Stenographisches Protokoll

24. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 17. Juni 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


 

Stenographisches Protokoll

24. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                      Dienstag, 17. Juni 2003

Dauer der Sitzung

Dienstag, 17. Juni 2003: 9.00 – 22.49 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen (Wiederaufnahme der vertagten Verhandlungen)

Beratungsgruppen: Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; Gesund­heit und Frauen; Inneres; Äußeres

2. Punkt: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen (Wiederaufnahme der vertagten Verhandlungen)

Beratungsgruppen: Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; Gesund­heit und Frauen; Inneres; Äußeres

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Inhalt

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................... 8

Ordnungsruf ................................................................................................................. 127

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 10

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 104

Beschluss über Vertagung der Beratungen über die Bundesfinanzgesetze für das Jahr 2003 und das Jahr 2004 samt Anlagen ............................................................................................... 234

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 8


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24. Sitzung / Seite 2

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 8

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Finanzen betreffend Verdacht auf Schiebung, Geschenkannahme und Amtsmissbrauch (535/J) ............. 104

Begründung: Dr. Peter Pilz ......................................................................................... 109

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 114

Debatte:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 122

Jakob Auer .................................................................................................................. 125

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 128

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 129

Karl Öllinger ................................................................................................................ 132

Friedrich Verzetnitsch (tatsächliche Berichtigung) ................................................... 135

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 135

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 137

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 137

Josef Bucher ............................................................................................................... 139

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 141

Doris Bures ................................................................................................................. 141

Josef Broukal .............................................................................................................. 142

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 144

Michaela Sburny ......................................................................................................... 146

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (60 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen (112 d. B.) (Wiederauf­nahme der vertagten Verhandlungen)                         10

2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (61 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen (113 d. B.) (Wiederauf­nahme der vertagten Verhandlungen)                         10

Beratungsgruppe Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft: Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Kapitel 61: Umwelt neu ............................................................. 10

Redner:

Gabriele Binder ............................................................................................................ 11

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 11

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 14

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 16

Mag. Ulrike Sima .......................................................................................................... 18

Erwin Hornek ................................................................................................................ 20

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ............................................................................  21, 34

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 23

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 24

Christian Faul ............................................................................................................... 26

Helga Machne ............................................................................................................... 27


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24. Sitzung / Seite 3

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 28

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 30

Heidemarie Rest-Hinterseer (tatsächliche Berichtigung) ........................................... 32

Anton Heinzl ................................................................................................................. 32

Georg Keuschnigg ....................................................................................................... 33

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 37

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ....................................................................................... 38

Johannes Schweisgut ................................................................................................. 39

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 41

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 42

Rainer Wimmer ............................................................................................................ 43

Karl Freund ................................................................................................................... 44

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 45

Hermann Gahr .............................................................................................................. 46

Walter Schopf ............................................................................................................... 47

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 48

Georg Oberhaidinger ................................................................................................... 49

Ing. Josef Winkler ......................................................................................................... 50

Rosemarie Schönpass ................................................................................................ 50

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ....................................................................................... 51

Gerhard Steier .............................................................................................................. 53

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 54

Katharina Pfeffer .......................................................................................................... 55

Michael Praßl ................................................................................................................ 56

Heidrun Walther ........................................................................................................... 57

Norbert Sieber .............................................................................................................. 57

Anna Höllerer ................................................................................................................ 58

Martin Preineder ........................................................................................................... 59

Notburga Schiefermair ................................................................................................ 60

Franz Eßl ....................................................................................................................... 61

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 62

Beratungsgruppe Gesundheit und Frauen: Kapitel 17: Gesundheit und Frauen                         64

Redner:

Manfred Lackner .......................................................................................................... 64

Dr. Erwin Rasinger ....................................................................................................... 65

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 67

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 70

Renate Csörgits ............................................................................................................ 73

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ............................................................................. 74

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 76

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 79

Mag. Barbara Prammer ............................................................................................... 80

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 82

Wolfgang Großruck (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 85

Edeltraud Lentsch ........................................................................................................ 86

Karl Öllinger .................................................................................................................. 87

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 89

Ing. Erwin Kaipel .......................................................................................................... 90

Ingrid Turkovic-Wendl ................................................................................................. 92

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 93

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck .......................................................................... 94

Elmar Lichtenegger ..................................................................................................... 96

Erika Scharer ................................................................................................................ 98


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Barbara Riener ............................................................................................................. 99

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 100

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 101

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 102

Maria Grander ............................................................................................................. 103

Bettina Stadlbauer .................................................................................................. ... 147

Ridi Steibl .................................................................................................................... 148

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 149

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 150

Dr. Gertrude Brinek (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 151

Anita Fleckl ................................................................................................................. 151

Susanne Wegscheider ............................................................................................... 152

Anna Höllerer .............................................................................................................. 153

Johann Rädler ............................................................................................................ 154

Martin Preineder ......................................................................................................... 156

Beratungsgruppe Inneres: Kapitel 11: Inneres ........................................................ 156

Redner:

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 157

Günter Kößl ................................................................................................................ 158

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 160

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 166

Bundesminister Dr. Ernst Strasser ................................................................  168, 193

Anton Gaál .................................................................................................................. 172

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 173

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 175

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 177

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 178

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 180

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 181

Ing. Norbert Kapeller (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 183

Mares Rossmann ....................................................................................................... 183

Otto Pendl ................................................................................................................... 186

Alfred Schöls .............................................................................................................. 187

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 188

Anton Wattaul ............................................................................................................. 189

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 190

Karl Freund ................................................................................................................. 191

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 192

Erwin Hornek .............................................................................................................. 194

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 195

Jochen Pack ................................................................................................................ 197

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 198

Werner Miedl ............................................................................................................... 199

Rudolf Parnigoni (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 201

Beratungsgruppe Äußeres: Kapitel 20: Äußeres ..................................................... 201

Redner:

Peter Schieder ............................................................................................................ 201

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 203

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 204

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 207

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner ...................................................... 211

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 214

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 216


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Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 217

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 219

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 221

Walter Murauer ........................................................................................................... 222

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 223

Mares Rossmann ....................................................................................................... 224

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 226

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 226

Petra Bayr ................................................................................................................... 227

Carina Felzmann ........................................................................................................ 229

Anton Heinzl ............................................................................................................... 230

Johann Ledolter ......................................................................................................... 230

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 231

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 232

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 233

Eingebracht wurden

Petition ............................................................................................................................ 8

Petition „gegen die Abschaffung der Notstandshilfe und deren Ersatz durch die ,Sozialhilfe neu‘ und damit gegen weitere finanzielle Belastungen für Städte und Gemeinden“ (Ordnungsnummer 10) (überreicht von den Abgeordneten Anton Heinzl, Beate Schasching und Mag. Kurt Gaßner)

Bürgerinitiative .............................................................................................................. 9

Bürgerinitiative betreffend „Pensionsreform und Volksabstimmung“ (Ordnungs­nummer 4)

Regierungsvorlagen ..................................................................................................... 8

123: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

126: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bun­desbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das March­feldkanalgesetz aufgehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz)

127: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanalsystems geändert und ergänzt wird

Bericht ............................................................................................................................. 9

III-38: Kulturbericht 2001; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anträge der Abgeordneten

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird (155/A)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (156/A)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend unabhängige Kontrolle der Mittel­verwendung aus der „besonderen Bundes-Sportförderung“ (157/A) (E)


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Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend VerbraucherInnenbildung und -forschung (158/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Verdacht auf Schiebung, Geschenkannahme und Amtsmissbrauch (535/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verwendung von Steuergeldern für persönliche Homepage (536/J)

Mag. Walter Tancsits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwendung des ehemaligen Kommissariats in Wien 17, Rötzergasse 24 (537/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Tätigkeiten des Geschäftsführers der AMA Marketing GmbH (538/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung Pflanzenschutz­mittelgesetz (539/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung Pflanzgutgesetz (540/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung Saatgutgesetz (541/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung Qualitätsklassen­gesetz (542/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung Pflanzenschutz­gesetz (543/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung Futtermittelge­setz (544/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vollziehung Düngemittelge­setz (545/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Vollziehung Lebensmittelgesetz (546/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zu­stellgesetz und Internationalisierung (547/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zustellgesetz und Internationalisierung (548/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Evaluierung des FFF und FWF in Österreich (549/J)


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Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (328/AB zu 318/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (329/AB zu 326/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (330/AB zu 350/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl, Kolle­ginnen und Kollegen (331/AB zu 355/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (332/AB zu 351/J)



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Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer.

*****

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 24. Sitzung des Nationalrates und be­grüße Sie alle sehr herzlich.

Die Amtlichen Protokolle der 22. Sitzung vom 12. Juni 2003 sowie der 23. Sitzung vom 13. Juni 2003 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblie­ben.

Als verhindert gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer wird durch den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Vizekanzler Mag. Herbert Haupt vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 328/AB bis 332/AB.

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (123 der Bei­lagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Festlegung des Bundesbeitrags zum Betrieb des Marchfeldkanalsystems erlassen und das Marchfeldkanalgesetz auf­gehoben wird (Marchfeldkanal-Bundesbeitragsgesetz) (126 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 10 „gegen die Abschaffung der Notstandshilfe und deren Ersatz durch die ,Sozialhilfe neu und damit gegen weitere finanzielle Belastungen für Städte und Ge-


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24. Sitzung / Seite 9

meinden“; überreicht von den Abgeordneten Anton Heinzl, Beate Schasching und Mag. Kurt Gaßner,

Bürgerinitiative Nr. 4 betreffend „Pensionsreform und Volksabstimmung“; eingebracht von Herrn Bundesminister für Inneres i. R. Karl Blecha.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 153/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Prospektpflicht (Publizitätsvorschriften) im Investment­fondsgesetz (InvFG);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 151/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährleistung des Interpellationsrechts für Bundesrat und Nationalrat so­wie Vorlage eines jährlichen Berichts durch die AGES;

Justizausschuss:

Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003 (124 der Beilagen),

Antrag 152/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend erbrechtliche Gleichstellung/Änderung von § 730 ABGB;

Verkehrsausschuss:

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederöster­reich, mit der der Syndikatsvertrag zwischen der Republik Österreich (Bund) und dem Land Niederösterreich betreffend die Errichtung und den Betrieb eines Marchfeldkanal­systems geändert und ergänzt wird (127 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Kulturausschuss:

Kulturbericht 2001 der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-38 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der Grünen hat gemäß § 93 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 535/J der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verdacht auf Schiebung, Geschenk­annahme, Amtsmissbrauch dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.


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Behandlung der Tagesordnung

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde für den heutigen Sitzungstag eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Rede­zeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 175 Minuten, Freiheitliche 120 sowie Grüne 130 Mi­nuten.

Wie schon in der 22. Sitzung bekannt gegeben besteht weiters Einvernehmen darüber, dass die Redezeitregelung für Regierungsmitglieder gemäß § 57 Abs. 8 GOG nicht in Anspruch genommen wird. Bei Überschreitung der 20 Minuten Redezeit für jedes Res­sort zuständige Regierungsmitglied beziehungsweise bei Überschreitung der 10 Minu­ten Redezeit für jeden Ressort zuständigen Staatssekretär, und zwar bei den jeweili­gen Teilen der Bundesfinanzgesetze, wird die überzogene Redezeit jeweils auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet. Die Redezeit Res­sort fremder Regierungsmitglieder beziehungsweise Staatssekretäre wird jedenfalls auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

1. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (60 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen (112 der Beilagen) (Wieder­aufnahme der am 13. Juni 2003 vertagten Verhandlungen)

2. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (61 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen (113 der Beilagen) (Wieder­aufnahme der am 13. Juni 2003 vertagten Verhandlungen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen zu den Bundesfinanz­gesetzen 2003 und 2004 wieder auf.

Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

Kapitel 61: Umwelt neu

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beratung gelangt zunächst der Teil Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Dieser umfasst die Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, und 61: Umwelt neu.

 


Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Gabriele Binder. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.


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9.04

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Landwirtschaft, ländlicher Raum – zwei Bereiche, die untrennbar miteinander verbunden sind. Die bestehenden Strukturen beeinflussen nachhaltig das Leben der Menschen, die dort leben, arbeiten und wohnen. Die Bedingungen für die Frauen sind im ländlichen Raum allerdings unterschiedlich, und doch weisen sie mei­ner Meinung nach viele Gemeinsamkeiten auf.

Einerseits gibt es die Gruppe der Bäuerinnen, die entweder selbst oder mit ihrem Part­ner einen Hof führen oder unterstützend mithelfen. Der Anteil der weiblichen Betriebs­führerinnen betrug im Jahr 2000 noch 40 Prozent. Die geleisteten Tätigkeiten waren sehr zahlreich, vielseitig und umfangreich. Umso mehr bedaure ich es, dass im Grünen Bericht 2001 das Kapitel „Frau in der Landwirtschaft“ fehlt und somit keinerlei Verglei­che angestellt werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Die andere Gruppe von Frauen lebt im ländlichen Raum, wird aber nicht den Bäuerin­nen zugeordnet. Die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede der Lebensbedin­gungen können und dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden.

Welche Problemfelder finden Frauen im ländlichen Raum vor? – Traditionelle Rollen­bilder, unzureichende Kinderbetreuung, erschwerten Zugang zu Bildung und Beratung, mangelndes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, fehlende Arbeitsplätze für Frauen bis hin zum Gefühl von Isolation, Ausgrenzung und Abgeschnittenheit vom Leben, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die Aushöhlung des ländlichen Raumes, zum Beispiel durch die Schließung von Poli­zei- und Gendarmerieposten und Postämtern, gleicht einem Kahlschlag und bedeutet schlicht und einfach eine Verschlechterung für die Menschen und vor allem und gerade für die dort lebenden Frauen.

Die klassische Landwirtschaft wie auch die ländlichen Regionen leben und profitieren von finanziellen Förderungen und Stützungen unterschiedlichster Art, genauso wie die Infrastruktur, der Dienstleistungsbereich, öffentliche Einrichtungen, aber auch wirt­schaftliche Strukturen dem Staat etwas wert sein müssen. Der Rückzug des Staates aus seiner Verantwortung wäre für die Landwirtschaft fatal. „Weniger Staat, mehr pri­vat“ würde das Ende aller gewachsenen Strukturen und des gesellschaftlichen Zu­sammenhaltes bedeuten. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist Verteilungsgerechtigkeit, eine aus­gewogene Balance zwischen staatlicher Förderung und privater Eigenverantwortung, denn es geht um zukunftsorientierte Perspektiven für die ländlichen Regionen und auch um Solidarität im ländlichen Raum. (Beifall bei der SPÖ.)

9.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Abgeordneter Franz Grillitsch zu Wort gemeldet. Redezeit: wunschgemäß 8 Minuten. – Bitte.

 


9.07

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsi­dent! – Mein Vorname ist übrigens Fritz und nicht Franz! (Heiterkeit.) – Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Wir haben Ihnen heute ein gesundes Lebensmittel, einen Apfel überreicht als Gruß der österreichischen Landwirtschaft, um darauf hinzuweisen, dass wir in Österreich mit unseren bäuerlichen Strukturen sichere Lebensmittel produzieren und somit den Anforderungen der Konsumenten entgegenkommen. Wir geben damit den Konsumenten die Gewissheit, wer wie wo produziert, was letztlich auch Nachvoll­ziehbarkeit für den Konsumenten bedeutet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)


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Meine Damen und Herren! Damit wir das auch in Zukunft gewährleisten können, brau­chen wir stabile Rahmenbedingungen, brauchen wir eine Agrarpolitik mit Biss, wie auch die Aufschrift auf diesem Apfel lautet. Wir haben Gott sei Dank, Herr Bundesmi­nister, in Österreich für die nächsten zwei Jahre ein stabiles Fundament dafür, wofür ich sehr dankbar bin, ein stabiles Fundament, auf dem es möglich ist, unsere Betriebe auch auf künftige Herausforderungen, etwa EU-Erweiterung, vorzubereiten, in die Zu­kunft zu investieren und eine positive Weiterentwicklung der Betriebe einzuleiten. Durch gezielte Investitionsförderung sollen Innovation und unternehmerischer Geist in den landwirtschaftlichen Betrieben gestärkt werden.

Meine Damen und Herren! Gerade in diesen Tagen ist es wichtig, das zu wissen und das zu haben, nämlich dieses stabile Fundament, denn morgen beginnen die Verhand­lungen zur GAP-Reform. Und ich sage auch hier im Hohen Haus, ich bin froh, dass sich die österreichische Bauernvertretung vor einem Jahr auch da klar positioniert hat, was die GAP-Reform oder seinerzeit noch das Mid-term Revue, die Halbzeitbewer­tung, betroffen hat, denn die Vorschläge der Kommission 2002 unterscheiden sich we­sentlich von den Vorschlägen 2003. Und es hätte diese Verbesserung nicht gegeben, hätten nicht auch wir in Österreich einen lauten Aufschrei gemacht. Wären die Vor­schläge 2002 umgesetzt worden, wäre das ein Stich mitten ins Herz der bäuerlichen Struktur gewesen.

Heute gibt es Verbesserungen in der Modulierung, in der so genannten Betriebsgrö­ßendegression, was von den Mandataren vielseitig auch gewünscht wird. Es wurde unseren Milchbauern auch die Fortführung der Milchquote bis zum Milchwirtschafts­jahr 2013/2014 gewährleistet. Herr Bundesminister! Daher bin ich froh über dieses sta­bile Fundament hier in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

In den Sitzungen der vergangenen Tage hier im Hohen Haus habe ich bemerkt, dass von so mancher Seite versucht wird, Neidkomplexe zu schüren und zu polarisieren. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) – Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, ich bitte Sie – auch Sie, Herr Kollege Kummerer! –: Nehmen wir die Anforderungen, die auch Sie an die Bauern stellen, ernst und trachten wir danach, dass diese erfüllt werden können! Schüren Sie aber bitte nicht Neidkom­plexe, indem Sie sagen: Jetzt habt ihr ohnehin ein 3-Milliarden-Paket! Das sind doch nicht 3 Milliarden € im Jahr mehr, sondern dabei handelt es sich um ein Paket für die nächsten vier Jahre! Das möchte ich hier schon in aller Deutlichkeit gesagt haben.

Daher bitte ich Sie: Anerkennen Sie unsere stabile Agrarpolitik, eine Politik, die wir hier im Hohen Haus gestalten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli­chen.)

Wenn man unsere Agrarpolitik mit der anderer EU-Staaten, ja überhaupt in Europa vergleicht, sieht man ganz deutlich, dass wir da vorbildhaft unterwegs sind. Ich verwei­se in diesem Zusammenhang nur auf die diesbezüglichen zwei Säulen: die Direktzah­lungen und die so genannte ländliche Entwicklungssäule. In Österreich werden bereits heute 60 Prozent der Mittel für die ländliche Entwicklung verwendet, also für jene Pro­gramme, die den gesellschaftlichen Anforderungen am nächsten kommen, wie eben das Umweltprogramm oder Ausgleichszulagen für Betriebe in benachteiligten Gebie­ten. Nur mehr 40 Prozent der Mittel gehen in Direktzahlungen, die so genannten Pro­duktionsprämien eben.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, wie das im EU-Durchschnitt ausschaut? – 90 Prozent Direktzahlungen und 10 Prozent für die ländliche Entwicklung, für die An­forderungen, die seitens der Gesellschaft an die Landwirte gestellt werden! – Diese positive Entwicklung in unserem Land muss doch auch einmal anerkannt werden! Re-


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den Sie von den Oppositionsparteien das doch nicht ständig krank! – Bei uns in Öster­reich wird eine gute Agrarpolitik gemacht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In Österreich gibt es beispielsweise auch den höchsten Anteil an jungen Betriebsinha­bern, was ohne Zweifel auch ein positives Signal darstellt: 16 Prozent unserer Be­triebsinhaber sind unter 35 Jahren! Der EU-Durchschnitt liegt bei 8 Prozent! Unter den alleinigen Betriebsinhabern ist bei uns in Österreich auch ein hoher Anteil an Frauen gegeben, nämlich 30 Prozent; im EU-Schnitt liegt dieser lediglich bei 24 Prozent.

Weiters, meine Damen und Herren, hat Österreich eine Spitzenreiterrolle, was den ökologischen Landbau betrifft: 9,7 Prozent; der EU-Schnitt beträgt knapp 2 Prozent.

Österreich ist sozusagen auch Europameister, was das Umweltprogramm betrifft, bei dem unsere Bauern nach dem Prinzip der Freiwilligkeit mitmachen: 70 Prozent der Bauern mit 90 Prozent der Fläche nehmen freiwillig an diesem Umweltprogramm teil – und das ist wahrlich eine europameisterhafte Leistung! Ich meine, dazu kann man den Bauern in Österreich nur herzlich gratulieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Angesichts all dieser Herausforderungen – GAP-Reform, WTO-Verhandlungen – brauchen wir stabile Rahmenbedingungen, damit die landwirt­schaftlichen Betriebe Österreichs noch mehr professionalisiert beziehungsweise für überbetriebliche Kooperationen vorbereitet werden können und die europaweite Zulas­sung von Betriebsmitteln rascher umgesetzt werden kann – ganz im Sinne der Wett­bewerbsfähigkeit im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung.

Wir brauchen entsprechende Aus- und Weiterbildungsangebote für bäuerliche Famili­enunternehmen; alle Betriebe gehören EDV-ausgestattet. Gerade im ländlichen Raum müssen wir eine neue Informationstechnologieoffensive einleiten.

Die Bauern brauchen neue Märkte, um als umfassende Unternehmer des ländlichen Raumes tätig sein zu können. Wir brauchen die Weiterentwicklung unserer Maschinen­ringe sowie die Zusammenarbeit mit der industriellen Produktion, und wir müssen auch neue Einkommensquellen erschließen, wächst uns doch buchstäblich die Biomasse beim Fenster herein, meine Damen und Herren!

Das Ganze stellt also, wie ich meine, gerade für den ländlichen Raum einen entspre­chenden Beschäftigungsimpuls dar, eben ganz im Sinne von Arbeit schaffen und gleichzeitig Umwelt schützen. Was wir natürlich auch brauchen, ist, dass auch auf die­sem Gebiete die Verwaltungsvereinfachung vorangetrieben wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Schluss kommend: Die Konsumenten haben klare Vorstellungen davon, was die Bauern in Österreich zu leisten beziehungsweise zu bieten haben. Und ich betone: Wir wollen diese Vorstellungen der Konsumenten erfüllen. (Abg. Dr. Glawischnig: Hoffentlich auch die der Konsumentinnen!) Natürlich auch die der Konsumentinnen; danke, Frau Kollegin Glawischnig, für diesen Hinweis!

Die Konsumentinnen und Konsumenten sind die Partner der Bauern – das jedoch, meine Damen und Herren, unter zwei wesentlichen Bedingungen: dass Lebensmittel nicht ständig als Lockartikel angeboten werden, dass die Bauern dafür einen fairen Preis bekommen und dass wir hier im Hohen Haus dafür sorgen, dass die bäuerlichen Familien im ländlichen Raum entsprechend stabile sowie langfristig kalkulierbare Rah­menbedingungen vorfinden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


9.15


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Eva Gla­wischnig. Gewünschte Redezeit: 10 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


9.16

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte gern Ihre Aufmerksamkeit von der Agrarpolitik weg zur Um­weltpolitik lenken; zur Agrarpolitik wird unser Landwirtschaftssprecher dann ausführlich reden.

Bei der Umweltpolitik möchte ich jetzt ein Thema herausgreifen, das im Moment eine sehr dramatische Entwicklung genommen hat, und ich möchte hier sozusagen auf ein Quartett von Problemen aufmerksam machen, auf Probleme, bei denen ich den Ein­druck habe, dass diese Bundesregierung und auch der Herr Umweltminister diese Dramatik bislang nicht erkannt und wichtige Weichenstellungen übersehen haben. Und sie haben das alles ohne jegliche Aktivität – wie das jedoch im Sinne der österreichi­schen Bevölkerung wäre, nämlich eine offensive Anti-Atom-Politik zu betreiben – ge­schehen lassen.

Vor allem auf europäischer Ebene stehen sehr wichtige Entscheidungen an; eine da­von ist die europäische Verfassung. Nach über zwei Jahre dauernder Diskussion gibt es einen ersten Vorschlag hiezu, und insbesondere was die Fortführung des EURATOM-Vertrags betrifft, befinden wir uns in einer sehr, sehr heiklen Situation – das je­doch leider völlig unbemerkt von der österreichischen Bundesregierung!

Da gibt es noch eine „Galgenfrist“ – der erste Teil des Vorschlages für die neue Ver­fassung ist bereits abgeschlossen –, es wurden nämlich alle heiklen Punkte auf Juli verschoben. Was jedoch EURATOM betrifft, stehen wir vor dem worst case.

Es gibt einen Vorschlag von Giscard d’Estaing, der vorsieht, den gesamten EURATOM-Vertrag – mit allen Bestimmungen, auch mit dem großen Ziel, das in den An­fangsparagraphen steht, nämlich die Schaffung einer mächtigen Kernindustrie – in der EU-Verfassung zu verankern, und zwar geht es da um ausschließlich technische An­passungen an die neuen Institutionen, jedoch ohne irgendeine inhaltliche Aufarbei­tung dieses über 50 Jahre alten und völlig anachronistischen Vertragswerkes.

Im EU-Konvent haben wir es mit der Situation zu tun, dass zwar einzelne Mitglieder, einzelne Gruppen sehr wohl eine Diskussion darüber führen wollten, aber Giscard d’Estaing das, sehr autoritär eben, völlig ignoriert! Wenn es bis zum Ende dieses Dis­kussionsprozesses im Juli keinen massiven Vorstoß von Österreich aus gibt, dann müssen Sie auch der österreichischen Bevölkerung erklären, dass in der europäischen Verfassung die Förderung der Atomenergie auf immer und ewig festgeschrieben ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie gerne fragen, Herr Umweltminister: Welche Initiativen hat Österreich da gesetzt? Was hat Bundeskanzler Schüssel diesbezüglich getan, was haben die österreichischen Vertreter im EU-Konvent gemacht? Was haben Sie persönlich gemacht, Herr Umweltminister? Was ist für die insgesamt noch verblei­bende Zeit, für diese „Galgenfrist“ also geplant, um dieses sehr ernste Problem zumin­dest ansatzweise in den Griff zu bekommen? (Beifall bei den Grünen.)

Um diese Dramatik nur noch einmal zu beschreiben: Selbstverständlich wollen wir alle eine europäische Verfassung, aber ich glaube nicht, dass die österreichische Bevölke­rung eine europäische Verfassung möchte, mit der milliardenschwere Förderungen von Atomkraftwerken weiter fortgeführt werden. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Das zweite Problem in diesem Quartett von Problemen: Bereits seit Monaten hängt über uns wie ein Damoklesschwert die Aufstockung der EURATOM-Kreditmilliarden um nochmals eine Milliarde €, und zwar explizit für neue Atomkraftwerke beziehungs­weise für Atomkraftwerke, die nicht fertig gebaut sind und als Ruinen, vor allem in


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Russland, herumstehen. Es gibt ein Geheimpapier der EU-Kommission, in dem genau aufgelistet ist, um welche Projekte es sich dabei handelt; eines davon heißt sinniger­weise „Kursk“, ein Kraftwerk, das nicht fertig gebaut ist und das mit diesem Geld finan­ziert werden soll, wobei es dabei um einen Tschernobyl-Reaktortyp geht. – Auch öster­reichisches Geld ist bei diesen EURATOM-Krediten dabei.

Wir stehen kurz vor der Entscheidung: Am 25. Juni wird auf Botschafterebene im COREPER ein Vorschlag abgesegnet, der als Kompromissvorschlag getarnt war, der al­lerdings das Problem beinhaltet, dass weiterhin Ruinen, halbfertige Atomkraftwerke, mit EU-Geld fertig gebaut werden können. Es gibt keine Sicherheitsaufrüstung, son­dern den Fertigbau von AKWs, konkret von diesen sechs russischen Reaktoren.

Auch da frage ich Sie: Was hat denn die Bundesregierung diesbezüglich für eine Posi­tion? – Ich denke, ein umgehendes Nein wäre angebracht, wäre adäquat. Was ich aber höre, ist, dass man sich unter Umständen auf diesen Scheinkompromiss einlassen könnte und dass unter Umständen weiterhin österreichisches Geld für russische Reak­toren ausgegeben werden könnte.

Das dritte Problem, Herr Umweltminister – da sind wir bei einem Problem angelangt, das auch die Freiheitlichen vergessen haben –, heißt Temelin. Tschechien hat – Herr Klubobmann Scheibner versteckt sich hinter seinen Unterlagen – ein neues Energie­konzept ausgearbeitet, und damit haben wir es nun zu tun. Wer das gelesen hat, ist schockiert. In diesem Energiekonzept des tschechischen Energieministers, Industrie­ministers werden Ausbauszenarien für Nuklearenergie vorgelegt.

Das muss man sich vorstellen: Es geht da um die Ausweitung der Nuklearoption, es geht um neue Atomkraftwerke, es geht um neue Temelinblöcke. Und laut einem dieser Szenarien, die im Moment gerade zur Begutachtung aufliegen, sollen sogar acht neue Reaktorblöcke gebaut werden. Das muss man sich einmal vorstellen!

Ich glaube, die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung waren nicht sehr erfolgreich dahin gehend, erstens Tschechien von Temelin abzubringen beziehungs­weise zweitens diesen Ausbauplänen massiv entgegenzutreten. Es wäre höchste Zeit, Herr Umweltminister, dass Sie das, was im Regierungsübereinkommen steht, nämlich Ausstiegsverhandlungen zu führen, Tschechien im Rahmen von Energiepartnerschaf­ten über andere Energiequellen zu informieren, mit ihnen in eine neue Gesprächssitua­tion einzutreten, endlich einmal machen (Beifall bei den Grünen), sonst haben wir in Tschechien ein achtfaches, sechsfaches Temelin an der Grenze stehen.

Es könnte sogar sein, dass mit den Geldern von Euratom diese neuen Reaktoren in Tschechien in Zukunft finanziert werden. Das gesamte Bild, das sich hier zeichnet, ist sehr ernst.

Das letzte Problem, das ich noch ansprechen möchte und das jetzt kein sachliches Problem, sondern ein politisches Problem ist, ist, dass der Bundesregierung bis zum heutigen Tag das Engagement in diesen Fragen sichtlich völlig abhanden gekommen ist. Es ist mir nichts bekannt, was Österreich auf europäischer Ebene gegen dieses Szenario unternehmen wird. Es ist mir nichts bekannt, was in Tschechien unternom­men wird. Es ist mir auch nichts bekannt, was Sie hinsichtlich des Atomkraftwerkes Paks machen werden, in dem ein sehr schwerer Unfall war und bezüglich dessen die Ungarn wahrlich keine offensive Informationspolitik betrieben haben, sondern im Ge­genteil die Greenpeace-Aktivisten dort menschenrechtswidrig behandelt haben. Auch da ist mir nichts bekannt, wie Sie darauf reagieren werden.

Ich hoffe, dass das Sündenregister, das sich hier schon angesammelt hat, von der ös­terreichischen Bundesregierung nicht fortgesetzt wird. (Beifall bei den Grünen.)


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Herr Umweltminister, ich würde mir wünschen, dass Sie jetzt in Ihrer Rede nicht aus­schließlich über die Landwirtschaft sprechen, sondern dass Sie diese ernsten Dinge angreifen und die Position der österreichischen Bundesregierung einmal klar auf den Tisch legen. Ich wünsche mir und verlange von Ihnen, dass Sie bei diesen sehr erns­ten Fragen endlich mehr Engagement zeigen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Gewünschte Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede – ähnlich wie letztes Mal bei der Landesverteidigung – den Moment hier nutzen, um danke zu sagen, danke zu sagen den verantwortlichen Leuten im Ministeri­um, danke zu sagen den verantwortlichen Leuten bei der AMA, aber auch danke zu sagen unseren Bauernvertretern und -vertreterinnen in den Kammern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber – ich glaube, das ist das Wichtigste – auch den Bauern und Bäuerin­nen, den Familien, die, sicherlich oft unterschätzt, Gewaltiges leisten, danken.

Es heißt oft, die KMUs, die Klein- und Mittelbetriebe, sind das Rückgrat der heimischen Wirtschaft. Meine Damen und Herren! Ich möchte das heute und hier verstärken. Ich bin davon überzeugt, dass die klein- und mittelstrukturierte Landwirtschaft das Rück­grat von Österreich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben über 200 000 Betriebe, davon bewirtschaften 90 000 weniger als zehn Hek­tar. Mit den vorgelagerten Bereichen haben wir Hunderttausende Arbeitsplätze, die direkt und indirekt mit der Landwirtschaft verbunden sind. Über 3 Millionen Hektar land­wirtschaftliche Nutzfläche werden bearbeitet. An die 4 Millionen Hektar Wald be­sitzt Österreich. Wir produzieren damit über 7 Milliarden Schilling jedes Jahr. Ich glau­be, diese Zahl zeigt, was da großteils geleistet wird.

Großartiges wird geleistet von Familienbetrieben, die mit Einsatz, mit Engagement, mit Freude, mit Fleiß, mit Liebe und, ich möchte sagen, mit Verbundenheit zur Heimat, zu Haus und zu Hof arbeiten, die ihre Betriebe bewirtschaften, egal, ob das Jahr gut oder schlecht ist, und die sehr oft – das ist ein wirkliches Problem in diesem Bereich – auch bereit sind, nebenbei zu arbeiten, damit ihre landwirtschaftlichen Betriebe erhalten bleiben.

Wenn man diese Betriebe kennt, wenn man weiß, wie die Leute dort denken, wenn man weiß, mit welchem Fleiß sie an ihren Betrieben hängen – das kann man wortwört­lich so sagen, denn wer von Ihnen einmal in Tirol, in Oberkärnten oder in Vorarlberg unterwegs war, der weiß, dass diese Betriebe oft wirklich an den Hängen hängen, dass es oft so steil hinuntergeht, dass man meint, die Bauern haben einen längeren und einen kürzeren Fuß, damit sie überhaupt stehen können –, und wenn man sich auch der Bedeutung bewusst ist, die die „angelagerten“ Bereiche, der Tourismus, die vor und nachgelagerte Wirtschaft, haben, dann, glaube ich, wird man diese Budgetzahlen etwas anders sehen. Ich glaube, dann wird man auch die bösen Zungen abschneiden, die behaupten, die Bauern werden hier bevorzugt.

Ich möchte das gar nicht näher interpretieren, weil ich das für unfair halte, und für mich als Bauernvertreter ist das erreichte Budget zufrieden stellend. Ich hinterfrage sehr wohl – das stelle ich hier auch in den Raum –, ich hinterfrage oft gewisse Schwerpunk­te und einzelne Aktivitäten. Man kann und muss sicherlich auch im Detail nachfeilen, im Detail nachjustieren, aber im Großen und Ganzen scheinen die Aktivitäten, die mit


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dem Budget gesetzt werden, nachvollziehbar zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr oft hört man auch das Totschlagargument: Über 50 Prozent der EU-Mittel gehen in die Landwirtschaft! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, man sollte einmal klar zwischen dem EU-Budget und dem nationalen Budget differenzieren. Es stimmt, dass fast die Hälfte oder mehr als die Hälfte des EU-Budgets in die Landwirt­schaft fließt, man muss aber auch dazusagen, dass sich das EU-Budget hauptsächlich mit Landwirtschaft, Forschung, Verwaltung und dergleichen beschäftigt. Alle anderen wichtigen Budgetteile befinden sich im nationalen Budget.

Wenn man das nationale Budget hernimmt, dann sieht man auf einmal, dass es nicht einmal 2 Prozent des BIP sind, die da verwendet werden; verwendet für Berufsaus- und Weiterbildung, verwendet für Förderungen von benachteiligten Gebieten, für Um­weltmaßnahmen – Schwerpunkt Biolandbau –, für forstliche Maßnahmen – sei es für Pflegemaßnahmen, sei es für den Straßenbau –, für Forschung, für Qualitätssicherung, für Verkehrserschließung von Höfen und Gehöften, die in der Einöde gelegen sind, für bauliche Maßnahmen und vor allen Dingen für die Biomasse.

Meine geschätzten Damen und Herren! All diese Maßnahmen tragen auch Früchte. Wir haben zirka 10 Prozent Anteil an Biobauern in Österreich. Das ist sicherlich ein Wert, der positiv hervorzuheben ist, dessen Steigerung aber – und das möchte ich hier auch einmal sagen – nicht von den Budgetzahlen abhängen darf, sondern vom Kon­sumenten abhängen muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es kann nicht sein, dass wir gekünstelt versuchen, Biobauern zu produzieren, wenn der Bedarf nicht vorhanden ist. Sollte der Bedarf vorhanden sein, dann ist es die Auf­gabe des Landwirtschaftsministeriums und der verantwortlichen Agrarpolitiker, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Der Rest ist Aufgabe der Konsumenten, ist Aufgabe der Kundinnen und Kunden in den Geschäften, ist Aufgabe der Gastronomie und des Tourismus, das heißt also, es liegt bei uns selbst. Diesbezüglich müssen wir die Rahmenbedingungen setzen.

Wir haben zigtausend Bäuerinnen und Bauern, die sich jedes Jahr an Aus- und Wei­terbildungsmaßnahmen beteiligen, die einen Wissensdrang haben, die nicht zufrieden sind mit dem Erreichten, die diese auf allen Ebenen angebotenen Fortbildungsmaß­nahmen auch nutzen.

Wir haben riesige Investitionen auf den Höfen, im Bereich der Maschinen. Hier wird die Wirtschaft wirklich gestärkt. Wir haben aber – das ist ein ganz wichtiges Thema – auch die Zukunft der Biomasse. Biomasse muss, so glaube ich, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ein zentrales Thema in der Landwirtschaft sein.

Ich möchte hier meinen Appell wiederholen, den ich schon öfters getätigt habe: Im Be­reich der Biomasse sollte man versuchen, über alle politischen Grenzen hinweg Rah­menbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, dass die bäuerlichen Betriebe einsteigen können, dass sie ein zweites, drittes Standbein finden und damit nicht nur ihren Betrieb absichern, sondern damit auch erreichen, dass Österreich selbständig wird (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP), damit auch errei­chen, dass wir etwas haben, was es sehr selten gibt, nämlich eine Win-Win Situation. Eine Gewinnsituation für den Unternehmer, für den bäuerlichen Betrieb, aber auch eine Gewinnsituation für die Umwelt ist ein Anliegen, das uns allen am Herzen liegt, das ist sicherlich ein Thema, das wahrscheinlich im Hinblick auf seine Bedeutung momentan noch nicht entsprechenden Platz findet, ist aber auch ein Thema, das wir selbst künftig mehr sensibilisieren müssen.


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Diese Biomasse bietet all diese Möglichkeiten. Da kann man Innovation und Forschung hineinbringen, aber auch bäuerliche Arbeit. Da kann man eine Basis schaffen, von der wir alle profitieren. Natürlich gibt es auch Probleme – no na! Die Landwirtschaft schön­zureden wäre zu einfach! Es gibt sehr viele Diskussionen über die Verteilung der Mittel, über die Größenordnungen. Wer bekommt wie viel? – Darüber gibt es Diskussionen, die in Richtung Deckelung, in Richtung Mindestbeträge für Kleinbetriebe führen. Dar­über sollte man diskutieren, damit sollte man sich auch intensiv in den Ausschüssen beschäftigen, um mehr Fairness zu schaffen.

Natürlich gibt es eine Diskussion über Bürokratie, über Aufwand. Natürlich werden die Vergabe und die Kontrolle stets kritisiert – gerade von meiner Fraktion. Ich in meiner Funktion als Kammervizepräsident diskutiere fast täglich mit den Bäuerinnen und Bau­ern über die Bürokratie, und ich glaube, dass wir auch im Regierungsübereinkommen erste Schritte gesetzt haben, diese Bürokratie abzubauen, dafür zu sorgen, dass es zu Vereinfachungen kommt, dass es nicht so sein kann, dass der Bauer jeden Tag von einer anderen Stelle kontrolliert wird, und dass wir damit auch Erleichterungen schaf­fen.

Natürlich gibt es einen Problemkreis, über den alleine man ein Tag füllendes Referat halten könnte: Entkoppelung, Agrarreform, Mid-time-Review, Erweiterung. – All das sind Bereiche, für die man eine eigene Plenarsitzung veranstalten könnte.

Natürlich haben wir Probleme mit dem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz, denn da prallen verschiedene Welten aufeinander: einerseits eine sehr, so sage ich einmal, tierschutzorientierte Gruppe und andererseits eine bäuerliche Gruppe. Aber über die­sen stetig steigenden Druck der Gesellschaft in Richtung mehr Qualität, mehr Aufla­gen, mehr Preis müssen wir eine offene Diskussion führen. Wir müssen jetzt dafür sor­gen, dass der Bauer, der all diese Dinge erfüllen soll, auch im Endeffekt dafür eine Honorierung bekommt, die ihm zusteht.

Ich glaube, wir beweisen auch Lösungskompetenz, vor allem wenn man sieht, was sich in der Landwirtschaft bewegt. Ich wage einen Blick nach Kärnten, das sei mir erlaubt. Dort gibt es Aktivitäten wie Polentafest, Rindfleischfest, Weltmilchtag, Urlaub am Bau­ernhof. Ich glaube, wir zeigen hier an unzähligen Dingen auf, dass die Landwirtschaft gemeinsam mit dem Tourismus, gemeinsam mit der Bevölkerung sehr wohl in der La­ge ist, etwas zu erreichen und etwas umzusetzen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Erlauben Sie mir abschließend eine Warnung: Die Bauern dürfen nicht zu Almosenempfängern in der eigenen Heimat werden. (Abg. Öllinger: Wie die Pensionisten!) Die Bauern dürfen nicht zum Land­schaftspfleger und zum Naturgärtner abgestempelt werden. Bauern, meine geschätz­ten Damen und Herren, sollten nicht zum gesellschaftspolitischen Spielball werden!

Diese Berufsgruppe ist, so glaube ich, für Österreich genauso wichtig wie der Rauch­fangkehrer, der Arzt, der Bus-Chauffeur oder jeder einfache Arbeiter am Hochofen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Ulrike Sima. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.34

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte wieder zur Umweltpolitik zurückkehren. Aus meiner Sicht gibt es zwei sehr brennende Themen im Umweltbereich: Die Anti-Atompolitik wurde von mei­ner Kollegin Glawischnig schon angesprochen, und der zweite Bereich betrifft den Kli-


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maschutz. Auf beide Bereiche, Herr Bundesminister, vermisse ich ein bisschen zufrie­den stellende Antworten, vor allem auch im Budget.

Ich möchte mit dem Klimaschutz anfangen. Sie haben mehrfach angekündigt, dass es 2004 zusätzlich 30 Millionen € im Budgetvoranschlag geben wird. Wir haben sie im Budgetvoranschlag leider nicht gefunden. Wir haben auch im Ausschuss darüber dis­kutiert. Sie wissen, dass diese Erhöhung längst überfällig ist, dass die Bundesregie­rung bereits im Jahr 2000 eine Klimastrategie beschlossen hat, bei der diese Mittel vorgesehen waren, nur es gibt sie bis heute nicht.

Die erste Skepsis hat sich bei mir breit gemacht, als Sie im Budgetausschuss auf unse­re Frage, wo denn jetzt diese 30 Millionen € zu finden seien, gesagt haben: Das reiche ich dann schriftlich nach. Wir haben das dann schriftlich nachgereicht bekommen, und siehe da, was stand darin? – Der Großteil dieser 30 Millionen sind bereits bestehende Mittel, nämlich die bereits bestehende Umweltförderung. Das heißt, von zusätzlichen 30 Millionen im Klimaschutz kann überhaupt keine Rede sein. Das stimmt schlicht und ergreifend nicht! (Ruf bei der SPÖ: Ein Skandal!) Ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist eigentlich umso tragischer, als dass diese Gelder, wie gesagt, bereits seit dem Jahr 2000 nicht nur versprochen, sondern auch tatsächlich investiert werden sollten, damit Österreich das Kyoto-Ziel erreichen kann – ein Ziel, dem wir uns mittlerweile auch völkerrechtlich verbindlich verpflichtet haben. Die von Ihnen ausgearbeitete Kli­mastrategie sieht genau den Einsatz dieser Mittel vor. Die finanzielle Zusage von 30 Millionen € haben Sie mehrfach angekündigt, Sie haben es mehrfach versprochen, und jetzt gibt es sie nicht. Es gibt keine zusätzlichen 30 Millionen, ganz im Gegenteil: All das, was Sie hier für den Bereich Klimaschutz gesagt haben, erweist sich als rie­sengroße Seifenblase, die nicht das hält, was Sie versprochen haben. Ich bedauere das wirklich sehr, weil ich Ihren Ankündigungen, dass Sie hier endlich einmal Geld in die Hand nehmen und investieren werden, wirklich geglaubt habe. So werden wir das Kyoto-Ziel sicher nicht erreichen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Bei wohlwollender Betrachtung kann man maximal die Hälfte, nämlich 15 oder 14 Mil­lionen € als neue Mittel zugestehen, die jetzt in den Klimaschutz investiert wer­den. Wenn man sich dann im Budget anschaut, wofür diese neuen Mittel aufgewendet werden, dann muss man sagen, es geht der Großteil davon, nämlich 11 beziehungs­weise 12 Millionen €, in die so genannten „flexiblen Mechanismen“. Sie wissen, dass wir diesen flexiblen Mechanismen von Anfang an sehr skeptisch gegenübergestanden sind, weil wir glauben, dass Klimaschutzinvestitionen im Inland getätigt werden sollten, dass sie hier effektiver sind, dass sie hier Arbeitsplätze schaffen und dass man sie hier auch besser überwachen kann. Ich stehe diesem ganzen Emissionshandel eher skep­tisch gegenüber, weil ich dessen Effizienz bezweifle.

Deswegen finde ich Ihre Aussage bezüglich Klimaschutzbereich mehr als enttäu­schend, denn nur die Hälfte der wirklich jahrelang versprochenen Mittel kommt zur An­wendung, und diese werden dann auch noch im Ausland investiert.

Enttäuschend ist meiner Meinung nach auch – darauf kann ich leider nur kurz einge­hen – die bisher nicht vorhandene Anti-Atompolitik. Ich vermisse auch Ihre Initiative bezüglich Euratom-Vertrag und vor allem Euratom-Kredite. Dieses Thema ist jetzt viel brennender, weil es in den nächsten Wochen ansteht. Ich hätte gerne, dass Sie uns sagen: Was wird Österreich bei der nächsten Abstimmung machen? Was ist Ihre Stra­tegie bei der Erhöhung der Euratom-Kredite? Wo sind die Verbündeten? – Ich möchte keinesfalls, dass Österreich der Anhebung des Kreditrahmens um 1 oder 2 Milliarden zustimmt oder das auch nur duldet. Ich halte das im Hinblick auf unsere


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Anti-Atompolitik für wirklich inakzeptabel! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundesminister! Wir haben zwar von Anfang an versprochen, Sie an Ihren Taten zu messen, doch diese haben uns bisher leider wirklich nicht überzeugen können – und ich hoffe auf Besserung Ihrerseits. (Beifall bei der SPÖ.)

9.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Erwin Hornek. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.38

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Umweltpolitik hatte und hat in Österreich einen sehr hohen Stellen­wert und wird in Zukunft noch einen wesentlich höheren haben.

Die 10-Jahres-Bilanz des Umweltförderungsgesetzes fällt durchaus positiv aus. 4,1 Mil­liarden Förderungen für Umweltmaßnahmen ergaben ein Gesamtinvestitionsvo­lumen von 12,3 Milliarden €. Diese Investitionen bewirkten auf der einen Seite einen beacht­lichen Umwelteffekt und auf der anderen Seite einen bedeutsamen Konjunktur- und Beschäftigungseffekt. Österreich kann heute bereits auf einen Anschlussgrad von 86 Prozent an öffentlichen Abwasserentsorgungsanlagen verweisen. Eine Trinkwas­serversorgung, die zu 99 Prozent aus Grund- und Quellwasser erfolgen kann, stellt einen europäischen Spitzenwert dar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die derzeitige zentrale umweltpolitische Her­ausforderung lautet: Realisierung des Kyoto-Ziels, wobei grundsätzlich festzuhalten ist, dass die Zuwächse im Verkehrsbereich die größte klimaschutzpolitische Herausforde­rung darstellen. Dass die Erreichung des Kyoto-Ziels, minus 13 Prozent aller relevan­ten Schadgase bis zum Jahr 2010, unserer Bundesregierung und allen voran unserem Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ein zentrales Anliegen ist, ist an einer Fülle von Maßnahmen ersichtlich.

Im Zuge einer Budgetberatung richtet sich verständlicherweise das Hauptaugenmerk auf die Finanzierung der Klimaschutzpolitik. Für das Jahr 2004, Frau Kollegin Sima, sollen 30 Millionen €, für das Jahr 2005 60 Millionen € und für das Jahr 2006 90 Millio­nen € zur Verfügung stehen – eine solide Basis, wie ich meine. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Als eine der ersten Maßnahmen wird ab dem Jahr 2004 flächendeckend in Österreich schwefelarmer Dieselkraftstoff zur Verfügung stehen.

Geschätzte Damen und Herren! Um die ökosoziale Marktwirtschaft weiter zu entwi­ckeln, hat sich die Bundesregierung auch steuerpolitisch dem Prinzip der Nachhaltig­keit verpflichtet. Mit der Steuerreform wird der Faktor Arbeit deutlich entlastet und im Gegenzug der Verbrauch von Ressourcen wie Energien, nicht erneuerbare Energien aus umweltpolitischen Überlegungen in verträglichem Ausmaß belastet.

Geschätzte Damen und Herren! Nachhaltigkeit ist das Grundprinzip der österreichi­schen Umweltpolitik, ökosoziale Marktwirtschaft der Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Ziel der österreichischen Umweltpolitik auf Bundesebene ist, Österreich in Bezug auf Lebensqualität permanent im Spitzenfeld zu positionieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirkl­huber. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 



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9.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde die Gelegenheit nutzen, im ersten Teil meiner Rede natürlich auf die Agrardebatte einzugehen. Kollege Grillitsch, wir stehen mitten in einem Paradigmenwechsel, es wäre an der Zeit, dass auch der Österreichische Bauernbund die Zeichen der Zeit erkennt und diesen Paradigmen­wechsel wirklich wahrnimmt (Abg. Grillitsch: Haben Sie das verschlafen? Haben Sie geschlafen bis jetzt?) – einen Paradigmenwechsel, der in einer notwendigen Neuaus­richtung der europäischen Agrarpolitik begründet ist, die von jenen Grundsätzen ab­geht, die in den Römer Verträgen der Europäischen Union festgelegt sind.

Damals, in den sechziger Jahren, ging es noch primär um die Produktionsausweitung, die Lebensmittelversorgung stand an oberster Stelle der agrarpolitischen Notwendig­keiten, und heute stehen wir an einer ganz anderen Kreuzung (Abg. Grillitsch: Wo waren Sie da letztes Jahr?), Herr Kollege Grillitsch. Und diese Kreuzung heißt Quali­tätsproduktion unserer Lebensmittel im Interesse unserer Konsumentinnen und Kon­sumenten, aber auch zur Sicherung entsprechender Ressourcen wie Wasser, Boden und gesunde Umwelt. (Beifall bei den Grünen.)

Die zweite Ebene, auf der sich dieser Paradigmenwechsel abspielt und manifestiert, sind die WTO-Verhandlungen. Auf WTO-Ebene geht es um eine harte Auseinander­setzung zwischen der Europäischen Union auf der einen Seite und einem Block von Staaten, der von den Vereinigten Staaten von Amerika angeführt wird, auf der anderen Seite, wobei ganz verschiedene Sichtweisen bezüglich Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft vorherrschen.

Die europäische Sichtweise geht davon aus, dass Lebensmittelqualität in Zukunft ein zentraler Bestandteil von Produktionsmethoden sein muss. Zeigen lässt sich diese Auseinandersetzung ganz konkret beim Hormonfleisch-Streit, nämlich beim Im­port­stopp von Hormonfleisch durch die Europäische Union, und auch in einem ande­ren – ebenso zentralen und wichtigen – Gebiet, nämlich im Bereich gentechnikfreier Lebens­mittel. Da liegt ja eine Klage der USA gegen die Europäische Union vor, dass das dies­bezügliche Gentechnik-Moratorium beendet werden soll. Dagegen treten wir natürlich ganz massiv auf, und das ist auch die österreichische Position, wie wir im Ständigen EU-Unterausschuss in einem Vier-Parteien-Antrag beschlossen haben.

Der zweite Knackpunkt, an dem sich diese neue Ausrichtung der europäischen Agrar­politik zeigen muss, ist die derzeit anstehende Reformdebatte, die sich seit einem Jahr hinzieht, wobei die Positionierung des Österreichischen Bauernbundes und der ÖVP alles andere als vorbildlich ist. Sie ist mangelhaft und war gekennzeichnet von einer Verunsicherung der Bäuerinnen und Bauern über die Ziele, die Kommissar Fischler mit dieser Reform ins Auge gefasst hat. (Abg. Grillitsch: Lautet Ihre Formel auch „kür­zen“? Sagen Sie es offen!)

Kollege Grillitsch, die Totalreform ist aus unserer Sicht notwendig, die Totalreform ist ein Gebot der Stunde, weil ganz einfach mit der jetzigen Agrarpolitik kein Arbeitsplatz in der Landwirtschaft gesichert werden kann, sondern der Strukturwandel weiter mas­siv voranschreitet.

Der entscheidende Knackpunkt bei dieser Reformdebatte – heute Nachmittag, Herr Bundesminister, werden Sie ja wieder in Luxemburg verhandeln – ist derzeit die so genannte Entkoppelung, das heißt, dass zusätzliche Mittel im Bereich der Marktord­nung, Prämienzahlungen im Bereich der Marktordnung in Zukunft nicht mehr an die Produktion gekoppelt sind, sondern betriebsbezogen an die Landwirte ausgezahlt wer­den sollen.


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Da entbrennt ein Riesenstreit, aber man darf Folgendes nicht vergessen: Ziel der Ent­koppelung ist doch, die Überschussproduktion der Europäischen Union zu senken, um damit die Kosten für die Exportsubventionen massiv zu reduzieren. Das ist ja das Prob­lem: Warum soll man zwei Mal Betriebe fördern, einerseits die Produktion auf der Flä­che, andererseits den Export, um den Überschuss auf dem Weltmarkt abzusetzen? – Das ist Unsinn und daher ein zwingender Teil dieser Agrarreform.

Natürlich kennen auch wir inzwischen auf Grund der Analysen, auf Grund vieler Stu­dien die Problematik bei benachteiligten Gebieten. Da muss man sehr wohl nachschär­fen. Ich erwarte mir, Herr Bundesminister, dass Sie auch die Möglichkeit der zweiten Säule endlich ordentlich in die Diskussion einbringen, nämlich die Möglichkeit, für Mut­terkuhbetriebe in den alpinen Zonen, diesen Bäuerinnen und Bauern über eine ver­stärkte Förderung in der zweiten Säule die Sicherheit zu geben, dass ihre Produktion weiter möglich bleibt. (Beifall bei den Grünen.)

Ganz wichtig ist natürlich auch die Maßnahme und die Chance, für Qualitätsproduktion zusätzlich Mittel zu lukrieren. Das ist ein Vorschlag von Kommissar Fischler, für zusätz­liche Standards für den Bereich artgerechter Tierhaltung Investitionsförderungen auch EU-kofinanziert verstärkt auszuschütten. Das können wir aus Sicht der Grünen nur begrüßen.

Gerade in seinem Kompromissvorschlag von letzter Woche hat er sich zum Beispiel dafür ausgesprochen, auch die Quoten bei der Milchproduktion – zumindest im ersten Schritt – nicht weiter aufzustocken. Das können wir nur positiv beurteilen.

Aber kommen wir noch einmal zum Kern der Sache zurück. Worin ist diese bestehen­de Agrarreform nach wie vor mangelhaft? – Der Arbeitskraftbezug der Förderungen ist derzeit auch in den Kompromisspapieren nicht ausreichend berücksichtigt, die Bin­nenmarktorientierung der gesamten landwirtschaftlichen Produktion ist nicht wirklich nachhaltig umgesetzt und vor allem: Es ist überhaupt kein ausreichendes Konzept vor­gelegt worden, um ein „Eiweißprogramm“ im Rahmen der europäischen Futtermitteler­zeugung massiv auszubauen.

Schließlich und endlich sind auch die Vorschläge zur Energieerzeugung mit nach­wachsenden Rohstoffen unvollständig und unzureichend. Da hätten Sie genug Mög­lichkeiten, Herr Bundesminister, massiv Druck zu machen und Österreich zum Vorrei­ter für eine flächendeckende Gesamtökologisierung der europäischen Landwirtschaft zu machen und nicht im Gleichklang mit französischen Großbauern ein altes System zu bewahren, das überhaupt keinen Arbeitsplatz im ländlichen Raum sichert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend noch zur Vorreiterrolle Österreichs im Bereich Biolandbau. Sie haben vor einigen Wochen einen Bio-Aktionsplan vorgelegt. In diesem sprechen Sie davon, dass es notwendig ist, zusätzliche Förderungen für ein Bio-Kompetenzzentrum „Bio Austria“ vorzusehen. Ich habe im gesamten Budgetentwurf keine Position dazu gefunden. Wir Grüne werden daher heute noch einen entsprechenden Abänderungsantrag dazu ein­bringen.

Wie gesagt: Auch diese Schnittmenge zwischen Zukunftsstrategien für die Landwirt­schaft, für die Erzeugung von Bioenergie einerseits und dem EURATOM-Vertrag ande­rerseits lässt zu wünschen übrig. Es darf keine zusätzlichen Kredite für alte Atomkraft­werke geben, stattdessen zusätzliche Mittel für erneuerbare Energien in Europa. Das nutzt den Konsumenten und Konsumentinnen, das sichert gesunde Lebensmittel, weil die Landwirtschaft bei Störfällen in Atomkraftwerken eine der Erstbetroffenen wäre. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

 


9.50


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, ich erteile Ih­nen das Wort.

 


9.50

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich wende mich wieder dem Thema Um­welt zu. Im Gegensatz zu den Aussagen von Vorrednern der Opposition bestätigt eine Reihe von Studien, dass Österreich bezüglich seiner guten Umweltsituation an der Spitze der europäischen Staaten liegt. Die Regierung hat im Umweltbereich viel er­reicht, dennoch ist es notwendig, das Bewusstsein für die Umwelt stetig zu schärfen und in allen Gesellschaftsbereichen nachhaltige Maßnahmen für eine gesunde Umwelt zu setzen.

Dass die Regierung einen umweltbewussten Weg geht und ihn auch in Zukunft fort­setzt, zeigen die erhöhten Mittel, die im Budget 2003/2004 für die Umwelt bereitstehen. Waren es im Jahr 1999 unter einer SPÖ-Regierung nur 291 Millionen €, so stehen für das Jahr 2004 über 511 Millionen € für Umweltangelegenheiten zur Verfügung – eine Steigerung von über 75 Prozent! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Angesichts dieser Zahlen können Sie wirklich nicht mehr seriös argumentieren, dass den Regierungsparteien die Umwelt egal sei.

Dass kein Cent, kein Euro, der für Umweltmaßnahmen zur Verfügung steht, zu viel ist, ist ganz klar, denn weltweit steigende Temperaturen, zunehmende Wetterextreme, die sich in Dürren und Flutkatastrophen äußern, schmelzende Gletscher und ausgebleich­te Korallenriffe zeigen einen Besorgnis erregenden Klimawandel. Die Regierung nimmt diese Anzeichen ernst, denn Klimaschutzpolitik ist ein zentrales Thema. Dass es gro­ßer Anstrengungen bedarf, um das Ziel der Reduktion der Treibhausgase um 13 Pro­zent gegenüber dem Ausgangswert von 1990 zu senken, ist klar. Das Kyoto-Protokoll darf nicht in Gefahr geraten, nur ein Papierwerk zu bleiben!

Im Budget 2004 sind diesbezüglich 30 Millionen € für Maßnahmen vorgesehen, und bis in das Jahr 2006 werden insgesamt über 180 Millionen € dafür vorgesehen sein.

Die aktuellen Emissionszahlen des Umweltbundesamtes zeigen auf, dass die Treib­hausgasemissionen in der Abfallwirtschaft in Österreich gesenkt werden konnten. Gro­ßes Sorgenkind ist aber der Verkehr, bei dem die Emissionen seit 1990 drastisch ge­stiegen sind. Dies ist eine wirklich große Herausforderung für die Klimaschutzpolitik! Von Maßnahmen zur Verminderung von CO2-Emissionen werden positive Effekte er­wartet. Ich zähle dazu Projekte wie „Autofreier Tourismus“, ein flächendeckendes An­gebot von schwefelarmen Treibstoffen und eine niedrige Besteuerung von entschwefel­ten Treibstoffen genauso wie die LKW-Maut, die ab 1. Jänner 2004 in Kraft treten soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist natürlich notwendig, dass es in dieser Frage zu einem generellen Umdenken, einer generellen Bewusstseinsänderung kommt.

Ein weiterer Schwerpunkt in der Umweltpolitik muss Maßnahmen betreffend grenznahe Atomkraftwerke beinhalten. Es ist den Freiheitlichen nämlich nicht egal, was bei die­sem Thema geschieht, insbesondere was Temelín betrifft. Und gerade die jüngste An­kündigung des tschechischen Industrieministers, der das AKW Temelín erweitern will, hat zu einer sehr großen Verunsicherung insbesondere in der Bevölkerung Oberöster­reichs geführt.

Herr Bundesminister Pröll! Auch wenn Sie unser Koalitionspartner sind, erscheint mir eine Kritik notwendig: Mein Eindruck als oberösterreichische Abgeordnete ist, dass,


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wenn es um Temelín geht, Ihre Ohren leider verschlossen sind. (Beifall bei den Frei­heitlichen und den Grünen.) Wir warten noch immer auf den für Ende Mai versproche­nen Sicherheitsbericht. Sie selbst, Herr Bundesminister, haben in der letzten Aus­schusssitzung gesagt, dass jedes AKW um eines zu viel sei. Ich fordere Sie daher auf, und ich bitte Sie:

Nehmen Sie die Ängste der österreichischen, insbesondere der oberösterreichischen Bevölkerung ernst! Es geht dabei um die Wahrung existenzieller Lebensinteressen unseres Landes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll.

Sie wissen, Herr Bundesminister: 20 Minuten Redezeit. Das Lämpchen leuchtet bereits nach 18 Minuten. Wenn Sie länger reden, wird das von der Redezeit der ÖVP abgezo­gen. Ich erteile Ihnen das Wort.

 


9.56

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehr­te Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte zu einigen Ihrer Ausführungen Stel­lung nehmen, möchte aber eingangs eine grundsätzliche Position, die uns ja alle hier in vielen Diskussionen eint, abgeben. Österreich hat sich im Bereich der Agrarpolitik schon vor Jahren einer ökosozialen Ausrichtung verschrieben, und wir haben konse­quent daran gearbeitet, Österreich im Bereich Umwelt zum Musterland in Europa zu machen. Beides ist uns in den letzten Jahren hervorragend gelungen; unter diesen Vorzeichen wurden auch die Budgets für die Jahre 2003 und 2004 gestaltet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Eckdaten sind: 2,46 Milliarden € für Landwirtschaft und Umwelt im Jahr 2003 und 2,52 Milliarden € im Jahr 2004. Das er­möglicht mir, alle Aufgaben, die dem Ressort im Bereich der Nachhaltigkeit gestellt sind – der Bogen spannt sich von Umwelt über Wasser bis hin zur Land- und Forstwirt­schaft –, auch in diesen beiden Jahren effizient und zielgerichtet erfüllen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Umweltbereich sind wir Nummer eins in Europa. Wir haben den höchsten Anteil an Bioenergie, wir sind Weltmeister beim Müll­trennen und, Frau Abgeordnete Glawischnig, engagiert in der Anti-Atompolitik. Im Re­gierungsprogramm hat die österreichische Bundesregierung ihre Vorstellung von einer konsequenten europäischen Anti-Atompolitik sehr detailliert festgelegt. Die einen ver­suchen sich in Volksbegehren, wir machen auf allen Ebenen in Europa und national Anti-Atompolitik. Sie können davon ausgehen, da Sie den EURATOM-Vertrag ange­sprochen haben, dass wir auch in diesem Bereich ganz klar unsere Meinung vertreten. Wir wollen bei den Zielen Änderungen dahin gehend haben, nur noch dort zu investie­ren, wo es bei AKWs zu Sicherheitsverbesserungen mit klaren Ablaufdaten kommt. Erst dann diskutieren wir über eine Aufstockung der EURATOM-Mittel. Nur wenn diese Ziele entsprechend gestaltbar sind, können wir auch über den zweiten Teil diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Ihnen dürfte entgangen sein, dass ich am Freitag der Vorwoche im Umweltministerrat der Europäischen Union betreffend Haftungsrichtlinie versucht habe, die Atomkraft auch zu verankern. Leider gab es dazu nicht einmal die Unterstützung Ihrer grünen Freunde in Deutschland. Auch das muss ganz klar gesagt werden: Wir sind mit wenigen kleinen Mitgliedstaaten in der konsequenten Anti-Atompolitik manchmal auch alleine. Ich würde mir da manchmal


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auch die Unterstützung Ihrer Parteifreunde aus Deutschland wünschen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch auf die Ausführungen von Frau Abgeordneter Achleitner eingehen, weil ich sie berichtigen beziehungsweise ihr sagen muss: Ich habe den Sicherheitsbe­richt zum AKW Temelín Ende Mai vorgelegt, veröffentlicht, auf die Homepage gestellt, jedem Klub zur Verfügung gestellt. Wir gehen in dieser Frage sehr transparent, klar und offen vor. Der Bericht müsste eigentlich auch in Ihrem Klub vorliegen. Das nur, um Sie zu berichtigen, weil Sie gesagt haben, ich würde den Bericht noch immer zurück­halten. Ich habe das nie getan, er war fertig und am nächsten Tag bereits für jeden nachlesbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine zweite Priorität im Bereich Umwelt ist ohne Zweifel der Klimaschutz. Wir haben im Jahr 2004 erstmals 30 Millionen € mehr für Aktivitäten zur Verfügung, um der Klimaveränderung Einhalt zu gebieten.

Frau Abgeordnete Sima, ich weiß nicht, warum Sie im Budget die 30 Millionen € nicht gefunden haben, denn sie sind tatsächlich budgetiert, und wir werden damit einen ganz wichtigen Impuls zur Erreichung des Kyoto-Ziels setzen können, und zwar ein Minus von 13 Prozent bis 2008 und 2012 erreichen.

Wir werden unseren Weg im Bereich der Klimaschutzpolitik über das Budget 2004 hin­aus mit plus 60 Millionen € und plus 90 Millionen € in den Jahren 2005 und 2006 er­folgreich weitergehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Landwirtschaft steht ohne Zweifel vor großen internationalen Herausforderungen. Wir verhandeln derzeit – das sei erstens gesagt – auf europäischer Ebene die Reform der „Gemeinsamen Ag­rarpolitik“. Zweitens beginnen im September die Welthandelsrunden – mit Start in Can­cun, Mexiko –, die ohne Zweifel die europäische und auch die österreichische Land­wirtschaft zentral betreffen werden. Drittens stehen mit der Erweiterung der Europäi­schen Union mit 1. Mai des kommenden Jahres unseren Bauern große Veränderungen ins Haus, und zwar vor allem, was die Märkte betrifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher haben wir bei den Budgetverhandlun­gen alles darangesetzt, national die Rahmenbedingungen so abzustecken, dass ein Wirtschaften auf dem ökosozialen Weg, den wir schon bisher beschritten haben, im bäuerlichen Familienbetrieb auch in Zukunft möglich ist. Das 3-Milliarden-€-Paket ist kein zusätzliches Geld, wie das oftmals dargestellt wird, sondern die Verlängerung eines 40-Milliarden-Schilling-Pakets, das in der Vergangenheit unseren Weg abgesi­chert hat und das auch in Zukunft die Einkommen der österreichischen Bauern effizient stabilisieren wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben im Jahre 2003 436 Millionen € bundesseitig und im Jah­re 2004 454 Millio­nen € bundesseitig zur Verfügung. Wir werden das wie in der Ver­gangenheit sehr effi­zient für Bergbauernausgleichszahlungen, für umweltrelevante Maßnahmen, für Forst­maßnahmen und für Niederlassungsprämien für Junglandwirte verwenden. Auch im letzteren Bereich müssen wir in Zukunft einen Impuls setzen. Ich bin dabei, ein eigenes Programm im Bereich der GAP-Reform  zu verhandeln. Auch das ist ein wichtiger Anstoß. Wir müssen unsere Betriebe, unsere jungen Betriebs­übernehmer fördern und einen klaren Impuls in dieser Richtung setzen.

Wir werden die Verarbeitung und Vermarktung unserer landwirtschaftlichen Produkte unterstützen. Und ich werde – das sei ganz klar und deutlich gesagt – einen absoluten Schwerpunkt in der Investitionsförderung setzen, weil ich glaube, dass die Investitions­tätigkeit unserer Bauern, und zwar als Impulsgeber für den ländlichen Raum, bei der Sicherung der Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich, von entscheidender


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Bedeutung ist, und die Budgeteckdaten für die Jahre 2003 und 2004 werden dieses Programm auch ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend sei gesagt: Umwelt und Land­wirtschaft sind ein Themenfeld, das vor allem durch die Hochwasserkatastrophe des vergangenen Jahres ins Blickfeld und ins Bewusstsein gerückt ist. Mit den Budgeteck­daten, die ich erwähnt habe, werden wir in meinem Haus das Geschäftsfeld „Schutz vor Naturgefahren“ voll weiter budgetieren können. Wir können im Bereich des Lawi­nenschutzes und des Hochwasserschutzes aus dem Katastrophenfonds – wie in der Vergangenheit und mit noch zusätzlichen Impulsen – klare Regeln vorgeben, um das in Schranken zu halten, was uns die Natur manchmal auferlegt. Auch das ist mit die­sem Budget eindrucksvoll gelungen, und ich glaube, dass wir damit insgesamt auf dem richtigen Weg in die Zukunft sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


10.04

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit Bedauern festgestellt, Herr Bundeskanzler, dass man Ihnen einen unausgereiften, sehr sauren Apfel gegeben hat (Bundeskanzler Dr. Schüssel beißt demonstrativ in den Apfel und verzehrt ihn mit Ap­petit), aber ich habe gesehen, wie herzhaft Sie auch mit sauren Äpfeln umgehen kön­nen. Ich hätte Ihnen einen ausgereiften, roten Apfel angeboten, aber Sie haben es leider abgelehnt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie werden in wenigen Augenblicken wieder einmal erfahren können, was bedingte Reflexe sind, Herr Kollege Grossruck, denn ich werde Ihnen ein paar wahre Dinge sagen, und Sie werden miterleben können, wie die Bauernvertreter von ÖVP und FPÖ Zeter und Mordio schreien werden. Diese wahren Erkenntnisse stammen nicht von mir, sondern sie kommen aus dem Einkommensbe­richt des Rechnungshofes, der sehr eindrucksvoll die Einkommenssituation der Land­wirte, der Bauern im Verhältnis zu den anderen Bevölkerungsgruppen darstellt.

Lieber Kollege Fritz Grillitsch, ich wende mich an dich: Es soll nicht darum gehen, hier Neid und Komplexe zu schüren, sondern es geht um die Solidarisierung mit allen Be­rufsgruppen, aber die hat von eurer Seite, obwohl 70 Prozent der Landwirte im ASVG-Pensionssystem sind, bei den Pensionsverhandlungen gefehlt.

Letztlich war es – und wenn man in der Geschichte zurückschaut, dann stimmt man dem zu – doch Bruno Kreisky, der für die Sicherheit der Pensionen der Bauern gesorgt hat (Zwischenruf des Abg. Grillitsch), daher hätte ich mir von euch auch ein bisschen Unterstützung erwartet. Das möchte ich Ihnen schon sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Wenn man sich die Einkommenssituation anschaut, dann stellt man fest, dass die arbeitenden Menschen im Bereich Energie- und Wasser­versorgung, im Bauwesen, im Kfz-Wesen, in der öffentlichen Verwaltung und letztlich auch im Gesundheitswesen eine jährliche Steigerung von zirka 1 bis 1,1 Prozent erfah­ren.

Wenn man dem die Einkommensteigerung im Bereich der Landwirtschaft entgegen­hält, dann sieht man, dass es da ganz ordentlich ausschaut. Da sieht die Steigerung nämlich folgendermaßen aus: bei den Forstbetrieben 10 Prozent, bei den Futterbaube­trieben 13 Prozent, bei den Marktfruchtbetrieben 12 Prozent, bei den Dauerkulturbe­trieben 24 Prozent und bei den Veredelungsbetrieben 28,9 Prozent! Das ist doch bitte ordentlich! (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)


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Wenn man sich die Durchschnittseinkommen ansieht – das ist der letzte gültige Be­richt, lieber Fritz Grillitsch, es gibt keinen anderen und keinen neueren –, dann muss man sagen: Die Durchschnittsseinkommen der Landwirte liegen sehr deutlich vor den Einkommen im Gastgewerbe, vor den Einkommen im Bereich der öffentlichen Dienst­leistungen und auch vor den Einkommen im Gewerbebereich.

Weil das letzte Mal eine Einkommenssteigerung in der Landwirtschaft moniert wurde, darf ich Ihnen sagen – und das dürfte auch die Wirtschaftsvertreter in der ÖVP interes­sieren –: Die Landwirte liegen mit 16 000 € weit vor den Möbelherstellern, sie liegen vor dem Einzelhandel, sie liegen sogar vor der Hotellerie und vor den Gasthäusern, die weit abgeschlagen mit 7 000 € am Ende der Einkommenstabelle liegen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Selbst im Bereich Vermietung und Verpachtung – und wenn Sie, Herr Kollege Scheuch, noch so viel schreien, das ändert daran nichts – ist es so. Die Land- und Forstwirtschaft liegt mit 18 000 € Jahreseinkommen an der Spitze: vor den Gasthäu­sern, vor der Privatzimmervermietung und gleichauf mit der Wohnungsvermietung.

Neben dieser Darstellung der Einkommenssituation wäre es sicher auch interessant gewesen – ich habe leider nicht die Zeit dazu –, Ihnen die Verteilungsgerechtigkeit bei den Direktzahlungen in absoluten Zahlen vor Augen zu führen. Da hätten Sie sich ge­wundert, was dabei herauskommt! (Beifall bei der SPÖ.)

10.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Machne. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.07

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundeskanzler! Verehrter Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kolle­gen des Hohen Hauses! Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Budgetdebatte und erinnert mich an bisschen an den Gemeinderat von Lienz: Die Opposition verlangt im­mer mehr Geld, in allen Bereichen, bei allen Budgetkapiteln, ist aber gleichzeitig strikt gegen Sparmaßnahmen und fragt auch nicht, woher das Geld kommen soll – leider ist es nicht vermehrbar – und wohin es führt, wenn man immer mehr ausgibt, als man einnimmt.

Das zeigt unser Schuldenberg: 7,5 Milliarden € nur an Zinsen pro Jahr sind keine Klei­nigkeit – ein Erbe der SPÖ-Bundeskanzler und der SPÖ-Finanzminister. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) – Den Zwi­schenruf habe ich nicht verstanden, aber das macht nichts! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist eh besser!)

Wenn es trotzdem gelungen ist, im vorliegenden Doppelbudget in vielen Bereichen, vor allem im Bereich des Umweltschutzes, mehr Mittel zu Verfügung zu stellen, so ist das meines Erachtens der umsichtigen Finanzpolitik unserer Bundesregierung zu verdan­ken und unserem Bundeskanzler, der das Richtige zur richtigen Zeit tut. Ich danke da­für. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich ist im Bereich des Umweltschutzes – wie auch in anderen Bereichen – die Nummer eins in Europa, und darauf können wir alle sehr stolz sein. Das hat meines Erachtens viele Gründe und Ursachen. Das ist dem Engagement des Bundes, der Länder und der Gemeinden in den letzten Jahren zu verdanken, aber auch dem Enga­gement der Bevölkerung, der Jugend und – das möchte ich auch nicht verschweigen – auch der Grünen, die da sehr viel an Bewusstseinsbildung geleistet haben.


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Ich denke vor allem an den Bereich der Abfallwirtschaft, den seinerzeit die damalige Umweltministerin Rauch-Kallat hervorragend bewältigt hat; die Abfalltrennung ist heute kein Thema mehr, sie ist in Österreich eine Selbstverständlichkeit.

In den Bereichen Wasser und Abwasser wurde in den letzten Jahren sehr viel geleis­tet, was dazu geführt hat, dass wir eine ausgezeichnete Wasserqualität sowohl beim Trinkwasser, als auch in den Flüssen und Seen in Österreich haben.

Die Energie aus Biomasse ist geradezu einer Renner in Österreich. Dabei sind die Steirer wirklich Vorreiter. Derzeit werden in ganz Österreich Energiewerke zur Herstel­lung von Energie aus Biomasse gebaut. In diesem Bereich haben österreichische Fir­men Pionierarbeit geleistet, was ihnen in der erweiterten Europäischen Union sicher sehr zugute kommen wird, denn Umweltschutz ist ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor und sichert darüber hinaus viele Arbeitsplätze.

Die Abwasserbeseitigung in den ländlichen Gebieten ist sehr kostenintensiv und hat in den letzten Jahren die Gemeinden und in der Folge natürlich auch die Bürger finanziell sehr stark belastet. Nicht zuletzt aus diesen Gründen haben wir in den kleineren Ge­meinden, wie Sie wissen, eine schwierige finanzielle Situation, und daher richte ich meine Bitte an die Bundesregierung, bei den nächsten Finanzausgleichsverhandlun­gen auch diese Tatsache zu berücksichtigen und die Finanzmittel für die kleinen Ge­meinden in diesem Bereich aufzustocken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nachdem es Herrn Minister Pröll gelungen ist, eine Aufstockung der Mittel für den Umweltschutz zu erreichen, bin ich mir ganz sicher, dass wir auch in den nächsten Jahren die Nummer eins im Umweltschutzbereich bleiben werden.

Abschließend bedanke ich mich bei unseren Bauern, die sehr viel in der Landwirtschaft leisten und damit unsere wunderschöne Landschaft auch instand halten. Vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. Gewünschte Redezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.12

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Bundesminister! Ich möchte jetzt sozusagen über den österreichischen Tellerrand hinausschauen, in die weite Welt, und möchte zum Thema „WTO und Landwirtschaft“ in Bezug auf Österreich sprechen.

Der Zugang zur Nahrung ist ein universell anerkanntes Menschenrecht. Dieses Recht zu schützen, muss einen höheren Wert haben als die Verfolgung von kommerziellem Vorteil und Freihandel. – Dies ist ein Zitat aus der Balay-Deklaration der Konferenz über Handel und Nahrungsmittelsicherheit auf den Philippinen, Februar 1996.

In dem aktuellen Grünen Bericht für das Jahr 2001 ist zur Hauptursache für den Hun­ger in der Welt festgehalten, dass die Ursache in der ungerechten Landverteilung und in einer auf Export ausgerichteten industriellen Landwirtschaft liegt. In den Ländern des Südens wird nicht darauf Wert gelegt, dass die Eigenversorgung aufrechterhalten und ausgebaut wird und dass die Menschen dort mit wertvollen Nahrungsmitteln versorgt werden.

In den Ländern des Südens werden riesige Flächen zur Erzeugung von Cash crops  verwendet. Mit den dort erzeugten Futtermitteln wird bei uns, wie Professor Alfred Hai­ger zu sagen pflegt, die „Kuh zur Sau gemacht“. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wow!) –


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Das ist nachzulesen in den Unterlagen von Professor Haiger von der Universität für Bodenkultur. (Abg. Wittauer: Der Präsident hat das nicht verstanden!)

Ob das hier gegen die guten Sitten verstößt, wenn „die Kuh zur Sau gemacht wird“? – Ja, ich finde, das verstößt gegen die guten Sitten. Aber leider passiert das auch in den bäuerlichen Betrieben in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben in Österreich seit dem EU-Beitritt bei den bäuerlichen Betrieben einen Rück­gang von 9 Prozent zu verzeichnen. Das ist keine Erfolgsstatistik. Ausschlagge­bend dafür ist eine ungerechte Verteilungspraxis bei den Förderungen. Aufgegeben haben nämlich vor allem die kleineren Betriebe, die allerdings für die Herstellung von wert­vollen Nahrungsmitteln äußerst wichtig sind, und zwar nicht nur in Österreich, son­dern auf der ganzen Welt. (Beifall bei den Grünen.)

Die Agrarliberalisierung, die derzeit in hohem Maße stattfindet, wird auch bei den WTO-Verhandlungen in Cancun einen wichtigen Platz einnehmen. Die Verhandlungen umfassen im wesentlichen das Landwirtschaftsabkommen der WTO, „Agreement on Agriculture“, die KonsumentInnen- und Gesundheitspolitik und das TRIPS-Abkommen, das die Patente regelt. Diese Verhandlungen zielen auf eine weitere Liberalisierung der Agrarmärkte ab. Weltweit waren schon vor diesen Verhandlungen in Doha  Bauern- und Umweltschutzorganisationen gegen die Aufnahme des sensiblen Bereichs Land­wirtschaft in das Freihandelsregelwerk der WTO.

Ein sehr bekannter Spekulant, George Soros, hat anlässlich eines Vortrags im letzten Jahr in Wien gesagt, dass die Kapitalmärkte dazu tendieren, sich selbst zu zerstören. Es gibt da kein sich selbst schaffendes Gleichgewicht. Daher ist es wichtig, dass es klare Regeln und Behörden gibt, die diese kontrollieren.

Das ist ganz besonders wichtig im Bereich der Lebensmittel, da es nicht angeht, dass wir die Produktion und Herstellung von gesunden Lebensmitteln ausschließlich und nur mehr großen Produzenten überlassen und selbst keinen Zugriff mehr darauf haben.

Die EU ist an dieser massiven Liberalisierung nicht ganz unbeteiligt. Sie gibt immerhin 7 Prozent ihres Agrarhaushaltes für die Subvention von Exporten aus, damit diese Produkte, wie zum Beispiel Rindfleisch, Milchpulver oder insbesondere Zucker, billig in andere Länder exportiert werden können. Diese Billigexporte ruinieren aber in anderen Ländern lokale ProduzentInnen und lokale Märkte.

Die EU und die USA kontrollieren die Hälfte der weltweiten Getreideexporte. Die Ex­portpreise liegen aber 46 Prozent beziehungsweise 34 Prozent unter den tatsächli­chen Produktionspreisen. Deswegen treten wir dafür ein, dass die Exportstützungen zurückgefahren werden, da es nicht unsere Absicht sein kann, den Ländern des Sü­dens weiterhin zu schaden, während wir hier im Norden eine Lebensmittelüberproduk­tion haben. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte jetzt noch ganz kurz zum Thema „Alpenkonvention“ etwas sagen. „Klima-Horror in den Alpen“ war vor kurzem im „Standard“ zu lesen. Im Budget ist geplant, 200 000 € für die „Alpenkonvention“ auszugeben. Ich frage Sie: Was soll damit finan­ziert werden? Eine Studie?! – Das kann nicht dazu führen, das die Auswirkungen des Klimawandels auf die Berggebiete Österreichs nachhaltig eingeschränkt werden. In diesen sensiblen Regionen müssen dringend Maßnahmen gesetzt werden, um die Auswirkungen des Klimawandels aufzuhalten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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24. Sitzung / Seite 30

10.18

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Kanzler! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Es ist schön langsam eigenartig, dass der Abgeordnete Faul stän­dig – auch im Ausschuss – versucht, die verschiedenen Berufsgruppen auseinander zu dividieren (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Pfui!), und die Landwirte immer wieder unter­schwellig angreift. Das muss ich hier wirklich einmal sagen.

Die Landwirtschaft übt in Wahrheit eine große Solidaridät gegenüber jeder Bevölke­rungsschicht und leistet Großartiges in Österreich. Daher erwarte ich mir von Ihnen, Herr Kollege Faul, dass Sie das endlich einmal auch hier am Rednerpult ganz klar sa­gen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zur Frau Abgeordneten Rest-Hinterseer möchte ich sagen: Ihre Vergleiche – leider Gottes kommen Sie nicht aus der Landwirtschaft – zwischen Sau und Kuh sind unzu­lässig! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Stimmt ja nicht!) – Ich weiß nicht, vielleicht züchtet sie Hühner, denn sonst würde sie etwas anderes sagen. (Zwischenrufe bei den Grü­nen.)

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als im Ausschuss von der Massentierhaltung der Jäger die Rede war. Ich würde von Ihnen erwarten, dass Sie sich in dieser Materie ein bisschen schlauer machen. Dann höre ich Ihnen auch gerne zu und anerkenne Ihre Leistungen. (Abg. Sburny: Das ist so etwas von präpotent! Das ist unglaublich!)

Aber ich spreche heute hier als Umweltsprecher. Mir ist bewusst, dass Umweltschutz eine große Herausforderung für Österreich im ökologischen Strukturwandel ist. Öster­reich muss für das 21. Jahrhundert die Rahmenbedingungen für eine intakte Umwelt schaffen.

Die Reduzierung von Schadstoffemissionen und die Schonung von Ressourcen muss dabei im Vordergrund stehen. Umwelt betrifft alle Bereiche unseres Lebens: dazu ge­hören vor allem Energie, Industrie, Gewerbe, Verkehr- und Transportwesen, Landwirt­schaft, Wald und Wasser, Tourismus und Freizeitwirtschaft sowie Ressourcenmanage­ment und auch das Verbrauchs- und Konsumentenverhalten.

Eine gesunde Umwelt bleibt die Herausforderung für die Zukunft. Sie ist wichtig für jeden Menschen, sie ist wichtig für unsere Landwirtschaft, und sie ist wichtig für den Tourismusstandort Österreich.

Eine Herausforderung ist auch das Erreichen der Kyoto-Ziele. Dafür werden im Rah­men der Klimastrategie im Jahr 2004 30 Millionen €, 2005 60 Millionen € und 2006 90 Millionen € zur Verfügung stehen.

Die Maßnahmen, die zwischen Bund und Ländern beschlossen werden, setzen den Schwerpunkt bei Biomasse und Verkehr. Dadurch wird es zu positiven Impulsen für die Umwelt kommen. Die dynamische Entwicklung des Verkehrs ist ein großes Problem und steht in direktem Zusammenhang mit unserem Klima. In dieser Frage (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger) – hören Sie zu und lernen S’ was! – muss es zu einer Be­wusstseinsänderung in Europa kommen.

Auch die Maßnahmen des Generalverkehrsplanes von Infrastrukturminister Gorbach und die damit verbundenen Investitionen in die Schiene müssen konsequent umge­setzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirkl­huber.)

Herr Abgeordneter Pirklhuber, Sie waren hier schon am Rednerpult, aber da hat Ihnen keiner zugehört, weil Sie auch hier heraußen nichts Sinnvolles gesagt haben. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Diese Präpotenz muss man einmal haben! – Weitere Zwischen­rufe bei den Grünen.) – Herr Abgeordneter, hören Sie zu! Das sind Inhalte, und ich möchte ja nur Inhalte vermitteln. Ich will in dieser Frage gar nicht auf Sie eingehen.


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Positiv ist natürlich eine ökologische Steuerreform und eine LKW-Bemautung, die am 1. Jänner 2004 in Kraft treten.

Maßnahmen, und zwar sowohl in der Altbausanierung als auch beim Neubau, um die Raumwärme besser zu nutzen, werden ein Eckpunkt dieser Klimastrategie sein. Ein positives Beispiel in dieser Richtung ist auch das geplante Biomasse-Fernheizwerk im Süden von Wien.

Die Umsetzung der Alpenkonvention, die auch in Österreich beschlossen wurde, muss umgesetzt werden. Die Ziele, die wir gemeinsam mit unseren Nachbarn verfolgen, sind eine Verpflichtung und ein völkerrechtlich bindender Vertrag.

In den sensiblen Hochgebirgsregionen haben unsere Bergbauern mit ihren Leistungen eine nachhaltige ökologische Wirkung auf das gesamte Umweltsystem und tragen für die Gesellschaft eine wesentliche Rolle zur Sicherung der Lebensräume bei. Diese unsere Bauern brauchen weiterhin unsere Unterstützung! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Lesen Sie nicht alles herunter! – Ist ja wahr!)

Auch in der Nachhaltigkeit des Verkehrswesens, welches einen großen Anteil an der Umweltbelastung hat, müssen wir zu neuen Verkehrsstrategien und Maßnahmen fin­den, die eine dauerhafte, nachhaltige Entwicklung darstellen. Ein Teil davon ist die Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsmittel, der Ausbau des öf­fentlichen Verkehrs und die Entwicklung von alternativer Fahrzeug- und Motortechnik. (Abg. Mandak: Dann tut es auch!)

Mit Auslaufen des Transitvertrages darf es nicht zu einem Anstieg der Schadstoffemis­sionen aus dem Transitverkehr kommen. Deshalb muss die Alpenkonvention von allen umgesetzt werden. Die Umsetzung der IG-Luft muss sichergestellt sein. Damit können wir auf nationaler Ebene auch Maßnahmen zum Schutz unserer Umwelt setzen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Nachhaltige Waldbewirtschaftung, nachhaltiges Wassermanagement, umweltorientier­te Tourismus- und Freizeitwirtschaft, gentechnikfreie Zonen, Ausstieg aus der Atom­kraft und noch vieles andere mehr dürfen nicht nur Schlagworte sein. (Abg. Öllinger: Sie lesen sie ja herunter, die Schlagwörter! – Abg. Mandak: Alles leere Worthülsen!)

Die Bewältigung der künftigen Umweltprobleme in Österreich muss ein Ziel dieser Bundesregierung bleiben. Auch die Rolle des Konsumenten in seinem Verhalten muss sich verändern. Dazu gehört auch die notwendige Sensibilisierung schon in den Kin­dergärten und Schulen.

Die Frage der Atompolitik in Europa ist eine schwierige, doch ich bekenne mich zu einer Anti-Atompolitik: Jedes Atomkraftwerk ist zu viel. Mit einem gemeinsamen Antrag aller Parteien zum EURATOM-Vertrag wird dies auch in Zukunft – so hoffe ich! – un­terstrichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Gefahr, die von Atomkraftwerken ausgeht, ist groß. Dafür braucht es in Europa eine Bewusstseinsänderung. Kein Geld für neue Kraftwerke, Unterstützung für den Ausstieg aus der Atompolitik, das muss das Ziel aller vier Parteien sein. (Abg. Öllin­ger: Schon wieder heruntergelesen!)

Zusätzlich Ziele sind: steuerliche Anreize für Sonnenenergie und Biomasse, die Förde­rung von Informations- und Bildungskampagnen, die Schaffung von Arbeitplätzen im Bereich erneuerbarer Energien durch die Bundesregierung, die Förderung von Maß­nahmen zur Energieeinsparung, der Einsatz effizienter Technologien und erneuerbarer Energien, die schrittweise Erhöhung des Marktanteiles flüssiger Biobrennstoffe und die Förderung von Biokraftstoffen im Verkehr.


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Meine Damen und Herren! Ich weiß, wie schwierig es sein wird, das alles umzusetzen. Aber die Umwelt betrifft uns alle, sie lässt niemanden gleichgültig. Ein intaktes, le­bens­wertes Österreich muss ein Wunsch von uns allen sein! (Beifall bei den Freiheitli­chen.)

10.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer zu Wort gemeldet. Redezeit: 2 Minuten.

Frau Abgeordnete, bitte beginnen Sie mit dem zu berichtigenden Sachverhalt und stel­len Sie dem den richtigen Sachverhalt gegenüber.

 


10.25

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordne­ter Wittauer hat in seiner Rede bezweifelt, dass ich über landwirtschaftli­chen Sach­verstand verfüge.

Ich bin Bergbäuerin aus dem Gasteinertal mit einem Mutterkuhhaltungsbetrieb, den ich mit meinem Mann im Nebenerwerb bewirtschafte. Unser Betrieb hat die Betriebsgröße eines durchschnittlichen österreichischen Bauernhofes.

Und das Zitat, dass „die Kuh zur Sau gemacht wird“, stammt vom emeritierten Univer­sitätsprofessor Alfred Haiger von der Universität für Bodenkultur Wien. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: Dann nehme ich es zurück! Aber dann versteht eben der nichts von der Landwirtschaft! – Widerspruch und Zwischenrufe bei den Grünen.)

10.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


10.26

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Einer der wichtigsten Berei­che des Umweltbudgets ist, wie ich meine, die Finanzierung und die Förderung der Wasserversorgung und der Wasserentsorgung. Leider muss man feststellen, dass es sich hiebei wieder einmal um das Stiefkind des Budgets handelt.

Obwohl ein äußerst hoher Investitionsbedarf in der Wasserwirtschaft besteht, gab es im Jahr 2000 nur mehr eine Sondertranche durch den Verkauf der Forderungen des Wasserwirtschaftsfonds. Danach sank der zugesagte Förderwert von bisher 3,9 Milliar­den Schilling auf 3 Milliarden Schilling, also fast um 1 Milliarde Schilling.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dies geht in erster Linie zu Lasten der Gemeinde­budgets, weil nach den neuen Förderungsrichtlinien der durchschnittliche Förderungs­satz von 32 Prozent auf 25 Prozent zurückging.

2001 und 2002 wurde der Fonds von den Finanzausgleichspartnern überhaupt nicht dotiert. Der Finanzbedarf in diesen beiden Jahren wurde durch den Verkauf von Forde­rungen gedeckt. Damit wurde das Fondsvermögen eigentlich ausgeräumt. Und wohin die Reise geht, ist auch ganz klar: Die Wasserwirtschaft soll in Zukunft rein privat fi­nanziert werden, und die Zusammenlegung von Wasserversorgungen zwecks einfa­cher Privatisierung ist auch sehr durchsichtig.

Ich darf hiezu ein Beispiel aus Niederösterreich nennen. Ich erinnere an den Verkauf der NÖSIWAG an die zu 49 Prozent privatisierte EVN.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn sich eine Privatfirma für den Erhalt und den Ausbau der Infrastruktur in Zukunft Fremdkapital beschaffen muss, weil es keine staat­lichen Zuschüsse mehr gibt, dann werden die Kosten für die Wasserversorgung und Wasserentsorgung steigen. Damit werden ganz klar und deutlich die Bürger und Bür-


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gerinnen weiter belastet. Oder die Infrastruktur wird nicht errichtet, und die Qualität der Wasserversorgung sinkt.

Dies schädigt den Lebensstandard der Österreicherinnen und Österreicher und über den sinkenden Konsum auch die Volkswirtschaft. Daher, sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, fordere ich, dass der Wasserwirtschaftsfonds wieder die notwendigen Mittel zugeführt erhält.

Ich fordere in diesem Zusammenhang auch, dass der Förderungssatz wieder zumin­dest auf das ursprüngliche Maß angehoben wird! Wir alle, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Minister, brauchen sauberes, gesundes Wasser zum Leben. Und in der Wasserwirtschaft zu sparen, ist, wie ich meine, ein schwerer politischer Fehler. (Beifall bei der SPÖ.)

10.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


10.29

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Damen und Herren! Es bringt ja normalerweise nicht viel, auf Polemiken einzugehen, vor allem dann nicht, wenn sie ein gewisses Niveau unter­schreiten. Herr Kollege Faul, ich muss Sie aber tatsächlich berichtigen.

Sie haben hier Zahlen herausgegriffen, die einfach nicht so im Raume stehen bleiben dürfen. (Abg. Faul: Reden Sie mit dem Rechnungshofpräsidenten!) Sie versuchen da­mit, Berufsgruppen gegeneinander auszuspielen, aber dann sollten wenigstens gewis­se Mindestgrundlagen stimmen.

Ich halte fest: Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines unselbständig Erwerbstä­tigen hat im Jahr 2000 20 700 € betragen. Das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen liegt bei 14 000 € – um einige Euros abgerundet. (Abg. Dipl.-Ing. Kumme­rer: Brutto oder netto? – Abg. Faul hält dem Redner den Rechnungshof­bericht ent­gegen.)

Ich darf Ihnen sagen: Uns plagt seit vielen Jahren die Tatsache, dass der Abstand zwi­schen den Einkommen der landwirtschaftlichen Arbeiter und der unselbständig Er­werbstätigen zirka 40 Prozent beträgt!

Es ist auch immer fragwürdig, wenn man mit einzelnen Jahreszahlen argumentiert. Bitte schauen Sie doch auch einmal auf das Niveau des Jahres 1994! Das einzelne Jahr sagt überhaupt nichts aus. Wir sind froh, wenn wir langsam das Niveau des Jah­res 1994, von vor dem Beitritt zur Europäischen Union erreichen! Die Aussagen von vorhin sind leider eine bedauerliche Demagogie, die nicht leicht zu überbieten ist. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Kollege Pirklhuber hat auf den Paradigmenwechsel in der internationalen Agrarpolitik verwiesen, und ich sage hier auch gar nichts dagegen. Ich sage nur, unser Paradig­menwechsel geht in Richtung Sicherung der Wertschöpfung in den ländlichen Räumen und in der Landwirtschaft, in Richtung Sicherung der Einkommen, in Richtung Siche­rung der Vitalität der bäuerlichen Betriebe.

Ich bedauere es immer wieder, dass die Landwirtschaft in der Öffentlichkeit viel zu eng wahrgenommen wird, nämlich vor allem als Lebensmittel- beziehungsweise Nah­rungs­mittelerzeuger. Die Landwirtschaft ist aber viel mehr, wesentlich mehr! Die Landwirt­schaft ist heute auch ein bedeutender Tourismusanbieter. Es gibt Regionen, wo bis zu einem Fünftel der Tourismuswertschöpfung – mit entsprechender Anzahl an Gäste­betten – in der Landwirtschaft erarbeitet wird. Die Landwirtschaft ist ein starker Dienst-


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leister im ländlichen Raum und in den Gemeinden, und die Landwirtschaft ist stark mit dem Gewerbe vernetzt.

Kollege Hornek hat es schon gesagt: Die Landwirtschaft ist auch – und immer mehr wachsend – ein Energiedienstleister. Das ist eine ungeheure Herausforderung für die junge bäuerliche Generation, nämlich in der Ausbildung, im Management und in der Entwicklung neuer Märkte. Ich bin daher sehr froh darüber, dass das Agrarbudget, das Bundesminister Pröll für die Jahre 2003 und 2004 vorgelegt hat, diese Entwicklungsli­nien im ländlichen Raum unterstützt und weitertreibt. Ich denke, wir können eine stabile Phase der Agrarpolitik machen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner zu einer zweiten Wortmeldung ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


10.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Kollege Keuschnigg hat zu Recht die Diversität der Landwirtschaft angesprochen. Die vielfältigen Leistungen, die sie er­bringt, erschöpfen sich nicht nur in der Lebensmittelerzeugung.

Vergessen wir aber nicht die Notwendigkeit, in diesem Bereich auch Arbeitsplatzsi­cherheit zu gewährleisten. Und eines der wesentlichen zentralen Anliegen der Bäue­rinnen und Bauern sind entsprechende Preise für ihre Produkte, Herr Kollege Keusch­nigg. Das ist die Herausforderung, und ich meine, wenn wir Vorreiter sein wol­len, dann müssen wir noch stärker in die Qualitätsoffensive gehen, den Konsumenten mehr Qualität und transparente Gütesiegel anbieten, damit sie auch nachvollziehen können, warum sie einen entsprechenden Preis zahlen sollen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister Pröll, Sie haben in Ihren Ausführungen zu meinen Anfragen betreffend Biolandbau kein Wort verloren. Sie haben den Biolandbau nicht einmal er­wähnt, aber ich halte es trotzdem für absolut notwendig, dass Sie als Landwirtschafts- und Umweltminister diesbezüglich eine klare Positionierung vorlegen (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Die kennen Sie!) und auch erklären, Herr Bundesminister, wie Sie das im Budget entsprechend verankert haben.

Der Biolandbau ist eben mehr als eine Produktionsmethode, mit der man Lebensmittel erzeugt. Er ist das Landwirtschaftsmodell des 21. Jahrhunderts, meine Damen und Herren! Und es ist die große Herausforderung, in einem globalen Maßstab dem Bio­landbau endlich zum Durchbruch zu verhelfen, damit auch die Menschen in der so ge­nannten Dritten Welt ihre Lebensmittel in Zukunft selbst erzeugen können! (Beifall bei den Grünen.)

Der Biolandbau sichert letztlich auch einen Artenschutz, einen Bodenschutz und unse­re natürlichen Grundlagen und Ressourcen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll spricht hinter der Regierungsbank mit einem Mitarbeiter.) – Herr Bundesminister, bitte hören Sie mir noch einmal kurz zu! – Sie haben in Ihrem Bio-Aktionsprogramm ganz konkret geschrieben – und ich zitiere aus diesem Aktionsplan 2003/2004 –:

Das Landwirtschaftsministerium wird den raschen Aufbau der Strukturen eines Bio­kompetenzzentrums und die Konzentration der Kräfte innerhalb der biologischen Land­wirtschaft unterstützen. – Zitatende.

Daher bringe ich zwei Abänderungsanträge ein. Sie lauten wie folgt:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Budgetaus­schusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 der Beilagen, Bundesfinanzge­setz für das Jahr 2003 samt Anlagen) – 112 der Beilagen.

Im Voranschlagsansatz 2003, 1/60146, mit der Bezeichnung Kapitel 60, Land- und Forst- und Wasserwirtschaft, qualitätsverbessernde und produktionsumlenkende Maß­nahmen, wird der Betrag von 22,908 Millionen € um 837 000 € auf 23,745 Millionen € erhöht.

*****

Das wären jene Mittel, die auch zur Schaffung eines so genannten  Biokompetenzzent­rums, „Bio-Austria“ (Abg. Mag. Molterer: Das Sie noch vor einem Jahr abgelehnt ha­ben!), notwendig wären, Herr Bundesminister.

Kollege Molterer, ich war nie dagegen. (Abg. Mag. Molterer: Oja! Sie waren massiv dagegen!) Es ging immer um den richtigen Weg zu dieser Strategie. Ich war nicht da­gegen, sondern wir haben heute eine Strategie, bei der die Bioverbände und Dachver­bände an einem Strang ziehen, und darum ging es uns von den Grünen: dass hier nicht drübergefahren wird, nicht gekürzt wird, sondern dass die Verbände des biologi­schen Landbaus, die Dachorganisationen bei ihren Bemühungen unterstützt werden, gerade in diesem Bereich, wo wir in der Europäischen Union Vorreiter sind, auch wirk­lich vorzeigbare Zukunftsergebnisse weiterzuentwickeln. (Abg. Mag. Molterer: Haha­ha!)

So weit zu unseren Anträgen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen und auch noch kurz auf den Bereich der Sied­lungswasserwirtschaft eingehen. Und hier muss ich dem Kollegen Heinzl ... (Abg. Mag. Molterer: Pirklhuber auf dem Weg der Besserung!) – Kollege Molterer, ich bin gerne bereit, nachher weiter mit Ihnen darüber zu diskutieren, aber ich muss meine kurze Redezeit nutzen, um diesen wichtigen Punkt noch vorzubringen.

Die Siedlungswasserwirtschaft ist ein Sektor, in dem seit 1993 rund 130 Milliarden Schilling oder 10 Milliarden € investiert wurden, und zwar in die kommu­nale und be­triebliche Abwasserreinigung, in die Kanalisation et cetera. Und Kollege Heinzl hat hier gemeint, man müsse wieder die Fördersätze erhöhen. – Meine Damen und Herren! Das ist keine Zukunftsstrategie. Wir brauchen neue, offensive Konzepte für eine de­zentrale Abwasserentsorgung gerade im ländlichen Raum.

Wir haben in Österreich derzeit einen Anschlussgrad von etwa 86 Prozent, und es wä­re sehr sinnvoll, richtig und notwendig, endlich die günstigen genossenschaftlichen Lösungen und den Betrieb von Pflanzenkläranlagen in den entlegenen Räumen Öster­reichs voranzutreiben, die viel billiger sind, und die dadurch frei werdenden Budgetmit­tel umzuschichten, nämlich in die Umweltförderung im Bereich erneuerbare Energien.

Meine Damen und Herren! Das wäre zukunftsweisend. Aber das haben Sie, Herr Bun­desminister, nicht getan. (Der Redner schickt sich an, das Rednerpult zu verlassen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, bleiben Sie bitte noch am Redner­pult und verlesen Sie den zweiten Abänderungsantrag zum Jahr 2004 – lediglich die Ansätze, denn es sind andere Ziffern als für 2003. – Sie sind am Wort!

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Danke, Herr Präsident, dass Sie mich darauf hinweisen.

Der zweite Antrag lautet:


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24. Sitzung / Seite 36

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Budgetaus­schusses über die Regierungsvorlage (61 und Zu 61 der Beilagen, Bundesfinanzge­setz für das Jahr 2004 samt Anlagen) – 113 der Beilagen.

Im Voranschlagsansatz 2004, 1/60146, wird der Betrag 22,838 Millionen € um 837 000 € auf 23,675 Millionen € erhöht.

*****

Danke schön, Herr Präsident! (Beifall bei den Grünen.)

10.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die beiden Abänderungsanträge der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde, der eine zum Budget 2003, 112 der Beilagen, und der andere zum Budget 2004, 113 der Beilagen, wurden ordnungsgemäß einge­bracht, sind hinreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung; sie werden außer­dem dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der erste Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Budgetaus­schusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 der Beilagen, Bundesfinanzge­setz für das Jahr 2003 samt Anlagen) – 112 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nachstehender VA-Ansatz ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmä­ßig entsprechend zu korrigieren sind:

1.VA-Ansatz 1/60146 des Berichtes des Budgetausschusses über die Regierungsvor­lage (60 und Zu 60 d.B., Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen) – 112 d.B. ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmäßig entsprechend zu korrigieren sind:

VA-Ansatz 03       Bezeichnung                            von                            um                         auf

     1/60146         Kapitel 60, Land- Forst und

                             Wasserwirtschaft

                             Qualitätsverbessernde und

                             produktionsumlenkende

                             Maßnahmen                              22,908.000 €            € 837.000,–         23,745.000 €

Begründung:

Zur Umsetzung des Aktionsprogrammes für den biologischen Landbau 2003-2004 und zum Ausbau eines Biokompetenzzentrums „Bio-Austria“ ist eine deutliche Aufstockung der Mittel erforderlich. In einem ersten Schritt sollen die zusätzlichen Mittel im Jahr 2003 dazu dienen, die regionale Arbeit der Bioverbände abzusichern und die neuen Aufgabenstellungen im Bereich Qualitätssicherung, Produktentwicklung, Bera­tung und Öffentlichkeitsarbeit professionell weiterzuentwickeln. Besonders sind die Bioverbände und die bestehenden Dachorganisationen des Biolandbaus beim Aufbau einer gemeinsamen Bio-Strategie mit dem Ziel einer koordinierten und effizienten In-


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24. Sitzung / Seite 37

formation, Beratung und Dienstleistung im Sinne der Bäuerinnen und Bauern als auch der KonsumentInnen zu unterstützen.

*****

Der zweite Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Budgetaus­schusses über die Regierungsvorlage (61 und Zu 61 d.B., Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen) – 113 d.B.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nachstehender VA-Ansatz ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmä­ßig entsprechend zu korrigieren sind:

1. VA-Ansatz 1/60146 des Berichtes des Budgetausschusses über die Regierungsvor­lage (61 und Zu 61 d.B., Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen) – 113 d.B. ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmäßig entsprechend zu korrigieren sind:

VA-Ansatz 04       Bezeichnung                            von                            um                         auf

     1/60146         Kapitel 60 Land- Forst- und

                             Wasserwirtschaft

                             Qualitätsverbessernde und

                             produktionsumlenkende

                             Maßnahmen                            22,838.000,– €          € 837.000,–         23,675.000 €

Begründung:

Zur Umsetzung des Aktionsprogrammes für den biologischen Landbau und zum Aus­bau des Biokompetenzzentrums „Bio-Austria“ ist eine deutliche Aufstockung der Mittel für die Bioverbände und -Dachorganisationen erforderlich. In einem zweiten Schritt sollen im Jahr 2004 zusätzliche Mittel für die Etablierung und die Umsetzung einer ein­heitlichen Gesamt-Konzeption „Bio-Austria“ bereitgestellt werden.

*****

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.39

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als Weinbauer, wenn auch nur im Nebenberuf, möchte ich den Weinbau in den Mittelpunkt meiner Rede stellen.

Es ist interessant, dass sich im Winter des Vorjahres die damaligen vier Agrarsprecher der hier im Haus vertretenen Parteien dem Kapitel Weinbau sehr positiv genähert ha­ben.

Es ist unbestritten, dass der österreichische Wein zur Weltspitze gehört und besonders in den letzten Jahren immer wieder erfolgreich seine Qualität unter Beweis gestellt hat. Einhellig werden die verlässliche Qualität und der eigene Charakter unserer Weine in der internationalen Fachwelt gelobt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Der ehemalige ÖVP-Agrarsprecher Schwarzenberger meint, guter Wein sei das halbe Leben, und er stellt fest, dass im Jahr 2001 bei gleich bleibendem Konsum deutlich mehr Geld für den Wein ausgegeben worden ist. Das zeigt, dass die Konsumenten qualitätsbewusster einkaufen. Es ist auch im Gegensatz zu den früher sehr häufig ge­kauften Doppelliter-Flaschen ein wesentlicher Anstieg beim Verkauf des Weines in Bouteillen, also in den 0,75-Liter-Gebinden, zu verzeichnen gewesen. Die Verkaufs­zahlen bei den Bouteillen sind von 31 auf 37 Prozent gestiegen.

Der Agrarsprecher der FPÖ in der letzten Legislaturperiode, Kollege Wenitsch, sagt, vom österreichischen Wein werde nicht zu viel geerntet, sondern nur zu wenig ver­kauft, und er setzt sich etwas kritisch mit den Vermarktungs- und Förderungsmaßnah­men der ÖWMim Ausland auseinander, wo für den österreichischen Mittelklasse-Wein seiner Meinung nach zu wenig getan wird und hauptsächlich Top-Winzer gefördert werden.

Kollege Gradwohl sieht im Wein Positives. Er meint, kompromisslose Qualität, unver­wechselbares Produkt mit stark regionalem Charakter und nicht zuletzt bedingungslose Sicherheit für die aufgeklärten Konsumenten prägen den Wert des österreichischen Weines.

Kollege Pirklhuber meint, dass die österreichischen Winzer es insbesondere in den letzten Jahren verstanden haben, mit ihrer Weinkultur die Kultur und den Fremdenver­kehr ganzer Regionen zu prägen.

Wie man sieht, ein sehr positiv besetztes Thema. Ich hoffe, dass auch die Kollegen hier im Haus den Qualitätssprung des österreichischen Weines der letzten zehn bis 15 Jahre festgestellt haben – dies hoffentlich nicht nur statistisch, sondern auch senso­risch.

Österreich war lange Zeit ein fast sortenreines Weißweinland, hat aber – dem Konsu­mentenwunsch und auch sinnvollen Förderungen folgend – in den letzten Jahren den Rotweinanteil, und das wesentlich im Qualitätsbereich, erhöht.

Von zirka 7,5 Millionen Hektar Anbauflächen sind nur zirka 50 000 Hektar dem Wein­bau gewidmet. Es ist aber trotzdem gerade der Wein ein österreichisches Agrarpro­dukt, das weltweit bekannt ist. Wenn auch der Bekanntheitsgrad des österreichischen Weines international noch hinter dem des französischen und des italienischen Weines nachhinkt, so sind doch internationale Preise und steigender Zuspruch dem österrei­chischen Wein sicher, und das zeigt, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.

Eine alte Weinbauernregel lautet nach wie vor: Der beste Wein ist der verkaufte, und die beste Förderung sind zufriedene Konsumenten. – Wenn uns im heurigen Jahr in Wien der Hagel auch einen Teil der Ernte genommen hat, so hoffen wir doch, auch in diesem Jahr den Kunden ein gutes Produkt liefern zu können.

Ein großer Problembereich für den Agrarsektor, aber natürlich auch für den Weinbau, ist in vier Punkten zusammenzufassen, und das gilt schon seit Jahrhunderten:

„Im Winter de Gfrier, im Frühjahr de Blia, im Sommer de Dia und im Herbst koa G’schia.“ – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kum­merer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Grillitsch, wenn er noch da ist (Abg. Grillitsch: Da bin ich!) – entschuldige, habe ich nicht gese-


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hen –, und auch Herr Kollege Wittauer: Es geht nicht um das Schüren von Neidkom­plexen. (Abg. Grillitsch: Um was denn?) Es geht nicht um das Auseinanderdividieren, sondern es geht um das Darstellen von Tatsachen, was Kollege Faul ja auch gemacht hat.

Es nützt nichts, meine Damen und Herren, es gibt Betriebe, und das sind nicht wenige, die 7 000 bis 8 000 € Einkommen haben – nicht im Monat, sondern im Jahr! Es wäre interessant, zu hören, wie ihr diesen dann erklärt, wie sie mit 7 000, 8 000 € Jahresein­kommen von den nicht entnommenen Gewinnen profitieren sollen oder profitieren kön­nen.

Es gibt Betriebe, die der Marktwirtschaft zur Gänze unterliegen, der Markt regelt alles, und es gibt auch Fälle, wo durch den Einsatz von nicht unbeträchtlichen Steuergeldern der Markt geregelt wird.

Meine Damen und Herren! Aus diesem Grund sollten wir die Entwicklung des ländli­chen Raumes als Ganzes, als nationale Aufgabe sehen. Die Europäische Union gibt uns diesbezüglich Handlungsspielraum. Wir glauben, dass in Österreich die Subventi­onen überwiegend für die Landwirtschaft eingesetzt werden. Der restliche Teil ist, Herr Minister – ich sage das ganz bewusst –, beschämend gering. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Mittelaufteilung ist unserer Ansicht nach – und darüber diskutieren wir seit Jahren – ungerecht. Es sind einige wenige große Betriebe, die sehr viel an Subventionen kas­sieren, und es gibt sehr viele kleine Betriebe, die mit wesentlich weniger das Auslan­gen finden müssen. Das Gewerbe, die kleinen und mittleren Unternehmungen, die Inf­rastruktur leben von tröstenden Worten.

Meine Damen und Herren! Ich meine, der ländliche Raum braucht die Landwirtschaft, keine Frage (Beifall bei der SPÖ), aber er braucht auch mehr als die Landwirtschaft, denn ein ländlicher Raum, wo die Landwirtschaft isoliert ist, ohne Umfeld, ohne Kauf­kraft der Konsumenten, ist zum Scheitern verurteilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Überdenken Sie die Prioritä­ten! Sehen auch Sie den ländlichen Raum als Ganzes! Fördern Sie die Betriebe, die es brauchen, und führen Sie endlich Obergrenzen ein! Dann werden Sie bei zukünftigen Budgets auch mit unserer Zustimmung rechnen können. (Beifall bei der SPÖ.)

10.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Schweis­gut. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


10.47

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Galerie! Ich möchte ein Wortspiel zum Thema Apfel, das ein Abgeordneter begonnen hat, kurz fortsetzen. Der betreffende Abgeordneter hat in Richtung unseres Bundeskanzlers gemeint, er sollte statt des sauren grünen doch lieber den süßeren roten nehmen. – Ich hoffe nur, er war nicht überreif, abgefallen und faul. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichten­berger: Die Äpfel verteilt immer noch die Eva!)

Mein Thema soll heute aber nicht der Apfel sein, für den ich mich bei den Spendern natürlich herzlich bedanke. Der Apfel ist auch ein Symbol für unsere Landwirtschaft, dafür, dass sie sich wirklich boomend nach der Zeit richtet.

Ich möchte aber mehr auf das Thema Landwirtschaft und Tourismus eingehen, denn für mich als Tourismussprecher ist das ein Thema, das mich sehr interessiert, und na­türlich ist in diesem Bereich auch sehr viel Wertschöpfung für die Landwirtschaft mög­lich.


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24. Sitzung / Seite 40

Gerade der Tourismus ist insbesondere für den – landwirtschaftlich gesehen – „Un­gunstraum“ von hoher Bedeutung, da gerade im ländlichen alpinen Bereich der „Urlaub am Bauernhof“ eine echte Nebeneinnahmensquelle darstellt. Wenn es heute im Tou­rismus zirka 15 000 Betriebe für den „Urlaub am Bauernhof“, Betriebe aus dem ländli­chen Bereich, gibt, so ist das bereits ein Fünftel der gesamten österreichischen Tou­rismusbetriebe. Wenn man bedenkt, dass jedes siebente Bett, insgesamt zirka 170 000 Gästebetten, auf Bauernhöfen steht, dann sieht man schon allein anhand der Zahl, wie wichtig dieser Bereich für unsere Landwirte in Österreich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Wertschöpfung aus dem Tourismus, direkt an die Bauern gehend, ist mit zirka 450 Millionen € jährlich anzusetzen. Dazu kommt noch ungefähr der doppelte Umsatz, der endeffektlich im ländlichen Raum bleibt. Das heißt, eine langfristige Sicherung des ländlichen Raumes ist natürlich auch über derartige Nischenprodukte und über derarti­ge, auch nicht subventionierte Wege dringend notwendig. Daher ist auch eine weitere Förderung aus dem Bereich des Tourismus für den „Urlaub am Bauernhof“ und für den Agrotourismus von großer Bedeutung.

Zirka 20 000 Arbeitsplätze gibt es bereits direkt in den Bauernhöfen im Zusammen­hang mit dem „Urlaub am Bauernhof“. Aber nicht nur der Arbeitsplatz, sondern natür­lich auch die direkte Vermarktung von Landwirtschaftsprodukten, die im Zusammen­hang damit ebenfalls zu sehen ist – seien es Produkte wie Schnaps oder Käse, sei es die Pferdehaltung; „Urlaub am Bauernhof“ ist oft mit Reitmöglichkeiten verbunden –, diese Umwegrentabilität ist für die Bauern heute von großer Bedeutung und sichert die Existenz in den unwegsameren alpinen Gebieten von klein- und kleinstbäuerlichen Strukturen.

Ein gewisser Rückgang im Sommertourismus, wie er in den letzten Jahren etwa auf Grund der schlechten wirtschaftlichen Lage in Deutschland zu verzeichnen war, wird natürlich auch nicht ohne Auswirkungen auf den „Urlaub am Bauernhof“ sein, der sich ja primär in den Sommermonaten abspielt. Im vergangenen Jahr, das generell bereits ein schwieriges Jahr war, ist es zu einem leichten Rückgang bei der Zimmervermietung gekommen. Es war aber auch beim „Urlaub am Bauernhof“ ein gewisser Trend hin zu Ferienwohnungen zu bemerken, was aber von den Landwirten bereits rechtzeitig er­kannt worden ist.

Einen Mangel gibt es sicher noch bei der Ausstattung mit modernen Techniken im Be­reich des Tourismus. Dabei ist der Internetauftritt zu erwähnen. Es gibt nur in etwa 2 800 bäuerliche Vermieter, die eine eigene Homepage vorzuweisen haben. Bei, wie gesagt, zirka 15 000 Betrieben ist das doch eine relativ geringe Zahl. Und nur zirka 300 sind online buchbar. Auch diesbezüglich wird es in Zukunft noch Verbesserungen geben müssen.

Aus dem Budget für das Jahr 2003 fließen Direktförderungen von über 300 000 € in den „Urlaub am Bauernhof“. Wichtig ist „Urlaub am Bauernhof“ natürlich für uns alle, wichtig für ein besseres Verständnis der Landwirtschaft und für ein besseres Verständ­nis seitens der nicht mit Landwirtschaft beschäftigten Gäste und Touristen; dazu gehö­ren aber auch die Einheimischen, die dies sicherlich auch zur Kenntnis nehmen. Eines ist jedenfalls sicher: Der ländliche Raum wird durch den Agrotourismus gesichert!

Zuletzt bedanke ich mich dafür, dass es möglich war, insbesondere für die ländlichen Vermieter, die natürlich auch bei den Privatzimmervermietern organisiert sind, zu errei­chen, dass – im Budgetbegleitgesetz festgelegt – in Zukunft so wie bei den gewerbli­chen Vermietern, die bereits bisher davon befreit waren, keine ORF-Gebühr mehr für die Privatzimmervermieter anfällt. Das bedeutet auch im heurigen Budget eine direkte Erleichterung für den Vermieter.


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24. Sitzung / Seite 41

In diesem Sinne wird der Agrotourismus weiterhin eine Einnahmequelle für die Bauern bleiben und gleichzeitig Österreich nach außen entsprechend gut vertreten. Dafür be­danke ich mich bei den Vermietern und wünsche Ihnen auch eine gute Sommersai­son 2003. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichten­berger. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


10.53

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Auf Grund der Brisanz des Themas muss ich noch einmal auf die Frage Euratom und Österreichs Haltung in dieser Frage zurückkommen.

Meine Damen und Herren! Wir können in Österreich des Langen und des Breiten über Energiepolitik diskutieren, uns Förderungsmechanismen überlegen – wenn wir die Be­drohung durch die Reaktoren an unseren Grenzen, in Europa, wenn wir die unfaire Konkurrenzsituation für die Atomkraft, pro Atomkraft, in Europa nicht vom Tisch be­kommen, dann wird das alles im Vergleich nur ein schwaches Instrument sein. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Im Konvent für die Verfassung Europas ist es gelungen, etwas zustande zu bringen, worauf ich sehr stolz bin, nämlich: Alle Österreicherinnen und Österreicher im Konvent haben das Anliegen EURATOM, das von mir, von uns eingebracht wurde, unterstützt! Es gab keine parteilichen Unterschiede zwischen ÖVP und FPÖ und Grünen und Sozialdemokraten. Wir haben gemeinsam einen Antrag un­terstützt, einen Antrag eingebracht, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern an­derer Länder, die eine Reform des EuratoM-Vertrages wollten, und zwar in einer ganz bestimmten Form.

Wir müssen gemeinsam versuchen – hier muss die Regierung tätig werden, aber, Herr Minister, mit Ihren Ausführungen war ich bei Gott nicht zufrieden –, die Fördermecha­nismen für Euratom vom Tisch zu bekommen. Wir müssen den EuratoM-Vertrag mit einer so genannten „sunset clause“ versehen, wir müssen also erreichen, dass dieses Vertragswerk, das heute schon total veraltet ist, nach 50 Jahren – das wäre im Jahr 2007 – endlich ausläuft. (Beifall bei den Grünen.)

Das war unser zentrales Anliegen. Das Auslaufen dieses Vertrages wollen wir errei­chen.

Was kann unsere Regierung dazu tun? Das zu beantworten ist relativ einfach: Beim künftigen Treffen der Regierungschefs in Thessaloniki erwarte ich mir von unseren Regierungsvertretern dringendst – und das ist das Interesse der österreichischen Be­völkerung, das sie dort zu vertreten haben! –, dass sie sich für das Auslaufen des EuratoM-Vertrages einsetzen, dass unser Bundeskanzler sein politisches Gewicht in die Waagschale legt, um das zu erreichen. Das ist unverzichtbar, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Gerade seitens der Regierungen der anderen europäischen Staaten gibt es leider schmählichen Widerstand. Da gibt es leider immer noch jene, die glauben, man könne die große Lüge verbreiten, dass Atomenergie für Klimaschutzmaßnahmen geeignet sei. – Meine Damen und Herren! Das ist wissenschaftlich so unglaublich, was da be­hauptet wird, und das geht so weit an der Energiezukunft Europas vorbei, dass unsere Regierungsvertreter auf europäischer Ebene dringend gefordert sind, alles zu tun, um diesen Unsinn endlich zu widerlegen! Dazu braucht es aber wirklich mehr als zwei Sät­ze in Ihrer Erklärung, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen.)


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Wir haben im Konvent das geleistet, was wir leisten konnten, um eine Reform, ein Auf­hören, ein Auslaufen des EuratoM-Vertrages zu erreichen. Jetzt ist der Ball bei un­seren Regierungsvertreterinnen und -vertretern, endlich auch dezidiert für diese Sache einzutreten und klar und deutlich das Auslaufen des EuratoM-Vertrages zu fordern. Ansonsten – und damit komme ich zu einem Budgetkapitel, das mich eher traurig stimmt – werden die mageren Klimaschutzbemühungen Österreichs nicht einmal mehr ein Tropfen auf dem heißen Stein sein können.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich das Budget anschaut, wenn man es liest – und ohne diese Stellungnahme möchte ich meine Budgetrede zum Umweltthema nicht beenden –, dann stimmt es einen sehr traurig, wie wenig Konsequenz Österreich in der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zeigt.

Wenn der Verkehrsminister – damit müssen wir uns auseinander setzen – darauf stolz ist, viele neue Autobahnkilometer zu schaffen, wenn gleichzeitig nicht einmal ein Trop­fen auf dem heißen Stein für Maßnahmen des Klimaschutzes zur Verfügung stehen (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: 30 Millionen!) – vergleichen Sie diese 30 Millionen mit dem, was zur Gesamtasphaltierung Österreichs aufgewendet wird, Herr Minister, dann sehen Sie die Relationen, um die es hier geht! – und wenn gleichzeitig in Sachen Wärmedämmung so viel an Wirtschaftsförderung drinnen wäre, dann hätte ich mir er­wartet, dass eine Regierung, die wirklich an Klimaschutz, an einer Erreichung des Kyo­to-Zieles interessiert ist, auch klar entsprechende Maßnahmen setzt und dieses Geld, das jetzt verasphaltiert werden soll, in den Nahverkehr investiert, für eine gerechte Mo­bilität, und in die thermische Gebäudesanierung, denn die sichert viermal so viele Ar­beitsplätze.

Aber das, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, müssen Sie offen­sichtlich erst erfassen. Ganz Europa schaut auf unsere alpinen Architekten, darauf, welche Leistungen im thermischen Bau sie erbringen. Aber Sie ignorieren das, meine Damen und Herren! Ich fordere Sie auf, setzen Sie sich damit auseinander! (Beifall bei den Grünen.)

10.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Misse­thon. Redezeit: 3 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


11.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Frau Kollegin Lichtenberger, ich glaube, Ihre Traurigkeit ist fehl am Platz, sie ist nicht notwendig. Ich vertrete auch nicht den Standpunkt von Herrn Kollegem Faul, der gemeint hat, Grün sei unausgereift, sondern ich glaube eher das, was Frau Kollegin Machne gesagt hat: Die Grünen haben durchaus einiges zur Bewusstseinsbildung in diesem Land beigetragen und auch dazu, dass Österreich in Europa zum Umweltland Nummer eins geworden ist. Das muss man noch einmal ganz klar festhalten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Walch.)

Ich glaube, dass wir damit in einem besonders innovativen und attraktiven Politikfeld Vorreiter in Europa sind. Ich möchte zwei Aspekte herausgreifen:

Der erste Aspekt ist die erneuerbare Energie. Aus der EU-Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt wurde das Ökostromgesetz abgeleitet. Dieses Ökostromgesetz hat – und das muss man nach einigen Monaten wirklich sagen – in diesem Bereich einen wirklichen Boom ausgelöst und ist zu einer wirklichen österreichischen Erfolgsstory, zu einer weiteren Erfolgsstory im Bereich Umweltpolitik geworden, geschätzte Damen und Herren! (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)


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24. Sitzung / Seite 43

Gegenüber dem angestrebten Ziel von 4 Prozent Ökostrom-Anteil – das sind ungefähr 600 Megawatt – sind die Prognosen durchaus kräftig nach oben revidiert worden. Bei der vorgestrigen Pressekonferenz des Regulators war in dessen Prognose bis zum Jahr 2010 von 1 700 Megawatt an Ökostrom, die durch dieses Gesetz erzeugt werden können, die Rede. Ich glaube, auch da nimmt Österreich wieder eine entsprechende Vorreiterrolle in Europa ein.

Ich möchte damit auch schon zusammenfassen: Die ökosoziale Marktwirtschaft – da­von bin ich tief überzeugt – ist ein österreichisches Lebensprinzip, ein zutiefst österrei­chisches Politikfeld und ein Kompetenzfeld innerhalb der Europäischen Union. In der nachhaltigen Umwelt- und Agrarpolitik, geschätzte Damen und Herren, hat sich nicht Österreich an Europa zu orientieren, sondern Europa an Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.02

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. Die freiwillige Redezeit ist bekannt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.02

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Budget für die Jahre 2003 und 2004 wird in fast allen Bereichen gestrichen, vorenthalten, genommen und eingespart, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich denke dabei gerade an die unsoziale Pensionsreform, die vorige Woche von Seiten der Regierungsparteien mit allen Kräften durchgepeitscht wurde. Ich denke auch an die unsozialen Selbstbehalte, durch die in Zukunft jetzt wirk­lich die Zwei-Klassen-Medizin eingeführt wird. Dafür werden Sie die Verantwortung übernehmen müssen, meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Regie­rungsparteien! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke aber auch an die unsoziale Erhöhung bei Strom, Gas und Benzin – und es ist Ihnen sogar eingefallen, dass Sie in Zukunft Kohle besteuern werden. Das ist wirk­lich absurd! (Abg. Grillitsch: Was werden wir besteuern?)

Umso überraschender ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie sich das Landwirtschaftsbudget für die nächsten zwei Jahre darstellt: Allein im heurigen Budget steigen hier die Ausgaben bekanntlich um 40 Millionen € – während unter anderem im Bildungsbereich massiv gekürzt wurde. Wir wissen ja, dass im gesamten Mittelschulbe­reich sehr viele Unterrichtsstunden gestrichen werden und wegfallen. Während zum Beispiel für Forschung und Entwicklung viel zu wenige Mittel zur Verfügung stehen, darf allein der Landwirtschaftsbereich seine Ausgaben um 40 Millionen € erhöhen!

Ich sage das nicht, um damit Neid zu schüren, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, aber es ist einfach eine Katastrophe, weil dieses Geld letztlich ja wieder verteilt wird, und zwar nach jenem Schlüssel, nach dem auch jetzt die Förderungen im Land­wirtschaftsbereich unsozial weitergegeben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage das auch deshalb, weil 80 Prozent der Förderungen an nur 20 Prozent der Betriebe ausgeschüttet werden. Es gibt eine gute Aufstellung (der Redner zeigt eine Graphik) im Grünen Bericht, aus der diese wirklich unsoziale Förderung, wie sie prakti­ziert wird, noch einmal hervorgeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage das auch deshalb, weil wir als Sozi­aldemokraten immer für ein anderes Förderungsmodell eingetreten sind, denn Ihr Sys­tem ist falsch, es ist ungerecht, und – ich sage es ganz offen – es ist in Wirklichkeit unmoralisch, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)


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24. Sitzung / Seite 44

Abschließend: Es hat mich ja gewundert, dass vor einigen Wochen im ORF in der Sendung „Report“ zwei Arten von Bauern gegenübergestellt wurden: auf der einen Seite ein Großgrundbesitzer, auf der anderen Seite ein kleiner Bauer, der wenig Förde­rungen bekommt. Es war interessant festzustellen, Herr Bundesminister, dass Sie dann im Interview sehr still geworden sind. Sie haben nicht sehr viel darauf zu sagen gewusst, und auch Präsident Schwarzböck ist ein bisschen „schmähstad“ geworden.

Aber ich bin nach dieser Sendung von sehr vielen Leuten angesprochen worden, und ich stelle fest, meine Damen und Herren: Die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung sinkt. Ich sage das ganz bewusst: Die Akzeptanz sinkt! (Abg. Grillitsch: ... fragen, wa­rum! Weil die Gewerkschaft so polarisiert! Nehmen Sie sich selbst an der Nase, warum die Akzeptanz sinkt!) Dabei geht es gar nicht so sehr um die Mittel, die zur Verfügung gestellt werden, sondern es geht um die Art der Verteilung, weil diese eben ungerecht ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Als letzten Satz, Herr Bundesminister, noch eine Anmerkung zum Thema EU-Agrar­reform: Ich verstehe nicht, warum Sie die vorgeschlagene Entkoppelung nicht mittra­gen wollen. Sie stellen sich damit wirklich auf die Seite der Großbauern, und das haben sich die kleinen Bauern nicht verdient! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

 


11.06

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Eine zentrale Aufgabe der Budgetpolitik der Bundes­regierung ist es, die Voraussetzungen für das Wachstum der österreichischen Volks­wirtschaft zu schaffen.

Das vorliegende Doppelbudget trägt dem Rechnung. Ein wichtiger Teil davon ist das Landwirtschafts- und das Umweltbudget. Unsere Bauern sind die Ernährer der Bevöl­kerung, sie pflegen durch die Bewirtschaftung unser schönes Land, erhalten unsere Kulturlandschaft und sind in der Produktion von Energie und vielfältigen Erzeugnissen für die Menschen in unserem Land sehr aktiv.

Unsere Bäuerinnen und Bauern leisten Großartiges. Um die bäuerlichen Einkommen zu sichern, ist es nötig, dass wir eine umweltgerechte, standortgerechte und nachhalti­ge Bewirtschaftungsweise fördern. Es ist wichtig, dass für unsere Bauern aus diesem Ressort ausreichend Geldmittel zur Verfügung gestellt werden. Für heuer werden 2,46 Milliarden € und für 2004 rund 2,52 Milliarden € im Budget veranschlagt.

Unsere Bauern haben mit vielerlei Problemen um ihre Existenz zu kämpfen. Die Preise für Schweine, Milch und Getreide sind derzeit im Keller. Ich bin gegen eine weitere Absenkung in diesem Bereich, wie dies im Zuge der EU-Agrarreform geplant ist.

Ich bin auch mit Ihren Ausführungen, geschätzter Herr Kollege Faul, überhaupt nicht einverstanden. Sie ziehen hier einen Vergleichswert aus dem Jahr 2000/2001 heran, als die Einkommen für die Bauern höher gelegen sind, während sie jetzt wieder im Kel­ler sind. Man kann bei den bäuerlichen Einkommen nicht ein Jahr dem anderen ge­genüberstellen, sondern da muss man größere Zeiträume heranziehen, um einen ge­rechten Vergleich anstellen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Gründe für die derzeitigen Schwierig­keiten sind im Wesentlichen im starken Euro und natürlich auch in der internationalen Wirtschaftslage zu sehen. Der Kampf auf dem Markt wird immer härter, und deshalb ist es wichtig, dass wir hier durch Direktzahlungen gegensteuern oder mithelfen, die Ein­kommen abzusichern.


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24. Sitzung / Seite 45

Ich möchte hier festhalten, dass unser Landwirtschaftsminister Josef Pröll sehr gut verhandelt hat und sehr wichtige Punkte im bäuerlichen Budget sichergestellt hat. Ich möchte ganz besonders darauf hinweisen, dass wir im Bereich der erneuerbaren Energie wieder neue Akzente gesetzt haben: Rund 8 Milliarden € stehen heuer zusätz­lich zur Förderung von Biomasse-Anlagen zur Verfügung. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: 8 Millionen! – Er hat gesagt „8 Milliarden“!) Dieses Geld wird für die Umwelt investiert, und das bedeutet viele Arbeitsplätze für die Menschen in unserem Lande.

Ich möchte auch darauf verweisen, dass gerade Oberösterreich in diesem Bereich, bei der Produktion erneuerbarer Energie, in Sachen Biomasse-Nahwärmeanlagen feder­führend ist. 32 Prozent der österreichweit vorhandenen Anlagen stehen in Oberöster­reich. Auch im Bereich Biogas sind wir gut unterwegs: Wir haben insgesamt 30 Biogas­anlagen, wobei im vergangenen Jahr sechs neue eröffnet wurden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Im Hinblick auf diese erneuerbaren Ener­gien ist Österreich, so glaube ich, wirklich Vorzeigeland in Europa. Die Regierung Schüssel zeigt, dass sie auf die Zukunft setzt. In diesem Sinne können wir diesem Ag­rarbudget gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


11.10

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Auch ich möchte an dieser Stelle ein Danke an alle Bauern und Bäuerinnen sagen (demonst­rativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), denn sie sind wirklich jene, die unsere Kul­turlandschaft so schön erhalten. Ein herzliches Danke! (Beifall bei SPÖ, ÖVP sowie der Abgeordneten Bucher und Dipl.-Ing. Pirklhuber und Bravo-Ruf bei der ÖVP.)

Trotzdem muss ich ein bisschen kritisieren, denn ich denke, die Regierungsparteien nehmen gerne für sich selbst in Anspruch, die einzigen und wahren Vertreter und Vertreterinnen der Bauern und Bäuerinnen zu sein. Der Herr Landwirtschaftsminister hat sich ja auch sehr über das 3-Milliarden-€-Förderpaket für die Landwirtschaft ge­freut. Es sei Ihnen unbenommen, Herr Bundesminister, denn Sie sind ja auch für die­sen Bereich zuständig!

Was ich allerdings dann nicht verstehen kann, das ist die ungerechte Verteilung der Fördermittel. Ist es wirklich gerecht, meine sehr geehrten Damen und Herren, Förde­rungen nach der Größe der Bauernhöfe zu vergeben, wenn doch seit langem bekannt ist, dass viele kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe aus ihren Erlösen ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können? Das beweist sicher auch das hohe Bauern­sterben, aber auch die hohe Zahl der Nebenerwerbsbauern. Ist es wirklich sinnvoll, dem Bauernsterben zuzusehen, ohne Gegenmaßnahmen zu setzen? Und ich denke, das ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass das Jahreseinkommen ein Jahr lang schlecht ist, Herr Kollege Freund, sondern darauf, dass die Bedingungen für kleinere Landwirtschaften einfach sehr schwierig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Ist es wirklich gerecht, wenn 45 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe beinahe 80 Prozent der Agrarsubventionen erhalten? – Ich glaube nicht, dass das gerecht ist.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für eine andere, eine gerechte­re und sinnvollere Förderpolitik. Nicht der Grundbesitz soll gefördert werden, sondern die Arbeit soll gefördert werden! (Beifall bei der SPÖ. – Bravo-Ruf des Abg. Grad­wohl.)


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24. Sitzung / Seite 46

Besondere Umweltleistungen müssen gezielt gefördert werden, und die Wettbewerbs­nachteile für Bergbauern und auch für kleinere Bauern müssen gezielt ausgeglichen werden, um dem Bauernsterben entgegenzuwirken und auch um die gewachsenen Strukturen zu erhalten, denn wenn kleine Bauern nicht mehr überleben können, dann ist deren Erhaltung einfach nicht gewährleistet. Ich habe erst letztes Wochenende mit einer Bäuerin gesprochen, die gesagt hat, wenn sie gewusst hätte, wie sich die Land­wirtschaft entwickelt, dann hätte sie ihren Job als Lehrerin sicher niemals aufgege­ben. – Das sollte auch zum Nachdenken anregen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der ländliche Raum ist aber viel mehr als nur Land­wirtschaft: Der ländliche Raum ist Lebensraum für viele Österreicherinnen und Öster­reicher, und darunter gibt es auch viele Menschen, die keine Bauern sind. Der ländli­che Raum ist Naherholungsgebiet für viele Großstädter, und er bietet Urlauberinnen und Urlaubern Erholung und Ruhe. Ich denke, aus diesen Gründen ist der ländliche Raum besonders schützenswert und auch besonders förderungswürdig. Deshalb muss die Regionalentwicklung umfassender gesehen werden als nur im Sinne von Förder­geldverteilung für die Landwirtschaft.

Eine effiziente Regionalentwicklung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Infrastruktur. Deshalb müssen die Verkehrs- und Güterwege ausgebaut und erhalten werden. Es muss auch der öffentliche Verkehr gefördert wer­den – und nicht so, wie es geschehen ist, dass einfach immer mehr öffentliche Ver­kehrsmittel eingestellt werden und es dann wirklich so weit kommt, dass Menschen aus kleineren Regionen monatelang nicht aus ihren Ortschaften herauskommen; das ist wirklich Tatsache! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gradwohl – in Richtung des Abg. Gril­litsch –: Da kannst du noch lernen heute!)

Ich hätte noch einige Dinge zu sagen, aber ich habe gesehen, dass die Zeit bereits drängt. Abschließend möchte ich nur noch sagen: Landwirtschaftspolitik muss einfach darin bestehen, Regionalentwicklung zu fördern und eine gerechte Förderpolitik für unsere Bauern und Bäuerinnen in Österreich zu gewährleisten. (Beifall und Bravo-Ruf bei der SPÖ und Beifall des Abg. Dr. Van der Bellen. – Abg. Gradwohl – in Richtung des Abg. Grillitsch –: Da kannst du noch was lernen, gell? – Abg. Grillitsch – auf die auf ihren Sitzplatz zurückkehrende Abg. Königsberger-Ludwig weisend –: Sie hat viel gelernt von uns!)

11.13

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


11.14

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Im Sinne von Nachhal­tigkeit, Vorsorge und Ökologisierung diskutieren wir heute die Bundesbudgets für die Jahre 2003 und 2004 zum Bereich Landwirtschaft und Umwelt.

Ich habe Kollegen Wimmer nicht ganz verstanden, der die heutige Diskussion hier mit einer Debatte zum Bereich Bildung und Forschung verwechselt hat und in Bezug auf die Landwirtschaft kritisiert hat, dass deren Budgets zu hoch wären. Ich darf Ihnen Fol­gendes sagen, Herr Kollege Wimmer: Die Landwirtschaft hat ein umfassendes Budget, und dieses betrifft auch den Katastrophen- und Zivilschutz, es betrifft die Wildbach- und Lawinenverbauung und den Gewässerschutz. Und daher sind das Budget und die Ausgaben für Umwelt und Landwirtschaft berechtigt: weil sie nicht nur der Landwirt­schaft dienen und helfen, sondern allen Bürgern! Alle wollen Schutz und Unterstützung im ländlichen Raum! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. –


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24. Sitzung / Seite 47

Abg. Gradwohl: Aber genau in diesen angesprochenen Bereichen wird eingespart! Wie erklären Sie das denen, die betroffen sind?)

Nun ja, wir haben auch in der Landwirtschaft in den letzten Jahren alle intensiv ver­sucht, unsere Einkommen zu sichern und neue Einkommenschancen zu suchen. Und so müssen wir in allen Bereichen intensiv vordenken und weiterdenken, um zu Erfolg zu kommen.

In den Budgets 2003 und 2004 für den Bereich Umwelt werden wichtige Weichenstel­lungen für die Zukunft vorgenommen. Es geht um die Fortführung des österreichischen Weges im Bereich Umweltschutz und auch im Bereich Lebensqualität, denn Umwelt­schutz ist die Grundlage für Lebensqualität.

Im Umweltbudget gibt es zwei zentrale Schwerpunkte: einerseits die Ökologisierung des Steuersystems und auf der anderen Seite deutlich mehr Mittel für den Klimaschutz. Es geht insgesamt darum, dass wir eine ökologische Entwicklung nachhaltig fortführen und verstärkt einleiten. In dem vergangene Woche beschlossenen Budgetbegleitgesetz wurde ja die Wende in der Steuerpolitik hin zur Ökologisierung eingeleitet: Es werden ab 1. Jänner 2004 die Einkommen, die Lohnnebenkosten, also der Faktor Arbeit mas­siv entlastet. Es wird natürlich andererseits eine Anhebung bei der Mineralölsteuer und eine zusätzliche Abgabe für schwefelhaltige Treibstoffe geben.

Wichtig wird in Zukunft auch die Umsetzung des Kyoto-Ziels sein. Diese ist eine wichti­ge Herausforderung. Da haben wir durchaus Nachholbedarf, da müssen wir durchaus Aktivitäten setzen. Manche reden vom Klimaschutz – wir handeln!

Die Budgets 2003 und 2004 sind auf Umweltvorsorge hin ausgelegt: Es werden neue Entwicklungen eingeleitet, heimische Ressourcen verstärkt genützt, und die Umwelt­qualität wird insgesamt gestärkt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.16

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


11.16

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Damen und Herren! Liebe Jugend auf der Galerie, insbesondere liebe VOEST-Lehrlinge! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum großen Umweltthema Temelin muss ich auch heute hier leider feststellen, dass von Seiten der Bundesregierung, auch von Seiten des quasi zuständigen Ministeriums keinerlei erfolgversprechende Initiativen existieren, um einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie zu erreichen.

Bei den Verhandlungen mit Tschechien über das Atomkraftwerk Temelin geht leider nichts weiter. Die jüngste Studie der Universität für Bodenkultur in Wien zeigt sehr deutlich, dass schon bei einem mittleren atomaren Störfall in einem grenznahen Atom­kraftwerk weite Teile Österreichs radioaktiv verseucht werden können. Ein großer Stör­fall in Temelin etwa könnte die Absiedelung weiter Teile von Niederösterreich und Oberösterreich notwendig machen.

Angesichts solch dramatischer und auch realer Bedrohungsszenarien unternimmt die Bundesregierung nichts Entscheidendes, obwohl die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung dadurch tatsächlich massiv bedroht ist. Gleichzeitig – und ich erinnere an die Debatte der letzten Tage – werden um zig Milliarden Schilling Kampfflieger ange­schafft, die uns in einem Notfall nicht das Geringste nützen können. Allein diese Ge­genüberstellung zeigt vielleicht am besten, wie unverantwortlich diese österreichische Regierung mit der Sicherheit Österreichs umgeht. (Beifall bei der SPÖ.)


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24. Sitzung / Seite 48

Am 3. Mai 2002, also bereits vor über 13 Monaten, hat Bundeskanzler Schüssel beim letzten Temelin-Gipfel der Bundesregierung mit Oberösterreich den raschen Start bila­teraler Stilllegungsverhandlungen mit der neuen tschechischen Regierung verspro­chen, weiters die Einberufung einer internationalen Temelin-Ausstiegskonferenz sowie die Erarbeitung und Vorlage eines konkreten österreichischen Temelin-Ausstiegs­szenarios und -angebotes.

Herr Bundesminister! All diese Vorhaben und Versprechungen wurden bis heute leider nicht erfüllt. Daher zwei konkrete Fragen an Sie: Wann gedenken Sie diese Verspre­chen einzulösen? Wie wird das Ausstiegsangebot von Seiten der österreichischen Bundesregierung aussehen? – Geben Sie bitte auf diese Fragen endlich eine klare Antwort! 50 Pannen im Atomkraftwerk Temelin sprechen eine klare Sprache und schreien nach Lösungen.

Ich bin ein Abgeordneter aus dem Wahlkreis Mühlviertel. Die Mühlviertler und Mühl­viertlerinnen haben tatsächlich Angst. Herr Minister, ich bitte Sie, zu handeln! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte.

 


11.20

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst eine Richtigstellung zum Thema Zucker und Frau Rest-Hinterseer, die jetzt leider nicht anwesend ist. – Vielleicht kann ihr das jemand aus ihrer Fraktion berichten. – Die Kollegin hat gesagt, die EU zerstöre den Welt-Zuckermarkt durch ihre Zuckerexporte. – Das ist ein Märchen und überhaupt nicht wahr! Die europäische Zuckerwirtschaft hält ihr Produktionsniveau seit 20 Jahren, nur jeweils an den Verbrauch angepasst.

Leider aber hat Brasilien seine Zuckerproduktion um eben jene Menge vergrößert, die in Europa insgesamt produziert wird, bringt diese Menge mit Gewalt auf den Weltmarkt und drängt damit viele Entwicklungsländer aus dem Zuckermarkt. Es gibt kaum noch Länder, die rentabel produzieren können. Die einzigen Entwicklungsländer, in denen die Zuckerwirtschaft noch funktioniert, sind jene, die mit Europa und unserer Zucker­marktordnung Verträge haben. Wenn Sie die europäische Zuckermarktordnung unter­stützen, unterstützen Sie diese Entwicklungsländer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Die Landwirtschaft ist eine europäische Materie, die nationale Anpassung erfolgt in den Mitgliedstaaten. Das heißt, wir haben einen fixen Rahmen, innerhalb dessen wir unse­re Maßnahmen setzen können. Die letzten Reformen brachten uns Weltmarktpreise, von denen hier und anderswo aber niemand leben kann. Die USA haben deshalb in den letzten Jahren ihre Agrarförderungen massiv ausgebaut.

Dass wir in Europa trotzdem Lebensmittel in hoher Qualität produzieren können, si­chern die Ausgleichszahlungen. Die billigen Lebensmittel haben sie alle gern genom­men (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber), in der Frage der produktionsbezo­genen Ausgleichszahlungen höre ich aber keine Zustimmung. Ich frage Sie, wie das gehen soll! Nachhaltige Produktionsmethoden zu unseren Kosten sind bei diesen Welt­marktpreisen nicht möglich. Deshalb sind die Ausgleichszahlungen an die Produk­tion gebunden, und natürlich ist dort, wo die Produktion höher ist, der Bedarf für diese Aus­gleichszahlungen entsprechend größer. Das gilt für die konventionelle Produktion genauso wie für die biologische Landwirtschaft, die allerdings nicht nur höhere Preise, sondern auch deutlich höhere Ausgleichszahlungen braucht.


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Nun sollen diese Ausgleichszahlungen zu einer Hofprämie umgewandelt werden. Star­ke Kräfte in Europa wollen die Ausgleichszahlungen vom Produktionsbezug entkoppeln und sie so von einer Ausgleichszahlung zu einer Subvention umwandeln. Dass das Geld ohne Leistung fließen soll, ist für viele eine große Versuchung. Es gibt Diskussio­nen unter den jungen Bauern mit Fragen und Aussagen wie: Kann es das auf Dauer geben? Wir wollen unser Geld ehrlich verdienen! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Was ist bei den jetzigen Zahlungen besser? Da ist gar nichts besser!) Wir wollen keine Zuwen­dungen! Wir wollen uns keine Subventionen vorhalten lassen!

Dass die Bauern wissen, wovon sie reden, haben die heutigen Redebeiträge gezeigt. Die Neidgenossen haben bereits deutlich bewiesen, was davon zu halten wäre und wie lange derartige Subventionen wirklich halten würden. Gerade den Nebenerwerbsland­wirten, die ja ein Einkommen haben, würde von diesen Leuten eine zusätzliche Ein­kommensbeihilfe sehr rasch vorgeworfen werden, gerade diese würden schnell zum Opfer der Kritik werden.

Bundesminister Pröll legt ein Budget vor, mit dem weiterhin sichergestellt ist, dass die vielfältigen Leistungen der Bauern erbracht werden können. Es geht um frische, ehrli­che Produkte, es geht um unsere Kulturlandschaft, die Basis des Fremdenverkehrs, es geht um die zukünftige Energieversorgung – um Wärme aus dem Wald, um Treibstoff für das Auto vom Acker –, es geht um viele flexibel zu erbringende Dienstleistungen an der Allgemeinheit, die das ganze Jahr über erbracht werden.

Meine Damen und Herren! Es geht aber in erster Linie um Ihre Lebensqualität, um Ihre Lebensmittel, um Ihre Lebensenergie, die durch die Bauern hergestellt und die durch Bundesminister Pröll als Lebensminister auch in Zukunft erfolgreich garantiert werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidin­ger. – Bitte.

 


11.24

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! 1980 lag der Anteil der dieselbetriebenen Kraftfahrzeuge in unserem Land bei 3,2 Prozent, aktuell liegt er ungefähr bei 75 Prozent. Wie schon ge­sagt: Dass angesichts dieser Zahlen der Finanzminister irgendwann einmal auf die Idee kommt, Diesel höher zu besteuern, war mehr als nahe liegend. Daher habe ich den Umweltminister schon in der Sitzung des Budgetausschusses auf die ökologische Sinnhaftigkeit dieser höheren Besteuerung angesprochen.

Er hat zwar versucht, mir sehr wortreich zu erklären, wie ökologisch sinnvoll diese Maßnahme ist, ich habe es aber nicht recht glauben können. Und wie ich nachlesen konnte, bin ich damit nicht allein – ich darf aus den „Oberösterreichischen Nachrichten“ von Samstag, dem 14. Juni zitieren. Darin verkündet ein Vertreter des ÖAMTC, der – das ist, glaube ich, unbestritten – nicht gerade zu den Parteigängern der Sozialdemo­kraten zählt, also unbedenklich ist:

„Die Dieselsteuer anzuheben hilft unserer Umwelt nicht.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, diese Erhöhung – und damit wurde meine Vermutung bestätigt – hilft lediglich dem Budget. Es ist und bleibt eine reine Geldbeschaffungsaktion für das Budget!

Herr Bundesminister, was mich dabei besonders stört, ist die Splittung dieser beiden Steuersätze: Für schwefelärmeren Diesel – schwefelfrei wird er wahrscheinlich nie ganz werden – wird eine geringere Besteuerung verlangt als für Diesel in der bisheri­gen Zusammensetzung.


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Ich habe auch schon in meiner Frage an Sie im Budgetausschuss angezweifelt, ob es tatsächlich möglich sein wird, den schwefelärmeren Diesel ab Jänner 2004 flächende­ckend in ganz Österreich anzubieten. Sie haben mir erklärt, es werde funktionieren, und damit es funktioniert, habe man eben diese Splittung angedacht. Mittlerweile sa­gen mir Fachleute auch aus dem Umkreis der OMV, dass es kaum möglich sein wird, diese Maßnahme flächendeckend durchzuführen, weil allein schon die Genehmi­gungsverfahren zu lange dauern.

Es wird damit also der Zustand herbeigeführt, dass diejenigen, die keinen Zugang zu diesem schwefelärmeren Diesel haben, die keinen kaufen können, dafür bestraft wer­den, dass er nicht überall angeboten wird.

Alles in allem bleibt das eine Maßnahme, die rein budgetdienlich ist. Unserer Umwelt wird sie auf gar keinen Fall dienen – nachzulesen beim ÖAMTC! (Beifall bei der SPÖ.)

11.28

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die letzten Worte waren schon im Abgang gesprochen, werden aber im Protokoll noch enthalten sein.

Herr Abgeordneter Ing. Winkler ist der nächste Redner. – Bitte.

 


11.28

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf meine kurze Redezeit dazu nutzen, um heute, vielleicht erstmals im Parlament, über einen bestimmten sozialpolitischen An­satz im Agrarbudget zu sprechen, nämlich über die Treueprämien der Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft, und da besonders in der Urproduktion.

Es ist zwar ein sehr kleiner Ansatz im Budget, aber die betroffenen Kolleginnen und Kollegen wissen es immer ganz besonders zu schätzen, stellt es doch eine Anerken­nung und einen Dank für ihre oft sehr schwere, vielleicht auch unbedankte und auch nicht immer gut bezahlte Arbeit dar. Dieser Dienstnehmerbereich trägt auch zur Erhal­tung unserer besonderen, schönen Landschaft, zur bestgepflegten Umwelt und zu ge­sunden Nahrungsmitteln bei. Es ist daher diesen Aufwand durchaus wert und ich freue mich, heute, vielleicht erstmals im Parlament, diesen Budgetansatz erwähnen und da­für Dankeschön sagen zu dürfen.

Es ist ja nicht selbstverständlich, dass im Agrarbudget auch Ansätze für Dienstnehmer vorhanden sind. Diese Mittel sind die einzigen Zahlungen, die der Bund in beruflicher Hinsicht an land- und forstwirtschaftliche Arbeitnehmer leistet; für berufliche Weiterbil­dung oder Sonstiges gibt es in diesem Bereich ja keine Mittel. Diese Treueprämien im Ausmaß von insgesamt 72 000 € stellen eine Wertschätzung unserer Kolleginnen und Kollegen in der Urproduktion dar, und es lohnt sich wirklich, diese weiterhin vorzuse­hen beziehungsweise sicherzustellen.

Ich darf heute die Gelegenheit nützen, nochmals herzlichen Dank für diese Mittel zu sagen und die Bitte anzuschließen, diese Wertschätzung unseren Kolleginnen und Kollegen auch in Zukunft angedeihen zu lassen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


11.30

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Einige wenige Handelsketten entscheiden über die Zukunft einer qualitätsorientierten


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und nachhaltigen Landwirtschaft, also letztlich darüber, ob sich das viel gepriesene europäische Agrarmodell bewähren kann.

Wenn es nicht gelingt, die bäuerlichen Einkommen über Markterlöse abzusichern, wer­den die öffentlichen Zahlungen an die Bauern noch mehr an Bedeutung gewinnen. Faktum ist: Die Handelsketten bestimmen immer mehr, was die bäuerlichen Familien für ihre Produkte auf dem Markt erlösen. Damit die klein strukturierte Landwirtschaft, die uns besonders am Herzen liegt, auch in Zukunft existieren kann, muss die Umstel­lung des Fördersystems Priorität haben, das heißt: Entkoppelung der Agrarförderung von der reinen Produktion, der Arbeitseinsatz muss berücksichtigt werden, Acker- und Grünflächen müssen gleich hoch gefördert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ganze System muss entbürokratisiert werden. Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern ist hoch verschuldet, und am Zustandekommen dieses Schuldenbergs, ge­schätzte Damen und Herren, war kein Sozialdemokrat federführend beteiligt. Grund für die Verschuldung ist das ungerechte Beitragssystem, das Großbauern enorm begüns­tigt, während die kleinen Bauern über Gebühr belastet werden. Warum distanziert sich die vom Bauernbund dominierte österreichische Agrarpolitik so sehr von den Reform­vorschlägen der EU-Kommission? – Das kann meines Erachtens nur daran liegen, dass der Bauernbund Agrarpolitik für Großbauern macht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Familienbetriebliche Bauernhöfe schaffen insbeson­dere Frauenarbeitsplätze. Bauernhöfe sorgen für Pflege und naturnahe Bewirtschaf­tung. Aber nicht nur Bauernhöfe erhalten den ländlichen Raum, sondern auch die vie­len gewerblichen und kleinindustriellen Betriebe verhindern die Landflucht. Zudem wä­re es notwendig, Mittel in die ländliche Entwicklung umzuleiten, denn – und da geben Sie mir sicher alle Recht – der ländliche Raum geht uns alle an, wobei unter ländlicher Entwicklung auch öffentliche Einrichtungen zu verstehen sind, wie zum Beispiel Schu­len, der Nahverkehr, Kinderbetreuungseinrichtungen und so weiter. Die derzeitige Re­gierung ist jedoch drauf und dran, den ländlichen Raum auszuhöhlen, anstatt ihn ent­sprechend zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort erhält nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte.

 


11.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Damen und Herren Zuhörer! Ganz kurz zu meiner Vorrednerin: Ich habe einen kleineren Bauernhof in sehr steiler Lage zu Hause, einen Bergbauernhof, und ich darf Ihnen Folgendes sagen, Frau Kollegin Schönpass: Hätte es in den letzten Jahren und Jahrzehnten den starken Einsatz des Bauernbun­des nicht gegeben, hätten wir unseren Hof schon längst aufgelassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Auch in der Regionalpolitik, in der Regionalentwicklung ist in den letzten Jahren viel geschehen, aber die wirklichen Fehler sind vor Jahrzehnten passiert, als die große Zentralisierung stattgefunden hat.

Ich möchte mich einem weiteren Thema zuwenden. Da diese Woche die Woche des Waldes ist, darf ich die Bedeutung der Forst- und Holzwirtschaft ganz kurz hervorhe­ben.

Eine aktuelle Umfrage besagt: 90 Prozent der Österreicher gehen gerne in den Wald, 50 Prozent tun dies zumindest einmal jährlich und 25 Prozent gehen regelmäßig in den Wald. Aber nur 4 Prozent der Bevölkerung leben vom Wald und vom Holz, das sind immerhin noch rund 300 000 Menschen. Rund 2 Prozent der Bevölkerung gehört die-


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ser Wald, das sind in etwa 170 000 Waldbesitzer. Und nur 0,1 Prozent arbeiten als Forstarbeiter im Wald – und da komme ich auf die Ausführungen des Kollegen Winkler zu sprechen –, das sind rund 8 000 Forstarbeiter, auf die wir hier ganz besonders Be­dacht nehmen müssen. Das heißt: Alle lieben den Wald, aber nur relativ wenige küm­mern sich um ihn.

Gerade weil diese Woche die alljährliche Woche des Waldes ist, möchte ich dessen Bedeutung näher beleuchten. Als Forstmann und Bauer fühle ich mich dazu berufen, im Rahmen der Budgetdebatte etwas mehr Licht in den dunklen Wald zu bringen.

47 Prozent der Fläche Österreichs sind mit Wald bedeckt, in Kärnten und in der Stei­ermark sind es sogar 60 Prozent: Das macht in Summe in Österreich rund 4 Millionen Hektar Wald aus. Das sind zwar nur 0,1 Prozent oder 1 Promille der Weltwaldfläche, aber mit 14 Millionen Festmetern Einschlag produziert Österreich 10 Millionen Kubik­meter Schnittholz, davon gehen 6 Millionen Kubikmeter Schnittholz in den Export. Da­mit ist Österreich einer der größten Schnittholzexporteure der Welt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Insgesamt produziert die Forst- und Holzwirtschaft mit 2,5 Milliarden € einen Export­überschuss und zählt damit zum zweitgrößten Devisenbringer nach dem Tourismus; auch das ist ein sehr großer Erfolg!

Nur eine nachhaltige und ökologische Bewirtschaftung sichert die vielfältigen Leistun­gen des Waldes. Und ohne Ökonomie geht gar nichts, denn ein nicht oder nur mangel­haft bewirtschafteter Wald verliert nach und nach einige seiner vielfältigen Funktionen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir brauchen daher viel Verständnis seitens der Be­völkerung für die Bewirtschaftung unseres Waldes. Im Budget sind immerhin rund 13 Millionen € für das Jahr 2003 vorgesehen, das macht allerdings nur ein halbes Pro­zent des Agrarbudgets aus. Es wird für Forstaufschließungen, Hochlagenaufforstung und so weiter verwendet, das ist schon von einem Vorredner erwähnt worden. Aber trotz dieses geringen Budgetanteiles ist die erbrachte Leistung, glaube ich, wirklich hervorragend. Der Dank gilt den vielen Waldbesitzern, den Holzarbeitern und Holzver­arbeitern, die diese großen Leistungen vollbringen und die internationale Wettbewerbs­fähigkeit so stark abgesichert haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Trotzdem gibt es auch künftighin einiges zu tun. Die Forst- und Holzwirtschaft ist ein wichtiger Arbeitgeber im ländlichen Raum. Diesbezüglich darf ich unseren größten Forst- und Waldbesitzer, die Österreichischen Bundesforste, in die Pflicht rufen: Sie müssen diese Vorbildfunktion auch weiterhin wahrnehmen und dürfen sich mit ihren Betrieben und Revieren, vor allem aber mit ihrem Personal, nicht aus dem ländlichen Raum zurückziehen! (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie Beifall des Abg. Winkler.)

Ein ganz wichtiger Punkt ist weiters die Forcierung des Rohstoffes Holz als Energielie­ferant, denn Wald- und Holzwirtschaft ist auch aktiver Umweltschutz. Es gilt, die Wett­bewerbsfähigkeit unserer österreichischen Säge- und Holzindustrie abzusichern, denn die sinkenden Holzpreise machen den Wettbewerb nicht einfach. Wir müssen also die Rahmenbedingungen anpassen. Ganz wichtig ist, die Verwendung von Holz und Holz­produkten ständig weiter anzukurbeln. Der Holzverbrauch ist zwar in den letzten zehn Jahren von 0,3 auf 0,6 Kubikmeter pro Kopf gestiegen, aber das ist noch immer zu wenig.

Das heißt, wir müssen künftighin mehr Geld im Budget dafür einplanen, denn das grü­ne Gold Österreichs muss einfach besser vermarktet werden. Ich darf dem Herrn Bun­desminister dafür danken, dass er im Rahmen des Walddialogs, den er ins Leben


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gerufen hat, ein Nationales Waldprogramm erarbeiten möchte. Darin sollen all diese Themen sehr deutlich zur Sprache kommen.

Meine Damen und Herren! Die Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft sollte auch für die Politik im Allgemeinen Gültigkeit haben. Wir müssen einfach hin zu einem Nachhaltig­keitsstaat! Stimmen Sie daher diesem Nachhaltigkeitsbudget zu! – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

 


11.39

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe bereits in der Vorwoche in einer Rede kritisiert, dass die Finanzierungskraft der Gemeinden durch Verluste infolge von Steu­er- und Abgabenkürzungen schwer in Mitleidenschaft gezogen wird. Diese Kritik kann ich, was den Umweltbereich der Budgets 2003 und 2004 betrifft, nur wiederholen. Ich möchte dies in der Folge an einigen Punkten festmachen.

Beispiel eins: Wasserwirtschaft. Es ist unbestritten, dass der Finanzierungsbedarf in der Wasserwirtschaft hoch ist. Bereits 2001 und 2002 gab es aus Spargründen keine Dotierung des Wasserwirtschaftsfonds. Das erhöhte Finanzierungserfordernis des Fonds wurde durch den Verkauf von Forderungen abgedeckt. Die letzte Sondertranche für den Wasserwirtschaftsfonds gab es im Jahr 2000.

Gleichzeitig hat die Bundesregierung auch die Förderungsbedingungen für die Ge­meinden verschlechtert. Der zugesagte Förderbarwert ist gesunken; auf Grund der neuen Förderrichtlinien hauptsächlich zu Lasten der Gemeindebudgets.

Um das Fördervolumen zu erhalten und die Erfordernisse der kommunalen Abwasser­richtlinie 2012 erfüllen zu können, ist daher eine höhere Dotierung des Wasserwirt­schaftsfonds im Rahmen der bevorstehenden Finanzausgleichsverhandlungen unab­dingbar beziehungsweise dringend erforderlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Beispiel zwei: Änderung des Altlastensanierungsgesetzes. Mit dieser Novelle zum Alsag sollen künftig auch bei der Verbrennung von Abfällen Entsorgungsbeiträge ein­ge­hoben werden. Diese überfallsartige Input-Besteuerung für Müllverbrennungsan­lagen hat, um es neutral zu formulieren, nicht unbeträchtliches Erstaunen hervorge­rufen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bund hat die Müllverbrennung bisher als sinnvollste Maßnahme zur Verringerung des zu entsorgenden Mülls präferiert. Da die Deponieverordnung ab 1. Jänner 2004 eine Vorbehandlung von Abfällen vorsieht, war der Anreiz, in die Planung und Einrichtung von thermischen Abfallbehandlungsanlagen zu investieren, bisher entsprechend hoch. Umso unverständlicher erscheint daher die plötzliche Kehrtwendung in der systematischen Grundausrichtung.

Diese Neuregelung benachteiligt finanziell wieder jene Gemeinden, die bereits umfas­sende Investitionen in Abfallvermeidung und Abfallverwertung getätigt und damit in den nachhaltigen Umweltschutz investiert haben.

Daneben sehe ich auch ein massives Kontrollproblem auf uns zukommen: Der Ver­such, unbehandelte Abfälle irgendwie zu verstecken oder ins Ausland zu exportieren, wird massiv zunehmen. Wer wieder einmal auf der Strecke bleibt, sind die Konsumen­tinnen und Konsumenten, denn die Konsequenzen der Verteuerung dieser Ausweitung der Beitragspflicht werden mit Sicherheit auch höhere Müllgebühren sein.

Drittens: Klimaschutz. Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben die Budgets 2003 und 2004 nach den zugesagten Mitteln für den Klimaschutz durchforstet, aller-


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dings größtenteils vergeblich. Nicht einmal bereits zugesagte Mittel waren zur Gänze in den Voranschlägen zu finden.

Nach neuesten Untersuchungen ist der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen wieder stark im Steigen. Auch die EU sieht Probleme, ihre eigenen Verpflichtungen zur Verminderung von Treibhausgasen zu erfüllen.

Im Doppelbudget 2003/2004 sind entsprechende Mittel für den Klimaschutz nicht leicht zu finden. Wenn für Sie, wie Sie es ausdrücken, das Budget die in Zahlen gegossene Politik darstellt, lässt dies schlimmste Konsequenzen für eine ambitionierte nationale Klimaschutzpolitik erwarten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Tamandl ist die nächste Rednerin. – Bitte.

 


11.44

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich schließe mich zwar den Ausführungen meines Vorredners hinsichtlich des Themas Müll an, bin aber nicht unbedingt seiner Meinung und habe als Wiener natürlich einen anderen Zugang. (Abg. Oberhaidinger: Als Wienerin!)

Das Restmüllaufkommen ist in Österreich in den letzten Jahren um 2 Prozent gestie­gen. Jährlich gelangen also 884 000 Tonnen Rest- und Sperrmüll direkt und unbehan­delt auf die Deponien. Die Österreicherinnen und Österreicher haben in der letzten Zeit wesentlich mehr Bewusstsein für die Mülltrennung gezeigt – und das, obwohl durch den Trend zu den Singlehaushalten und zum starken Wirtschaftswachstum 12 Prozent Anstieg beim Gesamtmüllaufkommen angezeigt werden.

Mit der vollständigen Umsetzung dieser Deponieverordnung darf ab 1. Jänner 2004 nur noch vorbehandelter und für Gesundheit und Umwelt weitgehend ungefährlicher Abfall abgelagert werden.

In der Vergangenheit haben Mülldeponien zu wasserverunreinigenden Altlasten ge­führt, die teuer saniert werden müssen. Früher war das Umweltbewusstsein der Öster­reicherinnen und Österreicher noch nicht so ausgeprägt. So war ihnen völlig unklar, was es bedeutet, wenn sie ganz einfach wegwerfen und ablagern, wo es ihnen gefällt.

Aus genau diesem Grund haben wir nun einen jährlichen Altlastensanierungsbedarf von rund 70 Millionen €, der jahrelang bestehen bleiben wird, bis alle Verdachtsflächen gesichert und saniert sind. Es ist auf Dauer billiger, den Müll sofort zu behandeln und damit unschädlich zu machen, als später Altlasten teuer zu sanieren. (Beifall bei der ÖVP.)

In den vorliegenden Budgets sind für 2003 an direkten Aufwendungen und Förderun­gen 45 Millionen € und für 2004 67 Millionen € für die Altlastensanierung vorgesehen. Diese Mittel sind zweckgebunden und orientieren sich an den Schätzungen der Ein­nahmen aus Altlastenbeiträgen.

In Wien hat es die SPÖ jahrelang verabsäumt, dem Trend der wachsenden Müllberge durch den Bau einer dritten Müllverbrennungsanlage zu begegnen. Nun, da auf Grund der langen Vorlaufzeit die Inbetriebnahme einer weiteren notwendigen Verbrennungs­anlage für Restmüll frühestens 2008 erfolgen kann, wird sich für die Stadt Wien für den abgelagerten Müll ab 1. Jänner 2004 eine finanzielle Mehrbelastung von immerhin 7,8 Millionen € jährlich ergeben. (Abg. Eder: Weil die Schwarzen dagegen waren in Wien! Die Schwarzen waren dagegen, das wissen Sie! Die ÖVP war dagegen!)


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24. Sitzung / Seite 55

Bei der nunmehrigen Standortentscheidung hat die Wiener SPÖ-Alleinregierung einen in meinen Augen wesentlichen Fehler begangen, indem sie den Standort im Simmerin­ger Gärtnergebiet festlegen wird – eine klare Fehlentscheidung, sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen, wenn man bedenkt, dass die Wiener Landwirtschaft etwa 70 Pro­zent des Wiener Jahresbedarfs an Obst und Gemüse deckt und der größte Teil davon im angesprochenen Anbaugebiet produziert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Eder: Sie müssen sich ja auskennen in Simmering, wenn Sie Sim­meringerin sind!) – Das stimmt, Herr Kollege. Ja, ich bin aus Simmering, Sie haben vollkommen Recht.

Sie kritisieren ständig die Umweltpolitik der Regierung und des Bundesministers Pröll, zeigen aber am Beispiel Wien Ihre eigene Inkompetenz zu diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte. (Abg. Eder – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Pfeffer –: Kathi, klär das bitte auf! – Abg. Pfeffer: Ich habe dazu leider keine Zeit! Ich kann leider auf meine Vorrednerin nicht eingehen!)

 


11.47

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mein Beitrag bezieht sich auf die erneuerbaren Energieträger. Diese haben in der internationalen Diskussion über die zukünftige Sicherung der Ener­gieversorgung in den letzten Jahren beträchtlich an Stellenwert gewonnen. Das stei­gende Bewusstsein für die Risken, Gefahren und Nebenwirkungen hat die Forderun­gen nach einer emissionsarmen Nutzung erneuerbarer Energieträger verstärkt. Die umweltpolitische Rechtfertigung der Nutzung von Windenergie sowie deren Akzeptanz werden jedoch aufs Spiel gesetzt, wenn Windkraftanlagen in Gebieten errichtet wer­den, welche aus der Sicht des Naturschutzes und Landschaftsbildes bedeutsam sind. (Beifall bei der SPÖ.)

In der gestrigen Sitzung des Umweltrates wurden uns Unterlagen übergeben, in wel­chen unter anderem auch die Errichtung weiterer Windparks registriert war. Insgesamt 103 Windräder habe ich gezählt, die, wenn alles klappt, im Burgenland – auch an der Grenze zu Niederösterreich – aufgestellt werden. Natürlich ist das eine ganze Menge, aber der Norden unseres Gebietes ist eben das stärkste Windgebiet Österreichs. 50 Millionen Kilowattstunden werden derzeit im Burgenland aus heimischen Ökostrom­quellen ins Stromnetz eingespeist. Und nicht nur Oberösterreich, Herr Kollege Freund, sondern auch mein Bundesland, das Burgenland, ist bei Ökostrom gegenüber den an­deren Bundesländern vorbildhaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Stromproduktion aus Windkraft soll pro Jahr rund 5 Millionen Liter Öl und 8 700 Tonnen CO2 aus Abgasen einsparen helfen – eine beachtliche Summe, die hel­fen soll, einen großen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Trotzdem habe ich Sorge, sehr geehrter Herr Bundesminister, dass die Umweltschutz­politik gänzlich unter die Prämissen der Agrarpolitik gestellt und ein Anhängsel der Ag­rarpolitik wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zeigen auch die fehlenden Mittel im Klimaschutzbereich. Von den versprochenen zusätzlichen 3 Millionen (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll), 30 Millionen, Entschuldigung, im Jahr 2004 findet sich maximal die Hälfte tatsächlich im Budget – sehr enttäuschend für mich, Herr Bundesminister. Ich darf Sie daher auf­fordern, hier einen dringend notwendigen Ausgleich zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


11.50


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24. Sitzung / Seite 56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Praßl. – Bitte.

 


11.51

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Land- und Forstwirtschaft spielt auch in meinem Wahlkreis eine beachtliche, eine sehr große Rolle. Der Anteil der in der Land- und Forstwirtschaft Tätigen ist im Vergleich zum österreichischen ebenso wie zum steirischen Durchschnitt sehr hoch, wobei die Situation historisch gewachsen ist.

Durch klimatisch günstige Voraussetzungen war es in der Vergangenheit möglich, landwirtschaftlichen Betrieben mit relativ kleinen Betriebsstrukturen das Auskommen zu sichern. Die günstigen Voraussetzungen und die Grenzlage haben diese Struktur zusätzlich beeinflusst, da über Generationen hinweg auch politisches Interesse daran bestand, diese Grenzräume möglichst dicht zu besiedeln.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Voraussetzungen haben sich in der letzten Zeit insbesondere durch den Wechsel von einer produktions- und landwirtschaftlich domi­nierten Wirtschaftsstruktur zu einer dienstleistungs- und handelsdominierten Wirtschaft stark verändert. Die wirtschaftliche Randlage bei uns hat auch Nachteile, zum Beispiel bei der Infrastruktur, bei der Verkehrswegeerschließung.

Meine Damen und Herren! In der österreichischen Landwirtschaft dominieren kleine und mittlere Betriebe – das ist auch in meinem Bezirk und Wahlkreis so. Ungefähr 80 Prozent der Betriebe bewirtschaften weniger als 10 Hektar. Sie haben aber bewusst eine Nischenproduktion aufgenommen, wie zum Beispiel die Produktion von steiri­schem Wein, von frisch-saftigen steirischen Äpfeln oder steirischem Kürbiskernöl. Hin­sichtlich dieser Produktionssparten wurde nicht nur sehr sachlich und fachlich von der Kammer her beraten, sondern sie wurden auch entsprechend gefördert.

Die saisonalen Arbeitsspitzen werden mit zusätzlichen Hilfskräften beziehungsweise auch mit Maschinenringen bewältigt.

Der Tourismus spielt in meinem Bezirk und Wahlkreis ebenso eine sehr bedeutende Rolle. Einige Daten dazu: Bad Loipersdorf – eine Thermalquelle mit besonderer Be­deutung. Die dortigen landwirtschaftlichen Betriebe haben es geschickt gemacht und zustande gebracht, bewusst Investitionen in „Urlaub am Bauernhof“ zu tätigen. Eine kleine Gemeinde in diesem wunderbaren Bad Loipersdorf mit ungefähr 800 Ein­wohnern hat ungefähr 55 000 Beherbergungen pro Jahr, wovon zirka 13 000 allein auf den Bereich „Urlaub am Bauernhof“ entfallen.

Die Direktvermarktung und die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte hat in mei­nem Gebiet ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert. Ungefähr 20 Prozent werden im Rahmen der Direktvermarktung an den Konsumenten verkauft.

Verehrte Damen und Herren! Ich bin stolz darauf, ein Vertreter der Bauern in dieser Region zu sein, und auch stolz auf die vielen landwirtschaftlichen Betriebe, die dort hervorragende Arbeit für alle Österreicherinnen und Österreicher leisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich denke, dass wir mit dieser Bundesregierung und mit unserem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft eine hervorragende Vertretung für die Zukunft haben und auch die großen Aufgaben wie etwa die Erweiterung der EU bewältigen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Walther. – Bitte.

 



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24. Sitzung / Seite 57

11.55

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Über die Qualität der Umwelt- und Agrarpolitik der SPÖ-Koali­tionsregierungen bis 1999 kann man diskutieren und geteilter Meinung sein. Be­kannt­lich waren es Koalitionsregierungen – die Einstimmigkeit im Ministerrat war Ver­pflich­tung; alle Entscheidungen wurden also auch von den ÖVP-Ministern beschlossen und sind auch von ihnen zu verantworten. Stehen Sie bitte endlich zu dieser Verant­wor­tung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Das tun wir auch!)

Im Jahr 1978 – es ist schon einige Zeit her – war es unter der SPÖ-Alleinregierung jedoch möglich, eine Volksabstimmung durchzuführen; es ging um den Ausstieg Öster­reichs aus der Atomenergie. Diese Volksabstimmung ging knapp aus, und zwar für den Ausstieg aus der Atomenergie. Der damalige Bundeskanzler hielt sich an das Ergebnis der Volksabstimmung, womit Österreich als erstes europäisches Land aus der Atom­energie ausgestiegen ist. Unterstützen Sie daher heute noch – bis 16 Uhr ist noch Zeit – das Volksbegehren für ein atomkraftwerkfreies Europa! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch ich bin stolz auf die südsteirischen Weinbauern, insbesondere natürlich auf jene aus meiner Gemeinde.

Bei den Wasserrechtsverhandlungen zu Neuanlagen von Weingärten ist immer wieder davon die Rede, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, das Wasser durch Tiefdrainagen abzuleiten, sodass es auf dem schnellsten Weg davonrinnt und in der Mur verschwin­det. Es ist so, dass wir jetzt schon ernste Probleme mit der Trockenheit haben, auch in den Weinbaubetrieben; vor allem die Neuanlagen müssen bewässert werden, da die Stöcke sonst nicht anwachsen können.

Die Förderrichtlinien sind hier auf jeden Fall zu überprüfen und zu evaluieren. Es soll­ten Rückhaltebecken geschaffen werden, damit das Wasser aus den Tiefdrainagen nicht davonrinnt, sondern in der Landwirtschaft wieder eingesetzt werden kann. Es soll auch für das Wasseraufkommen in den Gemeinden verwendet werden können.

Wasser ist ein wichtiges Lebensmittel. Die Rückhaltebecken sind wichtig, was aber auch sehr wichtig ist: Hände weg vom Privatisieren unseres Grundnahrungsmittels Wasser! Wasser darf kein Spekulationsobjekt werden!

Ich habe ernste Bedenken, wenn es eine Diskussion über die Privatisierung unseres Wassers gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Laut Grünem Bericht 2001 ist die Zahl der Biobetriebe zurückgegangen – was beson­ders bedenklich ist in den Grenzregionen, wo es insbesondere auch um die Erhaltung der Kulturlandschaft geht, damit diese benachteiligten Gebiete auch in den Tourismus einsteigen können, und zwar im bäuerlichen Nebengewerbe. Es geht gerade in diesen Grenzregionen um die Erhaltung und Neuschaffung bäuerlicher Arbeitsmöglichkeiten, bäuerlicher Arbeitsplätze.

Im Sinne des ländlichen Raumes bitte ich Sie, Herr Minister, ein besonderes Augen­merk auf diese Grenzregionen und auf die Förderung der Biolandwirtschaft zu legen, sie weiterhin und in verstärktem Maß zu fördern und voranzubringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


12.00

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Vorarlberg mit seinem hohen Anteil an


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Berggebiet hat sich auch durch die Arbeit der bäuerlichen Familienbetriebe seine Cha­rakteristik als attraktiver Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum bewahrt. Gleichzei­tig sichert die Land- und Forstwirtschaft Arbeitsplätze und damit Wertschöpfung in den Regionen. Durch die Erhaltung gesunder und ansprechender Lebensräume bietet sie außerdem die wichtigste Grundlage für den heimischen Tourismus.

98 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Vorarlbergs, meine Damen und Herren, liegen im benachteiligten Gebiet. Berücksichtigt man dann auch noch die Alpung, dann gibt es eigentlich keinen Betrieb in unserem Land, der ausschließlich Flächen ohne natürliche Erschwernis bewirtschaftet.

Auch die Struktur der Verarbeitungsbetriebe ist eine schwierige. Immerhin befinden sich 34 der österreichweit 99 Milch verarbeitenden Betriebe in Vorarlberg, obwohl nur 4,3 Prozent der österreichischen Milchproduktion in Vorarlberg stattfinden. Man kann sich daher vorstellen, dass ohne die Leistungsabgeltungen der Gesellschaft ein am Weltmarkt orientiertes Produzieren nicht möglich ist.

Die Vorarlberger Landwirtschaft bemüht sich deswegen in Zusammenarbeit mit den Verarbeitungsbetrieben, garantiert gesunde und hochwertige Lebensmittel, versehen mit der Qualitätsmarke „Luag druf“ für den heimischen Markt zu produzieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Damit soll erreicht werden, dass die Vorarlberger Bäuerinnen und Bauern ihre hochwertigen Produkte mit einer entsprechenden Wert­schöpfung vermarkten können und diese Säule des Betriebseinkommens eine ent­sprechende Wertigkeit behält.

Die Entkoppelung, wie sie derzeit in Brüssel diskutiert wird, muss in dieser Form aus Vorarlberger Sicht entschieden abgelehnt werden. Ziel dieses Vorschlags ist es, die Leistungsabgeltungen von der Produktion zu entkoppeln und damit den Bauern schein­bar mehr Flexibilität zu geben. Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass durch die­se Maßnahme die Viehhaltung in den Berggebieten stark zurückgehen wird. Bergbäu­er­liche Landwirtschaft, Landwirtschaft, die in Kreisläufen wirkt, ist allerdings ohne Vieh­haltung nicht denkbar.

Ein gewisses Maß an struktureller Bereinigung wird leider nicht zu verhindern sein. Doch dieses Ansinnen der Entkoppelung wird dazu führen, dass diejenigen, die unser Land pflegen, diejenigen, die ganz nebenbei und oft unbedankt unsere Bevölkerung mit hochwertigen, naturbelassenen und gesunden Nahrungsmitteln versorgen, den Sinn in ihrer so wichtigen Arbeit nicht mehr erkennen können. Deswegen sage ich als Vorarlberger Abgeordneter – vor allem sage ich es aber als Vorarlberger Bauer – nein zu dieser Art der Entkoppelung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort erhält Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


12.03

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Ich möchte heute hier ein bisschen das Bild der Frauen in der Land­wirtschaft zurechtrücken. Frau Kollegin Binder hat hier ein Bild gezeichnet, das längst nicht mehr der Realität entspricht. Sie hat unter anderem behauptet, dass die Bäuerin­nen in einem Gefühl von Isolation und Abgrenzung auf ihren Höfen leben. Ich muss dazu sagen, dass die bäuerliche Bevölkerung die Kerngruppe der Bevölkerung des ländlichen Raumes ist, dass die Betriebe in Generationen gewachsen sind und dass selbstverständlich ein Weggehen vom Betrieb nur dann möglich ist, wenn man den Betrieb auflässt. Dass eine Isolation in der Weise besteht, wie sie hier gezeichnet wur­de, kann ich nicht so empfinden. Im Gegenteil: Es ist sogar ein ganz persönlicher Be­zug zu den Höfen und zur bäuerlichen Arbeit bei den Bäuerinnen festzustellen.


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Auch der geringe Zugang zu Bildung – wie er hier dargestellt wurde – entspricht nicht den Tatsachen. Es wird insbesondere von den Landwirtschaftskammern ein umfas­sendes Bildungs- und Weiterbildungsprogramm angeboten. Ich kann Ihnen am Beispiel Niederösterreichs aufzeigen, dass im Arbeitsjahr 2002/2003 173 588 TeilnehmerInnen an diesen Veranstaltungen und Seminaren zu verzeichnen waren. Das sind nicht nur BäuerInnen, sondern auch Frauen und Männer aus dem ländlichen Raum, die gerne zu diesen Veranstaltungen kommen. Der Zugang zur Bildung ist also für die Bäuerin­nen genauso gegeben wie für alle Frauen, die im ländlichen Raum leben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte noch ganz kurz aufzeigen, dass auch die Bäuerinnen als Betriebsleiterin­nen eine vorrangige Rolle spielen. Kollege Fritz Grillitsch hat bereits gesagt, dass 30 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Frauen geführt werden. Das ist ein Wert, der von EUROSTAT aus dem Jahre 2000 stammt. Ich habe hier die Erhebungs­daten vom April 2003 aus der Pflichtversicherung in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, und danach werden bereits 47 Prozent der Betriebe von Bäuerinnen geführt. Die Landwirtschaft wird so gesehen zunehmend weiblich, und ich denke, dass man sie auch danach ausrichten sollte.

Es wurde hier auch einige Male, insbesondere von Frau Kollegin Königsberger-Ludwig, angesprochen, dass die Großbetriebe so enorm gefördert werden und die kleineren Betriebe zu wenig gefördert werden. Ich möchte an Sie appellieren: Sehen Sie den Betriebserfolg nicht nur unter dem Aspekt der Fläche! Unsere Bauern und Bauernfami­lien sind kreativ und innovativ und schaffen es natürlich auch, kleinere Betriebe zum Erfolg zu führen, was insbesondere auch die Daten aufzeigen: In den letzten Jahrzehn­ten ist die Anzahl der Betriebe zwischen 1 und 20 Hektar um 32 Prozent zurückgegan­gen – ein dramatischer Wert –, während sich die Zahl der großen Betriebe über 50 Hektar um 40 Prozent reduziert hat. Die mittleren Betriebe konnten sich am bestän­digsten erweisen und hatten einen Rückgang von 13 Prozent zu verzeichnen.

Ich möchte mich abschließend noch ganz kurz bedanken bei allen Rednern, die hier insbesondere den Wein und die Winzer hervorgestrichen haben und die Leistung die­ser Berufsgruppe ganz besonders anerkannt haben. Ich denke, dass auch die Maß­nahmen in Richtung Marketing und Werbung, die im Zuge der Installierung der inter­professionellen Weinkomitees jetzt in den Händen der Winzer liegen, ganz besonders dazu beitragen werden, dass der Wein auch auf dem internationalen Weinmarkt ent­sprechend Fuß fassen wird. Unsere Winzer produzieren hohe und höchste Qualität, die auch große Anerkennung erfährt. Das Jahr 2002 war ein wirklich wichtiges Exportjahr für Österreich, es konnte auf diesem Gebiet ein Rekord verzeichnet werden. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Preineder. – Bitte.

 


12.08

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Anni Höllerer ist, glaube ich, Zeichen dafür, dass die Landwirtschaft weiblich ist.

Werte Damen und Herren! Österreichs Landwirtschaft hat große Veränderungen hinter sich und hat sicher noch große Veränderungen vor sich. Produktionsbezogene Aus­gleichszahlungen sichern die Stabilität unserer Betriebe und sichern auch bäuerliche Existenzen. Die Chancen der Landwirtschaft liegen aber sicherlich nicht in den Aus­gleichszahlungen, die Chancen liegen im Markt. Ich darf mich hier an dieser Stelle bei allen Konsumentinnen und Konsumenten bedanken, die vor allem nach dem Beitritt zur


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Europäischen Union unseren Agrarprodukten die Treue gehalten haben. Und es war nicht klar, dass es uns gelingen wird, unsere Regale in den Märkten zu verteidigen; wir hatten Angst vor ausländischen Konkurrenzprodukten.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch der Agrarmarkt Austria, die gestern ihren zehnten Geburtstag gefeiert hat, ein herzliches Danke dafür sagen, dass sie uns von der Landwirtschaft dabei geholfen hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf aber heute im Besonderen auf eine sehr positive Entwicklung im Bereich des Biolandbaus eingehen, weil ich selbst Biobauer bin.

Österreich ist führend in Europa, was seinen Anteil an Biobauern betrifft. Im Jah­re 2002 waren 9,1 Prozent der Betriebe mit 11,3 Prozent der Fläche Biobetriebe. Ich darf Ihnen aber die neueste Zahl dazu präsentieren – vielleicht weiß sie der Herr Bun­desminister auch noch nicht, weil ich sie gestern erst erfragt habe –: Wir Biobauern haben im Jahr 2003 die Fläche auf 12,8 Prozent gesteigert; das ist eine Steigerung von 1,5 Prozent, eine Steigerung um beinahe 40 000 Hektar von 2002 auf 2003.

Ich glaube, eine Steigerung im Bereich der Biolandwirtschaft kann man nicht über eine Steigerung von Prämiensätzen erreichen, sondern nur über eine Steigerung der Kon­sumentenwünsche in diese Richtung. Wir hatten von 1995 bis 1998 die Situation, dass durch Prämienanreize sehr viele in den Biolandbau drängten und danach bald wieder ausstiegen, weil kein Markt, weil kein Absatz vorhanden war.

Es gilt, gemeinsam mit dem Absatz die Biolandwirtschaft zu entwickeln. Und ich glau­be, in „Bio-Austria“ als Servicestelle seitens des Bundesministers für die Bioverbände, als Servicestelle, die auch ein einheitliches Gütesiegel und damit mehr Transparenz gegenüber dem Konsumenten bringen soll, ist ein sichtbares Signal in diese Richtung zu sehen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich darf alle Österreicherinnen und Österreicher einla­den: Greifen Sie zu heimischen Qualitätsprodukten, greifen Sie zu heimischen Biopro­dukten! Ihr Einkauf entscheidet! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

12.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

 


12.11

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Binder – und da kann ich mich den Ausführungen der Abgeordneten Höllerer anschließen – hatte einige Punkte in ihrer Rede, die ich auf meine Weise beantworten möchte. Sie stellt betref­fend Aushöhlung des ländlichen Raumes fest, dass diese Regierung dafür verantwort­lich ist. Ich finde, das ist nicht gerechtfertigt, denn genau diese Regierung setzt sich für die Stärkung des ländlichen Raumes ein und setzt auch Taten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Grünen Bericht. Frau Abgeordnete Binder, Sie finden darin kein entsprechendes Kapitel über Frauen in der Landwirtschaft. Bäuerinnen sind das Paradebeispiel dafür, dass Frauen Familien, aber auch Betriebe gemeinschaftlich, partnerschaftlich führen. Sie wollen nicht separat hervorgehoben werden, denn diese Familien im Bereich der Landwirtschaft leben partnerschaftlich aktiv. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Abgeordnete Höllerer hat auch davon gesprochen, dass 30 Prozent der landwirtschaft­lichen Betriebe in Österreich von Frauen geführt werden. Das ist EU-weit ein Spitzen­wert, der höchste Anteil. Im EU-Schnitt sind es nur 24 Prozent der Betriebe, die allein von Frauen geführt werden.

Zu den traditionellen Rollen, die auch so stark kritisiert wurden. Meine lieben Kollegin­nen und Kollegen! Tradition so verstanden, dass Gutes erhalten bleibt, ist eine sehr schöne Aufgabe, die wir Bäuerinnen gerne erfüllen. Die Offenheit, sich auf Neues ein­zulassen, bringt vielen jungen Bäuerinnen große Erfüllung. Zum Beispiel haben drei meiner Nachbarinnen folgende Berufe: Eine ist Lehrerin, eine ist Journalistin und eine Altenpflegerin – und die sind sehr zufrieden. Also wir Bäuerinnen sind nicht nur dem traditionellen Rollenbild verhaftet, sondern wir sind modern. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat mit 16 Prozent den höchsten Anteil an jungen Betriebsführern, die unter 35 Jahre sind. In Österreich sind 230 000 Bäuerinnen in der Bäuerinnenorganisation zusammengeschlossen, um ihre Wünsche, ihre Ziele zu diskutieren, Ziele und Projekte zu entwickeln. Bäuerinnen erschließen unaufhörlich neue wirtschaftliche Zweige, sie sind kreativ, konstruktiv, kritisch – nicht allein in der Betriebsführung sind sie deshalb spitze.

Ich bedanke mich abschließend für das Budget, das Landwirtschaft, Heimat und Zu­kunft sichert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


12.14

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Als praktizierender Bauer habe ich die Debatte am heutigen Vormittag natürlich mit sehr großem Interesse verfolgt und habe mir auch angeschaut, wie es mit dem Interesse an der Landwirtschaft in den einzelnen Fraktionen steht. Da habe ich mit ein wenig Enttäuschung feststellen müssen, dass zum Beispiel um 10.35 Uhr gerade einmal zwölf Personen von der SPÖ-Fraktion hier anwesend waren. Ich bin der Meinung, die Landwirtschaft ist ein so wichtiges Thema, dass wir alle uns dafür Zeit nehmen sollten und dass wir alle ein klares Bekenntnis zu den Bauern und zur Landwirtschaft abgeben sollten, wie dies die ÖVP tut. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir uns die Frage stellen, ob es auch in der Zukunft noch Bauern geben soll, und diese Frage, so hoffe ich, alle mit Ja beantworten, dann müssen wir auch die Bauern leben lassen. Das heißt, wir müssen Bedingungen schaffen und festigen, dass die Bauern ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) – Wie heißen Sie? (Abg. Dr. Puswald: Mayer!) Der Herr Kollege möchte sich vorstellen, ich verstehe aber den Namen nicht. Gut, dann darf ich fortsetzen.

Wir müssen es den Bauern ermöglichen, entsprechendes Einkommen zu erwirtschaf­ten. Einkommen in absoluten Zahlen ausgedrückt, schaut ein bisschen anders aus, als Kollege Faul dargestellt hat, nämlich im Vergleich zu den unselbständig Erwerbstäti­gen: Die Bauern hatten im Jahre 2000 ein Durchschnittseinkommen von 1 274 €, wäh­rend die Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmer 2 146 € betrugen. Wenn er Pro­zentzahlen in erheblicher Höhe im Zusammenhang mit der Steigerung vom vorigen Jahr auf heuer genannt hat, dann muss ich ihm sagen, 4 Prozent von 1 200 sind 48 und 2,5 Prozent von 2 100 sind 52,5, machen also wesentlich mehr aus als die Steige­rung bei den Bauern.

Wir Bauern richten uns nach der Erwartungshaltung der Bevölkerung, und die Aufga­benstellung für die Bauern ist vielfältig und hat sich in den letzten Jahrzehnten auch


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sehr verändert. Das haben einige Redner bereits festgestellt. Wenn es früher nur dar­um gegangen ist, die Ernährungssicherung zu bewerkstelligen, dann ist heute der Auf­gabenbereich der Bauern die Sicherung des Lebensraumes. Wir stellen auch beste Lebensmittel in ausreichender Menge und hoher Qualität für unsere Mitbürger zur Ver­fügung.

Unsere Antwort, die Antwort der ÖVP heißt ökosoziale Marktwirtschaft, verbunden mit einer flächendeckenden Bewirtschaftung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Problemstellung, die sich allerdings ergibt, ist anhand von drei Punkten darzustel­len.

Erstens: Die Lebensmittel bezahlt der Verbraucher direkt. Man kann ins Geschäft ge­hen und die Lebensmittel kaufen. Ich gebe Frau Kollegin Schönpass Recht, wenn sie sagt, dass uns die Konzentration des Handels große Probleme macht und wir nach­denken müssen, was wir dieser entgegenhalten können.

Zweitens: Für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen brauchen wir allerdings den Um­weg über den öffentlichen Haushalt; deshalb diskutieren wir ja heute auch dieses Bud­get. Da brauchen wir Bauern uns nicht jedes Mal vorhalten zu lassen, dass wir Sub­ventionsempfänger sind, denn wir erbringen Leistungen für die Gesellschaft, und die­se Leistungen wollen wir auch entsprechend bezahlt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es würde kein Mensch auf die Idee kommen, die Banken als die bestsubventionierten Unternehmen in Österreich darzustellen. Aber gerade den Banken muss der österrei­chische Staat jedes Jahr über 8 Milliarden € an Zinsen auf Grund der sozialistischen Schuldenpolitik überweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf noch einen Aspekt einbringen, meine geschätzten Damen und Herren: Die Produktionskosten sind bei uns in Österreich ein bisschen höher, als das in anderen Ländern auf dieser Welt der Fall ist. (Abg. Gradwohl: In welchen? Nennen Sie die Länder?) Wir haben die Konkurrenz mit Australien, wir haben die Konkurrenz mit CAIRNS-Ländern, auch was die landwirtschaftlichen Produkte betrifft. Wenn ich diese Länder anspreche, dann kann ich Ihnen sagen, in diesen gibt es Arbeitskräfte, die um einen Euro arbeiten müssen – wollen wir nicht! –, aber nicht um einen Euro in der Stunde, sondern am Tag! Ich frage Sie, ob Sie wollen, dass wir diese Konkurrenzver­hältnisse auf dem Arbeitsmarkt ungeregelt übernehmen. Wir in der Landwirtschaft wol­len das nicht, und deshalb brauchen wir in diesem Zusammenhang entsprechende Regelungen.

Ich darf abschließend sagen: Die österreichische Regierung tut etwas, sie setzt das Umweltprogramm um, sie macht etwas für die Bergbauern, und die Bauern machen freiwillig dabei mit. Dieses Budget bietet die Voraussetzung dafür, dass die Bauern Einkommen erwirtschaften können. Stimmen Sie diesem Budget zu! Es ist ein gutes Budget für Österreich, und es ist ein gutes Budget für die Menschen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


12.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Noch knapp, bevor der Herr Minister zu den abschließenden Verhandlungen nach Brüssel oder Luxemburg fliegt, und im An­schluss an meinen Vorredner noch die Konsumentenseite –, in 3 Minuten, ganz knapp


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also, als Auftrag an Sie, Herr Minister, und als Appell an Ihre Kooperationsbereitschaft an Sie, meine Kolleginnen und Kollegen.

Erstens: Herr Minister, Sie sind uns bis heute die Antwort schuldig geblieben, was jetzt mit den Kompetenzzentren passiert im Biolandbau, die Strategie Bio-Austria. Das wäre eine Zukunftsschiene, wo wir marktmäßig vorankämen, wo wir EU-mäßig punkten wür­den, wo wir genau im Konzept der Agrarreform liegen, die Fischler auf den Tisch legt, und wo wir vor allem auch den KonsumentInnen ein breiteres, gesünderes Angebot ermöglichen könnten. Bitte, geben Sie uns eine Antwort! (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das ist alles auf dem Tisch!)

Auch unser Antrag geht ja in diese Richtung, und eigentlich müsste er, so wie Sie ar­gumentiert haben, meine Kollegen von der ÖVP, von Ihnen massiv mitgetragen wer­den können. – Das ist die eine Seite.

Die zweite Seite, die angesprochen worden ist, und der zweite Aspekt, der wichtig ist: Gerade für die Konsumenten ist die Frage der Lebensmittelsicherheit, die eng gekop­pelt ist mit der Frage der Lebensmittelkontrolle, wichtig. Herr Minister, Sie sind auch mit in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Auch Ihr Ressort gibt 31 Mil­lionen für diese wichtige Kontrollaufgabe aus. Nur – Sie wissen das wahrschein­lich besser als ich –: Das ist viel zu wenig! Sie wissen wahrscheinlich, dass die Studie ROI einen viel höheren Finanzbedarf für eine effiziente Lebensmittelkontrolle veran­schlagt hat. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Lebensmittelkontrolle ist Ländersache!) Wenn es nämlich so weitergeht, wie es hier gesetzlich beschlossen worden ist – gegen unsere Stimmen! –, dann müssen Sie 500 von 1 200 Mitarbeitern sozusagen auf der Stelle entlassen, und dann haben wir mit 700 Mitarbeitern für diesen wichtigen Bereich der landwirtschaftlichen Futtermittelkontrolle und der Lebensmittelkontrolle einen viel zu niedrigen Standard. Dann können wir praktisch zusperren, und die Agentur wird ein Konkursfall. Das wollen wir nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! In dieser Richtung müssen Sie sich viel, viel mehr einsetzen, damit hier aufgestockt wird, die erforderlichen finanziellen Rücklagen gebildet und Mittel zur Ver­fügung gestellt werden.

Abschließend zum Lebensmittelgesetz. Sie sagen immer, Sie brauchen die Konsumen­tInnen als PartnerInnen. Jawohl! Sie brauchen auch das Vertrauen der KonsumentIn­nen, keine Frage. Ihre Produkte sollen ja gekauft werden. (Zwischenruf des Abg. Gril­litsch.)

Der Einsatz von Tierarzneimitteln ist eine sehr heikle Sache. Da haben wir zwar eine gesetzliche Änderung gemacht, aber diese greift nicht. Und Sie werden es merken: In 14 Tagen kann ich Ihnen einen Fall nennen, wo es wieder massive Verstöße gibt und wo wieder schwarze Schafe in Ihren Reihen illegale Importe vornehmen, und das Gan­ze geht dann zu Lasten Ihrer (zu Abg. Grillitsch gewandt) Branche und zu Lasten unse­res Konsums im Lebensmittelbereich. Dann wird deutlich werden, dass es nach wie vor Vollzugsdefizite beim Lebensmittelgesetz gibt. Und Sie, Herr Minister, sollten sich auch stark machen, denn ich werde Ihnen diese Fälle in 14 Tagen auf den Tisch legen. (Bei­fall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: In 14 Tagen? Wenn Sie es jetzt schon wissen? – Da legen Sie es auf den Tisch in 14 Tagen?)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte nicht von der Regierungsbank!

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Zum Schluss noch das große Plä­doyer: Klinken Sie sich ein bei der Novellierung des Lebensmittelgesetzes, damit der Vollzug effizienter wird und Ihre Qualitätsprodukte nicht von schwarzen Schafen ge­stört werden! (Abg. Grillitsch: Diese Verdachtsäußerung werden wir genau beobach-


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ten, Frau Kollegin Moser! Das legen Sie auf den Tisch in 14 Tagen!) – Ja, gerne! (Bei­fall bei den Grünen.)

12.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Gibt es weitere Wortmeldungen zum Kapitel Landwirt­schaft? – Solche gibt es nicht.

Damit ist dieser Teil der Beratungen geschlossen.

Gesundheit und Frauen

Kapitel 17: Gesundheit und Frauen

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur Verhandlung des Kapitels 17: Gesund­heit und Frauen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

 


12.24

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Gesundheitspolitik ist einer der wesentlichsten Politikbereiche, meine Damen und Herren. Es geht hier um faire Chancen und um die Teilhabe am Gesundheitssystem insgesamt, unabhängig vom sozialen Stand und vom Einkommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Wir entscheiden in der Gesundheitspolitik Überlebenschancen, meine Damen und Herren.

Prüfen wir nun die Auswirkungen Ihrer Politik auf die konkreten Lebenssituationen der Menschen. – Sie haben vorige Woche in einem Aufwaschen die so genannte Pensi­onskürzungsreform und daneben auch die Einführung von generellen Selbstbehalten mit Januar 2005 beschlossen.

Was sind nunmehr die Auswirkungen von Selbstbehalten auf die Lebenssituationen, insbesondere von sozial schwachen und kranken Menschen, meine Damen und Her­ren?

Selbstbehalte wirken generell abschreckend, ohne zwischen notwendigen und weniger notwendigen Behandlungen zu unterscheiden. Insgesamt zieht die abschreckende Wirkung insbesondere für Bezieher niedriger Einkommen nachteilige gesundheitliche Folgen und Mehrkosten für das Gesundheitswesen nach sich. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Auch Ausnahmen können keinen tatsächlichen Schutz für Einkommensschwache und chronisch Kranke gewährleisten. Die Finanzierung über Selbstbehalte ist unsolidarisch; erkrankte Menschen werden unmittelbar belastet.

Meine Damen und Herren! Die vorliegenden Erfahrungen widerlegen die Sinnhaftigkeit von generellen Selbstbehalten eindeutig. Sie verwenden Selbstbehalte in erster Linie als politisches Instrument. Sie setzen mit Ihrer neoliberalen, marktorientierten Politik ein Signal an die Starken und Gesunden in unserer Gesellschaft. Selbstbehalte sind für Sie ausschließlich ein verteilungspolitisch regressiv ausgerichtetes Finanzierungsin­strument, mit dem Sie sozial schwache und kranke Menschen an den Rand drängen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Ein Beitrag zur Lösung der offensichtlichen Strukturprobleme im Gesundheitswesen wird damit aber nicht gewährleistet.

Meine Damen und Herren! Für uns gilt der Grundsatz, dass sich eine zukunftsorientier­te Gesundheitspolitik nicht damit zufrieden geben darf, das Erreichte abzusichern,


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sondern sie muss sich den neuen Herausforderungen stellen. Die finanzielle Konsoli­dierung darf daher nicht über Leistungskürzungen und generelle Erhöhungen von Selbstbehalten erfolgen, sondern sie muss über Produktivitäts- und Qualitätssteigerun­gen und mit neuen Elementen einer transparenten, gerechten Finanzierung erfolgen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Meine Damen und Herren! Ergebnis Ihrer Politik ist es, dass Sie schwachen und kran­ken Menschen Rechnungen über unsoziale Selbstbehalte aufbürden. Die Menschen werden Ihnen die Rechnung am Wahltag präsentieren. Sie werden für diese unsoziale Politik teuer bezahlen! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.28

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte. (Rufe – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Rasinger –: Handy ausschalten! – Abg. Mag. Prammer: Arzt im Dienst!)

 


12.29

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Ich bin immer im Dienst! – Ich möchte ein bisschen pathetisch anfangen mit einem Zitat von Sir Karl Popper: Die Politik hat das Ziel, möglichst viel Unglück zu vermeiden.

Herr Abgeordneter Lackner, Sie konzedieren der ÖVP und der Regierung genau die­ses Ziel nicht, obwohl es in Österreich Tradition war, die Gesundheitspolitik eher ge­meinsam zu gestalten. Wir haben auch gemeinsame Ziele erreicht: in der letzten Legis­laturperiode zum Beispiel die Hospizbewegung, die wir mit einem Vier-Parteien-Antrag unterstützt haben.

Jawohl, Herr Abgeordneter Lackner, es geht um Gerechtigkeit! Und diese Gerechtig­keit werden Sie nicht erzeugen, wenn Sie bei wichtigen Themen in der Gesundheitspo­litik einfach wegschauen. Wir haben uns vorgenommen, Weltklasse für alle, unabhän­gig vom Einkommen, zu schaffen. Dieses hohe Niveau bestätigt uns die EU, bestätigt uns die Weltgesundheitsorganisation. Österreich ist Weltklasse, und es geht um eine Absicherung auf diesem hohen Niveau.

Heute gab es die Nachricht in einer Schweizer Zeitung, dass die Schweiz etwa nur ein Drittel der Transplantationen durchführt, die in Österreich durchgeführt werden.

Vor wenigen Tagen hat Minister Strasser 20 Jahre Notarzthubschrauber in Österreich gefeiert. Wir haben das weltbeste Notarzt-Hubschraubersystem, und ich glaube, das ist ein Grund, stolz zu sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Heute kam die Nachricht, dass in Amerika die Gesundheitskosten um 9,6 Prozent an­gestiegen sind, obwohl über 40 Millionen Amerikaner das entsprechende Angebot gar nicht annehmen können. Gleichzeitig ist Amerika das Land, in dem mittlerweile 18 Bun­desstaaten in Zukunft wahrscheinlich keine Gynäkologen, keine Neurochirur­gen, keine Unfallchirurgen haben werden, weil dort die Haftungsregelungen derart streng sind, dass die Prämien schon teurer sind als die Arzthonorare. Auch das ist Amerika, und da bin ich wirklich froh darüber, dass ich in Österreich – mit unseren Problemen – sein darf.

Auch wir haben Probleme; das soll man nicht wegdiskutieren. Herr Kollege Lackner, in Ihrer Rede gab es – außer fragwürdigen Selbstbehaltideologien – keine einzige kon­krete Anregung, was Sie besser machen würden.

Wir haben natürlich auch Probleme in Österreich, so wie in ganz Europa. Bei uns stei­gen die Medikamentenkosten pro Jahr im Schnitt um 8 Prozent. Der Grund dafür ist aber nicht der, dass die Ärzte wild geworden wären, sondern weil es eben einen ent-


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sprechenden Fortschritt gegeben hat. Natürlich kann man das eine oder andere ma­chen, aber man kann nicht Unmögliches möglich machen.

Für uns von der ÖVP geht es darum, dass wir das hohe Niveau bei einem optimalen Kosteneinsatz halten wollen. Also: nicht rationieren, sondern optimaler Kosteneinsatz!

Wir haben Weichen gestellt. Ich habe gerade die Hospizbewegung erwähnt. Jawohl, das ist eine Weichenstellung! In Holland gibt es 9 600 Anträge für vorzeitige Beendi­gung des Lebens, für Sterbehilfe. 3 200 Leben werden jährlich beendet. Wissen Sie, wie viel das ist? Das ist genauso viel, wie das größte Pflegeheim Österreichs, das Pflegeheim Wienerwald, früher Lainz, an Betten hat! Das heißt, jährlich werden in Hol­land so viele Leben, wie das Pflegeheim Lainz Patienten hat, vorzeitig beendet. Ich finde, das ist ein Thema, das man beachten sollte, und da ist Österreich sehr gut un­terwegs. Wir sind von einem Nachzüglerland in der Hospizbewegung gemeinsam mit der Schmerztherapie zu einem Vorzugsland in Europa geworden! Darauf sollten wir stolz sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen Beispiele geben, denn anhand von Beispielen kann man das sehr gut durchspielen.

20 000 Österreicher leiden jährlich an Schlaganfall. 1989 hat es keine Rehabilitation gegeben. Damals haben Herr Minister Ettl und ich das gemeinsam ins Regierungspro­gramm hineingebracht. Heute rehabilitieren wir sehr, sehr viele, aber noch immer zu wenige. Es fehlen zirka 300 bis 400 Betten, aber es geschieht in Österreich doch mehr als in jedem anderen Land in der EU – das muss man auch bei der Schlaganfallver­sorgung sagen –, und dadurch können wir das Pflegerisiko um 50 Prozent reduzieren – was woanders wieder Kosten einspart, aber vor allem Menschlichkeit bringt, denn das Wort Kosten soll man nicht überstrapazieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

Im Regierungsprogramm haben wir einen Schwerpunkt in der Vorsorge gesetzt. Gera­de Sie als Vorarlberger sollten wissen: Vorarlberg ist die Wiege der Vorsorge, und Vor­arlberg hat die weltbesten Ergebnisse. Herr Landesrat Mayer, den ich sehr bewundere, hat mir gesagt, dass es zehn Jahre gedauert hat, bis er die ersten Erfolge gesehen hat. Das heißt, wir können in der Politik nicht nur an das nächste halbe Jahr denken, son­dern wir müssen sehr weit voraus denken, aber dann werden sich die Erfolge einstel­len.

Herr Abgeordneter Lackner, wir müssen dorthin schauen, wo die Probleme sind. Das neue Megaproblem der westlichen Welt, ja weltweit wird das Übergewicht sein. Heute sterben in Amerika schon genauso viele Leute an Übergewicht wie an Rauchen!

Das zweite Problem, das wir beachten müssen, sind der Nikotin- und Alkoholkonsum, der falsche Konsum. Eine Studie der Niederösterreichischen Landesregierung hat Er­schütterndes gezeigt: Wir haben europaweit, weltweit mit Grönland die höchste Rau­cherrate bei Jugendlichen! Darauf brauchen wir wahrlich nicht stolz zu sein! Und wir haben auch eine sehr hohe Alkoholrate bei den Jugendlichen, wo Räusche an der Ta­gesordnung sind. Ich glaube, da müssen wir eingreifen, da hat Prävention Sinn, damit man Krankheiten in 20, 30 Jahren verhindert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Oder: Sie sehen jetzt immer die Werbung für die Vorsorge, wo die Parteivorsitzenden für Darmkrebsvorsorge plädieren. Jawohl, das ist sinnvoll! Jährlich erkranken 5 000 Österreicher an Darmkrebs. Das ist zu viel, 90 Prozent davon könnte man durch Vorsorge verhindern. Ich halte das daher für eine gute Aktion.

Herr Abgeordneter Lackner, wenn Sie weniger Slogans gebracht hätten, hätten wir auch über Selbstbehalte diskutieren können. Kein Mensch will sozial Schwache aus-


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gliedern. Kein Mensch will verhindern, dass Menschen Gesundheitsleistungen in An­spruch nehmen. Faktum ist: Ohne die eine Milliarde Selbstbehalte, die wir jetzt haben, müssten viele Patienten 100 Prozent Selbstbehalt zahlen, nämlich Privatleistungen, da die Krankenkassen dieses Geld brauchen, um Leistungen zu finanzieren.

Jawohl, wir wollen Grenzen, nämlich Grenzen für chronisch Kranke! 20 Prozent der Patienten brauchen 80 Prozent der Leistung. Wir wollen Grenzen für Kranke mit klei­nen Einkommen. Wer sind denn die? – Das sind meistens ältere Frauen mit kleinen Pensionen; die wollen wir nicht belasten. Das ist ganz anders als das, was Sie behaup­ten. Sie glauben, wir wollen die Leute neoliberal irgendwo verräumen oder ausgliedern aus dem System. Nehmen Sie uns beim Wort! Wir wollen keine Lenkeffekte, wie Herr Köck das immer predigt, mit 50 Prozent. Wir wollen das nicht. Aber sagen Sie uns einen Weg – Sie sagen ja, alles darf nicht sein –, wie wir das Gesundheitswesen finan­zieren sollen! Unter anderem sind Selbstbehalte ein kleiner Beitrag – ein kleiner Bei­trag! Wir als christlich-soziale Partei wollen sicher keine Strafe in der Form, dass chro­nisch Kranke ihre Versorgung nicht erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

12.36

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Es ist eine Redezeit von 9 Minuten vorgeschlagen. – Bitte.

 


12.37

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Was hat das ÖVP-Gesundheitspro­gramm als größten gemeinsamen Nenner mit dem Schifahren? – Das ist die Rasin­gersche „Weltklasse“. Ich habe selten so oft den Ausdruck „Weltklasse“ gehört wie in diesen Diskussionen der Bundesregierung über ihre Regierungsbereiche!

Schauen wir uns das einmal an! (Abg. Dr. Rasinger: Ist das schlecht?) – Weltklasse ist nicht schlecht, wenn man sie hat! Man darf aber nicht die Augen verschließen vor den Defiziten, die nach wie vor für Patientinnen und Patienten existieren. Diese Defizite entstehen vorwiegend deshalb, weil die Regierung – und diesen Eindruck kann man sehr schlecht verwischen – Gesundheitspolitik nahezu ausschließlich über die Kosten­frage, das heißt budgetär diskutieren will. Dass aber Gesundheitsgefährdung etwas ist, was vor Krankheiten eintritt, existiert, dass es Gesundheitsgefährdung bei bildungsfer­nen, einkommensschwachen Schichten gibt, dass es Gesundheitsgefährdung durch Wohn- und Arbeitssituationen und die Umwelt gibt, geht im Regierungsprogramm in­mitten einigen vager, teils vollmündiger Sprüche unter und zeichnet sich jedenfalls im Budget nicht ab.

Ein Beispiel – ich bringe sonst selten Beispiele –: Vor zirka zehn Jahren, als ich noch Nachtdienst machen musste auf der Notfallambulanz, kam eine zirka 50-jährige Frau mit Herzschmerzen. Es wurde ein Infarkt ausgeschlossen, aber gefunden wurde eine Ausweitung der Hauptschlagader im Brustkorbbereich. Ich habe dieser Frau zu sagen versucht, dass sie sehr rasch operiert werden müsse, dass es sehr dringlich sei, da sonst Lebensgefahr bestehe.

Die Patientin sagte, sie wolle nicht. Ich sprach mit ihr stundenlang; die Zeit ist nur so verronnen. Sie erzählte mir, dass sie Dienstmädchen bei einem Architekten war. Da hat plötzlich ein teurer Ring gefehlt, und man hat sie beschuldigt. Sie wurde verurteilt zu – ich weiß es nicht mehr – einem Jahr Haft. Der Ring ist wieder aufgetaucht. Ihr Mann hat sie verlassen. In ihrem Ort hatte sie, obwohl sie rehabilitiert wurde, immer noch das Stigma einer Inhaftierten. Sie hat gesagt, dass sie so nicht mehr leben will. Es war nicht möglich, selbst mit Hilfe von Psychiatern und anderen nicht, sie zu einer Operation zu bewegen. Sie ist verblutet, nachdem ihr Sohn sie noch besucht hat.


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Das ist auch ein Vorfeld von Krankheit! Sie wollen immer Verhaltensänderungen be­wirken. Verhaltensänderungen in bildungsfernen und einkommensschwachen Schich­ten sind schwer zu bewirken; das ist viel eher bei Gebildeten und Wohlhabenden mög­lich. Das heißt, Sie müssen darauf aus sein, die Verhältnisse zu ändern – und da se­he ich nichts! Da sehe ich wirklich nur Sprüche, die vor Großmannsucht einerseits und Kleingeist andererseits nur so strotzen!

Sparprogramme können diese Gedanken nicht in den Hintergrund drängen! Ich glaube, dass uns alle, wenn Gesundheitspolitik zu billig wird, insbesondere die Kranken, die Patientinnen und Patienten rasch teuer zu stehen kommen könnte.

Ihr Beispiel, Herr Kollege Rasinger, Rehabilitation von Schlaganfällen, zeigt doch das auf, was notwendig ist: Da fehlen für die Spätnachsorge zirka ein Drittel mehr Betten, als jetzt vorhanden sind. Da liegt beispielsweise ein 16-jähriger Moped-Verunfallter nach schwerem Schädelhirntrauma im Waldviertel in einem Altenheim, und zwar in einem Sechsbettzimmer, neben 80-jährigen Patienten. Ist das „Weltklasse“? – Ich glaube nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Regierungsprogramm steht, dass Rehabilitation wichtig ist – aber Rehabilitation gibt es doch nicht um Gottes Lohn! Und das weiß doch bitte auch Herr Rasinger! Das heißt, es fehlen in dieser Gesundheitspolitik wirklich nachhaltige Strategien; es fehlen auch weitgehend Zielvorstellungen, denn diese sind entweder unklar oder reine Schaum­schlägerei. Und: Schaumschlägerei kann vielleicht die „Salzburger Nockerln“ besser machen, aber nicht die Gesundheitspolitik! (Zwischenruf der Abg. Lentsch.) – Da brauchen Sie gar nicht zu lachen! (Abg. Wittauer: Da müssen Sie ja selber lachen ...!) Das, was ich sage, ist sehr ernst. (Abg. Steibl: Man kann auch Angst machen!) – Ich mache keine Angst, sondern die Politik, die Sie machen, macht manchmal Angst! (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Die Politik der Oppositionsparteien!)

Beispiele dazu, wenn ich von Ihrer „Großmannsucht“ rede. Schüssel in einem Papier: „Zukunft braucht Verantwortung!“, was schreibt Schüssel da – und was hat er dann vom Blatt gelesen? – Schüssel zum Thema Gesundheit:

Wir wollen die Zahlen der Herz-Kreislauferkrankungen, Schlaganfälle und Krebsleiden durch eine Verdoppelung der Vorsorgeuntersuchungen um 25 Prozent reduzieren. – Zitatende.

Bei Krebserkrankungen hat es die EU gerade geschafft, diese in zehn Jahren um 5 Prozent zu reduzieren. – Gut, okay, man kann sagen: Wir müssen uns hohe Ziele stecken!, aber: Diese Ziele werden Sie so niemals erreichen!

In einer Anfrage an Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zum Thema Budget – ein Budget, für das die Frau Ministerin ja nichts kann, sie ist ja nicht Finanzminister – stell­ten wir die Frage: Woraus resultiert der budgetäre Rückgang bei der Vorsorgemedizin, die verdoppelt werden sollte, sowie bei epidemiologischen Maßnahmen? – Antwort der Frau Ministerin, etwas verkürzt: Dieser Rückgang ist auf die restriktiven Budgetvorga­ben zurückzuführen! – „Zukunft braucht Verantwortung!“, sagt aber Schüssel.

Paradox ist natürlich auch, wie die Bundesregierung, die von „Kassensanierung“ spricht, die Kassen zusätzlich belastet. – Ich lese Ihnen aber jetzt diese ganze Liste an Belastungsmaßnahmen der Kassen gar nicht vor, sondern fasse nur zusammen: Diese gehen in die Höhe von mindestens 500 Millionen € – wenn nicht noch mehr!

Gleichzeitig wurden die Kassen von der Regierung ermächtigt, ihr Budget zu sanieren, indem sie Leistungen aus den satzungsgemäßen Mehrdienstleistungen reduzieren durften. Das betrifft: Reduktion von Zuschüssen bei Hilfsmitteln, bei Heilbehelfen, bei Zahnersatz, Zahnregulierungen, bei Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Kran­kengeld und Transportkosten. – So wurden die PatientInnen von Ihnen, meine Damen


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und Herren von den Regierungsparteien, belastet! So wurden die Kranken belastet! – Und Sie, Herr Kollege Rasinger, sprechen da von „Weltklasse“?!

Astronautennahrung bei schwerem Speiseröhrenkrebs, wo die Leute nichts mehr es­sen können, bei Krebserkrankungen im Hals-Nasen-Ohrenbereich wurden von der Kasse restriktiv mit Zuschüssen versetzt, und zwar so, dass sich PatientInnen, die ohnehin schon bis zum Geht-nicht-Mehr gequält sind, das teilweise selbst zahlen müs­sen – und so weiter und so fort! (Beifall bei den Grünen.)

Österreich liegt weltweit an dritter Stelle, was private Ausgaben im Gesundheitssektor betrifft. Weltweit an dritter Stelle! Und Sie von den Regierungsparteien wollen jetzt noch die Selbstbehalte ausweiten  von Harmonisieren war da noch gar nicht die Re­de! – Angesichts dieses Umstandes: Sie wollten ja „Weltklasse“ werden, und das schaffen Sie vielleicht, und Österreich kommt, was diese privaten Ausgaben anlangt, an die erste Stelle der Welt! Aber das ist nicht gut – das wird Ihnen jeder sagen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was Strukturmaßnahmen und da, 10 000 Betten umzuwidmen, anlangt, waren wir auch einverstanden. Aber was steht dann in der Anfragebeantwortung – auch da kann Frau Ministerin Rauch-Kallat nichts dafür –: Die Nettoeinsparungseffekte können nicht beziffert werden, weil es hiezu der Zustimmung der Länder bedarf!

Wer von uns hat gesagt oder eingemahnt, dass der Bund hier mehr Steuerungsmög­lichkeiten haben muss?! – Sie schreiben aber in Ihr Regierungsprogramm: Steuerung, Qualitätssicherung! Letztlich aber gehen Sie von der ÖVP vor Ihren Landeshauptleuten in die Knie!

Grasser hat gerade sieben Zeilen in seiner Budgetrede dem Thema Gesundheit ge­widmet. Und da liest man dermaßen „erleuchtende“ Sätze wie: Wir wollen das erprobte und bewährte Gesundheitssystem erhalten und verbessern! – Das ist wahnsinnig „toll“ – und „aufschlussreich“. Was wollen Sie verbessern? Wie wollen Sie das verbes­sern? Darüber steht keine Zeile drinnen!

Rasinger hat kolportiert – das ist auch eine Verbesserung –, er möchte 90-Jährige se­hen, die einen Spagat können. – Ich glaube, du, Kollege Rasinger, kannst ihn nicht, ich auch nicht, aber: Ist das eine gesundheitspolitische Maßnahme?!

„30 000 Stellen im Gesundheitsbereich durch mehr Pflege- und Betreuungsposten“, schreiben Sie. Ja, das ist toll, 30 000 Jobs versprechen Sie! Wer aber zahlt das? Wer gibt diese Jobs? – Niemand!

Nochmals: Das halte ich für Großmannsucht und Schaumschlägerei! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin Rauch-Kallat befinde sich im „Prozess der Meinungsbildung“, was die Selbstbehalte betrifft, hieß es. – Das finde ich lobenswert, wenn man sich Meinungen bildet, aber: Die Regierung hätte sich vorher Meinungen bilden können, indem sie ihre eigenen – bezahlten! – Untersuchungen und Gutachten liest, in denen es im Wesentli­chen heißt, dass die Selbstbehalte nicht das bringen, was Sie von der Koalition sich vorstellen!

Aber Schüssel hat noch einen Satz geprägt: „Zukunft braucht helle Köpfe!“ – Nicht zu­fällig hat der Rat für Forschung und Technologieentwicklung darauf gleich anschlie­ßend plakatieren lassen: „Auf die Birne kommt es an!“ – Die hat aber, wenn ich mich recht erinnere, „Williams“ geheißen – und nicht Wolfgang! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Großruck – in Richtung des sich zu seinem Platz begebenden Abg. Dr. Grünewald –: ... beim Trinken kennt er sich aus!)

 


12.47


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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

 


12.47

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich gebe meinem Vorredner darin Recht, dass in der Gesundheitspolitik selbstverständlich nicht nur über die Finanzierung gesprochen wer­den kann, denn da gibt es viel mehr zu klären, sich über viel mehr einig zu werden, aber dennoch besteht ein wesentlicher Teil der Gesundheitspolitik darin, für die einmal erkannten Ziele, Linien und Erfordernisse die Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ich gebe auch zu, dass gerade jetzt, da die medizinische Technologie auf einem enor­men Höchststand angelangt ist, bei vielem nachzuziehen ist. Es ist möglich, vor allem Unfallopfer wieder zu beleben, die man dann auch rehabilitieren muss; da ist sicherlich viel zu tun. Aber ich teile die Meinung meines Vorredners absolut nicht, dass es im Budget – auf Grund dessen, was herauszulesen ist – lediglich um „Schaumschlägerei“ gehe!

Ich stelle fest, dass bei jenen, die die Gesundheitspolitik dieser Regierung machen – ich darf Frau Ministerin Rauch-Kallat, vor allem aber Herrn Staatssekretär Waneck, der seit zwei Jahren dafür verantwortlich und selbst Arzt ist, was man gut erkennen kann, dafür danken –, das ernsthafte Bemühen festzustellen ist, sich auf die neuen und sehr großen Herausforderungen einzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Unser Gesundheitssystem ist ein gutes System, und damit es auch ein solches bleibt, muss viel getan werden. Es einfach so zu lassen, wäre gerade in diesem Bereich schlecht, denn dann würde schlicht und einfach die Qualität des öffentlichen Gesund­heitswesens sinken – am Anfang wahrscheinlich sogar unbemerkt und unmerklich. Jene, die über genügend private Mittel verfügen, könnten diese dann einsetzen und wirklich alles beanspruchen, was zur Verfügung steht. Aber das ist sicher nicht das, was anzustreben ist.

Damit das hohe Niveau des Gesundheitswesens in Österreich erhalten bleibt, muss erkannt und vor allem auch zur Kenntnis genommen werden, was an Entwicklungen möglich ist, wie man darauf reagieren, wie man steuernd eingreifen muss – anders, als man es zum Beispiel bei der Alterssicherung gemacht hat. Im Bereich der Alterssiche­rung hat man nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte hindurch offenbar die Statistiken entweder sofort in den Mistkübel geschmissen, weil „nicht interessant“, oder sich offen­sichtlich gesagt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt sei man ohnehin nicht mehr im Amt. – Darum stehen wir jetzt vor dem Problem, dass viel stärkere Einschnitte vorge­nommen werden müssen, als es erforderlich gewesen wäre, wenn man rechtzeitig reagiert hätte.

Da kann man also nur größten Wert darauf legen, hervorzuheben und herauszustrei­chen, dass im Bereich des Gesundheitswesens die demographische Entwicklung noch um vieles stärker zuschlägt, und zwar erstens wegen der erfreulichen Tatsache, dass wir alle immer älter werden, aber wohl wissend, dass ganz besonders hohe Gesund­heitskosten – der Prozentsatz ist ja ein ungeheuer hoher – im hohen Alter anfallen. Ich glaube, bei den über 85-Jährigen sind es weit über 60 Prozent der Mittel, die in den Bereich Gesundheit und vor allem Krankenfürsorge investiert werden müssen.

Zum Zweiten aber – und das ist das Unerfreuliche daran – reduziert sich die Zahl der Beitragszahler massiv. Da wirkt also der demographische Effekt ganz besonders stark und doppelt.


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Das Volumen an Finanzmitteln im Gesundheitswesen wird jedenfalls steigen müssen. Wir werden schlicht und einfach mehr Geld brauchen, denn auf Grund des höheren Lebensalters, aber auch auf Grund des medizinisch-technologischen Fortschritts sind heute Dinge möglich, von denen man vor zehn Jahren nur träumen konnte. Das heißt, um da gut durchzusteuern, muss man ganz klare Ziele definieren.

Ich meine nicht, dass es die Verpflichtung zur Gesundheit gibt, sondern ich meine, dass es im Interesse nicht so sehr der Ökonomie – das kommt dann hinzu –, aber vor allem der Humanität wichtig ist, das Gesundheitsbewusstsein zu fördern und möglichst viele Menschen gesund zu halten, vor allem auch möglichst viele Menschen möglichst lange gesund zu halten, denn die höhere Lebenserwartung wird nur dann ein Gewinn sein, wenn sich die gesunden oder zumindest die relativ beschwerdefreien Jahre aus­dehnen – und nicht die Zeit des Siechtums und des langsamen immer morbider Wer­dens. Somit ist ganz klar, dass darauf die erste Priorität gesetzt werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dennoch ist es nicht immer möglich, die Gesundheit zu erhalten. Dann wird es not­wendig sein, alle Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Gesundheit völlig oder wenigs­tens teilweise wieder zu erlangen, und zwar müssen diese beiden Dinge für alle er­reichbar sein. Der Zugang zu Gesundheits- und Krankeneinrichtungen muss für alle gegeben sein: unabhängig vom sozialen Status und vom Alter. Und das steht ja mitt­lerweile sehr in Frage; viele von Ihnen, die sich dafür interessieren, werden die Debatte in Deutschland zu diesem Thema verfolgt haben. Man kennt ja auch die Praxis in Eng­land, wo ab einem bestimmten Lebensalter bestimmte Operationen überhaupt nicht mehr durchgeführt werden. – Und dieser Zugang muss selbstverständlich weiters un­abhängig vom Geschlecht gegeben sein.

Das ist nicht nur ein Gebot der Humanität – wir in Österreich können weitaus mehr als noch in anderen Ländern auf die Solidarität unserer Mitbürger zählen, die wollen das auch –, sondern auch der Gerechtigkeit, denn das, was wir an Ergebnissen von Wis­senschaft und Forschung und an Ergebnissen von Medizintechnik zur Verfügung stel­len, ist ein Resultat des gesamten Gemeinwesens, ist ein Resultat unserer guten Aus­bildung, der Anstrengungen, die alle Steuerzahler setzen. Und so ist es notwendig, darauf hinzuweisen, dass das, was alle schaffen und erreichen, dann auch von allen sozusagen abrufbar ist, und das wird auch für uns Freiheitliche in der Gesundheitspoli­tik allererste Wichtigkeit und Priorität haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Um diese Ziele zu erreichen – es sind weit gesteckte Ziele, denn es wird, wie gesagt, nicht billiger, sondern um vieles teurer werden –, braucht es jedenfalls eine klare Stra­tegie, und die sehe ich. Ich sehe hier im Budget also nicht „Schaumschlägerei“, son­dern sehe zum Beispiel den Nationalen Österreichischen Gesundheitsplan, in dem ganz klar steht, wie diese Maßnahmen zu setzen sind, um das Niveau zu sichern und auch in weiterer Zukunft fortzusetzen.

Das Erste ist, wie gesagt, das Gesundheitsbewusstsein zu stärken. Ich verweise nur auf die WHO-Definition, die Gesundheitsförderung als den Prozess definiert, der Per­sonen befähigt, stärkere Kontrolle über ihre Gesundheit zu erlangen und damit ihre Gesundheit zu verbessern. Das ist schon ein ganz klarer Auftrag, den man auch immer wieder sieht. Es hat doch eine Reihe von Kampagnen gegeben, und es gibt auch die Erziehung in den Schulen. Nicht, dass das nicht noch zu verstärken wäre – ganz im Gegenteil! –, aber es ist etwas da, wo anzusetzen ist. Und da kann man weitertun.

Es ist ganz wichtig, schon kleinen Kindern, Schulkindern, also immer dort, wo man Menschen einer bestimmten Altersgruppe beisammen hat, das Gesundheitsbewusst­sein klarzulegen; es kommt auch auf die Lebensführung an. Eben nicht der Zwang


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oder die Verpflichtung zur Gesundheit, aber die Aufklärung darüber, dass man Leuten vor allem in jungen Jahren, in denen man an Krankheiten in späteren Jahren nicht einmal denkt, doch vor Augen führt: Man hat das zum Teil selbst in der Hand.

Und da eine kurze Seitenbemerkung zu einer Frage. Was die Frage der legalen Dro­gen betrifft, ist, Gott sei Dank, zwar nicht zu jedermanns Freude, aber doch hinsichtlich des Tabakkonsums in letzter Zeit einiges Vernünftiges getan und gesagt worden. Es ist keine Frage, dass es vernünftiger ist, nicht zu rauchen, keine Frage, dass es notwen­dig ist, junge Leute davon abzuhalten, dass sie überhaupt in diese Sucht verfallen, aber dieses Engagement gegen die legalen Drogen sollte uns eigentlich nicht dazu verleiten, liederlich im Umgang mit illegalen Drogen zu sein. (Beifall bei den Freiheitli­chen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Solange wir unseren jungen Leuten das Gefühl geben, dass eigentlich überhaupt nichts dabei ist – und dieses Gefühl haben sie, weil es ihnen gegeben wird –, werden wir die Drogensucht lediglich verwalten – jedoch in keiner Weise bekämpfen!

Ich darf hier deponieren, ich sehe das völlig pragmatisch. Es hat sicherlich nie eine drogenfreie Gesellschaft gegeben; da stimme ich Ihnen zu. Solange nur Einzelne mit Drogen konfrontiert sind, wird man ihnen, so sie diese brauchen, Hilfe angedeihen las­sen, aber darüber sind wir weit hinaus. Die Sache ist längst epidemisch! Überall, auf dem flachen Land, in allen sozialen Schichten werden Drogen konsumiert.

Ich darf auch an Sie, Herr Dr. Grünewald – Sie sind Arzt, Sie wissen es –, appellieren: Die Verharmlosung von Cannabis ist ein Wahnsinn! Neuere Forschungen haben ge­zeigt, dass Cannabis – abgesehen von Langzeitschäden, was die Denkfähigkeit be­trifft – tatsächlich auch Schizophrenie auslösen kann. Ich finde es unverantwortlich, so zu tun, als ob es sich hiebei um etwas handelte, das man eine Zeit lang eben konsu­miert – oder nicht. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Drogenkonsum beeinträchtigt die Lebenschancen unserer jungen Leute aufs Massivs­te – und dem ist auch so Rechnung zu tragen, und zwar jenseits aller ideologischen Vorstellungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es braucht in unserem Gesundheitswesen einen Stufenbau. Das Erste ist Vorsorge vor Behandlung, das heißt also, dass Präventivmedizin der Kurativmedizin gleichge­setzt werden muss. Es heißt auch: ambulant vor stationär. Da sind natürlich all jene Einrichtungen wie die Krankenkassen aufgefordert, die Schnittstellen zwischen diesen Bereichen besser zu gestalten und besser zu schließen. Es braucht Rehabilitation vor Pflege. Auch das ist ein großes Projekt, das finanzielle Mittel verschlingen wird, wobei lobend hervorzuheben ist, dass zum Beispiel die akutgeriatrischen Betten, die auf Re­habilitation ausgerichtet sind, die sich jetzt in Umsetzung befinden, ein Ergebnis der letzten Regierungsperiode sind.

Die Mittel dafür zur Verfügung zu stellen, wird nicht einfach sein. Man wird dafür den Apparat flott machen müssen und einmahnen müssen, was zu tun ist, nämlich die Op­timierung aller vorhandenen Mittel, das heißt also: in der Verwaltung sparen, bei den ungeheuren Funktionärsprivilegien sparen – und alles, was da ist, wirklich in die Ge­sundheitsvorsorge hineingeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird ein Durchforsten der Selbstbehalte notwendig sein. Und da schon einmal ein Wort dazu: Sie von der SPÖ tun ja gerade so, als ob man jetzt erstmals Selbstbehalte einführen würde. Die Selbstbehalte kommen aus Ihrer Zeit. Es geht vielmehr darum, erstens die Leistungen zu harmonisieren und dann zu schauen, was man mit den Selbstbehalten macht. So, wie sie jetzt eingeführt sind – immer wenn es einen Finanz­bedarf gegeben hat, hat man einen Selbstbehalt eingeführt, und zwar hat es sich um eine reine Geldbeschaffungsmaßnahme gehandelt, nicht um ein Strukturmittel –, war


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es jedenfalls schlecht! Harmonisierung der Selbstbehalte und Harmonisierung der Leis­tungen.

Es ist das eine gewaltige Aufgabe, die vor uns liegt, denn die Mittel, die wir jetzt schon verwenden, sind sehr hoch – und werden noch viel höher werden müssen. Wir werden all unsere Anstrengungen darein setzen müssen, dass wir das Ziel erreichen: optimale Gesundheitsvorsorgung für die gesamte Bevölkerung ohne Diskriminierung einer Gruppe. Dieses Ziel ist jedenfalls nur dann zu erreichen, wenn alle unter Verzicht auf parteipolitisches Hickhack da mitmachen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.59

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. – Bitte.

 


12.59

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Zu Ihren Ausführungen, Herr Dr. Rasinger: Österreich war einmal Weltspitze im Zusammenhang mit der Gesund­heitspolitik. Sie haben nur nicht dazugesagt, dass das in der Zeit war, in der Sozialde­mokratinnen und Sozialdemokraten für die Gesundheitspolitik verantwortlich waren! Da waren wir nämlich noch Weltspitze! (Beifall bei der SPÖ.)

Das hat sich aber dank des Eintrittes Ihrer Partei und der FPÖ in die Bundesregierung schlagartig geändert. – Das zu dem. (Abg. Großruck: Aber trotzdem Weltspitze ...!) Ja, aber nicht mehr so gut, als wir früher einmal waren – das wissen Sie ja ganz genau! –, und das wird sich dank Ihrer Politik noch weiter verschlechtern. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Erstens sind schon in der Budgetrede des Herrn Bundesministers Grasser nur sehr wenige Sätze zum Thema Gesundheitspolitik verloren worden – im wahrsten Sinne des Wortes. Er hat festgehalten, dass zurzeit die nachhaltige Finanzierbarkeit der Krankenversicherung gefährdet sei, gleichzeitig hat er mit Selbstbehalten gedroht.

Ich kann mich den Ausführungen meiner Vorredner und Vorrednerinnen dahin gehend anschließen, dass Selbstbehalte unsozial sind, Selbstbehalte genau jene treffen, die kranke Menschen sind (Abg. Großruck: Sind sie bei den Eisenbahnern auch unsozi­al?), Selbstbehalte genau jene treffen, die weniger Geld im Börsel haben (Abg. Groß­ruck: Bei den Bauern und den Selbständigen auch unsozial?), und Selbstbehalte ein­zig und allein nur dazu führen, dass die Leute weniger oft zum Arzt gehen. (Abg. Groß­ruck: Sagen Sie das den Eisenbahnern! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das bedeutet insgesamt, die Menschen in Österreich werden nicht gesünder, sondern kranker werden – dank Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Alle anderen Maßnahmen, die in die Richtung gehen würden, dass mehr finanzielle Mittel in die Gebietskrankenkassen kämen, finden bei dieser Budgetgestaltung auch keine Berücksichtigung. Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Zweckbin­dung für die Tabaksteuer nicht mehr vorhanden ist. Das heißt, dass mehr als 82 Mil­lionen € den Krankenkassen ganz einfach nicht mehr zur Verfügung gestellt wer­den, sondern wieder einzig und allein zur Budgetsanierung dienen, die aber im Grunde genommen ohnehin nicht in vollem Ausmaß erfolgt ist, wie es die Propagandapolitik der Regierung immer wieder darstellt.

Was ebenfalls kritisch bemerkt werden muss, ist, dass es durch eine Verordnungser­mächtigung des Finanzministeriums im Einvernehmen mit dem Gesundheitsministeri­um auch zu einer Veränderung in der Sozialversicherung im Zusammenhang mit dem Ausgleich von schon bezahlter Mehrwertsteuer, wie zum Beispiel bei Medikamenten, kommen wird. Das bedeutet im Klartext, dass die Vorgangsweise nicht mehr die not-


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wendige Sicherheit gibt, dass dieser Ausgleich vorhanden sein wird. Und das kann bedeuten, dass der Krankenkasse noch zusätzlich 80 Millionen € verloren gehen.

Man kann die Sache folgendermaßen auf den Punkt bringen: Sie tun alles, um die Fi­nanzsituation der Krankenkassen noch zu verschärfen!

Das tun Sie nicht nur bei den Krankenkassen, sondern Sie tun es bei der Sozialversi­cherung insgesamt. Nicht anders ist es nämlich zu verstehen, dass der Hauptverband künftig verpflichtet sein wird, Informationen der Ministerien auf Kosten seines Budgets, des Budgets des Hauptverbandes, durchzuführen. Ich möchte in Erinnerung rufen: Das sind die Beiträge der Sozialversicherten, der Arbeiter, der Angestellten, aber auch der Arbeitgeber, also im Grunde genommen die Beiträge der Versicherten! Auf Grund die­ser Kosten wird dann der einzelne Versicherte auch noch dafür zuständig sein, dass die Informationspolitik der beiden Ministerien funktioniert.

Was in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr interessant ist, ist, dass künftig die In­halte mit beiden Ministerien, also mit der Frau Bundesministerin und mit dem Herrn Bundesminister, abzusprechen sind. Erlauben Sie mir diese Zwischenbemerkung: Für mich entsteht der Eindruck, dass da keine sehr große Vertrauensbasis vorhanden ist.

Während Sie sich aber noch überlegen, den Versicherten das Geld aus der Tasche zu ziehen, blähen Sie gleichzeitig den Verwaltungsapparat extrem auf! Zurzeit sind zum Beispiel zwei Ministerien – zwei Minister und ein Staatssekretär – für den Bereich des ASVG zuständig. Auch das kostet Geld, das kostet sogar sehr viel Geld. Mich erinnert das immer sehr stark an den blau-schwarzen Turmbau zu Babel: Es wird immer mehr, aber es kommt anscheinend nie etwas Gescheiteres heraus! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher kann ich es nur auf den Punkt bringen: Unser noch einigermaßen gutes Ge­sundheitssystem wird dank Ihrer Regierung todkrank! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Jetzt ist für den Turmbau in Babel auch die Regierung verantwortlich!)

13.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


13.04

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehr­te, liebe Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte an meine Vorrednerin gewandt sagen: Ich weise das zurück! Frau Ministe­rin Rauch-Kallat hat gerade in der Vorwoche beim Beschluss der Pensionssicherungs­reform bewiesen, dass sie sehr wohl darauf achtet, dass es positiv weitergeht. (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Gerade das Frauenpaket, dass da geschnürt wurde, lässt sich sehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.) In dieser Regierung – ich sage es ganz bewusst noch einmal – wurde für Frauen mehr erreicht als je in einer Regierung zuvor! Das Gleiche gilt auch für den Gesundheitsbereich. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Trotz dem Wechsel zur Frauenpolitik: Es ist Ministerin Rauch-Kallat, es ist uns gelungen, trotz der schwierigen Budgetsituation und trotz un­serer Intention, eine Budgetkonsolidierung zu erreichen, eine Aufstockung der Bud­getmittel im Bereich Frauenförderung und im Bereich Frauenangelegenheiten zu errei­chen (Abg. Steibl: Da schau her!), immerhin für das Jahr 2003 um 11,34 Prozent und für das Jahr 2004 um 11,98 Prozent. Bitte, das lässt sich doch sehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit ist auch gesichert, dass die Arbeit der Frauenbera­tungsstellen und die Arbeit der Mädchenberatungsstellen – das ist mir ganz besonders


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wichtig – weitergeht, dass es langfristige Absicherungen gibt und dass es mehrjährige Förderverträge geben wird. Ich halte das für sehr wichtig, weil damit auch die Kontinui­tät der Arbeit gewährleistet und planbare Arbeit möglich ist. Ich denke, das ist ein guter und wichtiger Ansatz.

Ich möchte aber auch anmerken, dass es mir persönlich sehr wichtig ist – und ich halte es auch für logisch –, dass wir eine Frau als Frauenministerin haben. (Beifall bei der ÖVP.) Ich denke, das ist der richtige Ansatz, obwohl ich auch feststelle – und ich tue das ganz bewusst –, dass Herr Vizekanzler Haupt seine Arbeit durchaus gut wahrge­nommen hat.

Ich war auch eine der wenigen Politikerinnen in Österreich, die die Einrichtung der Männerberatungsstellen durchaus positiv beurteilt hat. Ich tue das noch immer, weil ich denke, auch Männer brauchen Unterstützung, auch Männer brauchen Beratung, auch Männer brauchen Hilfe. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer.) Wir haben auch in Klagenfurt so eine Männerberatungsstelle, und die wird durchaus positiv angenommen, Frau Kollegin Prammer. Ich denke, im Sinne des präventiven Ansatzes – auch der Konflikte, die es in Familien sehr oft gibt – ist das durchaus eine gute Sache.

Ein zentrales Thema für uns wird es sein – und ist es –, Maßnahmen zu forcieren, die zu einem Verkleinern der Einkommensschere führen. Hier gilt es wirklich anzusetzen, und hier ist bereits die Berufswahl entscheidend. Es ist nach wie vor so, dass viele Mädchen sich für so genannte typisch weibliche Berufe entscheiden, in denen das Lohnniveau niedriger ist. Es gibt im Bereich der Wirtschaft – weil heute hier viele Frau­en aus der Wirtschaft unter den Zuhörerinnen sind – gerade bei den Klein- und Kleinst­unternehmerinnen viele Frauen. Hier gilt es anzusetzen, hier gilt es, wirklich bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Hier sind natürlich auch die Sozialpartner gefordert. Es ist mir auch als Frau in der Wirtschaft besonders wichtig, zu einem Ver­kleinern der Einkommensschere zu kommen.

Ziel muss es sein, für gleiche Arbeit und für gleiche Leistung auch gleichen Lohn zu erreichen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir in Österreich liegen nicht so schlecht, wie Sie das im­mer darzustellen versuchen. Wir liegen nicht so schlecht, die Frauenbeschäftigungs­quote liegt in Österreich mit 63 Prozent um 10 Prozent über dem EU-Schnitt. (Abg. Mag. Wurm: Was für Jobs? Was für Jobs sind das? Teilzeitbeschäftigte ...!) Wir wer­den weiterhin innovative Kinderbetreuungsprojekte forcieren, um für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bessere Möglichkeiten zu schaffen. (Abg. Mag. Wurm: Karenz­geldbezieherinnen sind auch dabei!) Wir haben sehr, sehr viel in die Bildung inves­tiert – hier ist unserer Bundesministerin Gehrer zu danken –, und wir haben mehr Ma­turantinnen und Akademikerinnen als je zuvor. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: ... das sollten Sie sagen, wenn Sie schönfärben!) Auch die Bildung von Frauen ist ein wichtiger Bereich, Frau Kollegin!

Wir werden auch – und tun das bereits – zusätzliche Qualifikationsmöglichkeiten für Wiedereinsteigerinnen schaffen. Ich halte es für einen ganz wichtigen Ansatz, die Um­schulung und den Wiedereinstieg von Frauen zu verbessern. Hier gibt es auch im Be­reich der Pflegeoffensive, im Bereich der Sozialberufe viele Chancen für Frauen. Ich sage das, weil es dort in den nächsten Jahren Tausende Arbeitsplätze geben wird. Ich halte es für wichtig, dass wir hier einheitliche Berufsbilder schaffen und damit auch die sozialrechtliche Absicherung von Frauen sicherstellen.

Meine Damen und Herren! Was mir ganz besonders am Herzen liegt, ist mehr Fairness und mehr partnerschaftliche Verantwortung bei der Aufteilung der Familienpflichten. Ich denke, hier gilt es auch anzusetzen. Väterkarenz – hier gilt es anzusetzen, um Famili-


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enpflichten gerechter aufzuteilen. Wir haben noch immer ein Verhältnis – ich würde eher sagen: ein Missverhältnis – von 2 Prozent zu 98 Prozent! Wie die deutsche Män­nerstudie aufzeigt, sind es immerhin 37 Prozent der Männer, die Kinderbetreuung als Bereicherung sehen. Das würde uns an und für sich eine positive Perspektive geben. (Beifall bei der ÖVP.) Auch eine Studie des Boltzmann-Instituts zeigt viele positive As­pekte auf, die es sinnvoll machen würden, dass sich Väter mehr Zeit für Kinder neh­men würden, auch aus pädagogischen Gründen. (Abg. Mag. Wurm: Warum tun Sie es nicht, Ihrer Meinung nach?)

Ich denke aber auch und bin davon überzeugt, dass hier Gesetze allein zu wenig sind. (Abg. Mag. Wurm: Zu wenig Geld verdienen die Frauen!) Frau Kollegin! Wir brauchen auch ein Umdenken, und darum gilt es zu werben, ein Umdenken in den Köpfen der Menschen, ein Umdenken in den Köpfen der Männer und der Frauen. Nur dann wird sich etwas in diesem Sinne ändern. (Abg. Mag. Wurm: Fangen Sie an bei den Män­nern da drüben! Eine Umfrage im ÖVP-Klub wäre interessant!)

Sie erlauben mir noch einen Schlusssatz im Sinne des Gender Mainstreamings, weil Frau Kollegin Glawischnig hier ist: Sie haben in der letzten Woche in ihrem Debatten­beitrag bezweifelt, ob es zu einer begleitenden Überprüfung der Reformmaßnahmen kommen wird. Es wird dazu kommen! Ich halte es auch für wichtig, zu schauen, welche Auswirkungen die Reformen auf Frauen und Männer haben. Tatsache ist, dass sowohl die Steuerreform als auch die Pensionssicherungsreform insbesondere niedrigeren Einkommen und daher auch Frauen zugute kommt. Ich denke, das ist richtig.

Wir brauchen aber über Parteigrenzen hinweg mehr Seilschaften unter den Frauen. Machen wir doch bessere Seilschaften, liebe Kolleginnen, über Parteigrenzen hinweg! (Abg. Mag. Wurm: Vernetzen! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.) Wir brauchen auch mehr Lobbying für all diese Bereiche, in denen es Defizite gibt. Ich lade hier auch die Männer ein, mitzuhelfen, dass Ungerechtigkeiten beseitigt werden.

Ich sage es noch einmal: Wir brauchen vor allem ein Umdenken in der Gesellschaft, in Richtung von mehr Partnerschaft und mehr gemeinsamer Verantwortung! (Beifall bei der ÖVP.)

13.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzin­ger. – Bitte.

 


13.10

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Insbe­sondere: Geschätzte Damen und Herren, die sich so freuen, mich am Rednerpult zu sehen, dass das vorab schon wieder kommentiert wird! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie interpretieren das falsch!) Besonders natürlich: Sehr geschätzte Frau Ministerin Rauch-Kallat, die Sie dem Titel nach Frauenministerin sind! Dem Titel nach – denn zumindest in den ersten hundert Tagen Ihrer Ressortführung ist es mir nicht gelungen, Sie als Frauenministerin aktiv zu erleben. (Abg. Steibl: Haben Sie geschlafen? ... oder Sie halten Reden, und dann gehen Sie hinaus! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich kann zwar verstehen, dass man in einer schwarz-blauen Regierungsmannschaft als Generalsekretärin so viel Disziplin brauchte – vielleicht eine an Selbstverleugnung grenzende Disziplin –, dass es schwer ist, aus dieser Rolle wieder herauszukommen. Aber, Frau Ministerin, ich erwarte mir von jemandem in diesem Ressort, dass sie die Interessen der Frauen vertritt, dass sie als Frauenministerin und als Regierende tätig wird und nicht als Wellness- oder Lebensberaterin für Frauen in allen Lebenslagen, mit guten, aber relativ ineffizienten Tipps. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Lassen Sie mich das an jenen Maßnahmen etwas konkreter anschauen, die bis jetzt ausfindig zu machen gewesen sind. Ich sehe jetzt einmal ab von den guten Tipps zur Gesundheitsvorsorge, wie Sie sie uns in der „Pressestunde“ mitgeteilt haben (Abg. Steibl: Das war eine gute „Pressestunde“!) – weil ich hoffe, dass sich die Gesund­heitspolitik nicht darauf beschränken wird, zu sagen: liebe Leute, tut lieber Stiegen steigen als Lift fahren; danke, diese Information hatte Österreich bereits! –, sondern ich beziehe mich darauf, welche Maßnahmen Sie zum Beispiel zum Schließen der Ein­kommensschere vorhaben. Ich habe im Ausschuss mehrfach versucht, Sie zu befra­gen, und darüber hinaus Ihren Ausführungen sehr aufmerksam zugehört. Bisher ist mir eine einzige Maßnahme bekannt geworden, Frau Ministerin: Sie planen im Rahmen der Neuauflage des Mutter-Kind-Passes einen Informations-Bon für ein Seminar für Mütter, und zwar darüber, wie sie die Kinderbetreuungsphase für Qualifikation und Weiterbildung nutzen können.

Erstens einmal würde mich interessieren, ob bei diesem Seminar automatisch eine Kinderbetreuung für die Mütter angeboten wird und ob Sie da nicht in Widerspruch zur sonstigen Ideologie der ÖVP kommen, die da sagt: Bloß keine Kinderbetreuung durch andere Personen als die Mutter in den ersten drei Lebensjahren, vielleicht gerade noch den Vater! (Abg. Miedl: Also es ist unerhört ...! – Ruf bei der ÖVP: Wer sagt das? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wer das sagt? – Da könnte ich Ihnen Mitglieder Ihrer Regierungsmannschaft zitieren, die mir erklärt haben: Außerhäusliche Kinder­betreuung kommt aus ideologischen Gründen nicht in Frage. (Abg. Steibl: Das ist einer Abgeordneten nicht würdig! – Abg. Miedl: Unerhört ist das!) Das war noch der damalige Klubobmann Strasser in der ÖVP Niederösterreich – liebe Grüße an ihn! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Zweitens würde mich interessieren, wie dadurch die Einkommensschere reduziert wer­den soll, dass Sie sagen: Liebe Frauen, ihr habe zwar jetzt einiges zu tun mit der Kin­derbetreuung – wer von Ihnen schon einmal ein Kleinkind, einen Säugling hatte, kann ja Lieder davon singen, wie „entspannend“ und „erholsam“ diese Zeit oft sein kann –; und dann soll man sich dabei noch weiterbilden und schauen, dass man den Kontakt zum Arbeitgeber nicht verliert! Das wird schwierig werden, und das wird vor allem als eine Maßnahme zu einer effizienten Verringerung der Einkommensunterschiede zwi­schen Männern und Frauen herzlich wenig beitragen.

Ich habe Sie zweitens gefragt, wie Sie denn mit den Budgetmitteln in Ihrem Ressort umgehen wollen. Das ist nicht ganz unpikant, wenn man weiß, dass ungefähr 5 Millionen € im Jahr, also 1 Prozent des Ressortbudgets, dazu da sind, das hehre Ziel der Abschaffung aller Formen der Diskriminierung der Frau zu erreichen. Ich meine, sich zu trauen, so etwas hinzuschreiben, zeugt schon von einigem Mut. Sie haben mir darauf geantwortet, als ich wissen wollte, wie Sie das denn mit 5 Millionen € im Jahr machen wollen: Es ist toll, dass trotz der Budgetkonsolidierung die 5 Millionen nicht gekürzt wurden. – Gut, das finde ich auch; eine Steigerung wäre noch toller gewesen. (Bundesministerin Rauch-Kallat: 11 Prozent!)

Allerdings ist damit noch nicht die Frage beantwortet, wie sie damit jetzt die Diskrimi­nierung der Frau abschaffen wollen. Diese Antwort geben Sie auch nicht wirklich, Sie sagen nur: Frauenpolitik ist eine Querschnittsmaterie. – Frau Ministerin, auch das wussten wir schon! Frau Ministerin, ich erwarte mir von einer Frauenministerin mehr als Appelle und Briefe zu schreiben an die Regierungskollegen, wobei dahinter noch nicht einmal besonderer Nachdruck gesetzt werden dürfte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Warum ich glaube, dass kein besonderer Nachdruck dahinter steht, lassen Sie mich auch noch dokumentieren. Wir haben über Gender Mainstreaming schon mehrfach gesprochen, und meine Vorrednerin hat jetzt großartig angekündigt: Es wird Gender


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Mainstreaming zur Pensionsreform und zur Steuerreform geben, aber im Nachhinein! – Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Sinn und Zweck von Gender Mainstrea­ming ist es, im Vorhinein zu prüfen, ob es zu einer weiteren Verzerrung von ge­schlechtsspezifischen Auswirkungen kommt, damit man gegensteuern kann – aber nicht, damit man nachher vielleicht bestätigt bekommt, dass die Befürchtungen richtig waren, dass Frauen durch diese Pensionsreform deutlich schlechter gestellt werden! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was aber sagt die Frau Frauenministerin zum Gender Mainstreaming im Budget? – Sie erklärt mir, dass es heuer für die technischen Arbeiten im Zuge der Überführung des Frauenbudgets in ein neues Ministerium und die Eingabe der neuen Budgetdaten im Zentralcomputer des Finanzministeriums nur eine sehr knappe Zeitspanne gab, sodass es nicht möglich war, die Vorhaben für 2003 und 2004 zu verwirklichen, et cetera. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin! Erstens finde ich das Argument der Dateneingabe als einen Grund, warum man Gender Mainstreaming nicht machen konnte, selbsterklärend: das ist arm­selig! Zweitens dürften Sie irgendetwas missverstanden haben, wenn ich das richtig lese, oder ich habe Ihre Antwort irgendwo missverstanden. (Abg. Großruck: Eher!) Aber es ging nicht um das Frauenbudget. Ich wollte nicht ein Gender Mainstreaming des Frauenbudgets erreicht haben, ich wollte ein Gender Mainstreaming des Gesamt­budgets. Denn das wirkt sich sehr, sehr unterschiedlich auf Männer und Frauen aus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich weiß, dass eine Frauenministerin auch in der eigenen Regierung oft große Schwie­rigkeiten hat, sich durchzusetzen, gerade dann, wenn sie nicht immer nur brav die Par­teilinie nach außen vertritt und nicht immer nur schönredet, dass es den Frauen sowie­so gut geht. Ich erinnere an jene Frauenministerin, die sinngemäß gesagt hat: Eine engagierte Frauenministerin ist immer auch in der eigenen Partei Opposition.

Daher wende ich mich einem Kapitel zu, für das Sie selbst verantwortlich zeichnen, Frau Ministerin Rauch-Kallat, nämlich der Gesundheit. Da hätten Sie als Ministerin im eigenen Ressort jede Möglichkeit und jede Handhabe, dafür zu sorgen, dass Frauenin­teressen entsprechend berücksichtigt werden. Sie zählen auch zu denjenigen, die häu­fig und gerne in der Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass die Frauen in der medizini­schen Vorsorge sehr viel besser als die Männer seien; die Stichworte „Vorsorgemuffel“ und „Hypochonder“ kamen ja auch am Sonntag in der „Pressestunde“ wieder vor. Aber was tun Sie? – Jene, die rechtzeitig zum Arzt gehen und vorsorgen, werden über Selbstbehalte überproportional belastet!

Hingegen ist es eine andere Tatsache, die wir haben, dass Frauen auch in Öster­reich – wie wir den Studien entnehmen dürfen, die in letzter Zeit auch medial diskutiert wurden – in der medizinischen Versorgung, insbesondere in der intensivmedizinischen Versorgung, schlechter gestellt sind und dass sie am Arbeitsplatz Gesundheitswesen sowieso benachteiligt und in der Hierarchie unten sind. Frau Ministerin, da wären Sie gefordert! Aber was haben Sie mir diesbezüglich im Ausschuss gesagt? – Nein, diese Diskriminierungen gibt es in Österreich gar nicht, und man macht eher einen Unter­schied bei der Arzneimittelzulassung, weil man da die hormonellen Produkte nach Männern und Frauen getrennt behandelt. – No na nicht, wäre ja noch schöner!

Lassen Sie mich zum Schluss auf die Ausführungen meiner Vorrednerin und ihre Wün­sche für die Männerberatung eingehen. – Frau Abgeordnete, ich habe überhaupt kein Problem, wenn es eine wirksame, emanzipierende Männerberatung in Österreich ge­ben sollte, zum Beispiel, indem man Gewalttäter entsprechend berät und mit Therapie begleitet, damit sie nicht weiter Gewalttäter sind und in ihrem Umfeld alle leiden. Wenn allerdings das Geld für diese Männerberatung erstens gar nicht für das, was ich jetzt


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geschildert habe, aufgewendet wird – seien wir doch ehrlich, das ist zurzeit nicht das Programm! –, und zweitens aus jenem Topf kommt, der eigentlich für die Frauenbera­tung gewidmet war, nämlich für Beratungsstellen, die die auf Grund unseres Gesell­schaftssystems systematische Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen be­kämpfen sollen, dann wird es schlimm.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es einen Grund hat, warum es Frauen- und Mäd­chenberatungsstellen gibt: weil nämlich Frauen strukturell benachteiligt sind, weil sie weniger verdienen, weniger Möglichkeiten haben, weniger Chancen haben, und dass man daher versucht, dem über zusätzliche Beratungsleistungen gegenzusteuern. Da­her kann man das nicht vergleichen und sagen, dass es, weil es eine Frauenbera­tungsstelle gibt, auch eine Männerberatungsstelle geben soll.

Nehmen Sie endlich zu Kenntnis: 52 Prozent der Bevölkerung Österreichs sind über weite Strecken immer wieder mit Nachteilen konfrontiert, und nicht alle schaffen es aus eigener Kraft! Selbst diejenigen, die glauben, es aus eigener Kraft geschafft zu haben, sind offenbar manchmal in einer Situation, die ich nicht ohne Einschränkungen als die einer rundum emanzipierten Frau bezeichnen würde. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.20

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! An die Adresse meiner Vorrednerin gerichtet: Es ist sicher nicht positiv für die Frauen – und wir werden auch keine Maß­nahmen weiterbringen –, wenn nur polemisiert wird und wenn keine direkten Vorschlä­ge gemacht werden, wenn nachhaltige Reformen andauernd nur schlecht gemacht und keine konkreten Ansätze gemacht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Es sind eine ganze Menge Vorschläge gemacht worden!)

Freiheitliche Frauenpolitik basiert auf vollständiger Gleichberechtigung und auf Gleich­rangigkeit von Frauen und Männern. Wahlfreiheit und Selbstentscheidung ist die Devi­se. Wir stehen für Maßnahmen, die Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein von Frauen fördern, wir stehen für Maßnahmen, die Frauen in allen Lebenslagen betreffen, ob es nun Beruf und Karriere für Frauen betrifft oder ob es um Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht. Wir stehen auch für Maßnahmen, die Frauen ermutigen, atypische Berufe zu ergreifen, die es ihnen erleichtern, mit gleichen Qualifikationen die Karriere­leiter leichter nach oben zu klettern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Da trauen Sie sich ja kaum zu applaudieren!)

Es ist leider nach wie vor eine Tatsache – es wurde von einer Vorrednerin erwähnt – dass 75 Prozent der Mädchen nach wie vor drei klassische Berufe ergreifen, obwohl sie eine Auswahlmöglichkeit unter über 280 Berufen hätten. Daher finde ich, dass mit Aktionen wie dem „Girls’ Day“ oder dem Projekt „M.U.T.“, bei denen Mädchen in tech­nische Berufe hineinschnuppern können und bei denen ihnen Mut gemacht wird, auch in zukunftsträchtigen Berufen Fuß zu fassen, ganz konkrete Akzente gesetzt werden und ein bedeutender Schritt für die nachhaltige Frauen- und Mädchenförderung getan wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Für die berufliche Weiterentwicklung von Frauen ist die Förderung von Netzwerken und von Mentoring-Projekten ein ganz wichtiger Impuls. Dadurch kann endlich eine traditio­nelle Männerdomäne mit ganz konkreten Aktionen durchbrochen werden.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin selbst im Rahmen eines Mentoring-Projektes von einer Mentee aufgefordert, gebeten worden, eine Mentorenschaft zu übernehmen, und das nicht als Politikerin, sondern in meinem so genannten Normalberuf als Ver­messungsingenieurin. Ich kann Ihnen sagen, dass es sehr spannend und interessant ist, junge, engagierte Frauen bei ihrer beruflichen Weiterentwicklung zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Budgetkapitel 17, Frauen und Gesundheit, sind Mittel für Frauen im Jahr 2003 von 5,1 Millionen €, im Jahr 2004 von 5,6 Millionen € vorgesehen, was fast eine Steigerung von einer Million € gegenüber dem Jahr 2002 bedeutet. In Wirklichkeit ist aber für frau­enspezifische Maßnahmen viel mehr Geld vorhanden, denn Frauenpolitik ist eine Querschnittsmaterie und in fast jedem Kapitel des Budgetvoranschlages vorhanden. (Abg. Mag. Weinzinger: Wo denn?) – Frau Kollegin, um Ihnen sofort zu antworten: Es gibt spezielle Frauenförderungen im Leistungssport. Es gibt spezielle Förderungen für Mädchen- und Frauenbildung, die im Wissenschaftsministerium angesiedelt sind. Auch die Interventionsstelle für Gewalt und Familie ist ein gemeinsames Projekt, wobei Bud­get im Innenministerium und im Frauenministerium vorgesehen ist. Und für Kinderer­ziehung sind im Rahmen des Kinderbetreuungsgeldes über 913 Millionen € im Jahr 2004 vorgesehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Verringerung der Einkommensschere, die Stei­gerung der Erwerbsquote und höhere Durchschnittspensionen für Frauen verlangen eine verantwortungsvolle Frauenpolitik. Im Gegensatz zur Opposition, die zu allen not­wendigen nachhaltigen Reformen immer nur nein sagt, halten wir uns an einen Spruch von Dante Alighieri. Dieser lautet:

„Der eine“ – und damit meine ich Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und Grü­nen – „wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere“ – damit meine ich uns Freiheitli­che – „packt sie ... an und handelt.“ – Zitatende. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, das ist jetzt das Gebot der Stunde! (Bei­fall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Das ist hart! Wofür der Dante da miss­braucht wird, ist wirklich hart. – Abg. Dr. Rasinger: Der Dante hat schon gewusst, was er schreibt!)

13.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Prammer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.26

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es trennt uns halt vieles: das, was Sie unter Frauenpolitik verstehen, und das, was wir unter Frauenpolitik verstehen, so wie Sie die Frauen sehen in dieser Gesellschaft und wie wir die Frauen sehen in unserer Gesell­schaft. Wir sind der Meinung, Frauen haben auf eigenen Beinen zu stehen und Frauen brauchen dazu auch die Rahmenbedingungen. Sie sind keine Bittstellerinnen. Es geht um Rechtsansprüche! (Beifall bei der SPÖ. – Jawohl-Rufe und Beifall bei der ÖVP.)

Wann immer wir von Rechtsansprüchen reden, unterstellen Sie uns, das sei Jammerei, das sei Schlechtmachen oder was immer. Die Maßnahmen, die Sie setzen, heißen ganz klar – ich erinnere an den Härtefonds bei den Pensionen –: Weg mit den Rechts­ansprüchen, hin zu Almosen und BittstellerInnentum! (Abg. Murauer: Sie reden von der Vergangenheit!) Und das ist unsere Politik nicht, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Wo sind denn Ihre Männer, Frau Kollegin? – Abg. Steibl: Frau Kollegin, Sie haben die Anträge nicht gelesen!)


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Frau Ministerin, ich habe Ihnen auch zugehört am Sonntag Vormittag in der „Presse­stunde“. (Abg. Amon – demonstrativ Beifall spendend –: Das war gut!) Wissen Sie, wir haben Ihnen am Anfang, als Sie Ministerin geworden sind, durchaus eine Chance ge­geben und gemeint: Ja, da sitzt jetzt wieder eine Frau, und dieser Frau wird sich für die Anliegen der Frauen einsetzen. (Abg. Mag. Regler: Das macht sie auch!) Es sind alle Politikerinnen aller Parteien hier gestanden und haben das gesagt. Aber Sie haben diese Chance nicht wahrgenommen! Das, was Sie vermitteln, ist: Dieses Thema ist Ihnen nicht nur egal, es ist Ihnen lästig! (Abg. Mag. Regler: Was?) Diesen Eindruck vermitteln Sie nicht nur uns, den OppositionspolitikerInnen, sondern diesen Eindruck vermitteln Sie den Frauen in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Regler: Den Eindruck hat sie auf mich noch nie gemacht! Das ist ja lächerlich!)

Wann immer Sie vage werden, nichts Konkretes sagen, dann geht es ganz sicher um die Frauenpolitik (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), ob das jetzt der Arbeitsmarkt ist oder anderes. Über die Pensionen mag ich gar nicht mehr reden. Auf der einen Seite schalten Sie Werbesendungen im Fernsehen, um zu preisen, wie toll die Maßnahmen dieser Pensionsreform sind, gleichzeitig sagen Sie in der „Pressestunde“ – und das können wir auch in den Zeitungen nachlesen –, Sie brauchen eine Pensionsreform Nummer 2, um endlich Kindererziehungszeiten und Ähnliches entsprechend anrech­nen zu können. (Abg. Steibl: Wo sind denn die SPÖ-Damen, Frau Kollegin! Die Bänke sind leer, Frau Kollegin Prammer! Wo sind Ihre Kolleginnen?) Wissen Sie, das ist nicht die Politik, die Frauen in diesem Land brauchen.

Sie sind den Frauen so derart vieles schuldig geblieben, zum Beispiel auch hinsichtlich der Frauenprojekte. Das ist ja schon erwähnt worden. Sie, nämlich die Regierungspar­teien, haben es geschafft, von einem Jahr auf das andere, und zwar von 1999 auf das Jahr 2000, um 20 Prozent zu kürzen. Sie sind bis heute und auch bis zum nächsten Jahr nicht auf dem Fördervolumen des Jahres 1999. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Die Frauenprojekte brauchen in der Zwischenzeit aber mehr Geld. Es sind ganz ein­fach die Mieten teurer geworden, es ist auch den Mitarbeiterinnen in den Frauenprojek­ten zuzugestehen, dass ihr Einkommen wächst analog zu den Lohnzuwächsen überall anderswo. All das ist Ihnen kein Anliegen, all das bleiben Sie den Frauen schuldig.

Sie reden von Wahlfreiheit, doch das ist eine Wahlfreiheit, die die Frauen nicht schät­zen, denn es geht nicht um die Wahlfreiheit, sondern es geht um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es geht nicht um das eine oder das andere, weil wir genau wissen, dass auf der einen Seite das Erforderliche gar nicht vorhanden ist – denn wie sollte eine Frau wählen können, sich also zum Beispiel für die Berufstätigkeit entscheiden, wenn noch immer die Kinderbetreuungseinrichtungen in diesem Lande fehlen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Sie sollten die Wahlfreiheit zulassen! Zum Beispiel gerade bei der Kinderbetreuung!)

Frau Ministerin! Sehr konkret sind Sie in der „Pressestunde“ bei einer sehr konkreten Frage der Journalistin Linsinger gewesen. Auf die Frage: Wie wird es sein mit den Kin­derbetreuungseinrichtungen beziehungsweise dem Geld, der so genannten Kinder­betreuungsmilliarde?, ist die einzige klare Aussage, die Sie getroffen haben, gewesen: Geld wird es keines geben! (Abg. Mag. Weinzinger: Na bravo!)

Auch das ist eine ganz eindeutige Botschaft: Sie wollen die Gemeinden irgendwie er­mahnen, ermuntern oder sonst irgendetwas. Ich habe ohnedies auch gemeint: Neh­men Sie Ihre ÖVP-Bürgermeister bei der Nase – möchte ich fast sagen – und zeigen Sie ihnen doch endlich, was sie zu tun haben! Auf unsere SPÖ-Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bin ich stolz, denn ich kann Ihnen beweisen, dass in den sozialde­mokratisch geführten Gemeinden die entsprechenden Kinderbetreuungseinrichtungen vorhanden sind. Sie bleiben diese den Frauen schuldig. (Beifall bei der SPÖ. – Ironi-


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sche Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Von 445 Gemeinden in Oberösterreich sind zwei Drittel schwarz, und alle haben tolle Kinderbetreuungseinrichtungen!)

Die Liste ist so lange. Ich kann nur feststellen: Bei der Frauenignoranz, die Sie an den Tag legen, Frau Ministerin, ist es wirklich den Namen nicht wert, den Sie tragen, näm­lich „Frauenministerin“. (Beifall bei der SPÖ.)

13.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. Ihre Redezeit ist bekannt. – Bitte, Frau Ministerin. (Abg. Steibl: Wo sind die Damen der SPÖ?)

 


13.32

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Prammer, ich darf Ihnen vielleicht ganz am Anfang meiner Rede wirklich versichern, dass mir weder die Frauenpolitik noch die Gesundheitspolitik lästig sind. Ganz im Gegenteil: Beide berei­ten mir große Freude, und ich mache es mit großer Begeisterung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich denke, dass man mir das nicht nur ansieht, sondern auch an den Ergebnissen ab­lesen kann. Ich habe aber eher den Eindruck, dass den SPÖ-Männern die Frauenpoli­tik lästig ist, wenn ich mir die leeren Reihen ansehe und die Aufmerksamkeit, die Sie Ihrer SPÖ-Frauensprecherin geschenkt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen. – Abg. Dr. Stummvoll: Ja, genau! – Abg. Mag. Mainoni: Jawohl!)

Ich möchte, bevor ich generell beginne, Ihnen noch ganz kurz etwas zum Förderbudget für die Frauen sagen: Es ist unrichtig, was Sie gesagt haben, dass das Budget 1999/2000 höher war. Im Ansatz war es genauso hoch wie jetzt. Was richtig ist – das gestehe ich Ihnen zu, und das war auch sehr lobenswert –: Sie haben im Nachhinein in einem Budgetüberschreitungsgesetz vom Konsumentenschutzbudget umgeschichtet auf das Frauenförderbudget. (Abg. Dr. Stummvoll: Ach so ist das!) Das ist lobenswert. Wer garantiert Ihnen, dass ich das nicht aus dem Gesundheitsbudget mache – im Nachhinein? Frau Kollegin! Warten Sie dieses Jahr ab, und dann reden wir über den Budgetvollzug! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich aber jetzt generell zur Gesundheits- und Frauenpolitik kommen. Wir haben die Budgetberatungen auch dazu genützt, um das Prinzip der Bundesregierung einzuhalten, nämlich in dieser Legislaturperiode all ihre Handlungen unter drei Prinzi­pien zu stellen: zukunftsorientiert, gerecht und nachhaltig.

Wir werden – das möchte ich jetzt ganz konkret für den Gesundheits- und Frauenbe­reich sagen – auch mit diesem Budgetkapitel die Solidarität sichern und wollen nach den Prinzipien Gerechtigkeit, Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung auch die Gesundheits- und Frauenpolitik sehen.

Meine Damen und Herren! Unter Gerechtigkeit verstehe ich die Vereinheitlichung oder Harmonisierung von Beiträgen und Leistungen. Ich möchte nicht, dass es in Österreich eine Zweiklassenmedizin gibt. Ich möchte nicht, dass es in Österreich medizinische Verhältnisse wie in England gibt. Ich möchte, dass ein qualitativ hochwertiges Gesund­heitssystem, das einen niederschwelligen Zugang ohne Ansehen von Einkommen und Alter gewährleistet, auch in Zukunft gesichert ist. Dazu ist es aber notwendig, Refor­men zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerechtigkeit im Frauenbereich, meine Damen und Herren, bedeutet für mich gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Gerechtigkeit bedeutet für mich gleicher Zugang zu allen Positionen, sei es im Privaten, im Gesellschaftlichen oder im Beruflichen bis hin zum Politischen. Gerechtigkeit bedeutet für mich aber auch die gerechte Aufteilung von


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Familien- und Berufsarbeit. Mehr Gerechtigkeit bei der Aufteilung der Familienarbeit bedeutet vor allem, dass die Väter stärker in ihre Verantwortung einzubeziehen sind. Das werden wir einfordern und dazu werden wir auch auffordern, und ich hoffe, dass Sie uns dabei unterstützen werden. (Abg. Mag. Wurm: Was tun Sie konkret dafür?) – Ich kann Ihnen gerne dann die konkreten Maßnahmen nennen, aber ich habe nun einmal eine begrenzte Redezeit. Sie werden es jedoch an den Taten merken.

Meine Damen und Herren! Das Prinzip der Entscheidungsfreiheit bedeutet in der Ge­sundheitspolitik, dass ich vom passiven Leistungsempfänger zum kundenorientierten Serviceempfänger oder Servicesucher beziehungsweise Serviceentgegennehmer wer­de. Es bedeutet, dass nicht die Allmacht der Sozialversicherung oder die Allmacht des Gesundheitssystems den einzelnen Patienten erdrückt, sondern dass der mündige Patient nicht nur die Information, sondern auch den Zugang und die Entscheidungs­freiheit hat, welche Leistungen er in Anspruch nehmen möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

Das bedeutet auch, die Additivmedizin zur bisherigen Schulmedizin, das heißt alterna­tive Heilmethoden mit einzubeziehen als Ergänzung zu den qualitativ hochwertigen schulmedizinischen Methoden; das bedeutet wiederum in der Additivmedizin natürlich die Einhaltung von Qualitätsstandards.

In der Frauenpolitik bedeutet Entscheidungsfreiheit für mich, meine Damen und Her­ren, die freie Entscheidung der Lebensgestaltung, die freie Entscheidung, ob ich heira­ten möchte oder nicht, ob ich mein Leben alleine oder mit Partner leben möchte, ob ich Kinder möchte oder keine Kinder möchte. Aber dann, wenn ich mich für Beruf und Familie entscheide, dann hat die Politik die Rahmenbedingungen sicherzustellen, da­mit ich beides miteinander vereinbaren kann, und zwar für Frauen ganz genauso gut, wie das bei Männern derzeit der Fall ist. Daher werden wir sicherstellen, dass diese Möglichkeiten gewährleistet sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Wie denn?)

Sie, Frau Kollegin Prammer, haben vorhin gerade die Frage der Kinderbetreuungsplät­ze angesprochen. Ich habe gestern – nicht zufällig, sondern vereinbart – den Präsiden­ten und den Vizepräsidenten des Gemeindebundes bei mir gehabt. Der Präsident ist von der ÖVP, der Vizepräsident von der SPÖ. Beide haben mir sofort gesagt, es wird mir nicht gelingen, sie auseinander zu dividieren. Ich habe ihnen gesagt, ich habe auch gar nicht die Absicht, das zu tun.

Ich habe sie sofort auf die Frage der Kinderbetreuungseinrichtungen angesprochen, und zwar Kinderbetreuungseinrichtungen nicht nur in Bezug auf Kindergartenplätze beziehungsweise Kinderbetreuung für unter Dreijährige, sondern auch auf kombinierte Modelle wie Kindergarten – Tagesmütter, vor allem auf die Nachmittagsbetreuung von Schulkindern und ganz konkret auf die leistbare Ferienbetreuung von Schulkindern zwischen sechs und zwölf Jahren.

Es war Ihr sozialdemokratischer Bürgermeister, der sehr vernünftig war, der mir sehr glaubwürdig erschienen ist, der eben erst eine zwölfte und dreizehnte Kindergarten­gruppe in seiner Gemeinde baut, der mir gesagt hat, er hat so eine Ferienbetreuung gemacht. Ab dem Moment, da er 500 S im Monat verlangt hat, hat plötzlich jeder eine Großmutter oder eine Tante gehabt, die auf das Kind aufgepasst hat.

Meine Damen und Herren! 500 S sind, glaube ich, leistbar. Das war Ihr sozialdemokra­tischer Bürgermeister, der sich sehr bemüht hat – das gestehe ich ihm zu –, aber Sie sehen, offensichtlich sind auch 500 S für manche nicht leistbar, und dann finden sich die Omas und Opas. (Abg. Mag. Wurm: Wer? Wer war das?) Es war Herr Bürgermeis­ter Vögerle aus Gerasdorf in Niederösterreich, damit Sie das nachvollziehen zu kön­nen, meine Damen und Herren, ein Bürgermeister Ihrer Fraktion.


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Ich verstehe es – ich werde es aber sicher nicht aufgeben, Sie davon zu überzeugen, dass es trotzdem Sinn macht –, dass er es im zweiten Jahr einstellen musste, weil er nicht genügend Kinder dafür gehabt hat. Das war das Problem. Das war seine Informa­tion, nicht von meinem Bürgermeister, von Ihrem.

Meine Damen und Herren! Das Dritte ist Eigenverantwortung. – Eigenverantwortung bedeutet im Gesundheitssystem natürlich Kostentransparenz und auch ein gewisses Bonussystem für Vorsorge. Frau Kollegin Weinzinger, ich denke gar nicht daran, dass Vorsorgeuntersuchungen kostenpflichtig werden sollen, sondern ganz bewusst sollen die natürlich weiterhin kostenlos angeboten werden. Es wird sicher keine Kostenbetei­ligungsmodelle für Vorsorge geben. Ganz im Gegenteil: Wir denken darüber nach, wie wir Vorsorge bonifizieren können, wie wir Vorsorge begünstigen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Eigenverantwortung der Frauen bedeutet für mich, nicht von der Abhängigkeit von einem Partner direkt in die Abhängigkeit des Staates zu geraten, sondern so viel Selbstständigkeit, dass sie, wenn sie sich viele Jahre ihres Le­bens Kinder- und Betreuungspflichten widmen, dafür dann nicht bestraft werden, son­dern damit auch eine eigenständige Alterssicherung erwerben können. Diese Regie­rung hat es sich zum Ziel gesetzt, eine eigenständige Alterssicherung für Frauen Reali­tät werden zu lassen – etwas, was Sie in 30 Jahren sozialdemokratischer Kanzler­schaft nicht zustande gebracht haben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ganz kurz etwas zum Gesundheits­system sagen: Wir haben in den Budgetbegleitgesetzen einige Maßnahmen gesetzt, um die Finanzierbarkeit trotz durch die demographische Entwicklung, aber auch durch den Fortschritt der Medizin steigender Kosten absichern zu können. Wir werden dem aber selbstverständlich auch noch Strukturmaßnahmen folgen lassen müssen. Das bedeutet, dass wir neben der Schaffung von medizinischen Pflegebetten, eines ausrei­chenden Angebots von Rehabilitationsbetten und Hospizbetten, auch den Bestand an Akutbetten abbauen und umwandeln werden müssen.

Das bedeutet auch, dass wir bei der Eindämmung des Anstiegs der Arzneimittelkosten sehr kreativ werden müssen: Es geht sicherlich nicht an, dass Steigerungen zwischen 6 und 13 Prozent, wie sie in den Vorjahren üblichen waren, weiterhin stattfinden. Ich habe gestern bereits alle Verantwortlichen an einen nicht runden, sondern eckigen Tisch gebeten und ihnen gesagt, sie sollten all ihre Möglichkeiten ausschöpfen. Über die verstärkte Verwendung von Generika, die Arbeit mit Anreizsystemen für den Versi­cherten/die Versicherte beziehungsweise den verpflichtenden Einsatz einer ökonomi­schen Verschreibweise und vieles andere mehr ist zu beraten, um bis Herbst die Stei­gerung der Kosten – die im ersten Quartal dieses Jahres bedingt sicherlich auch durch eine Grippewelle bereits neun Prozent betragen hat – einzudämmen und auf ein ver­trägliches Maß zu reduzieren.

Es sollen jedoch auch Veränderungen im System vorgenommen werden, die der Pati­ent, der Versicherte, die Versicherte nicht spüren, die aber mehr Effizienz ins System bringen. Es geht dabei um ein besseres Schnittstellenmanagement zwischen dem sta­tionären Bereich und dem niedergelassenen Bereich, den Einsatz der Telemedizin, ein Telematikgesetz, das wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen haben, die Vermeidung von Doppeluntersuchungen, die weder für das System noch für die Versi­cherte oder die Patientin besonders lustig sind, und es geht auch darum, Überkapazitä­ten abzubauen und Unterversorgungen auszugleichen, wie das zum Beispiel bei der Psychotherapie der Fall ist, wo eine flächendeckende Versorgung dringend notwendig wäre. Es geht aber auch um Gesundheitsförderung und eine Gesundheitsförderungs­bewegung. Ganz besonders hier werden wir Initiativen setzen.


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Was bedeutet das für die Frauenpolitik? – Ich werde mich mit einer aktiven Gleichstel­lungspolitik in alle Politikbereiche einmischen; ich werde mich vor allem auch darum bemühen, die Einkommensschere, die in den 30 Jahren sozialdemokratischer Bundes­kanzler leider größer und nicht kleiner geworden ist, kleiner zu machen, und zwar so­wohl beim Aktiveinkommen als auch beim Pensionseinkommen. (Abg. Mag. Wurm: Wo waren Sie da?) Es geht um die partnerschaftliche Teilung der Arbeit in den Famili­en. (Abg. Mag. Wurm: Was geschah seither?) – Wir können Ihnen gerne eine Eröff­nungsbilanz liefern, und wir werden dann in drei Jahren sehen, was uns gelungen ist. Unter sozialdemokratischer Kanzlerschaft ist es bisher nicht gelungen, die Einkom­mensschere kleiner zu machen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Was war in den letzten drei Jahren? – Abg. Mag. Prammer: In den letzten drei Jahren ist das auch nicht besser geworden!)

Über die letzten drei Jahre gibt es leider noch keine Statistik, Frau Kollegin Prammer. Wenn Sie mir die Statistik geben können, bitte gerne. Ich habe sie selbst noch nicht, aber ich werde sie gerne anfordern. Das Jahr 2000, Frau Kollegin Prammer, kann man nicht heranziehen, denn das waren noch die Auswirkungen aus dem Jahr 1999, und da waren noch die Sozialdemokraten an der Spitze.

Wir werden selbstverständlich auch Schwerpunkte setzen. Selbstverständlich wird die Fortführung ... (Abg. Nürnberger: Und wo waren Sie?) – Oh, endlich sind die Männer wieder zur Frauenpolitik gekommen! Ich begrüße herzlich die Männer der SPÖ, die uns endlich zuhören, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Unter den Schwerpunkten der Frauenpolitik wird sich vor allem die Fortführung des Schwerpunkts Gewaltprävention, der Bereich Empowerment und Mentoring – also Stärkung der Frauen –, die Integration ausländischer Frauen in Österreich und vor al­lem der Frauengesundheitsbereich finden.

Was die Frauenförderung anbelangt, Frau Kollegin Prammer – ich habe es Ihnen be­reits gesagt –: Wir haben das Frauenbudget um 11 Prozent erhöht, obwohl es in den Ministerien generell auf minus 5 Prozent angelegt war. Wir werden bei den Förder­maßnahmen Bewährtes selbstverständlich weiter unterstützen. Dazu gehören zum Beispiel die Interventionsstellen gegen Gewalt, die gemeinsam mit dem Innenministe­rium betrieben werden und wirklich sehr positiv und segensreich wirken. Wir haben uns davon selbst überzeugt, als wir vorige Woche in Wien dort einen Besuch abstatteten. Wir werden hiefür das Budget sogar erhöhen, damit ein zusätzlicher Planposten mög­lich wird. Und wir werden selbstverständlich auch neue Projekte, die in diese Schwer­punktbereiche fallen, fördern.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass es uns gelingt, und ich bin überzeugt davon, dass es uns gelingt, mit einer aktiven Gesundheits- und einer aktiven Frauenpolitik klare Zeichen zu setzen, die am Ende dieser Legislaturperiode auch messbar sein werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Großruck zu Wort gemeldet; 2 Minuten.

Sie beginnen mit dem zu berichtigenden Sachverhalt und stellen dem den richtigen gegenüber. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Abgeordneter.

 


13.47

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Frau Ex-Frauenministerin Prammer hat vorhin pauschal falsch behauptet, dass in Österreich alle ÖVP-Bürgermeister mit Kin-


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derbetreuungseinrichtungen weniger oder nichts am Hut hätten im Verhältnis zu den SPÖ-Bürgermeistern. – Das ist falsch! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unerhört! – Abg. Dr. Ferdinand Maier: Sie hat keine Ahnung!)

Ich möchte eine Lanze für alle Bürgermeister brechen. Es kann sich kein einziger Bür­germeister in Österreich leisten, sich nicht um die Kinderbetreuung, entsprechende Betreuungseinrichtungen zu kümmern, sondern jeder – das konstatiere ich – bietet bedarfsgerecht an. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Frau Kollegin Prammer, wenn Sie den Beweis wollen: Die Arbeiterkammer in Oberös­terreich, die uns nicht wohlgesonnen ist, hat zum Beispiel meine Gemeinde, die Stadt­gemeinde Grieskirchen, als besonders lobenswert hervorgehoben, und dort ist ein ÖVP-Bürgermeister für alle Grieskirchnerinnen und Grieskirchner tätig.

Und wenn Sie die Tarife der Stadtgemeinde Wien mit anderen vergleichen, dann ha­ben wir draußen in Oberösterreich im Vergleich dazu Sozialtarife! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Ferdinand Maier: So schaut’s aus!)

13.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Diese tatsächliche Berichtigung war ebenso an der Grenze wie eine, die heute von einer Kollegin von den Grünen abgegeben wurde. (Abg. Mag. Wurm: Wirklich nicht! Das war ja eine Rede!) Es wurde ein Werturteil, eine wertende Feststellung mit einer anderen entgegnet.

Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Lentsch. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.49

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen der „Frau in der Wirtschaft“ aus dem Burgenland auf der Galerie: Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Seit 1. Mai sind die Sozialagenden auf zwei Ministerien aufgeteilt. Und was mir dabei, und sei es auch nur in irgendeiner Form, abgeht, ist der Applaus der Oppositionsparteien. (Abg. Mag. Wurm: Nein, wirk­lich nicht! – Abg. Gradwohl: Das ist wohl zu viel verlangt!) Da gibt es nun endlich wie­der eine Frauen- und Gesundheitsministerin – und eine gute noch dazu, genauso, wie das die Frauen der Oppositionsparteien permanent gefordert haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber was macht jetzt die Opposition, liebe Frau Kollegin Prammer und liebe Frau Kol­legin Weinzinger? – Sie machen alles lächerlich, sie machen alles herunter. Ich verste­he das schon: Es ist ärgerlich, dass die Frauenministerin nicht von der SPÖ oder von den Grünen kommt, denn das Gute lag ja so nah. Frau Minister oder Frau Ex-Minister Prammer, glauben Sie mir, die Mehrheit der Frauen ist schon lange nicht mehr hinter Ihnen. Glauben Sie mir das! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Weinzinger: Hinter Ihnen auch nicht!)

Geschätzte Damen und Herren! Neben der offiziellen Aufwertung zeigt vor allem auch das Budget beziehungsweise zeigen die beiden Budgets für 2003 und 2004, dass die­se Bundesregierung die Frauenangelegenheiten ernst nimmt. (Abg. Mag. Wurm: Und was zeigt die Pensionsreform?) Trotz Budgetkonsolidierung werden die Mittel für das Frauenbudget in den nächsten beiden Jahren kräftig aufgestockt. (Abg. Mag. Wurm: Gender Mainstreaming!) Sowohl 2003 als auch 2004 gibt es um über 11 Prozent mehr für Frauenangelegenheiten. (Abg. Mag. Wurm: Grasser hat für seine Eigenwerbung mehr!)


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Beides zusammen, die offizielle Aufwertung und mehr Geld im Budget, zeigt: Wir neh­men Frauenpolitik ernst, diese Bundesregierung nimmt Frauenpolitik ernst, auch wenn wir nicht täglich irgendeine Provokation loslassen, so wie das die Frauen der Oppositi­onsparteien permanent gemacht haben, sei es gegen die Männer im Allgemeinen oder gegen männliche Politiker im Besonderen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Sie sind auch eine Provokation!)

Frau Kollegin Prammer! Ich meine, es wäre jetzt auch an der Zeit, dem früheren Frau­enminister Haupt Abbitte zu leisten. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ und den Grü­nen.) Wenn ich an den Spot und Hohn denke, mit dem Sie diesen Mann permanent überschüttet haben, wäre es jetzt wirklich an der Zeit, sich bei ihm zu entschuldigen, denn er hat seine Sache nicht schlecht gemacht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Ich brauche nur an das Kinderbetreuungsgeld zu denken, das diese Bundesregierung eingeführt hat, und an viele andere Dinge mehr. Im Gegensatz dazu fällt mir zu den drei Frauenministerinnen der SPÖ fast nichts ein, geschätzte Damen und Herren. (Abg. Mag. Prammer: Was soll man dazu sagen?)

Diese Bundesregierung macht eine Frauenpolitik, die wirklich herzeigbar ist. Der ge­wohnte Aktionismus, den die Oppositionsparteien permanent aufgeführt haben, wird bei uns wegfallen. Aber unsere neue Bundesministerin, Maria Rauch-Kallat, wird in Zukunft für die Frauen dieses Landes einiges bewegen, denn dass ihr Frauenpolitik am Herzen liegt, zeigt sie, seit sie in der Politik ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Wo? Wo?)

13.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 7 Minuten; wird wunschgemäß eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es brennt mir direkt auf den Lippen, den Ausführungen der Abgeordneten Lentsch noch einen verbalen Nachschlag zu erteilen. (Abg. Nürnberger: Entschuldige dich bei Haupt!)

Frau Abgeordnete, mir ist nicht klar geworden: Brauchen wir jetzt einen männlichen Frauenminister oder reicht Ihnen doch auch eine weibliche Frauenministerin? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Ferdinand Maier: Er versteht es nicht!)

Frau Abgeordnete Lentsch, Sie haben in einem Recht: Das Geschlecht alleine sagt noch nichts über die Qualität der Arbeit aus, und das soll noch gar kein Urteil über die Frauenministerin Rauch-Kallat sein. Wenn die Arbeit einer Frauenministerin jedoch damit beginnt, dass sie, anstatt sich für die öffentliche Altersversorgung einzusetzen, Frauen rät, wenn es die Möglichkeit gibt, doch darauf zu schauen, sich einen reichen Partner zu beschaffen, der für das Alter vorsorgt und die Beiträge aufbringt, wenn das der Einstand einer neuen Frauenpolitik war, Frau Kollegin Lentsch, na dann: Gute Nacht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich möchte aber eigentlich zum Thema Gesundheitspolitik etwas sagen, da ich doch annehme, Frau Bundesministerin, und auch hoffe, dass das nicht ihr einziger Beitrag zur neuen Frauenpolitik sein wird – ich kenne Sie auch anders. In all den Wortmeldun­gen, auch in jenen von Seiten der Regierungsmitglieder habe ich seit dem Budgetaus­schuss, der sich damit befasst hat, noch keine Klarstellung darüber erhalten, was mit der Tabaksteuer nach der Aufhebung ihrer Zweckwidmung passiert. Da wurden uns ganz komplizierte Konstruktionen angeboten: Na ja, die Zweckwidmung wird jetzt zwar


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aufgelöst, aber das Geld kommt dann schon von hinten herum wieder in die Gesund­heitstöpfe zurück.

Frau Bundesministerin! Ich möchte von Ihnen doch auch einmal sehr deutlich und klar hören, wie das funktionieren soll. Ob jetzt die Gelder aus der Tabaksteuer, deren Zweckwidmung wir erst vor einem Jahr beschlossen haben, für die Gesundheitstöpfe verwendet werden, sprich zu den Krankenversicherungen kommen, auf welchen ver­schlungenen Umwegen sie abgezweigt oder doch wieder zurückgeführt werden.

Das Zweite: Mein Kollege, Professor Grünewald, hat in seiner Wortmeldung schon darauf hingewiesen, dass ein Satz, wie der von Finanzminister Grasser – Wir wollen das erprobte und bewährte Gesundheitssystem in Österreich erhalten und verbes­sern. –, sagen wir es einmal so, sehr beliebig interpretierbar ist.

Herr Staatssekretär Waneck ,Sie haben offensichtlich eine sehr konkrete Interpretation, wie das funktionieren soll, nämlich durch Bewerbung von Auers Basenpulver. Damit ist nicht der Kabinettschef der Frau Bundesministerin, der ja auch zufällig Auer heißt, oder der Abgeordnete Jakob Auer gemeint, sondern „Dr. Auers Basenpulver“ (Abg. Miedl: Beides gute Männer!), eine Sache, der offensichtlich auch Kollege Miedl sehr viel Zu­trauen entgegenbringt. Vielleicht sind Sie auch so wie der ehemalige Verkehrs- und Infrastrukturminister Schmid in Sachen PR für „Dr. Auers Basenpulver“ tätig? (Abg. Mag. Wurm: Das scheint etwas mit der Steiermark zu tun zu haben! – Gegenruf des Abg. Miedl.)

Herr Kollege beziehungsweise Herr Staatssekretär: Sie bewerben auf der Homepage des Ministeriums „Dr. Auers Basenpulver“ damit, dass Sie darauf hinweisen, dass man sich nur die Problematik des sauren Regens vor Augen führen müsse, und über diesen Vergleich vom sauren Regen auf die übersäuerten Körper überleiten, die offensichtlich auch irgendwie vom sauren Regen betroffen oder analog zu den Bäumen im Wald schwer geschädigt sind. Sie machen also auf der offiziellen Homepage des Ministeri­ums Werbung für „Dr. Auers Basenpulver“, obwohl auch Ihnen nicht unbekannt sein dürfte, dass der Verein für Konsumenteninformation schon seit Jahren sehr erfolgreich einen beharrlichen und ausdauernden Kampf gegen „Dr. Auers Basenpulver“ führt, weil die medizinische Wirkung dieses Basenpulvers wissenschaftlich ganz offensichtlich nicht nachgewiesen ist. (Abg. Mag. Wurm: Die Homepages der Bundesregierung ha­ben es aber in sich!)

Herr Staatssekretär, Sie wollen noch dazu öffentliche Mittel zur Beforschung dieser Substanz einsetzen! Wenn das alles so ist, Herr Staatssekretär, dann ist das zwar Ihr besonderer und spezifischer Beitrag, um nicht nur mit dem sauren Regen, sondern auch mit den übersäuerten Körpern fertig zu werden, aber ich frage mich wirklich, ob das der geeignete Einsatz für einen Gesundheitsstaatssekretär ist, um das Gesund­heitswesen in Österreich zu sanieren. (Beifall bei den Grünen.)

„Dr. Auers Basenpulver“ kann man teuer und privat erwerben, und kann damit mental die Hoffnung verbinden, dass man für seinen Körper etwas Gutes tut. (Abg. Brosz: Was sagt denn eigentlich Bartenstein dazu?) Wenn das Staatssekretariat für „Dr. Auers Basenpulver“ Werbung macht, dann ist das ungefähr so, als ob ich hier ans Rednerpult treten und Ihnen Trost und Heilung durch das Handauflegen versprechen würde. Ungefähr denselben Charakter scheint das zu haben. Auch das Handauflegen kann manchmal Wirkung zeigen. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber nicht Ihres! – Abg. Mag. Wurm: Das ist reinste Esoterik!) Aber Gesundheitspolitik, Herr Staatssekretär, die Gesundheitspolitik eines Ressorts stelle ich mir schon anders vor, und ich ersuche Sie deshalb auch um eine Aufklärung über „Dr. Auers Basenpulver“. (Beifall bei den


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Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Warum macht Öllinger dafür Werbung? Jetzt kennt das Pulver wirklich jeder!)

13.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleckmann 5 Minuten zu uns. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung der sich zum Rednerpult be­gebenden Abg. Dr. Bleckmann –: Kollegin Bleckmann, könnten Sie das bitte aufklä­ren!)

 


13.59

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber Kollege, wenn es Ihnen ein Anliegen ist, werde ich ein Gespräch führen und Sie dann aufklären, wie das so ist, wenn es Ihnen ein großes Anliegen ist. (Abg. Öllinger: Das wäre nicht schlecht! – Abg. Parnigoni: Also wie schaut es aus?) – Jetzt gleich? – Ich habe leider die Nummer vom Herrn Ex-Minister nicht mehr, aber wir werden das sicherlich aufklären. (Abg. Öllinger: Ich bitte darum!)

Zu den Ausführungen des Kollegen Öllinger: Wir Frauen brauchen, egal ob männlich oder weiblich, jemanden, der Frauenanliegen vertritt, und da ist es egal ... (Abg. Mag. Wurm: Wie meinen Sie das jetzt? – Abg. Öllinger: Frauen sind immer weib­lich!) – Ja, die Frauen brauchen jemanden, egal ob männlich oder weiblich, der ihre Anliegen vertritt, nicht wir männliche Frauen, sondern wir Frauen, um das klarzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie wissen selbst, dass auch hier im Hohen Haus Frauen alleine nicht ausreichen, um Frauenanliegen wirklich durchzubringen. Wir benötigen nun einmal auch die Männer dazu, wenn wir hier etwas zu Gunsten der Frauen und zur Verbesserung von deren Lage erreichen wollen.

Für uns Freiheitliche geht es nicht um ein Entweder-oder, wenn wir über Wahlfreiheit und Vereinbarkeit sprechen, sondern Wahlfreiheit und Vereinbarkeit – beides! – muss möglich sein. – Da unterscheiden wir uns von den Sozialdemokraten, die ja nur die Vereinbarkeit haben möchten und nicht wollen, dass es auch eine Wahlfreiheit gibt.

Wir wollen also, dass die Frauen bestimmen können, ob sie Beruf und Familie verein­baren möchten – oder ob sie lieber von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich nur für die Familie zu entscheiden und sich eben nur dieser zu widmen. Auch das ist eine Wahlmöglichkeit, und auch das muss möglich sein! – Darin unterscheiden wir uns zum Glück von Ihrer Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht auch darum, dass diese Wahl ermöglicht wird. Der erste Schritt, den wir Frei­heitliche gesetzt haben, seitdem wir in der Regierung sind, war, dass wir gemeinsam mit der ÖVP pensionsbegründende Zeiten eingeführt haben, damit man auch als Frau leichter zu einem Pensionsanspruch kommt. Es werden jetzt pro Kind zwei Jahre als Pensionsbegründung angerechnet. Das gilt für diejenigen, die sich entschieden haben, bei der Familie zu bleiben, aber es gilt auch für diejenigen, die arbeiten, da ihnen die Kindererziehungszeiten dann auch angerechnet werden. – Insofern ist das wirklich eine Verbesserung für die Frauen.

Um bei diesem Thema zu bleiben: Es wird immer von der eigenständigen Pension und von der eigenständigen Alterssicherung für Frauen gesprochen. Das darf aber nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben, sondern es müssen diesbezüglich auch Taten ge­setzt werden. – Das haben wir mit dem erleichterten Erwerb von Pensionsansprüchen getan, aber auch damit, dass es jetzt durch einen verkürzten Bemessungszeitraum höhere Pensionen gibt. Das ist ja auch ein wichtiger Punkt: Der Durchrechnungszeit­raum wird jetzt um drei Jahre pro Kind reduziert – auch bei Zwillings- oder Mehrlings-


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geburten. Das ist eine wichtige Verbesserungsmaßnahme der Regierung im Bereich des Durchrechnungszeitraums, und ich bin sicher, dass die Frauen in der Regierung sehr viel dafür getan haben, damit dieser Punkt auch berücksichtigt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt ist die Anhebung der Pension durch die Erhöhung der Bemes­sungsgrundlage für Kindererziehungszeiten um 50 Prozent. Das passiert natürlich nicht von heute auf morgen, sondern innerhalb eines längeren Zeitraums. Diese jährliche Erhöhung um 2 Prozent vom valorisierten Ausgleichszulagenrichtsatz bewirkt jedoch, dass die Bemessungsgrundlage in zehn Jahren bereits rund 950 € beträgt. Im Jahr 2028 wird gegenüber heute eine Verdoppelung erfolgt sein.

Das sind auch Signale, die man nicht einfach dadurch vom Tisch wischen kann, dass man sagt, das sei alles gut und schön, aber reiche nicht aus. Man muss auch einmal anerkennen, dass erste wichtige und notwendige Schritte vor allem für die Frauen ge­setzt wurden. Der nächste Schritt muss natürlich sein, dass es im Bereich der Alterssi­cherung zu weiteren Maßnahmen kommt. Das Nächste, was angegangen wird, ist na­türlich das Pensions-Splitting, das uns auch ein Anliegen ist. Es wird dadurch ermög­licht, im Falle einer Scheidung die Pension freiwillig zu teilen, wenn sich ein Ehepartner der Kindererziehung gewidmet hat.

Ich würde aber auch darum bitten, dass die Frauengesundheitsabteilung weitergeführt wird. Das war ein Anliegen des Herrn Minister Haupt, als er Frauenminister war, und insofern kann man ihn in dieser Funktion sehr wohl lobend erwähnen. Die Gesund­heitsabteilung für Frauen ist sehr wichtig, da man sich dort damit auseinander setzt, dass es im Frauenbereich einfach eine spezifische Medizin gibt, die anders ist als die Männermedizin. Es ist wichtig, dass das auch endlich einmal in der Medizin Berück­sichtigung findet. Ich würde Sie, Frau Ministerin, bitten, das wirklich weiterzuführen und in diesem Sinne weiter aktiv tätig zu sein.

Ich denke, es ist für Frauen ein großes Anliegen, dass auch in medizinischen Studien und in der Beschäftigung mit Gesundheit generell Rücksicht auf den Körper der Frau genommen wird, der sich von dem des Mannes unterscheidet. Ich freue mich, wenn da etwas geschieht, und bin mir sicher, wir werden es vielleicht auch einmal schaffen – wie es die eine oder andere Frau schon gesagt hat –, einen Vier-Parteien-Antrag zu dem einen oder anderen Thema zu stellen, zu dem sich die Frauen hier im Parlament finden, um für Frauen gemeinsam initiativ zu sein und etwas durchzusetzen. – Das würde ich mir für die Frauen als Signal wünschen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 4 Minuten. – Bitte.

 


14.05

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz etwas zur tatsächli­chen Berichtigung des Kollegen Großruck sagen: Es ist wohl richtig, dass wir zur Kin­derbetreuung ideologisch ein wenig unterschiedliche Ansichten haben. (Abg. Rädler: Auch in der Praxis!) Sie möchten den Frauen gerne ein bisschen Geld geben, und dann sollen sie zu Hause auf die Kinder aufpassen.

Es ist gut, dass Sie sich für diese Frauen einsetzen. Das wollen wir auch. Wir möchten aber darüber hinaus auch jenen Frauen eine Chance geben, die selbständig sein und vielleicht nach langem Studium auch ihrem Beruf nachgehen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Ist eine Hausfrau nicht selbständig?)


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Zugegeben, manche Gemeinden haben da Finanzierungsprobleme, aber es sollte eine Herausforderung für uns alle sein, uns dafür einzusetzen, dass alle Gemeinden genug Geld haben, um die Betreuungseinrichtungen ordentlich aufbauen zu können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Ist eine Hausfrau nicht selbständig? – Zwischenruf des Abg. Amon.) – Doch! (Abg. Mag. Molterer: Da haben Sie aber gerade das Gegen­teil gesagt!)

Wenn wir über die Finanzierung des Gesundheitssystems reden, dann haben wir zwei­fellos noch die Aussage Ihres Bundeskanzlers vor den Wahlen im Ohr, der da gemeint hat: Beitragserhöhungen und Selbstbehalte – mit uns nicht. – Heute wissen wir, dass beides kommt!

Wir werden bis zum Jahr 2006 mit etwa 2,6 Milliarden Schilling belastet werden. Sie werden auch den Kassen zusätzlich Geld wegnehmen, obwohl Sie behaupten, dass Sie bemüht sind, das beste Gesundheitssystem weiterhin aufrecht zu erhalten. Die Wahrheit ist, dass Sie drauf und dran sind, den letzten guten Rest des früheren guten Gesundheitssystems zu liquidieren.

Sie wissen, dass Selbstbehalte keine Lenkungseffekte haben. Sie haben ja selbst als Sozialministerium das ÖBIG beauftragt, die verschiedenen Formen der Selbstbeteili­gung international zu vergleichen und kennen die Ergebnisse, dass nämlich vor allem die Schwachen davon betroffen sind. Sie wissen das, und trotzdem halten Sie an den Selbstbehalten fest. Warum? – Sie wollen die Solidargemeinschaft abschaffen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Alternative ist zweifellos die Prävention, und daher lade ich Sie ein, sich darum zu kümmern. Da werden Sie auch Möglichkeiten finden, die Kosten zu senken. Ich lade Sie auch dazu ein, damit aufzuhören, immer wieder die Krankenkassen für Ihre miss­lungene Politik verantwortlich zu machen. Sie sind auf dem besten Weg, vorsätzlich und mit Absicht die Krankenkassen zu zerstören. Sie haben vor drei Jahren damit be­gonnen, die Kassen mit mehr als 140 Millionen € zu belasten und setzen diesen Weg weiter fort.

Sie belasten aber auch die Menschen. Dazu gibt es ein paar interessante Zahlen, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: Jeder in unserem Lande, vom Säugling bis zum Greis, wird 4 431 € für den Staat zu zahlen haben. Ein paar Zahlen dazu im Detail: Der Feind Nummer eins des Bundeskanzlers, der Herr Bundespräsident, ist vor kurzem erst aufgefordert worden, sein Budget einzuhalten. Man hat ihm vorgeworfen, dass die Kosten für Repräsentation zu hoch seien. Jeder Staatsbürger wird für den Bundesprä­sidenten heuer 66 Cent zahlen müssen. – Ich meine, dass wir uns diesen Betrag leis­ten können und auch sollen. Im Vergleich dazu wird das Kanzleramt die Menschen heuer etwa 80 Mal so viel kosten. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wie viele Mitarbeiter hat der Kanzler?)

Da auch von verschiedenen Vertretern der ÖVP immer wieder gemeint wird, das Hohe Haus soll oder kann um ein Drittel oder um die Hälfte reduziert werden, nenne ich Ihnen auch die Kosten dafür: Die Gesetzgebung insgesamt – Nationalrat und Bundes­rat, Mitarbeiter und Infrastruktur – kostet nicht einmal ein Drittel von dem, was das Kanz­leramt kostet. Jeder einzelne Abgeordnete kostet den Gemeindebürger 0,066 €. – Auch dieser Betrag ist meiner Meinung nach vertretbar.

Im Vergleich dazu jedoch der Herr Finanzminister (Abg. Öllinger: Der kostet uns viel!): Sie versuchen immer wieder zu erklären, wie fleißig Sie sparen. Allein für die Schul­den, die Herr Finanzminister Grasser in den letzten drei Jahren gemacht hat, zahlt je­der 58 € – also beinahe so viel, wie für das Kanzleramt, die Präsidentschaftskanzlei und die Gesetzgebung zusammen! (Ruf bei der SPÖ: Ein Wahnsinn!) Von sparen kei-


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ne Spur! Sie belasten die Menschen und gleichzeitig werfen Sie das Geld mit beiden Händen zum Fenster hinaus.

Die Flieger sind ja schon oft genug erwähnt worden. Was noch nicht erwähnt wurde: Sie sind sich nicht zu gut, gleichzeitig auch die Parteienförderung ganz ordentlich zu erhöhen. – Vielleicht ist das der letzte Versuch, die blaue Leiche zu reanimieren.

Meine Damen und Herren! Ärger können Sie mit den Sorgen der Menschen nicht um­gehen, und daher werden wir diesen Vorlagen auch nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Ein Aufdecker! Der Kaipel ist immer für das gut, aber eine Antwort hat er nie bekommen!)

14.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. Wunschgemäße Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.11

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Liebe Zuhörer auf der Tribüne! Einmal etwas zur Abwechslung: Bei mei­nen Überlegungen zum Thema Gesundheit bin ich ganz sicher, dass es keinen Wider­spruch der Opposition geben wird. Im Gegenteil: Ich weiß, dass ich zum Beispiel in Kollegem Cap einen „Mitläufer“ habe. – Er ist leider nicht da, ein Apfel ist ihm aber ge­reicht worden. (Abg. Lentsch: Wo ist er denn? – Die Abgeordneten Mag. Molterer und Steibl: Er läuft!)

Ich bin für Gesundheit durch ein bewegtes Leben. Warum traue ich mir dieses State­ment zu? – 25 Jahre lang war ich sportlich aktiv, zuerst als Amateurin, als Spitzen­sportlerin, und dann zwölf Jahre lang als Berufssportlerin in einer Eisrevue.

Was ich wirklich gut gelernt habe, wenn ich im Jahr 400 Vorstellungen zu laufen hatte, war die Beobachtung der täglichen Kondition und der Funktionen meines Körpers. Damals habe ich herausgefunden, was mir wirklich gut tut, was ich brauche, was ich täglich brauche, was ich teilweise einsetzen muss und was ich ganz weglassen soll – zum Beispiel das Rauchen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Der Cap raucht!) Das wäre einfach mit dem Durchlaufen einer Kür von vier Minuten nicht vereinbar gewesen. Im Fachjar­gon hieß das: Da reißt es dir das Beuschel raus, wenn du das machst.

Von diesen Erfahrungen zehre ich heute noch. Heute bin ich nicht mehr fleißig, son­dern teilweise faul, aber ein gewisses Quantum an Bewegung bewirkt einfach, dass ich mich besser fühle. Ich muss keine Höchstleistung mehr bringen, aber ich wünsche mir auch heute einen beweglichen Körper, den ich zur Verfügung habe und in dem ich mich wohl fühlen kann. Das ist auch meine Art, mich gesund zu fühlen.

Ich appelliere daher an Sie, die Sie hier alle noch sehr viel jünger sind als ich und die Sie noch sehr viel Bewegung vor sich haben: Tun Sie das für sich selbst und tun Sie es auch für Ihre Kinder! (Abg. Parnigoni: Welche Position haben Sie zum Budget? Das diskutieren wir nämlich! Sie haben keinen Satz zum Budget gesagt!) Daher appelliere ich auch an Sie: Die Turnstunden in der Schule sind enorm wichtig, aber wenn Ihr Kind dann daheim einer passiven Statik gegenübersitzt, wird das schulische Animo nicht lange halten. Ihr Vorbild ist viel stärker als jedes andere und als jede andere Institution! (Abg. Parnigoni: Das ist ja keine Turnstunde!) – Ein bisschen ruhig zu sein, wenn ein anderer am Rednerpult ist, gehört auch dazu! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Witt­mann: Sie schaffen gerade die Turnstunde ab!)

Wir wissen heute aus verschiedensten Bereichen, wie wichtig es ist, Muskeln zu bean­spruchen, damit sie nicht verkümmern, Knochen zu belasten, damit sie nicht schwin­den. Nach jeder Operation werden wir gleich aus dem Bett geholt, damit diese Funkti-


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onen in Gang bleiben und unser Kreislauf außerdem in Schwung kommt. (Abg. Parni­goni: Aber gleichzeitig das Geld dafür nicht zur Verfügung stellen! Das ist ja aller­hand!)

Daher freue ich mich ganz besonders, dass unsere Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat den Fonds „Gesundes Österreich“ ins Leben gerufen hat. Gesündere Ernährung, mehr Bewegung, bessere Entspannung, gezielter Stressabbau und Unfall­prophylaxe: Sehr viele Punkte in diesem Programm kosten nichts, meine Damen und Herren! Wenn Sie am Abend nichts essen, kostet das nichts, ebenso wenig wie wenn Sie Bewegung machen und Stiegensteigen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, die Überwindung Ihres eigenen Schweinehundes kostet es, und an diesen appelliere ich in vielen Punkten! Daher bin ich für ein bewegtes Leben. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Haidlmayr 5 Minu­ten zu uns. – Bitte.

 


14.15

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Wendl, auch ich bin für ein bewegtes Leben, aber mein bewegtes Leben geht in eine andere Richtung: Mich bewegt, dass in der Gesundheitsvorsorge und generell im gesamten Gesundheitsbe­reich noch so viele Defizite vorhanden sind, und die müssten wir endlich aufgreifen und lösen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Ministerin, ich möchte nur einige Punkte ansprechen. Erstens: gleiches Recht auf Rehabilitation. Wie Sie wissen, ist es immer noch keine Selbstverständlichkeit, dass Menschen, die infolge einer Erkrankung oder eines Freizeitunfalles behindert sind oder ganz einfach behindert auf die Welt gekommen sind, ein Recht auf Rehabilitation ha­ben. – Das haben sie nicht! Für diese Personengruppen gibt es keine Rehabilitation, und das ist ein großes Manko, das wir seit mehr als 15 Jahren immer wieder anpran­gern, mit dem Ergebnis, dass in diese Richtung absolut nichts passiert.

Wenn ich zumindest sagen könnte, es hat einen kleinen Schritt gegeben, dann wäre ja schon etwas geschehen, aber es ist tatsächlich nichts passiert. Es ist eben immer noch so, dass nur eine ganz kleine Gruppe von Menschen wirklich das Recht auf ge­zielte Rehabilitation hat, damit sie dann später, wenn die Erkrankung oder die Behinde­rung mehr oder weniger abgeklungen ist, wieder die Möglichkeit haben, in das gesell­schaftliche Leben zurückzukommen und zurückgeführt zu werden.

Bei vielen Menschen gibt es das ganz einfach nicht. Auch nach Schlaganfällen sind die Wartezeiten auf Rehabilitation so lange, dass es meistens nicht mehr viel bringt, wenn man dann endlich ein Bett in einem Rehab-Zentrum bekommt, weil es – wie wir alle wissen – gerade bei Schlaganfällen ganz wichtig und notwendig ist, dass die Rehabili­tation sofort einsetzt und nicht erst nach zwei, drei Monaten oder noch viel später. – Dann sind wichtige Energie und wichtige Körperregionen, die noch rehabilitiert werden hätten können, ausgeschaltet oder abgestorben.

Frau Ministerin! Ich möchte noch auf einen anderen Bereich hinweisen, der auch nach wie vor ungelöst ist, und zwar auf die Situation gehörloser Menschen. Es gibt in Öster­reich – man wird es nicht für möglich halten – nur drei Gehörlosen-Ambulatorien – drei in ganz Österreich für 600 000 hörbehinderte Menschen!

Frau Ministerin, das ist eindeutig zu wenig! Es kann doch jemand, der im Mühlviertel wohnt, nicht nach Linz in das Ambulatorium fahren, oder jemand, der im Waldviertel wohnt, nach Wien! Wenn jemand in Kärnten wohnt, muss er auch nach Wien fahren,


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„nur“ – unter Anführungszeichen – weil er einen Arzt braucht, mit dem er auch spre­chen kann. – Das ist ein großes Manko!

Frau Ministerin! Da besteht größter Handlungsbedarf, damit auch gehörlose Menschen endlich eine adäquate medizinische Versorgung in Anspruch nehmen können. Dazu gehört auch das ärztliche Gespräch.

Dasselbe Problem besteht bei blinden Menschen: Die können zwar in die Arztpraxis gehen, aber wenn blinde Menschen in ein Krankenhaus kommen, sind sie völlig über­fordert, weil es den dort tätigen Personen noch nicht klar ist, dass sie zumindest an­klopfen und sich vorstellen könnten, wenn sie den Raum betreten. Blinde Menschen sehen das nicht, und plötzlich steht jemand im Raum, und niemand weiß, wer es ist.

Frau Ministerin, auch die Ausstattung von Arztpraxen und Ambulatorien und generell im stationären Bereich lässt mehr als zu wünschen übrig. Es ist noch immer nicht selbstverständlich, dass zum Beispiel mobilitätsbehinderte Menschen oder Menschen im Rollstuhl ihren Gehersatz im Zimmer behalten dürfen. Wenn ich ins Krankenhaus komme, wird mir sofort der Rollstuhl weggenommen, was in mir natürlich Panik aus­löst, weil der Rollstuhl ein Teil von mir ist, den ich bei mir haben will und nicht irgendwo in einem Abstellkammerl.

Frau Ministerin, auch all die medizinischen Geräte sind nicht so gebaut, dass sie auch von allen genutzt werden können. Versuchen Sie einmal nachzufragen, wie es in der Vorsorgemedizin ausschaut! Selbst eine Mammographie zu machen geht ganz einfach nicht vom Rollstuhl aus. Auch ein Lungenröntgen und viele andere Untersuchungen sind auf Grund der nicht-barrierefreien Geräte nicht möglich.

Es ist ganz toll, dass es jetzt auch die Einschaltung im Fernsehen für die Kampagne für Vorsorgeuntersuchungen gegen Krebs gibt. Aber denken Sie einmal darüber nach, wie wenige Menschen das machen können und wie viele von diesen Untersuchungen aus­geschlossen sind, weil es ganz einfach keine barrierefreie Nutzung dieser Geräte gibt.

Wenn ich mir jetzt das Budget und die paar Dinge anschaue, die ich jetzt in der kurzen Zeit aufzählen konnte, dann, muss ich sagen, weiß ich nicht, ob wir wirklich eine der besten medizinischen Versorgungen haben. – Nein, die haben wir ganz einfach nicht! Frau Ministerin! Da besteht Handlungsbedarf. Das Geld, das Sie jetzt zur Verfügung haben, wird nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Waneck. Redezeit: 10 Minuten. Wenn Sie länger sprechen, wird das der FPÖ ab­gezogen. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


14.21

Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die erste Rede des Herrn Nationalratsab­geordneten Lackner hielt ich für sehr bemerkenswert. Sie fand auch am richtigen Ort statt, allerdings zur falschen Zeit. Er hat über Selbstbehalte gesprochen. – Selbstbehal­te kennt diese Regierung nicht und hat sie auch vorher nicht gekannt. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ambulanzgebühr!) Den einzigen Selbstbehalt haben wir zurück­genommen. Er hat offensichtlich über die 16 anderen Selbstbehalte gesprochen, die in den vergangenen 30 Jahren als Wildwuchs entstanden sind und wo wir jetzt endlich zur richtigen Zeit auch dem nachkommen, indem wir die Verantwortungsträger, näm­lich die Sozialversicherungen, damit beauftragen, einen Vorschlag zu machen: Selbst-


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behalt ja oder nein. (Abg. Gradwohl: Sie stehlen sich aus der Verantwortung!) – Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung.

Es geht um Folgendes: Die Finanzierung unseres Gesundheitssystems ruht auf drei Säulen: auf Steuergeldern, auf Beiträgen und zu einem ganz geringen Teil auf Selbst­behalten. Sie alle wissen, dass Selbstbehalte wenig Steuerungseffekt haben, aber ein gewisses Kostenbewusstsein hervorrufen. Selbstbehalte müssen aber verständlich und nachvollziehbar sein, und sie müssen auch sozial ausgewogen sein. – Ich verstehe bis heute nicht, wieso nach wie vor zum Beispiel Transportkostenzuschüsse von jenen Schwerstkranken verlangt werden, die einen Rettungstransport zu ihrer ärztlichen Be­handlung oder ins Spital benötigen, wobei eine Summe von 3 Millionen € pro Jahr von allen Krankenversicherungsträgern insgesamt eingenommen wird. (Abg. Öllinger: Richtig!) Dafür fehlt mir das Verständnis. Die Sozialversicherungen sind dazu aufgeru­fen, einen ausgewogenen Vorschlag zu machen, über den natürlich dann die Politik entscheiden muss. (Abg. Öllinger: Streichen!)

Zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Csörgits möchte ich Folgendes sagen: Sie vergisst offensichtlich auf die Wünsche der Österreicher: 81 Prozent halten die Gesundheit für das Wichtigste in ihrem Leben. Sie vergisst auch auf gute alte Traditio­nen der Sozialdemokratie, die einmal sehr wohl auch ein Gesundheitsministerium ge­kannt hat, allerdings mit dem Unterschied, dass das heutige Ministerium auch mit ent­sprechender Kompetenz ausgestattet ist.

Auch zur Anzahl der Regierungsmitglieder erlaube ich mir zu sagen: Ein Musterland eines Sozialstaates, nämlich Schweden, benötigt bei gleicher Bevölkerungszahl 34 Mi­nister und Staatssekretäre – wir kommen durchaus mit der Hälfte aus.

Zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Öllinger hinsichtlich der Frage der Ta­baksteuer: Offensichtlich habe ich im Budgetausschuss so lange geredet oder es ist untergegangen, aber ich habe Ihnen versichert, dass dieses Geld vom Finanzminister in dem Moment zugesagt ist, in dem das Budget beschlossen ist. (Abg. Öllinger: Schriftlich!) Ich persönlich habe immer gesagt: Mir als Mann der Praxis ist es egal, wo­her das Geld kommt, welches Mascherl es trägt, Hauptsache, es kommt und es kommt dem Gesundheitswesen zugute.

Zum eher kabarettistischen Einschlag über das Basenpulver darf ich sagen: Hier ist eine Pressekonferenz erwähnt worden, die ich gemeinsam mit dem Institut für techni­sche Pharmazie und Biopharmazie zur speziellen Entwicklung eines Basenpulvers mit selektiv-präventiver Wirkung abgehalten habe, in der es geheißen hat, dass ein vom Forschungsförderungsfonds der Bundesregierung gefördertes Projekt gemeinsam mit dem Institut für technische Pharmazie und Biopharmazie durchgeführt wird. Der Sinn dabei ist, ein Diagnostikum zu entwickeln, das einen einfachen Selbsttest ermöglicht. Alle, die in der Medizin tätig sind – Sie von der grünen Fraktion können sich ja von Herrn Professor Grünewald informieren lassen –, wissen, dass eine Entgleisung des Basen-Säure-Haushaltes eines der ernstesten Probleme der Medizin ist. Sie brauchen nur einen Intensivmediziner zu fragen.

Vielleicht interessiert Sie das mehr, welche auch unsere Probleme sind. Wenn wir nämlich – und das geht auch dort hinein – zum Beispiel auf die Zunahme der stressbe­zogenen Krankheiten bei unseren Kindern schauen, auf die Veränderungen, die bei diesen auftreten: vorzeitige Gefäßveränderungen, Fettsucht, Diabetes, Depression, alles ausgelöst durch unsere Umwelt und durch unsere mangelnde Betreuung, dann, muss ich sagen, sind wir genau in diesen Gesundheitsproblemen drinnen, wobei es auch Aufgabe eines Staatssekretärs ist, diese entsprechend anzugehen. Etwa die Hälf­te der 15-jährigen Mädchen leidet heute an Migräne, ein Fünftel der Teenager und


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Schulkinder leidet unter einem stressbezogenen Angst-Stress-Syndrom und entwickelt Symptome, wie sie bei Erwachsenen als Burnout-Syndrom bekannt sind.

Ich glaube aber, dass wir hier doch sehr einer Meinung sind und alle zustimmen wer­den, dass unser Gesundheitssystem nach wie vor – und das ist auch die Aufgabe die­ser Regierung – den freien Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Bevölkerungs­gruppen unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialem Status, Gesundheitszustand und Wohnort gewährleistet. Das bedeutet aber auch Gleichwertigkeit des Versorgungs­standards. Da haben wir doch einige Ansätze im Budget, die, wie ich meine, noch kurz erwähnt werden müssen.

Es ist ein vorrangiges Ziel, diese Finanzmittel, die ja nicht so reichlich fließen, effizient einzusetzen. Wir haben das in den letzten drei Jahren gezeigt. Ich darf Sie noch erin­nern: Prognostiziert war für das Jahr 2001 ein Abgang in der sozialen Krankenversi­cherung von 400 Millionen € oder damals über 6 Milliarden Schilling, de facto war es null. Für das Jahr 2002 war die Prognose 600 Millionen € oder über 9 Milliarden Schil­ling, de facto war es unter 200 Millionen €. Das ist durch die Maßnahmen der Vorgän­gerregierung geschehen und wird auch entsprechend fortgesetzt.

Daher sind auch in Zukunft einige Maßnahmen hinsichtlich Effizienz der eingesetzten Gelder geplant, wie sie im Nationalen Gesundheitsplan heute schon mehrfach ange­sprochen wurden: in der Stärkung der Prävention, wofür die Mittel im Ansatz deutlich erhöht wurden, aber auch in der Prävention abseits von der Gesundheitspolitik – sei es im Verkehr oder in Zusammenarbeit mit der AUVA und mit der Agentur für Ernäh­rungssicherheit und Gesundheit.

Auch die epidemiologischen Katastrophenpläne, die ihre Notwendigkeit durch SARS bestätigt und sich schon mehrfach bewährt haben, haben entsprechende Budgetan­sätze.

Auch in der Drogenpolitik – und das sei auch nicht verhehlt – ist der Ansatz höher als in den letzten Jahren beziehungsweise auf keinen Fall gesunken. Maßnahmen mit Ak­tionen hinsichtlich des Tabakkonsums – nicht zuletzt auch jetzt die Unterzeichnung der Tabak-Konventionen – sind effektive Maßnahmen, die nicht immer unbedingt gleich Geld kosten. Wir beabsichtigen, in Zukunft darauf zu achten, dass Jugendliche unter 16 Jahren keinen Alkohol mehr frei zugänglich erhalten.

Arzneimittel wurden besprochen.

Zur Qualität im Gesundheitswesen sowohl im extra- als auch im intramuralen Bereich: Das ist bereits zum Teil beschlossen beziehungsweise wird umgesetzt.

Schließlich die Berufsgesetze, die novelliert werden müssen beziehungsweise zum Teil schon sind, um gerade in diesen Berufen, die für die Gesellschaft so notwendig sind, keinerlei Mangel entstehen zu lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde heute einmal erwähnt, dass der Herr Bundeskanzler gesagt hat, die Zukunft brauche helle Köpfe. Ich glaube auch, dass die Zukunft nicht passiert, sondern in der Gegenwart vorbereitet wird, und meine, dass diese Bundesregierung dazu in der Lage ist, was sich letztlich an ihrem Erfolg zeigen wird. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. Redezeit: wunschgemäß 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.29

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Ich glaube – da sind wir uns alle einig –, wir haben in Öster-


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reich eigentlich ein sehr gutes Gesundheitssystem. Für uns stellt sich allerdings die Frage: Welchen Zugang haben die Menschen zu diesem Gesundheitssystem? – Laut einer Studie haben wir unter 75 getesteten Ländern den drittbesten Zugang zum Ge­sundheitssystem, was die soziale Gerechtigkeit betrifft. – Also ich denke, das ist ein recht gutes Ergebnis.

Welche Aufgaben haben wir jetzt hier in diesem Haus? – Es ist, wie ich meine, eine Aufgabe der österreichischen Gesundheitspolitik, die Absicherung unseres im interna­tionalen Vergleich qualitativ relativ hoch stehenden Gesundheitssystems zu gewähr­leisten.

Wir haben uns einiges vorgenommen. Im Ausschuss ist auch schon einiges bespro­chen worden. Unter anderem geht es um die Nahrungsmittelergänzungen, betreffend derer es im Herbst 2003 eine umfassende Strukturreform durch die Lebensmittelbe­hörde geben wird. Es wird 2004 auch ein eigenes Lebensmittelhygienegesetz von un­serem Staatssekretär verabschiedet werden.

Das Thema Gesundheit ist ein sehr umfangreiches Thema. Etwas, was für uns sehr wichtig sein sollte, ist aus meiner Sicht die Prävention, und zwar nicht nur bei den Jungendlichen, sondern allgemein. Es gibt wirklich drei große Probleme bei der Sucht­mittelprävention: Nikotin, Drogen und Alkohol.

Nikotin ist vorhin schon angesprochen worden. Ungefähr 2,3 Millionen Österreicher greifen zur Zigarette, in etwa 14 000 Fällen endet dies mit dem Tod. Da gibt es, wie ich meine, schon einen relativ großen Bedarf. Ein großer Schritt in die richtige Richtung ist das Werbeverbot, das in Kraft tritt, sobald 40 der 192 Mitgliedstaaten der WHO dieses Gesetz ratifiziert haben.

Ein weiteres Problem: Wir kämpfen auch im Leistungssport ständig mit Doping-Prob­lemen, die sehr schwer in den Griff zu bekommen sind. Im Ausschuss ist vom Kollegen Maier und von der Kollegin Moser von den Grünen ein Antrag eingebracht worden, dass da mehr untersucht werden soll. Das wird im Herbst eben von der Le­bens­mittelbehörde dann auch eingeleitet.

Auf der einen Seite ist Frau Kollegin Moser sehr besorgt um Doping-Mittel und um Do­ping-Spuren in Nahrungsergänzungsmitteln, auf der anderen Seite verweise ich auf Kollegen Brosz aus der gleichen Fraktion, eben von den Grünen. Wir wissen von den Grünen, dass sie sehr stark an der Legalisierung von Cannabis (Abg. Mag. Lunacek: Entkriminalisierung!) interessiert sind. Da gibt es sogar eine große Ankündigung auf der Homepage: Die feierliche Eröffnung der ersten österreichischen Haschtrafik durch den Abgeordneten zum Nationalrat Dieter Brosz.

Ich will mich nicht in andere Fraktionen einmischen. Soweit ich informiert bin, ist Dieter Brosz auch Sportsprecher. Ich glaube nicht, dass es eine gute Kombination ist, wenn der Sportsprecher einer Partei in der Öffentlichkeit feierlich die erste österreichische Haschtrafik eröffnet, wo wir doch im Sport ohnehin ein sehr großes Doping-Problem haben. Insofern sollten wir uns unserer Verantwortung als Politiker und auch als Ge­sundheitspolitiker und Sportpolitiker bewusst sein, dass das nicht im Sinne der Jugend ist. Dem sollten wir, wie ich meine, Einhalt gebieten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich meine, dass Kollege Öllinger eine Ahnung von Finanzen und Budget hat, allerdings hat er meiner Ansicht nach nicht im Entferntesten eine Ahnung von Gesundheitspolitik und somit auch nicht von der Wirkung von Dr. Auers Basenpulver oder welchen Ba­senpulvers auch immer. Offensichtlich vertraut er Cannabis mehr als dem Basenpul­ver. Ich selbst bin jedenfalls begeisterter Anhänger des Basenpulvers. Ich kann auch


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sagen, auch wenn es keine wissenschaftlichen Studien belegen, bei mir wirkt es her­vorragend.

Kurz zur Erklärung: Wenn man sehr viel trainiert, übersäuert der Körper und bildet sehr viel Laktat; vielleicht werden einige wissen, was das ist. Um jedenfalls diesem Über­säuerungsprozess gegenzusteuern, nimmt man das Basenpulver. Basisch ist das Ge­genteil von sauer. Der Körper hat einen gewissen pH-Wert, ungefähr bei 7,0 wäre der Wert ideal. Dieses Basenpulver steuert dem entgegen. Bei mir funktioniert das jeden­falls sehr gut. Sehr viele Sportler sind begeisterte Anhänger von Basenpulver. Viel­leicht war Herr Öllinger noch nie in einem körperlich begründeten sauren Zustand, viel­leicht sollte er einmal mit mir trainieren gehen. Dann würde er sehen, was das leistet.

Jedenfalls würde ich ihn darum bitten, dass er in Zukunft zu jenen Themen Stellung nimmt, wovon er eine Ahnung hat, das hoffe ich für ihn, und nicht zum Thema Ge­sundheit. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. Wunschgemäße Redezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.35

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Diese Gesundheitsre­form kränkelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Eines ist uns aus Ihren Ausführungen klar geworden: Sie wollen sich offensichtlich aus der Verantwortung im Gesundheitssystem stehlen. Sie schieben die Verantwortung an die Krankenversicherungsträger ab. Faktum ist, dass Sie durch Ihre Maßnahmen im Jahr 2002 140 Millionen € an zusätzlichen Belastungen gesetzt haben.

Da nun das Bürokratie- und Verrechnungswirrwarr um die Ambulanzgebühren der Ver­gangenheit angehört, ist zu befürchten, meine Damen und Herren, dass diese Regie­rung mit den neuen Selbstbehalten beim Arztbesuch das Durcheinander fortsetzt. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Die Unsinnigkeiten bei den Ambulanzgebühren hat die Bundesregierung letztendlich eingesehen, aber mit den Folgen dieses Gesetzes sind die Patienten und Krankenkas­sen noch monatelang konfrontiert; sie müssen nämlich die Beiträge an die Versicher­ten rückerstatten. Statt den von Ihnen versprochenen 2,5 Millionen € zum Beispiel im Bundesland Salzburg bleiben der Salzburger Gebietskrankenkasse nur knapp 500 000 € an Einnahmen aus den Ambulanzgebühren übrig.

Mit der Einführung von Selbstbehalten steuert die Bundesregierung auf ein ähnliches Chaos zu. Es handelt sich um eine reine Geldbeschaffungsaktion, die statt neuer Leis­tungen nur neuen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bringt, aber vor allem zusätzliche neue Belastungen für die Klein- und Mittelverdiener und für unsere Pensionistinnen und Pensionisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie werden sehen, die wünschenswerten Lenkungseffekte: weg von den Spitalsambu­lanzen hin zu den niedergelassenen Ärzten werden durch solche Maßnahmen nach wie vor verhindert werden. Und es wird negative Auswirkungen im Bereich der Vorsor­gemedizin geben, und zwar ganz einfach deswegen, weil viele Betroffene Arztbesuche meiden werden, weil sie sich die anfallenden Kosten schlichtweg nicht mehr leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie von den Koalitionsparteien sprechen immer so großartig von familienfreundlichen Maßnahmen und darüber, was Sie für die Familien tun. – Die bereits bestehenden Be-


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lastungen im Gesundheitsbereich schauen für Familien so aus: Kosten für Zahnregulie­rungen und Zahnersatz, Fahrtkosten speziell in den ländlichen Regionen zu Fachärz­ten, Kosten für Sehbehelfe, Kosten für Medikamente und Heilbehelfe, Tagsätze bei Kur- und Rehabilitationsaufenthalten und Spitalsaufenthalten. (Abg. Steibl: Aus Zeiten von Frau Ministerin Hostasch!) Jetzt noch die zusätzliche Freizeitunfallversicherung, wo noch immer nicht klar ist, was Sie, Frau Ministerin, mit diesen zusätzlichen Mitteln vorhaben, und letztendlich die Einführung von Selbstbehalten. Die Schaffung eines neuerlichen Härtefonds scheint damit auch vorprogrammiert zu sein. (Neuerlicher Bei­fall bei der SPÖ.)

Es fehlt uns ein zukunftsfähiges Konzept für die Finanzierung des Gesundheitssys­tems, es ist leider für uns nicht erkennbar. Die finanzielle Konsolidierung darf daher nicht über Leistungskürzungen und die generelle Erhöhung von Selbstbehalten erfol­gen, sondern, meine Damen und Herren, über Produktivitäts- und Qualitätssteigerun­gen und vor allem neue Elemente transparenter und gerechter Finanzierung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. Wunschgemäße Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.39

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Unser Gesundheitssystem kann sich sehen lassen. Es ist eines der weltbesten, auch wenn dies Herr Dr. Grünewald nicht mehr hören kann. (Abg. Steibl: So ist es!)

Aber auch hier stehen wir durch die gesellschaftlichen Veränderungen vor großen Her­ausforderungen. Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat hat es sich und somit auch uns zur Aufgabe gemacht, der Gesundheitsvorsorge oberste Priorität einzuräumen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das bedeutet aber, in unser aller Köpfe muss sich etwas verändern. Vorausschauen, vorausdenken und nicht nur bei Krisen, sprich Schmerzen zu agieren muss uns ins Blut übergehen. Im Bereich Wellness, in dem von den Österreicherinnen und Österrei­chern viel Geld ausgegeben wird – das nur zum Thema Selbstbehalte –, haben wir dieses Umdenken bereits geschafft.

Eine Schlüsselperson im Bereich der Gesundheitsvorsorge ist der praktische Arzt. Er soll seine Patienten aber auch im gesunden Zustand, also bei den Gesundenuntersu­chungen, sehen, denn dann kann er auch viel besser im Krankheitsfall die Symptome einschätzen und gezielter therapieren. – Ich habe schon bei den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen dafür plädiert, dass die Ärzte, die die Kinder im Krankheitsfall be­treuen, diese auch im gesunden Zustand sehen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vernetzung im Gesundheitssystem, auch die der Daten, um bei den Patienten gleichartige Untersuchungen nicht permanent durchfüh­ren zu müssen. Dies spart den Patienten viel Energie und allen viel Geld.

Herr Kollege Spindelberger! Berechnungen und tatsächliche Ausgaben eines EDV-Konzeptes für die Sozialversicherungsträger dürfen nicht so auseinander klaffen (Abg. Steibl: Genau so ist es!), wie das bei dem Projekt der Gebietskrankenkasse in der Steiermark der Fall ist. (Abg. Steibl: So war es! Das stimmt!) Ich habe das Gefühl, dass dabei die Kommunikation zwischen den Fachleuten der Sozialversicherungen und den EDV-Fachleuten nicht funktioniert hat. Es wurde vermutlich aneinander vor-


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beigeredet. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Gradwohl und Steibl.) – Darf ich Sie bitten, Ihre Kommunikation nach außen zu verlagern! – Danke.

Man hat sich nicht verstanden, oder es wurde schlecht kalkuliert. Das kostet die Versi­cherten in Österreich viel Geld.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie können sicher sein, dass bei uns in der ÖVP das Miteinanderreden funktioniert. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich hoffe, dass die Verantwortlichen in den Sozialversicherungsträgern aus den Feh­lern lernen, da die Gesundheitstelematik beziehungsweise die Tatsache, ob sie funkti­oniert oder nicht, künftig ein wichtiger Bestandteil für die Qualität, Effektivität und Effi­zienzsteigerung im österreichischen Gesundheitssystem sein wird. Kostentransparenz in Form eines persönlichen Kontos wird das Kostenbewusstsein ebenfalls steigern.

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Gesundheitsministerin dafür sorgen wird, dass wir das gesteckte Ziel, unser Gesundheitssystem eigenverantwortlich, patientenfreund­lich, mit hoher Qualität und Effizienz zu gestalten, zum Wohle aller Menschen in Öster­reich erreichen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Re­dezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.43

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär, Sie wissen, dass der Aspekt der Gesundheit auch aus der Perspektive des KonsumentInnenschutzes ganz zentral ist. Frau Ministerin! Sie haben in Ihrem Hause auch für die Lebensmittelkontrolle zu sorgen. Es gibt die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Sie haben in Ihrem Budget für diese Agentur 31 Millionen € vorgesehen, aber wenn Sie sich erkundigen – das habe ich schon Ihrem Kollegen, Herrn Bundesminister Pröll gesagt –, dann werden Sie drauf­kommen, dass das zu wenig ist. Das ist bei weitem zu wenig.

Sie haben auf Basis der gesetzlichen Grundlage budgetiert, aber erkundigen Sie sich einmal und vergleichen Sie. Wenn Sie auf dieser Grundlage bleiben und nicht zusätzli­che Mittel lukrieren, dann sind Sie in der Situation, dass Sie entlassen müssen und dass das, was Sie als Vorsorge und Voraussetzung und insgesamt als gesundheitli­chen Weitblick ansehen, nämlich gesundes Essen und eine garantierte Lebensmittelsi­cherheit, nicht gewährleistet ist, Frau Ministerin! Das sage ich mit allem Ernst. Ich kann Ihnen auch anhand Ihrer eigenen Budgetzahlen verdeutlichen, dass in der Vergangen­heit, also bevor diese Ausgliederung stattgefunden hat, bevor Sie Ihre 31 Millionen veranschlagt haben, mehr budgetiert worden ist. Ich habe es mir extra angeschaut.

Die Lebensmittelsicherheit war damals mit 13,5 Millionen € budgetiert, die bakteriologi­schen Institute mit 14,8 Millionen € und die Veterinärmedizin mit 13,3 Millionen €. Wenn Sie das zusammenrechnen, dann kommen Sie auf 41,6 Millionen €, und jetzt haben Sie 31 Millionen budgetiert. Da ist ein Loch, eine Lücke vorhanden, die uns le­bensmittelsicherheitsmäßig auf den Kopf fällt, nämlich noch dazu doppelt, wenn Sie bedenken, dass eine Einnahmequelle Ihrer Agentur für Ernährungssicherheit, nämlich die BSE-Untersuchungen jetzt ausläuft. Das war für Sie, für die Labors vor Ort, für die Veterinärmedizin in Mödling et cetera ein gute Einnahmequelle. Dieses Geld wird jetzt nicht mehr fließen, und Sie werden aus anderen Mitteln schöpfen oder zusperren müs­sen. Das wollen wir nicht! Und wir sehen, dass diese Budgetpolitik in der Lebensmittel­sicherheit zu dem, was Sie gesundheitspolitisch immer wieder anführen und gesund­heitspolitisch programmatisch vorantreiben wollen, völlig kontraproduktiv ist.


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Herr Staatssekretär Waneck! Wir haben auch schon im Ausschuss über die Lebensmit­telsicherheit im Hinblick auf die Novellierung des Lebensmittelgesetzes gesprochen. Ich habe mich erkundigt: Sie planen eine Anpassung an eine EU-Richtlinie. Das ist beileibe zu wenig. Arbeiten Sie die Mankos, die Defizite, die Versäumnisse von Herrn Minister Haupt auf, denn das Tierarzneimittelkontrollgesetz funktioniert schlecht bis gar nicht – diesbezüglich habe ich mich gerade erkundigt. Bitte nehmen Sie keine Anpas­sung vor, sondern entwickeln Sie bis Herbst das Lebensmittelgesetz weiter!

Da meine Redezeit mehr oder weniger sehr beschränkt ist, möchte ich es bei diesen rein budgetären und rein gesundheitspolitisch vorsorgenden Bemerkungen belassen und bin auf Ihre Umsetzungsaktivitäten gespannt, denn letztlich kommt es genau dar­auf an. (Beifall bei den Grünen.)

14.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Das Thema Gesundheit ist meiner Meinung nach sehr eng und stark verbunden mit dem Thema, über das wir heute Vormittag bereits ge­sprochen haben, nämlich mit dem Thema Landwirtschaft. Gesundheit und Ernährung hängen sehr eng zusammen, und ich bin davon überzeugt, dass die Basis für eine gut funktionierende Volksgesundheit auch den Schwerpunkt in der Ernährung haben sollte.

Es gibt einige, um nicht zu sagen, viele Beispiele. Ich möchte einige herausstreichen, anhand derer man sieht, dass man dieses System auch leben kann, und anhand derer man ganz klar die Zusammenhänge erkennen kann. Ich nenne das Beispiel der Schul­milch. Es ist sehr wichtig, dass die Kinder in Kindergärten, in Volksschulen, aber auch in Mittelschulen mit Schulmilch verköstigt werden. Und als Agrarvertreter möchte ich deponieren, dass es auch wünschenswert wäre, wenn es enge Kooperationen mit den regionalen Vertreibern, mit den regionalen Direktvermarktern geben würde, weil wir damit sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch in den Krankenhäusern, in den Altersheimen ist das Thema der Ernährung sehr wichtig. Da wird sehr viel Geld, da werden viele Millionen Euro in verschiedenstes Werkzeug, in verschiedenste Instrumente und Einrichtungen gesteckt. Wir könnten mit einer gesunden und vernünftigen Ernährung aus der Region, mit biologischer Ernäh­rung auch Schwerpunkte setzen, sodass wir wahrscheinlich – gerechnet die Folgekos­ten – mit sehr wenig Aufwand sehr viel Geld einsparen könnten.

Das nächste Thema in diesem Bereich einer praktischen Gesundheitspolitik – aus die­ser Sicht möchte ich es heute betrachten – ist der Erhalt der kleinen regionalen Kran­kenhäuser. Ich ziehe als Beispiel Kärnten heran. Wir haben in Kärnten gemeinsam mit Gesundheitsminister Herbert Haupt, gemeinsam mit dem Landeshauptmann und auch gemeinsam mit den Vertretern der SPÖ in Kärnten erreicht, dass wir alle regionalen Krankenhäuser erhalten haben. Wir haben alle kleinen Krankenhäuser erhalten. Und ich glaube, das ist auch wieder ein Beweis dafür, dass man im ländlichen Raum Schwerpunkte setzen muss, indem man beispielsweise eine Lymphklinik eröffnet oder den Schwerpunkt auf Psychosomatik setzt.

Einerseits kann man Akutbetten erhalten in einem Bereich, in dem man sie dringend benötigt, denn für eine Frau, die vor einer Geburt steht, oder für einen Menschen, der einen Arbeitsunfall erlitten hat, ist es nicht sehr angenehm, wenn Hunderte von Kilome­tern bis zum nächsten Krankenhaus in Kauf zu nehmen sind, also wenn man sehr lan-


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ge Anfahrtswege hat. Andererseits setzt man Schwerpunkte, mit denen man auch die Krankenhäuser erhalten kann.

Abschließend zur Frauenpolitik, weil es ja um Gesundheit und Frauen geht: Ich bin zwar davon überzeugt – die sehr prüfenden Blicke aus den Reihen der Grünen werden mir Recht geben –, dass es wahrscheinlich weit fundiertere Damen, aber Gott sei Dank auch Herren hier in diesem Hohen Haus gibt, die eine weit fundiertere Meinung von sich geben könnten, aber – und das möchte ich auch sagen – es ist oft gut, wenn man eine Meinung fernab des Scheuklappendenkens einer Frauenpolitik zu hören be­kommt. Ich glaube, es ist auch sehr gut, wenn man einmal diese Betriebsblindheit ein bisschen weglässt und versucht, Meinungen von außen einzubringen.

Deshalb darf ich abschließend zur Frauenpolitik ein Statement abgeben: Meine lieben Kolleginnen hier im Hohen Haus! Meine geschätzten Damen oben auf den Zuschauer­rängen! Für mich – ich betone: für mich – brauchen Frauen keinen eigenen Frauenmi­nister, für mich brauchen Frauen auch keine wie immer gearteten Institutionen, die ihre Gleichberechtigung erzwingen oder herbeiführen wollen. Für mich brauchen Frauen auch keine besonders ambitionierten und emanzipierten Mandatarinnen, die diese Gleichberechtigung erreichen wollen, denn, meine geschätzten Damen und Herren, für mich sind Frauen gleichberechtigte Partnerinnen in allen Lebenslagen – egal, ob in Beruf, Politik oder Familie. Das möchte ich ganz klar festhalten.

Als Beweis dafür, dass ich diese Gleichberechtigung auch lebe, hätte ich ganz gerne Frau Kollegin Trunk – sie ist leider nicht im Saal, vielleicht können Sie es ihr ausrich­ten – von dieser Stelle aus in meinem Namen, aber auch im Namen der Freiheitlichen Partei zu ihrem heutigen Geburtstag recht herzlich gratuliert. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelberger. Wunschgemäße Redezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.51

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es tut mir wirklich im Herzen weh, wenn ich mir die politische Vorgangsweise der letz­ten Stunden, Tage und Wochen anschaue. Wenn ich das aus dem Blickwinkel einer Wählerin oder eines Wählers in Österreich betrachte, dann muss ich sagen, müssen sich diese verschaukelt vorkommen, weil man wider besseres Wissens eine Politik macht, die ausnahmslos Arbeiter und Angestellte in unserem Land belastet. Das geht auf keine Kuhhaut mehr, so muss ich es auf gut steirisch sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht genug, dass Sie in der Vorwoche eine Pensionsreform beschlossen haben, die den Österreicherinnen und Österreichern ihre zukünftige Pension mehr als versauert, führen Sie ab dem Jahr 2005 auch noch zusätzliche Selbstbehalte ein. Ich glaube, dass Sie manchmal nicht mehr wissen, was Sie hier tun. Sie legen ausnahmslos Ihre Politik darauf an, die Arbeiter, die Angestellten, die Kranken zu belasten, und wenn ich Sie vom Podium in diesem Haus aus reden höre, dann glaube ich oft, dass ich bei der falschen Veranstaltung bin. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass ich deswegen bei der falschen Veranstaltung bin, weil Sie hier vorge­ben, eine Politik für den Braven, Kleinen, Tüchtigen zu machen, aber dann Gesetze verabschieden, die ganz genau auf das Gegenteil abzielen. Das ist schizophren für mich. Sie wissen so gut wie ich, dass diese zusätzlichen Selbstbehalte für die kranken Menschen – Frau Ministerin, ich habe es Ihnen auch schon gesagt – überhaupt nichts bringen, und Sie wissen ganz genau, dass die ASVG-Versicherten bereits jetzt 1 Mil­liarde an Selbstbehalten zahlen.


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Dr. Rasinger hat es heute wieder erwähnt: Wir haben ein Finanzierungsproblem, das stimmt; aber warum geht man nicht endlich auf die guten Vorschläge unsererseits ein? Ich frage mich: Haben Sie Angst vor der Pharma- oder Apothekerlobby? Haben Sie Angst davor, sich hinzustellen und zu sagen, wir senken die Medikamentenpreise auf EU-Niveau, oder haben Sie Angst vor dem Lobbyismus der Unternehmer? Warum tun Sie nichts gegen das Schwarz-Unternehmertum? Warum tun Sie nichts gegen die Bei­tragsschulden der Arbeitgeber? – Es wäre angebracht, die jetzt notwendigen Maß­nahmen anzugehen und nicht ständig die kleinen Leute zu belasten. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einmal: Alle internationalen Studien belegen eindeutig, dass 20 bis 30 Prozent der Patienten abgehalten werden, zum Arzt zu gehen, und trotz dieses Bewusstseins führen Sie Selbstbehalte ein. Das ist nicht akzeptabel! Gehen Sie daran, Reformen zu machen, wurschteln Sie nicht so weiter wie die letzten dreieinhalb Jahre, denn das ist für mich verantwortungslos (Zwischenruf der Abg. Steibl), und das grenzt auch schon an – hören Sie zu! – Fahrlässigkeit! Außer leeren Worthülsen nichts!

Wenn die Frau Ministerin im Fernsehen sagt: Esst lieber Schwarzbrot statt Weißbrot!, dann kann ich nur sagen, wenn das das Einzige ist, was ihr in der Gesundheitspolitik einfällt: Gute Nacht, Österreich! Das ist eine Politik der Inhaltslosigkeit, die sich die Österreicherinnen und Österreicher nicht verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man mit dem wichtigsten Gut der Menschen, der Gesundheit, so umgeht, meine Damen und Herren, dann muss ich sagen, haben Sie auf der Regierungsbank nichts mehr verloren! (Beifall bei der SPÖ.)

14.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. Wunschgemäße Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.55

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Reform des Gesundheitswesens ist ein großes Ge­samtwerk. Bei der Gesundheitsreform ist ein gutes, ein qualitativ hochwertiges System langfristig zu sichern. Ich denke, das ist eine der großen Hauptaufgaben, die notwendig sind. Die Kostenbeteiligungen sind bereits angesprochen worden. Ab dem Jahr 2005 kommen nicht nur neue Gebühren hinzu, sondern werden auch einige ersetzt.

In welcher Form dies eingeführt wird, wird nach meiner Information mit den Sozialpart­nern und der Selbstverwaltung der Krankenversicherungen ausgehandelt werden. Schließlich nimmt die Politik die Selbstverwaltung der Krankenversicherungsträger ernst. Aus diesen verschiedenen Vorschlägen am Runden Tisch soll das beste Modell, das sozial gerecht ist, herausgefunden werden, wobei chronisch Kranke sowie Famili­en mit mehreren Kindern nicht belastet werden sollen.

Mehr Eigenverantwortung für die Gesundheit ist das große Anliegen. Die Österreiche­rinnen und Österreicher sollen im Rahmen einer groß angelegten nationalen Gesund­heitsbewegung überzeugt werden, dass es sich lohnt, für die eigene Gesundheit Ver­antwortung zu übernehmen. Ich denke, das sind Ziele, die immer wieder diskutiert worden sind. Gesund sein ist, wie wir wissen, ein wichtiger Wunsch der Menschen.

Ein zeitgemäßes, erstklassiges Gesundheitssystem muss dem Menschen Folgendes bieten: Wenn er krank ist, muss er sich auf den sicheren Schutz der Solidargemein­schaft in Form eines hochwertigen effizienten Gesundheitssystems verlassen können, und wer gesund ist, soll unterstützt und dazu aktiviert werden, Krankheiten vorzubeu­gen und seine Gesundheit nachhaltig zu sichern. Ich bin der Meinung, wir sind auf dem


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besten Weg, diese Reform des Gesamtwerkes Gesundheitssystem zu Stande zu brin­gen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz noch zur Frauenpolitik: Frauenpolitik – das habe ich vorige Woche in meiner letz­ten Rede bereits gesagt – ist für mich durchgängig in allen Lebensbereichen.

Jetzt möchte ich noch einmal auf die Kinderbetreuungseinrichtungen eingehen und stelle die Frage: Wieso gibt es in Wien eigentlich nicht das Modell der Tagesmütter? – Diese Frage lasse ich einfach so im Raum stehen, denn Sie wissen, unsere Devise lautet: Wahlfreiheit, wobei das immer sehr kritisch und mit Distanz gesehen wird.

Frauenpolitik hat im Sinne des Gender Mainstreaming, das heute ein paar Mal ange­sprochen worden ist, in allen Politikbereichen und Ministerien verankert zu sein. Die zentrale Frage der Frauenpolitik nach einem gerechten Einkommen – gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit und gleichwertige Pensionen – steht dabei im Mittelpunkt der Ar­beit.

Es wird immer wieder behauptet, unsere Ministerin hätte nichts für Frauen übrig. So­lange ich unsere Ministerin Maria Rauch-Kallat kenne – das ist lange her seit meiner Zeit in der Frauenbewegung –, ist es so, dass sie sich immer für Frauenangelegenhei­ten eingesetzt hat. Ich kenne sie gar nicht anders aus der Vergangenheit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mehr Fairness für Frau und Mann ist gefragt – in diesem Sinne wird die Politik unserer Ministerin Maria Rauch-Kallat weiter gehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

14.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Stadlbauer! Sie wären die nächste Rednerin, aber Sie müssten nach 2 Minuten unterbrochen werden. Daher werde ich die Sitzung unterbrechen, und wir warten bis 15 Uhr mit dem Aufruf der Dringlichen Anfrage.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenom­men.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend Verdacht auf Schiebung, Ge­schenkannahme und Amtsmissbrauch (535/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftli­chen Anfrage 535/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verle­sung durch den Schriftführer.

Die schriftliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„1. Eurofighter

Der Bundesminister für Finanzen hat dem Nationalrat in Beantwortung der Dringlichen Anfrage der Grünen am 10. Juni 2003 in einigen Punkten unvollständige Auskünfte gegeben und in anderen die Unwahrheit gesagt. Nach wie vor versucht der Minister, die „sonstigen Systemkosten“ in der Höhe von 233 Millionen Euro zu vertuschen. Nach


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wie vor verweigert er die Auskunft über die Kosten der „Zwischenlösung“. Eine Antwort allerdings hat zur Erhärtung des Schiebungsverdachts wesentlich beigetragen. Der Finanzminister hat zugegeben, dass er bereits während der ersten Phase des Verga­beverfahrens mit Vertretern der Eurofighter-Firma EADS gesprochen und verhandelt hat. Dabei hat er gegen eine Bestimmung in der Angebotseinholung so klar verstoßen, dass eine Ausschließung von EADS aus dem Verfahren geboten erscheint.

2. Sponsoren

„Selbstverständlich wird kein einziger Euro und kein einziger Cent meiner privaten Homepage mit Steuergeld finanziert. Das ist selbstverständlich nicht der Fall! Es wäre sehr plump, wenn ich Ihnen auf eine solche Frage etwas anderes sagen müsste. Na­türlich ist diese Homepage privat und über Sponsoren finanziert. Außerdem möchte ich Ihnen auch sagen: Es gibt keine Förderung ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. – Weite­re Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich weiß, dass Sie die Antwort nicht hören wollen, las­sen Sie mich aber doch noch fertig ausführen, denn Sie haben ja danach gefragt: Es gibt diesbezüglich keine Förderung durch Firmen, die mit dem BMF in wirtschaftlicher Beziehung standen oder stehen.“ Auch diese Antwort enthält Unwahres. Drei Beamte des Ministerbüros und Gelder der Industriellenvereinigung weisen in eine andere Rich­tung.

3. Freunde

Rund um den Finanzminister hat sich ein Freundeskreis gebildet, der sich teils auf Jachten, teils im Finanzministerium gemeinsam vergnügt. Nach derzeitigem Wissens­stand werden die Vergnügungen auf offener See nicht vom österreichischen Steuer­zah­ler finanziert.

Rund um Karl Heinz Grasser hat sich in nur drei Jahren ein System herausgebildet, dass man in Österreich traditionell als „Freunderlwirtschaft“ bezeichnet.

Da die Regierungsmehrheit im Nationalrat bisher jede parlamentarische Klärung der Vorgänge blockiert und unmittelbar großer finanzieller Schaden für die Republik droht, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage

Eurofighter

1. Am 10. Oktober 2001 ist das Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung von 24 Ab­fangjägern eröffnet worden. Wann haben Sie danach zum ersten Mal den EADS-Geschäftsführer Manfred Bischoff getroffen?

2. In Ihrer Anfragebeantwortung haben Sie dem Nationalrat am 10. Juni 2003 erklärt: „Selbstverständlich, Herr Abgeordneter Pilz, haben wir Gespräche geführt. Ich weiß nicht, wie Sie sich vorstellen, dass wir Verhandlungen führen sollen, ohne dass wir Leute treffen, ohne dass wir Gespräche führen. Seien Sie versichert, natürlich haben wir Gespräche geführt, natürlich haben wir Verhandlungen geführt, natürlich haben wir Persönlichkeiten getroffen und mit ihnen Gespräche geführt... Und ich habe Gespräche geführt mit Herrn Rauen, genauso wie mit Herrn Bischoff, beide Vertreter der EADS.“ Was haben Sie während des Vergabeverfahrens und insbesondere vor dem 2. Juli 2002 mit EADS besprochen und verhandelt?

3. Zu welchem Zweck haben Sie sich während der ersten Phase der Vergabe vor dem 2. Juli 2002 mit EADS-Vertretern getroffen?

4. In der Angebotseinholung hat das BMLV am 10. Oktober 2001 unmissverständlich klargestellt: „Rückfragen: Alle Fragen betreffend dieser Angebotseinholung sind spä-


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testens bis 16. Jänner 2002 schriftlich/per Telefax ausschließlich nur zu richten an: BUNDESMINISTERIUM FÜR LANDESVERTEIDIGUNG, Einkaufsabteilung III (...) Di­rekte Kontaktaufnahmen mit anderen Dienststellen des BMVL im Rahmen dieses Ver­gabeverfahrens sind bis zu einer allenfalls möglichen Auftragserteilung unzulässig und können in eventu zum Ausscheiden des Angebots aus dem Prüfungsverfahren führen“. Warum haben Sie trotz dieses Verbots schon kurz nach dem 10. Oktober während des laufenden Vergabeverfahrens mit Vertretern von EADS „Gespräche“ geführt?

5. Mit welchen Vertretern der Firmen (und nicht politischen Vertretern von Schweden, Großbritannien oder den USA), die F-16 bzw. Gripen anboten, haben Sie in dieser Zeit parallel zu EADS Gespräche geführt?

6. Falls Sie nur mit Firmenvertretern von EADS Gespräche geführt haben warum ha­ben Sie nur mit einer Firma gesprochen und verhandelt?

7. Haben Sie den Verteidigungsminister laufend über Ihre „Gespräche“ bzw. Ihre „Ver­handlungen“ mit EADS sowie über deren Inhalt informiert?

8. Der ehemalige Verteidigungsminister Herbert Scheibner hat in der Debatte zur Dringlichen Anfrage am 10. Juni 2003 erklärt: „Ich habe mich vor der Typenentschei­dung nicht mit Firmenvertretern getroffen, nach der Typenentscheidung mit Vertretern jener Firma, mit der wir verhandeln mussten. Das ist ja keine Frage. Aber, Herr Kollege Pilz, ich bin auch der Verteidigungsminister und deshalb näher am Projekt gewesen als andere Minister.“ Warum haben Sie sich im Gegensatz zum Verteidigungsminister während der ersten Phase des Vergabeverfahrens vor dem 2. Juli 2002 mit Vertretern einer Firma getroffen?

9. „Wann haben Sie welche Vertreter von EADS oder der Eurofighter-GmbH wo per­sönlich getroffen?“ Diese Frage aus der Dringlichen Anfrage haben Sie am 10. Juni 2003 nicht beantwortet. Wann haben Sie seit Ihrer erstmaligen Bestellung zum Fi­nanzminister welche Vertreter von EADS oder der Eurofighter-GmbH wo persönlich getroffen?

10. Auf wessen Betreiben sind die einzelnen Gespräche und Verhandlungen zustande gekommen?

11. Am 6. Februar 2002 erklärten Sie in „News: „Abfangjäger sind aus finanzieller Sicht nicht leistbar.“ Am 2. März 2002 stellten Sie in der „Kleinen Zeitung“ fest: „Das ist ein heikler Punkt, denn in der Bundesregierung stehe ich mit meiner Ablehnung der Ab­fangjäger allein. Das passt nicht in das Gesamtbild der Budgetkonsolidierung.“ Warum führten Sie mit EADS Gespräche, obwohl Sie grundsätzlich gegen die Beschaffung von Abfangjägern waren?

12. Am 25. Juni 2002 wollte Herbert Scheibner dem Ministerrat die Beschaffung von 24 Gripen vorschlagen. Warum haben Sie sich gegen dieses Vorhaben ausgesprochen?

13. Im Entwurf zum Ministerratsvortrag vom 25. Juni 2002, den der Verteidigungsminis­ter einbringen wollte, sind die Kosten für 24 SAAB-Gripen mit 1 580 070 000 Euro an­gegeben. Eine Woche später haben Sie im Ministerrat den Antrag, 24 Eurofighter um 1 791 089 000 Euro zu kaufen, herbeigeführt. Damit ist es Ihnen gelungen, binnen einer Woche eine Steigerung der Beschaffungskosten um mehr als 211 Millionen Euro durchzusetzen. Warum haben Sie sich als Finanzminister für die Beschaffung des teu­ersten Systems eingesetzt?

14. Die durch Ihre Eurofighter-Intervention verursachten zusätzlichen Kosten betragen:

a) für die laut Auskunft des Verteidigungsministers um zwanzig Prozent gegenüber dem Gripen erhöhten Betriebskosten – über dreißig Jahre Laufzeit –mindestens 300 Millionen Euro;


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b) für die „Zwischenlösung“ nach Schätzungen rund 200 Millionen Euro;

c) für die gegenüber dem Gripen erhöhten Beschaffungskosten ebenfalls rund 200 Millionen Euro.

Für die Steuerzahler ist es letzten Endes egal, ob diese Mehrkosten und die ver­schwiegenen 233 Millionen „sonstige Systemkosten“ aus dem Budget des BMLV oder aus dem des BMF bedeckt werden. Wie rechtfertigen Sie diese Mehrausgaben?

15. Die Entscheidung für EADS und ihr Produkt „Eurofighter“ widerspricht sowohl den Vorschlägen der ranghöchsten Militärs an einem einsatzfähigen und leistbaren System als auch den Interessen des Finanzministeriums an möglichst sparsamem Umgang mit Steuermitteln. Da in Ihrem Fall auch die Möglichkeit materieller Interessen einer Partei entfällt, bleibt die Frage nach Ihrem Motiv. Aus welchen Gründen jenseits rein persönli­cher Vorteile haben Sie sich für Eurofighter eingesetzt ?

Sponsoren

16. Wie heißt der Verein, der Ihre Homepage betreibt und was ist sein Vereinszweck?

17. Wer sind die Vereinsmitglieder und wer sitzt im Vereinsvorstand?

18. Wer ist der Besitzer der Domain „www.karlheinzgrasser.at“?

19. Ist Ihnen bekannt, dass Ihre Mitarbeiter Matthias Winkler, René Oberleitner und Fritz Simhandl Ihre Homepage während der Dienstzeit betreuen?

20. „Natürlich ist diese Homepage privat.“ Das haben Sie dem Nationalrat am 12. Juni 2003 erklärt. Warum arbeiten drei Bedienstete des BMF in ihrer Dienstzeit an Ihrer privaten Homepage?

21. Haben Sie Ihren Mitarbeitern gestattet, in ihrer Dienstzeit „www.karlheinzgrasser.at“ zu betreuen?

22. Wie hoch sind die Honorare, die Sie privat Matthias Winkler und anderen Mitarbei­tern für ihre „private“ Arbeit an Ihrer Homepage bezahlt haben?

23. Die Homepage wurde von der Firma „Lemon42“ erstellt und liegt auf deren Server. Wie viel haben Sie Lemon42 dafür bezahlt?

24. Am 12. Juni 2003 haben Sie dem Nationalrat erklärt, Ihre Homepage werde „über Sponsoren finanziert“. Wer sind diese Sponsoren?

25. Wie hoch sind die Beträge, die Sponsoren für diese Finanzierung zur Verfügung gestellt haben?

26. Der Verein zur Förderung der New Economy wird als gemeinnützig geführt. Ge­meinnützige Vereine haben nach den Bestimmungen des Vereinsgesetzes ausschließ­lich gemeinnützig zu sein. Das ist bei einem Verein, der eine private Homepage be­treibt, mit Sicherheit nicht der Fall. Damit ist der Verein in vollem Umfang steuerpflich­tig. Was werden Sie unternehmen, um die ordnungsgemäße Besteuerung des Vereins zu veranlassen und zu prüfen, inwiefern der Verein die Steuerpflicht durch Vortäu­schung der Gemeinnützigkeit umgangen hat?

27. Die Wertgrenze, ab der eine verbotene Geschenkannahme strenger bestraft wird, liegt bei 2000 Euro. Wie viele Sponsoren-Beiträge und sonstige Vorteile haben Sie in Ihrer Zeit als Finanzminister angenommen ? Wie hoch ist deren Wert im einzelnen ? Wie hoch ist deren Gesamtwert?

28. Lorenz Fritz, der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, hat dem „Standard“ gegenüber bestätigt, dass seine Organisation dem „New Economy“-Verein zweimal je 75 000 Euro bezahlt hat. Wie hoch sind die Beträge, die Ihnen und Ihren Vereinen und


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24. Sitzung / Seite 108

sonstigen Projekten insgesamt von der Industriellenvereinigung zur Verfügung gestellt wurden?

29. Die Erstellung einer Website im Umfang von „www.karlheinzgrasser.at“ kostet nach marktüblichen Preisen nicht mehr als 10 000 Euro. Wofür hat Ihr „New Economy“-Verein die gespendeten Gelder von mindestens 150 000 Euro ausgegeben?

30. Wer hat die Gelder der Industriellenvereinigung erhalten?

31. Hat Ihnen die Industriellenvereinigung von sich aus die Finanzierung angeboten?

32. Sie haben immer wieder betont, für Ausgewogenheit in der Politik zu stehen. Wel­che Gelder haben Ihnen der ÖGB oder die Arbeiterkammer zur Verfügung gestellt?

33. Was sonst haben Sie sich noch von „Sponsoren“ finanzieren bzw. zur Verfügung stellen lassen?

34. Wenn man unter „www.karlheinzgrasser.at“ eine Autogrammkarte anfordert, kommt die Antwort auf dem Dienstweg. Die Autogrammkarten, die „www.karlheinzgrasser.at“ anbietet, werden von Bediensteten des BMF auf Kosten des Ressorts versandt. „Für Ihre freundliche Autogrammkartenanfrage, über die sich Bundesminister Grasser sehr gefreut hat, möchte ich mich herzlich bedanken.“ Der Dank kommt unter „Bundesminis­terium für Finanzen Büro des Bundesministers“ von Dr. Fritz Simhandl. Auf welcher Rechtsgrundlage beantwortet Simhandl in ihrem Büro Autogrammwünsche, die an die „private“ Homepage gerichtet sind?

35. Das Inserat, in dem Universitätsprofessoren die Pensionsreform loben, ist ebenfalls von der Industriellenvereinigung bezahlt worden. Hat ein Mitarbeiter Ihres Kabinetts dazu das inhaltliche Konzept entworfen?

36. Wie beurteilen Sie die Vorteile, die Karl Heinz Grasser als Privatperson gefordert, angenommen oder sich versprechen hat lassen, aus steuerrechtlicher Sicht?

37. Welche weiteren Vereine haben Mitglieder Ihres Kabinetts mit Ihrem Wissen einge­richtet?

Freunde

38. Am 6. Februar 2002 haben Sie als Bundesminister für Finanzen Freunde zum Abendessen ins Ministerium geladen: den Schweizer Millionär Montegazza, Michael Feichtinger von der Liechtensteiner Treuhandfirma Jura-Trust, Frank Stronach und seinen Österreich-Vertreter Siegfried Wolf und einige weitere österreichische Freunde, mit denen Sie im Sommer Ihre Jacht-Urlaube verbringen. Ist es üblich, dass der Fi­nanzminister in seinem Ministerium seine Freunde bewirtet?

39. Wie hoch waren die Kosten, die dem Ministerium aus dieser Einladung erwachsen sind?

40. Zur musikalischen Begleitung haben Sie die Wiener Philharmoniker gewählt. Wel­che Kosten sind aus dieser Verpflichtung entstanden?

41. Michael Feichtinger bietet als Inhaber der Treuhandgesellschaft „Jura-Trust“ seinen Kunden neben der grenzüberschreitenden Verlagerung von Geld vor allem eines: die Anonymisierung. Warum liegt es im Interesse der Republik Österreich, einen Treuhän­der in Vaduz im Finanzministerium zu verwöhnen?

42. Nach eigenen Angaben drehen Sie jeden Steuer-Euro doppelt um, bevor Sie ihn ausgeben. Im Falle der Abfangjäger und der Bewirtung Ihrer Freunde haben Sie be­wiesen, dass die doppelt umgedrehten Euros in Milliardenhöhe dort verschwinden, wo viele davon profitieren nur nicht die österreichischen Steuerzahler. Haben Sie vor, auch


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BUWOG, BIG und Voest nach der Eurofighter/Sponsoren/Freunde-Methode zu erledi­gen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dring­lich zu behandeln.“

*****

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz als erstem Fra­gesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.01

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir treffen uns heute zur dritten Dringlichen Anfrage binnen einer Woche an den Finanz­minister. (Abg. Parnigoni in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bun­desministers Mag. Grasser –: Blass ist er!) Das hat einen einfachen Grund: Wenn das Fragwürdige derartige Dichte annimmt, ist es Aufgabe nicht nur der Opposition, son­dern des Nationalrates jeder Fragwürdigkeit in Form einer Frage nachzugehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass das zum dritten Mal notwendig geworden ist, zeigt nur eines, nämlich wie frag­würdig nicht ein Amtsgeschäft, nicht drei oder fünf Amtsgeschäfte, sondern die Kultur der Amtsführung des Finanzministers Mag. Karl-Heinz Grasser insgesamt bereits ge­worden ist. Das ist der Punkt, an dem wir stehen!

Vor einer Woche war es noch eine Dringliche Anfrage betreffend Eurofighter, vor einer Woche waren wir noch der Meinung, das werde ausreichen, das sei ohnehin schon genug. Und 6,8 Milliarden Schilling sind keine Kleinigkeit, auch für einen Finanzminis­ter, der in jeder Hinsicht einen sehr großen Fuß gewohnt ist. Wir waren vorige Woche noch der Meinung: Die Fragen bezüglich Eurofighter müssen geklärt werden, wir stel­len dazu eine Dringliche Anfrage und werden alle parlamentarischen Instrumente ein­setzen.

Inzwischen sind es längst nicht mehr nur die Eurofighter, inzwischen gibt es fast jeden Tag ein neues Thema, inzwischen ist es vollkommen egal, ob man ins Internet geht und eine Website studiert, ob man irgendwo anders nachfragt, ob man eine Beratungs­firma überprüft, ob man die Immobilienverkäufe anschaut, ob man sich die geplante Privatisierung der VOEST ansieht (Abg. Eder: Alles dubios!), alles trägt eine Hand­schrift: Diese Handschrift ist die Handschrift von Mag. Karl-Heinz Grasser (Abg. Eder: Und seinen Haberern!), und mit Sicherheit nicht die Handschrift eines Finanzministers im Interesse der Republik Österreich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich sage es Ihnen ganz offen: Ich habe mir nie gedacht, dass ich einmal die Website von Mag. Karl-Heinz Grasser studieren werde, und ich möchte Sie mit einer peinlichen Seite dieser Website auch nicht übermäßig lange behelligen, ich frage mich nur, was sich der durchaus geschätzte Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Herr Lorenz Fritz, denkt, wenn er draufkommt, dass die Gelder der Industriellenvereinigung dazu verwendet werden, dass neben Fotos Folgendes erklärt wird: 

„Bereit zum ,Oh Tannenbaum’“, „Sicher ein guter Schlag“ oder – programmatisch – „Unter Freunden immer gut drauf“. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Weiters: „Mobilität als Lebensprinzip“ und auf der Titelseite der „Kronen-Zeitung“: „Meine Bud­getzahlen stimmen!“. (Neuerliche Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Dann


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kommt die erste gefährliche Drohung – selbstverständlich nicht nach dem StGB –: „Ich bin bereit, weitere 4 Jahre diesem Land zu dienen“. (Abg. Eder: Furchtbar!)

Zum Schluss folgt die programmatische Erklärung: „Moderne Politik verlangt nach mo­derner Kommunikation“. (Abg. Mag. Molterer: Stimmt!) – Ja, Herr Finanzminister, aber nicht, wenn man unter moderner Kommunikation eine unselige Vermischung aus privat und öffentlich versteht!

Genau das ist der Punkt, warum es sich ausnahmsweise lohnt, diese seltsame und zum Teil etwas geschmacklose Website zu studieren! (Bundesminister Dr. Bartenstein nimmt auf der Regierungsbank Platz. – Abg. Eder: Der Schuhverkäufer! Der Schnäpp­chenjäger!)

Herr Finanzminister, Sie haben heute die Möglichkeit, die Frage zu beantworten, wa­rum Sie oder Vertreter Ihres Ressorts die Industriellenvereinigung ersucht haben, eine private Website zu unterstützen. Sie haben in Beantwortung der Dringlichen Anfrage der SPÖ letzte Woche erklärt, dass diese Website ausschließlich privat ist. Sie müssen und sollen – und ich hoffe, Sie können – uns erklären, warum Sie oder Ihre Mitarbeiter die Industriellenvereinigung um nicht wenig Geld ersucht haben. Aber das ist noch nicht das politische Problem.

Das ist die Frage der Unvereinbarkeit, nämlich: Wie geht man mit einer Interessenor­ganisation um? Warum bestellt man sich von der Spitze des Finanzministeriums her Gelder einer Interessenvertretung?

Folgende kleine Frage werden Sie uns sicherlich auch beantworten: Haben Sie Ähnli­ches auch bei Arbeiterkammer und dem ÖGB probiert? Waren Sie auch da so überpar­teilich in Ihrer Amtsführung, wie Sie es immer betonen? (Abg. Eder: Da lacht er nur komisch!)

Dann geht es weiter. Auf der privaten Website tauchen als Betreiber die Spitzen eines Vereines „New Economy“ auf. Diese drei Betreiber, darunter der Inhaber der Domain, sind führende Bedienstete und Mitarbeiter Ihres Kabinetts (Rufe bei der SPÖ: Ah geh!), die während ihrer Dienstzeit die Website gestaltet, Autogrammwünsche beantwortet und vieles andere, was Ihrer Definition nach eindeutig privat ist, dort erledigt haben.

Das, Herr Finanzminister, bringt uns möglicherweise in die Nähe einer anderen Qualifi­kation aus dem Strafgesetzbuch, und auch das wird noch zu untersuchen sein. (Ruf bei der SPÖ: Genau!)

Der nächste Punkt ist Folgender: Wenn die Angaben der Industriellenvereinigung stimmen und mindestens 150 000 € von der Industriellenvereinigung an diesen priva­ten Verein zur Förderung der New Economy gegangen sind und wenn sich heraus­stellt, dass diese Website nach marktüblichen Preisen höchstens 10 000 € wert ist, frage ich: Wo ist das restliche Geld? Wo ist das restliche Geld von Ihrer privaten Minis­terialführungsvereinsmannschaft ausgegeben worden? Wo sind die 140 000 € oder 200 000 € oder mehr? Ist das der einzige Verein, ist das das einzige Konto, und ist das der einzige Aufruf, die Spendierhosen in der Industrie oder sonst wo anzuziehen?

Das alles wollen wir, Herr Finanzminister, Punkt für Punkt beantwortet haben. Wir wol­len wissen, warum Beamte des Finanzministeriums, warum Bedienstete des Minister­büros privat für Sie arbeiten.

Wir haben noch eine ergänzende Sachfrage. Wenn dieser Verein gemeinnützig ist und daher keine Steuern zahlen muss und wenn die Auskunft von Universitätsprofessoren in diesem Punkt stimmt, dass dann, wenn eine etwa private Website betrieben wird, Gemeinnützigkeit auszuschließen ist, denn entweder ist ein Verein zu 100 Prozent gemeinnützig oder er ist eben nicht gemeinnützig, dann frage ich Sie, Herr Finanzmi-


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nister: Wer ist dann zuständig, diesen privaten Verein darauf aufmerksam zu machen, dass er möglicherweise Steuern nicht bezahlt hat und dass er möglicherweise Ge­meinnützigkeit vorgetäuscht hat, um Steuerleistungen zu vermeiden? (Abg. Öllinger: Der Finanzminister!)

Wie bei unserer ersten Dringlichen Anfrage hat Kollege Öllinger als Erster die Antwort gewusst: Ja, der Finanzminister, selbstverständlich der Finanzminister! – Jetzt, Herr Mag. Grasser, kommen Sie in eine spannende Situation: Jetzt sind Sie von uns als Finanzminister darauf aufmerksam gemacht worden, dass ein Verein, in dessen Vor­stand Sie nicht sitzen, möglicherweise nicht den Steuergesetzen entsprechend gehan­delt und keine Steuern bezahlt hat.

Sie werden sicherlich auf der Stelle tätig werden und prüfen, wie es mit der Steuerleis­tung dieses Vereins ausschaut und ob da möglicherweise gesetzliche Bestimmungen gebrochen worden sind. Auf diese Antwort und auf diese Handlungen, Herr Finanzmi­nister, sind wir besonders gespannt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist ein Komplex, aber nicht der einzige. Sie werden auch Fragen beantworten müssen, die wir in dieser Dringlichen Anfrage noch gar nicht gestellt haben – etwa in Bezug auf die heute erschienene Ausgabe des „Falter“, in Bezug auf die Firma „maRtrix“, in Bezug auf das Büro Hochegger und in Bezug auf den Verdacht, dass es für die Website sehr wohl finanzielle Gegenleistungen von Seiten des Bundesministeri­ums für Finanzen gegeben hat. (Bundesminister Mag. Grasser: Na sicher nicht!) Auch diese Fragen, Herr Finanzminister, werden Sie beantworten müssen.

Das ist finanziell gesehen ein kleiner Bereich. Von dem, was es politisch bedeutet, kann es eine der entscheidenden Fragen werden. Trotzdem, Herr Finanzminister, bleibt eine Frage im Mittelpunkt, das ist die Frage – ich wiederhole sie und ich bekräfti­ge sie! – nach den Eurofightern und nach der Beschaffung der Abfangjäger insgesamt. Sie haben die grundsätzliche, die Schlüsselfrage: Warum hat der Finanzminister der Republik Österreich, der immer wieder erklärt hat, der einzige grundsätzliche Gegner der Abfangjägerbeschaffung in der Bundesregierung zu sein, warum hat dieser Fi­nanzminister alles in seiner Macht Stehende getan, um am Ende das in der Ausschrei­bung teuerste Produkt gewinnen zu lassen? nach wie vor nicht beantwortet!

Warum haben Sie, Herr Finanzminister, nichts unversucht gelassen, um die Finanzen der Republik Österreich in der Eurofighter-Beschaffung im höchstmöglichen Maße zu belasten? Warum waren Sie in der Frage der Abfangjägerbeschaffung alles – nur nicht der Finanzminister der Republik Österreich, so wie es den österreichischen Gesetzen entsprechen würde?

Das sind die Fragen, die im Raum stehen, und sie werden heute durch eine weitere Frage ergänzt: Sie haben die Angebotseinholung vom 10. Oktober 2001 auch bekom­men, in der steht, dass alle Rückfragen die Angebotseinholung betreffend spätestens bis 16. Jänner 2002 schriftlich ausschließlich an die Einkaufsabteilung im Verteidi­gungsministerium zu richten sind. Später wird dann darauf hingewiesen, dass eine Verletzung dieser Bestimmung zum Ausscheiden des Angebots aus dem Prüfungsver­fahren führen könne. 

Herr Finanzminister! Dieses Schriftstück ist auch auf Ihrem Tisch gelegen, aber trotz­dem haben Sie sich regelmäßig mit Vertretern der Firma EADS getroffen, trotzdem haben Sie mit ihnen entgegen den Bestimmungen der Ausschreibung das Anbot re­gelmäßig besprochen. Wahrscheinlich ist durch Ihre EADS-Kontakte in der Zwischen­zeit – das wissen wir erst seit kurzem – die rechtliche Situation eingetreten, dass das EADS-Angebot – das heißt, der Eurofighter – im Nachhinein aus der Vergabe ausge­schieden werden muss. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Kurz etwas zur politischen Kultur, in der das Ganze abge­handelt wird: Wenn Sie sich an die letzten beiden Dringlichen Anfragen in dieser Cau­sa erinnern, dann werden Sie wissen, dass man – insbesondere die Abgeordneten von den Regierungsparteien – damals im Verlauf von Begründung und Debatte merken konnte, dass es sich dabei nicht um irgendwelche Fragen handelte, mit denen man politische Debatten erzwingen wollte, sondern um präzise, dringliche Fragen, die von einem Minister zu beantworten waren und im Großen und Ganzen nicht beantwortet werden konnten.

Bei den ersten beiden Dringlichen Anfragen haben die Vertreter der Regierungspartei­en noch die Strategie gewählt, möglichst zu verteidigen, möglichst zu mauern, mög­lichst dem Finanzminister zu helfen. Heute sehen sie, dass auch das bereits chancen­los ist. Heute haben sie daher offensichtlich vereinbart, so zu tun, als säßen sie nicht im Nationalrat, sondern in einem Kaffeehaus. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Das Einzige, das noch fehlt, ist, dass Sie zum Schluss Ihre Kaffees auf eine Rechnung schreiben und diese dem Finanzministerium schicken, damit auch das aus Steuergel­dern bezahlt wird, Herr Klubobmann Molterer. Das ist die neue Regierungskultur! (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn man nicht mehr antworten kann, dann wird man eben organisiert tratschen, or­ganisiert schwätzen, organisiert weghören! – Aber, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, Sie können sich meinetwegen Stöpsel in die Ohren stopfen, doch unsere Fragen kommen trotzdem durch, unsere Fragen werden dennoch öffentlich gehört, unsere Fragen wer­den dennoch vom Finanzminister entweder beantwortet oder nicht beantwortet! Wir werden auch heute aller Wahrscheinlichkeit nach – auch wenn Sie lesen und tratschen und so tun, als würde Sie all das nichts angehen – wieder Unwahrheiten hören, wieder falsche Antworten bekommen, es wird wieder alles verschwiegen werden, aber wir werden trotzdem wieder einen Schritt weiter kommen und wiederum ein bisschen mehr Licht in die Affäre Grasser bringen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn Sie, Herr Klubobmann Molterer, glauben, dass die ÖVP weghören kann, dann werden Sie sich wundern. Vielleicht hört die ÖVP weg, aber die Wählerinnen und Wäh­ler, auf die Sie angewiesen sind, spätestens bei den Landtagswahlen im Herbst, hören schon lange nicht mehr weg. (Abg. Mag. Molterer: Soll ich mich jetzt fürchten?) Diese sehen nur, dass Sie noch so tun, als hätten Sie nichts damit zu tun.

Deswegen sage ich Ihnen Folgendes: Wenn wir dann über die Ergebnisse dieser An­fragebeantwortung reden und sie bewerten, wenn wir die Frage stellen, ob ein Miss­trauensantrag gerechtfertigt ist, spätestens dann wird sich auch für Sie die Frage stel­len, ob Ihnen die Vorwürfe egal sind, ob Ihnen der Verdacht auf Schiebung egal ist, ob Ihnen der Verdacht auf Amtsmissbrauch egal ist, ob Ihnen der Verdacht auf verbotene Geschenkannahme egal ist, ob Sie nur eines interessiert, nämlich einem ins ärgste Zwielicht der letzten Jahre geratenen Finanzminister um jeden politischen Preis die Stange zu halten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das waren Zeiten, Herr Klubobmann Molterer, als es die Regierungszustände noch erlaubt haben, sich im Plenum dieses Nationalrates etwa wie ein Abgeordneter zu ver­halten. Aber wegzuschauen, wegzuhören und nichts zu sagen haben, das ist nicht das Motto von Nationalratsabgeordneten, sondern von einer völlig anderen Gattung, die nicht nur politisch nichts in diesem Hohen Haus verloren hat!

Damit komme ich zum dritten Bereich. Dieser dritte Bereich ist der finanziell vielleicht uninteressanteste, strukturell aber einer der spannendsten: Das ist der Bereich der großen Freundschaften (Abg. Eder: Die Freunderln!), das ist der Bereich der Freizü­gigkeit, das ist der Bereich der milden Gaben, das ist der Bereich, bei dem aus der


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New Economy die „Friends Economy“ wird. Wenn man „Friends Economy“ auf Deutsch übersetzt, kommt das heraus, Herr Finanzminister, was das Einzige ist, was Sie wirk­lich von A bis Z zu beherrschen scheinen, nämlich Freunderlwirtschaft – ganz normale, ganz herkömmliche Freunderlwirtschaft.

Wer sind diese Freunde, und wie versammeln Sie diese Freunde um sich? – Am Vor­abend des Opernballs lädt der Finanzminister „hungrige“ Menschen in das Finanzmi­nisterium (Abg. Eder: „Arme“ Menschen!), die von Do&Co verpflegt werden müssen. (Heiterkeit des Abg. Eder.) Aber diese „hungrigen“ Menschen, mit denen der Finanz­minister samt und sonders an diesem Abend per du ist, wollen nicht einfach nur essen, sie wollen auch nicht über die Finanzpolitik der Republik reden, sie wollen Musik hören!

Aber das Finanzministerium verträgt keine falschen Töne, und da gibt es nur ein Or­chester, das garantieren kann, dass sauber, richtig und zu diesem Buffet passend ge­spielt wird: Das sind die Wiener Philharmoniker. (Abg. Mag. Molterer: Ein gutes Or­chester!) Deswegen müssen erstmals nach 1945 die Wiener Philharmoniker wieder zu einem Essen im Finanzministerium Begleitmusik spielen. (Abg. Nürnberger: Da schau her!)

Wer sind diese Freunde? – Natürlich sitzt Frank Stronach dort, den der Finanzminister ja sonst sehr wenig Gelegenheit hat, persönlich zu treffen. Natürlich sitzt sein persönli­cher Österreich-Vertreter dort. Aber es sitzt etwa auch ein Treuhänder dort, der Treu­handkonten in Vaduz verwaltet (Rufe bei der SPÖ: Da schau her!), der nur eine Aufga­be hat, nämlich so genannte Sitzgesellschaften zu begründen. Wozu sind Sitzgesell­schaften des Grasser-Freundes und Treuhänders gut? – Sitzgesellschaften haben eine Hauptaufgabe, nämlich Geld zu anonymisieren!

Warum belohnt der Finanzminister einen befreundeten Geldanonymisierer in Vaduz mit einem Essen zu philharmonischer Begleitung? Weil jeder Euro „doppelt umgedreht werden muss“, wie Grasser einmal sagte, müssen auch diese Euros doppelt umge­dreht und muss gefragt werden: Was hat das gekostet? Wofür war es denn gut? – Die­se und viele andere Fragen, Herr Finanzminister, ersuchen wir Sie in aller Höflichkeit, heute zu beantworten.

Das hat einen ganz wichtigen Grund, und dieser Grund lautet: Wenn ein Finanzminis­ter alles ist, in erster Linie der Finanzminister für Karl-Heinz Grasser, in zweiter Linie der Finanzminister für Karl-Heinz Grassers Freunde und in keinem nachvollziehbaren Maße mehr der Finanzminister der Republik Österreich, dann muss man fragen: Wie soll das weitergehen? Der Eurofighter-Schaden ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der letzte Schaden, der diese Republik bedroht.

Wenn es bei BUWOG, wenn es bei anderen Immobilienbereichen, wenn es bei der Bundesimmobiliengesellschaft so weitergeht mit der Grasser’schen Freundesmethode, die Filets herauszuschneiden und dann draufzukommen: Jessas na, privatisiert ist das alles plötzlich das Fünf- bis Zehnfache wert, das ist wunderbar, ein großer Gewinn!, wenn das die Methode ist, dann wird sich auch die VOEST und dann werden sich viele andere davor zu Recht fürchten müssen. Das ist ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Schlusssatz hoffentlich!

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Mein Schlusssatz ist: Unsere Aufgabe ist es, nicht nur dafür zu sorgen, aufklärungsbedürftige Fragen beantwortet zu bekommen, sondern möglichen größeren Schaden von dieser Republik abzuwenden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


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Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Grasser zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.22

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Werter Regierungskollege! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordneten! Ich bedanke mich dafür, dass ich in einer Woche zum dritten Mal Gelegen­heit habe (Ruf bei der SPÖ: Das wird dir schon vergehen!), dem Nationalrat und auch der Öffentlichkeit vor Augen zu führen, mit welch lächerlichen Argumenten einerseits und mit welch unfassbaren inkriminierenden Unterstellungen – die ich auf das Schärfs­te zurückweise! – auf der anderen Seite hier gearbeitet wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, Sie können sicher sein, dass ich abermals die Gelegenheit dankbar ergreife, Ihnen zu beweisen, dass es überhaupt keine Basis für Ihre absurde Kritik gibt, sondern dass – ganz im Gegenteil! – meine Amtsführung völlig korrekt und vorbildlich ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines wird aber immer klarer, meine Damen und Herren, und auch die Journalisten beginnen es schön langsam zu schreiben (ironische Heiterkeit bei der SPÖ): dass of­fensichtlich die Parteistrategen bei der Sozialdemokratie und bei den Grünen ausge­geben haben, es muss ein Stellvertreterkrieg geführt werden gegen eine sehr erfolg­reich arbeitende österreichische Bundesregierung, die es in den ersten 100 Tagen ge­schafft hat, zwei Budgets, eine Pensionsreform, eine Steuerreform, eine Verwaltungs­reform, einen gut Teil der Gesundheitsreform vorzulegen, und die damit Kompetenz für Österreich bewiesen hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dem gegenüber steht eine Opposition, die nein zur Sacharbeit sagt – die Grünen ha­ben gestern in einer Pressekonferenz angekündigt, sie werden den grünen Budgetplan präsentieren; er wurde nicht präsentiert! –, die nein zur Sachpolitik sagt, die ja zur Parteipolitik sagt, die ja zur Polemik sagt und die ja zur Kampagne gegen meine Per­son sagt, und zwar auf einem Niveau, das ich Ihnen nicht zugetraut hätte. (Abg. Eder: Sie können nur herumschwafeln!) Aber ich darf Ihnen versichern: Wir werden uns nicht beirren lassen, wir werden diesen erfolgreichen Weg für Österreich ganz konsequent weiterführen (Ruf bei den Grünen: Beantworten Sie die Fragen! – Abg. Gaál: Das sind Leerformeln!) – zum Wohle der Beschäftigen, zum Wohle des Wirtschafts- und Ar­beitsstandortes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni die Dringliche Anfrage in die Höhe haltend –: Zur Anfrage!)

Sie wünschen sich ein paar Aussagen zur Anfrage. Ich darf mit einer tatsächlichen Berichtigung, wie zuletzt, beginnen: Sie sagen, ich hätte unvollständig beantwortet und hätte – was noch schlimmer ist – in der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage die Unwahrheit gesagt.

Meine Damen und Herren! Ich halte fest: Ich habe selbstverständlich erstens die Fra­gen völlig korrekt beantwortet und zweitens selbstverständlich sie auch zur Gänze und ganz der Wahrheit entsprechend beantwortet.

Meine Damen und Herren! Wenn es Ihnen um Fairness und um Objektivität ginge, dann hätten Sie sich einmal die Mühe gemacht, sich mit der Leistungsbilanz dieser österreichischen Bundesregierung, und zwar im Interesse Österreichs, auseinander zu setzen. (Abg. Eder die Dringliche Anfrage in die Höhe haltend –: Sie sollten die Fra­gen beantworten!)


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Meine Damen und Herren! Ich glaube schon, dass Sie es nicht hören wollen. (Abg. Eder: Fragen beantworten!) Sie bekommen selbstverständlich auch die Antworten auf Ihre Dringliche Anfrage, aber der Abgeordnete Pilz hat in seiner Begründung ausge­führt, mir ginge es nicht um das Interesse Österreichs. Daher halte ist fest:

Erstens: Der Herr Bundeskanzler hat das letzte Mal sehr klar Standard & Poors zitiert, wo man uns die besonders hohe Qualität und die Güte der österreichischen Finanzpoli­tik und die hohe Glaubwürdigkeit unserer Finanzpolitik, die zu niedrigeren Zinszahlun­gen geführt hat, attestiert hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Rufe bei den Grünen: Anfrage beantworten!)

Ich möchte Ihnen, damit Sie sehen, was wir leisten, einen zweiten sehr großen Erfolg vor Augen führen (Anhaltede Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Fragen beantworten!) Die Republik Österreich finanziert derzeit rund elf Prozent ihres Portefeuilles in fremder Währung: 4,5 Prozent in Yen, 6,5 Prozent in Schweizer Franken. (Abgeordnete der SPÖ schwenken die Dringliche Anfrage und rufen: Fragen beantworten!) Das Ziel die­ser Finanzierung ist erstens Zinsersparnis. (Anhaltende Rufe bei der SPÖ: Blabla! Blabla! Blabla!) Wir haben im Jahre 2002 300 Millionen € ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Man kann den Redner nicht verstehen. Ich würde Sie bitten, ihm zuzuhören! (Die Abgeordneten von der SPÖ und den Grünen schwenken die Dringliche Anfrage und rufen: Fragen beantworten!)

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Wir haben im Jahre 2002 damit eine Zinsersparnis von 300 Millionen € für die Steuerzahler erreicht (Rufe bei der SPÖ und den Grünen, die Dringliche Anfrage schwenkend: Fragen beantworten!), das Budget entlastet und damit einen wesentlichen Vorteil erreichen können. (Lebhaf­ter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ein Zweites betonen: Wir haben allein heuer Währungsgewinne in der Höhe von 1,2 Milliarden € (neuerliche Rufe bei der SPÖ und den Grünen – die Dringliche Anfrage schwenkend –: Fragen beantworten!) – ich beto­ne: von Jänner bis März 1 200 Millionen € an Währungsgewinnen – erreichen können (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) und damit weniger Schulden als in einer Euro-Finanzierung machen müssen. (Weitere Rufe bei der SPÖ: Fragen beant­worten!) Das heißt, wir arbeiten professionell im Interesse Österreichs und des Steuer­zahlers.

Wenn Sie so laut Kritik üben, darf ich Ihnen einen anderen Fall vor Augen führen, näm­lich den Fall der Stadtgemeinde Wien, die bekanntermaßen sozialdemokratisch regiert ist. (Anhaltende heftige Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! So geht das nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Heftige Rufe bei der SPÖ und den Grünen – die Dringli­che Anfrage schwenkend –: Er soll die Fragen beantworten!) Wir haben die Praxis in diesem Hohen Haus, dass bei einer Dringlichen Anfrage der Minister allge­meine Erklä­rungen abgeben kann und daran sich die Anfragebeantwortung knüpft. Der Herr Bun­desminister hat jetzt 5 Minuten lang gesprochen (Abg. Eder: Und keine Ant­wort gege­ben!), und er wird noch weitere Zeit in Anspruch nehmen, und ich werde darüber wa­chen, dass die Anfragen genau beantwortet werden. Ich würde Sie bitten, die Praxis diese Hohen Hauses zu respektieren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Eder: Er soll endlich einmal antworten!)

Am Wort ist der Herr Minister!

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Ich wollte Ihnen das Gegenbeispiel darstellen, nämlich von der Stadt Wien, sozialdemokratisch geführt. Man hatte über die Anteilsverwaltung Zentralspar-


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kasse Anteile an der Bank Austria in Anteile der HypoVereinsbank  getauscht, diese Anteile also nicht rechtzeitig verkauft. Der Verlust für die Steuerzahler macht zurzeit mehr als 1 000 Millionen € aus. (Abg. Eder: Das ist keine Märchenstunde!) Diesen Unterschied, meine Damen und Herren, sollte man einmal beleuchten! Das ist ein skandalöser Umgang mit dem Geld der Steuerzahler, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Rada: Das ist eine schwache Vorstel­lung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich darf Ihnen sagen: Ich habe in meiner Zeit drei beschlossene Budgets zu verantwor­ten. (Abg. Eder: Jämmerlich!) Das Ziel im Jahr 2000 war 1,7 Prozent gesamtstaatli­ches Defizit, erreicht haben wir 1,5 Prozent. Das Ziel im Jahr 2001 war 0,75 Prozent Defizit, erreicht haben wir einen Überschuss von 0,3 Prozent. Im Jahr 2002 haben wir selbst angenommen 1,3 Prozent, Sie haben geschätzt 2 Prozent, erreicht haben wir 0,6 Prozent Defizit. Hingegen hat man es in 30 Jahren sozialdemokratischer Finanzmi­nister nicht geschafft, weniger als 2 Prozent Defizit zu machen. Wir machen also eine Politik, die uns offensichtlich auszeichnet und die für Österreicher erfolgreich ist. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich könnte Ihnen selbstverständlich unsere Leistungsbilanz noch sehr ausführlich weiter darstellen, wie zum Beispiel: Verwaltungskosten: Einspa­rung: 2001 527 Millionen € (Abg. Dr. Glawischnig auf die Dringliche Anfrage zei­gend –: Es sind 42 Fragen zu beantworten!), 2002 1012 Millionen €, aber ich komme sehr gerne und selbstverständlich zur Beantwortung Ihrer Fragen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich darf die Fragen 1 bis 11 zusammengefasst beantwor­ten. (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Warten Sie einmal ab, was an Antwort da ist, und dann beurteilen Sie, ob ich etwas nicht beantwortet habe. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf Folgendes ausführen:

Wie mir das Bundesministerium für Landverteidigung mitteilt, wurde für das gegen­ständliche Vergabeverfahren die freihändige Vergabe im Wettbewerb gewählt. Diese freihändige Vergabe erfordert gemäß ÖNORM 2050 in der Fassung 1957 kein förmli­ches Verfahren. Es sind aber nach herrschender Lehre und Judikatur für alle Vergabe­verfahren des öffentlichen Auftraggebers die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz anzuwenden. (Abg. Gaál: Stimmt nicht! – Abg. Eder: Falsch!) Das bedeutet, dass willkürliche Veränderungen von Vergabebedingungen zum Nachteil eines Bieters im laufenden Verfahren nicht zulässig sind (Abg. Gaál: Das haben Sie gemacht!) und den benachteiligten Bieter Schadenersatz und Unterlassungsansprü­che, die im Klagwege geltend gemacht werden können, eingeräumt werden.

Das Vergabeverfahren „Abfangjäger“ ist ein zweistufiges Verfahren, welches sich in einen Wettbewerbs- und in einen Verhandlungsteil unterteilt. (Abg. Eder: Er schaut schlecht aus, der Minister!) Der Verteidigungsminister hat die Gelegenheit wahrge­nommen und in einem Budgetausschuss auch die Details über dieses Verfahren dar­gestellt. Der Wettbewerbsteil enthält im Wesentlichen alle Elemente einer beschränk­ten Ausschreibung. Aufgrund eines detaillierten Leistungsverzeichnisses, in welchem Muss- und Sollkriterien definiert wurden, sowie auf der Basis eines Bewertungskatalo­ges, welcher vor Angebotseröffnung fertig gestellt wurde, wurde die Ermittlung des Bestbieters durchgeführt.

Da die angebotenen Flugsysteme naturgemäß Unterscheidungen aufweisen – System Eurofighter ist nicht unmittelbar mit System Gripen vergleichbar –, ist es notwendig, ein Bewertungsmengengerüst zu erstellen, um tatsächlich objektive und transparente


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Gleichbehandlung der Bieter sicherzustellen. (Abg. Mag. Stoisits: Welche Fragen be­antworten Sie jetzt?)

In diesem Bewertungsmengengerüst werden daher nur alle vergleichbaren Leistungs­merkmale aufgenommen und bewertet. Die Reihung der Bieter erfolgt aufgrund der Ermittlung des Kostennutzwertquotienten. Das ist ein Verfahren, welches im österrei­chischen Bundesheer seit Jahren bei der Vergabe von Rüstungssystemen angewendet wird. Bei diesen Verfahren wird, vereinfacht ausgedrückt, das Preis-Leistungs-Verhält­nis beurteilt und damit der Bestbieter ermittelt. (Abg. Eder: Uns am Schmäh halten, das geht nicht!)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen das deswegen, damit Sie erkennen, dass – und zwar laut Aussagen des Landesverteidigungsministeriums – in diesem zweistufi­gen Verfahren, wie es im Landesverteidigungsministerium Anwendung findet und auch vom Rechnungshof geprüft wurde, eine Beeinflussung der Kommissionsentscheidung schon rein technisch unmöglich ist und auch praktisch nicht erfolgen konnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In Ergänzung meiner Beantwortung der Fragen 21 bis 26 der Dringlichen Anfrage vom 10. Juni 2003 ... (Abg. Dr. Pilz: Das ist Ihre Antwort?! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich beantworte weiter, wenn Sie mir zuhören wollen! Ich darf also ausführen: In Ergän­zung meiner Beantwortung der Fragen 21 bis 26 der Dringlichen Anfrage vom 10. Juni 2003, Nummer 501/J, halte ich fest, dass in Sachen Abfangjäger mit Vertre­tern vom EADS von meiner Seite ein Gespräch im Juni 2001 geführt worden ist. (Abg. Gaál: Treten Sie zurück!) Weiters gab es zwei Gespräche mit Herrn Malzacher  in der Angelegenheit Gripen. Es gab ein Gespräch mit dem britischen Botschafter in der An­gelegenheit Gripen. Es gab ein Gespräch mit der schwedischen Vizepremierministerin in der Angelegenheit Gripen. (Abg. Gaál: Treten Sie zurück!)

In der Zeit von Oktober 2001 bis 2. Juli 2002 hatte ich, wie ich es das letzte Mal ausge­führt habe, einmal Kontakt mit dem US-Botschafter betreffend F 16, und zwar im Rah­men seines Antrittsbesuchs. Ich hatte ansonsten – und das betone ich – in diesem Zeitraum weder Gespräche und damit schon gar nicht Verhandlungen mit irgendeinem Anbieter. (Abg. Gaál: Mit dem EADS-Geschäftsführer!) Ich habe während des zweistu­figen Verfahrens selbst keine Besprechung oder Verhandlungen in Sachen Abfangjä­ger – ausgenommen natürlich innerhalb der Bundesregierung – geführt.

Sie haben gesagt, ich hätte den Geschäftsführer von EADS getroffen. – Dazu darf ich Ihnen sagen: Sie haben nicht gut recherchiert. Herr Bischoff ist nicht der Geschäftsfüh­rer der EADS, sondern er ist Aufsichtsratsvorsitzender. (Abg. Gaál: Noch ärger!) Den Aufsichtsratsvorsitzenden Bischoff von der EADS habe ich in Sachen Abfangjäger einmal, wie ich ausgeführt habe, und zwar im Juni ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Lesen Sie meine letzten Anfragebeantwortungen! (Abg. Bures: Sie haben gesagt, dass Sie Verhandlungen geführt haben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie sind beide völlig schlüssig, das darf ich Ihnen versichern, weil ich sie mir auch vorher durchgelesen habe.

Ich darf weiter ausführen: Ich habe den Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden Bischoff in Sachen Abfangjäger das erste Mal im Juni 2001 getroffen, das zweite Mal im März 2003. (Abg. Eder: Wieder getroffen!) Das heißt, auf Ihre Frage: Wann nach der Typen­entscheidung in Sachen Abfangjäger? lautet die Antwort: im März 2003. Sonst habe ich seit Juli 2001 keine Vertreter der Firma EADS in Sachen Abfangjäger getroffen. Ich sage Ihnen nochmals in aller Klarheit, die Sie sich hier immer wieder hinaussstellen und mehrfach schon die Unwahrheit behauptet haben, ich hätte wieder


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und wieder EADS-Vertreter getroffen: Das waren meine Termine! (Abg. Gaál: Treten Sie zurück!) Ich ersuche Sie, das zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

Aus meiner Sicht war – auch das betone ich – daher in jeder Phase dieses zweistufi­gen Verfahrens selbstverständlich die völlige Gleichbehandlung der Bieter sicherge­stellt. Da ich bis zur tatsächlichen Verhandlungsaufnahme im Jahr 2003 mit der Firma EADS keine Verhandlungen und auch keine Gespräche über militärtechnische Fragen von wesentlichem Inhalt geführt habe, war es auch nicht notwendig, dem Bundesminis­ter Scheibner über diese Gespräche extra zu informieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Selbstverständlich stand ich mit ihm im Rahmen der Bundesregierung laufend in Kon­takt. Wir haben laufend in dieser Frage Diskussionen geführt, so wie auch mit dem Wirtschaftsminister. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Fragen 12 und 13 darf ich wie folgt beantworten:

Auch hierzu verweise ich auf meine Beantwortung vom 10. Juni 2003, wo ich aus­drücklich festgehalten habe – ich zitiere mich selbst –, dass es nur einen Ministerrats­beschluss der Bundesregierung betreffend Abfangjägerbeschaffung gibt, das ist jener vom 2. Juli 2002. Der Vorschlag der Bewertungskommission des Landesverteidi­gungsministeriums, bestehend aus 33 Experten, wurde der Bundesregierung entschei­dungsreif vorgelegt und von dieser auf Vorschlag des Bundesministers für Landesver­teidigung einstimmig zur Kenntnis genommen. Im Übrigen hat, wie Sie wissen, die Mehrheit der Abgeordneten im Nationalrat im Rahmen der Beratungen zum Budgetbe­gleitgesetz 2003 diesem Vorschlag bereits zugestimmt und ihn beschlossen.

Es ist zutreffend, dass ich mich ursprünglich gegen eine Beschaffung von Abfangjä­gern ausgesprochen habe. In der Folge – weil Sie das immer geflissentlich auslassen, möchte ich einmal darauf hinweisen – habe ich mich sehr massiv für die kostengünsti­ge Variante, nämlich für die Beschaffung von F-16 Mid-Life Update  eingesetzt (Zwi­schenrufe bei der SPÖ) und habe dann auf Grund der Empfehlung der Bewertungs­kommission und ihrer ausschließlichen Kompetenz, was die Typenentscheidung be­trifft, und des Vorschlags des Bundesministers Scheibner im Ministerrat den Ankauf des Eurofighters der Firma EADS als Bestbieter mitgetragen. (Abg. Eder: Sie sind um­gefallen!)

Zur Frage 14:

Auch da möchte ich nochmals ausdrücklich festhalten (Abg. Eder: Der „arme“ Scheib­ner ist „schuld“!), dass die in dieser Frage implizierte Unterstellung, dass ich für den Eurofighter interveniert hätte, nicht zutreffend ist.

Was die von Ihnen dargestellten Zahlen anbelangt, sagt mir das Landesverteidigungs­ministerium, das ich um deren Prüfung gebeten habe, sie seien nicht nachvollziehbar. Im Übrigen verweise ich auch hierzu auf meine Beantwortung der Dringlichen Anfrage vom 10. Juni 2003. (Abg. Mag. Kogler: Die Zahlen aus dem Budgetausschuss!)

Zur Frage 15:

Die Entscheidung der aus 33 Mitgliedern bestehenden und in fünf Untergruppen ge­gliederten Bewertungskommission erfolgte 4 : 1 für den Eurofighter, weshalb die Un­terstellung, dass die Entscheidung für EADS gegen die Vorschläge der ranghöchsten Militärs erfolgte, laut Auskunft des Landesverteidigungsministeriums schlichtweg falsch ist. (Abg. Dr. Pilz: Das ist die Unwahrheit! – Abg. Eder: Lauter Unwahrheiten!)

Laut Mitteilung des Bundesministeriums für Landesverteidigung untermauert die Kom­mission ihre Entscheidung für den Eurofighter unter anderem mit folgenden Argumen­ten: Am Programm Eurofighter sind vier große europäische Luftwaffen beteiligt, wes-


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halb zukünftige Maßnahmen für Modernisierungen und vor allem zur Senkung der Le­benslaufkosten auf mehrere potente Partner aufgeteilt sind. (Abg. Eder: Die glatte Un­wahrheit! – Abg. Dr. Pilz: Da biegen sich die Balken! – Abg. Mag. Kogler: Das zieht einem die Schuhe aus!)

Zweiter Punkt: Die technische Überlegenheit des Eurofighters gegenüber dem Gripen bei Triebwerk, Aerodynamik und Flugleistung ist in hohem Umfang gegeben. (Abg. Dr. Pilz: Notorische Unwahrheit!) Dies kommt bei den zu vergebenden Nutzwertpunk­ten nicht in ausreichendem Ausmaß zum Ausdruck, sagt das Landesverteidigungsmi­nisterium.

Zur Frage 16:

Der Name des Vereins lautet, wie Sie sicher der Presse entnehmen konnten, „Verein zur Förderung der New Economy“. Wer aller Vereinsmitglied ist, ist mir unbekannt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Es ist zutreffend, dass im Vereins­vor­stand meine Mitarbeiter Matthias Winkler, René Oberleitner und Fritz Simhandl tätig sind.

Zur Frage 18:

Besitzer dieser Domain ist, soviel ich weiß, der erwähnte Verein.

Zu den Fragen 19 bis 22:

Zu diesen Punkten ist festzuhalten, dass die Dienstverträge meiner Mitarbeiter vorse­hen, dass sie ihre Dienststunden erbringen müssen, wobei sich der Dienstplan nach den Bedürfnissen des Bundesministers richtet. Das war auch, wie Sie wissen, bei mei­nen Amtsvorgängern so. Deshalb ist die Aussage, dass sie während ihrer Dienstzeit meine Homepage betreuen, so nicht richtig.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass es die Aufgabe meiner Mitarbeiter ist, wie in jedem anderen Kabinett auch, politische Arbeit zu leisten. Es stellt sich damit die Frage: Wo ist der Unterschied, ob einer meiner Mitarbeiter einen politischen Beitrag für eine Zeitung schreibt oder dies in einem neuen, modernen Medium wie dem Internet tut? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: So ist es!) Aus diesen Gründen habe ich selbstverständlich auch an keine Mitarbeiter pri­vate Honorare gezahlt.

Zur Frage 23:

Ich habe der Firma „Lemon42“ nichts bezahlt.

Zu den Fragen 24, 25 und 28:

Wie Sie den Medien entnehmen konnten und wie mir berichtet wurde, erfolgte das Sponsoring ausschließlich durch die Industriellenvereinigung. (Abg. Eder: Da schau her!) Die Höhe der Beträge ist mir unbekannt.

Zur Frage 26:

Nach den Bestimmungen des Vereinsgesetzes hat jeder Verein seine Statuten von der Vereinsbehörde genehmigen zu lassen. Die Statuten können bei der Vereinsbehörde von jedermann eingesehen werden; von jeder Frau natürlich auch. Ob der vorliegende Verein gemeinnützig ist oder nicht, ist erforderlichenfalls vom zuständigen Finanzamt zu beurteilen. Veranlassungen hinsichtlich ordnungsgemäßer Besteuerung, unter an­derem auch von Vereinen, ist selbstverständlich eine der ureigensten selbständigen Aufgaben der Finanzverwaltung, auf die ich grundsätzlich im einzelnen Prüfungsfall keinen Einfluss nehme. Lassen Sie mich aber festhalten, dass mir selbstverständlich gerade in diesem Fall eine ordnungsgemäße Prüfung des Vereins ein Anliegen ist.


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Zur Frage 27:

Ich habe während meiner Amtszeit selbstverständlich keinerlei Geschenke angenom­men beziehungsweise persönliche Vorteile aus meiner Tätigkeit als Finanzminister bezogen. Im Übrigen verweise ich hierzu auf meine ausführliche Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vom 9. November 2001, Nr. 3049/J.

Zur Frage 29:

Diese Frage kann ich – da ich weder Mitglied des Vereins, noch in einer sonstigen Funktion in diesem Verein tätig bin – nicht beantworten.

Zu den Fragen 30 bis 32:

Diese Fragen kann ich ebenfalls aus dem oben erwähnten Grund nicht beantworten. Ich nehme aber an – Herr Präsident Verzetnitsch hat vorhin genickt –, dass weder der ÖGB noch die Arbeiterkammer finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt haben. (Abg. Nürnberger: Das ist die Wahrheit! Da sagt er einmal die Wahrheit!) – Danke, Herr Präsident! Mir wurde einmal die Wahrheit bestätigt, das ist auch ein Grund, mich zu freuen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zur Frage 33:

Diese Frage beantworte ich klar und eindeutig mit null.

Zur Frage 34:

Es ist zutreffend, dass Autogrammwünsche – auf welche Art auch immer sie bei mir einlangen, ob per Telefon, Fax, Gespräch, E-Mail, Internet – erfüllt werden, wobei die Versendung durch meine Kommunikationsabteilung auf Kosten des BMF erfolgt. Das war selbstverständlich auch bei meinen Amtsvorgängern die gängige Praxis.

Zur Frage 35:

Wer das Inserat finanziert hat, ist mir, wie ich schon bei der Beantwortung der Dringli­chen Anfrage vom 12. Juni 2003, Nr. 520/J, zum Ausdruck gebracht habe, nicht be­kannt. Diese Inserate wurden weder auf Initiative des BMF geschaltet, noch war das BMF an der graphischen Ausgestaltung beteiligt. Wie mir berichtet wird, hat Univ.-Dozent Dr. Christl für Professor Streissler einen ersten Entwurf inhaltlich erarbeitet.

Zur Frage 36:

Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich weder Vorteile gefordert noch an­genommen habe oder mir habe versprechen lassen, weshalb sich die steuerrechtliche Frage nicht stellt. Ich möchte des Weiteren betonen: Ich habe weder für die pflichtwid­rige oder pflichtgemäße Vornahme von Amtshandlungen oder für die pflichtwidrige oder pflichtgemäße Unterlassung von Amtsgeschäften von einem anderen für mich oder einen Dritten einen Vorteil gefordert, angenommen oder mir versprechen lassen. (Abg. Eder: Der Schmäh geht nicht mehr lange hinein! Lauter Schmäh! Das glaubt kein Mensch mehr!)

Zur Frage 37:

Soweit mir bekannt ist, hat keiner meiner Kabinettsmitglieder einen weiteren Verein eingerichtet.

Die Fragen 38, 39, 40 und 41 darf ich folgendermaßen beantworten:

Ich möchte zunächst, meine Damen und Herren, festhalten, dass mein Amtsvorgänger Rudolf Edlinger im Jahre 1998 (Abg. Eder: Jachturlaube! Wem gehört die Jacht?) einen Betrag in Höhe von 316 562,87 € und im Jahre 1999 einen Betrag in der Höhe


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von 248 904,40 € für Repräsentation ausgegeben hat. (Abg. Auer: Da schau her! – Weite­re Zwischenrufe bei der ÖVP. – Lebhafter Widerspruch bei der SPÖ.)

Demgegenüber wurden vom 4. Feber bis zum 31. Dezember 2002 von meiner Sei­te 61 900 € und im Jahre 2001 86 518 € an Repräsentationsausgaben verbucht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Brav! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Das bedeutet also: Ein Jahr Rudolf-Edlinger-Repräsentationsaus­gaben entspricht den Kosten, die ich in zwei Jahren für diese Zwe­cke aufgewendet habe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Vielleicht darf ich Ihnen, nachdem Sie zuletzt unter völliger Verdrehung der Tatsachen behauptet haben, dass ich 27 Millionen € für Werbekosten ausgegeben habe, auch noch Folgendes zur Kenntnis bringen: Die Werbekosten des Rudolf Edlinger im Jah­re 1998 beliefen sich auf knapp mehr als 3 Millionen €. Die Werbekosten im Bundes­ministerium für Finanzen unter Karl-Heinz Grasser beliefen sich im Jahre 2002 eben­falls auf knapp mehr als 3 Millionen €. – Das heißt: Bleiben wir bei den Fakten! Bei den Werbekosten liege ich gleichauf mit Rudi Edlinger, und bei den Repräsentationsausga­ben kosten zwei Jahre Karl-Heinz Grasser das, was ein Jahr Rudolf Edlinger gekostet hat. (Abg. Gaál: EU-Präsidentschaft! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie haben sich amüsiert über die Frage: Was kosten die Getränke, was kostet das Essen bei solchen Einladungen?

Ich habe in einer ähnlich lautenden Anfrage der Bundesräte Konecny und Kollegen vom 26. Februar 2002, Nr. 1909/J-Bundesrat, ausgeführt, dass für das gesamte Cate­ring dieser Veranstaltung, die damals hinterfragt und heute von Herrn Pilz erwähnt wurde, Kosten in der Höhe von 3 926,92 € angefallen sind. Für die musikalische Um­rahmung sind keine Kosten entstanden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Einladung erging bis jetzt zweimal am Vorabend des Opernballs, und zwar an in­ternationale Top-Unternehmer – egal, ob sie aus Deutschland, aus der Schweiz, aus Liechtenstein, aus Luxemburg oder aus Übersee waren. Selbstverständlich war auch ein Top-Unternehmer aus Österreich dabei. Bei dieser Gelegenheit galt mein Interesse einzig und allein dem Ziel, ihre Investitionen beziehungsweise ihre Bereitschaft, zu investieren, auf den Wirtschaftsstandort Österreich zu lenken.

Ich möchte des Weiteren darauf hinweisen, dass bei diesen zwei Empfängen offizielle Repräsentanten, wie zum Beispiel der Managing Director des Internationalen Wäh­rungsfonds Horst Köhler, wie zum Beispiel Henri Grethen, der Verkehrs- und Wirt­schaftsminister von Luxemburg, sowie Klaus Liebscher, Gouverneur der Oesterrreichi­schen Nationalbank, eingeladen waren.

Wie Sie daraus ersehen können, sind derartige Einladungen in meinem Ressort durch­aus nicht häufig und dienen ausschließlich der Förderung des Wirtschafts- und Ar­beitsstandorts Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was die Frage 42 betrifft, so möchte ich auf die polemische Unterstellung antworten und Sie darauf hinweisen, dass durch die erfolgreiche Arbeit der Regierungen Schüs­sel I und Schüssel II der Schuldenstand der ÖIAG verringert wurde, den ich von mei­nem sozialdemokratischen Vorgänger ebenso übernehmen musste wie Finanzschul­den in einem Ausmaß von 133 Milliarden €, jährliche Zinszahlungen von 6,6 Milliar­den € und außerbudgetäre Schulden von knapp 20 Milliarden € – also offen­sichtlich ein schlecht geführtes Unternehmen.

Wir haben diesen Schuldenstand von mehr als 6 Milliarden € auf unter 2 Milliarden € gesenkt. Wir werden daher zugunsten der Steuerzahler und auch zugunsten zukünfti-


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ger Generationen diese erfolgreiche Privatisierungspolitik fortsetzen. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Entschuldigen Sie, dass ich etwas zu lange gebraucht habe, aber Sie haben mir 42 Fragen gestellt.

Ich möchte abschließend nochmals entschieden die Vorwürfe zurückweisen, die erho­ben worden sind, was Schiebung, Amtsmissbrauch oder sonstige Vorwürfe betrifft. Das BMF wird vorbildlich und korrekt geführt, und ich möchte abschließend Eines festhal­ten: Das, was Sie hier veranstalten, meine Damen und Herren, wird bei Aristoteles – wenn Sie Aristoteles einmal gelesen haben sollten, so wissen Sie das – in seinem be­rühmten Werk „Der Politiker“ im dritten Buch, wo es um die Zuerkennung der Staats­ämter geht, als Ostrakismos beschrieben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das Buch ist neu! Sie haben es nicht gelesen! Das Buch ist neu und ungebraucht! Sie haben es besten­falls lesen lassen!)

Ostrakismos, Herr Abgeordneter Gusenbauer, heißt auf Deutsch „Scherbengericht“ und bezeichnet ein Verfahren im antiken Athen, das es erlaubte, jemanden des Landes zu verweisen, ohne ihn eines Vergehens schuldig gesprochen zu haben.

Politisch gesprochen: Sie haben die Wahlen verloren, Sie haben es nicht geschafft, eine erfolgreiche Regierung zu Fall zu bringen, jetzt versuchen Sie es mit Polemik und Vernaderung. Ich ersuche Sie: Kehren Sie zur Sachpolitik zurück, sonst werden die Wähler Sie wiederum bestrafen! (Lebhafter, lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Redezeit: 10 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


15.51

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Wenn Sie schon auf die 10 Minuten rekur­rieren, dann möchte ich der Ordnung halber festhalten, dass die Beantwortung bezie­hungsweise großteils Nicht-Beantwortung des Herrn Finanzministers geschäftsord­nungsunkonform 27,5 Minuten lang gedauert hat.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, Sie wissen genau, dass die Ge­schäftsordnung eine Soll-Redezeit vorsieht, die das Regierungsmitglied beliebig lange überziehen kann. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der Rekord wurde in der vorletzten Le­gislaturperiode mit 56 Minuten gemacht. Daher war diese Vorgangsweise absolut ge­schäftsordnungsgemäß. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie sind wieder am Wort, Herr Abgeordneter Kogler!

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Die Frage hat sich darauf bezogen, dass man 27,5 Minuten in Anspruch nehmen und derart – und ich sage: offensichtlich absichtlich! – an den Fragen vorbeireden kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Gegenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn Sie mir jetzt einen Vorgriff auf ein Resümee erlauben, dann den, dass man viel­leicht doch Eines gelernt hat, nämlich was „New Economy“ alles sein kann. Schlag


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nach bei Sokrates! Offensichtlich gibt es da einen neuen Berater-Vertrag (Zwischenru­fe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), denn das hätte nicht einmal ich Ihnen so unter­stellt, weil das eben alles völlig an dem vorbeiging, was hier gefragt wurde. – Schon wieder eine Flucht nach vorne, die im Fettnapf landete! Gratuliere! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die nächste Erkenntnis ist, dass offensichtlich der Begriff – wieder in Neudeutsch – „public-private partnership“ durch Sie eine ganz neue Deutung möglich macht. Aber das ist in Ihrem Hause offensichtlich sehr beliebt, Herr Finanzminister, denn auch in dieser Sache gibt es Beratungsaufträge. Damit werden wir uns noch beschäftigen müssen, nämlich, wie da regelmäßig – und das ist eigentlich der Hauptvorwurf –, ab­sichtlich oder unabsichtlich – zum Teil unabsichtlich, vermute ich sogar bei Ihnen – Öffentliches und Privates vermischt wird. – Das ist bei einem Bundesminister einfach unerträglich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist der rote Faden, der sich durch Ihre Beantwortung, Herr Finanzminister Grasser, zieht, aber das ist auch schon der einzige, den man hiebei sehen konnte. In der Be­antwortung einer Dringlichen Anfrage der Opposition beziehungsweise einem ihrer Redner zum Vorwurf zu machen, dass das ein „absurdes Theater“ gewesen wäre, kann doch nur als unerhört bezeichnet werden! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das einzige Absurde in dieser Sache ist Ihr Amtsverständnis, Herr Bundesminister Grasser – und aus diesem resultiert offensichtlich auch Ihre Art von Verantwortung (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), wenn man diese Fragen so beziehungs­weise offensichtlich gar nicht beantworten will! Das Einzige, Herr Minister Grasser, was von Ihnen beantwortet wurde, sind Fragen, die überhaupt nicht gestellt wurden! – Aber in den nächsten 8 Minuten werden wir uns ja dieser Sache wahrscheinlich nä­hern. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie, Herr Minister Grasser, sagen, was die Eurofighter-Beschaffung betrifft: freihändige Vergabe! Gott sei Dank haben Sie auch dazu gesagt, dass das kein freihändiges Schalten und Walten bedeutet. – Im Übrigen mache ich Sie darauf aufmerksam, dass Sie da schon wieder – geradezu missbräuchlich! – den Rechnungshof ins Spiel zu bringen versucht haben. – Dazu darf ich Ihnen sagen: Der Rechnungshof hat bis jetzt überhaupt nur das Zustandekommen der Ausschreibung geprüft – und sonst nichts!

Wir sollten uns in diesem Hohen Hause dagegen verwahren – da ja der Rechnungshof eine Einrichtung des Parlaments ist und keine von Ihnen –, dass der Rechnungshof von Ihnen, Herr Bundesminister Grasser, hier dauernd und in absolut missverständli­cher Art und Weise ins Spiel gebracht wird. Das kann nicht länger geduldet werden! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber das passt ja ins Bild: Sie, Herr Minister, haben erwähnt, dass Sie sich zwischen­zeitig für die F 16 eingesetzt haben. Das ist richtig! Doch was vor allem richtig ist, das ist der Umstand, dass Sie, Herr Minister, sich geradezu zu einem Protagonisten für die F 16 gemacht haben (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen) – und das zu einer Zeit, als die F 16 offiziell bereits aus dem Anbot und aus dem Verfahren aus­geschieden worden war, damit Sie mit einem Veto gegen den Gripen das eine fördern können! Das, Herr Minister Grasser, machen wir Ihnen zum Vorwurf! – Dieses Problem taucht aber auch an anderen Stellen auf.

Es ist unfassbar, dass sich ein Minister für ein Produkt einsetzt, indem er sagt, mög­lichst billig soll es sein, wobei sich dann im Nachhinein eindeutig herausstellt, dass sich das Ganze gar nicht mehr in der Ausschreibungsphase befand! Da sollen wir Ihnen, Herr Bundesminister Grasser, die restlichen Antworten glauben?! – Damit haben Sie


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sich doch von vornherein disqualifiziert, wenn Sie mich fragen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kommen wir zu den haarigeren Dingen: zu Ihren Kontakten und der völlig unzulässigen und jeder vernünftigen Vergabepraxis widersprechenden Art, sich als Finanzminister der Republik Österreich mit Firmenvertretern, und zwar im Wesentlichen genau von einer Firma, zu treffen. (Bundesminister Mag. Grasser: Das ist Unsinn!) – Sie sagen doch selber dauernd, dass das in erster Linie die Firmenvertreter von EADS waren! Es wird Ihnen wenig nützen, wenn Sie, Herr Minister Grasser, das jetzt so hindatieren wol­len, als ob Sie während der offenen Ausschreibungsfrist gerade mit EADS-Vertretern keine Gespräche zum Thema Abfangjägerbeschaffung geführt hätten! (Bundesminister Mag. Grasser: Zwei Gespräche!)

Ich halte Ihnen noch einmal das Protokoll vom letzten Mal vor. Es habe, sagten Sie vorige Woche, Herr Minister Grasser, als es noch lange keine Typenentscheidung ge­geben habe, politische Gespräche gegeben, um Informationen zu beschaffen und ähn­liches mehr.

Jetzt, im Zusammenhang mit der Abfangjägerbeschaffung, haben Sie offensichtlich den „Braten“ gerochen und erkannt, dass Sie sich bei Ihrer Flucht nach vorne offen­sichtlich zu weit hinausgelehnt haben, und jetzt behaupten Sie nur mehr: keine Ge­spräche – ich habe das mitgeschrieben! – zur Abfangjägerbeschaffung in offener Frist.

An Ihrer Stelle, Herr Finanzminister, hätte ich vielleicht in der letzten Not heute auch nichts mehr anderes gesagt, aber eines kann man feststellen: Glaubwürdig ist das nach all diesem Drumherum in keiner Weise mehr! Das muss ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Bundesminister Mag. Gras­ser: Eine Unterstellung nach der anderen!)

Solche Kontakte sind – so oder so – unzulässig, und mit ihnen haben Sie gegen jede vernünftige Praxis verstoßen! (Bundesminister Mag. Grasser: Unvernünftig sind Sie!) Das nährt natürlich den Verdacht auf Manipulation, den Verdacht auf Schiebung – auch wenn Sie es nicht mehr hören wollen!

Wozu hat das geführt? – Die Kosten, die Sie selbst, Herr Minister Grasser, im Budget­ausschuss angegeben haben, sollen jetzt plötzlich nicht mehr gelten?! – Ihrer eigenen Darstellung nach handelt es sich hier gegenüber den Alternativangeboten um Mehr­kosten von mindestens 1 Milliarde €, meinten Sie im Ausschuss! – Doch jetzt, Herr Minister, wollen Sie sich billig „abseilen“! – Das ist doch völlig unzulässig, Herr Bundes­minister Grasser! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Eine „Grasser-Milliarde“ – eine „Schiebungsverdachts-Milliarde“: Das hat der Steuer­zahler auszubaden! Damit könnten wir den Härteausgleichsfonds 100 Jahre lang dotie­ren. Das sage ich Ihnen an dieser Stelle auch!

Aber das Beste an der Sache ist doch die, dass man im Internet die Homepage „www.karlheinzgrasser.at“ finden kann, eine Website, über die viele schon Bescheid wissen, nur einer offensichtlich nicht, nämlich Karl-Heinz Grasser. – Das ist doch samt und sonders unglaubwürdig, was Sie hier diesbezüglich dargeboten haben! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Minister, in einem einzigen Satz haben Sie es geschafft, zu sagen, dass die Mit­arbeiter in ihrer Dienstzeit nicht dort arbeiten würden, aber irgendwie doch dort tätig wären – so lautete es dann plötzlich im zweiten Halbsatz Ihrer Aussage –, weil man, wie Sie meinten, das ja mit der Arbeit für Zeitungen vergleichen könne. – Das alles ist doch äußerst unglaubwürdig!


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Nochmals: Diese Vermischung von Privat und Öffentlich ist offensichtlich Ihr Stil! Mög­licherweise verstehen Sie es gar nicht besser, und möglicherweise ist das ein Teil einer Entschuldigung, weil Sie regelmäßig so vorgehen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Da wundert es mich auch nicht, Herr Minister, dass Sie die Berater-Verträge so gestal­ten, dass das Staatliche um Schleudergeld zum „Privaten“ gemacht wird.– Das ist of­fensichtlich Ihr Credo, das ist Ihr Prinzip, das haben Sie persönlich geradezu verinner­licht! Das kommt dabei heraus!

Außerdem kommt noch Folgendes dabei heraus: Wenn zu viel Staatliches auf Privat umgemünzt wird, dann gibt es eine ungeheure Verschwendungssucht. Ich sage Ihnen: „Euroteam“ – weil Sie, meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP, sich da so aufge­regt haben – ist eine Lappalie gegen das, was da vorgeht! Da herrscht Freunderlwirt­schaft und Verschwendung – und das in einem Maße, das ich Ihnen bis vor wenigen Tagen überhaupt nicht zugetraut hätte, das sage ich ganz ehrlich!

Das Problem ist – und das stellen wir mit dieser Dringlichen Anfrage dar –: serienwei­ses Fehlverhalten eines Bundesministers! Ich betone: Serienweises Fehlverhalten! Mir fällt dafür überhaupt keine Entschuldigung ein – außer die, dass Sie, Herr Minister Grasser, eine gewisse Neigung dazu haben, weil Sie es nicht anders verstehen, als das Private und das Staatliche regelmäßig in einer einzigen „Waschmaschine“ zu ver­mischen! Mit Weißwaschung hat das jedoch nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ein Minister, der sich um Geld bei einer Interessenvertretung anstellt, ist untragbar! Ein Geldnehmer und Geschenkegreifer ist untragbar! Das geht zu weit! Freunderlwirtschaft und Verschwendung haben wir schon lange genug hier gehabt. Wir hätten Ihnen das bis vor kurzem nicht zugetraut, Herr Minister Grasser! (Abg. Scheibner: Redezeit!)

Herr Minister! Ziehen Sie nach dieser Darstellung die Konsequenzen! Privatisieren Sie sich selbst! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Jakob Auer. Wunschgemäße Redezeit: 8 Minuten; gechäftsordnungsgemäße Redezeit: 10 Minuten. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.00

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Verehrte Damen und Herren! Das ist offensichtlich der neue Sommerspielplan der Opposition: Grasser anschütten! – Mehr fällt Ihnen nicht mehr ein, und das ist eigentlich ein bisschen bedauerlich, verehrte Damen und Herren von der Opposition!

Herr Kollege Pilz, Sie haben Herrn Bundesminister Grasser fragwürdige Dinge unter­stellt. – Sie sollten einmal Ihre eigene Fragwürdigkeit hinterfragen! Das wäre einmal angebracht, verehrte Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), denn verdächtigen allein ist zu wenig, nehmen Sie das ein für alle Mal zur Kenntnis!

Offensichtlich ist das – wie ich bereits ausgeführt habe – der Sommerspielplan von Pilz, Josef Cap und Co, der früher von Pilz ja noch als „Seppi“ bezeichnet wurde, wie man im Stenographischen Protokoll nachlesen kann, „lieber Seppi“ steht hier. Man hat jetzt wieder einmal zur alten Freundschaft zurückgefunden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der grünen Fraktion, gerade Sie sind angespro­chen! Diese Dringliche Anfrage wäre wirklich eine Chance gewesen. In früheren Zei­ten, als die ÖVP und die Freiheitliche Partei noch in Opposition waren, gab es noch


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Dringliche Anfragen mit Inhalt, da war etwas dahinter, da war etwas los, doch heute bot die Dringlich Anfrage – eines der wesentlichsten Instrumentarien des Parlamentaris­mus – ein eher jämmerliches Bild. Dringliche Anfragen dieser Art – wenn sie nicht bes­ser werden – können Sie sich sparen, verehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nur um Luftblasen von hier loszulassen, dazu brauchen wir Sie nicht, das können wir selbst besser. (Ironische Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Es wäre wirklich notwendig und wünschenswert gewesen, eine sachliche Auseinandersetzung darüber zu führen, was Sie dem Herrn Bundesminister vorwerfen, aber auch über die Fakten des Budgets, über die Fakten der erfolgreichen Arbeit. Aber dazu wären wahrscheinlich Gewissenhaftigkeit und Seriosität, etwas, was mit Pilz sehr schwer in Einklang zu bringen ist, notwendig gewesen.

An dieser Stelle vielleicht auch ein Vergleich mit dem Wunschprogramm und der Wunschkoalition Rot-Grün aus Deutschland: Wie geht es denn diesen Mitbewerbern, diesem Wunschbild, das uns hier immer gezeigt wird? – Wie bekannt, es blieb beim erfolglosen Versuch, es wird auch dabei bleiben.

Aber Pilz wollte es nach der verunglückten Dringlichen betreffend die Abfangjäger, nach der nicht gerade erfolgreichen Dringlichen des Josef Cap in der vorigen Woche, offensichtlich noch einmal versuchen. Walter Murauer hat es schon einmal aufgezeigt: Bei Pilzen’s Anfragen steht auf seinen Blättern nicht viel drauf und es ist schon gar nichts drin!

Aber was soll es? – Eine gewisse Dreckschleuderei ist angesagt. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege, Sie wissen, diesen Ausdruck akzeptieren wir nicht! Ich bitte, ihn durch einen anderen zu ersetzen!

 


Abgeordneter Jakob Auer (fortsetzend): Herr Präsident! Es ist eine politische Dreck­schleuderei. Es tut mir Leid, das sagen zu müssen: Es ist eine politische Dreckschleu­derei, die hier passiert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Gaál: Nehmen Sie das zurück!)

Verehrte Damen und Herren! Wenn das unter dem Motto: Wenn es schon nicht hilft, einige mediale Schlagzeilen werden ja übrig bleiben! passiert, dann frage ich mich: Mit Schmutz um sich zu werfen, mit so viel politischem Schmutz um sich zu werfen, was soll das an und für sich bezwecken? Anschließend beklagen wir uns wieder alle mit­einander darüber, dass der politische Stellenwert auf ein Minus sinkt, dann beklagen wir uns alle wieder über das katastrophale Image. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Sagen Sie doch offen – sagen Sie es doch offen! –: Die Pensionssicherungsreform ist erfolgreich beschlossen worden, das Budget ist im Laufen, die Budgetkennzahlen sind im Vergleich zu Deutschland hervorragend, die Arbeitslosenzahlen sind im Vergleich zum rot-grünen Deutschland bestens, die Gesundheitspolitik allemal noch besser als in diesem von Ihnen so propagierten Land. Es bleibt Ihnen somit nichts anderes übrig, als einen der populärsten Minister anzupatzen, und das bedauere ich.

Der Wahlstratege der SPÖ hat es ja klargemacht. Haben Sie schon vergessen, dass dieser nach der Wahl meinte, es wäre ein strategischer Fehler gewesen, den populä­ren Minister Grasser nicht anzugreifen? (Abg. Gaál: Er gehört Ihnen!) Na ja, die Reak­tionszeit ist sensationell. Jetzt beginnt man eben wieder von vorne. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Österreich ist dank dieses Bundesministers, ist dank dieser erfolgreichen Regierung gut unterwegs. Natürlich gibt es auch noch Problembereiche – niemand hindert uns, noch besser zu werden, das ist gar keine Frage –, aber im Vergleich zu Ihrem Modell Rot-Grün sind wir ein Musterbeispiel, spielen wir in der Champions League, sind wir Weltmeister. Das rot-grüne Modell in Deutschland kann sich höchstens in der Landes­liga dem Bewerb stellen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Meine Damen und Herren! Budget Deutschland: blauer Brief aus Brüssel. Arbeitslo­senzahlen in Deutschland: zum Fürchten. Die Schlagzeilen in den Medien in Deutsch­land: „in der Sackgasse des Stillstandes“, „neuer Pleitenrekord“, „300 000 betroffene Arbeitnehmer“, „Milliardenloch im deutschen Budget“. Der Finanzminister Deutsch­lands, Eichel, erklärt, seine schwierigste Zeit in den letzten vier Jahren sei jetzt ange­kommen. „Dieses Land“, so meinte er, „braucht eine fundamentale Neuausrichtung der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.“

Kommunen in Deutschland: zahlungsunfähig. – Wir haben auch nicht den besten Fi­nanzausgleich, aber im Verhältnis dazu sind wir wirklich großartig unterwegs. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Wenn Sie es nicht glauben, hier zum Beispiel der Unterschied in den Bundesländern, Stand letzte Woche: Oberösterreich hat ja, wie bekannt, hervorragende Zahlen, Wien liegt deutlich schlechter. Das wissen wir, das behaupte nicht ich. (Abg. Gaál: Dank der Bundespolitik! Dank Ihrer Politik!)

Interessant, Herr Kollege Gaál: Wenn Wien dank der Bundespolitik so schlecht liegt, wem statte ich dann den Dank aus Sicht Oberösterreichs ab, verehrte Damen und Her­ren? – Das einmal beantwortet zu bekommen, würde mich freuen.

Wien hat im Vergleich zum Mai des Vorjahres ein Plus von 2 973 Arbeitslosen zu ver­zeichnen, Oberösterreich ein Minus von 1 367. – So weit das AMS Oberösterreich, keine ÖVP-Zeitschrift, damit das auch festgehalten wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Interessant ist auch, was Norbert Walter, der Chefökonom der Deutschen Bank, auf die Frage, wie man denn der deutschen Wirtschaft helfen könnte, sagt: Beten für Deutsch­land kann natürlich nie schaden, aber besser wäre es, die Österreicher sagen denen in Berlin, was sie sich von Österreich abschauen können, denn eines ist sicher: Einen Finanzminister Grasser und seine Politik hätten wir in Deutschland auch gerne. – Dem ist wohl nichts hinzuzufügen, oder? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben heute nicht den Funken eines Beweises erbracht, das Gebäude an Ver­dächtigungen, Unterstellungen, das Sie hier so schön aufgebaut hatten, ist wiederum, wie zu erwarten, in sich zusammengebrochen. Sie, verehrte Damen und Herren gera­de von der Opposition, sollten einmal in sich gehen, die Sommerpause nützen, überle­gen, wie man positive Dringliche Anfragen stellen kann, aber schütten Sie keinen er­folgreichen Minister an! Wir stehen zu ihm – 100-prozentig! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Für den Ausdruck „Dreckschleuderei“ erteile ich einen Ordnungsruf, Herr Abgeordneter Auer.

 


Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. Ich bitte um eine ordentliche Diskussi­on. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Cap.


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16.09

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wozu haben Sie jetzt eigentlich applaudiert? Ich verstehe das überhaupt nicht. Wollen Sie sich gegenseitig Mut zuklatschen? – Okay, wenn Sie’s benötigen!

Dass die Dringliche Anfrage heute notwendiger denn je ist, das wird sich wohl aus dem Inhalt und der Substanz dieser Anfrage und vor allem aus den Nicht-Antworten bewei­sen, denn hier wurde mehr als nicht geantwortet, und es ist ein demokratiepolitischer Skandal, dass man hier von der Regierungsbank aus alle belehrt, heruntermacht und dann noch dazu die Fragen nicht beantwortet. Das ist wirklich skandalös! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Im Übrigen, so glaube ich, ist der Zustand des Finanzministers am besten durch die Rednerliste von ÖVP und FPÖ. Da kommt kein Klubobmann hier heraus ans Redner­pult. – Gelt, Herr Klubobmann Molterer, da bleiben Sie lieber sitzen! (Abg. Scheibner: Wir haben mehr als zwei gute Leute!) Herr Klubobmann Scheibner, da bleiben Sie lie­ber sitzen! Da wird der Herr Finanzminister nicht verteidigt.

Was der Herr Finanzminister gemacht hat, war bereits das Verlesen einer Stellung­nahme seines Rechtsanwaltes, das war nicht die politische Stellungnahme eines Fi­nanzministers. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das lässt sich – auch ablesen (in Richtung ÖVP) – auch an ganz fein ziselierten For­mulierungen ablesen: Gespräche von wesentlichem Inhalt – was kann das sein? Sie hatten zwar einen Inhalt, sie waren ganz wesentlich, sie waren halbwesentlich? „In Sachen Abfangjäger“ – was heißt denn das? Hat man jetzt über Abfangjäger gespro­chen oder nur „in Sachen Abfangjäger“?

Eine besonders reizende Formulierung: während der Dienstzeit, „so nicht richtig“. – Ist das jetzt richtig oder nicht?

Welche Formulierungen waren das, Herr Finanzminister? Die kann ja nicht einmal Ihr Rechtsanwalt vorgeschlagen haben. Es stinkt ja bis in die Reihen hinaus, dass etwas nicht stimmt, wenn man zu solchen Formulierungen greifen muss! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Vergleich mit Finanzminister Edlinger ist daneben gegangen, denn das war, wie Sie wissen – und da wird die ÖVP nur zustimmend nicken können –, in der Zeit der EU-Präsidentschaft, damals war ein erhöhter Bedarf gegeben. Von einer privaten Homepage war da nichts zu sehen.

Auch da stimmt der Vergleich nicht: Wenn private Homepage-Angelegenheiten auf dem Papier des Finanzministeriums beantwortet werden und wenn offiziell der Steuer­zahler das Porto zu berappen hat, dann ist das eine Vermischung von Dienstlichem und Privatem. Das ist nicht zulässig! Das ist Amtsmissbrauch! Das sei in diesem Rahmen endlich einmal festgestellt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Damit komme ich zum Nächsten – ich möchte das auch den Kolleginnen und Kollegen von den Medien noch einmal sagen –: Es kann keine Gleichstellung der Qualität der Gespräche geben, wenn der Herr Finanzminister mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden von EADS, mit dem US-Botschafter oder der Stellvertretenden Ministerpräsidentin von Schweden spricht. Das wäre ein Sand-in-die-Augen-Streuen. Damit kommen Sie bei keinem einzigen Verfahren, bei keinem einzigen Untersuchungsausschuss durch, denn das ist von der Qualität her nicht gleich.

Die einen waren die Firmenvertreter, und da möchte ich wissen, was Sie außer über Abfangjäger mit denen noch besprochen haben. Das würde mich fast noch mehr inte­ressieren. Weshalb sollten Firmenvertreter bei Ihnen herumscharwenzeln? Die wollen ja irgendetwas wissen, die wollen mit Ihnen ja wahrscheinlich etwas besprechen. –


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Das ist unvereinbar! Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dann kommt noch die unglaubliche Chuzpe dazu, uns erklären zu wollen, dass das von der Qualität das Gleiche ist, wenn Sie mit dem US-Botschafter über die F-16 und mit der Stellvertretenden Ministerpräsidentin von Schweden über die Gripen reden. – Das ist nicht vergleichbar!

Ich wünsche mir einen Untersuchungsausschuss, damit das endlich einmal wirklich behandelt werden kann.

Ich komme zum Nächsten: Da werden 37 Professoren vom Herrn Christl, Ihrem Bera­ter im Kabinett, angerufen, und keiner weiß bis heute, wer das finanziert, keiner fragt. Plötzlich kommen die Inserate, und sie sind da.

Nächster Punkt: Da gibt die Industriellenvereinigung in der Öffentlichkeit zu: Jawohl, wir haben zur Durchsetzung unserer Politik dem Finanzminister Geld überwiesen. – Was ist das sonst außer Geschenkannahme, bitte schön, womit Sie Ihre private Home­page finanzieren? Kommen Sie doch nicht mit solchen Geschichten daher! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Natürlich will die Industriellenvereinigung – wie ein Kommentator einer Zeitung heute geschrieben hat – die Senkung der Körperschaftsteuer. Natürlich ist sie interessiert am Abverkauf von einzelnen Unternehmen der ÖIAG, natürlich! – Das ist unvereinbar, wenn da Geld fließt, Herr Finanzminister! (Abg. Gaál: Treten Sie zurück!) Das kann so nicht sein! Sie sind rücktrittsreif, wenn Sie sich hier herstellen und das auch noch ver­bergen wollen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Nehmen Sie das zur Kenntnis und machen Sie das Parlament nicht so herunter, wür­digen Sie es nicht so herab mit dieser Art von Antworten! Aber Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, verbinden Sie nicht Ihr politisches Schicksal mit jenem des Herrn Finanzministers! Herr Auer hat das heute getan, er hat das politische Schicksal der ÖVP mit dem des Herrn Grasser verbunden. Sie werden sich noch wun­dern, wo Sie damit enden werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Redezeit: 10 Minuten gemäß der Geschäftsordnung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Die Hassausbrüche von SPÖ und auch von den Grünen, Ihre Aufgeladenheit wäh­rend der Beantwortung des Finanzministers zeigen, was Sie wirklich beabsichtigen, nämlich Schmutzkübel über einen Menschen auszuleeren, der seine Arbeit gut ge­macht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie wollen sein Ansehen rui­nieren, und Sie wollen ihn ganz einfach mies machen. Das ist ganz einfach Ihre Ab­sicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen und auch von der SPÖ! Weshalb Sie überhaupt eine Dringliche Anfrage stellen, das frage ich mich, denn die Beantwortung des Herrn Finanzministers haben Sie ja überhaupt nicht zur Kenntnis genommen! Was er gesagt hat, war für Sie uninteressant. (Zwischenrufe bei den Grü­nen.)

Wissen Sie, wie mir das vorkommt? – Wie eine unzulässige Einvernahme durch eine Polizeibehörde, die unbedingt einen Täter überführen möchte. Egal, was jemand sagt, es gilt nur das, was der Ermittler behauptet, und wenn das darin gipfelt, dass man sagt – wie Abgeordneter Kogler das gemacht hat –: Sie haben eine Neigung dazu! –


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Nein, danke, zu einer solchen Oppositionspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie wollen Schuld dort konstruieren, wo es überhaupt keine gibt, und Sie sind nicht einmal bereit, sich die Argumente anzuhören. Schauen Sie sich einmal die Übertra­gung an, wie Sie reagiert haben, als der Bundesminister geantwortet hat. Sie haben überhaupt nicht zugehört – und dann behaupten Sie, er hätte Ihre Fragen nicht beant­wortet, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Fest steht – und daran können Sie auch nicht rütteln –: Wir haben einen angesehenen und in der Öffentlichkeit sehr beliebten Finanzminister, der trotz rigoroser Sparpolitik unangefochten in allen Rankings an der zweiten Stelle, hinter dem Bundespräsidenten, liegt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Van der Bellen: Nicht mehr lange! – Abg. Dr. Matznetter: Aber nicht mehr lange!) Herr Kollege Matznetter, ich habe noch nie gesehen, dass Sie bei einem Ranking so weit vorne liegen, Sie rangie­ren irgendwo an der 25. Stelle. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) Nach Ihnen wird ja nicht einmal gefragt, und nach Ihnen auch nicht, Herr Abgeordneter. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Bures.) Frau Abgeordnete Bures, für Sie gilt genau dasselbe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben einen angesehenen Finanzminister. Wir haben eine Opposition, die alles daransetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Regierung zu stürzen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Richtig!) Die SPÖ deshalb, weil sie glaubt, dass nur sie für Regierungsarbeit in Österreich prädestiniert ist, weil sie glaubt, dass sie sozusagen die Regierungspacht hat, und die Grünen deshalb, weil sie glauben, dass sie als Anhäng­sel der SPÖ in einer rot-grünen Regierung irgendeine Rolle spielen würden. Offensicht­lich wollen Sie da ihre teilweise so weltfremde und utopische Politik durchsetzen, die Sie sonst nicht über die Bühne bringen können.

Sie von der Opposition haben gemeint, dass die Pensionsreform dazu beitragen wür­de, diese Regierungskoalition zu spalten. Jetzt sind Sie enttäuscht, weil das nicht pas­siert ist. Aber trotz der harten Debatten, die es gegeben hat, auch trotz der internen Auseinandersetzung zwischen FPÖ und ÖVP ist es Ihnen nicht gelungen, diese Regie­rung auseinander zu dividieren. Diese Regierung ist gefestigt wie immer und kann auf eine große Reform zurückblicken! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironi­sche Heiterkeit bei der SPÖ.)

Was tut die Opposition? Da brauche ich mich gar nicht selbst anzustrengen, sondern da brauche ich nur die „Presse“ zu zitieren:

„Der Zug ,gestürzte Regierung‘ ist abgefahren, jetzt bastelt die Opposition an einer anderen Strategie. Weil Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nicht zu kippen war und auf absehbare Zeit auch nicht sein wird ..., schießen sich SPÖ und Grüde auf ein anderes Opfer ein: Karl-Heinz Grasser.“

Der Finanzminister ist zum erklärten Feindbild von Rot-Grün geworden, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das sage nicht ich, sondern ich gebe hier nur das wieder, was die „Presse“ geschrie­ben hat, was Journalisten meinen.

Die Strategen von SPÖ und Grünen sagen ja ganz offen: „Das Thema Grasser“ soll „als ,Stellvertreterkrieg’ zum innenpolitischen Dauerbrenner des Sommers werden“. – Der Zweck ist der, die Koalition zu Fall zu bringen, Neuwahlen auszuschreiben, damit Rot und Grün sich etablieren können. Sie rechnen sich jetzt bessere Chancen aus als noch vor einem halben Jahr, meine sehr geehrten Damen und Herren.


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Das heißt also, der Minister, ein angesehener Minister muss jetzt als Zielscheibe für die Opposition herhalten! Daran sieht man wieder einmal, wie Sie arbeiten: Es wird jemand auf die Verliererstraße gedrängt, der in Wirklichkeit eine sehr positive Politik gemacht hat.

Herr Abgeordneter Pilz, es ist nicht notwendig geworden, die dritte Anfrage innerhalb kürzester Zeit an den Finanzminister zu stellen, sondern Sie haben Nichtigkeiten zum Anlass genommen – und Sie konnten ja heute Ihre Dringliche Anfrage gar nicht ordent­lich begründen –, um zum dritten Mal eine Anfrage zu stellen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Ich habe sehr gut zugehört, denn ich bin nicht so emotional aufgeheizt wie Sie, dass ich überhaupt nicht mehr zuhören kann, sondern nur Zwischenrufe tätige. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wie es mit dieser Hatz weitergehen wird, ist heute schon angeklungen, und wir haben es auch den Medien schon entnommen: Das heißt, dass Sie morgen höchstwahr­scheinlich einen Misstrauensantrag einbringen werden, obwohl der Herr Minister heute all Ihre Fragen beantwortet hat (Ruf bei den Grünen: Sicher nicht! – Abg. Dr. Van der Bellen: Das glauben Sie wohl selber nicht!), obwohl der Herr Minister schon in der Vorwoche alle Fragen beantwortet hat! (Neuerlicher Widerspruch bei den Grünen.) – Sie haben eben nicht aufgepasst, weil Sie immer nur wütend heruntergeschrien haben; das habe ich Ihnen schon einmal gesagt.

Wissen Sie was, ich gebe Ihnen einen Rat: Überprüfen Sie Ihre Politik der Einbringung von Misstrauensanträgen, denn es stellt sich doch die Frage, ob das nicht zum Rohr­krepierer wird oder ob das nicht nach hinten losgeht. Sie haben nämlich gegen Minister Böhmdorfer bereits sieben Mal Misstrauensanträge eingebracht (Abg. Dr. Glawisch­nig: Völlig zu Recht! – Abg. Öllinger: Zu Recht!) – horchen Sie zu! –, und jetzt liegt Minister Böhmdorfer im Ranking von „NEWS“ – und das glauben Sie ja, weil Sie ja alles glauben, was im „NEWS“ steht; das hören wir ja öfters (Heiterkeit bei Abgeord­neten der ÖVP) – an hervorragender Stelle! (Abg. Brosz: Weil er mit der Pen­sions­reform nichts zu tun gehabt hat!) Dies deshalb, weil er gute Sacharbeit leistet, weil das Barometer für die Menschen in Österreich die Sacharbeit ist, und nicht diese Ihre miese Politik – Entschuldigung, „mies“ nehme ich gleich zurück, denn sonst be­komme ich einen Ordnungsruf –, diese Oppositionspolitik, die Sie betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Schauen wir uns die Sacharbeit an, meine sehr geehrten Damen und Herren: Nach der sozialistischen Verschwendungspolitik der vergangenen Jahre haben wir jetzt konsoli­dierte Budgets! Seit 30 Jahren hat es zum ersten Mal ein Nulldefizit gegeben! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß, das hören Sie nicht gerne, das passt nicht gut in Ihren Kram hinein. – Wir haben ein gesamtstaatliches Defizit von 1,3 Prozent des Brut­toinlandsproduktes. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das heißt: Weg vom Schlusslicht der EU, hinein in die Mittelposition, Herr Abgeordneter Matznetter! Eigent­lich sollten Sie sich darüber freuen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Wir haben mit 1,7 Prozent die niedrigste Inflationsrate der EU, Herr Abgeordneter Matznetter. Sie müsste das interessieren! – Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist das, was zählt! (Weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.) Das zählt bei den Österreichern, aber nicht Ihr kleinliches Gezeter über ein Abendessen mit einem Schweizer Millionär oder mit Spitzen der österreichischen Industrie! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Wissen Sie, Herr Minister Grasser gibt für Milliardäre Abendessen, damit sie ihre Investitionen in Österreich machen, damit es wieder Arbeitsplätze gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Die sozialistischen Finanzminister, die haben wahrscheinlich auch Abendessen gege­ben: für die Gewerkschaftsbosse, mit denen sie neue Privilegien oder neue Gehalts­runden ausgehandelt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie was: Lösen Sie sich vom Tellerrand, an dem Sie kleben und über den Sie nicht hinwegschauen wollen! Glauben Sie an die Finanzpolitik dieses Bundesministers, und glauben Sie an den Bestand dieser Bundesregierung! (Abg. Öllinger: „Glauben“! „Glauben“! – Wir sind hier nicht in einer Religionsstunde!)

Herr Finanzminister! Sie werden wahrscheinlich öfter mit solchen Angriffen zu tun ha­ben. Ich gebe Ihnen etwas mit, damit Sie sich das in Ihr Stammbuch einkleben können: Die Kritik ist eine Steuer, die der Neid dem Talent auferlegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie Bravorufe bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

16.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


16.25

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Partik-Pablé: Wer ganz oben ist, der kann auch ganz tief fallen! Das ist die Antwort auf die bei Ihnen so beliebte Ranking-Liste. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wo sind Sie denn im Ranking?) Ein Ranking tut überhaupt nichts zur Sache, wenn es dar­um geht, hier dem Parlament Rede und Antwort zu stehen und die Wahrheit zu sa­gen – und nicht zu verschweigen!

Das, was wir vom Finanzminister heute gehört haben, war (Abg. Scheibner: Die Wahr­heit!) Schweigen zu den wesentlichen Punkten. Ich sage Ihnen auch, wozu. (Ruf bei der ÖVP: Da müssen Sie sich jetzt zusammenreißen! – Abg. Dr. Fekter: Haben Sie nicht aufgepasst?)

Nehmen wir das Beispiel her: Einladung zum Essen mit Wirtschaftsmagnaten am Vor­abend des Opernballs. Was gibt uns der Herr Finanzminister als Antwort? – Das Cate­ring hat 3 000 € und noch etwas gekostet.

Herr Finanzminister! Was ist das für ein Finanzminister, der sich zu einem Essen die Philharmoniker bestellt und uns hier nicht sagen will, wie viel die Philharmoniker gekos­tet haben? (Abg. Scheibner: Nichts! „Nichts“, hat er gesagt! Er hat gesagt, dass es gratis war!) Der Finanzminister sagt: Das interessiert mich nicht, der Bund hat das nicht bezahlt. Ich weiß von nichts, wer das bezahlt hat. – Das soll die Antwort eines Finanz­ministers sein?! Das ist doch unglaublich! (Abg. Scheibner: Wenn er sagt, es kostet nichts, was soll er denn sonst sagen?)

Zweiter Punkt: Finanzierung der Homepage. – Da marschiert der Finanzminister oder sein Kabinettchef zur Industriellenvereinigung und sagt: Wie wäre es denn mit ein biss­chen Kohle für eine Homepage? – Die Industriellenvereinigung sagt: Ja, wenn wir es mit einem guten Zweck verbinden können – den können wir ja noch finden, zum Bei­spiel „New Economy“ –, dann lässt sich das schon machen! – Dann wird eine Home­page eingerichtet, in der die Kinderfotos des Finanzministers zu sehen sind, über die man auch Autogrammantworten anfordern kann (Abg. Scheibner: Über die Kinderfo­tos?), die dann mit Porto des Ministeriums verschickt werden. Aber der Herr Finanzmi­nister sagt: Ich weiß von nichts!, Ich weiß nicht, was die Homepage kostet – die auf seinen Namen eingerichtet ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht auf den


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Namen „Bundesministerium für Finanzen“, sondern auf den Namen „Karl-Heinz Gras­ser“!

Ja für wie dumm halten Sie die Menschen in diesem Land eigentlich, dass sie diesen Schwindel nicht bemerken sollen?! (Beifall bei den Grünen.)

Glauben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es möglich wäre, dass der Abgeordnete Öllinger, nehmen wir einmal an, nicht in die Industriellenvereinigung, aber zu irgendeinem Verein geht und sagt: Ich hätte eine schöne Idee, ich möchte eine Homepage für meinen Namen machen! – Ich schicke meinen Mitarbeiter hin, und der kommt dann mit dem Geld, und dann gibt es eine Homepage mit der Adresse „karloellinger.at. (Abg. Dr. Fasslabend: Den Verein gibt’s nicht! – Abg. Dr. Stummvoll: Ich glaub’ auch nicht!)

Ich aber sage: Ich weiß nicht, was da los ist auf dieser Homepage, das interessiert mich auch nicht! Ich kann da überhaupt nichts dafür, und ich kann auch nichts machen, und es interessiert mich auch nicht, ob meine Mitarbeiter das in ihrer Dienstzeit ma­chen oder in ihrer Freizeit! Aber eines sage ich Ihnen: Die Prüfung, ob da steuerrechtli­che Vorteile erzielt worden sind oder Regeln verletzt worden sind, das ist mir ein Anlie­gen!

Herr Bundesminister Grasser, ich hätte mir erwartet, dass Sie hier und jetzt schon sa­gen, dass keine steuerrechtliche Bestimmung verletzt wurde, dass Sie hier und heute sagen: Alles ist in Ordnung!, dass Sie hier und heute sagen: Dafür wurde das Geld ausgegeben, und das ist die Abrechnung! – Das hätten Sie sagen müssen, nicht nur in Bezug auf die Philharmoniker, sondern auch bezüglich der Homepage. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber Ihnen, Herr Finanzminister, scheint das alles egal zu sein!

Da gibt es dann auch noch ein Inserat mit vielen Universitätsprofessoren – nun, so viele waren es auch wieder nicht, aber doch einige. Wer organisiert das, wer textet? – Dazu hören wir: Ein Mitarbeiter des Finanzministers, Herr Dozent Dr. Christl textet das Inserat. Aber der Minister sagt: Ich weiß nicht, von wem das Geld für das Inserat ge­kommen ist, das interessiert mich auch nicht, das hat auch mit mir nichts zu tun und mit dem Finanzministerium schon gar nichts!

Herr Bundesminister Garsser: In jedem anderen zivilisierten, demokratischen Land wären Sie mit einer derartigen Verantwortung, wie Sie sie heute hier an den Tag gelegt haben, den letzten Tag Minister einer Bundesregierung gewesen – und das wissen Sie auch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist doch unvorstellbar, dass dieser Minister in einer Anfragebeantwortung noch im Jahr 2002 erklärt hat:

„Selbstverständlich würde ich jedes in irgend einer Form, also nicht nur wertmäßig nicht angemessene Geschenk ablehnen, wenn mir ein solches angeboten würde. Da dies jedoch nicht der Fall ist, gibt es in diesem Zusammenhang bis dato kein Problem. Ich kann hier nur wiederholen, dass mir im Rahmen meiner Tätigkeit als Finanzminister bei Besuchen ausschließlich landesübliche Aufmerksamkeiten, wie etwa Bücher oder andere Souvenirs, überreicht werden, wie sie nach den Regelungen des Beamten­dienstrechtes bzw. der in meinem Ressort geltenden Ethikrichtlinien auch von allen anderen Bediensteten angenommen werden dürfen.“

Ethikrichtlinien – ja, die gibt es, und die hat der Bundesfinanzminister dieser Anfrage­beantwortung auch beigelegt. Interessant: Die Ethikrichtlinien des Finanzministeriums, in denen des Langen und Breiten dargelegt wird, ab wann eine Geschenkannahme für einen einfachen Finanzbeamten nicht mehr möglich ist, interessieren den Finanzminis-


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ter gar nicht, wenn es um seine Person geht! Für die kleinen Finanzbeamten sollen sie schon gelten, da wird diskutiert, ob etwa eine Flasche Wein oder Sekt noch zulässig ist, ob die Einladung zu einem Dienstessen zulässig ist: ja oder nein!, aber der Fi­nanzminister macht ein Dienstessen bei sich, verrechnet Spesen. (Abg. Scheibner: Da lädt ja er ein! – Das war jetzt sehr widersprüchlich!) Da sind auch die Philharmoniker wie zufällig anwesend – die sicher nicht gratis gespielt haben, aber dem Herrn Fi­nanzminister ist das egal. Das ist offensichtlich kein Geschenk gewesen (Abg. Mag. Molterer: Aber er hat schon eingeladen?), wenn die Philharmoniker bei einem Gesprächstermin des Herrn Finanzministers aufspielen.

Na selbstverständlich ist das verbotene Geschenkannahme (Abg. Scheibner: Nein! Nein! Dass die Philharmoniker im Finanzministerium spielen, das ist keine Geschenk­annahme!), und das wissen Sie auch genau! Schließlich handelt es sich nicht um eine Privatveranstaltung des Herrn Finanzministers, sondern um ein offizielles Essen, und wenn die Philharmoniker durch Herrn Stronach oder sonst irgendjemanden gesponsert werden, dann ist das ein Geschenk, das in dieser Form unzulässig ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Ethik-Richtlinien, die dieser Finanzminister seinen Finanzbeamten aufs Auge drückt, beweisen das auch:

„Verbot der Geschenkannahme“, so heißt es hier. „Hier wird eine der ältesten ethi­schen Grundtugenden im Katalog beamtenethischen Verhaltens angesprochen: Über jeden Zweifel erhabene Unbestechlichkeit. Fehler auf diesem Gebiet“ – Herr Finanzmi­nister, passen Sie gut auf! – „verhalten sich zur Tauglichkeit des öffentlichen Dienstes wie der Rost zum Eisen.“

Da ist bei Ihnen viel Rost unterwegs, Herr Finanzminister!

Weiters heißt es in diesen Richtlinien: „Verbotene Geschenkannahmen sind ganz be­sonders geeignet, in der Öffentlichkeit einen ,Vertrauensbruch‘ herbeizuführen. Durch sie leidet weiters nicht nur das Ansehen und die Autorität und somit der Erfolg des ,bestechlichen‘ Bediensteten, sondern darüber hinaus auch das Ansehen und der Be­trieb seiner Dienststelle, ja sogar der gesamten Finanz- und Zollverwaltung.“

Das soll nur für die kleinen Finanzbeamten gelten, nicht aber für den obersten Finanz­beamten der Republik – den offensichtlich nichts kümmert (Abg. Ellmauer: Das wird immer peinlicher!), egal von wo, von wem, wann, zu welchen Anlässen er Gelder er­hält: für den Betrieb einer Homepage, für Inserate, für das Aufspielen von Philharmoni­kern und was weiß ich noch?! – Wir werden es in den nächsten Wochen noch hören und davon Kenntnis bekommen. (Abg. Großruck: Gar nichts werden Sie! Eine Luftbla­se ist das! Eine Luftblase, Öllinger!) Aber allein das, Herr Finanzminister, ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Öllinger! Die freiwillige Redezeit ist bereits seit längerem abgelaufen. Ich stelle jetzt die letzte Minute der gesetzlichen Redezeit ein.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... – ja, danke –, allein das reicht aus. Da­her: Wenn Sie dieser Republik einen Dienst, den einzig wirklichen Dienst erweisen wollen (Abg. Mag. Molterer: Dann bleiben Sie Finanzminister!), dann treten Sie zu­rück, Herr Finanzminister! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. Ich bitte um Gegenüberstellung des be­haupteten Sachverhalts und des tatsächlichen Sachverhalts.

 



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16.34

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Meine sehr geehrten Herren! Frau Ab­geordnete Partik-Pablé hat die Behauptung aufgestellt, dass frühere Finanzminister die Gewerkschaftsbosse eingeladen hätten, um beim Essen mit ihnen Privilegien zu ver­handeln. (Ruf bei der ÖVP: Das war umgekehrt! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Obwohl ich nie bei so etwas dabei war, halte ich fest: Tatsache ist, dass mit dem Fi­nanzminister über das Dienst- und Besoldungsrecht verhandelt wird – und das nicht bei üppigen Mittagessen. Hier sitzt ein Zeuge, und der zweite Zeuge ist zurzeit nicht im Raum, das ist Abgeordneter Neugebauer. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidl­mayr. – Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung des auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Verzetnitsch –: Das kann ich nicht glauben!)

16.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

 


16.35

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass sie so viel Lärm um nichts machen können, würde die Grünen und die SPÖ eher für das Burgtheater auf der ge­genüber liegenden Straßenseite prädestinieren, aber nicht für das Hohe Haus! Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sprechen Sie zu den Philharmonikern und nicht zum Burgtheater! – Abg. Schieder: Er kennt sich in Wien nicht aus!)

Der Herr Bundesminister für Finanzen hat alle Fragen sorgfältig, seriös und umfassend beantwortet. (Abg. Mag. Kogler: Sie machen sich ja lächerlich!) – Weil Kollege Kogler sich schon wieder so künstlich erregt, möchte ich dazu schon sagen, dass diese eigenartige und von schlechtem Stil geprägte Drohung, die Sie da in den letzten Tagen aufgebaut haben, natürlich zu erwarten war, dass Sie also gleichsam mit der großen Keule auf den „bösen“ Finanzminister losgehen: Wenn er denn nicht artig ist und hier brav unsere Fragen beantwortet (Abg. Mag. Wurm: Wir haben ein Interpellations­recht!), dann bestrafen wir ihn mit einem Misstrauensantrag! – Meine Damen und Her­ren, bringen Sie diesen in aller Ruhe ein! Er wird in diesem Haus keine Mehrheit fin­den. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In Wirklichkeit geht es hier aber um etwas ganz anderes, und ich darf in diesem Zu­sammenhang einen durchaus prominenten Kommunikationswissenschaftler, nämlich Paul Watzlawick bemühen, der sagt: Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

Was heißt das für uns in der heutigen Debatte? – Es heißt: Was die Grünen und die SPÖ über den Finanzminister sagen, hält ihnen in Wahrheit in wunderbarer Art und Weise den Spiegel vor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was sagt uns das also in der heutigen Debatte? – Die Umfragen der Grünen sind sen­sationell schlecht – im Übrigen auch die persönlichen Umfragen ihres Klubobmannes, der sich im Übrigen heute bei dieser Debatte auch nicht zu Wort meldet, ebenso wenig wie der Klubobmann der SPÖ. Beide melden sich nicht in dieser Debatte zu Wort (Abg. Öllinger: Ihre? Ihre?), da befindet man sich also durchaus im Einklang mit den Regie­rungsparteien.

Aber was sagt jetzt diese Anfrage über die Grünen und über die SPÖ aus? – Zunächst einmal haben Sie versucht, die Bundesregierung mit durchaus gewalttätigen Aktio­nen ... – nicht Sie persönlich, aber Sie waren durchaus in der ersten Reihe dabei, als Demonstrationen stattgefunden haben, bei denen Gewalttäter dabei waren! (Abg.


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Dr. Van der Bellen: Wiederholen Sie das draußen! Wiederholen Sie das draußen ...!) Mit diesen Demonstrationen ist es Ihnen nicht gelungen, diese Bundesregierung zu stürzen. Das ist ein ganz schlechter Stil, Herr Professor Van der Bellen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Wiederho­len Sie das draußen! – Abg. Mag. Wurm: Das ist unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie haben versucht, diese Pensionsreform zu verhindern. Aber die Rolle, die Sie sich vorgenommen haben, war nicht mehr frei, denn die Rolle der Blockierer haben der Ös­terreichische Gewerkschaftsbund und die Sozialdemokraten bereits besetzt gehabt, die Rolle der Reformer die Österreichische Volkspartei und die Freiheitliche Partei. Für die Grünen ist nichts übrig geblieben: Schlechter Stil, schlechte Performance, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dann der Versuch, bei der Nachbeschaffung der Abfangjäger eine Kriminalisierung herzustellen. Was ist passiert? – Die SPÖ hat es behauptet und ist in allen Instanzen verurteilt worden. Was war bei den Grünen? – Die versuchen ständig, beim Staatsan­walt Anzeigen zu hinterlegen. (Abg. Öllinger: Wir? Wir?) – Alle Anzeigen wurden bis jetzt niedergelegt, weil sie haltlos sind!

Was ist das? – Schlechter Stil, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Unwahrheit! Unwahrheit!)

Der Herr Bundesminister für Finanzen liegt in allen Umfragedaten hervorragend gut, und so ist Ihre Strategie äußerst durchsichtig. Da gibt es eine Geheimstudie, die sich „Netzwerk Rot:Weiß:Rot“ nennt und die im Auftrag des SPÖ-Präsidiums an einen Herrn Katzmair vergeben wurde, und was steht in dieser Studie? (Abg. Öllinger: ... ist ja von der Jungen ÖVP erstellt worden!) – Das ist ganz interessant, und ich darf das kurz darlegen, damit es auch die Öffentlichkeit erfährt. Da steht drinnen: Karl-Heinz Grasser gehört zu jenen Politikern, die entweder positiv vereinnahmt oder nachhaltig politisch desavouiert werden müssen, weil sonst kein Erfolg für die Sozialdemokratie, aber auch für die Grünen zu erwarten ist, meine Damen und Herren! – Schlechter poli­tischer Stil ist das, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

Dann Frau Dr. Glawischnig am vergangenen Sonntag in der ORF-Diskussionsreihe „Offen gesagt“ (Abg. Öllinger: Sagen Sie etwas zum Thema!): Also Frau Dr. Glawisch­nig, dieses gouvernantenhafte Auftreten, das Sie dort gezeigt haben, kommt bei einer Zielgruppe, die Ihnen am Herzen liegt, nämlich bei jungen Intellektuel­len, gar nicht gut an. (Abg. Dr. Van der Bellen: Aber Sie schon?!)

Schlechter Stil, meine Damen und Herren von den Grünen, schlechter Stil! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Übung macht den Meister!)

„Übung macht den Meister!“ höre ich da als Zwischenruf. Ich meine: Übung macht viel­leicht die Meissner! Aber Übung macht den Meister – das weiß ich nicht. (Abg. Öllin­ger: Worüber reden Sie eigentlich?)

Am Ende meiner Ausführungen möchte ich schon noch sagen (Abg. Dr. Van der Bel­len: Nicht ein Wort zur Dringlichen! Nicht ein Wort ist Ihnen eingefallen!): Was Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, hier versuchen, ist eine beispiellose Kam­pagne, ist ein wirklich beispiellos schlechter Stil, um erfolgreiche Regierungsmitglieder madig zu machen. Das ist das Einzige, was Sie versuchen!

Es ist – das muss ich wirklich sagen – enttäuschend (Abg. Dr. Van der Bellen: Außer Beleidigungen ist Ihnen nichts eingefallen!), dass Sie nicht zur Kenntnis nehmen wol­len, dass diese Bundesregierung höchst erfolgreich arbeitet, dass sie ... (Ironische Hei-


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terkeit bei der SPÖ.) – Sie lachen?! Sie lachen! Na, werfen Sie doch einen Blick nach Deutschland (Abg. Dr. Van der Bellen: ... schauen Sie auch nach Kasachstan ...!), dort regiert ein Bündnis Ihres Zuschnitts, bestehend aus Grünen und Sozialdemokra­ten!

Was haben die? – Die höchste Arbeitslosenrate in Europa! Wir haben eine der nied­rigsten Arbeitslosenraten in Europa! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Was haben die? – Ein katastrophales Maastricht-Defizit, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Van der Bellen: So was, so was!) Sie haben auch eine schlechte Steuerpoli­tik! Genau das Gegenteil davon ist in Österreich der Fall. (Abg. Dr. Van der Bellen: Nicht ein Wort zum Thema!)

Ich würde Sie daher darum ersuchen: Nehmen Sie Abstand von diesem schlechten Stil, dann werden Sie auch Ihre Umfragewerte wieder verbessern! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. – Bitte den tatsächlichen Sachverhalt dem be­haupteten Sachverhalt gegenüberzustellen.

 


16.42

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Abgeordneter Amon hat behauptet, wir Grüne hätten in der Causa Abfangjäger serienweise Strafanzeigen (Ruf bei der ÖVP: „Serie“ hat er nicht gesagt!) eingebracht.

Tatsächlich ist richtig: Wir haben keine einzige Sachverhaltsdarstellung (Abg. Groß­ruck: Nicht einmal das! – Heiterkeit bei der ÖVP) oder Anzeige eingebracht, weil wir zuerst die politische und parlamentarische Aufklärung durchführen wollen.

Aber (Abg. Murauer: Aber der Herr Anonym!), Sie haben nicht ganz unrecht (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen): Lang wird es, wenn es so weitergeht, nicht mehr dauern! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Was war denn das?)

16.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe bei der ÖVP: Klub­obmann in spe!)

 


16.43

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sowohl die Kollegen Auer als auch Kollege Amon verweisen dauernd auf Deutschland. Vielleicht sollten wir uns eine Sekunde lang bei der dortigen politischen Moral aufhal­ten! Dort tritt ein CDU-Politiker Biedenkopf, nachdem ihm nachgewiesen wurde, dass er lauthals feilschend bei IKEA Rabatte wollte, zurück. Dort tritt eine Justizministerin zurück, die, auch im privaten Kreis, Äußerungen gemacht hat, die von politisch sensib­ler Form sind. Dort tritt eine Reihe von Politikern zurück, nachdem bekannt geworden ist, dass sie private Vorteile erhalten haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun kommen wir zu dem uns vorliegenden Fall: Kollegin Partik-Pablé sagt, wir drängen Bundesminister Grasser auf die Verliererstraße. – Es ist nicht so, er hat sich selbst dorthin begeben!


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Ich möchte kurz zum Sachverhalt kommen. Vorige Woche, nach der Anspielung: Mei­ne persönliche, private Homepage hat den Steuerzahler keinen Cent gekostet!, kommt noch der Nachsatz: Alles „privat und über Sponsoren finanziert.“ – Na, was wollte er uns damit sagen? – Wohl: Schaut her, wie toll ich bin, ich habe sogar Sponsoren!

So sind Sie selber (sich in Richtung des Bundesministers Mag. Grasser wendend) in das Fettnäpfchen getreten. Nur: Jetzt wird Zug um Zug offenbar, was sich im Hinter­grund abspielt. (Abg. Öllinger: So ist es!) Ich möchte ganz nüchtern noch einmal den Sachverhalt darstellen:

Der Herr Bundesminister für Finanzen wendet sich an einen Verein, nämlich die Indust­riellenvereinigung – deren Besonderheit darin besteht, dass deren Mitgliedsbeiträge, als Beiträge für eine Interessengruppe steuerlich absetzbar, von den Unternehmern bezahlt werden – und sagt (Abg. Kopf: Das sind die Gewerkschafter auch!): Bitte, ich möchte eine finanzielle Unterstützung haben! (Abg. Nürnberger: Aber von uns Ge­werkschaftern kriegt er kein Geld!) Daraufhin gibt die Industriellenvereinigung einem „Verein zur Förderung der New Economy“ Geschenke in Höhe von über 200 000 €. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich darf in puncto Steuern darauf hinweisen, dass – und es wird sich daran nichts än­dern, auch wenn Sie in Aufregung verfallen – eine Förderung bestimmter Wirtschafts­zweige nach ständiger Judikatur des VwGH keine gemeinnützige Tätigkeit ist.

Das heißt: Schon diese Schenkung fand nicht zugunsten eines gemeinnützigen Verei­nes statt, der aber auch deswegen nicht gemeinnützig sein konnte, weil er bei seiner tatsächlichen Geschäftsführung nicht einen ideellen Zweck verfolgt hat, sondern für den Privatbürger Karl-Heinz Grasser die Aufwendungen seiner persönlichen und priva­ten Homepage bezahlt hat – das haben Sie uns, Herr Bundesminister Grasser, ja letzte Woche gesagt, dass sie persönlich und privat ist. Das heißt, es gibt einen zweiten Schenkungsvorgang.

Ich möchte nur daran erinnern: Wir haben Steuerklasse V, wir haben einen Betrag von 200 000 €, ich brauche nicht nachzusehen, wir sind bei 42 Prozent Progression. Wir liegen also über dem Grenzbetrag in der Höhe von 75 000 € im § 53 Finanzstrafge­setz – das ist hier eine ernste Angelegenheit und nicht etwas, was man so nebenbei abtun kann!

Hier wird von Seiten des Finanzministers indirekt – und da will ich ihm (auf Bundesmi­nister Grasser zeigend) noch zugute halten, dass er es vielleicht nicht verstanden hat – ein Vorgang Zug um Zug offen gelegt, der nicht nur im Lichte des § 304 Abs. 2 StGB – ich habe extra gesagt: Abs. 2, nämlich eine „pflichtgemäße“ Amtsausübung vorzu­nehmen, und gar nicht einmal das andere behauptet – interessant ist, sondern neben diesem Punkt auch noch ein finanzstrafrechtlich zu ahndendes Delikt offen legt.

Es wird Ihnen, Herr Bundesminister Grasser, daher nichts anderes übrig bleiben – und ich rate es Ihnen dringend –, als Ihre politische Verantwortung rechtzeitig wahrzuneh­men, und das bedeutet den Weg zur Demission beim Bundespräsidenten. Sie können damit Ihre Integrität und – Sie sind ein junger Mann – auch Ihre zukünftige Reputation wiederherstellen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Na solche Ratschläge hat er notwendig! – Abg. Dr. Stummvoll: Peinlich! – Abg. Mag. Mainoni: ... Vogel ...!)

Ich darf, da Herr Klubobmann Molterer ein bisschen verhärmt lächelt, bei dieser Gele­genheit noch präzisieren: § 304 StGB ist in dieser Angelegenheit völlig klar. Für die Vorteilsannahme genügt es, dass der Vorteil auch nur einem „Dritten“ zukommt. Es genügt, wenn Bundesminister Grasser veranlasst, dass der Vorteil einem Verein zu­kommt, der seine private Homepage bezahlt. Er muss den geldwerten Vorteil nicht in


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seinem Portemonnaie haben, es muss nicht auf seinem Konto sein. (Abg. Dr. Fassl­abend: Jetzt ist aber Zeit, aufzuhören!) Das wird irgendwann untersucht werden!

Ich möchte Sie ganz ernsthaft noch auf Folgendes aufmerksam machen (Abg. Dr. Fasslabend: Es ist Zeit, aufzuhören!): Sollte es im Amtsbereich des Ministers Böhmdorfer nicht zu einer entsprechenden Behandlung kommen und ähnlich wie die Spitzelaffäre enden, nämlich damit, dass man alles einstellt (Abg. Mag. Mainoni: So ein Humbug!), dann wird es einen weiteren Misstrauensantrag geben! Es wird der Tag kommen (Abg. Dr. Fasslabend: Es ist Zeit, aufzuhören!), an dem es aufgerollt wird und justizordnungsgemäß die Verhältnisse hergestellt werden.

Wir sind nicht in Italien, meine Damen und Herren! Aber auch dort wird sich der Rechtsstaat, so wie er in Österreich herrscht, eines Tages durchsetzen! – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


16.48

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Fi­nanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir waren heute in dieser Hälfte des Hohen Hauses alle sehr gespannt auf Neuigkeiten, die wir erfahren wollten. (Abg. Parnigoni: Wieso? Sie wissen ... von dieser Dringlichen!) Im Grunde genommen ist ohnehin schon alles in den Zeitungen gestanden, es war nichts darun­ter, was uns in irgendeiner Weise hätte faszinieren können. (Abg. Dr. Van der Bellen: Bei einer Antwort aber schon!) Es war im Grunde genommen auch das, was wir erwar­tet haben, nämlich, dass Sie von Ihrer Unfähigkeit, Reformen mit zu beschließen, die wir im Hohen Haus hier mitberaten haben, ablenken wollen. (Beifall bei den Freiheitli­chen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parnigoni: ... Vorstandsmitglied!)

Sie haben nichts anderes vorzuweisen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, als ständig zu jammern und zu zaudern – und das auf einem höchst peinlichen Niveau! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Sie sind peinlich!)

Die Hintergründe liegen auf der Hand, und sie wurden von meinen Vorrednern von der SPÖ und den Grünen heute auch klar deklariert: Sie wollen die „Regierungsstürzungs­aktion II“ einleiten. (Abg. Heinzl: Wie geht es den Bundesräten von Kärnten? Haben Sie schon gehört?) Das wird Ihnen aber nicht gelingen, das kann ich Ihnen seitens unserer Fraktion hier bestätigen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Heinzl.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Diese Bundesregierung hat innerhalb von 100 Tagen ein sehr eindrucksvolles Reformpaket zustande gebracht, das bemerkenswert ist, das Sie endlich anerkennen sollten und von dem Sie nicht ständig ablenken sollten. Das Ziel, dass Sie sich gesetzt haben, ist ein Misstrauensan­trag und ein inszenierter Medienwirbel. Das sollte von all dem ablenken, was Sie in der Vergangenheit versäumt haben. Sie haben es nämlich verabsäumt, an den Verhand­lungen und Runden Tischen der Regierung teilzunehmen, mit uns zu beraten und mit uns Beschlüsse betreffend Pensionsreform, Steuerreform, Verwaltungsreform und Ge­sundheitsreform zu fassen.

Ablenkungsmanöver dieser Form, wie Sie sie auch mit Ihren Misstrauensanträgen ge­gen unseren Bundesminister Böhmdorfer ganze sieben Mal unternommen haben, sind nicht jener Stil, den die österreichische Bevölkerung von den Politikern hier im Hohen Haus erwartet, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Mainoni: Zahnloses Instrumentarium der Opposition!)


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Sie sprechen immer von „Schiebung“. Herr Abgeordneter Pilz hat in der APA insge­samt 60 Mal von „Schiebung“ gesprochen (Abg. Parnigoni: 100 Mal zu wenig!), er hat in insgesamt 95 Meldungen in den Medien jemanden der Schiebung bezichtigt. Er hat jedoch im Grunde genommen keine Beweise vorzulegen, die auch von den Medien als solche angesehen werden. (Abg. Mag. Mainoni: ... Vermutungen, Behauptungen, Un­terstellungen!) Das ist eine unseriöse Politik! Sie sollten sich einmal selbst fragen, ob Sie als Abgeordneter dieses Hohen Hauses noch tragbar sind, Herr Kollege Pilz! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da Sie die Homepage-Kultur des Herrn Finanzministers an den Pranger stellen, darf ich Ihnen schon mitteilen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und den Sozialdemokraten, dass ein Josef Broukal, eine Ulrike Sima, eine Bettina Stadlbauer, ein Caspar Einem, ein Alfred Gusenbauer oder ein Günther Kräuter ebenfalls Home­pages im Internet haben und diese aus Steuermitteln bezahlt werden. (Abg. Mag. Mai­noni: Richtig! So ist es! – Widerspruch bei der SPÖ.)

Die Homepage des Finanzministers wird nicht aus Steuermitteln bezahlt. Ihre Home­pages dienen offensichtlich der Befriedigung Ihrer persönlichen Eitelkeiten, meine Da­men und Herren von den Oppositionsparteien! (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist so was von schwach, was Sie da reden! – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Auch die Beratungsleistungen sind letzte Woche von sehr vielen von Ihnen an den Pranger gestellt worden. Es ist aber ebenfalls unter dem Strich nichts dabei herausge­kommen. Sie mussten zur Kenntnis nehmen, dass wir in Österreich Rekordbeschäfti­gung haben, dass wir ein Nulldefizit zustande gebracht haben und dass die Arbeitslo­senquote sowie die Inflationsrate die drittniedrigsten in der EU sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind betriebswirtschaftliche und volks­wirtschaftliche Errungenschaften, auf die diese Bundesregierung sehr wohl stolz sein kann. In Summe betrachtet: Das Ziel der Bundesregierung wurde in den letzten beiden Jahren mehr als erreicht. (Ruf bei der SPÖ: ... nichts verstanden!)

Sie haben an Vorwürfen nichts Neues eingebracht. Das, was von der Industriellenver­einigung zur Unterstützung unseres Bundesministers getan wurde, ist nicht verwerflich, und es ist auch nichts daran, was Sie kritisieren könnten. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ah so? Da hätte die FPÖ früher aber anders reagiert!)

Wenn Sie die Industriellenvereinigung zum Anlass nehmen, dem Herrn Bundesminister etwas vorzuwerfen, so muss ich Ihnen sagen: Die Industriellenvereinigung ist wahr­scheinlich weit davon entfernt, einen Grund zu haben, den Minister zu unterstützen. Eine Steuerreform, die die unteren Einkommenschichten entlastet, eine Steuerreform, die 2,4 Millionen Österreicher speziell niedriger Einkommensbereiche bevorteilt und die nicht entnommenen Gewinne bis 100 000 € von Steuern befreit oder mit dem halben Steuersatz versieht, das ist nicht die Denkweise der Industriellenvereinigung, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern das ist eine verantwortungsvolle Steuerpo­litik für die „kleinen“ Bürger unseres Landes! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Broukal zu Wort gemeldet. (Oje-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Es gilt das Gleiche, was ich die vorangegangenen tatsächlichen Berichtigungen betref­fend gesagt habe. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Mainoni: Pepi Broukal! – Abg. Großruck: Zuerst sagen Sie mir, wie Ihr Klubobmann heißt!)


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16.54

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Sie lernen mich auf diese Art und Weise immer ein bisschen besser kennen! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Bucher sagte, dass ich eine aus öffentlichen Geldern bezahlte Homepage hätte. – Das ist unrichtig!

Meine Homepage im Internet ist ausschließlich aus Privatgeldern finanziert (Abg. Dr. Rasinger: Selbst gemacht!) und von keinerlei Sponsoren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kopf: ... steuerlich abgesetzt!)

16.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.55

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, mein Kollege Matznetter hat den Sachverhalt rund um die Causa Grasser sehr nüchtern dargelegt. Es ist auch nicht verwunderlich, dass seitens der Redner der Regierungsparteien darauf nicht Bezug genommen wurde.

Kollege Amon, es geht hier nämlich nicht darum, artig zu sein oder nicht artig zu sein. Es geht darum, dass es den Verdacht der Geschenkannahme und des Amtsmiss­brauchs gegenüber Herrn Bundesminister Grasser gibt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Lassen Sie mich auch etwas Grundsätzliches dazu sagen! Ich denke, dass gerade ein Finanzminister ganz besonders dazu angehalten ist, mit öffentlichen Mitteln korrekt umzugehen, mit öffentlichen Mitteln sparsam und streng umzugehen, weil es sich hie­bei um Steuermittel handelt, die die Österreicher und Österreicherinnen zahlen. Aus diesem Grund sollte gerade ein Finanzminister ein Vorbild im Umgang mit öffentlichen Mitteln sein.

Diesen ehernen Grundsatz, der in Österreich immer gegolten hat, sollte also gerade ein Finanzminister anwenden. Gerade Ihnen würde es gut anstehen, sich an diesen Grundsatz zu halten, da Sie zu jenen Finanzministern gehören, die dafür verantwortlich sind, dass die Österreicherinnen und Österreicher die höchsten Abgaben und Steuern in der gesamten Geschichte der Zweiten Republik zahlen müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Mag. Grasser: Das ist unrichtig!)

Das Bedauerliche aber ist, Herr Bundesminister, dass Sie genau das Gegenteil tun: Gerade Sie, der Belastungs- und Steuerrekordminister schlechthin, sind besonders leichtfertig im Umgang mit öffentlichen Mitteln. Ihr Motto scheint zu lauten: Sparen beim Bürger – aber bei sich selbst sind Sie großzügig!

Geld spielt keine Rolle, wenn es um Ihre Eigenwerbung geht: 10 Millionen € für Eigen­werbung! Das entspricht genau jenem Betrag, mit dem Sie auch den Härtefonds dotie­ren, um dann den Opfern Ihrer Pensionskürzungsreform ein paar Almosen zu gewäh­ren. 10 Millionen € für Eigenwerbung, Herr Bundesminister! (Bundesminister Mag. Grasser: Das ist unwahr!)

10 Millionen € für Beratungsdienste rund um den Verkauf der bundeseigenen Wohn­baugesellschaften, den jedes Bankinstitut ohne Kosten abgewickelt hätte. Sie haben auch Experten im Ministerium. Da wurde Geld hinausgeschmissen, da wurde Freun­derln Geld zugeschoben für Dinge, für die man eigentlich in Österreich nichts zahlen müsste. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Nun ist es allen klar: Für Ihre Eitelkeit, für Ihre Freunde im Immobilienbereich spielt das Geld der Steuerzahler offensichtlich keine Rolle.

Wozu tritt Politik an? Politik im Dienst der Gesellschaft. Politik als öffentliche Angele­genheit. Politik als Wettbewerb der Ideen und der Werte. – Das ist Ihre Sache nicht, Herr Bundesminister! Das ist Ihnen als Politikbegriff offensichtlich völlig fremd. Sie kennen eigentlich nur einen Wettbewerb, das ist der Wettbewerb um Eitelkeiten.

Ihr politischer Unernst, der in dieser Anfragebeantwortung dermaßen spürbar wurde, auch Ihre moralische Leichtfüßigkeit, macht Sie offensichtlich anfällig für ethisch und moralisch und wahrscheinlich sogar auch rechtlich fragwürdige Praktiken.

Ich habe nach Ihrer Anfragebeantwortung und Ihren Aussagen der letzten Tage den Eindruck gewonnen, dass Sie nicht nur an Gastritis leiden, die ja dazu geführt hat, dass Sie Ihrer staatsbürgerlichen Pflicht ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, das hat hier nichts verloren, möchte ich sagen!

 


Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): ... der Ableistung des Wehrdienstes nicht nachgekommen sind, sondern Sie leiden vor allem auch an fehlendem Unrechtsbe­wusstsein.

Herr Bundesminister Grasser, Österreich ist nicht Ihre Aktiengesellschaft, in der Sie die goldene Regel Ihres ehemaligen Chefs anwenden können. Wir leben nicht in einem Österreich der Reichen und Begüterten, sondern Sie haben zur Kenntnis zu nehmen, dass wir in einer demokratischen Republik, die demokratisch kontrolliert wird und rechtstaatlich normierte Regeln hat, leben, und es ist gut so, dass wir in diesem Öster­reich leben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundesminister! Da Sie offensichtlich nicht in der Lage beziehungsweise auch nicht willens sind, sich an diese bewusst strengen Regeln, die es gibt, zu halten, forde­re ich Sie auf: Ziehen Sie die Konsequenzen und treten Sie zurück! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.00

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Trinkl: Jetzt kommt der Experte! – Abg. Mag. Wurm: Nur kein Neid!) – Bitte. (Abg. Broukal spricht mit der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Rauch-Kallat. – Zwischenrufe. – Abg. Broukal: Wir tauschen vorher nur noch ein paar Nettig­keiten aus!)

 


17.00

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Ich habe noch nie diese beiden Knöpfe hier be­nützt. (Der Redner versucht, die Höhe des Rednerpults richtig einzustellen.) Der obere geht nach oben? – Super. Schnell oder langsam? – Super, danke. (Zwischenrufe.) – Damit hätte ich das Wichtigste schon geschafft. Sie stimmen mir zu, oder? (Abg. Steibl: Hervorragend!) Den Rest hätte ich sozusagen gelernt, ganz im Gegenteil zu einigen von Ihnen, aber Sie werden es auch noch lernen. (Rufe bei der ÖVP: Öh!) – Das war zu tief, das gebe ich zu. Ich ziehe es zurück, bitte aus dem Protokoll streichen.

Ich beneide Sie heute nicht (Ruf bei der ÖVP: Sehr witzig!), Sie alle von ÖVP und Frei­heitlichen stehen ja vor einer sehr ernsten Frage: Verdient Finanzminister Karl-Heinz Grasser in dem Ausmaß Applaus, wie Sie ihn heute spenden? Und verdient er in dem Ausmaß, in dem Sie ihn heute verteidigt haben, Ihre Verteidigung? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich an Ihrer Stelle würde mich fragen: Ist es wirklich nur ein Zufall, wenn sich Karl-Heinz Grasser während laufender Vergabe mit Managern eines Rüstungskonzerns


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trifft? Ist es wirklich nur ein Zufall, dass dieser Konzern dann den Zuschlag bekommt, obwohl er der teuerste Anbieter ist? (Abg. Murauer: Stimmt nicht!) Ist es nur ein Zufall, dass Grasser noch vor ein paar Monaten im Bundesrat abgestritten hat, genau jene Treffen durchgeführt zu haben, die er letzte Woche hier im Hohen Hause auch Ihnen gegenüber zugeben musste? Ist es wirklich nur ein Zufall und wirklich nur ein Einzelfall, wenn Grasser zugeben muss, dass er sich von der Industriellenvereinigung bezahlen oder beschenken lässt? Bezahlen oder beschenken – er ist der Nutznießer. Es ist ein Einkommen oder eine Schenkung, beides unangemessen, politisch unappetitlich und, das sollte auch für Sie die Richtschnur sein, ungesetzlich.

Vor allem: Noch vor einer Woche hat Karl-Heinz Grasser auch Ihnen erzählt, es hand­le sich um seine private Homepage, heute aber wissen wir, dass das Bundesministeri­um für Finanzen Fotos versendet und an diese Homepage gerichtete Mails beantwor­tet.

Karl-Heinz Grasser – ich denke, das kann man ruhig aussprechen – pflegt mit der Wahrheit einen ökonomischen Umgang: zugegeben wird, was sich beweisen lässt. Und: Was heute wahr ist, kann morgen schon unwahr sein, und umgekehrt. Dafür möchte ich Ihnen drei Beispiele nennen, und dann werden Sie hoffentlich auch sehen, dass dieser Mann für vieles steht, aber nicht immer für einen geraden Weg.

Fall eins: Die Kärntner Slowenen laden im Sommer 1994 in Klagenfurt zu einer großen Publikumsdiskussion im Haus der Wirtschaftskammer ein. Für die FPÖ steht ein junger Redner am Rednerpult, der 1001 Gründe gegen den EU-Beitritt kennt und den der Mo­derator nur mit Mühe bremsen kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nach dem EU-Beitritt sagt derselbe Mann – er ist jetzt ein bisschen älter –, er sei froh darüber, dass Österreich EU-Mitglied ist. (Abg. Scheibner: Was hat das mit dem Finanzminister zu tun?) – Welcher Grasser sprach die Wahrheit? (Beifall bei der SPÖ.)

Fall zwei: Karl-Heinz Grasser gibt vor einer Wahl in Kärnten die gesetz- und verfas­sungswidrige Weisung, Firmen im Straßenbau nicht zu beschäftigen, bei denen aus­ländische Arbeiter arbeiten. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Gras­ser.) – Das hat Sie damals auch noch sehr empört, ich kann mich erin­nern. – Das ist sozusagen die ideologische Gesellenprüfung für seinen damaligen Mentor, Herrn und Meister.

Im Frühjahr 2000, kurz nach seiner Bestellung zum Finanzminister, wird Grasser von einem Journalisten darauf angesprochen, und dieser Journalist hält fest: Grasser wird rot im Gesicht und sagt, das würde er heute nicht mehr so sehen. – Welcher Grasser sprach die Wahrheit, der von 1997 oder der von 2000? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Fall drei: Karl-Heinz Grasser unterschreibt selbstverständlich das Volksbegehren ge­gen die Einführung des Euro. Er will Österreich und den Schilling ohne den Schutz der Europäischen Zentralbank der internationalen Währungsspekulation aussetzen. Drei Jahre später – viele von Ihnen, die aus dem Westen oder Süden mit dem Flugzeug nach Wien kommen, werden sich daran erinnern – lächelt derselbe Mann mit einer riesigen Kopie eines Euro-Scheines auf dem Flughafen Wien beim Ausgang vom Zoll von einem Plakat auf uns herunter und sagt: Freut euch, der Euro kommt! Der Euro ist ein Wunschkind. – Wer sprach die Wahrheit, Karl-Heinz Grasser, der das Volksbegeh­ren gegen den Euro unterschrieben hat, oder Finanzminister Grasser, der heute den Euro lobt? Wissen Sie es? – Ich weiß es nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Einen vierten Fall möchte ich Ihnen zu bedenken geben, damit Sie wissen, für wen Sie hier so eifrig applaudieren (Abg. Dr. Fekter: Ihr Obmann und Haider ...! – weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP): 200 000 € soll die Homepage des Finanzministers gekostet haben. Glauben Sie das eine Sekunde lang? Glauben Sie eine Sekunde lang, dass


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Herr Fürst von der Industriellenvereinigung auf der Straße zufällig die drei Mitarbeiter des Herrn Grasser getroffen und gesagt hat: Burschen, ich habe 200 000 € zu viel, was könnten wir damit machen? Glauben Sie eine Sekunde lang, dass Ihnen hier die Wahrheit erzählt wird? – Ich weiß es nicht, aber ich sage Ihnen: Die Chance, dass Ihnen dieser Mann die Wahrheit erzählt, liegt bei 50 : 50, und das ist eine schlechte Chance, nicht nur beim russischen Roulette! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

17.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Gesetzliche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.05

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! Was ist das Resümee nach den Worten des Kollegen Broukal, nach dieser Dringlichen, nach dieser letzten Woche? – Das Vertrauen der Bevölkerung in diesen Finanzminister ist erschüttert! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Da Sie lachen, Herr Kollege, muss ich sagen: Es ist bestür­zend, zu sehen, wie wenig Kontakt Sie offenbar mit der Bevölkerung haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das öffentliche Interesse ist enorm. Es geht um die öster­reichische Industrie, um Hunderttausende Arbeitsplätze, um Steuermittelverwendung in Zeiten des brutalen Sozialabbaus und um die größte Anschaffung der Zweiten Repu­blik. Und hat der Herr Finanzminister in der letzten Woche das Vertrauen in seine Per­son gestärkt?

Ich erinnere an das Debakel bei der Dringlichen Anfrage in der vergangenen Woche. Was ist mit dem Desaster in der „ZiB 2“, Herr Minister? Was ist mit dem peinlichen Sonntag am Golfplatz? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Hat er verloren am Golfplatz?) Und mit der heutigen Zumutung dem Parlament und der Öffentlichkeit gegenüber?

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich sachlich, nüchtern und präzise analysie­ren! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Ich werde es Ihnen gleich beweisen, Herr Mainoni. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sachlich sind Sie nicht!)

Am 3. März 2000 – ich bitte Sie, meine Damen und Herren, das nicht zu unterschät­zen – hat der Herr Minister vor dem Unvereinbarkeitsausschuss erklärt, dass er bei politischen Entscheidungen – das hat er wörtlich gemeint –, die die genannten Firmen sowie allfällige weitere Firmen des Magna-Konzerns betreffen, selbstverständlich auf strengste Beachtung allfälliger Befangenheitsgründe achten werde. – Und vorige Wo­che, meine Damen und Herren? – Natürlich haben wir Gespräche geführt, sagt der Herr Finanzminister, natürlich haben wir Verhandlungen geführt (Abg. Dr. Fekter: Ha­ben Sie etwas Neues auch in Ihrer Rede? – Abg. Dr. Trinkl: Dieselbe Rede wie in der Vorwoche!) – das dementiert er heute interessanterweise –, natürlich haben wir Per­sönlichkeiten getroffen und Gespräche geführt.

Herr Minister! All das ist unzulässig. Gespräche, Verhandlungen – einmal bestätigen, einmal bestreiten Sie sie – sind in diesem Fall unzulässig!

Oder, was das Inserat der Professoren betrifft (Abg. Dr. Fekter: Das war die Rede der Vorwoche, Herr Kräuter!): Der Herr Minister hat vergangene Woche behauptet, Frau Kollegin Fekter: „Da ich nicht der Auftraggeber bin, kann ich Ihnen auch nicht sagen, wer es bezahlt hat und von wem die Graphik gemacht worden ist.“

Ich werde es Ihnen sagen: Die Graphik hat Ihr Kabinettsmitarbeiter Dr. Christl gemacht (Bundesminister Mag. Grasser: Das ist unrichtig!), finanziert hat das Ganze die Indust-


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riellenvereinigung. Und wie heute bekannt ist, sagt der Sprecher der Industriellenver­einigung, dass Grasser um Spenden für den Verein ersucht hat. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) – So schaut es aus, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einige Worte zur Homepage. Der Minister hat hier ausgeführt: „Es gibt diesbe­züglich keine Förderung durch Firmen, die mit dem BMF in wirtschaftlicher Beziehung standen oder stehen.“

Wer hat denn diese Homepage gemacht, meine Damen und Herren? – Es war eine Tochterfirma der Firma Hochegger Communications. Und welche Firma ist das? – Die­se Firma hat 2,5 Millionen € kassiert für die Road-Show auf Kosten des Steuerzahlers, Herr Minister. So schaut es aus!

Ein privater Verein wird über Ersuchen des Finanzministers von der Industriellenverei­nigung gesponsert, Kabinettsmitarbeiter tummeln sich dort als Vereinsmeier, eine Tochterfirma wird beauftragt für die Homepage einer Firma, die Sie öffentlich beschäf­tigen. Unglaublich, Herr Minister, in allen kultivierten europäischen Ländern wäre die Frage des Verbleibs im Amt gestellt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch von Rechnungshofpräsidenten Fiedler etwas ausführen, und das ist nicht jemand, der Sie unfassbar diskreditieren möchte, der absurde Kritik üben will, der auf Polemik und Vernaderung setzt – ich glaube, das steht außer Streit –, er sagt: Es kommt immer darauf an, wer diese Sponsoren sind. Wenn damit eine Nähe zu Gruppen geschaffen wird, die Aufträge von der öffentlichen Hand bekommen, dann wäre das sehr bedenklich. – So Fiedler.

Meine Damen und Herren! Wer die vorsichtige Ausdrucksweise des Präsidenten Fied­ler kennt, weiß, das ist eine vernichtende Kritik!

Herr Minister! Eines ist, wie ich meine, für Sie auch noch wichtig, nämlich der Rückhalt in der ÖVP und der FPÖ. Dazu möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Es werden hier zwar Pflichtübungen absolviert, es wird applaudiert, aber am 30. April ist noch ganz entrüstet im „kleinen Untersuchungsausschuss“ ein Ladungsantrag abgeschmettert worden. Am 12. Juni jedoch haben sich ÖVP und FPÖ beeilt, selbst einen Ladungsan­trag einzubringen.

Meine Damen und Herren! Das heißt, ÖVP und FPÖ haben ganz offensichtlich auch Interesse daran, Frau Kollegin Fekter, zu erfahren, wie es möglich ist, dass eine Dia­show 52 000 € kostet, wie es sein kann, dass mehr als 10 Millionen € an eine US-Firma verschleudert werden, wenn es um den Verkauf österreichischer Wohnungen gehen soll, und wie es sein kann, dass ein Professor Marin einen Reklameauftrag über 145 000 € erhält. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) – Herr Minister! Diese Fragen werden wir im „kleinen Untersuchungsausschuss“ vor dem Sommer klären, ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): ... Herr Minister, falls Sie zu diesem Zeitpunkt noch im Amt sind. (Abg. Dr. Fekter: Na mit Sicherheit, davon können wir ausgehen!) Unter Umständen können Sie sich dann noch viel mehr dem Golfsport widmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sburny. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. Restredezeit nach Geschäftsordnung: 8 Minuten. – Bitte.

 



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24. Sitzung / Seite 146

17.11

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Grasser, Ihre Strategie ist leicht zu durchschauen. Nachdem Sie uns seit einigen Tagen quasi Selbstverständlichkeiten präsentieren, nämlich dass Sie natürlich mit Personen gesprochen haben oder dass es ganz selbstverständlich ist, dass Ihre Homepage privat ist, aber dann doch gesponsert wird, müssen Sie jetzt, wo Sie draufkommen, dass das politisch einfach untragbar ist, alles abstreiten bezie­hungsweise geben Sie auch keine oder nur teilweise Antworten auf die Fragen. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Noch einmal im Detail: EADS. Sie haben gesagt – auch wenn Sie es heute bestreiten, im Protokoll sind die Redebeiträge zur letzten Anfrage nachzulesen –, Sie haben sich mit Personen getroffen und haben nicht unterschieden zwischen Vertretern von EADS, des Betriebs, und offiziellen Vertretern beziehungsweise Vertreterinnen von Ländern, die Gripen beziehungsweise F 16 vertreten haben. (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Mag. Grasser.) – Das ist ein Unterschied! Ebenso wie es ein Unterschied ist, ob Ihre private Homepage privat bezahlt wird oder von einem Verein gesponsert wird, der durchaus Interesse an Verbindungen mit Ihnen haben könnte.

Sie haben heute auch gesagt – so ganz nebenbei; diese Dinge kommen einfach, man glaubt fast, eben weil Sie gar nicht bemerken, dass da Unterschiede sind –, es sei doch egal, ob Ihre Mitarbeiter einen Beitrag für eine Zeitung schreiben oder für eine Homepage. Was Sie nicht sagen, ist, dass diese Homepage Ihre private Homepage ist, und das ist sehr wohl ein Unterschied! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ähnliches findet sich bei der Dringlichen Anfrage, die die SPÖ vorige Woche gestellt hat. Natürlich gibt es Beraterverträge, die Sinn machen und die auch politisch korrekt sind. Was Sie permanent damit vermischen, ist Ihre persönliche PR, und das ist genau das, was Sie nicht und nie unterscheiden können. (Bundesminister Mag. Grasser: Sie vermischen es!)

Wo ist, bitte – und auch darauf gibt es keine Antwort –, das restliche Geld von diesen zirka 200 000 €, die an den Verein gegangen sind und die nie und nimmer für Ihre Homepage gebraucht werden haben können? Dafür können 10 000 €, 20 000 € ge­braucht worden sein, aber wo ist, bitte, der Rest? – Dazu hat es eine Frage, aber keine Antwort von Ihnen gegeben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundesminister Grasser! Sie können nicht zwischen privat und Ihrer Funktion als Minister unterscheiden. Sie ziehen da ganz offensichtlich keine Grenzen.

Das, was mich überrascht und was ich sehr interessant finde, ist, dass die Vertreter und Vertreterinnen der Regierungsfraktionen, die sich heute hier zu Wort gemeldet haben, dazu kein einziges Wort verloren haben. Niemand von Ihnen hat ein Wort dazu verloren, hat eine Stellungnahme dazu abgegeben, ob das nun unvereinbar ist oder nicht, ob Sie da Grenzen ziehen oder nicht. Sollen wir wirklich annehmen, dass Sie alle das stützen, schützen und ganz genauso sehen, nämlich dass es völlig egal ist, ob es privat ist oder nicht? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Rechtlich ist das, was Bundesminister Grasser getan hat, zumindest überprüfenswert, politisch ist es aber ganz sicher untragbar! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit erkläre ich die Debatte für geschlossen.

Anträge liegen keine vor. (Abg. Dr. Fekter: Wofür dann das Ganze?)


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24. Sitzung / Seite 147

Fortsetzung der Tagesordnung

 

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen daher in der Erledigung der Tagesordnung fort: Bundesfinanzgesetze 2003 und 2004, Kapitel Gesundheit und Frauen.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer mit einer freiwilligen Redezeitbeschrän­kung von 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Parnigoni: Wo ist die Frau Minister Rauch-Kallat?)

 


17.15

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Es tut mir sehr Leid, dass jetzt die Frau Mi­nisterin nicht hier ist. Sie versäumt somit einen Augenblick, den es wahrscheinlich von mir nicht so oft geben wird. Ich wollte sie jetzt an und für sich verteidigen, und zwar wollte ich nicht im Raum stehen lassen, was Herr Abgeordneter Scheuch zuerst gesagt hat. Er hat Frauen, die sich frauenpolitisch engagieren, die Frauenpolitik in den Vor­dergrund ihrer Arbeit stellen, als mehr oder weniger unsinnig oder unnötig bezeichnet, weil er nicht glaubt, dass Frauen ein Leben führen, in dem man so etwas braucht.

Herr Abgeordneter Scheuch, wo immer Sie sich gerade befinden, ich möchte Ihnen die Frage stellen, ob das auch für Agrarpolitiker gilt. Ich denke, dass auch Bauern und Bäuerinnen ein schönes Leben in Österreich führen. Ich würde es mir aber nie anma­ßen, Agrarpolitiker in Frage zu stellen. – Das, was Sie hier geliefert haben, war eine ziemliche Zumutung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Ministerin Rauch-Kallat, die ich im Übrigen jetzt in diese Vorworte einbezogen habe, hat in ihrer letzten Rede vorige Woche im Nationalrat gesagt, dass sie bezüglich Frauenpolitik sowohl einzelne Frauen als auch politische Frauenorganisationen und Frauenprojekte einlädt, mit ihr gemeinsam zu arbeiten. Ich werde das heute auch in Anspruch nehmen, ich werde diesen Ball gerne aufnehmen und diese Gelegenheit nützen. Allerdings möchte ich aufzeigen, was sie unter anderem alles verabsäumt hat, man möge sich nur das Budget ansehen.

Da geht es erstens einmal – dieses Thema ist schon ein paar Mal gekommen, und das werden Sie wahrscheinlich auch immer wieder hören, da sie es zu ihrem Lieblingsthe­ma erkoren hat – um die Einkommensschere, um das berühmte Schließen der Ein­kommensschere.

Frau Ministerin, wo immer Sie sich gerade befinden, seien Sie mir nicht böse, aber hier betreiben Sie reine Ankündigungspolitik. Sie betonen zwar immer, wie wichtig das ist, aber Sie bleiben jede Maßnahme schuldig. Auch bei dem, was Sie heute wieder vor­geschlagen haben, handelt es sich um Maßnahmen, die es zum Teil schon gibt, Sie müssten sie eigentlich nur ausreichend dotieren, aber es sind keine Neuerfindungen. Besser wäre es, wenn Sie sich endlich dafür zuständig erklärten, dass es genügend Kindergarten- und Hortplätze gibt und dass vor allem auch ganztägige Schulformen ausgebaut beziehungsweise eingeführt werden, dass Sie diese Formen auch finanzie­ren. (Beifall bei der SPÖ.)

Besser wäre es, wenn Sie dafür sorgten, dass im Wirtschafts- und Arbeitsministerium ein Gesetz zur Frauenförderung im Betrieb ausgearbeitet wird. Verpflichtende Be­triebsvereinbarungen statt einer Kann-Formulierung wären ein konkreter Vorschlag. Und besser wäre es, wenn Sie endlich die Väter in die Pflicht nehmen und ihnen die rechtliche Möglichkeit geben würden, sich der Familie zu widmen. Rechtliche Maß­nahmen sind der Schlüssel und nicht gut zureden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Sehr geehrte Damen von der ÖVP! Es reicht eben nicht, dass man den Männern Blu­menstöcke auf die Tische stellt und hofft, dass sie endlich einmal Familienarbeit über-


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nehmen, sondern man muss ihnen einfach die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geben, sprich die arbeitsrechtliche Absicherung.

Zweiter Punkt: die Selbstbehalte beim Arztbesuch. Kollegin Weinzinger hat in ihrer Rede schon darauf hingewiesen, und ich möchte das noch einmal aufgreifen, weil Mi­nisterin Rauch-Kallat in ihrer Antwort überhaupt nicht darauf eingegangen ist. Ministe­rin Rauch-Kallat als Gesundheitsministerin schlägt eine Maßnahme vor, die für Frauen nachweislich schlechtere Auswirkungen hat als für Männer. Das wurde in einer Studie des IHS bewiesen.

Ich stelle mir daher ein paar Fragen: Zum einen: Wo ist hier Gender Mainstreaming? Ist hier am Ende das Gender aus dem Mainstreaming gefallen, oder gilt das in diesem Bereich nicht? Und wie beurteilen Sie vor allem als Frauenministerin diese Maßnahme, oder wie können Sie als Frauenministerin überhaupt zulassen, dass solch eine Maß­nahme durch den Ministerrat geht? Und wie können Sie so eine Maßnahme überhaupt vorschlagen? – Da sieht man wirklich, dass das, was Sie sagen, doppelzüngig und nicht ernst gemeint ist.

Frau Ministerin! Der Ausbau von Frauenrechten und das Einstehen für Frauenrechte kosten nicht viel Geld. Dies kostet nur politischen Willen und guten Willen, aber den vermisse ich bei Ihnen leider. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Freiwilli­ge Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.20

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Ich möchte noch auf meine Vorvorred­nerin Kollegin Prammer von der SPÖ und auf Kollegin Weinzinger von den Grünen eingehen, die behauptet haben, dass wir von der Regierungspartei ÖVP keine Frauen­politik machen würden – und schon gar nicht für Mütter mit Kindern unter drei Jahren.

Tatsache ist, dass die ÖVP den höchsten Wählerinnenanteil bei der Wahl am 24. No­vember hatte. Das heißt, unsere Politik kann nicht so falsch gewesen sein, wie die Opposition behauptet. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Kollegin Stadlbauer jetzt sagt, dass rechtliche Maßnahmen notwendig seien und dass nichts passiert sei, möchte ich auf eine Aktion von einer Frauenministerin hinwei­sen, die es als Ministerin nicht mehr gibt, nämlich Helga Konrad. Sie hat „halbe-halbe“ eingeführt, aber anscheinend hat es nichts gebracht. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Ich möchte nur sagen, dass wir mit unserer Politik unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und unserer Frau Bundesministerin auf dem richtigen Weg sind. Wir schaffen Rahmenbedingungen und wir lassen Wahlfreiheit zu.

Eines möchte ich noch anmerken, an Herrn Kollegen Grünewald gerichtet. Er will nicht wahrhaben, dass Österreich eines der Länder ist, die die beste Gesundheitspolitik ma­chen. Ich möchte Ihnen nur mit auf den Weg geben: Die Gesundheitsorganisation hat uns im weltweiten Vergleich auf Platz 9 gesetzt! (Abg. Dr. Grünewald: Vor Ihnen!) Das heißt, der Weg, den wir jetzt beschreiten, kann nicht so schlecht sein, wie Sie immer wieder tun.

Mit unserer Bundesministerin Maria Rauch-Kallat werden wir die Gesundheitspolitik, werden wir die Frauenpolitik so fortsetzen – zum Wohle unserer Wählerinnen und Wähler, unserer Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

 


17.22


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24. Sitzung / Seite 149

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. – Bitte.

 


17.23

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Werter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich weiß nicht, wie es Ihnen allen gegangen ist, aber ich war wirklich erfreut, als ich erfahren habe, dass die Kompetenzen für die Frauenpolitik den Bereich des Veterinärwesens verlassen und nun wieder von einer Frau wahrgenommen werden. Der Optimismus hat aber recht bald in herbe Enttäuschung umgeschlagen, nämlich spätestens dann, als den zahlreichen Antrittspressekonferenzen, die mit sloganartigen Ankündigungen nur so gespickt waren, die ersten Konkretisierungen gefolgt sind. Da haben Sie gezeigt, Frau Ministerin, dass Sie eine schlechte Lobbyistin für uns Frauen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Da kann ich Ihnen einige Fragen nicht ersparen, wie zum Beispiel: Warum haben Sie es zugelassen, dass der Durchrechnungszeitraum von den 15 besten auf 40 Jahre verlängert wird? (Abg. Dr. Brinek: Sie wollten doch immer die Erwerbskarriere ...!) Das trifft vor allem jene Frauen besonders hart, die auf die Erwerbsarbeit verzichtet haben, um sich der Familie zu widmen, und damit einem Lebensmodell gefolgt sind, das gera­de von Ihrer Partei besonders vehement propagiert worden ist, Frau Steibl. (Abg. Dr. Brinek: Wir haben uns an Ihrem Modell orientiert! Das ist Ihr Modell gewesen!)

Jetzt bestrafen Sie die Frauen, vor allem die jüngeren, für die kein wie auch immer gearteter Deckel gelten wird, damit, dass ihnen bis zu 40 Prozent der Pension gekürzt wird, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Verrat an uns Frauen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Das ist die Unwahrheit! – Weitere Zwischenru­fe bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Brinek, weil Sie sich da durch Zwischenrufe so hervortun: In einem „Standard“-Interview haben Sie sogar eine pädagogisch fundierte Argumentation für die von Ihnen getäuschten Frauen parat: Wenn die Frauen zu Hause bleiben, sind sie ohnehin nur Unterhalterinnen für kleine verwöhnte Egoisten, haben Sie damals sinn­gemäß gemeint. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Über so eine Aussage hätte sich eine Sozial­demokratin trauen sollen! Ein Aufschrei der Empörung wäre die Folge gewesen, vor allem auf der rechten Seite dieses Hauses.

Die drei Jahre Abzug je Kind sind wirklich nur für jene Frauen spürbar, die eine be­trächtliche Kinderschar ihr Eigen nennen können und auch später noch das Glück ha­ben, eine gut bezahlte Tätigkeit, etwa als Berufspolitikerin, zu ergattern. Damit kommt die „Lex Rosenkranz“, wie das im Volksmund schon heißt, wirklich nur einem sehr be­schränkten Personenkreis zugute beziehungsweise einem eingeschränkten Personen­kreis, damit da keine Missverständnisse aufkommen.

Die Teilzeitverkäuferin mit zwei Kindern wird wohl wenige Vorteile erkennen können, und mit einem Einkommen von vielleicht 600 € werden Sie sich hoffentlich nicht trauen, sie auf die zweite oder dritte Säule zu verweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Abfederungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind reine Placebos, die nicht im Geringsten zur Gesundung dieser kranken Regelung beitragen.

Auch nur placebohaft berücksichtigt werden Menschen, die kranke Angehörige pflegen und dadurch ihre Erwerbsarbeit einschränken mussten. Sie lassen vielleicht einmal die Anspruchsberechtigten der Familienhospizkarenz zum Zug kommen, von denen es ja wegen der sehr eng gefassten Anspruchsvoraussetzungen „berauschend viele“ gibt. Der Großteil der zu Hause Pflegenden, die über Jahre größten körperlichen und psy­chischen Anforderungen ausgesetzt sind, bleibt unbedankt und unberücksichtigt.


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Der Entfall der vorgesehenen Einmalzahlung und der Valorisierung des Pflegegeldes ist auch nicht gerade Ausdruck besonders großer Wertschätzung.

Damit Sie Ihr selbst definiertes Image als soziales Gewissen der Regierung wieder aufpolieren, Frau Ministerin, werden Sie sicher viele kostspielige Sitzungen mit Ihren Marketingstrategen brauchen. Aber vielleicht gibt Ihnen „KHG“, der unabhängige Fi­nanzoptimierer für Minister aller Art, nützliche Finanzierungstipps. Ich würde es Ihnen wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme wieder auf die Gesundheit zu sprechen. Die Frage ist: Was sind die Erwartungen in die Gesundheitsversorgung? Wir sind uns einig, die Gesundheitsver­sorgung soll leistungsfähig und qualitativ hoch stehend sein, deshalb ein Ja zur medi­zinischen Spitzenforschung und zu einer erstklassigen technologischen Ausstattung. Sie soll flächendeckend sein, das heißt: umfassende Versorgung in allen Regionen. Sie soll frei zugänglich sein, das heißt: unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten oder vom Alter. Sie soll effizient sein. Das bedingt jedoch eine Reform, und wir sagen ja zu einer Gesundheitsreform. Und sie soll finanzierbar sein, durch Erhöhung der Effi­zienz und Wirtschaftlichkeit.

Ich möchte aber nun ganz kurz auf die Spitzenmedizin eingehen. Wie auch unser Bun­deskanzler Dr. Wolfgang Schüssel in seiner Rede zur Lage der Nation gesagt hat, sind wir in einigen Bereichen führend in der Medizin, zum Beispiel bei Hörimplantaten und bei Organtransplantationen. In Österreich haben mehr schwer kranke Menschen eine Überlebenschance als in anderen vergleichbaren westlichen Industriestaaten.

Ich bin indirekt auch ein Nutznießer dieser Spitzenmedizin, ich habe dazu meine eige­nen Erfahrungen machen müssen. Ich bin froh darüber und auch dankbar dafür, dass ich in Österreich lebe, denn auf Grund unserer hochwertigen Medizin verlief eine be­sonders schwere Krankheit eines meiner Familienmitglieder sehr positiv. Das war mög­lich durch eine optimale Zusammenarbeit von Onkologen und Spezialisten für Ortho­pädie. Ich bin auch Kollegem Grünewald für das Stichwort dankbar: Das war wirklich Weltklasse-Medizin.

Im Verlauf eines langen Behandlungszeitraumes konnte ich beobachten, dass die im­mensen Belastungen durch die Chemotherapie dank der Forschung immer mehr ab­nahmen und dass die Untersuchungsmethoden immer genauer, schneller und immer weniger belastend durchgeführt werden können.

Ridi Steibl hat schon gesagt, dass die WHO Österreich einen äußerst günstigen Platz weltweit zugeordnet hat. Auch die Experten der OECD bescheinigen unserem Ge­sundheitssystem eine sehr hohe Qualität.

Wir von der Regierung wollen eine erstklassige Medizin, keine Zwei-Klassen-Medizin. Es ist unser Ziel, qualitätsichernde Maßnahmen in allen Bereichen des Gesundheits­systems zu setzen. Aber wir wissen, dass die Ausgaben für medizinische Leistungen und Pflege deutlich ansteigen werden. Das heißt, wir – und damit meine ich alle im Haus – müssen einiges unternehmen und verändern, damit diese Qualität erhalten bleibt. Das sind wir uns selbst schuldig und auch unseren folgenden Generationen, und das ist ganz im Sinne eines Satzes der Gesundheitsorganisation, der da heißt: Ge-


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sundheit ist eines der Grundrechte des Menschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

17.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Brinek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.31

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Ich berichtige tatsächlich: Kollegin Grossmann hat behauptet, mit dem Budgetbegleitgesetz hätten wir Pensions­kürzungen bis zu 40 Prozent beschlossen.

Richtig ist vielmehr, dass eine Deckelung der Verluste mit höchstens 10 Prozent be­schlossen wurde. (Abg. Dr. Grünewald: Wie lange?) – Für 25 Jahre und mehr. Was darüber hinausgeht, muss die nächste Regierung, der nächste Nationalrat beschlie­ßen. 25 Jahre! (Beifall bei der ÖVP.)

17.31

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 


17.31

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Die Frauen im Doppelbudget 2003 und 2004 und was sie erwartet: Ich erlaube mir zu sagen, auf jeden Fall nichts Gutes.

Noch im Regierungsprogramm hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu den Frauen bekannt, was ja lobenswert und vor allem zu begrüßen ist; aber: Wo ist Ihre Verantwortung den Frauen gegenüber geblieben, Frau Bundesministerin, als Sie ve­hement diese Pensionskürzungen Ihres Kanzlers unterstützt haben? (Beifall bei der SPÖ.)

Bereits heute liegen 70 Prozent der Frauen mit Ihren Pensionen an und unter der Ar­mutsgrenze, wegen kurzer Beitragszeiten, Teilzeitbeschäftigung und Einkommensun­terschieden von bis zu 30 Prozent im Vergleich zu den Männern. Nichts passiert von Ihrer Seite, um diese Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern zu be­seitigen. Im Budget ist Ihnen das Aktionsprogramm der EU zur Chancengleichheit für Frauen mickrige 1 000 € wert. Ein beschämender Beitrag zur Gleichstellung der Frauen, möchte ich behaupten! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie formen nur schöne Seifenblasen, halten Sonntagsreden, aber handeln anders, als Sie reden.

Wie sieht nun Ihre Frauenpolitik aus? – In den Budgetberatungen, Frau Bundesminis­terin, haben Sie auf die Anfrage zu den Ladenöffnungszeiten gemeint, dass die Libera­lisierung der Ladenöffnungszeiten den Frauen die Gelegenheit geben wird, länger ein­kaufen gehen zu können. Eine eigenartige Sichtweise, möchte ich einmal sagen. Ich frage Sie: Wer soll am Abend denn noch einkaufen gehen? Die einen müssen länger arbeiten, und den anderen wird durch das Budget das Geld aus der Tasche gezogen. Die Geschäfte werden leer bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

70 Prozent der Beschäftigten im Handel sind Frauen, 70 Prozent, für die es entschei­dend ist, ob sie jeden zweiten Samstag mit ihrer Familie verbringen können oder nicht. Für die meisten dieser 70 Prozent wird es abends bis 21 Uhr keine adäquaten Kinder­betreuungseinrichtungen geben. Wo bleiben budgetäre Mittel, um flächendeckend Kin­derbetreuungseinrichtungen zu schaffen, Einrichtungen, die diese Frauen notwendig brauchen? (Abg. Dr. Fekter: Wo bleiben die Initiativen der Stadt Wien?) Ich komme aus ländlichen Strukturen, Frau Kollegin, und kann Ihnen sagen, in diesem Bereich


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werden zu wenige Kinderbetreuungseinrichtungen angeboten. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Nichts zu lesen und nichts zu sehen von diesen budgetären Mitteln!

Haben Sie sich auch Gedanken darüber gemacht, dass unter diesen Umständen Fami­lienleben am Wochenende so gut wie unmöglich sein wird? Ist das Ihr Beitrag, zum familienfreundlichsten Land der Welt zu werden, was Sie ja immer wieder anstreben? „Sehr“ familien- und frauenfreundlich, kann ich da nur sagen, Frau Kollegin! (Beifall bei der SPÖ.)

Frauen haben Zeichen gesetzt. 400 000 Menschen haben die Bürgerinitiative unter­schrieben, darunter auch viele Frauen. Sie haben kundgetan, dass sie sich Selbstbe­halte und eine dritte Säule im Pensionsversicherungssystem nicht leisten können – und viele Gemeinheiten mehr, die in diesem Budgetbegleitgesetz drinnen stehen. Diese Frauen werden von Ihnen ignoriert.

Wenn Sie es wirklich ernst meinen mit Ihrer Frauenpolitik, Frau Bundesministerin, dann machen Sie endlich die Augen auf! Sehen Sie auch jene Frauen, die nicht gut versorgt sind, weil sie keinen vermögenden Ehemann zu Hause haben! Sehen Sie auch diese Frauen, die alleine ihre Kinder versorgen müssen und nicht mit dem goldenen Löffel zur Welt gekommen sind wie so manche unter uns!

Diesen Frauen gilt es eine rechtliche Grundlage zu schaffen. Aber was machen Sie? Sie schaffen durch Ihre Politik eine Ellbogengesellschaft, in der die Frauen immer den kürzeren Ellbogen haben und dabei den Kürzeren ziehen werden, auch wenn sie noch so fleißig kämpfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

17.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wegscheider. – Bitte.

 


17.36

Abgeordnete Susanne Wegscheider (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Hause! Vor 50 Jahren wurde der höchste Berg der Welt zum ersten Mal bestiegen. 1975 erreichte die erste Frau den Gipfel, vier Jahre später die erste Europäerin. Leider war bis heute noch keine Österreicherin auf dem Mount Eve­rest, am Dach der Welt.

Der Österreichische Bergführerverband in Galtür gibt an, dass es in Österreich nur zehn Bergführerinnen gibt. Dem gegenüber stehen 1 300 Männer, die die gleiche Tä­tigkeit ausüben. So ähnlich ist das Verhältnis in den Chefetagen vieler Großunterneh­men. So ähnlich war das Verhältnis bis vor kurzem auch noch in der Politik.

Wie bekommen wir nun mehr Frauen in Entscheidungspositionen, um unser Land zu Höchstleistungen zu treiben? Vor allem müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion zum Kapitel „Frauen“ wird bislang sehr lebhaft geführt. Das Thema der Gleichbehandlung von Mann und Frau sollte sich meiner Meinung nach weniger an parteipolitischen Dogmen orientieren als an der Sa­che an sich. (Beifall bei der ÖVP.)

Vor allem bei Gender Mainstreaming heißt es für unsere Politikerinnen zusammenhal­ten. Im April letzten Jahres hat die Bundesregierung eine maßgebliche Zielrichtung mit dem Ministerratsbeschluss zu Gender Mainstreaming vorgegeben. Österreich hat sich damit politisch und rechtlich verpflichtet, diese Strategien in nationalen Maßnahmen umzusetzen. Die Empfehlungen zu diesem Beschluss stützen sich auf die Empfehlun­gen von Frauen aus verschiedenen politischen Institutionen. Darüber bin ich sehr froh. Jetzt liegt es aber an uns, am Thema dranzubleiben und für die nächsten Generatio-


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nen an engagierten Frauen die richtigen Wege zu legen. Vor allem im Bereich der Wirtschaft, im Bereich der so genannten ureigenen Reviere der Männer besteht noch immer Handlungsbedarf.

Warum greifen die Aktionen in diesem Bereich so kurz? Wenn ich daran denke, wie viel Mühe in die Öffnung von typischen Männerberufen für Frauen gesteckt wurde! Noch immer entscheiden sich aber 55 Prozent der Mädchen für einen frauentypischen Lehrberuf.

Eine wichtige Maßnahme ist die Förderung von Frauengruppen, Projekten und Initiati­ven, die durch ihre Aktivitäten zur Förderung des gesellschaftlichen und politischen Einflusses der Frauen und der Lösung von unmittelbaren Problemen beitragen.

Den Frauen müssen die notwendigen Mittel gegeben werden, um die frauenpolitischen Themen auch weiterhin selbst in die Hand nehmen zu können. Eine Maßnahme, die zum Beispiel in Oberösterreich gesetzt wurde, ist die Ausweitung der Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen. Dabei übernimmt das Land 75 Prozent der zusätz­lich anfallenden Personalkosten. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit solchen oder ähnlichen Maßnahmen können wir es auch österreichweit schaffen, die Frauenerwerbsquote merklich zu erhöhen. Wichtig wäre auch noch die Flexibilisie­rung von Arbeit an sich. Als Vorreiterland kann uns Schweden dienen, das Land mit der europaweit höchsten Erwerbsquote von Frauen. Und trotz des hohen Anteils an Frauen im Erwerbsleben finden wir die Schweden auch bei der Geburtenrate im Spit­zenfeld.

Unsere heutige Gesellschaft verlangt nach weiblichen Eigenschaften und weiblichen Entscheidungen. Das hilft nicht nur der österreichischen Wirtschaft, sondern auch dem ganzen Land. (Beifall bei der ÖVP.)

17.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


17.40

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte kurz auf die Ausführungen einer meiner Vorrednerinnen, auf jene von Frau Kollegin Grossmann, eingehen, denn mir kommt vor, sie hat heute ihre Unterlagen verwechselt: Das, was sie uns heute hier präsentiert hat, war inhaltsmäßig den Vorschlägen der SPÖ zu einer Reform der Pensionen sehr, sehr ähnlich.

Zur Frauenpolitik auch noch ein Wort: Die Damen von der SPÖ, die sich ganz beson­ders um die Frauenpolitik kümmern, leben sich sehr in Themen hinein, die sie eigent­lich schon seit Johanna Dohnal aufs Tapet bringen. Sie haben es aber in der Zeit, als sie Frauenpolitik noch maßgeblich mitverantwortet haben, nicht geschafft, das umzu­setzen. Unsere Frauenministerin hat ihre Zielvorgaben heute wieder bekannt gegeben. Sie ist ganz auf diese Themen konzentriert, und sie wird es auch schaffen, ihre Absich­ten in diesem Bereich umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in Österreich ein Gesundheitssystem, das tatsächlich zu den besten der Welt gehört, Herr Kollege Grünewald. Dieses Gesundheitssystem ist vor allem auch ein ganz wesentlicher Motor für die Volkswirtschaft: Es sind immerhin 10 Prozent aller Erwerbstätigen in Österreich auf diesem Sektor oder zumindest im Bereich der Zuliefe­rer beschäftigt, und 86 Prozent der Österreicher haben auch die Gesundheit als ihr wichtigstes und vorrangigstes Ziel erkannt. Das allein besagt auch schon, dass die österreichische Bevölkerung für Maßnahmen, die in diesem Bereich zu setzen sind und


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die natürlich auch zur Aufrechterhaltung der hohen medizinischen Standards beitragen werden, größtes Verständnis aufbringt.

Ich begrüße ganz besonders die Schwerpunkte unserer Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, die sie im Bereich der Gesundheitsvorsorge gesetzt hat, und sie hat na­türlich auch ihre Zielvorgaben entsprechend formuliert. Es ist wichtig, dass Vorsorge schon im Kindergarten, in der Volksschule beginnt, denn wir leben in einer Zeit, in der die Folgen des modernen Lebensstils ganz besonders auf uns einwirken; es ist vielfach Bewegungsarmut und falsche Ernährung feststellbar, etwas, was auch in Übergewicht ausarten kann, und vor allem ist auch ein steigender Suchtmittelkonsum festzustellen.

Natürlich muss man sich auch die Frage stellen, warum die kostenlose Gesundenun­tersuchung pro Jahr im Sinne der Vorbeugung nur von zirka 7 Prozent der Bevölkerung wahrgenommen wird. Es ist eine Art mangelnde Akzeptanz dieser Vorsorgeuntersu­chungen festzustellen, und diese ist sicherlich auch darin begründet, dass wir sozusa­gen ein bisschen zu unserem Glück gezwungen werden müssen oder – so wie es un­sere Bundesministerin formuliert – einen ganz besonderen Anreiz geboten bekommen müssen, um uns dieser Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen.

Eine Verbesserung unserer Lebensqualität, unseres Lebensstils ist eine ganz beson­dere Herausforderung, und das ist auch eine intensive Informationskampagne wert. Ich gebe zu, dass das gesamte Gesundheitssystem weit mehr als nur Informationen braucht, damit es zu einer entsprechenden Reform kommt, aber letztendlich bedeutet es für unsere Generation, für uns, die wir alle länger leben werden, auch lange gesund zu bleiben – und dazu braucht es eben zur richtigen Zeit die Maßnahmen, die wir alle mit zu tragen und mit zu verantworten haben, nämlich Maßnahmen in Richtung Ge­sundheitsvorsorge. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.44

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rädler. Eben­falls 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.44

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Bevor ich zum Kapitel Gesundheit komme, möchte ich doch – leider ist Frau Abgeordnete Prammer nicht hier – Bezug nehmen auf ihre Aussage, die ÖVP-Bürgermeister seien familienunfreundlich, und sie werde den Beweis antreten, dass es die SPÖ-Bürgermeister seien, die eine sehr familienfreundliche Politik machten.

Ich kenne einen SPÖ-Bürgermeister – den Bürgermeister meiner Nachbargemeinde –, der seit 40 Jahren im Amt ist (Abg. Steibl: Schon sehr lange!), und als es darum ging, einen Kinderhort einzurichten, hat er gemeint, er überlasse das mir. (Abg. Steibl: Sehr gescheit!) Meine Gemeinde ist eine ÖVP-Gemeinde, und Sie werden einen Kinderhort vorfinden, an dem ein wunderschönes Transparent prangt, auf dem steht: Umwelt-Mustergemeinde und Sozial-Mustergemeinde Erlach. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war SPÖ-Landesrätin Kranzl aus Niederösterreich bei der Eröffnung dieses Kinder­hortes anwesend, weil es einfach notwendig ist, dass man, wenn man eine Zuzugsge­meinde mit einem Bevölkerungszuwachs von 16 Prozent ist, für Familien oder auch für allein Erziehende Möglichkeiten schafft, ihre Kinder von null bis zehn Jahre entweder in einer Ganztagesbetreuung oder in einer Nachmittagsbetreuung unterzubringen.

Darüber hinaus bieten wir einen Kinderscheck an sowie eine kostenlose Betreuung im Kindergarten am Nachmittag. Und da frage ich jetzt die Frau Abgeordnete Prammer: Wo sind die sozialistischen Bürgermeister? – Der Nachbarbürgermeister hat gesagt: Da tue ich nicht mit!, mit dem „Erfolg“, dass zwei Jungfamilien wegen der Kinder-


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betreuung aus diesem Ort weggezogen und in meine Heimatgemeinde gezogen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber gestatten Sie mir noch ein Wort zur heutigen Debatte: Ich hoffe, dass der ORF auszugsweise einen Ausschnitt aus der aufgeregten Rede des Abgeordneten Cap bringt. Dann wird nämlich das vermeintliche Meinungshoch der SPÖ um 5 Prozent wieder nach unten revidiert werden müssen.

Was die Grünen anlangt: Es wurde so viel über die Homepage des Herrn Finanzminis­ters gesprochen. Ich würde empfehlen, sich einmal die Homepage der Grünen anzu­sehen: Unter www.noe.gruene.at wurde in Niederösterreich eine so genannte Spitzel­box eingerichtet: Die Grünen suchen nach Dokumenten, nach Aktenvermerken, nach Hinweisen, nach Zeugen zum Beispiel aus der Verwaltung, um Tatsachen – vermeintli­che Tatsachen! –, strafbare Handlungen weiterzuleiten. Da werden Menschen aufge­fordert, Spionage zu betreiben (ironische Heiterkeit bei den Grünen – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig), zu bespitzeln, Rechtsbruch ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Es kann sich aber nur um Gesund­heitsspionage bei diesem Kapitel handeln.

 


Abgeordneter Johann Rädler (fortsetzend): Ich hoffe, dass die Grünen auch an In­formationen aus dem Gesundheitsbereich interessiert sind. Sonst würden sie ja diese Homepage nicht einrichten. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Aber Sie haben Recht, ich komme zurück zum Thema Gesundheit.

Herr Abgeordneter Grünewald, Sie haben gemeint, es müssen sich die Verhältnisse ändern. – Ja, es müssen sich die Verhältnisse wirklich ändern! Wir haben noch einiges zu tun im Gesundheitsbereich, wenn ich etwa nur daran denke, dass wir jetzt eigentlich eine „Graue Revolution“ erleben: Es verdoppelte sich in den letzten 30 Jahren die Zahl der 60-Jährigen, das heißt, wir haben es mit neuen Herausforderungen zu tun, und zwar nicht nur die Gemeinden, sondern auch die Länder und natürlich auch der Bund: die Gemeinden mit Einrichtungen im Pflegebereich, die Länder ebenfalls mit solchen Einrichtungen – hier gehen wir in Niederösterreich moderne Wege –, und genauso auch der Bund.

Der Bund sollte hier Rücksicht auch auf die Länderinteressen nehmen, und ich bin sehr zuversichtlich, dass das mit dem Landesgesundheitsreferenten von Niederösterreich und mit unserer Frau Ministerin gelingen wird, nämlich grundsätzliche Reformen zur Einrichtung von Landesgesundheitsfonds voranzutreiben. Wir müssen ganz einfach intramurale Bereiche mit extramuralen Bereichen zusammenführen, um hier zu einer Optimierung, zu einer entsprechenden Finanzgebarung und zu einer Wirtschaftlich­keitsrechnung zu kommen – natürlich unter dem Gesichtspunkt einer optimalen Quali­tätssicherung im Gesundheitsbereich.

Aber die wesentlichste Herausforderung wird sicherlich die Zusammenführung und die einheitliche Trägerschaft im Unfallversicherungsbereich, aber auch im Krankenversi­cherungsbereich sein. Da, glaube ich, ist die Politik gefordert, nicht, so wie bei der heu­tigen Debatte, in Negativ-Bildern zu denken, sondern nach vorne zu schauen – im Sin­ne eines umfassenden Gesundheitssystems, das finanzierbar ist und das auch die Qualität in der Gesundheitsversorgung sichert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

17.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Preineder. – Bitte.

 



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17.50

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Die Gesundheit stellt das höchs­te Gut in unserem Leben dar, und das ist uns manchmal oft erst bewusst, wenn wir krank sind. Ich glaube, eine gute und vorausschauende Gesundheitspolitik muss bei der Vorbeugung, bei der Prävention, ansetzen, und eine zukunftsorientierte Gesund­heitspolitik muss auch die Möglichkeiten, die der medizinisch-technische Fortschritt bietet, berücksichtigen.

Deshalb ist es wichtig, die Finanzierbarkeit unseres Systems zu erhalten. Sonst gleiten wir ab zu einer Zwei-Klassen-Medizin, die wir alle hier, glaube ich, nicht wollen. Eine laufende Erhöhung der Beiträge kann nicht die Lösung des Problems sein.

Die Einführung der Chipkarte bietet jetzt die Chance, auf ein gerechtes Kostenbeteili­gungsmodell umzusteigen. Geschätzte Damen und Herren! Das ist nicht etwas Neues, sondern das gibt es in vielen Bereichen, wie bei den Beamten, bei den Gewerbetrei­benden und auch bei den Eisenbahnbediensteten.

Ein intelligentes Beteiligungsmodell bringt Kostentransparenz – jeder weiß, welche Leistungen er in Anspruch nimmt –, stärkt die Eigenverantwortung und stellt auch eine gewisse Leistungskontrolle für den Patienten dar. Ich glaube, es ist dieses Kostenbe­teiligungsmodell auch ein Steuerungselement. Pauschalgebühren, wie die Kranken­scheingebühr oder Rezeptgebühren, können diese Aufgabe nicht ausreichend erfüllen.

Ein sozial gestaltetes Beteiligungsmodell kann die Effizienz der Gesundheitsversor­gung steigern, kann die Vorsorgemedizin sichern und den Fortschritt ermöglichen.

Ich glaube, das Beteiligungssystem stellt keine Belastung dar – obwohl immer gesagt wird, das sei eine Erhöhung der Belastung –, denn wir alle zahlen in ein System, aus dem wir alle herausnehmen, und es kommt kein Dritter dazu, der zahlt.

Ich lade Sie ein, Veränderungen mit zu gestalten, denn was sich verändert, hat Be­stand.

Abschließend – ich bin der letzte Redner zu diesem Thema – die gute Nachricht des Tages: Seit gestern wissen wir, dass die Geburten in unserem Land um 3,9 Prozent gestiegen sind. Ich glaube, das ist ein positives Signal für unser Land und für diese Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Lentsch: Kinderbetreu­ungsgeld!)

17.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen zum Budgetkapital Gesundheit und Frauen liegen nicht vor. Daher schließe ich die Debatte zu diesem Budgetkapital ab.

Inneres

Kapitel 11: Inneres

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum nächsten Kapitel, dem Kapitel 11: Inneres.

Herr Bundesminister Dr. Strasser ist bereits anwesend.

 


Erster Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Die Uhr ist auf 8 Minuten ge­stellt. – Bitte.


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17.53

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Re­al betrachtet sinken die Ausgaben für die innere Sicherheit in Österreich, und real be­trachtet sinkt daher auch die Sicherheit in Österreich überhaupt, wie die Kriminalitäts­statistik beweist.

Die Ausgaben für die innere Sicherheit betragen im Jahre 2003 und im Jah­re 2004 1,73 Milliarden €, und während von 2002 auf 2003 noch ein minimaler Anstieg von 1,7 Prozent zu verzeichnen war, gibt es nominell im Jahr 2004 nichts mehr dazu.

Im Jahre 1999, damals noch unter einem sozialdemokratischen Innenminister, gab es 1,717 Milliarden € für das Kapitel Inneres. Wenn man die Inflationsrate berücksichtigt, dann war das weitaus mehr wert als die heutigen 1,73 Milliarden €.

Das ist ein Alarmzeichen, meine Damen und Herren, denn mit diesen viel zu niedrig angesetzten Budgets der Jahre 2003 und 2004 nimmt man natürlich abermals Perso­naleinsparungen, Kürzungen bei den Überstunden und damit wieder weniger Personal auf der Straße, nimmt man eine Beibehaltung der teilweise skandalösen Zustände bei Infrastruktur, Ausrüstung und Fuhrpark der Wachkörper in Kauf.

Bereits in den drei vergangenen Budgetjahren haben Sie, Herr Bundesminister, der inneren Sicherheit 2,2 Milliarden Schilling, also 160 Millionen € entzogen. Sie haben bei den einzelnen Wachkörpern über 1 700 Planstellen gestrichen, und der Großteil kam trotz Ihrer leeren Behauptungen unmittelbar aus dem exekutiven Außendienst.

Nun werden auch in den beiden vorliegenden Budgets der Jahre 2003 und 2004 weite­re Hunderte Planstellen in Abzug gebracht. Während Sie, Herr Bundesminister, ohne Rücksicht auf Verluste Personalkürzungen vornehmen, kommt uns Ihre willkürliche Umstrukturierungs- und Umsetzungspolitik teuer zu stehen. Sie zerstören eine bewähr­te Sicherheitsstruktur, damit Sie Ihre personalpolitisch bedingten Vorstellungen umset­zen können. (Abg. Dr. Niederwieser: Parteipolitisch!) – Parteipolitisch; ich danke für die Korrektur! – Sie zerstören eine bewährte Struktur, um Ihre parteipolitisch beding­ten Personalvorstellungen umsetzen können.

Das kommt uns insofern teuer zu stehen, als allein in Wien in nicht weniger als 202 Fällen zwei Gehälter bezahlt werden müssen, nämlich einmal für jenen, den Sie mit Weisung sozusagen aus dem Dienst vertrieben haben, dem Sie den Posten weg­genommen haben, und für jenen, den Sie aus parteipolitischen Gründen auf diese Po­sition – und in den meisten Fällen, wie der Berufungssenat nachgewiesen hat, rechts­widrig! – eingesetzt haben.

Strassers Personalrochaden sind nicht nur monochrom, sie sind auch teuer für den Steuerzahler! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Auch bei der Ausrüstung wird weiter kaputt gespart, obwohl die Arbeitsverhältnisse für die ExekutivbeamtInnen dramatisch sind. Erschreckend ist, dass wir zum Stichtag 1. April 2003 im Fuhrpark der Exekutive eine Anzahl von Fahr­zeugen haben, die einen Kilometerstand von weitaus mehr als 200 000 Kilometer auf­weisen. (Abg. Dr. Fekter: Ich fahr’ auch mit einem Auto, das über 200 000 Kilo­meter ...!)

Meine Damen und Herren! 447 PKW der Exekutive – ich will gar nicht aufzählen, wo überall: bei der Gendarmerie, Polizei, beim BKA und auch bei der „Cobra“ – haben über 200 000 Kilometer auf dem Tacho. Ich schaue mir an, wie damit eine entspre­chende Verfolgung diverser Täter aussehen wird!

Hohes Haus! Chaotische Zustände gibt es natürlich auch, etwa bei den Kriminalämtern in Wien, wo die Beamten mir erzählen, dass sie ihre Akte aus Schachteln herausholen müssen, weil die so genannten Reformen, sprich die Zerschlagung der bewährten


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Strukturen, noch nicht abgeschlossen sind und die Kriminalämter noch nicht wirklich in einem Ort zusammengefasst sind. Das führt auch dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger in Wien quer durch die Bezirke geschickt werden, wenn sie eine Anzeige auf­geben wollen.

Hohes Haus! Im Gegensatz dazu kosten die teuren Fehlprojekte, wie etwa ADONIS, den Steuerzahler einiges Geld. Allein im Jahr 2002 betrug der Aufwand für Beratungs­kosten um ADONIS fast 10 Millionen Schilling. Meine Damen und Herren! Da kommt das dicke Ende noch. Momentan gibt es ein mediales Gefecht zwischen master-talk, der Firma, die das umsetzen soll, und dem Innenministerium, und da geht es natürlich ums Geld.

In diesem Zusammenhang hat der Herr Minister – das sage ich ganz offen – ganz ein­deutig versagt, denn er hat sich beim Aufbau dieses Funknetzes im Vorfeld nicht dar­um gekümmert, möglichst viele User aus den Bundesländern, aus den Blaulichtorgani­sationen, ja sogar beim Bundesheer sicherzustellen, und jetzt kommt das dicke Ende: Eine geringere Zahl an Usern in diesem Bereich bedeutet natürlich deutlich höhere Kosten für den einzelnen Benutzer, als vorher ausgemacht, und daher springt eine Organisation nach der anderen ab. Und das, Herr Bundesminister, ist für einen Minis­ter, einen Manager eine klägliche Leistung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Folgen dieser Budgetpolitik für den Bereich Innere Sicherheit finden Sie ja heute auf der Titelseite des „Kurier“ – Sie kennen sie, meine Damen und Herren –: Fast 600 000 Delikte – die Kriminalität steigt dramatisch, lautet diese Schlagzeile.

Hohes Haus! Wenn wir den Kriminalitätsbericht des Jahres 1999 hernehmen und damit vergleichen, dann ist der Bericht 1999 ein Erfolgsreport gewesen, der des Jahres 2002 ein absolutes Debakel!

Meine Damen und Herren! Ich nehme nur einige wenige Zahlen her: Im Vergleich zum Jahr 1999 ist die Zahl der Delikte um fast 20 Prozent gestiegen, sind die Delikte gegen fremdes Vermögen – also die Massendelikte – um über 28 Prozent gestiegen, sind schwere Sachbeschädigungen um 37 Prozent gestiegen, Diebstahl um 46,4 Prozent, schwerer Diebstahl um 63,3 Prozent, Diebstahl durch Einbruch um 27,5 Prozent.

Im gleichen Zeitraum ist die Aufklärungsrate von 51,4 Prozent auf knapp über 40 Pro­zent abgesunken. Und das ist desaströs, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich unterstütze den Herrn Bürgermeister von Wien in seiner Aussage, dass 1 000 Poli­zisten mehr für Wien notwendig sind, um Prävention zu betreiben, um end­lich gegen diese hohe Zahl an Delikten und gegen die sinkende Aufklärungsziffer vor­gehen zu können. Und auch der Polizeipräsident von Wien hat Recht, wenn er weitere 100 Kripo-Beamte fordert.

Es ist notwendig: Handeln Sie, Herr Minister, denn das, was Sie hier derzeit zu verant­worten haben, ist nicht gut für dieses Land und ist schlecht für die Sicherheit in Öster­reich! Sie sind aufgefordert, endlich von diesem Weg abzugehen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.01

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Diese deine Rede, Kollege Parnigoni, war nicht sehr realitätsbezogen! Es hat mir dabei auch sehr an Objektivität gefehlt! Du hast


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heute eine Aussendung gemacht, in der es heißt – und du hast es ja gerade auch ge­sagt –, dass vom Budget 1999 auf das Budget 2003 um 160 Millionen € gekürzt wurde. Kollege Parnigoni! Im Jahre 1999 hatten wir 1 685 Millionen €. Jetzt haben wir ein Budget von 1 725 Millionen €. – Daraus wird ersichtlich, dass bei deiner Rechnung und deinen Budgetnachforschungen irgendetwas nicht ganz stimmen kann! Ich bitte daher um ein bisschen mehr Objektivität! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Österreich war, ist und bleibt weiterhin ein sicheres Land. Und dass der Weg, den wir in den vergangenen drei Jahren beschritten haben, nicht der falsche sein kann, zeigt sich auch daran, dass Österreich im Ranking von 49 Industriestaaten die Nummer eins im Sicherheitsbereich ist. Das kommt nicht von ungefähr, sondern das ist das Resultat der harten Arbeit, die Innenminister Strasser und sein Team geleistet haben: Er hat im Jahre 2000, als er Innenminister geworden ist, begonnen, den Reformstau im Innen­ressort aufzuarbeiten und Strukturveränderungen anzugehen.

So wurden etwa viele Sondereinheiten der Kriminalpolizei in ein Bundeskriminalamt zusammengefasst, das sehr gut funktioniert. Es gibt heute eine einheitliche Ausbil­dungsschiene für Polizei und Gendarmerie. Wir haben eine schlanke Verwaltung, und es wurde mit dem Abbau von nichtexekutiven Aufgaben begonnen. So wurden etwa das Fundamt sowie das Melde‑ und Passwesen ausgelagert. Weiters wurde eine Zu­sammenführung der Kfz-Werkstätten von Polizei und Gendarmerie vorgenommen, außerdem ist es zu einer enormen Modernisierung im Bereich der Unterkünfte von Polizei und Gendarmerie gekommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Das hat es in den letzten zehn Jahren unter SPÖ-Ministern nicht gegeben! 78 neue Gendarmeriedienststellen und Polizeidienststellen wurden fertig gestellt, 55 Dienst­stellen sind in Bau, und 87 Dienststellen sind in Planung. (Abg. Dr. Niederwieser: Das Ergebnis schaut aber auch dementsprechend aus!) Hier ist aber der gesamte Unter­kunftsbereich, der von der BIG organisiert und zur Verfügung gestellt wurde, nicht mit einbezogen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) – Bitte hören Sie mir jetzt zu, sonst verstehen Sie mich nicht! (Abg. Dr. Niederwieser: Reden Sie doch einmal von den Dienststellen, die zugesperrt wurden!)

Ein Wort zur Kriminalstatistik: Es ist sicherlich kein erfreuliches Ereignis, wenn man feststellen muss, dass die Kriminalität zugenommen hat. (Abg. Mag. Wurm: Da haben Sie Recht!) Wir brauchen überhaupt nichts zu beschönigen, das ist eine Gegebenheit. Aber es ist klar: Österreich ist keine Insel, es gibt europaweit generell steigende Krimi­nalitätsraten, und da liegen wir noch ausgesprochen gut. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Wir liegen da noch ausgesprochen gut, sonst wären wir nicht an erster Stelle, Frau Kollegin Wurm, das muss ich Ihnen sagen.

Etwas muss man auf jeden Fall klarstellen: Die Kriminalität steigt, aber es gibt auch steigende Aufklärungsraten, und zwar sehr wesentlich steigende Aufklärungsraten. Insgesamt wurden um 23 000 Delikte mehr geklärt. (Abg. Mag. Wurm: Sagen Sie, welche das waren!) Das ist, glaube ich, eine großartige Leistung von Polizei und Gen­darmerie draußen vor Ort, von welchen tagtäglich in Verrichtung ihres Dienstes eine großartige Leistung erbracht wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Es wurden auch 1 300 Täter mehr zur Anzeige gebracht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) – Hören Sie mir zu, sonst wissen Sie nicht, wie es weitergeht!

Im Zusammenhang mit der Personalsituation möchte ich jetzt ein Beispiel anführen und erwähne das Jahr 1996, weil Exminister Einem hier sitzt. In diesem Jahr haben SPÖ-Mandatare, unter anderem auch Kollege Leikam, 1 000 zusätzliche Planstellen gefordert. (Abg. Mag. Wurm: Das war Kiss im Jahre 1999!) Weißt du, was am Ende


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des Jahres herausgekommen ist? – Wir hatten um 200 Planstellen weniger, weil es eine Budgetkonsolidierung gegeben hat! Ich nehme das aber zur Kenntnis! (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Lassen wir also die Kirche im Dorf!

Wir wünschen uns alle mehr Personal – das ist überhaupt keine Frage. Wir versuchen auf der einen Seite, ein vernünftiges Budget aufrechtzuerhalten, auf der anderen Seite ist es aber natürlich erforderlich, dass wir das nötige Personal für die Wahrung umfas­sender Sicherheit zur Verfügung stellen.

Ich bin jedoch sehr zuversichtlich: Mit 1. September bekommen wir zusätzlich 100 Planstellen von der Zollwache, und mit 1. Mai 2004 werden es weitere 930 sein. Über 600 Personen sind in Ausbildung. Wenn wir das zusammenrechnen, dann steht in der nächsten Zeit doch eine größere Personalaufstockung im Innenbereich bevor, und das müssen wir auch zur Kenntnis nehmen. Ich sehe die Personalsituation bei weitem nicht so drastisch wie Kollege Parnigoni!

Schließlich ist es mir auch noch ein Anliegen, mich bei den Kollegen vor Ort für die großartige Leistung, die sie tagtäglich, ob bei Tag oder bei Nacht, erbringen, zu bedan­ken. (Abg. Mag. Wurm: Die werden sich auch dafür bedanken, wie Sie sie unterstützt haben!)

Zuletzt habe ich noch eine Bitte: Wenn es in der nächsten Zeit um das Lebensarbeits­zeitmodell im Exekutivbereich geht, dann erwarte ich mir auch von der Opposition eine dementsprechende Unterstützung! Ich lade Sie dazu sehr herzlich ein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächste Rednerin Frau Abgeordne­te Stoisits. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


18.08

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Guten Abend, Herr Bundesminister! Dobar vecer, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie sind erst so kurz Bundesminis­ter, dass Sie erst einmal bei Budgetdebatten hier mit dabei waren, aber die Damen und Herren, die schon etwas länger im Innenressort tätig sind, wissen, dass wir Grünen – schon etliche Male repräsentiert durch meine Person, ich erinnere mich aber auch noch an Rudi Anschober und Peter Pilz – Budgetdebatten zum Kapitel Inneres immer zum Anlass genommen haben, um uns über die Frage des subjektiven und objektiven Sicherheitsgefühls der österreichischen Bevölkerung und darüber zu unterhalten, wel­che Schlüsse die Politik – und das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik – daraus zieht.

Das, was in den letzten Tagen – konkret gestern und heute in der Mediendiskussion und auf Grund der Veröffentlichung der neuesten Zahlen – in Bezug auf Kriminalität einerseits und Aufklärungsquoten andererseits zutage gekommen ist, und das, was wir jetzt Neues gehört haben, hat mich sehr stark in all dem, was wir in den letzten Jahren immer wieder vorgebracht haben, bestätigt.

In den letzten Jahren habe ich all meine diesbezüglichen Reden damit begonnen, dass ich gesagt habe: Gott sei Dank ist Österreich ein so sicheres Land! Gott sei Dank ha­ben wir eine Sicherheitsexekutive, die in vielen Bereichen hervorragend arbeitet! Dar­auf können wir alle stolz sein, und es steht dem Nationalrat gut an, sich bei den Damen und Herren, die für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung verantwortlich sind, nämlich bei jenen, die – wie ich jetzt ein wenig militärisch sagen möchte – „an der Front“ stehen, also dort, wo die Sicherheit gefährdet ist, herzlich zu bedanken!


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Ich glaube, dass es vor allem deshalb wichtig ist, das zu sagen, weil man daraus auch die Legitimation beziehen kann, den Finger auf jene Wunden und kritischen Punkte zu legen, wo es nicht so gut klappt; und zwar sowohl betreffend das subjektive Sicher­heitsgefühl der Bevölkerung als auch betreffend objektive Faktoren.

Das, was ich in den letzten Tagen gehört habe, ist wahrlich ein Grund, besorgt zu sein. In einigen Deliktsbereichen gibt es keine Änderungen. Wohl gibt es aber – wie es der Herr Minister ausgedrückt hat – bei gewissen Massendeliktstypen Steigerungsraten. Dafür kann zwar der Minister nichts, weil es eben Umstände gibt, die, rein von der geopolitischen Ausrichtung und Wirkung her, weit über das, was Österreich selbst be­einflussen kann, hinaus gehen. Was mir dabei aber den größten Anlass zur Sorge gibt, ist die Tatsache, dass die Aufklärungsquote sinkt.

Ich bin da jetzt nicht die große Expertin, um zu wissen, was die tatsächlichen Ursachen dafür sind. Ich bin aber eine sehr kritische und vor allem auch eine eifrige Beobachterin der Arbeit der österreichischen Polizei. – Ich fasse jetzt alles unter dem Begriff „Polizei“ zusammen, um nicht immer „Gendarmerie und Polizei“ oder „Sicherheitsexekutive“ sagen zu müssen, denn noch wissen wir nicht, wie wir das Ding letzten Endes nennen werden. – Und weil ich in den letzten Jahren alles so genau beobachtet habe, habe ich einen Verdacht, den Sie, Herr Minister, wie ich hoffe, entkräften können, und zwar be­legterweise entkräften können!

Ich meine nämlich, dass es innerhalb der Sicherheitsexekutive durch die Politik der letzten zweieinhalb oder drei Jahre zu einer Verunsicherung gekommen ist, weil man nicht weiß, wie es weitergehen wird, wo man Posten schließen wird, wie zusammenge­legt werden wird und wo man willkürlich Änderungen vornehmen wird. – Ich sage das jetzt nur in einem Satz, ich habe nicht genau gehört, ob Rudi Parnigoni das auch noch einmal angesprochen hat: Die gesamte Politik der Postenbesetzungen in Ihrem Res­sort wirkt nicht gerade motivierend auf Polizistinnen und Polizisten und Gendarmen in Österreich, die ihre Arbeit in Zeiten zu tun haben, in welchen die Herausforderung für diejenigen, die – unter Gänsefüßchen – „an der Front“ sind, immer größer werden. (Zwischenruf des Abg. Schöls.)

Internationale beziehungsweise grenzübergreifende Kriminalität ist ein Phänomen, welches heute natürlich in stärkerem Maß auftritt als noch vor 15 Jahren. Ich nenne jetzt beispielsweise das Stichwort Ostöffnung, das Problem geht aber auch weit dar­über hinaus, denn es handelt sich in diesem Zusammenhang ja nicht nur um die Nach­barländer.

Herr Minister! Es muss entsprechende Erklärungen geben, und ich kann Sie jetzt nur auffordern und bitten, all das, was durch die Politik an Unruhe in den letzten Monaten entstanden ist und was Sie direkt und unmittelbar als politisch Ressortverantwortlicher auf Ihren Hut zu nehmen haben, abzustellen, denn das ist die größte Verunsicherung für die Bevölkerung! (Beifall bei den Grünen.)

Bezüglich Justiz sage ich immer wieder: Das Schlechteste ist, wenn zu viel über die Rechtsprechung und über die Justiz insgesamt geredet wird. Und ähnlich verhält es sich auch in Bezug auf die Polizei: Die Menschen werden sofort verunsichert, wenn sie solche dramatischen Diskussionen hören müssen. Ich sage deshalb „müssen“, weil die Diskussionen ja wirklich Anlass zu Unruhe bieten. In Anbetracht dessen teile ich die Kritik, die auf Grund der jüngst veröffentlichten Zahlen von vielen in jeder Beziehung negativ geäußert wurde, und ich teile die Sorgen, denn auch uns machen diese Ent­wicklungen ausgesprochen besorgt. – Das zum Ersten, meine Damen und Herren.

Herr Bundesminister! Die Zeit ist immer sehr knapp bei Budgetdebatten. Darum kom­me ich nun zum zweiten Thema, das Ihr Ressort gerade jetzt sehr beschäftigt, und zwar zum Fragenkomplex rund um den Umgang mit Flüchtlingen und damit zur


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Rechtsstaatlichkeit in Österreich. Herr Minister! Wir hatten heuer im Winter Gelegen­heit, uns im kleineren Kreis über die Frage, welchen Änderungsbedarf es im österrei­chischen Asylwesen insgesamt gibt, intensiv zu unterhalten.

Ich habe es nie in Abrede gestellt – auch Sie wissen das, Herr Bundesminister Stras­ser –, dass es in diesem Bereich extrem viel Handlungsbedarf gibt. Wohlgemerkt: Ich sage jetzt Asylwesen. Ich bin heute wie vor Monaten und Jahren der Auffassung, dass das österreichische Asylgesetz, und zwar mit all den Schwächen, die es enthält und die wir auch bei der seinerzeitigen Beschlussfassung, also seit 1991, kritisiert haben, als solches nicht das Problem ist, sondern dass die Problematik im Vollzug liegt. Die wirklichen Probleme zeigen sich etwa bei den Ressourcen und hinsichtlich des Perso­nals, das zur Verfügung gestellt wird, also insgesamt darin, wie mit diesem Gesetz sozusagen öffentlich umgegangen wird.

Herr Bundesminister! Ein großes Problem im österreichischen Asylwesen sind Sie! Ich sage es schlicht und einfach: Ein Problem sind Sie, Ihre Sicht und Ihre Handlungswei­se in Bezug darauf, wie Rechtsstaatlichkeit in Österreich gesehen und interpretiert wird und wie Sie als Ressortchef damit umgehen können!

Wenn es oberstgerichtliche Entscheidungen gibt, wie beispielsweise jene im Zusam­menhang mit der Bundesbetreuung, dann hört man vom politisch Zuständigen, der das umzusetzen hat – und dabei geht es nicht um die Frage, ob er will oder nicht oder ob es ihm passt oder nicht, sondern da sind höchstgerichtliche Entscheidungen umzuset­zen –: Was kümmert mich das? Wir werden schon sehen! Da lassen wir uns Zeit! Wa­rum mischt sich der Oberste Gerichtshof ein? – Das ist genau die Stimmung, die auf­bereitet wird, damit man dann kommen und sagen kann: Jetzt komme ich mit dem Hammer des neuen Asylgesetzes, bei welchem wir uns überhaupt nicht mehr um ver­fassungsrechtliche Grundsätze kümmern müssen – die nicht nur österreichische, son­dern auch europaweit geltende sind, und die Genfer Flüchtlingskonvention steht ja noch über all dem!

Bezüglich der Regierungsvorlage, die vorige Woche noch in allerletzter Minute vor dem Sommer dem Parlament zugeleitet wurde und dem Nationalrat jetzt vorliegt, haben wir uns nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich verständigt. Wir als Oppositionspar­tei – und sicherlich ist auch die SPÖ so vorgegangen – haben gesagt: Wir können nicht beeinflussen, was die Regierungsparteien, welche die Mehrheit haben, auf ihre Priori­tätenliste setzen. Noch immer beschließt jedoch der Nationalrat und nicht die Regie­rung die Gesetze, und deshalb soll es bei so grundlegenden Änderungen intensive Beratungen auch im Nationalrat geben.

Dabei geht es nämlich auch um das Vertrauen in diese Gesetzgebung. Wenn schon Gesetze ins Parlament gebracht werden, bei deren Erarbeitung die NGOs, die kirchli­chen Organisationen und jene, die mit den Flüchtlingen beziehungsweise sozusagen mit den Klienten direkt arbeiten, ganz brutal links liegen gelassen werden (Abg. Dr. Van der Bellen: Rechts!) – rechts liegen gelassen, sagt mein Chef! –, dann wird sich zumindest der Nationalrat eine schlampige, oberflächliche und nicht ins Detail ge­hende Erörterung dieses Gesetzes ganz sicher nicht gefallen lassen, denn das sind wir uns selber schuldig, Herr Bundesminister!

Ich sage jetzt nur ganz kursorisch: Die Punkte sind Ihnen wohl bekannt. Es ist in den letzten Tagen und Wochen viel darüber geschrieben worden. Der UNHCR tritt an alle Abgeordneten, wie auch an Sie in der Vergangenheit und wahrscheinlich auch jetzt noch stündlich, mit der Bitte heran, zu überdenken, was auf dem Tisch liegt. Dabei wird nicht der Vorwurf erhoben, dass alles, was Sie uns präsentieren, sozusagen null und nichtig sein soll. Das habe ich auch nicht getan, weil ich das für unrealistisch halte und weil ich auch den politischen Willen der anderen Seite auf jeden Fall respektiere. Das


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ist so in einer Demokratie, dass eben einer am stärkeren Ast sitzt. Wenn es aber dar­um geht, dass verfassungsrechtliche Grundsätze, europäische Prinzipien und Rechts­staatlichkeit in Frage gestellt werden – Stichwort: Neuerungsverbot, Stichwort: Dritt­staatsklausel, Sie kennen das ganz genau –, dann, Herr Minister, hört sich der Spaß auf, denn wir haben einander, um es korrekt zu sagen, ein ordentliches parlamentari­sches Verfahren versprochen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vor einem Monat dachte ich noch, dass wir die diesbezügliche Vorstellung teilen, und ich vertraue Ihnen, dass Sie uns in dieser Frage dennoch unterstützen werden. Sie sind nicht Mitglied des Nationalrates, aber Sie sind diesbezüglich, was den Inhalt be­trifft, der Wortführer für die ÖVP-Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nur mehr ganz wenig Zeit. Erlauben Sie mir daher, Herr Bundesminister, jetzt noch einen Abänderungsantrag, den ich for­mal ja vorlesen muss, zu referieren und inhaltlich zu erläutern, und zwar zu einem Thema, das ausgesprochen ernst ist.

Herr Minister! Wir haben schon im Budgetausschuss darüber geredet: Es geht um die Frage der finanziellen Notlage und Nöte, der finanziellen Bedürfnisse der Jüdinnen und Juden in Österreich, konkret der Israelitischen Kultusgemeinde. Herr Minister, ich weiß, dass Sie mit Herrn Präsidentem Dr. Muzicant in einem, fast würde ich sagen, ständi­gen Kontakt stehen, weil das auch der Auftrag des Herrn Bundeskanzlers an Sie war und immer noch ist, um da Lösungen zu finden.

Das ist einer der Punkte, warum die Israelitische Kultusgemeinde diesen öffentlichen und so dramatischen Hilferuf getan hat, den in dieser Form für manche vielleicht auch irritierenden Hilferuf, weil sie das in dieser Heftigkeit nicht gewohnt sind. Was sind wir Nicht-Juden unter den Österreicherinnen und Österreichern gewohnt? – Dass die ös­terreichischen Jüdinnen und Juden in den letzten 50 Jahren immer zurückhaltend wa­ren, immer leise waren, immer den Konsens gesucht haben, immer dankbar gewesen sind, immer die Hand gereicht haben, sich nie aufgeregt haben.

Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Jetzt sind sie selbstbewusst und damit auch laut – und für manche unangenehm laut, da sie das nicht hören wollen –, weil es wirklich um das geht, was der Präsident des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Österreich zum Ausdruck bringt, wenn er sagt: Es geht an unsere Substanz! Unsere Institutionen sind gefährdet! Wir müssen Institutionen einschränken beziehungsweise schließen, weil das Geld, das der Staat uns an Fördermitteln gibt, nicht mehr reicht.

Die Sicherheitsfrage ist hier eine der kritischsten Fragen, weil ein unglaublich großer Teil der Budgetmittel der Kultusgemeinde in diesen Bereich hineinfließt. Deshalb ha­ben wir gemeinsam mit der SPÖ-Fraktion einen entsprechenden Abänderungsantrag bereits im Budgetausschuss, aber auch jetzt in der zweiten Lesung eingebracht, den ich nunmehr vorlesen darf:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Stoisits, Cap, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (60 und Zu 60 der Beilagen, Bundesfinanz­gesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen) – 112 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nachstehender VA-Ansatz ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmä­ßig entsprechend zu korrigieren sind:


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1. VA-Ansatz 1/11006 des Berichts des Budgetausschusses über die Regierungsvorla­ge (60 und Zu 60 der Beilagen, Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anla­gen) – 112 der Beilagen ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmäßig entsprechend zu korrigieren sind:

VA-Ansatz ’03: 1/11006

Bezeichnung: Inneres, Förderungen

von: € 200 000

um: € 2 000 000

auf: € 2 200 000.

2. VA-Ansatz 1/12007 des Berichts des Budgetausschusses über die Regierungsvorla­ge (60 und Zu 60 der Beilagen, Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anla­gen) – 112 der Beilagen ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmäßig entsprechend zu korrigieren sind:

VA-Ansatz ’03: 1/12007

Bezeichnung: Bildung und Kultur, Aufwendungen

von: € 47 165 000

um: € 700 000

auf: € 47 865 000.

*****

Das hat jetzt so sachlich geklungen; ich erläutere es in zwei Sätzen: Einmal geht es um eine Möglichkeit, die Sicherheitskosten, die der Israelitischen Kultusgemeinde jährlich entstehen – der Herr Präsident hat von 60 000 Mannstunden gesprochen, welche die Kultusgemeinde zu tragen hat –, diesen Fehlbetrag, der jährlich entsteht, zu bedecken und dies durch öffentliches Geld abzusichern; ja, meine Damen und Herren, durch öf­fentliche Förderung, durch Zuwendungen an die Israelitische Kultusgemeinde! Jüdin­nen und Juden in Österreich sollen die Gewähr haben, dass wir alles tun, um ihnen – und jetzt spanne ich den Bogen zurück zum Beginn meiner Ausführungen – das sub­jektive und objektive Sicherheitsgefühl, das nur sie im subjektiven Sinn definieren kön­nen, auch zu geben. Das kostet Geld, und zu diesem Geld sollten wir uns bekennen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Schweisgut: Sie müssen den Antrag hereinnehmen, sonst geht es sich nicht aus ...!)

Herr Minister Strasser, da ich glaube, Sie inzwischen ein bisschen zu kennen, Ihre schlechten Seiten, aber auch manche guten, hoffe ich, dass Sie in der Fraktion der ÖVP – und Sie sind ein nicht unmaßgeblicher Schwarzer in Österreich – Ihren Einfluss bis morgen Abend noch dahin gehend geltend machen, dass dieser Abänderungsan­trag entweder überflüssig wird durch eine Initiative, die wir gemeinsam setzen, oder eventuell – wenn es nicht anders geht – auch von den Regierungsfraktionen unterstützt wird. Herr Minister, ich baue auf Sie! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

18.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die gleich lautenden Abänderungsanträge Stoisits, Cap zum Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 und zum Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 sind ordnungsgemäß unterstützt und stehen mit in Verhandlung.


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Der Abänderungsantrag zum Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Stoisits, Cap, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (61 und Zu 61 der Beilagen, Bundesfinanz­gesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen) – 113 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nachstehender VA-Ansatz ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmä­ßig entsprechend zu korrigieren sind:

1. VA-Ansatz 1/11006 des Berichts des Budgetausschusses über die Regierungsvorla­ge (61 und Zu 61 der Beilagen, Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anla­gen) – 113 der Beilagen ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmäßig entsprechend zu korrigieren sind:

VA-Ansatz ’04: 1/11006

Bezeichnung: Inneres, Förderungen

von: € 200 000

um: € 2 000 000

auf: € 2 200 000.

2. VA-Ansatz 1/12007 des Berichts des Budgetausschusses über die Regierungsvorla­ge (61 und Zu 61 der Beilagen, Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anla­gen) – 113 der Beilagen ist wie folgt zu ändern, wobei auch die Summen ziffernmäßig entsprechend zu korrigieren sind:

VA-Ansatz ’04: 1/12007

Bezeichnung: Bildung und Kultur, Aufwendungen

von: € 47 165 000

um: € 700 000

auf: € 47 865 000.

Begründung:

Zur Sicherung der existenziellen Bedürfnisse der Juden und Jüdinnen in Österreich und zur Gewährleistung der Fortführung der Arbeit der Institution der Israelitischen Kultusgemeinde, insbesondere zur Abdeckung der Kosten im Sicherheitsbereich ist die Erhöhung der entsprechenden Budgetansätze notwendig.

Es ist davon auszugehen, dass die zusätzlichen Mittel in Höhe von € 2 000 000 beim VA-Ansatz 1/11006 (Inneres, Förderungen) beziehungsweise von € 700 000 beim VA-Ansatz 1/12007 (Bildung und Kultur, Aufwendungen) entsprechend erhöht werden.

*****

 

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 



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18.25

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Auch das Budget des Innenministeriums ist geprägt von der Sparpolitik, die wegen der hohen Staatsschulden aus der Vergangenheit notwendig geworden ist. Aber wir alle bekennen uns zu dieser Sparpolitik, denn jeder Euro, der an Zinsen eingespart werden kann – beispielsweise müssen wir ja, in Altwährung, 100 Milliarden Schilling jährlich für die Zinsen bezahlen –, jeder solche Euro oder eben, in Altwährung, jeder solche Schilling kann für andere Zwecke verwendet werden, beispielsweise für die Si­cherheit.

Natürlich kann die Situation, wie wir sie jetzt haben, nämlich 591 000 Delikte im Jahr, wirklich niemand auf die leichte Schulter nehmen. Aber zu behaupten, dass die hohe Anzahl von Delikten nur damit zusammenhängt, dass es zu wenig Exekutive gibt, ist ganz einfach falsch; denn zum Beispiel die Anzahl der Taschendiebe hat enorm zuge­nommen (Abg. Mag. Wurm: Ja, also ...!), aber man kann nicht in jeden Straßenbahn­waggon einen Polizisten stellen, Frau Abgeordnete! (Abg. Mag. Wurm: Was ist mit dem Raub? Raub und schwerem Raub?)

Evident ist jedenfalls, dass rund 50 Prozent der Delikte von Tätern begangen werden, die aus dem Ausland kommen. (Abg. Mag. Mainoni: So ist es!) Spiegelbildlich sieht man ja, dass auch 50 Prozent der Untersuchungshäftlinge Ausländer sind. Das heißt auch, dass sie der organisierten Kriminalität angehören. Taschendiebe sind also nicht Gelegenheitsdiebe, die irgendwann in eine Tasche hineingreifen und sich denken: ich verschaffe mir einmal ein bisschen Geld!, sondern das sind Angehörige einer kriminel­len Organisation. Diejenigen, die so arbeiten, haben oft nichts oder nicht sehr viel von der strafbaren Handlung, und die Bosse kann man nicht zur Verantwortung ziehen.

Wenn man eines der Mitglieder der organisierten Kriminalität vor Gericht stellt, dann ändert das an der Organisation überhaupt nichts. Der eine Täter wird ausgetauscht gegen einen anderen, und das ist so gefährlich an der organisierten Kriminalität. Ich sage das nicht als Entschuldigung, sondern nur als Erklärung oder Klarlegung, dass zwar die Polizei außerordentlich wichtig ist zur Verhütung von kriminellen Handlungen, dass die Verhinderung solcher strafbarer Handlungen aber nicht allein ein Problem der Exekutive, eine Frage der Menge der Exekutive ist.

Eines möchte ich bei dieser Gelegenheit ebenfalls sagen: Der Justiz wird es gerade bei Taschendieben außerordentlich schwer gemacht, gegen diese vorzugehen. Erwischt man nämlich beispielsweise einen Taschendieb bei einem einzelnen Delikt und hat dieser sehr viel Bargeld bei sich, dann kann er nur wegen des einzelnen Taschendieb­stahls, nicht aber wegen des Restes des Geldes zur Verantwortung gezogen werden. Wir haben immer wieder gefordert, dass der Täter einen Nachweis erbringen muss, woher er das Geld hat, das noch bei ihm gefunden wird. Wenn er keine Beschäftigung hat, dann wird vermutlich anzunehmen sein, dass er den Restbetrag ebenfalls aus strafbaren Handlungen gezogen hat. Aber bisher hat noch niemand diese unsere An­regung in die Tat umgesetzt. Es wäre wirklich sehr wichtig, dass wir den Taschendieb­stahl einmal besser in den Griff bekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wesentlich wäre aber, diese Leute, die sich Österreich als kriminelles Zielgebiet aus­gesucht haben, gar nicht ins Land einreisen zu lassen. Deshalb müssen die Einreise­bestimmungen noch strenger gefasst werden. Es müssen die Grenzkontrollen noch effektiver stattfinden. Nur, so möchte ich einwerfen, treten dann gleich wieder SPÖ und Grüne auf den Plan und sagen, dass wir Österreich abschotten wollen und dass kaum jemand noch die Möglichkeit hat, nach Österreich hereinzukommen. Das heißt, es ist praktisch ein Balanceakt, den der Innenminister hier zu vollziehen hat. Aber ich bin sicher, dass strengere Gesetze und strengere Überwachungen der Grenzen dazu bei-


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tragen würden, den Kriminellen, die nach Österreich kommen, um hier ihren Lebensun­terhalt zu bestreiten oder ihre organisierte Kriminalität aufzubauen, das Handwerk zu legen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Die Razzien, die in den Zei­tungen immer wieder angeführt werden, zeigen auch, dass viele Asylwerber Kriminelle sind und insbesondere Drogenkriminalität begehen. Wir haben deshalb auch das neue Asylgesetz ausgearbeitet – die Beamten des Innenministeriums haben das getan, und wir haben auch unsere Vorschläge eingebracht –, um dort, wo Asylanten offensichtlich nur nach Österreich kommen, um hier strafbare Handlungen zu begehen, einen Riegel vorzuschieben.

Ich möchte die Asyldebatte nicht vorwegnehmen, aber es besteht ein dringender Hand­lungsbedarf. 40 000 Asylwerber sind im Vorjahr sozusagen vor Österreichs Grenzen gestanden, haben dann auch ihr Asylansuchen in Österreich abgegeben und befinden sich entweder noch hier oder, wenn das Asylverfahren schon beendet ist, konnten ab­geschoben werden oder sind untergetaucht. Jedenfalls hat der Herr Innenminister fest­gestellt, dass 90 Prozent von diesen 40 000 Asylwerbern gar keine Asylgründe vor­bringen können, sondern in Wirklichkeit Einwanderer sind, die das Asylgesetz miss­brauchen und sich so Aufenthalt in Österreich verschaffen wollen.

Frau Abgeordnete Stoisits hat gemeint, man müsse prüfen, ob das Asylgesetz auch den rechtsstaatlichen Prinzipien unterliegt; da bin ich völlig ihrer Meinung. Das ist ja schon im Vorfeld geschehen, Frau Abgeordnete! Da Sie jetzt ein ordentliches parla­mentarisches Verfahren einmahnen: Es ist doch selbstverständlich, dass das Asylge­setz im Innenausschuss einer parlamentarischen Behandlung unterzogen wird! Ich glaube nicht, dass Sie das jetzt in Frage stellen sollen. Es hat immer ein ordentliches parlamentarisches Verfahren gegeben, aber Sie tun so, als ob das von Ihnen einzu­mahnen wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Stoisits! Warum beispielsweise das Neuerungsverbot nicht dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip entsprechen würde, das würde mich schon interessieren! In der österreichischen Rechtsordnung gibt es das Neuerungsverbot in den verschiedens­ten Gesetzen. Warum soll es das im Asylverfahren nicht geben? – Natürlich kann ich mir vorstellen, dass verschiedene NGOs dagegen Sturm laufen, weil sie genau wissen, dass jetzt das Fehlen des Neuerungsverbotes dazu führt, dass viele Asylwerber die Gelegenheit benützen, einen Asylantrag nach dem anderen zu stellen oder immer wie­der neue Gründe anzuführen, um das Asylverfahren zu verzögern. Das heißt, Sie wer­den noch sehen, dass das Neuerungsverbot ein besonders wichtiges Rechtsinstrument ist. Das werden wir sicher durchbringen, es ist auch verfassungskonform.

Herr Minister! Im Zusammenhang mit den Drogendealern möchte ich auf eine alte frei­heitliche Forderung hinweisen, nämlich die Forderung, für die U-Bahnen eine U-Bahn-Polizei einzuführen, die darauf spezialisiert ist, dort kriminelle Handlungen aufzude­cken, sei es zur Drogenfahndung, sei es gegen Raufhandel oder was auch immer. (Abg. Mag. Wurm: Aber wir in Innsbruck haben keine U-Bahn! Es hat nur eine Stadt eine U-Bahn!) Die Wiener Linien tolerieren offensichtlich den Drogendeal, sie machen von sich aus überhaupt nichts. (Abg. Dr. Cap: Unsinn!) Deshalb ist ja der Drogenhan­del in den Wiener U-Bahn-Linien wirklich schon zu einer unabsehbaren Größe gewor­den. Das heißt, es ist dringend notwendig, dass Sie als Innenminister, dass die Bun­despolizeidirektion Wien dort durchgreift. Ich bin überzeugt davon, mit der Schaffung einer eigenen U-Bahn-Polizei könnte man dem ausufernden Drogenhandel wirklich Schranken setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! (Abg. Mag. Wurm: Sie wollen eine eigene Polizei für Wien! Das wird ... freuen!)


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Aus den letzten Pressemeldungen ist ersichtlich, dass es in den Asylantenheimen im­mer wieder Zufluchtstätten für Drogendealer gibt. (Abg. Dr. Cap: Brauchen Sie nicht eine Klub-Polizei?) Ich glaube, da müssen Sie wirklich konsequenter gegen die Besit­zer und Geschäftsführer dieser Heime vorgehen. (Abg. Dr. Cap: Brauchen Sie eine FPÖ-Klub-Polizei?) Wir hören von der Bevölkerung immer, dass die Heime zum Zent­rum für Drogendealer geworden sind. Unverfroren wird vor Passanten gedealt, man weiß, dass man nicht erwischt wird. Ich glaube wirklich, dass da insbesondere in Wien dringender Handlungsbedarf besteht.

Zum Schluss kommend: Herr Minister Strasser, Sie haben in Ihrer Presseaussendung angeführt, dass es weltweit einen ungeheuren Kriminalitätsanstieg gibt. Offensichtlich dürfte das so sein, denn sonst könnte Wien nicht mit dieser hohen Kriminalität, die wir jetzt leider haben, unter 49 Staaten zum sichersten Land erklärt worden sein. Aber für uns ist es kein Grund zur Zufriedenheit, dass Wien oder Österreich zum sichersten Land erklärt worden ist, sondern, Herr Minister, bitte mobilisieren Sie die Exekutive im Kampf gegen die Kriminalität! Mobilisieren Sie alle Kräfte, die verfügbar sind, denn wir wollen erreichen, dass die kriminellen Handlungen in Österreich wieder geringer wer­den und nicht noch weiter ansteigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

18.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Strasser. Gesamtredezeit: 20 Minuten. – Bitte.

 


18.35

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm zu einer weiteren Konsolidierung des österrei­chischen Staatshaushaltes entschieden. Wir werden in unserem Haus diesen Weg voll mittragen und ihn, so wie wir ihn in den letzten Jahren gegangen sind, auch in Zukunft gehen.

Wir machen unsere Arbeit seit drei Jahren konsequent in vier großen Zielbereichen: Wir bauen überflüssige, teure Doppelgleisigkeiten ab. Wir konzentrieren uns auf unse­re Kernaufgaben. Wir haben in den Zentralen gespart und die Präsenz vor Ort intensi­viert. (Abg. Dr. Jarolim: Sicherheit!) Wir schaffen moderne, professionelle, effiziente Strukturen im Sicherheitsbereich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Wer sagt das?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Weg ist von Erfolg gekrönt (Abg. Dr. Jarolim: Das haben wir gesehen!), denn im europäischen Vergleich haben wir eine der niedrigsten Kriminalitätsbelastungsziffern. Die Österreicherinnen und Österreicher fühlen sich sicherer als noch vor drei Jahren. (Ironische Heiterkeit der Abg. Mag. Wurm.) Wir wurden letztes Jahr, im Jahr 2002, zum sichersten Land der Welt erklärt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Auch wenn es Ihnen nicht gefällt, das sind die objektiven Zahlen, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Sie haben keine ...!)

Das heißt, diese subjektive Empfindung und die objektiven Zahlen bestätigen, dass im Jahr 2002 mehr Straftaten aufgeklärt und mehr Tatverdächtige ermittelt wurden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das bedeutet auch – und das muss ich in aller Klar­heit sagen –, wir lassen uns Österreich nicht unsicher reden! Ich lasse auch nichts Schlechtes über die Exekutive kommen, denn das hat sie nicht verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Die Aufklärungsquoten sind in sechs Bundesländern gestiegen, das ist ein Ergebnis der hervorragenden Arbeit der Exekutive. Wir müssen uns aber sehr genau ansehen – darin stimme ich mit allen meinen Vorrednern überein –, wo es Probleme gibt, und wo es sie gibt, da müssen wir sie auch sehen und ansprechen. (Abg. Dr. Cap: So ist es! – Abg. Mag. Wurm: Wir sehen sie schon lange! – Abg. Dr. Jarolim: Das Problem sind doch Sie, Herr Minister! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Abgeordneter Jarolim! Wären meine Vorgänger schon vor Jahren darangegan­gen, die Reformen in Wien einzuführen, dann hätten wir in Wien ein besseres Ergeb­nis, als wir es im Jahr 2002 gehabt haben. Das ist das Problem! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind nicht davor zurückgescheut, diesen Weg zu gehen. Wir wissen zwar, dass es angenehm ist, irgendwo immer weiter und weiter fortzuschreiben. (Abg. Eder: So unsi­cher war Wien überhaupt noch nie wie jetzt!) Aber die Sicherheitssituation hat sich ge­ändert, die Kriminalitätssituation hat sich geändert. Die veralteten Strukturen waren keine Antwort auf das, was sich in Wien abgespielt hat. Warum hat denn in Wien die Aufklärungsrate gelitten? – Weil die Strukturen über Jahrzehnte konserviert waren!

Wir sind diesen Weg gegangen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder), und die Er­folge Ihres Parteigenossen Horngacher geben uns Recht, Herr Abgeordneter: Die An­zahl der Drogentoten ist zurückgegangen, die Aufklärung im Drogenbereich ist in drei Monaten des letzten Jahres um das Doppelte gestiegen. (Abg. Mag. Wurm: Wie schaut es mit den Raubüberfällen aus?) Was wir an Drogenstoffen beschlagnahmt haben, hat sich verdoppelt. Den Weg, den wir gehen, werden wir konsequent weiter­gehen, dann kommen wir in Wien wieder dorthin, wo wir zuletzt wegen einer verspäte­ten Polizeireform leider nicht hingekommen sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Noch etwas darf ich mit einigem Interesse anmerken. (Abg. Eder: Sie haben aus Wien Chicago gemacht, das wollten die Freiheitlichen immer verhindern!) Von manchen aus Ihren Kreisen wird kritisiert, dass unsere Polizei zu wenige Räuber, zu wenige Diebe, zu wenige Mörder, zu wenige Dealer einfängt. (Abg. Eder: Das ist viel mehr ...! – Wei­tere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie die Geduld hätten, einfach die Argumente zu hören, Herr Abgeordneter, dann bin ich gerne bereit, ein bisschen innezuhalten, bis Sie sich wieder etwas beru­higt haben. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Herr Präsi­dent!)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege, Sie machen jetzt einen kurzen Zwischenruf – und jetzt ist wieder der Herr Minister dran. (Zwischenruf des Abg. Eder.) Der Zwischen­ruf ist schon zu Ende, Herr Kollege! (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vor­sitz.)

 


Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser (fortsetzend): Es wird von manchen kritisiert, dass wir zu wenige Diebe, zu wenige Mörder fangen, und aus Kreisen der Justiz werden wir dafür kritisiert, dass wir zu viele Mörder, zu viele Diebe, zu viele Räuber zur Justiz bringen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Johann Maier: Das ist eine bodenlose Frechheit!) Ich glaube, hier ist es wie bei vielen anderen Dingen: Die Polizei geht einen guten Mittelweg für die Sicherheit der Bevölkerung, und die Bevölkerung gibt uns Recht dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Da muss er selber lachen!)

Jetzt zum Budget 2003 und 2004. Erster Punkt: Herr Abgeordneter Parnigoni – der Herr Abgeordnete Parnigoni zieht es vor, nicht im Saal zu sein –, es geht nicht allein darum, wie viel Geld man ausgibt, es geht auch darum, wo man es ausgibt, meine sehr


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geehrten Damen und Herren. (Abg. Ellmauer: Und wie sinnvoll!) Aber selbstverständ­lich können wir – und tun es auch – in den Jahren 2003 und 2004 mehr Geld ausgeben als im Vorjahr. (Abg. Mag. Wurm: Ja, für Ihre Eliteeinheiten! Da haben Sie Geld ge­nug!)

Das sei auch gesagt, weil es angesprochen wurde: Ich habe mir die Pro-Kopf-Aus­gaben ausgerechnet, die wir in Österreich für Sicherheit tätigen, weil Sie das immer mit den Budgets meiner Vorgänger vergleichen. Im Jahr 1999 wurden pro Kopf der Bevöl­kerung durchschnittlich 210,60 € ausgegeben, gemäß dem Budget 2004 geben wir pro Österreicher 216,25 € aus. Das ist eine Steigerung des Betrages, der pro öster­reichi­schem Staatsbürger für die Sicherheit ausgegeben wird. Das ist die Wahrheit! Versu­chen Sie doch, das nachzurechnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden im Jahre 2004 1 000 zusätzliche Mitarbeiter bekommen. Auch das ist ein Unterschied zu früher.

Da Sie die PKW angesprochen haben, Herr Abgeordneter Parnigoni: 400 PKW mit über 200 000 Kilometern und ein Durchschnitt von etwa 120 000 Kilometern bei knapp 5 000 Fahrzeugen im Innenministerium – das ist sparsam und effizient, wie wir unsere Mittel einsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Etwas Drittes sei auch sehr klar gesagt: Wir gehen diesen Schritt der Erneuerung der Sicherheitsstrukturen Österreichs sehr konsequent weiter. Ich bin sehr dankbar dafür, dass das Regierungsprogramm die Möglichkeit schafft, dass wir die Zusammenlegung der Wachkörper von Polizei und Gendarmerie zu einem „Team 04“ der neuen Exekuti­ve angehen können. Wir werden in den nächsten Monaten die ersten Schritte auf die­sem Weg zur Entscheidung vorliegen haben. Ich gehe davon aus, dass wir in der zwei­ten Hälfte des Jahres 2004 mit dieser Zusammenführung beginnen können und dass wir sie am Ende der Legislaturperiode abschließen können. Das ist der Weg, den die österreichische Sicherheit braucht, damit wir moderne Sicherheitsstrukturen und gute Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt zu den Personalzahlen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss das in der Klarheit sagen, insbesondere zu den Damen und Herren von der SPÖ (Abg. Dr. Jarolim: Ja, in aller Klarheit!): Wir haben dort gespart, wo es notwendig war, näm­lich in der Verwaltung. Was Sie sagen und hier an Zahlen und Verdächtigungen preis­geben, das ist, mit Verlaub gesagt, die Unwahrheit, die Unwahrheit, die man so auch hier im Hohen Haus nicht stehen lassen darf! Sie sagen der österreichischen und der Wiener Bevölkerung die Unwahrheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf zu den Fakten kommen: Wir haben am 1. Jänner 2003 mehr Sicherheitswa­chebeamte in Österreich und in Wien im Außendienst gehabt (Abg. Dr. Jarolim: Mehr vom ÖAAB!), als ich von meinem Vorgänger mit dem 1. Jänner 2000 übernommen habe. Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Mit Stichtag 1. Jänner 2003 versahen in Österreich 7 690 Sicherheitswachebeamte Außendienst. Das sind um 22 Polizisten und Gendarmen mehr als am 1. Jänner 2000. In Wien haben 4 276 Sicherheitswachebeamte Außendienst gemacht. Das sind um 39 Polizisten mehr als am 1. Jänner 2000. Und da darf ich den Wiener Bürgermeister in aller Form fragen: Wenn er heute verlangt, dass in Wien 1 000 Polizisten mehr ein­gestellt werden sollten, warum hat er nicht am 2. Jänner 2000 verlangt, dass in Wien 1 039 Polizisten mehr eingestellt werden sollten? – Darf ich diese Antwort auch von den Rednern der Opposition erbitten?

Darüber hinaus haben wir 528 Polizisten und Gendarmen in Ausbildung, die in den nächsten Monaten ihren Dienst antreten werden. Ich lade Sie ein, meine sehr geehrten


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Damen und Herren: Legen Sie Ihre Zahlen offen oder sagen Sie nicht bewusst die Un­wahrheit über die personelle Situation der Polizei und der Gendarmerie im Außen­dienst in Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Aber 130 Wachzimmer haben Sie zugesperrt!)

Noch etwas sei geklärt – das wurde von Ihnen bisher nicht gesagt –: Auch wenn es der „Kurier“ behauptet – ich glaube, in der heutigen oder gestrigen Ausgabe –, wenn der „Kurier“ Wachzimmer in Wien sperren will, mag sein, der österreichische Innenminister, solange er Strasser Ernst heißt, wird keine Wachzimmer in Wien sperren! (Abg. Dr. Jarolim: Die Fakten sprechen eine andere Sprache!) Damit das auch in aller Klar­heit gesagt ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál – leise applaudierend –: Kein Wachzimmer wird gesperrt? Da kann man ja nur applaudieren! – Abg. Mag. Wurm: Das schau’ ich mir an! Kein Wachzimmer wird ge­sperrt! Das werden wir uns aufschreiben!)

Einige Sätze zur Israelitischen Kultusgemeinde. Auch hier geht es mir darum, dass wir die Fakten darlegen. In Wien allein werden zirka – ich möchte die Zahl bewusst nicht nennen, weil ich einen Beitrag zur Sicherheit leisten will – 25 jüdische Objekte durch­gehend und zeitweilig durch österreichische Exekutivkräfte überwacht. Zu diesem Zweck sind insgesamt bis zu 100 Sicherheitswachebeamte eingesetzt. Je nach der Sicherheitslage werden sehr rasch und unverzüglich zusätzliche Maßnahmen auch in Abstimmung mit den Verantwortlichen in der Kultusgemeinde getroffen.

Darüber hinaus haben wir – mit „wir“ meine ich die österreichischen Bundesregierun­gen seit Beginn der achtziger Jahre – einen sehr großen Betrag, den ich aus Sicher­heitsgründen nicht nennen will, zur Ausstattung von Sicherheitseinrichtungen bei ge­fährdeten Objekten zur Verfügung gestellt.

Es tut mir sehr Leid, dass ich das sehr klar sagen muss, dass die Art und Weise, wie diese Diskussion in die Öffentlichkeit getragen wird, die Arbeit unserer Sicherheitsexe­kutive zusätzlich erschwert und damit auch die Sicherheit für die Israelitische Kultus­gemeinde nicht verbessert. Ich lade alle ein, dass wir hier zu intensiven, vertrauensvol­len Gesprächen zurückkehren. Dieser Ton, der hinsichtlich der Sicherheitsfragen leider an die Öffentlichkeit gekommen ist, nützt vielleicht jemandem, von dem wir überhaupt nicht wollen, dass das so ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Worte zum Asylgesetz. Jawohl, wir haben eine Novelle vorgelegt – Sie liegt hier im Parlament zur Diskussion und Be­schlussfassung (Abg. Parnigoni: Seit Mittwoch!) –, die zwei große Ziele hat:

Erstens hat sie zum Ziel, jenen Personen, die Asyl brauchen, rasch und unverzüglich Asyl zu geben, ihnen dazu zu verhelfen.

Zweitens – auch das ist ein Grundprinzip dieser Novelle, das wir vertreten –: Zuwande­rer müssen sich an Zuwanderungsregelungen halten, für die es in Österreich eine Zu­wanderungsquote gibt. (Abg. Parnigoni: 20 Prozent weniger!) Österreich kann nicht unter Umgehung der Zuwanderungsquote zum Anlaufpunkt Nummer eins für Wirt­schaftsflüchtlinge in ganz Europa werden. Das können wir nicht verantworten. Das hilft auch diesen Menschen nichts, denn es ist schade, unehrlich und unlauter, dass wir Systeme entwickeln, die jahrelange Asylverfahren nach sich ziehen, mit dem Ergebnis, dass diese Menschen dann erst recht zurückmüssen. Hier ist es offener und klarer, rasch zu klären und dann eine Möglichkeit zu schaffen, dass diese Menschen wieder zurückkönnen und jene, die Asyl brauchen, auch wirklich rasch hier bleiben können. Das ist unser Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich zitiere, was das neue Asylgesetz betrifft, das wir hier im Parlament liegen haben, einen unverdächtigen Zeugen, nämlich den Bürgermeister von Traiskirchen, der ein


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hoher Funktionär der Sozialdemokratischen Partei ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bürgermeister Knotzer sagte in seiner Ansprache vor einigen Tagen, er unterstütze das von Minister Strasser und seinen Mitarbeitern entworfene neue Asylgesetz. Knot­zer – Zitat –:

Wichtig ist, dass Missbrauch verhindert wird und all jene, die Asyl brauchen, rasch Asyl bekommen. – Zitatende.

Die Kritik der intellektuellen Linken verstehe er, Knotzer, nicht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe dem nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf das Hohe Haus bitten, dass wir weiterhin – und ich bedanke mich dafür – die erfolgreiche Arbeit unserer österreichischen Sicherheitsexekutive unterstützen. (Abg. Mag. Wurm: Aber wir dürfen schon sagen, was ist?) Ich bedanke mich bei der öster­reichischen Bevölkerung für die Unterstützung, die wir in jedem Dorf, in jedem Markt, in jeder Stadt bis zur Großstadt Wien bekommen. Ich bedanke mich bei jenen Abgeord­neten, die die Arbeit der österreichischen Sicherheitsexekutive massiv auch durch ihr Votum unterstützen. Lassen wir Österreich nicht unsicher reden, und werten wir die Arbeit der österreichischen Sicherheitsexekutive als das, was sie ist: als einen wichti­gen Beitrag zum sozialen Frieden in Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

18.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Gaál. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.52

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Natürlich sind 4 Minuten entschieden zu wenig, wenn ich dem Herrn Innenminister antworten darf. (Abg. Mag. Molterer: Gaál ist da­für! – Abg. Dr. Jarolim: Für Sicherheit ohne Strasser!)

Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Innenminister, es ist natürlich etwas übertrieben, wenn Sie sagen, dass wir hier die Unwahrheit sagen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Soweit ich hier für meine Fraktion sprechen darf, kann ich sagen: Das ist sicher nicht der Fall.

Aber erlauben Sie mir auf Grund der Kürze der Redezeit zwei Themenbereiche anzu­sprechen, die mir politisch und beruflich sehr am Herzen liegen. Zum einen ist es der Zivilschutz im Sinne eines umfassenden Bevölkerungsschutzes und zum anderen das, was Sie heute wiederholt angesprochen haben, die Sicherheit hier in Wien.

Zunächst einmal das Erfreuliche, Herr Bundesminister. Wir sind dank Ihrer Unterstüt­zung in Bälde in der Lage, österreichweit 2 000 Sicherheitsinformationszentren einzu­richten. Sie haben uns die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, um Zentren eines Netzwerkes der Bürgernähe, die Vertrauen und Sicherheit schaffen, einzurichten.

Ähnlich erfolgreich verläuft auch die Kinder-Sicherheitsolympiade Safety-Tour 2003, für die wir morgen die Schlussveranstaltung haben, bei der der Bundessieger eruiert wird, die wir auch mit Ihrer Unterstützung durchführen können. Sie sprengt alle Rekorde. Mehr als 35 000 Kinder waren österreichweit auf Bezirks- und Landesebene unterwegs in den Ausscheidungen, und morgen wird der Bundessieger eruiert. Uns geht es vor allem darum, österreichweit Kinder auf spielerische Weise Sicherheit und richtiges Verhalten in Not- und Krisensituationen zu lehren. Das Konzept ist voll aufgegangen. Wir haben Gästeklassen – Sie wissen das – aus Slowenien, aus Ungarn, aus Tsche­chien, aus Italien hier. Man ist auch im Rahmen der EU darauf aufmerksam geworden. Griechenland interessiert sich für diese Veranstaltung, und man ist dabei, im Rahmen der EU ein Förderprojekt einzurichten und dieses auf österreichischem Niveau durch­zuführen.


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Herr Bundesminister! Wir teilen diesen Erfolg gerne mit Ihnen, aber leider lässt sich dieser Erfolg nicht ungeschaut auf die Sicherheitssituation in Wien übertragen. Das macht mir gerade als Wiener Abgeordnetem besondere Sorge. Insbesondere, Herr Bundesminister, sind es die rigorosen Sparmaßnahmen der Bundesregierung, die na­türlich auch vor der Sicherheitsexekutive nicht Halt machen und negative Auswirkun­gen auf Wien haben.

Zurzeit jagt eine Reform die andere. Jetzt steht die Vereinheitlichung der Wachkörper auf der politischen Tagesordnung. Die Reformvorhaben, die Sie vorhin angesprochen haben, klingen zwar sehr modern und zukunftsorientiert, Herr Bundesminister, aber die Wirklichkeit spricht eine ganz andere Sprache. Wir stehen vor einer steigenden Krimi­nalitätsrate und einer sinkenden Aufklärungsquote. Das hat natürlich mit Ihrer Reform zu tun, Herr Bundesminister. Die Schlagkraft der Exekutive wurde nicht erhöht, be­währte Sicherheitsstrukturen im Polizei- und Kriminalsystem, die sehr gut funktionier­ten, wurden ganz einfach zerschlagen. Die Zahl der Sicherheitswachebeamten, der Kriminalbeamten wurde drastisch gesenkt. Es fehlen ganz einfach die Ansprechpartner für die Bürger, Herr Bundesminister.

Daher geht es uns ganz einfach darum, dass wir den Schutz und die Sicherheit der Bevölkerung stärken und erhöhen müssen! Bei der Sicherheit zu sparen, Herr Bun­desminister, ist jedenfalls das falsche Signal. Doch Sie tun es. Daher findet dieses Budget nicht unsere Zustimmung. Es wird von uns abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Ellmauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.56

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist das sicherste Land Europas, ja der Welt. (Abg. Eder: Das ist ein Blödsinn! Das stimmt ja nicht!) Liebe Kol­legInnen von der Opposition! Hören Sie bitte damit auf, Österreich als sicherheitspoliti­sches Entwicklungsland darzustellen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Genau das ist es!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Budgetkapitel Inneres ist für unsere Mitbürger besonders wichtig. Gerade mit der Innenverwaltung haben unsere Bürger intensiven Kontakt, deshalb wird die Arbeit der Exekutivbeamten auch am stärksten wahrgenommen.

Ein Beweis für die hervorragende Arbeit ist der Sicherheitsbericht 2002, der festhält, dass in sechs Bundesländern die Aufklärungsquote gestiegen ist. In diesem Zusam­menhang danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Exekutive für ihre her­vorragende Arbeit.

Nun einige Worte zur aktuellen Asylgesetz-Novelle. 37 047 Personen haben im Jahr 2002 in Österreich um Asyl angesucht. Das ist eine Steigerung um 23 Prozent gegenüber dem Jahr 2001. Wenn man das in Relation zu je 1 000 Einwohnern setzt und mit anderen Ländern vergleicht, so liegt Österreich mit 4,6 Prozent vor Schweden mit 3,7 Prozent, Deutschland mit 0,9 Prozent und Italien mit 0,1 Prozent bei weitem an der Spitze. Eine Reform des Asylgesetzes ist daher dringend geboten, um die Verfah­rensdauer zu verringern, um auf die aktuelle Situation – Erweiterung der Europäischen Union – zu reagieren und um damit auch in Zukunft Asylsuchenden, die tatsächlich Asyl brauchen, Asyl zu gewähren.

Ebenso klar ist aber auch, dass der Asylmissbrauch – laut einer Studie betrifft das mehr als 85 Prozent der Antragsteller – auf ein Minimum reduziert werden muss. Auf-


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fallend war, dass in persönlichen Gesprächen mit Vertretern des UNHCR diese mit der Regierungsvorlage im Großen und Ganzen einverstanden waren, im Gegensatz zum medialen Getöse nach diesen Gesprächen. Für mich hat sich der Verdacht der Partei­lichkeit der Vertreter des UNHCR in Wien eindeutig erhärtet. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Bundesminister Strasser hat in der vergangenen Legislaturperiode mit wichtigen und lange überfälligen Reformen begonnen. Diese Maßnahmen werden nun fortgesetzt. Das Innenressort braucht dazu die nötigen Mittel. Mit Gesamtausgaben von 1 725 Mil­lionen € beziehungsweise 1 730 Millionen € für die Jahre 2003 und 2004 ori­entiert sich das Ministerium an den Prinzipien der Sparsamkeit und der Nachhaltigkeit.

Nun ein Beispiel für die erfolgreichen Restrukturierungsmaßnahmen: Unter Bundesmi­nister Strasser ist es erfolgreich gelungen, den Bereich des Zivildienstes auszulagern. In den Budgets 2003 und 2004 sind dafür jeweils etwas mehr als 38 Millionen € vorge­sehen, die sehr gut angelegt sind. (Abg. Dr. Lichtenberger: Für wen war die Auslage­rung ein Erfolg?) Die Auslagerung in die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. hat für alle Beteiligten Vorteile gebracht. Gerade die Zivildiener profitieren von der flexiblen und kundenfreundlichen Arbeit dieser neu geschaffenen Gesellschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

In persönlichen Gesprächen mit Zivildienern konnte ich mich überzeugen, dass sie mit dieser Einrichtung zufrieden sind. Hier ist uns gemeinsam ein großer Wurf gelungen! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun stehen wir vor einer noch größeren Herausforderung, und zwar mit der Schaffung eines einheitlichen Exekutivkörpers, der Polizei, Gendarmerie, Schifffahrtspolizei und Zollwache umfassen soll. Das wird einer der größten Reformschritte der Zweiten Re­publik sein. Wie erfolgreich der eingeschlagene Weg ist, hat bereits die Zusammenle­gung des Schulungs- und Ausbildungswesens ergeben. Doppelgleisigkeiten werden abgeschafft, ein einheitlicher Ausbildungsstand entwickelt. Die Exekutive wird somit auf die neuen Herausforderungen wie die EU-Erweiterung, den Kampf gegen die internati­onale organisierte Kriminalität beziehungsweise den internationalen Terrorismus vorbe­reitet.

Die wichtigsten Ziele dieser Reform sind eine weitere Erhöhung der Schlagkraft der Exekutive, eine Steigerung der Verkehrssicherheit, maximale Außenpräsenz und eine Vereinfachung der Verwaltung im Sinne der Bürger. Auch die Entlastung der Exekutive von artfremden Tätigkeiten ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Zur Vor­bereitung dieser Reform wurde von Bundesminister Strasser ein Projektteam, das so genannte „Team 04“ unter Leitung von Oberstleutnant Franz Lang eingesetzt, das bis 2004 ein Konzept zur Verschmelzung erarbeiten soll. Laut Schätzungen des Rech­nungshofes soll der langfristige Einsparungseffekt bei zirka 150 Millionen € liegen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sinnvolle Reformen sind ein Gebot der Stunde. Die Vorgänger von Bundesminister Strasser ließen bereits erarbeitete Konzep­te in der Schublade liegen. Im Gegensatz dazu erkennt Minister Strasser das geänder­te Umfeld und setzt jetzt die notwendigen Reformen im Sinne und zum Wohle unserer Bürger und Bürgerinnen um. Ich danke ihm dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordne­ten der Freiheitlichen.)

19.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 



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19.02

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner, Herr Ellmauer, hat gesagt, dass dem Minister im Zusammenhang mit dem Zivildienst ein „großer Wurf“ gelungen sei. – Das stimmt, aber er hat nicht dazu gesagt, was für ein Wurf, nämlich der Rauswurf, der Rauswurf des Zivildienstes aus der Bundeskompetenz. Ja, Herr Minister, der ist Ihnen gelungen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Reden Sie doch einmal mit den Zivil­dienern!)

Wissen Sie, Herr Minister Strasser, es war ja ohnehin nie und für niemanden in Öster­reich ein Geheimnis, dass der Zivildienst für Sie immer ein Bereich war, der Ihnen läs­tig war. Und Ihre Zivildienstnovelle, die Sie im Jahr 2001 ... (in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Dr. Strasser, der mit einem an der Regie­rungsbank stehenden Abgeordneten spricht) – können Sie mir bitte zuhören, Herr Mi­nister? Ist es möglich, dass Sie mir ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte!

 


Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Wie „wichtig“ Ihnen der Zivildienst ist, Herr Minister, haben Sie ja bereits bei Ihrem Amtsantritt mehr oder weniger unter Be­weis gestellt, indem Sie den Zivildienst gleich komplett ruiniert haben. Sie haben ge­sagt, Sie wollen ihn reformieren – wie haben Sie gesagt? – vom Kopf bis zu den Glie­dern. – Gelungen ist Ihnen, dass Sie ihn ruiniert haben – und nicht reformiert.

Herr Minister! – Es gibt nichts zum Grinsen rundherum! – Wissen Sie, dass alle Zivil­diener unter der Armutsgrenze leben müssen? (Abg. Scheibner: Und die Grundwehr­diener nicht?) Ist Ihnen das bewusst, Herr Minister, und wie stehen dazu? Und glauben Sie noch immer, dass das ein großer Wurf ist, der Ihnen gelungen ist? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister, Sie rühmen sich immer damit, dass Sie selbst Zivildiener waren. Ja, das stimmt! Aber Sie haben unter wesentlich besseren Bedingungen Zivildienst leisten können, als das Zivildiener heute können. (Bundesminister Dr. Strasser: Das stimmt nicht!)

Herr Minister! Das Einkommen der Zivildiener ist in den letzten Jahren halbiert wor­den! Vor 15 Jahren hatten sie noch das Doppelte von dem, was sie heute haben. Ob­wohl die Lebenshaltungskosten gestiegen sind, bekommen die Zivildiener nur halb soviel wie früher. Sie sind wesentlich ärmer geworden. Und es ist inzwischen wirklich eine Frage der finanziellen Ausstattung der Familie, ob jemand Zivildienst machen kann oder nicht, denn wenn die Familie nicht herhält, um den Zivildiener während sei­nes Zivildienstes zu finanzieren, dann kann er schlicht und einfach den Zivildienst nicht machen, weil es finanziell einfach nicht möglich ist, weil es nicht geht.

Herr Minister! Mit 200 € im Monat kann sich kein Mensch in Österreich auch nur ir­gendwie durchbringen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, und das können Sie daher auch von Zivildienern nicht verlangen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie hier alle so tun, als ob Ihnen der Zivildienst wichtig wäre, dann frage ich Sie, warum Sie dann die Männer, die den Zivildienst leisten, so schlecht behandeln. Wichtig ist Ihnen der Zivildienst nur dann, wenn Sie darauf aus sind, die Zivildiener auszubeu­ten, indem sie sie in den Gemeinden und in den Sozialbereichen soziale Leistungen erbringen lassen, die Sie sonst aus staatlichen Mitteln, aus der öffentlichen Hand um teures Geld zukaufen müssten. Das ist Ihr einziges Motiv, warum Sie Zivildiener haben wollen: Sie können sie mehr oder weniger als Billigstarbeitskräfte verwenden! (Abg. Murauer: Aber sie müssen ja nicht gehen! Verpflichtung ist es ja noch keine!)


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Herr Murauer, es ist keine Verpflichtung, aber jeder, der ein bisschen nachdenkt, und jeder, der ein bisschen Selbstbewusstsein hat, der macht Zivildienst, und deshalb leis­ten auch heute noch so viele Männer Zivildienst, weil sie einfach Verantwortung für dieses Land tragen und diese soziale Verantwortung wahrnehmen! (Abg. Mag. Mai­noni: Auch die Grundwehrdiener machen das! – Abg. Prinz: Und was ist mit den Grundwehrdienern?) Das muss ihnen gut geschrieben werden, und dafür dürfen sie nicht beschimpft oder schlechter behandelt werden. Das ist der Unterschied! (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Murauer: Grundwehrdiener und Zivildiener!)

Herr Minister, Sie reden immer davon, dass Sie noch immer so einen großen Rückstau beim Zivildienst haben. Wir haben Gespräche geführt, und ich habe Ihnen schon da­mals gesagt, wie Sie den Rückstau innerhalb von einem Jahr auf null stellen könnten: Verkürzen Sie den Zivildienst auf acht Monate, dann gäbe es zumindest wieder eine Gleichstellung zwischen Wehrdienst und Zivildienst! Wenn Sie das tun, Herr Minister, dann haben wir zumindest in einem ersten Schritt eine Gleichstellung. Aber auch die streben Sie nicht an. – Das kann ich mir vorstellen, warum Sie das nicht anstreben. Zugleich aber jammern Sie, dass Ihnen die Kosten zu hoch werden! Das ist ein totaler Widerspruch. (Abg. Murauer: Jammern tun Sie, Frau Haidlmayr!)

Herr Minister, dass Sie den Zivildienst jetzt in eine Ges.m.b.H. entsorgt haben, ist wirk­lich ein starkes Stück. Ich wünsche mir, Herr Minister, da Sie für den Zivildienst ohne­hin noch nie etwas übrig hatten und nachdem Sie ihn nun auch noch entsorgt haben, dass der Zivildienst in Zukunft nicht mehr in Ihrer Kompetenz liegt, im Innenressort, denn dort hat er ohnehin nichts verloren, sondern in den Sozialbereich verlagert wird. Immerhin leisten 90 Prozent der Zivildiener ihren Dienst im Sozialbereich, daher ist es auch fragwürdig, warum er dem Bundesminister für Inneres untersteht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Auslandsdienst und der Gedenkdienst sollten eigentlich Angelegenheit des Außen­ministeriums sein, denn in diesem Bereich leisten unsere jungen Männer im Aus­land sehr gute Arbeit für Österreich. Meine Damen und Herren! Sie sollten auch einmal bereit sein, den Auslandsdienern für ihre Arbeit zu danken, statt die Zivildiener immer als das hinzustellen, wofür Sie sie mehr oder weniger halten, nämlich für Drückeber­ger, die sich vom Wehrdienst drücken wollen. (Abg. Ellmauer: Das stimmt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das sind Personen, die Verantwortung, soziale Verantwortung für den Staat übernehmen! Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Wenn wir keine Zivildiener hätten, dann würden wir im Sozialbereich schlecht ausse­hen! Herr Kößl, das können Sie auch in Ihrer Gemeinde erfragen. Sie werden feststel­len, dass Sie ohne Zivildiener ganz blöd dastehen würden.

Ich möchte den Zivildienern für ihre Arbeit ausdrücklich danken. Und ich kann ver­sprechen, dass ich mich auch weiterhin für sie einsetzen werde.

Herr Minister, auch wenn Ihr Widerstand noch so groß ist: Eines Tages werden Sie froh sein, wenn Sie im Sozialbereich noch irgendjemanden bekommen, der die Arbeit macht. Und, Herr Minister, dass Sie die Zivildiener unter die Armutsgrenze gedrückt haben, das müssen Sie sich einmal eingestehen und dafür müssen Sie auch gerade stehen. Und dass Sie einmal Zivildiener waren, Herr Minister, das zählt nicht! Es zählt nur, wie Sie heute mit den Zivildienern umgehen, und das ist schlecht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kößl: Reden Sie einmal mit Zivil­dienern! Das stimmt nicht!)

19.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 



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19.09

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohe Beamtenschaft des In­nenministeriums! Meine nun folgenden kritischen Worte mögen möglicherweise etwas befremdlich anmuten. Ich äußere sie aber deshalb, weil ich der Meinung bin, dass es jedenfalls nicht so sein kann, dass man den Innenminister dafür für schuldig erklärt, dass die Kriminalitätszahlen im vergangenen Jahr so exorbitant gestiegen sind. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die dafür ausschlaggebend sind. So einfach wird man es sich also nicht machen können.

Ich bin aber auch der Ansicht, sehr geehrte Damen und Herren, dass es sicherlich auch nicht die richtigen Worte sind, wenn man heute angesichts der Kriminalstatistik sagt: Wir lassen uns Österreich nicht unsicher reden!

Wenn die gestrige „Kronen Zeitung“ titelte: Jeden Tag schon acht Raubüberfälle, dann kann man nicht zugleich sagen, das subjektive Sicherheitsgefühl in Österreich sei ge­stiegen. Es ist einfach nicht so! Wenn man weiß, dass es 13,2 Prozent Anstieg bei den strafbaren Handlungen gibt, dann darf man das nicht tatenlos zur Kenntnis nehmen, sondern muss es genau analysieren und dem auch entgegenwirken. So ist auch meine Rede hier zu verstehen, nämlich als Beitrag dazu, dass man wirklich zusammenwirkt, um einer bedrohlichen Entwicklung – und die Entwicklung ist für die innere Sicherheit in Österreich tatsächlich bedrohlich – entgegenzuwirken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist nicht nur so, dass die Zahl der strafbaren Handlungen gestiegen ist wie zum Beispiel Raub plus 35 Prozent, schwerer Raub plus 29 Prozent, sondern die Aufklärungsquote ist zugleich auch noch gesunken. Sie beträgt nur mehr 40,8 Prozent – ein weiteres Indiz dafür, dass wir in Zukunft alle Kräfte sammeln müs­sen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Meine Damen und Herren! Es heißt, die Massendelikte seien gestiegen. – Ja, das wird sicher so sein. Die Taten in öffentlichen Verkehrsmitteln gar um 142 Prozent. – Ich erwähne das deshalb, weil ich auch einen Vergleich bringe. In der Aussendung des Innenministeriums wird ein Vergleich mit anderen Staaten angestellt: anhand der De­liktfälle pro 100 000 Einwohner: Wir in Österreich haben 6 800, Deutschland 7 900 und Frankreich 7 000. Ich darf Ihnen aber ein anderes Beispiel nennen, denn man sollte auch Vorbilder zum Vergleich heranziehen, also nicht immer nur Staaten, die statis­tisch schlechter als Österreich liegen, sondern auch Staaten, die mit Österreich ver­gleichbar sind und wesentlich besser liegen.

Ein solcher Vergleich ist meines Erachtens zum Beispiel mit dem Freistaat Bayern an­zustellen: Dort gibt es auf allen Gebieten sinkende Kriminalitätszahlen. In Bayern gibt es nur 5 600 Delikte pro 100 000 Einwohner – in Österreich dagegen 6 800 –, und in Bayern ist die Aufklärungsquote weiter gestiegen und beträgt nunmehr 63,8 Prozent – in Österreich ist sie auf 40,8 Prozent gesunken. (Abg. Mag. Wurm: Da sollte man Strasser hinschicken, vielleicht nützt es etwas!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich vorhin erwähnt habe, dass die Ta­ten in öffentlichen Verkehrsmitteln in Österreich um 142 Prozent gestiegen sind, so muss ich auch dazusagen, dass sie in Bayern sogar um 1,4 Prozent sanken. Das sind Zahlen, über die man schon nachdenken sollte.

Noch viel mehr sollte man über eine Aussage des bayerischen Innenministers Beck­stein nachdenken, der in seiner Pressekonferenz zur aktuellen Kriminalitätsentwicklung in Bayern – dazu muss man wissen, die bundesdeutschen Asylwerberzahlen sind zwi­schen 2000 und 2002 gleich geblieben – in Richtung Österreich sagt – ich zitiere wört­lich –:


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„In Österreich hat sich die Zahl der Asylwerber von 2000 auf 2002 verdoppelt. Über 80 Prozent dieser Antragsteller sind allerdings innerhalb weniger Tage für die Behör­den nicht mehr greifbar.“ – Zitatende.

Beckstein sagt damit indirekt, dass diese Leute ohne Schengengrenze natürlich als Illegale nach Deutschland hinüberkommen, und er macht Österreich indirekt dafür ver­antwortlich. Allein dieser Vergleich beweist, sehr geehrte Damen und Herren, dass die Novelle zum Asylgesetz mehr als überfällig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Zurück nach Österreich. Unsere Exekutive wird sich meines Erachtens angesichts des Personalstandes auf ihre Kernaufgaben konzentrieren müssen. Eine der wichtigen Kernaufgaben ist eben die Verbrechensbekämpfung. Das Überwachen von Halte- und Parkverboten, Radarüberwachung, Alarmaufschaltungen und ähnliche Dinge darf man in Zukunft halt nicht mehr zur Kernkompetenz der Exekutive rechnen, sondern das wird angesichts dieser doch bedrohlichen Zahlen die Verbrechensbekämpfung sein müs­sen.

Ein wichtiges Thema, bei dem ich mit den Grünen nie eins bin: die Videoüberwachung. Es ist doch dringend notwendig, dass in Gefahrenbereichen im öffentlichen Raum eine Videoüberwachung gesetzlich geregelt wird. Das ist präventiv wichtig, und es ist auch wichtig zur Auffindung von Tätern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss kommend: Eine erweiterte Te­lefonüberwachung – wir müssen natürlich auch die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen – wäre eine wichtige Grundlage für die effiziente Verbrechensbekämpfung. Der Fall des Herrn Michel Friedmann in Deutschland, sein angeblicher Kokainkonsum und die Bestellung von illegalen Prostituierten, ist natürlich nur ein Nebenprodukt der ganzen Sache. In Wahrheit war man nämlich sehr erfolgreich, man hat einen Drogen­ring zerschlagen und einen Menschenschmuggelring auffliegen lassen.

Unsere Exekutive – und das sage ich wirklich aus tiefstem Herzen – arbeitet ausge­zeichnet! Sie sollte sich allerdings auf die Kernaufgaben beschränken und das Ge­waltmonopol Verbrechensbekämpfung wirklich und tatkräftig ernst nehmen. Und die gesetzlichen Grundlagen für eine effiziente Verbrechensbekämpfung, die müssen wir hier im Hause schaffen. Und dabei müssen wir uns immer wieder an die Zahlen erin­nern, die das Jahr 2002 gebracht hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Innere Sicherheit muss in Österreich den Stellenwert eines sozialen Grundrechts bekommen. Erst wenn die innere Sicherheit in Österreich den Stellenwert eines sozialen Grundrechts hat, dann wird Österreich auch wirklich sicher sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Die Wunschredezeit von 4 Minuten ist eingestellt. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


19.16

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen, und es ist daher die Aufgabe des Staates, den BürgerInnen maximale Sicherheit zu bieten.

Wir haben es heute schon gehört: Das subjektive Sicherheitsgefühl der ÖsterreicherIn­nen ist laut einer Statistik und auch laut Ihren Aussagen auf 91 Prozent gestiegen. Aber diese Zahl kann nicht über das dramatische Ansteigen der strafbaren Handlungen hinwegtäuschen, sehr geehrter Herr Minister, denn 591 584 Straftaten sind immerhin


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um 13,2 Prozent mehr Straftaten als im Jahr 2001. Gleichzeitig gibt es eine erschre­ckend niedrige Aufklärungsquote von nur 40,8 Prozent. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch nie seit 1945 war die Aufklärungsquote so niedrig! Ich denke, diese Zahlen sprechen doch eine deutliche Sprache. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich kann daher nicht ganz verstehen, was Sie vorhin in Ihren Ausführungen über die großartigen Aufklärungszahlen gesagt haben. Da kann ich Ihnen nicht ganz folgen. Ich denke, Sie müssen sich auch die Frage gefallen lassen, ob nicht vielleicht die Postenschließungen und die Reduzierung der Planstellen in den vergangenen Jahren mit schuld an diesen Zahlen sind. Ich bin davon überzeugt, Herr Bundesminister!

Es waren 1 700 Planstellen, die seit Ihrem Amtsantritt gestrichen wurden. Im Bereich der Überstunden und Mehrdienstleistungen wurde ebenfalls gestrichen. Viele Streifen auf dem Land – ich komme aus einer ländlichen Region – haben enorm große Gebiete abzufahren. Sie benötigen oft 40 Minuten, um zu einem anderen Einsatzort zu kom­men. Ich denke daher, man sollte bei allen Umstrukturierungsmaßnahmen, die Sie noch weiter planen, die örtlichen Gegebenheiten nicht ganz außer Acht lassen.

Planstellenkürzungen und Einschnitte bei den Überstunden und Mehrdienstleistungen haben meiner Ansicht nach auch dazu geführt, dass es weniger Polizisten und Gen­darmen auf der Straße gibt, und das bedeutet naturgemäß weniger Sicherheit. Sie aber möchten trotz der schlechten Aufklärungsquote im Bereich der Exekutivwachebe­amten noch weiter kürzen, während auf der anderen Seite die SteuerzahlerInnen durch willkürliche Umstrukturierungs- und Umbesetzungsmaßnahmen massiv belastet wer­den. Ich frage mich, ob das im Hinblick auf die fürchterliche Kriminalstatistik des Jah­res 2002 die richtige Politik ist, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich finde es auch sehr verwunderlich, um hier an dieser Stelle kein unschöneres Wort zu verwenden, dass in den Budgets 2003, 2004 keine Budgetposten für Gendarmerie und Polizei zu finden sind. Als einziger Ansatz ist die Sicherheitsexekutive zu finden. Ich muss dazu fragen: Ist die Zusammenlegung schon erfolgt, Herr Minister? Die Gen­darmen, die Polizisten und wir als Opposition wissen davon jedenfalls nichts.

Abschließend gestatten Sie mir noch ein paar Gedanken zu einem Thema, das mich persönlich sehr berührt, nämlich die Asylpolitik und da im Besonderen der Umgang mit jugendlichen Asylwerbern. Immer wieder kann man in den Medien über Drogenrazzien lesen, in die Asylwerber verwickelt sind. Auch ich verurteile Drogendealer, keine Frage, so wie wir alle!

Ich möchte nur einen Gedankenansatz anbringen, und ich möchte das nicht populis­tisch machen, Herr Bundesminister. Ich möchte Sie wirklich ganz ehrlich fragen, ob Sie nicht auch der Meinung sind, dass gerade Ihre restriktive Asylpolitik die jungen Men­schen, zum Teil sind es noch Kinder, in die Kriminalität treibt.

Wie geht es Ihrer Meinung nach den jungen Menschen, die oft nicht älter als 14 oder 15 Jahre sind, die nach Österreich, in ein fremdes Land kommen? Sie haben Öster­reich vielleicht nicht einmal gekannt beziehungsweise noch nichts von Österreich ge­hört, bevor sie zu uns gekommen sind. Sie haben meist schon viele Torturen hinter sich, denn die Schlepperbanden gehen sicher nicht zimperlich mit den jungen Men­schen um, und dann kommen sie endlich zu uns, und dann landen diese Kinder, diese jungen Menschen auf der Straße.

Herr Bundesminister! Ich möchte Sie ganz ehrlich fragen: Wie können Sie das mit Ihrer christlichen Weltanschauung vereinbaren? – Ich denke, es wäre höchst an der Zeit, in diesem sensiblen Bereich auch wirklich sensibel zu agieren! (Beifall bei der SPÖ.)

 


19.20


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ing. Kapeller –: Einer aus der Praxis!)

 


19.20

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein Anstieg der Strafdelikte in Österreich ist ge­geben, aber dieser Anstieg ist im internationalen und vor allem im europäischen Ver­gleich sehr niedrig und schon das Resultat einer sich ändernden Kriminalität. (Abg. Parnigoni: Das ist aber mutig, was Sie da sagen!)

Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen einer stetig zusammenwachsenden Welt, in der Grenzen als natürliche Barrieren für Kriminelle abgebaut werden, ist das nicht der einzige Parameter dafür, ob ein Land sicher oder unsicher ist. (Abg. Parnigoni: Das ist eine Unterstellung eines Faktums! – Abg. Mag. Wurm: Wie messen Sie es denn?)

Syndikate, mafiaähnliche Strukturen und die so genannte organisierte Kriminalität, die grenzübergreifend tätig ist, kennzeichnen die Kriminalität des Jahres 2002 und dieses beginnenden Jahrtausends. (Abg. Mag. Wurm: Ein Raubüberfall ist aber auch nicht schlecht!) – Frau Kollegin! Dieser Entwicklung begegnet der Minister mit sehr guten Reformen. (Abg. Mag. Wurm: Wo?)

Es gibt außerdem auch erfreuliche Zahlen zu berichten, denn meine Kollegen und Kol­leginnen – ich komme aus diesem Ressort! – sind bei Gott nicht untätig oder unmoti­viert und auch nicht überfordert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie klärten österreichweit 23 000 Delikte mehr, sie brachten 1 300 Täter mehr zur An­zeige: Diese Zahlen lassen sich doch sehen, und unser Dank gebührt diesen Kollegin­nen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir leben noch immer im sichersten Land der Welt. – Die Studien beweisen es. Wenn beispielsweise bei den Deliktgruppen Raub und Betrug jeweils ein Anstieg um unge­fähr 36 Prozent zu verzeichnen ist, so wurden auch um 36 Prozent mehr Delikte dieser Art geklärt.

Erschreckend ist natürlich auch der Anstieg der Delikte, die in den Bereich des Sucht­mittelgesetzes fallen. Ich nenne dazu Zahlen aus meinem Heimatbundesland: Verge­hen und Verbrechen gegen das Suchtmittelgesetz stiegen in Oberösterreich um 20 Prozent. Das ist Jahr für Jahr dasselbe, und die Täter sind vor allem wieder Jugend­liche und Schüler.

Trotz dieser dramatischen Zahlen fordern die Oppositionsparteien, vor allem die SPÖ, die Freigabe von so genannten weichen Drogen. – Ja, so kann man Kriminalität auch bekämpfen: Legalisieren, denn dann sind es keine Straftaten mehr! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Das ist ein neuer Spezialist!)

Aber schlimm ist auch, dass SPÖ-Politiker ein Land permanent schlechtreden. (Abg. Eder: Hat das der Großruck aufgeschrieben?) Ich nehme wieder das Beispiel meines Heimatbundeslandes: Trotz einer um 2 Prozent gestiegenen Aufklärungsquote in Oberösterreich spricht SP-Chef Haider von Alarmzeichen und fordert die Einberu­fung des Landessicherheitsrates. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wahnsinn!) Das ist doch ein Skandal! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Offensichtlich gilt für Sie nur die Devise: Es darf in Österreich respektive Oberöster­reich nichts Gutes geben, denn wir regieren ja nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen. – Abg. Eder: Wir regieren ja nicht! – Abg. Parnigoni: Wo bleibt der Applaus, Kollege Scheuch?)


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Folgendes muss aber endlich klargestellt werden: Sicherheit darf nicht ständig für billi­ge politische Rhetorik und Polemik herhalten. Sie verunsichern hier wie bei der Pensi­onsdebatte die Österreicherinnen und Österreicher. (Abg. Krainer: Das glauben Sie ja selbst nicht!) Jetzt muss unser Ministerium schnell und endgültig den Gegebenheiten dieses Jahrtausends angepasst werden: Es heißt jetzt Doppelgleisigkeiten abbauen, zusammenlegen, was zusammengehört, und weg mit tradierten Gedanken und hinder­lichem Korpsdenken, hin zu einer effizienten und noch besser arbeitenden Exekutive zum Wohle des sichersten Landes der Welt! (Abg. Parnigoni: Wenn ein Minister aus­gewechselt wird, dann ist das die beste Anpassung!)

Der eingeschlagene Weg ist der richtige und ist nach Jahren ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege, die Lampe funktioniert nicht. Die 3 Minu­ten sind vorbei – Sie können reden, so lange Sie wollen. (Heiterkeit.)

 


Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (fortsetzend): Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger für 6 Minuten zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim in Richtung des das Rednerpult ver­lassenden Abg. Ing. Kapeller –: Hat die Rede der Großruck geschrieben? – Abg. Ing. Kapeller: Das kann ich noch selber! – Abg. Dr. Jarolim: Das ist aber erstaunlich!)

 


19.24

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren in den Reihen der Abgeordneten! Sehr verehrter Herr Minister! Meine Kol­legin Terezija Stoisits hat vorhin in ihrer Rede gemeint, sie vertraue Ihnen, Herr Minis­ter, in Bezug darauf, dass eine ausreichende parlamentarische Behandlung des Asyl­gesetzes gewährleistet werden wird. – Es mag daran liegen, dass ich grundsätzlich weniger vertrauensvoll bin als meine Kollegin, oder aber auch daran, dass ich Sie eini­ge Jahre mehr und deutlich besser kenne als meine Kollegin, dass ich davon nicht ganz so überzeugt bin. (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Das ist ein Heimvorteil!)

Sie, Herr Minister, haben jetzt die seltene Gelegenheit, mich ganz konkret und sehr rasch dabei zu überführen, dass ich Unrecht habe. Ich lade Sie ein: Ergreifen Sie diese Gelegenheit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In einem Punkt würde aber gerne ich Sie – zumindest zeitgleich – dabei überführen, dass Sie Unrecht hatten beziehungsweise Sie auffordern, mir Folgendes zu belegen: Sie haben vorhin behauptet, es gäbe Beschwerden aus der Justiz, dass zu viele Räu­ber, Diebe, Mörder und was auch immer Sie noch aufgezählt haben, von Ihrer Exekuti­ve vorgeführt werden. – Das hätte ich bitte gerne nachgewiesen und die Beschwerden genau vorgelegt, die da von der Justiz gekommen sein sollen. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Kößl: Der Jarolim hat den Vorwurf gemacht! Fragen Sie den Kollegen Jarolim!)

Ich möchte jetzt auf einige Details des Asylgesetzes, das ja in Beratung ist, eingehen. Ich erwähne die vielen Kritikpunkte jetzt nicht, die von Menschenrechtsorganisationen, Flüchtlingshilfeorganisationen, internationalen Einrichtungen und so weiter angebracht werden, sondern gehe nur auf ein paar Details ein.

Das eine wäre die Beschleunigung der Asylverfahren. Ich denke, das ist einer der Punkte, bei dem wir ja grundsätzlich ein ähnliches Interesse hätten. Herr Minister! Ich frage Sie aber schon: Wer ist denn dafür verantwortlich, dass derzeit die Asylverfahren so lange dauern? – Das ist ja wohl nicht die Opposition, sondern doch Ihr Ressort und Ihre Beamtenschaft. (Bundesminister Dr. Strasser: Das Gesetz!) – Das Gesetz


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schreibt nicht vor, dass Verfahren in erster Instanz so fehlerhaft durchgeführt werden, dass es so viel Grund zur Beanstandung und Berufung gibt, dass fast alles in der zwei­ten Instanz oder noch höher landet und sich daher Verfahren über Jahre hinwegzie­hen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Das ist eine massive Unterstellung den Be­amten gegenüber!) – Nein!

Zur Klarstellung: Das ist ganz dezidiert keine Unterstellung den Beamten gegenüber, sondern das ist eine Kritik daran, dass das Ressort Strasser es bis heute nicht ge­schafft hat, ausreichendes Personal mit ausreichenden Ressourcen auszustatten, um diese Verfahren ordnungsgemäß schon in der ersten Instanz mit entsprechender Be­handlung und Berücksichtigung alles Nötigen durchführen zu können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister, ich lade Sie daher dringend ein, nicht am Gesetz herumzudoktern, um es möglichst restriktiv zu machen. Um eine Formulierung von Ihnen zu wählen: Es sollen die Asyl bekommen, die es brauchen – ja! –, aber es sollen nicht Sie – handverlesen nach den Zahlen, die gerade politisch opportun erscheinen – definieren, wer Asyl braucht.

Ein faires und rasches, mit Rechtssicherheit ausgestattetes Verfahren soll ermöglicht werden. Eine Maßnahme ist mir dabei – insbesondere für Frauen – ein Dorn im Auge: das so genannte Neuerungsverbot.

Ich sehe einmal davon ab, dass das Wort „Neuerungsverbot“ an sich über eine Regie­rung, die für sich in Anspruch nimmt, innovativ sein zu wollen, ohnehin einiges aussagt. Herr Minister! Glauben Sie tatsächlich, dass zum Beispiel eine Frau, die Opfer sexuel­ler Gewalt wurde, die vielleicht vor Massenvergewaltigungen in Kriegsgebieten flüchtet, an der Grenze bei der Ersteinvernahme – vermutlich durch lauter männliche Beamte – sofort erzählt, was alles passiert ist? Dieser Frau untersagen Sie über das Neuerungs­verbot, später ihre tatsächlichen Flucht- und Asylgründe anzugeben. (Bundesminister Dr. Strasser: Falsch! – Abg. Miedl: Frau Kollegin! Folter haben wir ausdrücklich aus­genommen!)

Dasselbe gilt für andere traumatische Erfahrungen. Wir können von Folteropfern spre­chen, wir können von verschiedensten Verfolgungsgründen sprechen: Sie gehen da­von aus, dass jemand an der Grenze sofort unsere bürokratischen Schikanen und Pro­zeduren kennt und sofort imstande ist, sämtliche Fluchtgründe ausreichend begründet auf den Tisch zu legen. (Bundesminister Dr. Strasser: Falsch!)

Lassen Sie mich noch ein Thema ansprechen, bei dem Sie ja eigentlich gar nicht die große Sorge haben müssten, dass nun Millionen Menschen Österreich an den Gren­zen bedrängen und hereinwollen, eine Maßnahme, die gar kein Geld kosten würde und die Ihnen in Menschenrechtskreisen und feministischen Kreisen größte Anerkennung bringen würde: Die Genitalverstümmelung von Frauen ist zwar nach dem Strafgesetz­buch in Österreich verboten, aber explizit kein Asylgrund; sie kann in Einzelfällen be­rücksichtigt werden.

Ich fordere Sie auf, das endlich auch per Gesetz als offiziellen Asylgrund festzuschrei­ben und sich nicht immer nur zwischendurch empört darüber zu geben, dass es diese Usance noch immer gibt und Hunderttausende Menschen – vor allem Frauen – in Afri­ka betrifft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Schließlich darf ich Sie auch einladen, der Situation von Jugendlichen im Asylverfahren und im Flüchtlingsstatus gesondertes Augenmerk zu widmen. Sie werden alle – ich berufe mich dabei auf ein anerkanntes Medium – das „profil“ dieser Woche gelesen haben, in dem sehr klar und deutlich der Vorwurf erhoben wird, dass Österreich syste­matisch Straßenkinder produziert.


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Ich finde, das ist eine Schande für ein reiches Landes wie Österreich, und fordere Sie dringend auf, das abzustellen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine letzte Anmerkung kann ich mir nicht ganz verkneifen: Wenn Sie den Bürgermeis­ter von Traiskirchen, der bislang für einen Teil der miserablen Zustände im Flüchtlings­lager Traiskirchen verantwortlich war und der – so würde ich anhand dessen, wie ich ihn im Landtag in Niederösterreich kennen gelernt habe, vermuten – in der Tradition der Löschnakschen und Schlöglschen Ausländerpolitik steht, als unvoreingenomme­nen Zeugen für Ihre Politik anrufen, dann sagt das bereits sehr viel über diese Ihre Politik aus! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Na, Rudi?)

19.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Ing. Kapeller zu Wort gemeldet. Redezeit: 2 Minuten. Sie kennen die Ge­schäftsordnung, Herr Abgeordneter. – Bitte.

 


19.31

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Frau Kollegin Weinzinger, es liegt nicht am Kabinett Strasser, dass Asylverfahren so lange beziehungsweise so geführt wer­den, dass sie in erster ... (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Glawischnig: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Sprechen Sie weiter, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (fortsetzend): Ich führe jetzt den zu berichtigen­den Sachverhalt an (Abg. Dr. Glawischnig: Jawohl!):

Frau Kollegin Weinzinger hat gesagt, es liege am Kabinett Strasser, dass Asylverfah­ren so lange dauern beziehungsweise beim UBAS landen oder noch höher.

Ich berichtige: Das ist falsch! Ich war selbst ein Jahr lang beim Bundesasylamt Linz Entscheider. Es liegt nicht am Kabinett Strasser und auch nicht an den entscheiden­den Beamten, sondern am derzeit geltenden Asylgesetz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Wie Sie Dienst gemacht haben, waren Sie selbst schuld!)

19.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Rossmann. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. Frau Abgeordnete, bahnen Sie sich Ihren Weg zum Rednerpult. Es ist gelungen! – Bitte.

 


19.32

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte – so wie mein Kollege Uwe Scheuch – eingangs wirklich (Abg. Eder: Danken, danken!) der Exekutive danken, die Tag und Nacht in Österreich im Dienste unserer Sicherheit unterwegs ist und für unsere Sicherheit sorgt – für die Sicherheit unserer Bevölkerung, aber letztend­lich auch für die Sicherheit von uns Politikern. Das ist nicht immer leicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Sind Sie sicher, dass der Scheuch gesprochen hat?) – Mein Kollege Uwe Scheuch hat das beim Thema Landwirtschaft heute Vormittag gemacht. (Abg. Parnigoni: Ach so!) Ein herzliches Dankeschön aber auch der Beamtenschaft im Ressort, die Hervorragendes leistet, oft auch gegen Wi­derstände.

Ich möchte nun ein paar Schwerpunkte herausgreifen. Als Abgeordnete eines großen Wahlkreises bin ich selbstverständlich auch in vielen Wachzimmern unterwegs und habe viel Kontakt mit der Exekutive und der Bevölkerung. (Abg. Eder: Wie groß ist denn Ihr Wahlkreis?) Es spiegelt die neueste Kriminalitätsstatistik das wider, was ich in


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vielen Gesprächen auch immer wieder erfahre, nämlich dass es einen großen Anstieg bei Massendelikten von gut organisierten Tätergruppen gibt. Speziell der Anstieg bei Taschen- und Ladendiebstählen – es werden Summen um die 6 Milliarden Schilling allein bei Ladendiebstählen genannt – spricht für sich. (Abg. Gaál: Steiermark und Niederösterreich!)

Kürzlich ist – ich glaube, es war nach dem Fußballspiel gegen Moldawien – ein ganzer Bus mit Rumänen nach Parndorf gefahren. Die Insassen haben dort binnen kürzester Zeit das Outlet Center geplündert, sich selbst die alten Schuhe ausgezogen, neue Schuhe angezogen (Abg. Dr. Lichtenberger: War das der Bartenstein?) und zusam­mengerafft, was geht. Die verzweifelten Unternehmer haben natürlich sofort die Exeku­tive verständigt. Man konnte gerade noch einige Beutestücke sicherstellen, aber die Täter sind davongefahren.

Von solchen Szenarien – wenn auch in kleineren Dimensionen – höre auch ich immer wieder aus der Steiermark: von Hausplünderungen, aber auch von Diebstählen auf Bestellung. Da steckt natürlich das organisierte Verbrechen dahinter, organisierte Ban­den, die ganz gezielt nach gewissen Dinge suchen, die sie bevorzugen.

Ein Wermutstropfen dabei ist – das sage ich durchaus etwas kritisch – die Entschär­fung der EU-Visapflicht für Rumänen. Man hat die Regelung insofern aufgeweicht, als bis zu drei Monaten Aufenthalt jetzt visafrei sind. Ich weiß schon, Österreich hängt sich – und das ist durchaus sinnvoll – in vielen Belangen an die Bundesrepublik Deutschland an, auch in Sicherheitsfragen. Es war aber letzten Endes meiner Meinung nach doch nicht die richtige Entscheidung, dass Österreich auch dieser Lockerung der Visapflicht für Rumänen zugestimmt hat. (Abg. Parnigoni: Haben Sie der Regierung zugestimmt? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war doch keine Abstimmung!)

Es ist damit teilweise ein Mechanismus in Gang gesetzt worden, der vielleicht zuerst unterschätzt wurde. – Sehr verehrter Herr Bundesminister! Vielleicht gibt es da eine Möglichkeit, doch noch Gespräche zu führen und das auf Grund von Erfahrungen in irgendeiner Form wieder zurückzunehmen. (Beifall der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Scheibner.)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Visapflicht gegenüber Russland eingehen, die in Polen mit 1. Juli eingeführt werden soll. Herr Bundesminister! Ich er­suche Sie, all Ihre Kraft einsetzen, damit Polen diese Visapflicht einführt. Ich meine – und das wurde heute auch von der Kollegin Stoisits angesprochen –, es geht nicht nur um das faktische Problem, sondern viel mehr auch um das subjektive Sicherheitsemp­finden der österreichischen Bevölkerung. Da entstehen mit der Osterweiterung ohnehin große Probleme. Es geht um das subjektive Sicherheitsempfinden – gerade in den Grenzregionen, aber auch im restlichen Österreich – und um die Frage, wie man mit dem Tatbestand umgeht, dass es in unserem Land immer häufiger organisierte Ban­den gibt. (Abg. Parnigoni: Da haben wir schon Schengen!)

Einige Worte noch zur Drogenproblematik in Österreich: Durch diverse Razzien und auch durch verstärkten Einsatz der Polizei wird das Drogenproblem jetzt erstmals wirk­lich sichtbar, und man erkennt, wie sehr es in den letzten Jahren unterschätzt wurde.

Mit dem Drogenproblem ist natürlich die Beschaffungskriminalität eng verbunden. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ist das jetzt Alkohol auch?) Herr Bundesminister! Ich würde Sie ersuchen, nicht nur einmal monatlich Drogenrazzien, die Gott sei Dank erfolgreich sind, durchzuführen, sondern (Abg. Heinzl: Stündlich!) – nicht stündlich, aber dauernd, zumindest täglich. (Abg. Heinzl: Sage ich ja: dauernd!)


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Dabei geht es wieder um die subjektive Sicherheit, darum, dass die Bevölkerung das Gefühl hat, man ist ständig am Ball, und dass die Kriminellen ständig mit Razzien zu rechnen haben.

In der Drogenproblematik ist es, so meine ich, auch wichtig, die Bevölkerung einzubin­den. Da bin ich ganz der Meinung des Kollegen Parnigoni ... (Abg. Parnigoni: Das war ein Versprecher! Mainoni!) – Entschuldigung: des Kollegen Mainoni! Die Videoüber­wachung von diversen Dealertreffpunkten könnte nützlich sein, aber vor allem eine enge Zusammenarbeit mit Schulen, Elternvereinen, aber durchaus auch mit der loka­len Jugendszene bis hin zu Diskothekenbetreibern, weil man weiß, dass dort sämtliche Drogen wie Ecstasy-Tabletten und so weiter angesiedelt sind.

Ich denke also, das ist ein Problem, das schwer zu bewältigen ist, das man aber mit verstärkter Polizeipräsenz und mit häufigeren Einsätzen zumindest so bekämpfen kann, dass mit Festnahmen zu rechnen ist.

Einige Worte noch zu Festnahmen: Die Exekutive berichtet mir immer wieder, gerade bei Drogendealern ist das sehr schwer. Sie sind oft ohne gesetzliche Identität in Öster­reich, dann werden sie festgenommen, man kann sie aber maximal ein halbes Jahr in Schubhaft nehmen und muss sie dann wieder freilassen, weil sie keine Identität ha­ben. – Das ist eigentlich das Kernproblem.

Die Exekutive hat immer wieder mit denselben Menschen zu tun. Ich würde Sie ersu­chen, das Fingerprintsystem wirklich rasch zu übernehmen. Ich glaube, das ist die ein­zige Möglichkeit, wie man – zumindest im EU-Raum – eine Identifikation vornehmen kann. Man weiß dann zumindest: Das ist der Gleiche, der eigentlich schon vor einem Jahr festgenommen wurde.

Zum Fingerprintsystem sage ich nur: Das ist sicher nichts Verwerfliches. Meine Tochter absolviert ein Auslandspflichtpraktikum-Semester in Mexiko. Bevor sie überhaupt das Visum erteilt bekam, musste sie hier in Österreich bei der mexikanischen Botschaft einen Fingerabdruck hinterlegen. – Das war die Bedingung dafür, dass sie überhaupt ein Visum bekam. (Abg. Mag. Wurm: Aus Spaß wird Ernst!)

Ich würde sagen, es ist wirklich höchste Zeit, das Fingerprintsystem zur Identifikation einzuführen.

Abschließend möchte ich noch festhalten, dass gerade unsere Sicherheitssprecherin Helene Partik-Pablé in der Zusammenarbeit für das Asylgesetz hervorragende Arbeit geleistet hat. (Abg. Eder: Wo denn?) Wesentliche freiheitliche Forderungen finden sich im Asylgesetz wieder. (Abg. Eder: Genauer! Bitte erklären Sie das!) – Ich kann Sie beruhigen und freue mich auch, dass der Herr Bundesminister nun eine langjährige freiheitliche Forderung umsetzt, nämlich die Zusammenführung der beiden Exekutiv­körper Gendarmerie und Polizei.

Ich weiß, dass das alles nicht ganz einfach war und dass es vieler Diskussionen be­durfte. Daher: Wir freuen uns, dass das jetzt auf Schiene ist! (Abg. Parnigoni: Die Zoll­wache haben Sie noch vergessen!) Und die Zollwache selbstverständlich auch! (Abg. Parnigoni: Und die Feuerwache vom Parlament!)

In diesem Sinne wünsche ich mir auch weiterhin gute Zusammenarbeit und freue mich schon auf die Debatte über das Asylgesetz. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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19.41

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ein wenig habe ich den Eindruck, dass wir es hier mit selektiver Wahrnehmung zu tun haben, denn wenn wir uns heutige oder auch gestrige Zeitungen ansehen und uns die Berichte darüber zu Gemüte führen, kann ich nur sagen: Es wird doch niemand glauben, dass es nur Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind, die sagen, dass die Sicherheitspolitik in unserer Republik im Argen liegt.

Der stellvertretende Wiener FPÖ-Chef sagte beispielsweise dazu – ich zitiere –, dass es einen „Kahlschlag“ bei der Polizei in Wien gibt. – Dazu kann ich nur sagen: Was hat das, bitte, mit uns Sozialdemokraten zu tun? Wir verunsichern nicht, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Otto, das ist widerlegt worden!)

Wir haben auch genau zugehört, als Frau Kollegin Dr. Partik-Pablé hier eine U-Bahn-Polizei forderte. – Dazu nur: Bitte sich diesbezüglich gleich bei Ihrem Koalitionspartner ÖVP anzumelden, um die dafür notwendigen Planstellen anzufordern.

Keinesfalls vergessen möchte ich jetzt – das ist mir wirklich ein persönliches Bedürf­nis –, im eigenen Namen sowie im Namen aller Sozialdemokratinnen und Sozialdemo­kraten den ExekutivbeamtInnen Österreichs großen Dank auszusprechen. Diese leis­ten Hervorragendes für die Sicherheit der Menschen sowie für die Sicherheit unserer Republik – und das trotz dieser Ihrer Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Dazu, dass wir in den letzten drei Jahren ununterbrochen das Wort „Reformen“ hören: Keine Reform ist eigentlich wirklich fertig – und schon wird mit der nächsten begonnen! Ich ersuche Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, aber auch alle Kolleginnen und Kollegen, die sich mit diesem Politikbereich beschäftigen – ich habe das bereits vor einigen Tagen, und zwar beim Budgetkapitel Oberste Organe getan –: Was die Kolle­ginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst und im Speziellen die der Exekutive an­langt, haben wir auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass es für diesen schweren Dienst die notwendigen Rahmenbedingungen gibt und dass diese Kolleginnen und Kollegen, bitte, nicht ununterbrochen verunsichert werden!

Außer den so genannten Stabsstellen in unserer Republik gibt es ja niemanden – jeder Gendarm, jeder Kriminalbeamte, jeder SW-Bediensteter beklagt das heute –, der weiß, wohin es wirklich gehen wird. (Abg. Kößl: Otto!) – Ich meine, das kann nicht der Sinn einer Politik sein, einer Politik, die doch generell im Interesse der Menschen liegen sollte. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nichts dafür – und wahrscheinlich, Herr Minister, können wir alle nichts dafür –, jedenfalls habe ich gut aufgepasst und möchte daher sagen: Es ist sehr gut und wunderbar, wenn es bei der Exekutive hervor­ragende Erfolge zu verzeichnen gibt. Sie aber, Herr Minister, haben uns vor rund einer Stunde hier gesagt, die Justiz könne nicht alle aufnehmen, und daher, Herr Minister Strasser, lade ich Sie ein, dieses Thema einmal im Ministerrat zu behandeln, denn dafür kann die Exekutive wirklich nichts.

Ich appelliere daher an Sie, diese so wichtigen zentralen Fragen für unsere Heimat und für die Österreicherinnen und Österreicher insgesamt gemeinsam zu lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten würden Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, dabei sehr gerne helfen, wenn Sie nur


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auf uns hören würden, denn: Wir machen eine Politik für die Menschen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das ist nur eine Augenauswischerei!)

19.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Schöls für 3 Minu­ten zu Wort. – Bitte.

 


19.44

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir geht es wie Frau Kollegin Weinzinger: Ich kenne Herrn Bundesminister Strasser auch schon sehr lange. Im Gegensatz zur Kolle­gin Weinzinger habe ich jedoch sehr viel Vertrauen in die Kompetenz von Herrn Bun­desminister Strasser. (Abg. Pendl: Trotz dieser Politik!)

Da Otto Pendl gesagt hat, „trotz“ dieses Ministers arbeitet die Exekutive gut: Nicht trotz dieses Ministers, trotz dieser Politik, sondern wegen dieses Ministers und wegen die­ser Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir auch im Exekutivbereich Erfolge erzielen. (Beifall bei der ÖVP.)

Von dieser Stelle aus möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen in allen Wachkörpern ein Dankeschön für ihre Arbeit sagen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin dankbar dafür! Im Jahre 1994, als das Exekutivdienstgesetz beschlossen wurde, haben Ge­werkschafter aus dem Bereich der Exekutive begonnen, die Frage des Exekutive-Erschwernisgesetzes – bis hin zum Lebensarbeitszeitmodell – zu diskutieren. Hier sitzt ja noch einer der ehemaligen sozialistischen Innenminister, an dem diese Diskussion offensichtlich vorbeigegangen ist – wie so wie viele andere Dinge auch!

Sozialistische Innenminister haben sich damit begnügt, zu Spatenstichfeiern nach Traiskirchen zu fahren, jeweils vor Wahlen natürlich, und sie haben dort den Bau von Sicherheitsakademien spatengestochen – sonst jedoch nichts gemacht! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sozialistische Innenminister haben sich damit begnügt, Fragen der Sozialpolitik anzu­diskutieren, haben aber keine Lösungen getroffen. (Widerspruch bei der SPÖ.) Sozia­listische Innenminister waren damit zufrieden, dass Schulplanstellen eingespart wur­den und sich dadurch die Personalsituation im Bereich der Gendarmerie verschärft hat. Von „L“ bis „S“, also von Löschnak bis Schlögl, hat es Verschlechterungen gegeben. Erst in den vergangenen drei Jahren erfolgten dankenswerterweise auch Strukturmaß­nahmen, etwa durch die Eingliederung der Zollwache in den Bereich des Innenministe­riums.

Herr Bundesminister Strasser, ich bin dir dankbar dafür, dass jetzt die Chancen dafür, dass das Lebensarbeitszeitmodell für die Exekutivbeamten kommt, sehr gut stehen. Ich verstehe jedoch Kollegen Nürnberger nicht, der sich darüber beklagt hat, dass die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst das berufsspezifisch behandelt wissen möchte. – Wir – dazu bekenne ich mich als Gewerkschafter – wollen, dass jene Exekutivbeam­ten, die unter erschwerten Bedingungen und im Außendienst tätig sind, die Möglichkeit eines sinnvollen Lebensarbeitszeitmodelles nützen können beziehungsweise dass je­ne, die in einem Büro arbeiten, eben andere Voraussetzungen haben. – Und das un­terscheidet uns von den Eisenbahnern, die vom „Schreibtischtäter“ bis zum Lokführer die gleichen Voraussetzungen haben.

Nochmals: Jene, denen es zusteht, sollen es haben, die anderen nicht.

In diesem Sinne bin ich froh darüber, dass das Lebensarbeitszeitmodell jetzt in eine sinnvolle Form kommen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli­chen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


19.48


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.48

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner hat da offensichtlich einiges verwechselt: wer beispielsweise wichtige Spatenstiche gemacht hat. So zum Beispiel Innenminister Löschnak; Bundesminister außer Dienst Caspar Einem war fürs inhaltli­che Konzept zuständig. Gebaut wurde diese Akademie dann unter Innenminister Schlögl, und das Desaster in diesem Zusammenhang hat Herr Bundesminister Stras­ser zu verantworten! – So viel zur Sicherheitsakademie Traiskirchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt, Herr Bundesminister Strasser, eine fast persönliche Frage an Sie: Hören Sie gerne Radio? Hören Sie gerne ab und zu „Ö 1“, vielleicht auch sonntags um 9.30 Uhr? Da gab es ja immer die Sendung „Guglhupf“. Diese ORF-Sendung ist jetzt in eine ver­frühte Sommerpause gegangen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na vielleicht am Sams­tagabend Gottesdienst und einmal am Sonntag zuhause, könnte ja sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Bei dieser satirischen Sendung „Guglhupf“ hat immer einer das Wort geführt, nämlich der „Herr Schönfärber“. – Jetzt ist „Herr Schönfärber“ in die Sommerpause gegangen, und diese Rolle, so scheint es mir, Herr Bundesminister, füllen Sie jetzt aus! Und das machen Sie wahrlich gut! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eindeutige Sachverhalte schönfärben und andererseits einfärben: Herr Minister Stras­ser! In dieser Disziplin sind Sie fast Weltmeister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Sie finden schöne, salbungsvolle Worte für eine wirklich katastrophale sicherheitspoliti­sche Bilanz. Nie zuvor wurde in Österreich soviel gestohlen, eingebrochen und geraubt (Abg. Kößl: Und noch nie so viel geklärt! 23 000 Aufklärungen mehr!), das sagt diese Statistik: plus 21,8 Prozent bei den Diebstählen, plus 16,6 Prozent bei den Einbrüchen, plus 35,7 Prozent bei den normalen Rauben, bei den qualifizierten, also den schweren Rauben plus 29 Prozent. Sehr geehrte Damen und Herren! Raub ist ein Delikt, das wirklich in die Integrität der Menschen eingreift, das in die Privatsphäre eingreift. Oft ist ein Mensch, der Opfer eines Raubüberfalles geworden ist, auf Grund dieses Verbre­chens traumatisiert.

Genauso ist es bei Einbrüchen. Jemand, in dessen Haus, in dessen Wohnung ein­gebrochen wurde, geht nicht mehr so ruhig in seine Wohnung, geht nicht mehr so ruhig in sein Haus, schläft nicht mehr so ruhig, hat oft traumatische Erlebnisse. Das wissen alle, die sich mit Kriminalsoziologie befassen.

Genau das ist es, was bei dieser Statistik besonders schmerzt, dass genau diese De­liktarten so gestiegen sind: plus 35,7 Prozent bei den Raubüberfällen, ich habe es schon gesagt. Die Aufklärungsquote, auf die Sie zu sprechen gekommen sind (Abg. Kößl: 23 000 mehr!), beträgt 27,3 Prozent, 2000 44,6 Prozent. Ich weiß nicht, womit Sie vergleichen. Im Jahr 2000 betrug die Aufklärungsquote 44,6 Prozent bei den Raub­überfällen, während sie jetzt nur mehr 27,3 Prozent beträgt. (Abg. Kößl: Plus 23 000 Fälle sind geklärt worden!) Das sind fast minus 20 Prozent, und das ist alarmie­rend, da brauchen Sie nichts schönzureden. (Beifall bei der SPÖ.)

Schwerer Raub: plus 29 Prozent, Aufklärungsquote gesunken auf 37,1 Prozent; 2000 betrug sie noch 50,6 Prozent.


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Wenn dann eine Zeitung schreibt, die Chance, in Österreich als Räuber überführt zu werden, sei gering, dann muss ich sagen: Das ist ein großes Problem. (Abg. Kößl: Steht es in der Zeitung, oder ist es wahr?)

Im „profil“ heißt es ob dieser katastrophalen Bilanz: Wie man das Zahlenwerk auch dreht und wendet, die Botschaft ist und bleibt unerfreulich. Die Kriminalität steigt, die Aufklärungsquote sinkt. Das ist Ihre Sicherheitspolitik, Herr Bundesminister für innere Unsicherheit! (Beifall bei der SPÖ.)

19.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.53

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich muss ehrlich sagen, in dem Bezirk, in dem ich lebe, lebe ich sicher. Ich habe wirklich Respekt, wir haben eine bürgernahe Gendarmerie. Ich habe viele ausländische Ge­schäftspartner, die mir bestätigen, dass Österreich ein sicheres Land ist, in dem man auch um 23 Uhr nachts noch spazieren gehen kann. Und sagen Sie mir: In welchem Land kann man das noch? Aus meiner Sicht gebührt auch der Polizei in Wien höchster Respekt, das muss ich ehrlich sagen. (Abg. Mag. Wurm: Der Polizei schon!) Die Poli­zeibeamten müssen sich Tag für Tag mit kriminellen Elementen herumschlagen. Dass man ihnen jetzt irgendwelche Statistiken vorhält, ist meines Erachtens nicht zulässig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber ich möchte auf einen Herrn aus dem Innenministerium zu sprechen kommen. Das ist eine lange Geschichte, und zwar geht es da um das Gefahrengut. Für Personen, welche auf dem Gefahrengutsektor tätig sind, ist die Gefahrengutmaterie äußerst kom­pliziert und unübersichtlich, und zwar durch die Zweigleisigkeit der Bestimmungen in Österreich: GGSt für nationale und ADR für internationale Gefahrenguttransporte. – Das hat ein Beamter des Bundesministeriums, nämlich Ministerialrat Herbert Grundner, 1993, also vor zehn Jahren, gesagt. (Abg. Wittauer: Wahnsinn! Vor zehn Jahren!) Im Jahre 1995 erfolgten Änderungen: Gefahrentafeln, Ausrüstungen. 1997 erfolgten a­ber­mals Änderungen. Und das schönste Stück passierte 1998, da wurde das GGSt in das GGBG umgewandelt.

Meine Damen und Herren! Dieser Herr ist Gott sei Dank weg, und zwar dank des Herrn Innenministers Strasser, der das gemerkt hat. Wir brauchen in Österreich kein eigenes Gesetz. Ich habe ja gesagt, ADR gilt für den internationalen Transport. Wieso kann das nicht auch für Österreich gelten? – Also danke, Herr Minister, dass Sie das geschafft haben.

Einen Wermutstropfen haben wir noch. Wir haben die gleiche Abteilung noch im Ver­kehrsministerium. Man muss sich das vorstellen: Beamte auf Kosten der Wirtschaft! Jetzt wissen diese Herrschaften, dass das äußerst kompliziert ist. Die Fahrer sollen mit dem fertig werden, und man bedenke die Kosten für die Wirtschaft. (Abg. Parnigoni: Rede mit dem Hubert, er soll es abdrehen!)

Und was das Ärgste ist: Die Strafen muss man kennen. Die Mindeststrafe beträgt 1 000 S für den Fahrer und 10 000 S für den Unternehmer. Jetzt wissen wir, dass das so kompliziert ist. Wenn zum Beispiel ein Fahrer die Augenwaschflasche nicht mit Wasser befüllt hat, dann zahlt der Fahrer 1 000 S Strafe, der Unternehmer 10 000 S. Jetzt muss man wissen, dass dieses Augenwasser im Winter friert, das heißt, wir ge­ben diese Flasche in eine Gefahrenguttasche, diese wird isoliert und kommt dann ins Führerhaus. Sollte tatsächlich ein Säureunfall passieren, dann muss ich sagen, bis der Fahrer zur Flasche kommt, ist alles vorbei. Würde der Gesetzgeber einfach hinein-


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schreiben, es sollte ein Kübel Wasser auf der Ladefläche stehen, dann hätten wir wahrscheinlich mehr davon.

Was ich damit sagen will, ist: Dieser Herr Grundner hat wirklich zehn Jahre lang die Wirtschaft tyrannisiert, hat Bücher geschrieben und Vorträge gehalten, und zwar auf Kosten der Wirtschaft. Danke noch einmal, Herr Minister, dass Sie das abgestellt ha­ben. (Abg. Wittauer: Bravo! – Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort. Herr Abgeordneter, wunschgemäß ist die Uhr auf 4 Minuten eingestellt. – Sie sind am Wort.

 


19.57

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Danke für das Wort, Herr Präsident. Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist überflüssig, noch einmal die Zahlen zu erwähnen und darüber zu sprechen. Leider Got­tes befinden wir uns sicher in der katastrophalsten Sicherheitssituation der Zweiten Republik.

Herr Bundesminister, ich muss ganz ehrlich sagen: Was ich heute hier an Ihnen be­wundert habe, war eigentlich die Kaltschnäuzigkeit, mit der Sie versucht haben, Zah­len, die eigentlich durch nichts mehr zu beschönigen sind, als Erfolg darzustellen. (Abg. Kößl: Das ist ein Ordnungsruf! „Kaltschnäuzigkeit“ – ein Wahnsinn!) Ich würde hier doch um ein klein wenig mehr Ehrlichkeit auch für die Österreicherinnen und Ös­terreicher bitten, an die Sie ja so appellieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Du bist ein wandelndes Beispiel für Ehrlichkeit!)

Wenn Kollege Pendl heute hier einen Dank an die Exekutive ausgesprochen hat, dem wir uns sicherlich nahtlos anschließen (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen), so muss ich doch mein Bedauern an eben diese Exekutive – meine Damen und Herren, Sie werden das verstehen, ich darf das auch im Namen von Kollegen Gaál hier sagen – für diesen Bundesminister aussprechen, weil er in Wirk­lichkeit eine der zentralen Belastungen für diese Exekutive geworden ist. Ich glaube, das Ergebnis spricht hier eindeutig für sich. (Abg. Kößl: Eine Unverfrorenheit hat er, das ist gewaltig!)

Herr Bundesminister! Ich darf Sie ersuchen, mir die Qualität folgender Entscheidungen hier offen zu legen und mir zu sagen, was Sie daran sinnvoll finden. Ich komme aus der Leopoldstadt, also aus dem zweiten Bezirk, das ist einer der bevölkerungsreichsten Bezirke von Wien. Wir verfügen mit dem Stadion, mit dem Prater, mit den gesamten Freizeiteinrichtungen über ein Gebiet, in dem es eben auch Vorfälle gibt, die weniger wünschenswert sind.

Wenn man genau aus diesem Bezirk – ich, Herr Bundesminister, und auch alle ande­ren Leopoldstädterinnen und Leopoldstädter haben Sie eindringlich ersucht, davon Abstand zu nehmen – das Kommissariat entfernt und es mit jenem des 20. Bezirkes zusammenlegt, dann vermute ich, dass das mehr als nur Unsachlichkeit ist, sondern in Kenntnis der Umstände wirklich schon an die Grenze dessen geht, was man auch bei einer gutwilligen Auslegung als bösartig bezeichnen würde, Herr Bundesminister.

Ich darf Sie hier ersuchen, sich diese Entscheidung noch einmal zu überlegen, weil dies einer der Gründe dafür ist, warum es diese Art von Kriminalstatistik gibt.

Wenn Sie auf Ihrer „Abschussliste“ – unter Anführungszeichen – Kapazitäten haben, die auf der ganzen Welt Anerkennung finden, wie einen Max Edelbacher, der in Ameri­ka Vorträge darüber hält, wie eine effiziente Kriminalpolitik ausschaut, den Sie, Herr


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Bundesminister, aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, die jedenfalls keine sachlichen sind, ins Aus schicken, wenn Sie einen Herrn Strohmeyer mehr oder weni­ger absetzen und einen General Schnabl, der die besten Beschreibungen im Rahmen einer Objektivierungskommission bekommen hat (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Ka­peller und Kößl), abgesetzt und stattdessen nicht den Zweiten oder Dritten, sondern den von der Kommission eindeutig als inkompetent Bezeichneten eingesetzt haben, Herr Bundesminister, dann sagen Sie mir doch – das können Sie ja in der Zwischenzeit sogar den „NÖN“ entnehmen –, was an dem Thema falsch sein soll. Sicherheit oder Strasser? – Meine Damen und Herren! Das ist doch die Frage. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Die Redlichkeit ist in Frage gestellt!)

20.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Freund. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Neugebauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Freund –: Kennst du dich in der Leopoldstadt aus?)

 


20.01

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Regierung ist angetreten, um ein sicheres Ös­terreich zu gestalten und das Sicherheitsgefühl der Bürger in unserem Land zu heben, und das ist auch gelungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Europa- und österreichweit war in den letzten Jahren ein beständiges Ansteigen der Kriminalität zu verzeichnen. (Abg. Parnigoni: 10 Prozent weniger Aufklärungsrate in drei Jahren!) Im Bundesdurchschnitt ist die Zahl der Delikte gegenüber dem Vorjahr um 13,2 Prozent gestiegen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) In Wien stieg die Kri­minalität mehr als in Oberösterreich – dort beträgt die Rate 9 Prozent –, und ich darf Ihnen auch sagen, dass in Oberösterreich die Aufklärungsrate doppelt so hoch ist wie in Wien. (Abg. Parnigoni: 100 000 Delikte mehr in drei Jahren!)

Wenn der oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Haider Oberösterreich als unsicheres Land abstempelt und damit die Exekutive schlecht macht, muss ich das schärfstens zurückweisen, weil es ganz einfach nicht stimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Eine katastrophale Bilanz des Bundesministers!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Ansteigen der Kriminalität macht uns natürlich allen keine Freude. Wenn wir aber noch immer um 1 000 Delikte pro 100 000 Einwohner weniger haben als beispielsweise Deutschland oder Frankreich, dann möchte ich das doch positiv hervorheben. (Abg. Mag. Wurm: Die Schweiz haben Sie jetzt nicht erwähnt!) Immerhin wurde festgestellt, dass Österreich unter 49 Indust­rienationen (Abg. Parnigoni: Liechtenstein!) das sicherste Land der Welt ist. Und darauf können wir stolz sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Dieser Trend wird auch unter Innenminister Ernst Strasser weitergeführt (Abg. Krainer: Umkehrtrend!), und mit diesem Doppelbudget 2003 und 2004 kommt das sicherlich auch zum Ausdruck. (Abg. Krainer: Wie bei den Arbeitslosen!) Das haben wir der her­vorragenden Arbeit unserer Exekutive zu verdanken. Sie sorgt nämlich täglich im Stra­ßenverkehr für die Sicherheit der Bevölkerung.

Die Verkehrsstatistik zeigt, dass trotz des zunehmenden Verkehrs die Zahl der tödli­chen Verkehrsunfälle rückläufig ist. Seit den siebziger Jahren ist die Zahl der Verkehrs­toten kontinuierlich gesunken, und zwar von 2 948 auf 956 Tote im Jahr 2002. Aber immer noch ist die Zahl der Opfer im Straßenverkehr viel zu hoch. Die meisten Unfälle


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passieren auf Grund von unangepasster Fahrgeschwindigkeit, Vorrangverletzungen, Unachtsamkeit, Überholen, Alkohol und Übermüdung. Ein großes Problem stellen auch die Geschwindigkeitsüberschreitungen auf den zahlreichen Baustellenabschnitten auf Österreichs Autobahnen dar. Da ist die Exekutive gefragt.

Diese Regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, noch mehr Maßnahmen zu treffen, um die Unfallhäufigkeit zu reduzieren. Dazu gehört auch die verstärkte Drogenbekämp­fung, ganz besonders auch im Verkehrsgeschehen. (Abg. Dr. Jarolim: Oberöster­reich!)

Unseren Exekutivbeamten gebührt ein herzliches Dankeschön. Dieses Doppelbudget für Inneres geht in die richtige Richtung. Die erzielten Erfolge beweisen das, auch wenn die Damen und Herren von der Opposition anderer Meinung sind. Das vorgeleg­te Budget kann die Sicherheit unserer Bevölkerung sicherlich gewährleisten, und des­halb werden wir diesem Budget gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

20.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Er wünscht, 4 Minuten zu sprechen. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Wittauer: Ist das eine freiwillige Redezeit?)

 


20.04

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Mainoni kann es nicht lassen, immer wieder auf die zukünftigen Kernaufgaben der Politik der inneren Sicher­heit zu verweisen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns gefragt, was er damit aus­drücken will. Will er uns damit sagen: Lieber Herr Bundesminister Strasser, es ist Zeit, dass mehr privatisiert wird!? – Herr Bundesminister! Wir glauben – und ich habe auch eine entsprechende Budgetanfrage gestellt –, dass, wenn Sie beabsichtigen, weitere Bereiche der Sicherheitsverwaltung zu privatisieren, dies nur mit einem eigenen Bun­desgesetz möglich ist.

Sie alle wissen, dass es derzeit bereits große Probleme bei Berufsdetektiven, im Si­cherheitsgewerbe gibt. Datenschutzrechtliche Bestimmungen werden nicht eingehal­ten, aber auch nicht Bestimmungen, welche die Persönlichkeitsrechte regeln. Daher glauben wir, dass wir ein eigenes Bundesgesetz benötigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Strasser, ich stimme Ihnen in einem Satz zu: Ich lasse auch nichts über die Exekutive kommen, denn sie hat es nicht verdient. Sie hat es auch nicht verdient, Herr Bundesminister, dass das so genannte Büro für interne Angelegenheiten ohne entsprechende rechtsstaatliche Kontrollen unter Außerachtlassung der Un­schuldsvermutung gegen Beamte erhebt und ermittelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen folgende Geschichte er­zählen: Abgeordneter Maier, nämlich ich, telefonierte mit einem Personalvertreter in Salzburg. Wir wollten uns über das Büro für interne Angelegenheiten unterhalten. Es wurden ein Termin, ein Lokal und die Uhrzeit vereinbart. Bei diesem Treffen, Herr Bun­desminister, saßen auf einmal Beamte des Büros für interne Angelegenheiten. Jetzt frage ich Sie als frei gewählter Abgeordneter: Herr Bundesminister, lassen Sie Abge­ordnete observieren? Bin ich abgehört worden? – Sie brauchen nicht zu lachen, Herr Bundesminister! (Abg. Ing. Kapeller: Das sind Anschuldigungen, das ist ein Wahn­sinn!) Bei diesem Treffen, bei dem ich nicht anwesend war, sondern nur der Personal­vertreter, saßen die Beamten des Büros für interne Angelegenheiten!


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Herr Präsident Dr. Khol, ich frage Sie: Werden wir Abgeordneten vom Büro für interne Angelegenheiten abgehört? (Abg. Ing. Kapeller: Ist nicht zuständig für Sie!) Werden Personalvertreter abgehört? Wie konnte es passieren, dass bei diesem Treffen (Abg. Ing. Kapeller: Ist nur für „Kieberer“ zuständig!), an dem ich selbst nicht teilnahm, das aber von mir vereinbart wurde, Beamte des Büros für interne Angelegenheiten anwe­send waren?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Büro für interne Angelegenheiten fun­giert, so unsere Meinung, als Privatgeheimdienst des Herrn Strasser. Wir wissen nicht, wie man dort arbeitet. (Abg. Ing. Kapeller: Das ist eine Sauerei!) Wir wissen nicht, über welche Budgetmittel man dort verfügt. (Abg. Ing. Kapeller: Sie überwachen die Rechtsstaatlichkeit!) Nicht einmal Sie, Herr Bundesminister, haben mir bei einer Bud­getanfrage sagen können, auf welche Organisationseinheiten man seitens dieses Bü­ros zurückgreifen kann und über welche Budgetmittel man dort verfügt. (Abg. Ing. Kapeller: Auf Ihr Know-how in Zukunft!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muss sich dieses Büro für interne Angelegenheiten noch näher ansehen. Es ist unzumutbar, dass Beamte unter Außerachtlassung der Unschuldsvermutung beschuldigt werden, und ich halte eines fest: Ich halte eine derartige Organisation grundsätzlich für notwendig, aber in der der­zeitigen Konstruktion, Herr Bundesminister, ist sie von uns abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Kapeller: Wunderbar!)

Als Abgeordnete, die die Aufgabe haben, die Vollziehung und damit auch Sie zu kon­trollieren, Herr Bundesminister, müssen wir auch das Büro für interne Angelegenheiten kontrollieren. Solange Sie keine konkreten Budgetzahlen vorlegen können, solange keine Aufklärung darüber erfolgt, auf welcher rechtlichen Basis, mit welchen Methoden und mit welchen technischen Möglichkeiten das Büro für interne Angelegenheiten ar­beitet, solang müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass das Büro für interne Angelegenheiten als persönlicher Geheimdienst Ihres Ressorts fungiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Verstehen Sie das nicht? Es heißt intern!)

20.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Bundesminister Dr. Strasser. Restredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.09

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar Debatten­beiträge hier eingehen.

Zur Frau Abgeordneten Haidlmayr: Jawohl, die Neuordnung des Zivildienstes hat eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten ergeben. Nunmehr können sich die Zivildiener aussuchen, wo sie hingehen. Es gibt mehr Zivildiensteinrichtungen in Österreich, die davon auch Gebrauch machen. Zu praktisch 100 Prozent können wir erstmals die Quo­te ausfüllen, und wir bauen den Überstand, den Vorgänger aufgebaut haben, ab. Es ist dies also eine Win-Win-Situation für Österreich und für den Zivildienst. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Herrn Abgeordneten Mainoni, den ich im Moment nicht sehe: Ich habe bis zu sei­ner Wortmeldung gedacht, er sei ein Experte und vom Fach, aber mit der Kriminalsta­tistik in Bayern kennt er sich nicht ganz aus, denn – vielleicht können ihm das die Kol­legen ausrichten – wäre die Berechnung in Österreich so wie in Bayern, dann wären Minister Einem, Minister Schlögl und auch Minister Strasser wesentlich erfolgreicher bezüglich der Aufklärungsquote als Minister Beckstein.  Dort werden nämlich auch alle beharrlichen Wiederholungen grober Verwaltungsverstöße dazugezählt; das sind ins-


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besondere Straßenverkehrsunfälle und Ähnliches, bei denen es naturgemäß eine prak­tisch 100-prozentige Aufklärungsquote gibt. Wenn Sie wollen, dass das so gezählt wird, dann machen wir es vielleicht so. Ich will es nicht fix versprechen, und ich sage auch, für sinnvoll halte ich es nicht.

Zur Frau Abgeordneten Königsberger. – Auch zum Asyl möchte ich eine klare Aussage treffen, und ich sage Ihnen das ganz offen und direkt: Ich halte es für unchristlich, dass bei meist jungen Leuten die Hoffnung erweckt wird, in Österreich leben zu können, wenn der Asylantrag dann nach Jahren abgewiesen ist. Das heißt, sie verbringen die besten Jahre ihres Lebens meistens in Notquartieren, um dann doch wieder zurückge­hen zu müssen. Da halte ich es für ehrlicher, offener und direkter, die Situation rasch zu klären und den Betroffenen – neun von zehn müssen derzeit wieder zurück – zu helfen, damit sie wieder zurück können. Das halte ich für christlich, und das ist meine persönliche Meinung dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli­chen.)

Liebe Frau Abgeordnete Weinzinger! Die Asylgeschichte ist so, wie es der vormalige Beamte im Asylbereich, der Herr Abgeordnete, gesagt hat: Das Gesetz macht große Sorgen und Probleme in der Vollziehung. (Abg. Krainer: Kapeller heißt der Kollege!)

Man kann in Österreich zwei bis drei Asylverfahren gleichzeitig führen; das ist die der­zeit gesetzliche Lage, und niemand darf das abstellen. Wenn man, wenn das Asylver­fahren für den Betroffenen negativ ausgeht, mit einem neuen Verfahren beginnen kann und die Behörde wieder untersuchen muss, dann ist das ein Erschwernis, das verlän­gert, hinauszieht und gerade jene begünstigt, Frau Abgeordnete, die genau diese Situ­ation des Gesetzes ausnützen, und jenen, die Asyl brauchen, dieses länger verwehrt, weil unsere Behörden mit diesen Fällen gebunden sind. Deshalb brauchen wir ein neues, schnell funktionierendes Asylrecht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Ich möchte mich auch im Namen meiner Mitarbeiter im Ressort gegen den Vorwurf verwahren, dass irgendwer in Österreich Straßenkinder produziert. Das Gegenteil ist der Fall! Wir haben die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Menschen, die auf der Straße sind, betreut werden und wieder zurückgehen können. Diese Menschen werden also betreut, und das wird von meinen Beamtinnen und Beamten – danke für den Hin­weis, Herr Abgeordneter, ich werde mich gerne an diese Sprachregelung halten – ge­macht. Das ist die Änderung, die wir durchgeführt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Minister! Ab jetzt wird Ihre Redezeit von der Redezeit des ÖVP-Klubs abgezogen. Sie sind am Wort.

 


Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser (fortsetzend): Ich verwahre mich ge­gen die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Maier. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, zu behaupten, dass ich Abgeordnete abhören lasse!

Ich fordere Sie auf, Herr Abgeordneter: Entweder Sie beweisen diese Ungeheuerlich­keit – oder Sie ziehen diese vor dem Hohen Haus zurück! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Krainer: Das war eine Frage!)

20.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr ist Herr Abgeordneter Hornek zu Wort gemel­det. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


20.14

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohe Beamtenschaft! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ho­hes Haus! Als Bewohner der Grenzregion habe ich drei Jahrzehnte lang den Eisernen


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Vorhang als unüberwindbare, zwölf Kilometer lange nördliche Gemeindegrenze erlebt. Viele Einwohner meiner Heimatgemeinde sind ehemalige Flüchtlinge oder deren Nach­fahren – so wie ich auch.

Wir mussten in den letzten Jahrzehnten auch miterleben, dass manche tschechischen Staatsbürger durch Flucht die damalige kommunistische Heimat verlassen haben. Manche von ihnen haben diese Flucht nicht überlebt. Österreich hat über Generationen hinweg sehr viele Menschen in schwierigsten Lebenslagen aufgenommen und ist ihnen zur Seite gestanden, und zwar Menschen aus aller Herren Länder. Österreich ist ein Asylland für jeden, der Asyl braucht. Und ich bin der Meinung, wenn es um Asyl geht, kann es nicht schnell genug gehen.

Wenn es aber um Zuwanderung geht, dann müssen wir ehrlich sein und sagen: Es kann keine österreichischen Alleingänge für europäische Herausforderungen und glo­bale Migrationsströme geben. Vermehrt haben wir mit Menschenhandel und Schleppe­rei zu tun. Armen Menschen wird ihr letztes Geld abgenommen für Versprechen, die nie eingehalten werden. Menschenhandel und Schlepperei sind brutale und hinterhälti­ge Verbrechen, die mit aller Konsequenz bekämpft werden müssen – national, auf europäischer Ebene und international.

Die Bemühungen Österreichs bei der Sicherheitspartnerschaft mit den Nachbarländern haben bereits zu Erfolgen geführt. Beispielsweise hat Slowenien eine gut ausgerüstete und motivierte Polizei aufgebaut. Dadurch ist die Sicherheit bedeutend erhöht worden. Der EU-Beitritt unserer Nachbarländer ist aus sicherheitspolitischer Sicht für Österreich von größtem Vorteil. Je sicherer die Nachbarländer sind, desto sicherer ist Österreich.

Der Grenzdienst der Gendarmerie ist professionell aufgebaut und leistet gemeinsam mit dem Bundesheer und mit dem Zoll hervorragende Arbeit. Insgesamt sind im Grenzdienst der Gendarmerie etwa 3 000 Männer und Frauen zur Sicherung der 1 460 Kilometer langen, derzeit noch EU-Außengrenze zu Tschechien, der Slowakei und Ungarn eingesetzt, wofür ich ihnen von dieser Stelle aus im Namen der Bevölke­rung sehr herzlich danken möchte. (Beifall bei der ÖVP.)

Die klügste Problemlösung für Wirtschaftsflüchtlinge ist zweifellos die Unterstützung vor Ort, um dadurch für Stabilität zu sorgen – in der Problemregion auf der einen Seite, aber andererseits auch als Beitrag für die österreichische Sicherheit. Österreich ist ein sicheres Land und wird es unter Bundesminister Dr. Ernst Strasser auch in Zukunft bleiben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.18

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Hohes Haus! Zwei Zeitungsnotizen sind mir heute aufgefallen, zu denen ich gerne etwas sagen möchte.

Es hat im vorigen Jahr, ungefähr um diese Zeit, ein Abgeordneter dieses Hauses eine Rede gehalten und Folgendes gesagt:

Wir haben eine konsequente Zuwanderungspolitik durchgeführt, indem wir die Zuwan­derungsquote bereits für dieses Jahr gesenkt haben, indem erstmals ein Integrations­gesetz beschlossen wird, was Sie in der Regierung nie zu Stande gebracht haben, in dem Deutschkurse verpflichtend verlangt werden, weil wir wissen, dass das Erlernen der Sprache die wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass sich Menschen in eine Ge­sellschaft überhaupt integrieren können, Herr Kollege Gusenbauer! – Das hat der da­malige Abgeordnete gesagt.


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Nun entnehme ich der heutigen Zeitung, dass insgesamt zwölf Betroffene den Deutschkurs abgeschlossen haben, dass 200 in Schulung waren und dass es im Jahr 2003 eine Bedarfsschätzung von zirka 20 000 bis 30 000 gegeben hat. Daher bin ich dafür, dass man diesem Kollegen einen Orden verleiht, Herr Präsident! Jemand, der so etwas gesagt, beschlossen und daran mitgewirkt hat, ist in dieser Republik wirk­lich „ordensverdächtig“. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Beitrag des Herrn Abgeordneten Ellmauer heute gegenüber dem UNHCR lese ich da: Kritik äußerte der ÖVP-Menschenrechtssprecher im Hinblick auf das parteipoliti­sche Agieren des UNHCR in der Öffentlichkeit. – Du hast heute wieder von der Partei­lichkeit des UNHCR gesprochen. Ich glaube, dieser Vorwurf ist durchaus angebracht, weil nämlich auch andere Organisationen, wie amnesty international, Asyl in Not, Asyl­koordination, Volkshilfe, Caritas, denselben Vorwurf erhoben haben. Daher sollte man, glaube ich, gegenüber Vertretern internationaler Organisationen sehr vorsichtig sein.

Was die Bundesbetreuung anlangt, so freue ich mich über die Aufstockung der Mittel für den UBAS von 2003 auf 2004 von 5,5 auf 7,2 Millionen. Das halte ich für positiv. Auch die Budgetmittel für die Bundesbetreuung wurden beträchtlich angehoben.

Ein Punkt sei jedoch moniert: Für die Betreuung von Asylwerbern, Herr Minister, haben Sie ab 1. Juli 2003 die Firma European Homecare bestellt. Sie haben mir im Aus­schuss die Antwort gegeben, dass durch die Betreuung dieser Firma eine Ersparnis von 0,821 € pro Flüchtling erzielt wird. Wenn man noch dazurechnet, dass auch die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, nämlich kostenlos, so stellt sich die Frage, ob die Einsparung, die dadurch erzielt wird, wirklich so groß ist. Ich glaube, dass man das relevieren sollte.

Herr Minister, was das Asylgesetz anlangt, ist es richtig, dass es von 1998 bis 2002 einen beträchtlichen Anstieg von Anträgen gegeben hat. Das Ziel der Gesetzesinitiati­ve ist, unter Wahrung der Rechtsstaatlichkeit effektiv und rasch zu prüfen. Das ist auch in Ordnung, aber es gibt schon einige Punkte, die diskussionswürdig sind. Abgesehen von den Verbesserungen, die es für Traumatisierte und für Folteropfer gibt, gibt es auch einige Verbesserungen für Familienverfahren. Es bestehen jedoch einige Kritik­punkte, wie sichere Drittstaaten und so weiter, die man schon hervorheben muss.

Wenn ein anerkannter Verfassungsrechtler sagt, dass er erstens vor allem den gänzli­chen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung und damit die sofortige Vollstreckbarkeit des Bescheides der ersten Instanz kritisiert, weil hier ein wesentliches Element des Rechtsstaates berührt ist, dass zum Zweiten im Verwaltungsverfahren der Grundsatz der materiellen Wahrheit gilt, was nun im Asylverfahren ausgeschlossen sein soll, und dass jemand, der in Österreich Asyl bekommt, zunächst einmal für 72 Stunden angehalten werden kann, dann verstößt diese Bestimmung gegen das Verfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit. Und zum Dritten ist es so, dass bestimmte Staaten jedenfalls als sichere Drittstaaten anzusehen sind; das ist eine Regelung, die der VfGH als verfassungswidrig kritisiert hat.

All das ist schon eine Kritik, die man ernst nehmen sollte. Ich glaube, dass die sachli­che und juristisch sauber argumentierte Kritik, auch wenn man sie nicht teilt, nicht durch den politischen Willen obsolet wird, der verkündet, das Gegenteil dessen tun zu wollen oder diese Kritik nicht ernst zu nehmen.

Auf einen Punkt, den Sie heute angesprochen haben, möchte ich noch eingehen, denn ich meine, dass das eine Kritik ist, die man so nicht stehen lassen kann. Sie haben auf die Israelitische Kultusgemeinde Bezug genommen und gesagt, dass 25 jüdische Ob­jekte in Wien von bis zu 100 Sicherheitsbeamten überwacht werden und dass ein gro­ßer Betrag für die Ausstattung von Sicherheitseinrichtungen zur Verfügung steht.


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Ich weiß nicht, ob Sie sich der Relevanz dieser Aussage bewusst sind, aber ich möchte schon darauf aufmerksam machen: Der Schutz einer Bevölkerungsgruppe, die es nötig hat, in diesem Land geschützt zu werden, ist etwas anderes als die Mittel, die für die Subvention von Infrastruktur, von Gemeinden und von Förderungen einer Gruppe zur Verfügung stehen. Das ist eine sehr fragwürdige Argumentation. (Beifall bei der SPÖ.)

Da muss man im Interesse der Sicherheit im Land sehr, sehr aufpassen, und ich bitte Sie, darauf Acht zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

20.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pack. Sie ge­langen wunschgemäß für 3 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


20.24

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Bundesminister Strasser und mein Kollege Matthias Ellmauer haben bereits den Bereich Zivildienst angesprochen; ich möchte noch zu einigen Punkten ergänzend Stellung nehmen.

Bei der letzten Zivildienstgesetz-Novelle war ich noch nicht hier im Haus, aber ich erin­nere mich sehr deutlich an die Kritik von Seiten der Opposition. Mittlerweile gibt es eine sehr große Akzeptanz und Zufriedenheit nicht nur bei den Zivildienern, sondern auch bei den Trägerorganisationen. Es gab im Jahr 2002 einen Zuweisungsrekord von Zivil­dienern und trotzdem eine jährliche Einsparung von 1,3 Millionen €. Das nenne ich ein sehr erfolgreiche Novelle! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli­chen.)

Zu erwähnen wäre auch noch, dass durch das Budgetbegleitgesetz die befristete Gel­tungsdauer der Dienstleistungsbereiche Umweltschutz und Jugendarbeit entfällt.

Herr Minister! Die Idee einer tagesaktuellen Abfragemöglichkeit der freien Plätze für Zivildiener im Internet mit einer zusätzlichen Verlinkung zu den Rechtsträgern bezie­hungsweise zu den Einrichtungen, um weitere Informationen zu erhalten, kann nur begrüßt werden.

Durch ein großes Angebot im Jahr 2003 gab es bis jetzt einen Rekord mit exakt 9467 Bedarfserhebungen. Trotz einer großen Rückstauzeit vor der Zivildienst-Novelle ist es zu keiner signifikanten Wartezeit für Zuweisungswillige gekommen. Das ist sehr wichtig. Sogar der Anstieg der Zivildiensterklärungen um 20 Prozent, den wir im Jahr 2002 hatten, konnte wirksam aufgefangen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zivildienst ist wichtig für unser Land. Es wird dort gute Arbeit geleistet, und diese Arbeit ist für unsere Bürgerinnen und Bürger. von größtem Nutzen. Obwohl ich selbst meinen Dienst beim Heer ableistete, bin ich überzeugt davon, dass beide Systeme absolut notwendig und wichtig sind, um die Si­cherheit zu gewährleisten, das Sozialsystem zu erhalten und Katastrophen zu bewälti­gen.

Eigene Erfahrungen aus meinem Bezirk Hartberg bestätigen, dass fast jeder Zivildiener während seiner Dienstzeit ein soziales Bewusstsein entfaltet, das diesen Zivildiener auch in Zukunft mit freiwilliger Hilfeleistung sehr oft an seine ehemalige Dienststelle bindet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordnete Krainer. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 



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24. Sitzung / Seite 198

20.27

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident ! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Strasser hat gemeint, es wären noch nie so viele Polizisten und Gendarmen auf der Straße gewesen. – Ich glaube viel eher, dass noch nie so viele Polizisten und Gendarmen Mitglied des ÖAAB waren wie in den letzten drei Jahren. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das glaube ich auch! – Gegenruf bei der ÖVP: Das ist aber auch sehr wichtig!) – Das mag sein; das können Sie auf einer Versammlung des ÖAAB sagen, aber das hat im Hohen Haus wohl nichts verloren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Kapeller: ... von der FSG vertrieben!)

Alles mit der Ruhe! Es kommt noch Kollege Meidl dran (Abg. Neugebauer: Er heißt Miedl! Legasthenische Fehlleistung!), der dann wieder ein paar Rauchbomben und ein paar Blendgranaten werfen kann. Das ist alles kein Problem.

Herr Minister Strasser, Sie haben im Budgetausschuss die Mitglieder des UBAS hart kritisiert und haben sinngemäß gemeint, diese würden Asylverfahren nicht beenden, entscheiden und abschließen, sondern sie würden Akten sammeln. Das ist an und für sich ein Verhalten, das ich von Ihnen gar nicht kenne, denn normalerweise kenne ich Sie so, dass Sie Ihre Beamten verteidigen und nicht ungerechtfertigterweise angreifen. (Abg. Wittauer: Von der Gesetzeslage aus!)

Besonders muss man Folgendes beachten, wenn man sich ein bisschen mit dem UBAS beschäftigt: Er ist für zirka 5 000 Fälle pro Jahr gegründet worden, aber es gibt wesentlich mehr als 5 000 Fälle pro Jahr, die dort zu erledigen sind. (Abg. Kößl: Ma­chen wir ein neues Asylgesetz!) Der UBAS ist nicht irgendwo im luftleeren Raum, son­dern er ist als zweite Instanz in einem Drei-Instanzen-Zug eingebettet. Das heißt, er ist abhängig von der Entscheidung, von der Qualität der Entscheidung vor allem der ers­ten Instanz. Das Gesetz schreibt nirgends vor ... (Abg. Kößl: Ich gebe Ihnen Recht! Wir brauchen ein neues Asylgesetz!)

Bitte hören Sie auf mit dem Gesetz! Im Gesetz wird nicht verlangt, dass Sie als Asyl­werber acht Monate lang warten müssen (Bundesminister Dr. Strasser: Das gibt es nicht mehr!), bis Sie zu einer Ersteinvernahme kommen. Sie können auch schon nach dem jetzigen Gesetz nach drei Tagen einvernommen werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Aber bei 37 000 ist das nicht möglich, Herr Kollege!)

Das Zweite ist, dass wir in der dritten Instanz – und daran muss sich auch der UBAS halten – in der Regel den Verwaltungsgerichtshof haben, der sehr strenge Maßstäbe an die Qualität der Verfahren, die der UBAS zu führen hat, anlegt. In Wirklichkeit macht der UBAS in einer Reihe von Verfahren die Arbeit der ersten Instanz. Deswegen hat er auch einen relativ großen Rückstau, aber das Ärgste ist – was ich in der Zwischenzeit gehört habe –, dass der Rückstau im UBAS zwar groß ist, aber dass der Rückstau in der ersten Instanz, die Ihnen direkt unterstellt ist, noch größer ist als jener des UBAS. Wo ist da Ihre Kritik an dem Aktensammeln in der ersten Instanz? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Wir brauchen ein neues Asylgesetz!)

Zum Punkt Integration. (Abg. Wittauer: Die bewusste Verzögerung des Asylverfahrens ist das Problem! – Ruf bei der SPÖ: Wer verzögert es denn?) Da habe ich immer den Eindruck, Ihr Symbol für die Integrationspolitik ist ein Feigenblatt. Das haben Sie ges­tern wieder einmal bewiesen, als Sie ein Informationszentrum für Integration eröffnet haben.

Liebe KollegInnen! Kennen Sie eigentlich schon die Öffnungszeiten dieses so genann­ten Informationszentrums? – Montag und Donnerstag, nicht Montag bis Donnerstag, sondern Montag und Donnerstag von 8 bis 11 Uhr. Dieses Integrationsbüro ist ein „tol­les“ Service für Zuwanderer. 8 bis 11 Uhr natürlich am Vormittag, nicht bis 23 Uhr! (Abg. Kößl: Wie viele gibt es denn?)


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24. Sitzung / Seite 199

Wenn jemand dort hingehen will, muss er sich eben einen Tag frei nehmen! Warum gerade der Montag und der Donnerstag ausgesucht wurden, weiß ich nicht. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass Montag und Donnerstag jene Wochentage sind, auf die sehr oft Feiertage fallen. Vielleicht ist das der Hintergrund, aber vielleicht können Sie, Herr Minister, das noch aufklären! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Populismus pur, lieber Freund!)

Zum Integrationsvertrag. – Im ersten Jahr würden, so meinte man, ich glaube, 20 000 bis 30 000 Menschen die Deutschkurse besuchen. Nun ist ein halbes Jahr ver­gangen. Wie viele sind es bis jetzt? Wie viele sind es? 10 000? 5 000? 1 000? 500? 100? – Nein! 25 Menschen! Bitte, das ist doch eine Bankrotterklärung für Ihr Gesetz! Das ist doch ein Zeichen dafür, dass es absolut daneben liegt!

Ich muss hinzufügen: Die Stadt Wien hat durch ihre Sprachoffensive 25 000 Menschen die deutsche Sprache beigebracht. (Abg. Wittauer: Das merkt man bei den Taxifah­rern!) Daran sieht man, dass der Zwang, den Sie hier ausüben, nichts bewirkt. Wesent­lich in der Integrationspolitik ist das Vertrauen, das Vertrauen der Menschen, die zu­wandern, sowie gegenseitiges Aufeinander-Zukommen – und nicht der erhobene Zei­gefinger. Das sind zwei ganz unterschiedliche Sachen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wundere mich, dass das rote Lämpchen nicht blinkt. Habe ich erst so kurz geredet? (Abg. Dr. Brinek: Sie können eh schon aufhören!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nein, 4 Minuten 52 Sekunden. Sie sind eigentlich schon am Ende Ihrer freiwilligen Redezeitbeschränkung. – Warum das Lämpchen nicht blinkt, weiß ich nicht.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Ein kurzer Satz noch zum Zivildienst. Das Problem der Zivildiener ist, dass sie sich für den Zivildienst verschulden müssen, und zwar ganz gehörig. (Rufe bei der ÖVP: Geh!) Das ist so! Dann haben Sie in den letzten drei Jahren mit keinem Zivildiener geredet. (Abg. Ing. Kapeller: Doch!) Erkun­digen Sie sich einmal bei den Zivildienern! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, zum Abschluss noch kurz: Das Budget ist ein Zahlenwerk. Ihren Umgang mit Zahlen haben Sie heute gezeigt, indem Sie diese immer in einer Art und Weise deuten, die mir ein Rätsel ist. Ich habe den 30. April noch sehr gut in Erinnerung, als wir im Hauptausschuss die Niederlassungsverordnung besprochen und Sie gemeint haben, Österreich hätte die höchste Quote für Familienzusammenführung seit Jahr­zehnten. (Bundesminister Dr. Strasser: Überhaupt!) Diese Quote gibt es aber seit Jahrzehnten gar nicht. Ich habe Ihnen schon damals gesagt, dass das nicht stimmt, sondern dass diese Quote 1995/96 doppelt so hoch war wie heute.

Präsident Khol hat Sie in dieser Sitzung des Hauptausschusses aufgefordert, die betreffenden Zahlen vorzulegen. Ich denke, es gibt einen Grund dafür, dass Sie das bis heute nicht getan haben – das ist immerhin schon fast zwei Monate her –, nämlich weil das, was ich gesagt habe, vielleicht doch richtig ist.

Unser Vertrauen in Ihre Zahleninterpretationen ist sehr gering (Abg. Ing. Kapeller: Vice versa auch!), insofern werden wir natürlich auch diesem Budget nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner zu diesem Kapitel ist Herr Abgeordneter Miedl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.34

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben große Reformen hinter uns (Abg. Mag. Pram-


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mer: Das heißt aber noch nichts Gutes!), zum Beispiel die Zivildienstreform. Wir haben das Vereinsrecht reformiert, das Sicherheitspolizeigesetz reformiert, den Integrations­vertrag geschaffen, die Verkehrsämter ausgegliedert, die Zulassungsstel­len reformiert. (Abg. Mag. Wurm: Sie haben nicht reformiert! – Abg. Parnigoni: Auf das alles sind Sie stolz?!)

Herr Kollege Parnigoni, ich habe Ihnen vorhin sehr aufmerksam zugehört. Wir stehen vor der größten Herausforderung und vor der größten Reform, die die Exekutive seit dem Krieg erlebt hat. Wissen Sie, wieso das möglich ist? Weil es viele Polizisten, Gen­darmen und Exekutivkräfte gibt, die das unterstützen, und weil es einen Minister gibt, der sich das traut. Dafür sind wir dankbar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen. – Abg. Parnigoni: Wo?)

Herr Kollege Parnigoni, ich werde Ihnen etwas sagen: Ich habe die Zeit der SPÖ-Innenminister erlebt. 30 Jahre lang ist nicht eine Reform angegangen worden! Das Rad ist gestanden, nichts ist geschehen. (Abg. Ing. Kapeller: Stillstand!) Ich habe mir damals als Polizist immer gedacht: Was tun die Herrschaften hier im Hohen Haus? Da gibt es doch Dinge, die anzupacken wären. Es ist nichts geschehen, und ich kann Ihnen ganz genau erklären, was ich meine. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Kößl: Jarolim! Du verstehst das nicht!)

Das, worüber ich enttäuscht bin, ist das, was vor allem die SPÖ bei der heutigen Dis­kussion bewegt, nämlich dass das, was da an Substanz gekommen ist, gleich null ist. Jetzt werde ich Ihnen ein paar Dinge sagen. Wir haben heute über die Kriminalitätssta­tistik mit dem Kriminalitätsbericht diskutiert. Wir haben über das Asylsrecht diskutiert, wir haben in Ansätzen über die Reform des Asylrechts diskutiert. Aber worum es wirk­lich geht, um welche weltbewegenden Dinge es da gehen muss, diese Dimension ha­ben Sie, Herr Kollege Parnigoni, in Wirklichkeit nicht zur Gänze gesehen! (Abg. Dr. Jarolim: Wir werden zum Gespött in Europa! – Abg. Kößl in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: So ein Schwachsinn!)

Herr Kollege Jarolim, Sie widersprechen sich ohnedies andauernd. Ich war Zeuge im Justizausschuss, als Sie gegenüber dem Justizminister angeprangert haben, dass wir in Österreich jeden hinter Schloss und Riegel setzen. – Jetzt höre ich – ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen –, wie derselbe Kollege Jarolim als Justizsprecher auf­taucht und sagt, dass wir auf ganzer Linie versagen, weil wir viel zu wenige Leute ein­sperren. Herr Kollege Jarolim, das ist Ihre Politik! Sie sind erkannt – und ich habe Sie schon längst durchschaut, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP.)

Erster Punkt: Kriminalität ist städtisch. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim und Mag. Wurm.) – Hören Sie mir zu! Sie können da noch etwas lernen, Herr Kollege Jarolim. Das wissen Sie nämlich nicht.

Zweiter Punkt: Je weniger persönliche Kontakte in einem urbanen Gefüge bestehen, desto höher ist die Anonymität und desto höher ist das Deliktsaufkommen insgesamt. – Übrigens ist das keine Weisheit, die für Österreich speziell gilt, sondern das gilt auf der ganzen Welt. Wir stehen da vor einer großen Herausforderung im städtischen Bereich.

Meine Damen und Herren! Das, was diesbezüglich passiert, hat uns alle europaweit zu beschäftigen, denn die organisierten Banden kommen nicht nach Österreich, weil sie Minister Strasser etwas zu Fleiß tun wollen. Es wird so getan, als ob die Banden nach Österreich kämen, um irgendjemandem etwas zu Fleiß zu tun, aber diese kommen bestens ausgebildet, bestens geschult ins Land, nicht nur nach Österreich, auch nach Deutschland, nach Dänemark und nach Belgien. Sie sind überall und holen sich dort unrechterweise das Geld, das sie zuhause auf rechtmäßige Weise nicht bekommen können. Dem gehört ein Riegel vorgeschoben!


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Meine Damen und Herren! Ich hätte so gerne mehr Redezeit, weil ich gerne zum Herrn Kollegen Pendl etwas sagen möchte. Ich möchte zur Frau Kollegin Wurm so gerne etwas sagen, weil Sie, Frau Kollegin, sehr engagiert, wirklich engagiert sind, nur: Sie liegen meistens in Sicherheitsfragen daneben. (Abg. Mag. Wurm: Ja, ja! – Heiterkeit bei der ÖVP.) Da kennen Sie sich wirklich nicht aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Maier, Folgendes zum Schluss: Ich war wirklich betroffen, als sich Kollege Maier hier herstellte und von einer Geheimdienstgeschichte erzählt hat. Ich dachte, das darf doch nicht wahr sein: ein Abgeordneter, der vom Minister verfolgt wird! Ich hörte sehr aufmerksam zu, schaute auf die Mimik des Ministers und merkte, wie sich dieser ärgerte. Dann schaute ich auf Ihre Mimik, Herr Kollege, als Sie vom Rednerpult weg­gingen. Sie haben gelacht und gezwinkert. Da habe ich gewusst: Das ist heiße Luft, die Sie herausgelassen haben. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Herr Kollege Maier: Sie haben mich als Verbündeten, wenn es darum geht, dass wir Abgeordnete unsere Rechte verteidigen und vertreten. Aber: Fürs Schmähführen bin ich nicht – und das ist in diesem Haus bei der Sicherheitsdiskussion geschehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da hätte ich mir mehr Substanz und mehr Inhalt erwartet – auch von Ihnen, Herr Kolle­ge Maier. Mir tut das Leid, aber: Die österreichische Exekutive ist besser als die Oppo­sition hier im Haus. (Abg. Mag. Wurm: Die österreichische Exekutive hat Sie nicht ver­dient!) – Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Ab­geordneter Parnigoni für 2 Minuten zu Wort . Er kennt die Geschäftsordnung. – Bitte.

 


20.38

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat behauptet, ich hätte die Dimension nicht zur Gänze gesehen.

Ich berichtige ihn tatsächlich: Ich habe die Dimension zur Gänze erfasst! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Das gibt’s nicht!)

Meine Damen und Herren! Es gibt in Österreich um 100 000 Delikte in drei Jahren mehr und eine Aufklärungsquote, die von 51,4 auf knapp 40 Prozent gesunken ist. – Das ist Faktum! (Beifall bei der SPÖ.)

20.39

Äußeres

Kapitel 20: Äußeres

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Wir gelangen nun zur Ver­handlung des Teiles Äußeres, Kapitel 20.

Ich danke Herrn Minister Strasser und erwarte Frau Minister Ferrero-Waldner. Sie eilt bereits die Stiegen herunter.

Wir können mit der Debatte beginnen.

Zu Wort gemeldet für 5 Minuten ist Herr Abgeordneter und Präsident der Parlamentari­schen Versammlung des Europarates Schieder. – Bitte.

20.40

 


Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Es ist spät, die Redezeiten sind kurz, und es ist daher angebracht, nur punktuell zu argumen-


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tieren. Was das Budgetkapitel Äußeres betrifft, so gibt es widersprüchliche Tendenzen: Einsparungen und Erhöhungen – je nach Bereich. Manchmal scheint dies auch ein anerkennenswerter Versuch von Schwerpunktsetzungen zu sein.

Die Aufwendungen in der Zentrale steigen überproportional, auch jene für die Vertre­tungsbehörden, obwohl es in vielen markante Personaleinsparungen gibt. Sorge berei­ten uns die Mietkosten bei der Übersiedlung in das Gebäude der Niederösterreichi­schen Landesregierung. Sicherlich ist es erfreulich, wenn eines Tages alle Dienststel­len des Außenamtes zusammen sind, aber ich weiß nicht, ob es diesen Preis wert sein wird. Was die Personaleinsparungen betrifft, so wissen wir, dass das wirklich nicht ein­fach ist, denn die können bei den Vorbereitungen für die österreichische EU-Präsident­schaft im Jahre 2006 ein Problem sein.

Was die Arbeitsweise und die Zusammenarbeit mit dem Parlament, im Speziellen mit der Opposition betrifft, so setzen sich – ich möchte es so sagen – die widersprüchli­chen Tendenzen der Budgetzahlen fort. Manchmal war die Information und die Einbin­dung sehr gut, in anderen Fällen wieder überhaupt nicht existent. Wenn man, Frau Minister, eine gemeinsame Außenpolitik anstrebt, dann sollte stetig der Kontakt gehal­ten werden und nicht nur nach Fall, Lust und Laune.

Was die Betreuung und Information des Parlaments durch Vertretungsbehörden im Ausland, und zwar auch im internationalen und multilateralen Bereich, betrifft, so muss ich sagen: Das hat sehr gut funktioniert, wofür ich mich bei Ihnen und den Mitarbeitern bedanken möchte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Einfordern möchte und muss ich, meine Damen und Herren, mehr Transparenz bei den Botschafterbesetzungen. Der Trend in den europäischen Ländern geht zu Hea­rings und ausführlichen Informationen in den außenpolitischen Ausschüssen, und das sollte auch in Österreich so sein – gerade zu einem Zeitpunkt, zu dem auch, möchte ich sagen, viele Ihrer Kabinettsmitglieder neue Positionen einnehmen werden, was natürlich legitim und in Ordnung ist, aber man sollte offen darüber sprechen und infor­mieren und nichts Vermutungen überlassen.

Abschließend möchte ich mich, meine Damen und Herren, noch mit einer inhaltlichen Frage beschäftigen und sagen: Na ja, ich wundere mich zwar ein bisschen über Ihr Schweigen, Frau Bundesminister, aber vielleicht ist das wieder eine Politik der Mitte.

Die Vereinigten Staaten gehen in Zentral- und Osteuropa (Zwischenruf bei der ÖVP) – warten Sie einmal ab! – mit ihren Begehren hausieren, durch bilaterale Abkommen Personen der Vereinigten Staaten von der Jurisdiktion des Internationalen Strafge­richtshofes auszunehmen. Da wird auf Staaten viel Druck ausgeübt, da werden finan­zielle Mittel eingesetzt und vieles andere mehr, und manche Länder in Südosteuropa müssen nachgeben, weil sie es sich einfach nicht leisten können, dass wirtschaftliche Projekte bei ihnen eventuell in Frage gestellt werden. Rumänien, Georgien und Alba­nien haben deshalb schon unterzeichnet, Albanien hat noch nicht ratifiziert, und die Unterzeichnung von Mazedonien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mon­tenegro wird gerade behandelt.

In diesem Punkt ist Europa gefordert! Es ist notwendig, dass die EU diesen Ländern hilft, dass sie sich diesem Druck nicht aussetzen müssen. Da ist es auch erforderlich, dass Länder wie Österreich, die eine Rolle in dieser Region spielen wollten, ihre Stim­me gegen die Aushöhlung des Internationalen Strafgerichtshofes und gegen den Ver­such, es sich mit Geld in der internationalen Politik und im internationalen Recht zu richten, erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


20.44


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindel­egger. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.45

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Ich möchte es in einem mit dem Kollegen Schieder halten, nämlich zu später Abendstunde eine kurze Rede vor diesem Plenum halten.

Ich stimme in einigen Punkten dem Kollegen Schieder zu. Ich möchte aber zunächst, was die Budgetzahlen anlangt, doch hervorheben, dass es gerade im Budgetan­satz 2004 eine deutliche Erhöhung im Vergleich zu den Budgetansätzen 2003 und 2002 gibt. Das ist auf eine höhere Dotierung der Entwicklungshilfe zurückzuführen. Das haben wir uns alle im Hohen Hause gewünscht, und ich glaube, es ist auch zur Zufriedenheit aller Fraktionen hier im Hohen Haus, dass wir für die Entwicklungshilfe um 35 Prozent mehr im Jahr 2004 zur Verfügung stellen, als das im Jahr 2003 der Fall ist. Ich freue mich darüber! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Zweiten möchte ich zum Budget sagen, dass es auch mir ein Anliegen ist – bei Besuchen werden wir nämlich oft darauf aufmerksam gemacht, dass österreichische Botschaften auch Notwendigkeiten haben –, die Anlagen wieder so herzustellen, dass sie in Ordnung sind und dass eine entsprechende Wirksamkeit gegenüber der Öffent­lichkeit gegeben ist. Auch da wird jetzt ein Schwerpunkt gesetzt. Frau Bundesministe­rin, und das finde ich sehr in Ordnung!

Im Rahmen einer Budgetdebatte muss meines Erachtens aber auch Folgendes ange­sprochen werden: Wir haben gerade in der jüngsten Vergangenheit wieder einmal ge­sehen, dass die österreichischen Vertretungsbehörden und die österreichische Diplo­matie als Dienstleister gefragt sind, und zwar besonders dann, wenn im Ausland etwas passiert und ein Bürger oder eine Bürgerin von der österreichischen Vertretung Hilfe braucht. Wir haben, was die zehn Geiseln in Algerien anlangt, gesehen, dass das Außenministerium da eine hervorragende Arbeit leisten kann, eine diskrete Arbeit und eine sehr wirksame Arbeit. Dass die zehn Geiseln nach 51 Tagen befreit wurden und unverletzt nach Österreich kommen konnten, war zum Großteil auch eine Wirkung, die das Außenamt mit den Diplomaten, mit der Sondermission erreicht hat. Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Bundesministerin, und bei allen Mitarbeitern des Außenamtes dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Dienstleistungsaufgabe ist enorm wichtig. Sie wird von den Bürgern nachgefragt und auch geschätzt, und ich glaube, dass viele Mitarbeiter des Außenamtes da sehr viel für Österreicherinnen und Österreich tun können.

Zum Dritten darf ich, was aktuelle Fragen anlangt, Folgendes hinzufügen: Frau Bun­desministerin, Sie haben gestern nach einer Diskussion im Hauptausschuss auch in der Öffentlichkeit erklärt, dass Sie das Ergebnis des EU-Konvents zwar loben, aber natürlich auch gewisse Veränderungswünsche haben. Ich halte das für richtig und möchte Sie dabei unterstützen, denn ich glaube, so sehr man die Arbeit des Konvents und auch der österreichischen Mitglieder im Konvent loben muss, darf es doch nicht so bleiben, dass etwa kleinere und mittlere Staaten in einer Kommission keine Stimme haben, weil dort in Zukunft nur 15 in einem Rotationssystem, das nicht klar ausgelegt ist, mit Sitz und Stimme vertreten sein sollen.

Ich glaube auch, dass die Wahl des europäischen Präsidenten im Rat noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, nämlich dahin gehend, dass man für zweieinhalb Jahre zum Präsidenten gewählt wird und kein Regierungschef sein darf. Meine Damen und Herren, ob das wirklich für Europa einen Fortschritt bringt, das wage ich zu bezweifeln. Ich glaube daher, dass man die Grundsubstanz so übernehmen soll, dass aber in die­sen auch für Österreich wichtigen Detailfragen die Bundesministerin als Kämpferin für


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Österreich gefordert ist, und sie wird diese Fragen auch zu unser aller Zufriedenheit lösen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort. Wunschgemäße Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.49

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch beginnen mit einem Dank an all jene Be­dienstete des Außenministeriums, die sowohl im Inland als auch im Ausland in den letzten Jahren ganz wichtige Arbeit geleistet haben und auch in Zukunft leisten werden. Ausdrücklich danke ich für die wichtige Arbeit, die notwendig ist, um Österreich im Aus­land gut zu vertreten, und da gilt mein Dank insbesondere den Angestellten, den Be­amten/Innen in den jeweiligen Botschaften, die gerade in den letzten Jahren Kürzun­gen bei Personal und Budget zu verkraften hatten und für die es dann oft nicht leicht ist, diese Arbeit weiterzuführen.

Man muss sich das einmal vorstellen: In einem Ministerium, in welchem alle Beamten und Beamtinnen in einem Gebäude tätig sind, ist es auch nicht immer leicht, aber viel­leicht doch noch eher möglich, dass jemand durch jemand anderen ersetzt wird oder eine zusätzliche Arbeit übernimmt, aber in einer Botschaft, die drei bis fünf oder viel­leicht sieben Beschäftigte hat, ist es schwierig, eine fehlende Person zu ersetzen. Da­her ein ganz besonderer Dank an diese Beschäftigten!

Danken möchte ich aber auch all jenen, die im Zuge von Auslandsreisen, die wir im Rahmen des Parlaments machen, für die Kontakte zu den Abgeordneten sehr wichtige und auch sehr hilfreiche Arbeit leisten und sich bemühen, uns die Situation in den je­weiligen Ländern näher zu bringen und uns organisatorisch und inhaltlich zur Verfü­gung stehen. Diesen Dank ersuche ich Sie, Frau Ministerin, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterzuleiten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist natürlich schwer, zu akzeptieren, dass es auch beim Budgetkapitel Äußeres wei­tere Kürzungen geben wird, dass es, wie aus Ihren Antworten im Budgetausschuss klar geworden ist, auch im Außenministerium weitere Personaleinsparungen geben muss. Ich denke, das ist ein Prozess, der irgendwann ein Ende finden muss. Es muss wieder einen Anstieg in die andere Richtung geben, denn ich kann mir nicht vorstellen, wie Österreich in Zukunft in einer globalisierten Welt in diesem Bereich noch viel grö­ßere Aufgaben wird wahrnehmen können, wenn dieser Außenvertretung immer weni­ger finanzielles Gewicht beigemessen wird. Ich hoffe, dass es da in Zukunft eine Trendwende geben wird beziehungsweise: Es muss sie geben, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Ministerin, lassen Sie mich auf einige inhaltliche Punkte eingehen, die mir ein Anliegen sind und die, wie ich denke, jetzt debattiert werden sollen. Sie haben einmal gemeint, Sie sehen Österreichs Außenpolitik in Form von konzentrischen Kreisen, und zwar im folgenden Sinn: Wir fangen bei uns an und gehen dann Stück für Stück in die Welt! Ich teile diese Ihre Sicht nicht wirklich, aber um eine gewisse Struktur zu verfol­gen, machen wir das jetzt auch.

Ich beginne mit dem Thema der EU-Erweiterung. Es ist ja zum Glück so, dass mittler­weile klar ist – und darüber freue ich mich sehr –, dass diese Bundesregierung nun keine Drohungen mehr ausspricht. Sie hat auch nicht angekündigt, und da denke ich besonders an die freiheitlichen Mitglieder der Bundesregierung, dass es bei der Ratifi­zierung Schwierigkeiten geben wird. Ich hoffe, ich werde es auch von Ihnen, Herr Kol­lege Scheibner, nicht hören. (Abg. Scheibner: Ich habe nicht Drohungen geäußert!) –


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Sie persönlich vielleicht nicht, aber andere Ihrer Fraktion. Tun Sie das jetzt nicht klein­reden, denn es gab diesbezüglich einen ziemlichen Aufruhr in der letzten Legislaturpe­riode. (Abg. Scheibner schüttelt verneinend den Kopf.) Schütteln Sie nicht den Kopf, denn Sie wissen genau, wovon ich rede. Vetodrohungen gegenüber Tschechien waren nicht wirklich eine tolle Sache für die österreichische Außenpolitik. (Abg. Scheibner: Drohungen gab es nicht!) Das war wirklich keine tolle Zeit, als von hier immer wieder Vetodrohungen ausgesprochen wurden. Deshalb bin ich sehr froh, dass es diese jetzt nicht mehr gibt, dass klar ist, dass diese Verträge auch im österreichischen Parlament von allen Abgeordneten – und ich hoffe, es werden wirklich alle 183 Abgeordnete sein – ratifiziert werden.

Frau Ministerin! Ein Punkt ist jedoch immer noch ein Problem, auch wenn es nur ein kleines sein mag und wir das, wovon ich spreche, in einem Jahr nicht mehr benötigen werden, nämlich zwei kleine Abkommen zwischen Tschechien und Österreich, nämlich das Grenzgänger- und das Praktikantenabkommen. Dieses wurden vor mittlerweile fast zwei Jahren vom Herrn Minister Bartenstein und seinem damaligen tschechischen Gegenüber unterschrieben, aber es wurde in der vergangenen Legislaturperiode nie dem Außenpolitischen Ausschuss, also dem Parlament zugeleitet. Anfang April, als wir mit Präsident Khol im Flugzeug nach Prag saßen, musste ich dann vernehmen, dass das jetzt zwar dem Ministerrat zugeleitet worden war, aber wieder von der Liste herun­tergenommen wurde, und seitdem hat es weder das Licht des Ministerrates noch die­ses Parlaments erblickt.

Meine Frage an Sie lautet daher: Wird dieses Abkommen noch in den Ministerrat kommen, bevor Tschechien der EU beitritt? Nachher werden wir es nicht mehr brau­chen. Wird das noch in naher Zukunft, das heißt im nächsten Ministerrat sein? Werden wir das vom Nationalrat her noch ratifizieren können? Oder muss ich, wenn ich Vertre­ter oder Vertreterinnen der tschechischen Republik treffe, sagen: Es tut mir Leid, die Regierung ist zwar mittlerweile auf Erweiterungsfahrplan, es wird kein Veto gegen den Beitritt Tschechiens zur EU mehr geben, aber das Grenzgänger- und Praktikantenab­kommen wird es nicht geben!? Soll ich sagen: Dieses Abkommen, das es mit Ungarn schon seit Jahren gibt, wäre zwar gerade für die Menschen in den Grenzregionen sehr wichtig, und Minister Bartenstein hat es auch ratifiziert, aber der Ministerrat hat es nicht verabschiedet, denn da gibt es anscheinend immer noch welche, die das nicht haben wollen!?

Frau Ministerin! Ich würde wirklich gerne von Ihnen eine Antwort auf diese Fragen ha­ben. Ich würde wirklich gerne die Antwort auf die Frage wissen: Wird es dem Parla­ment zugeleitet werden, wird es noch beschlossen werden, oder werden wir darauf warten müssen, bis Tschechien der EU beigetreten ist? Wird es dann heißen: Es wird abgehakt, das gibt es nicht, für die Menschen, die in den Grenzregionen leben, wird es keine Möglichkeit geben, ihre Sprachkenntnisse oder Ähnliches im Rahmen eines sol­chen Abkommens zu verbessern!? Frau Ministerin, ich hoffe, dass Sie mir darauf eine Antwort geben werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer Aspekt ist die Entwicklungszusammenarbeit. Es wird nächsten Montag einen Unterausschuss geben, in welchem wir die Gesetzesnovelle debattieren werden. Dennoch möchte ich einige Punkte hier anführen, die ich an diesem neuen Gesetz und an der Ausgliederung doch für problematisch halte.

Ich sehe es schon als einen wichtigen ersten Schritt, dass das Budget zumindest für 2004 erhöht wurde. Man muss aber dazusagen, dass es für 2003 wieder ein bisschen reduziert worden ist. Irgendwie ist es eine Politik nach dem Motto: Gehen wir zuerst zwei Schritte zurück und dann einen vor, und den einen verkaufen wir dann als einen großen Erfolg! Als einen unheimlich großen Erfolg sehe ich das wirklich nicht.


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Frau Ministerin, Sie haben mir im Budgetausschuss auf meine Frage die Antwort ge­geben: Einen verbindlichen Finanzierungsplan bis 2006 gibt es nicht, aber Österreich hat der EU-Kommission mitgeteilt, dass es die 0,33-Prozent-Marke erreichen wird. Jetzt frage ich Sie wieder: Was soll in den Jahren 2005 und 2006 sein? Das muss nämlich pro Jahr mindestens 100 Millionen € ausmachen, und das ist nicht so wenig für ein Budget.

Meine Frage an Sie lautet daher: Warum haben Sie nicht auf so einen verbindlichen Finanzierungsplan mit dem Finanzminister gepocht? Warum gibt es den immer noch nicht? Wie Sie für 2005 und 2006 mindestens je 100 Millionen € für die Entwicklungs­zusammenarbeit frei machen wollen, und das nach Ihrem Scheitern in den letzten Jah­ren, für die EZA mehr Geld vom Finanzministerium zu bekommen, das frage ich mich. Wie wollen Sie das gewährleisten? Da sind Worte gegenüber der EU-Kommission zu wenig. Warum gibt es diesen verbindlichen Plan nicht? Auch die Worte in der Budget­rede des Finanzministers sind mir da zu wenig, Frau Ministerin.

Was den Gesetzesvorschlag selbst betrifft – einige Punkte haben wir schon bespro­chen –, möchte ich sagen: Dagegen, dass österreichische Firmen beziehungsweise die österreichische Wirtschaft da stärker einbezogen werden soll, habe ich grundsätzlich nichts. Der Punkt ist nur der: In dem ganzen Gesetz kommen die Nichtregierungsorga­nisationen nicht vor als solche, die einen ganz wichtigen Teil der Zivilgesellschaft dar­stellen und die dabei auch eine ganz wichtige Rolle spielen.

Oder ein anderer Punkt: Da steht drinnen, dass die neue Agentur, die gebildet werden soll, die Entgelte für ihre Leistungen auch von Dritten beziehen kann. Wir haben Sie im Ausschuss gefragt, wer diese Dritten sind. Sie haben gesagt, die EU und vielleicht der ERP-Fonds. Und auf die Frage, wer denn noch und warum man die nicht hinein­schreibt, haben Sie gesagt, man wolle ja niemanden ausschließen. – Das lässt Tür und Tor offen für alle möglichen Vermutungen, wie etwa: Da sponsert zuerst eine Firma etwas, und nachher möchte diese Firma dann vielleicht einen Auftrag.

Frau Ministerin! Das ist sehr unklar! Ein Gesetz mit solchen Unklarheiten macht natür­lich Tür und Tor auf für Vermutungen, wer dann irgendwem was finanziert. Vor allem, wenn Sie sagen, es müsse auch die österreichische Wirtschaft das stärker unterstüt­zen, habe ich Bedenken, ob man das wirklich klar und deutlich und sauber finanzieren kann.

Frau Ministerin! Nun komme ich – und zwar wegen der fortgeschrittenen Zeit nur kurz –zu einem Thema, das in dieser Zeit auch denjenigen, glaube ich, die sich mit Afrika nicht besonders beschäftigen, ziemlich nahe geht. Die Situation in der Demokratischen Republik Kongo im Nordosten des Landes ist in letzter Zeit auch in unseren Medien stärker präsent geworden. Es gibt seit kurzem ein EU-Mandat für einen Einsatz unter UNO-Mandat, wo auch Österreich zugestimmt und sich bereit erklärt hat, Soldaten hinzuschicken. Wir haben es gestern im Hauptausschuss beschlossen: Es sind nicht fünf, wie geplant war, sondern nur drei. In Ihrer Vertretung hat gestern Minister Stras­ser gemeint, dass nur drei angefragt worden sind.

Das finde ich gut und schön und notwendig, aber da ist die Politik gefordert. Ich frage Sie daher, Frau Ministerin: Haben Sie Gespräche mit den dortigen österreichischen Vertretungen geführt? Das sind Koordinationsbüros – wir haben keine Botschaften in den Nachbarstaaten Ruanda und Uganda, aber diese beiden Nachbarstaaten sind Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Diese beiden Länder, das ist eine Region, die an diese Konfliktregion angrenzt. Und daher lautet eine meiner Fragen beziehungsweise Forderungen an Sie: Haben Sie mit den österreichischen Vertretungen in diesen beiden Ländern Kontakt aufgenommen,


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um dort auch auf die jeweiligen Staaten einzuwirken, nämlich auf die Regierungen von Ruanda und Uganda? – Diese beiden Länder unterstützen ja die einander jeweils be­kämpfenden Volksgruppen.

Ich denke, da wäre es Aufgabe auch der österreichischen Außenministerin, zu versu­chen, auf diese beiden Regierungen einzuwirken, denn die Unterstützung der Konflikt­parteien durch diese beiden Staaten ist alles andere als hilfreich.

Zweiter Punkt: Es gibt noch eine weitere UNO-Mission im Kongo, MONUC, und zwar schon seit längerem, die versucht, als Friedenstruppe zu wirken, um die Situation dort zu verbessern. Österreich hat bis heuer einiges an Unterstützung dafür geleistet, aber im Budget für 2003, Frau Ministerin – ich habe Sie bereits in einer schriftlichen Anfrage damit konfrontiert –, werden die Mittel für MONUK, für diese UNO-Friedenstruppe im Kongo, um 3 Millionen € gekürzt.

Gestern in der Hauptausschuss-Sitzung, bei der Sie leider nicht anwesend waren, Frau Ministerin, habe ich die Frage gestellt, ob es denn angesichts der Tatsache, dass es jetzt zwar diese Mission unter dem Titel „Artemis“ geben wird, dass aber UNO-Generalsekretär Kofi Annan, wie auch in Ihrem Vortrag an den Hauptausschuss steht, darum bemüht ist, die UNO-Friedenstruppe MONUK wieder aufzustocken, von Ihrer Seite her Überlegungen gibt – ich hielte das für notwendig und sinnvoll –, diesen Be­trag von 3 Millionen €, der im heurigen Budget gestrichen wurde, wieder dafür aus­zugeben?

Sie, Frau Minister, haben meine schriftliche Anfrage in etwa so beantwortet: Na ja, die UNO hat dieses Geld nicht angefordert, daher haben Sie es auch nicht ausgeben kön­nen und deshalb haben Sie sozusagen das Budget dafür reduziert!

Mittlerweile ist klar, dass diese Friedenstruppe wieder aufgestockt werden soll, und, Frau Ministerin, ich hielte es im Sinne einer österreichischen Friedenspolitik – auch wenn Sie diese nicht immer in dem Sinn, wie wir Grüne uns das vorstellen, unterzeich­nen, unterschreiben und in diesem Sinn handeln – für äußerst sinnvoll und notwendig, dass diese 3 Millionen € in das heurige Budget wieder aufgenommen werden, dass diese Kürzung nicht stattfindet und dass dieser Betrag der erwähnten Friedensmission im Kongo zur Verfügung gestellt wird.

Ich denke, das ist notwendig, um einen Beitrag zur Friedenssicherung zu leisten. Es ist ohnehin äußerst schwierig, in dieser Region friedenspolitisch aktiv zu sein. Es ist sehr schwierig, es wird schwierig sein, aber ich denke (Präsident Dr. Fischer gibt das Glo­ckenzeichen), das wenige, was Österreich tun kann, sollten wir auch tun.

Herr Präsident! Ich bin schon am Ende meines Beitrages und hoffe, dass die Frau Außenministerin meine Fragen auch tatsächlich beantworten wird. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Mag. Kogler: Hoffentlich hat sie nicht den „Grasser-Virus“! Ein krasser Virus! – Heiterkeit.)

21.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

 


21.03

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die Debatte um das Budget des Bundesministeriums für Äußeres ist ja auch traditionell weniger eine Debatte rund ums Geld, wobei auch Sie, Frau Außenministerin, zu Recht immer beklagen, dass es in Wahrheit noch immer zu wenig ist und mehr sein könnte; bei diesem berechtigten Wehklagen haben wir uns immer wieder gefunden.


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Ich glaube, dass gerade die Debatte über das Budget des Außenministeriums weniger eine Debatte rund ums Geld und um Budgetkapitel ist, sondern dass es dabei eher um das Grundsätzliche geht, um die grundsätzliche Linie in der Außenpolitik.

Leider gibt es dafür heute offenbar etwas wenig Interesse von Seiten der medialen Öffentlichkeit, sicher auch auf Grund der späten Stunde. Ich hoffe, wir schaffen es einmal – da müssen wir Klubobmänner uns auch ein bisschen an der Nase nehmen –, dieses wichtige Thema der Außenpolitik auch einmal zu einem etwas attraktiveren Zeitpunkt zu diskutieren! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich erwähne nur einige Punkte dazu, auch weil mich Frau Kollegin Lunacek ein biss­chen herausgefordert hat von wegen EU und Europapolitik. – Frau Kollegin Lunacek! Meine Damen und Herren! Ich habe einmal einen sehr honorigen und ausgezeichneten Diplomaten durch eine Frage ein bisschen aus dem Konzept gebracht – durchaus iro­nisch gemeint. Ich habe ihn gefragt: Herr Botschafter, definieren Sie mir einmal kurz: Was ist denn das Ziel der österreichischen Außenpolitik? – Da hat er mir eigentlich nicht wie aus der Pistole geschossen eine Antwort geben können, was ich eigentlich erwartet hätte.

Auch das ist zum Beispiel eines dieser grundsätzlichen Themen, die ich vorhin ange­sprochen habe. Wir sollten uns einmal darüber unterhalten: Was ist überhaupt das Ziel der Außenpolitik – und im Besonderen der österreichischen Außenpolitik?

Frau Kollegin Lunacek, Sie haben die EU und die Veto-Drohung erwähnt. – Wir sind der Meinung – und ich glaube, auch die gesamte österreichische Bundesregierung –, dass das Ziel der österreichischen Außenpolitik – nicht nur, aber auch und vielleicht besonders – die Vertretung der Interessen der Republik Österreich und seiner Bevölke­rung nach außen ist: Egal, ob das jetzt innerhalb oder auch außerhalb der Europäi­schen Union ist. Das ist das Prinzip! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und genauso – um Ihnen das nochmals zu erklären – haben wir unsere Europapolitik gesehen. Ich weiß schon, dass man uns da unterstellt hat, das sei eine Anti-Europa­politik. Aber ich kann Ihnen sagen: Die Freiheitliche Partei war schon für Euro­pa, für das gemeinsame Europa, auch für die damalige Europäische Gemeinschaft, als es Ihre Partei (in Richtung Grüne) noch gar nicht gegeben hat! Damals waren alle ande­ren Parteien sehr, sehr skeptisch gegenüber diesem Gedanken eines geeinten, großen Europas auch als Friedensprojekt. (Abg. Mag. Lunacek: Sie wissen ganz ge­nau, dass das so nicht stimmt! – Abg. Dr. Lichtenberger: Ihre Vorläuferpartei ...! Ge­hen wir ein­mal in der Geschichte zurück!)

Aber, meine Damen und Herren – und dieses „aber“ bitte nicht negativ zu verstehen! –, auch da muss das Prinzip gelten, dass wir gegenüber diesem wichtigen Projekt eines gemeinsamen und geeinten Europas die Interessen Österreichs und seiner Bevölke­rung zu vertreten haben! Das haben wir immer kritisch eingebracht, und zwar bis zu­letzt. Und ich glaube, das ist durchaus sinnvoll und für Europa – und ist nicht gegen Europa gerichtet.

Meine Damen und Herren, auch von den Grünen! Ich bin davon überzeugt, dass die­ses Projekt eines gemeinsamen Europas nur dann funktionieren wird, wenn es auch vom Bewusstsein der Bevölkerung getragen wird. Und wir alle wissen, dass es dieses Europa-Bewusstsein noch nicht in dem Maße gibt, wie wir alle uns das auch als Euro­papolitiker wünschen würden.

Dieses Europa-Bewusstsein bekommen wir dann, wenn die Bevölkerung sieht, dass dieses Europa eine Chance ist – auch für die Menschen in Österreich –, und nicht zur Gefahr wird. Und zur Gefahr wird es dann nicht, wenn die Bevölkerung das Gefühl hat,


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dass hier Politiker, österreichische Politiker, sitzen, die alles daran setzen, dass eben genau diese unsere Interessen entsprechend vertreten sind.

Und wenn Sie sagen: Veto-Drohungen!, dann ist das schon ein bisschen eine Wider­sprüchlichkeit. (Abg. Mag. Lunacek: Ihre, nicht unsere!) Sie haben uns jetzt vorgewor­fen, dass wir damals mit Veto gedroht haben. – Aber entschuldigen Sie: Wenn man mitten in Verhandlungen ist, dann wird man wohl ein Maximum auch an Verhandlungs­position entwickeln müssen, um dann zum Schluss einen, wie ich hoffe, guten und tauglichen Kompromiss zusammenzubringen, von dem wir alle sagen können: Ja, da­hinter können wir stehen! Nur so können wir ja auch das Vertrauen rechtfertigen, das die Bevölkerung – auch der kritische Teil der Bevölkerung – in unsere Vertretung ge­setzt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie Sie das mit Ihrer Linie vereinbaren, die Regierung zu kritisieren, dafür, dass wir, wie Sie gesagt haben, „vorschnell“ – etwa in der Atompolitik – das Energiekapitel ab­geschlossen haben, das verstehe ich nicht! Der Nicht-Abschluss eines Kapitels ist ja gleichbedeutend mit einem Veto – und bedeutet, dass dieses Land nicht beitreten kann und der Beitrittsvertrag nicht abgeschlossen wird.

Wir sind einen anderen Weg gegangen und haben gesagt: Wir bringen keine dieser Fixgrenzen ein, sondern wir verhandeln bis zum Schluss. Wir haben uns nicht in allen, aber in vielen Bereichen durchgesetzt, etwa bei der Freizügigkeit mit den Übergangs­fristen. Ich denke auch an den Melker Prozess und, wo ich auch noch hoffe, dass es ein Ergebnis geben wird, etwa mit der Tschechischen Republik, was die Beneš-Dekrete anlangt. Auch das ist ein Ergebnis dieser klaren, strikten, manchmal auch har­ten Verhandlungsposition. (Abg. Mag. Lunacek: Das stimmt nicht!)

Ich denke, es wird notwendig sein, das auch in Zukunft so fortzusetzen. Wir sehen doch in Wirklichkeit – auch wenn wir international unterwegs sind –, dass es zwar in der Europäischen Union viele Menschen gibt, viele Funktionäre, auch Politiker, die alle möglichen Beschlüsse und Bekenntnisse zu diesem gemeinsamen Europa abgeben, aber wenn Sie mit den Menschen reden, merken Sie, dass es nicht so ausschaut, als ob dieses Europa-Bewusstsein wirklich auch in die Köpfe, vor allem aber auch in die Herzen dieser Menschen vorgedrungen wäre. Aber genau das wäre wichtig!

Daher darf man nicht zulassen, dass in Brüssel eine Bürokratie versucht, von oben her zu dekretieren, was für die Menschen gut ist, und alles Mögliche zu reglementieren. Ich glaube, die Lösung der Kernaufgaben, die Unterstützung einer positiven Entwicklung einer europäischen Gesellschaft mit Rücksicht auf die Eigenheiten und die Vielfältigkeit der Länder in Europa, das ist gefragt. Und diese Probleme gilt es, zu beseitigen. Dabei können wir Österreicher, dabei kann die österreichische Außenpolitik durchaus einiges an historischen Erfahrungen mit einbringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Aber es geht auch darum, sich die Situation außerhalb Europas anzuschauen. Frau Kollegin Lunacek, Sie haben Afrika angesprochen, und es ist richtig: Der Hauptausschuss und die Bundesregierung haben vor wenigen Stunden eine Entsendung von österreichischer Seite aus mit beschlossen. Aber ich muss Ihnen sagen: Ich bin da ein bisschen skeptisch. Wir tragen das zwar mit, aber vom Prinzip her hätte ich eigentlich eine andere Strategie, vor allem betreffend Friedenseinsätze in Afrika, vorgezogen.

Ich habe das auch einmal mit Herrn UNO-Generalsekretär Kofi Annan besprochen, indem ich gesagt habe: Ich verstehe nicht, warum man unbedingt UNO-Kontingente aus Schweden, Norwegen, Österreich oder etwa auch Holland in Regionen entsendet, die so unterschiedlich von all den Erfahrungswerten her sind, die diese Soldaten, Poli­zisten und andere Peace-Keeping-Experten von ihren Heimatländern her haben. Da


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kommt es natürlich zu Problemen, sich in die dortige Kultur, in die Gegebenheiten, aber auch in die Rahmenbedingungen – allein schon vom Klima her – einzuordnen.

Viel sinnvoller wäre es doch, die stabilen Länder Afrikas zu unterstützen – und diese gibt es zweifelsohne –, damit sie eigene und funktionierende Peace-Keeping-Kontin­gente, Krisenbewältigungskapazitäten aufbauen können, die man dann in diesen Län­dern einsetzen kann: durchaus mit Unterstützung Europas und der Vereinten Nati­onen. (Abg. Mag. Lunacek: Da muss man aber auch mehr Mittel für diese Kontingente be­reitstellen!)

Ich glaube, das ist ein schwieriger Ansatz, vielleicht auch nur ein mittel- bis langfristiger Ansatz, aber jedenfalls ein sinnvolleres Konzept, als wenn wir jetzt hier feiern, dass wir drei oder fünf Soldaten in eine Region entsenden, über die wir kaum Erfahrungen ha­ben, nämlich sowohl bezüglich der dortigen Rahmenbedingungen als auch, was bei­spielsweise die klimatischen beziehungsweise sonstige Bedingungen anlangt. (Abg. Mag. Lunacek: Dann schicken wir sie gar nicht!)

Ich sage Ihnen: Das wäre der sinnvollere mittel- bis langfristige Ansatz in diesem Be­reich.

Nächster Punkt: Sicherheitspolitik; auch ein wichtiges Mittel der Außenpolitik. – Meine Damen und Herren von der Opposition, vor allem von den Grünen! Da würde ich mir erwarten, dass Sie ein bisschen mehr das Gemeinsame sehen, dass man weggeht von der Tagespolitik – etwas, was kurzfristig vielleicht populär und vielleicht ein wenig ak­tueller ist – und mehr auf Zukunftsperspektiven, mehr auf tatsächliche Notwendigkeiten abzielt.

Ich wünsche mir auch, dass weniger in Dogmen, in Begriffen argumentiert wird, son­dern dass man mehr nach dem Nutzen für uns, für Europa und für eine globale Si­cherheitspolitik trachtet. Da würden wir vielleicht manche Diskussionen hier rund um Bündnisse, rund um gemeinsame Kooperationen in der Sicherheitspolitik anders füh­ren, als das in der Vergangenheit oft der Fall war – und in der Gegenwart leider noch immer ist.

Das wären auch interessante Dinge, die es zu diskutieren gäbe, wenn wir über die Außenpolitik und über die Möglichkeiten dieser Außenpolitik debattieren.

Zum Schluss noch einmal, was mir auch wichtig wäre, Frau Außenministerin – ich weiß, dass Sie da mit uns konform gehen, und ich möchte Ihnen wirklich gratulieren zu Ihrer Amtsführung (Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner: Danke schön!) und auch zur Auffassung eines Großteils Ihrer Beamten in Sachen Außenpolitik –: Was fehlt, ist eine Vernetzung aller außenpolitischen Aktivitäten im weiteren Sinn. Dabei geht es ja nicht nur um Agenden, die Ihr Ressort betreffen, sondern auch um solche, die bei­spielsweise das Wirtschaftsressort betreffen, ebenso natürlich auch andere Bereiche.

Interessant wäre es, hiezu eine Strategie zu entwickeln, und zwar gerade, wenn es beispielsweise darum geht, die Entwicklungszusammenarbeit zu fördern, wenn es dar­um geht, auch darüber nachzudenken: Wohin entsenden wir etwa Kontingente unseres Bundesheeres?

Da sollte es mehr Zusammenhalt geben, da sollten wir mit der Wirtschaft kooperieren, sodass wir uns nicht nur intensiv an Wiederaufbauzahlungen beteiligen, sondern auch daran, wie Österreichs unternehmen eingebunden werden können: mit all unserem Know-how, mit all unseren Möglichkeiten, auch mit unseren finanziellen Leistungen, um so einen Beitrag zum Wiederaufbau in diesen Krisengebieten zu leisten.

Das wäre eine vernetzte, eine offensive und positive Außenpolitik. Diesbezüglich ha­ben wir alle gemeinsam noch einiges zu tun, weil wir ja sehen, dass viele Betriebe


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zwar theoretisch auch darüber reden, internationale Märkte zu erschließen, aber man­chen doch der Mut fehlt, in Gebiete zu gehen, in denen man einen Markt erst für die Zukunft erkennen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Damit hoffe ich, dass wir uns über Grundsätze in der Außenpolitik noch ausführlicher unterhalten können – und dass wir auch wieder zu jenem nationalen Konsens zurück­kommen, den es in Österreich einmal in der Außenpolitik gegeben hat, einem Kon­sens, der international zumeist üblich ist – und der sicherlich auch für unser Land sehr, sehr nützlich wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Ministerin.

 


21.15

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Eine Debatte über das Budget gibt die Möglichkeit, auch über die Politik eines Ministeriums zu sprechen – und ich freue mich, dies hier jetzt tun zu können.

Meine Damen und Herren! Wir leben in einer Zeit, in der ein neues Europa entsteht, ein neues Europa, in dem Österreich in der erweiterten Europäischen Union, wie ich meine, eine ganz wichtige Funktion hat. Wir haben gesehen, mit welcher Begeisterung in den letzten Tagen und Wochen viele der an Österreich angrenzenden Staaten ihre Referenden abgeschlossen haben. Und ich glaube, das gibt Anlass zur Hoffnung, dass jene Referenden, die noch fehlen, ebenfalls einen positiven Abschluss finden werden. Damit wird es in der Europäischen Union zehn neue Mitgliedstaaten geben – und ich glaube, das zeigt schon, dass damit ein guter Weg für ein stärkeres Europa begonnen wurde.

Aber: Damit muss natürlich eine Vertiefung Hand in Hand gehen, und diese Vertiefung wird derzeit im Europäischen Konvent versucht. Ich glaube, der Konvent hat – dazu darf ich allen Konvent-Mitgliedern gratulieren – grundsätzlich gute Arbeit geleistet, vor allem wurde viel gearbeitet, aber Sie wissen ohnehin: Ich bin nicht ganz zufrieden!

Ich glaube, dieser EU-Konvent war ein guter Ausgangspunkt und eine gute Arbeits­grundlage, aber die Regierungskonferenz, die Mitte Oktober beginnen wird, hat, selbst­verständlich auf dieser Arbeitsgrundlage basierend, nun weiterzugehen.

Ich meine, dass es drei wesentliche Punkte sind, die wir, die ich gerne noch einmal aufgegriffen sehen würden. Ich stelle mir zum Beispiel die Frage: Warum muss es einen Präsidenten des Europäischen Rates wirklich geben?

Es wurde, wie ich meine, mit der Rotation des Vorsitzes unter den einzelnen Ländern immer wieder gezeigt, dass wir die Gleichberechtigung ernst nehmen, dass wir auch die Gleichheit zwischen den Institutionen ernst nehmen. Und wenn ich an die eigene österreichische Ratspräsidentschaft zurückdenke: Diese war, wie ich meine, eine sehr gute, hat uns aber natürlich gleichzeitig enorm gefordert.

Warum versucht man, das jetzt eigentlich aufzuhalten, indem man einen EU-Präsiden­ten für zweieinhalb Jahre schafft, der gleichzeitig – egal, wie seine Stellung im Detail aussehen wird – eine Parallelbürokratie zum Europäischen Kommissionspräsi­denten aufbauen wird?!

Ich glaube, diese Frage ist sehr wichtig, denn hiebei geht es darum: entweder Verge­meinschaftung durch die Kommission – oder Intergouvernementalisierung auf der an­deren Seite. Auch wenn das jetzt in diesem Kompromissvorschlag, der bereits auf dem Tisch liegt, etwas besser aussieht, auch wenn da vieles zurückgenommen wurde, bin


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ich damit nach wie vor nicht glücklich. – Das zum ersten Punkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum zweiten Punkt, meine Damen und Herren. Wir haben immer gefragt: Was ist denn wichtiger für die Identität eines Landes, als durch einen eigenen Kommissar auch ver­treten zu sein? Wir haben immer gefunden: Jedes Land muss in jeder Institution ver­treten sein! Und ich glaube, gerade hier im Parlament, wo man immer wieder darauf Wert legt, dass alle parlamentarischen Parteien die Möglichkeit haben, in allen Aus­schüssen vertreten zu sein, muss man diese unsere Position verstehen.

Ich hoffe, dass es gelingen wird, diesbezüglich eine gesamtösterreichische Position in die Regierungskonferenz einzubringen. Das letzte Wort ist da jedenfalls noch nicht gesprochen; das hat sich ja auch gestern im Rat Allgemeine Angelegenheiten sehr klar herausgestellt. Es gibt eine Reihe von Staaten, die mit dieser Position nicht einver­standen sind, und es kann nicht sein, dass größere Länder in der Kommission mit 15 sind – 14 jedoch draußen bleiben! Das wäre sozusagen ein neuer „Sicherheitsrat“ – und das würde in der Europäischen Union sicherlich nicht funktionieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum dritten Punkt: Wichtig ist, dass es ein handlungsfähiges, ein starkes, ein effizien­tes Europa gibt. Und wie kann man das besser erreichen, als dadurch, dass man den Weg in Richtung einer qualifizierten Mehrheit geht – und nicht beim Einstimmigkeits­prinzip bleibt?

Wenn wir uns die Fehler ansehen, die bisher in vielen Bereichen gemacht wurden, so zum Beispiel auch die Fehler während der Irak-Krise, dann sehen wir, dass die Positi­onen so unterschiedlich waren, dass sie kaum zueinander geführt werden konnten.

Da muss man eben in diese Richtung gehen, auch wenn man dadurch Souveränität abgeben muss. Ich glaube, das ist ganz wichtig – mit Ausnahme natürlich der militäri­schen Fragen, die wegen ihrer Sensibilität auch in Zukunft einstimmig beschlossen werden müssen.

Dafür werden wir ebenfalls kämpfen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich bitte auch da um Ihre Unterstützung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese beiden Fragen werden natürlich auch beim Europäischen Rat von Thessaloniki ganz oben auf der Agenda stehen. Aber auch eine andere Frage, die gerade uns Ös­terreichern sehr wichtig sein muss, muss auf der Agenda sein, und das ist die Frage des Westbalkan oder – wie wir heute besser sagen – von Südosteuropa. Ich meine, Südosteuropa muss Unterstützung haben für das Fortsetzen der Reformen, für den Stabilisierungs- und Assoziationsprozess, der diesen Ländern wichtig ist, der in Zagreb im Jahre 2000 begonnen wurde, der aber bei weitem nicht abgeschlossen ist.

Diese Staaten, die natürlich für unsere wirtschaftliche, aber auch für unsere stabile politische Entwicklung enorm wichtig sind, diese Länder haben nur eine Zielrichtung: Sie wollen eine echte europäische Perspektive haben. Um diese Perspektive zu errei­chen, müssen wir sie bei den Reformen unterstützen.

Diese Unterstützung können wir aber nur dann geben, wenn wir auch die Mittel aufsto­cken. Das heißt, wir haben gestern grundsätzlich eine Aufstockung der CARDS-Pro­gramme beschlossen. Diese heißen bewusst nicht Beitrittspartnerschaften, sie heißen aber Europäische Partnerschaften, und sie werden genau dort eingesetzt wer­den, wo man sie ganz besonders brauchen wird, nämlich in der Frage des Borderma­nage­ments, in der Frage der Sicherheit, in der Frage von Schlepperunwesen, Korrupti­on et cetera, dort, wo eben echte Defizite sind. Ich denke, wenn wir diese Position klar vertreten, dann kann diese europäische Perspektive für jene Staaten von Südosteuro­pa auch positiv weitergeführt werden. Und Österreich ist – das darf ich sagen – ein


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Land, das diese Staaten sehr, sehr eng begleitet. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitli­chen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt, verehrte Damen und Herren, der auch schon angesprochen wurde, ist die Operation Artemis in der Demokratischen Republik Kongo. Wir haben keines­wegs vergessen, dass dort eine Situation entstanden ist, die es bereits einmal in ähnli­cher Form in Ruanda gegeben hat. Damals wurde nichts gemacht, damals hat leider die Internationale Gemeinschaft zwar nicht zugeschaut, aber jedenfalls nicht rechtzeitig reagiert. Diesmal hat der UNO-Generalsekretär reagiert, und diesmal hat sich die Uni­on innerhalb von drei Wochen – und das ist in der Union sehr schnell – zu einer ge­meinsamen Aktion bereit erklärt. Ich habe sehr unterstützt, dass Kollege Platter einige Soldaten entsendet. Ich freue mich, dass das gelungen ist, denn wir zeigen damit Soli­darität.

Ich habe aber auch gestern im Rat Allgemeine Angelegenheiten, als dieses Thema aufkam, eine besondere Sache eingebracht: Sie werden sich erinnern, dass ich, als ich die Vorsitzende in diesem Human Security Network war, zusätzlich zu dem Manual zur Menschenrechtserziehung auch ein Curriculum für Kindersoldaten ausarbeiten lassen. Und wo, wenn nicht dort, werden jetzt Kindersoldaten eingesetzt, wo, wenn nicht dort, braucht man genau das? Dieses Curriculum besagt, es sollen alle Feldsoldaten, die dort eingesetzt werden, nach diesem Curriculum vorgehen. Das wurde gestern positiv gesehen und in der Schlussfolgerung auch angesprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich sind die Themen der Außenpolitik immer sehr vielfältig, daher versucht man, sich auf einige zu konzentrieren. Ich möchte es aber natürlich nicht verabsäumen, noch zwei Themen anzusprechen.

Zum einen die Entwicklungszusammenarbeit. Ich freue mich sehr – und ich danke Ihnen allen, dass Sie das erkannt haben –, dass die Ausgliederung der operationellen Entwicklungszusammenarbeit, die ja mit einem erhöhten Budget in der Entwicklungs­zusammenarbeit zusammenhängt, möglich wird, indem wir im EZA-Unterausschuss all jene Fragen ansprechen können, die Sie heute hier nur kurz erwähnt haben.

Es ist sehr wichtig, dass man auf der einen Seite die Synergie mit der Wirtschaft erhält, aber auf der anderen Seite, Frau Kollegin Lunacek, haben wir die NGOs keineswegs vergessen. Die NGOs – ich habe es immer wieder gesagt, und Sie wissen es auch – werden besser behandelt als in jedem anderen Land der Europäischen Union. 50 Pro­zent aller Projekte werden in Österreich über NGOs durchgeführt, aber die Chance durch die Agentur ist auch, dass die Agentur auf europäischer Ebene zusätz­lich Gelder lukrieren kann und vielleicht sogar Durchführungsagentur sein kann.

Daher denke ich, dass wir hier einen guten Weg finden werden. Im Detail sprechen wir ja im Ausschuss darüber.

Noch kurz zu zwei Fragen. – Frau Abgeordnete Lunacek, Sie haben gefragt: Wie sieht es aus mit den Kürzungen im Kongo? – Nun, ich darf Ihnen sagen, dass es sich bei unseren Budgets für UNO-Operationen – und darum handelte es sich in der Vergan­genheit – immer um Pflichtbeiträge handelt. Diese Pflichtbeiträge werden natürlich erst im Nachhinein abgerechnet. Daher konnte man jetzt noch keine Änderung feststellen. Die Erfassung der Kosten von kurzfristigen Veränderungen kann im Hinblick auf die nationale Budgetplanung erst im Nachhinein erfolgen.

Beispiel Kongo: In Anbetracht der erheblichen Verschlechterung der Lage vor Ort hat der UNO-Generalsekretär in einem Sonderbericht am 27. Mai eine Verstärkung der Präsenz von monuc vorgeschlagen. Der UNO-Sicherheitsrat hat dann am 30. Mai dieser Empfehlung Rechnung getragen, wir werden jetzt eine stärkere Präsenz dort haben. Selbstverständlich wird Österreich an dieser Präsenz teilhaben, aber auch ge-


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meinsame Kosten zu bezahlen haben. Dafür werden wir erst im Nachhinein die Ab­rechnung geben. Also es stimmt nicht, dass wir für Kongo oder für andere afrikanische Länder weniger Mittel einsetzen.

Ganz kurz zu einer Frage hinsichtlich des ICC, des Internationalen Gerichtshofs, die von Herrn Abgeordnetem Schieder angesprochen wurde. Ich kann Ihnen sagen, dass es hier eine gemeinsame Position der Europäischen Union gibt, der Österreich selbst­verständlich anhängt. Die Amerikaner versuchen, durch bilaterale Ausnahmeverträge den Internationalen Gerichtshof zu unterminieren beziehungsweise zum Teil zu redu­zieren. Österreich und die Union wollen das nicht, und wir haben selbstverständlich als Europäische Union sowohl den Kroaten, den Bosniaken als auch den anderen diese Position klargemacht. Manche haben sich daran gehalten, andere haben gesagt, sie können und schaffen es nicht. Das heißt, es ist nicht so, dass wir nichts getan hätten. Wir haben es sehr wohl angesprochen, aber nicht immer ist die Union hier stark genug.

Ich danke sehr, ich weiß, meine Zeit ist aus, der Herr Klubobmann schaut mich schon an. (Abg. Mag. Molterer: Die Zeit ist nicht aus! Die Redezeit!) Ich werde jetzt einmal meine Rede beenden. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit war noch gar nicht abgelaufen, aber bitte.

Herr Abgeordneter Einem ist der nächste Redner. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

 


21.28

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nur sehr knapp auf das eine oder andere eingehen.

Frau Bundesministerin, zunächst vielleicht ein Wort zum Konvent. Ich habe, insbeson­dere auch nach den Erfahrungen, die wir im Konvent gemacht haben, volles Verständ­nis dafür, dass jeder, der zum Konvent und zu einzelnen Fragen des Konvents eine eigene Position hat, sehr gut versteht, warum die eigene Position die eigene Position ist. Ich würde nur um Folgendes bitten: dass Sie bei Stellungnahmen, die Sie zu dem Ergebnis des Konvents abgeben, vielleicht auch berücksichtigen, dass hier nicht ir­gendwelche Kinder eineinhalb Jahre lang zusammengesessen sind, sondern dass wir deshalb zu jenen Ergebnissen gekommen sind, die jetzt vorliegen, weil es solche und solche Positionen gegeben hat und weil es notwendig war, sich auf einen Konsens, auf einen Kompromiss zu verständigen – auch wenn ich persönlich gar nicht der Meinung bin, dass wir zum Beispiel unbedingt einen längerfristigen Ratspräsidenten brauchen.

Es nützt uns nichts, wenn wir uns ständig erzählen, was wir selbst glauben. Wir müs­sen zum Schluss einen Kompromiss finden, und ich würde von der Außenministerin erwarten, dass sie mit so einem Ergebnis etwas behutsamer umgeht, als sofort zu sa­gen: Ich habe einen Wunsch, und der war immer schon anders, und der ist auch jetzt noch anders. Meiner war auch ein anderer, aber wir sollten verstehen, dass Politik et­was anderes ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Frau Bundesministerin, lassen Sie mich auch zu drei Spezialfragen, die im Zusam­menhang mit dem Konvent eine Rolle spielen und gespielt haben, kurz etwas sagen.

Wie Sie wissen ist unter anderem in den sicherheitspolitischen Bestimmungen des Konvent-Vorschlages die Gründung eines Europäischen Amtes für Rüstung, For­schung und militärische Fähigkeiten vorgesehen. Ich halte das für sinnvoll, ohne jetzt langatmige Begründungen dafür abzugeben. Ich denke allerdings, dass es für Öster­reich durchaus angemessen wäre, würden wir von uns aus eine Initiative ergreifen –


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und das muss nicht in Abänderung des Verfassungsentwurfes sein –, auch ein Euro­päisches Institut für Konfliktprävention zu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sosehr es richtig ist, dass sich die Europäi­sche Union darauf besinnt, Dinge etwa in der Rüstungsbeschaffung oder auch in der Rüstungsforschung gemeinsam zu tun, so sehr ist es richtig, deutlich zu machen, dass es nicht nur darum geht, Rüstung besser und konsistenter zu betreiben, sondern dass es auch darum geht, die Erfahrungen, die im Zusammenhang mit Konfliktprävention gemacht werden, systematisch zu bearbeiten und den Unionsinstanzen auch so zur Verfügung zu stellen. Ich lade Sie daher ein, für eine derartige Initiative, die Österreich sehr, sehr gut zu Gesicht stünde, aktiv zu werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Dritter Punkt: In dem Entwurf zur Verfassung ist ein Vorschlag zum Thema eines frei­willigen Beistandspaktes der EU-Mitgliedstaaten innerhalb der Union enthalten. Für mich steht außer Zweifel, dass dieser Vorschlag so nicht Konsens werden wird, weil sowohl Großbritannien und andere NATO-Staaten also auch Schweden und Finnland und allenfalls auch Irland das so nicht akzeptieren werden. Ich denke aber, dass es notwendig ist – und ich sage das heute hier noch einmal, ich habe es schon in der vor­letzten Sitzung des Hauptausschusses gesagt –, eine Lösung zu finden, die sicher­stellt, dass sich das Mindestmaß an Solidarität, das wir innerhalb der Europäischen Union brauchen, letztlich auch in der Verfassung findet.

Was meine ich damit? – Ich meine damit, dass sich niemand vorstellen kann, auch wir natürlich nicht, dass, wenn ein Mitgliedstaat der Europäischen Union militärisch ange­griffen werden sollte, was glücklicherweise heute hochgradig unwahrscheinlich ist, sich die anderen einfach zurücklehnen und sagen: Pech gehabt, ist er halt angegriffen wor­den. Ich denke, dass man da eine Lösung finden kann und finden soll, bei der die Uni­on Makler der Solidarität wird und sicherstellt, dass die anderen Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen, ihrer wirtschaftlichen, aber auch ihrer militäri­schen Möglichkeiten jene Hilfe leisten, die sie leisten können, um dem bedrohten oder angegriffenen Staat zu Hilfe zu kommen.

Ich habe dazu schriftliche Vorschläge vorgelegt. Ich denke, wir werden auch im Rah­men der Regierungskonferenz dazu Kompromiss-Vorschläge brauchen.

Lassen Sie mich zuletzt noch sagen: Es ist in den letzten Tagen ein Papier, ein Entwurf einer Erklärung des Europäischen Rates betreffend die Grundprinzipien zum Thema Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen erarbeitet und vorgelegt wor­den. Ich begrüße das außerordentlich und sage das ausdrücklich, weil ich denke, dass damit einerseits eine Lehre aus dem Desaster der europäischen Außenpolitik im Zu­sammenhang mit dem Irak gezogen wird. Diese Lehre wird insoweit gezogen, als es dafür jetzt plötzlich ein Konzept gibt, das tatsächlich vielfältig und facettenreich ist – und das richtig ist im Grundansatz. Daher möchte ich das ausdrücklich betonen.

Ich möchte allerdings zugleich sagen, es ist immer noch ein Risiko enthalten, das im Fall Irak auch schlagend geworden ist. Ich denke, es ist auch notwendig, dass man, wenn man, wie das in diesem Papier geschehen ist – und zwar erstmals, wenn ich es recht verstehe, geschehen ist –, in der Union die Möglichkeit des gewaltsamen Eingrei­fens als letzte der Möglichkeiten schafft, dann auch dafür sorgen muss, das entspre­chende analytische Fähigkeiten in der Union geschaffen werden, die es erlauben, treff­sicherer zu urteilen, als das im Falle des Irak-Konflikts offenbar geschehen ist.

Ich denke, dort ist noch etwas zu tun, und dafür wollte ich mich aussprechen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


21.34


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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


21.34

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede ebenfalls mit einigen Ausführungen zum Konvent beginnen. Ich glaube, dass die drei von der Frau Bundesminister genannten Punkte schon welche sind, über die man nachdenken muss. Zum Beispiel die Ratspräsidentschaft: Wenn ich mich zurückerinnere – ich war noch nicht Abgeordnete, mit dem Studium gerade fertig –, zu Beginn der Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union bekam Österreich den ersten Ratsvorsitz. Und wie war das für uns alle? – Zum ersten Mal ein in Österreich spürbares Europa!

Ich meine, dass es unglaublich viel zu verlieren gibt, wenn wir diesen rotierenden Vor­sitz aufgeben, nämlich unglaublich viel an Spürbarkeit von Europa für die Menschen quer durch Europa. Mir täte das aus diesem Grund, viel mehr als aus allen institutionel­len Gründen, unheimlich Leid. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten, zur Frage der Kommissare ohne Zuständigkeit, ohne Portefeuille und ohne Stimmrecht. Es wäre, glaube ich, bei uns ziemlich unvorstellbar und würde von der Opposition zu Recht kritisiert werden, würden wir beispielsweise Minister ohne Kompetenz und ohne Stimmrecht im Ministerrat einführen. Zu bezahlende Ämter, Lau­scher an der Tür, weiße Elefanten irgendwo – solche sachlich in keinem einzigen europäischen Land auch nur vorstellbaren Institutionen und Funktionen soll man jetzt auf europäischer Ebene akzeptieren als kleinsten gemeinsamen Nenner, bloß weil man sich nicht auf etwas Sinnvolles hat einigen können?

Ich denke, dass es sehr wohl Aufgabe der Politik ist, abseits des kleinsten gemeinsa­men Kompromisses und des allerwinzigsten gemeinsamen Nenners noch für vernünf­tige und akzeptable Lösungen zu kämpfen und zu sorgen. Ich meine, dass es unter diesem Gesichtspunkt wichtig ist, dass wir das auch in diesem Punkt tun – wie ich hof­fe auch mit großer Übereinstimmung zwischen den Fraktionen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Als Sprecherin für Entwicklungspolitik möchte ich aber ganz im Besonderen darauf eingehen, was aus meiner Sicht heute auch für die Entwicklungszusammenarbeit ge­radezu ein historischer Moment ist: Wir beschließen für das Jahr 2004 die höchste, jemals beschlossene Steigerung eines Entwicklungshilfebudgets; gemessen am Brut­toinlandsprodukt das höchste Budget für Entwicklungszusammenarbeit, das diese Re­publik jemals gesehen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Budget für Entwicklungszusammenarbeit wurde für 2004 um insgesamt 30 Millio­nen € aufgestockt, wovon 20 Millionen in die bilaterale Entwicklungszusam­menarbeit, dort vor allem in die Länder des Südens, in die ärmsten Länder der Welt, gehen wer­den. – Da sind wir wieder bei der von allen Kollegen bereits angesproche­nen Konflikt­prävention.

Ich danke Bundesministerin Ferrero-Waldner, zum einen dafür, dass sie diese Mittel hart erkämpft hat. Was in diesem Punkt in den letzten Jahren geleistet wurde, Frau Bundesminister, verlangt die höchste Wertschätzung und den größten Dank im Sinne einer der wichtigsten Aufgaben, nämlich der Friedenserhaltung, die wir in der Außen­politik überhaupt haben. – Danke, Frau Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Halleluja!)

Mit diesen 20 Millionen € selbstverständlich noch nicht genug! Weitere 6 Millionen € fließen zusätzlich in die Osthilfe – ein, wie ich glaube, ganz besonders wichtiger Be­reich, in dem auch unsere Kompetenzen nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern


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auch in der Unterstützung und der Hilfe groß sind –, weitere 4 Millionen € an internati­onale Organisationen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.

Im Regierungsprogramm wurde darüber hinaus die weitere Steigerung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit auf 0,33 Prozent des BIP bis zum Jahr 2006 – unse­rer Außenministerin sei abermals Dank ausgesprochen – verankert, etwas, das es in vergangenen Regierungsprogrammen in anderen Konstellationen auch noch niemals gab.

Diese Mittel sollen jetzt, zumal sie so stark ansteigen, auch professioneller verwaltet werden. Aus diesem Grund wird eine Agentur gegründet, die zwingend notwendig ist und über die wir uns bereits nächste Woche im zuständigen Unterausschuss ausführli­cher unterhalten werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 7 Minuten. – Bitte.

 


21.40

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich mich dem zentralen Thema meiner Vorrednerinnen und Vorredner, nämlich dem Konvent zuwende, noch kurz auf einige Anmerkungen einge­hen, die hier gemacht wurden und die zum Teil richtig gestellt werden müssen.

Frau Kollegin Hakl, dass das Budget für Entwicklungshilfe heuer höher ist, ist leider nur ein numerisches Phänomen. In Wirklichkeit sind wir prozentuell – und das ist wohl das, was zählt – zurückgefallen hinter einen Stand, den wir schon einmal erreicht hatten. (Abg. Mag. Hakl: 2000 ... höchste Budget aller Zeiten!) Auch Sie sollten wissen, dass es so etwas wie Änderungen in der Finanzwirtschaft gibt, die ab und zu zur Folge ha­ben, dass die Zahlen nicht über Jahrhunderte gleich bleiben. Ich halte das für eine wichtige Erkenntnis, die Sie sich vielleicht einmal zu Eigen machen könnten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Heinzl.)

Zweiter Punkt: Ein kleiner Exkurs sei mir noch erlaubt zur Außenpolitik des „kleinen Mannes“, über die Herr Kollege Scheibner referiert hat, der noch einmal auf die Veto-Frage und deren Auswirkungen auf die österreichische Politik, vor allem das österrei­chische Ansehen im Ausland eingegangen ist. Herr Kollege Scheibner ist im Moment nicht anwesend, aber es muss hier trotzdem Folgendes gesagt werden:

Die Ankündigung diverser Vetos, fast schon im Monatstakt, zu unterschiedlichen The­men hat – das konnte ich leider in meinen Gesprächen auf europäischer Ebene immer wieder feststellen – dazu geführt, dass nicht der Eindruck entstanden ist, es wären uns diese Themen wichtig, sondern dass die Frage aufgetaucht ist: Ja sind die Österreicher denn um jeden Preis gegen die Erweiterung, und ist ihnen dazu jedes Thema recht? – Genau das war die Folge dessen, dass man drei Mal zu unterschiedlichsten Themen Vetos angekündigt hat.

Meine Damen und Herren! Damit wurde der Ruf der Konsistenz, den die österreichi­sche Außenpolitik früher einmal hatte, sehr beschädigt. Das müssen Sie leider zur Kenntnis nehmen!

Nun aber zum Thema Konvent. – Frau Ministerin, Sie haben davon gesprochen, dass der Konvent in Wirklichkeit eine gute Vorbereitung für eine Regierungskonferenz war. Ich muss Ihnen aber sagen – und ich glaube, dieses Gefühl teile ich mit fast allen Kon­ventmitgliedern –, dass dieser Konvent mehr war als die vorbereitende Sitzung einer Regierungskonferenz, bei der die Ergebnisse dann von ebendieser Regierungskonfe­renz wieder nach Belieben aufgemacht und verändert werden können.


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Frau Ministerin! Wenn Sie das nur als Ausgangspunkt, als vorbereitende Sitzung für eine Regierungskonferenz sehen, befinden Sie sich wahrlich in schlechter Gesellschaft von solchen, die der europäischen Weiterentwicklung sehr negativ gegenüberstehen. Das war in Wirklichkeit unser Problem, dass nämlich gerade die Regierungsfraktionen jene waren, die uns das, was sie heute kritisieren, aufs Auge gedrückt haben, nämlich einen reinen Intergouvernementalismus in der Außenpolitik. Frau Ministerin, genau das war das Problem! Die Regierungsvertreter waren es – und nicht die Parlamentsabge­ordneten –, die hier eine Weiterentwicklung gebremst haben. Das ist zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner: Nicht alle!)

Auch wenn Sie sich heute im Partnerlook mit dem Bundeskanzler befinden – also gel­be Krawatte, gelbes Kostüm; schaut ja recht fesch aus –: Bitte übernehmen Sie in Ihrer weiteren Arbeit nicht auch diese Haltung der Regierungsvertreter! Wir brauchen hier andere Abstimmungs- und Entscheidungsfindungsmechanismen, wenn es eine Wei­terentwicklung geben soll.

Und wenn es nun um die Inhalte geht, die Sie weiters angesprochen haben: Ja, auch ich bin nicht glücklich mit dieser Frage der Präsidentschaft. Auch ich halte das nicht für eine produktive Vorgangsweise, dass wir neben einem Kommissionspräsidenten jetzt auch noch diese etwas wackelige Konstruktion eines Präsidenten des Rates haben. Auch ich glaube, dass es gerade für die Beitrittsländer nun in der Anfangsphase sehr wichtig ist, zur Identifikation mit Europa diese Präsidentschaft zu haben, und dass da­mit auch, zumindest noch für eine gewisse Zeit, die Rotation fortgesetzt werden muss. Aber es gab ein Bemühen aller Konventmitglieder, über alle Grenzen hinweg einen Kompromiss zu finden, auch einen Kompromiss mit Großbritannien – und Sie wissen, wie schwierig das ist.

Deshalb mein Appell an Sie, Frau Ministerin: Was geschieht, wenn man diesen müh­sam erreichten Kompromiss jetzt wieder aufmacht? Dann kommen nicht nur die be­rechtigterweise kritisch betrachteten Punkte auf den Tisch, sondern dann kommt auch zum Beispiel Großbritannien wieder daher und will die Verankerung der Grundrechte im künftigen europäischen Vertrag wieder aushebeln. Ich appelliere an Sie, trotz Ihres Partnerlooks mit dem Bundeskanzler hier mit Bedachtsamkeit vorzugehen, um nicht noch weiter wieder hinter ein Ergebnis zurückzufallen, das zwar mühsam, aber doch erreicht worden ist.

Ich stehe zu diesem Kompromiss, der erreicht worden ist, auch wenn ich in Detailpunk­ten natürlich Kritik daran übe, aber es ist nun einmal auch eine Tatsache, dass, wenn über 20 europäische Staaten versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden, nicht jeder Staat alle seine Wünsche und Anliegen durchsetzen wird.

Ich würde Sie, Frau Ministerin, aber bitten, den Konvent in jenen Punkten, in denen noch Bewegung möglich ist, zu unterstützen. Diese Punkte möchte ich noch kurz nen­nen:

Das ist für mich zum Beispiel die Frage, dass es aus meiner Sicht dringend notwendig ist, dass der Konvent weiter mandatiert wird, dass wir also als Konvent weiter die Mög­lichkeiten haben, über den dritten Teil zu beraten, und dass hier vor allem die Frage EURATOM einer gescheiten Lösung zugeführt werden kann. Frau Ministerin, ich er­warte mir von Ihnen, dass Sie sich gerade in dieser Frage profilieren (Zwischenruf des Abg. Amon), dass Sie in dieser Frage versuchen, auch schon in der Regierungskonfe­renz, die Weichen so zu stellen, dass wir eine gescheite Lösung für EURATOM finden. (Beifall bei den Grünen.)

Diese gescheite Lösung kann nur das Auslaufen sein, das, was wir vorgeschlagen ha­ben, nämlich die so genannte sunset clause: 2007 soll Schluss sein mit dem Unsinn


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eines Vertrages, der im neuen Jahrtausend nichts mehr verloren hat. (Abg. Murauer: ... europäische Grüne finden! Die sind eh ...!)

Ich würde Sie auch bitten, Frau Ministerin, die Frage der strukturierten Zusammenar­beit und der Dominanz des militärischen Sektors über den zivilen in der Außenpolitik, festgelegt über unterschiedliche Entscheidungsmechanismen, noch einmal zu Ihrem Anliegen zu machen. Hier muss es eine Veränderung geben, hier muss Europa auf der globalen Bühne die zivile Fahne hochhalten und darf nicht versuchen, sozusagen in einem Ansatz der gleichen Augenhöhe mit den USA die Rüstungsaufgaben ins Uner­messliche zu jagen. Frau Ministerin! Das ist eine dankbare Aufgabe für Sie, und damit haben Sie sehr, sehr viel zu tun!

In diesem Zusammenhang sollte auch eine UNO-Mandatierung für Einsätze der Euro­päischen Union zwingend vorgesehen werden. Das würde uns für eine gemeinsame Entscheidung auch zum Beispiel mit den neutralen Ländern sehr viele Möglichkeiten schaffen. Hier müssen wir das noch mit vorsehen. (Beifall bei den Grünen.)

Nun noch ein Letztes zum Budget – etwas, was uns in den nächsten Jahren sehr be­schäftigen wird –: Wenn es einen europäischen Außenminister und eine europäische Außenpolitik geben wird, dann wird es auch das brauchen, was Farnleitner als Vertre­ter des Bundeskanzlers immer wieder betont hat: Wir werden die diplomatischen Dienste auf diese Aufgabe vorbereiten müssen, und wir werden einen europäischen Diplomatischen Dienst brauchen. Diese Übergangs- und Überführungsphase müssen wir uns, glaube ich, sehr genau und gemeinsam ansehen, um sie optimal zu organisie­ren.

Das heißt, Frau Ministerin: Die nächste Regierungskonferenz und die nächsten Regie­rungskonferenzen sind mehr als zentral und wichtig. Unterstützen Sie hier den Konvent in seiner Arbeit, und versuchen Sie nicht, ausschließlich auf der innenpolitischen Büh­ne zu punkten! (Beifall bei den Grünen.)

21.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mainoni. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


21.50

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich gehe jetzt natürlich schon noch kurz auf die Aussagen von Frau Kollegin Lichtenberger ein:

Lange, bevor wir Freiheitlichen Veto-Drohungen ausgesprochen haben, ist das Anse­hen Österreichs bereits beschädigt worden, nämlich durch einige maßgebliche Politiker in der Europäischen Union (Abg. Öllinger: Bossi!), die geglaubt haben, mit ihren Sank­tionen gegen Österreich etwas zu bewirken. (Abg. Mag. Lunacek: Sie haben Ursache und Wirkung vertauscht!) Das war lange, bevor von unserer Seite die Veto-Drohung gekommen ist – von der ich ehrlich zugebe, dass sie nichts bewirkt hat. (Abg. Mag. Lunacek: Herr Scheibner hat zuerst das Gegenteil gesagt!) Unsere Veto-Drohungen haben genauso wenig bewirkt wie im Übrigen auch Ihre Politik, denn bei Temelín fährt man genauso – und da müssen Sie mir im Ergebnis Recht geben – über uns drüber wie bei den Beneš-Dekreten. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Wer fährt über Sie drüber?)

Die Bewertung, ob die Veto-Drohung sinnvoll war oder nicht, ist also nur relativ, weil Ihre Politik genauso wenig zum Erfolg geführt hat!

Wie wichtig eine Außenpolitik ist, haben diese Sanktionen bewiesen. Österreich wurde vernadert. Die Täter sind bekannt, über diese brauchen wir heute nicht zu sprechen. (Abg. Mag. Lunacek: Wir reden jetzt über das Budget 2003 ...!) Außenpolitik bedeutet


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in diesem Zusammenhang, dass sich dank Besonnenheit, klugen Vorgehens und vor allem einer versierten Außenpolitik unsererseits die Sanktionierer dabei blamiert ha­ben. Das ist erfolgreiche Außenpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Dass sich die anderen blamieren, ist erfolgreiche Außenpolitik? – So ein Kleingeist!)

Gute Außenpolitik kann auch darin bestehen, dass man schweigt. Sie erinnern sich alle: Als der deutsche Außenminister Joschka Fischer nach der Aufhebung der Sankti­onen – diesem blamablen Ergebnis für diejenigen, die die Sanktionen verhängt ha­ben –, gefragt worden ist, ob er sich nicht vielleicht bei Österreich entschuldigen möch­te, hat er nur gekrächzt (Abg. Großruck: Einen Teufel werde ich machen!): „Einen Teufel werde ich tun!“ – Da ist vernünftige Außenpolitik, gar nichts dazu zu sagen, denn diese Aussagen richten sich von selbst! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitli­chen und der ÖVP.)

Ich darf aber ganz kurz auch noch auf die Ergebnisse des EU-Konvents zu sprechen kommen, denn die künftige Außenpolitik Österreichs wird natürlich in hohem Maße von diesem europäischen Verfassungsvertrag beeinflusst. Ich darf nur stichwortartig einige wichtige Punkte nennen, die heute noch nicht erwähnt wurden und die unsere aus­drückliche Zustimmung finden:

Zum Beispiel die ausdrückliche Möglichkeit eines freiwilligen Austritts aus der Union – das gab es bisher nicht – nach einem entsprechenden innerstaatlichen Beschluss.

Oder auch: Die in Artikel I-58 festgeschriebene Regelung, welche vertragswidrige will­kürliche Sanktionen gegen Mitgliedstaaten, wie sie eben gegen Österreich verhängt wurden, nicht mehr möglich macht.

Oder, ein weiterer Punkt: Die Befugnis zur Auslösung eines Frühwarnmechanismus – ein sehr wichtiger Punkt, der sich in der Praxis wahrscheinlich dann schon relativ bald auch als solcher erweisen wird.

Aber auch die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für die Prüfung von Kla­gen, die von den Mitgliedstaaten gegebenenfalls auf Ersuchen ihrer einzelstaatlichen Parlamente und/oder ihrer regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnis wegen Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip eingereicht werden können.

Unseres Erachtens sind dies sehr wichtige Punkte, genauso wie die Begriffe europäi­sches Rahmengesetz, Gesetz und Verordnungen, die mehr Klarheit unter den Rechts­akten schaffen.

Oder auch, dass in entscheidenden Bereichen – und da bin ich nicht ganz der Ansicht unserer Außenministerin –, nämlich bei Vertragsänderungen und bei der Gemeinsa­men Außen- und Sicherheitspolitik, eben ausdrücklich die Einstimmigkeit aufrecht bleibt.

Schließlich die Bürgerrechts-Charta, die ein Bestandteil des Verfassungsvertrages wird, was wir als großen Vorteil sehen.

Alles in allem, meine sehr geehrten Damen und Herren: Am Ende dieses Integrations­prozesses sollten nicht – wie es ursprünglich, so habe ich den Eindruck, auch von Gis­card d’Estaing gewollt wurde – die Vereinigten Staaten von Europa stehen, sondern am Ende dieses Integrationsprozesses und der Beschlussfassung über diesen Vertrag soll eine neue Form eines friedlichen, gleichberechtigten und vor allem auch fairen Miteinander der Nationalstaaten und deren Bevölkerung stehen. – Danke schön. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

 



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24. Sitzung / Seite 221

21.54

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundsministerin! Herr Klubobmann Scheibner hat beklagt, dass die Freiheitliche Partei so sehr ins Eck gedrängt hätte werden sollen oder wurde, was die Europapolitik be­trifft. – Meine Damen und Herren von der FPÖ, Sie haben ja vieles dazu beigetragen! Sie haben zunächst einmal gegen den Beitritt zur Europäischen Union Stimmung ge­macht und sich dann immer wieder sehr stark gegen die EU-Erweiterung ausgespro­chen. (Abg. Großruck: Das hat der Vranitzky auch gemacht! Das haben die Sozialis­ten auch gemacht!) Wie würden Sie das nennen: eine sehr europafreundliche Politik oder eigentlich eine Anti-Europapolitik?

Wenn man das Ziel der Außenpolitik, wie das auch angesprochen wurde, als die Un­terstützung österreichischer Interessen im Ausland definiert, so muss man sich, um jetzt auf das Ressort zu sprechen zu kommen, schon fragen, wie dieses Ziel erreichbar ist, wie es umgesetzt werden kann.

Ich glaube, dass hier durchaus viel zu tun ist, Frau Bundesministerin, nämlich bei knappem Budget. Auch wenn dieses im Jahr 2004 etwas ansteigt, es ist ein knappes Budget, und ich kann auch nicht erkennen, ob hier schon ein Startbudget für die Präsi­dentschaft im Jahr 2006 gegeben ist. Das ist nicht erkennbar. Es muss auch festge­stellt werden, dass das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten eine Struk­tur hat, die im Wesentlichen noch aus den sechziger Jahren stammt, von diesen ge­prägt ist und viel zu wenig an die neue Situation angepasst wurde.

Es ist nach wie vor eine Struktur, die sich im Groben an bilateralen Aufgaben, EU, UNO und all diesen Dingen orientiert, obwohl Bilaterales und Europäische Union eigentlich schon so sehr zusammengewachsen sind, dass hier eine neue Definition vor­zunehmen ist. Ich glaube, dass auch eine bessere Aufteilung der Sektionen, eine Bün­delung globaler Aufgaben wie UNO, Umweltschutz und Entwicklungshilfe, ebenso wie die bereits erwähnte Zusammenführung von EU und bilateralen Aufgaben sehr drin­gend wäre.

Ich möchte mich als einer, der Nachbarschaft sozusagen lebt und sehr früh in diese Diskussion eingetreten ist, auch ein wenig mit der Frage mitteleuropäischer Partner­schaften beschäftigen. Schon lange, bevor Österreich Mitglied der Europäischen Union war, haben wir im Grenzland durch Kooperations- und Regionalverträge ein gutes Kli­ma geschaffen. Ich glaube, das hat viel dazu beigetragen, trotz mancher Misstöne, die da hineingetragen wurden, gerade in Grenzregionen doch ein Klima des Vertrauens aufbauen zu können.

Was die EUREGIOs betrifft – ich bin einer der Vorsitzenden der EUREGIO Weinvier­tel–Südmähren–Westslowakei –, so glaube ich, dass die Kohäsionspolitik und die regi­onale Entwicklungspolitik eine sehr erfolgreiche Politik der Europäischen Union war. Man muss jedoch die Frage stellen, in welcher Form in Zukunft diese EUREGIOs eine Verankerung auf europäischer Ebene haben sollen und auch anerkannt werden sollen. Ich würde darum bitten, dass man diese Frage einer Klärung zuführt.

Ich meine auch, Frau Bundesministerin – das möchte ich wirklich sehr kritisch anmer­ken –, dass man die Reisediplomatie auch dahin gehend überprüfen sollte, ob sie im­mer von jener Effizienz gekennzeichnet ist, von der zunächst ausgegangen wird. Wenn ich mir vor Augen halte, dass Sie zum Beispiel an einem Freitag nach New York flie­gen, um Kofi Annan zu treffen, der dann am Montag in Wien ist, dann weiß ich nicht, ob dabei immer jene Effizienz zum Tragen kommt, die man üblicherweise von Dienst­reisen erwarten kann.


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Ich glaube, dass es in einem Ressort, das für Österreich außerordentlich große Bedeu­tung hat, auch wichtig ist, viel mehr längerfristige Perspektiven zu beachten. – Ich dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

 


21.58

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller Kürze: Die Budgetdiskussion zur Außenpolitik gibt natürlich auch wieder Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, dass die Außenpolitik ein wesentlicher Teil der Sicherheitspolitik ist. Die Frau Bundesministerin hat in ihrer Erklärung bereits darauf hingewiesen.

Wir haben uns in der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin unseres Landes schon bemüht, den Sicherheitsbegriff entsprechend breit anzulegen. So ist neben dem Bun­deskanzleramt, dem Verteidigungsministerium und dem Innenministerium auch das Außenministerium mit eingebunden gewesen, was äußerst wertvoll war: Es hat Groß­artiges geleistet, sowohl was die Analyse als auch was die außen- und sicherheitspoli­tischen Konsequenzen für unser Land betrifft.

Ich glaube, es ist wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass sowohl in der Si­cher­heits- und Verteidigungsdoktrin unseres Landes als auch bei allen europäischen und internationalen Organisationen bis zur „NATO neu“ die humanitäre Aktion, die Konflikt­prävention, die demokratische Unterstützung einzelner Länder bis zur sozialen und wirtschaftlichen Sicherheit im Vordergrund stehen und alles darangesetzt werden wird, um dem zu entsprechen, um es ja nicht in letzter Konsequenz zu einer militäri­schen Auseinandersetzung kommen zu lassen.

Meine Damen und Herren! Wenn unsere Frau Bundesministerin den Schwerpunkt auf die strategische, die regionale Partnerschaft mit den Nachbarstaaten, erweitert um den Donauraum, legt – wofür ich sehr dankbar bin –, dann ist das für unsere Sicherheit und unsere Stabilität von besonderer Wichtigkeit. Gerade die Entwicklung auf dem Balkan, im Kosovo, in den einzelnen neuen Staaten und in Südosteuropa muss für uns von primärem Interesse sein. Da ist es daher angenehm zu wissen, dass die Außenpolitik, die Politik unserer Frau Bundesministerin, dem besonderes Augenmerk schenkt.

Meine Damen und Herren! Da die Aktion für die kriegsgeschädigten Kinder aus dem Irak – sie wurde heute nicht erwähnt – als Medienspektakel abgetan wurde und der Vorwurf kam, es würde nur dazu dienen, dass sich die Frau Ministerin in Szene setzen könne, möchte ich noch anmerken: Es sind die kleinen Aktionen, die kleinen österrei­chischen Aktionen im internationalen Rahmen, die beispielgebend und eigentlich eine Visitenkarte für unser Land sind! Wir sind zwar auf Grund unserer geringen Größe und Möglichkeiten eingeschränkt, aber solche Aktionen hinterlassen sehr positive Spu­ren! – Herzlichen Dank, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Eine dieser Spuren hat – das möchte ich Ihnen noch kurz mitteilen – die HTL in Steyr hinterlassen. Auf Grund persönlicher Verbindungen haben Schüler der HTL Steyr mit Direktor Reithuber im Kosovo, in einer Schule in Suva Reka neue Computer installiert. Alle Beteiligten, die Schüler und Lehrer unsererseits, aber auch die Schüler und Lehrer dort im Kosovo, sind positiv berührt und betroffen von dieser kleinen Aktion, welche vielleicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, jedenfalls aber eine Visitenkarte unse­res Landes ist: Die Österreicher waren wieder da und haben geholfen, und zwar dort, wo Not war! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grü­nen.) Sie haben in Verbindung mit dem Außen-, dem Unterrichts- und dem Verteidi-


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gungsministerium jenen Tropfen gesetzt, der den Stein bekanntlich durchaus höhlen kann. (Abg. Dr. Lichtenberger: ... Metaphernentgleisung!)

Die Außenpolitik Österreichs und der Frau Bundesministerin ist auf dem richtigen Weg, nämlich auf dem Weg, Österreich zu vertreten und zu repräsentieren. Das wurde im­mer wieder in bravouröser Weise gezeigt. Dazu braucht man die Politik der Mitte, Frau Bundesministerin, nicht zu verlassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

 


22.04

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am vergangenen Donnerstag er­neut eine Resolution verabschiedet, die dem Internationalen Strafgerichtshof untersagt, Ermittlungen gegen Peacekeeper und anderes Personal in UNO-Einsätzen vorzuneh­men, sofern sie Angehörige eines Staates sind, der das Statut des Gerichtshofes nicht ratifiziert hat. Das kann man der morgigen Ausgabe einer Tageszeitung entnehmen. Auch mein Kollege Schieder hat bereits darüber gesprochen.

Es zeigt sich, dass die Haltung der Vereinigten Staaten und auch des Sicherheitsrates zunehmend problematisch wird und quasi den Sinn des Internationalen Gerichtshofes konterkariert. Mittlerweile haben nämlich nach unseren Informationen die USA mit über 30 Staaten bilaterale Abkommen geschlossen, wonach sich diese Staaten verpflichten, US-Staatsbürger nicht an den Internationalen Gerichtshof auszuliefern. Auch in Euro­pa finden sich bereits drei solcher Staaten, nämlich Albanien, Rumänien und jüngst auch Bosnien-Herzegowina.

Es bietet schon einen gewissen Anlass zur Sorge, dass die USA ihre Position der Stär­ke auf eine Art und Weise ausspielen, wie das zum Beispiel bei Bosnien-Herzegowina passiert ist, wo mit der Einstellung sämtlicher Militärhilfen und dem Abzug von über 2 000 US-Soldaten aus der Schutztruppe SFOR gedroht wurde.

Ähnlich war auch das Verhalten der USA punkto Straffreiheit für US-Militärangehörige bei UNO-Friedenseinsätzen. Schon im vorigen Jahr haben die USA durchgesetzt, dass Amerikaner, selbst wenn sie im UNO-Einsatz Kriegsverbrechen begehen, nicht vor den ICC kommen, und das muss einen in Bereichen, wo internationale Zusammenarbeit gefragt ist, eigentlich mit einer gewissen Sorge erfüllen. Da sind auch Sie, Frau Außen­ministerin, stark gefordert.

Zum Zweiten bitte ich Sie um eine Klärung unserer Position. Man konnte lesen, dass die EU die Doktrin der amerikanischen Regierung von den „preemptive strikes“ offen­bar übernehmen will und sich erstmals bereit erklärt hat, notfalls auch den Einsatz von Gewalt gegen Staaten zu unterstützen, die unerlaubt Massenvernichtungswaffen besit­zen. Bei einem gewaltsamen Vorgehen sollte die UNO zwar eine gewisse Rolle spie­len, aber – so haben Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gesagt – wenn diplo­matischer Druck gescheitert sei, könnten auch Zwangsmaßnahmen wie das Abfangen von Lieferungen und die Anwendung von Gewalt in Betracht kommen. Das ist aber für einen neutralen Staat wie Österreich schon ein Punkt, der einer Präzisierung bedarf, und zwar dahin gehend, was genau mit dem Abfangen von Lieferungen oder mit der Anwendung von Gewalt gemeint ist. Das bedürfte, glaube ich, einer gewissen Spezifi­zierung.

Abschließend noch kurz zu jener Geschichte, die auch Kollege Murauer angesprochen hat, nämlich zur Hilfsaktion für elf irakische Kinder, die zur medizinischen Behandlung


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nach Österreich gebracht wurden. Ich glaube, es ist unbestritten und war auch immer unsere Linie, dass Österreich humanitäre Hilfe leistet. Unser Wunsch ist aber dennoch, dass sich das in einem gewissen Verhältnis bewegt, dass es ein vernünftiges Verhält­nis zwischen der Hilfe, die damit bewirkt wird, und dem Einsatz an finanziellen Mitteln, den es erfordert, gibt.

Insofern kann man durchaus fragen, ob die Kosten Ihrer damit zusammenhängenden Reisen in einem vernünftigen Verhältnis zu der Hilfe stehen, die in diesem Zusammen­hang geleistet wurde, und auch, ob diese bislang 1 Million € für humanitäre Hilfe, die dem Irak zur Verfügung gestellt worden ist, überhaupt in einem angemessenen Ver­hältnis zu den tatsächlichen Erfordernissen und zu den Beträgen steht, die das Land brauchen würde.

Insofern ist es also durchaus interessant, zu relevieren, inwieweit Ihre Reisetätigkeit mit humanitärer Hilfe zu vereinbaren ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


22.08

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zu Beginn auf ein kleines Segment eingehen, nämlich das österreichische Kulturinstitut in New York. Es ist eigentlich ein Sorgenkind, wir kennen die Vorgeschichte, wir kennen die Kosten. Es war ein Imageprodukt. Ich würde Sie, sehr verehrte Frau Bundesministerin, ersuchen, vielleicht doch Überlegungen bezüglich der Nutzung anzustellen.

Ich selbst – und auch viele Bekannte, die New York besucht haben – habe die Erfah­rung gemacht, dass die Nutzung noch nicht optimal ist. Es ist dort sehr, sehr wenig los, man kann fast sagen, es herrscht gähnende Leere. Findige Unternehmer haben mich auf die Idee gebracht, bei Ihnen anzuregen, doch die obersten Stockwerke, die jetzt als Wohnung genutzt werden und die einfach die schönsten Räumlichkeiten in diesem Kulturinstitut sind, vielleicht langfristig für ein Österreich-Cafe oder Derartiges mit Blick über New York umzuwidmen. Ich glaube, das würde der allgemeinen Belebung dieses Kulturinstituts sicher gut tun, und man hat vor allem dann die Möglichkeit, dort Besu­cher zu bewirten.

Ansonsten möchte ich in meiner kurzen Wortmeldung auf den Konvent eingehen. Auch für uns sind viele wichtige und umstrittene Fragen noch offen. Es hat mich gefreut, dass Sie, sehr verehrte Frau Bundesministerin, dem Vorschlag eines gewählten Lang­zeitpräsidenten ebenfalls sehr kritisch gegenüberstehen, denn auch aus unserer Sicht ist an der halbjährlichen Rotation festzuhalten.

Die Problematik der Kommission beziehungsweise der stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Mitglieder in der Kommission sehen wir ebenso wie Sie. Wir haben gestern im Hauptausschuss darüber debattiert. Ich würde sagen, dass die Mitglieder, die Kommissäre gleichberechtigt und stimmberechtigt sowie mit Aufgaben betraut sein müssen. Alles andere ist, glaube ich, der Öffentlichkeit nicht erklärbar und vor ihr nicht argumentierbar.

Stellen Sie sich vor, wir haben einen österreichischen Kommissar ohne Stimmrecht und ohne Portfeuille oder mit Stimmrecht und ohne Portefeuille! Wie immer man es dreht und wendet, es ist nicht erklärbar und, wie ich glaube, auch nicht im Sinne all jener Österreicherinnen und Österreicher, die seinerzeit beim Referendum für die EU gestimmt haben.


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24. Sitzung / Seite 225

Ich möchte aber schon auch meine Verwunderung zum Ausdruck bringen; Kollege Niederwieser ist jetzt nicht im Saal. (Widerspruch des Abg. Dr. Niederwieser. – Rufe bei der SPÖ: Doch! – Abg. Dr. Lichtenberger: Ich bin Zeuge, er ist da!) – Da sitzt er! Entschuldigung! Kollege Niederwieser hat gestern im Hauptausschuss etwas aus mei­ner Sicht Neues, Überraschendes und Merkwürdiges zum Ausdruck gebracht. Er hat nämlich in seiner zweiten Wortmeldung seiner Ungeduld Ausdruck verliehen und ge­sagt, dass ihm der ganze Prozess in Europa viel zu langsam gehe (Abg. Mag. Posch: Er ist ein Tiroler!), dass Europa viel zu sehr an den Nationalstaaten festhalte – und die Vereinigten Staaten es auf diese Weise niemals zu einem Staat gebracht hätten. (Abg. Dr. Niederwieser: ... „Weltmacht“ habe ich gesagt! – Abg. Dr. Lichtenberger: Genau zitieren, Frau Kollegin!)

Herr Kollege Niederwieser, ich muss sagen: Das ist vielleicht Ihre Sicht oder die Sicht der SPÖ. Es ist auch entlarvend, da damit genau jener Weg hin zu einem Zentralstaat angesprochen wird, den wir nicht gehen wollen (Abg. Großruck: In Amerika war ein blutiger Bürgerkrieg!), hin zu einem Bundesstaat statt zu einem Staatenbund! Außer­dem weiß ich nicht, ob das Ihre Wähler bei den kommenden Europawahlen – es ist zwar noch Zeit, aber doch – goutieren werden, dass Sie die Vereinigten Staaten von Europa haben wollen.

Ich kann nur sagen: Unser Weg ist ein anderer! Wir wollen einen Staatenbund. Und es freut mich ganz besonders, dass die Stärkung der Regionen im Entwurf des Konvents klar festgeschrieben ist. Das ist etwas, das sehr wichtig ist, auch für die Schaffung eines Europabewusstseins in der Bevölkerung.

Anzumerken wäre noch, dass Österreich viel mehr Gewicht als bisher auf die Grenz­landförderung legen muss. Grenzlandförderung wurde zwar vor allem den Ländern Kärnten und Steiermark vehement versprochen, das ist jedoch meines Wissens noch ausständig. Ich ersuche Sie, sich dafür einzusetzen, dort so wie in Niederösterreich eine umfassende Grenzlandförderung zu bewerkstelligen. Vor allem in der Steiermark wäre das notwendig, weil gerade das Grenzland immer benachteiligt war. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs konnte man zwar auf Grund der Förderstrukturen vieles be­werkstelligen, es ist aber trotzdem für den nächsten Schritt zu wenig.

Ein Wort noch zum Einstimmigkeitsprinzip: Aus unserer Sicht ist am Einstimmigkeits­prinzip in wesentlichen Fragen festzuhalten. Dies betrifft die Raumordnung, die Si­cherheits- und Verteidigungspolitik, die Bodennutzung, den Justizbereich, aber vor allem – und das betone ich hier ganz ausdrücklich – die Wasserrechte. Sie wissen, wie sensibel die Diskussion rund um das Wasser ist und dass andernfalls nationale Inte­ressen verletzt werden. Ich glaube, dass nationale Interessen vor alle anderen Interes­sen zu stellen sind (Abg. Dr. Lichtenberger: Für die Wasserrechte ist der Grasser der Gefährlichste! ...), und ersuche Sie, hart zu verhandeln und darum zu kämpfen, dass es in diesen Fragen beim Einstimmigkeitsprinzip bleibt.

Abschließend ist noch zu sagen, dass es wichtig ist, dass das Ergebnis dann so aus­sieht, dass es die österreichische Bevölkerung positiv wahrnimmt, dass die österreichi­sche Bevölkerung sich keinesfalls verraten fühlt und dass allen voran die österreichi­schen Interessen auch längerfristig und intensiv gewahrt bleiben, denn wir wissen noch nicht, was mit dem zweiten Erweiterungsschritt auf uns zukommt. Das wird sozusagen wieder ein neues Kapitel werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Muttonen. – Bitte.

 



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24. Sitzung / Seite 226

22.14

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Ich möchte einige Anmerkungen zur Auslandskultur machen. Es zeigt sich in diesem Bereich eine Spirale nach unten, denn die budgetäre Vorsorge für die öster­reichische Visitenkarte im Ausland ist nach wie vor mangelhaft und unzureichend. Nachdem in den letzten Jahren bereits gekürzt worden ist, wird auch für die Jah­re 2003 und 2004 wieder der Sparstift angesetzt. Angekündigte Erhöhungen finden also nicht statt.

Frau Außenministerin, Sie haben sich im Budgetausschuss mit dem Budget für die Auslandskultur zufrieden gezeigt. Sie haben gemeint, leichte Einbußen bei der Kultur seien in Zeiten angespannter Budgetlage ein durchaus akzeptables Resultat. Ich kann das leider nicht so sehen wie Sie. Aber das geht nicht nur mir so. Mittlerweile bezeich­nen sogar Ihre eigenen Mitarbeiter, konkret der Leiter der Auslandskulturabteilung in einer APA-Aussendung, das Auslandskulturbudget als Trauerspiel – und da kann ich ihm nur zustimmen!

Konträr dazu liest sich in diesem Zusammenhang die Einleitung zur Auslandskulturpoli­tik im Außenpolitischen Bericht 2002. Darin heißt es – ich zitiere –:

„Österreich wird weltweit als Kulturnation wahrgenommen und schafft mit einer aktiven Auslandskulturpolitik die Voraussetzungen, um dies für seine internationale Position zu nutzen.“ – Zitatende.

Ich frage mich, welche „aktive Auslandskulturpolitik“ damit gemeint ist und wie Sie das mit welchen Mitteln bewerkstelligen wollen. Ihr neues Konzept für die Auslandskultur­politik hat dazu geführt, dass Österreich anstelle von Kulturinstituten Kulturforen be­treibt. Begründet wurde die Eingliederung der Kulturinstitute in die Botschaften mit so genannten Synergieeffekten. Und das ist sehr interessant, denn wenn man sich das Budget genau anschaut, so sieht man, dass die Kosten für die Vertretungsbehörden stark angestiegen sind und diese Steigerung höher ist als der Betrag, der zuletzt für die Kulturinstitute ausgegeben wurde.

Da muss ich Sie schon fragen: Wo sind denn diese Synergieeffekte geblieben? – An­scheinend gut versteckt oder verpackt im Budget, das ist leider nicht herauszulesen. Versteckt sind aber zum Beispiel auch die Kosten für die Kulturforen betreffend Admi­nistration, Personal und Mieten.

Mit den für die Auslandskultur zur Verfügung stehenden Mitteln scheint es mir ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, Ihre ambitionierten Ziele, die Sie mit dem neuen Konzept für die Auslandskulturpolitik – Sie nennen es so wunderbar „Auslandskulturpolitik Neu“ – erreichen wollten, auch nur annähernd zuwege zu bringen. Vielleicht sollten Sie im Außenpolitischen Bericht einmal deutlich hineinschreiben: Wir können und wir wollen uns diese aktive Auslandskulturpolitik, wie Sie es nennen, nicht leisten – ganz im Ge­gensatz zu den Abfangjägern.

Ich kann nur wiederholen: Budgets sind in Zahlen gegossene Politik. Die Höhe der Dotierung ist also ein Gradmesser für die Wertigkeit des jeweiligen Bereiches. Für die „Auslandskulturpolitik Neu“ sehe ich leider sehr wenig Entwicklungsmöglichkeiten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte.

 


22.18

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wichtige Schritte in der Erweiterung der


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24. Sitzung / Seite 227

Europäischen Union sind gelungen, sensible Situationen mit unseren Nachbarn wur­den gut gelöst. Der Erweiterungsvertrag ist unterschrieben, die Interessen Österreichs wurden gut vertreten. Gratulation unserer Ministerin, Frau Dr. Ferrero-Waldner, und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Europa wächst zusammen, Europa muss sich vertiefen. Die Außenpolitik ist weiterzu­entwickeln, denn insbesondere die Instrumente der europäischen Außenpolitik haben noch viele Schwächen.

Ich kann dazu ein Beispiel aus eigener Erfahrung berichten: Als Wiederaufbauhilfe hat die Europäische Union den ex-jugoslawischen Staaten den Zugang zum europäischen Zuckermarkt geöffnet. Unsere Zuckermarktordnung gab ihnen die Chance, ehrliches Geld zu verdienen. Dieses besondere Angebot wurde leider missbräuchlich genutzt. Große Zuckermengen wurden mit falscher Deklaration in die EU geliefert. Der direkte Schaden für Österreichs Rübenbauern liegt bis jetzt bei mehr als 3 Millionen €, er be­trägt 400 € für jeden einzelnen Rübenbauern, für die europäische Zuckerwirtschaft wohl um die 100 Millionen €, und zwar nur der Schaden infolge des Missbrauchs, nicht das, was als Hilfe geplant war.

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpung OLAF hat diesen Missbrauch aufge­deckt. Dieses Abkommen ist daher ausgesetzt worden – und wird hoffentlich so repa­riert, dass weiterer Missbrauch in Zukunft nicht mehr möglich ist.

Ein anderes Beispiel, das – diesmal auf positive Weise – zeigt, was gehen kann: Eine wichtige Chance für die Entwicklungsländer ist der Handel; darin sind wir uns ja einig. Ich sage dazu: der faire Handel. Mit diesem wird Wertschöpfung in die Dörfer sowie in wenig entwickelte Regionen getragen. Fairer Handel ist ein unterstützenswertes Anlie­gen – und wir tun das auch.

Vor kurzem wurde in Österreich von der Fair-Trade-Organisation – nach Kaffee und Bananen – der fair gehandelte Zucker in der Öffentlichkeit präsentiert. Ich habe auch an dieser Präsentation teilgenommen und namens der österreichischen Rübenbauern diese Aktion begrüßt, und zwar deshalb, weil ich der Meinung bin, dass der Konsument die freie Wahlmöglichkeit zwischen Rüben- und Rohrzucker haben soll.

Wir haben kein Problem, wenn wir uns unter fairen Wettbewerbsbedingungen mit un­seren Produkten um die Gunst der Konsumenten bemühen – auch wenn wir dabei mit Produkten aus der Dritten Welt im Wettbewerb stehen. Wir österreichischen Bauern sind uns mit den Bauern aus diesen Ländern einig im Kampf gegen die Ausbeutung der Menschen und der Umwelt, und wir sind mit diesen Bauern auch einig darin, dass das ein guter Aspekt in der WTO wäre.

Österreich hat in der Entwicklungspolitik mit viel Sachverstand und einer guten Zu­sammenarbeit mit den NGOs die richtigen Schwerpunkte gesetzt – und wird das auch weiterhin tun.

Ich wünsche der Entwicklungszusammenarbeit viel Erfolg, weil das ein guter österrei­chischer Beitrag zur weltweiten Friedenspolitik ist. (Beifall bei der ÖVP.)

22.21

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


22.22

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir auch einige Anmerkungen zu jenem Teil des Budgets, der sich mit der Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt. Vorweg: Ich und meine Fraktion freuen uns sehr, dass es da im Jahre 2004 zu einer Steigerung kommt, wenn-


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gleich auch von sehr niedrigem Niveau. Ich denke, bis wir diese 0,33 Prozent des Brut­tonationaleinkommens, die wir uns für das Jahr 2006 vorgenommen haben, erreichen, werden noch eine Menge Anstrengung und noch sehr viele Bemühungen und sehr viel Geld notwendig sein. Ich würde mir auch einen Stufenplan wünschen, einen konkreten Plan, wie wir das erreichen. Das würde doch auch das Kalkulieren und das Planen sehr vereinfachen.

Zur Struktur des Budgets muss ich ganz ehrlich sagen, dass dieses Budget für mich persönlich eigentlich mehr Fragen aufwirft, als es Fragen beantwortet. Zum einen wis­sen wir ja, dass mit dem Jahre 2004 ein großer Teil der operativen Entwicklungszu­sammenarbeit in eine Agentur ausgelagert werden soll. Es wird da also eine Aufga­benverlagerung vom Ministerium in eine Agentur geben. Wenn ich mir aber das Budget für Öffentlichkeitsarbeit im EZA-Bereich beispielsweise anschaue, dann komme ich drauf, dass das Budget für Öffentlichkeitsarbeit im Bundesministerium im Jahre 2004 fast doppelt so hoch sein wird, wie es 2002 gewesen ist (Abg. Silhavy: Das ist aber interessant!) – und dass gleichzeitig das Budget für die NGOs, das von KommEnt ver­waltet wird, um 0,5 Millionen € sinkt. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Das verstehe ich nicht ganz, muss ich ehrlich gestehen: Einerseits werden Kompeten­zen ausgelagert, andererseits wird innerhalb des Ministeriums dafür mehr Geld ausge­geben. Ich will jetzt wirklich sehr gut meinend nicht den Verdacht hegen, dass das ir­gendetwas mit den gleichzeitig stattfindenden Bundespräsidentenwahlen zu tun haben könnte. Ich will nicht meinen, dass da irgendein PR-Schub aus EZA-Mitteln gemacht werden soll, denn: Ein Schelm, der Böses denkt! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Ansonsten ist das Budget meiner Ansicht nach vor allem durch Unübersichtlichkeit gekennzeichnet: Es werden Länderförderungen, Schwerpunktförderungen und Gelder für NGOs relativ bunt durcheinander gemischt, und es ist aus meiner Sicht nicht wirk­lich nachvollziehbar, welche Organisation für welches Projekt wie viel Geld bekommt.

Ich würde mir sehr – so, wie das auch im Kulturbereich üblich ist – einen einmal jähr­lich erstellten Bericht wünschen, der die Geldflüsse genau aufschlüsselt und wodurch nachvollziehbar wird, wer wofür welches Geld bekommen hat. Ich denke mir, das wäre eine sehr demokratische Angelegenheit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wovon dieses Budget auch noch geprägt ist, sind ein paar recht „witzige“ Anachronis­men. Da werden zum Beispiel Organisationen gefördert, die es meines Wissens über­haupt nicht mehr gibt. Im Budget steht zum Beispiel der ÖED; es steht da weiters „In­fodienst für Entwicklungshilfe“. – Diese werden dotiert, sind jedoch nicht mehr existent.

Andere Organisationen hingegen, die sehr gute Arbeit leisten, wie zum Beispiel die „Südwind Agentur“, wie zum Beispiel „HORIZONT 3000“, kommen im Budget gar nicht vor. (Abg. Großruck: Was ist „Horizont 3000“?) Jetzt ich weiß aber, dass diese öffent­liche Gelder bekommen, also glaube ich auch, dass da doch etwas – sagen wir es so – schnoddrig gearbeitet worden ist.

Zum Schluss kommend: Trotz aller Nicht-Nachvollziehbarkeit, trotz aller Unübersicht­lichkeit des Budgets und dieser Schnoddrigkeit weht doch durch diese Budgetzahlen quasi ein Hauch von Wehmut.

Es sind dies die Allerletzten ihrer Art, würde ich einmal meinen, denn ab 2005 werden wir kaum noch Interpretationsmöglichkeiten des EZA-Budgets haben. Es wird dann diese Agentur geben, und es wird einen Posten geben, der diese Agentur administrativ dotiert, und einen anderen Posten, der sie operativ dotiert. Also eine Diskussion, wie wir sie jetzt führen, ist, fürchte ich, dann nicht mehr möglich. Das alles wird sich dem


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Parlament entziehen – und das halte ich für einen demokratiepolitischen Rückschritt und für sehr bedauerlich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. – Bitte.

 


22.26

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Stabilisierung und auch wirtschaftliche Konsolidierung der Demokratien in Südosteuropa ist ein Kernziel der Außenpolitik die­ser Regierung. Dass diese Strategie intensiv verfolgt wird, spiegelt sich auch im Bud­get wider. Da zeigt sich, dass im Budget – gerade was die Förderung des Ostens be­trifft, und zwar spreche ich jetzt die MOEL- sowie die NUS-Programme an – ein Betrag von 16,4 Millionen € definiert wurde. Und das bedeutet im Vergleich zum Jahre 2002 immerhin eine Steigerung von 60 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Schon jetzt ist durch die Erweiterung der größte Binnenmarkt der Welt ohne Zoll- und Handelsschranken entstanden. Diese Erweiterungsrunde wird Europa einen Bevölke­rungszuwachs von 20 Prozent bescheren: anwachsend von 376 Millionen auf 450 Mil­lionen Einwohner; das ist mehr als die Einwohnerzahl der USA und Japans zu­sam­mengerechnet. Daran kann man erkennen, welch unglaublich großer Markt da im Ent­stehen ist.

Andererseits bedeutet diese Erweiterung im Verhältnis zum BIP der Union nur eine Zunahme von 4 Prozent. Das heißt, volkswirtschaftlich gesehen handelt es sich bei den nunmehrigen Beitrittskandidaten um überwiegend kleine Länder – und dadurch relativiert sich natürlich auch der wirtschaftliche Einfluss auf die EU-Gesamtwirtschaft.

Dennoch möchte ich Folgendes ganz klar darstellen: Diese EU-Erweiterung ist kein Zugeständnis an den Osten, sondern liegt im ureigensten wirtschaftlichen Interesse Österreichs. Österreich – das kann man sagen – war auch schon bisher der große Gewinner der EU-Erweiterung: Die Exportzahlen haben sich seit dem Jahre 1989 ver­vierfacht.

Wir wissen, dass sich der Außenhandel extrem dynamisch verändert und entwickelt hat. Um in diesem Zusammenhang etwa Ungarn zu erwähnen: Da hat Österreich 3,3 Milliarden an Exporten zu verzeichnen; es folgen Tschechien mit 2 Milliarden und die Slowakei mit 1 Milliarde.

Wir wissen auch, dass wir in Österreich ein Mehr von 57 000 Arbeitsplätzen durch die Erweiterung verzeichnen können, und wir wissen weiters, dass Mittel- und Osteuropa den größten Wachstumsmarkt darstellen. – Was das Wirtschaftswachstum betrifft, wis­sen wir, dass Ungarn wahrscheinlich 4 Prozent erreichen wird, was zweifelsohne ziem­lich bedeutsam ist.

Österreich ist Investor in all diesen Ländern und dabei sehr, sehr erfolgreich. Wir schaf­fen nicht nur dort Arbeitsplätze, sondern das spiegelt sich auch in Österreich wider. Faktum ist: Wir haben bisher gewonnen – und, so wie sich auch das Budget darstellt, sehen wir, dass die Strategie weiter in diese Richtung geht. Daher setze ich auf unsere nachhaltige Außenpolitik, vor allem auch, was Südosteuropa betrifft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.29

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 



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24. Sitzung / Seite 230

22.30

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die soziale Komponente der Außenpolitik liegt heute eindeutig in Umfang und Art der Hilfe, welche die reichen In­dustrieländer den armen und ärmsten Staaten dieser Welt zukommen lassen. Ich mei­ne, dass es wesentlich besser ist, im Rahmen der Entwicklungshilfe den armen Men­schen zu helfen, als Armeen aufzurüsten, denn wenn die Menschen in den armen und ärmsten Ländern halbwegs menschenwürdig leben können, sind sie auch, so glaube ich, für den Terrorismus schlechter anzusprechen. Deshalb ist es nicht nur unsere hu­manitäre Pflicht, sondern auch sicherheitspolitisch in unserem höchsten Interesse, die österreichische Entwicklungspolitik in diesem Geist zu gestalten.

Aber wenn man sich die jüngsten internationalen Vergleiche der Entwicklungspolitik ansieht, schaut es nicht so aus, als würde sich Österreich sonderlich auszeichnen. Österreichs Entwicklungszusammenarbeit wird lediglich Mittelmäßigkeit bescheinigt.

Im Zuge der Debatten über die Landesverteidigung wird beispielsweise immer wieder erwähnt, dass das österreichische Bundesheer besonders aktiv an friedenserhaltenden Maßnahmen teilnimmt und dass deshalb die verschiedenen Ausgaben für die Landes­verteidigung gerechtfertigt sind. Das ist auch in Ordnung, das ist auch gut so. Wenn man sich aber die Beurteilung des österreichischen Beitrags zur internationalen Frie­densmission durch unabhängige Institute ansieht, so muss man feststellen, dass Ös­terreich nur unter „ferner liefen“ zu finden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für ein Land, das unter Kreisky eine aktive Frie­dens­politik betrieben hat und dafür weltweit geachtet war, ist das sicherlich kein Ruh­mes­blatt. Nicht zuletzt ist diese außenpolitische Mittelmäßigkeit auf das viel zu geringe Budget für diesen Bereich der Entwicklungshilfe zurückzuführen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Minister! Ich ersu­che Sie, dass Sie sich dafür einsetzen, dass zumindest beim Budgetansatz „Entwick­lungshilfe“ in Zukunft nicht mehr gespart wird, sondern auch aufgestockt wird. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


22.33

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Verehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Doppelbudget, das hier zur Debatte steht, ist nicht nur ein ambitioniertes Zahlenwerk, sondern auch die Grundlage für eine sehr zukunftsorientierte und dynamische Außen­politik. Im Gegensatz zum Kollegen Heinzl kann ich nicht erkennen, dass hier Mittel­maß Gegenstand der Diskussion wäre. Mir ist auch eine Außenpolitik lieber, lieber Kollege Heinzl, die sich nicht an dem orientiert, was Bruno Kreisky mit Terroristen und Sonstigen im Doppelpack gezeigt hat, sondern mir ist eine Außenpolitik viel lieber, wie sie von der Frau Bundesministerin in einer sehr kompetenten, sehr engagierten, sehr herzlichen und gewinnenden Art vertreten wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinzl und Dr. Niederwieser.)

Im Hinblick auf die friedensstiftende Wirkung möchte ich nur darauf verweisen, dass ich vor etwa vier Wochen Gelegenheit hatte, anlässlich einer OSZE-Konferenz in Mol­dawien die Interessen des österreichischen Parlaments vertreten zu dürfen. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch zur Kenntnis nehmen, wie wertvoll sich diese friedens­stiftende und europaorientierte Politik auch in diesem Raum auswirkt. Einfach deshalb, weil, vielleicht von der europäischen Öffentlichkeit mehr oder weniger vergessen, sich 1992 dort eine Autonomiebewegung bis zu einem Bürgerkrieg gesteigert hat. Die Los-


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lösung von Transnistrien und Gagausien, das türkisch dominiert ist, hat dieses Land gespal­ten, und die Autonomie-Initiativen, die Präsident Voronin jetzt setzt, gehen in die Rich­tung, dass er versucht, mit einer Föderalisierung des Landes die verfein­deten Brüder wieder an einen Tisch zu bringen – eine Initiative, deren Auswirkung man zweifelsohne auch bis in unsere Heimat spüren wird, die dringend notwendig ist, um die in wenigen Jahren dort befindliche EU-Außengrenze entsprechend abzusichern, die aber letztlich auch dazu führen wird, dass die Sicherheit in Europa und damit auch in Österreich verbessert wird und zunimmt.

Ich meine, dass mit dieser in diesem Raum sehr notwendigen Initiative die Fortsetzung der bewährten Politik eines Außenministers Schüssel und eine Fortsetzung der Initiati­ven der OSZE-Vorsitzführung des Jahres 2000 verbunden ist, eine Fortführung des Gedankens „Wider Europe“ und damit natürlich auch die Partnerschaft für Europa. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme zum Schluss, Herr Prä­sident.

Ich unterstütze diese Politik sehr nachhaltig und wünsche der Frau Außenministerin, dass sie weiterhin auf diesem erfolgreichen Weg fortschreitet, im Interesse der Repu­blik, im Interesse der Menschen dieses Landes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen.)

22.37

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit der Österreichischen Volkspartei ist damit erschöpft.

Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Hagenhofer. – Bitte.

 


22.37

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ein unerlässliches Controlling-Instrument bei Dienstleistungsunternehmen ist die Be­wertung der Kundenbeziehungen, und es wäre durchaus interessant, in Ihrem Ministe­rium, das über weite Strecken Dienstleistungen für Menschen erbringt, auch einmal so eine Bewertung durchführen zu lassen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dann regen Sie sich wieder über die Kosten auf!)

Meine persönliche Bewertung und die Bewertung, die ich aus Gesprächen mit Men­schen treffen kann, die mit mir kommunizieren, im Zusammenhang mit unterstützender Hilfe des Außenministeriums ist die, dass sehr gute Arbeit geleistet wird. Aber es wäre durchaus interessant, so denke ich, auch einmal von einer Agentur die Arbeit bewerten zu lassen, und zwar insofern, als ja laufend Personalabbau betrieben wird. Von 1999 bis 2004 sind es 192 Planstellen, und es ist immer die Frage, wie weit man mit dem Abbau von Personal gehen kann, ohne dass die Dienstleistungen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Frau Bundesministerin! Ich bin vom Landesverband der Donauschwaben gebeten wor­den – und ich komme dieser Bitte hiermit gerne nach –, bei Ihnen nachzufragen, wie der Stand der Dinge im Zusammenhang mit dem kroatischen Entschädigungsgesetz ist. Frau Ministerin, Sie wissen, dass das kroatische Entschädigungsgesetz österreichi­schen Staatsbürgern, die in der Folge des Zweiten Weltkriegs aus dem Gebiet der heu­tigen Republik Kroatien vertrieben wurden, einen Anspruch auf Entschädigung für ent­eignetes Vermögen einräumt. Diese Menschen können um Entschädigung ansuchen, wenn – und jetzt kommt es – das Recht der Einreichung durch ein bilaterales Abkom­men geregelt ist.

Frau Bundesministerin! Die Frage des Landesverbandes der Donauschwaben ist: Wann dürfen die Donauschwaben mit einem derartigen bilateralen Abkommen rech­nen, wenn am 28. Februar des heurigen Jahres ein Brief aus der Kanzlei des österrei-


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chischen Bundeskanzlers an den Weltdachverband der Donauschwaben gegangen ist, und zwar mit dem Hinweis, dass der kroatische Ministerpräsident Ivica Racan im Rah­men seines Besuches auch vor der Presse festgehalten hat, dass sich die Vorberei­tungen für das erforderliche bilaterale Abkommen zum kroatischen Entschädigungsge­setz auf gutem Wege befinden?

Der Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Dipl.-Ing. Rudolf Rei­mann, hat auf Grund dieses Briefes von Herrn Bundeskanzler Dr. Schüssel bezie­hungsweise aus dessen Kanzlei dazu eine öffentliche Stellungnahme abgegeben, in der es heißt – ich zitiere –:

„Die österreichischen Verhandlungen mit Kroatien sollen von unseren Landsleuten“ – also den Donauschwaben – „in aller Welt als positives Beispiel gegenüber ihren Regie­rungen präsentiert werden.“

Frau Bundesministerin! Es ist jedoch bis heute nichts in dieser Richtung geschehen, und ich bitte Sie daher – damit das nicht peinlich für Österreich wird –, da sozusagen Ihren Finger draufzulegen und entsprechend Druck zu machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.41

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner, falls er das Wort ergreifen will. – Er will, bitte. (Abg. Dr. Khol: Gartlehner will nur 2 Mi­nuten reden!)

 


22.41

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Ich werde mich bemühen, den Intentionen des Herrn Präsiden­ten zu folgen und eine kurze Rede zu halten. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Khol.)

Wir haben heute schon gehört, dass die einzelnen Budgetpositionen im Bereich der Zentralverwaltung und der Vertretungsbehörden durchaus im Ansteigen begriffen sind, punktuell allerdings auch Änderungen und Reduzierungen realisiert wurden. Im Be­reich der EZA bin ich noch etwas skeptisch, ob das operativ auch ein größeres Budget bedeutet – oder ob nur die Umwandlung der Personalkosten zu dieser erhöhten Aus­gabenposition in diesem Segment führen wird.

Mir geht es aber auch heute wieder darum, ein positives Beispiel der österreichischen Außen-, Technologie- und Forschungspolitik ins Gespräch zu bringen, und vielleicht, Frau Bundesministerin, kann man in diesem Segment der politischen Präsentation Ös­terreichs zusätzliche Maßnahmen ergreifen.

Wir wissen, dass es in den USA einen österreichischen Wissenschaftsattaché gibt, der sehr erfolgreich die Vernetzung der österreichischen Forscher, Entwickler und anderer Persönlichkeiten im amerikanischen Feld sozusagen betreibt und hiefür eine sehr gute virtuelle, aber auch reale Plattform entwickelt hat, die nicht nur für die ÖsterreicherIn­nen in den USA, sondern auch für ihre Forscherkolleginnen und -kollegen hier in Öster­reich von großem Nutzen ist. Ich denke, dieses Modell könnte durchaus gemeinsam mit dem BMVIT oder mit dem Wirtschaftsministerium weiterentwickelt werden und in anderen Märkten – ich denke da beispielsweise an Hongkong, China, auch an Japan sowie auch an Israel als einige mögliche Kandidatenländer für solche Wissenschaftsat­tachés – umgesetzt werden, denn ich bin überzeugt davon, dass die österreichische Forschungs- und Technologiepolitik einen wichtigen Beitrag zur außenpolitischen Dar­stellung Österreichs leistet.


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In diesem Sinne würde es mich freuen, sehr geehrte Frau Bundesministerin, wenn es in Zukunft mehrere dieser Wissenschaftsattachés aus Österreich in den einzelnen In­dustriestaaten außerhalb Europas geben könnte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.44

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nieder­wieser. – Bitte. (Abg. Dr. Khol – in Richtung des sich zum Rednerpult bege­benden Abg. Dr. Niederwieser –: Mach das jetzt gründlich, bitte! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Schauen Sie, dass ja keine Redezeit übrig bleibt!)

 


22.44

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Drei kurze Anmerkungen; die erste betrifft Kollegen Ledolter. Kollege Johann Ledolter von der ÖVP hat es hier für notwendig befunden, von diesem Redner­pult aus die Außenpolitik Bruno Kreiskys auf ein paar Treffen mit Terroristen zu redu­zieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei der ÖVP.)

Kollege Ledolter: Wer immer die Möglichkeit hatte, den Reden Bruno Kreiskys zu lau­schen, etwa bei seinen Auftritten vor den Vereinten Nationen zum Thema Südtirol, oder von ihm über die großen Visionen zu hören, die Bruno Kreisky auch für den Nahen Osten hatte, der würde niemals so reden wie Sie! Für die Schuhe Bruno Kreiskys hat sich seither noch niemand gefunden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Brosz: O ja, der Bar­tenstein!)

Es tut mir auch Leid, dass ich Kollegin Rossmann im Hauptausschuss ganz offensicht­lich erschreckt habe, und zwar mit der Aussage, dass wir nicht zu provinziell denken sollten, wenn es um die Idee Europa geht. Ich habe, und zwar konkret am Beispiel des von Vizekanzler Haupt eingeforderten Klagsrechts für alle Landtage, erwähnt, dass die Idee Europa größer ist, als wir das immer nur von unserer Warte aus sehen. Und ich habe auch dazugesagt, dass dieses Europa selbstverständlich ein föderalistisches sein wird, dass es aber nicht so gehen wird, dass jede dieser kleinen Gebietskörperschaften in allen Bereichen wird mitreden und überall die gleichen Rechte für sich beanspruchen wird können.

Ich verstehe aber, dass die Freiheitliche Partei mit ihrer teilweise provinziellen und na­tionalistischen Herangehensweise an das Thema Europa Probleme mit solchen Über­legungen haben wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mainoni: Das müssen Sie uns sagen! Schauen Sie sich einmal in den Spiegel! – Abg. Scheibner: Wer sagt das?)

Abschließend zum eigentlichen Hauptgrund meiner Wortmeldung: Es hat eine gewisse Tradition, dass die Budgetdebatten des österreichischen Parlaments nicht vorüberge­hen, ohne dass wir uns auch mit dem Thema Südtirol beschäftigt hätten. Das ist jedoch bis jetzt nicht geschehen. – Ich meine jedenfalls, dass wir aus unserer Schutzfunktion für Südtirol heraus auch diese Gelegenheit einer grundsätzlichen Debatte über die Außenpolitik dazu nützen sollten, klarzustellen, dass wir durch die Einsetzung eines eigenen Unterausschusses des Außenpolitischen Ausschusses das Thema Südtirol im österreichischen Parlament weiterhin behandeln, die Entwicklung dort genau beob­achten – und auch jetzt registrieren, dass es keine Fortschritte mehr in der Autonomie-Bewegung gibt, dass wir aber in der jetzigen politischen Situation sogar froh darüber sein müssen, dass es nur einen Stillstand und nicht auch noch einen Rückschlag gibt.

Die Frauen und Männer in Südtirol sollen sich dessen gewiss sein, dass das österrei­chische Parlament das Thema Südtirol, dass wir die Südtirolerinnen und Südtiroler nicht vergessen haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


22.48


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24. Sitzung / Seite 234

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen mir zu dieser Debatte keine weiteren Wortmel­dungen vor, daher schließe ich diese.

Einlauf

 

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf noch bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 155/A bis 158/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 535/J bis 549/J eingelangt.

*****

Es liegt mir der Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Dr. Cap, Scheibner und Öllin­ger vor, die Beratungen an dieser Stelle zu vertagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vertagungsantrag ihre Zustimmung ertei­len, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

*****

In diesem Sinne berufe ich die nächste Sitzung des Nationalrates für morgen, Mitt­woch, 18. Juni, 9 Uhr, mit folgender Tagesordnung ein:

Budgetdebatte: Kapitel 65: Verkehr, Innovation und Technologie, dann Kapitel 12: Bil­dung und Kultur, dann Kapitel 14: Wissenschaft, weiters den gesamten Finanzbereich: Finanzverwaltung, Kassenverwaltung, Finanzausgleich, Pensionen et cetera sowie den Text der Bundesfinanzgesetze und der Stellenpläne sowie die Abstimmungen in zwei­ter und dritter Lesung und, soviel ich weiß, auch die Entschließungsanträge.

Ich darf noch daran erinnern, dass morgen um 8.15 Uhr eine Sitzung des Hauptaus­schusses stattfindet.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.49 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien