmer finanziell nicht berechenbar. Das war der Grund dafür, daß man in dem Zusammenhang gemeint hat, die Verlagerung dieser Massenrohstoffe ins Bergrecht sei ein guter Weg. Dieser Wunsch ist natürlich verständlich, Frau Abgeordnete Fekter, aber Faktum ist auch, daß die Interessenabwägung in diesem Zusammenhang absolut nicht gelungen ist.

Das Berggesetz kennt – das füge ich den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Parnigoni hinzu – nicht nur die Gemeinden nicht als Parteien, sondern es kennt auch die Anrainer nicht als Parteien. Das ist der eigentliche Vorteil des Bergrechts aus der Sicht einiger. Wir von seiten des Liberalen Forums meinen aber, daß selbstverständlich die gesundheitspolizeilichen, auch die umweltschützenden und raumplanenden Maßnahmen der Gemeinden in diesen Verfahren berücksichtigt werden müssen.

Wir werden daher dem Vorschlag, den Gemeinden in diesen Verfahren Parteienstellung zu geben, zustimmen. Das ist sinnvoll, darf aber, meine Damen und Herren, nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Rechte der Anrainer nach wie vor auf der Strecke bleiben. Die Anrainer haben keine Möglichkeit, sich in diesem Verfahren zu artikulieren.

Das weist eigentlich auch darauf hin, daß das Grundproblem wesentlich tiefer liegt. Meine Damen und Herren! Das Grundproblem liegt darin, daß das Bergrecht in seiner geistigen Struktur, in seiner Ausrichtung nicht nur ein Sondergewerberecht ist und daher durchaus zur Gewerbeordnung passen würde, sondern daß es auch eine alte Rechtsmaterie ist, die Rechtsschutzdefizite aufweist und auch den Gedanken des Umweltschutzes in keiner Art und Weise berücksichtigt, weil andere Interessen als vorrangig betrachtet worden sind.

Wir meinen daher – das setzt uns in diesem Zusammenhang auch in Widerspruch zu den Grünen –, daß das Bergrecht weder teilweise noch grundsätzlich in Österreich reformiert gehört, sondern als Rechtsmaterie abgeschafft und in die Gewerbeordnung einbezogen gehört. Das ist der richtige Weg. Unser Ansatz ist nicht nur einer, der rhetorisch vorgetragen wird, sondern es liegt von seiten des Liberalen Forums bereits ein Antrag im Parlament auf eine neu ausformulierte Gewerbeordnung, die sowohl den antragstellenden Unternehmen, die Anlagen durchbringen wollen, eine vernünftige Zeit zusichert, innerhalb der diese Anträge abgewickelt werden müssen, als auch den betroffenen Anrainern die Möglichkeit gibt, ihre Interessen zu artikulieren und auch gewahrt zu bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es wäre eine Gelegenheit, wenn man diesen Vorschlag in Diskussion zieht, auch über die Materie des Bergrechtes zu reden und mit dieser Problematik auf eine sachliche und seriöse Basis zu kommen, die nicht nur Partikularinteressen und insbesondere monetäre Interessen berücksichtigt.

Es sei aber nicht verschwiegen, meine Damen und Herren, daß wir auch ein einheitliches Umweltanlagenrecht brauchen. Für ein einheitliches Umweltanlagenrecht gibt es nicht nur von seiten des Umweltrates, in dem auch alle Fraktionen dieses Parlaments vertreten sind, Empfehlungen an dieses Haus, sondern es ist auch so, daß es bereits von einzelnen verantwortlichen Politikern – auch der Bundesregierung – politische Bekenntnisse gibt, daß das sinnvoll ist.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 69

Wir haben einen Gesetzentwurf über ein einheitliches Umweltanlagenrecht in einer Studie des Bundesministeriums für Umwelt im Hause bereits vorgestellt bekommen.

Meine Damen und Herren! Es wäre an der Zeit, bei einer neuerlichen Diskussion über die Gewerbeordnung, die das Bergrecht inkludiert, auch über ein einheitliches Umweltanlagenrecht zu reden.

Noch einmal: Herr Abgeordneter Auer hat recht, meine Damen und Herren! Das Grundproblem ist ungelöst, aber wir sollten nicht übersehen: Es liegt nicht nur am Bergrecht und im konkreten am § 5 des Bergrechtes, der auch die Massenrohstoffe inkludiert, sondern auch an unserer mit bürokratischen Vorschriften völlig überbordeten Gewerbeordnung, die in diesem Zusammenhang ebenfalls endlich liberalisiert und novelliert gehört.

Meine Damen und Herren! Für eine solche Diskussion stehen die Liberalen gerne zur Verfügung. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.27

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.28

Abgeordneter Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister! Doch noch ein kurzer Versuch, die Thematik dieses Berggesetzes sachlich etwas einzufangen und nicht ganz in die Polemik zu entschwinden. Wir müssen zunächst einmal feststellen, daß jene beiden Fraktionen, die mit ihren Anträgen das Thema ins Haus gebracht haben, durch Abwesenheit glänzen; vielleicht interessiert das die Hörer. Diese beiden haben das Bergrecht hereingebracht, sollten darüber diskutieren und fehlen in erster Linie. Das sei einmal vorweg gesagt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Keppelmüller: Weil eine dringliche ...!)

Es ist eine primitive Argumentation, daß erst seit wenigen Jahren – wie Herr Parnigoni sagte, seit sieben Jahren – darüber geredet wird. Das Berggesetz ist mindestens seit 1854 im Gespräch und ist im großen und ganzen in dieser Form aus der Folgezeit des Revolutionsjahres 1848 erhalten geblieben. Das, was 100 Jahre später, 1954, in eine moderne Terminologie gefaßt wurde, atmet immer noch den Geist der damaligen Zeit. Insofern ist es natürlich hoch an der Zeit, daß hier, wie Kollegin Aumayr gesagt hat, Sprünge und nicht nur kleine Schritte in die richtige Richtung gesetzt werden.

Die seitens der Freiheitlichen abgelehnte Novelle 1990 war wohl in diese demokratiepolitische Stoßrichtung gemeint, wurde allerdings nicht entsprechend berücksichtigt. Aus den Debattenreden von damals ist erkennbar, daß man die Möglichkeit einer umgehenden Reform beziehungsweise eines "Neubaus dieses Hauses" Bergrecht ernsthaft vorsah.

Das Bauwerk, das nunmehr durch einen "Zubau" mit diesem Antrag auf Zulassung der Gemeinden verändert wird, ist natürlich keine ausreichende und keine in die richtige Richtung gehende Modifizierung.

Es geht deshalb nicht in die richtige Richtung, weil das behördliche Verfahren durch diesen weiteren Umweg zu den Gemeinden mit größter Sicherheit verzögert werden wird. Es wird von den Fachleuten angenommen, daß die Verfahren, die derzeit acht bis zwölf Monate dauern, dann auf die doppelte oder dreifache Zeit verzögert werden.

Was wird die Novelle bewirken? – Ich bin ganz sicher, daß der Bedarf an Kies – hier wird immer wieder fälschlicherweise für Kies der Pauschalbegriff "Schotter" verwendet (Abg. Dr. Fekter: Sehr richtig!), der eigentlich nur ein Hinweis auf die Körnung ist – von heute auf morgen nicht zurückgehen beziehungsweise sich nicht wesentlich ändern wird. Frau Kollegin Fekter! Diesbezüglich werden Sie mir sicher recht geben. (Abg. Dr. Fekter: Sicher!)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 70

Das heißt, der Bedarf an diesem Material und der Umsatz werden selbstverständlich konstant beziehungsweise sogar konstant steigend bleiben. Wenn wir nun den Abbau im Land entsprechend verhindern oder behindern, dann werden wir den bereits in ziemlich großem Ausmaß praktizierten Import aus dem benachbarten Tschechien und aus Ungarn sowie auch den "Tourismus" durch Österreich in den süddeutschen Raum fördern. Das wird sicherlich eine zu befürchtende Begleiterscheinung sein; daß das im Sinn von Herrn Kollegen Anschober ist, das wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir gehen also von zwei Positionen aus: Es wird von seiten der Grünen seit 1990 an diesem Gesetz heftig gesägt – damit hält man nicht hinter dem Berg, man will die ersatzlose Streichung. Nun gut, das ist die eine Seite. Ob man damit eine Ökologisierung des Themas selbst erreicht, will ich bezweifeln.

Die andere Seite ist jene, die wir auf seiten der ÖVP nachlesen können: Es ist bezeichnend, was der nunmehrige Herr Vizekanzler am 23. Mai 1990 als damaliger Wirtschaftsminister zur Berggesetznovelle 1990 gemeint hat: Das ist eine weitgehende Harmonisierung der berggesetzlich analogen Bestimmungen mit dem geltenden gewerblichen Betriebsanlagenrecht. – Er war hochzufrieden und meinte, daß die Kleinbetriebe gefördert werden, daß die Nahversorgung gesichert ist und daß dem österreichischen Bergbau mit dieser Novelle eine gute Zukunft vorhergesagt wird.

Nun geht man seitens der ÖVP mit der wohlgemeinten Demokratisierungswelle mit einem Schrittchen mit. Dieser Schritt ist uns zuwenig. Wir Freiheitlichen glauben, daß man dieses Bauwerk eines Berggesetzes tatsächlich neu zu konzipieren hat, daß man ein Haus mit großen Fenstern, mit mehr Transparenz, mit einer flexibleren Einrichtung, allerdings in jedem Fall unter größtmöglicher Beibehaltung einer sachlichen Kompetenz, zu bauen hat.

Ich erinnere daran, daß an meiner Universität Bergbauingenieure ausgebildet werden, die ein Jusstudium anzuschließen haben, wenn sie in der Bergbehörde unterkommen wollen. Ein Doppelstudium als Voraussetzung dafür rechtfertigt zumindest die Vermutung, daß es um sehr sachliche Kompetenz geht. In erster Linie durch Überdemokratisierung eine Überbürokratisierung zu bewirken, wollen wir nicht.

Ich ersuche Sie, der Intention der Freiheitlichen doch zu folgen und den gemeinsamen Aufbau eines zukunftsorientierten Gesetzes unter ökologischen und demokratiepolitisch zeitgemäßen Voraussetzungen zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.35

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.35

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich will diese Novelle genauso behandeln wie mein Freund Auer, nämlich aus der Sicht der Gemeinden, aus der Sicht der Bürger in den Gemeinden. Meine Damen und Herren! Aus dieser Sicht gibt es politisch überhaupt keinen Streit, weil in den Gemeinden alle Fraktionen vertreten sind, und sie vertreten auch die Bürger aller Parteien. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Machen Sie sich doch einmal die Mühe, ein Flugzeug oder einen Hubschrauber zu besteigen und einen kleinen Rundflug zu starten. Über dem südlichen Niederösterreich werden Sie sich wahrscheinlich vorkommen wie auf dem Mond: Krater über Krater. Das Steinfeld, speziell in meinem Heimatbezirk, ist übersät davon. Daß es sich dabei allerdings in den seltensten Fällen um Meteoriteneinschläge handelt, ist klar. Vielmehr sind es Schottergruben und ähnliche Abbauflächen, die in den vergangenen Jahren wie Schwammerl aus dem Boden gewachsen sind. Die Gemeinden haben diesbezüglich keinen Einfluß und können dagegen keinen Einspruch machen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 71

Durch die Novellierung des Berggesetzes im Jahre 1990, bei der die Bundeskompetenz für Massenrohstoffe wie Sand, Schotter und ähnliches ausgedehnt wurde, ufert der Abbau aus, er nahm gewaltige Dimensionen an. Um Zahlen zu nennen: In Niederösterreich beispielsweise fallen seit damals rund 40 Prozent der Landesfläche und 70 Prozent aller Rohstoffe unter die Bestimmungen dieses Gesetzes.

Am unerträglichsten ist allerdings der Umstand, daß dies ohne Rücksicht, wie wir heute schon gehört haben, auf Flächenwidmungs- und Raumordnungspläne, Kiesleitpläne, also beinahe ohne Einschränkung, geschah. Daran war die Novelle aus 1990 schuld, die den Gemeinden und Anrainern quasi die Parteienstellung entzog. Seit damals haben betroffene Bürger fast keine Chance, Einspruch gegen die oft unverständlichen Entscheidungen der obersten Bergbehörde zu erheben.

Daß diese vielfach, wie ein betroffener Bürgermeister im "Standard" vom 11. Februar dieses Jahres bemerkte, kalt lächelnd über die betroffenen Gemeinden hinwegging, ist eine andere diskussionswürdige Geschichte.

Damit dem Wildwuchs von Schottergruben nun tatsächlich der Garaus gemacht wird, wie in der "Wiener Zeitung" vom 10. 2. 1996 gefordert wird, damit es den Schotterabbau direkt bei einem Kinderspielplatz nicht geben kann, wie in der "Kronen Zeitung" vom 27. 8. 1995 treffend bemerkt wird, haben wir nun den vorliegenden Gesetzesantrag formuliert.

Ich darf einige Zeitungsausschnitte zitieren – kreuz und quer durch Österreich –:

Schotterabbau in Eggendorf – die Gemeinde ist verzweifelt. Auf 22,8 Hektar sollen 1,9 Millionen Kubikmeter abgebaut werden.

"Kurier": Aufstand gegen das Berggesetz, Wildwuchs, Proteste von Bürgermeistern und Umweltverbänden, Anrainer gegen Schotterabbau machtlos; Kurort Bad Fischau: Landesaufstand gegen Schotterhoheit des Bundes, Plattform fordert rasche Reform des Berggesetzes; Gemeinde Straßhof kämpft um ihr Recht, Ortschef, Bürgermeister, will beim EU-Gerichtshof Parteienstellung erkämpfen. (Zwischenruf des Abg. Auer. ) – Richtig.

Ich darf gleich, lieber Freund Auer, einen Antrag der ÖVP-Landtagsabgeordneten vom Land Steiermark zitieren, in dem sie ebenfalls die Parteienstellung der Gemeinden verlangen.

Die Gemeinde Breitenau hat am 22. 8. 1995 an fast alle führenden Politiker einen Brief geschrieben, mit Unterschriftslisten, auf die Kinder geschrieben haben: Die Fenster müssen immer zubleiben! Zu laut für unsere Ohren! Nein, danke! Wir können auf unserem Kinderspielplatz leider nicht mehr spielen!, und so weiter.

Der Herr Bürgermeister von Eggendorf, der machtlos ist, hat sich an alle Bürger gewandt.

Ich habe hier auch den Brief des Klubobmanns der ÖVP, Franz Hiesl, aus dem Jahr 1993, der im Namen des Herrn Landeshauptmanns ebenfalls verlangt, daß da einiges geändert wird.

Ich glaube, es ist wichtig, daß man immer wieder sagt, daß das politisch auf überhaupt keine Seite schlägt. – Frau Kollegin (in Richtung der Abg. Dr. Fekter ) , wenn Sie auch noch so schauen, vielleicht auf Ihre Seite, aber auf die anderen Seiten nicht.

In der letzten Gesetzgebungsperiode schon eingebracht, allerdings von den Neuwahlen verzögert, soll nun endlich dem unhaltbaren Zustand der beschnittenen Bürgerrechte ein Ende bereitet werden. Den Gemeinden und Anrainern wird Formalparteistellung in jenen Angelegenheiten, in denen ihnen im eigenen Wirkungsbereich die Vollziehung zukommt, eingeräumt.

Durch die ihnen zugestandene verstärkte Mitwirkung bei der Erteilung von Gewinstbeteiligung wird auch die Entmündigung beseitigt.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 72

Ab nun soll es jedenfalls keinen Schotterabbau ohne Rücksicht auf die Gemeinderaumordnung geben, sollen keine Schottergruben und Steinbrüche gegen den Willen von betroffenen Anrainern, Gemeinden und Landesbehörden bewilligt werden dürfen.

Ich halte dies für einen absolut notwendigen Schritt – einen ersten Schritt! –, gleichzeitig ist mir aber auch bewußt, daß es nicht der erste und letzte in bezug auf das Berggesetz sein kann. Da zu viele Dinge noch Anlaß zur Diskussion geben, müssen wir uns in dieser Periode raschest eine generelle, grundlegende, umfassende Reform des Berggesetzes überlegen.

Dabei – darüber kann man diskutieren – könnte unter anderem die Eingliederung des Berggesetzes in die Gewerbeordnung und damit auch der Bergbehörde in die Gewerbeordnung angestrebt werden.

Bezüglich der Reform – Herr Bundesminister, ich möchte dir dafür herzlich danken – hat Herr Bundesminister Ditz bereits angekündigt, daß alle Klubs ihre Vorschläge weitergeben sollen; er wird dann versuchen, diese einzuarbeiten.

Wir müssen uns ja gefrotzelt vorkommen. Ich habe hier eine Zeitung, in der es heißt: Durch die Formalparteistellung der Gemeinden im Aufschluß- und Abbauplanverfahren beziehungsweise im Gewinstbewilligungsverfahren kann sich die Verfahrensdauer um ein bis zwei Jahre verlängern. Eine Verhinderung eines Projektes durch die Gemeinde wäre aber faktisch nicht möglich. – Es wird also weiter bis zum Kinderspielplatz, bis zum Gemeindezentrum abgebaut. – Information der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Sand, Kies und Schotter – daraus habe ich soeben zitiert.

Ziel muß die Erhaltung der Wohn- und Lebensqualität in unserem schönen, ökologisch noch immer vorbildlichen Land sein.

Damit es in Hinkunft nicht vor jedem Haus eine Kiesgrube geben wird, bitte ich Sie, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und Beifall des Abg. Dr. Khol. )

15.44

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.44

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Minister! Ich persönlich lehne diese Regierungsvorlage ab, da sich für die Bürger daraus keine entscheidenden Rechte oder Vorteile ergeben. (Ruf bei der ÖVP: Das ist keine Regierungsvorlage!) Das ist schon eine Regierungsvorlage! Ich kenne Herrn Minister Ditz aus Briefen – er hat mir persönlich bereits einige zukommen lassen –, und darum weiß ich, daß das eine Regierungsvorlage ist.

Meine Herrschaften! Wir müssen das Berggesetz dahin gehend verändern, daß in Zukunft die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land auch Rechte diesbezüglich haben. Es kann nicht so sein, wie es heute ist: daß ein Berggesetz zum Schaden der Wirtschaft gereicht – Frau Fekter, das sage ich Ihnen auch. Es war vorhin davon die Rede, daß die Grünen da einschneidende Veränderungen herbeiführen wollen. Ich sage Ihnen: Das geht nicht allein von den Grünen aus, sondern von den Bürgern allgemein. Warum? – Weil die Bürgerrechte von Leuten wie Herrn Minister Ditz mit beiden Füßen getreten werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich kann es Ihnen beweisen! Ich habe die Briefe von Herrn Minister Ditz hier, und ich werde Ihnen dann den Unterschied zwischen dem vorigen Wirtschaftsminister, Schüssel, und Herrn Minister Ditz aufzeigen. Das habe ich alles hier.

Ich weiß schon, Herr Minister, daß Ihre Partei unter Umständen in einen finanziellen Engpaß kommen könnte, wenn Sie nicht mehr oder weniger im Sinn der Lobbyisten handeln. Es ist mir klar, daß Ihre Partei davon lebt, aber, bitte, nicht auf Kosten der Bürger, nicht auf Kosten der


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 73

Bürgerrechte und nicht auf Kosten der Umwelt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Wie bitte? – Wiederholen Sie das! So geht es bei den "F" zu!)

Es darf nicht passieren, daß die oberste Bergbaubehörde, der ja der Herr Minister vorsteht, Bescheide erläßt, bei denen ein Umweltterrorist bleich wird. Ich schwöre Ihnen: Ein Umweltterrorist wird bleich dabei! Ich habe Beispiele hier, Sie werden sich noch wundern.

Ich darf nur als ein Beispiel Aderklaa anführen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nämlich ein Beispiel, für das das Bergrecht nicht gelten dürfte.

Ich darf zitieren: "Ölrückstände in alten Bohrlöchern." Die ÖMV entsorgt mehr oder weniger gefährliche Abfälle in alten Bohrlöchern. Und was steht da? – "Die ÖMV beruft sich bei ihrer ..." (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. ) – Hör zu, Kollege! Dieser Artikel ist ja nicht von mir, er ist von der ÖMV, lieber Freund! Hör zu! Schau dir das genau an! Das sind keine Blabla- und Wischiwaschi-Regierungsvorlagen, das sage ich euch schon! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da heißt es: "Die ÖMV beruft sich bei ihrer Vorgangsweise" – indem sie diese gefährlichen Abfälle in Bohrlöchern entsorgt – "auf das Bergrecht, wonach die Rückführung von 108 Kubikmetern gefährlicher Abfälle beantragt wurde." (Abg. Tichy-Schreder: Das stimmt ja nicht! Das gibt es ja alles nicht!)

Da müßten Sie als Wirtschaftsminister schalten, und Sie müßten Ihren Kollegen, den Herrn Umweltminister, gleich dazu einladen, daß er sich die Probleme anschaut! Unser Trinkwasser ist gefährdet, unsere Umwelt ist gefährdet – aber nur, weil Sie ein Lobbyist sind, decken Sie solche Mißstände! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein anderes Beispiel, das auch nicht ohne ist – da werden mir die Kollegen von der SPÖ vielleicht schon wieder mehr zustimmen, Kollege Rada zum Beispiel –: Schotterabbau in Straßhof. Herr Kollege! Sie wissen, worum es geht. Sie haben auch in einem Artikel im "Niederösterreich-Anzeiger" gefordert, daß das Bergrecht endlich der Gewerbeordnung angeglichen wird – oder unterstellt wird oder wie immer.

Meine Herrschaften! Was passiert in Straßhof? – Die Berghauptmannschaft widmet 52 Hektar – oder vielleicht sind es sogar etwas mehr, ich weiß es jetzt nicht genau – zu Schottergruben um, und dies, ohne vorher die Anrainer zu befragen, die mit dem Schwerverkehr dort leben müssen. Man muß die Verkehrsumstände in Straßhof kennen: Der Ort Straßhof ist 8 Kilometer lang (Abg. Tichy-Schreder: Drum heißt es ja auch Straßhof!) , und entlang dieser Bundesstraße sind Einfamilienhäuser. Dort leben Menschen, die nach der Arbeit Ruhe haben wollen. Und dort sollen in Zukunft endlos die Schwertransporte durchdonnern!

Da muß man sich schon etwas einfallen lassen, Herr Minister! Bevor Sie eine Bewilligung erteilen, haben Sie sich in Zukunft bei den Bürgern zu erkundigen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Haben Sie die Novelle ‘93 verschlafen – oder was?)

Sie haben die Bürger zu fragen und die Anrainerrechte zu wahren, nicht daß der Herr Minister einfach unterschreibt – und damit ist alles bewilligt. So kann es in Zukunft nicht weitergehen, das sage ich Ihnen schon! (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Du hast ja selber Schotter abbauen wollen!) Ich habe keinen Schotter abgebaut! Ich habe noch nie in meinem Leben Schotter abgebaut, das möchte ich euch schon so nebenbei gesagt haben! (Zwischenrufe der Abg. Dr. Fekter. )

Man muß doch den Unterschied sehen: Straßhof ist immerhin eine Gemeinde mit 7 000 Einwohnern, die dort hauptsächlich am Wochenende leben. Der Ort ist 7 Kilometer lang, und da donnert dann tagtäglich ein Schwertransporter nach dem anderen durch! Die Rechte dieser Anrainer werden mit Füßen getreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe noch ein schönes Beispiel, weil der Herr Kollege von der ÖMV hier sitzt: Es geht um eine Erdgasleitung, russisches Erdgas wird nach Österreich gebracht. Aber wo bringen wir das herein? – Man geht durch ein Naturschutzgebiet, macht dort einen Kahlschlag und rodet auf


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 74

einer Länge von einem Kilometer die Bäume. Auf einer Länge von einem Kilometer rodet man die Bäume – in einem Naturschutzgebiet! –, um eine Gasleitung zu legen! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. ) Kollege, du kannst dich nach mir melden, ich habe nichts dagegen!

Aber jetzt ist folgendes, meine Herrschaften: Durch dieses Naturschutzgebiet gehen schon – ich habe hier die Pläne! – jede Menge Leitungen durch. Ich habe immer gedacht, das Bergrecht wird dort angewendet, wo man einen Bergabbau vornimmt oder auch eine Leitung bauen will und keine andere Möglichkeit hat, diese Leitung zu verlegen. Das habe ich bis jetzt geglaubt, aber dann ist Herr Minister Ditz gekommen und hat mich eines Besseren belehrt.

Meine Herrschaften, das geht noch weiter: Da liegen Leitungen drinnen – auch nicht von mir; das ist ein Schreiben der ÖMV, bitte! –, die bereits seit 15 Jahren stillgelegt sind. Das kommt nicht von mir, das entnehme ich einem Schreiben der ÖMV an die Berghauptmannschaft!

Seit 15 Jahren sind diese Leitungen schon stillgelegt! Der oberste Berghauptmann, in diesem Fall Herr Minister Ditz, sagt aber nicht: Meine Herrschaften! Die alte Leitung wird herausgenommen, die wird entsorgt, wir brauchen kein Waldstück zu roden, auf der Trasse der alten Leitung kommt die neue herein! – Das fällt ihm nicht ein. Ich verstehe das nicht. Haben wir es hier mit lauten Umweltkriminellen zu tun?

Ich will die Wirtschaft nicht bevormunden, aber es wäre doch für die ÖMV ein leichtes, die alten Leitungen, die in Zukunft das Trinkwasser gefährden werden, herauszunehmen und auf dieser Trasse die neuen Leitungen zu verlegen. Ich glaube, das kann man als Bürger schon verlangen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es ist eben eine ÖVP-Größe, die heutige Generalsekretärin, in dieser Au mehr oder weniger schon beheimatet, denn es ist ein wunderschönes Jagdgebiet, wo sie mit ihrem Gatten der Jagdlust frönt. – Ein Naturschutzgebiet, an dem – das nebenbei – zu 50 Prozent der WWF beteiligt ist! Das verstehe ich wirklich nicht ganz: Es gibt Leute, die spenden dem WWF Millionen Schilling im Jahr, und dann schreitet der WWF bei solchen Vorhaben nicht ein! Dazu wäre er meiner Meinung nach aber den Leuten gegenüber verpflichtet, die diese großzügigen Spenden machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber wenn man selbst ein wenig Ahnung von der Jagd hat, dann wird man wahrscheinlich, so wie die ehemalige Frau Ministerin – Umweltministerin noch dazu! – Rauch-Kallat, der Meinung sein, dort, wo nur dichter Wald ist, ist es für den Jäger fad, denn da sieht er nicht hinaus. Wenn man aber eine Trasse durchschlägt, einen kilometerlangen Schlauch mitten durch den Wald, ist das optimal. Das ist ein Zwangswechsel, meine Damen und Herren! Dort setzt man sich einfach hin, und man sieht jeden Hirsch, jedes Wildschwein und auch alle anderen Tiere dort vorbeimarschieren.

Frau Rauch-Kallat ist leider nicht hier, aber an ihre Adresse gerichtet: Sie sollte sich weniger um die Schweine kümmern, sondern mehr um den Herrn Minister Ditz. (Heiterkeit.) Das wäre weitaus gescheiter, denn meiner Meinung nach könnte man diese Dinge auch lösen, ohne dabei die Bürgerrechte zu verletzen. Nur hätte der Herr Minister in diesem Fall schnell schalten müssen.

Aber was passiert wirklich? – Die Anrainer, die betroffenen Grundstücksinhaber wurden vom Herrn Minister Ditz nicht einmal angehört. Vielleicht hat ihm die ÖMV verschwiegen, daß dort alte Leitungen liegen, die rosten und unter Umständen die Umwelt gefährden – das ist schon möglich, das weiß ich nicht. Aber dann hätte er die Pflicht gehabt – und so muß es in Zukunft einfach sein –, dafür zu sorgen, daß die betroffenen Bürger Parteistellung haben und sich entsprechend wehren können. So kann es nicht weitergehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend folgendes: Herr Minister, wenn Sie nur ein bißchen etwas für die Umwelt übriggehabt hätten, also nicht nur etwa für irgendeinen Lobbyisten, dann hätten Sie die ÖMV veranlaßt, daß sie die alten Leitungen auf schnellstem Wege entsorgt. Es kann nämlich noch etwas passieren – das habe ich noch nicht angeführt –: Es ist im November 1995 ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Brader. ) Ja, Kollege, das ist dir wahrscheinlich egal. Du hast ja


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 75

nichts, du bist ein Nadelstreifkommunist oder lebst in dieser Welt, das könnte sein. Ich grenze mich in dieser Weise und bei dieser Haltung von der ÖVP deutlich ab – das sage ich Ihnen schon! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe hier auch einen Brief von einem ehemaligen Kollegen von Ihnen, Herrn Lanner. Das hat er mir sogar schriftlich gegeben, daß Herr Präsident Rybkin – ich habe das schon einmal hier erzählt – nach den Ausführungen des Kollegen Dr. Sixtus Lanner, die sich damit beschäftigten, wohin die österreichische Agrarpolitik führen soll, wohin die ÖVP-Agrarpolitik führen soll, den Zwischenruf machte – und zwar laut und deutlich –: Aha, Kolchos!

Aber wie hat Herr Lanner reagiert? – Er hat sehr schnell reagiert und gesagt: Aber freiwillig, Herr Präsident, das ist der Unterschied! – Das ist für mich kein Unterschied! Das ist nur der Unterschied zwischen einem Kommunisten und einem Nadelstreifkommunisten, sonst nichts – das sage ich nur nebenbei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister, führen Sie entscheidende Veränderungen im Berggesetz herbei! Unsere Partei wird sich sicher bereitfinden, mit Experten an dieser Veränderung im Bergrecht mitzuarbeiten.

Meine Damen und Herren! Die heutige Regierungsvorlage ist ein Wischiwaschi! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Das ist keine Regierungsvorlage! Der kennt sich überhaupt nicht aus!) – Das kommt vom Herrn Minister, deshalb ist es eine Regierungsvorlage!

15.55

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Dr. Ditz.

Herr Bundesminister! Es stehen Ihnen jetzt etwa fünf Minuten zur Verfügung, weil um 16 Uhr die dringliche Anfrage behandelt wird. – Bitte, Herr Minister.

15.55

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johannes Ditz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Man kann natürlich die Ansicht vertreten, der Wirtschaftsminister sei an allem schuld, an jedem Projekt, das gebaut oder nicht gebaut wird. Nur würde ich Herrn Abgeordneten Wenitsch doch empfehlen, mit seinen Vorwürfen betreffend Parteikassen oder ähnliches – mag es vielleicht auch die Diktion Ihres Hauses sein – etwas zurückhaltend zu sein, wenn er keine Beweise hat. Diese Unterstellungen entsprechen nicht dem Stil, der in diesem Hause üblich ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der Schutz des Wassers ist Sache der Wasserrechtsbehörde. Es gilt das Kumulationsprinzip.

Rodungsbewilligungen werden nicht von der Bergbehörde erteilt, hiefür ist die Forstbehörde zuständig.

Naturschutzrechtliche Belange sind Landessache, Herr Abgeordneter.

Sie sollten sich die Materien ansehen, Sie sollten sich auch die Verfahren ansehen!

Insgesamt ist zu sagen, daß das in Österreich ein Problem ist und daß die Fülle der Verfahren, die Fülle der Bewilligungen heute sehr viele notwendige Investitionen behindert. Ich hoffe, daß wir hier zu einer differenzierten Debatte kommen.

Ich sage ganz deutlich – und unterstreiche das, was hier schon von Abgeordneten gesagt wurde –: Ich war auch überrascht, daß der Initiativantrag zur Novelle des Berggesetzes jetzt kommt. Das war eine Initiative der Abgeordneten, die ich aber begrüße, weil das die Parteistellung der Gemeinden in gewissen Angelegenheiten stärkt, dort beruhigt und uns die Zeit gibt, eine Berggesetznovelle auszuarbeiten, in der wir die neuen Studien, aber auch die Meinungen des Hauses in Richtung Entbürokratisierung und neuer Anforderungen der Ökologie berücksichtigen können.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 76

So etwas werden wir vorbereiten, und ich habe in einem sehr konstruktiven Dialog, wie ich glaube, im Ausschuß deutlich gemacht, daß in der bisherigen Diskussion die Anforderungen der einzelnen Parteien sehr widersprüchlich sind und daß es für uns sehr wesentlich ist, die Hauptanliegen zu kennen, die wir ebenso wie die Studien in eine Novelle einzuarbeiten versuchen werden.

Herr Abgeordneter Wenitsch ist gebeten, seine Ideen und Vorstellungen – vielleicht an den Herrn Stadler – weiterzugeben. Stadler – Wenitsch werden sich kurzschließen und versuchen, etwas Konstruktives zu basteln, damit wir dann wissen, was die Freiheitliche Partei in diesem Zusammenhang wünscht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) In diesem Sinne sehe ich das als eine Vorleistung.

Ich sehe aber auch das Problem mit der Novelle 1990 und glaube, wir werden bei der nächsten Änderung der Gewerberechtsnovelle genauso wie bei Änderungen des Berggesetzes versuchen, das bestmöglich zu berücksichtigen, und ich bitte hier auch um Ihre Mitarbeit. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.58

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Es wäre nun Frau Abgeordnete Dr. Fekter am Wort, aber es ist kurz vor 16 Uhr. Ich glaube daher, es ist wenig sinnvoll, wenn sie nun das Wort ergreift.

Ich unterbreche die Beratung über die Punkte 4 und 5.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Rosenstingl und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geldvernichtung durch die Flughafen Wien AG (324/J)

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen zur dringlichen Anfrage 324/J. Sie ist allen Abgeordneten zugegangen. Es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die ungehemmte Verschwendungspolitik der sozialistischen Koalitionsregierung hat zu einer völligen Zerrüttung des Bundeshaushaltes geführt und die Staatsverschuldung in eine unverantwortliche Höhe getrieben. So betrug daher die Verschuldung der öffentlichen Hand Ende 1995 bereits rund 1,6 Billionen Schilling (das sind 68,5 Prozent des BIP). Die Neuverschuldung lag im Jahr 1995 bereits nahe der 6-Prozent-Grenze des BIP. Die Folgen der "Schwindelbudgets" der vergangenen Jahre zeigen sich jetzt so deutlich, daß sich die Bundesregierung veranlaßt sah, den Österreichern ein Belastungspaket zu verordnen, welches in den Jahren 1996/97 einnahmenseitige Belastungen im Ausmaß von zirka 80 Milliarden Schilling und Ausgabeneinschränkungen von rund 65 Milliarden Schilling vorsieht. Erforderliche Strukturmaßnahmen wurden nicht nur in der öffentlichen Verwaltung, im Krankenanstalten- und Sozialversicherungsbereich, sondern auch beim österreichischen Pensionssystem wiederum auf die lange Bank geschoben. Das hindert diese Koalitionsregierung aber nicht daran, trotz gegenteiliger Behauptungen, gerade die sozial Schwächsten und gewerkschaftlich nicht entsprechend organisierten Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel die Familien, Studenten und Behinderten überverhältnismäßig zur Budgetsanierung heranzuziehen. Einsparungen beziehungsweise Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in geschützten Bereichen (Kammern, Sozialversicherungsanstalten) sowie bei der Nationalbank sind nach wie vor nicht erkennbar.

Die Regierungsparteien haben außerdem bislang keinerlei Konsequenzen aus den wirtschaftlichen Katastrophen von in ihrem Nahebereich angesiedelten Firmen gezogen. Erwähnt sei das durch Spitzenfunktionäre der Sozialdemokratischen Partei wesentlich mitverursachte wirtschaftliche Ende des "Konsum" mit den einhergegangenen Milliardenverlusten bei Tausenden Zulieferern. Auch hat die Bundesregierung aus dem Debakel rund um das Passagierschiff "Mozart" der DDSG, welches dem Steuerzahler einen Schaden von zirka 500 Millionen Schilling verur


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 77

sacht hat, keine Lehren gezogen, außer, daß Herr Bundeskanzler Dr. Vranitzky die "politische Verantwortung" für dieses Debakel übernahm.

Weiters beweisen die Vorgänge um die HTM-Gruppe, auf welche Art und Weise die zuständigen Bundesminister für Finanzen Dr. Lacina und Dr. Staribacher in ihrer Eigenschaft als Eigentümervertreter der Republik Österreich es verstanden, dem Steuerzahler einen Schaden von zumindest 3,5 Milliarden Schilling zuzufügen.

Die Liste der für den Steuerzahler zum sprichwörtlichen "Faß ohne Boden" verkommenen Milliardenverschwendungen soll nur um weitere demonstrative Beispiele ergänzt werden:

Debakel um die veterinärmedizinische Fakultät,

Verschwendung bei der Errichtung der A 4 Ost Autobahn,

Belastung der öffentlichen Haushalte durch die mutwillige Vernichtung von Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit der Verlagerung und dem damit verbundenen unnötigen Neubau der Staatsdruckerei,

Belastung der öffentlichen Haushalte durch die von staatlichen Banken verursachte Megapleite des Maculan-Konzerns,

Milliardenverschwendung durch den unnötigen Neubau einer Notendruckerei bei der Oesterreichischen Nationalbank und so weiter.

Zum Ausgleich für diese Mißwirtschaft müssen jedoch im Rahmen des Belastungspakets beispielsweise Behinderte, die in Pflegeheimen untergebracht sind, eine Kürzung des Taschengeldes um 50 Prozent hinnehmen, wobei gerade die Erfinder dieser unsozialen Belastungsmaßnahmen zumeist auch die angeführten Milliardenverschwendungen politisch und rechtlich zu verantworten haben. Besonders deutlich wird dieser Umstand am Beispiel des jüngsten Verschwendungsskandals rund um die Flughafen Wien AG, wo gerade jene Vertreter der Republik in den Aufsichtsorganen jämmerlich versagt haben, die in den Ministerien als Erfinder des Belastungspaketes gefeiert werden.

Den jüngsten Höhepunkt an Verantwortungslosigkeit und Mißwirtschaft dieser Bundesregierung stellt nämlich der gestern in der Fernsehsendung "Report" aufgezeigte Skandal beim Vienna International Airport dar.

So wurde unter anderem darauf verwiesen, daß durch freihändige Vergaben von Planungs- und Bauaufträgen, durch Verletzung der Vergabebestimmungen, durch die Außerachtlassung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs beziehungsweise durch Bevorzugung bestimmter Unternehmen und Unternehmensgruppen, durch die Vernachlässigung von unabdingbaren Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Baugeschehens (Raum- und Funktionsprogramm et cetera), durch mutwillige Herbeiführung von Planungsunsicherheiten, durch fehlende definitive Kostenvorgaben, durch unzureichende Kostenermittlungen, durch falsche Grundlagenermittlungen, durch das Nichtabverlangen von Planungsteilleistungen, wie zum Beispiel Vorentwurf, Entwurf und Einreichplan et cetera, wiederum zig Millionen an Mitteln eines mehrheitlich öffentlichen Unternehmens verschleudert wurden.

Angesichts des Umstandes, daß der Gesamtaktienbesitz der öffentlich-rechtlichen Eigentümer Republik Österreich, Stadt Wien und Land Niederösterreich am Vienna International Airport bei über 50 Prozent liegt, erhebt sich die Frage, warum der als Eigentümervertreter der Republik fungierende Bundesminister den oben aufgezeigten Mißständen jahrelang tatenlos zugesehen hat. Dies umso mehr, als durch diese Mißstände die genannten Gebietskörperschaften sowie die privaten Aktionäre in empfindlichem Ausmaß geschädigt wurden.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Finanzminister nachstehende


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 78

dringliche Anfrage:

1. In welchen Organen ist/war die Republik Österreich in der Flughafen Wien AG beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin, der Flughafen Wien-BetriebsgesmbH., vertreten?

2. Welche Vertreter welcher Bundesministerien sind seit wann im Aufsichtsrat und der Hauptversammlung der Flughafen Wien AG (beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin) und in welcher Funktion tätig?

3. Wer nahm in den letzten Jahren die aufsichtsbehördlichen Aufgaben gegenüber dem Unternehmen wahr, und wie erfolgte diese Tätigkeit in der Praxis?

4. In welchen Abständen ist/war dieser Vertreter der Aufsichtsbehörde zu Berichten und an wen verpflichtet, und welchen Inhalt hatten diese Berichte?

5. Ist es mit den Aufgaben eines Vertreters der Aufsichtsbehörde vereinbar, daß dieser gleichzeitig als Eigentümervertreter im Aufsichtsrat des von ihm aufsichtsbehördlich zu kontrollierenden Unternehmens fungiert?

6. Wurden in der Flughafen Wien AG (beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin) Beiräte eingerichtet?

Wenn ja, wofür, in welchem Umfang, zu welchem Zweck und in welcher personellen Zusammensetzung?

7. Wurde Ihnen aufgrund Ihrer Eigentümervertreterfunktion beziehungsweise der Ihnen übertragenen Kontrollrechte oder der Ihnen persönlich erstatteten und übermittelten Berichte des Vertreters der Aufsichtsbehörde beziehungsweise des Vorsitzenden des Aufsichtsrates bekannt, daß bei der Abwicklung der Bauvorhaben (Bewältigung der einzelnen Bauphasen) gravierende Mängel eingetreten sind?

Wann und wie erhielten Sie solche Berichte?

Wurde darauf reagiert?

Wenn ja, wann, in welcher Weise und von wem?

Wenn nein, warum nicht?

8. Wurde vom Vertreter der Aufsichtsbehörde beziehungsweise von dessen Vorgesetzten von allfälligen Mängeln bei der Abwicklung (Dokumentation) des Baugeschehens berichtet?

9. In welcher Form wurden die Eigentümer über die beabsichtigten Bauaufträge beziehungsweise den Baufortschritt informiert?

10. In welcher Höhe wurden in den letzten zehn Jahren Mittel von der Flughafen Wien AG (beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin) in den Flughafenausbau investiert?

11. Wer war mit der Planung der diesbezüglichen Bauvorhaben beauftragt?

12. Worauf ist es zurückzuführen, daß in den einzelnen Bauvorhaben zum Beispiel nur ein Drittel der Bauleistungen im Zuge von Ausschreibungen, jedoch zwei Drittel der Bauleistungen nachträglich freihändig vergeben wurden, und welche Mehrkosten entstanden durch diese Nachvergaben?

13. Welche Konsequenzen werden Sie daraus ziehen, daß durch diese Nachvergaben die Vergabenormen eindeutig verletzt wurden und hieraus unvertretbare Mehrkosten für das öffentliche Unternehmen entstanden sind?


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 79

14. Können Sie ausschließen, daß es durch diese freihändigen Nachvergaben zu Begünstigungen und Bevorzugungen einzelner Anbieter bei der Auftragserteilung gekommen ist?

15. Auf welche Art und Weise erfolgte die Baukostenabschätzung durch die Flughafen Wien AG (beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin) und mit welchen Ergebnissen?

16. Können Sie ausschließen, daß durch überhöhte Baukostenabschätzungen zu hohe Baukostenabrechnungen kaschiert werden sollten?

Wenn ja, was begründet Ihre Einschätzung?

17. Kam es im Zusammenhang mit der Erstellung von Planungsteilleistungen (Vorentwurf, Entwurf, Einreichplan) zu Verzögerungen?

Wenn ja, in welchem Ausmaß?

Worauf sind die Verzögerungen zurückzuführen?

Hatten diese Verzögerungen Auswirkungen auf die Bezahlung der Honorare?

18. Auf welche Art und Weise erfolgte die Kontrolle der Planungs- und Bauausführung, welche Kontrollmechanismen wurden diesbezüglich vorgesehen, und wie wirkten diese?

19. Ist Ihnen der Bericht aus dem Jahre 1992 über die Abwicklung des Bauvorhabens Speditionsgebäude 4 bekannt, wurde dieser der Hauptversammlung beziehungsweise dem Aufsichtsrat zugänglich gemacht, und hat der Vorstand daraufhin reagiert?

Wenn ja, in welcher Form und wann?

Wenn nein, warum nicht?

20. Welche sonstigen Berichte, die sich mit Bauvorhaben am Flughafen Wien beschäftigen, wurden darüber hinaus erstellt, wann wurden Sie beziehungsweise Ihr Ministerium von diesen informiert, und welche Mängel werden/wurden in diesen aufgezeigt?

21. Wurden aufgrund dieser Berichte Konsequenzen gezogen?

Wenn ja, von wem, in welcher Art und Weise und wann?

Wenn nein, warum nicht?

22. Sind Sie bereit, die in der Sendung "Report" (ORF, 19.3.1996, 21.10 Uhr) zitierten Berichte der Öffentlichkeit, zumindest jedoch dem Parlament, zugänglich zu machen?

23. Sind Ihnen allfällige Bestrebungen bekannt, wonach der Aufsichtsrat im Sinne des § 75 Abs. 4 des Aktiengesetzes die Notwendigkeit des Widerrufs der Bestellung eines oder beider Vorstandsmitglieder erwogen hat?

24. Würden Sie die groben Mißstände bei der Abwicklung des Baugeschehens über Jahre hindurch, die nicht zuletzt nunmehr auch vom Rechnungshof aufgezeigt wurden, als grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 75 Abs.4 des Aktiengesetzes werten, zumal bei der Abwicklung der Bauvorhaben trotz entsprechender Warnung diese Mängel nicht behoben und auch keine personellen Konsequenzen gezogen wurden?

25. Beabsichtigen Sie als Eigentümervertreter, im Sinne des § 75 Abs.4 des Aktiengesetzes die Frage des Vertrauensverlustes des Vorstandes zu relevieren?

26. Nach welchen Kriterien ist der Aufsichtsrat der Flughafen Wien AG zusammengesetzt, und wie viele Beamte sind in demselben tätig, beziehungsweise gibt es ein betriebswirtschaftliches (unternehmensspezifisches) Konzept für die Besetzung des Aufsichtsrates und des Vorstandes?


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 80

27. Nach welchen Kriterien erfolgte die Nominierung und die Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrates?

28. Welche besonderen Qualifikationen waren ausschlaggebend, den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit zum Mitglied des Aufsichtsrates der Flughafen Wien AG zu nominieren?

29. Wer sind die Vertreter der Kleinaktionäre im Aufsichtsrat der Flughafen Wien AG?

30. Bestehen im Rahmen der von Ihnen wahrzunehmenden Eigentümervertreterfunktion Richtlinien für die Besetzung von Aufsichtsrats- und Vorstandsposten?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, sind Sie bereit, solche ausschließlich nach objektiven und fachlich orientierten Gesichtspunkten einzuführen?

31. Wann wurden in den vergangenen Jahren Anteile der Republik Österreich an der Flughafen Wien AG zu welchen Konditionen und in welcher Höhe abgegeben, und ist beabsichtigt, weitere Anteile in der nächsten Zukunft abzugeben?

Wenn ja, in welchem Ausmaß und wann soll dies erfolgen?

32. Welche betriebswirtschaftlichen Auswirkungen sehen Sie als Vertreter der Miteigentümerin Republik Österreich an der Flughafen Wien AG durch die beabsichtigte intensivere Zusammenarbeit des Flughafens Wien mit dem Flughafen Bratislava, um damit die unter Umständen benötigte dritte Start-Landebahn einzusparen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 93 Abs.4 GOG des Nationalrates zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln.

*****

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Rosenstingl als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 57 Abs. 1 der Geschäftsordnung 40 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.59

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheitlichen haben heute diese dringliche Anfrage gestellt, weil es für uns unfaßbar ist – da weiß ich mich auch mit der Mehrheit der Österreicher eins –, daß die Familien, Studenten und Behinderten in Österreich verhältnismäßig stark belastet werden, aber die Regierungskoalition Geld verschwendet.

Diese Regierungskoalition hat in den letzten Jahren laufend Skandale produziert und somit ungehemmt Geld verschwendet. Sie, Herr Bundesminister, und Ihre Regierungskollegen haben Geld verschwendet durch rücksichtsloses Vertreten von Parteiinteressen. SPÖ- und ÖVP-Parteiinteressen sind vor Bürgerinteressen gegangen. Sie haben Geld verschwendet durch parteipolitische Besetzungen in allen Bereichen. Nicht Qualifikation war ausschlaggebend, sondern nur das Parteibuch. (Abg. Dr. Kräuter: Zur Sache!) Nicht Wirtschaftlichkeit ist gefordert – ich bin bei der Sache, Herr Kollege, das ist nämlich Ihr Problem, daß bei Ihnen nicht Wirtschaftlichkeit gefordert ist –, sondern Parteizugehörigkeit zu SPÖ und ÖVP. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vranitzky und Schüssel haben noch nie ein Unternehmen der öffentlichen Hand saniert. Sie haben viele Unternehmungen der öffentlichen Hand ruiniert. SPÖ und ÖVP haben aus den wirtschaftlichen Katastrophen keine Konsequenzen gezogen. Sie haben diese wirtschaftlichen Katastrophen immer wieder nur verursacht. Die Sozialdemokraten haben den "Konsum" in die Pleite geführt und dadurch Tausende Zulieferanten schwer geschädigt. Vranitzky hat das "Mozart"-Debakel verschuldet, er ist somit verantwortlich dafür, daß 500 Millionen Schilling


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 81

Steuergelder verschwendet wurden. Er hat auch die Verantwortung übernommen. Aber was ist geschehen? – Es gibt die DDSG nicht mehr.

Das "Mozart"-Debakel wurde unter Beihilfe von Scholten verschuldet. Was haben wir heute kurioserweise? – Wir haben Scholten als Verkehrsminister in Österreich. Vranitzky, Lacina, Staribacher haben unter Mithilfe der ÖVP die Vorgänge bei HTM verschuldet, sie haben dadurch den Österreicherinnen und Österreichern einen Schaden in Höhe von 3,5 Milliarden Schilling zugefügt.

Schüssel ist verantwortlich für Verschwendungen bei der Errichtung der Ost Autobahn, bei der A 4. Diese Liste könnte noch beliebig fortgesetzt werden, aber leider reicht dazu die Zeit nicht aus.

Nun gibt es aber einen neuen Höhepunkt sozialdemokratischer Mißwirtschaft unter Beihilfe der ÖVP. Dieser Höhepunkt ist der Skandal bei der Flughafen Wien AG beim Flughafenbau. Bei diesem Bau wurden Hunderte Millionen verschwendet, Hunderte Millionen eines mehrheitlich in öffentlicher Hand stehenden Unternehmens, unter Verantwortung der zuständigen Minister, unter Verantwortung des Finanzministers, unter Verantwortung und Aufsicht auch des Verkehrsministers.

Sie, Herr Bundesminister Klima, sind heute doppelt betroffen: Sie waren Verkehrsminister und waren über alle Vorgänge am Flughafen informiert; Sie sind nun Finanzminister. Außerdem ist natürlich die gesamte Regierung betroffen. Die Aufsicht über Gesellschaften, die mehrheitlich in öffentlicher Hand stehen, gehört zu ihren Angelegenheiten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Klima behauptet, er ist ein Unschuldslamm!)

Herr Bundesminister! Ihnen müßte es bekannt gewesen sein, daß es beim Bau Wettbewerbsverletzungen gab, daß es freihändige Auftragsvergaben gab, daß es Verletzungen von Vergabevorschriften gab, daß es nicht ordnungsgemäße Abwicklungen des Baugeschehens gab, daß es eine Bevorzugung bestimmter Unternehmer und Unternehmensgruppen gab. "Natürlich" standen diese Unternehmer und Unternehmensgruppen der SPÖ oder ÖVP nahe. Diese Verschwendungskoalition hat erhebliche Überschreitungen der Bausumme zu verantworten. Und Sie waren immer informiert.

Die ursprüngliche Vorstellung über die Größenordnung der einzelnen Bauprojekte hat mit der tatsächlichen Ausführung nie übereingestimmt. Was haben Sie gemacht, Herr Bundesminister? Wann haben Sie nachweislich reagiert? Wann sind Sie eingeschritten, um dort für Ordnung zu sorgen?

Ich möchte zum Beispiel nur anführen, daß die geschätzten Kosten für die Erweiterung des Flughafens nach Süden im Jahre 1988 343 Millionen betrugen. Tatsächlich – die endgültige Abrechnung liegt noch nicht vor – liegen sie jetzt bei 756 Millionen. Wie waren die Reaktionen seitens des Finanzministeriums in dieser Angelegenheit?

Millionen werden aufgrund von Unfähigkeit und unter Mitwissenschaft der Regierung verschwendet. Zum "Ausgleich" dafür werden nun die Österreicherinnen und Österreicher ungeheuer belastet. Es ist ja fast eine Verhöhnung der Steuerzahler, es ist eine Verhöhnung der Familien, es ist eine Verhöhnung der Arbeitnehmer und es ist eine Verhöhnung der Unternehmer, wenn der Hauptverfasser des Belastungspaketes einer jener ist, die wesentlich an der Verschwendung beteiligt sind, die wesentliche Verantwortung haben. Es ist dies der Aufsichtsratpräsident der Flughafen Wien AG, der Vertreter des Finanzministeriums, Dr. Nolz.

Herr Bundesminister! Wie können Sie das vertreten? Sie beziehungsweise Ihre Vorgänger schicken einen Beamten Ihres Ministeriums in eine Gesellschaft. Dieser bemerkt nicht, daß es dort zu Verschwendung kommt, dieser kümmert sich nicht darum, und dann macht der gleiche Mann dieses ungeheuerliche Belastungspaket und belastet alle Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 82

Herr Bundesminister! Glauben Sie aber nicht, jetzt sagen zu können, Dr. Nolz habe eben nicht funktioniert, er habe das eben schlecht gemacht. Sie sind Eigentümervertreter. Sie müssen sich darum kümmern, daß Ihre Leute ordentlich arbeiten. Sie haben sich auch zu informieren, was in dieser Flughafengesellschaft geschehen ist. Daher sind Sie und Ihre Vorgänger auch mit verantwortlich.

Reaktionen des Verkehrsministers – ich habe es schon erwähnt – sind allerdings ausgeblieben. Reaktionen des Finanzministers sind ausgeblieben. Beide haben dieser Verschwendung zugesehen. Beide haben daher auch diese Verschwendung mitzuverantworten.

Herr Bundesminister! Ich stelle mir schon die Frage: Was machen die Vertreter des Ministeriums in den Aufsichtsräten, wenn nie Reaktionen bei Skandalen erfolgen? Das ist ja nicht das erste Mal; es war auch früher schon so.

Aber konkret zur Flughafen Wien AG. Aufsichtsratpräsident ist eben Dr. Nolz. Mitglied des Aufsichtsrates ist auch – und das betrifft Sie besonders, weil Sie bis vor kurzem Verkehrsminister waren – Dr. Stadler vom Verkehrsministerium. Sie haben zusätzlich einen Vertreter als Aufsichtsbehörde, der sich auch um diese Dinge kümmern sollte, nämlich Dr. Neidhart, ebenfalls aus dem Verkehrsministerium.

Herr Bundesminister! Sie sind sogar in einer ungünstigen Situation. Sie waren Verkehrsminister, haben zwei Leute im Aufsichtsrat gehabt, Sie haben aber nicht reagiert. Sie haben von den Vorfällen nichts gewußt, Sie haben nicht eingegriffen. Der Finanzminister hat den Aufsichtsratpräsidenten gestellt, er hat auch nicht eingegriffen.

Sie haben sich aber bis zum heutigen Tage auch nicht als Finanzminister um diese Angelegenheiten gekümmert. Wenn das jetzt nicht explodiert wäre, wenn jetzt nicht herausgekommen wäre, daß dort Verschwendung vorliegt, wenn jetzt nicht dieser Skandal aufgedeckt worden wäre, dann würden Sie schön brav in Ihrem Ministerium sitzen und nichts dagegen tun. Wahrscheinlich würden dann noch viel mehr Millionen, nämlich weitere 100 Millionen, verschwendet werden.

Was haben die drei Regierungsvertreter, die Beamten der Ministerien, in den Aufsichtsräten gemacht? Wann sind Ihnen Informationen zugegangen? Wir wollen das von Ihnen hören! Was haben Sie mit den Informationen gemacht? Wie haben Sie in diesem Fall reagiert? – Es ist nichts geschehen. Es ist weiterhin Geld verschwendet worden.

Das war auch bei der Ost Autobahn so. Ich möchte Sie daran erinnern, daß wir vor einigen Monaten hier ausführlich über diese Ost Autobahn diskutiert haben, wobei das Hauptverschulden bei der anderen Partei liegt, nämlich bei der ÖVP. Schüssel hat ja dort sogar mit Weisung eingegriffen und somit viel Geld verschwendet. Das war und ist bei HTM so.

Sie sind über alles informiert, weil Sie Vertreter in den Gremien sitzen haben, aber Sie schreiten nicht ein.

Ich finde es wirklich ungeheuerlich, wenn Dr. Nolz in einer Presseaussendung von heute meint, es habe keine Verschwendung von Steuergeldern gegeben, weil dieses Unternehmen mit Gewinn arbeitet und Dividenden abgeliefert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Verfasser des Belastungspaketes sei ins Stammbuch geschrieben, daß bei sparsamer wirtschaftlicher Führung eine höhere Dividende an den Staat hätte abgeführt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dadurch sind indirekt auch Steuergelder betroffen.

Aber dem Verfasser des Belastungspaketes sei auch gesagt, daß es an dieser Flughafengesellschaft auch Minderheitsbeteiligte gibt, Leute, die darauf vertraut haben, daß dort ordentlich gewirtschaftet wird. Wir brauchen in Zukunft, wenn wir privatisieren wollen, immer wieder Leute, die sich an Unternehmen beteiligen und Aktien kaufen. Diese Leute, die sich dort beteiligt haben, und diese Firmen, wer immer es auch ist, müssen heute zur Kenntnis nehmen, daß dort,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 83

wo der Staat die Mehrheit hat, noch immer Mißwirtschaft herrscht und daß sich niemand um diese Mißwirtschaft kümmert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wenn Sie heute schon von Privatisierung und von Privatisierungserlösen gesprochen haben, dann sollten Sie sich auch einmal, so meine ich, der Skandale annehmen, die in diesem Staat passieren. Denn wenn es so weitergeht, daß es bei jeder Gesellschaft der öffentlichen Hand immer wieder Skandale gibt, dann werden es sich in Zukunft die Österreicherinnen und Österreicher, die Anleger, überlegen, ob sie sich noch irgendwo beteiligen, wo der Staat, auch wenn es Minderheitsbeteiligungen sind, die Hand im Spiel hat – dies umso mehr, als es sich immer wieder um parteipolitische Interessen, um parteipolitische Besetzungen handelt.

Angesichts dieses neuen Skandals muß man sich auch mit den Besetzungen beschäftigen. Es ist bezeichnend – und es ist auch in den letzten Tagen immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert worden –, daß ein Vorstandsmitglied der Flughafengesellschaft Sozialist ist und das andere Vorstandsmitglied der Flughafengesellschaft der ÖVP zuzurechnen ist. (Abg. Mag. Stadler: Wie heißen die?) Es ist natürlich so – und ich stehe auch dazu –, daß ein Parteibuch nicht hinderlich sein sollte, wenn man eine Stelle bekommen will. Aber daß sich bei einem Unternehmen wie der Flughafengesellschaft zwei bewerben, die noch dazu die Besten sein sollen, wovon einer Sozialist ist und einer der ÖVP zugehört, das ist wahrscheinlich kein Zufall, sondern Berechnung. Das sind Ihre parteipolitischen Besetzungen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Schauen wir uns jetzt an, was aus den parteipolitischen Besetzungen geworden ist. Mir haben die beiden gestern abend beim Fernsehinterview fast leid getan, die waren wirklich hilflos bei dieser Diskussion, weil Sie wahrscheinlich gewußt haben, was sich dort abgespielt hat. Sie haben mitzuverantworten, daß es ungeheure Baukostenüberschreitungen gibt, der Vorstand aber – wie er selbst gesagt hat – den Schaden nicht erkannt hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist das für ein Vorstand, wenn er bei Baukostenüberschreitungen den Schaden nicht erkennt? Da ist doch etwas nicht in Ordnung!

Es hat keine Terminunterlagen gegeben. Die Terminunterlagen, die es gegeben hat, waren wieder als Steuerungsinstrument für den Baufortschritt nicht geeignet. Für die gesamte Planungsabwicklung hat es überhaupt keinen Terminplan gegeben. Aber der Vorstand sagte gestern im Fernsehen und sagt heute in Presseaussendungen, er sehe keine Nachteile für das Unternehmen. Bei einem Projekt, das insgesamt mehr als 1 000 Millionen Schilling kostet, nämlich zirka 1 400 Millionen Schilling, gibt es keine Terminunterlagen, gibt es keine Terminpläne, es gibt keine Steuerungspläne. Aber der Vorstand erklärt uns, er sehe keinen Nachteil für das Unternehmen.

Es geht aber weiter: Der Architektenplanungsgemeinschaft wurden Millionen zu Unrecht und zuungunsten der Gesellschaft auszubezahlt, wobei diese Architektenverträge überhaupt einmal zu überprüfen sind. Auch die Architektenkammer kritisiert heute in einer Aussendung die Direktvergabe von Planungsaufträgen in dieser Größenordnung. Sie bezeichnet in dieser Aussendung diese Auftragsvergabe als einigermaßen merkwürdig.

Herr Bundesminister! Was sagen Sie zu dieser Aussendung? Sie sind ja immer so ein Beschützer der Interessenvertretungen. Eine Interessenvertretung sagt Ihnen nun, diese Vergaben seien einigermaßen merkwürdig. Aber Sie als Verkehrsminister und Ihre Vorgänger als Finanzminister haben diese merkwürdigen Vergaben immer toleriert, Sie haben keinen Anlaß gefunden, dagegen einzuschreiten.

Es ist die Frage, wie nah die Auftragnehmer der Partei stehen. Wie nah stehen diese den Sozialdemokraten? Wie nah stehen sie der ÖVP? Was haben sie machen müssen, damit sie diese Aufträge freihändig bekommen haben?

Herr Bundesminister Ditz hat heute erst vor kurzem einen Kollegen kritisiert und gesagt: Stellen Sie nicht so leichtfertig in den Raum, daß es Parteienfinanzierung gegeben hat. Herr Bundes


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 84

minister! Bei freihändigen Auftragsvergaben stelle ich in den Raum, daß es Parteienfinanzierung gegeben hat! So etwas darf in diesem Staat nicht vorkommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und was ist dann geschehen? Man weiß, daß die Planungskosten nicht nachvollziehbar sind. Wie haben Sie, wie haben die Verantwortlichen reagiert? Wie haben Ihre Vertreter aus den Ministerien reagiert? Man weiß, daß die Gebührennoten für Ausführungs- und Detailplanung mit 100 Prozent anerkannt wurden, obwohl zum Zeitpunkt der Auszahlung nur 30 Prozent Detailzeichnungen vorlagen.

Herr Bundesminister! Sie haben uns heute in der Regierungserklärung erklärt, Sie seien für privatwirtschaftliches Denken. Zeigen Sie mir einen Privatbetrieb, der 100 Prozent eines Auftrages auszahlt, obwohl nur 30 Prozent geleistet worden sind! Den wird es nicht geben. In der Privatwirtschaft ist es umgekehrt: Da müssen Sie 100 Prozent leisten, und wenn Sie Glück haben, bekommen Sie einmal 50 Prozent Anzahlung. Man zahlt nicht 100 Prozent, wenn erst eine Leistung von 30 Prozent vorliegt.

Aber was ist geschehen? Wo haben Sie eingegriffen? Wo haben Ihre Vertreter in den Aufsichtsräten gewarnt? – Diese Auftragsvergaben werden immer merkwürdiger.

Es hat gegenüber den Planern keine Reklamationen geben. Wieso haben Ihre Vertreter nicht eingegriffen und haben gesagt, das paßt nicht, die Zeitpläne stimmen nicht, die Terminpläne stimmen nicht. Nichts stimmt dort. Es gibt andauernd Kostenüberschreitungen. Warum haben Sie nicht eingegriffen? Warum haben Sie die Planer nicht zur Verantwortung gezogen? Es wurden Fertigstellungstermine wesentlich überschritten. Und es steht fest und ist bereits aktenkundig, daß durch diese Überschreitung der Fertigstellungstermine erhebliche Kosten für das Unternehmen entstanden sind und dadurch wieder erhebliche Kosten, die die Aktionäre tragen, wodurch wieder indirekt Steuergelder betroffen sind.

Überall hat Aufsichtsratspräsident Dr. Nolz, der Verfasser des Belastungspakets, zugeschaut, aber auch Sie, Herr Bundesminister, als Verkehrsminister und als Finanzminister und auch Ihre Vorgänger. Es ist als Verschleierung zu bewerten, Herr Bundesminister, und mich würde wirklich interessieren, wie Sie dazu stehen. Ich verwende jetzt einmal den Ausdruck "Verschleierung", wobei ich auch sagen könnte, daß dies einem Betrug nahe ist.

Es ist als Verschleierung zu bewerten, daß die Kostenzuweisung von nicht ordnungsgemäß budgetierten Planungsmehrkosten der Hallenerweiterung Süd auf die Halle Nordwest und West vereinbart wurde, um Überschreitungen des genehmigten Budgets zu verhindern. Herr Bundesminister! Es ist auf jeden Fall ein Mißbrauch. Ich glaube, daß das sogar ein strafrechtlicher Tatbestand werden könnte, wenn ein Auftragnehmer, der überhaupt keine Kompetenz hat, nur um zu vermeiden, daß die Gesamtkosten überschritten werden, ganz einfach die Millionen umlegt: Da fehlen uns Millionen, geben wir sie woanders hin, Hauptsache ist, wir verdienen gut dabei.

Aber was haben Sie gemacht? – Ihnen ist das nicht einmal aufgefallen. Wenn es jetzt nicht aktenkundig wäre, wenn es jetzt nicht hochgespielt würde, weil es ein echter Skandal in dieser Republik ist, was mit den Steuergeldern passiert, wäre es dem Finanzminister Lacina, wäre es dem Finanzminister Staribacher, wäre es dem Finanzminister Klima und auch dem Verkehrsminister Klima nicht aufgefallen. Ihnen fallen die Verschwendungen in dieser Republik nicht auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Aber solche Mißbräuche können eben nur dann passieren, wenn sorglos gearbeitet wird und wenn Sie bereit sind, wie das in den letzten Jahrzehnten immer war, Millionen zu verschwenden.

Herr Bundesminister! Die Honorarsumme für die Haustechnikfachplanung liegt um 11,4 Millionen über dem üblichen Ziviltechnikerhonorar. 11,4 Millionen! – Das ist ja keine Kleinigkeit. 11,4 Millionen sind fast schon der Umsatz eines Mittelbetriebes. Und da werden Honorarkosten verrechnet, die um 11,4 Millionen zu hoch sind. Aber Ihre Reaktion ist gleich Null. Es gibt keine


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 85

Reaktionen der Verantwortlichen, es gibt auch keine Reaktion des Herrn Aufsichtsratspräsidenten.

Die Schlußrechnung der Architekten liegt insgesamt um 5,2 Millionen höher, als das angemessene Honorar für solche Leistungen wäre. Herr Bundesminister! Wie kann es so etwas geben? Wie kann so etwas passieren? Und wie kann so etwas passieren, ohne daß die Verantwortlichen dagegen einschreiten?

Die Verantwortlichen sind natürlich auch im Vorstandsbereich zu suchen. Und da sind Sie mit schuld, weil – wie ich schon erwähnt habe – Sie immer wieder Vorstandsmitglieder parteipolitisch besetzen. Diese parteipolitischen Besetzungen werden gar nicht im Aufsichtsrat besprochen, die haben gar keine Möglichkeit. Diese parteipolitischen Besetzungen werden von Ihnen hier ausgepackelt. Hier im Haus und in den Parteizentralen werden sie ausgepackelt. Hören Sie auf mit dieser Packelei bei Besetzungen von Vorstandspositionen in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich möchte Sie ja nur daran erinnern, was wir vor kurzem bei HTM erlebt haben. Wie haben Sie gesagt? Alles ist bestens, wir haben den großen Sanierer gefunden. – Wo stehen wir heute? Sie waren damals noch nicht Finanzminister, aber Ihr Kollege Staribacher. Oder ist die Staribacher- und Lacinazeit für Sie jetzt schon Vergangenheit, mit der sich die Sozialdemokraten nicht mehr identifizieren können?

Herr Bundesminister! Ist das wirklich Ihre Meinung, daß die Regierungskoalition 1996 beginnt? Herr Bundesminister! Ihre Partei ist seit 1986 – mit Ihren Vorgängern – an der Regierung (Abg. Mag. Haupt: Seit 1970!), und Sie haben diesen Staat seit 1986 in eine Budgetkrise geführt. Sie haben Geld verschwendet, und Sie sind für zahllose Skandale in der öffentlichen Wirtschaft verantwortlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Im letzten Jahrzehnt haben wir immer wieder über die Autobahngesellschaften diskutiert. Dort haben Sie das gleiche betrieben: parteipolitische Besetzungen vorgenommen, parteipolitische Interessen vertreten. Und es sind Millionen und Milliarden verschwendet worden. (Abg. Anschober: Karawanken!)

Sie haben sich bis heute geweigert, in bezug auf die Autobahngesellschaften Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Für alle Autobahngesellschaften, Herr Kollege Anschober! Wir haben diese Untersuchungsausschüsse zig-mal gefordert – Sie haben die Milliarden verschwendet. Wir wollen aufklären – Sie verhindern in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei der Flughafengesellschaft waren immer wieder gleiche Fehlverhalten, gleiche Mängel für massive Mehrkosten verantwortlich. Es ist unerklärlich, daß vom Vorstand, daß vom Aufsichtsrat keine Handlungen gesetzt wurden, daß die Verantwortlichen nie zur Rechenschaft gezogen wurden. (Abg. Mag. Haupt: Unbelehrbar!) Jedem mit wirtschaftlichen Angelegenheiten Befaßten hätte diese Geldverschwendung auffallen müssen – umso mehr, Herr Bundesminister, da Sie schon ab 1992 Berichte vorgelegt bekommen haben und es in diesen Berichten bereits Hinweise auf die Geldverschwendung gegeben hat.

Herr Bundesminister! Wenn Sie und Ihre Vorgänger schon nicht fähig waren, bei einem so großen Projekt die Geldverschwendung zu bemerken, dann hätten Sie zumindest 1992, als es die ersten Berichte gegeben hat, wissen müssen, daß da etwas falsch läuft. Das heißt, Sie hätten schon 1992 einschreiten müssen, aber es hat keine Konsequenzen gegeben.

Ihre Verschwendungspolitik hat zu einer Zerrüttung der Staatsfinanzen geführt. Ihre Skandale sind dabei auch Mitverursacher – Skandale, im Zuge derer Milliarden verschwendet wurden. Sie haben wesentlich zur heutigen Situation beigetragen. Sie haben dazu beigetragen, daß nun alle in Österreich belastet werden müssen, angefangen bei den Ärmsten, bei den Behinderten. Alle sollen das ausbaden, was Sie verursacht haben, was Sie durch Verschwendungen auch in öffentlichen Unternehmungen verursacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Haupt: Falsche Solidarität!)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 86

Herr Bundesminister! Bundeskanzler Vranitzky, Sie als Finanzminister, aber auch Schüssel und Ditz, die uns vor den Wahlen ständig den Schüssel-Ditz-Kurs vorgegaukelt haben – einen Schüssel-Ditz-Kurs wird es hoffentlich in Österreich nie geben –, Sie alle sind als Eigentümervertreter dafür verantwortlich. (Abg. Haigermoser: Hannes Ditz, der Täuscher!) Sie haben die Eigentümerinteressen nicht zum Wohle der Österreicher ausgeübt.

Diese sozialistische Regierungskoalition belastet nun die Ärmsten in Österreich, sie belastet die fleißigen Arbeitnehmer in Österreich, sie belastet die fleißigen Unternehmer in Österreich und ist nicht in der Lage, Privilegien in Österreich abzubauen und Geldverschwendung zu vermeiden. Die Vorgangsweise der verantwortlichen Verfasser des Belastungspaktes ist wirklich eine Verhöhnung und eine Herausforderung aller Österreicherinnen und Österreicher. Nolz, der verantwortlicher Aufsichtsratspräsident ist, behauptet heute in Presseaussendungen, er wisse von nichts, er müsse sich das alles anschauen, und er werde schon reagieren.

Jetzt ist es für eine Reaktion fast zu spät. Jetzt sind die Millionen schon verschwendet. Hunderte Millionen sind verschwendet, und die Verantwortlichen haben nicht reagiert. Es hat weder der verantwortliche Minister reagiert, noch der Aufsichtsratspräsident, noch der Vorstand!

Herr Bundesminister! Darum ist unsere heutige Anfrage so wichtig: um weitere Milliardenverschwendung zu vermeiden, um sozialistische Mißwirtschaft in unserem schönen Österreich abzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.25

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Klima zur Beantwortung der Anfrage. – Bitte.

16.26

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Rosenstingl und Kollegen! Ich habe schon angenommen, daß die Anfrage für Sie von besonderer Wichtigkeit ist, wie Sie am Schluß betont haben, sonst hätten Sie mir diese nicht als dringliche Anfrage gestellt.

Aber ich möchte eines vorweg klarstellen: Ich distanziere mich in keiner Form von den Handlungen, die meine Vorgänger, Bundesminister Staribacher und Bundesminister Lacina, in diesem Zusammenhang getroffen haben. Das heißt, ich trete zu Recht auch im Sinne dieser Anfrage die Gesamtsrechtsnachfolge an. (Abg. Mag. Stadler: Die politische!) Ich bitte allerdings, in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, daß Sie sich anscheinend in der Frage "I oder i!" entschlossen haben, die Anfrage an den Bundesminister für Finanzen zu richten und nicht an den Bundesminister für Verkehr. Daher werde ich mich in der Anfragebeantwortung ... (Abg. Dr. Krüger: Der hat noch Schonzeit! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Nein, ich bin nicht mehr beides. (Abg. Rosenstingl: Zu verantworten haben Sie es!) Da haben Sie die Angelobung durch den Herrn Bundespräsidenten nicht entsprechend verfolgt. Ich werde die Frage als Bundesminister für Finanzen beantworten, und wenn Sie Lust haben, dann können Sie eine entsprechende dringliche Anfrage an den Bundesminister für Verkehr stellen. (Abg. Mag. Stadler: Ihrem Nachfolger trauen wir es nicht zu!)

Sie hätten selbstverständlich erwarten können, daß ich die Anfrage nicht als Bundesminister für Finanzen beantworte, sondern als ehemaliger Bundesminister für Verkehr. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er will sich aus der Affäre ziehen!) Aber für irgend etwas müssen wir uns gemeinsam entscheiden. Ich schlage vor, daß wir uns für meine derzeitige Funktion ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Sie sind doppelt zuständig!) Ich bin nicht mehr doppelt zuständig; es war eine Zeitlang ganz schön, ohne Doppelgage für zwei Ministerien zuständig zu sein, aber ich bin es nun nicht mehr. (Abg. Böhacker: Sagen Sie einmal, was Sie wissen, Herr Minister!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich in Erinnerung rufen, daß die Flughafen Wien Aktiengesellschaft eine der wenigen – und, wie internationale Analysen immer wieder betonen, beispielhaft – an der Börse eingeführten Flughafengesellschaften ist. Es gibt wenige Flughäfen (Abg. Mag. Stadler: Die so teuer sind!), die als Aktiengesellschaft an der Börse eingeführt sind.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 87

Die Flughafen Wien Aktiengesellschaft ist eine nach aktienrechtlichen Grundsätzen gegründete (Abg. Mag. Stadler: Eine der teuersten Fluglinien der Welt!) und danach auch handelnde selbständige und selbstverantwortliche juristische Person, deren Organhandeln nur im Bereich der Kompetenz der Hauptversammlung der Einflußnahme unterliegt.

Für den Bereich der Geschäftsführung und auch deren Überwachung durch den Aufsichtsrat kann daher gemäß Aktienrecht keinerlei Stellungnahme abgegeben werden, und eine solche Stellungnahme ist – und das ist Ihnen ja aus den Urzeiten der Verstaatlichten schon bekannt – durch § 90 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates unserer Ansicht nach nicht gedeckt.

Was Ihnen vielleicht entgangen ist, sehr geehrter Herr Abgeordneter: Seit dem Jahr 1995 hält die Republik Österreich nur mehr 17,4 Prozent der Aktien der Flughafen Wien Aktiengesellschaft. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Die Zeit, die das betrifft, ist von 1988 an!) 17,4 Prozent, sehr geehrter Herr Abgeordneter Bauer! Von seiten der Aktiengesellschaft stehen ihr daher nicht mehr und nicht weniger Auskunftsrechte wie jedem anderen Aktionär zu, und ich glaube, wir sollten insbesondere im Hinblick auf Insiderbestimmungen, die immer wieder bekannt werden, klar dafür sorgen, daß jedem Aktionär das gleiche Informationsrecht zukommt: dem Privataktionär – Sie wissen ja, daß fast 40 oder mehr als 40 Prozent an der Börse notiert sind –, genauso wie den Aktionären der Republik Österreich, des Landes Niederösterreich oder der Stadt Wien.

Ich bin mir sicher, Sie wissen auch, daß es aufgrund eines Syndikatsvertrages für die Bestellung der Vorstandsmitglieder ein Vorschlagsrecht gibt – diesbezüglich hat natürlich der Aufsichtsrat zu agieren –, und zwar für die beiden Landesaktionäre und nicht für jene des Bundes. Aber ich nehme an, das wissen Sie ohnehin. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir müssen uns nur entscheiden: Diskutieren wir das im Nationalrat oder im Wiener Landtag oder im niederösterreichischen Landtag? (Abg. Dr. Haider: Das ist nicht unser Problem! Wir sind hier Abgeordnete, und Sie haben zu antworten!) Ich gebe auch Antwort. Ich kann nur auf das Antwort geben (Abg. Dr. Haider: Regieren ist nicht unser Geschäft!) – hoffentlich! –, wofür ich tatsächlich zuständig bin. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Die Entmündigung des Parlaments habe ich langsam satt!) Und daher erlaube ich mir, in aller Ruhe die sachliche Information zu geben (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) – bisher schreien nur Sie, nicht ich! –, daß die Republik Österreich 17,4 Prozent der Aktien hält und daß, meine sehr geehrten Damen und Herren, aufgrund eines Syndikatsvertrages das Vorschlagsrecht an den Aufsichtsrat für Vorstandspositionen den beiden beteiligten Bundesländern obliegt und nicht der Republik Österreich.

Hier – und darauf möchte ich auch noch hinweisen – gibt es aus meiner Sicht eine sehr wichtige Trennung: nämlich daß einige Fragen, insbesondere jene, die mit dem Vollzug des Luftfahrtgesetzes zusammenhängen, in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr fallen. Und da ich hier als Bundesminister für Finanzen mit der gesamten politischen Verantwortung antworten darf, ist es mir nicht möglich, auch für Antworten des Bundesministers für Verkehr zur Verfügung zu stehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte, ohne auf die in der Einleitung der Anfrage enthaltenen Bemerkungen einzugehen, Ihnen zu den in die Zuständigkeit des Finanzministers fallenden Fragen folgendes mitteilen:

Zur Frage 1:

Die Republik Österreich war in der Flughafen Wien BetriebsgesmbH im Aufsichtsrat und in der Generalversammlung vertreten. In der nunmehrigen Flughafen Wien Aktiengesellschaft ist die Republik Österreich im Aufsichtsrat und in der Hauptversammlung vertreten.

Zur Frage 2:


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 88

Die Funktionsperiode des amtierenden Aufsichtsrates der Flughafen Wien Aktiengesellschaft begann 1993. Sie läuft bis zu jener Hauptversammlung, die über den Jahresabschluß 1997 beschließt, also gemäß Vorschau voraussichtlich bis Mai 1998. Diesem Aufsichtsrat gehören folgende von der Republik Österreich und anderen Organisationen vorgeschlagene und von der Hauptversammlung bestätigte Mitglieder an: Sektionschef Dr. Nolz (Bundesministerium für Finanzen) als Vorsitzender, Sektionschef Dr. Stadler (Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr), Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Mag. Sika und Mag. Udolf-Strobl.

Ich darf noch hinzufügen, daß seitens des Eigentümers Stadt Wien Herr Stadtrat a. D. Nekula und Rechtsanwalt Dr. Böhmdorfer nominiert wurden. Ich darf weiters hinzufügen, daß seitens des Landes Niederösterreich Herr Baurat Kreis und Herr Bürgermeister Gogola nominiert wurden und Herr Christopher Reilly, ein nominierter Vertreter eines internationalen Investmenthauses, als Vertreter der Privataktionäre Mitglied des Aufsichtsrates ist.

Zur Frage 3:

Der Vertreter der Aufsichtsbehörde – der, wie Sie wissen, ja nur für luftfahrtrechtliche Angelegenheiten als Staatskommissär in diesem Aufsichtsrat sitzt –, somit des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ist der zuständige Abteilungsleiter Ministerialrat Dr. Neidhart. Seine aufsichtsratsbehördlichen Aufgaben nimmt er durch regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrates und seiner Ausschüsse wahr. Er ist dort als Staatskommissär mit vertreten.

Zur Frage 4:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dazu kann ich aufgrund der in der Einleitung genannten Gründen nicht Stellung nehmen.

Zur Frage 5:

Diese Konstellation war und ist bei der Flughafen Wien Aktiengesellschaft nicht gegeben. Es gibt eine Personentrennung. Herr Ministerialrat Dr. Neidhart ist als Staatskommissär für luftfahrtrechtliche Angelegenheiten vertreten und nicht als "normales" Aufsichtsratsmitglied.

Zur Frage 6:

Es hat einen Baufachbeirat, bestehend aus dem obersten Hochbaubeamten des Bundes und den Baudirektoren von Wien und Niederösterreich, zur Beratung des Vorstandes gegeben, der gemäß Empfehlungen des Rechnungshofes in der letzten Zeit nicht mehr einberufen wurde. An den Sitzungen des Baufachbeirates nahmen – wie mir das Unternehmen mitteilte – auch zwei Vertreter des Betriebsrates und zum Teil auch das Präsidium des Aufsichtsrates teil.

Zu den Fragen 7 bis 25:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mir erlauben, Ihnen die Fragen 7 bis 25 in einem zu beantworten. Wie in der Einleitung bereits festgestellt, fallen Baumaßnahmen sowie deren konkrete Umsetzung und Kontrolle ausschließlich in die Organverantwortung von Vorstand und Aufsichtsrat. Aufgrund der gesetzlich normierten Pflicht der Gleichbehandlung sämtlicher Aktionäre und der auch für Aufsichtsräte geltenden Verschwiegenheitspflicht (§ 99 und § 84 des Aktiengesetzes) sind mir aus dem Unternehmen beziehungsweise von den Organen des Unternehmens Informationen betreffend die Abwicklung des Baugeschehens im Detail nicht zugegangen, sodaß ich die hier gestellten Fragen nicht beantworten kann. Allerdings wurde mir im Jänner 1996 vom Rechnungshof das Ergebnis der in den Jahren 1994 und 1995 vom Rechnungshof durchgeführten Überprüfung der Gebarung der Flughafen Wien AG übermittelt, aufgrund dessen ich mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates die vom Aufsichtsrat beabsichtigten Maßnahmen erörtert habe.

In diesem Zusammenhang wurde ich davon in Kenntnis gesetzt, daß der Aufsichtsrat – unabhängig von der Kontrolltätigkeit des Rechnungshofes – durch einen von ihm beauftragten Sach


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 89

verständigen die Abwicklung des Baugeschehens stichprobenartig überprüfen ließ. Das heißt, der Aufsichtsrat hat von sich aus Maßnahmen getroffen und einen Sachverständigen zur Überprüfung der Abwicklung des Baugeschehens eingesetzt. (Abg. Dr. Khol: Ist da ein FPÖ-Mitglied im Aufsichtsrat, Herr Minister?)

Ich habe zuerst einen gewissen Herrn Rechtsanwalt Dr. Böhmdorfer erwähnt. Ich weiß nicht, wohin er gehört. (Abg. Dr. Khol: Ist das der vom Haider? – Ach so ist das! Jetzt weiß ich die Informationsquelle!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang wurde ich vor einigen Tagen vom Vorsitzenden des Aufsichtsrates davon in Kenntnis gesetzt, daß das betreffende Gutachten und offenbar auch die Prüfungsmitteilung des Rechnungshofes in die Öffentlichkeit gelangt sind. Mir wurde auch berichtet, daß in der gestrigen Fernsehsendung "Report" ein Ausschnitt aus den Prüfungsmitteilungen gesendet wurde, der mit "VIE 21" gekennzeichnet war.

Zu der spezifischen Frage, ob durch diese Kennzeichnung die Quelle der Indiskretion ermittelt werden kann, kann ich aus den erwähnten Gründen nicht Stellung nehmen und möchte es auch nicht.

Mir wurde weiters berichtet, daß dieses Gutachten zunächst dem Vorstand zur Stellungnahme übermittelt wurde und daß der Aufsichtsrat in der Folge die von ihm zu ziehenden Konsequenzen – nur von ihm zu ziehenden Konsequenzen! – diskutieren wird.

Zu den Fragen 26 bis 28:

Die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder erfolgt gemäß § 87 Aktiengesetz durch Beschluß der Hauptversammlung. Kriterien für die Nominierung durch das Bundesministerium für Finanzen sind vor allem die fachliche Eignung, die bisherige berufliche Erfahrung sowie sonstige Qualifikationen, aufgrund derer angenommen werden kann, daß die nominierten Personen im Sinne der herrschenden Lehre den Ansprüchen, die an die Funktion eines Aufsichtsrates gestellt werden, tatsächlich auch entsprechen. Wie Sie wissen, wählt der Aufsichtsrat sodann aus seiner Mitte den Vorsitzenden.

Zur Frage 29:

Einen von Ihnen angesprochenen expliziten Vertreter der Kleinaktionäre gibt es in Form eines Vertreters der Privataktionäre, und zwar Herrn Christopher Reilly, Vertreter eines, wie bereits erwähnt, international renommierten Investmenthauses.

Zur Frage 30:

Hiezu wird auf die Beantwortung der Fragen 26 bis 28 verwiesen. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, daß Vorstandsposten gemäß dem Bundesgesetz vom 29. Oktober 1982, BGBl. Nr. 521 über die öffentliche Ausschreibung von Funktionen in Kapitalgesellschaften, an denen Bund, Länder oder Gemeinden beteiligt sind, auszuschreiben sind. Die Bestellung erfolgt sodann durch den Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit.

Zur Frage 31:

Im Juni 1995 wurden 465 Millionen Schilling Nominale zum Kurs von 475 S – das sind insgesamt 2,208 750 Milliarden Schilling  Verkaufserlös – abgegeben. Es gibt derzeit keine aktuellen Überlegungen in Richtung einer weiteren Privatisierung.

Zur Frage 32.

Wie mir seitens des Unternehmens berichtet wird, verhandelt der Flughafen Wien bereits seit einigen Jahren mit Vertretern des Flughafens Bratislava mit dem Ziel, eine für beide Flughäfen vorteilhafte Kooperationsmöglichkeit zu erreichen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 90

Sehr geehrter Abgeordneter Rosenstingl und Kollegen! Meine Damen und Herren! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.44

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Wir treten nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß die Einzelredezeitbeschränkung 15 Minuten beträgt.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.44

Abgeordneter Mag. Johann-Ewald Stadler (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn es um die Verschwendung von Hunderten Millionen an Geldern eines öffentlichen Unternehmens, an dem auch die Republik Österreich und zwei Bundesländer beteiligt sind, geht, dann gähnt der Herr Minister gelangweilt von der Regierungsbank herunter, mit großem, aufgerissenen Rachen – man möchte schon fast etwas hineinschmeißen! (Abg. Dr. Nowotny: Dobermann! – Abg. Leikam: Sie sind ein ruchloser Mensch! Der Dobermann bellt wieder! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe einfach beobachtet, daß der Herr Minister unausgeschlafen ist. Was regen Sie sich so auf? Ich habe ja Verständnis dafür, daß der Herr Minister unausgeschlafen ist. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Ich würde an seiner Stelle auch schlecht schlafen, wenn ich wüßte, welcher Megaskandal bezüglich Flughafengesellschaft auf mich lauert. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Den werden Sie nämlich schon zu verantworten haben! So einfach können Sie sich nicht aus Ihrer Verantwortung stehlen, wie Sie das soeben probiert haben, unter Hinweis auf das angeblich fehlende Interpellationsrecht des Hohen Hauses! (Abg. Leikam: Der Dobermann bellt wieder!)

Ich habe Ihnen das schon einmal in Zusammenhang mit den ÖBB gesagt: Sie sollten, bevor Sie wieder einmal dem Haus das Interpellationsrecht streitig machen, Ihre Rechtsabteilung befassen. Sie haben damals versucht, dem Haus eine entsprechende Anfragebeantwortung im Zusammenhang mit den gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Österreichischen Bundesbahnen zu verweigern. Heute haben Sie es wieder versucht – derselbe Schmäh wieder!

Sie müssen ja ein ordentlich schlechtes Gewissen haben wegen der Leichen, die dort im Keller liegen! Im Zusammenhang mit der angeblichen Herkunft dieses Rechnungshofberichtes – Sie würden staunen, wenn Sie wüßten, aus welchen sozialistischen Kreisen wir Unterlagen bekommen, der Megaskandal ist bereits so groß, daß er nicht einmal mehr in unseren Ordnern Platz hat, die platzen schon aus den Nähten (Abg. Dr. Khol: Wir wissen genau, wo das herkommt! ) – interessiert Sie plötzlich die Gestion dieser Aktiengesellschaft. Aber wenn es um das Interpellationsrecht des Hohen Hauses geht, dann nicht.

Ich empfehle Ihnen die Literatur dazu. Es heißt eindeutig in den Lehrbüchern, daß hinsichtlich der wirtschaftlichen Tätigkeit durch selbständig juristische Personen, an denen ein öffentlicher Rechtsträger beteiligt ist, die Privatwirtschaftsverwaltung auch der Kontrolle des Parlaments unterliegt, und zwar hinsichtlich der Ausübung der Beteiligungsrechte. Herr Minister! Lassen Sie sich aufklären: Das heißt, die Tätigkeit Ihrer Eigentümervertreter im Aufsichtsrat unterliegt sehr wohl der nachprüfenden Kontrolle dieses Hauses, sonst hätte das keinen Sinn mehr, sonst schaffen Sie einen eigenen Unternehmenstypus öffentlich-rechtliches Unternehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber sich nach Bedarf hinter der Privatwirtschaftsverwaltung beziehungsweise hinter dem Mantel der Privatwirtschaftsverwaltung zu verstecken, um dem Hohen Haus die Kontrolle zu verweigern, das wird nicht gehen, das sage ich Ihnen! Das ist ein Recht, das das Hohe Haus für sich als Gesamtes wahrnimmt, und es läßt sich von Ihnen und anderen Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung in dieser Frage nicht pflanzen. Herr Minister, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Geschäftsbericht dieser Flughafengesellschaft ist ja einiges an Schönfärberei enthalten, etwas aus dem Jahre 1994 im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau – ich zitiere wörtlich –: Im Sinne eines effizienten Controllings wurde für dieses Bauvorhaben ein Projektmanagement eingesetzt, dessen Aufgabe die Abstimmung zwischen Nutzervorgaben (bedarfsgerechte, kundenorientierte Ausführung) und Einhaltung des festgelegten Termin- und Kostenrahmens ist. –


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 91

Einhaltung des festgelegten Termin- und Kostenrahmens! Das wurde uns zugeschickt, weil man bei der Flughafen Wien Betriebsgesellschaft sehr wohl weiß, daß das Hohe Haus und die parlamentarischen Fraktionen ein Kontrollrecht diesem Unternehmen gegenüber haben.

Nun, wie schaut die Einhaltung des Kostenrahmens aus? – Im Jänner 1991 waren es noch 649,4 Millionen Schilling, die für die Halle Süd veranschlagt wurden. Im November 1991 kamen 51,1 Millionen dazu; im September 1992, ein Jahr später, weitere 54,5 Millionen. Das ergibt summa summarum 755 Millionen Schilling. Und jetzt gähnen Sie weiter, Herr Minister! 755 Millionen Schilling, das ist mehr als das Doppelte dessen, was man ursprünglich als Baukosten angenommen hat. Und das verleitet den österreichischen Finanzminister, vormals zuständiger Verkehrsminister, zum Gähnen vor dem Hohen Hause, wenn wir wissen wollen, wie es möglich ist, daß man das Doppelte der veranschlagten Baukosten für den Bau einer simplen Halle verwirtschaftet hat. Das Hohe Haus hat ein Recht darauf, zu erfahren, was da passiert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie nennen zwei Berichte: Der eine ist der Rechnungshofbericht, der etwas harmlos ausgestaltet ist – der Herr Rechnungshofpräsident wird schon wissen, warum –, der zweite ist ein Bericht, den der Aufsichtsrat dieser Flughafengesellschaft selbst in Auftrag gegeben hat. Allerdings versucht man jetzt, den Prüfer herunterzumachen, indem man sagt: Naja, der Prüfer hat sich ja ursprünglich selbst um den Architektenauftrag beworben!, als ob er quasi damit eine späte Abrechnung machen würde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Nowotny und Parnigoni .)

Dem ist nicht so! Dieser Prüfer hat sehr ordentlich geprüft und ist draufgekommen – ich gebe Ihnen ein paar Beispiele –, daß etwa die Haustechnikkosten ursprünglich mit 9 Millionen beziffert wurden, aber, meine Damen und Herren, abgerechnet wurden 60 Millionen Schilling. 9 Millionen angenommen, 60 Millionen Schilling abgerechnet, Herr Minister! Ist das zum Gähnen?

Schätzkosten bei den Baumeisterarbeiten: Bei der Auftragserteilung wurden 87 Millionen veranschlagt, abgerechnet, Hohes Haus, wurden nach den Unterlagen der Architekten 148 Millionen Schilling!

Meine Damen und Herren! Unglaublich! Und das verleitet den Finanzminister der Republik Österreich, der heute mit seiner Budgetrede angekündigt hat, wie er und seine gesamte Bundesregierung den Leuten in die Tasche greifen will, zum Gähnen! Es bringt ihn zum Gähnen, wenn er hört, wie dort das Geld aus dem Fenster hinausgeschmissen wurde, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Glasfassade, Herr Minister – damit Sie weitergähnen können –: 21 Millionen Schilling Ausschreibungsvolumen ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Klima. ) – Sie wollen nicht mehr gähnen? (Bundesminister Mag. Klima: Ich bin einfach müde!)

Sie sind müde. – Das kann ich mir vorstellen. Wenn ich einen Megaskandal nach dem anderen zu vertreten hätte und dafür jedes Mal vom Nationalrat geprügelt würde, dann wäre ich es auch langsam müde. Das möchte ich Ihnen gerne zugestehen.

Nur Sie sollten endlich einmal etwas tun, um diese Dinge in Zukunft abzustellen. Dann würden Sie auch nicht mehr so schnell müde werden, dann hätten Sie auch einmal etwas geleistet für diese Republik, sehr geehrter Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn ich Ihre Physis noch etwas strapazieren darf, Herr Minister, ganz kurz zur Glasfassade: 21 Millionen Schilling wurden bei der Ausschreibung veranschlagt – mit 100 Millionen Schilling wurde sie dann letztlich abgerechnet, meine Damen und Herren.

Diese Beispiele ließen sich endlos fortsetzen. Aber aus Rücksicht auf die Physis des sehr geschätzten Herrn Bundesministers möchte ich Ihnen das ersparen. Herr Minister, ich empfehle Ihnen, wenn Sie wieder besser beinander sind, den Bericht dieses Ziviltechnikers zu lesen. Auf Ihre Aufsichtsräte können Sie sich anscheinend nicht verlassen. Dabei habe ich mit Erstaunen vernommen, welche Qualifikationserfordernisse Sie an einen Aufsichtsrat der Flughafengesell


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 92

schaft stellen. Erklären Sie mir bitte, wie der Herr Generaldirektor für öffentliche Sicherheit ausgerechnet diese Qualifikationserfordernisse erfüllt? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ach, er fliegt gerne, aber er darf nicht oft!

Was empfiehlt den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit – außer daß er ein SPÖ-Parteibuch hat – für die Aufsichtsratstätigkeit in der Flughafengesellschaft, an der der Bund beteiligt ist, wo er letztlich den Bund und den Eigentümer zu vertreten hätte, meine Damen und Herren?

Jahrelang – und damit sind wir wieder bei dem von Ihnen zitierten Aufsichtsrat Dr. Böhmdorfer – wurde in diesem Aufsichtsrat die Prüfung der Vorgänge urgiert. Ihre Leute, Herr Minister, und auch die Leute der Österreichischen Volkspartei haben jahrelang diese Prüfung verhindert. Erst als der von Ihnen genannte Aufsichtsrat bereits mit dem Staatsanwalt gedroht hat – der jetzt wirklich einschreiten wird müssen –, kam es zu einer Prüfung durch einen privaten Ziviltechniker.

Jetzt liegt das Prüfungsergebnis vor. Und der von Ihnen so sehr in Schutz genommene Sektionschef Nolz – man kann es nicht häufig genug sagen –, der sich derzeit mit Lorbeeren dafür bekränzen läßt, daß er das Belastungspaket für die österreichischen Bürger erfunden hat, dieser Herr Sektionschef also sagt: Diese freihändigen Vergaben, die nämlich einer der Hauptgründe sind, warum es dort zu solchen Mißständen kam – ich habe es schon einmal gesagt, rund die Hälfte der Aufträge wurde freihändig vergeben, so nach dem Prinzip, wer gerade am meisten, ich weiß nicht wie ausgedrücktes, Interesse gegenüber dem Unternehmen bekundet –, seien nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich gewesen, und es hätte Vergaberichtlinien gegeben.

Diese Vergaberichtlinien, Hohes Haus, schauen wie folgt aus – ich darf folgendes zitieren –: Da heißt es: "Auf 35 Seiten Text werden überaus präzise, teilweise über die ÖNORM hinausgehende Regulative festgeschrieben, um dann mit sieben Zeilen – und jetzt passen Sie auf, Herr Minister! – einem Organ – Klammer auf: das ist ein Einzelmann, Klammer geschlossen – der zweiten/dritten Entscheidungsebene die völlige Freiheit einzuräumen, diese Vergaberichtlinien für eine Dimension von zirka 200 Millionen Schilling auszusetzen." Ende des Zitats.

Ein Mann entscheidet also über die Vergabe von 200 Millionen Schilling! Im Einzelauftrag! Ein Mann! (Abg. Dr. Haider: Frag einmal den Minister, über wieviel Freiheit er verfügt!) Nicht einmal der Minister selbst kann über einen solchen Betrag frei verfügen. Wenn der Minister ein Grundstück in dieser Größenordnung kaufen will, muß er zum Hauptausschuß gehen. Aber in der Flughafen Wien Betriebsgesellschaft entscheidet ein Mann nach diesen von Herrn Nolz so sehr gelobten Vergaberichtlinien über 200 Millionen Schilling, Hohes Haus!

Das ist unglaublich! Das ist ein unglaublicher Skandal, der zum Himmel stinkt (Beifall bei den Freiheitlichen) und der Sie nicht zum Gähnen bringen, sondern Sie vielmehr dazu veranlassen sollte, Herr Bundesminister, endlich dafür zu sorgen, daß es tatsächlich Vergaberichtlinien gibt, die es auch wert sind, Vergaberichtlinien genannt zu werden.

Diese freihändigen Vergaben haben etwa dazu geführt, daß es beim Bauteil Süd zu freihändigen Nettovergaben in der Höhe von 68,5 Millionen Schilling kam – 68,5 Millionen Schilling wurden freihändig vergeben, meine Damen und Herren! Und das aufgrund einer Option, die sehr eng mit der Tätigkeit des Herrn Sektionschefs Dr. Schmelz verbunden ist. Dieser Herr Dr. Schmelz ist kein Unbekannter.

Ich zitiere weiter aus dem Bericht, wo es um den Hauptauftrag bei der Hallenerweiterung Süd geht und man sich wieder auf Herrn Dr. Schmelz berufen hat: Auch in diesem Fall wurde die VIE-interne Besprechungsnotiz mit Herrn Sektionschef Dipl.-Ing. Dr. Schmelz betreffend der Möglichkeit einer Option als Begründung für eine freihändige Vergabe der Heizung/Klima – damit sind nicht Sie gemeint, Herr Minister! – und Belüftungsarbeiten herangezogen:

Dieser Herr Schmelz hat in diesem Hohes Haus bereits unrühmliche – ja, Herr Kollege Khol, unrühmliche! – Lorbeeren geerntet. Er war nämlich kurze Zeit Angehöriger des Nationalrates,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 93

mußte aber dieses Haus verlassen, weil es erstens strafrechtliche Vorerhebungen wegen Unzukömmlichkeiten im Zusammenhang mit der Gestion rund um eine Betriebssportstätte gab, und weil es zweitens – und das war noch viel gravierender – eine unglaubliche Korruptionsaffäre im Zusammenhang mit dem Neubau des Staatsarchivs gab. Damaliges Volumen – die Grünen werden sich daran erinnern, weil Abgeordneter Pilz Hauptredner in dieser Sache war –: 3,6 Milliarden Schilling. – Dieser Herr Sektionschef Schmelz, Abgeordneter der Österreichischen Volkspartei, mußte damals zurücktreten.

Damals hat Minister Graf gesagt: Es wird nie wieder vorkommen, daß das, was Herr Schmelz angestellt hat, wieder passiert. Freihändige Vergaben hat Herr Minister Robert Graf damals für die Zukunft ausgeschlossen. Das könne er mit großer Bestimmtheit sagen, hat er am 10. Mai 1988 laut APA gemeint, meine Damen und Herren. Frau Kollegin Brinek hat jetzt das seinerzeitige Mandat des Abgeordneten Schmelz.

Und diesen Mann lassen Sie wieder werken, und zwar In der Flughafengesellschaft? Dieser Mann ist der Chef der von Ihnen genannten Einrichtung, diesem Baubeirat? Dieser Mann vertritt die Republik Österreich in diesem Baubeirat? Dieser Mann ist dafür verantwortlich, daß Hunderte Millionen Schilling freihändig vergeben werden? – Diesen Mann hat Ihre Regierung zu verantworten! Diesen Mann hat die Österreichische Volkspartei zu verantworten (Abg. Dipl.-Ing. Kaiser: Alter Käse!), Herr Kollege Wurmitzer – nein, der Kaiser ist es, der Kaiser meldet sich zu Wort!

Aus diesem Grund ist es ja nicht verwunderlich, daß diese Regierungsparteien mit einem unglaublichen Kitt aneinandergeheftet sind.

Meine Damen und Herren! Wenn man sieht, wie das mit dem Herrn Sektionschef Schmelz abläuft, dann erkennt man den Kitt, der diese Parteien zusammenhält. Es ist der Kitt des Proporzes, es ist der Kitt der Aufteilung der Republik, es ist der Kitt der Vertuscher und es ist der Kitt der Komplizen. Herr Minister! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und da haben Sie nicht zu gähnen und haben sich nicht hinter irgendeiner Privatwirtschaftsverwaltung zu verstecken, sondern Sie haben dem Hohen Haus hier Rechenschaft abzugeben. Denn das Lehrgeld, das der im ORF genannte Herr Kastelic die Republik Österreich gekostet hat – er sagt nämlich, er hat jetzt dazugelernt, wie man mit Großbauvorhaben umgeht –, dieses Lehrgeld von 350 Millionen Schilling zu Lasten eines öffentlichen Unternehmens wollen wir nicht mehr bezahlen! Wir wollen es nicht mehr bezahlen, schon gar nicht, solange Sie mit beiden Händen unter tätiger Unterstützung des Aufsichtsratsvorsitzenden Sektionschef Nolz den Bürgern links und rechts in die Taschen greifen, um dann wieder entsprechend Material zur Verfügung zu haben, um es brüderlich und schwesterlich zwischen Rot und Schwarz zu verteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.59

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Der Herr Abgeordnete Wenitsch hat auf einen Zwischenruf des Herrn Abgeordneten Dr. Brader folgende Wortfolge verwendet: "Kollege, das ist dir egal, du hast ja nichts, du bist ein Nadelstreifkommunist oder lebst in dieser Welt." – Es wurde auch das Wort "Nadelstreifkommunist" wiederholt.

Ich sehe darin eine herabwürdigende und damit beleidigende Äußerung und erteile Herrn Abgeordneten Wenitsch einen Ordnungsruf .

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Parnigoni. Ich erteile es ihm.

17.00

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wenn ich mich an den Beginn der Rede des Kollegen Stadler erinnere (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé ) – klar habe ich geschaut, Kollegin Partik-Pablé, ja wirklich! –, in der er vom aufgerissenen Rachen spricht, dann, Kollege Stadler – entschuldigen Sie, wenn ich das so sage –, wäre das doch eher die richtige Bezeichnung für Sie. Sie wäre eigentlich aufgrund Ihrer ganz


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 94

besonderen "Menschenfreundlichkeit" und "Zuneigung" zu den Menschen, aufgrund Ihrer "Umgänglichkeit" passend für Sie. (Abg. Haigermoser: Was denn?) Es handelt sich um ein wirklich nettes, großes, wildes Tier, das auch den Rachen mit scharfen Zähnen immer offen hat. Herr Stadler (Abg. Haigermoser: Welches Tier?) scheint mit einem solchen Tier artverwandt zu sein.

Meine Damen und Herren! Ich möchte damit nur sagen, was wir von den Äußerungen halten. (Abg. Dr. Haider: Was für Äußerungen?) Sie mit Ihrer "Sandler"-Äußerung, bleiben Sie cool und ruhig, Herr Haider. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Stadler hat gemeint, der Herr Bundesminister entziehe dem Parlament sozusagen die Nachprüfung in der vorgegebenen Situation. Tatsache ist jedoch, daß sich das Parlament natürlich, wie in vielen anderen Bereichen auch, auf die Kontrollen durch den Rechnungshof bezieht. Hohes Haus! Der Rechnungshof ist ein Organ des Parlaments und wird ja auch vom Parlament bei allen Fragen entsprechend eingesetzt, in denen es darum geht, jene Betriebe oder jene Einrichtungen des Staates zu überprüfen, in denen der Staat die Hauptverantwortung trägt.

In diesem Fall ist es sogar so, daß die Hauptverantwortung nicht zu mehr als 50 Prozent beim Bund liegt, sondern eigentlich auf Bund und zwei Gebietskörperschaften aufgeteilt ist.

Die dringlichen Anfrage der FPÖ ist, wie es bei den meisten Anfragen der Freiheitlichen der Fall ist, unnötig, weil sie sich an den falschen Adressaten wendet, meine Damen und Herren, da die Flughafen Wien AG ein börsennotiertes Unternehmen ist. Der Bund – das wurde schon erwähnt – hält 17,38 Prozent des Aktienkapitals. Daher kann er in diesem Falle nicht die Hauptverantwortung tragen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir aber immer wieder davon reden, daß sich die Politik aus der Betriebsführung, aus der Wirtschaftsführung von Unternehmen herauszuhalten hat, dann verstehe ich die Freiheitlichen nicht, wenn sie bei einem Unternehmen, das börsennotiert ist, hier den Einfluß der Politik auf die Geschäftsführung monieren.

Mich würde wirklich interessieren, ob Herr Westenthaler, der mittlerweile schon von der Galerie verschwunden ist, dieser Debatte gelauscht hat, Herr Abgeordneter Haider, damit er dasselbe Theater im Wiener Landtag aufführen kann, um dort für die Wiener Landtagswahlen die Musik zu spielen, und auch die Unterlagen gleich dem Kollegen von den Freiheitlichen im Niederösterreichischen Landtag übergibt, um dort das gleiche Theater aufzuführen. (Abg. Haigermoser: Na und?)

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshofbericht liegt uns noch nicht vor. Was mich aber sehr verwundert, ist, daß Kollege Stadler bereits aus diesem Rechnungshofbericht zitiert. (Abg. Dr. Haider: Hat er nicht!) Er hat daraus wörtlich zitiert, das können Sie im Protokoll nachlesen. (Abg. Mag. Stadler: Ich habe keinen Rechnungshofbericht zitiert!)

Ich habe genau aufgepaßt. Sie werden im Protokoll nachlesen können, daß Herr Abgeordneter Stadler aus dem Rechnungshofbericht zitiert hat. Ich frage, wieso er ihn hat, aber die übrigen Parlamentarier nicht. Das ist ja schon eigenartig. (Abg. Mag. Stadler: Sie sollten sich besser vorbereiten, bevor Sie reden!)

Zum zweiten, meine Damen und Herren: Es ist ja schon erwähnt worden, daß die Flughafen Wien AG seit 15 Jahren keine Steuergelder zur Verfügung gestellt bekommt, daß sie ihre Investitionen aus eigenem finanziert und im Jahre 1994 etwa 200 Millionen Schilling an Dividende an den Staat, also an den Bund und die Länder, und an die privaten Aktionäre abgeführt hat.

Zum dritten ist diese Anfrage unnötig, weil ja der Aufsichtsrat ein Controlling System eingeführt hat. Es wurden nach dem Zufallsprinzip drei Vorhaben ausgewählt, die nunmehr geprüft werden. Der Aufsichtsrat ist also tätig geworden, hat Handlungen gesetzt. Wie man mir berichtet hat,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 95

steht in diesem Bericht dieses Kontrollorgans drinnen, daß dem Unternehmen durch diese Vorgangsweise kein Schaden entstanden sei.

Zum vierten ist die Dringliche seitens der FPÖ nur damit begründbar, daß es Herr Dr. Haider nicht verwinden kann, daß er an dem Tag, an dem der Finanzminister hier im Plenum die Budgetrede hält, unter Umständen in den Medien, etwa in der morgigen Presse, nicht vorkommt. Das kann er nicht verwinden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. ) Vielleicht haben Sie nichts besonders Gescheites gesagt!

Tatsache ist, daß Sie die Sorge haben, daß Sie dadurch morgen keine entsprechende Berichterstattung haben. Daher haben Sie dieses Theater hier inszeniert. (Abg. Haigermoser: Sie haben auch schon bessere Reden gehalten!)

Zum fünften, meine Damen und Herren: Diese Dringliche ist insofern interessant – und das hat ja auch der Herr Bundesminister gemeint –, als sich die Frage stellt, wieso im Fernsehen ein Bericht, der einem Aufsichtsorgan zugegangen ist, der Öffentlichkeit preisgegeben wird. (Abg. Dr. Haider: Das müssen Sie den ORF fragen!)

Wenn ein Bericht mit dem Aufdruck "VIE 21" in der Öffentlichkeit gezeigt wird, und wenn man weiß, daß dieses Zeichen die Unterlagen des Herrn Aufsichtsrats Dr. Böhmdorfer ziert, die nur er erhalten hat, dann ist eigentlich daraus zu schließen (Abg. Leikam: Hört! Hört!), daß Herr Dr. Böhmdorfer diese Unterlagen – das kann ich nur vermuten – jemandem zur Verfügung gestellt hat, der sie nunmehr über das Fernsehen der Öffentlichkeit präsentiert.

Wer ist denn dieser Herr Dr. Böhmdorfer, meine Damen und Herren? – Herr Dr. Böhmdorfer ist – erstens – Aufsichtsrat in einem börsennotierten Unternehmen, das den entsprechenden Bestimmungen des Aktienrechts unterliegt. Zum zweiten ist Herr Dr. Böhmdorfer Rechtsanwalt und, wie mir berichtet wird, ein enger Mitstreiter – von wem? – des Klubobmanns der Freiheitlichen Dr. Jörg Haider. Das ist ja hochinteressant, meine Damen und Herren!

Hohes Haus! Ich sehe daher ganz einfach Handlungsbedarf: Erstens muß eigentlich geprüft werden, ob Herr Dr. Haider Herrn Dr. Böhmdorfer aufgrund seiner politischer Beziehungen, die er – das wird ja nicht bestritten – unzweifelhaft hat, nicht zur Verletzung seiner Aufsichtsratspflichten nach §§ 99 und 84 veranlaßt hat. Das ist einmal zu prüfen! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das ist zu prüfen, aber nicht die Verschwendung von 700 Millionen?)

Zum zweiten sind die Organe, nämlich der Aufsichtsrat, der Vorstand und die Generalversammlung, der Flughafen Wien AG aufgefordert, zu prüfen, ob durch Ihr Verhalten nicht der Tatbestand der Kreditschädigung gegeben ist. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum dritten ist die Disziplinarkommission der Rechtsanwaltskammer aufzufordern, zu prüfen, ob Herr Rechtsanwalt Dr. Böhmdorfer entsprechend seiner beruflichen Ethik als Rechtsanwalt gehandelt hat. (Abg. Dr. Haider: Jetzt habt ihr euch wirklich deklariert, was ihr wollt! Zudecken, nicht aufdecken!)

Zum sechsten ist der Rechnungshof aufzufordern, zu prüfen, wie es dazu kommt, daß Herr Mag. Stadler einen Rechnungshofbericht zur Verfügung hat, der dem Parlament bis jetzt nicht zugänglich ist.

Siebentens sind die 49 Prozent privater Aktionäre der Flughafen Wien AG aufzufordern, sich gegen die Schädigung ihrer Interessen durch die Freiheitlichen zu wehren.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch sagen: Diese Dringliche ist ein weiterer Baustein zu dem Bild, das die Österreicherinnen und Österreicher mittlerweile von den Freiheitlichen haben. Ihr politisches Ziel ist ja mittlerweile allen Österreicherinnen und Österreichern bekannt: Sie wollen miesmachen, Sie wollen in Wirklichkeit nichts anderes als besudeln, Sie wollen kreditschädigend handeln, Sie wollen rufschädigend unterwegs sein. Das verschafft Ihnen in einer gewissen Art und Weise Befriedigung.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 96

Wenn ich mir nur die Äußerung des Abgeordneten Dr. Haider in der vorher geführten Debatte in Erinnerung rufe. (Abg. Dr. Haider: Ich habe ja gar nichts gesagt!) Selbstverständlich haben Sie etwas gesagt, das steht auch im Protokoll. – Sie haben gemeint, daß all jene, die heute als Sandgewinner oder Schotterabbauer tätig sind, für Sie Sandler sind. Das sind für Sie sozusagen Menschen zweiter Kategorie. Solch einen Umgang pflegen Sie, Herr Dr. Haider, mit den Menschen in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sind jemand, der dieser Gesellschaft keinen guten Dienst erweist. Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren: Der Rechnungshof, die Organe des Unternehmens werden prüfen und Ergebnisse erzielen. Dann werden wir den Rechnungshofbericht hier im Haus beraten und werden uns über dieses Ergebnis zu unterhalten haben. Dafür ist eine dringliche Anfrage nicht notwendig gewesen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Nicht ein Wort in der Sache!)

17.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Stadler zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

17.13

Abgeordneter Mag. Johann-Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Parnigoni hat soeben wahrheitswidrig behauptet, ich hätte in meinem Debattenbeitrag aus einem Rechnungshofbericht zitiert.

Ich halte fest, daß ich während meines ganzen Debattenbeitrages kein einziges Zitat aus irgendeinem Rechnungshofbericht verwendet habe.

Zweitens hat Herr Abgeordneter Parnigoni – ebenfalls wahrheitswidrig – behauptet, ich hätte einen Rechnungshofbericht vom Mitglied des Aufsichtsrates der Flughafen Wien AG, nämlich Dr. Böhmdorfer, erhalten.

Ich halte fest, daß ich von Herrn Dr. Böhmdorfer weder einen Bericht noch sonstige Unterlagen zur Frage der Tätigkeit der Flughafen Wien AG bekommen habe. Ich habe derartige Unterlagen von einem SPÖ-Parteimitglied bekommen. Herr Dr. Böhmdorfer ist meines Wissens kein SPÖ-Parteimitglied. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Er hat das Wort.

17.14

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser sogenannten dringlichen Anfrage steht ein Unternehmen in Behandlung, das einerseits in den vergangenen Jahren jeweils eine hervorragende Bilanz geliefert hat (Abg. Mag. Stadler: Der neue Flughafendirektor!), eine wirklich gute wirtschaftliche Entwicklung zeigt und Gott sei Dank – was für uns alle gerade in einer Zeit schwieriger Arbeitsmarktverhältnisse wichtig ist – in den letzten paar Jahren mit allen Unternehmungen, die sich im Rahmen der Flughafengebäude aufhalten, 5 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen konnte. Ich sage, ich wäre froh, gäbe es viele solcher österreichischer Unternehmungen, die ein Mehr an Arbeitsplätzen, Gewinne plus hohe Steuerleistungen erbringen. Das ist etwas, was auch hinzugefügt werden soll. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zum zweiten. (Abg. Mag. Stadler: Ist der Schmelz nicht ÖAAB-Mitglied?) Herr Kollege Stadler! Ich habe immer die Ansicht vertreten, daß wir uns hier im Nationalrat mit Dingen zu beschäftigen haben, worüber alle informiert sind. (Abg. Mag. Stadler: Um den Herrn Schmelz geht es schon das zweite Mal! Den kennen Sie doch?) Uns steht beispielsweise nicht der Rohbericht des Rechnungshofes zur Verfügung, und uns steht auch nicht irgendeine andere Expertise zur Verfügung.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 97

Ich weiß zufällig – weil ich es bei den Unterlagen gesehen habe –, welcher Rohbericht Ihnen tatsächlich zur Verfügung steht. Ich weiß es auch, weil ich zufällig die Nummer jenes Berichtes, der zur Verfügung gestellt worden ist, gesehen habe. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Skandal!) Ich werde mich erkundigen, wer vom Aufsichtsrat diese Nummer dieses Rohberichtes zur Verfügung gestellt bekommen hat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Unabhängig davon: Die Österreichische Volkspartei hat immer den Standpunkt vertreten, daß wir uns seriös mit sämtlichen Informationen, die der Nationalrat erhält, auseinandersetzen sollten. (Abg. Dr. Haider: Wieso liest du in anderen Unterlagen?) Aber er sollte das nicht aufgrund von irgendwelchen Verdächtigungen tun, sondern aufgrund von Informationen, die allen zur Verfügung stehen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Spitzel unter Kollegen! Er bespitzelt!) Herr Kollege Stadler, ja, ich habe das gesehen! Ich habe Gott sei Dank zwei Augen, benütze sie und gehe offenen Auges durchs Leben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das ist die Pflicht jedes einzelnen Abgeordneten, der hier im Hohen Haus verantwortungsvoller Volksvertreter ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sie haben Kollegen bespitzelt!)

Seien wir doch so ehrlich, Herr Mag. Stadler: Wenn der Rechnungshof einen Rohbericht erstellt, zu dem derzeit die Flughafen Wien AG eine Stellungnahme abgibt, der dann dem Organ, dem gegenüber er verantwortlich ist – der Rechnungshof ist nämlich dem Nationalrat gegenüber verantwortlich –, zugeleitet wird, dann bin ich der Auffassung, daß wir sofort – und zwar im Rechnungshofausschuß – die gesamte Materie mit sämtlichen Vorkommnissen, mit sämtlichen Ereignissen, mit sämtlichen Daten, mit sämtlichen Planungsunterlagen diskutieren sollten. Ich hoffe, dieser Auffassung sind auch Sie. Aber alles andere ist eine Art, die Sie als Stil entwickeln, nämlich etwas zu skandalisieren, ohne daß andere Zugang haben. Das ist eine Art, die wir nicht dulden, die nicht verantwortungsbewußt ist und die in der Diskussion nicht seriös ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich habe den Rohbericht des Rechnungshofes nicht. (Abg. Mag. Stadler: Fragen Sie den Schmelz!) Mir stehen derartige Daten nicht zur Verfügung. Eine sinnvolle Information und Diskussion sind nur auf Grundlage gleicher Informationstatbestände möglich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich nur telefonisch erkundigt (Abg. Mag. Stadler: Beim Schmelz!) – nein, nein! –, und zwar bei jenen Personen, die über die Geschäftsberichte verfügen, die jeder einzelne Aktionär der Flughafen Wien AG haben kann. Wenn jemand Interesse an dieser Gesellschaft zeigt, kann er die Informationen auch erhalten.

Ich war etwas überrascht, als ich die Aussage beispielsweise des Erstbegründers dieser dringlichen Anfrage, nämlich des Herrn Rosenstingl, vernommen habe. Er hat gesagt – ich habe das wortwörtlich notiert –: "Bei diesem Bau sind Hunderte Millionen verschwendet worden." (Abg. Dr. Haider: Ja!)

Ich lege Wert auf diese Aussage: Hunderte Millionen! Die Daten, die in den Geschäftsberichten nachvollziehbar sind, lauten folgendermaßen (Abg. Mag. Stadler: Reden Sie mit dem Schmelz! Sie sind ja nicht informiert! Der Schmelz erklärt Ihnen das!) : Im Jahr 1990 ist der Baubeschluß gefaßt worden. Der Aufsichtsrat hat im Jahre 1990 diesen Baubeschluß mit einer beantragten Investitionssumme in Höhe von 649 Millionen Schilling genehmigt. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Du vergißt das Jahr 1988...!) Moment! Der erste Aufsichtsratsbeschluß, der überhaupt in der Flughafen Wien AG gefaßt worden ist, stammt vom Februar 1990. (Abg. Mag. Stadler: Nein, das ist falsch! Sie sind nicht informiert!) Dann hat man sich in den einzelnen Aufsichtsratssitzungen selbstverständlich wieder mit dem Baufortschritt beschäftigt. (Abg. Mag. Stadler: Da hat Sie der Schmelz falsch informiert!) Der letzte Beschluß, der noch lange nicht vor Beendigung des Bauvorhabens gefaßt worden ist, ist im Jahr 1992, also vor vier Jahren, gefaßt worden, und in diesem Aufsichtsratsbeschluß wurde aufgrund verschiedener Planungserweiterungen – es ist in diesen einzelnen Geschäftsunterlagen ersichtlich, daß mehr als 40 Prozent an Planungserweiterung vorgenommen wurden; es ist also nicht das gleiche Volumen, wie ursprünglich in Aussicht genommen – eine Aufstockung auf 756 Millionen Schilling vorgenom


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 98

men worden. Das war im Jahr 1992. Das heißt, es gab eine Aufstockung von 649 Millionen im Jahr 1990 auf 756 Millionen im Jahr 1992. (Abg. Mag. Stadler: Das hat Ihnen der Herr Schmelz völlig falsch geschildert!)

Erstens sind nicht einmal sämtliche – da habe ich mich auch erkundigen können (Abg. Mag. Stadler: Wo denn? ) Abrechnungen gemacht worden, aber ich darf Ihnen sagen, es wird sich im Rahmen der Beschlüsse bewegen. (Abg. Mag. Stadler: Wen haben Sie denn da gefragt?)

Herr Mag. Stadler! Hören Sie doch zu! Mit Ihnen ist eine Diskussion nicht möglich, weil Sie nichts anderes können als hineinschreien. Schreien ist keine Diskussionskultur! Sie glauben immer den anderen niederschreien zu müssen. Herr Mag. Stadler! Nehmen Sie das zur Kenntnis: Das ist keine seriöse Auseinandersetzung, was Sie hier betreiben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Wenn der Rechnungshof uns die Vorlagen geben wird, werden wir möglicherweise feststellen können, daß weniger als jener Millionenbetrag, der vom Aufsichtsrat im Jahr 1992 festgelegt worden ist, für den ganzen Bau verwendet worden ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn sich herausstellen sollte, daß der Vorstand und der Aufsichtsrat dieser Flughafen Wien AG weniger verbraucht haben, als tatsächlich für das gesamte Bauvolumen vom Aufsichtsrat genehmigt worden ist, und Sie hier sagen, es seien Hunderte Millionen verschwendet worden (Abg. Dr. Khol: Ein Unsinn!), oder, wie Herr Rosenstingl gesagt hat, "es mußten erhebliche Überschreitungen der Bausumme festgestellt werden", dann, muß ich sagen, ist das Rufschädigung, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie müssen sich dafür verantworten, denn das ist ein Stil, der nur darauf abzielt zu skandalisieren – Skandalisierung als der Wertmaßstab der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir von der Volkspartei – das habe ich gesagt, sicherlich trifft das auch für unseren Koalitionspartner zu – sind aufgrund dessen, daß in den nächsten Monaten zweifellos der Rechnungshofbericht dem Parlament zugeleitet werden wird, sehr an einer offenen und seriösen Diskussion des gesamten Bauvorhabens, des gesamten Planungsvorhabens, aber auch der Kostenkontrolle interessiert. Das ist ein seriöser Vorgang. Aber einige Tage, bevor dieses Bauvorhaben eröffnet wird, in die Öffentlichkeit zu treten und eine Skandalisierung mit dem Hinweis auf "etliche Hunderte Millionen" zu versuchen, das ist eine Art unseriöser Politik. Lassen Sie mich das nochmals festhalten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Sie kennen sich nicht aus!) Ich kenne mich besser aus als Sie!

Ich bin zum Unterschied von Ihnen auch derjenige, der versucht... (Abg. Mag. Stadler: Ich bin zweimal jede Woche draußen!) Ja, um den Flieger zu benützen! Ich aber bin draußen, weil dieser Flughafen in meinem Wahlkreis liegt und weil ich auch Betriebsbesuche als Abgeordneter mache. Ich sage Ihnen folgendes: Herr Mag. Stadler! Sie wissen, auf diesem gesamten Areal gibt es Betriebe mit insgesamt bereits 12 000 Beschäftigten. Es hat also in den letzten Jahren vom Beschäftigungsvolumen her eine gute Entwicklung gegeben. Ich gehe nicht darauf ein, was da an Dividenden für die Republik abgefallen ist. Ich gehe nicht darauf ein, was an Steuerleistungen erbracht worden ist. Ich gehe aber darauf ein, welche Steigerungen dieses Unternehmen in den letzten Jahren erzielt hat – und das sind beachtliche Steigerungen. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Passagiere von rund 3,6 Millionen auf 8,5 Millionen erhöht. (Abg. Mag. Stadler: Von wem haben Sie die Zahlen?) Das können Sie in den Geschäftsberichten nachlesen, wenn Sie an dieser Entwicklung interessiert sind, und ich als Abgeordneter dieses Wahlkreises bin an diesen Berichten und an diesen Dingen interessiert. Außerdem – das kann ich Ihnen sagen – bin ich auch einer derjenigen, die einige Aktien von dieser Flughafen Wien AG haben. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) Also habe ich ein besonderes Interesse daran und weiß natürlich, welche Entwicklung dieses Unternehmen nimmt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Sie reden aus Privatinteresse!)

Sie sollen sich doch informieren, Herr Mag. Stadler, aber nicht hergehen und über ein Unternehmen Skandale verbreiten, sondern schauen, welche Unternehmen Arbeitsplätze schaffen, welche Unternehmen Steuern abliefern und welche Unternehmen auch jenen, die solche Aktien


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 99

haben, Dividenden ausbezahlen. Das ist eine positive wirtschaftliche Entwicklung, die wir insgesamt in Österreich brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Wert dieses Unternehmens hat sich in den letzten zehn Jahren von 2,5 Milliarden der damaligen Bewertung auf 15 Milliarden Schilling gesteigert. Das ist eine beachtliche Steigerung, von der der Bund und die Länder Niederösterreich und Wien zweifellos partizipieren, und von einem künftigen Verkauf einer zusätzlichen Tranche werden wir auch noch profitieren. Das ist gerade in einer Zeit, in der man Geld durchaus benötigt, eine sehr, sehr sinnvolle Entwicklung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Ich glaube, wir sollen uns in einer derartigen Debatte seriös mit einer Entwicklung eines Unternehmens beschäftigen. Wir sollen aber verhindern, daß hier skandalisiert wird – zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht allen die Berichte zugegangen sind und die Stellungnahme des betroffenen Unternehmens noch nicht vorliegt. Das verdient weder das Unternehmen, das verdienen weder die dort maßgeblich Verantwortlichen noch die dort beschäftigten Arbeitnehmer.

Ich glaube, wir sollten uns zu einer seriösen Vorgangsweise bekennen, die so aussehen kann: Nachdem wir den Bericht bekommen haben, werden wir ihn im Rechnungshofausschuß diskutieren, und dann haben Sie die Chance, Ihre Vorwürfe entweder zu wiederholen, oder vielleicht die Verpflichtung, vieles von dem, was Sie nun an Behauptungen und Anschuldigungen vorgebracht haben, zurückzuziehen. (Abg. Mag. Stadler: Da werden Sie aber alt werden!) Das ist Ihre Chance, die Alternative. Ich sage, beides haben Sie als Alternative, aber herzugehen und jemanden ganz einfach schlechtzumachen, festzustellen, daß Hunderte Millionen verschwendet wurden, obwohl ich festgehalten habe, daß das innerhalb jenes Rahmens ist, den der Aufsichtsrat genehmigt hat, das ist eine Art, die, wie ich glaube, eines Parlaments, eines Nationalrates unwürdig ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Die Anfrage ist der wahre Skandal! Schlecht informiert!)

17.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. – Er hat das Wort.

17.30

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich eingangs davor warnen, daß man jetzt so tut, als wäre das alles eine Bagatelle (Abg. Dr. Khol: Meinen Sie den Stadler?) – nein, Herr Kollege Khol, ich komme schon drauf –, und daß man das Problem jetzt gänzlich woandershin verschiebt.

Ich goutiere nicht die Art, wie Herr Kollege Stadler hier seine Replik auf die Antwort des Ministers gemacht hat. Ich goutiere auch nicht, auf welche Art und Weise diese Vorfälle in der Öffentlichkeit thematisiert werden. Ich goutiere nicht die Art der Indiskretion, die hier ganz offensichtlich begangen wurde. Aber ich goutiere auch nicht, daß man heute hergeht und sagt, na ja, es ist eigentlich nichts dran, das ist ein Unternehmen wie jedes andere und hat halt ein bißchen mehr verbraucht. Das, meine Damen und Herren, ist mir auch zuwenig.

Es hat den Anschein, als ob die Symptome im Zuge von Investitions- und Beschaffungsvorhaben, an denen die öffentliche Hand direkt oder indirekt beteiligt ist, immer wieder die gleichen sind: nicht ausreichende Planungsgrundlage, unzureichende Kostenschätzungen, Bauverzug – und schon geht die Spirale nach oben.

Noch, meine Damen und Herren, ist das Unternehmen Flughafen Wien AG ein mehrheitlich öffentliches Unternehmen, und daher muß man sich auch gefallen lassen, daß es von einem befugten Organ, nämlich dem Rechnungshof, berechtigte Kritik an den Vergaben und an den aufgezeigten Mängeln gibt. Da kann man auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieses Unternehmen schon seit vielen, vielen Jahren als Privatisierungskandidat, nämlich als Vollprivatisierungskandidat, zur Diskussion steht.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 100

Ich bin der Ansicht, meine Damen und Herren, daß im Bereich Flughafen Wien AG enorme politische Verquickungen bestehen, und ich bin nicht der Ansicht, daß es in der letzten Zeit je einen ernsthaften Versuch gegeben hat, diese politischen Verquickungen zu zerschlagen. Es sind politische Verquickungen zwischen dem Management, dem Aufsichtsrat und den politischen Parteien in Bund, Ländern und Gemeinden.

Das wird, so fürchte ich, so lange anhalten, bis das Unternehmen wirklich eines Tages mehrheitlich privatisiert ist. Ich fürchte allerdings, daß wir Parlamentarier auf diesen Zeitpunkt noch sehr lange warten müssen, denn – wenn ich mich an die öffentliche Diskussion erinnere – vor vier Jahren war schon die Rede davon, daß der Flughafen Wien ausgebaut wird, daß es sich um ein hervorragendes Unternehmen handelt und die Rahmenbedingungen gut seien. Man könne also das Vorhaben jetzt Schritt für Schritt umsetzen. Vier Jahre lang hat es gedauert, bis der Anteil der öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf 51 Prozent heruntergegangen ist.

Es ist halt sehr bequem – und ich sehe das als primäre Triebfeder auch für die Eigentümervertreter im Aufsichtsrat –, in einem geschützten Bereich zu agieren, sich sozusagen in einem Kreis von Personen zu bewegen, wo man unter sich ist und wo man sich nicht im Rahmen einer Generalversammlung von kritischen Privataktionären löchern lassen muß. So, wie es jetzt läuft und wie die Eigentumsverhältnisse sind, ist es sicher der bequemere Weg. Nur, das kann doch nicht der Sinn und Zweck eines Privatisierungsvorhabens bleiben, daß sich hier nichts Grundlegendes ändert und daß sich bezüglich der Eigentumsanteile des Bundes, des Landes Niederösterreich und auch der Gemeinde Wien nichts Wesentliches verändert. Ich fürchte aber, die Art der Diskussion wird dazu führen, daß man sich jetzt immer mehr einigelt und den nächsten Privatisierungsschritt sehr, sehr spät vornehmen wird.

Meine Damen und Herren! Ich behaupte, daß viele der von Bundesminister Klima genannten Eigentümervertreter wenig bis gar kein Verlangen haben, sich hier einer geänderten Eigentümersituation auszusetzen. Ich stütze diese These unter anderem auch darauf, daß es vor gar nicht so langer Zeit im Niederösterreichischen Landtag eine Debatte mit genau der Themenstellung, nämlich Rückführung der niederösterreichischen Beteiligung, gegeben hat. Es war eine sehr anregende Debatte, und unser Landtagsabgeordneter Dautzenberg hat diese Situation sehr genau dargestellt im Niederösterreichischen Landtag und auch gemeint: Wenn der Bund im Zuge der letzten Privatisierungstranche seinen Anteil signifikant zurücknimmt, dann sollten das auch die Länder Wien und Niederösterreich tun.

Ich habe noch gut in Erinnerung, was den Vertretern von SPÖ und ÖVP alles an möglichen und unmöglichen Argumenten eingefallen ist, um zu dokumentieren, das sei eigentlich nicht notwendig. Es wurden recht fadenscheinige Argumente gebracht, warum man nicht stärker privatisieren soll.

Letzten Endes hat das dann auch dazu geführt, daß im Wiener Landtag eine ähnliche Debatte stattgefunden hat. Sie erinnern sich, es ist auch in den Zeitungen gestanden. Die Wiener haben dann argumentiert: Ja wenn die Niederösterreicher ihren Anteil nicht zurücknehmen, dann sehen wir auch keine Veranlassung dazu.

Erst in letzter Konsequenz hat es dann einen mühseligen Kompromiß gegeben, sodaß man die bislang letzte Privatisierungstranche überhaupt durchführen konnte, und es hat sich für einige Zeit abgezeichnet, daß das eine unheimliche Blamage werden wird. Ich fürchte, daß bei dieser letzten Privatisierung diese 51 Prozent einzementiert wurden und daß sich entgegen vieler Ankündigungen, die die Minister gemacht und auch andere führende Politiker aus den Regierungsfraktionen von sich gegeben haben, diesbezüglich wieder nichts tun wird.

Ich glaube, daß die Privatisierung, die in Aussicht gestellt wurde, der einzige Schritt ist, um die Verquickung von Politik und Wirtschaft endlich wegzubringen, und wir Liberale werden nicht aufhören, die Privatisierung von grundsätzlich privatisierungsfähigen Unternehmen voranzutreiben in der Hinsicht, daß sie auch tatsächlich mehrheitsfähig werden für den privaten Aktionär, daß sie an die Börse gehen und daß das Unternehmen wirklich jenen Stellenwert


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 101

einnimmt, das ihm kraft seiner unternehmerischen Funktion auch tatsächlich gebührt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube auch, daß es jetzt Zeit wird, nach den vielen Schlamasseln, die Österreich im Zuge der Verstaatlichtenpolitik über 20, 25 Jahre hindurch erlebt hat, die letzten Unternehmen, die sich mehrheitlich in Staatsbesitz befinden, in einem Zeitraum von vier bis fünf Jahren zu privatisieren. Mir sind ungeduldige Eigentümer, die rasch handeln, wenn etwas passiert, und ungeduldige Aufsichtsräte, die sich solche Stellungnahmen, wie sie von den Herren Kotrba und Kosteli# geäußert wurden, nicht gefallen lassen, viel lieber als jene, die sich im geschützten Bereich verstecken und sagen: Regt euch nicht auf, es ist ja eigentlich nichts passiert! Sind halt ein paar Millionen Schilling mehr ausgegeben worden. – So kann es nicht gehen! Das wäre kein Schritt in die Zukunft, das wäre ein Schritt in die Vergangenheit, und den kann Österreich sicherlich nicht brauchen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Abgeordneter Anschober. – Bitte.

17.39

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Jahre wieder, könnte man beinahe sagen, vielleicht sogar alle Monate wieder gibt es diese Debatten zu Bauskandalen. Wir haben in den letzten Jahren in diesem Haus eine Serie von Diskussionen über Bauskandale in Österreich gehabt. Wir könnten bereits eine politische Landkarte der Skandalgeographie in Österreich erstellen. Vom westlichen Arlberg-Straßentunnel über die Tauern Autobahn, über die sehr freiheitlich dominierte Karawanken Autobahn zur Pyhrn Autobahn herauf, dann Richtung Osten zur Ost Autobahn, und nun sind wir im Zentrum Österreichs, in unserer Bundeshauptstadt, in Wien, angelangt, beim Flughafen. (Abg. Dr. Khol: Das ist aber Niederösterreich!)

Soweit ich informiert bin, Herr Klubobmann, ist es die Flughafen Wien AG, über die wir hier heute diskutieren, und diese hat in Wien ihren Sitz.

Und diese Skandalchronik, meine sehr verehrten Damen und Herren, zieht sich seit Monaten, zieht sich seit Jahren in Österreich durch, hat immer wieder die gleichen Wurzeln, ist immer wieder darauf zurückzuführen, daß wir in Österreich eine unglaubliche Verquickung und Verfilzung im parteipolitischen Bereich haben bei Vergabe dieser Bauaufträge und bei diesen Baufirmen, die jeweils die Aufträge nehmen, daß wir enorme Lücken und Probleme im Bereich des Vergabewesens, des Ausschreibungswesens in Österreich haben, die bis zum heutigen Tag nicht korrigiert wurden, daß wir in Österreich neben diesen Lücken im Vergabewesen auch enorme Probleme im Bereich der Bauaufsicht haben, die immer wieder die gleichen Skandale auf die Tagesordnung bringen und eigentlich erst ermöglichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein im Bereich des Straßenbaus wird mittlerweile von einer runden Milliarde Schilling gesprochen. Eine Milliarde Schilling ist allein im Straßenbaubereich verschwunden, versickert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Und die parlamentarischen Debatten darüber gleichen einander wie Zwillinge, wie Siamesische Zwillinge. Jedes Mal wird von Oppositionsabgeordneten, völlig gleichgültig, von welcher Partei, ob das die Liberalen, die Grünen oder die Freiheitlichen sind, eine Affäre thematisiert, und jedes Mal erfolgt die gleiche Reaktion von den beiden Koalitionsparteien: Deckel drauf, nur nicht nachschauen, was da wirklich los ist. Das Ganze beruhigen, beschwichtigen, verharmlosen, wird schon nichts dran sein, schauen wir, daß wir in der Öffentlichkeit über die Runden kommen. Nur keine Veränderungen am System, die diese Skandale unmöglich machen würden, nur nicht kontrollieren. Und jeder Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wird in diesem Hohen Haus abgelehnt. Die Opposition wird dann beschuldigt: Hier wird verleumdet, hier wird Rufmord begangen und so weiter und so fort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie könnten sich diese Debatten hier und die öffentlichen Debatten längst ersparen, wenn Sie der Forderung, die wir seit 1990 in diesem


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 102

Haus einbringen, endlich entsprochen hätten, nämlich eine umfassende Reform im österreichischen Baugeschäft zu realisieren, eine umfangreiche Reform zu realisieren, die in erster Linie diese parteipolitische Verfilzung auflöst, die in zweiter Linie die überfällige Reform des Vergabe- und Ausschreibungswesens und eine rigorosere Kontrolle durch die Bauaufsicht verwirklichen würde. Sie haben das nicht gemacht, sondern im Gegenteil: Sie gehen zur Methode über und praktizieren diese seit Jahren, daß Sie hier die Untersuchungen behindern.

Das nächste Beispiel war ja heute im Hohen Haus hinter den Kulissen bereits wieder auf der Tagesordnung. Nächste Skandalfirma: die Oberösterreichische OKA. Vorwurf: Dort werden Millionen Steuergelder und Stromkundengelder vor allem für eine rein parteipolitisch motivierte Kampagne für den oberösterreichischen Landeshauptmann vergeudet. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler. ) Und in trauter Einigkeit versuchen Schwarz und Rot hier, sogar eine Diskussion über die Frage zu unterbinden, ob es über diese Affäre eine Rechnungshofuntersuchung geben soll. Herr Kollege Mühlbachler! Sie sind ja mittlerweile nicht einmal mehr bereit, hier auch nur den Rechnungshof an skandalträchtige Projekte ranzulassen. Sie werden als oberösterreichischer Abgeordneter wissen, warum.

Dieses Vorgehen von Rot und Schwarz hat System in diesen Fragen, und Sie haben es selbst zu verantworten, wenn eine Skandalfrage nach der anderen hier in besorgniserregender Regelmäßigkeit aufplatzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Causa Flughafen Schwechat sind ja die Vorwürfe geharnischt, sie sind klar und deutlich auf dem Tisch. Und der Kern dieser Vorwürfe ist ja nicht so sehr der Rechnungshofbericht, sondern ist der rund 90 Seiten starke Kontrollbericht des Ziviltechnikers Hans Lechner. Der hat sich sehr detailliert mit dieser Frage beschäftigt und die mittlerweile mehr als 700 Millionen Schilling teure Anlage, den Ausbau der Flughafenzentralhalle, sehr konkret und sehr detailliert untersucht. Und er hat eben schwarz auf weiß formuliert, daß es zu einer gigantischen Baukostenerhöhung gekommen ist – das ist nicht zu verharmlosen und nicht zu dementieren –, und zwar von 354 Millionen Schilling auf – so zitiert, so meint Lechner wortwörtlich in seinem Kontrollbericht – 700 Millionen Schilling, und zwar auf unangemessen hohe 700 Millionen Schilling, wie Lechner klar und deutlich feststellt. Und daran sei ein Planungschaos schuld, indem man Rohbauten erstellt habe, ohne auf die Bedürfnisse der Haustechnik einzugehen und diese auch nur zu kennen. Also ein völlig schildbürgerhaftes Vorgehen in dieser Angelegenheit! Die Hälfte der Aufträge seien ungerechtfertigt, ohne Ausschreibung erfolgt. Der Bau habe aufgrund dieser Schwächen und Probleme mehr als zwei Jahre länger gedauert. Baukostenüberschreitungen waren natürlich die Folge.

Dennoch, so meint der Kontrollor, so meint Lechner, blieben die Baukosten im genehmigten Rahmen. Und das ist das, was der Herr Kollege Höchtl angesprochen hat. Die Baukosten blieben im genehmigten Rahmen. Herr Kollege Höchtl, wissen Sie, was der Lechner sagt, warum? – Weil der durch den Aufsichtsrat verantwortungslos genehmigte Rahmen zu groß war. Also das müssen Sie uns schon dazusagen, warum das so gewesen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht ja weiter. Heute mache ich die Post auf, da ist dieses Schreiben (zeigt es vor) in meiner Post, ein sehr interessantes, nettes Schreiben. Es ist verfaßt worden von Beamten der Kärntner Straße. Kollege Kukacka ist nicht da. Das war seine Bauzentrale in Oberösterreich, als er noch Baulandesrat war. Es ist nach wie vor die Straßenbauzentrale in Oberösterreich.

Und da werde ich informiert über einen Sachverhalt, der hochinteressant ist und der genau in diese Skandalreihe hineinpaßt, in diese Skandalreihe, in der im übrigen immer dann, wenn die FPÖ am Futternapf der Macht ist, die FPÖ genauso drinnen ist.

Und darüber sollten wir uns auch einmal unterhalten, Herr Dr. Haider, wie das war mit der Karawanken Autobahn und den entsprechenden Vorwürfen und dem dort vorhandenen Versickern von Hunderten Millionen an Steuergeldern. Das sollten wir uns im Detail anschauen. Und wir sollten uns im Detail anschauen, was Parteizeitschriften der FPÖ im gleichen Zeitraum


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 103

an millionenschweren Inseraten kassiert haben und warum. Aber da hier die Untersuchung nicht zugelassen wird, werden wir darauf noch warten, aber wir werden darauf zurückkommen.

Jetzt komme ich zurück zu Oberösterreich. Zwei Autobahnbaulose innerhalb von einem Kilometer Abstand, Ausbau der West Autobahn auf sechs Spuren, Sanierung der West Autobahn, zunächst der Bereich Ansfelden – Linz und dann die Strecke Asten – Enns, die nun in Bau ist. Der Vergabezeitpunkt unterscheidet sich um eineinhalb Jahre.

Und da schreiben diese Briefverfasser, diese Informanten folgendes: Dieser Abschnitt – der nun vergebene Bauabschnitt Autobahn Enns – Asten – wurde jetzt um rund 40 Prozent billiger angeboten in den Detailbaulosen als der Bauabschnitt zuvor. Der Briefschreiber stellt sich die Frage: Wie geht denn das? – Ganz einfach: Diesmal gelang halt kein Schutz und diesmal gelang keine Preisabsprache zwischen den Baufirmen. Jeden Dienstag um 10 Uhr – das ist ganz konkret beschrieben – treffen einander die namentlich angeführten Bauleiter der namentlich angeführten Baufirmen, um Preisabsprachen zu konkret anstehenden Bauprojekten durchzuführen.

In diesem Bereich ist einmal die Preisabsprache nicht gelungen, und schon ist das Bauprojekt um 40 Prozent billiger, meine sehr verehrte Damen und Herren! Können Sie sich vorstellen, was das in Summe an Schaden für die Republik ausmacht, an Schaden für den Steuerzahler ausmacht? (Abg. Kiss: Was hat das mit dem Flughafen in Schwechat zu tun? Das würde mich interessieren! – Abg. Dr. Puttinger: Thema verfehlt!)

Ich habe sehr, sehr rasch gehandelt und sofort dieses Schreiben (zeigt es wieder vor) heute der Staatsanwaltschaft übermittelt. Und ich gehe davon aus, daß sehr, sehr genau nach diesen neuen Hinweisen, wo ganz konkrete Namen genannt werden, gehandelt wird und aufgeklärt wird. (Abg. Kiss: Was hat die Autobahn mit Schwechat zu tun?)

Herr Kollege Kiss! Wissen Sie, das Problem ist, daß Sie mit dem Baugeschäft offensichtlich nichts zu tun haben. Fragen Sie einmal Frau Kollegin Fekter! Diese kommt aus dem Zentrum der Baumacht in Österreich. Sie wird das ganze System kennen.

Das Problem ist, daß die Lücken im Vergabesystem, im Ausschreibungssystem und dann in der Kontrolltätigkeit durch die Bauaufsicht genau die gleichen sind, ob es sich nun um den Bau der Pyhrn Autobahn oder um einen Flughafenbau handelt, Herr Kollege Kiss! Und da hilft es nichts, zu verharmlosen und zu dementieren. Das hat keinen Sinn, denn der, der die Zeche zahlt bei diesen gesamten Baufragen und bei dieser Skandalserie, das ist der Steuerzahler. (Abg. Dr. Fekter: Darum geht es der Bauwirtschaft so unheimlich gut!) Aber vielleicht ist Ihnen das egal, mir ist es nicht gleichgültig. (Abg. Dr. Fekter: Gerade in Oberösterreich geht es der Bauwirtschaft so gut!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der zweite Teil der Affäre ist mit Sicherheit die ökologische Variante. Es ist für mich auch kein Zufall, daß die Freiheitliche Partei diese Fragen nicht thematisiert, die sind ihr offensichtlich auch gleichgültig. Ein Riesenproblem ist mittlerweile – der Minister kennt das als Schwechater oder Ex-Schwechater (Bundesminister Mag. Klima: Noch-Schwechater!) oder Noch-Schwechater, er kennt das als Noch-Schwechater, er kennt auch die Lärmsituation in der Region – die ökologische Betroffenheit der Bevölkerung in diesen Regionen rund um die österreichischen Flughäfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn eine Flughafen AG davon schwärmt, welche gigantischen Steigerungsraten der Flugbewegungen sie hat, welche dramatischen Zunahmen im Flugverkehr es gibt, wenn gleichzeitig österreichweit der Flugverkehr enorm zunimmt, wenn wir etwa bei den Flugbewegungen seit 1989 eine Steigerung von 103 000 auf 296 000 Bewegungen haben, wenn gleichzeitig die Flugbewegungen in Wien-Schwechat von 38 000 im Jahre 1980 auf mittlerweile 75 000 gestiegen sind, dann bedeutet das eine dramatische Verschlechterung der Lebensqualität der Anrainer. Und wenn Sie gleichzeitig den Umweltkontrollbericht des eigenen Umweltministeriums lesen, der das Fehlen praktisch aller Reglementierungen und Gesetze im Lärmbereich, in einer möglichen und notwendigen Plafondierung der Flugbewegungen, in der erforderlichen Besteuerung des Kerosins kritisiert und thematisiert, dann werden


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 104

Sie sehen, daß das einer der gigantischen Umweltmangelbereiche in Österreich ist, dem nicht nachgegangen wird.

Und der Flugverkehr ist dramatisch an der Klimabelastung beteiligt. Der Flugverkehr leistet derzeit einen Beitrag von rund 30 Prozent zur Klimabelastung, und Sie sehen auf diesen beiden Statistiken (zeigt sie vor) sehr deutlich, wie die Zunahmen ausschauen. Das sind dramatische Kurven nach oben, da muß man irgendwann ökologisch eingreifen und etwas tun.

Mich erinnert die Situation sehr, sehr klar und deutlich an die Situation im LKW-Verkehr in den fünfziger Jahren, wo jeder froh war, daß die LKW gerollt sind. Das ökologische Problem und die Betroffenheit der Anrainer hat damals noch keiner gesehen. Nun müssen wir auch in diesem Bereich sehr drastisch und sehr rasch eingreifen, vor allem, weil die Schadstoffe in den betroffenen Höhenlagen ja bedeutend länger ihre Konsistenz behalten als am Boden. Wir haben etwa bei Stickoxyden eine Konsistenz von rund einem Jahr in diesen Höhen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Stadler hat dementiert, daß er den Rechnungshofbericht hat. Ich habe ihn seit rund einer Stunde. Es ist dieser Rechnungshofbericht (zeigt ihn vor) , um den es geht. Ich zitiere Ihnen noch zwei, drei sehr schöne Stellen in der letzten Minute meiner Redezeit. Ich glaube, das ist wichtig, damit man tatsächlich die Tragweite des Problems erkennt.

"Anhand dieses Beispiels zeigte sich, daß gerade für die großen Investitionsprojekte dieses Flughafens nur sehr unscharfe Wirtschaftlichkeitsüberlegungen angestellt wurden. Für Projekte dieser Größenordnung sollten die strengsten Kontrollmaßstäbe gesetzt werden." Aber: "In der Einrichtung eines externen Controllings durch ein Zivilingenieurbüro sah der Rechnungshof den ersten Schritt in diese Richtung gesetzt, jedoch viel zu spät."

Oder: "Die der Investitionsentscheidung durch den Aufsichtsrat zugrunde liegenden Investitionskosten waren bei den baulichen Investitionen Grobschätzungen. Der Aufsichtsrat erhielt keine Information über Detailkostenschätzungen und über das Ergebnis der Ausschreibungen, wodurch er nach Ansicht des Rechnungshofes in seiner Kontrollmöglichkeit stark eingeschränkt war."

Oder: "Die dem Aufsichtsrat übergebenen Informationen ließen somit nach Ansicht des Rechnungshofes nur eingeschränkte Aussagen über den tatsächlichen Stand der Investitionen zu."

Oder: "Gewerkemäßige Vergleiche von der Grobschätzung über die Detailschätzung zum Auftragsergebnis bis zur Schlußrechnung waren bei einer Vielzahl der Projekte nicht erstellt und nicht vorgelegt."

Oder: "Der Rechnungshof kritisierte diese mangelnde Kostenverfolgung und wies darauf hin, daß ohne eine solche Unregelmäßigkeit in den Abrechnungen Unregelmäßigkeiten eben nicht ausschließbar waren."

Oder: "Im Zuge der stichprobenartigen Überprüfung der Investitionen stellte der Rechnungshof fest, daß die dem Aufsichtsrat übermittelten und von ihm genehmigten Schätzkosten der einzelnen Projekte nachträglich mehrmals angepaßt worden waren." Und und und. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Rechnungshofbericht, dieser Rohbericht hat es in sich! (Abg. Dr. Lukesch: Woher ist er?) Dieser Rohbericht hat es in sich! Und wir werden heute noch sehr ...


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 105

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Redezeit, bitte!

Abgeordneter Rudolf Anschober (fortsetzend) : Wir werden heute noch sehr, sehr genau über manche Details dieses Rohberichtes diskutieren. (Abg. Murauer: Woher ist er?) Woher er ist, Herr Kollege, das verrate ich Ihnen nicht! (Beifall bei den Grünen.)

17.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Er hat das Wort.

17.55

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich weiß nicht, was Kollege Höchtl den ganzen Vormittag gemacht hat. Das, was er hier erzählt hat, daß er offensichtlich in Unterlagen von Freiheitlichen herumstierlt, hat er bei mir nicht gemacht, obwohl ich sein Sitznachbar bin. Dafür kann ich mich verbürgen. Dort hätte er auch nichts gefunden, was er hier angedeutet hat.

Mir ist nur eines aufgefallen: daß er den ganzen Vormittag irrsinnig nervös war und auch permanent versucht hat, über die parlamentarischen Mitarbeiter seiner Fraktion Kontakt mit dem Vorstand Dr. Kastelic aufzunehmen. Und was passiert dann? – Dann stellt sich Kollege Höchtl hier heraus und hält eine Jubelrede, wie ich sie zuletzt im real existierenden Sozialismus gehört habe, namentlich in der DDR. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das verstehen wir nicht unter Parlamentarismus, Jubelreden zu halten. Das ist nicht die Heimat der Freiheitlichen. Hier muß auch kontrolliert werden dürfen, und das tun wir. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch Kollege Parnigoni scheint überhaupt keine Zeitungen zu lesen oder auch nur fernzusehen, oder er wird auch schlichtweg ganz einfach nicht informiert von seinem Klub, und seine Tätigkeit hier am Rednerpult beschränkt sich die ganze Zeit darauf, daß er Opfer zu Tätern macht, daß er vorverurteilt, daß er zu verschleiern versucht, daß er abzumauern versucht und daß er Personen im Schutze seiner Immunität kriminalisiert. Das ist sein Verständnis von parlamentarischer Kontrolle! Er hat es ja auch gesagt, als er vermeint hat, daß das politische Ziel der Freiheitlichen nunmehr klar auf dem Tisch liegt. Selbstverständlich liegt es auf dem Tisch. Das ist unter anderem auch das Aufdecken von Korruption und ähnliches. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht allerdings ist das offensichtlich das Ziel des Kollegen Parnigoni, der sich, wie gesagt, nur im Verschleiern ergeht und im Kreditschädigen von Privatpersonen.

Aber auch ganz kurz zum Herrn Bundesminister. Wenn wir diese Anfragebeantwortung gehört haben, so muß man feststellen, daß es eine echte Farce war, was uns hier wieder geboten wurde. Es wurde nämlich überhaupt nichts beantwortet. Er drückt sich vor Beantwortungen, spricht einleitende nebulose, überhaupt nichtssagende polemische Sätze von der Regierungsbank her, und dann fährt er mit einem Strich drüber: "Die Fragen, ich glaube, 5 bis 26 kann ich nicht beantworten, weil" – und da vermeint er, daß die Baumaßnahmen, die gesetzt wurden, in die Organverwaltung des Aufsichtsrates und des Vorstandes fallen, und aufgrund des Aktienrechtes – selbstverständlich wie immer die Verschwiegenheitspflicht – "waren diese Aufsichtsratspersonen daran gehindert, den Minister im Detail zu informieren".

Ja, Herr Minister, es hat Sie auch niemand daran gehindert, uns en gros zu informieren, was Sie wissen. Sie haben uns überhaupt nichts gesagt, wie es immer der Fall ist, daß man sich hinter Verschwiegenheitspflichten verschanzt, hinter Datenschutz, wo er nicht angebracht ist, verschanzt, nur damit man eben eine parlamentarische Kontrolle erschwert.

Herr Minister! Ich frage Sie ganz ernst: Sie als Eigentümervertreter müßten doch auch ein Interesse daran haben, daß die vom Eigentümer entsandten Aufsichtsratspersonen Ihnen auch Detailberichte abliefern. Und darüber kann man sich nicht hinwegschwindeln mit dem Verschwiegenheitsgebot des Aktienrechtes. Ich glaube, da sind sehr viele Fragen offengeblieben. Aber offensichtlich ist Ihre Freiheit nicht nur über den Wolken grenzenlos, sondern auch hier ganz knallhart beim Flughafen auf der Erde.

Sie versuchen dann, ein Kompetenzwirrwarr zwischen Ihnen und dem Herrn Ex-Minister Staribacher zu erzeugen, der ja offensichtlich die ganze Zeit nur damit beschäftigt war, die HTM-Gruppe den Bach hinunterzuführen, und daher in seiner Funktionsperiode keine Zeit hatte, den Flughafen unter die Lupe zu nehmen. Und dann hat er natürlich auch noch in seiner kurzen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 106

Amtszeit permanent Günstlinge und Freunde mit Millionengagen in diversen staatsnahen Betrieben bedacht. Aber Kontrolle wurde nicht ausgeübt. Sie wissen sicherlich mehr, als Sie hier vom Rednerpult aus zugeben, und ich bin mir sicher, daß Sie das auch noch zugeben müssen, daß Sie mehr wußten.

Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon viel dazu gesagt. Ich möchte ganz kurz noch einige Punkte zusammenfassen: Der tatsächliche Skandal liegt darin, daß unter anderem eine freihändige Vergabe des Planungsauftrages ohne Wettbewerb stattgefunden hat, daß es an konkreten Bestellgrundlagen des Bauherrn für Raum- und Funktionsprogramme mangelte, daß diese gefehlt haben.

Weiters wurden existentielle Planungsleistungen wie Vorentwurf, Entwurf, Einreichplan et cetera verspätet und unvollständig erbracht, aber zur Gänze verrechnet und auch im vorhinein bezahlt. Das ist etwas, das der Privatwirtschaft fremd ist. Daß mangelhafte und verspätete Planungsleistungen und Koordinationsfehler erhebliche Kostensteigerungen und Terminverzögerungen zur Folge hatten, blieb ebenfalls immer unbeanstandet.

Daß die Leistungen zu zwei Dritteln freihändig vergeben wurden, spricht bei derartigen Summen für sich selbst.

Wesentliche Vergaben erfolgten aber auch aufgrund von Optionen, die weder der ÖNORM noch den Vergaberichtlinien des Auftraggebers entsprachen, obwohl er sich angeblich selbst gebunden hat. Der Vorteil für den Auftraggeber war überhaupt nicht nachvollziehbar.

Es scheint mir persönlich auch ausgeschlossen zu sein, daß die Geschäftsleitung diese massiven Fehlentwicklungen nicht bemerkt hat, Verfehlungen, die, wie gesagt, bis dato ohne Konsequenzen geblieben sind.

"Geld wurde verschwendet", wurde auch gesagt. Es wurde von meinem Vorredner bereits angeführt, daß man für sehr viele sinnvolle Dinge Geld ausgeben kann. Bis dato wurde es unterlassen, entsprechende Hilfestellungen für Anrainer und Bürger zu geben; Hilfestellungen für Lärmschutzmaßnahmen für geplagte Bürger in den Einflugschneisen, namentlich in Wien-Donaustadt, das ist mein Wahlkreis.

Es hat ja auch die Stadt Wien, die maßgeblichen Einfluß beim Flughafen Wien hat, bis zum Aufzeigen durch freiheitliche Mandatare nicht verstanden, in den Nachbarschaftsbeirat hinsichtlich Lärmentwicklung et cetera und Maßnahmen dagegen hineinzukommen. Das wurde tatsächlich unterlassen. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Erst – das wird mir Kollege Edler bestätigen – als ich damals in der Bezirksvertretung entsprechende Anträge gestellt hatte (Abg. Edler: Du bist schon zu spät!) und unser Landtagsabgeordneter im Landtag, ist es dazu gekommen. Leider muß ich aber von den Nachbarschaftsbeiräten hören, daß der von Stadtrat Swoboda in den Nachbarschaftsbeirat Entsandte, der für Wien zuständig ist, bei den Sitzungen nie anwesend ist. Das ist das wirkliche Problem und der Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Edler. )

Bis dato gibt es auch wirklich noch keine attraktiven Alternativen für die öffentliche Verkehrsanbindung dieses Flughafens. Dort kann man die Millionen, die man im Zuge dieser Baumaßnahmen verschwendet hat, tatsächlich sinnvoll einsetzen. Da ist Handlung gefragt.

Allgemein kann man sagen, daß die Eigentümerrechte des Bundes durch Aufsichtsräte, die von den Ministerien entsandt werden, also Beamte sind, wahrgenommen werden; so namentlich auch in den Banken, nach dem Bankwesengesetz: Aufsichtsfunktionäre, Staatskommissäre et cetera, die alle die nette Gage von 6 000 S pro Sitzung kassieren, anscheinend aber nichts dafür tun, zumindest nicht ihren Kontrollrechten nachkommen – und dann ist sicher das Parlament gefragt.

Auch die jüngsten Vorkommnisse betreffend den Flughafen Wien durch die freihändige Vergabe von Aufträgen sind eben die Ursache für finanzielle Verluste für den Eigentümer und dadurch letztlich auch für den Steuerzahler.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 107

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muß daher sichergestellt sein, daß in Unternehmen, die direkt oder indirekt ganz oder teilweise im Eigentum des Bundes sind, die freihändige Vergabe von Aufträgen ausgeschlossen ist.

Die Abgeordneten Rosenstingl, Mag. Stadler und Dr. Graf bringen daher einen Entschließungsantrag ein und laden alle Fraktionen ein, sich diesem Antrag anzuschließen, um für die Zukunft Besserstellungen zu erreichen. Der Antrag lautet:

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Bestellung von Aufsichtsorganen, die die Interessen des Bundes, insbesondere auch seine Interessen als Eigentümer, wahrzunehmen haben, ausschließlich nach sachlichen Kriterien vorzugehen.

Zu diesem Zweck sind Richtlinien zu erarbeiten, die eine sachliche und nachvollziehbare Auswahl der für die jeweilige Funktion höchstqualifizierten und bestgeeigneten Aufsichtsorgane sicherstellen.

2. Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, sicherzustellen, daß in Unternehmen, die direkt oder indirekt ganz oder teilweise im Eigentum des Bundes stehen, die freihändige Vergabe von Aufträgen ausgeschlossen wird und die für Gebietskörperschaften geltenden Regelungen über die Ausschreibung von Aufträgen zur Anwendung kommen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag verlangt nichts Vermessenes, ist aber Ausdruck dafür, in der Zukunft etwas ändern zu wollen. Sie sind sehr herzlich eingeladen, diesem Antrag beizutreten. Statt hier vom Rednerpult aus zu verunglimpfen und Jubelreden zu halten, können Sie einen konstruktiven Beitrag leisten, um in Zukunft Geldverschwendung hintanzuhalten! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben referierte Antrag entspricht den Bestimmungen und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. – Bitte.

18.05

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, daß vorerst einiges ins Lot zu bringen ist.

Herr Abgeordneter Rosenstingl und seine Nachredner von der Freiheitlichen Partei reden von Skandalen, Kostenüberschreitungen, Fehlplanungen et cetera. Ich möchte nicht sagen: Regt euch nicht auf, Deckel drauf, reden wir nicht darüber, es wird schon nicht so schlimm sein!, wie das auch Kollege Firlinger unterstellt hat, frage aber: Auf welcher Basis soll der Nationalrat heute darüber diskutieren? Welche Unterlagen hat heute der Nationalrat? (Abg. Dr. Graf: Die dringliche Anfrage und den Entschließungsantrag!) Welche Unterlagen haben Sie, um diese Beschuldigungen vorzunehmen? (Abg. Dr. Haider: Einen informierten Minister hoffentlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Entweder haben Sie keine Unterlagen und die Beschuldigungen sind aus der Luft gegriffen, oder Sie haben tatsächlich Unterlagen, dann sind dies aber solche, die Sie unter Verletzung der Verschwiegenheitspflicht von irgend jemanden bekommen haben. (Abg. Mag. Stadler: Für das, daß Sie nicht informiert sind, können wir nichts! – Abg. Rosenstingl: Von den Sozialisten!) Und


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 108

das ist nicht die Basis, auf der der Nationalrat diese Diskussion führen sollte! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sagen daher nicht: Deckel drauf, es ist nicht so schlimm!, wir sagen: Wir brauchen eine vernünftige Unterlage und eine vernünftige Basis, um hier überhaupt darüber diskutieren zu können. Und diese vernünftige Unterlage wird durch den Rechnungshofbericht gegeben sein. Es ist ein Rechnungshofbericht in Erarbeitung, es gibt einen Rohbericht, es ist aber – soviel ich weiß – noch keine Stellungnahme der Geschäftsführung zu diesem Rohbericht vorhanden. Der endgültige Bericht wird dann dem Nationalrat zugeleitet werden. Dann, wenn dieser endgültige Bericht im Rechnungshofausschuß ist, ist der richtige Zeitpunkt, um darüber auf Basis von Unterlagen, mit konkretem Wissen zu diskutieren. (Abg. Dr. Graf: Dann lesen Sie es halt einmal!) Dann können wir darüber reden, aber nicht heute, ohne Unterlagen zu haben oder auf Basis von Unterlagen, die Sie haben, wir aber nicht. So kann das nicht gehen! (Abg. Silhavy: Das wäre eine seriöse Arbeit!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Anfragebeantwortung durch den Herrn Minister: Sie haben diese Anfrage ja nicht als Aufsichtsrat an einen Vorstand gestellt, sondern Sie haben diese Anfrage in einem Parlament (Abg. Dr. Graf: An den Eigentümervertreter!) an den Eigentümervertreter gestellt, der 17,3 Prozent vertritt. (Abg. Dr. Graf: Heute – und vorher?) Und ein Eigentümervertreter, der 17,3 Prozent vertritt, kann und darf auch gar nicht den Informationsstand haben, den ein Vorstand in einer AG hat. (Abg. Dr. Graf: Er will ihn auch nicht haben!)

Wenn wir unsere Arbeit ernst nehmen, wenn wir das, was der Vorstand zu tun hat, dem Vorstand überlassen, das, was der Aufsichtsrat zu tun hat, dem Aufsichtsrat überlassen, wenn wir die Organdisziplin ernst nehmen und das, was in den Nationalrat gehört, im Nationalrat diskutiert wird, dann können wir nicht heute hier darüber diskutieren, und dann ist das nicht möglich auf Basis einer Anfrage an den Finanzminister, sondern wird das erst möglich sein, wenn der endgültige Rechnungshofbericht darüber vorliegt.

Es gibt also, wie gesagt, eine ordentliche Vorgangsweise; diese ordentliche Vorgangsweise ist, in der Gesellschaft einen Bericht zu veranlassen. Dieser Bericht ist vom Aufsichtsrat veranlaßt worden – das ist der Bericht, den der Ziviltechniker Lechner erstellt hat. Und Basis für die Diskussion im Nationalrat wird der Rechnungshofbericht sein, der ohnehin dem Nationalrat zugehen wird.

Selbstverständlich steht es jeder Fraktion frei, selbst zu beurteilen, was dringlich ist. Aber genauso steht es den anderen frei, eine Meinung dazu abzugeben. Meine Meinung ist, daß in diesem Fall die Dringlichkeit nicht gegeben ist. Herr Kollege Rosenstingl hat ja selbst gesagt, daß seiner Meinung nach Schaden entstanden ist. Es wird sich herausstellen, ob das wahr ist oder nicht, aber jedenfalls ist der Schaden, sollte einer entstanden sein, nicht mehr vermeidbar. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Wenn wir daraus Lehren ziehen, so sind das andere Vorgangsweisen, andere Kontrollmechanismen, die wir möglicherweise installieren könnten. Aber das werden wir jetzt nicht tun können. (Abg. Haigermoser : Das hat der Böhacker schon gesagt! – Abg. Rosenstingl : Daher lassen wir weiter Schaden entstehen, nur weil wir es nicht vermeiden können!)

Herr Kollege Rosenstingl! Jetzt kann kein weiterer Schaden entstehen. (Abg. Dr. Graf : Verbürgen Sie sich dafür, daß kein Schaden mehr entsteht!)

Die einzige Möglichkeit, die existiert, ist, das System zu ändern; und dieses System werden wir nur dann ändern können, wenn wir das nicht aufgrund einer dringlichen Anfrage mit dem zuständigen Minister diskutieren, sondern wenn wir das seriös dann diskutieren, wenn die Unterlagen im Haus aufliegen. Ich habe schon gesagt: Diese Unterlagen sind jene, die der Rechnungshof dem Nationalrat zuleiten wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Begriff "Schaden": Es ist schon möglich und auch richtig, Schaden so zu definieren, daß dieser in der entgangenen Dividende besteht. Aber man


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 109

sollte der Klarheit halber schon hinzufügen, daß in den letzten 15 Jahren die Flughafenbetriebsgesellschaft beziehungsweise die Flughafenbetriebs-AG kein öffentliches Geld, kein Steuergeld bekommen hat. Die Flughafen-AG hat – im Gegenteil – Dividenden bezahlt.

Wenn wir schon über den Flughafen reden, so soll auch gesagt sein, daß der Flughafen in Niederösterreich in dieser Region ein extrem wichtiger, ja fast der bedeutendste Arbeitgeber ist. Im Flughafenbereich arbeiten derzeit etwa 12 000 Dienstnehmer – um 5 000 mehr, als das noch vor zehn Jahren der Fall war. Am Flughafen werden derzeit pro Jahr 8,5 Millionen Passagiere gezählt; dieses Passagieraufkommen wird von Jahr zu Jahr um etwa 8 bis 10 Prozent steigen. Pro 1 Million mehr Passagiere – das ist fast die Steigerungsrate eines Jahres – wird es am Flughafen Wien und in den umgebenden Unternehmungen um 1 000 Arbeitnehmer mehr geben. Also pro 1 Million mehr Passagiere etwa 1 000 Arbeitnehmer mehr. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Ing. Reichhold:  Ist das ein Freibrief für Geldverschwendung?) Das sei nur gesagt, um auf die Bedeutung des Flughafens für diese Region hinzuweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum nächsten Thema: Die öffentliche Hand ist Mehrheitseigentümer der Flughafenbetriebs-AG. 17,3 Prozent hält der Bund, 17,3 Prozent das Land Niederösterreich und 17,3 Prozent das Land Wien. Ich glaube auch, daß es notwendig ist, daß auch künftighin die öffentliche Hand Mehrheitseigentümer bei dieser Flughafenbetriebs-AG bleibt.

Ich halte es für falsch, so vorzugehen, wie es Abgeordneter Firlinger vorgeschlagen hat, nämlich darauf zu drängen, daß es zu einer Privatisierung von mehr als 50 Prozent kommt. Wir sollten schon klarstellen, daß der Flughafen eine wichtige Infrastruktureinrichtung ist; wir sollten klarstellen, daß er aus verkehrspolitischen Gründen extrem wichtig und auch aus sicherheitspolitischen Gründen relevant ist. Und es stellt sich da die Frage, wie sich das mit einem Unternehmen, das zu mehr als 50 Prozent privater Hand gehört, vereinbaren läßt. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das kann ich Ihnen gerne erklären!) Daher glaube ich, daß es ein falscher Weg wäre, die Flughafenbetriebs-AG über das jetzige Ausmaß hinaus weiter zu privatisieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Letztes – weil wir schon vom Flughafen reden, es betrifft auch den Wahlkreis, in dem ich gewählt bin –: Es ist derzeit die aktuelle Frage bezüglich des Baus einer dritten Piste aufgeworfen worden. Ich kann dazu nur sagen, daß diese Diskussion so geführt werden sollte, daß klargestellt wird, daß diese dritte Piste nicht notwendig ist. Sie wird auch aus vielen Gründen – insbesondere von der Bevölkerung im Bezirk Schwechat und Mödling – überhaupt nicht akzeptiert, weil dadurch die Umweltbelastung, insbesondere die Lärmbelastung, sehr hoch wäre.

Ich glaube daß es notwendig ist, eine Kooperation mit dem Flughafen Preßburg zu versuchen, damit auch den Bau dieser dritten Piste zu verhindern. Eine Kooperation mit dem Flughafen Preßburg wird insbesondere dann möglich sein, wenn es zwischen Preßburg und dem Flughafen Wien sowie vor allem zwischen Wien und dem Flughafen wirklich vernünftige Bahnverbindungen gibt. Da ist es vor allem auch notwendig, die S 7 und alle anderen Bahnverbindungen, mit denen der Flughafen an das öffentliche Bahnnetz angeknüpft werden kann, möglichst rasch zu realisieren. Ich glaube, daß diese Fragen von wirklich besonderer Dringlichkeit sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Wurmitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.16

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Als Regierungspartei ist die Volkspartei natürlich jederzeit und zu jedem Thema bereit, in eine Diskussion mit der Opposition einzutreten. Aber die heutige dringlich eingebrachte Anfrage weist einige Umstände auf, die sie für uns mehr als suspekt machen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 110

Zum ersten – das wurde hier bereits erwähnt –: Es liegt bis zur Stunde dem Hohen Haus kein Rechnungshofbericht darüber vor. Als Abgeordnete der Volkspartei lehnen wir es ab, auf illegalem Weg in den Besitz eines Rohberichtes des Rechnungshofes zu kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch mehr als auffallend, daß just jene Fraktion, die den Vorsitzenden des Rechnungshofausschusses stellt, uns hier im Hohen Haus höhnisch einen Rechnungshof-Rohbericht vorhält. Das ist unglaublich, und das ist einmalig in der Geschichte des Parlaments! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol : Das ist unglaublich!)

Aber eines kann ich hier versprechen: Wir werden, sobald der Bericht vorliegt, diesen genau prüfen, und wir werden alle Möglichkeiten des Rechnungshofausschusses ausnützen, um die Fakten auf den Tisch zu bringen.

Zweitens: Das Bauwerk ist fertig. Auch wenn Sie heute eine Dringliche einbringen, werden Sie keinerlei Einfluß mehr auf die Bauführung nehmen können. Ich habe aber fast das Gefühl, daß die bevorstehende Eröffnung für die Freiheitlichen der Grund ist, gleichsam wie die 13. Fee aufzutreten und das Bauwerk mit Fluch und Schmäh zu beladen. Auch das ist eine Methode, die wir ablehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens: Herr Kollege Haigermoser! Wenn Sie etwas verhindern hätten wollen, so hätten Sie jahrelang Zeit gehabt, hier in diesem Haus zu berichten und für eine Verbesserung einzutreten. Ich frage: Welche lange Leitung hat Herr Dr. Böhmdorfer, daß er sechs Jahre lang braucht, um draufzukommen, daß eine falsche und untaugliche Planung vorliegt? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch überzeugt davon, daß jemand, der jahrelang braucht, um Verschwendung bei einem Bauwerk festzustellen, eine eklatante Fehlbesetzung des Aufsichtsrates ist. (Beifall bei der ÖVP.) Man muß hier schon die Frage stellen: Wie nahe steht Dr. Böhmdorfer den Freiheitlichen? – Meines Wissens ist er der Vertrauensanwalt des freiheitlichen Klubobmannes.

Auch die Rechenkunst des Mag. Stadler möchte ich hier in Frage stellen. Er hat hier heute drei Beispiele für Kostenüberschreitungen genannt, die zusammen 191 Millionen Schilling ausmachen. – Die Gesamtkostensteigerung des Bauwerkes beträgt aber nur 107 Millionen Schilling. Kollege Stadler soll dem Hohen Haus erklären, wie man 191 Millionen Schilling in 107 Millionen Schilling unterbringt. (Beifall bei der ÖVP.)

Um es objektiv zu betrachten: Der Flughafen Wien ist ein absoluter Aktivposten der Republik. Allein aus dem Aktienverkauf hat die Republik 2 Milliarden Schilling erlöst, im Jahre 1994 wurden 200 Millionen Schilling an Dividenden ausgeschüttet und Steuern in Höhe von 181 Millionen Schilling abgeliefert.

Auch die Steigerung des Verkehrsaufkommens, was den Personenverkehr betrifft, kann sich sehen lassen. Sie betrug zwischen 1990 und 1995 plus 53,7 Prozent, in absoluten Zahlen: eine Steigerung von 5,7 Millionen auf 8,5 Millionen beförderte Personen, und bis zum Jahr 1998 sollen es 12 Millionen sein. Auch die Zahl der Dienstnehmer wurde um 14,17 Prozent erhöht, und die Leistung eines Dienstnehmers pro Passagier wurde umgerechnet um 33,4 Prozent gesteigert. Insgesamt wurden seit dem Jahre 1986 beim Flughafen Wien 9 Milliarden Schilling investiert – tadellos investiert – und auch wirtschaftlich eingesetzt. – Das ist die Erfolgsbilanz.

Die Dringliche der Freiheitlichen stellt den untauglichen Versuch dar, eine Skandalisierung, eine Kriminalisierung vorzunehmen, und für Sie gilt das Prinzip "aliquid haeret": Irgend etwas wird schon hängenbleiben. (Abg. Haigermoser : Du bist ja kein Lateiner, Wurmitzer! – Abg. Dr. Khol : Na, du bist kein großer Lateiner, Haigermoser!) Die Fakten sind aber andere.

Der Baubeschluß des Aufsichtsrates umfaßte 649 Millionen Schilling. Die Erhöhung erfolgte im Jahr 1991 auf 701 Millionen Schilling durch Erweiterung des Leistungsumfanges – nicht durch Verschwendung, sondern durch Erweiterung des Leistungskataloges und des Leistungsumfanges – und betrug im Jahr 1992 756 Millionen Schilling.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 111

Natürlich kann man bei einem so großen Bauvorhaben auch Kritik anbringen. Die Planung mußte teilweise nachjustiert werden; das ist richtig. Es ist hier auch angemerkt worden, daß Planungskosten nicht ausgeschrieben wurden. Meines Wissens nach sind Architekten- und Planungsleistungen nicht auszuschreiben, auch nach der ÖNORM B 2050 nicht. Wer selbst schon einmal gebaut hat, weiß, daß es nichts Unübliches ist, ja daß man sogar gezwungen ist, nachzujustieren, nachzuplanen und Nachüberlegungen anzustellen.

Auch die Form der Vergabe ist kritikwürdig. Aber die Flughafenbetriebs-AG war bis 1993 nicht an die ÖNORM B 2050 gebunden; diese Bindung gibt es erst seit 1993. Rechnet man die Baupreise der bereits fertiggestellten Anlegestelle Ost aus dem Jahre 1988 auf das heutige Preisniveau hoch, dann muß man feststellen, daß die neue Anlegestelle Süd günstiger als seinerzeit die Anlegestelle Ost gebaut wurde. Das ist, wenn man es genau betrachtet, eine Erfolgsbilanz. (Beifall bei der ÖVP.)

Da Sie im Besitz des Gutachtens des Aufsichtsrates sind, möchte ich Sie fragen: Welche Schadensfeststellung hat der Gutachter getroffen? Nennen Sie den Schaden, den dieser festgestellt hat! – Es gibt keinen. Er hat keine solche Feststellung getroffen. Aber diese Tatsache wollen Sie nicht hören, Ihre Strategie ist eine andere: Sie wollen miesmachen, Sie wollen skandalisieren, Sie wollen kriminalisieren. Daß Sie das just am heutigen Tag tun, hat einen ganz besonderen Grund: Sie wollen der seriösen und maßvollen Budgetrede des Finanzministers eine Sudelaktion gegenüberstellen. Das ist durchschaubar. Das ist Ihre Strategie. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Bei diesen Dingen werden wir nicht mittun, dafür sind wir nicht zu haben. Das ist auch der Grund, warum die Dringliche heute stattfinden muß. Ich habe mir auch die "Hauptankläger" angeschaut, meine Damen und Herren. Wenn Sie untersuchen wollen, dann sollten Sie dort hingehen, wo Sie Verantwortung tragen beziehungsweise Verantwortung getragen haben.

Vor 14 Tagen mußte in Kärnten eine freiheitliche Landtagsabgeordnete deswegen zurücktreten, weil sie und ihre Firma an einem Beamten der Landesregierung Schmiergelder in Höhe von 40 000 S gezahlt haben. (Rufe bei der ÖVP: Unerhört!)

Pikanterweise war der zuständige Referent in diesem Referat Dr. Jörg Haider. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das sind die Fakten. Wenn Sie Skandale suchen, dann sollten Sie von der "F" bei sich selbst anfangen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Er hat das Wort.

18.25

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gleich vorab zur alles bewegenden Frage: Woher haben einige von der Opposition diesen Rohbericht? Das ist eine legitime Frage, aber es ist nicht das eigentliche Problem. Es ist das deshalb nicht das eigentliche Problem, meine Damen und Herren, weil es für "gelernte" Österreicher wohl naheliegend ist, anzunehmen – wenn es in irgendeiner Art und Weise in einem staatlich dominierten, mehrheitlich staatlich dominierten Unternehmen, eine sehr stark geänderte Abwicklung als die geplante gibt –, daß da in irgendeiner Weise etwas gelaufen ist.

Deshalb teile ich die Auffassung des Abgeordneten Firlinger – entgegen dem, was einer meiner Vorredner gesagt hat –, daß das eigentliche Problem das ist, daß es sich dabei um ein Unternehmen handelt, daß nach wie vor mehrheitlich in öffentlicher Hand ist. Damit ist zwangsläufig – zumindest wesentlich erleichtert – auch ein Einfluß der Politik gegeben. Der Rechnungshofbericht sollte eigentlich Anlaß dafür sein, über eine ehrliche Privatisierung – und nicht wie sie in Österreich betrieben wird – zu reden.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 112

Es ist eben so, daß, solange ein Unternehmen nicht mehrheitlich in privater Hand ist, solche Umstände niemals ausgeschlossen werden können und natürlich auch politische Querverbindungen gegeben sind. So, wie halt dann auch die Rechnungshof-Rohberichte über politische Querverbindungen aus dem Aufsichtsrat zu den politischen Parteien kommen.

Aber da es sich dabei unbestritten um einen Rohbericht handelt, ist dem hinzuzufügen, meine Damen und Herren: Ein Rohbericht stellt die ersten Feststellungen des Rechnungshofes dar, die an das Unternehmen mit der Bitte um Stellungnahme zu diesen Überlegungen gehen. Da diese Überlegungen, die vom Vorstand dem Rechnungshof mitgeteilt wurden, ja bisher nicht mitgeteilt wurden, die Liberalen aber sehr wohl beim Vorstand der Flughafen AG Wien nachgefragt haben, möchte ich jetzt auch jene Argumente einbringen, die von Vorstandsseite hiezu gebracht werden.

Es wird beim Endbericht des Rechnungshofes, wenn diese Feststellungen des Rechnungshofes auf der einen Seite den Erwiderungen des Vorstandes auf der anderen Seite gegenübergestellt werden, zu beurteilen sein, inwieweit da tatsächlich Verfehlungen Platz gegriffen haben. Insgesamt geht es um einen Zeitraum von 1986 bis 1994, in dem im Bereich des Flughafens um 7 Milliarden Schilling gebaut wurde. Es ist ein Projekt – die Transithalle Süd, die doch 10 Prozent des Finanzierungsvolumens umfaßt – vom Rechnungshof hinsichtlich der Abwicklung kritisiert worden, und es hat auch bereits seitens der Flughafen AG – nachdem schon während der Prüfung Bedenken gekommen sind – Maßnahmen gegeben, um da Klarheit zu schaffen. Man hat von seiten des Aufsichtsrates Herrn Dipl.-Ing. Hans Lechner beauftragt, zusätzliche, detaillierte Prüfungen von drei größeren Bauvorhaben aus dieser Zeit vorzunehmen.

Zu den konkreten Vorwürfen, die auch schon medial dargelegt wurden, ist der Vorstand der Meinung, daß es zu keinen überhöhten Kosten beim Gesamtprojekt Transithalle Süd gekommen ist. Er zieht auch einen internationalen Vergleich. Er sagt, daß die gleichzeitig durchgeführten Flughafenausbauten von den Quadratmeterpreisen her im unteren Drittel liegen. Es gibt dazu auch konkrete Beispiele: Als teurere Terminals werden jene der Städte Stuttgart, Hannover, München, Köln-Bonn, Hamburg und London angeführt, billiger seien lediglich jene in Kopenhagen und Nürnberg gewesen. Es wird betont, daß die Halle sehr wohl im Zeitplan fertiggestellt wurde und auch zum richtigen Zeitpunkt in Betrieb genommen werden wird.

Es wird insbesondere eingewendet, daß alle Investitionen aus Eigenmitteln erfolgt sind. Zu dem Bereich, der ja die eigentliche Aufruhr verursacht: die Veränderung in der Planung, sagt der Vorstand folgendes: Die ersten Schätzungen seien im September 1988 vorgenommen worden; diese hätten sich auf 343 Millionen Schilling belaufen. Im Februar 1990 ist dann eine Investitionssumme von 649 Millionen Schilling beantragt und vom Aufsichtsrat auch genehmigt worden. – Ich wundere mich, daß im Jahre 1990, wenn es da zu unerklärlichen Vorgängen gekommen ist und diese doch sehr hohe – fast doppelt so hohe – Investitionssumme nicht gerechtfertigt gewesen ist, nicht von den Aufsichtsräten im Unternehmen Alarm geschlagen wurde.

Es hat diese angepaßte Planung – die jetzt, wie gesagt, das Doppelte der ursprünglichen Planung ausmacht – eine um 41 Prozent größere Fläche beinhaltet. Im weiteren Verlauf ist es aber nochmals zu einer bewußt vorgenommenen Änderung gekommen, und es ist die Planungssumme auf 756 Millionen Schilling aufgestockt worden.

Im Rechnungshof-Rohbericht heißt es dann zu diesen Planungsänderungen, und das kritisiert der Rechnungshof – Zitat –: "Nach Ansicht des Rechnungshofes war seitens der Flughafen Wien AG zur Zeit der Investitionsbeschlüsse 1988 der Umfang der gewünschten Erweiterung nicht ausdiskutiert. Dies führte nicht nur in der Planungsphase, sondern auch während des Baues zu Änderungen, sowohl des Bauumfanges als auch der Bauausstattung."

Jetzt mag man hier eine im Jahre 1988 nicht korrekt vorgenommene Planung vermuten. Vielleicht haben sich auch wirklich die Voraussetzungen dermaßen geändert, daß das Ganze 1988 noch nicht abschätzbar war. Aber es wird nochmals im Endbericht des Rechnungshofes,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 113

wenn auch der Rechnungshof zu den vom Vorstand gemachten Äußerungen nochmals Stellung genommen hat, zu beurteilen sein, ob ein Schaden entstanden ist oder nicht.

Hinsichtlich der freihändigen und der ÖNORM nicht gerecht werdenden Vergabe von großen Projekten sagt der Vorstand, daß zu diesem Zeitpunkt die gültigen internen Vergaberichtlinien zwar den Auftrag enthielten, sich an die ÖNORM zu halten, andererseits aber auch die Möglichkeit offengelassen worden war, daß vom Ressortleiter der Technik – und in bestimmten Fällen vom Hauptabteilungsleiter des Bauwesens – auch von der ÖNORM abweichende Vergaben vorgenommen werden können, wenn man ein besseres Ergebnis erzielen könne als mit einer Vergabe nach der ÖNORM. Und es wird vom Rechnungshof im Endbericht klar festzustellen sein, ob es sich im Endeffekt um ein besseres Ergebnis handelt als nach einer Vergabe nach der ÖNORM, oder ob das nur ein vorgeschütztes Argument des Vorstandes ist.

Hinsichtlich des Vorwurfes, es habe ein Planungschaos gegeben, sagt der Vorstand, daß die Haustechnik von Beginn der Planung an einbezogen war und es daher nicht nachvollziehbar ist, daß intern ein Planungschaos bestanden habe. Schwachstellen, die erkannt worden sind, hätten bereits während des gesamten Verfahrens zu organisatorischen Maßnahmen geführt: Insbesondere sei für den Pier West bereits im November 1993, zu Baubeginn, ein Projektmanagement eingerichtet worden, das von einem ständigen Controlling begleitet worden ist.

Es scheint sich, meine Damen und Herren, aufgrund der dem Liberalen Forum vorliegenden Information, nicht so zu verhalten, daß es über das Ausmaß skandalöse Verfehlungen gegeben hat. Ob es aber bei einem so großen Investitionsvolumen zu unkorrekten Abwicklungen gekommen ist und nicht genügend Vorausschau gab, das, meine Damen und Herren, sollte wirklich Gegenstand einer umfangreichen und auf Fakten basierenden Diskussion im Rechnungshofausschuß sein. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Er hat das Wort.

18.32

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Abgeordneter Wurmitzer, Ihre Aufregung bezüglich des Rechnungshofberichtes, der hier an die Öffentlichkeit gelangt ist, ist etwas übertrieben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Herr Abgeordneter Wurmitzer! Es sei denn, Sie beschweren sich erneut beim damaligen Landeshauptmann von Vorarlberg und beim jetzigen Herrn Landeshauptmann Pühringer. Denn die beiden haben – um in der Diktion von Herrn Professor Lukesch zu bleiben – "dieses Haus verhöhnt, wenn Sie so wollen". Denn diesen beiden war es vorbehalten, als Regierungsmitglieder einer Landesregierung einen Bericht zu veröffentlichen, der nicht zur Veröffentlichung bestimmt war: Das war der ehemalige Landeshauptmann von Vorarlberg sowie der jetzige Landeshauptmann Pühringer.

Sie werden sich noch daran erinnern: Kollege Stadler war damals noch im Landtag in Vorarlberg, als es um den ASTAG-Bericht gegangen ist. Der Rechnungshofpräsident hat dann gemeint, daß er im Sinne der Waffengleichheit auch dem Rechnungshofausschuß hier im Parlament diesen Bericht bringen wird, weil er es nicht zulassen kann, daß ein hoher ÖVP-Politiker Herrn Lukesch und Herrn Wurmitzer verhöhnt. Deshalb hat er damals den Bericht ins Haus gebracht.

Herr Pühringer hat als Landesrat von Oberösterreich den Bericht veröffentlicht, und zwar mit dem Argument, daß er den Druck nicht mehr aushalte. Er hat Druck verspürt. Herr Kollege Wurmitzer und Herr Kollege Lukesch! Hier hat offensichtlich auch irgendwer Druck gehabt. Ich kenne diesen Druck nicht, es ist mir darüber nichts berichtet worden in dem Brief, der im grünen Klub eingelangt ist. Es ist leider nicht dabeigestanden, um welche Drücke es sich gehandelt hat. Von Pühringer wissen wir es, vom Landeshauptmann von Vorarlberg wissen wir es auch, aber ... (Abg. Murauer: Was wissen wir? Es wäre ganz interessant, was wir Ihrer Meinung nach über Pühringer wissen!) Das hat er ja gesagt: Er hält den Druck nicht mehr aus, daß er weiß, daß


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 114

offensichtlich innerhalb der Beamtenschaft fürchterliche Dinge passiert sind! Deshalb ist er mit seinem Bericht an die Öffentlichkeit gegangen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Das hat er damals öffentlich kundgetan Frau Fekter! Er hat nicht gesagt, daß er den Druck wegen Ihrer Schottergeschäfte nicht aushält! Das hat er nicht behauptet. Er hat nur gesagt, er halte den Druck nicht aus! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Betreffend den Absender dieses Berichtes weiß ich nicht, welchen Druck dieser Mensch nicht ausgehalten hat. Das weiß ich leider nicht. (Abg. Dr. Fekter: Er wollte die Unschuld seiner Beamten gegenüber solchen Verleumdungen beweisen! In einem Gerichtsverfahren sind sie freigesprochen worden!)

Frau Abgeordnete Fekter! Sie wissen ganz genau ... (Weiterer Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie wissen ganz genau, daß die Verfahren noch nicht abgeschlossen sind. Und Sie wissen ganz genau, wie massiv Druck von politischer Seite ausgeübt wurde, auch auf die Gerichte, und wie lange ... (Abg. Schwarzenberger: Massiven Druck üben nur die Grünen auf die Gerichte aus!)

Die ÖVP spricht gegenüber den Grünen von großer "Verhöhnung" dieses Hauses, findet aber nichts dabei, wenn ihre Landeshauptleute dieses Haus nach ihrer Diktion verhöhnen. Und jetzt spielen Sie sich auch noch auf als Retter der Unschuld der Beamten auf! (Beifall bei den Grünen.)

Ich halte das, wie Sie hier vorgehen, Herr Wurmitzer, gelinde gesagt, für etwas frivol! Wenn Sie wirklich Interesse haben an diesem Rechnungshofbericht, der uns per Post – offensichtlich als Osterbrief – zugeschickt wurde, dann kommen Sie doch in unseren Klub! Sie können sich dazusetzen und können ihn durchstudieren, selbstverständlich können Sie ihn anschauen!

Ich habe den Verdacht, daß es Ihnen nicht um den Inhalt des Berichts geht, sondern darum, endlich die Lücken zu schließen, durch die solche "unanständigen" Informationen an die Öffentlichkeit geraten. Das ist Ihr größtes Problem, und alle Redebeiträge, die Sie heute hier vom Stapel gelassen haben, triefen vor Empörung, was da wiederum an die Öffentlichkeit gelangt ist. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. )

Schauen Sie, Herr Wurmitzer, warum gehen Sie nicht zum Rednerpult und sagen: Da gibt es eine dringliche Anfrage der FPÖ, da wird von Hunderten Millionen gesprochen, das ist sehr interessant und sehr problematisch. Wir warten ab, bis wir die Unterlagen in der Hand haben, dann können wir prüfen. (Abg. Wurmitzer: Genauso habe ich es gesagt!) Nein! Sie regen sich auf über die Verhöhner: Über Herrn Pühringer regen Sie sich auf! Über den damaligen Herrn Landeshauptmann von Vorarlberg regen Sie sich auf! Und über diesen Briefschreiber, der uns diesen "unappetitlichen, unanständigen" Bericht geschickt hat, regen Sie sich so richtig auf! Da kommt die Empörung so richtig durch.

Herr Abgeordneter Wurmitzer! Wir haben im Rechnungshofausschuß einige solide Vorschläge gemacht, wie genau diese Dinge abzustellen sind. Ich sage Ihnen: Dieser Bericht kommt ganz sicher nicht aus dem Rechnungshof direkt, das halte ich für ausgeschlossen! (Abg. Dr. Khol: Es ist das Exemplar Nummer fünf!) Herr Klubobmann Khol! Es ist der Rechnungshofbericht Nummer sechs! Ich habe ihn extra für Sie kopiert, weil ich gewußt habe, daß Sie die Entschlüsselung suchen. Aber das macht überhaupt nichts, Herr Khol! Sie werden die "Denunzianten" sicher finden! Sie brauchen nur in Ihren eigenen Reihen zu schauen! (Beifall bei den Grünen und bei den Freiheitlichen!)

18.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Er hat das Wort.

18.39

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! An sich ist es nicht meine Art, auf Ausführungen des Kollegen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 115

Wurmitzer einzugehen, weil seine Ausführungen zur Sache meist nichts beitragen, sondern ausschließlich eine Beschimpfung der freiheitlichen Abgeordneten darstellen.

Heute hat er aber etwas gesagt, worauf ich doch replizieren muß. Herr Kollege Wurmitzer! Sie haben gemeint: Wenn ein Aufsichtsrat sechs Jahre lang braucht, um Verschwendung aufzudecken, dann handelt es sich um eine eklatante Fehlbesetzung. – Da gab es Beifall bei der ÖVP. (Abg. Dr. Khol: Ja!) Daraus schließe ich, daß Sie sehr wohl die Aufsichtsratsbesetzung mit Dr. Böhmdorfer als eine eklatante Fehlbesetzung sehen, weil er ja keine Verschwendung aufgedeckt hat. Das heißt: Es liegt eine Verschwendung vor. Umgekehrt sagen Sie, es sei alles in bester Ordnung! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Sie sind ein Rabulist!)

Folgendes muß ich Ihnen schon sagen, Herr Kollege Wurmitzer: Wenn tatsächlich Verschwendung vorliegt und Dr. Böhmdorfer das nicht aufgedeckt hat, dann ist der gesamte Aufsichtsrat eine eklatante Fehlbesetzung: Es sind das Rote und Schwarze! (Beifall und Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Ich darf aber noch daran erinnern, Herr Kollege Wurmitzer, daß es gerade Dr. Böhmdorfer war – das wurde heute bereits mehrfach gesagt –, der immer wieder darauf hingewiesen hat, daß entsprechend geprüft werden soll. Und es war schlußendlich auch der Aufsichtsrat, der einen Ziviltechniker dafür eingesetzt hat, einen eigenen Prüfbericht zu erstellen. – Warum setzt ein Aufsichtsrat einen Ziviltechniker ein, um einen Prüfbericht zu erstellen? Weil alles in bester Ordnung war? Weil alles tutti paletti war? – Ich nehme an, daß der zuständige Ziviltechniker diesen Bericht nicht ganz gratis verfaßt hat, sondern das wird eine schöne Stange Geld gekostet haben! Und wenn alles in Ordnung ist und der Aufsichtsrat trotzdem eine eigene Prüfung beantragt, dann ist das Verschwendung von Gesellschaftsmitteln, und das wäre auch bedenklich! Also muß auch der Aufsichtsratsvorsitzende bereits massive Bedenken gehabt haben, daß hier etwas nicht in Ordnung ist.

Aber auch Kollege Parnigoni, den ich jetzt gerade nicht sehe ... (Abg. Parnigoni: Ich bin hier und lausche Ihnen!) Er ist ein Möchtegern-Bundesminister! (Abg. Parnigoni: Danke!) Anstatt die Sümpfe in Schwechat trockenzulegen, hat er versucht, unter dem Motto: Haltet den Dieb!, die freiheitlichen Abgeordneten zu kriminalisieren. Herr Kollege Parnigoni! Kreditschädigung war die mildeste Form der Kriminialisierung der freiheitlichen Abgeordneten. Ich weiß schon: Am liebsten würden Sie alle Freiheitlichen mundtot machen! Sie würden auch gerne die Auslieferungspraxis so ändern, daß ein Freiheitlicher, immer wenn er etwas aufzeigt, ausgeliefert, geklagt und zivilrechtlich mundtot gemacht wird! Das hat Methode, Herr Kollege Parnigoni! (Abg. Parnigoni: Bei so unanständigen Freiheitlichen wie Haider schon!) Es war immer wieder so: Immer wenn die Freiheitlichen einen Skandal aufgezeigt haben, dann wurden zunächst einmal sie verleumdet, als Nestbeschmutzer beschimpft und so weiter. Schlußendlich hat sich in den meisten Fällen aber herausgestellt, daß die Kritik der Freiheitlichen richtig war. Es kam jedoch nie zu Konsequenzen: weder wirtschaftlicher noch politischer Natur.

Kollege Höchtl! Er ist noch nicht Minister, auch nicht Möchtegern-Minister, vielleicht doch Minister. Er hat in einem aus meiner Sicht wirklich burgtheaterreifen Auftritt versucht, noch zu retten, was zu retten ist. (Abg. Dr. Lukesch: Dafür ist Scholten zuständig!) Herr Kollege Lukesch! Höchtl hat allerdings wieder einmal das falsche Stück erwischt, er war beim Thema daneben! (Abg. Mag. Stadler: Wie so oft!) – In einer Sicht teile ich seine Meinung, nämlich daß der Rechnungshof den Rechnungshof-Endbericht ausgiebig diskutieren soll. Ich bin seit etwa fünf Jahren Mitglied des Rechnungshofausschusses, und ich weiß, daß sich dort dasselbe Spiel wiederholen wird, das wir heute hier bei der Beantwortung der dringlichen Anfrage durch den Herrn Bundesminister erleben mußten. Dort wird es nicht der Herr Bundesminister sein, sondern dort wird es die Geschäftsleitung sein, die sagt: All diese Dinge sind operative Agenden des Unternehmens, und diese unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Das gleiche wird der Aufsichtsrat sagen. Und es wird nichts aufgeklärt werden. – Darum ist es vornehmste Aufgabe dieses Hohen Hauses und seiner Abgeordneten, da wirklich Licht ins Dunkel zu bringen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 116

Es muß aufgezeigt werden, wo die Schwachstellen liegen. Denn sonst geht es so weiter: Die nächste Großbaustelle der öffentlichen Hand kommt bestimmt, und es werden sich dieselben Dinge wiederholen: auf Bundesebene, auf Landesebene und auch auf Gemeindeebene. Es werden Millionen verschwendet werden, aber es wird keine Konsequenzen geben!

Aber auch inhaltlich waren die Ausführungen des Kollegen Höchtl nicht schlüssig. Einerseits hat er die Anfrage der Freiheitlichen verdammt, weil er nicht dieselben Unterlagen hat, weil er überhaupt keine Unterlagen über diese Vorgänge im Bereich des Flughafens Schwechat hat. Andererseits spielt er den Jubelperser und sagt: Es ist alles in bester Ordnung! Die bösen Freiheitlichen skandalisieren wieder! – Da frage ich Sie: Was stimmt denn nun bitte, meine Damen und Herren? Was stimmt denn nun wirklich? Hat er Unterlagen, die seine Aussage erhärten, daß alles in Ordnung ist – oder hat er sich in Spekulationen ergangen, um von der Mitverantwortung der Österreichischen Volkspartei in diesem Verschwendungsskandal abzulenken?

Ich habe hier keinen Rechnungshofbericht, den ich zitieren kann: Ich zitiere nur aus der ORF-Sendung "Report" vom 19. April 1996: Der Vorwurf des Rechnungshofes lautet da: Die Neubauten seien unter verschwenderischen Umständen entstanden, sein Bericht – der Rechnungshofbericht – liest sich wie ein Leitfaden, wie man nicht planen und bauen soll. Vorwurf Nummer 1: Unzureichende Planungsunterlagen und Planungsänderungen nach Baubeginn führen nicht nur zu erheblichen Kostensteigerungen, sondern auch zu einer Bauzeitverlängerung, die wiederum durch die Valorisierung der Baukosten zusätzlich zu einer Erhöhung derselben führte.

Meine Damen und Herren! Jedes private Unternehmen würde bei einer derartigen Vorgangsweise wahrscheinlich den Konkurs anmelden müssen, denn derartige Kostensteigerungen für ein Bauvorhaben – von der Ausgangsschätzung 1988 von 350 Millionen auf insgesamt 756 Millionen Schilling – würde kein privates Unternehmen verkraften.

Wenn Herr Kollege Höchtl meint: Vielleicht werden sogar die Baukosten gegenüber den genehmigten Kosten durch den Aufsichtsrat geringer werden, dann muß ich darauf verweisen, wie etwa die Architektenleistungen der Architekten Fehringer und Wilke abgerechnet wurden: Es wurde in einer Aktennotiz vereinbart, daß Planungskosten von nicht ordnungsgemäß budgetierten Planungsmehrkosten der Hallenerweiterung Süd auf die Halle Nordwest und West übertragen werden, um eine Überschreitung des genehmigten Gesamtbudgets zu vermeiden.

Meine Damen und Herren! Man kann einen Planungskostenrahmen sehr wohl einhalten, wenn man die das Projekt Süd betreffenden Planungsmehrkosten einer anderen Kostenstelle zuordnet! Wenn das im Bereich eines privaten Unternehmens passiert, dann würde ich als Firmenchef jene Person, die diese Anweisung gibt, auf der Stelle auf die Straße setzen!

Es geht aber noch weiter: Sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat – und das ist das interessante daran – wurden von dieser Vorgangsweise nicht informiert, wie diese auch von der Aufstockung des Architektenhonorars für die zusätzliche Planungsleistung in Höhe von zirka 9 Millionen Schilling nicht in Kenntnis gesetzt wurden.

Wer hat also in diesem Unternehmen das Sagen? – Es werden Kosten in Millionenhöhe ausbezahlt, ohne daß Vorstand und Aufsichtsrat informiert wurden. Kosten werden anderen Kostenstellen zugewiesen, nur damit man die Planungsvorgabe einhält. Herr Kollege Lukesch! Was sagen Sie dazu? Ist das die Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung? (Abg. Dr. Lukesch: Ich kenne die Gegenäußerung des Unternehmens nicht!) Sie kennen sie noch nicht. Wir werden darauf noch zurückkommen!

Ich kann Ihnen eines sagen, und im Rechnungshofausschuß werden wir es erleben: Es werden viele Dinge, die heute aufgezeigt wurden – berechtigterweise aufgezeigt wurden –, teilweise von der Geschäftsleitung widerlegt werden, und auf Nachfragen werden unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht und darauf, daß es sich um operative Handlungen handelt, keine Antworten gegeben werden. Das ist doch gängige Praxis so im Rechnungshofausschuß! (Abg. Dr. Lukesch: Das ist eine klassische Vorverurteilung!)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 117

Wenn wir hier in diesem Hohen Haus nicht den Mut und das Selbstverständnis als Abgeordnete haben, diese Dinge aufzuklären, dann werden diese Dinge wirklich nie geklärt und abgestellt werden können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie haben heute in Ihrer Rede zum Budget 1996/97 gemeint, es ziehe sich im Zusammenhang mit der Sicherung von Arbeitsplätzen ein roter Faden durch das Budget 1996/97. Darauf sage ich: Es gibt in Österreich auch noch einen anderen roten Faden, einen sozialistischen roten Faden: Auf diesem roten Faden sind seit Jahrzehnten wie Perlen – wie rot/schwarze Perlen – die Skandale dieser Republik aufgefädelt: AKH, DDSG, AMAG, HTM, "Konsum" und vieles mehr – diese Liste ließe sich endlos fortsetzen!

Ergebnis dieser Skandale: Milliarden an österreichischem Volksvermögen wurden verwirtschaftet, vernichtet, was wiederum zu massiven Steuerausfällen geführt hat, und diese massiven Steuerausfälle zwingen nun diesen Finanzminister, tief in die Tasche der österreichischen Bürger und Steuerzahler zu greifen. Diese Skandale, diese Verschwendung, diese Vernichtung von Volksvermögen zwingen den Herrn Finanzminister und diese Bundesregierung (Abg. Haigermoser: Sozialistische Bundesregierung!) , die Steuern zu erhöhen, und zwar massiv zu erhöhen und vor allem auch bei den Schwächsten dieser Republik, bei den Behinderten, bei den Jugendlichen, bei den Frauen einzusparen.

Das ist die Politik, die diese rot-schwarze Regierung seit Jahren zu verantworten hat, worauf wir Freiheitlichen immer wieder massiv hier in diesem Hohen Haus, aber auch draußen beim Bürger hinweisen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Es wäre für alle Abgeordneten der Regierungsparteien besser gewesen, hier nicht wiederum die Vertuscher, die Zudecker zu spielen, sondern dazu beizutragen, daß diese Sümpfe in Schwechat trockengelegt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer. Er hat das Wort.

18.51

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Meine hochverehrten Damen und Herren Großkoalitionäre! (Oh- und Ah-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Sozialistische Koalition!) Sehen Sie, es braucht nur ein Signalwort – und schon wachen Sie auf. (Abg. Dr. Khol: Der Bauer ist laut, aber nicht kräftig!) Also meine hochverehrten Damen und Herren Großkoalitionäre! (Abg. Dr. Lukesch: Sie waren immer nur ein Kleinkoalitionär! – Abg. Dr. Khol: Du warst beim Steger nur Staatssekretär!) Sie machen es mir leicht ... (Abg. Edler: Sie werden mit Ihrer Zeit nicht zurechtkommen, wenn Sie nicht anfangen!)

Herr Kollege Edler, über mein Zeitbudget verfüge ich, wenn Sie gestatten. Soweit sind wir noch nicht, daß auch darüber die SPÖ oder sonst irgend jemand zu bestimmen hat, womit ich meine Zeit hier zubringe, so lange es im Rahmen der Geschäftsordnung ist, selbstverständlich. (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine hochverehrten Damen und Herren Großkoalitionäre! Ich weiß, Sie haben es heute mit dieser dringlichen Anfrage wieder einmal besonders schwer. (Abg. Edler: Nein, wirklich nicht!) Na sicher, und ich werde Ihnen auch gleich sagen, warum. Wenn Sie es noch nicht begriffen haben, dann ist das umso fataler für Sie. (Abg. Dr. Khol: Mein Gott!) Sie werden es gleich wissen und gleich hören. (Abg. Dr. Khol: Werden Sie uns das jetzt nachweisen? Wir sind schon sehr gespannt!)

Da schnüren Sie auf der einen Seite ein riesiges Spar-, besser gesagt, Belastungspaket für die Öffentlichkeit, und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt gibt es einen Rechnungshofbericht, gibt es ein privates Gutachten darüber, wie Sie, nämlich dieselben rot-schwarzen Proporz- und Koalitionszwillinge, gleichzeitig auf anderen Gebieten das Geld mit beiden Händen beim Fenster hinausschmeißen beziehungsweise es zulassen, daß so etwas passiert. Und es ist halt


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 118

schwierig, das der Öffentlichkeit klarzumachen. Auf der einen Seite sagt man: Wir müssen sparen, wir müssen den Gürtel enger schnallen, auf der anderen Seite haut man das Geld beim Fenster hinaus. Das ist nicht sehr einfach zu argumentieren. Deshalb haben Sie es zum ersten schwer.

Ihre heutige Strategie, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesem Problem zu begegnen, finde ich besonders einfallslos. So einfallslos und schmähstad – wenn Sie mir diesen Ausdruck gestatten, Herr Präsident – habe ich Sie schon lange nicht mehr gesehen wie heute, daß Sie erst Stellung nehmen können, wenn der Rechnungshofbericht vorliegt. Ob dieser Rohbericht des Rechnungshofes jetzt offiziell im Haus ist oder nur in der Zeitung steht, nur in einem Printmedium, in einem elektronischen Medium abgehandelt worden ist: In etwa wissen Sie doch, worum es geht – außer Sie lesen keine Zeitungen, außer Sie hören nicht Radio, außer Sie drehen den Fernsehapparat nicht auf; also ich nehme an, in etwa wissen Sie, worum es geht. Sie argumentieren ja auch, im Grunde sei alles paletti. (Abg. Haigermoser: Ja, alles in Ordnung!) Und die Argumentation, warum alles paletti ist? – Das Unternehmen gestioniert ja positiv!

Ich gebe schon zu, daß das im Kopf so mancher Großkoalitionäre eine besondere Sensation ist, wenn ein Unternehmen positiv gestioniert, das mag schon sein, daß das etwas Außerordentliches ist, aber daraus den Schluß abzuleiten, daß in solch einem Unternehmen alles paletti sein müsse, ist etwas kühn beziehungsweise an der Realität vorbeigedacht. Das sagt noch gar nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der zweite Teil Ihrer Verteidigungsstrategie lautet: Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gibt, dann ist es die Tatsache, daß diese Dinge überhaupt ans Tageslicht kommen; das sei die eigentliche Schweinerei. Also wenn es überhaupt irgend etwas gibt, was nicht in Ordnung ist, dann die Frage, wie es überhaupt zustande kommen kann, daß solche Dinge, die – ich sage das noch einmal – der Rechnungshof erhoben hat – zugegebenermaßen in Form eines Rohberichtes – und die im wesentlichen, zu 95 Prozent von einem Zweiten, nämlich einem privaten Gutachter, bestätigt worden sind, an die Öffentlichkeit gelangen. Sie setzen sich nicht inhaltlich damit auseinander, nein, Sie sagen nur: Wie gibt es das, daß so etwas überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt?

Sie beschäftigen sich auch nicht damit, wie man das abstellen kann, Sie nehmen dazu nicht Stellung, Sie sagen nur: Offiziell wissen wir von nichts – ich gebe schon zu, das ist einfacher, als hier Farbe bekennen zu müssen. Sie beschäftigen sich daher lieber mit der Frage: Wie kommt so etwas an die Öffentlichkeit? Wer ist dafür verantwortlich? Wer hat allenfalls Verschwiegenheit und Vertraulichkeit gebrochen?

Sie haben bei dieser Verteidigungsstrategie einen guten Vorreiter, nämlich einen der beiden Vorstandsdirektoren – ich weiß nicht, war es der rote oder der schwarze –, der, als man ihn mit dem Inhalt des Rechnungshofberichtes, mit dem Inhalt des privaten Gutachtens konfrontiert hatte, gesagt hat: Na ja, das ist ein Polit-Torpedo der Freiheitlichen, der abgeschossen worden ist, um die Eröffnung des Pier Ost zu stören. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Also so etwas – entschuldigen Sie, Herr Präsident, ich hoffe, ich bekomme keinen Ordnungsruf – so etwas Deppertes habe ich ... Entschuldigung, nein, das soll man sicher nicht sagen. So etwas Dummes, Naives, Primitives oder Einfallsloses habe ich überhaupt noch nie gehört. Da gibt es einen Rechnungshofbericht, und der Direktor, der inhaltlich dazu Stellung nehmen soll, sagt, das sei ein Polit-Torpedo der "F", damit die Eröffnung des Pier Ost gestört werde. (Abg. Mag. Stadler: Das ist sein Niveau!) Der Pier Ost hat überhaupt nichts mit den Dingen zu tun, um die es da geht, und zweitens werden Sie wissen und wird auch der Herr Direktor – ich sage noch einmal, ich weiß nicht, ist es der rote oder der schwarze gewesen – eben zur Kenntnis nehmen müssen, daß wir – und ich sage: Gott sei Dank; es ist richtig so – nicht in der Lage sind, dem Rechnungshof die Hand zu führen und in die Feder zu diktieren, was wir – und zwar als Opposition, nicht als Staatsbürger – vielleicht gerne da drinnen stehen hätten. So ist es doch nicht. Das haben ja nicht wir erfunden. Und Sie haben diese einfallslose Verteidigungsstrategie heute nahtlos nachvollzogen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 119

Zugegebenermaßen haben Sie es drittens schwer ... (Der Redner trinkt einen Schluck Wasser. – Abg. Grabner: Schmeckt dir das Wasser, Bauer?) Nicht besonders, das gebe ich zu. (Abg. Grabner: Dann darfst du halt kein Wasser trinken! – Abg. Dr. Haider: Er hat sich gedacht, wenn es dem Minister nicht schadet, kann es ihm auch nicht schaden!) Sie haben es drittens schwer, meine sehr geehrten Damen und Herren Großkoalitionäre, weil jedes Detail dieser neuen, unglaublichen Geschichten, die da beim Ausbau und Umbau einer Flughafenhalle aufgetaucht sind – das muß man sich auch einmal vor Augen halten, worum es hier eigentlich geht, denn bei manchen habe ich das Gefühl, sie glauben, dort sei es um ganz gigantische Dinge gegangen, wie etwa um den Bau des Allgemeinen Krankenhauses in Wien oder so etwas, nein, es ist die, zugegebenermaßen zentrale, Halle des Flughafens Wien um- und ausgebaut worden; damit wir das auch einmal klarstellen –, weil alles in dieser Geschichte in das gewohnte, unschöne Bild rot-schwarzer sogenannter Wirtschafts-, besser Proporzpolitik paßt. Jedes Detail paßt selbstverständlich hinein in das gewohnte Bild. (Abg. Grabner: Nein, unschön ist die Halle nicht!)

Mein Gott, gibt es einfache Gemüter! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Gerade du sagst das!) Lieber Kollege Grabner ... (Abg. Grabner: Ausgerechnet du sagst das!) Er ist so froh, daß die Halle schön geworden ist und daß die Halle steht und nicht zusammengefallen ist. Das halte ich für normal, Kollege Grabner. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Weißt du, es geht nicht darum, daß die gebaute Halle wirklich steht und ein Licht drinnen ist und die Leuchtschrift funktioniert, sondern es geht darum, unter welchen Bedingungen das an sich völlig Normale zustande gekommen ist: Ist es unter kostengünstigen Gesichtspunkten zustande gekommen? Ist mit dem Steuer- oder wessen Geld auch immer sparsam umgegangen worden? Hat man effizient gebaut? Das sind die Fragen. Es geht nicht darum, ob es dann schön drinnen ist, ob das Licht funktioniert, ob die Halle steht und nicht zusammenfällt. Weißt du, das ist mir zu wenig, aber ich freue mich mit dir, daß sie schön ist und funktioniert. – Gut.

Es paßt, wie gesagt, alles ins Bild. Natürlich gibt es bei dieser Gesellschaft zwei Direktoren. Klar: Einen hat das rote Wien nominiert, den anderen das schwarze Bundesland Niederösterreich. Die wichtigste Qualifikation dieser beiden Herren ist offensichtlich – ich sage bewußt: offensichtlich –, auch wie gewohnt, das richtige Parteibuch. Denn ob sie über weitere Qualifikationen verfügen, kann ich nicht wirklich schlüssig beurteilen. (Abg. Grabner: Aber du tust es!) Aber ich kann meine Schlüsse ziehen aus dem, was in den Medienberichten über diese Dinge, die von den Herren im wesentlichen gar nicht bestritten werden, gestanden ist.

Der Rechnungshof und dieses private Gutachten attestieren diesem Proporzzwillingspaar ein Planungschaos – wörtlich laut "Kurier"-Bericht: ein Planungschaos – bei diesem so "riesigen", "gigantischen" Bauvorhaben wie dem Ausbau und Umbau einer Flughafenhalle. Ein Planungschaos! Die beiden Supermanager haben es nicht zusammengebracht, ich sage noch einmal, worum es gegangen ist –, das ohne Planungschaos über die Bühne zu bringen.

Und genau in dieses Bild paßt auch die hilflose Rechtfertigung, als sie mit dem Bericht konfrontiert worden sind. Als der eine gefragt worden ist: Was sagen Sie denn dazu?, hat er neben der Behauptung, es sei ein Polit-Torpedo der "F" abgefeuert worden, auch noch gemeint: Der Zeitdruck war so groß. – Damit hat er das Planungschaos gerechtfertigt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Also ich muß schon sagen, die beiden Herren von Rot und Schwarz, von SPÖ und ÖVP, scheinen sehr eigenartige und seltsame Vorstellungen von Management und Leistung zu haben, denn was die beiden Herren als zu großen Zeitdruck empfunden haben, haben der Rechnungshof und der private Gutachter auf der anderen Seite so qualifiziert: Sie haben zwei Jahre zu lange dazu gebraucht. Also die Herren Manager haben den Eindruck gehabt, sie waren unter einem gigantischen Zeitdruck, darum habe es solch ein Planungschaos gegeben, während der Rechnungshof und der private Gutachter meinen, es habe nichts dergleichen gegeben, es habe keinen Zeitdruck gegeben, im Gegenteil, sie hätten zwei Jahre zu lange gebraucht mit dem Bau.

Drittens: Natürlich vergeben diese beiden Proporzzwillinge rund 50 Prozent dieser großen Auftragssumme von 756 Millionen Schilling freihändig. Natürlich! Das paßt ja in das Bild hinein. (Abg. Haigermoser: 200 Millionen an eine Person!) Darum sitzen sie ja, fürchte ich, dort, damit


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 120

das passiert. Darum schickt man sie ja dorthin, und darum müssen es immer zwei sein, einer von den Roten und einer von den Schwarzen, damit jeder weiß, wer wem welchen Auftrag freihändig in irgendeiner Form zukommen läßt. (Abg. Grabner: Erzähl uns etwas darüber, wo sie dich überall hingeschickt haben!) Natürlich ist das so! Das können Sie ja überall nachvollziehen. Na klar! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Erzähl du uns etwas! Das willst du nicht!) – Ich habe nicht die Zeit dazu.

Das letzte Beispiel, das ich hier mit Genuß ausgebreitet habe, waren die gleichen Vorgänge beim Bau der Ost Autobahn. Da hat das nicht funktioniert. Da hat es Probleme gegeben. Da hat die rote burgenländische Landesregierung Einspruch erhoben gegen die Vergabe an den Fünftgereihten. Kaum hat man jemanden von der roten Reichshälfte, sprich vom Burgenland, in diese Aktiengesellschaft hineingenommen, hat es funktioniert. Auf einmal wurde der Fünftgereihte akzeptiert.

Daher: Erzählen Sie mir nichts! Das ist der Hintergrund, und so läuft das ab und nicht anders. Mehr sage ich nicht dazu! (Abg. Kiss: Das ist eine Raubersg’schicht’! Und keiner von den Roten rührt sich!) – Na gut, dann sage ich Ihnen doch noch etwas dazu, Herr Kollege Kiss. (Abg. Kiss: Keiner von den Roten rührt sich! – Abg. Grabner: Ich rühr mich die ganze Zeit!)

Es gibt auch noch ein paar Aufträge, die wirklich ausgeschrieben worden sind. Ich weiß nicht, waren das die notwendigen Feigenblätter, um etwas zu kaschieren? Es gibt sie auch, zirka 50 :  50. (Abg. Mag. Stadler: Sicher, das stimmt!) Na klar! Und jetzt hören Sie und staunen Sie, was da wieder passiert ist! Ich kann nur einen Fall herausgreifen. Sieben Anbieter hat es für einen ganz bestimmten Bereich gegeben. Und wer, glauben Sie, ist zum Zug gekommen? Der erste, der zweite, der Bestbieter, der Billigstbieter? – Nein, der Fünftgereihte ist zum Zug gekommen! (Ruf bei der ÖVP: Das ist ungeheuerlich!) Richtig! Da fragt man sich: Warum ist das so? Warum ist das immer wieder so? Ich kann an keine Zufälle glauben, weil ich das erlebe, seit ich politisch denken kann. Und seit ich politisch agiere und hier im Hohen Haus sitze, kann ich das nachvollziehen. Es ist immer wieder so gelaufen!

Daher frage ich mich, warum es so ist. Oder ich frage mich eigentlich nicht mehr: Mir ist völlig klar, warum es so ist. (Abg. Mag. Steindl: Bring ein anderes Beispiel!) Einverstanden, Herr Kollege Steindl.

Natürlich werden dann auch noch Honorarnoten ausgestellt und akzeptiert, die in Millionenhöhe über der Gebührenordnung liegen (Abg. Kiss: Wieder ein Skandal!) und die zu 60 Prozent bereits ausbezahlt werden, bevor die Herren überhaupt noch einen Strich gezeichnet, geplant oder berechnet haben. (Abg. Kiss: Der Anschober hat geredet wie ein Traummännlein, und jetzt redest du auch wie ein Traummännlein!) Da fragt man sich: Warum geht das dort so? Noch dazu, wenn man weiß, daß das die Herren waren, die bei einer freihändigen Auftragsvergabe zum Zug gekommen sind.

Meine Damen und Herren! Das Ende und die Konsequenz dieser rot-schwarzen sogenannten Wirtschafts-, besser Proporzpolitik ist auch immer das gleiche: riesige Kostensteigerungen zum Schaden Dritter! (Abg. Kiss: Wer sagt das? Das sagt nicht einmal der Stadler! – Abg. Mag. Stadler: Das ist belegbar! Das ist nachweisbar!) Im konkreten Fall handelt es sich um eine Kostensteigerung von 343 Millionen Schilling auf letztlich 756 Millionen Schilling.

Meine Damen und Herren! Was das soll und was dahintersteckt, greift ein Blinder mit dem Krückstock. Daher sollten es auch Sie tun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Preisinger. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Herr Kollege Bauer! Das war reine Selbstverstümmelung! – Weitere Zwischenrufe.)

19.07

Abgeordnete Dr. Susanne Preisinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute in einer schon


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 121

mehrstündigen Debatte sehr viel über den Flughafen Wien und die Flughafen Wien Betriebsgesellschaft gehört. Der Eindruck, der sich verfestigt, ist, daß es sich hierbei um ein Unternehmen handelt, bei dem – in Abwandlung eines bekannten Sprichwortes – alles, was gut ist, auch teuer sein muß. Luxus pur!

Aber nicht nur Luxus pur bezüglich Kosten für Bauvorhaben, sondern auch was zum Beispiel die Tarife am Flughafen betrifft. Tatsache ist – dazu braucht man weder einen Rechnungshofbericht noch ein sonstiges Gutachten –, daß das Tarifniveau des Flughafens Wien im Spitzenfeld der internationalen Flughäfen liegt und daß das unter anderem immer wieder mit den verhältnismäßig hohen Kosten begründet wird. Angesichts der jetzt aufgetretenen oder ans Tageslicht gekommenen Mißstände kann man wohl sagen: Wen wundert’s?

Eine praktisch nicht vorhandene Konkurrenzsituation für den Flughafen Wien ermöglicht es, daß kein Druck auf die bestehenden Tarifkosten ausgeübt wird. Wir haben es also hier mit einer an sich geschützten Tarifpolitik zu tun, die meines Erachtens schon eine Änderung erfahren und angesichts zunehmender Liberalisierungstendenzen, die eben einen Übergang zu mehr Wettbewerb erwarten lassen, mit mehr Wettbewerbsfähigkeit in Einklang gebracht werden muß. – Dies auf der einen Seite.

Auf der anderen Seite haben wir die hohen und satten Gewinne, die der Flughafen immer wieder einfahren kann. Die Nettoerlöse aus dem Luftverkehr und sonstigen Leistungen sind recht beachtlich. Von 1986 bis 1994 sind sie von 1,4 Milliarden Schilling um rund 140 Prozent auf 3,3 Milliarden Schilling gestiegen. Also recht beachtlich!

Ich halte aber trotzdem noch einmal fest: Wir haben es hier mit einem mehrheitlich öffentlichen Unternehmen zu tun, bei dem als Eigentümervertreter der Republik der Herr Finanzminister fungiert, der diesen Mißständen, von denen er Kenntnis gehabt haben mußte und auf die er nicht erst jetzt durch einen Rechnungshofbericht oder ein Ziviltechnikergutachten aufmerksam gemacht werden mußte, jahrelang tatenlos zugesehen hat. Überdies gibt es da auch noch die schon mehrfach erwähnten zwei Vorstandsdirektoren, den einen von der SPÖ und den anderen von der ÖVP, die sich jetzt so elegant – wie man ja gestern der Fernsehsendung entnehmen konnte – der Verantwortung entziehen.

Aber da haben wir natürlich dann noch eine Person und auch die sei nochmals erwähnt, nämlich den Präsidenten des Aufsichtsrates und Vertreter des Finanzministeriums im Aufsichtsrat, Herrn Sektionschef Nolz, der keine unbekannte Persönlichkeit ist, da er auch der Autor des Sparpakets ist, und der tatsächlich gestern vor laufender Kamera erklärt hat, daß bei dieser Geldverschwendung – wie sie gestern ja auch medial bezeichnet wurde und nicht nur ausschließlich von uns – beim Flughafen Wien kein Schaden für den Steuerzahler entstanden sei.

Natürlich ist ein Schaden für den Steuerzahler entstanden, denn wenn die satten Gewinne, die man erzielt hat, großzügig in Form von Bauvorhaben weggewirtschaftet werden, ergibt sich sachgemäß eine indirekte Linie zum Steuerzahler. Hätte nämlich die Flughafen Betriebsgesellschaft das Geld, das sie erwirtschaftet hat, nicht so hemmungslos wieder ausgegeben, dann hätte sie natürlich dementsprechend mehr Steuern gezahlt. Es hätte auch die Flughafen BetriebsgesmbH höhere Dividenden an das Land Wien, an Niederösterreich, an den Bund und an die Privataktionäre ausschütten können. Aber das interessiert offensichtlich die Hauptverantwortlichen und den Hauptverursacher des Sparpakets genausowenig wie unseren Herrn Bundesminister – der offensichtlich immer noch sehr müde ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Anzeichen und Hinweise hätte es ja genug gegeben, daß da etwas nicht stimmen kann und daß es da nicht so läuft, wie es laufen sollte, denn bei näherer Betrachtung entpuppt sich diese Flughafengesellschaft schon eher als ein Schlaraffenland der Geldvernichtung. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da gibt es schon – dazu braucht man gar keinen Rechnungshofbericht – kuriose Erscheinungen. Konzentrieren wir uns einmal auf die Investionsplanung. Sie selbst, Herr Minister, haben von einem Baufachbeirat gesprochen, dessen Aufgabe es ist, soweit ich richtig informiert bin,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 122

dem Vorstand in Fragen Neu- und Zubauten, Umbauten, Bauvorhaben und dergleichen als beratendes Gremium zur Seite zu stehen. Es stellt sich aber schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit, wenn für einzelne Vorhaben diesem Baufachbeirat zumeist eher kurz und prägnant gehaltene Projektbeschreibungen vorgelegt werden, möglicherweise noch dazu mit der Bitte versehen, dem Aufsichtsrat oder der Geschäftsführung das geplante Projekt zu empfehlen. Wenn dann vielleicht möglicherweise zu diesem Zeitpunkt auch schon Ausschreibungen erfolgt sind, dann muß man sich schon die Frage stellen, wie sinnhaft oder wie wichtig dieser Baufachbeirat ist und welche Aufgabe er tatsächlich hat.

Aber auch einige Bemerkungen zu den Schätzkosten, die heute schon mehrmals angesprochen wurden und auch in den Medien zur Diskussion gekommen sind. Wir haben es da mit Schätzkosten zu tun, die vom Aufsichtsrat genehmigt wurden, mehrmals aufgestockt und angepaßt und natürlich auch jeweils genehmigt wurden. Wie das läuft, das weiß man ja: indem einfach Nachtragsgenehmigungen bewilligt werden, um so quasi den fiskalischen Rahmen, den man sich selbst gesteckt hat, dann, wenn man ihn nicht mehr einhalten kann, wenn man über diesen hinauskommt, zu vergrößern. Dann kann man nämlich immer noch argumentieren, man hätte die Kosten nicht überschritten. Das ist eigentlich eine Milchmädchenrechnung: Wenn man mit dem Geld nicht mehr auskommt, dann genehmigt man sich mehr Geld, damit man wieder sagen kann, man hätte mehr zur Verfügung. Dann kann man nach außen hin immer noch sagen, man wäre innerhalb des Kostenrahmens geblieben. Das ist an sich relativ leicht durchschaubar.

Der öffentlichen Berichterstattung kann man des weiteren entnehmen, daß die Vorstellungen über die Größenordnung der einzelnen Projekte mit den tatsächlichen und vorgelegten Projektsummen, die zum Einsatz gekommen beziehungsweise zur Genehmigung vorgelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Es ist der heutigen Ausgabe des "Kurier" zu entnehmen und war auch im gestrigen "Report" zu hören, daß sich die erste Annahme im September 1988 noch auf 343 Millionen Schilling belaufen und das dann durch sukzessive Aufstockung im September 1992 bereits über 750 Millionen Schilling betragen hat.

Noch ein Wort zu Ihnen, Herr Bundesminister. Sie haben auch von den Sachverständigen bei der Bauaufsicht gesprochen, ich muß leider darauf noch einmal zurückkommen. Ich meine, es ist auch bedenklich – und man sollte sich auch dieser Frage in weiterer Folge noch intensiv widmen –, wenn zum Beispiel die Bauaufsicht durch Sachverständige bei einigen Bauvorhaben genau an jene Büros und Firmen übertragen wird, die bereits beim Entwurf und bei der Planung dafür zuständig waren. Das ist, glaube ich, eine Sache, die sehr hinterfragungswürdig ist.

Daß da Ausschreibungen getätigt wurden, die kaum zu einer Bestpreisfindung geführt haben, ist auch schon mehrmals angesprochen worden. Wenn zum Beispiel Regieleistungen von 26 Millionen Schilling auf 49 Millionen Schilling angestiegen sind, dann weist das schon darauf hin, daß da eine unzureichende Ausschreibung stattgefunden hat, die der tatsächlichen Ausführung nicht entspricht.

Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf all diese Fragen und auf noch viel mehr wird sicher in Zukunft Bedacht genommen werden müssen beziehungsweise werden Antworten gefunden werden müssen – gerade von Ihnen, Herr Minister. Jetzt, wo diese Mißstände, dieses Planungschaos und dieser lockere und verschwenderische Umgang mit Steuergeld – und das ist es letztlich: Steuergeld – ans Tageslicht kommen, werden Sie Antworten geben müssen, und zwar im Sinne der und in Verantwortung für die Bevölkerung, die Sie und Ihre Regierung ständig durch Sparpakete zur Kasse bitten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.16

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Geldvernichtung durch nachlässige Bauführung der öffentlichen Hand oder halböffentlichen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 123

Hand hat schon Methode in Österreich. Auch dieser Bauskandal in Schwechat reiht sich förmlich nahtlos an die großen Bauskandale, die es in Österreich schon gegeben hat: AKH, Technische Universität, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Universität, Bundesamtsgebäude. Nahezu bei allen öffentlichen Gebäuden hat es riesige Baukostenüberschreitungen gegeben. Bei der Technischen Universität im 4. Bezirk gab es, soweit ich mich erinnern kann, eine zehnfache Baukostenüberschreitung. Überall ist das Strickmuster gleich, Herr Minister! Überall ist nämlich die Schlußrechnung um das Mehrfache höher als das Angebot, es gibt meistens eine zu lange Dauer der Bauführung, und es gibt eine mangelnde Kontrolle. Daraus ersieht man, daß überhaupt nichts gelernt worden ist.

Es hat der Direktor der Flughafen BetriebsgesmbH gesagt, er habe etwas gelernt. Na gut, dazu kann man ihm zwar gratulieren, daß er es endlich geschafft hat, etwas zu lernen, aber die Kosten, die dieser Lernprozeß verursacht hat, sind sicher nicht damit zu rechtfertigen.

Sehr geehrter Herr Minister Klima! Ich wundere mich eigentlich nicht darüber, daß Sie müde sind und daß Sie bei der heutigen Debatte gähnen, denn es muß für einen Sozialisten eigentlich schon langweilig sein, immer wieder von Skandalen zu hören, die sich im sozialistischen Einflußbereich abspielen. Aber ich wundere mich wirklich über Ihre Lockerheit, über Ihre Lässigkeit, mit der Sie hinnehmen, daß bei der Flughafen Wien AG, mindestens 300 Millionen Schilling verschleudert worden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei den Behinderten rennen Sie jedem Schilling nach, da schrecken Sie überhaupt nicht davor zurück, die Ärmsten der Armen in Österreich zu schröpfen, aber bei solchen Skandalen sitzen Sie lässig da – ich habe gesehen, welche Körpersprache Sie gehabt haben, als mein Kollege Stadler aufgezeigt hat, welcher volkswirtschaftliche Schaden durch diese nachlässige Bauführung entsteht – und finden überhaupt nichts dabei, statt zu sagen: Wir werden dieser Sache sofort nachgehen! Ihnen von der ÖVP mache ich denselben Vorwurf. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Klima. )

Ich bin Ihnen schon bös’, muß ich sagen. Sie hatten zwei Ihrer Mitarbeiter im Aufsichtsrat. (Bundesminister Mag. Klima: Machen Sie den Herrn Böhmdorfer verantwortlich?) Ich komme auf den Herrn Böhmdorfer auch noch zu sprechen.

Ihnen von der ÖVP, die Sie so großzügig lächeln über diese "läppischen" 300 Millionen Schilling, über die sich die Freiheitlichen aufregen, möchte ich schon sagen: Mir ist es eigentlich unerklärlich, wieso Sie da überhaupt keinen Grund sehen, etwas aufzuklären, wieso Sie da noch zudecken, den Sozialisten zur Seite springen und mit ihnen wieder einmal gemeinsame Sache machen. Ich glaube nicht, daß die Österreicher dafür Verständnis haben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist nicht untypisch, wie sich die Geschäftsleitung der Flughafen BetriebsgesmbH verhalten hat. (Bundesminister Mag. Klima: AG!) Das ist Ihnen wichtig, Herr Minister. Ich habe nicht gehört, daß Sie ein einziges Mal, als es um die Vorwürfe gegangen ist, einen Zwischenruf gemacht hätten. Aber welche Rechtsform die Gesellschaft hat, das ist Ihnen wichtig. (Bundesminister Mag. Klima: Das ist ein wesentlicher Unterschied!) Lassen Sie mich zu Ende reden! Sie haben jederzeit die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden, Herr Minister. Ich habe eine beschränkte Redezeit. Lassen Sie mich meinen Teil auch sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht untypisch ist, wie die Geschäftsleitung reagiert hat. Da ist sofort gemauert und angepatzt worden; die Freiheitlichen sind wieder einmal angepatzt worden. Es hat geheißen, das sei ein Polit-Torpedo gegen den neuen Pier und die Freiheitlichen wollten die ganze Sache wieder in den Dreck ziehen. – Dieses Mauern kennen wir ja auch schon. Dort sitzen nämlich Politbonzen, die von Rot und Schwarz eingesetzt worden sind. Deshalb wird ja von politischer Seite so vehement gemauert. Diese Politbonzen, die dort sitzen, sind es offensichtlich gewohnt, so großzügig mit den Geldern, die sie zur Verfügung haben, umzugehen, daß sie ganz gereizt reagieren, wenn es jemand wagt, sie zur Verantwortung zu ziehen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 124

Mich stört wirklich sehr, daß diese Leute gedeckt werden: von Ihnen, Herr Minister, von der SPÖ und von der ÖVP.

Ich muß ehrlich sagen: Mich hat das, was Herr Abgeordneter Parnigoni hier gesagt hat, eigentlich sehr geschockt. Er hat sich nämlich erdreistet, zu sagen: Sie werden jetzt einmal überlegen, eine Disziplinaranzeige gegen das Aufsichtsratsmitglied Dr. Böhmdorfer, der der Freiheitlichen Partei ... (Abg. Parnigoni: Das habe ich nicht gesagt! Ordentlich zuhören!) Na klar haben Sie das gesagt! Ich habe mitgeschrieben, Herr Parnigoni. (Abg. Parnigoni: Ich habe gesagt, die Rechtsanwaltskammer soll prüfen!) Sie haben auch gesagt, Sie werden überprüfen, ob Sie nicht eine Klage wegen Kreditschädigung einbringen werden. Das ist Ihnen das Allerwichtigste! Es ist Ihnen nicht wichtig, daß Mißstände aufgezeigt werden. Ihnen als Volksvertreter ... (Abg. Parnigoni: Seien Sie nicht nervös, Frau Staatsanwalt!) Ich bin überhaupt nicht nervös! Erstens bin ich kein Staatsanwalt, zweitens bin ich überhaupt nicht nervös, sondern ich stehe hier als Abgeordnete der Freiheitlichen ... (Abg. Parnigoni: Warum regen Sie sich denn dann so auf?) Ich rege mich deshalb so auf, weil ich überhaupt nicht begreifen kann, daß Sie als Volksvertreter, der jetzt mitansehen muß, wie den Staatsbürgern, vor allem den Familien, den Frauen und den Behinderten in die Tasche gegriffen wird, nichts dabei finden, daß da 300 Millionen Schilling ganz einfach den Bach, besser die Donau hinunterschwimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber mir ist schon klar, was Sie mit der Androhung von Disziplinaranzeigen, von Klagen wegen Kreditschädigung erreichen wollen: Sie wollen erreichen, daß wir mundtot gemacht werden, daß über die ganz Sache überhaupt nicht mehr geredet wird. Das wäre Ihnen am allerangenehmsten. Die ÖVP zieht sich genauso wie die SPÖ auf Formalstandpunkte zurück. – Wir werden dann diskutieren, wenn es einen Bericht gibt, heißt es von seiten der ÖVP.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder, der lange Zeit im Parlament ist, weiß genau, wie Sie diskutieren wollen. Sie wollen nämlich nie über Mißstände diskutieren. Wir haben es ja erlebt: Bei der Einsetzung des Lucona-Untersuchungsausschusses mußten die beiden Oppositionsparteien – das waren damals die Grünen und die Freiheitlichen – sieben mal einen Antrag stellen, damit Sie von SPÖ und ÖVP endlich bereit waren, diesem Untersuchungsausschuß stattzugeben. Beim Noricum-Untersuchungsausschuß hat es sich genauso verhalten. Also Ihr Bedürfnis nach Aufklärung von Mißständen im Parlament ist so gering, daß man es schon als null bezeichnen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Kaufmann! Sie rühmen da, daß die Flughafen Wien AG 8 Millionen Passagiere befördert. – Ja es wäre doch das allertraurigste, wenn dieser Laden auch noch hohe Defizite machen würde, wenn die ganze Welt im Reiseverkehr boomt. Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, daß sie wenigstens ihre Geschäftstätigkeit, ihre Reise- und Transporttätigkeit durchführt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mich an dieser Sache noch ganz besonders erzürnt, ist der Umstand, daß die Flughafen Wien AG für wichtige Dinge kein Geld hat, beispielsweise dafür, Lärmschutzanlagen für die Bürger, die in der Nähe des Flughafens Wien-Schwechat wohnen, wirklich ungeheuer gestört werden, zu errichten. Es war nie Geld dafür da, daß – das wissen Sie vielleicht nicht, Herr Bundesminister – beispielsweise die Beamten der Grenzkontrolle eine ordentliche Unterkunft bekommen. Dafür hat sich der Herr Innenminister Löschnak damals sogar noch eingesetzt. Die Beamten dort mußten damals unter wirklich katastrophalen Umständen arbeiten. Dafür war niemals Geld da. Die Beamten dort mußten damals in wirklich unwürdigen Kojen arbeiten. Sie müssen es auch jetzt noch.

Aber nun werden da plötzlich Hunderte Millionen Schilling verschleudert, ohne daß irgend jemand auch nur findet, daß man darüber reden sollte. Da sagen Sie uns noch, wir dürfen darüber nicht reden, sobald wir das erfahren? Ich glaube, es ist doch wirklich die Aufgabe von Volksvertretern, sobald sie von solchen Mißständen erfahren, es dort, wo die Verantwortlichen sitzen, auch zur Sprache zu bringen.

Herr Minister! Sie hatten zwei Beamte im Aufsichtsrat sitzen. Ich kann mir schon vorstellen, Ihnen würde es passen, wenn wir dieselbe Lässigkeit wie Sie an den Tag legen und sagen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 125

würden: Uns ist das auch egal! Wir lehnen uns zurück! Schauen wir uns das halt einmal an! Sie versuchen auch, die Dinge mit Absicht zu verdrehen, weil Sie über die Sache nicht reden wollen. So sagte zum Beispiel Herr Parnigoni, die Freiheitlichen monieren, daß die Politik in die Geschäftsführung nicht eingreift. Das hat Herr Parnigoni gesagt. Das ist doch ein bewußtes Verdrehen unserer Worte und unserer Intentionen! Wir wollen eben nicht, daß die Politik in die Geschäfte eingreift. Aber wenn es schon Unternehmen im staatlichen Bereich oder im halbstaatlichen Bereich gibt, dann sollen zumindest diejenigen, die dafür verantwortlich sind, schauen, daß dort alles mit rechten Dingen zugeht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Ich werde Ihnen sagen, was wir wollen: Wir wollen ordentliche Verhältnisse. Wir wollen, daß bei der Bauführung ordentlich kontrolliert wird. Wir wollen, daß ordentlich ausgeschrieben wird. Wir wollen, daß nichts verschwendet wird. So einfach ist das, was wir wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen, daß es endlich einmal eine öffentliche Bauführung gibt, bei welcher Sozialisten in irgendwelche Korruptionen, Mißstände oder Geldverschwendungen nicht miteingebunden sind.

Herr Parnigoni! Es ist wirklich nicht sehr schwer, was wir als Volksvertreter wollen. Wir gehören nämlich nicht zu jenen, die zuschauen, wie den Staatsbürgern – den Familien, den Studenten, den Behinderten, den Beamten – das Geld aus der Tasche gezogen wird, und die die Augen zumachen, wenn auf der anderen Seite das Geld verpulvert wird. Das können Sie auf keinen Fall von uns erreichen – trotz all Ihrer Drohungen nicht, Herr Parnigoni! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Schöll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.27

Abgeordneter Hans Schöll (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe schon, daß es für unseren Finanzminister heute ein bisserl langweilig wird, wenn er sich hier ständig diese rot-schwarze Sündenmühle anhören muß, obwohl er uns erst in den frühen Morgenstunden gesagt hat, wir werden alles besser machen, wir werden das Geld nicht verschleudern, wir sollen mehr sparen, wir müssen mehr einzahlen. Und jetzt das! Ich verstehe schon, daß das ermüdend ist, daß einem das auf die Nerven geht, und wenn dann noch einer da herauskommt und sagt, und das Ganze geschieht auf dem Buckel der Steuerzahler, dann verstehe ich, daß das wirklich unangenehm ist, Herr Minister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines ist natürlich sicher, auch wenn man da jetzt des langen und breiten sagt, die Republik habe schon Anteile verkauft: Die Mehrheit liegt nach wie vor bei der öffentlichen Hand. Doch da vermissen wir Freiheitlichen eben die Vorbildfunktion; diese fehlt unserer Ansicht nach. Es ist natürlich an einem Tag wie dem heutigen äußerst unangenehm, ein solch negatives Vorbild von der öffentlichen Hand präsentiert zu bekommen, an einem Tag, an dem man dem Steuerzahler sagen muß: Liebe Freunde, Ihr müßt da und dort – wir haben uns ja all die Erhöhungen heute mit anhören müssen – mehr zahlen und den Gürtel enger schnallen! – Das ist wirklich lausig, Herr Minister! Sie haben mein Mitgefühl. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weil die Kollegen gesagt haben: Was kritisiert ihr denn da eigentlich? – Wir haben es ja gestern im Fernsehen gehört, wir haben es in anderen Medien lesen können: Verschwendung, Schlamperei, freihändige Vergaben. Es ist immer dasselbe Umfeld: ob bei der A 4, bei der Ost Autobahn, beim Donauschiff "Mozart", bei der DDSG oder beim Verkehrsbüro. Autobahngesellschaften wurden erwähnt, völlig zu Recht. Es ist immer dasselbe Bild, meine Damen und Herren!

Es ist natürlich noch eines offen: Die tatsächlichen Abrechnungen stehen aus. Keiner von uns kann sagen, ob diese nicht noch viel schlimmer ausfallen werden, als es im Moment diskutiert wird.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 126

Weil Kollege Höchtl gesagt hat: Ja was macht ihr denn dann, ihr Abgeordneten von den Freiheitlichen, wenn sich einmal herausstellen würde, daß ihr unrecht habt, daß der ORF unrecht hat, daß die Zeitungen unrecht haben, denn es hat ja gar nicht so viel ausgemacht? Lieber Kollege Höchtl! Ich würde Ihnen dann sagen: Das wäre ein Wunder! Und dann hätten Sie das Glück, daß Ihre drei Aktien womöglich wesentlich mehr wert wären, weil sie dann steigen würden, weil die Bevölkerung dann noch viel mehr Vertrauen in diese Gesellschaft haben würde.

Auf der anderen Seite frage ich mich: Was wird denn Christopher Reilly, der Kleinaktionärsvertreter, dazu sagen, der den Investmentfonds zu vertreten hat? Wird ihm recht sein, wie der Baufachbeirat da agiert hat? Herr Minister Klima hat gesagt: Die AG ist vorbildlich auf der Börse eingeführt worden. Da gebe ich ihm schon recht! Aber wie geht es jetzt weiter? Ist es vorbildlich, wenn man den Aktionären eines Tages definitiv sagen wird müssen: Liebe Freunde, es hat tatsächlich viel mehr gekostet, als notwendig war! Wir hätten mit den Geldern auch anderes machen können – wie heute schon erwähnt wurde –, zum Beispiel Umweltförderungen tätigen.

Wir haben einmal im Verkehrsausschuß darüber diskutiert, Herr Bundesminister, daß Umweltmaßnahmen durchaus am Platze wären. Ich kann mich noch daran erinnern, daß Sie mir sogar recht gegeben haben, als ich gesagt habe, es wäre vielleicht ganz gut, einen gesamtösterreichischen Flächenwidmungskataster auf die Beine zu stellen, damit man von Haus aus klar festlegen kann, wo es zu Ruhestörungen der Anrainer, wo es zu Lärmbelästigungen, wo es zu Immissionen et cetera kommen könnte. Dieser ist aber leider noch nicht fertig. Wir haben uns schon einmal vor längerer Zeit – und jetzt immer öfter – mit dieser Situation beschäftigt.

Kollegin Partik-Pablé hat es vorhin schon erwähnt: Man hätte dieses Geld – wenn man es schon ausgeben will – viel sinnvoller einsetzen können! Dessen bin ich ganz sicher.

Es gibt natürlich Leute, die heute den Eindruck haben, bei diesem Bauvorhaben in Schwechat wurde gewirtschaftet, als ob das Geld abgeschafft worden wäre. Das ist berechtigt, wenn sich Hunderte Millionen in Nichts auflösen! Man rühmt sich aber noch und sagt hier heraußen: Bitte, seid’s nicht nervös! Die Halle ist sehr schön, die Beleuchtung ist schön. Daneben aber gäbe es auch eine ganze Menge anderer Mängel, die man aufzeigen kann.

Ich höre immer wieder von den Touristen, die unseren Flughafen benützen, Kritik. Warum wurden bei den Flugsteigen A und B nicht endlich Rolltreppen gebaut, wie es international Norm und üblich ist? Die Leute können brav ihre Koffer schleppen, weil sie die Wagerln ohnedies nicht kriegen. Und wenn sie sie bekommen, dann müssen sie dafür noch zahlen. Das sind die Fehler! Darüber hätte man nachdenken können, wenn einem der Tourismus wirklich am Herzen liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist immer wieder dieselbe Situation, ich denke da nur an den Präsidenten des Aufsichtsrates Nolz: Verschwendungen in seinem Umfeld, Schlampereien, freihändige Vergaben, Kostenexplosionen, längere Bauzeiten. Ich war entsetzt, als ich gestern diesen Bericht im Fernsehen miterleben mußte! Es ist immer wieder dasselbe! Nur zieht man offenbar keine Konsequenzen. Die Bauvorhaben werden immer teurer, es gibt mangelnde Kalkulationen, falsche Einschätzungen, keine ausreichende Planung, und teilweise wendet man nicht einmal die ÖNORM an.

Was ist denn das für ein Wirtschaften, meine sehr geehrten Damen und Herren? Herr Bundesminister! Da können Sie doch nicht einfach zuschauen! Sie müßten meiner Meinung nach dringend eingreifen, wenn Sie verlangen, daß die Bevölkerung mehr Steuern aufbringen soll und daß mehr gespart werden soll, denn sonst geht das Ganze ins Leere! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß den Damen und Herren noch folgendes sagen: Als Parlamentarier fühlen wir uns sehr stark vernachlässigt. Die Medienzaren haben die Informationen bekommen. Ich muß das Ganze aus Fernsehberichten und Zeitungsberichten zur Kenntnis nehmen! Und es gibt noch Herrschaften, die sagen: Wie kann man darüber diskutieren, warten wir doch ab, bis sich der Rechnungshof damit beschäftigt!


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 127

Wer in der letzten Legislaturperiode dem Rechnungshofausschuß angehört hat, der weiß, daß vieles, was dort in mühsamer, stundenlanger Arbeit geleistet wurde, den Bach hinuntergegangen ist! Darüber ist nicht einmal hier im Hohen Haus diskutiert worden, obwohl wir das mehrmals urgiert haben. Und das ist bedauerlich! Heute reden Sie sich darauf aus, daß der Rechnungshof eines Tages schon seine Meinung sozusagen kundtun, den Fall endgültig abschließen wird. Das sind simple und nichtige Ausreden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann wird der Übeltäter gesucht. Der Übeltäter ist natürlich nicht unter den Verantwortlichen zu suchen, sondern es wird gefragt: Ja wo kann denn hier das undichte Netz sein? Wer kann denn das dem ORF mitgeteilt haben? Oder: Woher weiß denn das der "Kurier" oder die anderen Tageszeitungen? – Das bewegt die Damen und Herren von der rot-schwarzen Koalition! Aber sie beschäftigen sich keineswegs damit, wie man diese Dinge endlich abstellen kann, wie wir es in den letzten Jahren immer wieder bei allen Skandalen, mit denen wir uns hier befassen mußten, verlangt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dafür ist der österreichische Steuerzahler in den Händen von Nolz und Schmelz, und er muß sich dann noch von Nolz das Sparpaket schnüren lassen, das er dann als Rucksack umhängen hat. Und derselbe DDr. Nolz sitzt dort als Aufsichtsratspräsident und läßt geschehen, daß Hunderte Millionen – vielleicht sind es noch mehr; ich bin da eher pessimistisch, wenn ich daran denke, mit welchen Skandalen wir uns befassen mußten – verschwendet werden. Vielleicht sind es noch mehr, die Endabrechnung steht ja noch aus. Aber man hat natürlich schon voreilig etliche Beträge an Architekten et cetera ausbezahlt. Wozu, frage ich mich. – Normalerweise sollte man einmal die Leistung gründlich kontrollieren, schauen ob die Arbeiten qualifiziert sind und ob das mit dem übereinstimmt, was man dann als Bauherr übernehmen kann. Und wenn man der Meinung ist, die Preise sind unangemessen hoch, auch wenn sie sich vorher in einem unangemessen hohen Rahmen bewegt haben, den man sich im Aufsichtsrat so hoch gesteckt hat, dann muß der Rotstift einsetzen, wie bei jedem anderen Bauvorhaben, bei dem öffentliche Gelder im Spiel sind. Das ist bestimmt der einzig richtige Weg.

Dr. Schüssel hat vor wenigen Tagen gesagt, man sollte das Ganze im Auge behalten, und er hat auch betont, daß man das Notwendige rasch tun sollte. Heute vertritt die ÖVP nicht diese Meinung, daß man das Notwendige rasch tun soll! Heute redet man sich darauf aus und sagt: Warten wir einmal ab, das ist ja ein Rohbericht, der kann doch nicht öffentlich diskutiert werden, wir wissen gar nicht, wie es dazu kommt. Wo bleibt da das rasche Handeln? Vielleicht können Sie das Ihrem Dr. Schüssel mit freundlichen Grüßen ausrichten. Das wäre vielleicht, um ihn beim Wort zu nehmen, einmal eine gute Tat.

Wir Freiheitlichen können uns dieser Systematik keineswegs anschließen. Wir sagen immer nein, wenn es um Geldvernichtung geht. Wir sagen nein, wenn es um Verschleierungen geht, und wir sagen auch nein, wenn es um’s Vertuschen und um das Pflanzen von Bürgern geht. Und darum handelt es sich heute! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sagen aber auch nein, Herr Bundesminister, wenn es um die Ausbeutung der Bürger geht. Auf der einen Seite wollen Sie jetzt das Geld von den Bürgern haben, und auf der anderen Seite schauen Sie hier gelassen zu – oder Sie sind schon müde –, wenn derart viel Geld vergeudet wird. Da sollten Sie handeln, Herr Bundesminister! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zu den vielen Rechnungshofberichten, die in letzter Zeit im Plenum leider nicht diskutiert wurden, obwohl sie im Ausschuß behandelt wurden. Es geht immer wieder um dieselben Fakten: Es geht um Fehlbesetzungen, um Vergeudungen, um Verschleuderungen. Gott sei Dank für manche hier im Hause – Sie sind sicherlich erleichtert darüber – ist das bis jetzt nicht diskutiert worden. Wir haben allerdings verlangt, daß diese Arbeit nicht umsonst war, daß das schon wegen der Vorbildwirkung für die Bevölkerung sehr rasch hier ins Plenum gebracht werden muß. Und wir werden mit unserer Forderung nicht nachlassen.

Wir werden Ihnen solange den Spiegel vor’s Gesicht halten, bis Sie endlich einsehen, daß ein Ende sein muß mit diesem ständigen Verprassen von Steuermitteln! Wir werden solange diese


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 128

Ungeheuerlichkeiten aufzeigen, wie wir sie in den letzten Jahren leider immer wieder hier im Plenum, nicht nur im Rechnungshofausschuß – es wird ja hier im Plenum auch immer wieder eine Menge von Skandalen aufgezeigt –, erlebt haben, bis sie abgestellt sind.

Und wer hier glaubt, mit Vertuschen komme er weiter, dem kann ich nur sagen: Früher oder später wird den Bürgerinnen und Bürgern zweifelsohne klar werden, daß sie mit solch einer Regierung, die solche Maßnahmen setzt, nicht die richtige Vertretung haben, und sie werden Sie alle abwählen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte, Sie haben das Wort.

19.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich teile im übrigen nicht die Meinung, Herr Bundesminister, daß Sie schläfrig dieser Debatte folgen. Ich glaube, Sie träumen schon vom morgigen Fußballspiel, dem Sie, wie ich gehört beziehungsweise der Zeitung entnommen habe, beiwohnen werden.

Ich nehme auch an, diese Materie wird eine für Sie etwas angenehmere sein, nichtsdestotrotz, glaube ich, müssen Sie es sich gefallen lassen, daß die Freiheitlichen hier Mißstände aufzeigen. Es ist offensichtlich mit HTM, DDSG, "Konsum" nicht genug, mit AMAG nicht genug, mit der Ost Autobahn nicht genug, es bedarf noch einer Halle Süd der Flughafen Wien AG, die es immerhin geschafft hat, eine Kostensteigerung von voraussichtlich – ein Endabrechnungsbetrag liegt noch nicht vor – etwas mehr als 100 Prozent, nämlich von 343 Millionen Schilling auf stolze 755 Millionen Schilling, mit sich zu bringen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Belastungspaket, das heute der Bevölkerung zugemutet wird, steht dem gegenüber. Damit belastet man die Bevölkerung, das mutet man dem Bürger zu.

In dieser Situation kommt ein weiterer Skandal zutage. Die Regierungsparteien versuchen dies unter den Teppich zu kehren, als wäre überhaupt nichts geschehen. Es findet eine Täter-Opfer-Umkehr statt. Woher haben die "bösen" Freiheitlichen diese Unterlagen? Das ist für Sie wesentlich und wichtig. Sie fragen nicht, wie man diesen Mißstand, der hier aufgezeigt wurde, tatsächlich beseitigen kann, wie wir es bewerkstelligen können, daß das in Zukunft nicht mehr passiert. Aber es haben ja schon etliche meiner Vorredner festgestellt, daß Sie das nicht wollen. Sie können nicht und wollen nicht. Und daher ist es wahrscheinlich auch gut und richtig, anzunehmen, daß Ihnen das tatsächlich kein Kopfzerbrechen macht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dr. Nolz, der für das Belastungspaket oder zumindest für den Spagat, der herumgeschnürt wird, verantwortlich zeichnet und in hohem Maße mitverantwortlich war, was den Inhalt dieses Belastungspaketes anlangt, ist als Aufsichtsratspräsident jener Mann, der die Geschicke der Flughafen Wien AG leiten soll.

Wenn ich mir jetzt die Wortmeldung des Kollegen Wurmitzer in Erinnerung rufe, so, muß ich sagen, ist das offensichtlich nur eine kleine Nachjustierung, die in vielen Bereichen stattgefunden hat. Es wird gesprochen von fehlenden Terminplänen – ich nehme an, eine Nachjustierung –, von fehlenden Bauzeitplänen, eine Nachjustierung – von fehlenden Teilleistungen, eine Nachjustierung. Das heißt also, es geht das sogar so weit, daß im Grunde genommen eine völlig unzureichende und unkorrekte Bedarfsermittlung stattgefunden hat, die letztlich zu einer Erweiterung der Planungsaufgaben von mehr als 40 Prozent geführt hat.

Der Kostenanstieg von ursprünglich 343 Millionen Schilling um immerhin stolze 412 Millionen Schilling wurde nicht abgerechnet – eine Nachjustierung laut Kollegen Wurmitzer. Es wurden die Vergaberichtlinien verletzt. Es wurden höhere Honorare zur Auszahlung gebracht. Im Bereich der Haustechnik gibt es eine Nachjustierung in Höhe von mehr als 11 Millionen Schilling, beim


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 129

Architekten eine Nachjustierung in Höhe von mehr als 5 Millionen Schilling – 5 Millionen Schilling über den Honorar-Richtlinien beziehungsweise der Gebührenordnungen!

Lassen Sie mich – das sei mir gestattet – einen Vergleich anstellen. In Zeiten wie diesen wird von einer "Kindergartenmilliarde" gesprochen. Wie dem Budgetentwurf zu entnehmen ist, wurde da eine Kürzung vorgenommen. Der Betrag soll sich angeblich auf 600 Millionen Schilling belaufen. Dem gegenüber steht eine Mehrausgabe, eine Nachjustierung in Höhe von über 400 Millionen Schilling.

Aber man kann dies nicht eindeutig dem Bereich Kindergarten zuordnen, selbstverständlich können wir auch den Bereich der Behinderten hernehmen, die Sie heute belasten, damit spreche ich die Damen und Herren von der großen Koalition an. Und Sie muten den Bürgern und natürlich auch uns Freiheitlichen zu, daß wir zur Tagesordnung übergehen und darüber nicht sprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe davon aus, daß Sie sehr wohl wissen, was freihändige Vergabe bedeutet. Das heißt, es findet eine Vergabe statt, ohne eine korrekte Massenermittlung vorgenommen zu haben und – das ist das Entscheidende – ohne eine Einheitspreisfeststellung gemacht zu haben. Das heißt, mißbräuchliche Verwendung von viel Geld, das sehr wohl dem Steuerzahler und dem Bürger entzogen wird, weil Dividenden in geringerem Maße zur Ausschüttung kommen. Der Staat hat geringere Einnahmen zu verzeichnen, und all die Mehrbelastungen muten Sie dem Bürger zu.

Es stört Sie nicht, daß dem Tür und Tor geöffnet ist. Es wird eine Täter-Opfer-Umkehr gemacht, und das hat Kollege Parnigoni sehr gut versucht. Er ist inhaltlich auf diese dringliche Anfrage nicht eingegangen, er hat sie einfach als "provoziertes Theater" bezeichnet. Über 400 Millionen Schilling Mehrausgaben, die auf sehr unverständliche Art und Weise getätigt wurden, sind ein "Polit-Theater"!

Ich frage tatsächlich, ob es angebracht war, daß Herr Kollege Parnigoni die Drohung mit dem Staatsanwalt in den Mund genommen und von Disziplinierungsmaßnahmen gesprochen hat. Ist das der Weg, den Sie weitergehen wollen? Ich weiß, Sie haben Erfahrung auf diesem Gebiet, ich weiß, Sie bewegen sich seit langer Zeit auf diesem Gebiet. Aber wir Freiheitlichen, sehr geehrte Damen und Herren, werden uns dafür einsetzen, daß Sie diesen Weg in dieser Form, wie Sie es offensichtlich seit nunmehr fast 26 Jahren gewohnt sind, nicht weitergehen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden all diese Mißstände aufdecken. Herr Kollege Höchtl hat von einer guten Bilanz, von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung gesprochen, und er hat auch tatsächlich dazugesagt, er wünsche sich mehrere derartige Unternehmungen, das heißt Unternehmungen, die Profit abwerfen. – Dem habe ich nur hinzuzufügen, es wäre auch nichts gegen eine höhere Ausschüttung einer Dividende einzuwenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es kann doch nicht der Mißbrauch von Geld der öffentlichen Hand hiemit gerechtfertigt werden, daß man sagt: Es ist alles in bester Ordnung. Es gibt dann Beschlüsse. Kollege Wurmitzer hat Beschlüsse aus jüngerer Zeit genommen, damit die Differenz zum jetzigen Endbetrag möglichst gering aussieht, aber das ist alles Makulatur. Auf diese Art und Weise kann man den Bürger heute nicht mehr zum Narren halten, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie sich das sagen! Machen Sie endlich Schluß mit diesen Vorgangsweisen in Ihren schwarz-roten proporzbesetzten Bereichen, die Sie zwar geschützt erhalten wollen, aber ich kann Ihnen heute schon garantieren, daß das ein Fehlversuch sein wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Kollege Kaufmann davon spricht, daß es keinen weiteren Schaden geben kann und geben wird und von daher die dringliche Anfrage auch nicht erforderlich ist, so möchte ich hier festhalten, daß eine Abrechnung bis zum heutigen Tage nicht erfolgt ist, sehr geehrte Damen und Herren. Wenn nicht abgerechnet ist, dann ist auch weiterhin der mißbräuchlichen Verwendung Tür und Tor geöffnet, und wir wollen das auf keinen Fall zulassen. Wir Freiheitlichen werden versuchen, das zu unterbinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 130

Sehr geehrte Damen und Herren von der Regierungskoalition! Sie wollen Ihr altes, hölzernes rot-schwarzes Koalitionsschiff kalfatern oder abdichten, wie das so schön heißt. Das heißt, Sie wollen die Löcher zustopfen. Sie wollen die Undichtheiten beseitigen, sozusagen den Informationsfluß, der hereinkommt, bremsen.

Ich sage Ihnen eines: Daß derzeit noch krängend liegende Schiff, Ihr Koalitionsschiff, werden Sie auf diese Art und Weise, mit Ihrer Vorgangsweise und so, wie Sie sich in Ihren geschützten Proporzbereichen verhalten, nicht mehr flottkriegen (Beifall bei den Freiheitlichen), es wird eine andere Fraktion dieses Hauses sein, die das Regierungsschiff wieder auf Vordermann bringen wird. Dafür werden wir Freiheitlichen sorgen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Haider. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.50

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es war sehr interessant, heute dieser Debatte beizuwohnen und mitzuverfolgen, wie die Argumente von den einzelnen Fraktionen dargelegt wurden. Es hat nicht lange gedauert, da hat man begonnen, Dämme zu errichten und nach der Methode: Es ist alles nicht wahr! wie in früheren Zeiten wieder einmal vom Grundsatz her alles in Frage zu stellen, abzustreiten und zurückzuweisen. Frau Generalsekretärin Rauch-Kallat ist sofort auf die Galerie hinaufgegangen, hat Dr. Kastelic, den "schwarzen" Direktor, der von oben sorgenvoll zugehört hat, über längere Zeit der Debatte hinweg getröstet, damit auch hier die politische Beziehung ein bißchen sichtbar wird. Die SPÖ hat gesagt: Es ist ohnedies bereits Schaden entstanden, also was sollen wir da noch untersuchen? – Es ist eine unwahrscheinliche "Logik" in dem Ganzen!

Man hat auch gleichzeitig gesagt, da kann doch nur der Anwalt von Haider dahinterstecken, er muß der Bösewicht sein. – Es geht nicht um die Hunderten Millionen Schilling, die da verpraßt worden sind, sondern es geht darum, jemanden mundtot zu machen, der möglicherweise Informationen geliefert hat.

Es ist immer, zu allen Zeiten, passiert, daß von den Mächtigen Information, Aufklärung und Transparenz verhindert wurden. Es war einmal, Herr Minister Klima, die große Idee des Parteivorsitzenden Kreisky, mit der er reüssiert hat: Transparenz in die Politik! – Sie gehen jetzt wieder den umgekehrten Weg. Die Schildbürger haben das so gemacht, indem sie keine Fenster in ihren Häusern eingebaut haben, damit ja nichts nach außen dringt. Die DDR hat eine Mauer um die Bürger gebaut, damit nichts nach außen dringt. Und Sie versuchen auch mit Ihrer mächtigen rot-schwarzen Nomenklatura, von vornherein jeden Ansatz der Öffnung, der Transparenz, der Kontrolle im Keime zu ersticken. Und das ist es, was wir Ihnen zum Vorwurf machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn wir haben im Konsens mit allen Parteien, Herr Bundesminister, eine Geschäftsordnungsreform in diesem Parlament durchgeführt, die beinhaltet hat, daß die Auskunftspflicht des Ministers vor dem Parlament auch in Sachen jener Betriebe, an denen der Bund beteiligt ist, verbessert und nicht verschlechtert werden soll. Und wenn Sie jetzt schon mit uns zu streiten anfangen, wieweit Ihre Informationspflicht gegenüber dem Parlament geht, wenn es sich um ein öffentliches Unternehmen mit einer Bundesbeteiligung handelt, dann werden wird halt in der Präsidialkonferenz eine detaillierte Auslegung der neuen Geschäftsordnungsbestimmungen vorzunehmen haben. Aber es kann doch nicht so sein, daß Sie selbst den Eindruck erwecken, als hätten Sie ein Interesse, etwas zuzudecken.

Herr Bundesminister Klima! Wir haben Sie eigentlich bisher als jemanden kennengelernt, der bereit ist, offen an die Dinge heranzugehen. Kehren Sie um! Mauern Sie sich nicht ein! Geben Sie dem Parlament die Informationen! Nicht Sie haben die Millionen verschwendet, sondern Ihre Unterläufer, die Sie nicht informiert haben! Sie sollen sie zur Verantwortung ziehen – und nicht hier mitmachen und Mithelfer sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 131

Aufsichtsrechte – was nützen sie? – Der Österreicher wird sich fragen: Was nützt ein Aufsichtsrecht? – In der Nationalbank sitzen die Aufsichtskommissare des Finanzministers. Seit Jahrzehnten gibt es die Mißstände in wachsendem Ausmaß. Aufsichtskommissare, Bankenaufsicht – auch dort hätten Sie die Möglichkeit, Informationen zu bekommen. Zu keinem Zeitpunkt hat dieses System funktioniert, bei der "BAWAG-Karibik" nicht, bei der "Atomic"-Geschichte nicht, bei der "Konsum"-Pleite mit BAWAG nicht. Es hat dieses Frühwarnsystem offenbar überhaupt keinen Sinn, außer daß ein paar Beamte vielleicht noch einen möglichen netten Zusatzverdienst von ein paar tausend Schilling bekommen, wenn man ihnen gnadenhalber diese Aufsichtstätigkeit zuordnet.

Das kann es nicht sein. Es gibt ständig die Einstellung zu sagen: Solange nicht der Rechnungshofbericht vorliegt, reden wir über diese Dinge nicht! – Herr Bundesminister! Erinnern Sie sich, wie viele Debatten über Verdachtsmomente in diesem Parlament schon stattgefunden haben. Wir haben Unterlagen hier. Wir haben einen Rechnungshof-Rohbericht, wir haben ein Gutachten eines Experten, das der Aufsichtsrat in Auftrag gegeben hat. Das wissen Sie ganz genau, das haben Sie nämlich auch. Und wenn Sie es durchgelesen haben, dann wissen Sie ganz genau, daß Sie hier wider besseres Wissen und Gewissen versucht haben, mit Pauschalerklärungen abzuwiegeln, obwohl eigentlich Handlungsbedarf bestünde.

Das soll nicht heißen, daß wir Ihnen die alleinige Schuld zuweisen wollen. Es haben ja alle versucht – bis auf die Grünen –, in den Chor der Verhinderer und Zudecker einzustimmen.

Ich erinnere mich noch daran, als ich ein junger Abgeordneter war, daß die ÖVP das "Hundert-Millionen-Ding" der Frau Leodolter und des Hannes Androsch skandalisiert hat – ein "Hundert-Millionen-Ding", weil die Auftragsvergabe strittig gewesen ist! Heute mauert sie zu bei einer Bilanz, laut der 200 Millionen Schilling freihändig vergeben wurden. 100 Millionen Schilling bei Leodolter waren ein Skandal, bei 200 Millionen Schilling wird zugedeckt. – So haben sich die Zeiten geändert bei Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da schicken Sie uns als "Abfangjäger", als flügellahmen "Abfangjäger" Herrn Wurmitzer heraus, der die freiheitliche Kritik stoppen soll. Also bitte verschonen Sie uns das nächste Mal damit! (Abg. Dr. Nowotny: Der tut Ihnen weh!) Er soll Argumente bringen, warum zugedeckt und nicht aufgedeckt worden ist. Er macht ja jedesmal beim Rednerpult eine Selbsttherapie seines Haider-Komplexes, anstatt hier mit Argumenten vorzugehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Der Haider hat einen Wurmitzer-Komplex!)

Ich kann nichts dafür, daß sich Herr Wurmitzer beim Rednerpult ständig selbst therapieren muß, nachdem er es nicht verwinden kann, daß bei der letzten Nationalratswahl sogar in seiner Gemeinde, in der er Bürgermeister ist, die Freiheitlichen die stärkste Fraktion geworden sind. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Der Wurmitzer kennt euch! Der kennt euch! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es geht nicht, dann herzugehen und zu sagen, das sei alles nicht wahr und das stimme alles nicht.

Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen sagen, es hat vor wenigen Monaten, vor der Nationalratswahl, hier im Hause erbitterte Debatten über die Frage HTM gegeben. Ihre Fraktion hat damals auch gemauert. Sie waren schon Minister; Sie haben in Schwechat den Mitarbeitern der dortigen HTM-Fabrik gesagt hat, Sie garantieren ihnen, daß die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Sie haben sich jetzt im nachhinein bemüßigt gefühlt, den Rechnungshof in dieser HTM-Geschichte einzuschalten, weil Sie selbst ein schlechtes Gewissen haben. Allein dieses Ereignis hätte Sie doch sicher machen müssen, daß wir Freiheitlichen, wenn wir hier etwas zur Diskussion stellen, das nicht im luftleeren Raum tun. Und diese HTM-Geschichte weitet sich ja aus. Da geht es immerhin um 800 Millionen Schilling, die aus Erträgnissen eines staatlichen Monopolbetriebes einer Firma zugeschossen werden, die heute insolvenzverdächtig ist, die Arbeitsplätze verliert, die nicht mehr konkurrenzfähig ist, und von denen man eigentlich hätte sagen müssen, diese 800 Millionen Schilling hätte man zur Sanierung des Budgets gebraucht.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 132

Mit 800 Millionen Schilling hätten Sie den Familien, den Alleinerhaltern, den Pflegegeldbeziehern nicht so tief in die Tasche greifen müssen, wenn Sie rechtzeitig eingeschritten wären. Und das ist es, was wir erreichen wollen: Rechtzeitig handeln, um Geld zu sichern, das den Bürgern gehört! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Gleiche war bei der Nationalbank, das Gleiche war beim Verkehrsbüro, das Gleiche war bei der DDSG, nur schwimmt dann immer das Geld davon, weil Sie es zuerst nicht glauben, und nachher müssen die Steuerzahler die Ausfallshaftung dafür übernehmen.

Daher kritisieren wir es, daß jemand wie Herr Nolz, der immerhin der führende Steuerbeamte in Ihrem Ministerium ist, der das Belastungspaket im Detail erfunden hat, selbst dort, wo er Verantwortung trägt, keine Ordnung halten kann. – 350 Millionen Schilling an Baukostenüberschreitung, soweit sie jetzt einmal feststellbar sind, sind ja keine Kleinigkeit. Es ist ja rührend, wenn man im Jahresbericht 1994 des "Vienna Airport International" auf Seite 25 liest: Im Sinne eines effizienten Controllings wurde für diese Bauvorhaben ein Projektmanagement eingesetzt, dessen Aufgaben die Abstimmung zwischen Nutzervorgaben, bedarfsgerechter, kundenorientierter Ausführung und Einhalten des festgelegten Termin- und Kostenrahmens sind.

Ein "effizientes Controlling": Wo denn bitte? – Zwei Jahre Zeitüberschreitung, 350 Millionen Schilling an Baukostenüberschreitung in dem Bereich, der bisher untersucht und überprüft worden ist, obwohl Sie bereits 1991 durch einen Rechnungshofbericht darauf hingewiesen wurden, welche Probleme dort liegen. Das ist es, warum wir jetzt initiativ geworden sind!

Bei der Veterinärmedizin statt 300 Millionen Schilling 1 Milliarde Schilling Kosten, für die Staatsdruckerei werden wieder 600 bis 700 Millionen Schilling aus den Rücklagen herausgenommen, um ein unsinniges Projekt zu finanzieren, das die Privatwirtschaft konkurrenziert, Arbeitsplätze beseitigt und ihre Rücklagen wegnimmt. Und Sie müssen dem Steuerzahler mehr Geld aus der Kasse holen. Wenn Sie heute vormittag gesagt haben, alle müssen sparen, dann sagen Sie das bitte auch jenen in den Staatsbetrieben: Alle müssen sparen, auch Ihre Aufsichtsräte, auch Ihre Vorstandsdirektoren, auch jene in den Betrieben, für die wir die Verantwortung hier im Hohen Hause mitübernommen haben, weil sie der Republik Österreich gehören. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist wirklich arg, wenn bei einem Projekt, für das ein Betrag von 700 Millionen Schilling veranschlagt ist, im Gutachten festgestellt wird, daß mehr als 50 Prozent freihändig vergeben worden sind, das heißt, unter Freunden vergeben. Da hat man keine Transparenz. Das sind nicht ein paar Schillinge. Sie müssen wegen jeder Million in den Ministerrat gehen und müssen sich rechtfertigen, und da vergeben Ihre Unterläufer 200 Millionen Schilling im Einzelfall freihändig! Das kann nicht gut funktionieren. Architekten, die sich niemals an einer Ausschreibung beteiligt haben, haben diesen Planungsauftrag bekommen und haben 60 Prozent der Planungskosten, die sie in Rechnung gestellt haben, interessanterweise bereits zu Beginn des Projektes – 60 Prozent! – bekommen, sie haben das Honorar zu 60 Prozent bekommen, bevor sie einen Strich gemacht haben!

Da sind Planung, Ausschreibung und örtliche Bauaufsicht in einer Hand, etwas, was es bei öffentlichen Projekten überhaupt nicht geben darf, weil damit dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Da hat man derart hohe Architektenhonorare bewilligt, daß man es sich beim Bauwerk, das jetzt zur Diskussion steht, gar nicht mehr unterzubringen getraut hat, sondern man hat ein anderes Bauwerk im Rahmen der Flughafen Betriebsgesellschaft hergenommen und hat dort heimlich unter Umgehung der Aufsichtsrates, unter Umgehung des Vorstandes millionenschwere Architektenhonorare transferiert und untergebracht. Herr Minister, wenn das kein Grund ist, daß Sie einschreiten! Gehen Sie zum Staatsanwalt und sagen Sie, so kann es ja nicht gehen, daß wie auf einem Verschiebebahnhof die Architektenhonorare hin- und hergeschoben werden, daß bei Projekten, bei denen gar nicht geplant worden ist, gezahlt wird, nur weil man sich geniert, bei dem eigentlichen Projekt so hohe Honorare in Rechnung zu stellen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 133

Überlegen Sie das Beispiel der Baustellengemeinkosten! Bei den Baustellengemeinkosten gibt es eine Steigerung von 537 Prozent – 537 Prozent Baustellenkostensteigerung! –, weil man vergessen hat, ein Bodengutachten zu machen. Das ist das Normalste von der Welt, daß man, wenn man ein Bauobjekt beginnt, überhaupt in einer Dimension wie ein Flughafen, zunächst einmal eine Bodenuntersuchung macht. Man stellt ja auch eine Brücke nicht in eine Wiese hinein, ohne daß man die Grundlage untersucht, ob das Fundament auf diesem Boden überhaupt halten wird. – Nein, das hat man überhaupt nicht gemacht!

Oder die Unterflurbefeuerung, die gerade im Flughafenbereich ganz wichtig ist. Es gibt schon viele Projekte, die dort abgewickelt worden sind. Man veranschlagt 8,6 Millionen, kosten tut es dann 80,8 Millionen Schilling. Ich frage mich wirklich: Wer kontrolliert dort? Wer schreitet dort ein?

Oder die Bauaufsicht. Die örtliche Bauaufsicht verdient monatlich 100 000 S netto. In dieser Institution haben sich viele krumm und deppert verdient – mit dem Ergebnis, daß überhaupt nichts funktioniert.

Das alles kritisieren wir, Herr Minister, denn wenn Sie diese 300 Millionen Schilling mehr an Dividende in Ihrer Kasse gehabt hätten, wenn Sie um 300 Millionen Schilling mehr Bauaufträge vergeben hätten können, dann hätten Sie mit diesen 300 Millionen Schilling zwischen 400 und 500 Arbeitsplätze auf Jahre hinaus gesichert, anstatt irgendwelchen gierigen Firmen mit ihren Architekten und Beamtenfreunden Millionen in den Rachen zu werfen – in einer Zeit, in der es eine steigende Arbeitslosigkeit gibt, in der Sie den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit verkünden und in Wirklichkeit aber alles dazutun, damit jene, die nichts leisten, Millionen bekommen, und jene, die arbeiten wollen, zu Hause herumsitzen müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte, Sie haben das Wort.

20.05

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Die Dinge liegen auf dem Tisch – unwidersprochen. Trotzdem noch ein kleiner Nachschlag zur heutigen Debatte, denn eine Person hat mich insbesondere in der heutigen Debatte fasziniert, nicht sosehr der Herr Bundesminister, der, wie wir schon gehört haben, heute mit dem Schlaf kämpft, sondern: Wurmitzer, der Gerechte, Wurmitzer, der Beseelte, Wurmitzer, unerschrocken für den Bürger kämpfend, sich einsetzend, auf den Steuerschilling sitzend. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Bravo Wurmitzer! – Abg. Dr. Nowotny: Der tut euch weh! Der kennt euch!)

Ich sehe schon, daß die ÖVP die Ironie meiner Anmerkungen erkannt hat. Wir sind wirklich auf den Wurmitzer gekommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind auf den Wurmitzer gekommen. Wurmitzer hat mich animiert, hat mich motiviert, mich noch zum Schluß zu Wort zu melden. Vielleicht könntest du jetzt bei der notleidenden Kärntner Tourismuswirtschaft als Animateur auftreten, vielleicht hättest du dann mehr Erfolg, als du heute am Rednerpult gehabt hast, Kollege Wurmitzer! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wurmitzer hat aufgezählt: Arbeitsplätze würden gesichert, soundso viele Flüge würden abgefertigt in Schwechat. Wir sagen ja, auch uns ist dieser Flughafen Schwechat wichtig.

Wurmitzer hat also heute eine berüchtigte Haltet-den-Dieb-Rede gehalten, ein gescheitertes Ablenkungsmanöver gemacht, denn offensichtlich ist es Wurmitzer egal, daß das, was ursprünglich – wie heute schon gehört – 350 Millionen Schilling hätte kosten sollen, jetzt 750 Millionen Schilling kostet. In welcher Welt leben Sie, Kollege Wurmitzer? Sicherlich nicht in jener von Herrn und Frau Österreicher, denn wenn Sie in dieser Welt leben würden, hätten Sie eine andere Rede gehalten. In deiner Gemeinde sind dir die Bürger, die dich hautnah erleben,


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 134

schon auf deine Schliche draufgekommen. Auch dort ist man auf den Wurmitzer gekommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was macht denn das schon aus, diese vielen Millionen, die hier offensichtlich den Bach hinuntergegangen sind, meine Damen und Herren? Wir stellen das in Frage, was Wurmitzer gesagt hat, daß nicht diskutiert werden dürfe, bis vielleicht irgendwann einmal ein Rechnungshofbericht vorläge. Es wird angegriffen, daß offensichtlich ein Grün-Abgeordneter bereits einen Rohbericht in Händen hätte. Das ist nicht das Thema, das ist auch ein Thema, aber nicht das Thema, das uns heute interessiert, Kollege Wurmitzer! – Du hast versucht, von der Spur abzulenken. Gelungen ist das nicht. Das Ganze war Baldrian für die Katz, Herr Wurmitzer! Mehr war deine Wortmeldung nicht!

Jetzt kommen wir zu einigen Fakten, Kollege Wurmitzer, zum programmierten Baudebakel. Nur kurz acht Punkte, alle nicht diskussionswürdig, frei nach Wurmitzer, sondern unter den Teppich zu kehren, am besten unter dem Rednerpult zu verstecken, da darf ja nichts an die Öffentlichkeit kommen, so nach dem Motto des alten Kaisers: Ja, derfen s’ denn des? – Dürfen wir darüber diskutieren? – Jawohl, wir dürfen darüber diskutieren, solange es freiheitliche Abgeordnete in diesem Hause gibt, und das wird noch lange der Fall sein, und verstärkt werden wir über diese Dinge reden, Kollege Wurmitzer! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Freihändige Vergabe des Planungsauftrages ohne Wettbewerb. – Dem Grunde nach zulässig, unter Bedachtnahme auf spezifische Anforderungen an Planer, aber problematisch. – Wurmitzer sagt: Populismus der Freiheitlichen.

Punkt zwei: Konkrete Bestellgrundlagen des Bauherrn fehlen, das schafft zu Beginn größte Planungsunsicherheit. – Warten wir auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, sagt Wurmitzer.

Drittens: Die vom Planer angekündigte Vorgangsweise zur Erstellung des Grundlagenprogramms wird nicht umfassend realisiert. – Wurmitzer: Halb so schlimm!

Viertens: Aufgrund fehlender definitiver Kostenrahmenvorgaben des Auftraggebers besteht keine Bestellsicherheit. – Wurmitzer: Da kann man nichts machen!

Fünftens: Die Kostenermittlungen werden durch den Planer nicht fachgerecht erarbeitet. – Woher haum S’ denn des? – Wurmitzer im Originalton.

Sechstens: Die aufgrund falscher Grundlagenermittlungen ständig steigenden Kostenschätzungen verursachen keinerlei Reaktionen der Bauherrnschaft. – Hollodrio, verkaufts mein Gwand, mir fahrn in Himml! – Wurmitzer! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Siebtens: Existentielle Planungsleistungen werden verspätet und unvollständig erbracht, aber zur Gänze verrechnet und auch bezahlt. – Da kann man nichts machen, laut Wurmitzer.

Achtens und letztens: Mangelhafte und verspätete Planungsleistungen und Koordinierungsfehler haben erhebliche Kostensteigerung und Terminverzögerung zur Folge, bleiben aber im wesentlichen unbeanstandet. – Wir diskutieren irgendwann einmal über den Rechnungshofbericht, sagt Wurmitzer, meine Damen und Herren! (Neuerliche Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Wurmitzer ist entdeckt und aufgedeckt. Wir sagen: Nein, Wurmitzer! Wir sagen: Hier und heute wird interpelliert, hier und heute werden die Freiheitlichen den Bürgeranwalt nicht nur spielen, sondern auch faktisch darstellen. Wir schauen auf den Steuerschilling, und daran wird uns nicht einmal Wurmitzer hindern. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zu einer Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 135

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend Vertretung des Bundes in Unternehmungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 4 und 5 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

20.12

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Wieder zurück zur Berggesetznovelle.

Die heutige 3. Novelle zum Berggesetz (Abg. Böhacker: In eigener Sache?) , Herr Kollege Böhacker, betrifft nicht die "eigene Sache" – bedauerlicherweise; aber dazu komme ich noch zum Schluß –, sondern betrifft den Bergbau, den Tagbau, die Massenrohstoffgewinnung, den Mineralstoffabbau – alles Feindbilder der heutigen Wohlstandsgesellschaft.

Ich begrüße es sehr – und da greife ich den Debattenbeitrag des Kollegen Grabner auf –, daß wir mit der heutigen Novelle ein Mitspracherecht der Gemeinden beschließen, aber kein Verhinderungsrecht schaffen. Ein Verhinderungsrecht würde nämlich dazu führen, daß überhaupt nichts mehr möglich wäre in diesem Land.

Bedauerlicherweise ist die Akzeptanz von Eingriffen in die Natur zur Massenrohstoffgewinnung so gering, daß einer Abbauerweiterung oder überhaupt einer neuen Abbaustätte keine politische Unterstützung zukommt und aufgrund nachbarlicher Widerstände zwangsläufig der politische Druck in Richtung Verhinderung entsteht. Deshalb halte ich die heutige Lösung einer Formalparteistellung für die Gemeinden sehr wohl für gerechtfertigt.

Es ist heute bereits viel über Mitbestimmung und Bürgerinitiativen gesprochen worden. Mitbestimmung haben wir in der Novelle 1993 in Form eines sehr umfassenden Parteienbegriffes geschaffen. Es hat sich aber gezeigt, daß nicht Mitbestimmung gefragt ist, sondern, wenn es um Abbau geht, ist nur Verhinderung angesagt – bedauerlicherweise.

Der bereits geäußerte Unmut gegen das Berggesetz betrifft vorwiegend jene Abbaustätten, die man unter Schottergruben und Steinbrüche subsumieren kann. Grundsätzlich möchte ich hier aber sachlich klarstellen, daß Sand, Kies und Schotter als solche nicht dem Berggesetz unterworfen sind. Das Berggesetz betrifft nur gewisse, ganz konkret bezeichnete hochwertige Mineralien, die nicht im Übermaß vorkommen und besondere volkswirtschaftliche Bedeutung haben. Diese Mineralien finden – sofern es sich um Massenrohstoffe handelt – natürlich auch als Baurohstoffe Verwendung, sie kommen aber nicht im Übermaß vor, wachsen nicht nach und sind vor allem standortgebunden. Man kann eben nur dort abbauen, wo diese Rohstoffe vorhanden sind. Bedauerlicherweise will aber niemand einen Abbau in seiner Nähe haben.

Die Berggesetznovelle 1990 brachte damals eine Erweiterung des Anwendungsbereiches auf Kalkstein, Mergel, Tone, Quarzgestein, Magnesit und Basalte. Wer diese Novelle 1990 – sie ist im Jahr 1989 beschlossen worden – als "Lex-Fekter-Lobbyismus" bezeichnet, unterliegt einem ganz gewaltigen Irrtum. 1989 war Fekter nämlich politisch ein No-name-Gemeinderat in Attnang-Puchheim, hatte überhaupt keinen Einfluß auf diese Ausweitung im Berggesetz und damals das Parlament von innen noch nie gesehen. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler .)

Es mir zuzuschreiben, daß hier etwas passiert ist, womit ein Teil der Abgeordneten im nachhinein nicht zufrieden war, ist unfair. Die Ausweitung des Berggesetzes ergab sich nämlich aus dem Begutachtungsverfahren und durch eine für Sachfragen eingesetzte Professorenkurie


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 136

von der Montanuniversität Leoben, die damals gewisse Mineralien als in das Berggesetz aufzunehmend qualifiziert hat. Die Zuordnung erfolgte aufgrund sachlicher Argumente, und diese Unterscheidung ist auch – entgegen den Ausführungen des Herrn Anschober – verfassungskonform; der Verfassungsgerichtshof hat das 1992 bestätigt.

Zum Herrn Kollegen Parnigoni: Ich bin gegen eine Neueinteilung der mineralischen Rohstoffe im Berggesetz nach dem Kriterium der tatsächlichen Verwendung – zum Beispiel für die Zementgewinnung –, weil die tatsächliche Verwendung als Kriterium noch viel, viel weniger zur Objektivität in der Zuordnung führen würde als jetzt das Kriterium der Beschaffenheit des Minerals.

Daß sich im Bergwesen seit 1990 auch Massenrohstoffe wie Quarz und Kalk befinden, ist international üblich, was sich in den internationalen montanistischen Statistiken leicht nachvollziehen läßt.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Industriemineralien ist unbestritten: Im Jahr 1994 erwirtschaftete die Stein- und keramische Industrie 33,3 Milliarden und beschäftigte 21 000 Arbeitnehmer. Zirka 10 Tonnen Sand, Kies und Schotter pro Kopf und Jahr werden in allen westlichen Industrieländern verarbeitet. Neben Wasser ist dieser Rohstoff damit der mengenmäßig bedeutendste unserer Volkswirtschaft. Eine Verknappung würde zwar den Preis steigern – was einige gezielt vorantreiben –, aber der Bauwirtschaft insgesamt einen erheblichen Schaden zufügen.

Zugegeben, es ist auch für mich unbefriedigend, daß die Gewinnung von Sand, Kies und Schotter zum Teil dem Bergrecht und zum Teil der Gewerbeordnung unterliegen. Zirka ein Drittel der Betriebe sind im Bergrecht, zwei Drittel in der Gewerbeordnung verankert. Nach meinem Dafürhalten müßten alle Abbaue – jeder, der in der Landschaft zu graben beginnt, weil standortgebunden und sicherheitstechnisch besonderen Anforderungen unterliegend – dem Bergbau zugesprochen werden. Herr Kollege Auer hat dies nicht aus sicherheitstechnischen Gründen, sondern aufgrund der Gemeindeparteistellung begrüßt.

Ich bin zudem für die Beibehaltung der Bundeskompetenz Bergwesen. Sie ist gemäß Artikel 10 Abs. 1 Ziffer 10 in der Bundesverfassung verankert, und Bergwesen als Bundeskompetenz ist auch bereits oberstgerichtlich in einem Kompetenzstreit eindeutig klargelegt und dem Bund zugeordnet. Ich begrüße daher die heute schon mehrmals angesprochene Vereinheitlichung im Bergwesen im Hinblick auf die Massenrohstoffe, eine Vereinheitlichung des Anlagerechts beim Abbauen – wobei ich mir das eher nicht so bürokratisch in der Gewerbeordnung vorstellen könnte; das Bergrecht ist für die Betriebe eine ganz gewaltige Belastung in dieser Hinsicht –, aber ich glaube, daß die Bergbehörden die Abbaue effizient kontrollieren und genehmigen können.

Es ist falsch, was der Herr Kollege Anschober heute mehrmals erwähnt und gestern in einer Pressekonferenz ganz groß verkündet hat: daß Österreich das einzige Land ist, in dem Massenrohstoffe im Bergrecht sind. Ganz im Gegenteil, auch die Bundesrepublik Deutschland hat Steine, Erden und Industriemineralien im Bergrecht. Übermorgen beschließt der Deutsche Bundesrat ein diesbezügliches Gesetz. Man hat sich somit an Österreich orientiert.

Liebe Frau Kollegin Aumayr – und auch Herr Kollege Anschober, der jetzt nicht da ist! Der Artikel in der "Süddeutschen Zeitung", der von Kollegen Anschober zitiert worden ist, wonach altes DDR-Recht angeprangert worden ist, bezog sich auf den Unterschied im Bergrecht zwischen bergfreien Bodenschätzen und grundeigenen Mineralien. Einmal ist die öffentliche Hand für diese Bodenschätze zuständig, im anderen Fall der Grundeigentümer. Beide Materien werden aber im Bergrecht abgehandelt.

Dieser Unterschied war für den Herrn Anschober wahrscheinlich zu hoch beziehungsweise habe ich den Eindruck, er ist Spezialist für Halbwahrheiten.

Als Spezialist für Halbwahrheiten oder Falschmeldungen erweist er sich auch, wenn er mit der ÖGNU Pressekonferenzen abhält und dort lautstark verkündet, 40 Prozent unseres Bundesgebietes wären bergbaubedroht.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 137

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Derzeit bestehen in Österreich alte und neue Gewinn- und Bewilligungsflächen im Ausmaß von 0,167 Prozent der österreichischen Fläche. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler .) Frau Kollegin Langthaler! Von diesen 0,167 waren 0,152 bereits alte Bewilligungen. Das sind 90 Prozent. Hier zu behaupten, ganz Österreich sei ein einziger Abbau, ist meines Erachtens einigermaßen schräg populistisch.

Abschließend möchte ich darauf verweisen, daß die berechtigten Wünsche der Sand- und Kiesindustrie bedauerlicherweise in diese Novelle nicht aufgenommen worden sind. Insbesondere kam es zu keiner Deregulierung im Anlageverfahren, im Behördenverfahren, in der Berücksichtigung der Abbauwürdigkeit der Lagerstätten. All diese Wünsche sind, in einem konkreten Vorschlag zusammengefaßt, vorgelegen. Bedauerlicherweise hat sich unser Koalitionspartner aber nicht dazu durchringen können, die Wünsche der Wirtschaft zu berücksichtigen.

Die unendliche Geschichte Berggesetz wird allein schon aus diesem Grund eine Fortsetzung erfahren, wobei die vielen Verfahren im Bergrecht dereguliert werden müssen und der jährliche Hauptbetriebsplan auf eine fünfjährige Überprüfungsfrist verlängert werden soll. Es ist nicht einzusehen, warum man in der Gewerbeordnung nur ein Verfahren hat, im Bergrecht bis zum Abbau vier Verfahren plus jährliche Hauptbetriebspläne.

Heute ist mir Lobbyismus vorgeworfen worden. Leider ist mein Einfluß beim Berggesetz zu gering, weil kein einziger Wunsch der betroffenen Wirtschaft in dieser Novelle berücksichtigt worden ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner : Warum stimmen Sie dann zu?)

20.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist der Abgeordnete Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.24

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist eine echte Freude, unmittelbar nach der Kollegin Fekter in dieser Sache sprechen zu können, und zwar deswegen, weil sie natürlich hier als ein Mitglied unseres Hauses gesprochen hat, aber gleichzeitig die Authentizität des Lobbyismus einbringen konnte, und das ist wertvoll.

Es ist doch interessant, zu sehen, wie sich jemand hier für Reformen beziehungsweise teilweise sogar für den Rückbau von Rechtsvorschriften einsetzt und dabei nicht einmal erkennt, daß er zu sehr in eigener Sache spricht und gut beraten gewesen wäre, diese Rede nicht persönlich zu halten, weil man in dieser Betroffenheit manchmal blind wird für das eigentliche Problem. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das Bergrecht ist ein altes Rechtsgut. Es stammt aus einer Zeit, als die Gewerbeordnung noch nicht einmal existiert hat, und selbstverständlich hat es daher viele Elemente, die unserem heutigen Verständnis von Recht und insbesondere von Verfahren fremd sind. Daher ist hier notwendigerweise eine Disharmonie vorhanden, die aber überwunden werden kann, und zwar ganz einfach dadurch, daß man sich überlegt, was die eigentlichen Unterscheidungskriterien sind, die im Bergbau vielleicht differenziert zu sehen sind im Verhältnis zum sonstigen Gewerbe, und wo es diese Unterschiede eigentlich überhaupt nicht gibt.

Das kann beispielsweise die Standortfrage sein, weil selbstverständlich bestimmte Aspekte des Bergbaues nicht variable Standorte vertragen, hingegen andere Betriebsansiedlungen viel breiter variiert werden können – wenn auch nicht beliebig, weil es auch Infrastrukturaspekte, Umweltschutzaspekte und so weiter zu berücksichtigen gilt. So ortsfest aber wie zum Beispiel ein Tagbau im Großraum Voitsberg-Köflach ist es nicht, weil Braunkohle eben dort liegt, wo sie liegt, und nur dort kann sie abgebaut werden. Selbstverständlich wäre daher jedes Ansinnen, zu sagen, dieser Braunkohleabbau möge anderswo stattfinden, völlig unbillig. (Abg. Scheibner: Sehr gescheit!) Hingegen ist die Errichtung irgendeiner Fabrik durchaus variabler, sie muß nicht an einem ganz bestimmten Platz erfolgen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 138

Daher gibt es gute sachliche Gründe, hier bestimmte Dinge anders zu regeln. Das heißt aber noch immer nicht zwangsläufig, daß das in verschiedenen Gesetzen geschehen muß, es könnte auch in verschiedenen Kapiteln einer modernen, dem 21. Jahrhundert zugewendeten Gewerbeordnung liberalen Zuschnittes stattfinden, indem sowohl auf Spezifika wie auch auf Generalien eingegangen werden kann.

Das eigentliche Problem aber sind immer die Betriebsanlagen, und beim Bergbau sind durchaus – das hat Frau Kollegin Fekter zutreffend angeschnitten – unterschiedliche Zugänge zum Beispiel zum Eigentum zu beachten. Die Unterschiede zwischen bergfrei oder grundeigen und so weiter sind Aspekte, die im sonstigen Gewerbe nicht vorkommen. Aber daraus den Schluß zu ziehen, daß es daher vernünftig ist, daß nur das, was das Gewerbe der Frau Kollegin ist, in einer besonders geschützten Form stattfinden soll, nämlich in einer Rechtsform, die den Anrainern so gut wie keine Möglichkeiten einräumt, ist nicht zwingend logisch. Das ist eben Lobbyismus.

Frau Kollegin Fekter hat auch ausgeführt, daß es im Bereich von Quarz und Kalk, wenn das nicht im Bergrecht geregelt wäre, möglicherweise zu einer Verknappung kommen könnte. Diesbezüglich hat sie sich selbst widersprochen. Zuvor hatte sie nämlich dahin gehend argumentiert, daß Quarz und Kalk, weil sie eben nicht überall vorkommen und daher sozusagen selten sind, ins Bergrecht gehören. Gleichzeitig war sie der Meinung, wenn sie nicht im Bergrecht wären, wären sie seltener.

Das sind Überlegungen, die nur jemand anstellen kann, der sehr stark in eigener Sache spricht und der von diesen Dingen sehr stark betroffen ist.

Daher meine ich, daß es ein Fortschritt ist, wenn wir heute beschließen, daß die Gemeinden Parteienstellung haben sollen im Sinne der gestellten Anträge, daß wir mit diesem Fortschritt aber nicht zufrieden sein dürfen, weil er nur ein erster Schritt in die richtige Richtung ist.

Der Herr Bundesminister hat vor der Unterbrechung durch die Behandlung der dringlichen Anfrage ausgeführt, daß auch er der Meinung ist, daß wir hier zu einheitlichen Anlagerechten kommen müßten. Es wird aber die Frage sein, ob wir dann mit ihm auch inhaltlich übereinstimmen. Aber immerhin ist man einmal formal so weit, daß man zugibt, daß es hier zu einer echten Reform kommen sollte. Das ist sicherlich ein Schritt nach vorne, denn nur deswegen, weil das Bergwesen eine große Tradition hat, die Bergleute zu ihren Traditionen stehen und die Montanuniversität ein integraler Bestandteil dieser Tradition ist, ist es nicht notwendig, unbedingt auch ein besonderes Gesetz zu haben. Besondere Regelungen für spezifische Probleme bedeuten nicht unbedingt auch ein Sondergesetz.

Daher meine ich, wenn wir nicht unbefangen sind, dann werden wir rechtshistorisch werden oder versteinern, und das wäre nicht gut. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Keppelmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

20.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich gehe mit den Ausführungen meines Vorredners weitgehend konform, und ich möchte, obwohl gerade wir sozialdemokratischen Abgeordneten ziemlich Sturm gelaufen sind gegen die bestehende Berggesetzregelung, doch versuchen, hier sachlich und fair zu bleiben.

Ich habe mir diese heutige Debatte sehr ausführlich angehört, ich habe mich umfassend informiert, und ich glaube, es ist tatsächlich dieses Spannungsfeld zwischen einem Abbaubetrieb, der eben abbauen will, und betroffenen Bürgern, die tatsächlich den Abbau aus irgendwelchen Gründen, die durchaus zu Recht bestehen können, verhindern wollen, gegeben. Da gibt es natürlich von beiden Seiten eine gehörige Portion Mißtrauen, das sich entwickelt hat.

Ich bin heute auch davon überzeugt, daß die Berggesetznovelle 1990, die ich vermutlich mitbeschlossen habe, bei der ich aber nicht mitgeredet habe, in dieser Form ein Fehlgriff war.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 139

Wir müßten, hoffentlich daraus lernend, bei den von Minister Ditz angekündigten Reformen tatsächlich dazu kommen, daß die beeinträchtigten Bürger oder die Bürger, die glauben, daß sie beeinträchtigt sind, sozusagen zu ihrem Recht kommen, daß aber gleichzeitig auch dem Betrieb in viel kürzerer Zeit gesagt wird: Du kannst da etwas machen! Oder: Du kannst nichts machen!

Ich glaube auch, daß die Darstellung des Kollegen Anschober heute nicht sehr hilfreich war, eine vernünftige Diskussion zu führen. Einiges an Zahlen hat Kollegin Fekter ja dargelegt und aufgezeigt, wie man manipulieren kann.

Ich glaube auch nicht, daß das Gesetz so ein reines Placebogesetz ist, das wir heute hier beschließen. Ich glaube, es ist ein Baustein, es ist sicherlich kein ausreichender Baustein, aber immerhin, dieses so als Placebo titulierte Gesetz gibt den Gemeinden Mitsprache- und Mitwirkungsmöglichkeiten im Bergrechtsverfahren, die sie bisher nicht hatten. Der Schönheitsfehler ist halt der, daß die Berufungsmöglichkeit sozusagen beim obersten Bergherrn, Minister Ditz, endet und daß es nicht möglich ist, danach zum Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof zu gehen.

Natürlich freut es mich auch nicht – darin sehe ich auch wieder eine Schwäche dieser Novelle, die wir beschließen –, wenn in der Zeitung "Sand und Kies" von den Schotterleuten mehr oder minder zum Ausdruck gebracht wird, sehr deutlich zum Ausdruck gebracht wird: Wir können beruhigt sein, es kann sich die Verfahrensdauer um ein bis zwei Jahre verlängern, die Verhinderung eines Projektes durch die Gemeinde ist aber de facto nicht möglich.

Mir tut beides weh. Mir tut es weh, wenn sozusagen etwas verhindert werden soll um des Verhinderns willen, und mir tut es aber auch weh, wenn Verfahren um ein bis zwei Jahre verlängert werden. Das ist ja unser Problem, das wir weitestgehend in Bereichen des Umweltschutzes haben, wodurch natürlich alle Seiten mißtrauisch sind. Es zeigt sich gerade auch in der Diskussion zum Berggesetz, daß da schon sehr viel mit Populismus gearbeitet wird.

Ich möchte das vielleicht an einem Beispiel aufzeigen, das ich mir auch etwas genauer angeschaut habe, weil es in der letzten Zeit in den Zeitungen gestanden ist. Es ist der geplante Schotterabbau in Langenstein. Das liegt an der Donau. Da gibt es eine Ruine Spielberg. Manche werden wissen, daß mich Denkmalschutz und ähnliches besonders interessiert, Tatsache ist aber, daß die Betreiberfirma nachweisen kann, daß dieser Schotterabbau auf einem Maisfeld erfolgt, keine Au beeinträchtigt wird. Und jetzt kommt es: Sie berufen sich auf insgesamt acht Gutachten, darunter auch solche, die von Projektgegnern gefordert wurden, und alle Gutachten beurteilen das Vorhaben positiv. Sie sind bereit, diese Gutachten zur Verfügung zu stellen.

Ich habe diese Gutachten nicht – möglicherweise lügen sie auch –, aber was ich habe, ist zum Beispiel eine Stellungnahme des Umweltanwaltes Wimmer, der andererseits auch von Grünen sehr geschätzt wird. Ich halte von dem Mann auch sehr viel. Er stellt hier durchaus öffentliches Interesse und Naturschutz gegenüber und ist bereit, wenn bestimmte Auflagen noch zusätzlich erfüllt werden, hier auch zuzustimmen. Trotzdem wird verhindert.

Es gibt einen Landesrat in Oberösterreich, der ist – daran kann ich mich erinnern, da gab es noch gar kein Verfahren – vor einigen hundert Leuten in der Au gestanden und hat gesagt, er werde das verhindern. Er ist für das Wasserrecht zuständig. – Und siehe da, in diesem Fall gibt es offensichtlich eine positive Meinung der zuständigen Beamten – und der Herr Landesrat hat einen negativen Bescheid erlassen. – Das gefällt mir auch nicht! (Abg. Aumayr: Wie in Lambach!) Durchaus, ja. (Abg. Aumayr: Aber im Sinne der Umwelt!) Also im Sinne der Umwelt ist die Aktion des freiheitlichen Landesrates in Oberösterreich nicht, Frau Kollegin Aumayr, diese Aktion in Oberösterreich ist greifbar. Ich meine aber, man sollte sich sachlich auch mit solchen Problemen auseinandersetzen und nicht immer nur aufspringen und grundsätzlich Behörden unterstellen, daß sie hier Schlechtes tun.

Trotzdem sage ich: Ich bin mit dieser Bergbehörde nicht zufrieden, weil ich durchaus auch erkenne, daß sie halt sehr stark die Schlagseite Abbau hat, und wir waren nicht gut beraten 1990, das hier hineinzubringen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 140

Und das Mißtrauen der Leute gegen die sogenannten Schotterbarone ist auch nicht ganz unberechtigt. Wer heute in meinem Bezirk in Reggau von der Autobahn abfährt und nach Vöcklabruck fährt, kommt an einer schönen Schottergrube vorbei, die einen zweifachen Nutzen hat. Da wurde der Schotter herausgeholt und sicher gut verkauft, anschließend ist dort ein Baggersee entstanden, und der Grund wurde in kleinen Parzellen wieder verkauft – um gutes Geld. Und das bemerken die Leute natürlich auch.

Noch einmal: Ich glaube, daß diese Novelle heute eine Art weiterer kleiner Reparaturschritt ist zu dem, was uns 1990 passiert ist.

Ich habe mir auch diese Harmonisierungsstudie zum Berggesetz in einer Kurzfassung angeschaut. Dazu hat uns der Herr Bundesminister heute doch ziemlich deutlich versichert, daß er bereit sei, hier eine komplette Überarbeitung zu machen, wobei überlegt wird, dieses Bergrecht in ein komplett neues Anlagenrecht einfließen zu lassen, durchaus als eigenes Unterkapitel. Damit wäre schon sehr viel geschehen. Nur sollten wir an diese Aufgabe nicht mit übertriebenen Emotionen, nicht mit Populismus und auch um Gottes Willen nicht mit falschen Zahlen herangehen, sondern das Angebot annehmen und konsequent ein modernes, neues Gesetzeswerk entwickeln. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Herr Berichterstatter, wünschen Sie ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen werde.

Zunächst stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 68 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. – Frau Abgeordnete Frieser, nehmen Sie sichtbar an der Abstimmung teil oder unsichtbar? (Heiterkeit.) Es ist in jedem Fall die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen worden.

Wir kommen sofort zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 69 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

6. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (36 der Beilagen): Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz – CWKG (73 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zum 6. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (36 der Beilagen): Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz – CWKG (73 der Beilagen).

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Kiermaier. Ich bitte ihn, die Debatte mit seiner Berichterstattung zu eröffnen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 141

Berichterstatter Günter Kiermaier:
Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses (73 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (36 der Beilagen): Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 13. Jänner 1993 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen (Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz-CWKG).

Die Chemiewaffenkonvention ist eines der wenigen internationalen Abrüstungsabkommen, das für alle Vertragsstaaten den Einsatz, die Entwicklung, die Herstellung, den Erwerb, die Lagerung und den Rückbehalt von chemischen Massenvernichtungswaffen verbietet und effiziente Kontrolle vorsieht.

Im übrigen bringe ich folgende Druckfehlerberichtigung vor:

Im § 12 Abs. 2 letzter Satz hat es richtig zu lauten "im Exekutivrat gem. Art. VIII C CWK".

Weiters hat es im zweiten Absatz des Anhanges richtig "Alkylgruppen folgt" zu lauten.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Da Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Sie haben den Bericht inklusive der Berichtigung gehört.

Für diese Debatte wurde festgelegt, daß pro Fraktion ein Redner mit einer Redezeit von 10 Minuten und ein zweiter Redner mit einer Redezeit von 5 Minuten zu Wort kommt.

Als erster Abgeordneter hat sich Herr Abgeordnete Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Redezeit: 10 Minuten.

20.41

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die vorliegende Materie im großen und ganzen eine Konsensmaterie ist, brauchen wir, glaube ich, hier nicht allzu viele Worte zu verlieren. Die Ratifizierung dieser Chemiewaffenkonvention ist sicherlich ein ganz wichtiger Beitrag zur allgemeinen Abrüstung. Neben dem Atomwaffensperrvertrag und dem Verbot bakteriologischer Waffen ist das eine ganz wichtige Entscheidung der internationalen Staatengemeinschaft, ein eindeutiges Signal der Ächtung aller chemischen Waffen, der Versuch, zumindest der Versuch, die vorhandenen chemischen Waffen zu vernichten und die Produktion und den Handel von chemischen Waffen zu unterbinden.

Wie erfolgreich derartige Konventionen sind, das mag dahingestellt sein, weil natürlich die entsprechende Kontrolle in der Regel nur dort gut funktioniert, wo sie gar nicht notwendig wäre, in Staaten mit demokratischen Ordnungen, in Staaten, in denen diese Waffen sowieso nicht zur Anwendung kommen würden. Bei anderen Staaten, wo diese demokratischen Gefüge nicht vorhanden sind, ist das alles zweifelhafter.

Trotzdem: Selbstverständlich wird meine Fraktion diesem Antrag zustimmen, allerdings mit einer Einschränkung, meine Damen und Herren. Es ist wirklich merkwürdig, daß wir immer wieder Vorlagen zur Diskussion und zur Abstimmung bekommen, die die Einrichtung irgendeines Beirates vorsehen. Diese Einrichtung von Beiräten, die irgend etwas kontrollieren, überwachen oder organisieren sollen, was eigentlich vom zuständigen Ministerium genauso gut, effizienter und kostengünstiger gemacht werden könnte und auch gemacht werden muß, ist anscheinend eine alte österreichische Krankheit, denn diese Beiräte sind meistens nur dazu da, daß damit irgendwelche Leute beschäftigt werden. Das soll jetzt gar keine Kritik an den dort vorgesehenen Organisationen sein, sondern ich stelle wirklich nur die Frage, ob es notwendig


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 142

ist, daß neben den Vertretern des zuständigen Ministers, des Wirtschaftsministeriums, dann noch Vertreter des Bundeskanzleramtes dabei sind, Vertreter des Innenministeriums, des Gesundheitsministeriums, des Landesverteidigungsministeriums, ein Vertreter der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, der Landwirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung, Vertreter der Länder, und natürlich für jeden dieser Vertreter noch ein Ersatzmitglied in den Beirat zu bestellen ist, damit, wenn der eine oder andere von diesen wichtigen Leuten ausfällt, dann trotzdem die volle Anwesenheit gewährleistet sein kann und sein wird.

Es ist auch wirklich interessant, daß dieses Gesetz in 13 Paragraphen gegossen ist und in immerhin 2 Paragraphen, und zwar platzmäßig sogar sehr groß bemessen, geht es um diesen Beirat.

Also, meine Damen und Herren, Zustimmung für dieses Gesetz, aber ich bringe in diesem Sinn einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Herbert Scheibner und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage "Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 13. Jänner 1993 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen (Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz – CWKG)" (36 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Regierungsvorlage ,Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 13. Jänner 1993 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen (Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz – CWKG)’ (36 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (73 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. § 8 und § 9 werden ersatzlos gestrichen.

2. Die bisherigen Paragraphen 10 bis 14 erhalten die Paragraphenbezeichnung 8 bis 12."

*****

Wir möchten also die Streichung dieses Beirates, denn wir sind der Meinung, daß das eine Verschwendung von Ressourcen ist, auch von Ressourcen der dort teilnehmenden Interessenvertretungen; die sollen ihre Arbeitsleistung besser für die echten Aufgaben dieser Interessenvertretungen aufwenden. Der Wirtschaftsminister hat unser Vertrauen, daß er diese Chemiewaffenkonvention in seinem eigenen Ressort entsprechend umsetzen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordneten Scheibner vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt; er wird in die Behandlung miteinbezogen.

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.45

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann es ähnlich kurz machen, nachdem es sich tatsächlich um eine Konsensmaterie handelt, und es freut mich, daß der Herr Abgeordnete Scheibner auch angekündigt hat, daß die FPÖ zustimmen wird.

Da die Chemiewaffenkonvention schon im August des vergangenen Jahres ratifiziert wurde, ist es jetzt sozusagen nur die Folge, eben dieses Durchführungsgesetz tatsächlich zu beschließen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 143

Zweifelsohne ist diese Chemiewaffenkonvention neben dem Atomwaffensperrvertrag und neben dem Verbot von bakteriologischen Waffen sicherheitspolitisch die wichtigste multilaterale Übereinkunft.

Für die finanziellen Mehraufwendungen ist im Budgetansatz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten Sorge getragen.

Ich glaube, auch wenn Kollege Scheibner berechtigt Zweifel an den Abrüstungsvornahmen aller Unterzeichnerstaaten geäußert hat, daß man doch die Bemühung um die Abrüstung nie aufgeben darf, und daher ersuche ich um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

20.47

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Chemiewaffenkonvention, zu der wir heute ein Durchführungsgesetz beschließen, ist eines der wenigen internationalen Abrüstungsabkommen, das für alle Vertragsstaaten die vorhin genannten Tätigkeiten verbietet und auch effiziente Kontrollen vorsieht.

Die Einhaltung der Chemiewaffenkonvention wird durch verschiedene Bestimmungen, bestehend aus Beschränkungen im Umgang mit den im Anhang zur Chemiewaffenkonvention näher bezeichneten toxischen Chemikalien und Vorprodukten, einem Meldesystem und einem Kontrollsystem unterworfen. Der relativ einfachen Produktion von Chemiewaffen stehen weitreichende Kontrollmöglichkeiten gegenüber. Die Überprüfungskommission erstellt jährliche Berichte der Mitgliedstaaten über grundlegende und systematische Überprüfungen.

Ganz kurz auch noch zur Geschichte, wie es zu dieser Konvention gekommen ist. Bereits 1968, nach Abschluß des Atomsperrvertrages, begannen langwierige internationale Verhandlungen über die vollständige Ächtung aller chemischen Waffen. Ihr wiederholter Einsatz, speziell in den achtziger Jahren, und der Entschluß der Großmächte, hier endlich zu einem weltweiten Abkommen zu gelangen, schuf dann die Grundlagen zu einem internationalen Abkommen, das im Jänner 1993 von über 130 Staaten feierlich unterzeichnet wurde. Österreich war natürlich da auch mit dabei.

Nun, ein Problem tritt hier schon noch auf: Wenn der internationale Chemiehandel von der Chemiewaffenkonvention auch nur zu zirka 0,3 Prozent betroffen ist, so empfinden speziell die Länder der Dritten Welt diese Kontrolle und den überwachten Datenaustausch als starke Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Expansion. Es ist das ein Mißverständnis, das nur durch verstärkte vertrauensbildende Maßnahmen zu lösen sein wird.

Der sicherheitspolitische Gewinn für Österreich ergibt sich aus der weltweiten vollständigen Vernichtung aller chemischen Waffen sowie aus der Kontrolle und dem daraus resultierenden eingeschränkten Warenverkehr der zur Herstellung von chemischen Waffen nötigen Vorprodukte.

Das Durchführungsgesetz, das wir heute beschließen, regelt die Bewilligungs- und Meldepflichten bei erlaubten Tätigkeiten und enthält Listen dieser Chemikalien. Es sieht ein eigenes Formular und Anträge und Bewilligungen vor und natürlich auch diesen Beirat, der vorhin angesprochen wurde. Nun, ich habe gar nichts gegen diesen Beirat, im Gegenteil. Es ist gerade in solch schwierigen und kritischen Bereichen oft sehr gut, wenn ein größerer Kreis zusammentritt und diese Maßnahmen auch kontrolliert.

Anfang des Jahres wurden mehr als zwei Drittel der notwendigen Genehmigungen für das Inkrafttreten dieses Chemiewaffenabkommens fixiert. Im Hinblick auf den letzten Schritt der Genehmigung ist es möglich, daß die letzte Bestimmung der 65 vorgelegten Ratifizierungen Mitte dieses Jahres fixiert wird.

Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres tritt die Konvention voraussichtlich in Kraft.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 144

Eines stimmt mich aber abschließend doch etwas nachdenklich und auch traurig: Weder die USA noch Rußland sind unter den Konventionsstaaten, obwohl gerade diese Staaten die meisten Chemiewaffen besitzen. Man kann nur hoffen, daß beide Länder unter den ersten der 65 Staaten sein werden, die das Abkommen auch anerkennen.

Dem Durchführungsgesetz wird die SPÖ-Fraktion selbstverständlich zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte, Sie haben das Wort. (Abg. Dr. Khol: Der Moser kann nicht kurz reden!)

20.51

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben ja schon angemerkt, daß es sich bei diesem Gesetzentwurf um eine Konsensmaterie handelt. Daher wird auch das Liberale Forum diesem Gesetzesantrag die Zustimmung erteilen.

Die Vorredner sind auch auf die Chemiewaffenkonvention eingegangen, und Österreich hat tatsächlich entsprechende sicherheitspolitische Vorteile, einen entsprechenden sicherheitspolitischen Gewinn aus dieser Chemiewaffenkonvention, weil es wirklich darum geht, dadurch die weltweite und vollständige Vernichtung aller chemischen Waffen und damit auch die Kontrolle über diese chemischen Waffen und über deren Vernichtung, aber auch, was mir besonders wichtig erscheint, den eingeschränkten Warenverkehr aller zur Herstellung von chemischen Waffen nötigen Vorprodukte zu erreichen. Und das, meine Damen und Herren, stellt auch für uns, für unser Land, einen echten sicherheitspolitischen Vorteil dar.

Ich glaube, daß es notwendig ist – Herr Kollege Dietachmayr hat das ja auch schon angeführt –, daß wir alles daransetzen sollten, auf diplomatischem Wege eine große Anzahl von Staaten dazu zu bringen, diese Konvention zu unterschreiben. Denn immerhin gibt es nach Auskunft der USA-Abrüstungsbehörde noch zirka an die 25 Staaten in der Welt, die an der Entwicklung von Chemiewaffen arbeiten. Das sind neben den fünf Großmächten Staaten wie der Iran, der Irak, Israel, Syrien, Jemen, Libyen, Ägypten, Nordkorea, Pakistan und Indien. Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Situation der Volkswirtschaften in diesen Ländern anschaut, dann glaube ich, daß es wichtiger wäre, die dafür notwendigen finanziellen Mittel, die dafür notwendigen Ressourcen zur Entwicklung dieser Volkswirtschaften einzusetzen, zu verwenden, als diese für die Produktion der Chemiewaffen zu mißbrauchen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dkfm. Dr. Stummvoll: Schlußwort! Das war jetzt ein schönes Schlußwort!) Gleich, Herr Kollege. Auf einige Punkte muß ich schon noch hinweisen.

Ich halte es für notwendig, daß wir im Zusammenhang mit den Chemiewaffen und mit der Sicherheitsfrage auf die Tatsache hinweisen, daß Chemiewaffen in zunehmendem Maße auch von Terrorgruppen verwendet werden. Wir kennen ja die Anschläge, die von terroristischen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung unternommen werden, wie beispielsweise die Anschläge der japanischen Aum-Sekte, die uns allen ja noch in guter Erinnerung sind.

Daher ist es nicht nur richtig, daß wir dieses Gesetz beschließen, sondern es ist wichtig und notwendig, daß wir alles daransetzen, andere Staaten zur Unterzeichnung dieser Konvention zu gewinnen.

Und nun zum Gesetz: Hier möchte ich auf drei Punkte hinweisen. Zunächst glaube ich, daß überhaupt nichts dagegenspricht, daß eine nationale Behörde im Bereich des Wirtschaftsministeriums eingerichtet wird, wobei ich schon darauf hinweisen möchte, Herr Bundesminister, daß es aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt und nicht notwendig ist, daß mit dem Einrichten dieser nationalen Behörde auch Mehrkosten wie hier angeführt, immerhin im Ausmaß von 1,7 Millionen Schilling im Jahr aufgrund des Bedarfs an Planstellen, anfallen.

Herr Bundesminister! Sie führen ein sehr umfangreiches Ressort. Es muß doch wohl möglich sein, aus diesem umfangreichen Ressort mit über 1 000 Beamten und Bediensteten einen A-


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 145

Beamten, einen B-Beamten und einen D-Beamten für diese nationale Behörde bereitzustellen, damit diese nationale Behörde auch kosten- und planstellenneutral aufgestellt werden kann.

Zum zweiten: die Frage der Einrichtung eines Beirates. Kollege Scheibner hat das ja schon angeführt. Ich glaube, daß es keinen Sinn macht, ein derartiges Gremium einzurichten, da die eigentlichen Aufgaben von dieser nationalen Behörde wahrgenommen werden könnten, weshalb die §§ 8 und 9 gestrichen werden sollten. Es gibt dafür keine sachliche Rechtfertigung, denn die einen Vertreter haben ja ohnehin die Kompetenz gemäß Gesetz, die anderen sind aufgrund ihrer Mitwirkungskompetenzen gemäß Bundesministeriengesetz beizuziehen. Ich sehe auch keine sachliche Rechtfertigung, hier die Sozialpartner mit einzubinden. Daher werden wir auch einen entsprechenden Abänderungsantrag auf Streichung des Beirates einbringen.

Zum dritten: die Frage der Festlegung des Strafausmaßes bei Verwaltungsübertretungen. Meine Damen und Herren! In diesem Gesetz wird eine Geldstrafe von bis zu 500 000 S normiert. Jeder weiß, daß diese 500 000 S für ein Unternehmen, das derartige Chemikalien ohne Bewilligung erzeugt, entwickelt, herstellt, erwirbt, lagert oder zurückbehält, eine Kleinigkeit sind gegenüber dem möglichen Profit, den man aus dem illegalen Handel oder dem illegalen Wirtschaften ziehen kann.

Daher wollen wir diese Bestimmungen geändert haben, und ich möchte dazu folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Hans Helmut Moser, Helmut Peter, Partnerinnen und Partner zur Änderung der Regierungsvorlage (36 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (37 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 13. Jänner 1993 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen (Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz – CWKG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. § 8 der Regierungsvorlage entfällt.

2. § 9 der Regierungsvorlage entfällt.

3. Die §§ 10 bis 14 erhalten die Bezeichnung 8 bis 12.

4. Der neue § 9 Abs. 1 erster Satz lautet:

"§ 9. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 500 000 S oder, im Falle eines gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verstoßenden Rechtsgeschäftes, mit einer Geldstrafe bis zur dreifachen Höhe der fakturierten Summe oder der empfangenen Zahlung, je nachdem welcher Betrag höher ist, zu bestrafen, wer:"

*****

Ich glaube, daß damit tatsächlich echte Sanktionsmaßnahmen gesetzt werden können.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß: Wir vom Liberalen Forum werden diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen. Wir meinen, daß damit die Umsetzung des internationalen Abkommens erreicht wird und daß diese Umsetzung auch zur Ächtung aller chemischen Waffen auf dem Kontinent und in der Welt notwendig geworden ist. Ich glaube, daß mit diesem Gesetz in Zukunft österreichische Unternehmungen nicht mehr in die Nähe der Produktion von Chemiewaffen gerückt werden können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Khol: Der Moser kann wirklich nicht kurz reden! Ich habe mich nicht getäuscht!)

20.58


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 146

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Der vom Abgeordneten Moser vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er wird in die Behandlung mit einbezogen.

Frau Mag. Kammerlander, Sie sind nunmehr am Wort.

20.58

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich im großen und ganzen eigentlich all dem anschließen, was meine Vorredner gesagt haben. Lassen Sie mich trotzdem noch einen kurzen Schwenk zur österreichischen Außenpolitik machen, weil sich das bei diesem Punkt natürlich etwas aufdrängt.

1993, bei einer Anfragebeantwortung haben Sie, Herr Kollege Mock, als Außenminister gesagt, Sie werden alles daran setzen, daß Österreich zu den Erstunterzeichnern dieser Konvention gehört. Das ist uns ganz offensichtlich nicht gelungen. Wir sind der 34. Staat, der diese Konvention nun ratifiziert. Sie wissen, erst wenn 65 Staaten diese Konvention ratifiziert haben, tritt sie wirklich in Kraft. Wir haben also bisher nicht gerade sehr große Anstrengungen gezeigt, daß dieser Beschluß umgesetzt werden kann und daß diese Konvention tatsächlich in Kraft tritt.

Wenn heute, wie es ausschaut, Einstimmigkeit herrschen wird im Haus, was nun diese Konvention und die Durchführungsgesetze betrifft, so wäre das ein guter Anlaß, darüber nachzudenken und daran anzuschließen – aber nicht wieder so viele Jahre vergehen zu lassen –, was noch notwendige Folgeschritte dazu wären. Denn darüber, glaube ich, sind wir uns auch ziemlich bald einig, daß dieses Durchführungsgesetz allein zu wenig ist.

Es wäre zum Beispiel eine Möglichkeit und auch eine Notwendigkeit, die Konvention noch weiter auszubauen oder zu unterstützen, vor allem in Richtung der großen Chemiewaffenbesitzer wie der Vereinigten Staaten, Großbritannien, Rußland oder China, indem wir uns dafür einsetzen, daß es eine internationale Konferenz zur Überprüfung und Unterstützung dieser Konvention gibt, um Öffentlichkeitsarbeit, Lobbyingarbeit zu leisten, aber auch medialen und politischen Druck auf diese Länder auszuüben.

Wenn hier schon angeführt wurde – dem können wir uns durchaus anschließen –, daß ein solcher Beirat, getreu nach dem Prinzip der Sozialpartnerschaft zusammengesetzt, in diesem Falle wirklich keinen Sinn macht und nicht wirklich ein Gremium ist, das überhaupt diese Konvention und diese Durchführungsbestimmungen kontrolliert, dann sollten wir aber jetzt nicht einfach diesen Beirat streichen, sondern dann wäre es wirklich dringend notwendig, darüber zu diskutieren, welche Maßnahmen gesetzt werden können oder müssen, damit es zu einer kontinuierlichen Evaluierung dieser Durchführungsbestimmungen und dieser Konvention kommt. Ob das nun eine Behörde, eine Abrüstungsbehörde, ob das nun eine Kommission ist, die aus Experten der Betroffenen oder der Ministerien zusammengesetzt ist, die damit beschäftigt sind, von Außen-, Wirtschafts-, Innen-, Verteidigungsministerium bis zum Bundeskanzleramt, wichtig ist, daß es eine offizielle Stelle, eine öffentlich beauftragte Stelle gibt, die diese Aufgaben wahrnimmt. (Abg. Scheibner: Das ist ohnehin das Ministerium!) – Ja, aber das muß ressortübergreifend sein, weil mehrere Ressorts damit zu tun haben. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Wir können ja darüber reden! Ich stelle ohnehin keinen Antrag. Aber man soll darüber reden und man soll darüber diskutieren, man soll das als Anlaß nehmen und nicht sagen: Wir haben das jetzt beschlossen und damit ist das erledigt. Das ist nicht erledigt! Es gehört eine Evaluierung her, es gehört ein jährlicher Bericht an die Bundesregierung und an das Parlament her. Vorbild könnte zum Beispiel auch die Schweiz sein, die das sehr wohl macht und wo das jährlich geprüft und von der Regierung und vom Parlament diskutiert wird.

Diesem Vorhaben und insbesondere dieser internationalen Konferenz, die übrigens eine Initiative der weltweiten Parlamentarierorganisation, der Parliamentarians for global actions, ist und die von Frankreich, von Deutschland und Holland unterstützt und sehr massiv betrieben wird, sollte sich Österreich jedenfalls anschließen, es sollte das Bemühen unterstützen, um mitzuhelfen, daß es nicht nur durch diese Konvention, sondern durch alle weiteren Schritte in dem


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 147

Bereich dann tatsächlich zu der Wirkung kommt, die wir uns alle erhoffen, nämlich größere Sicherheit und einen weiteren großen Abrüstungsschritt.

Ich bitte Sie, ich fordere Sie auf, das in den entsprechenden Ausschüssen und Gremien weiter zu diskutieren und nicht wieder so viele Jahre verstreichen zu lassen, sondern noch in dieser Legislaturperiode entsprechende weitere Anträge folgen zu lassen. Wir werden jedenfalls noch in den allernächsten Monaten an solchen Initiativen arbeiten, werden sie Ihnen unterbreiten und wir laden Sie ein, mit uns darüber zu diskutieren und sie gemeinsam dann einzubringen und zu beschließen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.03

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und zwar in die Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 73 der Beilagen unter Berücksichtigung der von Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Hiezu haben die Abgeordneten Scheibner und Genossen sowie die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen je einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Scheibner und Genossen sowie die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen haben jeweils einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der §§ 8 und 9 zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind um ein Zeichen. – Das ist eindeutig die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse nun über die §§ 8 und 9 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die hiefür Ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Damit erübrigt sich die Abstimmung über die beantragte Änderung der Paragraphenbezeichnungen.

Weiters haben die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 11 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Ich lasse nun über den § 11 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und ersuche wieder jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang, und zwar in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig .


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 148

Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen .

7. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (37 der Beilagen): Washingtoner Artenschutzübereinkommen-Durchführungsgesetz; WA-Durchführungsgesetz (74 der Beilagen)

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung. Das ist der Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (37 der Beilagen): Washingtoner Artenschutzübereinkommen-Durchführungsgesetz; (74 der Beilagen).

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Ich bitte, die Debatte zu eröffnen.

Berichterstatter Mag. Franz Steindl: Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erstatte Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (37 der Beilagen): Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 3. März 1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen.

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union muß die Rechtslage im Bereich des Übereinkommens über den Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen dem Regime der Europäischen Union angepaßt werden.

Der vorliegende Entwurf eines Bundesgesetzes soll das geltende Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 ersetzen.

Der Wirtschaftsausschuß hat den gegenständlichen Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 7. März 1996 in Verhandlung genommen.

Die Abgeordnete Ing. Monika Langthaler brachte einen Abänderungsantrag ein, der unter anderem in den Absätzen 1, 2 und 8 des § 11 sowie im Abs. 1 des § 13 jeweils das Ermessen durch eine bindende Anordnung ersetzt.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung der vorerwähnten Bestimmungen des Abänderungsantrages mit wechselnden Mehrheiten angenommen.

Die restlichen Bestimmungen des Abänderungsantrages erhielten nicht die erforderliche Mehrheit.

Ich habe noch folgende Druckfehlerberichtigung vorzunehmen: In den Absätzen 2 und 3 des § 7 haben jeweils in der Zitierung "Abs. 1 und 2" die Worte "und 2" zu entfallen.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt daher der Wirtschaftsausschuß den Antrag , der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Für diese Debatte wurde festgelegt, daß pro Fraktion ein Redner mit einer Redezeit von 10 Minuten und ein zweiter Redner mit einer Redezeit von 5 Minuten zu Wort kommt.

Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Abgeordnete Aumayr. Ich erteile es ihr.

21.09

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitlichen stimmen der Regierungsvorlage über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen, dem sogenannten Washingtoner-Arten


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 149

schutzübereinkommen, zu. Es ist ein längst überfälliges Gesetz, ein EU-Anpassungsgesetz. Das heißt, es war hier wieder einmal die EU die treibende Kraft.

Es gibt allerdings bereits Kritik von betroffenen Ländern. Österreich tut sich da ja relativ leicht, wir sind kaum betroffen. Kritik kommt aus Südafrika, und zwar dahin gehend, daß es in Südafrikas Nationalparks bereits zu einem Überbesatz an Elefanten gekommen ist, und Südafrika beklagt, daß für die Erhaltung der Nationalparks das Geld, das bisher aus dem Verkauf von Elfenbein und Elefantenleder erlöst werden konnte, fehlt. Ich bin mir aber sicher, daß es mehr als problematisch wäre, wenn hier eine Tür aufgemacht würde.

Die Kosten, die durch dieses Gesetz für Österreich entstehen, sind mit 1 320 000 S beziffert. Ich finde, diese 1 320 000 S sind gut angelegt. Trotzdem muß ich hinzufügen: Wenn von gefährdeten Tieren und Pflanzen die Rede ist, ist nicht nur über Länder außerhalb Europas etwas zu bemerken. Ich denke nur an den millionenfachen Mord an den Zugvögeln in Italien. Ich finde das schlichtweg einen Skandal, daß in einem EU-Land Jahr für Jahr kilometerlange Netze aufgespannt werden, darin millionenfach unsere Zugvögel gefangen werden und qualvoll verenden.

Nicht übersehen werden darf, daß auch daß bei uns in Österreich, in Europa, ein Artensterben eingesetzt hat, das wirklich besorgniserregend ist. Ganz leise und weitgehend unbemerkt von den Menschen sterben auch bei uns die Tiere und Pflanzen aus, die uns durch unsere Kindheit begleitet haben. Die roten Listen werden auch bei uns immer länger.

Wenn Sie jetzt im Frühling einen Wiesenblumenstrauß pflücken wollen, da müssen Sie schon weit gehen, und vielleicht finden sie irgendwo in einem Straßengraben ein paar staubige Margeriten oder Glockenblumen. Nur mehr robuste, starke Arten überleben unsere Wirtschaftsweise. Im Zeitraum von hundert Jahren sind in Österreichs Gewässern über 50 Fischarten ausgestorben. Der Weg führt leider weiter in diese Richtung. Was heißt weiter, er wird verstärkt in diese Richtung gegangen.

Genprodukte lösen jetzt herkömmliche Samenproduktionen ab. So wurde zum Beispiel beim Raps eine Genmanipulation vorgenommen, damit die Rapspflanze pestizid- und herbizidresistent ist, damit die Chemie weiterhin ihre satten Gewinne machen kann – und das alles auf dem Rücken unserer Lebensgrundlagen.

Die Konsumenten werden durch eine mickrige Kennzeichnung getäuscht und mit niedrigen Preisen der Genprodukte geködert.

Es ist ein völlig falscher Weg, der hier von der Politik gegangen wird. Als Feigenblatt werden jetzt auch bei uns bereits Nationalparks geschaffen und errichtet. Wir werden uns aber vor der Verantwortung kaum oder gar nicht drücken können, wenn uns unsere Kinder oder unsere Enkelkinder einmal fragen werden; Wo sind eigentlich die Junikäfer, wo sind die Marienkäfer geblieben? Und warum kann man Blumen eigentlich nur mehr im Geschäft kaufen oder im Garten pflücken? (Abg. Dr. Khol: Marienkäferln leben noch in Massen! – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Herr Kollege Schwarzenberger! Ob wir wirklich mit dem Argument bestehen können, wir haben statt dessen Arbeitsplätze geschaffen, wir haben Kraftwerke gebaut, wir haben Straßen gebaut, wir haben unsere Erträge in der Landwirtschaft erhöht – ich bezweifle das, Herr Kollege Schwarzenberger. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiterhin unerträglich ist auch die unterschiedliche Behandlung von Tieren, die vom Aussterben bedroht sind ... (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Herr Kollege Schwarzenberger! Sie können sich hier zum Wort melden und Ihre Meinung vertreten. Ich finde auch die unterschiedliche Behandlung von Tieren, die vom Aussterben bedroht sind, und von den sogenannten Nutztieren unhaltbar, Herr Kollege Schwarzenberger. Wer momentan mit offenen Augen auf unseren Straßen fährt, bemerkt eine dramatische Zunahme von LKWs, die Lebendtiere transportieren. Eine dramatische Zunahme, Herr Kollege Schwarzenberger!


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 150

Ich habe vor kurzem mit einem Lastwagenchauffeur, der einen Tiertransport durchgeführt hat, gesprochen. Da hat es minus 15 Grad gehabt und die Planken an der Bordwand dieses LKWs waren offen. (Abg. Schwarzenberger: Der gehört gestraft!) Ich habe ihn gefragt, ob das nicht zum Nachteil der Tiere ist, wenn er mit diesen offenen Planken auf der Autobahn mit 120 Stundenkilometer fährt. Wissen Sie, was ich zur Antwort bekommen habe?

Das ist gut so, denn durch die Kälte werden die Tier starr – und halten sich ruhig. (Abg. Schwarzenberger: Da hätten Sie die Nummer aufschreiben und eine Anzeige machen sollen!) Das ist unsere Wirtschaftsweise mit den sogenannten Nutztieren. Und Sie machen diesen Tiertransporten die Mauer, denn unser Minister hat sich in der EU nicht durchgesetzt, um dem endlich Einhalt zu gebieten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die EU steht völlig auf der Bremse, und ich muß wirklich sagen: Es ist einer humanistischen Gesellschaft unwürdig, so mit den Tieren umzugehen. Wir müssen wirklich schauen, daß das schnellstens geändert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsordnung!)

21.15

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Bitte, Herr Abgeordneter.

21.15

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Es ist heute das zweite Mal, daß sich als Kontraredner gemeldete Abgeordnete für einen Antrag aussprechen und damit an die erste Stelle der Rednerliste kommen.

Ich bitte das Präsidium, in Zukunft darauf zu achten, daß man, wenn sich aus den Ausschußberichten ergibt, daß die Dinge einstimmig vorgeschlagen werden, nicht von vornherein davon ausgeht, daß die Opposition kontra redet.

21.16

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Danke, ich habe es zur Kenntnis genommen.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Parfuss. Ich erteile es ihr.

21.16

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Problem ist bekannt. Der Handel mit exotischen und anderen gefährdeten Tieren und Pflanzen beruht auf einem simplen Prinzip: kaufen und verkaufen. Reiche Länder, und dazu gehört Österreich, kaufen. Menschen in diesen Ländern haben eine Grundmotivation, nämlich Wertvolles, Exotisches und Besonderes besitzen zu wollen.

Es ist bezeichnend, daß der Handel mit Gegenständen, wie zum Beispiel Taschen, Schuhe, Gürtel et cetera von artgeschützten Tieren um ein Vielfaches größer ist, als der Lebendtierhandel. Gerade in diesem Bereich fällt das Ungleichgewicht zwischen Erster und Dritter Welt besonders auf. Hier die Reichen, die sich mit artgeschützten Kreaturen und Produkten Statussymbole schaffen, und dort jene Menschen, die aus Überlebensgründen oft mit brutalsten Mitteln die Tiere jagen, um die exzentrischen Bedürfnisse mancher Europäer zu stillen. Zwischengeschaltet sind oft genug Geschäftemacher, die gewissenlos Profite machen.

Der Kreislauf funktioniert so lange, solange es Menschen gibt, die Produkte und Tiere kaufen. Es ist klar, daß der Handel mit artgeschützten Tieren nicht total abgestellt werden kann. Wichtig ist, daß auf internationaler Ebene, wie es dieses Washingtoner Artenschutzübereinkommen darstellt, illegaler Handel mit strengen Normen unterbunden wird.

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist die Rechtslage im Bereich des Übereinkommens über den Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen dem Regime der Europäischen Union anzupassen. Positiv ist, daß den Vollzugsbehörden nun Kontrollbefugnisse eingeräumt werden. Es ist aber unumgänglich, daß diese Kontrollen auch regelmäßig durchgeführt werden. Als äußerst positiv bewerte ich, daß bei Unregelmäßigkeiten beziehungsweise Unrechtmäßigkeiten erstmals eine strafrechtliche Verfolgung möglich ist.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 151

Bisher wurden diese Delikte als Verwaltungsübertretung gehandhabt. Wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, sind Händler, die illegal mit wertvollen Tieren gehandelt haben, schlußendlich mit einer Verwaltungsstrafe von nur 5 000 S davongekommen, obwohl der Wert der Tiere am heimischen Markt 1 Million Schilling betragen hat. Diese Geldstrafen werden nun empfindlich erhöht.

Da Österreich an die Reformstaaten grenzt, ist die Gefahr für illegalen Tiertransport natürlich besonders groß, denn die Reformstaaten haben das Washingtoner Artenschutzübereinkommen noch nicht unterzeichnet und daher keine entsprechenden Regelungen und Kontrollen. Deshalb schränken bessere Kontrollen und härtere Strafen in Österreich und in der EU den Markt mit artgeschützten Tieren ein.

Herr Minister! Es ist wichtig, daß wir auch Bewußtseinsarbeit leisten, um die Menschen zu informieren, welchen Kreislauf sie mit dem Kauf von Produkten und der Haltung artgeschützter Tiere unterstützen und fördern. Kaufverweigerung wäre, ohne Gesetz, die wirksamste Methode, dem schmutzigen Handel ein Ende zu setzen.

Unsere Fraktion wird diesem Durchführungsgesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.20

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Ich möchte bemerken, daß ich der Anregung nachgekommen bin. Es ist eine Ummeldung erfolgt, die allerdings an der Reihenfolge der Redner jetzt nichts ändert.

Zum Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.20

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin tatsächlich eine Kontrarednerin bei diesem Tagesordnungspunkt, weil die Grünen diesem Gesetz leider nicht zustimmen können, obwohl wir zugeben, daß es bei dieser Novelle einige kleine Verbesserungen gibt.

Österreich ist seit Anfang der achtziger Jahre Mitglied dieses Artenschutzübereinkommens, generell muß man aber nach wie vor feststellen, daß der Artenschutz sowohl international, aber gerade auch in Österreich ein Stiefkind der Politik war und ist. Es ist ein Anachronismus, daß bei uns – wir sind, glaube ich, das einzige Land in Europa – dieses Artenschutzübereinkommen nicht im Umweltministerium vollzogen wird, sondern im Wirtschaftsministerium. Wir haben in den letzten Jahren diesen Umstand immer wieder kritisiert und immer wieder gefordert, daß es zu einer Kompetenzänderung kommen soll und muß. Es hat aber jetzt im Zuge dieser Regierungsbildung wieder keine Veränderung gegeben, obwohl das in der Sache natürlich zweckmäßiger wäre.

Das sagen nicht nur die Grünen, sondern das besagen auch viele Untersuchungen und Studien. In einer Studie, die erst vor kurzem im Auftrag des Umweltministeriums erstellt wurde, ging es um den Vollzug des Artenschutzabkommens und die Erfahrung rund um dieses Artenschutzabkommen, und in den Schlußfolgerungen steht ganz eindeutig, daß das Wirtschaftsministerium als Vollzugsbehörde im Rahmen seiner nunmehr zehnjährigen Tätigkeit nur wenige echte Initiativen für eine Verbesserung des Vollzugs dieses Abkommens in Österreich gesetzt hat. Probleme, die seit Jahren bekannt sind, wurden nicht angegangen, es wurde nichts nachgebessert. Die Conclusio lautet: Die Alternative dazu wäre, die Kompetenz an eine Behörde abzugeben, die gewillt ist, dies zu tun.

Unserer Meinung nach wäre das das Umweltministerium, und es ist schade, daß ein so aufgeblähtes Ressort wie das Wirtschaftsministerium, bei dem nach wie vor sehr viele ganz unterschiedliche Agenden angesiedelt sind, nicht dazu bereit war, einen so kleinen, aber für die Ökologie wichtigen Bereich an das sehr kleine und noch wenig kompetente Umweltministerium abzugeben. – Das ist der erste Punkte der Kritik der Grünen und einer der Gründe, weshalb wir diesem Gesetz nicht zustimmen können.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 152

Aber es gibt noch eine Reihe anderer Gründe, die in der Sache wahrscheinlich noch viel krasser sind. – In dieser Studie, die ich vorher zitiert habe, steht ganz eindeutig, daß Österreich eine Drehscheibe für illegalen Handel mit gefährdeten Arten ist. Wenn man sich diese oder Studie durchliest, in deren Rahmen an verschiedene europäische Länder Fragebögen ausgeschickt wurden, um zu recherchieren, wie denn Österreich dieses Abkommen tatsächlich vollzieht und wie gut die Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten ist, dann kommt man zu sehr ernüchternden Aussagen: Besonders aus der Bundesrepublik Deutschland wurde gemeldet – ich zitiere wörtlich –, "daß offensichtlich ist" – so sagen die deutschen Behörden –, "daß kriminelle Organisationen, die für den europäischen Schwarzmarkt Tiere schmuggeln, Österreich als Zwischenstation und Depot und Österreicher als Handlanger, Kuriere und Schmuggler benutzen". – Das steht wörtlich in dieser Studie.

Wir haben, auch mit verschiedenen Abänderungsanträgen, die ich heute zum Teil nochmals einbringe, versucht, den Vollzug und vor allem die Kontrolle dieses Abkommens zu verschärfen. Wir sind jedoch leider im Ausschuß in der Minderheit geblieben.

Einen Absatz aus dieser Recherche für das Umweltministerium möchte ich Ihnen noch vorlesen: Unter dem Titel "Organisierte Artenschutzkriminalität" findet sich folgendes wörtliche Zitat: "Die in Österreich für die Bekämpfung dieses Zweigs organisierter Kriminalität bestehenden rechtlichen und organisatorischen Möglichkeiten sind so unzureichend, daß Österreich für lukrative Märkte des illegalen Tierhandels zum Depotland geworden ist und Österreicher als Schmuggler für transnationale, kriminelle Organisationen tätig sind, weil dies hier risikolos möglich ist."

Mehrmals wird in dieser Untersuchung und Recherche darauf hingewiesen, daß es notwendig wäre, auf diesem Gebiet national Verschärfungen vorzunehmen, und daß dies selbstverständlich im Rahmen einer Novelle dieses Artenschutzübereinkommens möglich gewesen wäre. Sie haben sich jedoch davor gescheut. Das liegt wahrscheinlich weniger daran, daß Sie prinzipiell gegen Verbesserungen sind, sondern es liegt vor allem daran, daß es von der Politik so wenig Interesse an diesem Bereich gibt und daß die Lobby dafür nach wie vor wahrscheinlich zu schwach ist, daß es aber doch hie und da sehr, sehr starke Wirtschaftsinteressen gibt, die einem wirklich scharfen Vollzug entgegenstehen.

Ein weiteres Beispiel, weshalb wir dieser Novelle nicht zustimmen können, hat europäische Dimension und zeigt, daß das Europäische Parlament nach wie vor, gerade in Bereichen wie dem Umweltschutz oder Tierschutz, von der Exekutive, nämlich von der Kommission, offensichtlich nicht ernst genommen wird. Das Europäische Parlament hat jahrelang dafür gekämpft, daß es ein Importverbot von Tieren gibt, die mit sogenannten Tellereisen gefangen wurden: Das ist eine besonders schmerzhafte Art des Tierfangs, die natürlich vor allem deshalb angewendet wird, damit man eine gute Pelzqualität und Fellqualität erhält, denn bei Schußwunden könnten die Pelze selbstverständlich nicht entsprechend verarbeitet werden. Diese Initiative des Europäischen Parlaments war insofern erfolgreich, als es bereits 1991 – nach einer wirklich fast zehnjähriger Diskussionsphase – eine sehr, sehr große Mehrheit im Europäischen Parlament sowohl für ein generelles Verbot dieser Tellereisenfangweise in Europa einerseits als auch für ein Verbot des Importes von Tieren, die mit solchen Methoden getötet wurden, andererseits gegeben hat

Nun ist es ein Faktum, daß der erste Teil dieser Verordnung Gott sei Dank umgesetzt wurde; auch in Österreich und in anderen europäischen Ländern ist diese Fangmethode verboten. Was aber dann passiert ist, ist ein – wie ich meine – rechtliches Kuriosum: Die Kommission hat nämlich begonnen, diesen Beschluß von 1991 zu konterkarieren, indem sie die notwendigen Durchführungsbestimmungen nicht formuliert beziehungsweise beschlossen hat.

Das Europäische Parlament hat daraufhin noch einmal eine Initiative gestartet und hat am 14. 12. 1995 mit einer überwältigenden Mehrheit – nämlich mit 260 gegen 46 Stimmen – für das Inkrafttreten dieser Verordnung gestimmt. Trotzdem hat die Europäische Kommission wenige Tage später an die entsprechenden Vollzugsstellen – vorwiegend an die Zollstellen der einzelnen Mitgliedstaaten – eine Anordnung herausgegeben, daß diese Verordnung, obwohl sie selbstverständlich EU-Recht darstellt, nicht umgesetzt werden soll. Das heißt, ein Gesetz wurde


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 153

beschlossen, es ging durch den Ministerrat und mit überwältigender Mehrheit durch das Europaparlament und wurde dann von der Kommission schlichtweg auf kaltem Weg wieder entsorgt: Denn es gibt sowohl amerikanisches als auch kanadisches Interesse, nach wie vor Tiere nach Europa zu exportieren, die mit dieser Fangweise grausam getötet worden sind.

Nun gibt es das Argument – auch Frau Abgeordnete Tichy-Schreder hat es mir gegenüber genannt –, daß angeblich besonders indigene Völker an dieser Art des Tierfanges und der Tiertötung beteiligt wären. Ich habe mir deshalb den Ausschußbericht des Europaparlaments noch einmal angeschaut, und siehe da: Es widerspricht diesem Argument ganz stark. Denn im Ausschußbericht steht eindeutig, daß Tellereisen keineswegs Teil indigener Kulturen sind. Nur zwei Prozent der Indigenen in Kanada sind Fallensteller, und in den USA liegt deren Anzahl im Promillebereich, die durchschnittlichen jährlichen Einkommen von indigenen Fallenstellern liegen unter 3 000 S, sind also absolut vernachlässigbar.

Die Lobbies, die dahinter sind, daß die Verordnung nicht vollzogen wird, sind nach wie vor große Wirtschaftslobbies. Sie haben erreicht – und das halte ich aus rechtlicher Sicht für eine fürchterliche Episode im Europarecht –, daß die Kommission ein Votum einfach nicht zur Kenntnis nimmt und eine bestehende Verordnung mehr oder weniger kalt entsorgt.

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag der Grünen ein: Einige Punkte davon sind ja im Ausschuß mitbeschlossen worden. Ich möchte mich auch beim Wirtschaftsminister bedanken, der in dieser Frage bei einigen Punkten sehr kooperativ war. In anderen – wie zum Beispiel bei dieser Tellereisenverordnung, die wir in nationales Recht einfügen wollten – sind wir in der Minderheit geblieben.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler, Freundinnen und Freunde

betreffend den Bericht des Wirtschaftsausschusses (74 der Beilagen) über die Regierungsvorlage betreffend das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 3. März 1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (Washingtoner Artenschutzübereinkommen-Durchführungsgesetz; WA-Durchführungsgesetz) (37 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. In § 9 Abs. 1 erster Satz wird nach der Wortgruppe "und des Anhanges C Teil I", die Wortgruppe "sowie Lebendtiere des Anhanges C Teil II" angefügt.

2. § 10 wird abgeändert wie folgt und lautet:

"Als Ausnahme von den Verboten des Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82 gelten die Ausnahmen gemäß Abs. 1 lit. a jedoch nur hinsichtlich Arten des Anhangs C Teil 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3626/82, für alle anderen Arten des Anhanges I des Übereinkommens soll der Zeitpunkt gelten, an dem das Übereinkommen auf dieses Exemplar Anwendung fand, lit. b, lit. c, sofern es sich um unter wissenschaftlicher Aufsicht stehende Forschungs-, Lehr- und Zuchtzwecke handelt, wobei zumindest zwei dieser genannten drei Kriterien erfüllt sein müssen, wobei die Zuchtzwecke nachweislich der Erhaltung der Art dienen müssen, sowie lit. d des Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3626/22 zugelassen."

3. § 11 Abs. 9 wird folgender Absatz 10 hinzugefügt:

"(10) Diese Verordnung ist durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, bis spätestens 31. 12. 1996 zu erlassen."

4. § 13 Abs. 4 wird folgender Absatz 5 hinzugefügt:

"(5) Diese Verordnung ist durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, bis spätestens 31. 12. 1996 zu erlassen."


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 154

5. § 14 wird folgender § 14a hinzugefügt:

"(1) Die Verbringung von Pelzen der in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 genannten Tierarten und der anderen in Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 aufgeführten Waren – sofern diese Waren Pelze der in Anhang I genannten Arten enthalten – nach Österreich ist ab 1. Juli 1996 verboten, es sei denn, der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten stellt fest, daß in dem Ursprungsland der Pelze angemessene Rechts- oder Verwaltungsvorschriften über das Verbot der Verwendung von Tellereisen in Kraft sind.

(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat bis spätestens 1. Juli 1996 eine Liste derjeniger Länder zu veröffentlichen, die die Forderungen gemäß Abs. 1 erfüllen."

6. § 19 Abs. 6 wird folgender Absatz 7 hinzugefügt:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat dem Nationalrat im Abstand von drei Jahren ab Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes einen Bericht über die Vollziehung des Washingtoner Artenschutzabkommens vorzulegen."

*****

Nach diesem Vortrag sind Sie sicher alle der Meinung, daß die grünen Anträge vollinhaltlich zu unterstützen sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.32

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Der Schlußsatz bestand sozusagen aus mehreren grammatikalischen Sätzen.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Klara Motter. Ich erteile es ihr.

21.32

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte die Beschlußfassung dieses Gesetzes zum Anlaß nehmen, dessen Wichtigkeit aus tierschützerischer Sicht hervorzuheben.

Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen ganz kurz doch ein paar Daten darüber nahebringe, wie es wirklich mit der Gefährdung unserer Tiere auf der ganzen Welt aussieht.

Meine Damen und Herren! Im Durchschnitt sterben auf der Erde derzeit pro Tag fünf Tierarten aus. In wenigen Jahrzehnten werden 10 Prozent aller bekannten Tierarten ausgestorben sein. Allein 168 Vogelarten sind vom Aussterben bedroht, 235 stark gefährdet und 704 weltweit gefährdet. Laut Vogelschutzorganisation Bird Life International werden in den nächsten 20 Jahren 200 Arten aussterben. Weiters sind von den bekannten Tierarten das Breitmaulnashorn, der Sibirische Tiger, die Karettschildkröte, der Kragenbär, der Chinesische Panda und der Rote Thunfisch nur noch mit allergrößter Anstrengung zu retten.

Unter diesem Aspekt ist die Tatsache, daß im illegalen Tierhandel weltweit bereits 60 Milliarden Schilling umgesetzt werden, ein Anachronismus. Wir haben zwar das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, allerdings wird dieses wichtige Abkommen teilweise immer noch ungenügend umgesetzt. Das liegt daran, daß, wie bei der letzten Artenschutzkonferenz festgestellt wurde, jedes dritte Land der Welt noch immer keine Artenschutzgesetzgebung hat. So kennen zum Beispiel Polen, die Slowakei und Griechenland dieses Gesetz überhaupt nicht. Und in nur jedem fünften Land entspricht die Gesetzgebung den Vorstellungen des Artenschutzabkommen in etwa.

Meine Damen und Herren! Solange der Handel mit bedrohten Tierarten solche Gewinne verspricht, wie sie derzeit möglich sind, solange etwa für einen südamerikanischen Papagei eine halbe Million Schilling und für einen seltenen Kaktus 75 000 S bezahlt werden, solange die Begehrlichkeit nach Elfenbein nicht abnimmt und Abergläubische Unsummen für Nashornpulver bezahlen, weil es als Wundermittel gegen Impotenz gilt, solange vor allem der medizinische Handel besonders im asiatischen Raum mit völlig irrationalen Versprechungen an potentielle


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 155

Kunden weiterhin boomt, so lange werden die Artenschützer leider gegen Windmühlen kämpfen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Daß Sie mich nicht falsch verstehen: Wir wollen keine weitere Aufblähung der Bürokratie, was bedeutet, daß es mehr Beamte gibt, die die einschlägigen Bestimmungen überwachen. Vielmehr geht es uns um die Förderung des Umdenkens von Menschen, und ich glaube, wir sind alle aufgerufen, dafür zu sorgen, daß das Umdenken Platz greift. Das kann jedoch nicht durch ein Mehr an Bürokratie bewirkt werden. Vor allem ist ein Umdenken in den Ländern des Nordens gefordert, in denen es immer noch Nachfrage nach solchen sogenannten Luxusartikeln gibt.

Auch Österreich hat sich lange zur Verabschiedung eines Gesetzes zur Umsetzung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens aus dem Jahre 1973 Zeit gelassen. Acht Jahre hat es gedauert, bis endlich ein Durchführungsgesetz beschlossen wurde, und auch dieses beinhaltet immer noch Mängel. So ist die effiziente Kontrolle auf den Flughäfen noch immer nicht gewährleistet; Auffanglager für beschlagnahmte Tiere gab und gibt es bis heute nicht.

Auch in Österreich haben einige Bundesländer die dringend notwendigen Durchführungsverordnungen noch immer nicht beschlossen. Meine Damen und Herren! Ich glaube daher, daß mit dem Volksbegehren, das in dieser Woche gestartet wurde, zu Recht ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz gefordert wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daß wir nun unser Gesetz im Bereich des internationalen Handels mit gefährdeten Arten dem EU-Recht anpassen müssen, ist positiv zu beurteilen, da die EU-Verordnungen und EU-Richtlinien in manchen Punkten über unser bisheriges unvollständiges Gesetz hinausgehen. – Hervorzuheben an der jetzigen Vorlage sind die weitgehenden Kontrollbestimmungen, vor allem für die Durchfuhr von geschützten Arten und deren Erzeugnissen, sowie die Aufnahme von gerichtlichen Strafbeständen.

Meine Damen und Herren! Wir hätten es auch für sinnvoll erachtet, die Auskunftspflicht zu erweitern, und zwar nicht nur auf von der Ausrottung bedrohte Tiere, sondern auch auf die besonders gefährdeten Tierarten, welche vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in Österreich eingeführt wurden.

Ich möchte festhalten, daß wir Liberalen den Ziffern 1, 5 und 6 des Abänderungsantrages der Grünen unsere Zustimmung geben und daher in zweiter Lesung eine getrennte Abstimmung verlangen. Wir werden allerdings in dritter Lesung zustimmen, da dieses Gesetz immerhin eine Verbesserung gegenüber der jetzigen Lage darstellt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Darüber hinaus wäre uns die geforderte Ergänzung des § 14 ein Anliegen, in dem es um das Verbot der Einfuhr von Pelzen aus Ländern geht, die immer noch die tierquälerischen Tellereisen verwenden. Sie wissen, daß wir Liberale für die Förderung des freien Welthandels eintreten, wo immer es geht, und Protektionismus ablehnen. Doch gerade deshalb ist es uns in diesem Zusammenhang ein Anliegen, darauf hinzuweisen, daß der Freihandel gerade dort seine Grenzen hat, wo eine – noch dazu unverhältnismäßig große – Beeinträchtigung von Lebewesen gegeben ist.

Aus diesem Grund wäre es auch legitim, das Einfuhrverbot auf alle Pelze aus solchen Ländern auszuweiten, da hier nicht mehr unterschieden werden kann, ob diese Pelztiere mit Fallen gefangen werden oder aus Tierfarmen kommen, die im übrigen auch hochgradig tierquälerisch sind.

Abschließend: Die Liberalen würden es auch für sinnvoll erachten, wenn die Kompetenzen für dieses Gesetz ins Umweltministerium wandern, denn dann hätte dieses zahnlose Ministerium endlich neue Kompetenzen. Denn außer in Österreich ist weltweit nur noch in Japan und in Monaco das jeweilige Umweltministerium nicht für den Vollzug des Artenschutzabkommens zuständig. Einer Doppelzuständigkeit, wie die Grünen es in ihrem Antrag verlangen, können wir Liberalen nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.40


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 156

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder:
Ich trage nach, daß der Abänderungsantrag der Abgeordneten Monika Langthaler, Freundinnen und Freunde ordnungsgemäß eingebracht wurde, entsprechend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Salzl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.40

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten und beschließen – wie ich hoffe – heute ein Bundesgesetz zur Regelung des internationalen Handels mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen. Darüber bin ich froh, und auch wir Freiheitliche unterstützen dieses Vorhaben.

Tier- und Artenschutz wird zu einem immer größeren Anliegen für viele Österreicherinnen und Österreicher, und darum ist es höchste Zeit, daß umfangreiche Regelungen, die großteils, wie schon erwähnt, von der EU vorgegeben werden, auch in Österreich umgesetzt werden. Gerade aufgrund unseres Beitritts zur Europäischen Union und der Tatsache, daß unsere EU-Außengrenze ziemlich lang ist, wird Österreich immer mehr zu einem Handels- und Umschlagplatz für exotische Tiere und gefährdete Arten. Es fordern daher sehr viele Tierschutzorganisationen, daß internationale Bestimmungen, wie eben dieses Washingtoner Artenschutzabkommen, in der nationalen Gesetzgebung, aber auch in der Vollziehung endlich effizient und konsequent umgesetzt werden. Die Tierschützer fordern aber auch, daß die Artenschutzagenden vom Wirtschaftsministerium in die Kompetenz des Umweltministeriums übertragen werden, und zwar mit der Begründung, daß Artenschutz nicht primär Angelegenheit wirtschaftlicher Interessen sein darf, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Tierschützer haben in diesem Punkt offensichtlich kein Vertrauen mehr zum Wirtschaftsminister, denn zu oft wurde bereits Tierschutz den wirtschaftlichen Interessen geopfert.

Wie groß die Profite auf diesem Gebiet sind, zeigt sich daran, daß für seltene geschützte Tiere oftmals Unsummen bezahlt werden. So erzielen manche Vogelarten auf dem Schwarzmarkt weit über 100 000 S. Für manche Papageienarten, etwa für Pärchen Hyazinth, werden bis zu 350 000, 400 000 S bezahlt. Man darf sich daher nicht wundern, daß hochkriminelle und bestens organisierte Vereinigungen aus Profitgier einen illegalen Handel mit aussterbenden Tieren und deren Produkten betreiben. Es ist Österreich – ich zitiere jetzt eine Tageszeitung – wegen seiner uneinheitlichen, laschen Gesetze zur Drehscheibe des illegalen Handels mit aussterbenden Tieren für ganz Europa geworden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von fünf Tieren erreicht nur eines lebend den Händler in Österreich. Angesichts dieser Tatsache verstehe ich natürlich die Emotionen von Tierschützern, die oftmals hochgehen, denn auch in Österreich gibt es eine Vielzahl von Tieren und Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind.

Da Frau Abgeordnete Langthaler die Problematik des Tierfanges mit Tellereisen ganz besonders nachdrücklich angeführt hat, möchte ich darauf hinweisen, daß auch in Österreich aufgrund der unterschiedlichen Tierschutzgesetze und der unterschiedlichen landesgesetzlichen Regelungen in den Jagdgesetzen noch immer derartige Schlageisen in Verwendung sind. Wir Freiheitlichen unterstützen und begrüßen daher auch das Volksbegehren, das derzeit läuft, in welchem ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz gefordert wird, damit man mit Hilfe von Mindeststandards und Mindestnormen derartige Unsitten in den Griff bekommt und wirklich eine bundeseinheitliche Regelung getroffen werden könnte. Ich wünsche den Initiatoren dieses Volksbegehrens viel Erfolg und ersuche alle Österreicherinnen und Österreicher – und auch die hier Anwesenden –, dieses Volksbegehren massiv zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 157

21.45


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 158

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.45

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dieses heute zu behandelnde Washingtoner Artenschutzabkommen wurde bereits am 3. März 1973 in Washington abgeschlossen und trat 1975 in Kraft. Im wesentlichen basiert es auf drei Anhängen, die unterschiedlich strengen Schutzkategorien entsprechen. Ursprünglich umfaßten die Anhänge etwa 600 Tier- und nur einige Pflanzenarten, heute sind es bereits 2 000 Tier- und über 30 000 Pflanzenarten weltweit.

Der vorliegende Entwurf des Bundesgesetzes – das im übrigen eine EU-Anpassung darstellt – soll das geltende Bundesgesetz aus 1981 ersetzen. Das einschlägige Recht der EU muß übernommen werden, nur in einzelnen Bereichen ist den Mitgliedstaaten ein Regelungsbereich vorbehalten geblieben.

In diesem Artenschutzabkommen wird auch der Transport dieser Tiere und Pflanzen geregelt, wobei ich darauf hinweisen möchte, daß wir hier vor wenigen Wochen das Abkommen über die Tiertransporte im Luftverkehr beschlossen haben, das wesentlich auch die jetzt diskutierten Bereiche betrifft. In diesem Abkommen geht es um die Vorschriften für den Transport lebender Tiere oder Pflanzen, etwa um Transportdauer, Beschaffenheit der Transportbehältnisse, Betreuung und Pflege während des Transportes und die Transportfähigkeit, und genau diese Positionen haben wir im Tiertransportgesetz Luft geregelt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Jetzt müssen wir aber sozusagen etwas weiter gehen: Denn solange die Verbilligung von Lebensmitteln nicht nur in den Industriestaaten das einzige Ziel der Gesellschaft ist, tragen auch alle Konsumenten, Handelsketten und Verarbeitungsbetriebe eine hohe Schuld. Solange Handelsketten gerade Fleischprodukte oder Milchprodukte als billige Lockartikel verwenden, zwingen sie natürlich den Bauern, möglichst rationell zu wirtschaften und Kosten einzusparen, wo es nur geht. – Die Bauern selbst würden niemals Tiere quälen, im Gegenteil: Jeder Bauer hat Interesse daran, daß es seinen Tieren gutgeht. Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung stellt zwei Drittel der gesamten Wertschöpfung in der Landwirtschaft dar, daher ist das Interesse der Bauern am Wohlergehen der Tiere verständlich, denn ein Tier, das sich wohl fühlt, gedeiht auch besser.

Die in der Zwischenzeit von allen Bundesländern getroffene Artikel-15a-Vereinbarung zur Vereinheitlichung des Tierschutzes stellt, glaube ich, einen sehr wesentlichen Schritt dar. Die Bundeskompetenz allein wird jedoch nicht ausreichen. In diesem Zusammenhang ist das Tiertransportgesetz ein sehr gutes Beispiel: Wir haben in Österreich ein vorbildliches Tiertransportgesetz beschlossen. Da der Bund jedoch keine entsprechenden Einrichtungen und keine entsprechende Struktur hat, muß es von den Ländern in mittelbarer Bundesverwaltung kontrolliert und überwacht werden; und diese Überwachung und Kontrolle ist eher mangelhaft, und hier setzt die Kritik an.

Ähnlich würde es sich auch mit einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz verhalten, das wiederum die Länder exekutieren müssen. Deshalb müssen wir an einem reibungslosen und effizienten Vollzug größtes Interesse haben. Das gilt gerade im ÖPUL-Bereich, denn über 180 000 Bauern in Österreich haben sich bereits für umweltgerechte Landwirtschaft entschieden und erhalten dafür auch Prämien. Das zeigt, daß der Großteil unserer Bauern bereits auf Handelsdünger und Pflanzenschutzmittel verzichtet. Dort, Frau Abgeordnete Aumayr, sind auch noch Blumenwiesen bei uns vorhanden. Sie können ab Mitte Mai oder im Juni meinen Betrieb aufsuchen. Ich verwende schon länger als 20 Jahre keinen Handelsdünger und keine Pflanzenschutzmittel mehr. Daher gibt es bei mir auch Blumenwiesen. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Aumayr. )

Deshalb möchte ich noch einmal alle Konsumenten hier aufrufen, auch bei den Lebensmitteln österreichische Produkte zu verwenden und darauf zu achten, daß es sich nicht um Importprodukte handelt. Sie tragen das AMA-Gütezeichen, das eine Garantie dafür darstellt, daß bei Fleischwaren und Milchprodukten 100 Prozent der Urproduktion aus Österreich stammen. – Das ist die beste Gegenmaßnahme gegen untragbare Importe. (Beifall bei der ÖVP.)

21.50

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Der Berichterstatter verzichtet auf ein Schlußwort.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und zwar in die Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 74 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen Zusatz- sowie Abänderungsanträge eingebracht. Frau Abgeordnete Motter hat getrennte Abstimmung verlangt.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Anträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 9 Abs. 1 bezieht, und ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über § 9 Abs. 1 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 10 eingebracht, und ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse nun über § 10 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines Abs. 10 im § 11 sowie eines Abs. 5 im § 13 zum Inhalt hat, und ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ein Zusatzantrag der Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen bezieht sich auf die Einfügung eines neuen § 14a.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung eines Abs. 7 im § 19 eingebracht, und ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich komme ich nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit . Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen .


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 159

8. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (38 der Beilagen): Notifikationsgesetz – NotifG (75 der Beilagen)

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage 38 der Beilagen, Notifikationsgesetz (75 der Beilagen).

Berichterstatter ist abermals Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Ich bitte, die Debatte zu eröffnen.

Berichterstatter Mag. Franz Steindl: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (38 der Beilagen): Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und Normen.

Das Bundesgesetz muß im Hinblick auf den Beitritt Österreichs zur EU und eine Novellierung der umgesetzten Richtlinie 83/189/EWG, ABl. Nr. L 109 vom 26. April 1983, S 8, angepaßt werden.

Der Wirtschaftsausschuß hat den gegenständlichen Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 7. März 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, ersuche ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Die Debatte wurde auf eine "Wiener Stunde" beschränkt. Daher ergeben sich folgende Gesamtredezeiten in Minuten ausgedrückt: SPÖ 15, ÖVP 14, Freiheitliche 13, Liberales Forum und Grüne je 9 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Ich erteile es ihm.

21.53

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das heute hier dem Nationalrat zur Beschlußfassung vorliegende Notifikationsgesetz mag auf den ersten Blick als rein technische Anpassung an eine entsprechende EU-Richtlinie erscheinen, aber hinter all diesen Definitionen im Gesetz steckt ein für die heimische Wirtschaft enorm wichtiger materieller Gehalt. Eine kleine, offene Volkswirtschaft wie die österreichische ist in äußerst starkem Maß auf eine erfolgreiche Außenhandelstätigkeit angewiesen. Diesem Umstand wurde unter anderem auch von der neuen Bundesregierung im Rahmen ihres Programmes zur Exportoffensive Rechnung getragen.

Das Setzen von Rahmenbedingungen, die möglichst günstige Voraussetzungen für die Exportwirtschaft und die damit verbundenen Arbeitsplätze schaffen, ist eine Seite, die sich vor allem auf nationaler Ebene abspielt. Sie umfaßt etwa entsprechende Förderungen, Ansiedlungsprogramme und Ausbildungsmaßnahmen. Auf der anderen Seite müssen wir aber beachten, daß im Zuge der immer weiter fortschreitenden internationalen Arbeitsteilung, aber insbesondere auch im Gefolge der Bildung von neuen Handelsblöcken zusätzliche Herausforderungen entstehen. Dabei ist festzustellen, daß insbesondere innerhalb von Handelsblöcken ein deutlicher Abbau von Zöllen, zollgleichen Abgaben und mengenmäßigen Restriktionen zu verzeichnen ist.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 160

Gleichzeitig gewinnen technische Handelshemmnisse zunehmend an Bedeutung und sind in der Lage, neue Barrieren aufzubauen. Kommt es hier nicht zu relativ raschen Harmonisierungen einzelstaatlicher Vorschriften, so mag dies zwar unter Umständen einzelnen Ländern beziehungsweise einzelnen Unternehmen Vorteile bringen, für das Gesamtsystem bedeutet es aber ineffiziente Handelsstrukturen. Ein rechtzeitiger und möglichst vollständiger Informationsaustausch über beabsichtigte oder in Einzelfällen bereits eingeführte Maßnahmen auf dem Gebiet technischer Vorschriften und Normen trägt somit dazu bei, das Entstehen neuer Handelshemmnisse auf diesem Gebiet zumindest zu erschweren. Dies gerade auch im Lichte des neuen WTO-Abkommens.

Interessant ist dabei unter anderem, daß die Bandbreite der technischen Vorschriften, die unter dem Gesetzentwurf zu subsumieren sind, relativ weit gefaßt ist. So werden als technische De- facto-Vorschriften unter anderem auch technische Spezifikationen beziehungsweise sonstige Vorschriften verstanden, die mit steuerlichen oder finanziellen Maßnahmen verbunden sind, welche auf den Verbrauch der Erzeugnisse Einfluß haben. Für die heimische Wirtschaft, sehr geehrte Damen und Herren, wird es aber nicht nur von großer Bedeutung sein, möglichst ohne Zeitverzögerung Informationen über technische Vorschriften und Normen in anderen Ländern der EU zu bekommen, um die Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können, sondern auch entsprechend am Prozeß der Setzung von EU-weiten technischen Vorschriften und Normen selbst mitzuwirken. Daher ist vor allem auch die Innovationskraft und Forschungsbereitschaft der Klein- und Mittelbetriebe gefordert.

Ein komplexes Werk an Regelungen für europäische Zulassungen, Prüf- und Zertifizierungsstellen, einheitliche Prüfungsverfahren, einheitliche Normen und Vorschriften sowie einheitliche Kennzeichnungen der Produkte ist somit im Entstehen. Auch in diesem Bereich hat der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gesichert, daß wir in vollem Maß mitarbeiten können, um auch das in vielen Bereichen gegebene heimische Qualitätsniveau in die entsprechenden EU-Vorschriften, EU-Normen und Grundlagendokumente einzubringen.

Es ist daher selbstverständlich, daß meine Fraktion – aber ich freue mich, daß auch alle anderen Fraktionen dies tun – dieser Vorlage ihre Zustimmung gibt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.58

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist noch der Abgeordnete Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Präsenz ist besser als beim Bergrecht, darum bin ich sehr froh, Ihnen das Notifikationsgesetz einmal etwas näherbringen zu können. Es ist eine wichtige Materie, vielleicht nicht mitreißend, aber was verbirgt sich hinter dieser Wortschöpfung? – Es geht um die Verwirklichung der Grundfreiheiten in der EU, und zwar um die Beseitigung von Handelshemmnissen, wie Kollege Eder schon gesagt hat.

Bisher wird vielfach versucht, den eigenen Markt durch Besonderheiten im Vorschriftenwesen abzusichern, die etwas von den internationalen Standards abweichen. Man versucht, damit den Markt etwas zu schützen. Jedes Land hat im Laufe der Zeit eigene Tricks entwickelt, um sich vor dem Wettbewerb aus dem Ausland ein bißchen abzuschirmen. Vor allem Exporteure, die zum Beispiel nach Frankreich exportieren wollen, können ein Lied davon singen.

Die Unterschiede im technischen Vorschriftenwerk sollten beseitigt werden. Man stellt sich das so vor: Die Vorschriften sind vereinheitlicht, und schon fließen ungehindert die Warenströme hin und her und es kann eine Exportoffensive stattfinden. – So einfach, wie man sich das vorstellt, ist es nicht. Zuerst muß man da einen ungeheuer großen bürokratischen Apparat anwerfen. Das läuft so, daß die österreichischen Normenersteller, das sind das Normungsinstitut und der ÖVE, Normen erarbeiten, und sie reichen dann bei der sogenannten zuständigen Stelle – was immer das sein mag –, beim zuständigen Ministerium ein. Dieses Ministerium leitet diese Vorschrift an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten weiter. Dann wird diese Vorschrift


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 161

vom Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten an die Kommission nach Brüssel weitergeleitet. Die Kommission in Brüssel verteilt diese überarbeitete Vorschrift an die zuständigen Stellen der anderen EU-Länder, dort werden Stellungnahmen eingesammelt, und schließlich werden dann die Stellungnahmen wieder zurück an die Normenersteller ermittelt; und das Spielchen läuft da capo ab.

Einfach wird es also nicht sein, aber es besteht doch die Hoffnung, daß doch durch diese Vereinheitlichung des Normenwesens der österreichischen Wirtschaft Chancen eröffnet werden.

In diesem Zusammenhang könnte man aber auch die Tätigkeit, die Kosten und die Aufwände des österreichischen Normungsinstitutes hinterfragen, das ja doch eine Vielzahl von Mitarbeitern und Normenausschüssen beschäftigt. Meinen Informationen nach beschränkt sich die Tätigkeit des Normungsinstitutes in den letzten Jahren eigentlich nur mehr auf das Übersetzen von CEN- und CENELEC-Normen, da die eigene österreichische Normungstätigkeit aufgrund der geringen Bedeutung der österreichischen Normen auf den internationalen Märkten zum Erliegen gekommen ist. Einige Serviceleistungen werden auch vom Normungsinstitut übernommen.

Ich könnte mir vorstellen, daß in diesem Bereich bei sorgfältiger Überprüfung einige Einsparungsmöglichkeiten im Sinne des Sparpakets möglich wären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen stimmen nur zähneknirschend dieser Gesetzesvorlage zu, weil dieses Gesetz eine Aufblähung der Bürokratie mit sich bringen wird, weil es nicht kostenneutral, wie im Entwurf vorgesehen, sein wird, weil Bürokratie eben Geld kostet. Aber es bleibt uns nichts anderes übrig, weil wir mit dem EU-Beitritt verpflichtet sind, die EU-Vorschriften zu übernehmen, und weil wir hoffen, daß unsere Exportwirtschaft verstärkt Chancen vorfindet. Daher stimmen wir dieser Gesetzesvorlage zu, obwohl wir Bedenken haben, da auch der Importdruck auf die Wirtschaftstreibenden Österreichs extrem zunehmen wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.03

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein und gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 38 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist Stimmeneinhelligheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist Stimmeneinhelligkeit .

Der Gesetzentwurf ist daher auch in dritter Lesung angenommen .

9. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (43 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970 und das Patentverträge-Einführungsgesetz geändert werden (76 der Beilagen)

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen zum Punkt 9 der Tagesordnung: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage 43 der Beilagen: Bundesgesetz, mit das Patentgesetz und das Patentverträge-Einführungsgesetz geändert werden, 76 der Beilagen.

Berichterstatter ist abermals Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Ich bitte ihn, die Debatte zu eröffnen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 162

Berichterstatter Mag. Franz Steindl:
Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage 43 der Beilagen.

Der Wirtschaftsausschuß hat den gegenständlichen Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 7. März 1996 in Verhandlung genommen. Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte in die Debatte einzugehen.

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Die Debatte wurde auf eine "Wiener Stunde" beschränkt. Es ergeben sich folgende Gesamtredezeiten: SPÖ 15, ÖVP 14, Freiheitliche 13, Liberales Forum und Grüne je 9 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wallner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.05

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Erfolgreich wirtschaften erfordert Forschung und Innovation, ein Zitat, das kürzlich im Informationsblatt "Wozu Patentschutz?" erschienen ist und dem ich mich vollinhaltlich anschließen kann.

Die nun anstehende Gesetzesänderung ist notwendig geworden durch Herstellung der Konformität im Bereich EU und WTO, und ich möchte nun diese Gelegenheit wahrnehmen, einige generelle Punkte des Patentrechtes hier zu besprechen.

Meine Damen und Herren! Geprägt wird dieser Markt vor allen Dingen durch die rapide Steigerung von Monopolrechten. Dazu zählen sämtliche Patentrechte, Markenrechte und Designerrechte. Allein in Österreich sind dies 80 000; das sind um 28 000 mehr als noch vor sechs Jahren. Dadurch wird natürlich der Raum für technologische Entwicklungen enorm eingeengt.

85 Prozent der aufrechten Patente weisen ausländische Inhaber auf. Das kann einerseits als Indiz für die Attraktivität des österreichischen Marktes gesehen werden, andererseits bedeutet dies aber auch eine Herausforderung für die heimische Wirtschaft und für das österreichische Forschungswesen.

Wie rasch dieser Markt wächst, läßt sich genau an der Jahresstatistik des Vorjahres ablesen: Von den 2 935 nationalen Erfindungsmeldungen stammen 2 350 von Österreichern. Mit dieser Zahl liegen die Innovationen "made in Austria" etwas unter dem Wert von 1994; damals waren es 2 460. Es wird – und ich möchte dies auch von dieser Stelle aus sagen – sicherlich von der Wirtschaft erwartet, daß diese sinkende Tendenz gestoppt wird.

Meine Damen und Herren! Wir gehen davon aus, daß das Wesen der Patente derart wichtig ist, sodaß die Anstrengungen in diese Richtung noch intensiviert werden müssen. Da könnten auch die Bundesländer eine intensivere Koordinierungsrolle spielen. Diese Rolle der Länder beim Gegensteuern rückläufiger Erfindungsmeldungen sehe ich deshalb, da die Ursache für weniger Patentanmeldungen in einem stärkeren Kostenbewußtsein der heimischen Wirtschaft zu finden ist; wobei unter Kostenbewußtsein in diesem Zusammenhang kurzfristiges Wirtschaften verstanden wird.

Dies bedeutet meines Erachtens, daß der Kostendruck für die Wirtschaft sicherlich sehr hoch ist. Es kann aber auch in manchen Fällen heißen, Gewinnmaximierung und "Cash-cow"-Prinzip. Daher haben Bund und Länder dieser Tendenz koordinierend und nicht subventionierend entgegenzusteuern. Will man das gesamte Monopol beziehungsweise das Patentpotential heben – es gehören dazu ja auch der Markenschutz und der Designerschutz, und wenn es um


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 163

die Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft geht, wird man diese Frage eindeutig mit Ja beantworten müssen –, so kommt man in der Folge automatisch auf zwei Kernpunkte: erstens die Rentabilität von Patententwicklungen und zweitens natürlich auch das Marketing von Patententwicklungen. Wenn sich also die öffentliche Hand dazu bekennt, müssen wir auch die Patententwickler dazu in die Lage versetzen.

Wir haben die Rahmenbedingungen zu schaffen, und zwar erfolgsorientiert konstruiert, aber wenn ein Patent vorliegt, muß es sich auch als Projekt rechnen. Dieses Rechnen kann nur über eine akzeptable und dem Warenwert entsprechende Abgeltung von Lizenzen erfolgen. Volkswirtschaftliches Interesse ist es nämlich auch, nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Publizität zu fördern. Dies betrifft sowohl den nationalen als auch den internationalen Markt; denn durch die Verwertung von Patenten fördert man nicht nur den Ruf der heimischen Wirtschaft, sondern das führt im Rahmen von Projektgeschäften üblicherweise auch zu weiteren Umsatz- und Gewinnsteigerungen.

Zum Schluß kommend noch kurz zum Stichwort Marketing: Selbstverständlich gibt es die Offenbarungstheorie als Standbein des Patentrechtes. Diese hat das wesentliche Ziel, den Erfinder zu veranlassen, den Erfindungsgedanken möglichst bald der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen und dadurch der Fachwelt die Möglichkeit zu geben, darauf weiter aufzubauen. De facto funktioniert das aber nur bedingt. Gerade in einer Zeit, in der wir uns vom Mittelstand soviel erwarten – wir erwarten uns auch in den nächsten Jahren einen Schub von Tausenden selbständigen Unternehmensgründungen –, müssen wir uns verstärkt dem Patentmarketing zuwenden. Meine Damen und Herren! Es geht um die Verfügbarmachung gewonnener Erkenntnisse.

Die gegenwärtig handelnden Personen sind äußerst bemüht, und die vorherrschenden Strukturen sind gar nicht so schlecht. Eine Effizienzsteigerung ist aber dennoch sicherlich notwendig; der Einsatz neuester Technologien ist gleichfalls notwendig. Gleichzeitig möchte ich aber auch das Nachdenken über eine marktwirtschaftlich geführte Patentinformationsagentur eröffnen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

22.11

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Regierungsvorlage, mit dem das Patentgesetz und das Patentverträge-Einführungsgesetz geändert werden sollen, werden die Freiheitlichen ihre Zustimmung geben. Bei diesem Gesetz geht es um Bestimmungen, die nicht TRIPS-abkommenskonform sind. Uns scheint es sehr wesentlich zu sein, daß im speziellen ein Schutz des geistigen Eigentums gewährleistet ist. Ich nenne nur einen Bereich: Raubkopien. Diese stellen ein Problem dar. Sie sind letztlich das Produkt einer Weiterentwicklung aus zu Unrecht angeeignetem geistigen Eigentum, das heißt, da geht es um das Übernehmen des Wissens anderer.

Das führt mich zum Bereich Forschung und Entwicklung. Es geht darum, geistiges Potential entsprechend zu nutzen und erfinderisch tätig zu sein, kreativ zu arbeiten. Wir haben von meinem Vorredner gehört, daß Innovationen und Forschung wesentliche Faktoren für die österreichische Wirtschaft sind. An dieser Stelle möchte ich in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß Österreich, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, nur einen sehr, sehr geringen Anteil an Forschungsförderung aufweist, nämlich insgesamt 1,5 Prozent, wobei sich das im Jahr 1995 in etwa halbiert hat, was die Mittel von der öffentlichen Hand und jene aus dem privaten Bereich anlangt. Laut den OECD-Kriterien sollte gerade bei einer entwickelten Wirtschaftsnation dieser Anteil, dieser Prozentsatz mindestens 2,2 Prozent betragen.

Weil in der vorhergehenden Rede gesagt wurde, es gebe Bemühungen, neue Betriebe zu gründen, möchte ich doch darauf hinweisen, daß gerade Österreich mit seiner klein- und mittelständischen Struktur sehr begrenzte Möglichkeiten hat, auf dem Gebiet der Forschung und

 


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 164

Entwicklung tätig zu sein. Jeder weiß, es gibt Ausnahmen, aber das ist nicht der Regelfall. Das heißt, es werden entsprechende Mittel von seiten der öffentlichen Hand erforderlich sein. Ich nehme an, Sie kennen auch die Diagramme, nach welchen Österreich im Vergleich mit den EU-Nachbarländern, aber auch mit Japan, Schweiz und den Vereinigten Staaten, sehr schlecht dasteht, was den Aufwand für Forschung und Entwicklung anlangt.

Dem Abänderungsantrag – ich nehme an, er wird von den Liberalen noch eingebracht werden – werden wir, sollte er eingebracht werden, unsere Zustimmung aufgrund der Tatsache erteilen, daß es nicht einzusehen ist, daß eine Rechtsunsicherheit daraus resultiert, daß ein Unterschied zwischen privaten Patenten und jenen, die aus dem öffentlichen Bereich kommen, gemacht wird, weil auch da eine Transparenz erforderlich ist. Wir werden aus diesem Grund diesem Abänderungsantrag, sollte er eingebracht werden, unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.15

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.15

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Patentgesetz und das Patentverträge-Einführungsgesetz stellen unseres Erachtens eine wichtige Grundlage dafür dar, daß es mit der Innovation auf dem Sektor geistigen Eigentums auch tatsächlich in die richtige Richtung geht. Ich freue mich daher persönlich sehr, daß der Nachholbedarf, den Österreich auch von den Gesetzesgrundlagen her hatte, jetzt endlich Gegenstand einer parlamentarischen Auseinandersetzung ist. Ich glaube, daß dieser Anschluß an das internationale TRIPS-Abkommen notwendig ist und daß Österreich jetzt in vollem Einklang mit internationalen Spielregeln steht. Es ist weiters notwendig gewesen, daß Österreich auch einige Abänderungen hinsichtlich des EU-Wettbewerbsrechtes im Zusammenhang mit patentrechtlichen Regelungen sowie eine Angleichung an die geltende Gesetzeslage beim Kartellgesetz vornimmt.

Obwohl die meisten Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfes inhaltlich widerspruchsfrei und klar sind, erlaube ich mir dennoch die Bemerkung, daß zwei Bestimmungen in diesem vorliegenden Gesetzesentwurf diskussionswürdig sind, weshalb auch in weiterer Folge von unserer Fraktion ein kurzer Abänderungsantrag eingebracht wird.

Es heißt im Paragraph 36 (3): "Ist die Erteilung einer Lizenz an einer patentierten Erfindung im öffentlichen Interesse geboten, hat jedermann für seinen Betrieb Anspruch auf eine nicht ausschließliche Lizenz an der Erfindung".

Lizenzen sind dem Wesen und dem Charakter nach eine zeitlich limitiertes Benützungsrecht – ein Recht, das auch widerrufen werden kann und im Regelfall nicht ausschließlich ist. Mich stört nur daran, daß da ein Unterschied gemacht wird: daß die Bundesverwaltung, so sie ein derartiges Recht geltend macht, nicht an einen Betrieb gebunden ist, hingegen jeder andere Unternehmer sozusagen zuerst einen Nachweis erbringen muß, daß er tatsächlich einen Betrieb errichtet hat, tatsächlich ein Unternehmen betreibt. Es genügt nicht, daß ein Unternehmen in Gründung ist. Es ist nicht möglich, zuerst ein Patent (Abg. Ing. Meischberger: Stimmt Ihr zu oder nicht?) – wart ein bißchen, Kollege! – anzumelden und erst dann einen Betrieb zu gründen.

Der zweite Punkt, den wir an diesem Gesetzentwurf kritisieren, ist eine etwas ominöse Geheimhaltungsklausel. Im Paragraph 110 geht es darum, daß jeder freie Unternehmer seine patentrechtliche Erfindung entsprechend anmelden, begutachten und dann auch verlautbaren lassen muß, was im Regelfall eine kostenintensive Angelegenheit ist. Es geht des weiteren darum, daß mit dieser Verlautbarung das Recht zur Bekämpfung, zur Beeinspruchung von Patenten natürlich für eine andere Partei erleichtert wird. Ich sehe jedoch nicht ein, daß der Staat da insofern wieder eine bevorzugte Stellung hat, als er sich an diese Spielregeln nicht halten muß. Denn: Im vorliegenden Paragraph 110 ist vorgesehen, daß es zu einer Patenterteilung dann kommen kann, wenn dieses Patent im öffentlichen Interesse steht, und zwar ohne jede Bekanntmachung! Da liegt also ein zweiter Fall von Ungleichbehandlung vor.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 165

Die liberale Fraktion hat daher einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt lautet:

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Art. 5 lautet § 36 Abs. 3:

"(3) Ist die Erteilung einer Lizenz an einer patentierten Erfindung im öffentlichen Interesse geboten, hat jedermann für seinen Betrieb Anspruch auf eine nicht ausschließliche Lizenz an der Erfindung."

Art. 12 lautet:

"§ 110 entfällt."

*****

Ich glaube, mit der Verabschiedung dieser Regelung kämen wir sicherlich einen Schritt weiter. Wir hätten dann ein sehr transparentes Patentrecht, das für jedermann gilt. Das wäre ein durchaus wünschenswerter und erstrebenswerter Zustand. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.21

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist weiters Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.21

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So, wie meine Vorredner schon erläutert haben, begrüße auch ich selbstverständlich diese Änderung im Patentgesetz. Es ist höchste Zeit dafür geworden, wenn man bedenkt, daß Österreich in der Patentbilanz ein beträchtliches Defizit aufweist und aufgrund falscher Forschungsförderung in den letzten Jahren nahezu kein bedeutender Erfinder mehr in Österreich notiert werden konnte. Es ist bereits mehr als 25 Jahre her, daß zum Beispiel das LD-Verfahren Österreich zu internationalen Ehren verhalf. Ein Wurf dieser Größenordnung ist leider seit damals nicht mehr gelungen.

Das beste Patentgesetz und entsprechende Schutzmaßnahmen werden jedoch überhaupt nichts helfen, wenn nicht genügend geforscht werden kann. Da frage ich mich schon, Herr Kollege Wallner: Sie sprechen hier von den Rahmenbedingungen, die zu schaffen sind. – Ihre Partei sitzt ja seit 25 Jahren in der Regierung, und Sie haben die Frechheit und kommen hier heraus und sagen: Die Rahmenbedingungen sind zu schaffen, damit dieses Patentgesetz umgesetzt werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel : Die Beurteilung, was eine Frechheit ist und was nicht, überlassen Sie besser uns!)

Sie haben ein Pseudo-Zukunftsministerium installiert. – Ich frage mich: Was wird dieser sogenannte Zukunftsminister in Wirklichkeit umsetzen, wenn die Wirtschaft – wie wir heute schon gehört haben – mit Maßnahmen zu kämpfen hat, die kontraproduktiv sind. Auch der Wirtschaftsstandort Österreich ist in Gefahr, desgleichen unser Ruf, was Forschung anlangt. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, auch wenn Sie es nicht hören wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller .)

Sie schaffen neue steuerliche Behinderungen. Denken wir allein an die Energiesteuer: Glauben Sie, Betriebe werden sich in Zukunft in Österreich niederlassen, wenn wir eine Energiesteuer haben?


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 166

Oder: Von langfristiger Planung reden wir ja schon gar nicht mehr; wir können nicht einmal mehr eine mittelfristige Planung seriös vornehmen, denn Ihre Gesetzesnovellen werden teilweise rückwirkend vollzogen, und dadurch ist eine seriöse mittelfristige Geschäftsplanung unmöglich geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nichtsdestotrotz sind wir für diese Novellierung des Patentgesetzes, auch wenn Sie, statt Anreize zu geben, der Wirtschaft wieder neue Prügel vor die Beine werfen. Denken Sie doch einmal über irgendeine Erleichterung in der Überbürokratisierung nach, überdenken Sie eine Aufteilung der Kompetenzen, die vielleicht irgendwann vorgenommen werden könnte, überdenken Sie auch eine Kürzung der Verfahrenskosten: Über all das haben wir heute vormittag überhaupt nichts von Ihnen gehört!

Eines sage ich Ihnen: In der Zeit, in der in Österreich jemand einem Betriebsanlagenverfahren nachläuft, ist man in den USA schon längst Millionär! Sie werden sich wundern, wie viele Betriebe nach Übersee auswandern werden. (Abg. Dr. Keppelmüller : Das stimmt nicht!) Ein berühmtes Beispiel dafür gibt es bereits in der Stadt Graz: Der Vize-Parteivorsitzende der ÖVP der Stadt Graz hat bereits einen Betrieb in den USA gegründet. Er weiß, warum. Andere werden dem noch folgen. Aber Sie haben das hier in diesem Haus zu verantworten!

Herr Minister! Der ganze Erfindergeist und alle Innovation nützen nichts, wenn nicht die entsprechenden Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Auch die ÖVP und vor allem die Wirtschaftskammer sind aufgerufen, in nächster Zeit endlich einmal aufzuwachen und Flagge zu zeigen. Zu Ihnen haben wir überhaupt kein Vertrauen mehr. Wir werden den Leuten, wo immer wir sind, erzählen, wie Sie in diesem Haus die österreichische Wirtschaft verkaufen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.25

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlußwort.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein und kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 43 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 36 Abs. 3 eingebracht und weiters die Streichung von § 110 beantragt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse nun über diese Teile, und zwar in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 167

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist gleichfalls stimmeneinhellig angenommen.

Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.

10. Punkt

Erste Lesung des Antrages 10/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu Punkt 10 der Tagesordnung: Erste Lesung des Antrages 10/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Für die Debatte ist festgelegt, daß pro Fraktion zwei Redner mit einer Redezeit von jeweils 10 Minuten zu Wort kommen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.28

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist an und für sich nicht unüblich, daß frauenrelevante Themen zu eher später Stunde in diesem Hause diskutiert werden.

Wenn ich auch gerne zugebe, daß unser Antrag von ganz besonders hoher Relevanz für uns Frauen ist, so muß ich trotzdem deutlich machen, daß es uns aus liberaler Sicht in diesem Fall aber im gleichen Maße um die verfassungsrechtliche Absicherung der Gleichstellung aller Bundesbürger und aller Bundesbürgerinnen geht – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung; wir meinen damit die besonders benachteiligte Gruppe der Homosexuellen, die nicht nur von einem Teil der Gesellschaft, sondern leider auch durch Gesetze diskriminiert werden – und auch unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Bevorzugungen und Benachteiligungen aufgrund von Parteizugehörigkeiten gehören ja zur sogenannten und vielzitierten Realverfassung.

Meine Damen und Herren! Die Diskriminierung der Frauen in der gesellschaftlichen Realität ist ohnehin an der Tagesordnung. Deshalb ist es mir als Frauensprecherin ganz besonders wichtig, daß die Durchsetzung der Gleichstellung von Männern und Frauen durch eine gezielte Förderung und durch den Abbau von Nachteilen verfassungsrechtlich abgesichert wird.

Ich bin sehr froh darüber, daß die Frauenministerin jetzt hier ist, weil ich ihr ein paar Fragen stellen möchte: Ich möchte Sie fragen, warum die im Koalitionsübereinkommen 1994 noch erklärte Absicht, den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz neu zu gestalten, im Koalitionsübereinkommen 1996 – leider – ersatzlos gestrichen wurde. Die jetzige vage Absichtserklärung, daß die Stellung der Frau gesellschaftlich und wirtschaftlich zu verbessern sei – etwa im Familienrecht –, kann wohl nicht als ernst zu nehmender Ersatz gemeint gewesen sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist leider wirklich bezeichnend, daß in diesem Fall die Frau einmal mehr ausschließlich als Teil der Familie gesehen wird. Ich betrachte das als weiteren Kniefall vor einer konservativen ÖVP.

Herr Klubobmann Khol hat sich in diesem Zusammenhang als Ehefrauensprecher ganz offensichtlich durchgesetzt – dies, obwohl Sie, sehr geehrte Frau Minister, in einer "Pressestunde" erst kürzlich ganz dezidiert erklärt haben, wie notwendig eine verfassungsrechtliche Absicherung bereits bestehender einfachgesetzlicher Regelungen wäre, und obwohl Sie auch schon hier in


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 168

diesem Hause ganz klar eine dezidierte Forderung in dieser Richtung erhoben und unter dem Beifall der SPÖ versprochen haben, weiterhin in dieser Richtung aktiv zu sein.

Die formale Gleichstellung der Frau ist eben noch lange nicht in die gesellschaftliche Realität umgesetzt. Wir sind davon – nicht zuletzt auch durch das bereits beschlossene Bonus-Malus-Gesetz – weiter denn je entfernt. Ich nenne dazu ganz exemplarisch nur ein paar Fakten:

Die Erwerbsquote der Frauen beträgt 63 Prozent im Vergleich zur Erwerbsquote der Männer von 79 Prozent. Wir befinden uns damit im OECD-Durchschnitt auf gleicher Stufe mit Portugal, und das ist wahrlich kein Ruhmesblatt für Österreich!

Es ist gerade die Erwerbstätigkeit, die Frauen unabhängig macht und ihnen eine wirtschaftliche Absicherung außerhalb der Ehe gewährleistet. Unter 50 000 leitenden Angestellten gibt es jedoch nicht einmal 8 000 Frauen. 70 Prozent der erwerbstätigen Frauen sind im Dienstleistungsbereich in ohnehin eher schlechter bezahlten Berufen tätig. Akademikerinnen verdienen in etwa im Durchschnitt gleich viel wie Männer, die einen Abschluß einer berufsbildenden mittleren Schule aufweisen können. Jede fünfte Frau, aber nur jeder 62. Mann sind teilzeitbeschäftigt. Frauen sind weitaus weniger oft in qualifizierten Tätigkeitsbereichen aktiv, und daraus resultieren auch eine deutlich höhere Arbeitslosenquote und eine deutlich niedrigere Arbeitslosenunterstützung bei Frauen, und die Altersarmut ist eben weiblich.

Da die Umsetzung der formalen Gleichstellung der Frau in der gesellschaftlichen Realität noch lange nicht abgeschlossen ist, ist es ganz besonders notwendig – und das muß uns wirklich bewußt werden –, daß die tatsächliche Gleichstellung der Frau ganz bewußt und ganz gezielt zu fördern ist. Es soll erst gar nicht der Verdacht aufkommen, daß bereits bestehende einfachgesetzliche Regelungen, die Frauen bei gleicher Qualifikation – und für uns Liberale ist die Qualifikation ein wichtiger Punkt – vorübergehend bevorzugen, dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen könnten. Aus diesem Grunde ist aus Sicht von uns Liberalen eine ausdrückliche Klarstellung in der Verfassung notwendig.

Unser liberaler Antrag entspricht hinsichtlich der Frauenförderung sowohl dem Artikel 4 der UN-Konvention und geltendem EU-Recht. Meine Damen und Herren! Es ist einfach notwendig, daß die Realisierung der Gleichstellung von Männern und Frauen als gesellschaftspolitisch selbstverständlich akzeptiert wird. Gleichstellung von Männern und Frauen darf nicht weiterhin als Männerdiskriminierung zugunsten von Frauen betrachtet werden! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es gibt durchaus Berufsfelder, in denen Männer leider wirklich deutlich unterrepräsentiert sind, obwohl die Geschlechterparität gerade in diesen Berufsfeldern gesellschaftspolitisch erwünscht und auch höchst notwendig wäre. Ich möchte als Beispiel den Bereich der Kindergärten, der Vorschulerziehung und der Volksschule nennen. Auf diesem Gebiet gibt es leider einen deutlichen Frauenüberhang – selbstverständlich sind Direktorenposten und Leiterstellen davon ausgenommen –, obwohl gerade da Geschlechterparität notwendig wäre. Das würde einerseits der Orientierungshilfe und der Bewußtseinsbildung unserer Kinder dienen, andererseits aber würde ein höherer Männeranteil in diesen Bereichen relativ rasch eine höhere Bewertung und damit auch eine höhere Bezahlung der in diesem pädagogisch wirklich sehr, sehr anspruchsvollen Bildungsabschnitt Tätigen sicherstellen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.35

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.35

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Manchmal ist die Versuchung sehr direkt und naheliegend, einfach zu sagen: Ich stimme der Vorrednerin zu und verzichte auf meine 10 Minuten Redezeit. Es gibt jedoch Punkte, die ich denn doch aufzählen möchte, hinsichtlich welcher wir eine etwas andere Einstellung haben. Es freut mich aber, daß durch diesen heutigen Antrag vom Liberalen Forum


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 169

etwas initiiert worden ist, was im Herbst in diesem Hohen Haus an einer überwiegend konservativen Einstellung gescheitert ist.

Meine Fraktion hat damals einen Antrag auf Änderung des Art. 7 B-VG eingebracht. Dadurch sollte die Bedeutung der Gleichstellung von Frauen und Männern unterstrichen, aber auch festgelegt werden, daß Frauenförderung und Gleichbehandlung von Frauen und Männern ein Staatsziel sein soll.

Frau Kollegin Schaffenrath! Eines nehmen wir von der SPÖ ernst: daß nämlich im jetzigen Koalitionsübereinkommen eindeutig festgehalten ist, daß die gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichstellung der Frau durch weitere Rechtsbestimmungen verbessert werden muß.

Was die Überprüfung der EU-Konformität der österreichischen Frauenförderung anlangt, wird seitens der österreichischen Bundesregierung bereits an Vorschlägen und Formulierungen gearbeitet, um dem Gleichbehandlungsgrundsatz auch im EU-Primärrecht mehr Geltung zu verschaffen. Dazu bietet die EU-Regierungskonferenz 1996 die beste Gelegenheit, allerdings unabhängig von der diffizilen Interpretationsfrage, ob die österreichischen Regelungen dem EU-Recht entsprechen.

Uns beschäftigt nach wie vor die Frage, ob das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17. Oktober 1995 unsere Frauenförderung gefährden könnte. Der Entschließungsantrag zu diesem Punkt hat hier bereits am 17. November 1995 eine Mehrheit gefunden. – Was mir im Antrag des Liberalen Forums fehlt, ist die deutliche Formulierung – darauf haben wir in unserem Antrag im Herbst besonderen Wert gelegt –, daß eine spezifische und sachlich gerechtfertigte Förderung von Frauen zulässig sein muß. Das ist nämlich zur Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern nötig. Dieser Grundsatz ist uns sehr wichtig. (Abg. Schaffenrath : Das steht in unserem Antrag!) Sie schreiben einfach: fördern. "Maßnahmen zur Förderung" ist eine stärkere Umschreibung.

Bei dem Ziel, die Gleichstellung der Frauen mit den Männern in der Verfassung zu verankern, geht es darum, die De-facto-Gleichstellung über die formale Gleichheit hinaus als einen verfassungsrechtlichen Auftrag zu formulieren, wobei die Betonung auf dem Wort "tatsächlich" liegt. Denn tatsächlich bestehen nach wie vor geschlechtsspezifische Benachteiligungen; tatsächlich geht die Lohnschere zwischen Frauen- und Männereinkommen weiter auseinander, selbst bei gleicher Qualifikation; tatsächlich ist der Unterschied bei den Pensionshöhen, bei den Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Notstandshilfe et cetera beachtlich; tatsächlich ist die Doppelbelastung durch die Vereinbarung von Berufs- und Familienleben mangels entsprechender Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuungseinrichtungen bedrückend; tatsächlich ist die stärkere Betroffenheit der Frauen durch Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit und Armutsgefährdung alarmierend; tatsächlich werden Tätigkeiten, die vorwiegend Frauen ausüben, minder bewertet, und deren Aufstiegschancen sind geringer.

Bei der Überlegung, ob wir geschlechtsspezifische Förderung vorübergehend verfassungsrechtlich verankern, sollten wir uns auch in Erinnerung rufen, daß der Gleichheitsgrundsatz der österreichischen Verfassung nicht neutrale Rechtssubjekte zu schützen hat, sondern konkrete Personen. (Abg. Mag. Stadler : Gilt das auch für den Habsburger?) Herr Stadler! Da können Sie nicht mitreden, jetzt geht es um Frauen. (Abg. Mag. Stadler : Ich frage Sie ja nur!) Es geht jetzt nicht um Habsburger, es geht um Frauen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler : Das wäre eine Möglichkeit!)

Es geht ausnahmsweise einmal nicht um Sie! Es tut mir schrecklich leid: Es geht weder um Sie noch um Haß, um Ihr Lieblingswort. Sie erkennen Haß, Sie sind die Inkarnation des Hasses. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser : Sie sollten einmal Ihren Blutdruck messen lassen!) Es gibt viele Möglichkeiten, die Inkarnation und Auferstehung des Hasses in Ihrer Person mitzuerleben!

Konkrete Personen unterscheiden sich in vielem, nicht zuletzt hinsichtlich des Geschlechtes. Personen sind aufgrund von Unterschieden mit Vorrechten – so wie Sie – ausgestattet, und zwar einseitig ausgestattet, und diese Vorrechte wiegen – man kann es nicht oft genug wieder


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 170

holen – tatsächlich zuungunsten der Frauen. Es ist daher bei der verfassungsrechtlich ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler .) Würde ich so oft wie Sie mit Überschriften in "NEWS" stehen ...(Abg. Mag. Stadler : Vier Wochen lang hat man Ihnen den Schreibtisch weggenommen, und Sie haben nichts bemerkt!) Was meinen Schreibtisch anlangt, machen Sie sich keine Sorgen. Er war sechs Wochen weg, sagt Ihr Chef, und ich bin vorher von der Übersiedlung verständigt worden. (Abg. Mag. Stadler : Das ist peinlich!) Nein, das ist nicht peinlich! Würde ich Schwarzgelder kassieren, dann wäre es peinlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist daher bei der verfassungsrechtlichen Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern ein Prinzip zu beachten, nämlich das Prinzip der Förderung, das erlaubt, daß für benachteiligte Gruppen das formale Gleichheitsprinzip durchbrochen wird. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler .) Das habe ich schon einmal gesagt. In Ihrer sogenannten Bewegung ... (Abg. Mag. Stadler : Lesen Sie ruhig weiter!) Ob ich lese oder nicht, geht Sie eigentlich nichts an! Oder? (Beifall bei der SPÖ.) Geht Sie das was an? Das ist meine Redezeit!

In Ihrer Gruppierung ist eines Voraussetzung: ein lautes Stimmorgan. Das ist die Voraussetzung, die Ihre ... (Abg. Mag. Stadler : Sie schauen mich so giftig an!) Ich schaue Sie überhaupt nicht an! Ich schaue Sie am liebsten überhaupt nicht an, das gebe ich zu. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte nochmals bekräftigen, daß meine Fraktion in einer Verfassungsbestimmung durchaus ein taugliches Mittel sieht, die Frauenförderung abzusichern. Zum Antrag der Liberalen, der weiterzugehen scheint als unser Antrag, möchte ich jedoch Bedenken anmelden. In der ausgeweiteten Aufzählung von benachteiligten Gruppen werden auch die sexuelle Orientierung und die Parteienzugehörigkeit genannt. Dazu meine ich: Es kann doch nicht Sinn einer Verfassungsbestimmung sein, alle gegebenenfalls in Betracht kommenden diskriminierten Gruppen einzeln zu beschreiben und einzelne Verbote als Diskriminierungen herauszugreifen.

Sollte man sich zu einem solchen Schritt entschließen – was ich mir nicht vorstellen kann –, dann müßte es eine ausführliche, allumfassende Aufzählung geben, die auch jene Gruppen umfaßt, die in Ihrem Antrag nicht genannt werden; ich denke da etwa an die Behinderten, die darin nicht angeführt sind. – Daher können wir diesem Absatz nicht zustimmen, obwohl ich mit der inhaltlichen Intention hinsichtlich der Diskriminierung Homosexueller konform gehe.

Im November 1995 fiel anläßlich der Debatte der Anträge, die hier gestellt worden sind, das Wort "Geschlechterkampf". Ich glaube jedoch, daß es nicht um "Geschlechterkampf" geht, sondern einfach um ein qualitätvolleres Miteinander. Denn im Jahr 2000 sollte das, was in der Dekade der Gleichstellung der Frauen und Männer und der Partnerschaftlichkeit gefordert wird, endlich gesellschaftliche Realität sein. (Beifall bei der SPÖ.)

22.45

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.45

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Im Juni 1995 sagte anläßlich der Debatte des Gleichbehandlungsberichtes, der sich auf Gleichbehandlungsfragen insgesamt bezogen hat, die damalige Frauen- und Familiensprecherin der Liberalen, Brigitte Peschel: In der österreichischen Verfassung ist die Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger verankert. Diesem Verfassungsgrundsatz muß in der Realität aber auch entsprochen werden. Was wir also anzustreben haben, ist die Realität – es muß wahrscheinlich heißen: Realisierung – der Gleichstellung.

Nach ihr sprach dann Abgeordneter Barmüller, schloß sich ihr an und präzisierte die Ablehnung der Änderung des Artikels 7 der Bundesverfassung. Er bezog sich auf Petrovic und sagte: Ich teile diese Auffassung nicht, daß Artikel 7 geändert werden müsse. Barmüller wörtlich: Ich bin überzeugt davon, daß eine Änderung des Artikels 7 rechtlich nicht notwendig ist, um Förderungsmaßnahmen für Frauen, wie sie derzeit in der österreichischen Rechtsordnung festgeschrieben sind, abzusichern. – Ich schließe mich Barmüller an, damals wie heute.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 171

Lassen Sie mich nun noch ein paar Bemerkungen zum Inhalt des heutigen Antrags der Liberalen machen: Es ist legitim, daß man eine Verfassung, die, salopp gesagt, schon einige Jahre auf dem Buckel hat, verändert, anpaßt, semantisch adaptiert. Diese Vorlage scheint mir aber in einem hohen Maße unsystematisch und keineswegs modernisierend zu sein. Lassen Sie mich an ein paar Beispielen einige Vergleiche anstellen.

Obwohl wir nicht in einer ständischen Gesellschaft leben, ist die alte Fassung des Artikels 7, nämlich die Verankerung der Unabhängigkeit der Zugehörigkeit zu einem Stand, im Antrag Schmidt erhalten geblieben. Dafür wurde die Kategorie "Klasse" durch die sehr beliebige Kategorie "soziale Herkunft" ersetzt. Im gesamten Bereich der Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften ist die Kategorie "Klasse" jedoch noch immer gültig. – Lassen wir doch einen treffsicheren Begriff dort, wohin er gehört!

Hingegen sind der – wie ich auch meine – sehr unscharfe und in vielen Bereichen willkürlich konstruierte Begriff der sexuellen Orientierung – ich verweise auf einen Kommentar der "Presse" von morgen – und jener der Parteizugehörigkeit zu Kategorien hochstilisiert worden. – Ich bin jemand, der jedem eine Parteizugehörigkeit und -betätigung nicht nur nicht abspricht, sondern von Herzen gönnt. Sie soll meinetwegen auch gesichert sein, auf welche Weise auch immer. Aber die Unabhängigkeit von Parteizugehörigkeit als neue Kategorie im den Artikel 7 zu verankern, scheint mir sehr, sehr willkürlich zu sein!

Im Artikel VII Absatz 2 – ich verweise auf den Standpunkt Barmüllers und des Liberalen Forums von damals, Juni 1995 – soll plötzlich verankert werden, daß zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern Fördermaßnahmen zu treffen seien. – Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar, weil nicht notwendig.

Lassen Sie mich noch zwei Bemerkungen zur Begründung des Antrags machen: Natürlich steht es mit der Frauengleichbehandlung in Österreich nicht zum besten. Es müssen daher viele einfachgesetzliche Maßnahmen zuerst artikuliert und dann umgesetzt und erfüllt werden. Dazu haben Sie sicherlich auch jede Unterstützung von der Volkspartei. Wir sollten aber unserer Meinung nach – auch in Anbetracht der EU-Gesetzgebung – nicht noch einen Versuch machen, der sich sicher nicht lohnt und der uns eigentlich auch nicht zum Ziel führt.

Die Volkspartei und ihre Frauen haben mehrmals sehr solide begründete Forderungen zur partnerschaftlichen Lebensführung vorgelegt und arbeiten auch weiterhin unverdrossen an der Erfüllung dieser Forderungen. Ein Beispiel: mehr Flexibilität in der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Absicherung des Schutzes von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Wenn der Ex-SPD-Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sagt, wir müssen über die kollektivvertragliche Sicherstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern reden, so meine ich, daß das Nachdenken auch da Platz greifen sollte. Ich meine weiters, daß es künftig auch darum gehen wird, Pensionssplitting und Altersversorgung von Frauen anzugehen.

Im übrigen meine ich: In der Form, wie die Verankerung dieser Forderung im Koalitionsübereinkommen getroffen wurde, können wir gut und beständig arbeiten.

Ich schließe und sage: Wenn angesichts des Tierschutzvolksbegehrens nun auch die Forderung auftaucht, daß Tierschutz und andere – ich formuliere es einmal so – relativ beliebig gewählte Kategorien und Forderungen in die Verfassung aufgenommen werden, dann wird mir ein bißchen bange. Ich meine, daß das Prinzipien- und Regelbuch für diesen Staat nicht überfrachtet werden sollte. Es gibt Arbeit genug. Das können wir sehen, wenn wir ins Koalitionsübereinkommen schauen. Gehen wir im Hinblick darauf ans Werk! Das genügt dann schon. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 172

22.50

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.50

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir diskutieren hier in Erster Lesung eine geplante Änderung der Bundesverfassung, die die Liberalen jetzt anscheinend anstreben, und wenn man sich vorweg einmal die Begründung durchliest, dann könnte man sogar aus freiheitlicher Sicht sagen, ja, die Begründung ist an und für sich plausibel.

Bei Änderungen, die unsere Verfassung, unsere Grundgesetze und unsere Grundrechte betreffen, ist es natürlich unabdingbar nötig, daß man auf die geplanten Änderungen explizit und ausführlich eingeht. Geplant ist eine Änderung des Artikels 7 unseres Bundes-Verfassungsgesetzes; diesen Artikel möchten die Liberalen ausdehnen.

Wenn ich mir anschaue, wie der derzeitige Artikel 7 lautet und ihn mit den entsprechenden Regelungen in Deutschland, und zwar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, vergleiche, dann muß ich sagen, daß unser Artikel 7 Absatz 1 bereits weitaus differenzierter und umfangreicher ist – genauer, könnte man auch sagen.

Wenn man jetzt die Bundesverfassung der Schweizer Eidgenossenschaft auch zum Vergleich heranzieht – Artikel 4 Absatz 1 –, dann, muß man sagen, daß unsere derzeitige Regelung immer noch umfassend genug ist.

Die Liberalen wollen nun in den Artikel 7 Absatz 1 der Bundesverfassung, zusätzlich zur bestehenden Regelung der Gleichheit vor dem Gesetz unabhängig von Geburt, Geschlecht, Stand, Klasse, Bekenntnis, noch weitere Regelungen aufnehmen, und zwar über soziale Herkunft, Parteizugehörigkeit, sexuelle Orientierung. All das will man in den Artikel 7 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes hineinpacken und ihn noch mit dem Zusatz der Benachteiligung oder Bevorzugung, die auszuschließen wäre, überfrachten; so sage ich es jetzt auch, ich wiederhole diesen Ausdruck meiner Vorrednerin Brinek, weil auch ich der Meinung bin, daß man damit die Bundesverfassung strapaziert. Nur durch die Formulierung, die von den Liberalen gewählt wurde – Zusatzbenachteiligung oder Bevorzugung –, würde eine zusätzliche Rechtsunsicherheit entstehen, weil es ja auch da wieder mißverständliche und unterschiedliche Auslegungen geben könnte. Weiters muß ich sagen: Die Parteizugehörigkeit hat da drinnen wirklich gar nichts zu suchen (Beifall bei den Freiheitlichen), obwohl uns Freiheitliche das ja wirklich nicht betreffen würde.

Wenn man schon darangehen würde, "Minderheitenrechte" – unter Anführungszeichen – in diese Formulierung hineinzupacken, dann wäre es mir immer noch wichtiger, die Tatsache der Behinderung von Menschen in diesen Artikel aufzunehmen – und nicht die sexuelle Orientierung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ja wahrscheinlich auch kein Zufall, daß man erst vor kurzem, als es um die Änderung des Opferfürsorgegesetzes gegangen ist, die sexuelle Orientierung, die ja auch schon dort beantragt wurde, bewußt nicht verankert hat. Das will man jetzt in die Verfassung aufnehmen?! Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren und in mir keimt ein gewisser Verdacht auf, daß dieser ganze Antrag der Liberalen, der sich so schön als Gleichberechtigung der Frauen auslegen lassen würde, letztlich eine Alibihandlung darstellt, ein sogenannter Arbeitsnachweis gegenüber einer neuen Wählerschicht des Liberalen Forums ist. Dem könnte ich wirklich beim besten Willen nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der bisherige Absatz 2 wird im Vorschlag der Liberalen wortgleich übernommen. Er wird dort zum Absatz 4. Das derzeitige Recht auf Führung von Amtstiteln sollte auf eine geschlechtsmäßige Festschreibung – Absatz 3 im Antrag – ausgedehnt werden. Es gibt bereits derzeit im Beamtendienstrecht eine Regelung, in dem die geschlechtsspezifische Bezeichnung vorgeschrieben ist. Ich glaube, daß sie – zumindest nach freiheitlichen Vorstellungen – ausreichend ist. Ganz neu wurde von den Liberalen eine Bestimmung – Absatz 2 im Antrag – geplant, wonach es sozusagen Staatsziel sein sollte, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Da geht es nicht um die Gleichstellung, sondern um die Förderung. Da hat uns ja auch die Bundesrepublik Deutschland etwas vorgemacht, und zwar hat man dort im Jahr 1994 den


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 173

Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes in der Hinsicht erweitert, daß eben die Förderung von Frauen ausdrücklich in dasselbe aufgenommen wurde. Gerade um diesen Absatz streitet man jetzt mit dem Europäischen Gerichtshof. Er ist aufgehoben worden!

Aber es ist nicht nur deshalb problematisch, das jetzt auch in Österreich nachmachen zu wollen, weil es bei den Deutschen gescheitert ist, sondern vor allem auch deshalb, weil diese Formulierung des Liberalen Forums ja nicht ausschließt, daß auch weiterhin einzelne Lebensentwürfe von Frauen gegenüber anderen Lebensentwürfen von Frauen diskriminiert werden. Man kann dadurch zum Beispiel die Herabminderung von nicht erwerbstätigen Frauen gegenüber den erwerbstätigen nicht hintanhalten.

Vom Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter ist natürlich der Aspekt der Gleichbehandlung überhaupt nicht zu trennen. Daß das zwei verschiedene Sachen sind, das wissen in der Zwischenzeit sowohl Frauen als auch Männer, vor allem vor dem Hintergrund der Gleichwertigkeit eben des Andersseins der Geschlechter.

Wir in Österreich befinden uns ja bereits mitten auf dem beschwerlichen Weg der formalrechtlichen Gleichberechtigung zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter.

Ich finde es problematisch – ich möchte das hier noch einmal betonen –, Frauen durch die Bundesverfassung zu fördern. Für mich ist nicht einsichtig, daß man Bevorzugungen von Frauen schafft, die unter Umständen oder gerade zu Lasten von jungen Männern gehen, bei denen deren Mütter bereits wichtige Erziehungsarbeit in Richtung Gleichberechtigung und Chancengleichheit geleistet haben und die dann – eben diese jungen Männer – formalrechtlich benachteiligt werden. So darf es nach unserem Rechtsempfinden nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, daß dieser Antrag 10/A des Liberalen Forums eine Verbesserung der definitiven Chancengleichheit nicht ermöglicht. Ich möchte aber eine Anregung geben: Vor einer weiteren Diskussion über diese Materie sollte man einmal vorweg natürlich den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes anrufen, aber auch verschiedene Rechtsgutachten von Wissenschaftlern einholen, sonst würde ich eine weitere Diskussion dieser Materie nicht als seriös empfinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.59

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Wir sind natürlich grundsätzlich sehr davon angetan, daß diese Materie über diesen Antrag wieder auf die Tagesordnung kommt, wiewohl natürlich schon einiges dazu zu bemerken ist, und das möchte ich jetzt tun.

Zunächst möchte ich die Verwunderung – und das ist wahrscheinlich das einzige, was ich mit meiner Kollegin Brinek teile – über den Sinneswandel beim Liberalen Forum zum Ausdruck bringen. Aber ich freue mich über diesen Sinneswandel. Denn in der Tat: In der letzten, sehr kurzen Gesetzgebungsperiode haben Sie grundsätzlich zu solchen Ansinnen beziehungsweise bei Anträgen, die wir in der letzten Woche, in der Sondersitzung, eingebracht haben, eine ablehnende Haltung eingenommen und auch mit Argumenten dagegengestimmt.

Frau Kollegin Schaffenrath! Es gab eine Besprechung außerhalb irgendwelcher Gremien mit allen Frauen von allen Parteien. Sie waren vermutlich nicht dort. Es gab eine Besprechung, bei welcher ein Gesetzentwurf, den die Frau Ministerin vorgelegt hat, besprochen wurde. Ich halte überhaupt die Idee, Gesetzentwürfe, speziell diese Materie betreffend, einmal außerhalb von Gremien, frei von Entscheidungsdruck und formalen Kriterien zu besprechen, für eine sehr gute Anregung. Es gab auch ein sehr intensives Gespräch darüber. Ihre Fraktion hat gesagt, grundsätzlich könne sie einem solchen Antrag nicht zustimmen, weil die Gleichheit nicht über


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 174

die Verfassung, nicht auf diesem Wege hergestellt werden kann. Aber gut: Sie haben einen Sinneswandel durchgemacht, und das ist zur Kenntnis zu nehmen und ist erfreulich.

Aber Sie haben eine Formulierung gewählt, die unserer Ansicht nach einfach zu weich ist und eigentlich nicht dem entspricht, was sich auch im Urteil des Europäischen Gerichtshofes gezeigt hat, nämlich wohin das führen soll oder wo eine Stärkung erforderlich ist. Sie schreiben: "Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Es ist daher die Aufgabe des Staates, die Durchsetzung der Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern und die Nachteile abzubauen."

Unser Vorschlag, unser Antrag – und das war, soweit ich mich erinnern kann, auch der Vorschlag des Ministeriums – lautete, daß Maßnahmen vorübergehender Förderung und Bevorzugung von Frauen zur beschleunigten Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern zulässig sind. Das war nämlich der Punkt: Der Europäische Gerichtshof hat damals eine Entscheidung aufgehoben. Er hat gesagt, daß eine bevorzugte Förderung von Frauen nicht zulässig ist, weil sie dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht.

Ihre Formulierung würde genau das wieder zulassen, nämlich daß eine solche Aufhebung durchgeführt wird, weil Sie wiederum nicht hineinschreiben, daß eine vorübergehende Bevorzugung und Förderung dann zulässig ist, wenn sie dazu dient, die Gleichstellung und die Gleichbehandlung, die vorgesehen sind, herbeizuführen. Das erachten wir als das Wesentliche: daß das so dezidiert gesagt wird, um das, worum es geht, wirklich abzusichern: Es geht um die Herbeiführung der Gleichbehandlung und Gleichstellung. Dazu sind Förderungen zulässig, aber nicht nur zulässig, sondern auch wirklich durchzuführen.

Wir werden darüber, wie ich das sehe, im Verfassungsausschuß noch diskutieren. Ich hoffe, daß sich, sollten wir das Bundes-Verfassungsgesetz doch ändern, eine klarere Haltung durchsetzt. Aber wenn ich mir das jetzt hier in der Ersten Lesung anhöre, kommen mir Bedenken, so hinsichtlich der Haltung der anderen Fraktionen dieses Hauses, vor allem jener der ÖVP zu dieser Materie. Da verstehe ich einfach die Haltung der Frauen in der ÖVP nicht, weil Sie in vielen Bereichen – und ich habe das schon vor einer Woche gesagt – eine sehr couragierte Haltung an den Tag legen, sich sehr für frauenpolitische Maßnahmen und für Frauenrechte einsetzen, aber immer dann, wenn offensichtlich Ihr Engagement in einem gewissen Widerspruch zur allgemeinen politischen Linie Ihrer Partei oder Ihres Klubs steht, Ihre Courage nicht durchsetzen können und sich der Klubpression beugen. Das bedauere ich außerordentlich.

Ich habe Ihnen schon vorige Woche gesagt, daß ich es eigentlich nicht verstehe und daß ich sehr verwundert und auch etwas enttäuscht darüber war, daß auf ein Interview Ihres Klubobmannes im "profil" – das ist, glaube ich, jetzt schon zwei Wochen her – nicht eine einzige kritische Äußerung von den ÖVP-Frauen gekommen ist. Sie können doch nicht allen Ernstes der Meinung sein, daß eine Gleichstellung von Frauen in Zukunft dadurch herbeizuführen sei, daß sich der Mann, das "Oberhaupt" der Familie am Sonntag beim Frühstück für die Probleme der Frau und der Familie Zeit nimmt und das Frühstück mit der Familie teilt. Sie können doch nicht allen Ernstes glauben, daß sich all das, was Sie eigentlich in Frauenpolitik erreichen wollen, darauf reduzieren läßt. Das war der erste Anlaß, wo ich mir gedacht habe, offensichtlich ändert sich leider auch in dieser Gesetzgebungsperiode nichts daran, daß Sie bei solchen Gesetzen bereit sind, mitzugehen und mitzustimmen. Sie wollen offensichtlich nicht einmal mit diskutieren. Ich würde mir schon wünschen, daß Sie nicht von vornherein solche Initiativen abblocken, wie es auch jetzt wieder in Ihrer Wortmeldung der Fall zu sein scheint, sondern daß Sie sagen: Lassen wir uns einmal auf diese Debatte ein, diskutieren wir doch einmal darüber, welche Schritte, welche Veränderungen in der Bundesverfassung notwendig sind, um die tatsächliche Gleichstellung herbeizuführen.

Daß eine Gleichstellung nicht gegeben ist, darüber sind wir wohl alle einer Meinung. Schauen Sie sich doch die Quote in Ihrer Partei an, schauen Sie sich die Quoten bei der SPÖ an! Diese sind verheerend! Es gilt, wirklich etwas zu tun. Die Grünen sind die einzige Partei – und das möchte ich jetzt einmal sagen –, die die 50-Prozentquote überschritten hat. Nehmen Sie sich das einmal zum Vorbild! Dann würde sich vielleicht auch einiges an der Substanz von solchen


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 175

Gesetzesinitativen beziehungsweise Beschlüssen ändern. Ich bin überzeugt davon, daß sich dann auch solch eine Verfassungsänderung durchsetzen läßt und daß dann ganz anders und noch viel substantieller diskutiert wird, als das bisher der Fall war. Jetzt sind wir gezwungen, uns auf einen Minimalkonsens zu einigen, statt zu diskutieren, was eigentlich das Optimum wäre und wie wir am besten die Rechte der Frauen und das, was wir Frauen wollen, durchsetzen könnten.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, daß wir unsere Anträge, die wir in der letzten Gesetzgebungsperiode zu dieser Materie eingebracht haben, wieder eingebracht haben, daß wir auf die Erste Lesung verzichten und daß diese Anträge gemeinsam behandelt werden können. Das ist der Antrag zur Änderung des Artikels 7 der Bundesverfassung in jener Fassung, die ich vorhin vorgelesen habe, und das ist der Antrag zur Anhebung der Frauenquote in politischen Gremien, ein Antrag, den wir schon in der letzten Gesetzgebungsperiode eingebracht haben.

Ich hoffe, daß wir dann wirklich einmal im Ausschuß oder auch außerhalb die Gelegenheit ergreifen – das ist auch an die Frau Ministerin gerichtet –, uns noch einmal mit dieser Materie auseinanderzusetzen und darüber zu diskutieren, was wir Frauen über Parteigrenzen hinweg erreichen können.

Vor einiger Zeit war ich bei einer Veranstaltung, bei welcher es um Frauenpolitik auf europäischer als auch auf österreichischer Ebene ging. Ich glaube, ich habe dieses Beispiel hier schon einmal berichtet gehört: In Schweden setzen sich die Frauen aller Parteien regelmäßig zusammen, um darüber zu beraten, wie sie ihre Rechte bei den verschiedenen Gesetzesinitiativen noch stärker einbringen können. Nur einen ersten Ansatz dazu würde ich mir wünschen.

In diesem Sinne möchte ich zum Abschluß noch sagen: Ich hätte mir auch gewünscht – und das ist noch einmal an die Frauen von den Regierungsparteien und an die Frauen auf der Ministerbank gerichtet –, gedacht und gehofft, daß sowohl der Kanzler als auch der Vizekanzler bei Ihren Statements im Hauptausschuß, wo es um die Leitlinien, um die Vorstellungen der Bundesregierung zur EU-Regierungskonferenz 1996 ging, sehr wohl die Frauenproblematik, die Frauenpolitik als einen wesentlichen Punkt, den es bei der EU- Regierungskonferenz einzubringen gilt – gerade nach einem solchen Urteil des Europäischen Gerichtshofes –, wenigstens erwähnen. Wir haben gemeinsam, alle Fraktionen, noch in der letzten Legislaturperiode einen Antrag beschlossen, der dahin geht, daß zu überprüfen ist , welche Initiativen zu dieser Gleichstellung auf europäischer Ebene notwendig sind. Wir haben hier einen Antrag – zwar nur einen Minimalkonsens, aber immerhin – beschlossen. Wenigstens diesen Minimalkonsens beziehungsweise diesen Antrag aus der letzten Gesetzgebungsperiode hätten die Herren von der Regierung doch wohl einbringen können. Diesen sollten sie mitnehmen als Vorbereitung für die EU-Regierungskonferenz in Turin.

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Heide Schmidt. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Khol: Das wird die absolute Krönung des Abends!)

23.09

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Kollege Khol! Meine Damen und Herren! Meine Rede wird wirklich kurz sein, weil ich nur noch wenige Anmerkungen machen möchte. Die grundsätzlichen Ausführungen hat schon meine Kollegin Schaffenrath hier vorgebracht. Aber ich glaube, ich muß zumindest zu der Behauptung, es gehe hier um einen Sinneswandel, eine Klarstellung treffen.

Es ist richtig, daß wir den Antrag der Grünen abgelehnt haben. Es ist richtig, daß ich seinerzeit auch den Antrag der Frauenministerin abgelehnt habe. Er ist auch etwas anderes: Dieser Antrag sieht nämlich die Bevorzugung von Frauen gegenüber Männern – unabhängig von ihrer Qualifikation – vor. Und das ist genau der Punkt, den wir auch heute noch ablehnen!

Dieser Antrag wäre nämlich der Versuch der Gleichstellung mit dem Instrumentarium des Aushöhlens des Gleichheitsgrundsatzes, aber nicht nur des Aushöhlens, sondern sogar des


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 176

Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz. Denn der Gleichheitsgrundsatz hat zwei Seiten: nicht nur den Auftrag, Gleiches gleich zu behandeln, sondern auch den Auftrag, Ungleiches ungleich zu behandeln. Das heißt, unterschiedlich qualifizierte Personen gleich zu behandeln, wäre ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dieses Verständnis hatten wir seinerzeit, dieses Verständnis haben wir auch heute noch. (Abg. Mag. Kammerlander: Weil Sie unseren Antrag nicht gelesen haben!)

Ich habe ihn nicht nur gelesen, sondern wir haben darüber auch heftig diskutiert. Ich halte ihn für falsch. Daher hatte unsere Ablehnung seinerzeit gute Gründe, und diese guten Gründe haben dazu geführt, daß wir einen eigenen Antrag eingebracht haben, einen Antrag, der die Förderung der Gleichstellung von Frauen auch deshalb zu einer Art Staatsziel erklärt, weil wir damit ein Zeichen setzen und vor allem das Bewußtsein ausdrücken wollen, daß diese Gleichstellung, wie sie auf dem Papier steht, in unserer Gesellschaft noch lange nicht vollzogen ist (Beifall beim Liberalen Forum), und daß wir – und das ist mir wichtig – eine Förderung jedenfalls nicht als eine Bevorzugung ansehen.

Das war der Offenbarungseid der Kollegin von der Freiheitlichen Partei. Diese hat nämlich gesagt, daß sie dagegen sind, daß durch diese – das habe ich mir aufgeschrieben – Förderung Frauen bevorzugt werden. Das ist Ihre Geisteshaltung: zu glauben, daß Förderungsprogramme eine Bevorzugung seien. Daher wundert es mich gar nicht, daß wir da unterschiedlicher Auffassung sind. Zwischen Ihrer und unserer Geisteshaltung liegt eine Welt.

Wir haben gemeint, daß es notwendig wäre, in einem Absatz 2 die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern, in der Verfassung zu verankern, um auf diese Weise auch eine Absicherung jener Gesetzesbestimmungen zu erreichen, die es bereits gibt, im übrigen auch im Verfassungsrang gibt. Wir haben im UOG bereits eine Fördermaßnahme mit einer Verfassungsbestimmung festgelegt, und wir haben ein Gleichbehandlungsgesetz. Ich hoffe, es werden dem noch viele materielle Entscheidungen in dieser Richtung folgen. Aber ich meine, es macht Sinn, das auch in der Verfassung zu verankern.

Es macht auch Sinn – das ist meine feste Überzeugung –, eine Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung und – ich betone das – auch der Parteizugehörigkeit auszuschließen. Ich glaube, daß es Aufgabe einer Gesellschaft ist, daß sie, wenn sie erkennt, daß sich etwas falsch entwickelt hat und da ein besonderer Handlungsbedarf besteht, das auch dementsprechend zum Ausdruck bringt. Sie soll das nicht nur durch das eine oder andere Gesetz tun, das vielleicht momentan etwas korrigiert, sondern auch durch ein Zeichen, daß derartige Fehlentwicklungen für die Zukunft vermieden werden. Es ist eine Realität, – und diese Zielorientierung ist nicht irgendeine Zufallsformulierung, sondern da weiß man, was damit gemeint ist –, daß diese Diskriminierung in der Gesellschaft evident ist. Es wäre ein Auftrag an den Gesetzgeber und an die Gesellschaft, dafür zu sorgen, daß klargestellt wird, daß unsere Verfassungsordnung eine derartige Benachteiligung nicht nur nicht vorsieht, sondern ausschließen möchte. Daher auch die Erweiterung dieses Absatzes in Artikel 7 der Bundesverfassung, der klarstellen soll, was wir unter einer offenen Gesellschaft verstehen.

Noch eine Bemerkung, weil ich darauf angesprochen wurde: Es ist richtig, daß im derzeitigen Absatz 3 lediglich steht, daß Amtsbezeichnungen das Geschlecht der Amtsinhaber zum Ausdruck bringen können. Ich halte dies für wichtig, daß das eine Mußbestimmung ist. Ich halte es deswegen für wichtig, weil es ein Auftrag an die Ämter ist, gefälligst – wenn ich das so sagen darf – nicht nur das männliche Geschlecht in einer Bezeichnung zum Ausdruck zu bringen, sondern auch das weibliche.

Immer kommt das Argument, daß manche Frauen das doch gar nicht wollen, daher: Wie können denn die Liberalen so etwas regeln wollen? – Das ist nicht der Zwang zur Regel, sondern das ist die Herstellung der Realität. Wir wollen nichts weiter, als daß das gleiche Recht, nämlich daß das männliche Geschlecht in manchen Titeln zum Ausdruck kommt, auch den Frauen zugestanden wird. Das ist kein Oktroy, das da auf diese Weise erfolgt, sondern das ist ein Anpassen an die Realität, an die man sich auch sprachlich gewöhnen soll. Da wir uns hoffentlich einig darüber sind, daß es einen sehr engen Zusammenhang zwischen Sprache und


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 177

gesellschaftlicher Entwicklung gibt – und gerade in diesem Haus lernen wir das ja nahezu täglich, jedenfalls wenn Sitzungen stattfinden –, sollten wir auch jenen Bewußtseinsprozeß, daß wir endlich zu einer Gleichstellung zwischen Mann und Frau kommen, durch die Sprache fördern. Das ist der Hintergrund dieser unserer Überlegung.

Ich hoffe, daß wir im Verfassungsausschuß beide Anträge, sowohl den der Grünen als auch den der Liberalen, mit Sachorientierung, ohne Emotion und hoffentlich mit einem positiven Erfolg werden behandeln können. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

23.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Bundesminister Dr. Konrad. – Bitte, Frau Bundesminister.

23.15

Bundesministerin ohne Portefeuille Dr. Helga Konrad: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst ein paar Bemerkungen zu den Ausführungen, die hier gemacht wurden. Im Koalitionsabkommen ist tatsächlich nur wenig Raum dem Kapitel Frauen, Familie, Jugend eingeräumt worden. Ich habe Verständnis dafür, daß viele kritisieren, daß dieses Kapitel darin nicht sehr ausführlich behandelt worden ist. Ich möchte hier aber auch sehr deutlich sagen, daß ich das so verstehe – und da weiß ich mich im Verein auch mit anderen Ministern und Ministerinnen –, daß das, was in diesem Kapitel aufgezählt ist, bestenfalls eine Aufzählung jener Vorhaben ist, die wir jedenfalls in Angriff nehmen werden. Das heißt, es sind jene Bereiche skizziert, bezüglich welcher wir auf alle Fälle aktiv werden wollen. Aber ich sage auch dazu – und das gilt für den frauenpolitischen Bereich –, daß es darüber hinaus noch viele Vorhaben geben wird, die in diesem Koalitionsabkommen nicht explizit festgehalten sind.

Damit komme ich schon zum Thema dieses Abends. Wie Sie wissen und wie Sie es auch angeführt haben, habe ich in der vergangenen Legislaturperiode einen Entwurf eingebracht, wonach das Bundes-Verfassungsgesetz dahin gehend geändert werden soll, daß die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern als Staatszielbestimmung in der Verfassung verankert ist. Darüber hinaus – und da geht dieser mein Vorschlag über den vorliegenden Entwurf des Liberalen Forums hinaus – soll die Zulässigkeit von Frauenförderung explizit festgeschrieben werden. Dieses Vorhaben zu realisieren – die Zeit war dafür zu kurz –, ist uns in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht gelungen. Das heißt ja nicht, daß dieses Thema vom Tisch ist. Ihre Wortmeldungen beweisen ja, daß das ein wichtiges Thema ist. Gerne greife ich das noch einmal auf, was ich im vorigen Jahr in Angriff genommen habe, nämlich daß wir uns alle miteinander, alle Fraktionen dieses Hauses zusammentun und nach einer Formulierung suchen, der wir möglicherweise alle zustimmen können. (Allgemeiner Beifall.)

Sie können sich wahrscheinlich noch daran erinnern, daß der Verfassungsdienst diese beabsichtigte Änderung zur Begutachtung ausgesandt hat. Es ist auch richtig, daß zum Teil auch berechtigte Kritik geübt wurde. Diese ist aber darin begründet, daß es so manches Mißverständnis gegeben hat. Wenn ich die Kritik und das, was als Meinungsäußerung zurückgekommen ist, zusammenfasse, dann kann ich sagen, daß sich vor allem diejenigen, die mit der Umsetzung der praktischen Gleichstellung zu tun haben, also die betroffenen Organisationen, sehr positiv geäußert und gesagt haben, daß das notwendig ist als ein Zeichen, das dazu beiträgt, die De-facto-Gleichstellung von Frauen und Männern voranzutreiben.

Es hat noch andere Kritik gegeben; sie ist zum Teil schon erwähnt worden. Es war aber jedenfalls niemals daran gedacht, den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz der Verfassung in Frage zu stellen. Es ist auch nie darum gegangen, Frauen bei geringerer Qualifikation zu bevorzugen. Daran war nicht gedacht, sondern es ist immer darum gegangen, daß Frauen bei gleicher Qualifikation zum Zug kommen sollen.

Mit diesem Thema haben wir uns sicherlich auseinanderzusetzen. Ich lade dazu gerne ein. Wenn Sie einverstanden sind, werde ich wieder ein solches Gesprächsforum wie im vergangenen Jahr einrichten. Ich meine, daß wir einander schon bei der Diskussion im letzten Jahr nähergekommen sind. So haben wir beispielsweise im vergangenen November eine Entschließung gefaßt – diese wurde von einigen Parteien gemeinsam getragen –, in der wir uns


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 178

für die Weiterentwicklung des EU-Rechtes in die Richtung eingesetzt haben, daß es zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern kommen soll.

Diese Entschließung war eine Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Dieses Urteil hat übrigens nicht die deutsche Verfassung aufgehoben, denn der Europäische Gerichtshof hebt überhaupt nichts auf. Er hat aber festgestellt, daß eine bestimmte Automatik der Quotierung nicht zulässig ist. Es sind jedoch – auch das geht aus dem EuGH-Urteil hervor – andere Formen der Frauenförderung selbstverständlich zulässig und auch erwünscht.

Es ist auch die Frage gefallen: Wie hängt das mit unserer Rechtslage zusammen? – Wie mir die Abteilung für europäische Integration des Bundeskanzleramtes mitgeteilt hat, ist die Frage der Zulässigkeit der österreichischen Regelungen aufgrund der vagen Aussagen im Urteil zurzeit nicht eindeutig beantwortbar. Wie Sie aber sicherlich wissen, ist ein neues Verfahren anhängig, und in diesem Zusammenhang wird sich in dieser Hinsicht noch einiges entwickeln.

Die österreichische Bundesregierung hat – das ist angeregt worden, und ich kann diesbezüglich schon eine Vollzugsmeldung bringen – unabhängig davon bereits Schritte gesetzt, um die tatsächliche Gleichstellung auf europäischer Ebene voranzutreiben. Wir haben im Rahmen der österreichischen Positionen für die Regierungskonferenz der Europäischen Union, die Ende März in Turin stattfinden wird, Vorschläge erarbeitet, die nächste Woche dem Ministerrat zugeleitet werden sollen. Dazu kann ich Ihnen sagen, daß wir auf mehreren Ebenen ansetzen wollen und daß es im wesentlichen darum geht, die Gleichstellungspolitik als Ziel der Europäischen Union festzulegen, das heißt also, die Gleichstellungspolitik in den Zielkatalog aufzunehmen, damit die anderen Politikfelder der Europäischen Union dieser Gleichbehandlungspolitik auch Rechnung tragen. Der Kernpunkt der Reform der Verfassung der EU soll aber jene Bestimmung sein, die den Grundsatz der Lohngleichheit auf ein allgemeines Gebot der Gleichbehandlung von Frauen und Männern erweitert.

Der Europäische Gerichtshof hat mit Ausnahme dieses einen Urteils übrigens in einer äußerst frauenfreundlichen Judikatur diese Weiterentwicklung auch bereits vorgezeichnet. Schließlich sollen all jene spezifischen Maßnahmen der Förderung der tatsächlichen Gleichstellung weiterhin zulässig sein – ich zitiere wörtlich –, "die sachlich gerechtfertigt und auch geeignet sind, dem Ziel der tatsächlichen Gleichstellung zu entsprechen". Das heißt, es geht auch da um adäquate und verhältnismäßige Förderung.

Meine Damen und Herren! Damit ist die österreichische Bundesregierung – so meine ich, und Sie werden mir zustimmen – gut gerüstet, auf europäischer Ebene für die Frauen etwas weiterzubringen. Selbstverständlich ist es auch in Österreich wichtig, Unklarheiten in der Verfassung auszuschalten und deutliche Signale für eine gleichberechtigte Zukunft von Frauen und Männern zu setzen.

Meine Damen und Herren! Ich wünsche mir natürlich, daß wir da gemeinsam vorgehen und daß uns das gemeinsam gelingt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Den Antrag 10/A weise ich dem Verfassungsausschuß zu.

11. Punkt

Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates

Präsident Dr. Heinz Fischer: Somit gelangen wir zum 11. Punkt der Tagesordnung: Wahl der Vertreter Österreichs in die Parlamentarische Versammlung des Europarates.

Aufgrund einer Vereinbarung in der Präsidialkonferenz und der Nominierungen der Fraktionen sind vom Nationalrat sechs Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder zu wählen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
13. Sitzung / Seite 179

Es liegt mir folgender Wahlvorschlag vor: Als Mitglieder sollen gewählt werden die Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer, Dr. Willi Fuhrmann, Edeltraud Gatterer, Dr. Alfred Gusenbauer, Peter Schieder, Dr. Walter Schwimmer, als Ersatzmitglieder die Abgeordneten Hans Helmut Moser und Herbert Scheibner.

Wortmeldungen liegen dazu keine vor.

Da wir nur einen Wahlvorschlag haben, schlage ich vor, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Wahl nicht mit Stimmzetteln durchzuführen, sondern durch Aufstehen und Sitzenbleiben im Sinne des § 87 der Geschäftsordnung vorzunehmen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Somit können wir den Wahlakt vornehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit dem soeben bekanntgegebenen Wahlvorschlag einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle erfreulicherweise die einstimmige Wahl der österreichischen Vertreter in die Parlamentarische Versammlung des Europarates fest.

Die Wahl ist damit vollzogen.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 143/A bis 148/A eingebracht wurden. Ferner sind die Anfragen 324/J bis 335/J eingelangt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 21. März 1996, 9 Uhr, ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen .

Schluß der Sitzung: 23.27 Uhr