Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

163. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 21. September 2006

 

 


Stenographisches Protokoll

163. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 21. September 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 21. September 2006: 9.00 – 19.13 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents

2. Punkt: Bericht über die Petition (80/PET) betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“

3. Punkt: Bericht über die Petition (74/PET) betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Ent­wicklungsländern“

4. Punkt: Bericht über den Antrag 698/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die Europäische Union

5. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler

6. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler

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Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 2006 ................................................................. 13

Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2006 ........................................ 202

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Ordnungsrufe ............................................................................................................... 167

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 4483/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 35


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 2

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         174

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch .......................................................................................... ... 174

Vizekanzler Hubert Gorbach ................................................................................. ... 177

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ................................................................................. ... 179

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 179

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ....................................................................................... ... 181

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 182

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 125

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvor­gängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), sowie des Bundesministeriums für Justiz und sämtlicher im Weisungszusammenhang stehenden Organe hin­sichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahre 2000, insbesondere hinsichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der Raiffeisenbank International, sämtlichen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunterneh­mens AMIS, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung   ............................................................................................................................. 197

Bekanntgabe ................................................................................................................. 166

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 202

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen gemäß § 46 Abs. 4 GOG, den Rechnungshofausschuss mit der Fortführung der Arbeiten hinsichtlich des Verlangens der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 32e Abs. 2 GOG auf Erteilung eines Auftrages an den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshof­ausschusses betreffend „Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapierauf­sicht (BWA), hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht über die Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG) einschließlich ihrer Tochterun­ternehmen, und zwar insbesondere deren „Karibik-Geschäfte“, Kredite, Haftun­gen, Garantien, Beteiligungen, Ver- und Rückkäufe von Aktien sowie sonstiger Geschäfte und Geldflüsse zur Verschleierung des tatsächlichen Vermögenstan­des der BAWAG vor allem im Zeitraum des wahrscheinlichen Entstehens der Verluste von etwa 1,4 Mrd. €; dies betrifft im Besonderen die Jahre 1994 bis 2000, wobei auch der Zeitraum 2000 bis heute in die Betrachtung mit einzubezie­hen ist, da der amtierende Finanzminister umgehend nach seinem Amtsantritt den Auftrag zur Gründung einer unabhängigen und weisungsfreien Allfinanz­marktaufsichtsbehörde gegeben hat“, während der tagungsfreien Zeit zu beauf­tragen – Annahme ...................................................  202, 202

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidenten Dr. Andreas Khol .................................................................................. 193

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 193


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 3

Aktuelle Stunde (40.)

Thema: „Vorrang für Frauen: Initiativen zur Förderung von Frauen am Ar­beitsmarkt, in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst“ ....................................................................................... 13

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 13

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...............................................................  17, 27

Christine Marek ....................................................................................................... ..... 19

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 21

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ....................................................................................... ..... 23

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 24

Barbara Riener ........................................................................................................ ..... 26

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 29

Mag. Dr. Magda Bleckmann .................................................................................. ..... 30

Mag. Brigid Weinzinger .......................................................................................... ..... 32

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 13

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 34

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer (4728/J) ......... 125

Begründung: Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .............................................................. 128

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 134

Debatte:

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 143

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 144

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 147

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 149

Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ... 151

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 153

Maximilian Walch .................................................................................................... ... 155

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 156

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................................. ... 159

Doris Bures ............................................................................................................. ... 161

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch .......................................................................................... ... 163

Michaela Sburny ..................................................................................................... ... 164

Mag. Wilhelm Molterer ........................................................................................... ... 167

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ... 169

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 170

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (tatsächliche Berichtigung) .................................... 172

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 172

Dr. Günther Kräuter (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) ..................... 173

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-136/1584 d.B.) .......................................................... 35


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 4

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer .......................................................................... ..... 35

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 40

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 44

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 48

Staatssekretär Franz Morak .................................................................................. ..... 54

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ..... 55

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ..... 58

Dr. Helene Partik-Pablé .......................................................................................... ..... 62

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ..... 64

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................................. ..... 65

Dr. Elisabeth Hlavac ............................................................................................... ..... 66

Maximilian Walch .................................................................................................... ..... 68

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 71

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................ ..... 73

DDr. Erwin Niederwieser ....................................................................................... ..... 74

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ..... 76

Stefan Prähauser .................................................................................................... ..... 77

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 81

Mares Rossmann .................................................................................................... ..... 83

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch .......................................................................................... ..... 83

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 84

Dr. Richard Leutner ................................................................................................ ..... 84

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der Arbei­ten an einer umfassenden Verfassungsreform – Annahme (E 209) ....................................................................................................  38, 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaats­anwalt ergänzt wird – Ablehnung ............................  43, 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „gläserne Parteikassen“ – Ablehnung ....................................................  52, 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Minderheitsrecht zur Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses – Ablehnung      51, 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zuständigkeiten des Rech­nungshofs – Ablehnung .....  51, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Funk­tionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems – Annahme (E 210) .....................................................................................................................  57, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung des Wahlalters – Ablehnung ....................................................................  60, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitlichen Jugendschutz – Ablehnung ....................................................  61, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegesituation


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 5

der pflegebedürftigen Menschen in Österreich sowie Vorsorge für regelmäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich – Annahme (E 211)  69, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung von Parteispenden – Ablehnung ...................................................  80, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und Pfle­gende – Ablehnung .......  86, 92

Kenntnisnahme des Berichtes ....................................................................................... 91

2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (80/PET) betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“, überreicht vom Prä­sidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol und den Abgeordneten Klaus Witt­auer, Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin Hakl, Maria Grander, Johan­nes Schweisgut, Helga Machne und Hermann Gahr (1610 d.B.) ......................................... 92

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 93

Dr. Andreas Khol .......................................................................................................... 96

DDr. Erwin Niederwieser ....................................................................................... ..... 97

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 99

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 101

Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ... 102

Georg Keuschnigg ................................................................................................. ... 104

Gerhard Reheis ....................................................................................................... ... 106

Astrid Stadler .......................................................................................................... ... 107

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 108

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 108

Helga Machne .......................................................................................................... ... 110

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1610 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“ (E 212) ........................................... 111

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (74/PET) betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Entwicklungsländern“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr (1609 d.B.)                             111

Redner/Rednerinnen:

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 111

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 112

Mag. Dr. Magda Bleckmann .................................................................................. ... 114

Theresia Haidlmayr ................................................................................................ ... 115

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 116

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 117

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 118

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 119

Carina Felzmann ........................................................................................................ 122

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 123

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1609 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Integration von behinderten Menschen bei der Entwick­lungszusammenarbeit (E 213)                    124

4. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 698/A (E) der Ab­geordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 6

Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die Europäische Union (1614 d.B.) ......................................... 124

Redner/Rednerinnen:

Norbert Sieber ............................................................................................................ 124

Georg Oberhaidinger ............................................................................................. ... 184

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .............................................................................. ... 185

Heidemarie Rest-Hinterseer .................................................................................. ... 186

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ................................................................................. ... 188

Petra Bayr ................................................................................................................... 189

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 190

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 191

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 192

Maria Grander ......................................................................................................... ... 193

Karl Dobnigg ........................................................................................................... ... 193

Katharina Pfeffer ..................................................................................................... ... 193

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 193

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1614 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die Europäische Union (E 214) .......................................................................................................................... 193

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichtes für Strafsachen Wien (95 Hv 83/06f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (1633 d.B.)                                                                                                        193

6. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landes­gerichtes für Strafsachen Wien (94 Hv 56/06b) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (1634 d.B.)                                                                                                        193

Annahme der beiden Ausschussanträge ..................................................................... 193

Eingebracht wurden

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Vi­deoüberwachung in Österreich“ (4726/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Videoüberwachung in Österreich“ (4727/J)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer (4728/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Versicherungsleistungen der Österreichischen Hagelversicherung VVaG im Aus­land (4729/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Hausunterricht – Abmeldung von öffentlichen Schulen – Zahlen – Aufsicht & Kontrolle“ (4730/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 7

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vergabe von öffentlichen Telekom-Sprechanla­gen (4731/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „100fachen Postenschacher“ durch FPÖ&BZÖ bei ÖBB&ASFINAG“ (4732/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Offene Fragen zum Hubschrauberflug des OÖ Landesschulratspräsidenten“ (4733/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend „Bundesheer on the Road“ (4734/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend fehlende Gleichbehandlung der Justiz (4735/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Veterinärjahresbericht 2005 – Schlachttier- und Fleisch­untersuchungen“ (4736/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Versicherungsleistungen der Ös­terreichischen Hagelversicherung VVaG im Ausland (4737/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wertstellung bei Einzahlungen auf Girokonten: „Körberlgeld für Banken?“ (4738/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4543/AB zu 4568/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4544/AB zu 4597/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4545/AB zu 4570/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4546/AB zu 4574/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4547/AB zu 4577/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4548/AB zu 4578/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4549/AB zu 4603/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4550/AB zu 4563/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (4551/AB zu 4579/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 8

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4552/AB zu 4636/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (4553/AB zu 4615/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4554/AB zu 4657/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4555/AB zu 4567/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4556/AB zu 4586/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4557/AB zu 4618/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4558/AB zu 4625/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4559/AB zu 4626/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4560/AB zu 4630/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4561/AB zu 4631/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4562/AB zu 4635/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4563/AB zu 4658/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Christine Marek, Kolleginnen und Kollegen (4564/AB zu 4662/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (4565/AB zu 4688/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (4566/AB zu 4585/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4567/AB zu 4566/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4568/AB zu 4581/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (4569/AB zu 4598/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kollegin­nen und Kollegen (4570/AB zu 4601/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Betti­na Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4571/AB zu 4600/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 9

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (4572/AB zu 4587/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4573/AB zu 4589/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4574/AB zu 4624/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4575/AB zu 4646/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen (4576/AB zu 4606/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4577/AB zu 4610/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kol­leginnen und Kollegen (4578/AB zu 4613/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4579/AB zu 4619/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4580/AB zu 4661/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kolle­gen (4581/AB zu 4687/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kolle­gen (4582/AB zu 4694/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4583/AB zu 4614/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4584/AB zu 4623/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen (4585/AB zu 4653/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4586/AB zu 4656/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4587/AB zu 4667/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (4588/AB zu 4647/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hla­vac, Kolleginnen und Kollegen (4589/AB zu 4670/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 10

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (4590/AB zu 4669/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4591/AB zu 4695/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4592/AB zu 4637/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4593/AB zu 4638/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4594/AB zu 4639/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4595/AB zu 4641/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (4596/AB zu 4659/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (4597/AB zu 4679/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Pies­czek, Kolleginnen und Kollegen (4598/AB zu 4693/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kollegin­nen und Kollegen (4599/AB zu 4697/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4600/AB zu 4611/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4601/AB zu 4627/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4602/AB zu 4629/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4603/AB zu 4643/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4604/AB zu 4651/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (4605/AB zu 4674/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4606/AB zu 4681/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Christine Marek, Kolleginnen und Kollegen (4607/AB zu 4663/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 11

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen (4608/AB zu 4677/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kolle­gen (4609/AB zu 4680/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (4610/AB zu 4690/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kolle­gen (4611/AB zu 4691/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kolle­gen (4612/AB zu 4692/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4613/AB zu 4700/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4614/AB zu 4705/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (4615/AB zu 4628/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (4616/AB zu 4640/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4617/AB zu 4645/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (4618/AB zu 4683/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4619/AB zu 4701/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4620/AB zu 4703/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pe­ter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4621/AB zu 4649/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (4622/AB zu 4676/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4623/AB zu 4686/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4624/AB zu 4655/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 12

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4625/AB zu 4634/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (4626/AB zu 4675/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (4627/AB zu 4684/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4628/AB zu 4685/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4629/AB zu 4698/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4630/AB zu 4665/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (4631/AB zu 4672/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (4632/AB zu 4699/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4574/AB zu 4624/J) (Zu 4574/AB zu 4624/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4624/AB zu 4655/J) (Zu 4624/AB zu 4655/J)


09.00.35


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 13

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.

Einberufung der ordentlichen Tagung 2006

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 6. September 2006 gemäß Artikel 28 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes den Nationalrat für den 15. September 2006 zur ordentlichen Tagung 2006 der XXII. Ge­setzgebungsperiode einberufen.

*****

Der nicht verlesene Teil des Amtlichen Protokolls der 162. Sitzung vom 12. September 2006 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Huainigg, Lackner und Mittermül­ler.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.

09.02.00Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Vorrang für Frauen: Initiativen zur Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst“

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.02.32

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Frau Frauen­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diese Aktuelle Stunde, die letzte vor dem 1. Oktober, vor der Wahl, einer Menschengruppe in Österreich gewid­met, der es in den letzten sieben Jahren nicht besser, sondern schlechter gegangen ist, nämlich den österreichischen Frauen. Unser Ziel ist es, zu erreichen, dass sich die­se Gruppe von Menschen – 52 Prozent der österreichischen Bevölkerung – noch ein


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 14

Bild machen kann, ob – erstens – die Probleme von den politischen Parteien ernst ge­nommen werden und – zweitens – welche Lösungen sie auf den Tisch legen können.

Das nach wie vor größte Problem ist die Einkommensschere. Ich habe das heute mit­gebracht zur Verdeutlichung (die Rednerin zeigt eine Graphik mit der Aufschrift „Gen­der Pay Gap“): Das ist der „Frauen-Euro“; bei dem fehlt ein Drittel. Und das hat sich in den letzten Jahren sogar noch drastisch verschlechtert. Wenn man das auf das Er­werbsleben einer Frau durchrechnet, wird deutlich, dass ein Mann in Österreich im Durchschnitt um ein Haus mehr verdient, nämlich hochgerechnet auf 40 Erwerbsjahre 250 000 €. Also allein die Tatsache, in Österreich eine Frau zu sein, bedeutet eine Be­nachteiligung auf dem Arbeitsmarkt – und am Ende eines Erwerbslebens muss man als Frau feststellen, dass man insgesamt 250 000 € weniger verdient hat.

Die schwarz-blaue Bundesregierung hat während der letzten sieben Jahre nichts ge­tan, um das zu verändern. Im Gegenteil: Die Zahlen, die wir jetzt auf dem Arbeitsmarkt vorfinden, sind deprimierend, ernüchternd und sehr traurig! Mittlerweile arbeitet fast jede zweite Frau nur mehr Teilzeit. Waren es vor zehn Jahren noch 20 bis 23 Prozent, sind es mittlerweile über 40 Prozent der Frauen, die in Österreich Teilzeit arbeiten. Das bedeutet halbes Gehalt oder Teilgehalt, das bedeutet schlechtere Aufstiegschancen, das bedeutet schlechtere Karrierechancen, und das bedeutet vor allem Armut, ganz besonders Armut im Alter. (Beifall bei den Grünen.)

Die österreichische Bundesregierung und ihre Vertreter versuchen jetzt immer, das schönzureden, indem sie von steigender Frauenbeschäftigung sprechen. Ich möchte das gleich vorwegnehmen, damit niemand verwirrt ist: Es wird von „steigender Frauen­beschäftigung“ gesprochen. Das ist aber falsch! Wenn Sie die gesamte Arbeitszeit, Vollarbeitszeit, dividieren, werden Sie erkennen, es ist für Frauen in Österreich nach diesen sieben Jahren weniger Arbeit zur Verfügung, als es vor sieben Jahren der Fall war.

Sie argumentieren ausschließlich mit zusätzlichen Teilzeitbeschäftigungen, die nach­gewiesenermaßen Frauen in prekäre Beschäftigungssituationen bringen, die ihnen ihr Leben nicht erleichtern, sondern erschweren. Mittlerweile gibt es viele Frauen in Teil­zeitbeschäftigungen, die das nicht wollen, sondern müssen, und das ist ein Problem, das Sie völlig ignorieren. (Beifall bei den Grünen.)

Jeden Tag sind es 18 Frauen mehr, die diese Regierung arbeitslos gemacht hat, jeden Tag 18 Frauen mehr! Auch wenn Sie einige davon in Schulungen verstecken, ändert das nichts an der erschreckenden Zahl. Wir haben über 120 000 arbeitslose Frauen, und wir haben vor allem viele Frauen, die zu Hause sind, 70 000 Frauen, die arbeiten wollen, es aber auf Grund der Rahmenbedingungen nicht können. Das ist besonders traurig, denn in allen anderen Ländern geht das in eine positive Richtung. Sowohl in den skandinavischen Ländern als auch im EU-Durchschnitt, als auch in unseren Nach­barländern steigt die Frauenbeschäftigung in Vollzeitarbeitsplätzen. Österreich ist eines der wenigen Länder, wo das nicht funktioniert, wo die Frauenbeschäftigung sinkt. Man kann daher davon ausgehen, dass das kein Naturgesetz ist oder kein europäisches Gesetz, keine europäische Norm, keine Situation, die durch Einflüsse von außen ent­standen ist, sondern dass es beeinflussbar ist und durch die richtige Politik auch zu ändern ist. (Beifall bei den Grünen.)

Das würde allerdings voraussetzen, dass man sich dieser Probleme einmal ernsthaft annimmt und sie nicht schönredet. Ich fürchte, dass es heute wieder dazu kommen wird, dass Sie dieses Problem schönreden und negieren.

Wir wollen die Einkommensschere tatsächlich schließen, wir wollen dieses Problem ernsthaft angehen. Das ist nicht ganz einfach, aber es liegen diesbezüglich einige sehr


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gute Vorschläge von uns auf dem Tisch. Wir wollen, dass in Top-Positionen – in der Politik, in der Wirtschaft, auch in der Verwaltung – vermehrt Frauen zum Zug kommen.

Es ist, glaube ich, beschämend, dass es auf den österreichischen Universitäten keine einzige Rektorin gibt, sondern nur Männer, und es ist, glaube ich, auch beschämend, wenn im öffentlichen Dienst, sozusagen in der Spitzenverwaltung, Spitzenjobs nach wie vor ausschließlich mit Männern besetzt werden.

Ich möchte hier ein Beispiel bringen, weil sich diese Bundesregierung so oft damit brüstet, dass sie so viel für Frauen tut. (Abg. Amon: Bei den Grünen ist auch ein Mann Vorsitzender geworden!) Im Lebensministerium hat Umweltminister Pröll, der so alt ist wie ich und sich oft als jung und modern beschreibt, bei der Nachbesetzung von zwei Sektionschefs wie folgt agiert: Es waren neun Sektionschefs, alle Männer. Zwei sind davon in Pension gegangen. Es haben sich viele qualifizierte Frauen aus dem Ministe­rium beworben – und es wurden wieder zwei Männer nachbesetzt!

Das Verhältnis im Ministerium bei den Spitzenjobs, bei den Sektionschefs, ist nach wie vor 9 : 0. Ich glaube, in der Geschichte, vor allem in der Sportgeschichte, hat es bei 9 : 0 Rücktritte gegeben. Ich finde, das ist etwas, worüber man in diesem Fall nachden­ken kann. (Beifall bei den Grünen.)

Hier in diesem Haus sieht es leider nicht anders aus. Ich denke, wenn man den An­spruch stellt, die Gesellschaft zu verändern und diese große Gerechtigkeitslücke zu schließen, sollte man auch ein bisschen bei sich selbst anfangen.

Es waren hier Zwischenrufe, wie das bei den Grünen sei. – Bei den Grünen ist das sehr einfach: Bei uns gibt es kein Gremium, das gilt auch für die Nationalratsfraktion, wo die Frauen nicht die Mehrheit haben, bei uns ist die 50-Prozent-Quote verpflich­tend. Bei der ÖVP gibt es so etwas überhaupt nicht. Da gibt es zwar Quoten für ÖAAB und Bauernbund, aber offensichtlich nicht für Frauen, und ich finde das beschämend! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, das stimmt!

Leider kann ich in diesem Zusammenhang auch die SPÖ nicht auslassen. Ich finde, eine Verpflichtung zu 40 Prozent schon etwas schwach, aber ich glaube, dass man, wenn man das nicht erreichen kann, dazu stehen und es nicht schönreden sollte. Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen in allen Bereichen, wenn man die Möglichkeit hat, sich zu entscheiden, Halbe/Halbe erhalten sollten. (Abg. Steibl: Es herrscht Wahlfreiheit in Österreich! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir haben in der Regie­rung 60 Prozent weibliche Minister!)

In diesem Zusammenhang finde ich es besonders beschämend, dass ein Bundeskanz­ler stolz darauf ist, dass in einer Regierung bei den MinisterInnen – nicht bei Ministern und Staatssekretären zusammen, nur bei den Ministern und Ministerinnen – die Hälfte Frauen sind, und das mit einem Zitat versieht, das tatsächlich die österreichischen Frauen beleidigt. Der Bundeskanzler sagte nämlich:

„Wäre ich ein Linker, würde die ganze Emanzentruppe vor mir flach liegen.“

Das ist eine Verhöhnung aller Frauen in Österreich, die wahrlich in vielen Situationen auf dem Boden liegen, die beispielsweise in der schwierigen Situation sind, als Allein­erzieherinnen mit 470 € über die Runden kommen zu müssen!

Darauf stolz zu sein, und das in so einem Jargon, Herr Bundeskanzler, ist eine Verhöh­nung der österreichischen Frauen und eine Frechheit ihnen gegenüber! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Großruck: Immer diese künstliche Aufregung!)

Geht’s noch tiefer? – Das ist, glaube ich, die richtige Antwort auf diese Äußerung des Herrn Bundeskanzlers. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Teilen Sie diesen Spruch? Finden Sie das in Ordnung? Gefällt Ihnen so etwas? Ist das die Sprache, in der Sie mit


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Frauen kommunizieren? – Ich glaube, so etwas brauchen wir nicht in Österreich. Ich glaube, die Frauen sollten Sie als Erste abwählen, wenn Sie das gut finden. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist das deswegen so traurig – und deswegen machen wir das heute auch noch ein­mal zum Thema –, weil wir tatsächlich ernste Probleme in Österreich haben. Und diese so abzutun, das sagt sehr viel darüber aus, wie wichtig Ihnen die Entwicklung der ös­terreichischen Frauen ist, ihre Chancen, ihre Zukunftsmöglichkeiten, ihre Arbeitsplatz­möglichkeiten. Das auf diese Art zu beantworten, ist der traurige Schlusspunkt und Höhepunkt von etwas, was man nicht anders beschreiben kann als als Verhöhnung der Frauen sieben Jahre hindurch, nicht nur jetzt, diese Woche. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Wir brauchen keine Wahlkampfreden hier!)

Das ist keine Wahlkampfrede! Dieser Satz ist nicht von uns gekommen – er fiel bei einer Wahlkampfveranstaltung der ÖVP!

Ich möchte noch einmal auf unsere Vorschläge zu sprechen kommen. Wir möchten Vorrang für Frauen auf dem Arbeitsmarkt – aber ernst gemeint. Wir möchten, dass die Arbeitslosigkeit ernst genommen wird mit einem Jobprogramm mit 10 000 Jobs für Frauen. Zwei Drittel davon ... (Abg. Amon: Ihr Parteivorsitzender ist auch ein Mann! – Abg. Steibl: Frauen haben Wahlfreiheit!) – Sie können sich gleich zu Wort melden. Ich verstehe, dass Sie das auch aufregt. Mich als Frau hat diese Aussage auch betroffen gemacht. Aber wenden Sie sich an Ihren Herrn Bundeskanzler und beschweren Sie sich bei ihm! (Beifall bei den Grünen.)

100 000 zusätzliche Jobs. Wir möchten, dass das AMS vermehrt Qualifizierungsmaß­nahmen anbietet und damit Geld vor allem für Frauen ab 35 verwendet, die nach der Baby-„Pause“ – „Pause“ zwischen Anführungszeichen –, Baby-Karenzzeit den Wieder­einstieg nicht schaffen; das sind mittlerweile vier von zehn. Das ist eine sehr traurige Bilanz. Und wir möchten vor allem auch in der familienpolitischen Entscheidung andere Rahmenbedingungen. Wir möchten das Kindergeld neu gestalten. Wir möchten, dass es höher ausfällt und in einem kürzeren Zeitraum und vor allem ein partnerschaftliches Aufteilen der Familienarbeit ermöglicht. Das jetzige Modell bewirkt nämlich das Gegen­teil. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben zwar die Alleinverdienerabsetzbeträge erhöht, Sie haben eine Steuerreform gemacht, davon haben aber Frauen, haben Familien, die partnerschaftlich leben wol­len, nichts gehabt. Das aber ist die Zukunft, und wenn Sie das nicht berücksichtigen, dann werden Sie am 1. Oktober zu Recht die Rechnung von Menschen präsentiert bekommen, die modern leben wollen, die selbstverständlich wählen wollen, wie sie Familie gestalten, und es nicht so haben wollen, wie Sie meinen: Wahlfreiheit ist es für die Frau, dass sie zu Hause bleibt, und Verpflichtung, Zwangsverpflichtung für den Mann, dass er zu Hause bleibt.

Das ist nicht unsere Antwort – im Gegenteil! (Beifall bei den Grünen.)

Gleiches Recht für beide, gleiche Möglichkeiten für beide! Es ist nach wie vor eine ökonomische Entscheidung, wer zu Hause bleibt. Mit unserem Karenzmodell – 80 Pro­zent einkommensabhängig – besteht ein sehr großer Anreiz, dass der – zwischen An­führungszeichen – „immer noch besser Verdienende“ auch die Chance hat, zu Hause zu bleiben. Das ist eine wunderbare Zeit. Ich glaube, mit 460 € ist das für Familien nicht zu schaffen.

Einkommensabhängig funktioniert das in anderen Ländern wunderbar. Manche sind da vorbildlich. Und es wäre auch mit den bestehenden finanziellen Ressourcen leistbar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem jeder Vater drei Monate in Karenz gehen würde. Bis dorthin ist es aber, glaube ich, noch ein weiter Weg. Wir wollen ein bisschen daran mitarbei-


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ten, und ich hoffe, dass Sie sich am 1. Oktober und danach eines Besseren besinnen und nicht eine ganze Bevölkerungsgruppe auf Dauer vergessen. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Rauch-Kallat. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.13.14

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Glawischnig, es wird nicht wahrer, wenn Sie falsche Zahlen immer wieder wiederholen. Ein einziges Beispiel: Sie sagen, es waren 120 000 Frauen arbeitslos. Sie können nachlesen: Es waren 100 000 Frauen arbeits­los. (Abg. Öllinger: Schulungsteilnehmerinnen!) Aber auch diese 100 000 sind uns na­türlich zu viel, und wir tun daher auch eine Menge, um diese Situation zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf festhalten: Im August 2006 waren insgesamt 1 540 000 Frauen in Beschäfti­gung. Das sind fast 200 000 mehr als im Jahr 1999, im letzten Jahr unter sozialdemo­kratischer Kanzlerschaft und sozialdemokratischen Sozial- und Arbeitsministern. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das sind ganz einfache Zahlen. Und wenn die Grünen auf ihrer Homepage und in ihrem grünen Wahlprogramm ankündigen: 10 000 Arbeitsplätze für Frauen pro Jahr mehr!, so muss ich sagen, dass das absolut kein ehrgeiziges Ziel ist, denn diese Regierung hat in den letzten sieben Jahren pro Jahr rund 30 000 Arbeitsplätze neu geschaffen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das sind Arbeitsplätze für Frauen, die auch im hoch qualifizierten Bereich möglich sind. Und wenn Sie immer wieder mit der Teilzeitquote kommen: Frau Abgeordnete Gla­wischnig, Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass mehr als 80 Prozent der Frauen diese Teilzeit auch wünschen, weil es für ihre momentane Lebenssituation die optimale Form ist. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.) Wir haben jahrelang darum gekämpft. Die ÖVP-Frauen – Marga Hubinek, Helga Rabl-Stadler, Ingrid Koro­sec – haben in den achtziger Jahren jahrelang hier in diesem Haus darum gekämpft, dass Teilzeit möglich ist. Die SPÖ war dagegen, auch die Grünen waren dann dage­gen, um dann in einem Frauen-Volksbegehren das Recht auf Teilzeit zu verlangen und die ÖVP zu verdammen, dass sie nicht jeden Punkt dieses Frauen-Volksbegehrens un­terstützt hat, weil zum Teil auch für Frauen hinderliche Maßnahmen enthalten waren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Eine ganze Reihe von für Frauen hinderlichen Maß­nahmen, wie etwa, dass Sie die Einstellung von Frauen an öffentliche Förderungen binden. Sie würden damit verhindern, dass Betriebe überhaupt Frauen anstellen, und Frauen aus dem Arbeitsmarkt drängen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird auch nicht richtiger, wenn Sie die EU zitieren, Frau Abgeordnete Glawischnig, denn Österreich liegt mit einer Frauenarbeitslosenquote von 5,3 Prozent an sechster Stelle der EU-25, also im ersten Viertel der EU-25. (Abg. Öllinger: Wir waren schon einmal an erster Stelle!) Wir wünschten, wir wären an erster Stelle. (Abg. Öllinger: Wir waren es schon einmal!) Wir arbeiten auch hart daran, aber der EU-Durchschnitt liegt bei 9 Prozent, Frau Abgeordnete Glawischnig, und das ist fast doppelt so hoch.

Meine Damen und Herren! Österreich kann mit seiner sehr aktiven Arbeitsmarktpolitik durchaus stolz darauf sein, dass sich die Zahl der Arbeitsplätze für Frauen erhöht hat. Neben den 1,54 Millionen Frauen in unselbständiger Beschäftigung gibt es rund


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100 000 Unternehmerinnen, 150 000 Bäuerinnen; von den Bäuerinnen sind fast die Hälfte bereits Betriebsführerinnen.

Die Arbeitslosenquote hat sich auch wesentlich verringert, vor allem bei den jungen Frauen bis 24 – hier ist sie gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent zurückgegangen; ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Ergebnis für junge, qualifizierte Frauen, die den Weg ins Berufsleben schaffen wollen –, und auch bei den älteren Arbeitslosen über 50 ist sie um 5 Prozent zurückgegangen.

Es hat auch eine Reihe von wesentlichen Maßnahmen gegeben, um diese positive Entwicklung voranzutreiben, etwa eine aktive Arbeitsmarktpolitik unseres Arbeits- und Wirtschaftsministers oder die Förderung der Qualifizierung von Frauen. Hier geht es uns vor allem darum, Frauen auch in besser bezahlte Berufe zu bringen, zu qualifi­zieren dafür, dass sie in der Lage sind, auch bessere Einkommen zu erzielen, natürlich auch mit einer entsprechenden Förderung wie Mentoring und anderes mehr. Bereits mehr als 6 000 Frauen haben sich daran beteiligt, um auch in höhere Positionen zu kommen. Gleichzeitig erfolgt aber auch die Weiterqualifizierung vor allem von Frauen während der Berufsunterbrechung oder für den Wiedereinstieg nach einer Kinderbe­treuungsphase.

Ich bin bei Ihnen, dass es uns noch viel stärker gelingen muss, die Väter in die Verant­wortung für die Kinderbetreuung, für die Familienarbeit zu bringen. Das ist nicht nur wichtig für die Väter selbst, sondern vor allem für die Kinder. Wir wissen aus pädago­gischen, aus psychologischen Erkenntnissen, dass die Kommunikation, die Beziehung zum Vater ganz besonders wichtig ist für unsere Kinder, und wir wollen auch hier etwas verändern (Abg. Öllinger: Wo?) – aber nicht mit Zwang, sondern mit Anreizen und mit Unterstützung und Überzeugungsarbeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wir betreiben aktive Arbeitsmarktpolitik auch bei der Unterstützung der Kinderbetreu­ung, hier vor allem auch im Wiedereingliederungsbereich, bei der Unterstützung von Unternehmen, die Wiedereinsteigerinnen oder langzeitarbeitslose Frauen nehmen, und wir haben vor allem ein umfassendes Paket, und zwar lange bevor die Diskussion öf­fentlich geworden ist, für Pflegeberufe geschnürt.

Wir haben ein umfassendes Angebot für Pflegehelferinnen, für Heimhelferinnen, bis hin zur Weiterqualifizierung auf dem Arbeitsmarkt zur diplomierten Schwester, damit wir in der Lage sind, den Bedarf an diplomiertem Pflegepersonal aus Eigenem abdecken zu können, und das lange, bevor die Diskussion öffentlich geworden ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Es gibt ein umfassendes Frauenförderpaket im Bundesdienst und in den Landesdiens­ten, Frauenförderpläne in allen Bundesministerien. Bis 1999 hat es keinen einzigen ge­geben. Frauenförderpläne in den Sozialversicherungen wurden von sozialdemokrati­schen SozialministerInnen immer übersehen – in der Zwischenzeit gibt es das in allen.

Wir haben eine Novelle zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz beschlossen und vor allem mit dem Cross Mentoring im Bundes- und im Landesdienst und jetzt auch in den nachgeordneten Dienststellen dafür gesorgt, dass der Anteil an Frauen in den füh­renden Positionen wesentlich gestiegen ist.

Es ist etwas einfach, Frau Abgeordnete Glawischnig, wenn Sie ein Ministerium heraus­greifen und alle anderen Ministerien, in denen es weitaus mehr Sektionschefinnen, Ab­teilungsleiterinnen als im Jahr 1999 gibt, und zwar zum Teil schon bis zu 40 Prozent (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ), schlicht und einfach unter den Tisch fallen lassen. Da ist man auf einem Auge blind, offensichtlich auf dem linken Auge. (Abg. Sburny: Ist Gleichberechtigung links?)


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Lassen Sie mich ganz kurz noch zu einem Ausblick kommen. Es geht uns vor allem darum, die Einkommensschere zu schließen. Da treffen sich unsere Bemühungen, Frau Abgeordnete Glawischnig, denn es ist untragbar – und da bin ich Ihrer Meinung und wahrscheinlich auch der Meinung aller anderen Frauen in diesem Haus –, dass es immer noch Einkommensunterschiede gibt – aber nicht die von Ihnen genannten 30 Prozent, sondern die Einkommensschere hat sich in diesen sieben Jahren laut Eurostat von 21 auf 18 Prozent geschlossen; Sie können das ja gerne nachlesen. Ich weiß aber, dass Sie das nicht gerne hören. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

Das heißt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber es ist immer noch um 18 Prozent zu viel. Daher werden wir alle Maßnahmen, die nur irgendwie möglich sind, auch set­zen, um diese Einkommensschere zu schließen. Das beginnt einerseits beim Berufs­einstieg, bei der Ermutigung von jungen Mädchen und Frauen, auch ungewöhnliche Berufe zu wählen, bei der Berufsunterbrechung und der Qualifizierung in dieser Frage und beim Berufsausstieg. In diesem Bereich werden sich unsere Maßnahmen entspre­chend bewegen, insbesondere auch was die Berufsunterbrechung, die Kinderbetreu­ung und die Karenzzeit anlangt. Auch hier gibt es sicher noch eine Verbesserung des bestehenden Modells.

Das, was mich sehr stört – und damit auch ein Wort zur Diskussion, die Sie angeführt haben –, ist, dass Sie immer nur mit einem Auge sehen oder dass Sie mit zweierlei Maß messen. Alles, was links ist, ist gut, und alles, was bürgerlich ist, ist schlecht. Und wenn die SPÖ-Frauen und die Grünen-Frauen meinen, dass sie einen Alleinvertre­tungsanspruch haben – zumindest die SPÖ-Frauen haben einen solchen ja einmal erhoben –, beleidigen sie damit Generationen von Frauenpolitikerinnen aus allen Par­teien, die seit viel mehr als 60 Jahren hier in diesem Haus für die Sache der Frauen arbeiten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Noch ein letztes Wort, Frau Abgeordnete Glawischnig: Wenn Sie die Aussagen von Dr. Wolfgang Schüssel bewusst missverstehen wollen (Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Eine Entschuldigung ist fällig!), bewusst missinterpretieren wollen, dann, liebe Frau Glawischnig, würde ich einmal in die eigenen Reihen schauen. Da hat es nämlich unmissverständliche – unmissverständliche! – sexistische Bemerkungen gegen eine ÖVP-Ministerin gegeben, gegen Frau Bundesministerin Gehrer. Da würde ich an Ihrer Stelle lieber vor Ihrer eigenen Türe kehren. Bundeskanzler Dr. Schüssel ist erhaben über jeden Verdacht von Sexismus! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

9.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit aller weiteren Teilnehmer in der Aktuellen Stunde beträgt 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Abgeordnete Marek. 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


9.24.31

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen dieses T-Shirt zeigen. (Auf diesem ist das Gesicht von Bundesministerin Gehrer aufgedruckt; „Budern statt sudern“ und „Oral statt Moral“ ist auf dem T-Shirt zu lesen.) Das ist das Selbstverständnis der Grünen! So viel zum Sexismus, zu dieser Sexismus-Keule. (Abg. Sburny: Das hat die Frau Gehrer ge­sagt? – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren von den Grünen und liebe Eva Glawischnig! Herr Kollege Öllinger hat grinsend in der Zeitung damit posiert mit Frau Ringler – also ich glaube, ihr


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braucht euch nicht zu Moral-Aposteln aufzuschwingen, wenn ihr so etwas über eine ÖVP-Ministerin sagt! Ich glaube, das disqualifiziert sich von selbst, und euer Wahl­kampfgetöse ist damit auch nichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Übrigens wird dieses T-Shirt nach wie vor auf der Homepage der Grünen verkauft. (Pfui-Rufe bei der ÖVP.) Wir haben uns das extra angesehen. So viel zum Sexismus, meine Damen und Herren. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Aber ich möchte jetzt wieder zur Sachpolitik zurückkommen. Das ist nämlich das, was unseren Wahlkampf auszeichnet – im Gegensatz zur Inhaltslosigkeit bei den anderen Parteien, der SPÖ und den Grünen. Ich möchte festhalten, Eva Glawischnig, und das wird auch durch deine Zahlenspielereien nicht anders: Noch nie zuvor hatten so viele Frauen in Österreich einen Job, wie das heute der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Es sind mit August dieses Jahres ganz genau 1 539 698 gewesen, und das sind um 27 000 mehr als vor einem Jahr. Das ist eine Zahl, die man sehr wohl herzeigen kann und die den Frauen in diesem Land beweist, welche Arbeits­marktpolitik die ÖVP unter Wolfgang Schüssel macht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Arbeitslosigkeit der Frauen ist gleichzeitig zurückgegangen. Es sind heute um 7 000 Frauen weniger als im Vorjahr als arbeitslos und Arbeit suchend gemeldet. – Wieder einmal ein Beweis dafür, dass die Grünen und die SPÖ Ängste schüren und mit gezielten Unwahrheiten – und das ist das, was ich so verurteile – hier Ängste schü­ren und Unsicherheit erzeugen.

Herr Kollege Gusenbauer – heute im „Kurier“ nachzulesen – betont, dass garantiert keine Abschläge bei Pensionen vorgenommen werden; tausendprozentig, meint er auf Nachfrage. – So viel zur Seriosität dieser Politik und der Versprechungen, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Mol­terer: Minus 70 Prozent bei der Gewerkschaft!)

Ich glaube, wir können beweisen, dass wir konsequent und gezielt Maßnahmen ge­setzt haben, die gerade den Frauen in diesem Land geholfen haben (Abg. Öllinger: Pensionsreform!): mit der Beschäftigungsoffensive des AMS von 285 Millionen €, 100 Millionen € gerade für die Förderung der Frauen-Wiedereinstiegshilfe. Eva Gla­wischnig, gerade den Wiedereinsteigerinnen – und das betrifft natürlich auch die Allein­erzieherinnen, wie ich selbst eine bin – hilft das ganz wesentlich. (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Ich glaube, Sie sind ein bisschen privilegierter, was die Alleinerziehung betrifft!) 100 Millionen sind ein wirklich großer Betrag, und mehr als die Hälfte der AMS-Mittel kommen den Frauen zugute. Ich glaube, darauf müssen wir immer wieder hin­weisen.

Wir haben einen AMS-Schwerpunkt für die Gleichstellung der Frauen gesetzt. Wir set­zen Maßnahmen dort, wo ihr immer nur schimpft und lamentiert, dass alles so schlecht ist. Wir machen es besser, und wir beweisen, dass wir es besser machen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wir haben wichtige Initiativen gesetzt in den letzten zwei Legislaturperioden, in der ak­tuellen und der vorangegangenen. Das Kinderbetreuungsgeld etwa ist ein echter Mei­lenstein. Ein Vielfaches der Zuverdienstgrenze ist heute möglich im Vergleich zum De-facto-Beschäftigungsverbot bei Bezug des Karenzgeldes, wie es früher der Fall war. (Abg. Krainer: Das ist falsch!) Ein wichtiger Schritt, um im Beruf bleiben zu können und um Qualifikationsverluste und das riesige Problem beim Wiedereinstieg zu vermei­den, aber ich glaube, auch da werden wir in Zukunft die Dinge weiterentwickeln. Wir kennen jetzt die Ergebnisse der Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes, und wir wer­den auf diesem Weg weitergehen. Wir werden uns die Zuverdienstgrenze beim Kinder-


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betreuungsgeld näher anschauen und eine flexiblere Handhabung im Sinne der Betrof­fenen ins Auge fassen.

Wir haben es ja seinerzeit beschlossen und wissen jetzt, dass das der richtige Weg ist – und wir gehen auf diesem Weg weiter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

Noch ein Wort zur Teilzeit. Diese wird immer so verteufelt. Wir haben das Recht auf Elternteilzeit eingeführt, etwas, was Rot-Grün immer gefordert hat. Wir haben es ge­macht, auch wenn ihr jetzt darüber schimpft. Wir wissen, im August waren 4 000 Teil­zeitjobs von der Wirtschaft als offen gemeldet, aber 28 000 Frauen und Männer waren einen Teilzeitjob suchend gemeldet! Da kann man bitte nicht sagen, dass wir die Frau­en in den Teilzeitjob zurück- oder hineindrängen. Wir wissen, das wird explizit gesucht, und es ist ein wichtiges Kriterium dafür, dass viele Frauen überhaupt erst in ein Be­schäftigungsverhältnis kommen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Elisabeth Gehrer hat 80 000 Plätze für Nachmittagsbetreuung geschaffen. Frau Präsi­dentin Prammer sagt in der SPÖ-Zeitung, dass nur 9 000 Kinderbetreuungsplätze da­zugekommen sind. Ich weiß nicht, wohin Sie geschaut haben. 80 000 Nachmittagsbe­treuungsplätze wurden von Elisabeth Gehrer geschaffen! – Das und vieles mehr sind Beweise für den Erfolgsweg dieser Bundesregierung – und wir werden diesen Weg weitergehen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

9.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Ho­sek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.30.17

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! (Die Rednerin stellt eine Broschüre mit der Aufschrift „ABC der Frau­enpolitik“ auf das Rednerpult.) Zahlen, Daten und Fakten werden auch dann nicht wahrer, wenn sie eine Ministerin falsch interpretiert. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich kann das Kompliment zurückgeben, Frau Bundesministerin! Das ist ÖVP-Interpre­tation einer leider völlig anderen Realität als der, die die Frauen in Österreich vorfin­den. (Abg. Großruck – auf eine Anstecknadel an der Jacke der Rednerin mit der Auf­schrift „Achtung! Linke Emanze!“ deutend –: Was haben Sie da oben picken? Kön­nen Sie das vorlesen?) Und nicht nur die Opposition, meine Damen und Herren hier im Hohen Haus, wirft dieser Bundesregierung vor, dass sie kein Gesamtkonzept hat, was Fragen der Verteilung zwischen Frauen und Männern anbelangt, was Fragen der Gleichbehandlung anbelangt, sondern auch Politologinnen, Expertinnen werfen dieser Bundesregierung vor, dass sie nicht darauf schaut, dass sie keine Politik der Gleich­stellung zwischen den Geschlechtern betreibt, dass diese nicht stattgefunden hat. Und sogar ÖVP-Frau Ingrid Korosec sagt: Es gibt einen Stillstand in der Frauenpolitik.

Das heißt, diese Situation der Frauen in Österreich ist wahrlich kein Anlass zum Ju­beln. Es ist nicht alles gut, so wie Sie das ständig darzustellen versuchen! (Abg. Groß­ruck: Aber fast alles!) Es ist ein Arbeitsauftrag für die Zukunft. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sagt ja kein Mensch! Aber es ist ...!) Aber genau daran scheitert es. Ich höre von Ihnen nie, welche Zukunftspläne Sie für dieses Land haben, was Sie im Sozialbereich zu verbessern gedenken, was Sie im Bildungsbereich tun möchten, was Sie im Ge­sundheitsbereich vorhaben. Es heißt immer nur: Unseren Kanzler und was er kann und weil er es kann – und alles ist gut! (Rufe bei der ÖVP: Richtig! Bravo! – Demonst­rativer Beifall bei der ÖVP.) Das ist zu wenig. Die Leute haben es satt! Sie wollen In­halte und Programme! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Würden Sie wirklich eine innovative und moderne Wirtschaftspolitik machen, würden Sie auch darauf schauen, dass viel mehr Frauen Vollzeitarbeitsplätze haben, und Sie würden die Frauen fördern, dass sie gutes Geld verdienen, um eigenständig leben zu können. Sie brüsten sich damit, dass die Teilzeitjobs boomen, Jobs, von denen Frauen aber nicht leben können. Das sind wirklich zugeschnittene Arbeitsplätze für Frauen, damit sie abhängig bleiben.

Und es ist auch kein Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Frauen­politik allein. Haben Sie das immer noch nicht erkannt? Das ist ein Thema der Politik, der Wirtschaft und letztlich auch der Unternehmen, die sich alle miteinander Gedanken machen müssen, wie es den Frauen in diesem Land gut gehen kann, denn wir können auf die Talente und Fähigkeiten der Frauen in diesem Land sicher nicht verzichten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Wenn einem Bundeskanzler wie diesem eine Äußerung auskommt – oder auch nicht –, ist das meiner Meinung nach kein Zufall, sondern eine Grundhaltung, eine Grundein­stellung. So etwas passiert einem Bundeskanzler nicht! (Abg. Dr. Brinek: Was ist dem Voves passiert? Was war mit dem Herrn Voves in der Steiermark?) Es geht ihm das eine Mal um die Internet-Generation – Sie erinnern sich an die Aussagen damals! –, das andere Mal geht es ihm um homosexuelle Menschen – Sie erinnern sich an seine Aussagen! –, das dritte Mal ist es um den Präsidenten der Deutschen Bundesbank ge­gangen, jetzt ist es um die Frauen gegangen! (Abg. Grillitsch: Was hat der Herr Voves gesagt?)

Wenn Bundeskanzler Schüssel sagt, wäre er ein Linker, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann würde die ganze Emanzentruppe vor ihm „flach liegen“, dann heißt das in der Schüssel-Sprache nichts anderes als: Ich bin ein Rechter und ich erwarte mir: Unterwürfigkeit, Dankbarkeit und bedingungslosen Gehorsam! (Abg. Steibl: Das ist eine totale Unterstellung!) Das ist uminterpretiert in Schüssel-Sprache! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Vielleicht hat er aber 600 ÖVP-Frauen auf dem Bundeskongress davon überzeugt, dass sie, von so viel Anerkennung überwältigt, auf dem Boden flach liegen sollen. (Zwi­schenruf des Abg. Schöls.) Emanzipierte Frauen, die für Gleichstellung eintreten, überzeugt das keinesfalls! Das kann ich Ihnen auch sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Besonders verwerflich finde ich: Flach liegen, flachlegen! Sie wissen, wie man das auch uminterpretieren kann. (Abg. Steibl: Und was hat Voves gesagt?) Besonders ver­werflich finde ich, dass ein Kollege der ÖVP-Fraktion, der zurücktreten musste, weil er gewalttätig gegen seine Frau geworden ist, noch immer hier in diesem Hause sitzt. Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wissen Sie, wir reden mit den Arbeiterinnen in den Betrieben. (Abg. Dr. Fekter: Wir sind nicht so frustriert!) Wir reden mit den Lehrerinnen in den Schulen. Wir reden mit Unternehmerinnen. Wir reden mit Frauen, die im Pflegebereich tätig sind, wir reden mit Ärztinnen. Wir wissen, was diese Frauen brauchen. Wir haben auch die Programme dazu. (Abg. Steibl: Na so etwas! Ihr jammert ja nur!) – Kollegin Steibl, je lauter Sie sind, desto nervöser sind Sie. Ich kenne Sie schon! (Abg. Dr. Brinek: Keine Ahnung!) Wir reden mit Künstlerinnen, wir reden mit allen Gruppen aus der Bevölkerung. (Abg. Scheibner: Na, was sagen denn die?) Wir reden in Augenhöhe mit den Leuten. Wir wollen niemanden flach auf dem Boden liegen sehen. Mit einem sozialdemokratischen Bundeskanzler kann man das nämlich auf gleicher Höhe diskutieren! Merken Sie sich das! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir behandeln Frauen und Männer gleichermaßen mit Respekt! (Abg. Steibl: Na, so etwas!) Ich darf zum Abschluss Johanna Dohnal zitieren (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) – das ist mein Schlusssatz, Herr Präsident! –, die dazu meint:


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„Als Mitglied der Emanzengruppe teile ich Ihnen mit,“ – nämlich dem Herrn Bundes­kanzler – „dass ich Ihren Wunsch, vor Ihnen flach zu liegen, keinesfalls erfüllen könnte. Sie sind mir zu klein, daher ist mir das zu tief.“ (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das ist aber auch tief! Das ist wie Voves! – Abg. Dr. Jarolim: Ein genialer Schlusssatz! Aus dem Herzen gesprochen!)

9.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. 5 Minuten. – Bitte.

 


9.35.58

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Gla­wischnig, Sie haben in Ihrer Rede gemeint, dass Frauenanliegen ernst genommen werden sollen, und auch Frau Heinisch-Hosek hat jetzt gerade angeführt, dass sie sich als die Anwältin der Frauen fühlt. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!)

Ich kann Ihnen sagen, wie es aussieht, wenn Sie wirklich wo mitsprechen können – und da gehe ich ganz hinunter auf die Ebene der Kommunalpolitik –: Im Innviertel, in meiner Heimatgemeinde, wurde von den Grünen und von der SPÖ der Frauenaus­schuss abgeschafft. (Rufe bei der ÖVP: He! Oh! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unge­heuerlich!) Genau das Gremium also, in dem man ganz konkret für Frauen Arbeiten verrichten kann! Sie reden nur hier im Hohen Haus, halten Sonntagsreden, und wenn es um konkrete Arbeiten für Frauen geht, dann sagen Sie, dass Sie dafür nicht arbei­ten wollen, und ziehen sich aus Ihrer Verantwortung zurück. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Sie werden es nicht schaffen, die erfolgreiche Frauenpolitik dieser Bundesregierung schlechtzumachen, denn die Fakten, Taten und Zahlen, auch wenn Sie diese nicht wahrhaben wollen, sprechen für uns. Die Frauenerwerbsquote kann man nicht wegdis­kutieren. Wir sind hier im Spitzenfeld der Europäischen Union – noch vor den skandi­navischen Ländern. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist so etwas von einem Blödsinn!) Ganz erfreulich ist, dass die Arbeitslosigkeit der Frauen gesunken ist. Wir hatten gegenüber dem Vorjahr im August 7 000 arbeitslose Frauen weniger zu ver­zeichnen.

Das heißt: Erste Erfolge auf Grund der Beschäftigungsoffensive, die diese Bundesre­gierung gesetzt hat. Über 100 Millionen € wurden für Qualifizierung und Wiedereinstieg für Frauen zur Verfügung gestellt. Wir sehen, das wirkt, und wir sehen, dass auch Er­folge verzeichnet werden. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Quelle: AMS!)

Wir haben aber in den letzten Jahren auch in vielen anderen Bereichen für Frauen vie­les erreicht. Ich erinnere nur an die Umsetzung des Stalking-Gesetzes, wobei Psycho­terror jetzt für Frauen endlich wirklich verfolgbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben erreicht, dass verstärkte Förderungen für Frauen im Wissenschaftsbereich, im Sport, aber auch in Forschung und Entwicklung durchgesetzt wurden. Ganz beson­ders freut mich, dass es durch die Aufhebung des Berufsverbotes beim Kinderbetreu­ungsgeld endlich auch keine Zwei-Klassen-Frauen mehr gibt. Das heißt: Alle Frauen – egal, ob sie vorher berufstätig waren oder nicht – erhalten ein Kinderbetreuungsgeld, die Wahlfreiheit wird dadurch vergrößert und es herrscht kein Berufsverbot mehr.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind auch stolz darauf, dass das Recht auf El­ternteilzeit durchgesetzt wurde. Gerade Rot und Grün haben immer gefordert, dass es eine Teilzeitarbeit geben muss. Sobald es eingeführt wurde, waren Sie grundsätzlich


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dagegen. Ich kann Ihnen ganz klar sagen und mittels Studien beweisen, dass 94 Pro­zent der Frauen, die in Teilzeitjobs tätig sind, freiwillig in Teilzeitjobs sind (Abg. Sil­havy: Sie haben der Ministerin nicht zugehört! Die hat etwas anderes gesagt!) und sehr froh sind, dass sie dadurch die Möglichkeit haben, Beruf und Familie besser ver­einbaren zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ein wichtiger Bereich, der sehr erfolgreich umgesetzt wurde, ist die eigenständige Al­terssicherung. Auch da sind wir sehr froh, dass Frauen dadurch geholfen wird, in Zu­kunft eigenständig Pensionen zu erhalten, denn gerade Frauen, die viel gearbeitet haben, die sich viel für die Familie eingesetzt haben, haben heute sehr kleine oder gar keine Pensionen. Mit der neuen Pensionsharmonisierung braucht man nur mehr sie­ben Erwerbsjahre und kann auch Kindererziehung für eine Pension heranziehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben auch für die Zukunft sehr ambitionierte Ziele: Wir fordern die Verbesserung und Optimierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine Gleichstellung der Frauen im Berufsleben. Da fordere ich auch ganz besonders die Gewerkschaften auf, Frau Kollegin Csörgits! Schauen Sie, dass die Kol­lektivverträge besser verhandelt werden! Schauen Sie auch, dass es Kollektivverträge für Frauenberufe gibt, in denen es heute noch keine Kollektivverträge gibt!

Das heißt, unser Ziel für die Zukunft ist: gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes, eine flexiblere Einrichtung für Kinderbetreuung und die Ab­setzung der Kosten.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Politik des BZÖ für Frauen orientiert sich nicht an ideologischen Zielen. Wir jammern nicht (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), sondern wir übernehmen Verantwortung und suchen Lösungen für die Frauen dort, wo solche wirklich notwendig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

9.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.41.23

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Verehrte Frau Kollegin Achleitner, Sie haben gesagt, dass die Teilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt in Österreich höher sei als in skandinavischen Ländern – die so genannte Erwerbs­quote. Wie soll ich sagen? Statistik ist immer interpretierbar. Sie haben nicht berück­sichtigt, dass in der Erwerbsquote, die Sie zitieren, Teilzeitbeschäftigte genauso ent­halten sind wie Frauen, die einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen.

Bezüglich der 94 Prozent der Frauen, die angeblich mit Teilzeit einverstanden sind: Diese Studie zeigen Sie mir einmal bitte! (Beifall bei den Grünen.) Ich würde von Ihnen persönlich nicht annehmen, dass Sie, wenn eine Frau Sie um Rat fragt: Soll ich auf Dauer einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen?, ihr das raten würden, wohl wissend, dass Frauen in Teilzeitbeschäftigungen weniger Chance auf Weiterbildung und Ausbil­dung im Betrieb haben. Das geht in der Regel an jene Personen, die vollzeitbeschäftigt sind. Frauen in Teilzeitbeschäftigung sind daher aus einer Vielzahl von Gründen nicht gleichermaßen in Karrierepositionen, in der Aufstiegsleiter sozusagen, und sie werden das drittens in der Pension maßgeblich spüren, wenn sie längere Zeit Teilzeit beschäf­tigt sind.

Das werden Sie doch, wenn Sie ehrlich sind, einer Frau, die Sie um Rat fragt, sagen! Sie können daher mit Sicherheit nicht davon ausgehen, dass 94 Prozent, wenn Sie sich über die Folgen einer längeren Teilzeitbeschäftigung im Klaren sind, damit voll zu­frieden sind. Das glaube ich Ihnen nicht. (Beifall bei den Grünen.)


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Meine Damen und Herren von der ÖVP und dem BZÖ, im „profil“ von Ende August war ein Artikel über die Bilanz in der Frauenpolitik. Der Titel lautete:

„Familienpolitik ging der Regierung vor Frauenpolitik, die Anreize für den Berufsaus­stieg wurden verstärkt. Babyfalle und Lohngefälle sind größer geworden.“

Politik der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern hat nicht stattgefunden, analy­siert die Politologin Sieglinde Rosenberger.“

Sieglinde Rosenberger ist Professorin an der Universität Wien, eine der ganz wenigen Frauen, die es geschafft haben, nicht nur zu studieren und nicht nur die Assistenten­laufbahn et cetera zu durchlaufen, sondern Professorin zu werden – eine der ganz we­nigen.

Gudrun Biffl, eine der ganz wenigen Frauen, die es geschafft haben, in Spitzenposi­tionen der Wirtschaftsforschung aufzusteigen, tätig am Wirtschaftsforschungsinstitut, Gudrun Biffl sagt über das Kindergeld:

Es „animierte viele Frauen zum längeren Berufsausstieg, der Einstieg erfolgte oft nur auf Teilzeitjobs, und der erhöhte Alleinverdienerabsetzbetrag förderte zusätzlich das Hausfrauendasein. Biffls Fazit: Das Zuhausebleiben wird zu stark subventioniert.

Meine Damen und Herren! Das sind nicht ideologische Fragen, hätte ich gedacht! Frau Familien- oder Frauenministerin? – Frauenministerin! Sie kommen gleich mit links/rechts, wenn es um die Gleichbehandlung und die gleichen Chancen der Frauen am Arbeitsmarkt geht. Da kommen Sie mit diesem Links-Rechts-Geschwafel? Ich hätte gedacht, dass wenigstens in diesem Punkt Übereinstimmung herrscht, dass das keine Frage von links/rechts ist, sondern einfach höchst an der Zeit, dass wir die Talente der Frauen genauso nutzen, genauso entwickeln, wie jene der Männer. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sicher brauchen wir zum Beispiel eine Reform des Kindergeldes, eine Reform, die sicherstellt, dass die Frauen erstens nicht so lange vom Arbeitsmarkt verdrängt wer­den – und das setzt zweitens voraus, dass die Männer starke Anreize erhalten, sich zu gleichen Teilen an der Kinderbetreuung zu beteiligen. (Abg. Steibl: Sie wollen den Kündigungsschutz ausweiten! Wie passt denn das zusammen?) Das kann man doch machen! Wenn Sie das aber nicht wollen, wenn Sie das als linke, verabscheuungs­würdige Politik ansehen, dass Frauen am Arbeitsmarkt gleiche Chancen haben sollen, dann kann ich das nur zur Kenntnis nehmen – allerdings mit großem Bedauern! Ich hoffe, dass die WählerInnen das auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich brauchen wir Änderungen bei den Kindergärten und an den Schulen. Bei den Kindergärten geht es um die Zahl der Betreuungsplätze, die Qualität der Betreuung und die Frage der Öffnungszeiten, vor allem am Nachmittag und am frühen Abend. Bei den Schulen braucht es eine stärkere Betonung nicht nur der Nachmittagsbetreuung, meine Damen und Herren von der ÖVP, sondern echte Ganztagsschulen, die ein pädagogisches Konzept haben – im Gegensatz zur Nachmittagsbetreuung. (Beifall bei den Grünen.)

Das muss ja nicht unbedingt flächendeckend sein, aber es muss ein ausreichend gro­ßes Angebot sein, damit eine tatsächliche Wahlfreiheit existiert. (Abg. Dr. Fasslabend: Das will niemand! Genau um das geht es!) Bei den Kindergärten speziell ist Österreich im europaweiten Vergleich Nachzügler, Herr Kollege Fasslabend von der ÖVP! (Abg. Dr. Fasslabend: Schauen Sie nach Niederösterreich! In Wien vielleicht! In Niederös­terreich nicht!) Erst bei den Fünfjährigen erreichen wir den Durchschnitt der EU-15, sozusagen der entwickelten Industriestaaten der EU (Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen), bei den Drei- und Vierjährigen liegen wir deutlich darunter.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 26

Da sind Reformen angesagt. Österreich kann und darf es sich nicht leisten, die Diskri­minierung der Frauen am Arbeitsmarkt weiter beizubehalten! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


9.46.56

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Eingangs sei mir gestattet, etwas anzumerken: Werte Kol­legin Heinisch-Hosek, wenn Sie kritisieren, so etwas dürfe einem Bundeskanzler nicht passieren, dann sagen Sie das bitte auch dem Landeshauptmann Voves, was ihm nicht passieren darf! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich schätze einen ... (Abg. Öllinger: Er hat sich entschuldigt!) – Heute in der Zeitung, Herr Kollege Öllinger, steht wieder etwas anderes: Er hat es wiederholt. – So viel dazu. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Trotzdem kann sich Wolfgang Schüssel entschuldi­gen! Soll sich Wolfgang Schüssel nicht entschuldigen?)

Weil Sie, werte Kollegin Glawischnig, den öffentlichen Dienst angeführt haben, darf ich Ihnen den öffentlichen Dienst präsentieren: Wir stehen im öffentlichen Dienst nicht schlecht da, wenn Sie den Landesdienst dazurechnen, es ist nicht nur der Bundes­dienst. Insgesamt hat sich der Frauenanteil im Bundesdienst in den letzten Jahren um 2,1 Prozent erhöht. Ich erkläre Ihnen, was das bedeutet: nämlich auf 38 Prozent! (Beifall bei der ÖVP.) Der stärkste Anstieg ist bei den Richterinnen und Staatsanwältin­nen zu verzeichnen, nämlich von 29,5 auf 41,8 Prozent. Und die Akademikerinnen ge­samt sind von 38,1 Prozent – und lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen! – auf 50,3 Prozent gestiegen.

Sie wissen, dass im Bundesdienst eingespart wird. Wenn man das berücksichtigt, be­deutet es, dass derzeit fast nur Frauen in diesem Bereich in den Bundesdienst aufge­nommen werden, und ich bin stolz darauf, dass es so ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Na bravo!)

Die Frauenförderpläne und das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz zeigen ihre Wir­kung. Ich bin dankbar, dass es inzwischen in allen Ministerien, in allen Universitäten Frauenförderpläne gibt. Vor allem bin ich der Frau Bundesministerin dankbar, denn zwei Universitäten haben sich doch noch ein bisschen dagegen gesperrt, aber letzt­endlich haben es auch diese durch Ihr Drängen geschafft, einen Frauenförderplan zu­stande zu bringen.

Ich möchte auch Gender Mainstreaming erwähnen, ich möchte das Bundes-Gleich­behandlungsgesetz erwähnen, wo wieder Verbesserungen für Frauen drinnen sind, ich möchte die Aus- und Weiterbildung erwähnen, wo Frauen lernen, ihre Chancen wahr­zunehmen, und ich möchte Elternkarenz und Wiedereinstiegsseminare erwähnen. Letztendlich möchte ich auch auf das von Bundesministerin Maria Rauch-Kallat initi­ierte Orientierungsseminar allgemein – im Mutter-Kind-Pass ist ein Gutschein drinnen – hinweisen, das Frauen eine Hilfe geben soll, ihre Planung für den Wiedereinstieg, den Umgang mit den Vertretungszeiten in der Karenz und Fortbildungen zu gestalten. Und ich möchte auch die Möglichkeit von Teilzeitarbeit und die Förderung von Telearbeit er­wähnen.

Ein wesentliches Projekt – und ich denke, das ist auch für die Frauenentwicklung in höhere Positionen ganz wichtig – ist das Projekt Mentoring.

Letztendlich ist es so, dass dieses Projekt Mentoring bereits bund- und länderübergrei­fend läuft – Cross-Mentoring –, das heißt, es gibt eigene Folgeprojekte, das Projekt hat


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Nachwuchs bekommen, und das ist ja schön. Es gibt Business-Mentoring, es gibt die Business-Mentoring-Messe.

Nur ganz kurz: Cross-Mentoring soll die beruflichen Potentiale der Frauen dem Dienst­geber sichtbar machen, und das ist letztendlich wesentlich, weil wir Frauen die Seil­schaften, die teilweise bei den Männern bestehen, nicht haben. Es sollen auch die Frauennetzwerke gefördert und so Frauen in Führungspositionen etabliert werden, aber auch Frauen in allen Hierarchieebenen ermutigt werden, sich einzubringen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Steiermark einiges an Umsetzung für die Frauen bereits gelaufen ist. In den Führungsebenen gibt es bereits 40 Referatsleiterin­nen, eine Bezirkshauptfrau – das ist eine Frau der ÖVP –, und 19 Abteilungsleiterinnen beziehungsweise Fachabteilungsleiterinnen von 47 sind in den Führungsebenen, elf davon in Teilzeit.

Apropos Teilzeit: Es gibt das Projekt „Führen in Teilzeit“, um es Frauen zu ermögli­chen, auch in Teilzeit Führungsaufgaben zu übernehmen, und wir haben ein Tele­arbeitsprojekt. Dieses Telearbeitsprojekt steht aber möglicherweise vor dem Aus. Zu­ständig dafür ist Landeshauptmann Franz Voves, und dieser hat kein Geld dafür ver­anschlagt. (Abg. Steibl: Schon wieder!) Ich hoffe, dass er sich doch noch besinnt und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ernst nimmt, dass die SPÖ nicht nur Wasser predigt und Wein trinkt.

Die ÖVP mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel übernimmt Verantwortung. Wir sind für Frauen da, nachlesbar auf der Homepage. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die ÖVP hat ein umfangreiches Programm. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Wir sind für Frauen da, weil wir Frauen zuhören, und am 1. Oktober wird das bewiesen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Bundesminis­terin Rauch-Kallat. Ihre Redezeit beträgt diesmal 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Wo ist denn der Herr Bundeskanzler? Der lässt Sie ganz alleine! Ich finde das nicht in Ordnung!)

 


9.52.24

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich vielleicht gleich auf die Ausführungen des Herrn Abge­ordneten Van der Bellen eingehen. Herr Klubobmann, ich gebe Ihnen nicht Recht, was die Teilzeitbeschäftigung und die Weiterqualifizierung anlangt. Aus der Lebenssituation von Frauen wissen wir, dass gerade in einer Teilzeitbeschäftigung die Weiterqualifizie­rung viel eher möglich ist als in einer Vollzeitbeschäftigung mit familiären Verpflichtun­gen. (Abg. Sburny: In der Freizeit!)

Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, dass Arbeitsmarktpolitik für Frauen nicht zwangsläufig etwas mit links oder rechts zu tun hat. Ich gebe Ihnen aber nicht Recht, wenn Sie nicht sehen, dass Arbeitsmarktpolitik sehr eng mit Wirtschaftspolitik verknüpft ist und Wirtschaftspolitik sehr wohl etwas mit links oder rechts zu tun hat. (Abg. Sbur­ny: Wo leben Sie denn?) Wenn ich mir anschaue, wie Deutschland nach sieben Jah­ren rot-grüner Regierung – links-links – dasteht – 4 Millionen Arbeitslose, ein blühen­des Land sozusagen zum Abstieg gebracht – und wie Österreich nach sieben Jahren Bundeskanzler Schüssel aufgeblüht ist und eine gute Situation weltweit hat (Abg. Scheibner: Na, ganz allein hat er das nicht gemacht!), dann kann ich Ihnen nur sagen, den Unterschied möchte ich schon sehen: linke Wirtschaftspolitik gegen bürgerliche Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 28

Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek, Sie haben gesagt: Wir reden mit den Beschäftig­ten, mit den Bürgern, mit den Bäuerinnen – die haben Sie übrigens nicht erwähnt! –, wir reden mit den Künstlerinnen, wir reden mit den Frauen. – Ja, glauben Sie, wir tun das nicht?! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, das glaube ich!) Wir haben 60 000 ÖVP-Frauen in ganz Österreich in mehr als 2 000 Ortsgruppen, die sehr wohl nicht nur in Wahl­zeiten, sondern auch in allen Zeiten dazwischen mit den Frauen reden und tatsächlich das erheben, was die Frauen wirklich brauchen und was sie sich wünschen. Und der Unterschied zu Ihnen ist, wir reden nicht nur, wir handeln, Frau Abgeordnete. Das ist der Unterschied. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Heinisch-Ho­sek: Ja, ja!)

Wir jammern nicht, wir setzen tatsächlich etwas um. Wir handeln für die Frauen in unserem Land!

Lassen Sie mich auf einen Aspekt eingehen: Wir wünschen uns für die Frauen in Ös­terreich ein selbstbestimmtes, ein eigenständiges und wirtschaftlich unabhängiges Le­ben (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wünschen sich ...!), das auch die Wahlfreiheit beinhaltet. Auch wenn Johanna Dohnal meint, die Frau Minister Rauch-Kallat wüsste nicht einmal, was selbstbestimmt heißt (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist eine Frechheit!), kann ich das nur unter die übliche Überheblichkeit einordnen, die die SPÖ-Frauen in den letzten Jahren entwickelt haben. Ich habe mit Johanna Dohnal vor 15 Jahren ganz gut zusammengearbeitet – noch in einer rot-schwarzen Regierung.

Eine Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben in Wahlfreiheit ist die wirtschaft­liche Unabhängigkeit und der Schutz vor Armut. Ich erinnere daran, was die SPÖ auf­geführt hat, als es darum ging, das Kinderbetreuungsgeld für alle einzuführen. Es war nicht möglich in der Regierung mit der SPÖ! (Zwischenruf der Abg. Bures.) Erst diese Regierung hat es zustande gebracht, dass es jetzt Kinderbetreuungsgeld für alle – auch für Studentinnen, für Schülerinnen, für Hausfrauen und für Bäuerinnen und Ge­werbetreibende – gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheit­lichen – BZÖ.)

Das war das größte Armutsbekämpfungsprogramm der Zweiten Republik. Und wissen Sie, was Ihre Familiensprecherin Mertel damals gesagt hat? – Ich gönne den Frauen das Kinderbetreuungsgeld nicht! – Vor laufender Fernsehkamera in der „ZiB 2“. Ich bin ihr gegenüber gesessen. Das ist soziale Kälte in der SPÖ, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Jahrelang haben wir dafür gekämpft, dass Kinderbetreuungszeiten für die Pension an­gerechnet werden. Diese Regierung hat vier Jahre Kinderbetreuungszeit für die Pen­sion nicht auf einer Basis wie unter SPÖ-Ministern in der Ausgleichszulagenrichtsatz­höhe, sondern mit 1 350 € pro Monat zusätzlich zu allem, was die Frau in dieser Zeit verdient, sichergestellt. Das ist Armutsbekämpfung im Alter! (Beifall bei der ÖVP.)

Zusätzlich hat es noch eine Reihe von Maßnahmen im Rahmen der Steuerreform ge­geben. Die absolute Steuerfreiheit für geringere Einkommen kommt mehrheitlich Frau­en zugute. Der Alleinverdienerabsetzbetrag pro Kind kommt vor allem allein erziehen­den Frauen zugute, und Sie wissen, dass allein erziehende Frauen am ehesten von Ar­mut betroffen sind. (Abg. Öllinger: Alleinverdiener! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Allein verdienen und allein erziehen, das ist ein Unterschied!) Das ist aktive Politik, meine Damen und Herren. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Die Wählerinnen und Wähler werden Gott sei Dank unterscheiden können, wer wirklich Frauenpolitik macht, die den Frauen in Österreich zugute kommt und wer nur jammert und beklagt, wie schlecht alles ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

9.57



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 29

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Auch Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Fekter: Da ist wieder alles so schlecht! Alle sind so deprimiert!)

 


9.58.03

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Als ich mir Ihre Rede jetzt so angehört habe, habe ich manchmal gedacht, Sie glauben die eigene Propaganda wirklich. Wenn Sie vom blü­henden Land und der grandiosen Wirtschaftspolitik sprechen, dann darf ich Sie alle daran erinnern, dass vor einigen Jahren, was das Wirtschaftswachstum betrifft, Öster­reich noch ganz vorne in Europa war und heute Schlusslicht in Europa ist. (Abg. Dr. Fekter: Das ist Unsinn!) Das ist grandiose Wirtschaftspolitik? Na, das weiß ich nicht. (Abg. Dr. Fekter: Leben Sie im vorigen Jahrhundert?)

Zur Frauenpolitik: Frau Bundesministerin, ich hätte mir heute von Ihnen als Frauen­ministerin schon erwartet, dass Sie klare Worte der Distanzierung zu der gestrigen Ent­gleisung des Bundeskanzlers finden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es wäre Ihnen, Frau Bundesministerin, vor allem in Ihrer Rolle als Frauenministerin gut angestanden, klare Worte zu den selbstherrlichen Phantasien des Herrn Schüssel zu finden, dass die Frauen vor ihm flach liegen. (Ruf bei der ÖVP: Bundeskanzler Schüs­sel!)

Aber Sie, Frau Bundesministerin, haben dieses Bild leider noch ergänzt, indem Sie eine unterwürfige Haltung eingenommen haben und von Erhabenheit gesprochen ha­ben. Also, Frau Bundesministerin, das legt leider ziemlich deutlich offen, was Sie in den letzten Jahren als Frauenministerin verabsäumt haben. Sie haben, das haben Sie jetzt auch gerade bewiesen, eine Ministrantinnenrolle eingenommen, Frau Bundesmi­nisterin, eine Ministrantinnenrolle, in der Sie alles schöngeredet haben, was an Ver­schlechterungen für die Frauen passiert ist. (Abg. Großruck: Ministrare heißt: dem Volk dienen!)

Da Sie es angesprochen haben: Besonders in Erinnerung ist mir da Ihre Reaktion auf die Pensionsreform geblieben – eine Pensionsreform, zu deren großen VerliererInnen selbstverständlich die Frauen zählen, weil durch das geringe Anheben der Kinderbe­treuungszeitenanrechnung überhaupt nicht, bei weitem nicht wettgemacht wird, was die Frauen dadurch verlieren werden, dass viel mehr Jahre künftighin zählen werden. Das Ergebnis Ihrer Pensionsreform ist, dass Frauen künftighin in der Pension in Armut leben werden.

Wenn man sich vor Augen hält, dass heute schon die durchschnittliche Frauenpension bei 600 € liegt, die Arbeiterinnenpension bei 500 € und künftig die Frauen noch weni­ger bekommen werden, dann kann man nur sagen: Das reden Sie schön als Frauen­ministerin? Das ist wirklich beschämend, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und um zu einem der traurigsten Kapitel der politischen Bilanz der Regierung Schüssel zu kommen (Abg. Großruck: Die BAWAG ist das traurigste Kapitel!): Die traurigste Bilanz ist, dass die Armutsgefährdung in unserem Land in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist! Seit die Regierung Schüssel im Amt ist, leben in Österreich viel mehr Menschen in Armut. Eine Million Menschen ist armutsgefährdet, eine halbe Million Menschen lebt akut in Armut, und davon sind vor allem Frauen betroffen – und das ist kein Zufall! (Abg. Großruck: Das ist die Statistik der sozialistischen Arbeiterkammer!) Denn: Wenn wir uns das Märchen von den vielen Frauenarbeitsplätzen anschauen, die mehr geschaffen worden sind, so kann man ganz klar nachweisen, welche das sind.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 30

Es ist in den letzten Jahren die Zahl der Teilzeitbeschäftigungen extrem angestiegen, und es ist die Zahl der geringfügigen Beschäftigungen extrem angestiegen. Und da finden wir vor allem die Frauen. Drei Viertel der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen, und drei Viertel der geringfügig Beschäftigten sind Frauen. Und die haben ganz kleine Ein­kommen, obwohl sie arbeiten, ja mehr arbeiten wollen. Das Ergebnis ist, dass wir in Österreich, seit Sie in der Regierung sind, seit Sie die Regierungsverantwortung maß­geblich tragen, ein Phänomen haben, das wir vorher nicht gekannt haben: dass näm­lich Menschen, die arbeiten, trotzdem Sozialhilfe brauchen, weil sie nicht mit dem aus­kommen, was sie in den kleinen Beschäftigungsverhältnissen verdienen, obwohl sie viel arbeiten.

Die Zahl der Sozialhilfeempfänger hat sich in den letzten Jahren, seit Sie Regierungs­verantwortung maßgeblich tragen, sage und schreibe verdoppelt. Das Phänomen der Working Poor, der Menschen, die arbeiten und trotzdem Sozialhilfe brauchen, breitet sich immer mehr aus, die Zahl dieser Menschen ist extrem angestiegen. Und das ist ein äußerst trauriges Kapitel Ihrer Bilanz! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Nun komme ich zu Ihrem „Teilzeit-Märchen“, dass 80 Prozent der Frauen wünschen, Teilzeit zu arbeiten. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Die Rechnung ist ganz einfach: Sie rechnen diejenigen dazu, die wegen Kinderbetreuungspflichten zu Hause bleiben ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Frau Kollegin!

 


Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (fortsetzend): ..., weil sie keine entsprechenden Rahmenbedingungen vorfinden. Es ist jetzt nämlich eine Untersuchung erschienen, die deutlich beweist, dass ein erheblicher Anteil der Frauen gerne Vollzeit arbeiten würde, wenn es die entsprechenden Bedingungen dafür gäbe. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.03.43

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Kollegin Kuntzl, ich wehre mich einfach dagegen, dass Sie, so wie Ihre Kolleginnen und Kollegen auch, Teilzeit­jobs schlichtweg verteufeln.

Es gibt sehr viele Frauen, die froh sind, dass sie überhaupt einen Arbeitsplatz haben, und es gibt auch sehr viele Frauen, die froh sind, dass sie Teilzeitjobs haben, weil sie sich gerne in der restlichen Zeit um ihre Kinder kümmern. Das müssen Sie eben ein­mal akzeptieren: dass es solche Frauen auch gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Sie brauchen uns da keine Studien zu zitieren, sondern Sie können genauso, wie wir es auch tun, mit den Frauen in diesen Bereichen sprechen. Es gibt Frauen, die das eine wollen, und es gibt natürlich auch Frauen, die sagen, sie wollen nicht auf ewig Teilzeitjobs haben, sondern sie wollen in der Zukunft, dann, wenn die Kinder aus dem Gröbsten heraußen sind, wieder eine Vollzeitbeschäftigung haben. Und da muss man sie dann auch unterstützen, dass sie diese erhalten. Aber man soll nicht die Zeit ver­teufeln, in der es Teilzeitjobs gibt, denn es sind sehr, sehr viele Frauen sehr froh, dass sie genau diese Jobs haben.

Zum zweiten Punkt: Wenn Sie die pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten an­sprechen, dann muss ich Sie schon – auch weil Sie über die Bilanz sprechen – daran erinnern, dass pensionsbegründende Kindererziehungszeiten in Zeiten der SPÖ-Re-


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 31

gierungsverantwortung nicht existent waren, die hat es nicht gegeben. Diese wurden erst mit dieser Regierung unter BZÖ-Beteiligung eingeführt. Erst seither gibt es pen­sionsbegründende Kindererziehungszeiten. Auch das muss Ihnen noch einmal ganz, ganz laut gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wenn Sie hier so groß davon reden, dass Sie sich in Ihrer Zeit so viel für Frauen ein­gesetzt haben, dann muss ich Sie fragen: Warum haben Sie es denn nicht geschafft, dass es endlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt? Was ist Ihnen denn da misslun­gen? (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Wir haben uns auch sehr bemüht. Geben Sie doch auch einmal zu, dass Ihre Frauenministerin Dohnal da nichts erreicht hat! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Sie brauchen nicht zu lachen, es ist nichts gelungen, die Schere ist weiter auseinander gegangen – und das zu Ihren Zeiten! Die Schere ist jetzt auch nicht besser zusammen­gegangen. Auch das muss man eingestehen! Wir sagen ja nicht, dass alles grandios und alles bestens ist. Es gibt noch sehr viel zu tun. Aber hier alles schlechtzureden ist sicherlich auch das Falsche. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das gilt vor allem dann, wenn es um die Pensionen für die Frauen geht. Da gibt es eben die pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten. Wir haben erreicht, dass bei den 15 Versicherungsjahren, die für die Pension notwendig sind, zu den sieben Jah­ren, die als Erwerbstätigkeit notwendig sind, die Zeit der Pflege eines behinderten Kin­des zählt. Das wird zur Gänze vom Bund getragen. Dazu zählt auch die Weiterver­sicherung bei Pflege naher Angehöriger. Ganz neu dazugekommen ist: Das zählt in Zukunft auch für jene Versicherten, die noch überhaupt keine Erwerbstätigkeit hatten, wenn sie nahe Angehörige pflegen. Und es zählen dazu auch die Zeiten der Familien­hospizkarenz.

Das alles sind Zeiten, die zur Pension dazuzählen. Und jetzt kommt eben neu dazu, dass das auch gilt, wenn man noch nicht erwerbstätig war. In Anbetracht dessen sagen Sie, dass wir den Frauen, die gerade diese Tätigkeiten ausüben, nicht helfen, dass sie danach auch eine Pension haben!

Warum gibt es denn heute so viele Frauen, die keine Pension haben? – Weil Sie jahre­lang, jahrzehntelang Regierungsverantwortung hatten. Deshalb haben wir jetzt diese Lücke für die älteren Frauen, die jetzt in Pension sind. Nehmen Sie das auch einmal zur Kenntnis! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Sie meinen, ich weiß nicht, wovon ich rede, Frau Kollegin Silhavy? Sie verschließen die Augen davor, was wirklich passiert ist: dass Sie jahrzehntelang Verantwortung ge­tragen haben und jahrzehntelang für die Frauen nur gesprochen, aber nichts erreicht haben. Davon sprechen wir heute und hier! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Wir reden mit den Frauen – im Gegensatz zu Ihnen! – Abg. Mag. Wurm: Stillstand!)

Wenn wir von der Zukunft sprechen, dann geht es uns seitens des BZÖ darum, dass wir die Situation für die Frauen noch mehr verbessern. Und da gehört für uns natürlich auch dazu, dass wir die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld abschaffen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Es ist uns letztes Mal nicht gelungen, weil es die ÖVP in dieser Form nicht haben wollte. Aber ich finde es sehr schön, dass es uns überhaupt gelungen ist, das Kinderbetreuungsgeld einzuführen. (Abg. Mag. Wurm: Wer hat eigentlich das Karenzgeld eingeführt?)

Erinnern Sie sich doch an die gesamte Diskussion, auch seitens der ÖVP, wo es ge­heißen hat, dass wir einen Kinderscheck in Österreich einführen wollen! In Kärnten ha­ben wir es gezeigt, haben wir es als erstes Bundesland mit einer Unterschriftenaktion durchgesetzt. (Abg. Mag. Wurm: Wer hat eigentlich das Karenzgeld eingeführt?)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 32

Bundesweit wurde das dann umgesetzt mit dem Kinderbetreuungsgeld in Österreich – und das nur deshalb, weil wir in der Regierung sind, und nicht deshalb, weil die ÖVP in der Regierung ist. Das muss man auch einmal sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Wurm: Wer hat das Pflegegeld eingeführt?)

Ihnen ist es davor nicht gelungen, sondern eben erst mit der neuen Regierung, die ja doch eine Wende in Österreich herbeigeführt hat, wurde es durchgeführt. Wir haben das umgesetzt, und es wird jetzt natürlich auch verbessert werden, weil man immer wieder erkennt, dass es noch andere Dinge gibt, die man da tun muss. Ein Bonus zum Kinderbetreuungsgeld für Geschwisterkinder zum Beispiel oder mehr Anreize für Väter, auch ihren Anteil zu leisten, zum Beispiel in Form eines freiwilligen Vatermonats – da­zu soll es einen Parallelbezug beim Kinderbetreuungsgeld innerhalb der ersten beiden Monate geben –, sind da wichtige Punkte.

Natürlich gehören – und da sind wir vielleicht einmal alle einer Meinung – auch die Kin­derbetreuungseinrichtungen noch mehr ausgebaut. (Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen.) Aber das ist, wie Sie auch wissen, nicht Bundes-, sondern Landessache.

Es wäre schön, wenn sich die Frauen aller Parteien einmal zu einem gemeinsamen Antrag hier im Haus – ohne Scheuklappen der Ideologie – finden würden, um die Dinge für die Frauen zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.09.14

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung, vor allem Frau Ministerin! Ihr Schicksal ist ja eigentlich typisch: Was diese Regierung von Frauen wirklich hält, hat der Kanzler ge­rade wunderschön auf den Punkt gebracht mit seiner Aussage „Wäre ich ein Linker, würde die ganze Emanzentruppe vor mir flach liegen“. (Abg. Dr. Fekter: Natürlich!) – „Natürlich“ sagt die Frau Familiensprecherin auch noch dazu. Sie unterstützen diese Formulierung auch noch. Okay. (Abg. Dr. Fekter: ... gegen Ministerin Gehrer!)

Statt sich heute hier für diese unsägliche Wortwahl und Entgleisung zu entschuldigen oder sich zumindest zu trauen, sich herzusetzen und sich die Kritik selber anzuhören, wird die Frauenministerin vorgeschickt, die das entschuldigen soll, darüber hinwegtäu­schen soll und im Übrigen bei dieser Gelegenheit auch noch schönreden soll, warum sie jetzt jahrelang in der Frauenpolitik nichts machen konnte oder durfte oder vielleicht auch nicht wollte. Denn: Es ist ein offizieller Befund von einer Universitätsprofessorin sogar da, der besagt, dass in der Frauenpolitik in den letzten Jahren nichts passiert ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Eine Universitätsprofessorin muss sich auch nicht auskennen in der Frauenpolitik!)

Aber ich will jetzt nicht die Versäumnisse der gesamten Bundesregierung der Frau Mi­nisterin umhängen, obwohl sie ja auch etwas dagegen hätte tun können, zumindest öffentlich, wenn schon nicht im Ministerrat mit einem Veto, sondern ich schaue mir ihre eigene Performance an.

Was haben Sie, Frau Ministerin, denn selber für die Frauen gemacht? – Sie haben vor­hin, als meine Kollegin Eva Glawischnig darauf hingewiesen hat, wie wenige Frauen es im öffentlichen Dienst in Top-Positionen gibt, in den Sektionsabteilungen der Ministe­rien, kritisiert, dass sie sich nur ein Ministerium angeschaut hat. Okay. Wir können uns gerne andere Ministerien anschauen, Frau Ministerin, und ich suche mir jetzt das aus, das vorbildlich sein sollte, nämlich Ihr eigenes Ministerium.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 33

Sie als Frauenministerin werden doch sicher dafür Sorge getragen haben, dass mehr Frauen in Top-Positionen kommen. Sie haben vier Sektionen, davon werden drei von männlichen Sektionschefs geleitet, und nur eine, nämlich die Frauensektion, die man ja schlecht mit einem Mann besetzen kann, hat eine weibliche Sektionschefin. Drei zu eins!

Aber dazu kommt noch: Sie haben nicht nur Sektionen, sondern Sie haben auch einen eigenen Bereich geschaffen, und der heißt „Verbrauchergesundheit“. Es ist ein Bereich geschaffen worden, damit man nicht formal eine Sektion ins Leben rufen musste. Und da höre ich schon interessante Dinge und frage Sie jetzt einmal, Frau Ministerin: Stimmt es, dass sich um die Bereichsleiterposition damals nicht nur ein Mann, der jetzt den Job hat, der Herr Mag. Herzog, beworben hat, sondern eine genauso gut qualifi­zierte Frau? Stimmt es, dass die Frau den Job nicht bekommen hat, sondern Sie den Job einem Mann gegeben haben, der im Übrigen sogar noch parallel dazu Kabinetts­mitarbeiter bei Ihnen ist? Also er ist somit sowohl Bereichsleiter als auch Kabinetts­mitarbeiter. Stimmt es, dass die sich bewerbende Frau daraufhin ein Verfahren vor der Gleichbehandlungsanwaltschaft angestrengt hat? Und, Frau Ministerin, stimmt es, wie ich höre, dass sie dieses Verfahren gewonnen hat, dass sie Recht bekommen hat und Sie Strafe zahlen mussten?

Das ist die Bilanz der Frauenministerin bei der Beförderung von Frauen in Top-Positio­nen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ehrlich gesagt, Frau Ministerin, mit dem, was Sie vorhin an Zahlenmaterial geboten haben, hätten Sie, glaube ich, schlechte Chancen beim PISA-Test. Denn: Wo ist die Einkommensschere für Frauen geschlossen worden? Wir haben erst gestern im Fern­sehen bei der TV-Konfrontation das aktuelle Bild eingeblendet bekommen: 1995 hatten Frauen 68,8 Prozent eines Männergehaltes, 2005 hatten sie 67,2 Prozent. Und Sie sagen da noch, die Einkommensschere sei geschlossen worden?! Ja wo denn? Nicht einmal in Ihrer eigenen Sektion haben die Frauen aufgeholt. Österreichweit verdienen Frauen heute im Durchschnitt im Vergleich zu den Männern weniger als noch vor zehn Jahren. Das ist ein eindeutiger Rückschritt, den Sie zu verantworten haben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die gleiche Zahlenspielerei versuchen Sie uns bei der Erwerbsquote sozusagen vorzu­turnen: Es seien so viele Frauen in Österreich beschäftigt, dass wir da eine Top-Posi­tion einnehmen, dass wir Weltmeister oder so irgendetwas sind. Tatsache ist – wenn man sich die Statistiken anschaut, sieht man das eindeutig (die Rednerin zeigt eine Graphik) –, dass die Frauenarbeitslosigkeit steigt. Da ist eine schöne Graphik, und zwar AMS-Zahlen, keine Zahlen von linken Emanzentrupps oder was immer Sie sonst irgendwo verordnen in Ihrer Paranoia. – Entschuldigung, das nehme ich zurück! (Abg. Steibl: ... , das ist Wahnsinn!)

Wenn man sich anschaut, wo die Frauen arbeiten, so sieht man, dass es vor allem ge­ringfügige Beschäftigungen, prekäre Beschäftigungen, die schon genannten Teilzeitbe­schäftigungen sind, die wenige Frauen wirklich freiwillig haben. (Neuerliche Zwischen­rufe der Abg. Steibl.) Wo ist denn die Freiwilligkeit bei einer Supermarktregalein­schlichterin, die gar nichts anderes bekommt außer einem Teilzeitjob, aber dann 44, 45 Stunden die Woche ohne Überstundenzuschläge arbeiten soll? Wo sind denn die vielen tollen Jobs für die qualifizierten Frauen, von denen Sie gesprochen haben? Ich schaue mir nur die Spitze an, die Forscherinnen. Wo sind denn Forscherinnen in Ös­terreich bevorzugt worden? Wir haben in Österreich erbärmlich niedrige Anteile an For­scherinnen, an Forschungsansuchen von Frauen und an Genehmigungsraten, insbe­sondere im internationalen Vergleich. (Beifall bei den Grünen.)


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Wo haben die Wiedereinsteigerinnen ihre große Chance, wenn sie nicht einmal einen Computerkurs vom AMS ohne fixe Jobzusage bekommen. Und da, Frau Abgeordnete Riener, sitzen Sie am völlig falschen Pferd, wenn Sie meinen, die Frauen sollen für die­se Politik dankbar sein. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Dankbarkeit für das Einfordern von selbstverständlichen Rechten ist wirklich das Letzte, was man von Frauen verlangen sollte. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

10.15.00Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4726/J und 4727/J;

2. Anfragebeantwortungen: 4543/AB bis 4632/AB;

Beilagen zu Anfragebeantwortungen: Zu 4624/AB und Zu 4574/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 859/A der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird,

Antrag 860/A der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem ein Heizkostenausgleichsfonds eingerichtet wird (Heizkostenausgleichsfondsgesetz),

Antrag 861/A der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der Österreichischen Volkspartei hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Ta­gesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 4728/J der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 35

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4483/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Ge­schäftsordnung gestellte Verlangen der Abgeordneten Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4483/AB der Anfrage 4536/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verkehrssicherheit in Österreich, Zahlen und Fakten, verkehrspolitische Maß­nahmen II durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die Kurzdebatte im Anschluss an diese stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 5 und 6 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt. Dementsprechend wurde eine Tagesblockzeit von sechs „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 105 Minuten, Freiheitliche – BZÖ 72 Minuten sowie Grüne 78 Minuten.

Wir kommen darüber zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das erfolgt einstimmig. Wir gehen daher so vor.

10.17.291. Punkt

Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Öster­reich-Konvents, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-136/1584 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Frau Dr. Baumgartner-Gabitzer. Ihre Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


10.17.54

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Tagesordnungspunkt 1 ist der Bericht des Besonderen Ausschusses über die Ergebnisse der Verhandlungen beziehungsweise den Bericht des Österreich-Konvents. Dieser gründet sich auf eine 19-monatige Arbeit des Österreich-Konvents – eine wirklich sehr anstrengende Zeit, eine intensive Zeit der Diskussion und eine sehr wertvolle Zeit zum Verfassungsthema.

Ich möchte mich hier zunächst in aller Form bei allen Expertinnen und Experten bedan­ken, die im Österreich-Konvent eine ganz wichtige Arbeit geleistet haben, denn Ver-


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fassungsrecht ist sehr diffizil. Ich möchte mich daher ausdrücklich für deren Mitwirken bedanken, auch wenn am Ende keine neue Verfassung steht. Aber es steht ein inter­essanter Bericht am Ende. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Wichtigstes Ziel der ÖVP war es, in diesem Konvent zu einer schlanken, verständ­lichen und auch übersichtlichen Verfassung zu kommen. Im Laufe der Jahrzehnte ist unsere Verfassung ausgeufert, und letztendlich hat ihre Verständlichkeit, ihre Klarheit und ihre Übersichtlichkeit massiv gelitten.

Zweiter wesentlicher Beweggrund der ÖVP war es, einen Grundrechtskatalog zu schaffen und in die Verfassung zu implementieren, der auch soziale Grundrechte be­inhaltet und sich an internationalen Standards orientiert.

Dritter ganz wesentlicher Punkt war, auf der einen Seite die bewährten Verwaltungs­strukturen zu belassen und auf der anderen Seite Doppelgleisigkeiten zu beseitigen und den Rechtsschutz zu verbessern.

Diese drei Ziele waren für uns, die ÖVP, die wichtigsten, da sie sich am Wohle des Bürgers orientieren.

Es waren im Zuge der Diskussionen noch viele andere Punkte auf der Tagesordnung, deren Realisierung auch für uns wichtig gewesen wäre, wie zum Beispiel, die Kompe­tenztatbestände neu zu ordnen und zu verbessern, die Stellung des Bundesrates und seine Einbeziehung in die nationale Gesetzeswerdung zu verbessern und auch den Rechtsschutz auszubauen. Alles das sind Punkte, deren Umsetzung wichtig gewesen wäre.

Ich möchte nun die wichtigsten Punkte herausnehmen, das sind jene, die sich an den Bürgerinnen und Bürgern orientieren.

Erstens: Verfassungsbereinigung. – Für uns war es immer wichtig, eine Verfassungsur­kunde zu haben und daneben nur wenige Verfassungstrabanten, das sind historische Gesetze, wie zum Beispiel das Neutralitätsgesetz, das Habsburgergesetz oder das Ge­setz über die Wiederbetätigung. Diesbezüglich sind sich die SPÖ und die ÖVP durch­aus nahe gekommen. Ein Konsens in der nächsten Legislaturperiode dürfte daher möglich sein.

Zweitens: Präambel in der Verfassung. – Wir wollten eine Präambel in der Verfassung, in welcher die wichtigsten Grundsätze der Verfassung festgehalten sind. Ich habe nie verstanden, warum das die Opposition so vehement abgelehnt hat. Es ist in vielen, vor allem den neuen, modernen Verfassungen Europas durchaus üblich, einen solchen Textteil in der Verfassung zu haben. Aber ich habe lediglich einen Justament-Stand­punkt sowie eine massive Ablehnung von Seiten der anderen Parteien im Konvent da­zu erlebt.

Die SPÖ hat zahlreiche neue Staatsaufgaben kreiert – Staatsaufgaben, die unserer Meinung nach nicht erforderlich sind; zudem darf auch die Kostenfrage nicht außer Acht gelassen werden. Wir lehnen es auch ab, dass sich der Staat in unzählige Ange­legenheiten der Menschen einmischt, da wir dies als nicht notwendig erachten.

Dritter wichtiger Punkt für uns war die Schaffung eines Grundrechtskataloges, ausge­stattet auch mit sozialen Grundrechten. Besonders wichtig sind natürlich die liberalen Grundrechte, die klassischen Abwehrrechte gegenüber dem Staat, wie zum Beispiel der Schutz des Hausrechtes oder die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Diese Reche existieren natürlich bereits; unser Ziel ist es jedoch, diese Rechte in einer übersichtlichen Form in die Verfassungsurkunde zu integrieren. Darüber hinaus wollten wir auch soziale Grundrechte im Grundrechtskatalog haben, wie etwa das Recht auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Recht auf Bildung und Ähnliches.


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Bei den sozialen Grundrechten war uns besonders wichtig, auf die persönliche Verant­wortung der Grundrechtsträger zu achten, das heißt: keine staatliche Bevormundung und keine Kontrolle. Diesbezüglich war eine Konsensfindung nicht möglich. Leichte An­näherungen waren erkennbar. Ich hoffe daher, dass wir auch hier eine Lösung finden.

Beim Wahlrecht ist es uns schon seit Jahrzehnten wichtig, die Briefwahl einzuführen. Ich habe, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, nie verstanden, warum es zur Einführung der Briefwahl keine Zustimmung von Seiten der Opposition gibt. Es ist eine auf international durchaus üblichem Niveau befindliche Weiterentwicklung. Nichts hat es da seitens der Oppositionsparteien an Bewegung gegeben. Ich bedauere das außerordentlich.

Wir werden aber nicht müde werden, immer wieder das Briefwahlrecht zu fordern, weil es einem modernen Menschen, der sehr flexibel ist, der mobil ist, der selber weiß, was er wählt, entspricht. Die Befürchtungen, dass dadurch die persönliche Ausübung des Wahlrechts beeinträchtigt wird, sind meiner Meinung nach an den Haaren herbeigezo­gen. (Beifall bei der ÖVP.)

Vierter und ganz wesentlicher Punkt sind die Verwaltungsstrukturen. Wir wollen bei dem Bewährten wie den Bezirkshauptmannschaften bleiben, wir wollen keine Experi­mente, wir wollen keine Aufblähung der Verwaltung, so wie die von der SPÖ vorge­schlagenen Regionen mit eigenem Statut, das ist unserer Meinung nach unsinnig. Die Verwaltung muss funktionieren, vor allem in der ersten Instanz. Daher müssen wir das Bewährte, wo schnell agiert wird, auch erhalten.

Was wir hingegen brauchen, das sind Landesverwaltungsgerichte erster Instanz. Auch ein Bundesverwaltungsgericht, zum Beispiel in Asylfragen, erscheint uns wichtig. Dies­bezüglich kam es zu Annäherungen mit der Opposition. Ich denke, dass es in der nächsten Legislaturperiode möglich sein wird, da einen Konsens zu finden.

Lassen Sie mich, bevor ich unseren Entschließungsantrag einbringe, eine kurze Be­merkung allgemeiner Natur machen.

Der Konvent hat am Beginn mit unglaublich viel negativer Begleitmusik begonnen – Begleitmusik von Seiten der Opposition, die sich dagegen gesperrt hat und bereits von Anfang an gesagt hat, dass ein solcher Konvent nicht erforderlich sei.

Wir glauben aber, dass dieser Konvent wichtig war. Wir sind froh, dass dieser Konvent stattgefunden hat, und meinen, dass er gute Arbeit geleistet hat. Ich bedauere außer­ordentlich, dass es im Konvent keine bessere Konstruktivität seitens der Oppositions­parteien gegeben hat.

Wir glauben, dass wir das Verfassungsrecht weiterentwickeln müssen, dass wir eine Verwaltungsreform durchführen müssen, und wir werden nicht müde werden, auch in der nächsten Legislaturperiode dafür zu werben und hier Bundesgenossen zu suchen.

Jetzt lassen Sie mich noch zu unserem Entschließungsantrag kommen, der bereits verteilt wurde. Ich möchte ihn nun in seinen Kernpunkten erläutern beziehungsweise werde ihn vorlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform

Der Nationalrat begrüßt die bisherigen umfangreichen Arbeiten an einer Verfassungs­reform, die vom Österreich-Konvent eingeleitet und vom Besonderen Ausschuss zur Beratung des Berichts des Österreich-Konventes weitergeführt wurden, und ersucht in


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diesem Zusammenhang die Bundesregierung, die Arbeiten an einer zukünftigen mo­dernen Bundesverfassung auf der Grundlage dieser Ergebnisse mit dem Ziel, ein über­sichtliches und für die Bürger verständliches Verfassungswerk ohne die zahlreichen einzelnen Nebengesetze und Verfassungsbestimmungen zu schaffen, voranzutreiben.

Dabei sollen in einem umfassenden und zeitgemäßen Grundrechtskatalog auch die so­zialen Grundrechte nach dem Vorbild der Europäischen Grundrechtscharta gewährleis­tet werden.

Die Einrichtung von Verwaltungsgerichten in den Ländern soll eine Beschleunigung der Verfahren sowie eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirken.

Eine zeitgemäße Aufgabenteilung soll sich an den Fähigkeiten der Gebietskörperschaf­ten (Bund, Länder und Gemeinden) orientieren. In diesem Zusammenhang soll die Rolle der Gesetzgebungsorgane überdacht werden.

Bei allgemeinen Wahlen soll künftig eine Briefwahl unter voller Wahrung der Grund­sätze des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden.

Anstelle des bisher die Sicherheit Österreichs in der Verfassung abbildenden Prinzips der umfassenden Landesverteidigung soll eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem neuen und modernerem Prinzip der umfassenden Sicherheitsvorsorge zur Gewährleistung der Sicherheit des Staates und seiner Bürger festgeschrieben werden.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen von der Opposi­tion! Ich lade Sie ein, diesem – hoffentlich auch Ihrer Meinung nach – sehr wichtigen Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

10.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Baumgartner-Gabitzer eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabit­zer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform, eingebracht im Zuge der Debatte des Nationalrates zum Bericht des Besonderen Aus­schusses zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents, vorgelegt vom Bun­deskanzler (III-136/1584 d.B.)

Das Gründungskomitee des Österreich-Konvents, in dem alle vier Parlamentsparteien vertreten waren, hat folgende Grundsätze und Zielsetzungen des Österreich-Konvents festgelegt:

„Der Konvent zur Staatsreform hat die Aufgabe, Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform auszuarbeiten, die auch Voraussetzungen für eine effi­zientere Verwaltung schaffen soll.

Die künftige Verfassung soll eine zukunftsorientierte, kostengünstige, transparente und bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben ermöglichen.


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Dabei sollen insbesondere folgende Bereiche beraten werden:

eine umfassende Analyse der Staatsaufgaben

die Kompetenzverteilung mit dem Ziel, einen klaren, nach Aufgabenbereichen geglie­derten Kompetenzkatalog zu schaffen

das Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung unter dem Gesichtspunkt des Legalitätsprinzips

die Struktur der staatlichen Institutionen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des effizienten Mitteleinsatzes, der Bürgernähe sowie der Entwicklungen des E-Govern­ment

die Grundzüge der Finanzverfassung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zu­sammenführung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung und eines bedarfsge­rechten Finanzausgleichs

die Einrichtung einer effizienten Kontrolle auf Bundes- und Landesebene und die Ge­staltung des Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt rascher und bürgernaher Ent­scheidungen.

Der Konvent soll zuletzt auch Textvorschläge für einen straffen Verfassungstext aus­arbeiten.

Ziel des Konvents ist es somit einen neuen Verfassungstext zu schaffen, der in knap­per, aber umfassender Form sämtliche Verfassungsbestimmungen enthält. Die Bau­gesetze der österreichischen Bundesverfassung (also das demokratische Prinzip, das bundesstaatliche Prinzip, das rechtsstaatliche Prinzip und die republikanische Staats­form) bleiben aufrecht.“

Der Österreich-Konvent hat sich in insgesamt 17 Plenarsitzungen und 179 Sitzungen der verschiedenen Ausschüsse umfangreich mit allen Themen der Verfassungsreform beschäftigt und verschiedene Textvorschläge erarbeitet, von einer Einigung war man jedoch – nicht zuletzt aufgrund der mangelnden Kompromissbereitschaft der Opposi­tion – bis zum Schluss weit entfernt.

Diese Beratungen wurden im Besonderen Ausschuss des Nationalrates weiter vertieft. Dabei konnten einige wesentliche Schritte hin zu einer weiteren Verfassungsbereini­gung und zur Einführung von Landesverwaltungsgerichten in Österreich gefunden wer­den, ein Konsens für eine neue österreichische Verfassung konnte allerdings nicht ge­funden werden.

Darüber hinaus wurden seitens der Sozialdemokratischen Fraktion im Besonderen Ausschuss zuvor im Österreich-Konvent bereits erreichte Konsense aufgekündigt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat begrüßt die bisherigen umfangreichen Arbeiten an einer Verfassungs­reform, die vom Österreich-Konvent eingeleitet und vom Besonderen Ausschuss zur Beratung des Berichts des Österreich-Konvents weitergeführt wurden und ersucht in diesem Zusammenhang die Bundesregierung, die Arbeiten an einer zukünftigen mo­dernen Bundesverfassung auf der Grundlage dieser Ergebnisse mit dem Ziel, ein über­sichtliches und für die Bürger verständliches Verfassungswerk ohne die zahlreichen einzelnen Nebengesetze und Verfassungsbestimmungen zu schaffen, voranzutreiben.


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Dabei sollen in einem umfassenden und zeitgemäßen Grundrechtskatalog auch die so­zialen Grundrechte nach dem Vorbild der Europäischen Grundrechtscharta gewährleis­tet werden.

Die Einrichtung von Verwaltungsgerichten in den Ländern soll eine Beschleunigung der Verfahren sowie eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirken.

Eine zeitgemäße Aufgabenteilung soll sich an den Fähigkeiten der Gebietskörperschaf­ten (Bund, Länder und Gemeinden) orientieren. In diesem Zusammenhang soll die Rolle der Gesetzgebungsorgane überdacht werden.

Bei allgemeinen Wahlen soll künftig eine Briefwahl unter voller Wahrung der Grund­sätze des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden.

Anstelle des bisher die Sicherheit Österreichs in der Verfassung abbildenden Prinzips der Umfassenden Landesverteidigung soll eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem neuen und moderneren Prinzip der umfassenden Sicherheitsvorsorge zur Gewährleistung der Sicherheit des Staates und seiner Bürger festgeschrieben werden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Wattaul – in Richtung des sich zum Redner­pult begebenden Abg. Dr. Wittmann –: Peter, nicht so aggressiv!)

 


10.27.41

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Zum Teil kann ich die Aussagen meiner Vorrednerin durchaus teilen, weil ich glaube, dass wir hinsichtlich mancher Punkte in einer relativ umfassen­den Form weitergekommen sind.

Ich möchte auch festhalten, dass es wichtig war, einmal zu wissen, was jeder will. Das war nämlich in den letzten Jahren, in denen ich die Bundesstaatsreform verhandeln durfte, nicht immer klar. Das ist jetzt auf dem Tisch, und ich glaube, auf Grund dieser Ausgangslage wird man in der Lage sein, in der nächsten Legislaturperiode weitere Fortschritte zu erzielen.

Man kann sicher sagen, dass man eine sehr weitgehende Annäherung im Haushalts­recht gefunden hat. Bei den Landesverwaltungsgerichtshöfen und bei den Grundrech­ten ist man auch sehr weit gekommen. Bei der Rechtsbereinigung ist man ebenfalls sehr weit gekommen. Ich glaube, dass wir auf die Vorarbeiten, die geleistet wurden, aufsetzen können.

Nur war die Grundstimmung ein Problem, und zwar deshalb, weil die ÖVP davon aus­gegangen ist, dass man alles, was sie sagt, auch machen muss. Und das ist nicht der Fall.

Es hat sich im Zuge der Diskussion im Konvent herausgestellt, weil wir in der Frage der Neutralität standhaft geblieben sind, dass nun die Neutralität auch bei der ÖVP wieder ein Thema ist.

Ich erinnere an die Ansage des Bundeskanzlers zur Neutralität, dass das so wie die Mozartkugeln und die Lipizzaner in den Bereich der Geschichte gehört. Wir sind alle froh, dass wir nicht danach gehandelt haben, sondern dass wir darauf gedrungen ha­ben, dass die Neutralität weiterhin verankert bleiben soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei den Blau-Orangen war es immer der möglichst schnellste Beitritt zur NATO, was sie wollten, und die Aufgabe der Neutralität. Bei den Blauen wird jetzt plakatiert, dass


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sie die Hüter der Neutralität sind, was unverständlich ist, denn sie waren die Ersten, die die Neutralität aufgeben wollten, die gesagt haben: Wir wollen in die NATO hinein! (Abg. Scheibner: Fragen Sie einmal Ihren Klubobmann!) Das gilt auch für das BZÖ. Ich glaube, dass es gut war, da nicht gleich marktschreierisch nachzugeben, sondern diesen Wert auch weiterhin in die Diskussion einzubringen.

Im Großen und Ganzen kann man sagen, es ist eine gute Grundlage, die zusammen­gefasst hat, was in der Gesellschaft diskutiert wird, und auf der man aufbauen kann. – Aber lassen Sie mich zu einigen aktuellen Themen kommen:

Ich glaube, dass Nachholbedarf in Glaubwürdigkeit in Verfassungsfragen schon gege­ben ist. Insbesondere wenn man sich die Ortstafelfrage und die Frage des Umgangs mit Verfassungsbestimmungen in Kärnten in Bezug auf die Ortstafeln ansieht, muss man sich wirklich wundern, wie man dann ernsthaft von der Reform der Verfassung sprechen kann.

In Wirklichkeit wird ja die Einleitung eines Verfahrens wegen Amtsmissbrauchs nur deswegen verhindert, weil die ÖVP sich nicht dazu durchringen kann (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das waren doch Ihre Regierungsmitglieder, die 2001 dem zugestimmt haben!), in dieser Frage gegen den Landeshauptmann von Kärnten vorzugehen. Wir machen uns in ganz Europa lächerlich! (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja beschämend!) Es ist unglaublich, wie schwierig es ist, hier den Rechtsstaat über die persönlichen Inter­essen zu stellen. Der Landeshauptmann von Kärnten ist jemand, der den Rechtsstaat in Frage stellt, lächerlich macht und herabwürdigt mit den Aktionen, die er momentan in Kärnten setzt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eure Landesräte haben dieser Regelung 2001 zugestimmt! – An Skurrilität nicht mehr zu überbieten!)

Ich denke, in das Bild dieser Vorgangsweise passt natürlich auch die Aussage des Herrn Mainoni (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eure Landesräte haben dieser Regelung 2001 zugestimmt! Eure Landesräte! Die SPÖ hat zugestimmt!), der zum Restitutions­fonds sagt: Wir haben uns hier eingekauft, und wir haben uns mit der ÖVP zusammen­gesetzt und haben gesagt: Okay, wie viel kostet uns es, dass wir uns eine Ruhe bei den jüdischen Organisationen erkaufen? – Eine derartige Herabwürdigung des Grun­des einer zeitgeschichtlichen Aufarbeitung einer Schuld habe ich überhaupt noch nie erlebt!

Das passt ins Bild: Haiders Umgang mit den Ortstafeln, Mainonis Umgang mit der zeit­geschichtlichen Aufarbeitung, mit der Wiedergutmachung. – Mit dieser Aussage hat er einer zeitgeschichtlichen Aufarbeitung eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte jede moralische Grundlage entzogen! (Abg. Scheibner: Und wieso haben Sie 50 Jahre dazu gebraucht?) Er hat mit einer derartigen Aussage in der Öffentlichkeit, in der inter­nationalen Öffentlichkeit Österreich geschadet, und er hat diese NS-Opfer noch einmal zu Opfern gemacht, weil diese Vorgangsweise offensichtlich nur zynisches machtpoliti­sches Kalkül war – und nicht eine ehrliche Aufarbeitung der Geschichte. Und das ist ja eine Darstellung, die Europa nicht akzeptieren kann! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass das ein Sittenbild dieser Regierung war (Abg. Scheibner: Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Sitten!), denn es passt natürlich auch die Aussage des Kanz­lers dazu: Wäre ich ein Linker, würde die Emanzentruppe vor mir liegen! – Das ist doch dieselbe Sprache, derselbe machtpolitische Zynismus, der aus diesem Zitat spricht, wie bei Mainonis Zitat! Das ist eben diese zynische Machtpolitik, diese Überheblichkeit, die in dieser Regierung stattgefunden hat (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), und ich glaube, dagegen kann man sich nur verwahren. Und die verfassungsrechtliche Diskus­sion sollte von solche Argumenten frei bleiben!

Ein Wort zur Staatsanwaltschaft. – Meine Damen und Herren! Die Instrumentalisierung der Staatsanwaltschaft (Abg. Scheibner: Das ist ja ungeheuerlich!) zu Wahlkampfzwe-


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cken durch die Ministerin (Abg. Scheibner – auf den Redner weisend –: Skandalös! Ungeheuerlich!) ist unfassbar, unerträglich und im Tiefsten abzulehnen! Deswegen haben wir als SPÖ einen Antrag gestellt beziehungsweise einen Vorschlag einge­bracht, nämlich einen weisungsungebundenen Bundesstaatsanwalt einzuführen. (Abg. Dr. Fekter: ...! Vertuschen wollt ihr!) Dieser ist notwendiger denn je, wenn man diese Vorgangsweise, diese Instrumentalisierung der Staatsanwaltschaft durch die Ministerin (Abg. Scheibner: Ungeheuerlich! Ungeheuerlich! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja eine Farce!), insbesondere des Leiters der Gruppe Wirtschaft bei der Staatsanwalt­schaft Wien, sieht. Genau Staatsanwalt Schön ist jemand, dem ein besonderes Nahe­verhältnis zum Kabinett der Frau Minister nachgesagt wird. Dieser Staatsanwalt hat schon bei der letzten Wahl ein Verfahren über die Wahl gezogen, unnötigerweise über die Wahl gezogen – kurz nach der Wahl, 14 Tage später, wurde es eingestellt, weil es völlig haltlos war. Jetzt macht er genau das Gegenteil: Wieder wird er instrumenta­lisiert, wieder dieser Mann! (Ruf bei der SPÖ: Unerhört! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unerhörtes Gerede, ja!)

Man muss ganz einfach sagen, man muss sich auch einmal anschauen, was da alles an die Öffentlichkeit gelangt an Akten aus der Justiz! Man muss sich anschauen, wie sie verfälscht oder teilweise zur Gänze weitergegeben werden an Zeitungen, an die Öf­fentlichkeit! – Das ist einer Staatsanwaltschaft nicht würdig, und man muss diese Rolle dieses Staatsanwaltes Schön, des Leiters dieser Abteilung, wirklich einmal hinterfra­gen, denn dieser dürfte eine Schüsselfigur in der Instrumentalisierung der Justiz spie­len. (Abg. Dr. Fekter: ...! Diese Einmischung ist ungeheuerlich! Typisch! Typisch: An­schütten!) Und die Ministerin war sich nicht zu schade, die Justiz dafür einzusetzen, um in diesen Wahlkampf auch massiv einzugreifen.

Und das passt in den Machtmissbrauch der Regierung, das passt in die überhebliche Machtpolitik, in das Machtkalkül der ÖVP! Und das passt in diese Allmacht, in alle Staatsgebiete einzugreifen (Abg. Dr. Fekter: ... AKH-Skandal!), und letztendlich nur sich selbst als Maß aller Dinge zu sehen.

Das werden wir in einer Verfassung nicht zulassen, und wir werden alles daransetzen, dass diese Machtvollkommenheit nicht weiter fortgesetzt wird! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, wollten Sie nicht einen Entschlie­ßungsantrag einbringen?

 


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Deswegen habe ich auch noch den Auftrag, folgenden Antrag einzubringen (Abg. Neudeck: Der muss sehr „wichtig“ sein, dieser Antrag!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Wittmann, Dr. Jarolim und KollegInnen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Be­stimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvor­lage mit folgendem Inhalt zuzuleiten:

Einrichtung eines unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts, der an Stel­le des Justizministers die Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden bildet (Abg. Dr. Fekter: Eine Vertuschungsinstitution wollen Sie schaffen!)

Wahl des Bundesstaatsanwalts durch den Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit


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Amtsdauer des Bundesstaatsanwalts von sechs Jahren; keine vorzeitige Abwahl

Interpellationsrecht des National- und Bundesrates gegenüber dem Bundesstaatsan­walt wie gegenüber einem Bundesminister

Verantwortlichkeit des Bundesstaatsanwalts vor dem Verfassungsgerichtshof wie Mit­glieder der Bundesregierung (Staatsgerichtsbarkeit im Falle von schuldhaften Rechts­verletzungen)

Verankerung der Staatsanwälte als Organ der Rechtspflege in der Bundesverfassung.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Wittmann eingebrach­te Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Wittmann, Dr. Jarolim und KollegInnen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt er­gänzt wird, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Wittmann, Dr. Jarolim und KollegInnen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Be­stimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1

Die Vorgangsweise des Staatsanwaltes in der Causa BAWAG hat neuerlich gezeigt, wie problematisch es ist, dass die Staatsanwälte dem Justizminister weisungsunter­worfen sind und ihr gesamter Karriereverlauf vom „Wohlwollen“ des jeweiligen Justiz­ministers abhängt. Im konkreten Fall hat der Staatsanwalt Medien über „Tür und An­gel“-Gespräche eines Hauptverdächtigen im Kriminalfall BAWAG berichtet und be­hauptet, Wolfgang Flöttl habe eine Finanzierung der SPÖ durch die BAWAG in den Raum gestellt. Statt dass diesen Angaben durch formelle Vernehmungen unverzüglich nachgegangen wird, wobei sich ihre Unhaltbarkeit rasch herausgestellt hätte, tauchen sie viele Wochen später – sicher nicht zufällig – in der Endphase des Wahlkampfes in den Medien auf. Ermöglicht wurde dies dem Staatsanwalt durch eine „Sonderregelung“ der Justizministerin, die - abweichend vom allgemeinen Medienerlass - in der Causa BAWAG dem Staatsanwalt eine unmittelbare Information der Medien erlaubt hat.

Aber auch in anderen Fällen hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Weisungs­befugnis des Justizministers dazu führt, dass die Staatsanwälte und damit die Gerichte ihrer Arbeit nicht ungehindert und objektiv nachgehen können. Erinnert sei nur an den „Spitzelskandal“ und an die Tatsache, dass nur das Wirken einer BZÖ-Justizministerin erklären kann, warum in der Kärntner Ortstafelfrage – Nichtumsetzung eines VfGH-Er­kenntnisses und einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung – nicht schon längst Anklage wegen Amtsmissbrauchs gegen den zuständigen Landesrat bzw. den zuständigen Bezirkshauptmann und wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch gegen den Kärntner Landeshauptmann erhoben worden ist.

Durch diese Vorfälle hat die langjährige Forderung der SPÖ nach einer unabhängigen Weisungsspitze für die Staatsanwaltschaften neue Aktualität erhalten. Die SPÖ hat


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hiefür bereits wiederholt Initiativanträge eingebracht, zuletzt den Antrag IA 126/A, XXII. GP vom 7. Mai 2003, auf dessen nähere Begründung verwiesen wird.

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschlie­ßen:

Entschließung:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage mit folgendem Inhalt zuzuleiten:

Einrichtung eines unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts, der an Stel­le des Justizministers die Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden bildet

Wahl des Bundesstaatsanwalts durch den Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit

Amtsdauer des Bundesstaatsanwalts von sechs Jahren; keine vorzeitige Abwahl

Interpellationsrecht des National- und Bundesrates gegenüber dem Bundesstaatsan­walt wie gegenüber einem Bundesminister

Verantwortlichkeit des Bundesstaatsanwalts vor dem Verfassungsgerichtshof wie Mit­glieder der Bundesregierung (Staatsgerichtsbarkeit im Falle von schuldhaften Rechts­verletzungen)

Verankerung der Staatsanwälte als Organ der Rechtspflege in der Bundesverfassung

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Scheibner. Wunschredezeit: 9 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des zu seinem Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Dr. Wittmann –: ... eine brillante Rede! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kommt jetzt!)

 


10.37.22

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Jarolim hat mir jetzt ein Stichwort gege­ben, denn er hat gesagt, das war eine brillante Rede. Da fällt mir der Spruch ein: „Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst die Zwerge lange Schatten.“ (Heiter­keit und Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) – Es muss nicht immer die Kultur sein, es kann auch manchmal die Politik sein.

Denn, meine Damen und Herren, ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) – Ja, lieber Kollege Jarolim! Gleich dazu ... (Abg. Dr. Jarolim: Das ist bei Schüssel ...!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Jarolim, Sie kennen die Regel: Zwi­schenrufe nur vom eigenen Platz aus! – Es würde mich schmerzen, Ihnen in der letzten Sitzung der Gesetzgebungsperiode noch einen Ordnungsruf hinaufdoppeln zu müssen. (Abg. Neudeck: Er will es auf zehn bringen!) Das tue ich nicht gerne. Also bitte halten Sie sich zurück!

Am Wort ist Herr Abgeordneter Scheibner.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Herr Präsident! Lassen Sie den Kol­legen Jarolim nur dazwischenrufen, denn für solche Hölzln, die er immer wirft, bin ich sehr dankbar. So etwas braucht man als Redner ab und zu (Abg. Gaál: Das hilft dir nichts!), dass dem Kollegen Jarolim, egal, wo er sitzt, auch ein bisschen zugelassen wird, seine Zwischenrufe hier einzubringen, denn, meine Damen und Herren: Kollege


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Jarolim war es ja immer, der in seltener Offenheit und Ehrlichkeit die Arbeit der Frau Justizministerin Gastinger in den höchsten Tönen gelobt hat! (Abg. Dr. Fekter: Ja!) Er hat gesagt: Wunderbar!, und: So etwas hat es überhaupt noch nie gegeben! (Abg. Dr. Jarolim: Das ist das Schicksalhafte! Das ist ja das Schicksalhafte an ...!), und: Unabhängig!, und: Wie sie dynamisch ihr Ressort führt! – Und er hat geklagt darüber, dass sie ja eigentlich noch viel mehr machen könnte, wenn nicht der Koalitionspartner alles Mögliche behindern würde. – So weit, so gut.

Jetzt plötzlich, wo es der SPÖ an den Kragen geht (Abg. Dr. Fekter: ... Sumpf!), wo die SPÖ bis zum Hals im ÖGB-BAWAG-Sumpf drinnen steckt und die Justiz handelt – viele von uns haben sich gefragt: Na, wieso dauert denn das so lange? (Abg. Dr. Jaro­lim: Das haben wir uns auch gefragt! – Ruf bei der SPÖ: 1. Oktober!), und da haben wir gesagt: Na, die trauen sich da nicht so richtig!, aber wir hätten nie von Beeinflus­sung von irgendwem gesprochen, sondern die haben ihre Erkenntnisse getroffen –, passen die Erkenntnisse der SPÖ nicht. Und plötzlich, anstatt dass man sagt: Ja, wir haben etwas aufzuklären und wir haben etwas zu bereinigen!, greift man die unab­hängige Justiz an und dann gleich auch die Justizministerin – die Justizministerin, die immer klargelegt hat, dass sie eben keine Weisung erteilen wird, egal in welche Rich­tung. – Das wissen Sie halt nicht, denn so etwas kennen Sie von der SPÖ nicht, denn unter Ihrer Zeit hat es mehrfach Weisungen und politisches Eingreifen und Einschrei­ten in die unabhängige Justiz gegeben. (Abgeordnete der ÖVP nicken zustimmend.) Das ist Ihre Art von Rechtsstaat, meine Damen und Herren von der SPÖ, aber nicht unsere! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Wittmann, wenn Sie jetzt hier einen Entschließungsantrag einbringen, wie Sie sich die unabhängige Staatsanwaltschaft vorstellen würden, und man liest dann in diesem Antrag, dass man einen Bundesstaatsanwalt will, der im Nationalrat mit Zwei­drittelmehrheit gewählt werden soll (Abg. Dr. Fekter: Ja! SPÖ-genehm!), dann weiß ich schon, Herr Kollege Wittmann, das ist Ihre Vision, nämlich: Zurück zur großen Koali­tion, wo wir endlich wieder in diesem Land schalten und walten können, wie wir wollen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Peinlich ist das!) – Und dann will man in diesem Rechtsstaat noch einen politisch gewählten Staatsanwalt an die Spitze setzen!? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich! Peinlich!)

Meine Damen und Herren, mehr braucht man wirklich nicht mehr, um Ihre wahren Ab­sichten zu sehen. Ein Grund mehr, um dafür zu sorgen, dass Sie diese Dinge nie ver­wirklichen können! – Wir stehen zu einer unabhängigen, weisungsfreien Justiz! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: ... weisungsgebunden!)

Ja, sie sind weisungsgebunden, aber es gibt keine Weisungen, Herr Kollege Öllinger! Zeigen Sie mir eine Weisung der Frau Justizministerin Gastinger an die Staatsanwalt­schaft! Legen Sie sie vor, dann können wir darüber diskutieren!

Was hat denn Kollege Wittmann dann noch gesagt? – Die Ortstafeln hat er angespro­chen. Das ist ja auch schön. Kollege Wittmann, reden Sie doch einmal mit dem Ab­geordneten Cap! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der tut Zeitung lesen! Der hat keine Zeit!) Der kann das ja bestätigen, wie wir Stunde um Stunde, Tag um Tag gesessen sind, verhandelt haben, um einen wirklich tragfähigen Kompromiss für eine dauerhafte Re­gelung in dieser Ortstafelfrage zu bekommen. Wochenlang haben wir darüber verhan­delt! Wir waren auf einem sehr, sehr guten Weg, um wirklich ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) – Bitte? (Abg. Dr. Wittmann: Die Performance des Landeshauptman­nes von Kärnten ist lächerlich!)

Ich erinnere noch einmal an den Vergleich mit der Politik und der Kultur, denn eure Performance war nämlich, so lange zu verhandeln, aber zum Schluss nein zu sagen!


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(Ruf bei der ÖVP: Genau!) Dieser historische Kompromiss ist nämlich nicht an Landes­hauptmann Haider gescheitert, ist nicht an den Regierungsparteien gescheitert, son­dern ist am „Njet!“ der SPÖ gescheitert! Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) – Ihr regt euch immer über irgend­etwas auf, aber in Wahrheit gibt es, wenn es darum geht, dann konsequent für eine Lösung zu arbeiten, von eurer Seite ein Nein! (Abg. Dr. Wittmann: Stellen Sie einen verfassungsmäßigen Zustand her!)

Genauso wie das ja auch beim Verfassungs-Konvent der Fall gewesen ist, meine Da­men und Herren! Und es ist richtig – Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer hat es ja gesagt –: 19 Monate sind wir in diesem Verfassungskonvent gesessen, mit Experten, mit Landespolitikern, mit Professoren, mit Verfassungsrechtlern – 19 Monate! Und es waren wirklich tolle Verhandlungen, es waren intensive Verhandlungen. – Am Ende kam wieder das „Njet!“ der SPÖ, weil man ganz einfach gesagt hat: Nein, das ist ein Regierungsprojekt, und wenn da jetzt etwas herauskommt, dann ist das ein Erfolg für die Regierung, und das können wir nicht zulassen!

Das ist in Wahrheit der Grund dafür! – Und man hat versucht, Argumente dafür zu fin­den, und da hat man geglaubt: Die sozialen Grundrechte werden das sein, denn dem werden die von der Regierung nie zustimmen! – Wir haben gesagt: Ja, in Ordnung, dis­kutieren wir über die sozialen Grundrechte! Und wir hätten ein schönes Paket gehabt, das bedeutet hätte, dass wir hier auch einen Grundrechtekatalog erarbeiten und nicht unsere Grundrechte auf ein Staatsgrundgesetz aus dem Jahr 1867 basieren müssen, meine Damen und Herren.

Aber als Sie das dann gesehen haben, haben Sie eben andere Argumente gebracht. Ich brauche ja nur den Parteivorsitzenden Gusenbauer mit einer Aussage aus dem Ok­tober 2004 zu zitieren. Da waren wir noch mitten in den Verhandlungen, aber damals hat Abgeordneter Gusenbauer schon gewusst, dass dieser Konvent scheitern wird. Und Sie wissen es ja auch, Herr Kollege Wittmann, dass dieser Besondere Ausschuss dann wirklich nur mehr eine Farce war. Das war wirklich nur mehr eine Zeitverschwen­dung, ich sage Ihnen das ganz offen! Und ich bedauere das, denn es wäre notwendig, sinnvoll und möglich gewesen, dass man zumindest in einer Teilnovelle die Dinge, auf die wir uns schon geeinigt gehabt hätten, auch umsetzt. Das wäre kein „Erfolg der Re­gierung“ gewesen, sondern es wäre ein Erfolg dieses Parlaments und einer ordentli­chen Politik hier in Österreich gewesen. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man ist nicht einmal in der Lage, eine Rechtsbereinigung zu unternehmen – eine Rechtsbereinigung auf Grund einer Situation, die nach Jahren und Jahrzehnten großer Koalition entstanden ist, in der man mit Zweidrittelmehrheit all jene Dinge, von denen man geglaubt hat, dass sie der Verfassungsgerichtshof vielleicht aufheben oder beein­spruchen wird, ganz einfach mit Zweidrittelmehrheit in den Verfassungsrang gehoben hat und dann dieser Kontrolle entzogen hat! – Mehrere Hundert dieser Verfassungs­bestimmungen sind herausgefiltert worden. Man hätte das mit einem Schlag bereinigen und auch in Zukunft dafür sorgen können, dass dieser Missbrauch mit der österreichi­schen Bundesverfassung nicht möglich ist und das nicht gemacht werden kann. – Keine Zustimmung und keine Einigung!

Oder, bei der Kompetenzregelung: Ich habe noch Frau Landeshauptfrau Burgstaller im Ohr, die einmal im Konvent gesagt hat: Mehr Mut bei den Kompetenzen! – Diesen Mut hat sie aber auch nur im Plenum des Konvents gehabt, denn als es dann darum ge­gangen ist, wirklich eine grundlegende Änderung der Kompetenztatbestände herbeizu­führen, waren gerade die Ländervertreter diejenigen, die alles verhindert haben.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 47

Ich sage Ihnen: Wenn ein Ländervertreter und wenn Landtagsabgeordnete und Lan­desräte so wenig Selbstbewusstsein haben, dass sie sich selbst in Frage stellen oder dass sie glauben, sie selbst werden in Frage gestellt, nur deshalb, weil man ihnen Kompetenzen in der Gesetzgebung „wegnehmen“ – unter Anführungszeichen – will, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind, dann ist das wirklich eine Problematik.

Wir haben hier einen radikalen Vorschlag eingebracht – keine Frage –, aber ich frage Sie: Ist es wirklich noch zeitgemäß in einem Land, das Mitglied der Europäischen Union ist, mit neun Bundesländern neun verschiedene Bauordnungen zu haben, neun verschiedene Sicherheitsbestimmungen in verschiedenen Bereichen, neun verschie­dene Qualitätskriterien? – Nein! Wir haben gesagt: Konzentrieren wir doch die Gesetz­gebung beim Bund, die Vollziehung beim Land, mit einer entsprechenden Kontrolle auch durch die Landtage! Und der Bundesrat als Teil der Bundesgesetzgebung soll durch Landtagsabgeordnete, also durch echte Landespolitiker besetzt und mit entspre­chenden Vetorechten ausgestattet sein! – Das wäre eine sinnvolle, zukunftsorientierte Weiterentwicklung auch unserer Kompetenzbestimmungen. – Leider keine Einigung!

Auch in der Sicherheitspolitik hätten wir uns erwartet, dass man hier mutiger und dyna­mischer auf die Herausforderungen der Zukunft reagiert hätte. Und, Herr Kollege Witt­mann, dein Neutralitätsgerede immer wieder, das kennen wir ja auch schon! Kein Mensch wollte das Neutralitätsgesetz abschaffen! Darüber hat es einen Konsens gege­ben, dass wir das Neutralitätsgesetz auch weiter entsprechend verankert haben, nur – und ich sage es noch einmal –: Diejenigen, die die Neutralität wirklich abgeschafft haben, das wart ihr im Jahr 1998 mit einer Verfassungsnovelle, nämlich betreffend Art. 23f B-VG, mit der ihr dafür gesorgt habt, dass Österreich vollinhaltlich und ohne jede Einschränkung an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union teilnehmen kann. – Aber das ist halt die alte Leier, die ihr immer bringt! Ihr habt sie abgeschafft, und jetzt spielt ihr euch hier auf als die Retter der Neutralität.

Und so könnte man das alles noch weiterführen. Ich sage Ihnen nur, meine Damen und Herren: Ich bedauere es wirklich, dass 19 Monate Arbeit zu keiner Einigung ge­führt haben. Von uns Politikern kann man noch sagen: Gut, Politiker sind dazu da, dass sie sich entsprechend mit diesen Dingen befassen. Aber es haben sich viele, viele Menschen in ihrer Freizeit beteiligt! Bürger, Österreicherinnen und Österreicher haben ihre Kommentare auch mit eingebracht. Viele, viele Menschen in diesem Land haben ehrlich geglaubt, dass es möglich sein wird, unsere österreichische Bundesver­fassung, wenngleich diese tauglich ist – keine Frage –, aber doch auf die neuen Her­ausforderungen im öffentlichen Bereich und in anderen Bereichen des Lebens hin aus­zurichten und neu zu gestalten. Diese Menschen sind enttäuscht! Sie sind enttäuscht, dass es aus rein parteipolitischen Gründen keine Einigung gegeben hat.

Wenn Sie, Herr Kollege Wittmann, sagen, es seien Vorarbeiten geleistet worden, auf die man aufbauen könne, dann habe ich meine Zweifel, denn Sie glauben anschei­nend, dass man dann, wenn Sie wieder in einer Regierung sind, diese Einigung zu­stande bringen kann. – Ich gehe davon aus, dass Sie auch in Zukunft nicht in einer Re­gierung sein werden, deshalb fürchte ich, dass Sie Ihre Blockade auch in der nächsten Legislaturperiode aufrechterhalten werden.

Aber wir stehen dazu: Wir wollen eine moderne, zukunftsorientierte Verfassung! Das hat nichts mit Parteipolitik, sondern hat etwas mit Staatspolitik zu tun. Aber das ist Ihnen von der SPÖ leider fremd, dass der Staat nichts mit Parteien zu tun haben muss. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.48



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 48

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Gla­wischnig-Piesczek. Ihre Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


10.49.03

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Das ist nun heute das recht unpompöse „Begräbnis“ des so ge­nannten Österreich-Konvents. Was bedauerlich ist, ist, dass, obwohl tatsächlich viele, viele Arbeitsstunden – viele unbezahlte Arbeitsstunden – aufgewendet wurden und viele Expertinnen und Experten, viele Bürgerinnen und Bürger, die 13 anerkannten Religionsgemeinschaften, also viele Gruppen sich sehr konstruktiv beteiligt haben, die politische Klasse es letztlich nicht geschafft hat, eine Verfassungsreform – die unbe­stritten notwendig ist – über die Bühne zu bringen und sich auf einen Konsens zu eini­gen. Ich glaube, das sehen alle, die mitgearbeitet haben und die dabei waren, so. (Bei­fall bei den Grünen.)

Ich glaube, unbestritten ist auch – abseits jetzt von parteipolitischen Schuldzuweisun­gen –, wo das echte Problem gelegen ist, und es wurde ja schon angeschnitten: Eines der größten Probleme waren tatsächlich die Einstellungen der Landeshauptleute und der Bundesländer dazu. Wäre ihrerseits von Anfang an eine ernsthaftere Beteiligung im Österreich-Konvent gegeben gewesen – es gibt Landeshauptleute, die waren über­haupt nie im Österreich-Konvent, und es gab manche, die waren nur ein einziges Mal im Österreich Konvent –, hätte es von dieser Seite eine ernste Beteiligung gegeben, dann hätte es in diesem wesentlichen Feld der Verfassungsreform, in der Bundes­staatsreform, eine Chance gegeben.

Aber: Es gibt, glaube ich, keinen bequemeren Job in dieser Republik, als Landeshaupt­mann zu sein: man kann 95 Prozent der Mittel, die man einnimmt, wieder ausgeben, muss aber nicht für die Einnahmen verantwortlich sein – man muss keine Steuern ein­heben, man muss dazu gar nichts beitragen –, und ich hätte mir hier mehr Entgegen­kommen von allen Landeshauptleuten erwartet und nicht diese aus meiner Sicht wirk­lich fast peinliche Haltung: Es darf einem ja nichts weggenommen werden, denn das ist ein Schwächezeichen, und daher verhindern wir jede Modernisierung eines Bundes­staates! – Das war, glaube ich, der größte Kritikpunkt und das größte Problem dieses Österreich-Konvents, und das betrifft alle Parteien. Wir Grünen haben noch keinen Landeshauptmann gestellt, aber es hätte uns vielleicht auch betreffen können, hätten wir einen gehabt. Aber das war – offen und ernst gesprochen – das echte, größte Pro­blem dieses Österreich-Konvents.

Eine zweite Hürde, die nie genommen worden ist, war selbstverständlich der gesamte Bereich Grundrechte. Hier sind die Meinungen, entgegen den Aussagen vorher, sehr weit auseinandergegangen, was tatsächlich moderne Grundrechte, einen modernen Grundrechtskatalog, und vor allem deren Durchsetzung betrifft. Wir haben von plakati­ven Äußerungen in einer Bundesverfassung nur wenig, wenn nicht die Durchsetzung von Grundrechten auch durch ordentliche Verfahren garantiert ist. Daran aber hat es sich bis zum Schluss gespießt.

Und der dritte Bereich, der heute noch offen ist und der immer wieder auch als Defizit in der öffentlichen Wahrnehmung hervorkommt, ist die Frage der politischen Kontrolle, auch einer ordentlichen politischen Kontrolle hier im Parlament.

Es hat jetzt keinen Sinn, alle Vorschläge, die im Österreich-Konvent gemacht worden sind, oder eine Auswahl davon hier als Entschließungsantrag einzubringen, aber ich glaube, die Zeit rund um Wahlen beziehungsweise die erste Nationalratssitzung nach einer Wahl ist auch immer ein historisches Fenster, unter Umständen auch für mehr Kontrolle. Deswegen der Versuch, dass wir uns hier als Abgeordnete, die noch nicht wissen, wie sich die nächste Regierung zusammensetzen wird, wer die Kontrolleure


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 49

und wer die Kontrollierten sind, einigen können, dass Untersuchungsausschüsse grundsätzlich als Minderheitsrecht eingeführt werden – im Sinne auch der Kontrollier­ten.

Historisch ist die derzeitige Regelung als Mehrheitsrecht, glaube ich, nur dadurch zu begründen, dass seinerzeit noch der Monarch, der Kaiser Kontrolle durch die Mehrheit des Hauses gebraucht hat. Die Alltagsrealität zeigt, dass Abgeordnete einer Regie­rungsfraktion ihre Rolle ausschließlich darin sehen, die Regierungsmannschaft/-frau­schaft zu unterstützen – und nicht Kontrolle auszuüben. Deswegen ist der einzige lo­gische Schiritt, dieses Kontrollrecht, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, als Minderheitsrecht einzurichten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minder­heitsrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes vorzulegen, womit der Minderheit im Nationalrat das Recht eingeräumt wird, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.

*****

Kontrolle – vielleicht kommen wir auch hier ein Stück weiter. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes ist, glaube ich, unbestritten eine gute, eine positive, die dem Steuer­zahler/der Steuerzahlerin unter dem Strich sehr viel Geld einbringt, in deren Rahmen politische Kontrolle ausgeübt wird, wirtschaftliche Kontrolle ausgeübt wird und die auch als wichtiges Instrument des Parlaments nicht wegzudenken ist. Ich glaube, wenn man die Bevölkerung fragen würde: Ausweitung der Kontrollbefugnisse des Rechnungsho­fes?, dann würde das sehr, sehr breite Zustimmung finden. Und auch alle, die sich mit dieser Materie befassen, wissen, dass es sachlich auch notwendig ist – vor allem, was die Direktförderung der Europäischen Union betrifft; da kommen neue Förderströme hinzu.

Und auch da der Versuch, schon für die Zeit nach der Wahl einen Konsens zu finden über dieses wichtige Projekt, die Ausweitung der Kontrollbefugnisse des Rechnungs­hofes, vor allem auf die 25-Prozent-Beteiligungen. Das ist auch im Sinne der Kontrol­lierten und unbestritten ein Bonus für den Steuerzahler/die Steuerzahlerin.

Ein weiterer Punkt, der in den letzten Tagen in der öffentlichen Diskussion sehr heiß hin und her gegangen ist, ist die Frage öffentliche Parteifinanzierung und die Transpa­renz dieser Parteienfinanzierung und vor allem auch der Ausgaben- und Einnahmen­seite. Es hat mittlerweile Parteien gegeben – ich glaube, die SPÖ –, die so weit waren, unsere diesbezüglichen Vorschläge auch zu unterstützen. Ich sehe keinen Grund, warum das die ÖVP nicht auch tun sollte. Es gibt auch bei der ÖVP einige Dinge, die höchst aufklärungsbedürftig sind – selbstverständlich! –, vor allem, was Dinge im Zu­sammenhang mit den Interessenvertretungen betrifft. Da gibt es auch Beispiele: Sach­zuwendungen, MitarbeiterInnenzuwendungen in der Industriellenvereinigung. – In Deutschland ist das, was bei uns gang und gäbe und völlig legal ist, nicht erlaubt und wird auch bestraft! Ich denke also, man sollte hier eine offene und transparente Mög­lichkeit für den Steuerzahler/die Steuerzahlerin eröffnen, und es gibt sowohl für die SPÖ als auch für die ÖVP keinen Grund, diesem Projekt „gläserne Parteikassen“ – mit


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einer transparenten Einnahmen- und Ausgabenseite, mit dem Verbot anonymer Spen­den, mit einem Stückelungsverbot und auch mit Sanktionen – nicht zuzustimmen. (Bei­fall bei den Grünen.)

Das ist unser dritter Entschließungsantrag – den ich nicht einbringen muss, weil er länger als eine Seite ist; er wird verteilt, und Sie können ihn nachlesen –: Es geht dabei im Wesentlichen um eine detailliertere Darstellung als jetzt. Spenden innerhalb eines Jahres über 7 000 € sollen unter Angabe des Namens auch veröffentlicht werden. Ano­nyme Spenden soll es ab einer Höhe von 500 € nicht mehr geben. Und bei Verletzung dieser Transparenzbestimmungen soll es auch Konsequenzen geben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin, dieser Antrag ist jetzt erläutert und ein­gebracht. Die beiden anderen Anträge sind ja ganz kurze; diese bitte ich Sie zu ver­lesen.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (fortsetzend): Ich verlese noch folgen­den Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweite­rung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Rechnungshofgesetzes vorzulegen, womit die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes ausweitet wird. Insbesondere sollte eine Prüfung

von öffentlichen Unternehmen bereits ab einer 25-prozentigen Beteiligung der öffentli­chen Hand,

von Gemeinden mit weniger als 20 000 EinwohnerInnen und

von Direktförderungen der Europäischen Union

ermöglicht werden.

*****

Ein abschließendes politisches Schlusswort: Hätten wir in Kärnten nicht einen Landes­hauptmann, der entgegen jeglicher Vernunft die Ortstafelfrage ständig zur Aufhetzung der Bevölkerung instrumentalisiert, dann hätten wir uns sehr viel Diskussion, sehr viel Expertendiskussion, sehr viele Verhandlungen et cetera und sehr viel öffentliche – und auch internationale – zu Recht kritische Berichterstattung erspart: wenn wir einfach nur den verfassungsgemäßen Zustand hergestellt hätten – ohne Instrumentalisierung, ohne Wahlkampf, ohne Parteipolitik einfach nur das Recht der Minderheiten auf ihre Sprache gewahrt hätten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Glawischnig-Piesczek eingebrachte und in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeord­neten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne Parteikas­sen“ ist eingebracht, hinreichend begründet und steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Glawischnig hat dann noch zwei Entschließungsanträge verlesen:

Der Entschließungsantrag betreffend Minderheitsrecht zur Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 51

Und der Entschließungsantrag der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes ist glei­chermaßen hinreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minder­heitsrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichts des Österreich-Konvents (1584dB)

Die politische Realität zeigt immer wieder, dass die Regierungsfraktionen ihre Aufgabe in erster Linie darin sehen, die Regierung zu unterstützen. Die Kontrollfunktion gegen­über der Regierung nehmen daher nur die Oppositions- bzw Minderheitsfraktionen wahr. Es ist hoch an der Zeit, dieser Minderheit auch die entsprechenden parlamen­tarischen Instrumente in die Hand zu geben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes vorzulegen, womit der Minderheit im Nationalrat das Recht eingeräumt wird, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kollegen und Kolleginnen betreffend Erweite­rung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Öster­reich-Konvents (1584dB)

Neuere Entwicklungen machen eine Ausweitung der Zuständigkeiten des Rechnungs­hofes notwendig.

Öffentliche Unternehmen:

Die Rechnungshofzuständigkeit besteht derzeit ab einer 50%igen Beteiligung der öf­fentlichen Hand oder bei dieser gleichzuhaltenden Einflussmöglichkeiten. Weitere Pri­vatisierungsmaßnahmen bei den öffentlichen Unternehmen haben vielfach dazu ge­führt, dass nur eine Sperrminorität von 25% (plus eine Aktie) durch die öffentliche Hand gehalten wird. Dazu treten Einflussmöglichkeiten der öffentlichen Hand durch Stimm­bindungsverträge. In derartigen Fällen unterliegt die betreffende Unternehmung zwar schon nach dem geltenden Recht der Zuständigkeit des Rechnungshofes. Allerdings sind die für die Kontrolle erforderlichen Syndikatsverträge mitunter entweder gar nicht bekannt oder nur schwer zugänglich, was den gebotenen Nachweis – auch in einem allfälligen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art 126 a B-VG - er­schwert.


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Einige Bundesländer haben auf diese Entwicklungen bereits reagiert und sehen die Zu­ständigkeit ihres Landesrechnungshofes ab einer 25%igen Beteiligung des Landes vor.

Weiters ist daran zu erinnern, dass das B-VG idF 1948 eine Prüfungszuständigkeit bei jeder Höhe der Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Unternehmung vorsah. Die Einschränkung auf 50% erfolgte erst 1977.

Gemeinden:

Die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden zu erledigenden Aufgaben werden immer bedeutsamer, komplexer und kostenintensiver. Die aktuelle Prüfungsschwelle für den Bundes-Rechnungshof von 20.000 EinwohnerInnen in der Gemeinde ist daher zu niedrig. Nur der Bundesrechnungshof kann eine bundesländerübergreifende Geba­rungskontrolle im Gemeindebereich gewährleisten.

Direktförderungen der EU:

Art 248 Abs 3 dritter Satz EGV sieht eine Zusammenarbeit zwischen dem Europäi­schen Gerichtshof und dem Rechnungshof des Mitgliedstaates vor. Erst eine diesbe­zügliche innerstaatliche Zuständigkeitsregelung würde eine derartige Zusammenarbeit auch wirklich ermöglichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Rechnungshofgesetzes vorzulegen, womit die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes ausgeweitet wird. Insbesondere sollte eine Prüfung

von öffentlichen Unternehmen bereits ab einer 25%igen Beteiligung der öffentlichen Hand,

von Gemeinden mit weniger als 20.000 EinwohnerInnen und

von Direktförderungen der Europäischen Union

ermöglicht werden.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläser­ne Parteikassen“, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichts des Österreich-Konvents (1584dB)

Begründung

Die Existenz und Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile einer demo­kratischen Grundordnung. Zu ihren Aufgaben gehören vor allem die Mitwirkung an der politischen Willensbildung. Gleichzeitig ist es notwendig und richtig, dass die politi­schen Parteien aus öffentlicher Hand finanziert werden. Nur so kann gewährleistet wer­den, dass die Entscheidungen der politischen Handlungsträger aufgrund einer internen Meinungsbildung getroffen werden können. Andernfalls wären die Parteien in ihrer


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 53

Finanzierung von Zuwendungen bestimmter Lobbys und Großspendern abhängig, die sich dafür wiederum Gegenleistungen erwarten würden. Will man diese Auswüchse, wie etwa „gekaufte politische Entscheidungen" und Korruption verhindern, so führt an einer öffentlichen Parteienfinanzierung kein Weg vorbei.

Gerade die Finanzierung von Parteiarbeit durch öffentliche Gelder bedeutet gleichzeitig aber eine ganz besondere Verantwortung dafür, mit diesen Mitteln sorgsam umzu­gehen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, dass ihre Gelder zweckentsprechend eingesetzt werden.

Die Antwort kann nur maximale Transparenz und Öffentlichkeit sein. Die politischen Parteien sollen selbstverständlich weiterhin mit öffentlichen Mitteln ausgestattet wer­den, die für ihre politische Arbeit notwendig sind. Die Steuer zahlenden Bürgerinnen haben aber gleichzeitig ein Recht darauf, zu erfahren, wer diese Parteien – möglicher­weise nicht ganz uneigennützig - zusätzlich finanziert, und wofür das Geld der Parteien im einzelnen verwendet wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Parteienge­setzes zur Beschlussfassung vorzulegen, die insbesondere in folgenden Punkten mehr Transparenz gewährleisten soll:

Detailliertere Darstellung der Parteieinnahmen im Rechenschaftsbericht (neben direk­ten Spenden sollen auch indirekte Spenden, wie Kostenübernahmen, Sachspenden, Zuwendungen an Teil- und Vorfeldorganisationen, lebende Subventionen etc. offen zu legen sein) sowie Veröffentlichung des Berichtes durch die Parlamentsdirektion

Spenden, deren Wert innerhalb eines Kalenderjahres € 7.000.- übersteigt, sollen unter Angabe des Spenders (Name und Adresse) im Rechenschaftsbericht zu veröffentli­chen sein

Die Annahme von Spenden soll Parteien jedenfalls in folgenden Fällen generell unter­sagt sein:

anonyme Spenden, deren Wert € 500.- übersteigt

Spenden, die einer Partei offensichtlich in Erwartung einer Gegenleistung gewährt wer­den

Spenden von Körperschaften öffentlichen Rechts, von auf freiwilliger Mitgliedschaft be­ruhenden Berufs- und Wirtschaftsverbänden, von Kammern, Stiftungen und Fonds. Dadurch soll die sogenannte „Spendenwäsche“ in Form der bloßen Weiterleitung von anonym bleibenden SpenderInnen durch die genannten juristische Personen unterbun­den werden.

Eine Verletzung der Transparenz-Bestimmungen über Parteienfinanzierung (etwa durch Vermögensverschleierung oder das Zerlegen einer Spende in Teilbeträge) soll strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Verheimlichung einer Spende soll außerdem zur Einziehung des Geldwerts der Spende durch das Parlament und zur Einbehaltung des doppelten Werts bei der nächsten Auszahlung der Parteienfinanzierung führen.

Substantielle Kürzung der Frist zur Vorlage des Rechenschaftsberichts.

Rechenschaftspflicht: Verpflichtung der Parteien, eine detailliertere Aufschlüsselung ihrer Ausgaben in den jährlichen Rechenschaftsbericht aufzunehmen (insbesondere


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hinsichtlich Zuwendungen an MandatarInnen und Regierungsmitglieder z.B. für per­sönliche Spesen und Repräsentationsaufwand). Klarstellung, dass die Rechenschafts­pflicht auch für Landesparteien und deren nachgeordnete Ebenen (Bezirks- und Orts­organisationen) gilt sowie Einbeziehung von Teilorganisationen von Parteien

Deklarationspflicht: Jene Parteien und wahlwerbenden Gruppen, die im Nationalrat ver­treten oder bei den letzten Nationalratswahlen angetreten sind, haben ihre Parteifinan­zen jährlich gegenüber dem Präsidenten des Nationalrates und dem Rechnungshof zu deklarieren, sobald sie für den Nationalrat kandidieren. In den Rechenschaftsbericht ist auch eine Vermögensbilanz aufzunehmen.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

 


10.57.42

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Der Besondere Ausschuss des Nationalrates hat in insgesamt zehn Sitzungen unter anderem folgende Themen behandelt: Verfassungsbereinigung, Grundrechtsschutz, Verwaltungsstruktur, sicherheitspolitische Grundsätze, Kompetenzverteilung, Bundesrat und demokratische Kontrolle.

Im Anschluss an die Beratungen des Verfassungskonvents wurde durch den Beson­deren Ausschuss versucht, in den genannten Materien weitere Übereinstimmungen zu finden beziehungsweise die unterschiedlichen Standpunkte offenzulegen.

Die am Anfang der Ausschussberatungen verabschiedete Vereinbarung, dass eine in­haltliche Beschlussfassung nur dann möglich ist, wenn alle strittigen Punkte der Ver­fassungsreform gelöst sind, hat die Arbeiten insofern erleichtert, als sich der Aus­schuss darauf verständigen konnte, die unterschiedlichen Themenblöcke unter diesem Vorzeichen zu behandeln. Damit war es möglich, in allen Bereichen offen zu verhan­deln und herauszuarbeiten, in welchen Bereichen grundsätzliche Übereinstimmung herrscht, und auch konkrete Teile für eine Verfassungsänderung zu identifizieren, die politisch unstrittig sind, ohne damit schon eine endgültige Zustimmung abgeben zu müssen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Im Besonderen Ausschuss mussten auch jene Teilbereiche benannt werden, die zwi­schen den Fraktionen noch strittig sind und in denen derzeit keine Einigung möglich ist. Nicht übersehen werden darf, dass in manchen Fragen, in denen noch Dissens zwi­schen den Fraktionen dieses Hauses herrscht, auch Verhandlungen mit anderen, außerhalb des Parlaments stehenden Partnern geführt werden müssen. Als Beispiel weise ich auf den komplexen und in vielfältiger Weise strittigen Bereich der Neuord­nung der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern hin. Hier wird es neben den Beratungen der im Nationalrat vertretenen Fraktionen, die in dieser Frage unterschied­liche Lösungsmodelle vertreten, auch weiterhin intensive Gespräche mit den Vertretern der Bundesländer geben müssen.

Für eine neue Bundesregierung und für den am 1. Oktober neu zu wählenden Natio­nalrat bilden die Arbeiten des Besonderen Ausschusses eine Basis, um die Beratun­gen fortzusetzen.

Erfreulich ist, dass in manchen Bereichen grundsätzliche Einigkeit erzielt werden konnte. Ich nenne etwa die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten, die Beibehal­tung des Neutralitätsgesetzes und die Verfassungsbereinigung. Auf diesen Grundlagen


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lässt sich aufbauen, sodass die berechtigte Hoffnung besteht, dass in der kommenden Gesetzgebungsperiode in maßgeblichen Fragen eine Einigung aller Fraktionen in diesem Haus gelingen könnte.

Wir brauchen für unser Land eine moderne Bundesverfassung; deren Grundlagen wur­den im Österreich-Konvent und in den daran anschließenden Beratungen des Beson­deren Ausschusses erarbeitet. Ich möchte aber betonen, dass der Abschluss der Ar­beit des Besonderen Ausschusses nicht das Ende der Verfassungsdiskussion bedeu­tet, sondern dass damit vielmehr ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer neuen österreichischen Bundesverfassung gemacht wurde.

Lassen Sie mich einige Ziele explizit formulieren: ein übersichtliches, für die Bürger verständliches Verfassungswerk ohne die zahlreichen einzelnen Nebengesetze und Verfassungsbestimmungen zu schaffen. In einem umfassenden und zeitgemäßen Grundrechtskatalog sollten auch die sozialen Grundrechte nach dem Vorbild der Euro­päischen Grundrechtscharta gewährleistet werden. Die Einrichtung von Verwaltungs­gerichten in den Ländern soll eine sparsame, effiziente und bürgernahe Verwaltung so­wie eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirken. Eine zeitgemäße, an den Fähig­keiten der Länder und Gemeinden anknüpfende Aufgabenteilung soll das Freiheitsprin­zip des Föderalismus und die Gemeinden als Ort der bürgernahen Entscheidung stärken. Dazu braucht es Mut zur Veränderung, und zwar von allen Seiten.

Nach elf Jahren in der EU muss sich endlich die Einsicht durchsetzen, dass es hoch an der Zeit ist, die in ihrem Kern auf die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückgehende Kompetenzverteilung im Lichte der Einbettung Österreichs in den europäischen Kontext neu zu überdenken, ja vielleicht in Teilen auch neu zu erfinden. Dabei sehe ich den Föderalismus nicht als Belastung, sondern als Anknüpfungspunkt für eine bürgernahe Politik und eine serviceorientierte Verwaltung. (Abg. Öllinger: Aber ohne Leidenschaft vorgetragen!) Es gilt, hier eine neue Balance zu finden, wobei freilich der Grundsatz vorherrschen muss, dass die Ebene, die eine Aufgabe über­nimmt, auch die Verantwortung dafür tragen sollte. Dass dies gut funktionieren kann, zeigt das Beispiel der Übertragung des Bereichs der Bundesstraßen an die Länder. (Abg. Öllinger: Etwas mehr Pathos, bitte!)

Ein Punkt, der mir mit Blick auf die bevorstehenden Nationalratswahlen auch wichtig erscheint, ist schließlich eine zeitgemäße Ausgestaltung des Wahlrechts. Die neue ös­terreichische Bundesverfassung muss auch in dieser Frage zeitgemäße Lösungen zur Verfügung stellen.

In diesem Sinne hoffe ich auf eine fruchtbare Fortsetzung der Diskussion über eine neue staatliche Grundordnung für unser Land. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Lopatka. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


11.03.17

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte steht meiner Überzeugung nach stellvertretend für das Erscheinungsbild der sozialdemokratischen Fraktion in der abgelaufenen Legisla­turperiode. Die Sozialdemokratie hat ein zweifaches Problem (Abg. Heinzl: Das sagen gerade Sie): ein Glaubwürdigkeitsproblem und ein Problem, Verantwortung zu über­nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich damit? – Es gehört eine Portion Unverfrorenheit dazu, sich hier ans Rednerpult zu stellen und von „zynischer Machtpolitik“ zu sprechen, wie das Kollege


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Wittmann gemacht hat. Denn: Zynisch-machtpolitisch ist es, wenn der Mann, der lange hier in der zweiten Reihe gesessen ist, beim Österreich-Konvent soziale Grundrechte eingebracht hat. Wissen Sie, von wem ich rede? – Von Ihrem langjährigen Abgeord­neten Verzetnitsch! Er spricht von sozialen Grundrechten, gleichzeitig muss der ÖGB jedoch Kürzungen beschließen.

Ich zitiere aus einer ÖGB-Unterlage vom 14. Juni dieses Jahres – wie sehen die sozia­len Grundrechte aus, wenn die SPÖ die Alleinverantwortung trägt? Was sagt man hier im Zusammenhang mit den Pensionen und zu den Pensionisten? – Kürzungen in Summe von 70 Prozent, Witwen erhalten künftig 30 Prozent anstelle von 60 Prozent, also eine Kürzung von 50 Prozent. Und dann heißt es hier – ich spreche von sozialen Grundrechten –: Zur Sicherung könnte die rechtsverbindliche Unterschrift aller Mitar­beiter/Mitarbeiterinnen, insbesondere jener mit Eintritt vor 1979, eingeholt werden, denn andernfalls besteht relatives Klags- und Prozessrisiko. (Abg. Dr. Stummvoll – in Richtung SPÖ –: Ungeheuerlich!) – Das sind die „sozialen Grundrechte“ der Sozialde­mokratie, meine Damen und Herren!

Und derselbe Mann, der das eingebracht hat, hat für Sie im Österreich-Konvent die sozialen Grundrechte im Bereich der Arbeitswelt eingebracht! (Abg. Mag. Kräuter: Reden wir ein bisschen vom Taus!) – Hat der die Million kassiert? (Abg. Mag. Kräuter: Viele Millionen sogar!) Wer hat denn die Million kassiert? (Abg. Mag. Kräuter: Der Taus!) Die Million hat jemand kassiert – da bin ich schon beim nächsten Sozialdemo­kraten –, der Vranitzky heißt.

Was sagte Flöttl gestern am Abend in der „ZiB 2“ dazu? – Für den Fall, dass Sie es nicht gesehen haben, weil Sie wahlkämpfend unterwegs waren, möchte ich es hier bringen.

Es ist ja unbestritten, sagte Armin Wolf, dass Dr. Vranitzky hier von Ihnen eine Million bekommen hat. Darauf sagte Flöttl: „Die Behauptung, dass wir uns um den Euro ge­kümmert haben“ – und das ist eine herrliche Formulierung, finde ich –, „ist eine nicht sehr werthaltige Angabe, da wir nicht in Europa investiert haben. Unser Augenmerk war damals Asien, Japan im konkreten Fall.“ – Wir wissen es, denn die Verluste waren damals riesig, was den Yen betrifft. (Abg. Mag. Kräuter: ... mehr als 100 Millionen Dol­lar hat der Taus kassiert!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, genau darum geht es in Ihrem Bereich, wenn Sie von sozialen Grundrechten reden. Es ist das Gegenteil von dem, was wir wollen, wenn es um soziale Grundrechte geht. Und die Menschen hätten nichts davon, würden wir Ihrer Forderung danach folgen, dass diese Grundrechte einklagbar sind, dass der Staat etwas verspricht, in einer Verfassung festschreibt, weil er es nicht einhalten kann. In diesem Zusammenhang war die DDR am fortschrittlichsten, dort waren all die sozia­len Grundrechte in der Verfassung festgeschrieben. Wir kennen das Ende eines sol­chen Systems, wo das zwar in der Verfassung festgehalten ist und am Buchstaben festgehalten wird – Arbeitsplätze sichern, garantieren, falls es überhaupt so etwas wie eine Garantie gibt, kann nur jemand, der wirtschaften kann, denn nur der, der wirt­schaften kann, schafft und sichert Arbeitsplätze. Die Politik kann dafür die Rahmenbe­dingungen schaffen. Dass Sie das nicht können, haben Sie dort, wo Sie die Verantwor­tung haben, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, vielfach bewiesen! (Beifall bei der ÖVP.)

Über Nacht – über Nacht! – haben 17 000 Menschen bei der bisher größten Pleite in der Zweiten Republik, bei der „Konsum“-Pleite, ihre Arbeit verloren. Was hilft denen ein einklagbares Grundrecht auf Arbeit? Das hilft Ihnen gar nichts!

Der zweite Punkt, zu dem ich noch kommen möchte, sind die Parteifinanzen – auch von meiner Vorrednerin angesprochen. Wenn die SPÖ damit ein riesiges Problem hat,


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dann soll sie nicht die anderen Parteien da mit hineinziehen. Und Sie haben damit ein riesiges Problem.

Ich zitiere nur zwei Vorsitzende, den Vorsitzenden der SPÖ Alfred Gusenbauer in einer OTS, einer Aussendung der Sozialistischen Korrespondenz nach der „Pressestunde“:

„Definitiv ausgeschlossen sei es, dass Geldflüsse vom ÖGB zur SPÖ stattgefunden haben, sagte Gusenbauer. Es hat keinen Sanierungsbeitrag von Seiten der FSG gege­ben.“

Und ich zitiere Ihren künftigen Abgeordneten Haberzettl, Chef der FSG – er sagt genau das Gegenteil –: „Ja, es fließt regelmäßig Geld zwischen der FSG und der Bundes-SPÖ.“

Wenn Sie da ein riesiges Problem haben – wieder ein Glaubwürdigkeitsproblem! –, dann machen Sie nicht alle Parteien dafür verantwortlich!

Daher sagen wir: Diskutieren wir diese Frage, denn es besteht hier tatsächlich auf Grund der Vorkommnisse in der SPÖ – und diese Vorkommnisse sind ausschließlich in der SPÖ – Handlungsbedarf. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Lopatka, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundeskanzler wird ersucht, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener im Parlament vertretener Parteien und Experten – auch des Rechnungshofes – einzuset­zen, um die Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems zu überprüfen und Probleme des derzeit geltenden Parteienfinanzierungssystems herauszuarbeiten sowie entsprechende Verbesserungsvorschläge zu erstatten.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind hier gerne mit dabei, wenn es darum geht, zu Verbesserungen zu kommen, und wir hoffen, dass es in der nächsten Legisla­turperiode möglich sein wird, diese umfassende Arbeit, die hier im Österreich-Konvent geleistet wurde, mit Parteien zum Abschluss zu bringen, die nicht im Nein stecken bleiben, sondern die Kraft und den Mut haben, auch große Reformen mit uns gemein­sam umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Lopatka ord­nungsgemäß eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Lopatka, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems, einge­bracht im Zuge der Debatte des Nationalrates zum Bericht des Besonderen Ausschus-


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ses zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents, vorgelegt vom Bundes­kanzler (III-136/1584 d.B.)

In der jüngeren Vergangenheit ergaben sich im Bereich der Parteienfinanzierung zahl­reiche Probleme, wie zum Beispiel die Transparenz, die Form der Auszahlung, die Frage der Rückforderung für zu unrecht überwiesene Beträge, die Art der Abwicklung, die Mittelverwendung, die Effektivität der Überprüfungsmodalitäten bei der Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Mittelverwendung und die Frage der Anknüpfung der Förde­rung, wobei immer unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Probleme angesprochen haben.

Um hiebei eine sachgerechte und praxisnahe Lösung, die möglichst breite politische Akzeptanz findet, herbeizuführen, sollten alle politischen Gruppierungen mitwirken, um ein modernes Parteienfinanzierungssystem zu erarbeiten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundeskanzler wird ersucht, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener im Parlament vertretener Parteien und Experten – auch des Rechnungshofes – einzuset­zen, um die Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems zu überprüfen und Probleme des derzeit geltenden Parteienfinanzierungssystems herauszuarbeiten sowie entsprechende Verbesserungsvorschläge zu erstatten.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.09.50

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass Herr Kollege Lopatka nicht in der Lage ist, zu einem vorgegebenen Thema zu sprechen, sondern nur mit Diffamierungen um sich werfen kann, das hat er erneut bewiesen. Aber das hat mich nicht überrascht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Die Frau Präsidentin war nicht der Meinung, dass er nicht zum Thema gesprochen hat, sonst hätte sie ihn ja zum Thema gerufen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte wieder zum Thema zurückkommen. Erfreulich am vorliegenden Bericht ist, dass nun eine umfassende Bestandsaufnahme des österreichischen Verfassungs­lebens vorliegt. Diese Arbeit wurde wirklich im Wesentlichen im Österreich-Konvent geleistet. Deshalb möchte ich auch von meiner Seite allen Mitgliedern dieses Öster­reich-Konvents großen Dank und Anerkennung aussprechen.

Der Wiederbelebungsversuch des nicht in einer Einigung gemündeten Konvents in Form dieses Besonderen Ausschusses war aber von Anfang an nicht sehr verhei­ßungsvoll. Nachdem sich zuvor außerparlamentarische Kräfte einbringen konnten und sich auch sehr engagiert eingebracht haben, worin wir uns alle einig sind, wäre es nun an der Zeit gewesen, wieder die parlamentarischen Strukturen zu nutzen, um die an­stehenden Fragen zu erörtern. Und die parlamentarische Struktur, die dafür vorgese­hen ist, ist nun einmal der parlamentarische Verfassungsausschuss.

Man kann es sich wirklich nur mit parteipolitischen Motiven erklären, dass eine Parallel­struktur in Form dieses Besonderen Ausschusses her musste, also offensichtlich nur


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deshalb, um den Vorsitz nicht dem sozialdemokratischen Abgeordneten Dr. Wittmann zu überlassen, sondern das Ganze eben unter eine schwarze Ägide, unter Präsident Khol zu stellen. Wie auch immer, eine vertrauensbildende Maßnahme war das sicher nicht, aber wir haben dennoch sehr engagiert mitgearbeitet, und zwar unsere Mitglie­der und Ersatzmitglieder des Verfassungsausschusses.

Nur mussten wir auch hier feststellen, dass für die ÖVP ein Kompromiss so aussieht, dass sie zu 100 Prozent ihre Vorstellungen wiederfindet und sich sonst keinen Milli­meter bewegt. Das können Sie vielleicht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, oder ziemlich sicher mit Ihren blau-orangen Koalitionsvasallen machen, aber sicher nicht mit uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Vasallen“ ist eigentlich ein Ordnungsruf, oder?)

Herr Kollege, das richte ich jetzt auch an Ihre Adresse: Weder im Ausschuss noch außerhalb desselben konnten Sie sich bisher dazu durchringen, endlich das Wahlalter auf 16 Jahre herabzusetzen. Auf diese Weise wird am 1. Oktober 2006 Tausenden jun­gen Menschen die Möglichkeit versagt, die politische Zukunft unseres Landes mitzube­stimmen – und das mit der fadenscheinigen Begründung, dass sie eben noch nicht reif dafür seien, obwohl sie bei den Gemeinderats- und Landtagswahlen längst das Gegen­teil bewiesen haben und auch sonst, außerhalb von Wahlen, schon viel früher ihre Reife beweisen müssen, etwa bei der Wahl des Berufs- oder Bildungsweges. Jugend­liche können ja, wie wir wissen, schon mit 14 Jahren strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden; manchen ist sogar das noch zu spät.

Bei den Pflichten, können wir zusammenfassen, sind junge Menschen sehr schnell erwachsen, nur ihre Vertretung wählen, das sollen sie nicht dürfen. Das ist wirklich nur mit dem einen Grund zu erklären, nämlich dass sich die derzeitigen Regierungspar­teien offensichtlich vor der Wahl durch die jungen Menschen fürchten – und das mit Recht, denn was Sie den jungen Menschen in den letzten Jahren angetan haben, das lässt sich gar nicht in der Kürze aufzählen.

Die Jugendarbeitslosigkeit haben Sie verdoppelt, und darüber können auch Alibimaß­nahmen zur Statistikkosmetik nicht hinwegtäuschen.

Im Bildungswesen hat es einen Kahlschlag gegeben. Die Schulen werden kaputtge­spart. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zum Thema!) Da fehlen die notwendigsten Ressour­cen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Es hängt immer mehr vom Geldbörsl der Eltern ab, welche Bildungs- und Zukunftschancen junge Menschen vorfinden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Haben Sie nicht Lopatka gesagt, er soll zum Thema reden?!) Sie haben den jungen Menschen in diesem Land die Zukunftschancen genommen, und jetzt möchten Sie sie noch so lange wie möglich von den Wahlen fernhalten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Kollegin Grossmann, zum Thema!) – Das gehört sehr wohl zum Thema.

Das ist eben nicht fair, und deshalb bringe ich erneut folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Senkung des Wahlalters

Die Bundesregierung ersucht wird, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, wonach das aktive Wahlalter bei Nationalratswahlen auf 16 Jahre gesenkt wird.

*****


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Damit dieses Manko so schnell wie möglich beseitigt wird.

Ein weiterer Entschließungsantrag betrifft den Jugendschutz, denn es ist wirklich nicht mehr zu argumentieren, dass sich Jugendliche in jedem Bundesland an andere Be­stimmungen halten müssen. Bei der gestiegenen Mobilität Jugendlicher ist das wirklich nicht mehr zeitgemäß und, Frau Kollegin, aus Gleichheits- und Gerechtigkeitserwägun­gen auch nicht mehr zu vertreten.

Entsprechend breit ist auch die Zustimmung zu einer bundesweiten Regelung. Auch beim Jugend-Konvent im Rahmen des Österreich-Konvents haben sich interessanter­weise die Jugendsprecherinnen und -sprecher aller Parlamentsparteien dafür ausge­sprochen, nachdem sich die Kinder- und JugendanwältInnen Österreichs und die meis­ten Jugendorganisationen längst schon dafür stark gemacht haben. Nur, geschehen ist leider auch hier nichts.

Daher:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend bundeseinheitlicher Jugendschutz

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, wonach eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Jugendschutz ge­schaffen wird.

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden von Frau Abgeordneter Mag. Gross­mann eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Senkung des Wahlalters, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1

Von jungen Menschen wird in der heutigen komplexen Welt ein hohes Ausmaß von Selbständigkeit und Verantwortungsbewusstsein in allen Bereichen des Lebens erwar­tet. Schon in sehr jungen Jahren müssen Entscheidungen von erheblicher Tragweite für das weitere Leben getroffen werden, wie etwa die Wahl des Berufs- bzw. Ausbil­dungsweges. Die Strafmündigkeit tritt bereits mit 14 Jahren ein, was so manche, die sich gegen eine Wahlaltersenkung aussprechen, sogar noch weiter herabsenken wol­len.

Während also Jugendlichen sehr früh Pflichten und Verantwortlichkeiten übertragen werden, lässt man sich mit den Rechten Zeit.

Zu einem wesentlichen Element der Selbstverantwortung gehört in einer Demokratie das Wahlrecht. Wie die Erfahrungen bei den Landtags- und Gemeinderatswahlen in jenen Ländern zeigen, in denen das Wahlalter auf 16 gesenkt wurde, nehmen dort


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Jugendliche ab 16 ihr Wahlrecht in gleicher Weise ernst wie Erwachsene. Gleichzeitig sichert dieses Wahlrecht, dass Anliegen und Ansichten junger Menschen von den Par­teien ernst genommen werden, weil sie mit ihrer Stimme diese Anliegen in demokra­tischer Weise auch beeinflussen können. Die Senkung des Wahlalters auf 16 bedeutet daher insgesamt mehr Demokratie und Akzeptanz der Jugend in unserer Gesellschaft.

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschlie­ßen:

Entschließung:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, wonach das aktive Wahlalter bei Nationalratswahlen auf 16 Jahre gesenkt wird.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend bundeseinheitlicher Jugendschutz, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1

Derzeit gibt es in Österreich neun unterschiedliche Jugendschutzgesetze. Für Kinder und Jugendliche gilt immer das Gesetz jenes Bundeslandes, in dem sie sich gerade aufhalten. Das führt zu einer undurchsichtigen Vielzahl von Jugendschutzbestimmun­gen, die nicht nachvollziehbar sind. Ein einheitliches Jugendgesetz muss Bestimmun­gen zu den Rechten und Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen beinhalten, sowie – als Kernaufgabe – die Förderung der Arbeit mit Kindern und Ju­gendlichen beinhalten. Über eine Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen wurde schon oft diskutiert, passiert ist jedoch nichts.

Aus diesen Gründen fordert die Bundesjugendvertretung ein bundesweit einheitliches Jugendschutzgesetz. Auch die ständige Konferenz der Kinder- und JugendanwältInnen tritt für eine Harmonisierung ein.

Im Österreich-Konvent wurde im Rahmen der neuen Kompetenzverteilung auch eine Kompetenz des Bundes zur Regelung des Jugendschutzes diskutiert. Im Rahmen des zweiten Jugendkonvents am 25. November 2004 haben sich die Jugendsprecher aller vier im Nationalrat vertretenen Parteien dezidiert für eine solche Kompetenz des Bun­des für ein bundesweites Jugendschutzgesetz ausgesprochen.

Der vorliegende Entschließungsantrag soll daher entsprechend dem von allen vier Par­teien geäußerten Willen eine solche Bundeskompetenz ermöglichen.

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschlie­ßen:

Entschließung:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, wonach eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Jugendschutz ge­schaffen wird.

*****

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 62

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Par­tik-Pablé zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.15.44

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, meine Vorrednerin hat das Parlament mit irgendeiner Wahldiskus­sion in einem Wirtshaus verwechselt, wo Leute sitzen, die keine Ahnung haben von dem, was in den vergangenen Jahren hier geleistet worden ist.

Frau Abgeordnete, ich würde Sie wirklich bitten, Ihre Ausführungen zu revidieren! – Was wir den Jugendlichen angetan hätten? – Ja sagen Sie einmal, woher haben Sie das! Sind Sie nicht vier Jahre lang hier gesessen und haben gesehen und gehört, was wir für die Jugendlichen gemacht haben? (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wir haben beispielsweise dafür Sorge getragen, dass Tausende junge Menschen eine Arbeit finden, wir haben eine Lehrlingsprämie eingeführt, einen Lehrlingsbonus. Wir sind gemeinsam mit der ÖVP dafür, dass das Jugendschutzgesetz bundeseinheitlich gelten sollte und verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosig­keit, um den jungen Menschen zu helfen.

Letztlich soll ja auch das Pensionsrecht dazu dienen, dass die jungen Menschen, die heute in den Arbeitsprozess eintreten, auch noch die Chance haben, eine Pension zu bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wenn wir so weitergetan hätten wie die sozialistischen Sozialminister, dann hätten die heute Arbeitenden überhaupt keine Chance mehr, eine Pension zu bekommen.

Also, bitte, denken Sie einmal nach – und Ihre Wahlpropaganda können Sie sich spa­ren, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ich wende mich schon dem Tagesordnungspunkt zu, dem Konvent. Wir führen heute eine weitere Debatte in der unendlichen Geschichte der österreichischen Verfassungs­reform. Jeder weiß, dass es dringend notwendig ist, dass wir die Verfassung reformie­ren, dass wir über verschiedene Bereiche, die nicht mehr zeitgemäß sind, reden, dass wir sie reformieren. Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer hat schon detailliert angeführt, um welche Bereiche es sich handelt.

Im Konvent wurde lange darüber geredet. Es sind sich ja auch alle Redner darüber einig, dass intensiv gearbeitet wurde, aber je länger der Konvent dauerte, desto stärker war zu erkennen, dass die Opposition nicht bereit war, Zugeständnisse, Kompromisse zu machen. Natürlich müssen Kompromisse gemacht werden. (Abg. Öllinger: Seit wann ist es die Aufgabe der Opposition, Zugeständnisse zu machen?) Nein. Schauen Sie, Sie wissen doch ganz genau, dabei geht es um eine Zweidrittelmehrheit, und da muss es Kompromisse geben, aber gerade bei den ideologisch besetzten Themen war die Opposition nicht bereit, diese Kompromisse zu machen. (Abg. Krainer: Was war Ihr Kompromissvorschlag?)

Eines möchte ich auch noch sagen: Die, die im Konvent gearbeitet haben, haben ohnehin intensiv mitgearbeitet, aber dann ist von der Parteizentrale, insbesondere von der SPÖ-Parteizentrale, die Forderung gekommen: So, und jetzt wollen wir der Regie­rung keinen Erfolg vergönnen, jetzt verhandeln wir nicht mehr weiter! (Abg. Krainer: Sagen Sie, was war Ihr Kompromissvorschlag? – Es gab nie einen!) Das war Ihre Ziel­setzung im Konvent, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ: nur der Regierung keinen Erfolg vergönnen! Da können Sie noch so laut hereinschreien, Herr Abgeordneter Krainer. (Abg. Krainer: Was war Ihr Kompromissvorschlag?) Ein so


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kleinlicher Standpunkt, nämlich dass man die Regierungsparteien sozusagen ausrut­schen lassen möchte, das war Ihre Vorgangsweise und Ihre Strategie!

Herr Abgeordneter Wittmann hat gesagt: Die Grundstimmung war das Problem. (Abg. Krainer: Sagen Sie uns doch endlich Ihren Kompromissvorschlag!) Das ist schon rich­tig, aber nicht die Grundstimmung im Konvent, denn dort wollten, wie gesagt, ohnehin alle mitarbeiten. Von Ihnen ist Herr Abgeordneter Kostelka im Präsidium gesessen, und dann hat die SPÖ gesagt: Von uns ist niemand im Präsidium gesessen! – Herr Kostelka ist sozusagen nicht als der Ihrige akzeptiert worden.

Ab November 2004 hat man bemerkt, dass da nichts mehr geht, dass es da kein Ent­gegenkommen gibt. Zum Beispiel beim Grundrechtskatalog ... (Abg. Krainer: Wo war Ihr Entgegenkommen?) Herr Abgeordneter Krainer, ich komme schon auf Sie zurück. Die Regierungsparteien sind intensiv auf Ihre Forderungen eingegangen, haben Kom­promisse geschlossen, gerade bei den sozialen Grundrechten, aber es war nicht mehr möglich, darüber hinaus zu verhandeln, obwohl diese Kompromisse vorhanden waren.

Es ist völlig falsch, wenn Sie sagen, dass die Regierungsparteien Sie überfahren woll­ten. (Abg. Öllinger: Welche Kompromisse?) Es war kein Bewegungsspielraum seitens der Opposition erkennbar, denn andernfalls hätte man ja, wie gesagt, diesem Konvent einen Erfolg bescheiden können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Krainer: Wo war Ihr Vorschlag? Welche Kompromisse?)

Ein anderes Beispiel sind die Landesverwaltungsgerichte. Jeder weiß, dass es drin­gend notwendig ist, dass wir Landesverwaltungsgerichte einrichten. Im Ausschuss hat es sogar eine Einigung aller Parteien gegeben, sogar mit Text, Herr Abgeordneter Öl­linger, Herr Abgeordneter Krainer. Dann hat aber die SPÖ ihre Zustimmung dazu dar­an gebunden, dass man die Verfassungsbeschwerde akzeptiert. Und nur dann wären Sie bereit gewesen, die Landesverfassungsgerichte einzuführen. – Entschuldigen Sie, ich bin sehr verkühlt, sodass ich nur sehr schlecht reden kann. Aber ich bitte Sie, das trotzdem zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Krainer: War ja auch ein vernünftiger Vor­schlag!)

Sie hätten einen Kompromiss schließen müssen, dann hätten wir die Landesverwal­tungsgerichte einrichten können. Alle Insider, alle Experten haben sich gegen Ihre Ver­fassungsbeschwerde gewendet, und deshalb waren wir dagegen, Herr Abgeordneter Krainer.

Wir haben beispielsweise auch den Asylgerichtshof gefordert. Auch diesbezüglich ist es zu keiner Einigung gekommen – und beispielsweise auch bei den Behinderten. Da kann ich Ihnen das überhaupt schwarz auf weiß belegen, wie Ihre Vorgangsweise war. Der Konvent hat schon eindeutig die Rechte von Menschen mit Behinderung festge­legt. Dann, in der schriftlichen Ausarbeitung, sind Sie jedoch von diesen seinerzeit fest­gelegten Rechten für die Behinderten abgegangen. So war leider Gottes Ihre Vor­gangsweise im Konvent.

Leider hindert mich meine Verkühlung daran, weiterzureden und Ihnen weitere Bei­spiele zu bringen. Aber wenn Herr Abgeordneter Wittmann heute meint, dass er hofft, weitere Fortschritte zu erzielen, dann möchte ich ihm sagen: Erstens hätten wir die Fortschritte schon, wenn insbesondere die SPÖ bereit gewesen wäre, mitzuwirken, und außerdem müssen Sie sich schon damit abfinden, dass auch Sie Kompromisse machen müssen. Es geht ganz einfach nicht, dass Sie fordern, und alles andere muss dann auf Ihre Wünsche abgestimmt werden. Sie müssen Ihre Verhaltensweise ändern. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

11.22



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 64

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zum Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.22.58

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Einige der Kolleginnen und Kollegen waren Mitglieder des Österreich-Konvents und haben dann auch im so genannten Besonderen Ausschuss des Öster­reich-Konvents mitgearbeitet. In diesem Besonderen Ausschuss des Österreich-Kon­vents, der immerhin zehn Sitzungen „hinter sich gebracht“ hat, muss man jetzt im Nachhinein sagen, hat – ich möchte das hier noch einmal festhalten und habe dies auch schon im Ausschuss getan – in vielen Punkten eigentlich das Gegenteil dessen stattgefunden, was vorher in den 19 Monaten Arbeitszeit im Konvent versucht wurde.

Im Besonderen Ausschuss ist man bei den Ergebnissen des Konvents, wo man ver­sucht hat, zusammenzukommen und möglichst breite Zustimmung – ich vermeide jetzt immer das Wort „Konsens“ – zu bekommen, wo eigentlich schon so etwas wie eine politische Akkordierung von Punkten war, wieder auseinandergedriftet.

Man sieht die Tatsache, dass wir uns von den Ergebnissen des Konvents durch die parlamentarische Behandlung entfernt haben, ja auch an dem Entschließungsantrag, den die beiden Noch-Regierungsparteien heute eingebracht haben. Wer hat ihn ein­gebracht? – Frau Dr. Baumgartner-Gabitzer und Herr Kollege Scheibner. Ich kann dazu nur fragen: Wer hier im Saal wird wohl dagegen sein, dass wir einen umfassen­den und zeitgemäßen Grundrechtskatalog, der auch soziale Grundrechte einschließt, bekommen sollten? – Niemand, Herr Kollege Scheibner, ist dagegen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Was hier allerdings nicht steht und was wir monatelang im Ausschuss IV des Konvents und dann im Besonderen Ausschuss diskutiert haben, ist, dass die Durchsetzbarkeit von sozialen Grundrechten der Punkt ist, an dem es zu keiner Einigung gekommen ist. Die Festschreibung des schönsten, besten Grundrechts in einer Verfassung ist das Papier nicht wert, auf dem es festgeschrieben ist, wenn die Durchsetzbarkeit nicht ge­währleistet ist. Und das fehlt auch heute in diesem Entschließungsantrag. – Ein Punkt.

Ein zweiter Punkt: Die Briefwahl soll in voller Wahrung der Grundsätze des freien, ge­heimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden. – Ja, das glaube ich auch, dass wir entsprechend den heutigen Bedürfnissen und Anforderungen von demokrati­scher Partizipation, die vonseiten der Bevölkerung kommen, sehr bald zu einer breiten Zustimmung kommen können. Da teile ich Ihre Auffassung.

Was ich aber kritisch anmerke, meine Damen und Herren, wenn es schon um demo­kratische Mitbestimmung geht, ist, dass wir es hier mit einer Regierungspartei zu tun haben, die das kommunale Wahlrecht für Ausländer in Österreich – in Wien in diesem Fall – durch den Gang zum Verfassungsgerichtshof zu Fall gebracht hat, und dass es eine, ich würde fast sagen, Diskussionsverweigerung zu diesen Punkten im Konvent gegeben hat.

Das sind jetzt zwei Beispiele dafür, wie selektiv die positiven Dinge in dem Entschlie­ßungsantrag angeführt wurden und dass selbst dann, wenn sie angeführt sind, wesent­liche Punkte fehlen. Ich rede jetzt nicht von den Punkten, wo ich oder die grüne Frak­tion prinzipiell nicht, auch schon im Konvent nicht, im Konsensbemühen der ÖVP in diesem Fall – von F-BZÖ gar nicht zu reden – mitkonnte, wo es um Sicherheitspolitik ging, aber man muss ja nicht einer Meinung sein.

Deshalb bedauere ich es sehr, dass jene Punkte, die nach dieser 19-monatigen Arbeit und nach den zehn Ausschusssitzungen bis zum 4. Juli oder 10. Juli als Ergebnis zum


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Greifen nahe waren, nämlich eine Verfassungsbereinigung, die es nicht gibt, in diesem Entschließungsantrag der jetzt noch Regierungsparteien nicht einmal angeführt wer­den, nicht darauf verwiesen wird, denn das war das wirklich konkreteste Ergebnis die­ser zweieinhalbjährigen Arbeit. Und ein Hinweis darauf fehlt gänzlich.

Die Entschließungsanträge der Grünen sind ja von Frau Dr. Glawischnig schon einge­bracht und begründet worden. Ich möchte zu einem der Anträge der sozialdemokrati­schen Fraktion noch Stellung nehmen, nämlich zum Antrag betreffend eine Forderung, die auch im Konvent erhoben wurde, nämlich die Bestimmungen über einen weisungs­freien Bundesstaatsanwalt. Darüber haben wir im Ausschuss IX des Konvents viel dis­kutiert, mit Fachleuten, unter Einbeziehung, wenn Sie so wollen, auch der Betroffenen, jetzt auch der Vertreter der Richterinnen und der Staatsanwälte. Es war ein sehr interessanter Diskussionsprozess. Es tut mir leid, aber neun oder acht Tage vor der Wahl mit einem Motivenbericht zu kommen wie jenem, in dem die Causa BAWAG jetzt dazu benutzt wird – das ist genauso billig wie, dass wir in eineinhalb Stunden über die Schutzmacht und die Minderheitenschutzbestimmungen im Zusammenhang mit Süd­tirol sprechen, nämlich eben acht Tage vor den Wahlen. Da bin ich sehr skeptisch bei der Zustimmung, wiewohl es auch einige konkrete Punkte in der Entschließung gibt, die in dieser Form mehr als diskussionswürdig sind und auch nicht dem Diskussions­stand im Konvent entsprechen.

Das Einzige, wo ich völlig vorbehaltlos ja sage – und eigentlich sagen das alle, es ist nur über die Jahre noch nicht passiert –, ist die Verankerung der Staatsanwälte als Or­gan der Rechtspflege in der Bundesverfassung. Ich kann mich erinnern, es war Dr. Kostelka noch Klubobmann – das ist jetzt schon etliche Jahre her –, als diesbezüg­liche Anträge schon eingebracht wurden.

Alle anderen Punkte wie weisungsfreier Bundesstaatsanwalt und Bestellungsmodus sind Diskussionspunkte, die bereits andiskutiert wurden, aber aus grüner Sicht sage ich, es besteht noch keine Zustimmungsmöglichkeit, da ich das keineswegs für ent­scheidungsreif halte. Ich möchte mich auch deshalb jetzt nicht von den inhaltlichen Fragen distanzieren, aber die Art und Weise, wie das im Zusammenhang mit der so genannten Causa BAWAG hier eingebracht wird, zurückweisen, weil die Sache als solche zu wichtig ist und nicht der Tagespolitik und den Wahlkampfemotionen ausge­setzt sein soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scheibner.)

11.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fek­ter zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.31.11

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Morak! Ich möchte auf die Anschüttungen gegen die Justizministerin und gegen die Justiz im Allgemeinen vom Kollegen Wittmann, von SPÖ-Seite hier reagieren.

Der Versuch der SPÖ, aus dem SPÖ-BAWAG-ÖGB-Skandal einen Justizskandal zu machen, ist ein durchsichtiges Manöver und hat in der SPÖ Tradition. Immer wenn sie nicht mehr weiter weiß, greift die SPÖ die unabhängige Justiz an und schüttet die je­weiligen Justizminister an.

Dieses Mal ist Landeshauptfrau Burgstaller ausgerückt und hat gemeint: Es stört mich besonders, wenn die Justiz in den Wahlkampf eingreift; ich mache mir Sorgen um den Rechtsstaat; der Staatsanwalt lässt sich einspannen.

Das ist wie in einer Bananenrepublik, hat der Kollege Cap gemeint.


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Es gibt keinen Beweis, kein Protokoll, gar nichts, es wird etwas in die Welt gesetzt – hat Kollege Gusenbauer im „profil“ gemeint.

Der Rechnungshof und die Justiz würden von der ÖVP instrumentalisiert – hat Landes­hauptmann Niessl gemeint. Alles Sozialdemokraten!

Ähnlich hat es auch in der Vergangenheit geklungen. Dies ist nämlich ein bewährtes Muster der SPÖ, dass sie Justizanschüttungen vornimmt, wenn sie tief im Sumpf steckt.

Beispielsweise 1989, im Zusammenhang mit der Noricum-Affäre, hat der damalige Klubobmann Heinz Fischer gemeint: Die Vorgangsweise des Justizministers kommt Medienjustiz sehr nahe.

Oder 1989 hat Klubobmann Fischer in der „Presse“ gemeint: Schluss mit der Vernade­rung! Vorwürfe an die Justiz, Sorge um den Rechtsstaat.

Beispielsweise habe ich hier ein Zitat aus dem „profil“ aus dem Jahre 1989, wo Fischer in ungewöhnlich scharfer Form gegen den damaligen Justizminister Foregger wettert.

Also: Dieses Muster kennen wir. Wenn es brenzlich wird für die SPÖ, wird die Justiz angeschüttet.

Und daher verwahre ich mich striktest gegen den Vorschlag, den man jetzt unterzubrin­gen versucht, nämlich dass man einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt schafft, na­türlich mit den Stimmen der SPÖ – man will das ja mit Verfassungsmehrheit beschlie­ßen –, und dort einen genehmen Bundesstaatsanwalt instrumentalisiert, der dann als Vertuschungsinstitution funktionieren kann.

Wir von der ÖVP wollen diese Vertuschungsinstitution nicht. Ganz im Gegenteil: Wir wollen die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft unter Verantwortung der Frau Bun­desminister (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ), denn dort, bei der Ministerin oder bei einem Minister, der unter medialer Beobachtung steht, ist ein trans­parentes Weisungsrecht am besten aufgehoben – nicht in einer Institution geparkt, wo es sich die SPÖ dann wieder richten kann und wo unter Umständen dieser grausliche BAWAG-ÖGB-SPÖ-Sumpf niemals aufgeklärt werden würde.

Wir wollen, dass es aufgeklärt wird und dass das Weisungsrecht bei der Frau Ministe­rin bleibt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

OTS des Kollegen Jarolim: „Gastinger hat alles unterlassen, was verantwortungsvolle Justizministerin nicht unterlassen darf“.

Ja hätte sie eine Weisung geben sollen zur Vertuschung des BAWAG-Skandals? Das wäre der SPÖ gerecht geworden, aber unserer Justizpolitik nicht! Gott sei Dank hat sich die Frau Justizministerin nicht in die Justizpolitik eingemengt, und dieser Skandal wird aufgeklärt werden von der unabhängigen Justiz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

11.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hla­vac zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.35.38

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dem zuletzt angesprochenen Justizthema. Ich verstehe einfach die Aufregung von Kollegin Fekter nicht. Die Justiz ist ein Bereich, der genauso kriti­siert werden können muss wie jeder andere. Und es sind hier tatsächlich Dinge ge­schehen, die einfach unfassbar sind. Und dass sich offensichtlich der Staatsanwalt in­strumentalisieren hat lassen in dieser Angelegenheit (Abg. Dr. Rasinger: Wissen Sie,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 67

was Sie da sagen?), dass man sich die Frage stellen muss, warum alles so knapp vor der Wahl jetzt breitgetreten wird – das sind Fragen, die man sich stellen können muss. Und wir lassen uns da sicherlich nicht den Mund verbieten.

Und natürlich ist man auch jederzeit berechtigt, eine Ministerin – in diesem Fall die Justizministerin – zu kritisieren. Also ich kann diese Aufregung nicht verstehen, noch dazu, wo wir einen Vorschlag zur Schaffung der Funktion eines Bundesstaatsanwalts machen. Wenn Sie das genau lesen, werden Sie erkennen, dieser Bundesstaatsanwalt soll mit Zweidrittelmehrheit bestellt werden. (Abg. Dr. Fekter: Und dann alles nieder­schlagen und vertuschen! Und ihr wollt es euch dann richten!) – Bitte, Frau Kollegin, was reden Sie da? Mit einer Zweidrittelmehrheit! Glauben Sie, dass Sie unter die 30 Prozent sinken werden? Das ist doch lächerlich! Das muss ja von einer Zweidrittel­mehrheit hier im Haus beschlossen werden.

Und außerdem ist in dem Entwurf auch vorgesehen, dass dieser Bundesstaatsanwalt unabsetzbar ist. Also, wie gesagt: Ich glaube, Sie haben diesen Entwurf nicht gelesen (Abg. Dr. Fekter: Oh ja!) und versuchen jetzt nur, den BAWAG-Skandal wieder hoch­kochen zu lassen. (Abg. Dr. Fekter: Dieser Skandal gehört nicht vertuscht, sondern aufgeklärt!)

Aber ich denke, es wäre doch wirklich sinnvoll, die Diskussion einmal auch wieder über die Verfassung zu führen und nicht dauernd am Thema vorbei. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Verfassungskonvent, das war ein sehr ehrgeiziges Ziel, das aber leider nicht zu dem Ergebnis geführt hat, das man sich gewünscht hätte.

Wenn verlangt wird, dass es Kompromisse geben soll, so ist das richtig. Natürlich kann eine Verfassung nur mit der entsprechenden Zweidrittelmehrheit und daher nur unter Eingehen von Kompromissen beschlossen werden.

Sie haben aber hier eine sehr einseitige Sichtweise. Wir waren zu Kompromissen be­reit. Allerdings erleben wir vonseiten der Bundesregierung eigentlich immer nur, dass etwas vorgegeben wird, und wenn man dann da nicht zustimmt, dann heißt es gleich, wir sind Totalopposition.

Ich möchte konkret auch etwas auf diesen Grundrechtskatalog eingehen, auf die Not­wendigkeit, einen modernen Grundrechtskatalog zu verfassen, weil die Grundrechte ein ganz wichtiger Bereich auch für die Qualität einer Gesellschaft, für den Rechts­staat, für die Sicherheit der einzelnen Menschen sind, damit sie ihr Leben ohne Diskri­minierung, ohne Angst vor Diskriminierung führen können.

Und da auch kurz einen Satz zur Frage der Volksgruppen, weil das hier angesprochen worden ist.

Wie wir vor dem Sommer über den Kompromiss hinsichtlich der Ortstafeln in Kärnten diskutiert haben, habe ich mir das sehr genau überlegt, weil mir das ein wichtiges Anliegen ist. Ich gehöre selbst einem Volksgruppenbeirat an und habe mich deshalb besonders gefragt: Was bringt den Slowenen am ehesten jene Rechte, die ihnen auch zustehen?

Da aber in dem Entwurf, den Sie vorgelegt haben, keine Rechtsdurchsetzungsgarantie vorhanden war und Sie sich auch geweigert haben, diese Garantie zu geben, konnten wir hier nicht zustimmen. (Abg. Scheibner: Nicht so, wie Sie es wollten!) Nein, wir er­leben das ja jetzt. So wie der Landeshauptmann von Kärnten nicht bereit ist, ein Er­kenntnis des Verfassungsgerichtshofes umzusetzen, so wäre er wohl auch nicht bereit gewesen, diesen Kompromiss durchzusetzen. (Abg. Scheibner: Sie haben den Kom­promiss verhindert!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 68

Und dann gibt es keine Möglichkeit mehr, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Und daher war es sicher richtig, dass wir nicht zugestimmt haben. (Abg. Scheibner: Sie ganz allein haben den Konsens verhindert! Das war nur Ihre Partei!) Und es ist ganz eindeutig, dass der Landeshauptmann von Kärnten die Rechte dieser Volksgruppe nicht sichert, und das ist eine sehr betrübliche Tatsache. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Betrüblich ist, dass ihr immer dagegen seid!)

Was die sozialen Grundrechte betrifft, glaube ich, dass es sehr wichtig wäre, sie in einen Katalog aufzunehmen. Die Sozialpartner haben sich ja auch da auf etwas ge­einigt, denn in einem Land, in dem eine halbe Million Menschen in Armut leben, in dem eine Million Menschen von Armut bedroht sind, ist es notwendig, dass der Staat die Aufgabe übernimmt, den Menschen ein Leben in Würde zu sichern. Dazu gehört eben auch soziale Sicherheit. Das ist etwas, was in den letzten Jahren sträflich vernach­lässigt worden ist. Ich hoffe aber, dass sich das bald ändern wird. (Beifall bei der SPÖ.)

11.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Walch zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.41.41

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Öster­reich-Konvent hat sich in seinen Beratungen mit der Neuordnung und den Kompeten­zen des österreichischen Bundesstaates befasst. Besonders der Bereich der Pflege, in dem die Kompetenzen in Österreich ziemlich aufgesplittert sind – es sind teilweise der Bund, das Land und die Gemeinden zuständig –, wurde dort diskutiert. Ich glaube, dies ist ganz wichtig, speziell auch deswegen, weil die Menschen immer älter werden und die Medizin Gott sei Dank weit fortgeschritten ist. Probleme sollte man zeitgerecht und vorausschauend diskutieren und Verbesserungen vorschlagen.

Ganz wichtig und erfreulich ist, was diese Bundesregierung in den letzten sechs Jah­ren speziell für Menschen mit Behinderung verwirklicht hat. Ich erinnere nur an die Be­hindertenmilliarde, das Behindertengleichstellungsgesetz, die Erhöhung des Pflegegel­des, an die Gewährung von Pflegegeld ab Geburt eines behinderten Kindes und vieles mehr. Viele hervorragenden Verbesserungen gab es auch in der medizinischen Pflege in Österreich. Wir sind international ein Vorbild.

Ganz erfreulich ist, dass 320 000 Menschen ein Pflegegeld beziehen und mehr als 80 Prozent der Menschen mit Behinderung von Familienmitgliedern gepflegt werden.

Nunmehr bringe ich folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits und Walch und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend jene Schritte einzuleiten, die die Umset­zung folgender Maßnahmen ermöglichen:

Vorsorge für die notwendigen Verbesserungen bzw. regelmäßige Erhöhungen im Pfle­gegeldbereich rechtzeitig zu treffen;

Wahlfreiheit der Betroffenen sicherstellen und Ausbau der entsprechenden Strukturen fördern (Nachbarschaftszentren, mobile Dienste sowie stationäre und teilstationäre An­gebote);


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 69

Förderung sowie soziale Absicherung der ehrenamtlich Tätigen;

Sicherstellung einer bedarfsgerechten, abgestuften Betreuung;

Absicherung der Finanzierung;

Schaffung einer Rechtssicherheit für 24-Stunden-Betreuung von Pflegebedürftigen;

Ausbau niederschwelliger Beratungsangebote für pflegende Angehörige;

Bedarfsorientierte Ausbildungspläne und -angebote;

Weitere Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen;

Ausbau der Pflegevorsorge und Prävention;

Verbesserung der Schnittstellen im Pflege- und Betreuungsbereich;

Ausbau der lebensraumnahen Hospiz-, Palliativ- und Schmerzmedizin.

*****

Ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, und ersuche um Zustimmung zum Entschließungsantrag. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

11.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Walch eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegesituation der pflegebedürftigen Menschen in Österreich sowie Vorsorge für regel­mäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich, eingebracht im Zuge der Debatte des Nati­onalrates zum Bericht des Besonderen Ausschusses betreffend den Bericht des Öster­reich-Konvents, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-136/1584 d.B.)

Der Österreich-Konvent hat sich in seinen Beratungen mit einer umfassenden Neuord­nung der Kompetenzen im österreichischen Bundesstaat befasst. Gerade im Bereich der Pflege gibt es eine Kompetenzzersplitterung. Teilweise ist der Bund zuständig, in weiteren Materien aber die Länder oder die Gemeinden. Der Österreich-Konvent hat aber nicht nur die Kompetenzfragen der österreichischen Bundesverfassung, sondern auch die Weiterentwicklung der Menschenrechte diskutiert. Pflege wird für die Bedürf­nisse der Menschen in Österreich in der Zukunft ein immer wichtigeres Anliegen.

Derzeit beziehen rund 320 000 Österreicherinnen und Österreicher Pflegegeld,

über 1 Million Menschen sind als Angehörige mit dem Thema konfrontiert,

über 80% der Pflege- und Betreuungsleistungen werden von den Angehörigen selbst – also innerhalb der Familie – erbracht.

Wenn generalisierend von Altenpflege gesprochen wird, müssen zwei Dinge unter­schieden werden:

(medizinische) Pflege und

Betreuung.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 70

Pflege im Sinne des Gesundheits- und KrankenpflegeG ist durch ein Bundesgesetz ge­regelt (Berufsbilder Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester und Pflegehel­fer/in).

Altenbetreuung ist die Versorgung von alten Menschen mit den einfachen Mitteln des täglichen Haushaltslebens (Hilfe bei Aufstehen, Anziehen, Waschen, Hausarbeit,) und fällt unter den Kompetenztatbestand Sozialwesen und ist daher Landessache.

Die medizinische Pflege ist in Österreich hervorragend. Vor allem in den letzten Jahren konnten viele Verbesserungen im Pflegekomfort erreicht werden: Kleinere Bettenan­zahl je Zimmer, Verbesserung der Servicestruktur, Schaffung eines eigenen Lehrstuhls für Geriatrie, Umwandlung von Akutbetten in Pflegebetten.

80 % aller pflegebedürftigen Menschen werden im häuslichen Bereich von Angehöri­gen betreut. Die Übernahme einer derartigen Pflegetätigkeit stellt an den pflegenden Angehörigen neben großen physischen auch psychische Anforderungen. Einer der Grundsätze des Systems der österreichischen Pflegevorsorge ist es daher auch, die Position pflegender Angehöriger, die durch ihre Betreuungstätigkeit einen gesell­schaftspolitisch äußerst wertvollen Beitrag leisten, zu stärken und finanziell zu entlas­ten.

Die Betreuung alter Menschen in Österreich ist – mit Ausnahme der Gesundheitsver­sorgung – aufgrund der Bundesverfassung Kompetenz der Bundesländer. Dennoch hat der Bund bereits 1993 seine Verantwortung wahrgenommen und mit den Bundes­ländern eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen abgeschlossen.

In Ergänzung zur laufenden Umsetzung dieser Vereinbarung hat die Bundesregierung in dieser Gesetzgebungsperiode eine breite Palette an Maßnahmen zu Verbesserung und Sicherung der Pflege und Betreuung im Alter umgesetzt:

Einführung der Familienhospizkarenz – einmalig in Europa. Die Familienhospizkarenz garantiert die volle sozialversicherungsrechtliche Absicherung sowie Leistung der Ab­fertigung Neu-Beiträge von pflegenden Angehörigen in der letzen Phase der Sterbe­begleitung oder bei der Betreuung eines schwerkranken Kindes

Einführung „Betreutes Wohnen“ als weitere Aufgabe des gemeinnützigen Wohnungs­wesens

Begünstigte Selbstversicherung für pflegende Angehörige; der Bund übernimmt dabei den Dienstgeberanteil

Pflegegeldvalorisierung: Mit Jänner 2005 wurde das Pflegegeld erhöht.

Patientenverfügungsgesetz zur Stärkung der Patientenrechte – jeder pflegerisch be­treut, kann seine medizinische Behandlung selbst bestimmen

Rechtliche Absicherung des Tätigwerden von pflegenden Angehörigen im Ärztegesetz

Staatlich gefördertes Bausparen kann zur Pflegevorsorge verwendet werden

Im Sinne einer weiteren insbesondere finanziellen Verbesserung der Pflegesituation der pflegebedürftigen Menschen richten die unterzeichneten Abgeordneten nach­stehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend jene Schritte einzuleiten, die die Umset­zung folgender Maßnahmen ermöglichen:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 71

Vorsorge für die notwendigen Verbesserungen bzw. regelmäßige Erhöhungen im Pfle­gegeldbereich rechtzeitig zu treffen;

Wahlfreiheit der Betroffenen sicherstellen und Ausbau der entsprechenden Strukturen fördern (Nachbarschaftszentren, mobile Dienste sowie stationäre und teilstationäre An­gebote);

Förderung sowie soziale Absicherung der ehrenamtlich Tätigen;

Sicherstellung einer bedarfsgerechten, abgestuften Betreuung;

Absicherung der Finanzierung;

Schaffung einer Rechtssicherheit für 24-Stunden-Betreuung von Pflegebedürftigen;

Ausbau niederschwelliger Beratungsangebote für pflegende Angehörige;

Bedarfsorientierte Ausbildungspläne und -angebote;

Weitere Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen;

Ausbau der Pflegevorsorge und Prävention;

Verbesserung der Schnittstellen im Pflege- und Betreuungsbereich;

Ausbau der lebensraumnahen Hospiz-, Palliativ- und Schmerzmedizin.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllin­ger zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


11.45.25

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Walch würden mich natürlich reizen, in das Thema Pflege noch ein bisschen einzusteigen, vor allem mit der Frage – aber bei der lasse ich es dann bewenden –: Wo waren das BZÖ und sein Staatssekretär – der verschwundene, der im Sozialministerium, der nämlich für den Bereich Pflege zustän­dig ist, ressortmäßig zuständig – in den letzten Monaten?

Kollege Walch, warum wird da jetzt ein Entschließungsantrag in letzter Sekunde vorge­lesen? Ich hätte mir gewünscht, dass der Herr Staatssekretär in dieser mehrere Mo­nate dauernden Debatte um illegale Pflege in Österreich ein Wort zugunsten der Ange­hörigen von zu pflegenden Personen oder Pflegepersonen gesagt hätte. Diesbezüglich hätten wir uns etwas erwartet (Beifall bei den Grünen und der SPÖ – Abg. Scheibner: Haben wir!) – und nicht, dass Ihnen erst am Abend der Legislaturperiode noch einfällt: Jessas na, zum Pflegethema müssen wir auch etwas sagen! (Abg. Scheibner: Also bringt ihr heute keine Anträge mehr ein, wenn es schon zu spät ist?)

Herr Kollege Scheibner, wir bringen immer Anträge ein. Wir sehen das als unsere Auf­gabe an, Sie daran zu erinnern, und Sie wissen auch, was wir an Anträgen nicht nur hier und heute, sondern schon vor Monaten auch im Verfassungskonvent eingebracht haben. Sie hätten schon längst die Möglichkeit gehabt, mit uns gemeinsam die „gläser­nen Parteikassen“ zu beschließen. Das war unser Antrag im Konvent. Wo waren Sie denn, meine sehr geehrten Damen und Herren vom BZÖ? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Westenthaler macht dann den Mund auf in den Fernsehdebatten und sagt: Wir sind eh immer dafür!, aber er weiß ja nicht, was Sie im Parlament gemacht haben. –Nichts haben Sie offensichtlich zum Thema „gläserne Parteikassen“ gemacht! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 72

Ich komme noch zu einem anderen Thema. Herr Abgeordneter Scheibner, reden wir von den Kontrollrechten. Wenn Sie nämlich das Glück haben, noch im nächsten Parla­ment zu sein, werden Sie dies brauchen. So sehe ich die Dinge. Reden wir von den Kontrollrechten, die Abgeordnete hier haben.

Ich habe jetzt schon mehrere Perioden erlebt, aber es war noch nie so schlimm wie in den letzten Jahren, was die Kontrollrechte des Parlaments betrifft, noch nie so schlimm. (Abg. Scheibner: Sind wir immer dafür, die auszuweiten! Da waren Sie an­scheinend noch nicht da!) Was Sie in all den Jahren betrieben haben, war Kontrollver­weigerung. Ich kann Ihnen da dutzende Beispiele bringen von Anfragebeantwortungen gerade – das muss man dazusagen –, nicht nur, aber gerade durch Minister/Minis­terinnen Ihrer Couleur.

Frau Bundesministerin Haubner sagte etwa auf eine Anfrage der Abgeordneten Haidl­mayr: In der Frage steckt schon die Antwort! – Das war Ihre Antwort! Eine Absurdität sondergleichen, wofür sie sich dann Monate später entschuldigt hat und gesagt hat: Das war ein Versehen, das ist hineinkopiert worden! – Sie wollte einfach nicht beant­worten, das ist der Punkt! (Beifall bei den Grünen.)

Reden wir über Verweigerung von Kontrollrechten anlässlich des Rechnungshofberich­tes über die Ministerbüros! Unsere Abgeordneten haben verlangt, dass die Frau Exmi­nisterin Forstinger geladen wird. Sie haben es verweigert. Ja warum? Wir hätten schon gerne gewusst, was da los war mit dem Herrn Miko, Kabinettschef. Warum ist der auf einmal in der Versenkung verschwunden? Hat es da nicht etwas gegeben, was An­zeige heißt, Verdacht auf strafbare Handlung? Und was ist mit dem passiert? Warum wurde er von der Frau Ministerin abserviert? Er war nicht der Einzige, der abserviert worden ist, es sind viele abserviert worden. Aber in diesem Fall hat es offensichtlich Verdacht auf strafbare Handlungen gegeben. Ja was war da los?

Wir hätten auch von anderen Ministern gerne gewusst, warum sie sich in ihre Kabinette Personen, wie etwa die Frau Fabel, hineingesetzt haben, die durch Parteiprotektion irgendwie da nach oben gekommen sind und wo man nicht darauf geschaut hat, ob die jetzt einen akademischen Titel haben oder nicht, obwohl sie ihn beanspruchen. Es geht einfach flutsch so durch, flutscht hinein und flutscht dann bei Gelegenheit wieder heraus.

Ihre Ministerbüros, die hätten wir uns gerne angeschaut, Sie haben überall die Ladung von Personen verweigert, die tatsächlich Rede und Antwort hätten stehen können. Das haben Sie aber nicht gemacht. Das ist Kontrollverweigerung!

Reden wir vielleicht weiter – nur ein kleiner Exkurs –: Wie war denn das mit der Spitzel­affäre? War das nicht so, dass da am Beginn der Amtsperiode der Frau Ministerin Gas­tinger zwar nicht eine Weisung erteilt wurde, aber das Ganze ein berichtspflichtiges Verfahren war, wo man sich dann im berichtspflichtigen Verfahren natürlich darauf einigt, die Sache einzustellen? (Abg. Scheibner: Das wissen Sie ganz genau, dass das automatisch so ist! Nicht schon wieder etwas unterstellen! Das ist ungeheuerlich!)

Reden wir darüber, wie Sie selbst als Regierungsparteien mit den Kontrollrechten in der vorhergehenden Legislaturperiode tatsächlich umgegangen sind! Ich war in dem Untersuchungsausschuss, der das Sozialministerium hätten prüfen sollen. Ich habe die Prüfung gemacht. Sie haben – Sie wollten das so – gesagt: Wir wollen alle Förderfälle des AMS haben!

Da sind Millionen Gelder ausgegeben worden. Sie selbst waren unfähig, das zu prüfen. Sie haben sich einzelne Förderfälle von Frauenvereinen herausgegriffen und einen Krieg gegen Frauenvereine aus Ihrem Untersuchungsauftrag gemacht. (Abg. Scheib­ner: Diese Wortwahl!) Das ist die Realität! Das ging bis hin zu Äußerungen von Herrn Staatssekretär Kukacka, der sich dazu verstiegen hat, zu sagen, Frauenvereine seien


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sowieso nicht förderungswürdig, denn das widerspräche sozusagen der Gleichberech­tigung, man müsse ja die Männer fördern, und er meinte: Warum gibt es in Frauenzei­tungen keine Männerredakteure? – Das waren Äußerungen, die damals gefallen sind. So verbringen Sie Ihre Zeit in Untersuchungsausschüssen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Das war doch kein Untersuchungsausschuss! Wovon reden Sie über­haupt?)

Reden wir doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, davon, wie Sie mit diesem Untersuchungsausschuss ... Sie haben den Untersuchungsausschuss im Sand ver­senkt. Sie haben Millionen damit versenkt und haben kein Ergebnis zusammenge­bracht.

Und jetzt passiert das Gleiche beim Untersuchungsausschuss betreffend die BAWAG wieder. Es ist doch interessant, dass unsere Leute im Untersuchungsausschuss vor Monaten gefordert haben: Bitte, wir wollen Herrn Taus, Herrn Cordt, Herrn Schlaff im Untersuchungsausschuss! (Abg. Scheibner: Von welchem Untersuchungsausschuss reden Sie die ganze Zeit?)

Sie haben gesagt: Das ist nicht notwendig! Herrn Taus brauchen wir nicht, Herrn Cordt brauchen wir nicht, Herrn Schlaff brauchen wir nicht! Nein, da sind wir dagegen!

Dann zeigt jetzt auf Grund einer bestimmten persönlichen Motivation Herr Taus auf und sagt: Ich will vor dem Untersuchungsausschuss aussagen! Daraufhin beschließt man die Ladung des Herrn Taus. Aber wo, bitte, sind Cordt und Schlaff?

So gehen Sie mit Kontrollrechten des Parlaments um! Sie verweigern sie, und Sie las­sen die Leute nur dann reden, wenn Sie wissen, dass da nichts zu erwarten ist oder dass es Ihnen nützt, sonst kommt keiner in einen Untersuchungsausschuss. Das wis­sen Sie ganz genau, sonst hätten Sie längst der Ladung der Herren Cordt und Schlaff zugestimmt.

Sie wollen gar nicht untersuchen. Sie wollen ein brauchbares Thema bis zur Wahl noch irgendwie am Köcheln halten, aber untersuchen, kontrollieren, das ist wirklich nicht Ihre Angelegenheit, da sind Sie lieber fürs Zudecken, fürs Vertuschen. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

11.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.53.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Präsi­dentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Versuch einer Neufassung der österrei­chischen Bundesverfassung war sicher ein Meilenstein in der nun zu Ende gehenden Gesetzgebungsperiode, bei der sehr viel positive Energie aufgewendet wurde. Es ist nur schade, dass wir zu keinem Ergebnis gekommen sind.

Ich möchte jetzt auf ein paar spezielle Punkte eingehen, insbesondere Kompetenzen und Verwaltung betreffend, die für eine sparsame und effiziente Verwaltung sehr wich­tig wären.

Erstens: das föderalistische Prinzip. – Ich glaube, wir alle sind einer Meinung, dass das erhalten bleiben muss, dass Österreich ein Bundesstaat ist, und dass es notwendig ist, die Kompetenzen vor allem in der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern klar zu trennen und sachgemäß allenfalls auch neu zu ordnen. Nur dann werden wir zu einer sparsamen Verwaltung kommen.

Für mich ein bisschen noch offen ist die Frage der so genannten kooperativen Gesetz­gebung, denn die muss wirklich auch praktikabel sein, damit dann klar ist, wie sich hier Bund und Länder die Zuständigkeit in der Gesetzgebung teilen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 74

Ein zweiter Punkt, der besprochen worden ist, war die Aufwertung des Bundesrates. Auch diesbezüglich sind sich alle Parteien einig. Für mich ist besonders interessant der Vorschlag, der umgesetzt werden sollte, nämlich, dass die Mitglieder des Bundesrates an den Beratungen der Ausschüsse des Nationalrates teilnehmen können und damit bereits in die laufende Gesetzwerdung eingebunden sind und nicht nur im Nachhinein sagen können: Hier werden wir ein Veto einlegen!

Ein weiterer Punkt, der dritte Punkt, der diskutiert worden ist, aus meiner Sicht etwas zu wenig, ist die Frage des Legalitätsprinzips. Wir haben derzeit eine sehr kasuistische Auslegung der Gesetzgebung, und das Legalitätsprinzip wird so streng genommen, dass die Gesetze bis ins kleinste Detail alles regeln müssen.

Es wäre wirklich die Überlegung wert, die eingebracht worden ist, dass die Gesetz­gebung das Verhalten der Verwaltungsbehörden in Hinkunft auch durch die Festlegung von Zielen vorherbestimmen kann. Ich weiß, dass es hier große Vorbehalte gibt, aber es scheint dies für eine bessere und einfachere Gesetzgebung sicherlich überlegens­wert zu sein.

Ein vierter Punkt, der mir immer ein persönliches Anliegen war, ist die Schaffung der Landesverwaltungsgerichtshöfe. Hier besteht Übereinstimmung, und es ist eigentlich nicht ganz verständlich, warum man diesen Punkt nicht herausgenommen hat, denn hier hätte eine umfassende Neuregelung auch erfolgen können, ohne dass man auf das Gesamte wartet.

Wichtig ist auch, dass dann in den Landesverwaltungsgerichtshöfen meritorisch und nicht nur kassatorisch entschieden wird, damit die Rechtsuchenden rasch zu einer Entscheidung kommen. Den Bedenken, dass es dann zu einer Aufsplitterung und zu einem Auseinanderdriften der Rechtsprechung kommen könnte, ist damit entgegenzu­treten, dass der Verwaltungsgerichtshof die Einheitlichkeit der Rechtsprechung letztlich gewährleistet. Wichtig ist jedenfalls: Die derzeitige Wartezeit auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht zumutbar.

Ein fünfter Punkt. Die jetzigen Verwaltungsstrukturen sollten so beibehalten werden, insbesondere die erste Instanz, die Bezirkshauptmannschaften. Dass hier immer wie­der Kritik geübt wird und dass vorgeschlagen wird, dass ihnen ergänzend eine ge­wählte Vertretung zur Seite gestellt werden soll oder dass neue Ebenen wie Regionen geschaffen werden sollen, führt sicherlich nicht dazu, dass alles einfacher wird, son­dern es wird dadurch nur schwieriger.

In diesem Sinne erlauben Sie mir zum Abschluss noch ein persönliches Wort: Es war für mich selbst eine große Freude und Auszeichnung, in dieser Gesetzgebungsperiode dem Hohen Haus anzugehören und an der Beschlussfassung von vielen wichtigen Gesetzen und Angelegenheiten – ich erinnere nur an die beiden Erweiterungen der Europäischen Union – mitwirken zu dürfen.

Ich danke euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem dafür, dass ihr mir so oft und so aufmerksam zugehört habt, und ich wünsche allen, die dem Hohen Haus nach dem 1. Oktober wieder angehören werden, viel Erfolg bei der Arbeit für Österreich. (Allge­meiner Beifall.)

11.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter DDr. Niederwieser. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


11.58.19

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Ich möchte mich im Zusammenhang mit den Ergebnissen des Ö-Konvents und mit dem Bericht des Besonderen Ausschusses hauptsächlich mit dem


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 75

Bereich Bildung beschäftigen, weil die Schule und die Universitäten wie kein anderer Bereich dafür prädestiniert sind, in einer neuen Verfassung auch neu geregelt zu wer­den.

Wenn ich nur die letzte Punktation hernehme beispielsweise von Professor Haider, der als anerkannter Experte in Fragen Schulreformen in Österreich gilt und es auch ist (Abg. Broukal: Die Frau Ministerin schätzt ihn sehr!) – die Frau Ministerin schätzt ihn ebenfalls sehr, sie wollte ihn für das Kompetenzteam für Herrn Dr. Schüssel gewinnen. Nachdem das nicht gelungen ist, ist die ÖVP ziemlich beleidigt. Das hat mich ein wenig an dieses Bild vom Fuchs und den Trauben erinnert, die zu hoch gehangen sind, und dann waren die Trauben auf einmal total sauer und nicht mehr zu essen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Wie dem auch sei, ich glaube, er ist ein Experte, und ich möchte den 10. Punkt seines Programms für eine neue Schule herausgreifen:

„Verwaltungsreform und Bürokratieabbau

Zusammenfassung größerer Bildungsregionen (statt wie derzeit Bezirke) und einheit­liche Verwaltung aller Schulen; selbstständige Schulen mit eigenen Schulprogrammen unter Mitbestimmung der Schulpartner. Personalentscheidungen vor Ort.“

Das sind zum Teil Dinge, die alle Parteien, denke ich, oder fast alle Parteien hier schon in ähnlicher Form gesagt haben. Wenn wir etwa daran denken, dass zum Beispiel der Grundkonsens hier herinnen vorherrscht, zu sagen: Die vorschulische Förderung ist etwas besonders Wichtiges, denn da werden ganz entscheidende Weichenstellungen vorgenommen, ob Kinder Defizite sehr früh ausgleichen können oder ob sie weiter­geschleppt werden, in die Schule hinein bis letztlich zum Zeitpunkt eines Drop-outs, der Arbeitslosigkeit und dergleichen mehr.

Das Hauptproblem liegt dabei in unserer Schulstruktur. Ich darf hier beispielsweise einen wirklich anerkannten Fachmann zitieren, nämlich den ehemaligen Ministerialrat Mag. Plank, der in seiner Analyse des österreichischen Schulsystem Folgendes schreibt:

Die dringend notwendigen Korrekturen sind vor allem deswegen so schwer erzielbar – also die Reformen –, weil die Zuständigkeit und die Verantwortung für die einzelnen Schul- und Ausbildungsarten in Österreich verwaltungstechnisch stark segmentiert sind und im Ministerium, in den Landesschulräten, dem Stadtschulrat, den Schulämtern der Länder kaum durchschlagskräftige, Schularten übergreifende koordinierte Verwal­tungseinheiten bestehen und dadurch auch kaum Ansprechpartner für Gesamtlösun­gen. – Zitatende.

Die vorschulische Förderung ist ein solches Beispiel. Wir haben hier die Zuständigkeit der Gemeinde, wir haben die Zuständigkeit des Bundes für die Ausbildung der Kinder­gärtnerinnen, wir haben die Zuständigkeit des Landes für die dienstrechtlichen Angele­genheiten. Ich könnte Ihnen das im Detail aufzählen, und so ist es rundherum bei all diesen bildungspolitischen Themenstellungen. Eine Reform ist hier dringend erforder­lich.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass Sie sich in den letzten Jahren weniger mit sol­chen Reformen beschäftigt haben, als vielmehr Ihre Energie darauf gelenkt haben, Dinge so zu reformieren, damit sie die richtige Farbe bekommen. Nehmen wir bei­spielsweise die Pädagogischen Hochschulen her, ein Gebilde, das eben auch Länder- und Bundesinteressen gemeinsam berührt und durchaus in dieses System hineinge­hört, denn die Landesschulräte sind Abnehmer der Pädagogischen Hochschulen und sollen daher auch in den Entscheidungsgremien drinnen sein. Das einzige Interesse, das die ÖVP bei dieser Konstruktion gehabt hat, war, die entscheidenden Räte so zu


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konstruieren, damit ja eine ÖVP-Mehrheit zustande kommt. (Abg. Dr. Brinek: Das ist eine Unterstellung!) Ist das vielleicht Zufall, reiner Zufall, dass überall nur ÖVPler ver­treten sind? Es gibt ja sonst niemanden in Österreich im Schulbereich außer der ÖVP, oder wie sehe ich das?! (Abg. Dr. Brinek: Das ist eine Unterstellung!) Nein, Kollegin Brinek, das war pure Absicht, es ist um nichts anderes gegangen als um das Umfär­ben.

Was wirklich besonders verwerflich ist – und dazu habe ich von Ihnen noch nie etwas gehört, weil Sie zu Recht schweigen, weil Sie ein schlechtes Gewissen haben –, ist die Situation in Oberösterreich, wo ein anerkannter, ein national und international wirklich anerkannter Fachmann, der jede Menge Publikationen veröffentlicht hat, eine hervor­ragend geführte Pädagogische Akademie leitet, die bereits umgewandelt wird und schon Kooperationen mit Universitäten weltweit unternommen hat, zufällig die falsche Farbe hat, Professor Fragner ist nämlich ein „Roter“ – unter Anführungszeichen –, und daher nicht Rektor werden darf. (Abg. Dr. Brinek: Teilen Sie die Menschen doch nicht in „Rote“ und „Schwarze“ ein!) Dafür haben Sie genau diese Dinge eingesetzt und durchgeführt.

Ich kann nur eines sagen: Wenn das die Herangehensweise an eine Verwaltungsre­form ist, dass es die Farbe ist, die stimmen muss, dann wird jede dieser Reformen scheitern. Die Sache ist aber sehr wichtig, wir müssen da weiterkommen, und daher müssen Sie einmal damit anfangen, ihre rein parteipolitischen Interessen zurückzustel­len. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Donnerbauer. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.04.26

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben beinahe drei Jahre sehr lang, sehr intensiv im Österreich-Konvent und auch im Besonderen Aus­schuss über eine mögliche neue Verfassung, über eine Verfassungsbereinigung und auch inhaltlich über viele verschiedene Punkte in dieser Verfassung diskutiert, uns damit auseinander gesetzt und gemeinsam mit vielen, vielen Experten verhandelt. Es waren sehr gute Gespräche, vor allem auch im Österreich-Konvent, darum bemüht und davon getragen, einfach auch Lösungen für verschiedenste Probleme zu finden, die sich vielleicht über Jahrzehnte aufgetan haben und die eine gewisse Anpassung, eine Adaptierung auch der Bundesverfassung benötigen.

Vor allem stand auch das gemeinsame Ziel am Beginn dieses Konvents, einfach eine Bereinigung zustande zu bringen, den Umstand zu verändern, der ja von vielen schon sehr lange kritisiert wurde, dass das Verfassungsrecht in Österreich sich eigentlich nur sehr schwer beziehungsweise überhaupt nicht in sehr kurzer Zeit erfassen lässt, dass man es in den verschiedensten Gesetzen suchen muss. Es hat auch sehr viel Kraft von einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfordert, überhaupt aufzuspüren, wo überall es Verfassungsbestimmungen gibt.

Es wurden dann in den Diskussionen im Konvent meiner Meinung nach auch durchaus wichtige Erkenntnisse gefunden, es wurden die verschiedenen Standpunkte geklärt, einander gegenübergestellt. Es wurde versucht, Kompromisse zu finden, und in vielen Bereichen hat es auch gemeinsame Lösungen gegeben. Auch Kollege Wittmann hat das ganz klar gesagt und nicht bestritten, indem er gemeint hat, dass es ja in vielen Bereichen zu weitgehenden Annäherungen gekommen ist; so zum Beispiel bei der wichtigen Rechtsbereinigung, so zum Beispiel bei den Landesverwaltungsgerichten, so


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zum Beispiel im Haushaltsrecht oder bei den Grundrechten und auch in vielen anderen Bereichen mehr.

Mir tut es daher eigentlich Leid, dass wir jetzt, am Ende der Legislaturperiode, nicht zu­rückblicken können auf Ergebnisse, auf jene Ergebnisse, bei welchen wir uns wirklich angenähert haben, was auch von niemandem in Frage gestellt wurde, und das nur aus einem einzigen Grund: weil es in der SPÖ aus rein parteipolitischen, aus rein wahltak­tischen Gründen nicht möglich war, jene Bereiche – und das passiert ja tagtäglich hier in diesem Parlament –, Dinge, bei denen man sich annähert, auch umzusetzen. Das war nicht möglich. Sie wollen zwar einen weisungsfreien Staatsanwalt oder einen Bun­desstaatsanwalt, aber Sie sollten zuerst einmal weisungsfreie Abgeordnete einführen.

Es hat eine klare Weisung von der Parteizentrale gegeben: Es darf keinen Erfolg ge­ben, dieser Konvent darf nicht zu Ergebnissen kommen, auch dort nicht, wo wir uns in gemeinsamen Verhandlungen, Gesprächen angenähert haben. (Abg. Dr. Einem: Gibt’s die schriftlich?) Die wird es sicher auch schriftlich geben, davon bin ich über­zeugt. Also all das, wo wir uns angenähert haben, um Lösungen zu finden, umzuset­zen, war nicht möglich, weil Wahltaktik, parteipolitische Taktik einfach im Vordergrund gestanden ist.

Ich meine, das ist schade, gerade auch für eine Partei wie die SPÖ, die selbst sehr lange Zeit Regierungsverantwortung in diesem Land getragen hat. Sie hat sich aber jetzt völlig davon entfernt und hat nur mehr ihren parteipolitischen Vorteil, das wahltak­tische Ziel im Vordergrund und sonst überhaupt nichts.

Das ist auch heute in dieser Debatte wieder ganz klar zum Ausdruck gekommen, möchte ich abschließend noch festhalten, nämlich in der Debatte über die Frage der Staatsanwaltschaft zum Beispiel.

Es hat keine Weisungen in dieser Legislaturperiode gegeben, sehr wohl hat es aber unter sozialistischen Justizministern eine Vielzahl von Weisungen gegeben. Es gibt nun Erregung und Beschwerde darüber, dass jetzt ein Skandal – ein Skandal, den nicht wir verursacht haben, sondern den Spitzenfunktionäre der SPÖ verursacht haben und daher auf ihre Kappe nehmen müssen – auch von der Justiz untersucht wird. Ich meine, das ist ein Positivum, das sollten wir nicht unterbinden! Gerade jetzt, auf Grund genau dieser Situation eine völlige Änderung des Systems zu verlangen, die Justiz und die Unabhängigkeit der Justiz zu kritisieren, das ist, glaube ich, ein falscher Weg. Es ist schade, dass die SPÖ in diese Richtung geht.

Ich kann – abschließend sei dies gesagt – nur hoffen, dass es uns zumindest in Zu­kunft gelingt, die vielen Lösungen, die wir gefunden haben, die wir positiv erarbeitet haben, mit einer anderen SPÖ, mit anderen Abgeordneten in dieser Fraktion vielleicht doch umzusetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Prähauser. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.09.12

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Donnerbauer, gestatten Sie mir, dass ich Ihnen symbolisch ein rotes Taschentuch zum Trocknen Ihrer Krokodilstränen überreiche. (Abg. Mag. Donnerbauer: Nein, wirklich nicht! Warum?)

Meine Damen und Herren! Ich war in diesem Ausschuss auch mit dem Ansinnen, etwas für die Verfassung bewegen zu können, vertreten, habe aber feststellen müssen, dass eine Grundstimmung vorgeherrscht hat, die letztendlich von vornherein jegliches gemeinsame Ergebnis verhindert hat. (Abg. Scheibner: Von euch!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 78

Die ÖVP ist – und das muss man auch verstehen, wenn man die letzten vier Jahre Revue passieren lässt – von ihrem Koalitionspartner dermaßen unterstützt worden, ohne irgendwelche Gegenleistungen zu verlangen, dass es natürlich für sie geradezu frustrierend gewesen sein muss, einer SPÖ, einer grünen Partei gegenüberzusitzen, die auch eigene Ideen einbringen wollten, die im Sinne der Bürger gerne Lösungen für die Probleme in Bezug auf die Verfassung gesehen hätten. Das wollten Sie nicht, und daher kam es auch zu keinen Einigungen.

Beispiel Bürgernähe. – Was ist Bürgernähe? Bürgernähe ist auch die Information. Wir haben anscheinend Angst vor den Bürgern. Wir wollen überhaupt keine Möglichkeiten zulassen, um die Bürgernähe zu stärken, um den Bürgern mehr Möglichkeiten zu ge­ben. Wir selbst sind auch nicht in der Lage, zum Beispiel ein Wahlrecht für Jugendliche zu diskutieren. Natürlich hat sich die Kommission damit befasst, ist aber zu dem Ergeb­nis gekommen, es auf Gemeindeebene zuzulassen. – Dazu brauchen wir keinen Ös­terreich-Konvent, dazu brauchen wir diese Kommission nicht, denn das passiert in Ge­meinden bereits; die Länder können das für sich selbst festlegen. In Salzburg besteht bei der Landtagswahl die Möglichkeit, mit 16 Jahren wählen zu gehen.

Warum wollen wir das auf Bundesebene nicht haben? Glauben wir, dass unsere Ju­gendlichen, deren Ausbildung ja besonders gut ist, wie Sie immer wieder betonen, nicht selbst entscheiden können, welcher politische Weg für sie der bessere ist?

Das ist auch eine Frage, wie man mit der Gesellschaft umgeht, und man darf sich da­her nicht wundern, wenn man nicht die nötige Zweidrittelmehrheit für solche Sachen bekommt, wenn man genau diese Dinge verhindern möchte.

Beispiel Untersuchungsausschüsse. – Warum sollte eine qualifizierte Minderheit nicht in der Lage sein, Untersuchungsausschüsse einzuberufen? Der zurzeit eingesetzte Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ist geradezu ein glänzendes Beispiel dafür, wie es nicht sein soll. Es wird von der Opposition seit Sommer verlangt, einen Untersuchungsausschuss einzuberufen – Sie lehnen das vehement ab. Sie lehnen es auch ab – einer gedeihlichen Zusammenarbeit entgegenstehend –, Zeugen, von denen die Opposition glaubt, sie hören zu wollen und zu müssen – Kollege Öllinger hat das ja angemerkt –, einzuladen. Sie tun, was Sie wollen! Und dann glauben Sie, dass wir da­für sorgen, dass eine Zweidrittelmehrheit zustande kommt, und dass wir Sie noch da­bei unterstützen, hier entsprechend Politik zu machen. Das können Sie von uns nicht verlangen, das werden wir auch in Zukunft nicht tun.

Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Konvent zum Beispiel auch die Ver­öffentlichung von Parteispenden über 7 000 € und die Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwaltes gefordert. Wir haben das eine schon diskutiert, die Sache mit den 7 000 € ist attraktiver denn je.

Ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­öffentlichung von Parteispenden

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgendes beinhaltet:

Verpflichtung aller Parteien, Spenden ab einer Höhe von 7 000 € zu veröffentlichen;


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 79

mehrere Spenden ein und derselben natürlichen oder juristischen Person innerhalb eines Jahres werden zusammengerechnet, ebenso Spenden, wirtschaftlich miteinan­der verbundener juristischer Personen;

verstößt eine Partei gegen die Pflicht zur Veröffentlichung, wird ihre Parteienförderung in Höhe des doppelten Betrags der Spende gekürzt.

*****

Meine Damen und Herren, warum haben Sie das vorher nicht haben wollen? Das sollten Sie uns erklären! Wir waren jederzeit dafür, dieses zu machen.

Meine Damen und Herren! Zeitgleich möchte ich auch festhalten, dass die Sozialdemo­kraten den eingebrachten Entschließungsantrag von den Koalitionsparteien nicht mit­tragen werden, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil da zum Beispiel steht: „Eine zeitgemäße Aufgabenteilung soll sich an den Fähigkeiten der Gebietskörper­schaften (Bund, Länder und Gemeinden) orientieren. In diesem Zusammenhang soll die Rolle der Gesetzgebungsorgane überdacht werden.“

Wollen Sie die Landtage auflösen oder können Sie das besser präjudizieren? Ich glau­be, das kann man so nicht mittragen.

Weiters: „Bei allgemeinen Wahlen soll künftig eine Briefwahl unter voller Wahrung der Grundsätze des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden.“ – Genau das ist der Grund dafür, dass wir für eine Briefwahl so nicht zu haben sind; noch dazu, wo prominente Vertreter der ÖVP immer wieder dem Familienwahlrecht das Wort reden, wo der Vater für die Kinder die Stimme abgibt. Das können wir uns nicht vorstellen! Wir glauben auch nicht, dass in der Familie eine Briefwahl dermaßen demokratisch stattfindet, dass eine freie Willensmeinung möglich ist. Das glauben wir nicht. Wir haben von Ihnen schon so viel erlebt, dass wir Ihnen das so nicht unter­stellen, korrekt zu machen.

Weiters: „Anstelle des bisher die Sicherheit Österreichs in der Verfassung abbildenden Prinzips der Umfassenden Landesverteidigung soll eine Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik nach dem neuen und modernen Prinzip der umfassenden Sicherheitsvor­sorge zur Gewährleistung der Sicherheit des Staates und seiner Bürger festgeschrie­ben werden.“ – Hier wollen Sie von der Neutralität abrücken. Da werden wir nicht mit­tun, daher können wir das nicht unterstützen.

Eine Anmerkung am Rande. Die Verteidigungsdoktrin, die wir gemeinsam lange Zeit beraten haben, die unter einer guten Vorsitzführung auf einen Weg gekommen ist, wo wir gedacht haben, es wird einen gemeinsamen Beschluss geben, ist letzten Endes daran gescheitert, dass Sie nicht bereit waren, das fünfmalig vorkommende Wort „Nato“ herauszunehmen. Das tut uns Leid, daher darf ich noch einmal festhalten: Dafür sind wir nicht zu gewinnen.

Meine Damen und Herren! Ein paar Worte noch zum Bundesrat. Ich nehme mir die Freiheit heraus, dieses Thema aufzugreifen, denn ich war selbst elf Jahre dort veran­kert. Es gab immer wieder dieselbe Diskussion: Bundesrat abschaffen oder aufwerten? Je nachdem, wo man gerade ist, wo es sich gerade gut macht, hat man sich für die eine oder andere Seite entschieden. Tatsache ist, dass gerade Freiheitliche, die Vor­gänger des BZÖ, immer wieder, schon in den Antrittsreden, die Auflösung des Bundes­rates gefordert haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.) – Das ist nachzu­lesen in verschiedensten Protokollen; inzwischen hat sich die Meinung geändert, das stimmt.


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Der Bundesrat macht jetzt auch mehr von sich reden, weil er sich ja ein bisschen emanzipiert hat, aber ich glaube, hier sollte zweierlei klar sein: Wenn der Bund einen starken Bundesrat möchte, dann sollte er die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, und wenn die Länder einen starken Bundesrat möchten, sollten sie ihrerseits ihre Hausaufgaben leisten. Da sind beide sehr wohl zum Arbeiten aufgefordert.

Ebenso, meine Damen und Herren, darf ich mitteilen, dass wir den Entschließungs­antrag der Grünen nicht mittragen können, und zwar aus einem einzigen Grund. Wir haben darin sehr viele richtige Punkte feststellen können, aber ein Punkt tut uns weh, das wollen wir nicht, und zwar steht da drinnen: „Jene Parteien ... haben ihre Partei­finanzen jährlich gegenüber dem Präsidenten des Nationalrates ... zu deklarieren, ...“

Das, meine Damen und Herren von den Grünen, wollen wir so nicht; ich gehe auch nicht davon aus, dass das immer Kollege Khol sein wird, Fischer ist auch nicht mehr da. Das sollte man noch einmal überdenken, oder vielleicht sollten jene, die in die Re­gierung kommen wollen, von vornherein den Regierenden, deren Finanzreferenten ihre Parteigestion offenlegen. Das halten wir für nicht zielführend. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Prä­hauser eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­öffentlichung von Parteispenden

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1

Mit einer offenkundig von der ÖVP ausgehenden Verleumdungskampagne wird im Zuge des Wahlkampfes versucht, die SPÖ mit der Behauptung anzuschwärzen, sie sei mit Spenden der BAWAG oder des ÖGB finanziert worden.

Schon seit Jahren fordert die SPÖ, zuletzt im Österreich-Konvent, dass Spenden an politische Parteien veröffentlicht werden sollen, und zwar von allen Parteien. Dies wurde von der ÖVP stets abgelehnt, im Präsidium des Österreich-Konvents zuletzt vom Präsident Dr. Andreas Khol und Klubobmann Herbert Scheibner. Der Grund ist ein offenes Geheimnis: Die massive finanzielle Unterstützung, die diese beiden Parteien von der Industriellenvereinigung und der Wirtschaft erhalten. Ausschließlich deren In­teressen vertreten daher auch diese Parteien.

In so gut wie allen zivilisierten Staaten sind derartige Spenden zu veröffentlichen, damit klar ist, welche Interessen hinter einer Partei stehen und solche Verleumdungskam­pagnen wie die gegenwärtige gegen die SPÖ nicht möglich sind.

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschlie­ßen:

Entschließung:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgendes beinhaltet:

Verpflichtung aller Parteien, Spenden ab einer Höhe von 7.000 € zu veröffentlichen;


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 81

mehrere Spenden ein und derselben natürlichen oder juristischen Person innerhalb eines Jahres werden zusammengerechnet, ebenso Spenden wirtschaftlich miteinander verbundener juristischer Personen;

verstößt eine Partei gegen die Pflicht zur Veröffentlichung, wird ihre Parteienförderung in Höhe des doppelten Betrags der Spende gekürzt.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.17.22

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! In der Debatte war sehr viel von Partei- und Fraktionsinter­essen die Rede, und da muss man schon fragen: War es gescheit, war es fair, über­haupt diesen Besonderen Ausschuss mit Mehrheit einzurichten, wenn wir ohnehin einen Verfassungsausschuss haben? War es fair und war es gescheit, mit Mehrheit den Vorsitz zu beschließen? – Wenn man schon so beginnt und den Partnern den Vor­sitz sozusagen auf’s Auge drückt, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Er­wartungen nicht besonders hoch sind! Schön war das nicht, aber genau das haben Sie zu Beginn gemacht. Das heißt, alles, was Sie hier an Partei- und Fraktionsinteressen darbieten, sind natürlich Krokodilstränen, ist Schauspielerei. So kann man das nicht machen. Das war ein unsinniges und unnötiges Manöver schon zu Beginn. Da können Sie auch noch so lächeln, Herr Präsident Khol, ich habe mir von diesem Moment an, ehrlich gesagt, keinen Konsens erwartet.

Es wird wenig überraschen, dass ich mich mit dem Kapitel „Kontrolle“ beschäftige. Wie schaut es aus mit der parlamentarischen Kontrolle in dieser Legislaturperiode? Ist da eine Reform erforderlich? (Abg. Scheibner: Da sind Sie ja genau der Richtige!) Schrift­liche Anfragen zum Beispiel, Herr Kollege Scheibner, bleiben ja unbeantwortet, nicht wahr? Beispiel Bundeskanzler Schüssel: Er sagte zwar vor der Wahl, eine Wirtschafts­plattform werde die Eurofighter finanzieren, wenn man ihn aber danach hier im Parla­ment schriftlich fragt – wie uns das die Verfassung ermöglicht –, dann heißt es: Das geht mich nichts an, das ist kein Akt der Vollziehung! (Abg. Amon: Das hat er nicht ge­sagt!)

Anderes Beispiel: Dringliche Anfragen, Kollege Amon! Wir werden es heute wieder er­leben, dass von der Regierungsbank aus die glatte Unwahrheit behauptet wird. Es ist auch so, dass Anfragen einfach unbeantwortet bleiben; das hat ganz besonders Minis­terin Gehrer im Speziellen immer wieder gemacht.

Oder: Wie gehen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, eigent­lich mit schärfster Rechnungshofkritik um? Beispiel: e-card! – Kritik wird in Lob uminter­pretiert, ganz anders also, als es der Rechnungshof darstellt. So kann es ja wohl auch nicht weitergehen.

Oder: Untersuchungsausschüsse. Sie werden grundsätzlich abgelehnt, egal, welches Thema, ob es beispielsweise diesen unglaublichen Visa-Skandal oder die Eurofighter betrifft.

Parlamentarische Vereinbarungen mit der Opposition werden gebrochen, siehe Sem­mering-Basistunnel, das sollte die steirischen Kollegen interessieren. Vertagung statt der vereinbarten Abstimmung.

Termine, Auskunftspersonen im Rechnungshofausschuss – während der ganzen Le­gislaturperiode ausschließlich im Sinne des Parteiinteresses der ÖVP.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 82

Wir werden dem Antrag der Grünen, was die Kontrolle betrifft, natürlich zustimmen. Es ist höchste Zeit, dass die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen Minderheitsrecht wird.

Zu dem anderen Antrag möchte ich hinzufügen, bei den Gemeinden unter 20 000 Ein­wohner muss man halt aufpassen, dass es zu keiner Dreifachkontrolle kommt; natür­lich ist es sinnvoll, wenn hier von einem bestimmten Budgetvolumen die Rede ist.

Dieser Kontrollnotstand, meine Damen und Herren, das muss man am Ende dieser Legislaturperiode feststellen, bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Schauen wir uns bei­spielsweise die ÖBB an!

Von den Ministern ist da nichts zu erwarten. Wenn ich mir das so ansehe, Schmid, Forstinger, Reichhold, Gorbach – die haben sich um gar nichts gekümmert! Der Auf­sichtsrat bei den ÖBB ist längst ein Beschwichtigungsrat. Im Parlament werden mit Mehrheitsbeschlüssen Kontrollmöglichkeiten entzogen, und wenn der Rechnungshof­ausschuss dann beispielsweise den Chef des Unternehmens, Herrn Martin Huber, laden möchte, wird das von den Regierungsfraktionen einfach abgeschmettert. – Was sind die Folgen, was sind die Konsequenzen? Postenschacher, 100 Millionen € Bera­terkosten (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Meinen Sie den Vranitzky mit den Beraterkos­ten?), Kreditkarten-Skandal, Aufsichtsräte als Auftragnehmer, zweifelhafte Grundstück­deals (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Meinen Sie den Vranitzky?) – ich komme gleich zum BZÖ –, eine ÖVP-Werbeflut bei den ÖBB. Heute, und das ist ja wirklich lustig, werden 8 000 Exemplare Politpropaganda der ÖVP in den Zugsgarnituren aufgelegt. Der ÖBB-Chef macht eine Pressekonferenz mit einem ÖVP-Minister, und das alles bei der an­geblichen Askese, was Parteipolitik betrifft. Anfragebeantwortungen von Gorbach wer­den einfach an den Aufsichtsrat weitergeschupft. – Diese Zustände sind die Folge des Kontrollnotstandes in diesem Hause, meine Damen und Herren!

Den traurigen Tiefpunkt in dieser Legislaturperiode allerdings hat die ÖVP zu verant­worten, und dieser Tiefpunkt wurde vor zwei Tagen im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses gesetzt. Das war folgendermaßen, meine Damen und Her­ren: Eine Abstimmung ist nicht so ganz nach der Vorstellung der Regierungsfraktionen verlaufen, und das ist handschriftlich protokolliert worden; so weit in Ordnung. Aber es kann ja nicht sein, was nicht sein darf, daher ist dieses Protokoll manipuliert worden, meine Damen und Herren, und zwar, und das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen, unter Anleitung des ÖVP-Klubdirektors Dr. Zögernitz, der bezeich­nenderweise auch noch hier als Verfasser des Kommentars zur Geschäftsordnung her­umläuft. – Es ist so arg, dass hier in diesem Parlament in einem Protokoll herumge­fummelt wird, dass verändert und manipuliert wird! (Abg. Mag. Molterer: Vorsicht!)

Herr Präsident Khol, Herr Klubobmann Molterer, dieses Amtliche Protokoll – und das ist der Beweis – liegt im Büro des Herrn Präsidenten Khol, schauen Sie es sich an! (Abg. Dr. Fekter: Sie sind der Gesetzesbrecher!) Das ist der Tiefpunkt demokratischer Kultur! Hier in diesem Parlament ist am Dienstag dieser Woche ein Protokoll gefälscht worden!

Meine Damen und Herren, wenn Sie über Verfassungsfragen diskutieren wollen, dann muss man Sie wirklich einmal auffordern: Besinnen Sie sich, was Ihren Machtexzess hier betrifft, und hören Sie auf damit, dass Sie hier die Geschäftsordnung brechen, das Gesetz brechen und sogar so weit gehen, ein Protokoll zu manipulieren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, es war wichtig, dass das gesagt worden ist, Herr Präsident! Dass nämlich auch einmal hinauskommt, wie das hier zugeht! Sie sollten sich schämen!)

12.23



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 83

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rossmann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.23.36

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mich freut, dass Kollege Niederwieser als Erster in dieser Debatte das Problem der Bildung angesprochen hat, weil es näm­lich darum geht, im Verwaltungsbereich etwas zu machen. Sie haben Herrn Professor Haider zitiert. Sie schätzen ihn, wir schätzen ihn, und auch das Zukunftspapier schät­zen wir. Sie haben von der selbständigen Schulentscheidung gesprochen, davon, die Personalentscheidung zu stärken, und von einer umfassenden Verwaltungsreform im Bildungsbereich. – Kollege Niederwieser, das Ganze ist nur nicht glaubwürdig! Sie haben nämlich verschwiegen, dass Professor Haider auch gesagt hat, man soll eine Abschlankung in der Schulverwaltung vornehmen, indem man die Bezirksschulräte und die Landesschulräte abschafft, und man soll das durch ein modernes Bildungsmanage­ment und eine Bildungsdirektion unter der Leitung des jeweiligen Landeshauptmannes auf Vorschlag des Bundesministeriums ersetzen.

Wir haben all diese Vorschläge im Konvent eingebracht. Jetzt frage ich Sie, und das ist eben das Fadenscheinige an dieser ganzen Debatte: Warum waren Sie nicht bereit, das mit uns zu beschließen?

Sie sagen auch, die parteipolitischen Interessen sprechen. Dazu sage ich schon auch: Rot und Schwarz – beide! – haben nach wie vor Interesse daran, die Schule nicht wirk­lich zu entpolitisieren! Das ist das Problem. Sie stellen sich hierher und sagen, das par­teipolitische Interesse müsse man zurückstellen. Jeder – für alle, die es nicht wissen, sage ich es –, jeder Landesschulrat, jeder Bezirksschulrat wird nach wie vor nach dem D’Hondt’schen System besetzt, und noch dazu auf Basis der Anzahl der Landtags­mandate. – Das ist einfach ein Aufblähen einer Organisation, die nicht einmal eine Or­ganisation ist, denn die Bezirks- und Landesschulräte machen nichts, außer personal­parteipolitische Entscheidungen zu treffen, und das ist das Problem.

Wenn wir in der nächsten Regierung sind, dann werden wir mit unserem Regierungs­partner das so verhandeln, dass wir auch die Zweidrittelmehrheit in diesem Bereich abschaffen können. Wenn Sie mit dabei sind, und ich nehme Sie beim Wort, wenn Sie davon sprechen, das parteipolitische Interesse zurückzustellen, dann werden wir es schaffen, dass wir auch endlich die Schule entpolitisieren! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.26.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wittmann, ich bin froh, dass du da bist, denn ich habe mich des­halb zu Wort gemeldet, um auf deine erste Wortmeldung zu reflektieren und etwas klarzustellen. Von der SPÖ wurde wieder die Ortstafel-Frage sehr stark thematisiert und sehr stark polarisiert. Unter anderem hat es geheißen, die Lösung mit der kleinen zweisprachigen, sprich slowenischen Zusatztafel, die der Landeshauptmann in Kärnten jetzt versucht umzusetzen, wäre verfassungskonform, erniedrigend, menschenunwür­dig und Ähnliches mehr. (Abg. Dr. Jarolim: Nicht verfassungskonform!) – Nicht verfas­sungskonform, danke, Herr Kollege Jarolim. Herbert Scheibner hat wirklich Recht, wenn er sagt, die Zwischenrufe helfen uns immer wieder auf die Sprünge, wenn wir


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einmal nicht mehr weiter wissen. (Abg. Scheibner: Er soll sich weiter nach vor setzen, man versteht ihn so schlecht!)

Ich möchte jetzt einmal etwas klar festhalten und feststellen, Herr Kollege Broukal, viel­leicht hören Sie einmal eine Minute lang zu: Es gibt ein Protokoll über die 55. Sitzung der Kärntner Landesregierung vom 4. September 2001. Bei dieser Landesregierungs­sitzung waren anwesend: Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Peter Ambrozy von der SPÖ, damals Landesrat Herbert Schiller, den ich persönlich sehr schätze, und als Dritte Landesrätin Frau Mag. Dr. Gabriele Schaunig-Kandut, die jetzige Parteivorsit­zende der SPÖ in Kärnten. Laut diesem Protokoll wurde unter Punkt 9 zum Thema Verfassungsgerichtshof, zweisprachige topographische Aufschriften, Stellungnahme der Kärntner Landesregierung ein einstimmiger Beschluss gefasst; die genaue Stim­menanzahl werde ich Ihnen nicht vorlesen. Aber ich werde Ihnen aus dem umfang­reichen Akt dieser Stellungnahme die wichtigste Passage vorlesen. Da steht nämlich drin, zusammenfassend:

Diese Vorgangsweise würde einen rechtlich einwandfreien Weg eröffnen, die sloweni­schen Ortsbezeichnungen staatsvertragskonform und verfassungskonform als eine sich auf die Hinweiszeichen Ortstafel beziehende erweiterte Zusatztafel anzubringen, ohne dass irgendwelche verfassungsrechtlichen Bedenken entstehen würden.

Dieser Beschluss ist datiert mit 4. September 2001. Da wurde, nachdem ja damals das Urteil rechtskräftig wurde ... (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) – Nein, Heinz, die jet­zige Umsetzung befasst sich genau mit diesem Beschluss. Das heißt, einstimmig, mit den Stimmen der ÖVP, mit unseren Stimmen und mit den Stimmen der SPÖ, wurde diese Vorgangsweise gewählt. Also ich glaube, man sollte irgendwann einmal damit aufhören, diese Diskussion permanent nach Kärnten zu tragen. Auch die Kärntner SPÖ hätte sich eine Zustimmung der Bundes-SPÖ gewünscht; Klubobmann Herbert Scheibner hat das ausgeführt. Hier war man einem Kompromiss nahe. Wir könnten schon lange einen historischen Kompromiss umsetzen, wenn nicht die Verhinderungs­politik der SPÖ auf Bundesebene diesen Kompromiss verhindert hätte. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: 2 Minuten Redezeit; zunächst den zu berichtigenden, dann den berich­tigten Sachverhalt.

 


12.30.23

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Abgeordneter Scheuch hat hier ein Protokoll verlesen und behauptet, dass es sich dabei um einen Beschluss handelt, der nach dem Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis abgefasst worden sei. – Das ist unrich­tig!

Es handelt sich hier um das Protokoll, das als Stellungnahme zur Verfassungsgerichts­hofsentscheidung eingefordert wurde (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Habt ihr jetzt zuge­stimmt oder nicht?) und mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes abgelehnt wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Habt ihr zugestimmt oder nicht?)

12.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Leutner. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.31.07

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! (Abg. Rädler: Was haben die Gewerkschaf-


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ten zu sagen?) Sofort. (Heiterkeit. – Abg. Neudeck: Auf den Rednerlisten dürfen sie ja noch stehen! – Weitere Zwischenrufe.) – Das Vorhaben einer Reform der österreichi­schen Bundesverfassung gehört natürlich zu den kontroversen Themen im einem Par­lament, meine Damen und Herren. Oft waren wir sehr schnell in den Niederungen, würde ich fast sagen, des Finanzausgleichs und einer heftigen Auseinandersetzung über die Finanzen.

Aber ich glaube, dieses Vorhaben gehört umgekehrt auch zu den schönsten Aufgaben für Abgeordnete in diesem Haus, weil wir manchmal – unabhängig von den Schlamm­schlachten, die uns dieser Tage begleiten (Zwischenrufe bei der ÖVP) – darüber re­den, lieben Kolleginnen und Kollegen, auf welchem Fundament wir in Österreich leben und arbeiten wollen. Eine Verfassung zu diskutieren heißt, Grundwerte zu benennen, sich Regeln zu geben.

Wir alle wissen, dass eine Verfassung noch keine Garantie für eine richtige Politik ist. Aber sie ist ein Kompass. Deshalb trete ich auch heute wieder besonders für die Ver­ankerung von sozialen Grundrechten in unserer Verfassung ein – nur mit einem wichti­gen qualitativen Aspekt: Ich bin davon überzeugt, dass Grundrechte nur dann echte Grundrechte sind, wenn sie auch individuelle Durchsetzungschancen für die Bürgerin­nen und Bürger in dem Land bedeuten. (Abg. Scheibner: Aber Sie wollen ja Ver­bandsklagen haben!) Wenn diese nicht gegeben sind, dann sind wir nur auf der Ebene von Staatszielen (Abg. Scheibner: Sie wollen nur, dass Ihre Organisation ...!), und Grundrechte unterscheiden sich von Staatszielen, von denen Bürgerinnen und Bürger unmittelbar ja gar nichts haben.

Natürlich sind die so genannten Freiheitsrechte, die den Menschen garantieren, dass sie frei von staatlichen Übergriffen ihr Leben gestalten können, eine Grundlage unserer Verfassung. Aber wir müssen sehen, dass heute nahezu alle europäischen Verfassun­gen einen zweiten Grundrechtsbestandteil haben, und das sind die sozialen Grund­rechte. Sie beruhen darauf, dass die Menschen in modernen Gesellschaften – und das ist das wichtige Anliegen – nicht nur vor Polizeiübergriffen und willkürlichen Enteignun­gen geschützt sind, sondern – mit gleicher Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren! – auch vor Armut, Obdachlosigkeit oder Krankheit ohne ausreichende medizi­nische Hilfe. Deshalb umfassen sie drei wichtige Bereiche: ein Recht auf Arbeit, ein Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen und ein Recht auf soziale Sicherheit.

Lassen Sie mich zum Abschluss dazu Folgendes sagen! Ich glaube, dass das Sozial­staatsprinzip in den Herzen und Köpfen der Österreicherinnen und Österreicher drin­nen ist, es ist dort schon verankert. Neben der Freiheit gehört auch die soziale Sicher­heit endlich in den Grundrechtskatalog der österreichischen Bundesverfassung aufge­nommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte abschließend einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Christine Lapp, Heidrun Silhavy und KollegInnen betreffend Verbesserung der Situation für Pfle­gebedürftige und Pflegende einbringen, weil heute das Thema schon behandelt wor­den ist. Ich darf den Entschließungsantrag verlesen:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, in denen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

I. Ausbau der Pflegewesens:

1. Flächendeckender Ausbau der mobilen Dienste, inklusive Nacht- und Wochenend­dienste.

2. Errichtung eines Pflegefonds, mit 200 Millionen € jährlich dotiert.


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3. Ausbau von Tagesbetreuung und Kurzzeitpflege.

4. Hilfe für die Angehörigen: Beratung, Information und Supervision für die Pflegenden.

5. Mehr Ausbildungsplätze für Pflegeberufe.

6. Jährliche Valorisierung des Pflegegelds.

II. Betreuung daheim:

1. Schaffung eines neuen Beschäftigungstyps „Betreuung daheim“.

2. Kollektivvertrag regelt Einkommen, Rechte und Pflichten.

3. Rund-um-die-Uhr-Betreuung wird so zu leistbaren Tarifen möglich.

4. Anerkannte Trägerorganisationen fungieren als Arbeitgeber und sichern die Qualität.

5. Ausländische Arbeitskräfte bekommen eine Beschäftigungsbewilligung; wer derzeit illegal tätig ist, kann zu den neuen Bedingungen diese Arbeit legal ausüben.

6. Während einer Übergangsfrist von etwa einem Jahr sind die bestehenden Arbeits­verhältnisse zu legalisieren.“

*****

Ich bitte, auch diesen Antrag in die Beratungen einzubeziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und Pflegende, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Besonderen Ausschusses betreffend den Bericht des Österreich-Konvents (III-136/1584 d.B.)

Der Österreich-Konvent hat sich lange mit der Neuordnung von Kompetenzen der ös­terreichischen Bundesverfassung befasst. Von der Kompetenzzersplitterung ist auch der Pflegebereich erfasst. Außerdem ist der Anspruch eines jeden auf menschenwür­dige Pflege ein Grundrecht. Man muss daher dafür sorgen, dass sich ein jeder die Pflege, die er braucht, auch leisten kann.

Seit dem Jahr 1999 hat das Pfleggeld deutlich an Kaufkraft verloren, bei der Stufe 6 etwa € 136,- pro Monat (€ 1.632 pro Jahr).

Die Inflationsrate für diesen Zeitraum beträgt 13,8 Prozent. Das Pflegegeld der Stufe 6 hätte daher seit dem Jahr 1999 um € 159,- erhöht werden müssen, um die Kaufkraft zu erhalten. Tatsächlich wurde es jedoch nur einmal und zwar um € 23,- erhöht.

Heizkosten und Energie sind um rund 24 Prozent, Mieten um 17 Prozent angestiegen. Extrem starke Preissteigerungen gab es vor allem auch bei Gesundheitskosten. Die Politik der deutlichen Erhöhung von Selbstbehalten trifft PflegegeldbezieherInnen be­sonders hart.

So wurde die Rezeptgebühr außertourlich von € 3,27 im Jahr 2000 auf € 4,60 im Jahr 2006 erhöht. Das entspricht einer Erhöhung um 41 Prozent!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 87

Der Spitalskostenbeitrag nach dem Krankenanstaltengesetz wurde von € 5,23 auf rund € 8,- bis € 10,- (nach Bundesländern unterschiedlich) angehoben. Das bedeutet eine Erhöhung von über 50 bis 90 Prozent!

Der Kostenanteil der Versicherten für Sehbehelfe wurde von 20 Prozent der (täglichen) Höchstbeitragsgrundlage auf 60 Prozent erhöht. Insgesamt ergibt sich daraus eine Er­höhung um rund 260 Prozent!

Hinzu kommt: Pflegegeldbezieher sind typischerweise BezieherInnen von Niedrigst­pensionen. 27 Prozent der Bundespflegegeldbezieher erhielten eine Pension unter € 570,- 60 Prozent erhielten eine Pension von weniger als € 860,- pro Monat (Bericht des Arbeitskreises für Pflegevorsorge 2004).

Vor allem die Untätigkeit der Regierung Schüssel in den letzten sechs Jahren hat die Situation im Pflegebereich dermaßen verschärft, dass heute viele pflegebedürftige Per­sonen um Ihre Versorgung fürchten müssen.

Die SPÖ hat daher einen Lösungsvorschlag erarbeitet, der im Wesentlichen darauf aufbaut einen neuen Beschäftigungstypus zu schaffen: „Betreuung daheim“. Dieser er­möglicht 24-Stunden-Anwesenheit der Betreuungskraft, geblockt für zwei Wochen; dar­auf folgen zwei Wochen Freizeit. Für „Betreuung daheim“ soll es einen eigenen Kollek­tivvertrag geben, der Entlohnung, Betreuungsleistung und sonstige Rechte und Pflich­ten festlegt.

Voraussetzung dafür ist ein legaler Aufenthalt. Das wird dadurch gewährleistet, dass die Betreuungspersonen eine Beschäftigungsbewilligung bekommen. Als Arbeitgeber fungieren dabei anerkannte Träger wie Caritas oder Volkshilfe und auch von Gebiets­körperschaften einzurichtende öffentliche Träger. Die Betreuungskräfte sollen für zwei Wochen ununterbrochen tätig sein dürfen, anschließend mindestens ebenso lang un­unterbrochen frei haben. In dieser Zeit dürfen sie keiner anderen Arbeit in Österreich nachgehen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, in denen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

I. Ausbau des Pflegewesens

1. Flächendeckender Ausbau der mobilen Dienste, inklusive Nacht- und Wochenend­dienste

2. Errichtung eines Pflegefonds, mit 200 Mio. Euro jährlich dotiert

3. Ausbau von Tagesbetreuung und Kurzzeitpflege

4. Hilfe für die Angehörigen: Beratung, Information und Supervision für die Pflegenden

5. Mehr Ausbildungsplätze für Pflegeberufe

6. Jährliche Valorisierung des Pflegegelds


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 88

II. Betreuung daheim

1. Schaffung eines neuer Beschäftigungstyps „Betreuung daheim“

2. Kollektivvertrag regelt Einkommen, Rechte und Pflichten

3. Rund-um-die-Uhr-Betreuung wird so zu leistbaren Tarifen möglich

4. Anerkannte Trägerorganisationen (z.B. Volkshilfe, Caritas) fungieren als Arbeitgeber und sichern die Qualität

5. Ausländische Arbeitskräfte bekommen eine Beschäftigungsbewilligung; wer derzeit illegal tätig ist, kann zu den neuen Bedingungen diese Arbeit legal ausüben

6. Während einer Übergangsfrist von etwa einem Jahr sind die bestehenden Arbeits­verhältnisse zu legalisieren

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.36.18

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Ich weiß nicht, wie die hellseherischen Fähigkeiten des geschätzten Vorredners ausgestattet sind, aber die Beratungen wären eigentlich aus gewesen, wenn nicht wir darauf Wert legen würden, in dieser sensiblen Debatte am Schluss doch noch ein kurzes Resümee zu ziehen.

Es ist auch noch nicht gesichert, dass unsere Fraktion diesen Entschließungsantrag bekommen hat, höre ich gerade; das könnten wir also in der nächsten Gesetzgebungs­periode auch gleich besser machen. (Abg. Scheibner: Typisch SPÖ!) Das ist genau mein Motiv, hier etwas zu sagen, was uns in der nächsten Periode tatsächlich noch beschäftigen wird.

Herr Kollege Lopatka, es ist irgendwo zwischen Rührung und Naivität, die Sie offen­sichtlich uns unterstellen, und ist der sonst von Ihnen ganz gut ausgelebten mittleren Bösartigkeit offensichtlich zuzuschreiben (Abg. Mag. Molterer: Geh, bitte!), dass Sie einen Entschließungsantrag bezüglich der gesetzlichen Verankerung und der künftigen Praxis der Offenlegung der Parteifinanzen heute so formulieren, dass im Kern und im Zentrum Ihres Anliegens eine Kommission steht. Das kennen wir schon!

Es würde reichen, wenn wir nur 10 Prozent dessen übernehmen würden, was in Groß­britannien an Transparenzregeln gilt, oder 50 Prozent dessen, was in der Bundes­republik Deutschland gilt. Dann hätten wir uns schon massivst verbessert! Ich darf nur daran erinnern, dass wir in allen einschlägigen Vergleichen und Rankings, was Trans­parenzfragen, Offenlegungsfragen und etwa auch Anti-Korruptions-Bemühungen be­trifft, irgendwo in der Gegend von Bangladesch auftauchen. Ich erkenne da schon einen gewissen Handlungsbedarf für die nächste Legislaturperiode.

Aber machen wir es doch ganz konkret, und bleiben wir bei dem Offenlegungsanlie­gen, was die Parteifinanzen betrifft. Herr Kollege Lopatka, es war ja Herr Lorenz von der Industriellenvereinigung, der schon vor Jahren öffentlich, in einem Interview im „profil“, einbekannt hat, dass es gängige Praxis ist, dass die Industriellenvereinigung – ich kürze es jetzt ab, und Sie werden es aushalten, dass ich meine Worte verwende – als große, eigentlich die größte, als große Spendenwaschanlage für Parteispenden, vermutlich mehrheitlich in Richtung ÖVP, dient, als ganz große Spendenwaschanlage! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 89

Das dürfen sie deshalb – nein, Sie können sich entspannen –, weil das in Österreich nichts Illegales ist. Es ist nämlich so, dass bei uns genau das gesetzlich befördert wird, wofür der Ex-Bundeskanzler Kohl – der Ex-Bundeskanzler, bitte genau aufpassen, das h an anderer Stelle – in der Bundesrepublik Deutschland fast ins Gefängnis gewandert wäre. Denn es ist dies dort ein Straftatbestand, was unsere weisen Gesetzgeber, schon unter Kreisky, extra nicht nur straffrei gestellt, sondern eben begünstigt haben!

Genau darum geht es: Es muss Schluss sein damit, dass etwa die Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung und – jetzt wird ja bei Ihnen hoffentlich endlich wieder die Besinnung ausbrechen – auch der ÖGB und damit vielleicht auch die Fraktion Sozial­demokratischer Gewerkschafter keine Spenden an die Sozialdemokratische Partei weitergeben dürfen, jedenfalls zumindest nicht unerkannt, weil sie offengelegt werden müssten. Sehen Sie, damit gehen Sie ja für die Wahl werben, damit annoncieren Sie ja!

Im Übrigen darf ich vorwegnehmen, dass Ihre ganze Dringliche Anfrage, die uns in drei Stunden zum Besten gegeben wird, eine Ansammlung von Wahlinseraten ist. Da wer­den Sie dann anders reden, als Sie jetzt dazwischenrufen! Ich mache Sie schon jetzt darauf aufmerksam, weil ich später nicht so viel Zeit haben werde. (Beifall bei den Grü­nen.)

Es ist doch eine nützliche Übung in der Demokratie – Herr Kollege Molterer, Sie sind ohnehin der Klubobmann und nicht der Parteisekretär; manchmal könnte man es aller­dings verwechseln –, eine nützliche Übung für die Medien, für die Bevölkerung, zu wis­sen, wer von wem abhängig ist. Es war doch nur einem Zufall und einem Eigenfehler des Herrn Finanzministers zu verdanken – obwohl er gewisse Resistenz aufweist, was das betrifft, aber in den öffentlichen Umfragen steht er ja immer noch gut da, okay, wie dem auch sei (demonstrativer Beifall bei der ÖVP); klatschen Sie ruhig –, es war doch nur einem Zufall zu verdanken, dass aufgeflogen ist, dass sich in Österreich ein Fi­nanzminister von der Industrie aushalten lässt, von der Industrie Geld zugesteckt be­kommt. (Abg. Dr. Brinek: Geh, „aushalten lässt“?)

Er hat das dann noch damit begründet, dass das ja üblich ist. Er sei ja parteifrei, er, Grasser – was immer das bedeutet, „er ist parteifrei“, das müssen Sie sich überlegen. Aber er hat es damit gerechtfertigt, dass ja alle anderen auch von der Industriellenver­einigung Geld bekommen würden.

Sehen Sie, es geht also nicht darum, dass man nur auf die Sozialdemokraten zeigt, sondern es geht um ein Grundsatzprinzip; so ist das nun einmal. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Allerdings wird der Handlungsbedarf – spät, aber doch, ich höre aller­dings, dass Sie schon vor Jahren einen Antrag eingebracht haben – nun offensichtlich auch von der Sozialdemokratie selbst erkannt und anerkannt, und das hat vielleicht schon etwas mit den Vorkommnissen in der eigenen Umgebung zu tun. Ich darf auch daran erinnern, dass das Wort „Handlungsbedarf“ überhaupt von einem Kanzler kreiert wurde, der nun in der Tat genau diesen Handlungsbedarf ausgelöst hat.

Die Geschichte ist also ganz klar. (Abg. Großruck: Das willst uns jetzt wirklich erzäh­len?) – Schauen Sie, in Grieskirchen ist offensichtlich die Wahlkampf-Maschinerie schon so weit fortgeschritten, dass Sie es nicht einmal beim Zuhören erkennen kön­nen, wenn ich die Sozialdemokraten kritisiere. Aber das sei Ihnen unbenommen. (Hei­terkeit und Beifall bei den Grünen.)

Ich sage nur, es ist dies deshalb besonders wichtig, weil auch in der Sphäre der Sozial­demokratie noch immer das eine oder andere aufklärungsbedürftig ist. Wir kommen zum Beispiel an den Punkt, dass eine Parteispende nicht bloß eine Überweisung ist, es gibt auch Sachspenden oder bestimmte Konditionen. Deshalb ist diese Offenlegung so


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 90

wichtig, weil es nämlich von Interesse ist, welche Konditionen die BAWAG den Sozial­demokraten gegeben hat.

Es gibt eine Geschichte, die überhaupt noch nicht richtig beleuchtet wurde. Die Steier­märkische Sparkasse ist auch als Financier, als Kreditgeber – bleiben wir an dieser Stelle vorsichtig – der Sozialdemokraten erwähnt worden. So weit, so gut; es ist aber nicht klar, welche Konditionen dort geherrscht haben. Warum ist die Frage so interes­sant? – Weil sage und schreibe, das muss man wirklich einmal zusammenbringen, zehn Jahre lang ein Vorstand jener Bank, der Steiermärkischen, gleichzeitig Parteikas­sier der Sozialdemokraten in der Steiermark gewesen ist! Ich finde, das ist einfach nicht hinzunehmen. Es tut mir Leid, es ist einfach nicht hinzunehmen, dass in diesem Licht nicht offengelegt wird! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scheibner.)

Es fehlt einem die Einsicht für solches Verhalten. Und so hätten wir alle etwas zu sa­gen. Sie können sagen: Wir haben es leicht, wir regieren noch nicht. Das ist richtig, und vielleicht ist dies auch das nächste Mal nicht der Fall, weil Sie die große Koalition schon ausgemacht haben, oder sonst irgendetwas. Das ist ja noch nicht das Thema, wir haben vielleicht leicht reden.

Ich darf noch die Freiheitlichen erwähnen; ich meine jetzt aber jene, die auf Liste 3 ste­hen. Auch sie haben aus meiner Sicht Erklärungsbedarf, weil für mich nicht erklärlich ist, wie es sein kann, dass diese Partei, mehr als alle anderen zusammen, das ganze Land mit Großplakaten zudeckt. Man kommt um keinen Kreisverkehr mehr herum, ohne dass man zwei Mal von Strache belästigt wird; ich halte das mittlerweile für eine Verkehrsgefährdung. (Beifall bei den Grünen.) Es wäre auch interessant zu erfahren, wo dieses Geld herkommt.

Es gibt also drei gute Gründe für die Fraktionen hier im Haus – das BZÖ habe ich jetzt ausgelassen, ich weiß ja nicht, ob wir es nächstes Mal wieder hier sehen werden –, zumindest drei Fraktionen/Parteien haben gute Gründe, hier offenzulegen. Das wäre doch ein schönes Motiv.

Ich darf den Rest meiner Überlegungen nur noch im Word-Rap wiedergeben; ich hoffe, Sie sind damit einverstanden. Die Frage der U-Ausschüsse ist ja hundert Mal diskutiert worden. Ich sage nur, in dieser Legislaturperiode hat es zwei klassische Anlassfälle ge­geben, diese Sache so zu betrachten, dass das als Minderheitenrecht verankert wer­den müsste. Der aktuellste ist der Fall der BAWAG.

Es ist nämlich nicht einzusehen, dass Sie diesen „kleinen Untersuchungsausschuss“ dazu missbrauchen, mit Ihren Mehrheiten dort Auskunftspersonen aus- und einzu­wacheln, wie es Ihnen gerade passt. Dass zum Beispiel ein Herr Schlaff nicht geladen wird, das ist nicht einzusehen. Deshalb: Minderheitenrecht und wirklicher Untersu­chungsausschuss! Das wird heute ohnehin noch ein Thema werden.

Die zweite Sache – am Schluss der Legislaturperiode möchte ich es noch einmal er­wähnen – war das Niederdrücken der Aufklärung rund um die Eurofighter-Beschaffung. Man kann unterschiedlicher Meinung sein, das ist ganz in Ordnung und hier sogar wünschenswert. Aber was nicht sein kann, ist, dass die ranghöchsten Beamten in Aktenvermerken festhalten, dass sie aus guten und verschiedenen Gründen – egal, aus welchen – gegen diese Beschaffung sind, diese Beamten dann pensioniert werden und unter Hinweis darauf, dass sie pensioniert worden sind, mit Ihrer Mehrheit von der Aussage hier im Parlament de facto abgehalten werden. (Abg. Dr. Fasslabend: Keine Ahnung!)

Sie sind der schlechteste Zeuge dafür, Herr Fasslabend, hier einen Zwischenruf zu machen! Schaden Sie sich in dieser Frage nicht noch mehr, als Sie ohnehin schon


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 91

belastet sind. – Das ist nicht hinzunehmen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim.)

Ich möchte es am Schluss noch einmal festhalten: Ich kann nicht sagen, wie in den Rechnungshofausschüssen der nächsten Periode weitergearbeitet werden wird. Ich kann nur sagen, die Mehrheit hier im Haus hat Kollateralschäden der Sonderklasse hinterlassen, und da werden wir noch viel aufzuräumen haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort. (Abg. Dr. Jarolim: Das war eine Rechtsbeugung ...!) – Herr Abgeordneter Jarolim, wir befinden uns in der Abstim­mungsphase!

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents, den vorliegenden Bericht III-136/1584 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 92

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenommen. (E 209.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist somit abge­lehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne Parteikassen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren, darf ich um etwas mehr Aufmerksamkeit bitten! (Zwischen­rufe.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minderheits­recht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Lopatka, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Über­prüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenommen. (E 210.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung des Wahl­alters.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abge­lehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitlichen Jugendschutz.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegesituation der pflegebedürftigen Menschen in Österreich sowie Vorsorge für regelmäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dieser Antrag findet die Mehrheit und ist somit angenom­men. (E 211.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung von Parteispenden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist somit abge­lehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und Pflegende.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist somit abge­lehnt.

12.51.052. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (80/PET) betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“, überreicht vom Präsidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol und den Abgeordneten Klaus Wittauer,


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Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin Hakl, Maria Grander, Johannes Schweisgut, Helga Machne und Hermann Gahr (1610 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 7 Minu­ten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.51.42

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Grund, warum ich hier als Erste rede, ist, dass die Grünen diesem Antrag die Zustimmung nicht geben werden. Es geht hier um einen Vorschlag, einen Entschließungsantrag, bei einer etwaigen Verfassungsreform die Schutzfunktion für die österreichische Volksgruppe in Südtirol in die Verfassung aufzunehmen und auch die Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen in der Verfassung zu verankern. – Ich werde Ihnen erklären, warum wir, entgegen allen anderen Parteien, dem nicht zustimmen können.

Das Verhältnis zwischen Österreich und Südtirol beziehungsweise Italien ist in den letzten, sagen wir einmal, 30 Jahren ein hervorragendes, ein ausgezeichnetes. Dazu haben viele beigetragen, gerade auch viele Tiroler, aber auch viele andere Österrei­cherinnen und Österreicher, das hat sich entwickelt. Schon 1992 gab es die Streitbeile­gung; diese haben wir 2002 – da war ich auch schon in diesem Hohen Haus – hier im Hohen Haus auch gefeiert und für richtig befunden.

Erst vor kurzem, am 5. September 2006, gab es in Südtirol – in Bozen, auch im Boze­ner Landtag – eine Feier aus dem Anlass, dass vor 60 Jahren das Pariser Abkommen, das so genannte Gruber-De-Gasperi-Abkommen, abgeschlossen worden war. Dort hat – ich zitiere aus der „Tiroler Tageszeitung“ – Herr Ex-Botschafter Ludwig Steiner als einer, der sogar damals schon dabei war, unter anderem gesagt, dass es ein schwieriger Weg war, dass wir aber stolz auf das Erreichte sein können. Dem stimme ich voll und ganz zu.

Er hat auch gesagt, dass es ein sehr emotionales Anliegen war. Viele Jahre lang gab es zahlreiche Schwierigkeiten. Es ist Österreich dann gelungen – dies war sinnvoll –, das Ganze auch vor die UNO zu bringen und die Südtirol-Frage international zu veran­kern. Das war richtig und gut. Auch die Autonomie, die es jetzt gibt, ist eine, die tat­sächlich ein ganz besonderer und sehr guter Fall von Autonomie ist, der auch interna­tional immer wieder als positives Beispiel dafür dargelegt wird, wie eine Autonomie­regelung aussehen kann.

Botschafter Steiner hat in Südtirol, in Bozen, vor wenig mehr als einem Monat auch ge­sagt: Innerhalb der EU braucht man keinen Vertrag, dass man mit dem Nachbarstaat in Frieden lebt. – Das ist einer der Gründe, warum wir diesem Ansinnen hinsichtlich eines Entschließungsantrags nicht zustimmen werden, hinsichtlich irgendeiner Verfassungs­reform, die es vielleicht einmal geben wird; denn die jetzige, die in dieser Legislatur­periode geplant war, wurde ja heute „unpompös“, wie Eva Glawischnig gesagt hat, zu Grabe getragen.

Das ist einer der Gründe: In einem vereinten Europa braucht es unserer Ansicht nach nicht die Verankerung von Schutzfunktionen für Volksgruppen in anderen Staaten. Noch dazu ist Minderheiten- und Volksgruppenpolitik eine Frage der aktiven Politik und nicht von Bekenntnissen, die in der Realität überhaupt keine Bedeutung haben.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 94

Ich bin sehr froh darüber und begrüße es auch, dass Österreich Südtirol und die Süd­tiroler sehr stark unterstützt. Ich habe das selbst erlebt, als ich in den siebziger und be­ginnenden achtziger Jahren in Innsbruck studierte, und habe mit vielen Südtirolern und Südtirolerinnen zu tun gehabt, die auf Grund der Gleichstellung mit Österreichern stu­dieren konnten, und das ist noch immer möglich, auch trotz der geänderten Bedingun­gen für die Universitäten. Das ist etwas Positives und Sinnvolles.

Aber die Frage ist tatsächlich, warum heute, kurz vor der Wahl, dieser Antrag auf der Tagesordnung ist. Die Schutzfunktion ist, wie ich schon gesagt habe, in der Europäi­schen Union unserer Meinung nach überholt. (Abg. Scheibner: Das haben wir in der Präsidiale einstimmig beschlossen!)

Um ein Beispiel dafür zu bringen, was diese Autonomie, diese sehr gute Autonomie für Südtirol bedeutet: Finanziell steht Südtirol viel besser da als jedes österreichische Bun­desland. So zeigt sich zum Beispiel, wenn ich Süd- und Nordtirol vergleiche, dass Süd­tirol ein Drittel weniger an Bevölkerung, aber ein doppelt so hohes Budget hat – das ist recht so für Südtirol –, weil einfach 80 Prozent der Steuern und Abgaben in Südtirol bleiben. Es ist gut für das Land, dass es sich gut entwickeln kann; das will niemand verändern. Ich vertraue darauf, dass dieses gute Verhältnis, das auch durch die Bemü­hungen Österreichs in den letzten Jahrzehnten zustande gekommen ist, weiterhin be­stehen kann.

Aber eines ist schon interessant: Probleme im Verhältnis zwischen Österreich und Ita­lien bezüglich Südtirol gibt es nur dann, wenn in Italien eine rechte Regierung an der Macht ist – wie die letzte, Berlusconi, der ja Bundeskanzler Schüssel sehr viel Erfolg für die Wahlen wünschte; zum Glück hat er den nicht gehabt, Herr Berlusconi und seine Adlaten. (Abg. Neudeck: Es war umgekehrt! Nicht Berlusconi hat Schüssel Er­folg gewünscht ...!) Probleme gibt es nur bei rechten Regierungen in Italien – als etwa die Lega Nord Schwierigkeiten machen wollte –, nicht bei Regierungen wie der jetzigen unter Ministerpräsident Prodi, dessen Bündnis auch schon im Wahlkampf von der Süd­tiroler Volkspartei unterstützt wurde, weil diese weiß, dass eine Regierung Prodi, eine Regierung, die nicht rechts ist, sehr wohl die Interessen von ethnischen Volksgruppen, von Minderheiten berücksichtigt – was ja die deutschsprachigen Südtiroler in Südtirol nicht sind, das weiß ich schon –, dass eine linke Regierung, wenn Sie so wollen, sol­che Bevölkerungsgruppen sehr wohl unterstützt. Das Problem gibt es, wie gesagt, nur dann, wenn Rechte, die der ÖVP nahe stehen, an der Regierung sind, und nicht sonst.

Für die Grünen ist völlig unbestritten, dass wir den Schutz von Volksgruppen wollen; ich glaube, das ist wohl allen hier klar. Wir sind diejenigen, die gerade den Schutz von Minderheiten, von Volksgruppen für eines der höchsten Güter in einer Demokratie, für das Zusammenleben in einer Demokratie halten. Dazu gehört die Sprache, dazu ge­hört die Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit in den Schulen, aber auch auf Ortstafeln. Dieses hohe Gut des Schutzes von Volksgruppen, von Minderheiten gilt für Südtirol, und schon als ich als Jugendliche dort war, habe ich bewundernd sogar drei­sprachige Ortstafeln gesehen, und ich habe mich damals schon in Kärnten darüber ge­wundert, dass es dort fast nur einsprachige gab.

Dieses hohe Gut gibt es aber auch für Kärnten, und da sehe ich schon, Herr National­ratspräsident Khol, der Sie ja nach mir reden wollen, ein ziemliches Defizit, dass Ihre Regierung, der Sie ja sozusagen als ÖVP-Mitglied angehören, es nicht geschafft hat, in Südkärnten tatsächlich zweisprachige Ortstafeln aufzustellen. Das ist etwas, worüber ich nur sagen kann: Den Schutz von Volksgruppen nimmt diese Bundesregierung nicht ernst! Sonst hätte sie das schon längst geschafft und hätte nicht immer nur einen Landeshauptmann Haider quasi hintennach entschuldigt, aber nichts dafür getan, dass er dort die lange geforderten zweisprachigen Ortstafeln endlich aufstellt. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 95

Ein Wort zum BZÖ: Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie jetzt mit Herrn Veit Schalle einen Kandidaten auf Ihrer Liste haben, der nicht nur die NS-Beschäftigungspolitik durchaus beeindruckend gefunden hat – das hat er auch gesagt (Abg. Neudeck: Wirt­schaftspolitik!) –, sondern der auch noch gesagt hat – und er hat selbst slowenische Wurzeln, und daher ist mir das noch unverständlicher (Abg. Rossmann: Auch ich!) –, dass die Slowenen in Kärnten nur Gäste sind!

Wissen Sie, was Herr Präsident Khol gesagt hätte, wenn irgendjemand gesagt hätte, dass die Südtiroler Deutschsprachigen nur Gäste in Südtirol sind? – Na, da hätte es einen Aufstand gegeben! Aber für Kärnten ist es ganz recht, dass der das sagt, dort gibt es keine Kritik – auch von Ihnen nicht, Herr Nationalratspräsident Khol! (Beifall bei den Grünen.)

Warum jetzt? Warum nicht 1992, als es die Streitbeilegung gab? Das wäre doch eine Möglichkeit gewesen, das in einer Verfassungsreform einzubringen. Warum nicht, als Österreich der EU beigetreten ist? Da hätte es auch die Möglichkeit gegeben, das als Verfassungsänderung hinzuzufügen. Nichts haben Sie getan. Also warum jetzt? (Abg. Scheibner: Es ist nie zu spät!) Weil es eine Petition der Schützenkompanien und zahl­reicher Bürgermeister gegeben hat, die dem Petitionsausschuss zugewiesen wurde?

Herr Präsident Khol, Sie haben in irgendeinem Interview gesagt, es wäre notwendig, um die Geschäftsordnung des Nationalrates zu erfüllen, dass es jetzt dazu eine Ent­schließung gibt. – Wie viele Petitionen gibt es in diesem Haus, die nicht einmal das Licht des Nationalrates, dieses Plenums erblicken, sondern einfach im Petitionsaus­schuss behandelt, abgelegt und dann unter einem Sammeltagesordnungspunkt behan­delt werden. Missbrauchen Sie nicht die Geschäftsordnung und Geschäftsordnungs­argumente für etwas, was Ihr eigenes, ganz persönliches Interesse ist. (Beifall bei den Grünen.)

Daher kann ich nur sagen: Es ist ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver, dass gerade jetzt auf die Tagesordnung zu setzen. Warum nicht im Juli? Das wäre auch schon möglich gewesen. Gerade jetzt wollen Sie klar machen: Sie schützen Südtirol.

Wie zuvor bereits gesagt: Wir stehen hinter der Autonomie. Das ist sinnvoll und not­wendig. Diese Schutzfunktion aber ist im Rahmen der Europäischen Union – so finden wir zumindest – einfach nicht zeitgemäß.

Zur anderen Schutzfunktion, die die SPÖ hineinreklamiert hat, also zur Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen: Wir haben mit solchen Formulierungen grundsätzlich ein Problem. Ich wüsste zum Beispiel nicht, dass die ös­terreichischen Kroaten und Kroatinnen – meine Kollegin Stoisits wird sich später ohne­hin noch zu Wort melden – das Gefühl hätten, sie bräuchten Kroatien als Schutzmacht. Sie fordern vom österreichischen Staat ihre Rechte ein, und zu Recht. Oder die Kärnt­ner Slowenen: Ich meine, da ist jetzt Österreich gefordert, diese Rechte endlich zu erfüllen. Es ist nicht so, dass die Kärntner Slowenen nach Ljubljana pilgern und dort sagen müssten: Bitte, macht doch was!

Herr Präsident Khol! Vor kurzem noch, im Jahre 2005 haben Sie des Öfteren gesagt, dass Sie es so sehen, dass Slowenien kein Rechtsnachfolger Jugoslawiens ist und deswegen kein Recht zu so einer Art Schutzfunktion für die Kärntner Slowenen hat. – Jetzt haben Sie auf einmal Ihre Meinung geändert und diesem Antrag zugestimmt. Das ist schon eigenartig, und das geschieht kurz vor der Wahl.

Um zum Schluss zu kommen: Eine Schutzfunktion, wie Sie sie jetzt in einer Verfas­sungsreform verankern wollen, die derzeit nicht stattfindet, hat null reale Relevanz in einem vereinten Europa. Und deswegen stimmen wir auch dagegen, denn für eine billige Instrumentalisierung des Volksgruppenschutzes sind wir nicht zu haben. Es be-


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darf keiner Bekenntnispolitik, sondern tatsächlicher Taten, um Volksgruppen- und Min­derheitenrechte durchzusetzen, in Südtirol und in Kärnten. (Beifall bei den Grünen.)

13.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Präsident Dr. Khol zu Wort. – Bitte, Herr Präsident. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Khol –: Sagen Sie auch etwas zu den Slowenen!)

 


13.03.13

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass der Außenpolitische Ausschuss die Petition der Südtiroler Schützen, der Nordtiroler Schützen und der Osttiroler Schützen, unterstützt von 113 der 116 Bürger­meister Südtirols, in Behandlung genommen hat und heute dem Hohen Haus emp­fiehlt, dem Anliegen dieser Petition Rechnung zu tragen und die Schutzfunktion Öster­reichs für seine Südtiroler Landsleute bei einer Verfassungsreform in dieser Verfas­sung zu verankern. Ich halte das für wichtig, ich halte das für richtig. Und, Frau Kollegin Lunacek, es wäre wirklich eine Verhöhnung von hunderttausend Unterschriften gewe­sen, wenn wir heute nicht diese Petition behandeln würden, sondern sie in den Papier­korb geworfen hätten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich sage noch etwas dazu: Bei jedem Schritt, den die Schützen in Ausübung ihres in unserer Verfassung gewährleisteten Petitionsrechtes unternommen haben, hat es Un­ruhe in Rom gegeben. Beim Einbringen hat es Unruhe gegeben, beim Beschließen im Unterausschuss, und auch die heutige Debatte wird mit großem Interesse verfolgt. Hätten wir, um diese Dinge bei uns in voller Souveränität behandeln zu können, den ganzen Weg noch einmal gehen sollen? Ich glaube, dass es richtig ist. Die Schützen haben die Petition vorgelegt. Alle drei Parteien, die heute hinter diesem Bericht stehen, haben schon im Österreich-Konvent diese Frage behandelt. Ich bin froh darüber, dass der Abgeordnete Niederwieser, der Abgeordnete Wittauer und der Abgeordnete Spin­delegger einen Entschließungsantrag vorgelegt haben, und ich bitte Sie, diesem Ent­schließungsantrag zuzustimmen. Ich bitte auch die Grünen, Frau Lunacek, über ihren Schatten zu springen. Das Anliegen Südtirol ist ein viel zu wichtiges, um es in partei­politischen Argumentationen herunterzuziehen.

Eines möchte ich Ihnen sagen: Die Argumentation, die Sie vorgebracht haben, dass das in Europa gar nicht notwendig wäre, ist eine sehr gefährliche Argumentation. Die italienische Regierung hat die Schutzfunktion Österreichs penibel beachtet, nie einen Zweifel daran gelassen, dass das Gruber-De Gasperi-Abkommen, dass die Streitbeile­gungserklärung und auch das Allgemeine Völkerrecht von der Regierung beachtet wer­den, von der Regierung, wie sie derzeit in Italien regiert. Und es hat in den letzten Jah­ren mehrere Situationen gegeben – die italienische Verfassungsreform zum Beispiel –, in denen es Anschläge auf die Autonomie gegeben hat, als man eine allgemeine Aus­richtungs- und Koordinierungsbefugnis für die Zentrale einrichten wollte. Wir haben interveniert, die Schutzfunktion hat gegriffen, und Italien hat immer darauf reagiert.

Das heißt also: Die Schutzfunktion ist keinesfalls durch unseren Beitritt in die Euro­päische Union obsolet geworden. Das ist die Argumentation ganz gewisser Rechts­kreise in Italien – nicht der Mehrheit – und insbesondere des Franco Frattini, seinerzeit Justizminister, jetzt EU-Kommissar, der ein persönliches Südtirol-Trauma zu haben scheint, der immer wieder darauf hinweist: Im vereinten Europa ist Gruber-De Gasperi anachronistisch. Sie sagen das Gleiche.

Ich sage Ihnen: Die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol ist nicht mehr und nicht weniger als das Gruber-De Gasperi-Abkommen, das Allgemeine Völkerrecht und die Streitbeilegung im Jahre 1992. Das alles wahrzunehmen, das ist die österreichische


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Schutzfunktion! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Völkerrechtlich kommt durch unseren heutigen Beschluss kein Jota zur Schutzfunktion dazu oder von ihr weg. Es ändert sich im Völkerrecht nichts! Innerstaatlich aber schon, Frau Kollegin Lunacek, das möchte ich schon sagen.

Erstens: Ich glaube fest daran, dass die positiv denkenden Kräfte in diesem Haus auf der Grundlage des Berichts des Österreich-Konvents, den wir heute diskutiert haben, im nächsten Jahr wichtige Fortschritte bei der Verfassungsreform machen können und werden. Das ist ein Hauptprojekt, wie das Bundeskanzler Schüssel auch erklärt hat. Und wenn wir die Verfassung ändern, dann werden wir dem außenpolitischen Her­zensanliegen der überwiegenden Mehrheit der Österreicher Rechnung tragen und Südtirol, unserer österreichischen Volksgruppe in Südtirol natürlich in dieser Verfas­sung gebührenden Raum einräumen. Und wir werden damit nicht nur diesen symboli­schen Akt setzen, sondern dadurch die Ausübung der Schutzfunktion zu einer Verfas­sungspflicht jeglicher Regierung in Österreich machen. Da gibt es dann eine Verfas­sungspflicht – und nicht mehr ein Ermessen der Außenpolitik. Das ist der große Unter­schied! Und dieser Unterschied ist für die Südtiroler wichtig, und dieser Unterschied ist auch für mich wichtig.

Meine Damen und Herren! Europa hat die Südtirol-Autonomie in ihrem Rechtsbestand völlig unberührt gelassen. Der ethnische Proporz besteht weiter, und die Schutzfunk­tion Österreichs besteht weiter. Europa hat aber auch etwas Großartiges für Südtirol bewirkt: Wir haben die Landeseinheit im vereinten Europa hergestellt. Nordtirol, Süd­tirol, Osttirol: Sie alle können wirtschaftlich, kulturell, sozial zusammenarbeiten. Die Brenner-Grenze ist unsichtbar geworden, sie existiert nur mehr in den Köpfen man­cher. Wir sind wieder ein Tirol geworden. Mehr brauchen wir nicht. Im vereinten Euro­pa gibt es keine Grenzänderungen, im vereinten Europa ist das alles nicht notwendig. Wenn jedoch einmal irgendjemand die Hand an die Autonomie legt, dann steht Österreich bereit, dann wird Österreich seine völkerrechtlichen Rechte ausüben, und wir im Parlament und auch die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes können jede österreichische Regierung an ihre Verfassungspflicht erinnern.

Daher heute ein Dank an die Schützen, ein Dank an die Bürgermeister, die das unter Inkaufnahme nicht weniger Risken unterstützt haben, denn es hat ja der Präfekt ein Strafverfahren gegen alle Bürgermeister eröffnet. Es hat Vernehmungen gegeben. Die haben das riskiert, die Verfahren sind zum Glück eingestellt worden. Ich sage noch ein­mal: Österreich und Italien sind befreundete Länder. Wir haben keine offenen Proble­me. Es ist unsere Souveränität, dem Herzensanliegen Südtirol in unserer Verfassung Rechnung zu tragen.

Ich bitte Sie noch einmal: Stimmen Sie alle mit! Es ist ein wichtiges Zeichen an unsere Landsleute ladinischer und österreichischer Zunge auf der anderen Seite des Bren­ners. Es lebe das Land Tirol! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


13.11.16

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Im Ergebnis und von den Intentionen her teile ich die Worte meines Vorredners Andreas Khol. In der Herangehensweise gibt es in dem einen oder anderen Punkt eine differenzierte Position. Wichtig ist jedoch, was in dieser Entschließung drin-


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nen steht und was dann beschlossen werden wird. Das Thema Südtirol ist früher viel mehr mit Emotionen behaftet gewesen – auch Südtirol-Diskussionen hier im Hohen Haus –, als das heute der Fall ist. Südtirol ist Teil der Normalität geworden. Es gibt keine riesigen Probleme, es gibt nichts mehr Vergleichbares zu dem, was im Jahr 1962 dazu geführt hat, dass Bruno Kreisky dieses Thema vor die UNO gebracht hat. Histo­risch gesehen ist Südtirol für viele Jahrhunderte Teil Österreichs gewesen. 1946 wurde mit dem Gruber-De Gaspari-Abkommen zumindest die Grundlage für eine Autonomie geschaffen.

1992 – die Streitbeilegung hier im Hohen Haus. Vielleicht erinnern Sie sich – Kollege Schieder hat damals auch dazu gesprochen –, formell gab es damals schon unter­schiedliche Positionen. Die Redner hier haben alle gesagt: Österreich fühlt sich natür­lich weiterhin verpflichtet, darauf zu achten, dass diese Autonomie gewahrt bleibt, dass sie in der Substanz vielleicht vermehrt, aber keinesfalls vermindert wird.

Die offizielle italienische Position war schon damals: Der Streit ist beigelegt, und es gibt diese Funktion nicht mehr. Das hat man uns ja damals schon formell erklärt. In der Praxis all dieser Jahre hat nahezu jede österreichische Bundesregierung im einen oder anderen Fall in Absprache mit der österreichischen Minderheit in Südtirol Probleme mit der italienischen Regierung besprochen, hat der Unterausschuss Bozen und Südtirol besucht und mit allen Parteien, allen Fraktionen dort gesprochen. In der Praxis ist diese Funktion Österreichs nie bezweifelt worden. (Abg. Dr. Khol: Stimmt!) Sie ist an­erkannt worden, formal hat es sie nicht gegeben. Das ist die Realität. Es ändert sich daran im Wesentlichen ja auch durch diesen heutigen Beschluss bis dato nichts. Die österreichische Position, wie sie immer vertreten worden ist, wird heute nur noch einmal bekräftigt.

Es ändert sich aber eines mit diesem Beschluss – darauf möchte ich schon hinweisen, das ist tatsächlich etwas, was es bisher nicht gegeben hat, zumindest als Willenserklä­rung des Parlaments nicht –, und zwar das, was Kollegin Lunacek aus mir unerfind­lichen Gründen nicht zu brauchen scheint, nämlich, dass Österreich beziehungsweise dass dieses Hohe Haus mit einer Mehrheit sagt: Wir nehmen nicht nur etwas für uns in Anspruch, nämlich eine Schutzfunktion, sondern auch wir haben Minderheiten und re­spektieren, dass auch die Länder, deren Minderheiten das sind, ihrerseits eine solche Funktion ausüben können!

Kollegin Lunacek, ich frage mich bloß, wieso die slowenische Regierung – ich habe kein Problem damit – sich immer wieder äußert, zu Recht äußert zu Themen in Kärn­ten. Was ist denn das sonst? Das ist in völkerrechtlicher Terminologie das Wahrneh­men einer Schutzfunktion. Wir sagen in dieser Entschließung nichts anderes, als dass das auch akzeptiert wird und in einer künftigen Verfassung auch verankert werden soll.

Es ist nicht nur ein Anliegen der Südtiroler Bürgermeister und der Schützenorganisatio­nen in Südtirol und Nordtirol, sondern es war eigentlich in all den Jahren immer wieder Thema in den bilateralen Gesprächen und in den Gesprächen, die wir in Südtirol oder mit Südtiroler Vertretern hier oder in Innsbruck oder in Bozen gehabt haben, nämlich der Wunsch nach einer Verankerung in der österreichischen Verfassung. Sie haben schon Recht, Kollegin Lunacek: Wieso hat man das nicht früher gemacht? Das hätte man auch früher machen können. Der Wunsch wurde wirklich schon sehr früh ge­äußert, 1992, beim EU-Beitritt, genau zu diesen Daten. Na gut, jetzt ist der Konvent an ein Ende gekommen, jetzt wird es tatsächlich um eine neue Verfassung gehen.

Für uns hatte, sowohl, was Slowenien anlangt, als auch, was Südtirol anlangt, die Posi­tion der Minderheit immer absolute Priorität. Das heißt, wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gehen da nicht so heran, dass wir sagen: Wir sind klüger und wissen besser, was für euch gut ist und ihr zu wollen habt!, so wie Sie das jetzt tun,


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sondern wir sagen stattdessen: Okay, dieser Wunsch ist deponiert! Ob man ihn jetzt so unbedingt braucht oder nicht, darüber kann man sicherlich streiten, und auch darüber, was sich in der Substanz ändert! Für uns ist das aber etwas, was wir respektieren!

Das ist ja keine Erfindung von Andreas Khol und von mir, sondern das ist ein Wunsch, der vielfach an uns herangetragen worden ist und den wir respektieren und wozu jetzt eine Gelegenheit besteht, das auch in die österreichische Verfassung aufzunehmen. Ich habe immer gemeint, dass das auch die Position der Grünen gewesen wäre, näm­lich sich beim Agieren daran zu orientieren, was die Minderheit selbst will, und nicht für die Minderheit zu sprechen, im Sinne dessen, was für sie besser ist. Das scheint in diesem Fall irgendwie nicht so zu sein, was auch ich bedauere.

Was ich in diesem Zusammenhang für wichtig halte, ist der Hinweis, dass es für uns unabdingbar ist, dass in Sachen österreichische Minderheit in Südtirol die Interessen der Minderheit vor Parteipolitik zu stehen haben. Das sage ich deswegen, weil jetzt wieder eine Wahl bevorsteht und weil wir uns, Gott sei Dank, in dieser Diskussion in der Sache selbst noch einig sind. Ich spreche in diesem Zusammenhang ganz konkret Bundeskanzler Dr. Schüssel an und den 3. April 2006, als er in Südtirol wirklich für blankes Entsetzen gesorgt hat. Im Vorfeld – das muss man wissen – hat die Südtiroler Volkspartei mit Romano Prodi ein Bündnis geschlossen, ein Wahlbündnis abgeschlos­sen. Das hat der österreichische Bundeskanzler meines Erachtens eigentlich wissen müssen. In dieser Situation fliegt Bundeskanzler Schüssel nach Rom, umarmt Silvio Berlusconi, seinen lieben Freund und wünscht ihm einen fulminanten Wahlsieg. Blan­kes Entsetzen im Südtirol. Landeshauptmann Durnwalder hat nur kurz kommentiert, er hoffe, dass Schüssels Wunsch nicht in Erfüllung gehe. Er ist dann auch nicht in Er­füllung gegangen, und die Wünsche Dr. Schüssels für Silvio Berlusconi haben dazu geführt, dass er letztlich abgewählt wurde – natürlich nicht Schüssels Wünsche alleine, aber die Folge war die Abwahl von Berlusconi.

Vielleicht ist es ein Gerücht, aber ich habe in den letzten Tagen gehört, dass sich in­zwischen Silvio Berlusconi bei Wolfgang Schüssel gemeldet hat und auch ihm für die Wahl jetzt alles Gute und einen fulminanten Wahlerfolg gewünscht hat. Das gibt uns Hoffnung.

Wir freuen uns aber insgesamt, dass Südtirol auch in diesem Wahlkampf ein Thema ist, das aus ihm weitgehend herausgehalten oder eigentlich überhaupt gänzlich her­ausgehalten wird, und dass wir heute zu diesem Beschluss kommen, wofür ich mich herzlich bedanke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Scheib­ner zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

 


13.19.24

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Ich freue mich, dass wir heute mit großer Mehrheit – leider nicht einstim­mig – diesen Entschließungsantrag verabschieden werden. Es gibt eine Notwendigkeit, Frau Kollegin Lunacek, zumindest durch ein Symbol zu zeigen, dass uns die Anliegen der Österreicher in Südtirol – ich würde einmal sagen, es ist keine Minderheit in Süd­tirol, sondern es ist in Südtirol die Mehrheit – etwas wert sind und etwas ganz Beson­deres für uns sind. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das ist auch historisch bedeutsam. Und: Wir alle sind froh darüber, dass die Grenzen ihre Bedeutung verloren haben. Das ist einer der wichtigen Vorteile der Europäischen Union. Trotz allem sollte man nicht vergessen, dass, obwohl es sich bei Österreich und Italien um demokratische Staaten handelt beziehungsweise gehandelt hat nach dem


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Zweiten Weltkrieg, die Gegensätze letztlich so groß waren, dass es so viele Jahr­zehnte lang gedauert hat, bis man diesen Ausgleich gefunden hat, eine wirklich funktio­nierende Autonomie erlebt, sodass auch die Gegensätze zwischen den Volksgruppen praktisch verschwunden sind, bis auf einige wenige, die da noch versuchen, Gegner­schaften zu erzeugen.

Am Anfang stand jedoch ein völkerrechtswidriger Akt, nämlich dass man – gegen alle Grundsätze – einen Teil Österreich abgetrennt hat. Das Selbststimmungsrecht der Völ­ker war doch nach dem Ersten Weltkrieg eines der Prinzipien, die man in Europa durchzuführen versucht hat. – Bei Südtirol hingegen hat man die Bevölkerung nicht gefragt, wie sie sich selbst sieht und wo sie sich selbst gesehen hätte. Ich denke, das ist schon eine Besonderheit, die Südtirol etwas hervorhebt aus anderen Regionen in Europa, in denen es Minderheiten anderer Volksgruppen gibt. Deshalb müssen wir sig­nalisieren – und ich glaube, dass das auch die Südtiroler Bevölkerung von uns ver­langt –, auch wenn es keine aktuellen Probleme gibt, dass wir in unserer Bundesver­fassung auf diese besondere Schutzfunktion hinweisen wollen.

Frau Kollegin Lunacek, Sie haben sich ja selbst widersprochen: Sie haben einerseits gesagt, es gebe keine Notwendigkeit, denn es gebe ja auch keine Probleme, und Be­kenntnisse in einer Verfassung seien auch nicht notwendig, haben aber dann gleich im nächsten Satz gesagt, Probleme gebe es immer nur dann, wenn in Italien rechte Re­gierungen am Werk seien. – Ich sage Ihnen, mir ist es völlig egal, welche Regierung in Italien Probleme für unsere österreichische Bevölkerungsgruppe in Südtirol verursacht. Und genau deswegen, weil es eben nicht ausgeschlossen ist, dass auch in Italien wie­der eine Regierung an die Macht kommt, die vielleicht diese Rechte wieder einschrän­ken möchte, ist es notwendig, dass wir als Österreicher dieses Signal gegenüber unse­rer Bevölkerung in Südtirol abgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir haben im Verfassungskonvent sehr intensiv auch über diese Fragen diskutiert. Umso mehr bedauere ich es auch im Hinblick auf diese Frage, dass wir insgesamt im Konvent keinen Konsens erzielt haben und es keine Verfas­sungsnovelle gibt, denn dann hätten wir heute keinen Entschließungsantrag beschlie­ßen müssen.

Frau Kollegin Lunacek, Sie fragen: Warum gerade jetzt? – Wir haben in der Präsi­diale – da sind auch Ihre Vertreter dabei gewesen – einstimmig diese Tagesordnung festgelegt, das also schon im Juli gesagt. Die Wahl spielt schon eine Rolle, aber nicht in dem Sinn, dass wir damit irgendwie punkten möchten, sondern weil wir gesagt ha­ben, wir wollen ein Thema haben, zu dem es einen breiten Konsens gibt, der aus der normalen Wahlkampfdiskussion herausgehalten wird. Das war der Grund, und da soll­ten Sie sich bei Ihren Klubvertretern in der Präsidiale erkunden, warum auch sie dieser Tagesordnung zugestimmt haben.

Es ist schade, dass wir heute nur über einen Entschließungsantrag diskutieren und ab­stimmen werden. Ich hätte das lieber schon in einer Verfassungsnovelle entschieden und auch festgelegt.

Wir haben im Konvent den Vorschlag gemacht, das Schutzbekenntnis zu erweitern, nämlich auch auf jene alt-österreichischen Minderheiten zu erstrecken, die nach wie vor in anderen europäischen Ländern, etwa in den Nachfolgestaaten der österrei­chisch-ungarischen Monarchie leben. Diese mussten in den letzten Jahrzehnten auch sehr, sehr viel Unangenehmes erleiden, Vertreibung und Unterdrückung. Erst seit der Wende in diesen ehemaligen kommunistischen Staaten gibt es für die Verbliebenen noch die Chance, ihre eigenen Bräuche, ihre eigene Sprache verwenden zu können und dadurch als Volksgruppe eine Zukunft zu haben.


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Da hat Österreich einiges versäumt. Ich erinnere mich daran, dass wir nach der Wende in der Tschechischen Republik Anfragen von deutsprachigen Schulen gehabt haben, sie zu unterstützen, damit es wenigstens Schulbücher gibt; ebenso aus anderen Berei­chen, von Vereinen etwa, die gesagt haben: Wir sehen uns als Nachkommen Öster­reichs, der österreichischen Volksgruppe – und nicht der deutschen! Österreich hat da­mals, zu Beginn der neunziger Jahre, gesagt: Das interessiert uns nicht, das geht uns nichts an; geht nach Deutschland! Deshalb gibt es in diesen Ländern Goethe-Institute, deshalb gibt es Subventionen von Deutschland her, aber von Österreich aus ist leider sehr, sehr wenig gemacht worden.

Auch das sollte sich widerspiegeln, dass wir auch historisch begründet dort, wo es noch kleine Reste von alt-österreichischen Minderheiten gibt – in Tschechien, in Kroa­tien, in der Slowakei, in Ungarn und in Slowenien –, eine Vertretungs- und Schutzfunk­tion haben.

Ich hoffe, dass wir in den nächsten Verhandlungen zu einer Verfassungsnovelle nicht nur diese Schutzfunktion gegenüber Südtirol, sondern auch gegenüber den alt-österrei­chischen Minderheiten in anderen europäischen Staaten umsetzen können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


13.25.31

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Gäste hier im Parlament! (Abg. Dr. Nie­derwieser: Sind Sie auch Außenminister? Wo ist die Außenministerin?) Ich darf heute in Vertretung der Frau Außenministerin ein paar Dinge zu einer sehr, sehr wichtigen Debatte hier im Hohen Haus zur Frage der Petition betreffend die Beratung über eine neue Bundesverfassung und dabei wieder im Hinblick auf die Südtirol-Schutzfunktion feststellen: Österreich hat ohne Zweifel und unbestreitbar, und zwar auf Grund des Pariser Abkommens aus 1946, eine Schutzfunktion für Südtirol, die die österreichische Bundesregierung seit Jahrzehnten wahrnimmt, bis heute sehr verantwortungsbewusst wahrnimmt.

Wir begrüßen, dass es in der Südtirolpolitik einen breiten Parteienkonsens gibt, der sich heute auch in dieser Debatte einmal mehr dargestellt hat. Das Anliegen einer Ver­ankerung dieser österreichischen Schutzfunktion für Südtirol auch in einer neuen öster­reichischen Bundesverfassung ist aus unserer Sicht ein wichtiges Ziel. Das wurde auch sehr ausgiebig im Konvent diskutiert und auch heute hier, und es fällt das in die Ent­scheidungsautonomie des Gesetzgebers.

Aus Sicht der Regierung in Österreich ist zu sagen, dass die Entwicklung der Autono­mie Südtirols mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wird. Das war in den letzten 60 Jah­ren so – und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Durch Paketabschluss und Streitbeilegungserklärung ist in dieser österreichischen Grundüberzeugung bezie­hungsweise Rechtsauffassung keine Veränderung eingetreten. Nicht zuletzt dank des österreichischen Einsatzes funktioniert die Südtirol-Autonomie heute sehr gut, ausge­zeichnet würde ich sagen. Auf europäischer Ebene – das ist schon mehrmals ange­sprochen worden – kommt ihr so etwas wie eine Modellfunktion für die Lösung eines Minderheitenkonfliktes zu.

Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Italien sind ausgezeichnet, und im Rahmen dieser hervorragenden Beziehungen wird sich Österreich auch in Zukunft


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weiterhin, vor allem auch auf Basis der Diskussion zu Petition und Entschließung, für die Anliegen Südtirols einsetzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP, der SPÖ so­wie den Freiheitlichen – BZÖ.)

13.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


13.27.55

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Dobar dan! Poštovane gospod president! Sehr geehrte Dame und sehr geehrte Herren aus Süd­tirol! – Wir haben einander ja gestern schon getroffen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie alle wissen, bin ich burgenländische Kroatin, und darum bin ich an dieser Entschließung, die schon im Außenpolitischen Ausschuss mit großer Mehrheit getroffen worden ist, sehr interessiert, weil diese, zumindest auf den ersten Blick, den Eindruck erweckt, als wäre das eine enorm wichtige Angelegenheit und Sache den Minderheitenschutz in Österreich betreffend.

Auf den ersten Blick könnte man sich davon täuschen lassen, denn Worte, die auch manchmal sehr martialisch aufgefasst werden können, wie zum Beispiel das Wort „Schutzfunktion“ – das Wort „Macht“ kommt ja nicht mehr in dieser Entschließung vor, aber „Schutzfunktion“ –, können ja auch positive Emotion auslösen, weil sie bedeuten: Da gibt es jemanden, der sich ganz intensiv und heftig für etwas einsetzt – und in die­sem Fall auch mit dem Wunsch, etwas in der österreichischen Bundesverfassung zu verankern, was sozusagen die intensivste politische Möglichkeit ist, einem Anliegen Ausdruck zu verleihen. Das muss schon eine ganz große Sache sein.

Ja, das trügt nicht, Herr Präsident. Und wir, also jene, die im Österreich-Konvent ver­treten waren, wie auch der Herr Präsident im Präsidium, haben über diese Angelegen­heiten auch vielfach gesprochen. Es hat eine für mich sehr interessante, lehrreiche und zum Teil wirklich eindrucksvolle Veranstaltung des Österreich-Konvents gegeben, bei der auch zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Wünsche präsentiert haben.

Es war das hier im Plenarsaal des Nationalrates, und auch da kam das zur Sprache, wenn Sie sich erinnern, Herr Präsident, diese Frage der Verankerung – ich sage es jetzt einmal neutral, da ging es nicht um Schutzmacht – des Verhältnisses Südtirol/Ös­terreich. Das ist eine wirklich interessante Diskussion, aber ich möchte Ihnen heute bei dieser Gelegenheit auch sagen, worüber wir im Österreich-Konvent noch gesprochen haben, und zwar lang und intensiv – im Ausschuss vier Tage lang unter Ladung von Experten –, nämlich darüber, wofür der österreichische Nationalrat Verantwortung trägt, und das ist, Minderheitenrechten zum Durchbruch zu verhelfen, Minderheiten­rechten dort zum Durchbruch zu verhelfen, wo der Staat das tatsächlich kann, wo der Staat Österreich niemanden fragen muss, wo es auch nicht bilaterale Konflikte geben würde, wenn man sich einmischt, weil es nämlich um die Minderheitenrechte von ge­setzlich anerkannten Volksgruppen in Österreich geht – und das nicht nur auf Basis völkerrechtlicher Verträge wie dem Staatsvertrag von Wien.

Ich möchte hier noch einmal daran erinnern: Im Staatsvertrag von Wien sind „nur“ Kärntner Slowenen, steirische Slowenen und Kroaten im Burgenland erwähnt. Ich habe das jetzt deshalb gesagt, um Sie zu fragen: Steirische Slowenen – hat jemals jemand von Ihnen in den letzten Jahrzehnten den Eindruck gewonnen, dass der Schutz der Minderheitenrechte der steirischen Slowenen diesem Hause hier, dem steirischen Landtag oder irgendeiner anderen Institution in Österreich ein Anliegen wäre? Na das Gegenteil wurde proklamiert: Es wurde in Abrede gestellt, dass es überhaupt Slowe­nen in der Steiermark gibt! – Das ist die Diskussion, die uns über Jahre begleitet hat, und das ist, pars pro toto, ein Stein, ein Funken, wie sich Minderheitenangehörige einer


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Volksgruppe in Österreich fühlen, wenn es darum geht, Minderheitenschutz in Öster­reich zu gewährleisten, diesen verfassungsrechtlich zu verankern, ihm auch zur Durch­setzung zu verhelfen.

Ich möchte, Herr Präsident Khol, hier nicht noch einmal die ganze Ortstafel-Causa auf­rollen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sehr gut!), aber es ist ja eigentlich wirklich zum Heu­len, wenn man daran denkt (Abg. Scheibner: Richtig! Richtig!), wie in Österreich der Rechtsstaat mit Füßen getreten wird (Abg. Scheibner: Nein!) – jetzt nicht einmal bild­lich, sondern wörtlich gesprochen –, und zwar vom Landeshauptmann von Kärnten (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hören Sie auf damit! Das ist ja ein Skandal, permanent die­ses Thema zu diskutieren!), der sich überhaupt nicht darum kümmert, welche verfas­sungsrechtlichen Rechte die Kärntner Slowenen in Österreich haben, wie der Verfas­sungsgerichtshof judiziert und ob Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes negiert werden! Und dem steht dieses Parlament letztendlich hilflos gegenüber, und es wird dann immer nur mit Kniffen und Tricks versucht – das, Herr Präsident, möchte ich erwähnen, weil wir ja vorher bei der Diskussion um den Österreich-Konvent davon ge­sprochen haben, wie gut das alles funktioniert –, die Dinge auszubügeln. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Kollegin Stoisits, das stimmt doch nicht!) – Geh, Uwe Scheuch, stör mich jetzt nicht! Das ist hier nicht dein Wahlkreis, der ist in Kärnten! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist auch nicht dein Wahlkreis!)

Mein Wahlkreis ist auch nicht in Tirol, darum versuche ich, andere Aspekte, die da auch eine Rolle spielen, einzubringen. Die sollen nicht dazu führen, dass irgendjemand glaubt, grüne Abgeordnete oder die Terezija Stoisits als burgenländische Kroatin sei keine Patriotin im Sinne des Schutzes der Südtiroler, nämlich der deutschsprachigen – ich kann jetzt nicht sagen, der österreichsprachigen –, der deutschsprachigen österrei­chischen Minderheit – das wäre, glaube ich, die exakte Bezeichnung – in Tirol. (Ruf: In Italien!) In Italien. Danke. Entschuldigung! – Um diesen Punkt geht es.

Herr Präsident Khol, ich würde mich vehement dagegen wehren, wenn jemand auf die Idee käme und sagte, ich als Kroatin muss jetzt bei den Rechten, die ich innerstaatlich in Österreich habe, gänzlich darauf gestellt sein, was die kroatische Regierung in Kroa­tien irgendwie dazu meint oder sagt. Ich bitte poche darauf, dass Rechte dort, wo sie sind, auch tatsächlich umgesetzt werden beziehungsweise dass der Zugang zu Rech­ten ermöglicht wird. Und das ist in Österreich leider nicht möglich, und das ist mein Hauptproblem.

Deshalb möchte ich nicht den Eindruck erwecken, dass es darum geht, dass wir Grüne irgendein Problem hätten mit dem Verhältnis Österreichs zu Südtirol, mit dem Verhält­nis der Südtiroler zu den Nordtirolern, zu den Osttirolern oder zu den Burgenländern. Ganz im Gegenteil! Sie sind mein Kronzeuge, Herr Präsident. Sie haben nämlich in Ihrer Rede vorhin gesagt: Südtirol ist uns viel zu wichtig, und die Schutzfunktion – das waren Ihre Worte – hat ja in den letzten Jahrzehnten auch gegriffen. – Da haben Sie Recht. Sie hat gegriffen, sie hat so gegriffen, dass ich den Ruf nach Verankerung die­ser Schutzfunktion in der Verfassung in den letzten Jahren beziehungsweise Jahrzehn­ten nie gehört habe. Das ist in Diskussion gekommen, seit es unter Khol den Öster­reich-Konvent gab. Seit die Schützen und die Musik vorm Parlament aufmarschiert sind und was auch immer, ist das plötzlich von Bedeutung.

Im Österreich-Konvent haben wir darüber diskutiert, wie die Verbandsklage für Minder­heiten in Österreich eventuell realisiert werden könnte, es ist um die Frage von Min­derheitenmedien, um die Frage der Bildungsmöglichkeiten gegangen, bis hin zu der Frage, auch die Vertretung von Minderheiten in Körperschaften, in Parlamenten zu gewährleisten. Das war Diskussionsthema, aber nicht ein Thema, das es nicht gibt, nämlich ein Problem zwischen Österreich und Italien, zwischen Österreich und Südtirol im Zusammenhang mit der Schutzfunktion. Absolut nicht.


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Ulrike Lunacek hat ja zu Beginn Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass Herr Staatssek­retär a. D. Botschafter Steiner – das haben wir in Vorbereitung zu dieser Diskussion auch mit großem Interesse gelesen – bei der Festveranstaltung „60 Jahre Pariser Ab­kommen“ im Südtiroler Landtag gesprochen und das auch bestätigt hat. Das ist uns auch wichtig.

Und weil uns all das wichtig ist, ist es uns ebenso wichtig, dass genau dieses wichtige Thema nicht zufällig acht Tage vor einer Wahl dazu benutzt wird, dass einzelne Tiroler, die in diesem Fall Khol und Niederwieser heißen, um ihre persönliche Wahlkampfpro­paganda in ihrem Wahlkreis umzusetzen, hier das ganze Parlament instrumentalisie­ren und keine seriöse Vorgangsweise zulassen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Präsident Khol, Sie wissen ganz genau, dass das, was heute in Entschließungen hier beschlossen wird, nicht am 1. Oktober, aber spätestens am 30. Oktober, wenn sich der neue Nationalrat konstituieren wird – üblicherweise gibt es keine Sitzungen des Nationalrates zwischen Wahlen und Neukonstituierung; theoretisch könnte es sie geben –, seine Wirksamkeit verliert, dass das nicht das Papier wert ist, auf dem es steht, sondern dass es wirklich nur der – wenn auch in noch so getragenen Worten vorgetragene – Versuch ist, billigen Stimmenfang in Tirol zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Unsere Freundinnen und Freunde in Tirol und die Tirolerinnen und Tiroler wissen, dass bei Politikerinnen und Politikern, so wie ich eine bin oder wie Ulrike Lunacek oder andere auch (Ruf: Öllinger!) oder Karl Öllinger (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich auch!), Minderheitenschutz und die Frage des Umgangs mit Rechten von Minderheiten – in diesen Komplex nehme ich auch sozusagen diese Problematik hinein – mehr als gut aufgehoben sind, denn auf uns kann man sich verlassen. Auf die Mehrheiten hier kann man sich jedoch nicht verlassen, sonst würden nämlich längst schon zweisprachige Ortstafeln in Kärnten stehen! (Beifall bei den Grünen.)

13.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, be­grüße ich sehr herzlich das Mitglied der Südtiroler Landesregierung Sabina Kasslatter Mur. Herzlich willkommen, Frau Landesrätin! (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße auch eine umfangreiche Journalistendelegation aus Südtirol mit dem Chefredakteur der „Dolomiten“, Dr. Toni Ebner, und alle anderen Journalisten. Herzlich willkommen im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. 6 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


13.39.03

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Besucher aus Südtirol! Ein sehr herzliches Grüßgott hier im Hohen Haus! Ich freue mich sehr, dass diese meine letzte Rede hier in diesem Hause gerade dem Südtirol-Thema gewidmet ist, weil ich sehr enge verwandtschaftliche Be­ziehungen auch zu Südtirol habe und sehr viele persönlich Betroffene, sozusagen Le­benszeugen für jede Phase der Südtirol-Politik seit 1919, kenne.

Ich glaube, man muss bei diesen Debatten letztlich immer an die Eckpunkte der Süd­tirol-Politik zurückgehen, die heißen:

Erstens: Die drei Landesteile Nord-, Ost- und Südtirol haben seit Jahrhunderten eine Landeseinheit gebildet.

Zweitens: Der Pariser Vertrag, der die Grundlage für sämtliche Nachkriegspolitik ist, ist vollkommen unbestritten.


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Drittens – und da wird die Debatte, glaube ich, schon sehr konkret für meine Kollegin­nen und Kollegen von der grünen Fraktion –: Südtirol will letztlich diese Schutzfunktion seitens Österreichs.

Frau Kollegin Stoisits, Sie haben Botschafter Steiner, glaube ich, sehr, sehr einseitig zitiert. Botschafter Steiner ist ein völlig unverdächtiger Zeuge dieser österreichischen Politik, und Sie müssen ganz einfach wissen – ich werde dann ein Zitat nachreichen –, dass Sie mit dieser Haltung gegen die erklärte Haltung der gewählten Südtiroler Ver­treter stimmen.

Auch die Debatte, ob dieser Zeitpunkt der richtige ist, oder wie auch immer man das bezeichnet, ist, glaube ich, völlig müßig. Es gibt immer wieder Gelegenheiten, etwas zu verbessern, etwas zu präzisieren, etwas zu machen, das zu einem früheren Zeitpunkt vielleicht nicht gegangen ist, und die Verabschiedung oder die Diskussionen einer neuen Verfassung in Österreich ist eine solche Gelegenheit.

Aber warum will auch Südtirol – und dieses Wollen von Südtirol ist, wie ich meine, ein ganz entscheidender Punkt – diese Schutzfunktion Österreichs? – Weil diese Schutz­funktion auch ein Garant für die internationale Verankerung und für die internationale Absicherung auch der besonderen Qualität der Südtiroler Autonomie ist, weil diese Südtiroler Autonomie in ihrer Qualität weit über das hinausgeht, was wir von anderen Autonomien, auch in Italien, kennen.

Ich darf Ihnen hier ein Zitat des Südtiroler Landeshauptmannes – taufrisch, vom 5. September 2006 – liefern, der die völkerrechtlichen Grundlagen durch das Gruber-De Gasperi-Abkommen so kommentiert hat, dass diese völkerrechtlichen Grundlagen nicht nur verfassungsrechtlich in Italien, sondern auch international gegenüber dem Vertragsstaat Österreich abgesichert sind. Österreich kann als Vertragspartei von Ita­lien die Erfüllung der darin übernommenen Pflichten verlangen. Und das ist, wie ich meine, der ganz entscheidende Punkt.

In Summe ist die Entwicklung in Südtirol geradezu eine Sensation: eine Sensation in humanitärer Hinsicht, eine politische Sensation und auch eine geschichtliche Sensa­tion, denn heute erleben wir ein prosperierendes Land, eine moderne Dienstleistungs­gesellschaft und ein vollkommen untadeliges Zusammenleben der Volksgruppen. Ich meine, dafür ist man letztlich auch der Republik Italien zu Dank verpflichtet. Italien war immer ein sehr zäher, auch ein schwieriger, aber letztendlich ein durchaus fairer Ver­handlungspartner, der es ermöglicht und zugelassen hat, dass diese Autonomie ent­standen ist, eine Autonomie, auf die heute auch italienische Politiker stolz sind – und die letztlich diese zu einem internationalen Vorbild haben werden lassen.

Man kann vieles von dem, was da heute diskutiert wird, letztlich nur im Zusammen­hang mit der Ausgangslage, die in Südtirol 1919 gegeben war, sehen, die eine sehr düstere war, die in den zwanziger Jahren die Ansiedelung der Schwerindustrie, Unter­drückung, das Verbot der deutschsprachigen Schulen und schwere Pressionen gegen die Bevölkerung beinhaltet hat, die 1939 in der Option gegipfelt hat – es ist unvorstell­bar, dass sich 86 Prozent einer Bevölkerung letztlich entschließen, auszuwandern, auszusiedeln – und die in den sechziger Jahren in diesen „Feuernächten“ gegipfelt ha­ben.

Und dann diese Erfolgsstory in Südtirol! Südtirol steht heute als eine Vorzeigeregion in Europa da. Dazu kann man wirklich nur gratulieren.

Bezüglich der Aufnahme der Schutzfunktion in die österreichische Verfassung müsste man sich vielleicht einmal in umgekehrter Richtung fragen: Wem schadet sie? – Das schadet niemandem, ist aber ein sehr wertvolles und wichtiges Signal an die Betroffe­nen in Südtirol, an die Vertragspartner und an die internationale Staatengemeinschaft,


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dass man darauf achtet, dass Stil und Geist der Verträge beachtet werden, dass der Status und die Qualität der Südtirol-Autonomie dauerhaft abgesichert werden und dass eine direkte internationale Verantwortung gegeben ist, für die auch Österreich steht.

Ich darf Sie heute sehr herzlich einladen: Setzen Sie mit uns dieses Zeichen, dass Geist und der Erfolg der Entwicklung in Südtirol als ein europäisches Beispiel für die Aufarbeitung schwieriger geschichtlicher und politischer Prozesse gewürdigt werden. Darum darf ich Sie sehr, sehr herzlich ersuchen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster ans Rednerpult tritt Herr Abgeordneter Re­heis. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.45.23

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Liebe Delegation aus Südtirol! Zunächst möchte ich Frau Kollegin Stoisits sagen: Ein Wahlkampfthema ist das wahrlich nicht. Wir kandidieren hier in Österreich und nicht in Südtirol, und es ist das ein Thema, das die Tiroler, die Südtiroler und Österreich ganz besonders angeht. Da kann ich auch mit vollem Einsatz dahinterstehen.

Man muss auch sagen, dass die Ankündigung dieses Vorhabens, die Verankerung der Schutzfunktion Österreichs für Südtirol in die Verfassung aufzunehmen, sowohl von Südtiroler als auch von Nordtiroler Landespolitikern sowie von Politikern dieses Hauses von den drei Fraktionen, die heute hier mitstimmen, erfreut und positiv aufgenommen wurde und auch durch entsprechende Stellungnahmen sowohl von Gemeinden als auch von den jeweiligen Fraktionen in den einzelnen Landtagen bestätigt wurde.

Was hier geschieht, richtet sich ja nicht gegen die italienische Regierung Prodi – das muss man ja auch einmal dazusagen –, aber es richtet sich gegen die Bestrebungen, wie sie zum Beispiel unter der Regierung Berlusconi gegeben hat, die Autonomie in Südtirol aufweichen zu wollen. Da hat es immer wieder entsprechende Wortmeldungen dafür oder dagegen gegeben. Deshalb müssen wir uns hier und heute dafür ausspre­chen, dass in Zukunft Derartiges nicht möglich sein wird.

Leider war es so, dass unser Bundeskanzler mit der Wahlempfehlung für Berlusconi unseren Landsleuten in Südtirol nicht gerade einen Gefallen getan hat und diese seine Initiative geschadet hat. Das muss man auch sagen.

Trotzdem hat sich Österreich in all den Jahren, eigentlich bis zur Erfüllung der Südtirol-Autonomie und der Beendigung der Auseinandersetzung Österreich – Italien, stets um den Abbau von Barrieren und um die geistige Landeseinheit aller Tiroler bemüht. Das ist für uns Tiroler ganz besonders wichtig, weil wir Tirol auf jeden Fall als geistige Lan­deseinheit sehen und auch die Beziehung zwischen Nord- und Südtirol eine hervor­ragende ist.

Für uns Sozialdemokraten ist allerdings die Beachtung der Schutzfunktion anderer Staaten, die in Österreich lebende Volksgruppen vertreten, auch sehr notwendig. Da­her begrüßen wir die Mehrparteien-Einigung, dass dies gleichermaßen hier mit diesem Passus in die Verfassung aufgenommen werden soll.

Es tut mir leid, dass es von den Grünen als absurd abgetan wird, über eine Schutz­funktion für Südtirol zu diskutieren. Meine Damen und Herren, eine derartige Missach­tung lehnen wir Sozialdemokraten entschieden ab! Das sehen wir nicht so.

Ich gebe Ihnen von den Grünen allerdings dahin gehend Recht, dass gleichzeitig vor den Augen der europäischen Öffentlichkeit die Minderheitenrechte bei uns in Kärnten,


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bei den Kärntner Slowenen, mit Füßen getreten werden. Das werden wir auch nicht zu­lassen! Da haben wir auch eine Verantwortung den Minderheiten Österreichs gegen­über.

Deshalb ist es gut und richtig, die Beachtung der Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen in die Verfassung aufzunehmen, genauso wie wir die Schutzfunktion für Südtirol wahrnehmen müssen. Und deshalb stimmen wir hier gerne zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hätten Sie zu­gestimmt! Hätten Sie dem Kompromiss zugestimmt!)

13.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. Sie wünscht, 4 Minuten zu uns zu sprechen. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.48.52

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Am 5. September jährte sich zum 60. Mal der Tag, an dem der österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber und der italienische Ministerpräsident Alcide de Gasperi das nach ihnen benannte Abkommen unterzeichnet haben. Gemeinsam mit dem Pariser Vertrag war die Grundlage für die Südtiroler Autonomie geschaffen. Dieser Vertrag hat den Südtirolern zwar nicht das eingeforderte Selbstbestimmungsrecht gebracht, dafür aber den Staat Italien verpflich­tet, Südtirol die Autonomie einzuräumen.

Dieses Jubiläum ist Anlass zur Erinnerung. Heute hat es wenig Sinn, darüber zu kla­gen, dass es nur zum Pariser Abkommen gereicht hat, man muss vielmehr positiv fest­stellen, dass der Pariser Vertrag mit all seinen Mängeln das einzig rechtliche Funda­ment war, auf dem die Wege zur UNO, zu den österreichisch-italienischen Verhandlun­gen und zum Südtirol-Paket gegangen werden konnten.

Die Südtiroler Autonomie ist eine Erfolgsgeschichte und wird heute weltweit zum Vor­bild genommen. Der Pariser Vertrag stellt die Grundlage für die österreichische Schutz­funktion für Südtirol dar. Die Verankerung der Schutzrolle in der Präambel unserer Bundesverfassung ist Ausdruck von Respekt, ist Ausdruck großer Wertschätzung, die Österreich seiner ethnisch verbundenen Minderheit in Südtirol zuteil werden lässt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die verfassungsrechtliche Absicherung der österreichischen Schutzrolle verletzt nicht die Souveränität Italiens. Ich zitiere den Prä­sidenten des deutschen Bundesgerichtshofes, Herrn Professor Günter Hirsch, jeman­den, der international als Experte zu Fragen des Völkerrechts anerkannt ist und der sagt:

Es wird nicht die Souveränität eines anderen Landes verletzt, wenn sich ein Staat in seiner Verfassung zum Schutz und zur Fürsorge für eine ihm ethnisch verbundene Minderheit in einem anderen Land verpflichtet. – Zitatende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Genau aus diesem Grund verstehe ich sie nicht, denn es ist unverständlich, dass gerade Sie diesen Schutz für eine öster­reichische Minderheit im Ausland ablehnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meiner Heimat Tirol gibt es im kulturellen Bereich, im wirtschaftlichen Bereich, in der Traditionspflege eine lange gewachsene grenzüberschreitende Zusammenarbeit, ja sogar große Verbundenheit. Daher freut es mich ganz besonders, dass wir mit der verfassungsmäßigen Verankerung der Schutz­rolle einem lang gehegten Wunsch unserer Südtiroler Freunde nachkommen, einem Wunsch, den unsere Südtiroler Freunde schon beim EU-Beitritt Österreichs geäußert haben.


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Ich bedanke mich bei allen Abgeordneten, die die Petition der Schützen und Bürger­meister behandelt haben. Daraus folgend bedanke ich mich bei allen, die heute diesen Antrag mit großer Mehrheit beschließen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

13.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


13.52.11

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Gäste aus Südtirol! Hohes Haus! Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder begrüßte den Parteienkonsens zur Südtirol-Schutzklausel mit folgenden Worten:

Einen größeren Gefallen könnte man uns nicht machen. Die zu erwartenden breite Mehrheit im österreichischen Parlament für die Südtirol-Schutzbestimmung sei sehr erfreulich, weil Südtirol immer ein parteiübergreifendes Anliegen in Österreich gewesen sei. Die Klausel sei keinesfalls ein italienfeindlicher Akt, er sehe darin ein Versprechen, dass Österreich seine Schutzfunktion für Südtirol ernst nehme.

Meine Damen und Herren! Für uns SozialdemokratInnen war es wichtig, in Ruhe und unaufgeregt, aber mit Weitblick und diplomatischem Gespür dieses sensible Thema zu behandeln. Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag sind wir ohne Zweifel auf dem richtigen Weg.

Natürlich ist die Palette der Aufgeregtheit, sind die Vorwürfe und ist auch das Rau­schen im Blätterwald groß. Das reicht von „verantwortungslos“ bis „unbegründet“ – so der mittlerweile abgewählte Silvio Berlusconi –, aber auch von einem „Loyalitätsbruch“ Südtirols gegenüber Italien, von „unberechtigter Einmischung Österreichs“ oder einem „vorhandenen Misstrauen auf allen Seiten“ ist die Rede. Und eine aktuelle Zeitung in Südtirol titelt dieser Tage: „Ein Land kommt nicht zur Ruhe“.

Meine Damen und Herren! Wir wollen keinesfalls alte Gräben aufreißen, sondern sehr wohl den Wunsch der Tiroler Schützen und der rund 113 BürgermeisterInnen aus Süd­tiroler Gemeinden sehr ernst nehmen und auf Basis des Pariser Vertrages und im Geiste der Europaratskonvention zum Schutz nationaler Minderheiten verantwortungs­voll behandeln.

Ein Telefonanruf heute Vormittag bei sehr guten Freunden von mir in Lana hat mir auch wieder bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und mit diesem Thema die Herzen der SüdtirolerInnen berühren.

Dass unser Nationalratspräsident Khol, wie auch in einer Lokalzeitung zu lesen ist, „Öl ins lodernde Grenzfeuer gießt“ und ein Zusammenhang mit den bevorstehenden Natio­nalratswahlen bei uns konstruiert wird, ist wohl auch ein weiteres Zeichen für die Sen­sibilität dieses Themas, aber jedenfalls zurückzuweisen.

Meine Damen und Herren! Wir SozialdemokratInnen erachten eine Verankerung der Schutzfunktion für die österreichische Volksgruppe in Südtirol im Zuge der anstehen­den Verfassungsreform als wichtig und laden alle ein, diese Thematik größtmöglich zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Er spricht 4 Minuten. – Bitte.

 


13.54.56

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als Tiroler Abgeordneter


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 109

kann ich sagen, dass die heutige Petition für uns sehr große Bedeutung hat. Es ist einerseits die Nähe zu Südtirol, es ist der gemeinsame Name, es ist die Sprache und die Kultur, aber vor allem ist es – und ich glaube, es geht bei Petitionen um die Wahr­nehmung von Bürgerrechten – die Freundschaft, die uns verbindet.

Ich darf hier schon in Erinnerung rufen, dass viele Südtiroler aus ihrer Heimat vertrie­ben wurden und heute in Nordtirol leben. Gerade in meinem Wahlkreis gibt es zwei Gemeinden, Schwaz und Jenbach, wo es Südtiroler Siedlungen gibt, und diese Men­schen beobachten mit Argusaugen, was mit und rund um Südtirol passiert. Es gibt viele Südtiroler, die sich Tirol sehr nahe verbunden fühlen, es gibt aber auch viele Tiro­ler, die eine große Affinität zu Südtirol zeigen, und insgesamt kann man, glaube ich, schon ganz klar feststellen, dass die Solidarität zwischen Süd-, Ost- und Nordtirol in einem ganz hohen Maße gegeben ist.

Wir sollten in das Jahr 1948 zurückblicken und die Geschichte ein wenig beobachten. Es kam zum ersten Autonomiestatut, das zweite Autonomiestatut war im Jahre 1972. Es hat laufend Ausweitungen der Bestimmungen gegeben, und 1992 gab es sogar eine Streitbeilegung vor der UNO. Diese Autonomie wird nicht dadurch geschützt, dass wir in Europa sind, sondern es hat laufend Spannungen und Emotionen gegeben, auch wenn es das, Frau Kollegin Lunacek, in einem gemeinsamen Europa eigentlich nicht geben sollte. Trotzdem können wir mit der heutigen Petition hier Minderheitenrechte wahrnehmen und schützen. Wir können mit Stolz behaupten, dass gerade das Autono­mie-Modell Südtirol in Europa als Vorbild gilt. Und wenn man sich derzeit ein bisschen in der Welt umschaut, sollte man auch darüber ein bisschen nachdenken.

Es gibt einen klaren Auftrag, einen kommunalpolitischen Auftrag von Nordtiroler und Südtiroler Kommunalpolitikern, Bürgermeistern, es gibt einen klaren Auftrag von Süd­tiroler und Nordtiroler Schützen. Ich glaube, diese erwarten es geradezu, dass wir das heute hier beschließen, und vielleicht bin ich der einzig aktive Schütze, der dem heute hier zustimmen darf. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich stehe dazu wie 14 000 andere Tiroler Schützen, dass wir heute mit Stolz diese Ver­fassungspflicht beschließen.

Es gibt Zweifler – gerade die jüngste Vergangenheit war medial davon geprägt –, die das Gruber-De Gasperi-Abkommen in Frage stellen. Österreich hat das Recht und die Pflicht, Südtirol zu schützen, und wir lassen uns von diesem Weg nicht abbringen.

Ich bin ein bisschen enttäuscht – ich habe heute die Debatte der Grünen verfolgt; die Kollegin Lunacek hat in Tirol studiert und müsste eigentlich die Südtiroleinstellung ein bisschen näher kennen –, dass die Grünen heute über Umwege und Auswege versu­chen, sich vor dieser Verantwortung zu drücken. Ich bin aber sehr dankbar dafür, dass wir, die übrigen Abgeordneten, das heute hier gemeinsam beschließen können. Das zeigt, dass es Gott sei Dank unter uns Abgeordneten auch eine gewisse Solidarität gibt.

Aber es wird wohl die Fortsetzung einer Kette sein. Ich darf das heute hier schon sa­gen, denn es gibt in Tirol riesige Enttäuschung darüber, dass ein Politiker der Grünen Andreas Hofer mit einem Taliban verglichen hat, was mehr als unangebracht war und für riesiges Aufsehen gesorgt hat. (Ruf: Wer war das?)

Wir als Tiroler, wir als Österreicher stehen zu Südtirol. Südtirol verdient unseren Bei­stand. Wir machen von unserem Recht Gebrauch und werden die Autonomie Südtirols weiterhin einfordern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Bleckmann.)

13.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung hiezu: Frau Abgeordnete Machne. 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 110

13.58.50

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Liebe Südtiroler Freunde! Hohes Haus! Ich bin Ehrenmitglied der Schützenkompa­nie, und somit ist Hermann Gahr nicht ganz allein Mitglied. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Allerdings kann eine Frau – zumindest derzeit noch – nur als Ehrenmitglied einer Schützenkompanie mitarbeiten, und ich wurde eben vor einigen Jahren Ehrenmitglied der Schützenkompanie Lienz. Insofern ist es mir schon ein Anliegen, zur Petition der Tiroler Schützenkompanien das Wort zu ergreifen.

Die Schützen haben in Gesamt-Tirol einen besonderen Stellenwert. Ihre Geschichte geht auf das Jahr 1511 zurück. Damals haben sie unter Kaiser Maximilian durch das so genannte Landlibell per Gesetz den Auftrag erhalten, unser Heimatland zu verteidi­gen und zu schützen. Und diesem Auftrag sind unsere Schützen auch über die Jahr­hunderte, bis zum Ersten Weltkrieg, nachgekommen.

Nach der Abtrennung Südtirols von Tirol hat sich der österreichische Staat immer für die Autonomie Südtirols und den Schutz und die Förderung der mit Österreich verbun­denen deutschsprachigen Minderheiten in Italien eingesetzt. Der Tiroler Schützenbund und viele Bürgermeister aus ganz Tirol ersuchen nun den österreichischen Nationalrat, den besonderen Schutz der Südtiroler in die Präambel der Verfassung aufzunehmen. Besonders nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hat sich gerade zwi­schen Süd- und Osttirol das Verhältnis wesentlich verbessert – und dies nicht nur im wirtschaftlichen, sondern eben auch im kulturellen Bereich. So ist beispielsweise der Obmann des Gesamttiroler Schützenbundes ein Osttiroler, auf den wir natürlich sehr stolz sind.

Nach vielen Gesprächen mit den Tiroler Schützen, denen diese Schutzfunktion doch sehr wichtig ist, darf ich Sie bitten, dieser Petition zuzustimmen.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, ist dies mein letzter Debattenbeitrag hier im Hohen Haus, und daher möchte ich diese Gelegenheit auch dazu nützen, mich von Ihnen zu verabschieden, aber auch, um mich zu bedanken bei all jenen, die mich in diesen vier Jahren sehr wesentlich unterstützt haben. Es waren für mich vier sehr inter­essante Jahre hier im Parlament, und ich bin stolz darauf, dabei gewesen zu sein, als Österreich einen so erfolgreichen Weg gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Ich möchte mich aber auch bedanken bei allen Ministerien, bei allen Ministerinnen und Ministern, bei den Staatsekretären und ihren Kabinetten, die mich dabei unterstützt haben, die Anliegen Osttirols umsetzen zu können.

Ich habe in diesen vier Jahren hier viele interessante Menschen kennen gelernt und viele Freundschaften geschlossen. Es waren vier wirklich spannende und sehr schöne Jahre für mich, und ich möchte mich noch einmal bei Ihnen allen bedanken. Ich wün­sche allen, die in der nächsten Legislaturperiode wieder hier im Hohen Haus arbeiten werden, eine gute Hand bei der Bewältigung der Probleme Österreichs. Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit und alles Gute für die Zukunft! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

14.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, auch wir wünschen Ihnen alles Gute und eine gute Zeit!

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 111

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1610 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen. (E 212.)

14.03.243. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (74/PET) betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Entwicklungsländern“, überreicht von der Ab­geordneten Theresia Haidlmayr (1609 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Glaser. Seine Wunschredezeit beträgt 6 Minu­ten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


14.03.54

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreichs Entwicklungszusammenarbeit ist trotz mancher Unkenrufe aus der Opposition auf einem guten Weg. Wir haben in den vergangenen Jahren die Leistungen für diesen Bereich erhöht. Die Ausgliederung der Entwicklungs­zusammenarbeit, des operativen Teils der Entwicklungszusammenarbeit, in die ADA ist, glaube ich, erfolgreich über die Bühne gegangen, und so möchte ich zunächst ein­mal allen, die in diesem Bereich, in der ADA, im Außenministerium tätig sind, aber auch allen, die vor Ort tätig sind, ein herzliches Danke für diese Arbeit im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sagen.

Wir von der Österreichischen Volkspartei bekennen uns ausdrücklich dazu, bis zum Jahre 2010 das Ziel 0,51 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen. Wir beken­nen uns auch dazu, dass wir bis zum Jahr 2015 diesen Wert auf 0,7 Prozent erhöhen, denn nur so wird es möglich sein, dass wir die Millenniumsziele erreichen werden, das heißt, dass wir Hunger und Armut bekämpfen, dass wir Bildung in den Entwicklungs­ländern fördern, dass wir die Rechte von Frauen und Kindern entsprechend unterstüt­zen. Nur so werden wir diese Ziele erreichen können, und nur so wird es auch möglich sein, dass wir den Migrationsdruck, der uns ja allen Sorgen macht, lindern und dass wir so schreckliche Bilder, wie wir sie zurzeit von den Südküsten Europas sehen müssen, vielleicht weniger oft sehen werden.

Wir haben in diesem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, glaube ich, eine gute gemeinsame, parteiübergreifende Gesprächsbasis, die sich darin zeigt, dass wir erst vor wenigen Wochen einen gemeinsamen Antrag zu einer anderen Form der Finanzie­rung in diesem Bereich formulieren konnten. Erinnern Sie sich an den gemeinsamen Antrag zur Besteuerung von Devisentransaktionen beziehungsweise von Rohstoffen.

Wir wollen heute einen weiteren gemeinsamen Antrag aller vier Parteien hier beschlie­ßen. Es geht hier um etwas sehr Wesentliches, nämlich um die vermehrte Berücksich­tigung der Anliegen von behinderten Menschen im Rahmen der Entwicklungszusam­menarbeit. Ich freue mich, dass es hier zu diesem gemeinsamen Antrag auf der Basis einer Petition gekommen ist, die über „Licht für die Welt“ und die Frau Abgeordnete Haidlmayr ins Hohe Haus gelangt ist. Ich freue mich vor allem deswegen, dass wir das heute beschließen werden, weil wir doch im kommenden Jahr, im Jahr 2007, das Jahr der Nicht-Diskriminierung begehen werden, und ich glaube, dass das ein schöner Bei­trag dazu ist.


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Ich möchte aber auch nicht verabsäumen, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass es diese Bundesregierung war, die in ihrer Novelle zur Entwicklungszusammenar­beit im Jahr 2003 die verstärkte Berücksichtigung der Anliegen behinderter Menschen festgeschrieben hat. Damit waren wir eigentlich ein Vorreiterland im europäischen Be­reich, ja weltweit wahrscheinlich.

Wir verstehen dieses Prinzip der verstärkten Berücksichtigung von behinderten Men­schen in diesem Bereich dahin gehend, dass man das in allen Projekten, in allen Be­reichen mitdenkt und dass man diese Anliegen immer wieder präsent hat. Denn gerade in Entwicklungsländern ist es noch um ein Wesentliches schwieriger für Menschen, die an Behinderungen leiden, weil Hilfen dort schwieriger sind, weil die Entwicklung vieler Hilfen, die bei uns möglich und selbstverständlich sind, dort nicht so einfach ist.

Ich glaube, wir sollten das, was wir auf österreichischer Ebene schon gewohnt sind, im Bereich der Anliegen der Behinderten auch auf dieser Ebene einführen und versuchen, hier weltweit mehr Bewusstsein dafür zu schaffen.

Ich möchte abschließend allen danken, die in diesem Bereich entsprechende Bewusst­seinsarbeit geleistet haben. Ganz besonders möchte ich auch jenen beiden Personen danken, die hier für die Anliegen der behinderten Menschen im Parlament sitzen und die uns bravourös vor Augen führen, dass es möglich ist, auch mit Behinderungen wirklich wertvolle Beiträge im Parlament und generell zu leisten. Ich möchte Franz-Jo­seph Huainigg erwähnen, der heute leider verhindert ist, und ich möchte auch Theresia Haidlmayr erwähnen, die den Antrag mit eingebracht hat. Ich möchte Ihnen ausdrück­lich und sehr herzlich danken dafür, dass Sie täglich Vorbild für uns sind und täglich zeigen, wie sehr man nicht nur ein Schicksal meistern kann, sondern wertvolle Beiträge für die gesamte Entwicklung leisten kann.

Ich möchte auch ein herzliches Danke der Organisation „Licht für die Welt“ sagen, die, glaube ich, ebenfalls immer wieder zeigt, wie wichtig und großartig ihre Beiträge welt­weit sind und wie sehr gerade diese Organisation im wahrsten Sinne des Wortes Licht in die Welt hineinträgt.

In diesem Sinne darf ich Sie alle sehr herzlich einladen, diesen Antrag heute gemein­sam mit zu beschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

14.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Bayr. Wunschrede­zeit: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.10.05

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Den Entschließungsantrag betreffend Integration von behinderten Menschen in die Entwicklungszusammenarbeit sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem lachenden deswegen, weil ich es schön finde, dass dieser Vier-Parteien-Antrag überhaupt zustande kommt, dass wir ihn heute beschlie­ßen werden und dass er hoffentlich beschleunigend wirkt auf die Wahrnehmung der Interessen von Menschen, die von der Gesellschaft behindert werden, und dass er dahin gehend wirkt, dass ihre Bedürfnisse in der Planung und Durchführung von ent­wicklungspolitischen Projekten auch wirklich verpflichtend berücksichtigt werden.

Ich finde es auch schön, dass dieser Antrag in enger Kooperation zwischen NGOs und Parlament entstanden ist. Franz Glaser hat schon auf die Rolle der NGO „Licht für die Welt“ hingewiesen, und ich möchte mich auch ganz speziell bei den Repräsentanten von „Licht für die Welt“, die mit uns da gearbeitet haben, bedanken: bei Rupert Ro­niger, Johannes Trimmel und Elisabeth Campestrini, die sehr wichtige Arbeit leisten,


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einerseits auf der Ebene des politischen Lobbyings, nicht nur hier bei uns im Parla­ment, sondern auch auf Ebene der Europäischen Union und auch auf UN-Ebene, wo erst vor Kurzem auch eine ganz wichtige Resolution beschlossen worden ist, aber auch auf der Ebene der sehr praktischen Umsetzung und der sehr lebensnahen Einbe­ziehung von Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsprojekte im Süden.

Ich habe die Möglichkeit gehabt, gemeinsam mit anderen KollegInnen dieses Hauses ein Spital in Uganda zu besuchen, und wir wissen, dass dort wirklich tolle Arbeit geleis­tet wird, die wir auch alle sehr, sehr schätzen.

Ich hoffe, dass der Antrag dazu beiträgt, das legistische Bekenntnis, das es ja seit drei Jahren, seit der letzten Novelle des EZA-Gesetzes gibt, nämlich im Speziellen die Bedürfnisse von Kindern und von Menschen mit Behinderungen in der EZA zu berück­sichtigen, auch endlich mit Leben zu erfüllen, denn diese Projekte leben noch nicht wirklich.

Bedauerlich – und das ist jetzt mein weinendes Auge – hingegen ist es, dass es weit mehr als ein Jahr gedauert hat, bis wir diesen Antrag jetzt endlich beschließen können. Das ist ein verlorenes Jahr für Hunderte Millionen von behinderten Menschen, ein ver­lorenes Jahr, in dem bereits Armutsbekämpfung hätte betrieben werden können. Wir wissen ja alle, dass sehr, sehr viele der Behinderungen, unter denen Menschen leiden, durch nicht vorhandene Armut gar nicht erst entstehen würden.

Wir haben da also auch sehr viel verloren, und es ist bedauerlich, dass es durch die zeitliche Verschleppung dieses Antrags auch nicht dazu kommen konnte, dass wäh­rend der österreichischen EU-Präsidentschaft Initiativen auf europäischer Ebene ge­setzt worden sind.

Wesentlich bedauerlicher allerdings finde ich das entwicklungspolitische Umfeld, in dem diese Initiative stattfindet. Die Entwicklungszusammenarbeit spielt in der Außen­politik eine absolut untergeordnete Rolle. Sie hat keine Priorität. Das zeigen auch sehr deutlich die wenigen zur Verfügung stehenden budgetären Mittel. Es gab kaum wirklich ernst zu nehmende Verhandlungen auch mit dem Finanzministerium um ein Mehr an gestaltbaren Mitteln, und auch der hier im Haus vonseiten der sozialdemokratischen Fraktion oftmals gestellte Antrag, einen Stufenplan zu entwickeln, wo jährlich klar fest­geschrieben ist, in welcher Geschwindigkeit, mit welchen Ressourcen wir uns diesen 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens bis zum Jahr 2015 nähern werden, wurde nicht angenommen.

Die real gestaltbaren entwicklungspolitischen Mittel dümpeln nach wie vor bei einer Quote von 0,20, 0,22, 0,25 Prozent herum, weil der allergrößte Brocken – laut Voraus­berechnungen für das Jahr 2005; das sind die letzten vorhandenen Zahlen –, ein rie­sengroßer Anteil der ODA auf Entschuldungen fällt. Im Gegensatz zur Sozialdemokrati­schen Partei negiert die ÖVP leider auch in ihrem Wahlprogramm einmal mehr die ord­nungsgemäße Umsetzung des Monterrey-Abkommens der UN, wonach Entschul­dungsmaßnahmen zusätzlich zur öffentlichen EZA finanziert werden sollen.

Es ist auch politisch sehr abträglich, dass es durch die Privatisierung der Entwicklungs­zusammenarbeit und durch die Ausgliederung in die ADA, in die Austrian Development Agency, kaum noch zu Auseinandersetzungen im Parlament über entwicklungsrele­vante Inhalte kommt, dass das Kontrollrecht, das wir haben, extrem eingeschränkt wor­den ist.

Unerträglich sogar ist die einfach nicht stattfindende Kohärenz, die fehlende Koopera­tion der vielen unterschiedlichen Politikbereiche, die alle wichtig wären, um zu einer effizienten Entwicklungszusammenarbeit zu kommen. Es ist immens kontraproduktiv, was da oft in anderen Ministerien passiert, zum Beispiel in Ihrem,  Herr Bundesminister


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Pröll. Wenn es in Österreich, wenn es in Europa, wenn es auf der ganzen Welt die Vogelgrippe gibt und die Konsumentinnen und Konsumenten gerade kein Geflügel konsumieren, nehmen Sie halt einfach unsere Tiefkühlhendln und exportieren sie in den Süden, hauen dort sämtliche lokalen Märkte zusammen und glauben noch dazu, Gutes getan zu haben.

Aber auch aus dem eigenen Haus, auch aus dem Außenministerium selber kommen immer wieder Dinge, die einem die entwicklungspolitischen Zehennägel aufringeln. (Abg. Neudeck: Muss gut ausschauen!) Es gibt eine Broschüre, die von der ADA in Auftrag gegeben worden ist, einen Unternehmer-Guide, der vor allem kleine und mitt­lere Unternehmen mit Tipps unterstützen soll, wie sie denn im Süden investieren könn­ten, wie sie denn dort Geschäfte machen könnten. In diesem Guide wird darauf hin­gewiesen, dass man sich am besten in Freihandels- und Sonderzonen begibt und dort seine Geschäfte abwickelt.

Freihandels- und Sonderzonen sind solche, in denen keine sozialen, keine ökologi­schen Kriterien gelten, in denen keine nationalen Gesetze gelten. Das ist ausgespro­chen kontraproduktiv und trägt nicht zu Armutsbekämpfung oder einer nachhaltigen Entwicklung bei.

Die Entwicklungspolitik ist ein Stiefkind dieser Regierung, aber was mich froh macht, ist, zu wissen, dass sich das nach dem 1. Oktober 2006 rasant ändern wird. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Die Gusenbauer-SPÖ?!)

14.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.16.52

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kollegin Bayr, wer zuletzt lacht, lacht am bes­ten – und man wird sehen, wie diese Wahl dann ausgehen wird.

Sie haben davon gesprochen, dass in diesem Bereich nicht genug investiert werde. – Wir haben gemeinsam im Ausschuss das Dreijahresprogramm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit diskutiert. Es ist nachzulesen, was über sehr viele Pro­jekte und Programme alles gemacht wird. Österreich hat sich natürlich dem 0,33-Pro­zent-Ziel verpflichtet und steht selbstverständlich dazu. Der Herr Staatssekretär hat uns auch eindeutig und nachdrücklich gesagt, dass wir dieses Ziel erreichen wollen und auch erreichen werden, und er hat auch eine derzeitige Prognose bekannt gege­ben. Demnach wird Österreich 2006 das EU-ODA-Ziel erreichen, das verlangt wird. Somit stehen wir auch zu all diesen Beschlüssen, die es innerhalb Europas gibt. Ich halte es auch für wichtig und richtig, dass es gemacht wird, nur: Darüber hinaus sollte man nicht gehen.

Insofern halte ich es auch für einen wichtigen Punkt, dass wir uns heute hier gemein­sam dazu bekennen, dass Menschen mit Behinderung, eben mit besonderen Behinde­rungen auch in den Entwicklungsländern dann besonders berücksichtigt werden, weil die natürlich auch bisher immer die Stiefkinder waren in diesem Bereich. Es gibt welt­weit insgesamt 600 Millionen Menschen mit Behinderung; davon leben 80 Prozent in den Entwicklungsländern. Daran wird auch der kausale Zusammenhang zwischen Ar­mut und Behinderung deutlich. Gerade deshalb ist hier natürlich auch sehr viel zu tun und ist auch bei der Entwicklungszusammenarbeit und in den Entwicklungsländern be­sonderer Wert darauf zu legen, hier vermehrte Unterstützung zu geben, so wie es eben „Licht für die Welt“ auch macht, das wir alle kennen. Ich glaube, dass wir alle oder zumindest ein großer Teil von uns ja auch dafür spendet.


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Ich freue mich, dass wir diesen Antrag gemeinsam beschließen, und ich gehe auch da­von aus, dass sich die zuständigen Minister – Außenministerin, Sozialministerin – dann auch in den Verhandlungen nachhaltig dafür einsetzen werden, dass wir hier auch aus­reichend Unterstützung und Hilfe für Behinderte in den Entwicklungsländern geben werden.  – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr ans Rednerpult. Ihre Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


14.19.19

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich noch gut erinnern: Es ist jetzt knapp zwei Jahre her, da sind VertreterInnen von „Licht für die Welt“ zu mir ins Parlament gekom­men, und wir haben gemeinsam überlegt, was wir tun können, damit Menschen mit Behinderungen in den Entwicklungsländern endlich besser gestellt werden.

Ich habe damals gesagt: Versuchen wir, in Österreich eine Initiative zu setzen, viel­leicht bringen wir ein Stückchen weiter. – So ist es zu dieser Petition gekommen, und ich möchte schon sehr stolz sagen: Diese Petition habe ich allein eingebracht. Franz-Joseph Huainigg leistet auch seinen Beitrag, aber diese Petition war meine, meine allein. (Abg. Großruck: Meine alleine und sonst keine!) Und deshalb bin ich so stolz, dass wir von der Opposition es geschafft haben, dass es zumindest diesen Entschlie­ßungsantrag gibt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Präsident der UNO-Generalversammlung Jan Eliasson hat gesagt: Endlich ist es so weit! Tragen Sie den Geist dieser Deklaration in die Welt, der ersten Menschen­rechtsdeklaration des 21. Jahrhunderts, wo „Licht für die Welt“ sehr entscheidend mit­gewirkt hat, dass es Menschen in den Entwicklungsländern in Zukunft besser gehen soll.

Diese Deklaration ist nicht irgendein Papier, sondern diese Deklaration ist gut und richtig und mit Inhalten gefüllt. Und einige dieser Punkte, die diese Deklaration enthält, möchte ich Ihnen vorlesen.

Es geht ganz konkret um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in den Entwicklungsländern:

Gleichstellung, wenn es um das Menschenrecht, das Lebensrecht von Menschen mit Behinderungen geht.

Gleiches Recht für Frauen und behinderte Mädchen wie für nicht behinderte Männer und Frauen.

Besonderer Schutz vor Willkür und vor dem Ausschluss von Bildungs- und Gesund­heitschancen für Kinder mit Behinderungen.

Keine medizinische Maßnahme ohne Zustimmung der Betroffenen.

Gleicher Zugang zu Gesundheit, Bildung und Entwicklung.

Ein Ende der Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt.

Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben.

Das sind nur einige Punkte dieser Deklaration, und ich finde sie großartig, weil damit der Gedanke der Selbstbestimmung, das Recht auf Gleichstellung in allen Bereichen des täglichen Lebens endlich auch für die Entwicklungsländer gelten soll und gelten muss. Und dafür, dass diese Initiative in New York so klar vorgibt, was es heißt, Teil der Gesellschaft zu sein, dafür möchte ich ganz besonders „Licht für die Welt“ danken.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 116

(Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie waren der Motor für diese Deklaration, und es ist keine Kleinigkeit, von Österreich aus mit einer so kleinen Infrastruktur, wie „Licht für die Welt“ sie in Österreich hat, solch großartige Leistungen zu erbringen. Das verdient wirklich höchste Anerkennung.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich habe immer einen gespaltenen Zugang zu Spenden, aber für „Licht für die Welt“ sind Sie alle aufgefordert und gebeten, Ihren Bei­trag zu leisten. Mit 10 € können Sie einem Menschen, der von Blindheit bedroht oder bereits blind ist, helfen, damit er wieder sehen kann.10 € sind für mich und für Sie alle, wie Sie hier sitzen, kein Betrag, der nicht leistbar ist. Den spüren wir alle nicht. Aber wenn er dann dort ankommt, wo ihn die Menschen brauchen, spüren diese ihn sehr wohl. Und deshalb – ich habe niemanden gefragt, ich mache es sozusagen aus eige­nem Antrieb – würde ich Sie bitten, einen Beitrag zu leisten. Wenn Sie nur einem Men­schen pro Woche die Chance geben, wieder zu sehen, dann werden wir in zehn, 15 Jahren so weit sein, dass alle Menschen, die in den Entwicklungsländern ihr Augen­licht verloren haben, wieder sehen können. Und ich glaube, jeder von uns kann stolz darauf sein, dazu einen wesentlichen Beitrag zu leisten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich weiß, bei „Licht für die Welt“ ist Ihr Geld gut angelegt und gut aufgehoben; es wird entsprechend verwendet.

Vielleicht habe ich damit erreicht, dass manche von Ihnen oder vielleicht sogar alle, wenn ich optimistisch sein darf, zumindest 20 Menschen im Jahr oder noch viel, viel mehr Menschen die Chance geben, endlich wieder sehen zu können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


14.25.53

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Sehr geehrte Gäste, auch Vertreter der NGOs und von „Licht für die Welt“! Ich kann eigentlich nahtlos anschließen an die Ausführungen meiner Vor­rednerinnen und Vorredner. Für die österreichische Außen- und Entwicklungspolitik sind und werden auch in Zukunft im Mittelpunkt der Förderung die Rechte von Men­schen mit Behinderungen stehen und ein wichtiges Anliegen sein. Im § 1 des Entwick­lungszusammenarbeitsgesetzes wird die Berücksichtigung von Menschen mit Behinde­rungen explizit als Schwerpunkt erwähnt und auch für die Zukunft determiniert.

Es ist uns auch international auf Basis dieser Anstrengungen etwas gelungen: Ein sehr wichtiger Erfolg der letzten Zeit war die Einigung über den Text einer UNO-Konvention über die Rechte von Personen mit Behinderungen bei der achten Verhandlungsrunde Ende August. Nicht zuletzt auf Grund der Koordination, der Diskussion und der Erfolge während der österreichischen EU-Präsidentschaft hat die Einigung, die europaintern koordiniert werden konnte, dazu beigetragen, dass wir in dieser achten Verhandlungs­runde auch einen, wie ich denke, tragfähigen und wichtigen Beschluss fassen konnten.

Im nun beschlossenen Konventionstext wurde die Bedeutung der internationalen Zu­sammenarbeit, womit vor allem die Entwicklungszusammenarbeit gemeint ist, veran­kert.

Die nationalen Bemühungen Österreichs zur Weiterentwicklung der Förderung von Menschen mit Behinderungen in den Programmen der Entwicklungszusammenarbeit und auch der Ostzusammenarbeit werden selbstverständlich von uns fortgeführt. Die


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Verankerung dieses Themas im Dreijahresprogramm der österreichischen Entwick­lungszusammenarbeit und in den Leitlinien über Menschenrechte ist eine profunde und ausgezeichnete Grundlage dafür.

Nur eine kurze Anmerkung zur Frau Abgeordneten Bayr. Sie wissen ganz genau, wenn Sie über die Frage der Ausrichtung in der Entwicklungszusammenarbeit referieren, dass wir ein klares Bekenntnis dazu abgelegt haben, bis 2010 auf 0,51 Prozent des BNE und bis 2015 sogar auf 0,7 Prozent aufzustocken, ein klares Bekenntnis seitens der österreichischen Bundesregierung, darüber hinaus das Engagement nicht nur nati­onal, sondern immer in allen Kontexten der Europäischen Union und international kon­sequent weiter fortzusetzen.

Ich bedanke mich auch, weil es Kraft gibt, und möchte hier den Dank zurückgeben an die NGOs und an Sie alle, die Sie heute gekommen sind, bei „Licht für die Welt“ für das tolle Engagement. Das ist ein wichtiger Beitrag. Ich denke, je breiter wir in diesem wichtigen Thema vorgehen, auch abseits der Politik, desto erfolgreicher werden wir auch international sein können. (Beifall bei der ÖVP.)

14.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.46

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich nütze diese letzte Plenarsitzung in dieser Legislaturperiode dafür, die letzten sechs Jahre der Entwicklungspolitik, die sich in Österreich nachhaltig verändert hat, Revue passieren zu lassen.

Seit 2000 war die vormalige Staatssekretärin für Entwicklungspolitik Dr. Benita Ferrero-Waldner, jetzt Kommissionsmitglied, unsere Außenministerin. Und mit entsprechendem Einsatz hat sie das getan, was, glaube ich, für die Qualität der Entwicklungszusam­menarbeit in unserem Land von ganz entscheidender Bedeutung war, nämlich ein Ur­altgesetz noch aus Anfang der siebziger Jahre dahin gehend modernisiert und verän­dert, dass jetzt qualitative Kriterien und Schwerpunkte in diesem Gesetz fixiert sind, die den Rahmen für unsere Entwicklungszusammenarbeit bilden.

Demgemäß hat Österreich betreffend unser heutiges Thema auch eine Vorreiterrolle bei der Berücksichtigung der Anliegen und Probleme und bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderung – gerade auch in Entwicklungsländern – eingenommen.

Unserer Vorreiterrolle entsprechend haben wir geholfen, diese in unserem Gesetz festgelegten Grundsätze auch in der UNO-Konvention zu verankern.

Ich glaube nämlich, dass es sehr wichtig ist, nicht immer nur – Frau Kollegin Bayr! – über mehr und mehr Geld zu sprechen, sondern ganz besonders darüber zu reden, wie dieses Geld verwendet wird.

Es ist uns zwar gelungen, die Mittel zu verdoppeln, den Aufwärtstrend beizubehalten, und ich bin sehr optimistisch, dass wir die ambitionierten Ziele, noch viel mehr Geld in die Entwicklungszusammenarbeit zu stecken, auch erreichen werden, aber den Quali­tätsvorsprung, den wir durch die präzise Schwerpunktsetzung dort, wo Österreich ganz besondere Kompetenzen hat, erreichen konnten, halte ich für ebenso wichtig.

Mit Österreich meine ich nicht nur das Ministerium, sondern unsere gut qualifizierten NGOs, die in diesen Schwerpunktbereichen in den ärmsten Ländern der Welt schon seit Langem hoch qualifizierte Arbeit leisten. Da geht es um die Sicherstellung der Wasserversorgung, es geht vor allem um Bildung und um Ausbildung, und es geht eben bei österreichischen NGOs wesentlich mehr als anderswo auch um Menschen


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mit Behinderungen und um Kinder. Überall dort, wo Kinder und/oder Menschen mit Be­hinderungen von Armut betroffen sind, ist das Armsein noch schlimmer, als es ohnehin schon ist.

Eine Familie, die in einem Entwicklungsland einen Vater mit einer Behinderung hat, tut sich schwer, sich selbst zu helfen. – Da nützen alle anderen Programme gar nichts. Deshalb danke ich im Besonderen auch jenen NGOs, die sich genau für all die Schwächsten unter den Armen eingesetzt haben und uns dabei geholfen haben, die entsprechenden Qualitätskriterien in der österreichischen Entwicklungszusammenar­beit einzuführen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich denke, am Ende der Legislaturperiode ist es auch Zeit, Dank auszusprechen. Als ehemalige entwicklungspolitische Sprecherin danke ich meinem Nachfolger, Herrn Ab­geordnetem Glaser, der sehr engagierte Arbeit leistet. Ich danke aber auch der Kolle­gin Lunacek, den Kolleginnen – es sind ja überwiegend Frauen – der FPÖ und des BZÖ und der Kollegin Bayr für eine in diesem Punkt doch auch immer konstruktive und gute Zusammenarbeit in der letzten Legislaturperiode. Ich gehe davon aus, dass wir diese auch gemeinsam fortsetzen wollen.

Ich danke auch unserer Bundesministerin Plassnik dafür, dass sie uns dabei nach Kräften unterstützt.

Ganz besonders heute muss ich auch noch abschließend unserem leider erkrankten Behindertensprecher Dr. Franz-Joseph Huainigg danken, der im Zusammenhang mit dem heute zu beschließenden Text, im Besonderen aber mit zahlreichen Behinderte betreffenden Gesetzen in dieser Legislaturperiode einen Quantensprung für behinderte Menschen auch in Österreich geschafft hat – und das unter einer fast unmenschlichen Kraftanstrengung.

Franz-Joseph, falls du im Internet nachliest oder, wie ich glaube, zuhörst: Wir danken dir alle. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.34.04

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir haben parteiübergrei­fend bewiesen, dass es Themen gibt, bei denen eine Zusammenarbeit möglich ist.

Es ist dieser Antrag, den wir heute beschließen, auch ein Zeichen dafür, dass es in Zeiten des Wahlkampfes und der unterschiedlichen Auseinandersetzungen doch noch Themen gibt, bei denen man zueinander findet und für eine wichtige Sache zusam­menarbeitet.

Ich möchte mich auch bei unserer entwicklungspolitischen Sprecherin Petra Bayr für ihre Initiative, für ihre Kraft und für ihren Antrieb bedanken, dass dieser Antrag zu­stande gekommen ist, genauso wie ich mich bei Theresia Haidlmayr bedanken will, die diese Initiative auf Grund einer guten Voraussetzung von „Licht für die Welt“ ins Parla­ment gebracht hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich denke, auch das ist ein Beispiel dafür, wie eine sinnvolle und effiziente Zusammen­arbeit zwischen NGOs und Parlamentariern zustande kommen kann, sodass Themen weitergetragen werden. (Abg. Großruck: Wollen Sie sich nicht auch beim Herrn Huai­nigg bedanken? Beim Herrn Huainigg bedankt sie sich nicht!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 119

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin aber sehr hellhörig geworden, als Herr Kollege Glaser gesagt hat, durch diesen Beschluss hätten wir einen wichtigen Beitrag für das kommende EU-Jahr zur Antidiskriminierung geleistet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, salbungsvolle Worte, die man auch nieder­schreibt und die dann sozusagen eine Richtschnur bilden, sind zu wenig. Behinderte Menschen, egal ob in Österreich oder in vielen anderen Teilen der Welt, brauchen star­ke Unterstützung. – Sie brauchen nicht nur salbungsvolle Worte, sondern auch tatkräf­tige Unterstützung! Es ist die Aufgabe der Regierung, das Thema im nächsten Jahr auch bei den Räten voranzutreiben und in der Kommission aufs Tapet zu bringen.

Es bedarf einer globalen Anstrengung, die sich nicht nur darin erschöpfen darf, dass man Worte niederschreibt, sondern die in gezielte Handlungen münden muss, um be­hinderte Menschen – in Entwicklungsländern und auch in Österreich – durch konkrete Projekte zu unterstützen.

Beim Beschluss der UNO-Konvention hat der Präsident bei der Generalversammlung gesagt: Tragen Sie den Geist dieser Deklaration in die Welt! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hinaustragen dieses Geistes in die Welt, dass behinderte Menschen gleiche Rechte und gleichen Zugang zu sämtlichen Teilen der Gesellschaft haben müssen, ist eine Last, für die Sie auch bereit sein müssen, die Verantwortung zu übernehmen.

Wir dürfen auch nicht die Sicht auf behinderte Menschen in Österreich verstellen. So wird in der UNO-Konvention der Zugang zu Bildung sehr stark hervorgehoben. Ich denke, auch diesbezüglich ist Österreich in den letzten Jahren – gerade für behinderte Kinder und ihre Eltern – in einem tiefen Dornröschenschlaf gelegen, denn es muss möglich sein, dass behinderte Kinder in das schulische System integriert werden und dass ihre Talente und Fähigkeiten unterstützt und gefördert werden. Angesichts des Streichens von Lehrerposten ist das aber nicht möglich. Werte KollegInnen! Auch da sehen Sie wieder, wo der Unterschied zwischen Worten und Taten liegt.

Ein weiteres Beispiel für die problematische Situation von behinderten Menschen in Österreich sind die Leistungen. Mir erzählen sehr viele behinderte Menschen, dass sie von einem Amt zum nächsten rennen müssen. Unser Vorschlag von Seiten der Sozial­demokratie war in den letzten Jahren, das Bundessozialamt als Kompetenzzentrum auszubauen, sodass die behinderten Menschen nicht durch die Gegend rollen, gehen und sich schleppen müssen, sondern dass die Akten hinter den Kulissen so abgewi­ckelt werden, dass behinderte Menschen zu ihrer Unterstützung kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es bleibt noch sehr viel zu tun. Die Bevölke­rung wird nicht nur auf Worte, sondern auch auf Taten schauen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


14.38.35

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Werte Vertreter und Vertreterinnen der NGOs! Ich bin sehr froh darüber, dass es diesen Antrag und diesen gemeinsamen Beschluss heute gibt, dass Menschen mit Behinderung tatsächlich nicht nur – wie es im Entwicklungszusammen­arbeitsgesetz ohnehin schon steht – ein Schwerpunkt der Entwicklungszusammen­arbeit sein müssen, sondern dass es dazu eben auch einen eigenen Entschließungs­antrag gibt, der das Ganze noch einmal verstärkt und die Wichtigkeit der Menschen­rechte von behinderten Menschen oder von Menschen, die mit einer Behinderung leben, auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit in den Vordergrund stellt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 120

Es ist ja, glaube ich, oft so, dass man sich gar nicht vorstellen kann, was es heißt, mit einer Behinderung in einem Land zu leben, in dem es kaum eine soziale Absicherung gibt, in dem nicht alle Menschen Zugang zum Gesundheitswesen haben – was bei uns ja größtenteils noch der Fall ist und hoffentlich auch so bleiben wird –, sondern in dem das alles nicht vorhanden ist. Wir können uns nicht vorstellen, was passiert, wenn es im Arbeitsrecht nicht die Möglichkeit gibt, tatsächlich auch Betreuung zu bekommen, wenn man einen Arbeitsunfall gehabt hat und dadurch zum Beispiel auf Lebenszeit eine Behinderung hat, wenn es kein Unfallrecht oder keine Unfallversicherungen gibt, die einspringen, wenn jemand einen Unfall erleidet und dann eine dauernde oder auch vorübergehende Behinderung hat und dafür sorgen, dass es entsprechende Möglich­keiten gibt, zum Beispiel nach einer Beinamputation tatsächlich wieder gehen zu kön­nen.

All das ist bei uns für die meisten Menschen etwas Selbstverständliches. – Davon gehe ich immer noch aus. Ich weiß, es ist nicht ganz so, aber fast.

In Entwicklungsländern, in Ländern, die so eine Absicherung, wie gesagt, kaum haben, kann es für Menschen oft sehr schwierig sein, ihr Leben zu führen, einem Beruf nach­zugehen, einen Arbeitsplatz zu halten und, wenn es sein muss, auch noch die Familie zu versorgen, wenn eine Behinderung auftritt.

Ich denke, es ist notwendig, auch in der Entwicklungszusammenarbeit die Bedeutung dessen zu betonen und klarzumachen, dass es hier um ein Recht geht, das Menschen mit Behinderung haben, und nicht um Almosen, die man – unter Anführungszeichen – „den Armen“ dann halt gibt. Es geht um das Recht von Menschen mit Behinderung, in jeder Gesellschaft so gut es geht mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten ihr Leben leben zu können. Bei einer Behinderung, die auf Grund einer Krankheit entstan­den ist – wie es bei den Menschen in den schon erwähnten Projekten, die „Licht für die Welt“ betreut, ja oft der Fall ist – muss auch dafür gesorgt werden, dass es – wenn möglich – sogar zu einer Heilung kommt. – Gerade bei erblindeten Menschen ist das ja in vielen Fällen möglich.

Ein zweiter Hinweis, den ich hier auch noch einbringen möchte: Viele Behinderungen entstehen – so wie Krankheiten ja auch –, obwohl sie verhinderbar wären, zum Bei­spiel durch Mangel an Wasser. Ich möchte Krankheit und Behinderung nicht in einen Topf werfen, aber viele Behinderungen haben auch damit zu tun, dass die sanitären Umstände – von Müllabfuhr über Wasserversorgung bis hin zur Infrastruktur, zu den Straßen et cetera – nicht so sind, wie sie tatsächlich sein sollten.

Es geht dabei also um all das, was Menschen noch zusätzlich zu Menschen mit Behin­derung macht, weil die Gesellschaft zu wenig dafür sorgt, dass die Infrastruktur so ge­staltet ist, dass sie allen ein mehr oder weniger sicheres Leben ermöglicht. Aus diesem Grund finde ich es sehr wichtig, dass wir das heute beschließen.

Ich möchte auch noch eine persönliche Bemerkung anbringen: Ich habe in meiner Stu­dienzeit in Innsbruck gemeinsam mit Menschen mit Behinderung in einer Intensiv­gruppe mitgemacht und dort selbst sehr viel gelernt, auch über den Umgang mit Men­schen. – Das war damals das Jahr der behinderten Menschen. Genau dieser Aspekt des Rechtes auf Zugang zu Einrichtungen, auf eine Behandlung und auf menschen­würdigen Umgang mit Menschen mit Behinderung halte ich für sehr wichtig, und ich denke, es ist ein richtiger Schritt, den wir hierzu tun.

Lassen Sie mich aber noch einige Worte zum allgemeinen Zustand der österreichi­schen Entwicklungszusammenarbeit in den letzten vier Jahren – oder sogar sechs Jah­ren seit Amtsantritt dieser Bundesregierung – sagen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 121

Zwei Punkte möchte ich hervorstreichen: Das eine ist, dass die Möglichkeit der parla­mentarischen Debatten abgenommen hat, und zwar einfach dadurch, dass zum Bei­spiel die ADA ausgegliedert wurde – das hat Frau Kollegin Bayr schon gesagt – und damit die tatsächliche Diskussion über Schwerpunkte et cetera nicht mehr in der frühe­ren Form – auch nicht mehr über Anfragen – gewährleistet ist.

Themen wie das Drei-Jahres-Programm sind in den letzten Jahren überhaupt kaum jemals im Nationalrat besprochen worden, und wenn, dann kam es nur ganz am Schluss, wenn es irgendwann einmal geschrieben war und wenn es schon vom Minis­terrat beschlossen war, in den Nationalrat.

Ich hielte es schon für sinnvoll, dass solche Dinge auch im Nationalrat behandelt wer­den und dass auch die NGOs stärker mit einbezogen werden, bevor so etwas be­schlossen wird.

Noch ein Punkt zur wichtigen Rolle der Nicht-Regierungsorganisationen: Es tun sich gerade diejenigen, die kleine Projekte betreuen, zunehmend schwer, die Infrastruktur, die sie dafür ja brauchen, aufrechterhalten zu können. Sockelfinanzierungen, Basisfi­nanzierungen wie früher gibt es ja schon lange nicht mehr, sondern alles läuft nur über Projekte. Mittlerweile ist es sogar so, dass Organisationen für Projekte, die sie im Aus­land durchführen, nicht mehr Tagsätze bekommen, sondern nur mehr Prozentsätze des Gesamtbudgets verrechnet werden dürfen. – Das ist bei kleineren Projekten um einiges weniger, als es die Tagsätze waren.

Das heißt, eigentlich will diese Bundesregierung nur größere Projekte fördern. Das ma­chen Weltbank und Währungsfonds et cetera auch – sozusagen nach dem Motto: je größer, desto besser, weil das viel leichter abzuwickeln ist. Das ist aber ein Zugang, der unserem Verständnis von Entwicklungszusammenarbeit nicht entspricht und wo wir auch Änderungen einfordern.

Herr Minister Pröll, ein Letztes noch: Sie haben gemeint, es gibt das Bekenntnis der Bundesregierung, bis 2010 die 0,51 Prozent zu erreichen. Das wissen wir schon län­ger, seit der Monterrey-Konferenz. Da wurde von Seiten der Europäischen Union be­schlossen, dass jedes Mitgliedsland dieses Ziel erreichen soll. Aber was ist bisher geschehen? – Das Einzige, was bisher tatsächlich in die Erhöhung angerechnet wer­den kann, sind Entschuldungen, und die sind nicht gestaltbar. Das ist nichts, wo eine Organisation Geld bekommt und tatsächlich etwas tun kann.

Den Ländern kommen Entschuldungen schon zugute – ich will hier nicht gegen Ent­schuldungen sprechen –, aber die Erhöhungen der Budgets, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, bestehen rein aus Entschuldungen. Das heißt, es hat uns noch niemand von dieser Bundesregierung sagen können, wie Sie vorhaben, bis 2010 diese Budgeterhöhungen zu erreichen, die pro Jahr an die 200 Millionen € – wenn nicht mehr – ausmachen müssen, um dieses Ziel zu erreichen.

Ich hoffe, dass Sie diese Entscheidungen nach dem 1. Oktober auch nicht mehr treffen können, weil die Wahl anders ausgeht.

Zum Schluss möchte ich noch Manfred Nowak zitieren, einen bekannten Menschen­rechtsaktivisten und -experten, der derzeit auch Experte und Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen gegen Folter ist. Er hat einmal gesagt, dass gerade die Entwick­lungszusammenarbeit und auch der Stellenwert einer Gesellschaft nicht rein an Wirt­schaftsleistungen gemessen werden darf, sondern daran, welchen Stellenwert Men­schenrechte in einem Land haben.

Das gilt sowohl für Österreich als auch für die Entwicklungszusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.46



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 122

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.47.06

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Minister! Kolleginnen und Kollegen! Gerade in Zeiten des Wahlkampfes ist es ja fast wohltuend, wenn man sieht und wir gemeinsam nach außen kommunizieren können, dass es doch Themen gibt, bei denen wir zumindest Teile des Weges gemeinsam gehen, so wie bei dieser angesprochenen Petition 74 betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Entwicklungsländern“.

Auch wenn naturgemäß die Opposition andere Vorstellungen zum Thema Entwick­lungszusammenarbeit hat, möchte ich hier schon auch noch einmal Folgendes erwäh­nen: Kollegin Bayr hat gemeint, wir hätten während der österreichischen EU-Präsident­schaft keine Akzente gesetzt. – Im Gegenteil: Wir waren gemeinsam in Südafrika, um genau dort einen Gipfel abzuhalten, wo ein Gros der Probleme auftritt.

Faktum ist, dass Afrika ja der ärmste Kontinent ist, dass dort 34 der ärmsten 50 Länder der Welt zu finden sind, dass 50 Prozent der Afrikaner und Afrikanerinnen südlich der Sahara in absoluter Armut leben, 35 Prozent hungern und keinen Zugang zu Wasser und zu sonstiger Infrastruktur haben.

Da hat die Europäische Union eine gemeinsame Vorgangsweise in dieser neuen Partnerschaft für Afrika beschlossen. Ich denke, es ist wichtig, dass auch die Euro­päische Union ein gemeinsames, akkordiertes Handeln an den Tag legt, so wie die Europäische Union ja auch in einer Resolution beschlossen hat – das war schon zu Jahresbeginn –, dass nicht nur spezielle Programme für Behinderte definiert werden, wo es um Vorsorge, Betreuung, die Rehabilitation und die Verhinderung von Stigmati­sierung von Behinderung gehen soll, sondern dass dieses Thema der Behinderung in allen Programmen automatisch integriert werden soll. Das heißt, wenn eine Schule ge­baut wird, dann soll automatisch auch eine Rampe für den Rollstuhl mit bedacht wer­den.

Was Österreich betrifft, möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass Öster­reich in Summe von den 0,52 Prozent des BNE die 0,33 Prozent-Schwelle, zu der sich die Regierung bekannt hat, erreicht hat. Wenn man den prozentuellen Anteil der ODA am BNE betrachtet, dann liegt Österreich am siebten Platz der 22 DAC-Länder.

Wir haben 2005 über 1 Milliarde an öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen ausgege­ben. Wenn man diese Zahl auch um die Kosten der Entschuldung, die Sie ja auch an­gesprochen haben, Frau Kollegin Lunacek, bereinigt – das hat den Irak und Madagas­kar betroffen –, dann kann man auch ein reales Wachstum der EZA-Ausgaben um 9 Prozent erkennen.

Ich denke also, das kann uns schon eine grundlegende Sicherheit geben, dass wir auf diesem Weg weitergehen sollen, und es zeigt auch, dass das Thema der Entwick­lungszusammenarbeit der Regierung ein ganz großes Anliegen ist.

Ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben: Gestern war der Welttag des Kindes. Auch „Licht für die Welt“ – die Institution, die heute schon mehrfach vorgestellt worden ist – hat diesen Tag zum Anlass genommen, um auf die 45 Millionen Kinder mit Behinde­rung auf der ganzen Welt hinzuweisen.

Insofern sehe ich es auch als unsere moralische Verpflichtung an, da etwas zu tun, und freue mich, dass es in diesem Haus Menschen gibt, die initiativ geworden sind und beschlossen haben, zu diesem Thema etwas beizutragen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 123

Danke also an alle, die beteiligt waren, danke auch an die Institution „Licht für die Welt“. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung – hoffentlich gemeinsam mit Ihnen – auch in Zukunft diesen guten Weg für die EZA weiter beschreiten wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin in dieser Debatte spricht Frau Abge­ordnete Mag. Trunk. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Trunk, die einen weißen Blazer trägt : Das ist die Einzige mit einer weißen Weste in der SPÖ!)

 


14.51.14

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg, damit ich es am Ende nicht vergesse: Meinen Respekt und meine Anerkennung der Initiative der Kollegin Haidlmayr und mei­nen Respekt und meine Anerkennung meiner Kollegin Penny Bayr für die engagierte und sehr kompetente Arbeit! Das ist ein Beispiel für politische Kultur der Auseinander­setzung, die am Ende einen Konsens bewirkt. Ich denke, es sollte diese Kultur nicht nur, wenn es um Fragen der Entwicklungszusammenarbeit geht, in Zukunft in das Hohe Haus einziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht nur im Zusammenhang mit der Umsetzung, der Implementierung und der Einhal­tung von menschenrechtlichen Standards in Entwicklungsländern, sondern auch in den reichen Industriestaaten und Industrienationen müssen wir konstatieren, dass wir trotz aller positiven Maßnahmen und Schritte national und international noch sehr große Kraftanstrengungen auf uns zu nehmen haben.

Punkt eins: in budgetärer Hinsicht. Wenn es um das Teilen zwischen reichen Industrie­nationen und Entwicklungsländern geht, so stelle ich fest, dass wir das nicht mit gro­ßem und ganzem Herzen tun. Da stimme ich mit der Kollegin Felzmann nicht überein, dass man sagen könne, es passiere genug. Es passiert zu wenig angesichts der Armut auf dieser Welt! Armutsbekämpfung ist einer der wesentlichen Schritte zur Ver­meidung und Prävention von Verletzungen von Menschenrechten und Behinderung.

In diesem Zusammenhang ist es mir ein Kopf- und Herzensanliegen, uns alle an den Österreicher Wolfgang Petritsch zu erinnern, der sich international und weltweit sehr im Bereich des Kampfes gegen Antipersonenminen einsetzt. (Abg. Großruck: Wer ist das? Wer ist Wolfgang Petritsch?)

Wenn wir von Behinderung und Vermeidung von Behinderung und Hilfe sprechen, dann sollte uns bewusst sein, mit welchem Zynismus Antipersonenminen Menschen töten, Behinderung schaffen und wie blind wir alle miteinander in dieser Frage sind.

Wenn man bedenkt, dass die Vereinigten Staaten Antipersonenminen über diese Welt verteilen, um dann auf der anderen Seite Spenden zu verdoppeln, die zur Hilfe und Un­terstützung von Opfern da sind, dann nenne ich das einen Zynismus, und ich denke, es ist auch Aufgabe des österreichischen Parlaments, sich damit auseinander zu setzen.

Ein letzter Aspekt: Die Debatte während der heutigen Aktuellen Stunde sollte uns auch in der Frage der Auseinandersetzung mit Behinderung zu der Erkenntnis bringen, dass in Entwicklungsländern ebenso wie in Österreich Frauen mit Behinderung in doppelter Weise an der Realisierung eines menschengerechten und chancengleichen Lebens gehindert werden. Da ist noch ein großer Schritt zu tun und ein weiter Weg zu gehen. Das trifft die Frauen in Österreich ebenso wie im restlichen Europa und ganz be­sonders in den Ländern, in denen Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe notwendig sind. – Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)

14.54



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 124

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht in 1609 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wer ihr zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt; die Entschließung ist angenommen. (E 213.)

14.55.024. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 698/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeich­nung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die Europäische Union (1614 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Sieber. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. Ich bitte Sie, sie einzuhalten, denn Punkt 15 Uhr beginnt die Behandlung der Dringlichen Anfrage. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.55.32

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn ich heute zum vorliegenden Antrag 698 zu Ihnen spreche, dann tue ich das in dem Bewusstsein, dass dieser Antrag stark an Aktualität eingebüßt hat.

Im Verlaufe der bisherigen Vorsitzführung Österreichs bei der Alpenkonvention und vor allem im Rahmen der sehr erfolgreichen EU-Ratspräsidentschaft konnten wesentliche Fortschritte erreicht werden. So wurden die Protokolle Tourismus, Energie, Boden­schutz und Berglandwirtschaft durch die EU ratifiziert.

Den intensiven Bemühungen unseres Lebensministers Sepp Pröll und seinem Team ist es zu verdanken, dass das Verkehrsprotokoll nicht von der Dossierliste der Euro­päischen Kommission gestrichen wurde. Beim Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention geht es vor allem um eine nachhaltige Verkehrspolitik, die die besondere Kultur- und Naturlandschaft im Alpenraum berücksichtigt.

Die Vertragspartner würden verpflichtet, Strategien und Konzepte zu erarbeiten und bestimmte technische Maßnahmen zu setzen. Diese gefassten Ziele müssen dann auch durch Monitoring und Kontrollen nachhaltig begleitet werden.

Durch zähes Verhandeln und durch geschickte Überzeugungsarbeit hat unser Lebens­minister Sepp Pröll vor dem entscheidenden Verkehrsministerrat am 8. und 9. Juni erreicht, dass sich die Kommission und viele Staaten der EU für die Ratifizierung aus­gesprochen haben. Leider scheiterte ein erfolgreicher Abschluss an der Blockadehal­tung Italiens. (Abg. Gradwohl: War da ein gewisser Herr Gorbach auch eingespannt? Weil Sie reden immer von einem „Lebensminister“!) – So ist es.

Die zögerliche Haltung Italiens hat leider auch dazu geführt, dass einige EU-Staaten ihre Zustimmung zur Unterzeichnung durch die EG verweigerten und nun dieser Ta­gesordnungspunkt verschoben wurde.

Erfreulich ist, dass die finnische Ratspräsidentschaft diesen Punkt in das gemeinsame Arbeits- und Jahresprogramm aufgenommen hat, und ich bin überzeugt, dass unser


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 125

Minister Sepp Pröll diesen für unser Land wichtigen Punkt weiterhin vorantreiben wird. (Abg. Gradwohl: Lebensminister und Verkehrsminister!)

Die Europäische Gemeinschaft hat sich durch die Ratifikation der Alpenkonvention zu einer Risiko- und Belastungssenkung verpflichtet, und ich bin überzeugt, dass unser Minister Sepp Pröll diese Entlastung auch erfolgreich einfordern wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Sitzung für 2 Minuten und rufe dann die Dringliche Anfrage auf.

*****

(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 14.59 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

15.00.01Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer (4728/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, damit wir die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr beginnen können.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Dr. Stummvoll, die Dringliche Anfrage zu eröffnen. Sie ist inzwischen allen Abgeordneten zugegangen, eine Verlesung durch den Schrift­führer erübrigt sich.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Molterer und KollegInnen an den Bundesminis­ter für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer

Ende letzter Woche hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) in ihrer Herbstvor­schau die Wachstumsprognose der österreichischen Wirtschaft für 2006 deutlich er­höht und rechnet nun mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,2 Pro­zent. Im Juni waren die Notenbankexperten noch von einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent ausgegangen.

Die OeNB ist damit optimistischer als der Internationale Währungsfonds (IWF) und die österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute. Der IWF erwartet laut seiner Mitte letzter Woche veröffentlichten Prognose ein Wachstum für Österreich von 2,8 Prozent (nach zuvor 2,2 Prozent). Es ist zu erwarten, dass die beiden großen Forschungs­institute Österreichs, WIFO und IHS, diese Erwartungen in ihrer Herbstprognose 2006, die Anfang Oktober präsentiert wird, bestätigen werden.

Laut einer Studie des IHS von Ende Juli wird die österreichische Wirtschaft im Zeit­raum 2006 bis 2010 um durchschnittlich 2,2 % pro Jahr und damit um ¾ Prozentpunkte höher wachsen als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.


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Einer der Gründe für dieses überdurchschnittliche Wachstum ist die von dieser Bun­desregierung umgesetzte Steuerentlastung mittels der Steuerreform 2004/2005 mit einem Gesamtvolumen von über 3 Mrd. Euro. Besonders niedrige Einkommensbezie­her, Familien und der Mittelstand profitierten in erster Linie davon. Von 5,9 Millionen Steuerpflichtigen zahlen 43 Prozent überhaupt keine Lohn- und Einkommenssteuer mehr. Infolge der Senkung der Körperschaftssteuer von 34 % auf 25 % für Kapitalge­sellschaften und infolge der steuerlichen Entlastungen der Personengesellschaften mit­tels des KMU-Paketes Mitte 2006 wurden und werden tausende Arbeitsplätze ge­sichert bzw. geschaffen.

Der Konjunkturmotor Nr. 1 ist der Export: Österreich ist Exporteuropameister, denn seit dem Jahre 2000 sind die Warenexporte um 44 % gestiegen - so hoch wie in keinem anderen Land Europas. Bereits jeder zweite österreichische Arbeitsplatz wird durch Ex­porte gesichert. Jeder zusätzliche Prozentpunkt an Exportwachstum schafft zusätzlich 7.000 Arbeitsplätze bzw. trägt zur Sicherung dieser Arbeitsplätze bei. Mitte dieses Jahres wurde zudem auch die 100 Mrd. Euro-Schallmauer bei den Exporten durch­brochen. Dieser starke Exportanstieg führt seit dem Jahre 2004 auch zu einer positiven Leistungsbilanz. 2005 erreichte Österreich ein Leistungsbilanzergebnis von +3 Mrd. Euro (1,2% des BIP) und damit im Euroraum-Vergleich (-0,3%) ein überdurch­schnittlich gutes Ergebnis.

Im aktuellen World Competitiveness Yearbook konnte sich der Wirtschaftsstandort Ös­terreich im Gesamtranking wieder um 4 Ränge verbessern und liegt nun im Jahr 2006 auf dem 13. Platz von insgesamt 61 geographischen Einheiten (d.h. Länder und Regio­nen).

In der Wettbewerbsfähigkeit, gemessen an den Strukturindikatoren, belegt Österreich hinter Dänemark und Luxemburg laut Lissaboner Scoreboard des Londoner Zentrums für Europäische Reform (CER) den 3. Platz.

Auch in der Kaufkraft pro Kopf, gemessen am BIP, ist Österreich das viert-reichste EU-Land (hinter Luxemburg, Irland und Dänemark) und liegt mit 23 % weit über dem EU-Durchschnitt.

Ein weiterer wesentlicher Schritt soll im Rahmen der Bürokratiekostensenkung für Un­ternehmen gesetzt werden, wobei das niederländische „Standard Cost Model“ als Vor­bild herangezogen werden soll. Die gesetzlichen Informationsverpflichtungen verur­sachten in den Niederlanden für die Unternehmen Kosten in Höhe von 16 Mrd. Euro. Eine Senkung um 4 Mrd. Euro soll erzielt werden – 1,4 Mrd. Euro wurden bereits er­reicht. Umgelegt auf die österreichische Volkswirtschaft bedeutet dies grob geschätzte Gesamtkosten der Unternehmen in Höhe von 8 Mrd. Euro und ein Einsparungspoten­tial von rund 2 Mrd. Euro.

Auch bei der Budgetsanierung hat das „Unternehmen Österreich“ eine Vorbildfunktion. Im Jahre 2000 wurde eine auf Schuldenpolitik aufbauende Budgetpolitik übernommen. Durch eine Änderung der Budgetpolitik konnte bereits in den Jahren 2001 und 2002 ein ausgeglichenes Budget erzielt werden. Die so erreichte Stabilisierung der öffentlichen Finanzen bildete die Voraussetzung für die große Steuerreform 2004/2005. Trotz die­ser Steuerreform in Höhe von 3 Mrd. Euro konnte im Jahre 2005 mit einem gesamt­staatlichen Defizit von 1,5 % ein im Vergleich zu unseren Nachbarländern (Durch­schnitt der Eurozone: -2,8 %) hervorragender Budgetvollzug erzielt werden.

Das Ziel der Bundesregierung, die Abgabenquote bis 2010 auf 40 % zu senken wurde bereits erreicht. Für die kommende Legislaturperiode plant die Bundesregierung einen Impuls, der deutlich unter 40 % führt.


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Demgegenüber zielt die Politik der SPÖ mehr auf eine Belastung und nicht auf eine Entlastung der Bürger ab.

So forderte die SPÖ u. a. wiederholt eine deutliche Erhöhung der Krankenversiche­rungshöchstbeitragsgrundlage auf 5.000 Euro pro Monat, die sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber zu gleichen Teilen trifft (insgesamt 420 Mio.). Auch die SPÖ-Forderung der Miteinbeziehung von Mieterlösen in die Sozialversicherung würde zu einer Verteuerung der Mieten führen.

Darüber hinaus droht dem österreichischen Steuerzahler auch eine Belastung infolge der Rettung der BAWAG vor der Insolvenz. So hat die Bundesregierung im Mai 2006 nicht gezögert und rasch die notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung und Stärkung des Finanzplatzes Österreich und zur Rettung der BAWAG getroffen: Das Bundes­gesetz betreffend die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG-P.S.K. stellt zur Sanierung des Kreditinstituts eine Haftung des Bundes bis zu einem Höchst­betrag von 900 Mio. Euro, befristet bis 1. Juli 2007, sicher.

Korrespondierend zur Haftungsvereinbarung des Bundes mit der BAWAG-P.S.K. wurde mit dem Eigentümer ÖGB eine Vereinbarung getroffen, wonach im Haftungsfall zunächst der ÖGB leistungspflichtig ist, wobei diese Leistungen nicht dazu führen dürfen, dass der ÖGB insolvent wird. Vereinbart wurde unter anderem die Offenlegung der Vermögensverhältnisse des ÖGB einschließlich des Vermögens der Teilgewerk­schaften. Die Veröffentlichung der ÖGB-Bilanz durch die ÖGB-Spitze unter Hunds­torfer lässt nach wie vor auf sich warten, ebenso wie die Offenlegung des Vermögens des ÖGB, die im „BAWAG P.S.K. - Zukunftssicherungsgesetz“ bis zum 31. Mai 2006 zugesichert wurde. Es stellt  sich die Frage, warum diese – vor allem im Interesse des Steuerzahlers liegende - Aufklärung noch immer nicht erfolgt ist und anscheinend mut­willig hinausgezögert wird. Der Verdacht einer wahltaktischen Vorgangsweise liegt nahe.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen fol­gende

Anfrage:

1. Die SPÖ-Finanzminister der letzten 30 Jahre haben dieser Bundesregierung einen enormen Schuldenberg aufgrund jahrzehntelanger Defizitpolitik hinterlassen. Wann ha­ben diese mit dem „Unternehmen Österreich“ einen Überschuss erwirtschaftet? Wieviel an Zinsen müssen jährlich für den überlassenen Schuldenberg gezahlt werden?

2. Die SPÖ gibt vor, in einer zukünftigen Regierung den privaten (500 Euro Entlastung) und betrieblichen Mittelstand entlasten zu wollen. Welche Maßnahmen hat diese Bun­desregierung bereits zur Entlastung dieser Gruppen umgesetzt?

3. Die SPÖ fordert einerseits eine Entlastung des Mittelstandes andererseits aber eine massive Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage der Kranken¬versicherung. Die Grü­nen fordern eine Erhöhung der Mineralölsteuer auf Diesel. Beide Parteien sprechen sich jedoch gegen eine Abschaffung der Erbschafts-/ und Schenkungssteuer aus. Wie beurteilen Sie diese Vorschläge der Opposition und mit welchen Auswirkungen wäre zu rechnen?

4. Was sind für Sie die wesentlichen Pfeiler einer zukünftigen Steuerreform und wann soll diese umgesetzt werden?

5. Wie viele Mittel wurden im Jahre 1999 für die Arbeitsmarktpolitik ausgegeben – wie viele im Jahr 2006? Wie haben sich diese Investitionen in den Arbeitsmarkt im EU-weiten Vergleich der Arbeitsmarktdaten ausgewirkt?


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6. Wie hat sich Österreich im internationalen Vergleich als Wirtschaftsstandort nun­mehr positioniert? Welche Bilanz können Sie für das „Unternehmen Österreich“ zie­hen?

7. Im finanzpolitischen Skandal der  BAWAG betreffend entstand dem Österreichi­schen Gewerkschaftsbund ein Schaden von mehr als 3 Milliarden Euro. Das Gehalt wie vieler Arbeitnehmer könnte ein Jahr lang damit bezahlt werden?

8. Wie hoch war die Abfertigung des ehemaligen Generaldirektors der BAWAG und SPÖ-Mitglieds, des inzwischen inhaftierten Helmut Elsner, und wie lange muss ein durchschnittlicher Verdiener dafür arbeiten?

9. Der Vorsitzende des Personenkomitees für Alfred Gusenbauer, Ex-SPÖ-Bundes­kanzler Vranitzky, hat in einem Format-Interview bestätigt, 1 Million Schilling für Bera­tungen rund um die Euro-Einführung bis 2000 von Wolfgang Flöttl erhalten zu haben. Wann war diese?

10. Können Sie ausschließen, dass Gelder vom Eigentümer der BAWAG, dem Öster­reichischen Gewerkschaftsbund, an die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) geflossen sind?

In formeller Hinsicht wird beantragt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR dringlich zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu ge­ben.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll, Sie sind am Wort. Sie haben 20 Minuten Redezeit.

 


15.00.02

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir alle können in den letzten Tagen und Wochen ein interessantes Phänomen im Wechselspiel zwischen Politik und Wirtschaft feststellen. In der Politik ist, bedingt durch den 1. Oktober, ein Stil eingerissen, wo durch Ausdrücke wie „Krebsgeschwür“ und Ähnliches und durch eine unglaubliche mediale Kampagne, wo getrommelt wird, der Bundeskanzler lüge, ein absoluter Tiefpunkt erreicht wurde, wo von der Opposition alles schlechtgemacht und zerzaust wird. Wenn ich mir aber die Wirtschaft anschaue, dann sehe ich, dass von dort ständig Erfolgsmeldungen kommen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Vor wenigen Tagen sagte die Notenbank, das Wirtschaftswachstum sei wesentlich hö­her als erwartet, und prognostizierte 3,2 Prozent. Vom Arbeitsmarkt hören wir: Trend­wende am Arbeitsmarkt, Beschäftigungsrekord! Von der Exportfront hören wir: Öster­reich ist Export-Europameister. Kein Land in Europa hat in den letzten Jahren die Ex­porte so gesteigert wie Österreich. Export ist heute ein wichtiger Garant für Arbeits­plätze, Einkommen und soziale Sicherheit. Eine Steigerung von 70 Milliarden € auf heuer voraussichtlich 100 Milliarden €, das ist eine Steigerung von 44 Prozent.

Von der Wirtschaft hören wir also ständig Erfolgsmeldungen, in der Politik hören wir von der Opposition, alles sei schlecht, alles wird miesgemacht, alles sei negativ.

Ich muss natürlich fragen: Wie entsteht es, dass etwa die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt: „Österreich, du hast es besser!“, dass die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt: „Österreich: ein Erfolgsmodell“?


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Wie kommt das alles, meine Damen und Herren? – Natürlich ist es primär der Fleiß, der Arbeitseinsatz, die Motivation unserer Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Wir haben tolle Unternehmer, die in manchen Nischen Weltspitze sind. Wir haben unglaublich motivierte Mitarbeiter: In allen Rankings weltweit kommt Österreich auf Platz 1, was die Mitarbeitermotivation betrifft.

Aber, meine Damen und Herren, gibt es irgendjemanden in diesem Hohen Haus, der sagen würde, Herr und Frau Österreicher waren vor dem Jahr 2000 weniger fleißig, weniger arbeitsam, haben sich weniger eingesetzt? – Ich denke, das behauptet nie­mand hier, auch die Opposition nicht.

Es muss etwas Zweites auch noch geben, meine Damen und Herren, und das sind die Rahmenbedingungen, die diese Regierung für die Wirtschaft, für den Standort Öster­reich, für Arbeitsplätze und Einkommen in Österreich geschaffen hat. Das lässt sich nicht bestreiten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

In der Tat schaffte der politische Wechsel im Frühjahr 2000 in hohem Ausmaß diese Wende, auch eine unglaubliche Wende in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. (Abg. Dr. Jarolim: Eine Wende zum Negativen!) Nach 30 Jahren sozialistisch dominierter Bundesregierungen, sozialistischer Bundeskanzler, Finanzminister, mit einer ständigen Deficit-spending-Politik – sagen wir ganz volkstümlich Schuldenpolitik, kombiniert mit Belastungspolitik – erfolgte eine Kurskorrektur in dreifache Richtung:

Erstens: Stabilität im Staatshaushalt – Grundvoraussetzung jeder erfolgreichen Wirt­schaftspolitik. Stabilität im Staatshaushalt, das heißt, über den Konjunkturzyklus ein ausgeglichenes Budget. Vergleich der Jahre 2000 bis 2006 – durchschnittliches Bud­getdefizit von 1,1 Prozent, bedingt durch die größte Steuerreform in der Geschichte der Zweiten Republik. Sechs Jahre davor: 3,6 Prozent im Durchschnitt, also ein dreimal so hohes Budgetdefizit. – Das heißt, Stabilität im Staatshaushalt als eine von drei wichti­gen strategischen Zielsetzungen.

Der zweite Punkt: Entlastung der Bürger und der Betriebe. Meine Damen und Herren, von einer Abgabenquote von 44,8 Prozent auf heuer 40,7 Prozent zu kommen, ist eine gewaltige Leistung (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ) und wurde nur ermöglicht, weil wir gleichzeitig durch ausgabenseitige Reformen auch den Spielraum für diese Senkungen geschaffen haben.

Und die dritte Zielsetzung: Investitionen in Wachstum, Beschäftigung, Zukunft. Das heißt Infrastruktur, das heißt Forschung und Entwicklung, das heißt Bildung.

Meine Damen und Herren, dieser Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik wurde erst durch die politische Wende im Jahre 2000 ermöglicht!

Das ist in Wirklichkeit der Grund, warum wir heute aus dem letzten Drittel im EU-Ranking in das oberste Drittel gekommen sind und dass heute Journalisten aus der Schweiz, aus Deutschland, aus Belgien kommen und fragen: Wie macht ihr das eigent­lich in Österreich? Wieso seid ihr plötzlich so gut? – Wir sagen immer: Naja, gar so gut sind wir nicht, wir haben auch noch Herausforderungen vor uns. – In der Tat können wir aber stolz sein auf diese Leistungsbilanz, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Sehr überzeugt haben Sie damit offenbar nicht, Ihre eigenen Leute! – Ruf bei der ÖVP: Jarolim!)

Herr Kollege Jarolim, je schwächer die Argumente, desto lauter die Zwischenrufe! Das kennen wir schon, dieses Verhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 130

Unser Thema ist Entlastung. Lassen Sie mich ein paar Worte zur Steuerreform sagen!

Meine Damen und Herren, schauen wir uns die Steuerreform an: Sie war die größte Steuersenkung in der Geschichte der Zweiten Republik, mit zwei großen Zielgruppen: Arbeitnehmern und Familien auf der einen Seite, Wirtschaftsstandort auf der anderen Seite. Sie haben diese Steuerreform abgelehnt. Was hat uns diese Steuerreform ge­bracht? – Schauen wir uns ein paar Punkte an: Alleinerziehende Mutter mit zwei Kin­dern, Monatseinkommen 1 500 € brutto. Steuerliche Entlastung: 770 € pro Jahr netto. Also, 10 000 S weniger Steuerleistung für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kin­dern. Ein beachtlicher Erfolg dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Oder schauen wir uns die Zahl jener an, die an sich lohnsteuerpflichtig wären, aber gar keine Lohnsteuer mehr zahlen: Es gibt 5,9 Millionen an sich Lohn- und Einkommen­steuerpflichtige. Davon zahlen 2,5 Millionen Menschen überhaupt keine Lohnsteuer mehr; das sind 42 Prozent aller Steuerpflichtigen, die nach dieser Steuerreform über­haupt keine Lohnsteuer mehr zahlen, meine Damen und Herren.

Wir haben mit diesen zwei Etappen der Steuerreform 300 000 zusätzliche Personen aus der Steuerpflicht herausgenommen – ein unglaublicher Erfolg einer Steuerpolitik, die sagt: Mehr Geld in der Hand des Bürgers und weniger Geld in der Hand des Staa­tes! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Nehmen wir den zweiten großen Schwerpunkt, den Wirtschaftsstandort. Wirtschafts­standort heißt Arbeitsplätze, heißt Einkommenschancen und heißt letztlich soziale Si­cherheit. Denn wer nicht wirtschaften kann, kann auch nicht sozial sein! Gegen diese Grundformel kann man eigentlich auch vonseiten der Opposition nichts sagen, auch wenn hier wieder versucht wird, das ein bisschen zu verschleiern. Wer die Wirtschafts­kompetenz hat, hat auch die Arbeitsplatzkompetenz, meine Damen und Herren, und hat auch die Kompetenz für soziale Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich kann Ihre Nervosität verstehen, meine Kollegen von der Oppositionsseite. Wenn ich heute das „NEWS“ lese und darin lese, dass Herr Beutelmeyer, Meinungsforscher, sagt, die Führungskompetenz eines gewissen Herrn Gusenbauer ist „niederschmet­ternd“, er hat „inferiore Werte“ – das steht heute in „NEWS“: inferiore Werte, was die Führungskompetenz des Alfred Gusenbauer betrifft –, dann kann ich Ihre Nervosität (Abg. Bures: Was glauben Sie, wie Ihre Werte sind?) und Ihre lauten Zwischenrufe verstehen, Frau Kollegin! Ich verstehe das ja, denn zehn Tage vor der Wahl zu lesen, dass der Spitzenkandidat niederschmetternde Werte, inferiore Werte hat, ist ja ein Worst-case-Szenarium, zehn Tage vor einer Wahl, Frau Kollegin! (Abg. Bures: Sie zit­tern!) Das können Sie auch mit lauten Zwischenrufe nicht wiedergutmachen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Bleiben wir eine Sekunde bei der Steuerreform. IHS, Institut für Höhere Studien, hat nachgewiesen: 1,3 Milliarden € an Entlastungen nur für Klein- und Mittelbetriebe, ge­nau für jenen Bereich unserer Wirtschaft, der letztlich die Basis ist. 90 Prozent unserer Betriebe haben weniger als 20 Mitarbeiter – und die sichern Arbeitsplätze. Das haben Sie erst wenige Monate vor der Wahl erkannt – scheinbar erkannt. Ich komme auf Ihre Vorschläge zur Steuerpolitik dann noch zu sprechen.

1,3 Milliarden € an Entlastung für die Klein- und Mittelbetriebe! Einführung einer Grup­penbesteuerung, die Sie so bekämpfen. Fragen Sie Ihre langjährige SPÖ-Vizebürger­meisterin in Villach – inzwischen Finanzchefin von Infineon in Klagenfurt –, was sie heute gesagt hat. Was hat sie gesagt? – Die Gruppenbesteuerung bringt dreimal so viel, wie sie kostet! – Meine Damen und Herren, was ist mit Ihren Wirtschaftskonzep­ten, was ist mit Ihren Konzepten? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 131

Ich kann schon sagen, was das ist: Gestern habe ich einen schönen Sager gehört. (Abg. Dr. Kräuter: Schüssel hat auch einen schönen Sager gesagt!) Da hat ein Wirt­schaftsfachmann gesagt, die SPÖ sei wirtschaftspolitisch schon gefährlich, auch wenn sie noch gar nicht in der Regierung ist. (Heiterkeit des Abg. Mag. Molterer.) Das ist ein starker Sager, Herr Kollege Broukal, aber er stimmt (Abg. Broukal: Ich habe auch einen schönen Sager gehört: von den Emanzen, die flachliegen!): Falsche Konzepte führen zu echten Pleiten. Ihre falschen Konzepte führen zu echten Pleiten! Sie kennen die Beispiele. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich brauche die Beispiele nicht anzuführen. „Konsum“: größte Handelspleite in der Ge­schichte der Zweiten Republik, 17 Milliarden Schulden, 5 000 Arbeitsplätze weg. Ver­staatlichte Industrie: größte Industriepleite in der Geschichte der Zweiten Republik, 120 Milliarden Schilling Schulden, 50 000 Arbeitsplätze weg. Bank Burgenland, jetzt die BAWAG: 3 Milliarden €.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Fällt Ihnen bei „3 Milliarden €“ etwas auf? (Abg. Dr. Matznetter: ... den Herrn Taus!) Das ist der gleiche Betrag, den Ihre Spitzenfunktionäre von der Gewerkschaftsseite in der Karibik versenkt haben: 3 Milli­arden €!

Meine Damen und Herren, ich habe den Kollegen Fritz Neugebauer gefragt, was der durchschnittliche monatliche Gewerkschaftsbeitrag ist. Er hat gesagt, so ungefähr 20 € pro Monat.

Wenn man das jetzt umrechnet, dann heißt 3 Milliarden €, dass 15 Jahre lang jeden Monat 1,5 Millionen Gewerkschaftsmitglieder ihren Beitrag gezahlt haben und der Bei­trag von 15 Jahren weg ist. (Abg. Mag. Molterer: 15 Jahre!) Das ist unsozial, meine Damen und Herren! Das ist genauso unsozial wie eine Pensionskürzung um 70 Pro­zent. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwi­schenruf der Abg. Dr. Fekter.) Das ist genauso unsozial wie eine Kürzung der Witwen­pension um 50 Prozent, meine Damen und Herren.

Übersehen Sie das nicht! Sie, die immer behaupten, Sozialkompetenz zu haben, haben sie inzwischen verloren. Ich denke, das erleben jene ÖGB-Mitarbeiter, jene BAWAG-Angestellten, die heute in diesem Schlamassel drinnen sind.

Meine Damen und Herren, wir führen keinen BAWAG-Wahlkampf, wir führen einen Po­sitiv-Wahlkampf (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), aber Sie aus dieser Verantwortung herauszulassen, wäre grob fahrlässig, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Jarolim: Der Witz des Tages!) Diese Verantwortung können Sie nicht ablehnen.

Ihre Strategie besteht darin, zu sagen: Das waren ein paar kriminelle Manager. – Bitte, wer hat denn diese ausgesucht? Wer war denn der Eigentümervertreter? Wer war der Aufsichtsratsvorsitzende nach Aktiengesetz? (Abg. Riepl: Der Neugebauer war auch dabei! – Abg. Schöls – in Richtung des Abg. Riepl –: Jetzt auf einmal!) Die haben diese jetzt von Ihnen als korrupt Bezeichneten alle eingesetzt, Herr Kollege Riepl. Das ist Eigentümerverantwortung! Der ÖGB hat als Eigentümer völlig versagt, meine Da­men und Herren! Sich jetzt abzuputzen – so einfach ist das nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ein Wort noch zum ÖGB. Ich kenne Clemens Schneider schon lange, schon aus der Zeit, bevor er Finanzreferent des ÖGB wurde. Ich habe unlängst gelesen, dass er ge­sagt hat: Den sagenumwobenen Streikfonds hat es nie gegeben. – Ja, meine Damen und Herren Spitzengewerkschafter, Richard Leutner, Csörgits und so weiter: Den hat es nie gegeben? (Abg. Mag. Molterer: Hört! Hört! – Gegenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Ich kann mich an viele ÖGB-Bilanzen erinnern, wo jedes Jahr drinnen stand: Zuwen­dung an den Solidaritätsfonds – 25 Millionen Schilling. Immer der gleiche Betrag. Ja,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 132

wenn es das nicht gegeben hat: Wo ist das Geld? (Abg. Dr. Fekter: Wo ist denn das hingekommen?) Herr Kollege Riepl, kommen Sie heraus und erklären Sie uns das! Wo sind die 25 Millionen Schilling, die jedes Jahr, Jahr für Jahr zugewiesen wurden? –Den hat es gar nicht gegeben, heißt es plötzlich. Also, was Sie mit Ihren Mitgliedern auffüh­ren, meine Damen und Herren von der Gewerkschaft – 1,4, früher waren es 1,5 oder 1,6 Millionen Mitglieder –, ist derart unsozial, dass es eigentlich meine fürchterlichsten Befürchtungen übersteigt.

Kein Streikfonds, 3 Milliarden € in der Karibik versenkt (Abg. Dr. Fekter: Verrat an den Arbeitern!) – also Gott behüte, dass Sie jemals an die Regierung kommen, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Wolfgang Flöttl hat gestern vor dem Staatsanwalt – das war auch in Interviews in der „ZiB“ um 13 Uhr und in der „ZiB 2“ zu hören – penibel nachweisen können, dass er aus seinem Bilderverkauf an viele Stiftungen und Bankkonten 240 Millionen € überwiesen hat. (Abg. Riepl: Was der Taus beim Herrn Elsner wollte, das wäre interessant!) Die heutigen BAWAG-Manager sagen – und ich habe große Hochachtung vor dem Kolle­gen Nowotny, der jahrelang bei uns im Parlament war –: Eingelangt sind gerundet 200 Millionen €. – Das heißt, es fehlen 40 Millionen €. Wohin sind diese 40 Millionen € geflossen? Wohin sind 25 Millionen Schilling Zuweisung an den Streikfonds jährlich verschwunden, meine Damen und Herren?

Ich habe fast die Befürchtung, Herr Kollege Riepl, dass wir noch nicht einmal den ganzen Eisberg erkennen können, von dem, was da passiert ist. In diesem roten Filz, meine Damen und Herren, steckt ein derartiger Skandal drinnen, der alle unsere negativsten Vorstellungen übersteigt. Und Sie haben die Verantwortung, Sie haben die Hauptverantwortung dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich verstehe Ihre Zwischenrufe. (Abg. Oberhaidinger: Neugebauer!) Noch einmal: Es ist wahnsinnig unangenehm – ich möchte nicht in Ihrer Lage sein! –, dass wenige Tage vor einem wichtigen Wahlgang nachgewiesen und vom Handelsgericht Wien bestätigt wird (Abg. Dr. Matznetter: Dass der Herr Taus ...!), der Ausspruch „Die Gusenbauer-SPÖ kann nicht wirtschaften“ ist richtig. – Das ist keine Kreditschädigung! Sie können wirklich nicht wirtschaften, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) – Handelsgericht Wien, nicht ÖVP-Pressedienst: Die Gusen­bauer-SPÖ kann nicht wirtschaften!

Ich habe es früher schon gesagt: Das Problem der SPÖ ist, solange sie in der Opposi­tion ist, kann sie zwar auch via BAWAG 3 Milliarden € in der Karibik versenken, aber sie kann im Staat noch keine Pleiten verursachen. Wenn Sie in die Lage kämen, wie­der Regierungsverantwortung zu tragen, dann führten Ihre falschen Konzepte immer wieder zu echten Pleiten! Das lässt sich mit vielen Beispielen nachweisen.

Wir sagen daher dem Wähler: Keine Experimente, Fortsetzung dieses erfolgreichen Kurses der Regierung Schüssel! Fortsetzung der erfolgreichen Finanzpolitik von Karl-Heinz Grasser und Alfred Finz, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Abg. Silhavy: Fortsetzung der Arbeitslosigkeit!) Wir müssen das dem Wähler sagen! Wir müssen ihn vor einer Politik warnen, die durch Defizite, Belas­tung, Verschuldung gekennzeichnet ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich könnte jetzt viele Beispiele anführen, wo ich nachweisen könnte, wie sehr diese Wirtschaftspolitik der Regierung alle wirtschaftlichen Kennzeichen umgedreht hat. Ich habe mir da ein Zitat eingesteckt, hoffentlich finde ich das jetzt. Da hat es in der letzten Nummer des Wirtschaftsmagazins „Gewinn“ ein sehr schönes Zitat von Herausgeber


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Georg Waldstein gegeben, meine Damen und Herren. Es ist ein bisschen länger, aber ich lese es ausnahmsweise vor. Ich zitiere:

„Würde unser Land, wie bisweilen propagiert, tatsächlich wie ein Wirtschaftsunterneh­men geführt werden, wären wir eine „Österreich AG“, dann würde der 1. Oktober 2006 ein Tag wie jeder andere sein. Ohne viel Aufhebens würde zu diesem Termin die Amtszeit des gegenwärtigen Vorstands um weitere vier Jahre verlängert werden, denn zu eindeutig erschiene die vorgelegte Erfolgsbilanz:“ (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Nur ein paar Beispiele. Ich zitiere weiter:

„Die Kaufkraft jedes Österreichers liegt derzeit um 23 Prozent über dem EU-Durch­schnitt; Österreich ist hinter Luxemburg, Irland und Dänemark das viertreichste Land der EU, weit vor Frankreich, Deutschland oder Italien.“ – Bravo, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das viertreichste Land der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Nächster Punkt der Erfolgsbilanz der Regierung:

„Seit 2001 sank die Steuer- und Abgabenquote in Österreich von 44,8 Prozent des BIP auf gegenwärtig 40,6 Prozent. Die Schulen der öffentlichen Hand sanken im selben Zeitraum von 66,3 auf 62,3 Prozent“. – Bravo, meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Erfolg dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich lese nicht alles vor. Zwei Punkte vielleicht noch:

„Die nach wie vor zu hohe Arbeitslosenquote wird im EU-Vergleich deutlich relativiert, denn hier steht es 4,8 Prozent in Österreich gegen acht im EU-Durchschnitt.“ – Bravo, meine Damen und Herren! Jeder Arbeitslose ist einer zu viel, da sind wir uns sofort einig. Aber halb so hoch wie im EU Durchschnitt!

Herr Kollege Riepl, was sagen Sie dazu? – Da sind Sie sprachlos. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Bravo der Regierung für diese Arbeitsmarktpolitik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Der nächste Punkt – das ist alles nicht ÖVP-Pressedienst, das ist alles Wirtschafts­magazin beziehungsweise dessen Herausgeber –:

„Die Zahl der in Österreich unselbständig Beschäftigten bedeutet mit 3,3 Millionen einen neuen Rekord, gemeinsam mit Selbständigen und Landwirten stehen 4 Millionen Österreicher im Erwerbsleben.“ – 4 Millionen Österreicher im Erwerbsleben, meine Da­men und Herren! Bravo dieser Regierungspolitik, meine Damen und Herren. Bravo, Herr Kollege Riepl! Sie sollten das anerkennen. Machen Sie das Land nicht schlecht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Machen Sie die Mitarbeiter nicht schlecht! Die wollen arbeiten und die wollen zum Teil auch Teilzeit arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Wir haben das heute in der Diskussion in der Aktuellen Stunde schon besprochen. Jahrelang haben wir die Wirt­schaft gebeten: Bitte, bitte, bietet auch Teilzeitbeschäftigungsplätze an, weil die Nach­frage da ist! – Jetzt sagt ihr plötzlich: Na, das sind ja keine vollwertigen Arbeitsplätze.

Ich habe unlängst den Personalchef von Philips in Österreich gefragt: Ich möchte ein­mal wissen, bei wie vielen Teilzeitangeboten geht die Initiative vom Unternehmen aus und für wie viele geht sie vom Mitarbeiter aus? – Er hat mir gesagt, bei 95 Prozent der Teilzeitplätze geht die Initiative vom Mitarbeiter aus – diese wollen Teilzeitbeschäfti­gung! –, bei 5 Prozent geht sie vom Unternehmen aus. Ein Erfolg dieser Bundesregie­rung, dass wir auch die Teilzeitarbeit gefördert haben – was Sie auch immer gefordert


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haben, nur jetzt passt es Ihnen nicht, weil es eine stolze Erfolgsbilanz ist! Auch das ha­ben wir bewältigt, auch da haben wir für die Frauen Arbeitsplätze geschaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich könnte die Liste noch lange fortsetzen. Faktum ist: Allein die Erfolgsbilanz dieser Bundesregierung würde eigentlich schon bedeuten, dass dieser erfolgreiche Kurs die nächsten vier Jahre fortgesetzt werden kann. (Abg. Grad­wohl: „Leider“ gibt es eine Wahl dazwischen!)

Dazu kommen noch – zweitens – die Spitzenkandidaten. Ich zitiere meinen Landes­hauptmann: Der Vergleich ist der Vergleich zwischen Meister und Lehrling.

Ich zitiere noch einmal „NEWS“: Verheerende Ergebnisse, was die Führungskom­petenz betrifft. „Inferiore Werte“, erschütternd, „niederschmetternd“, meine Damen und Herren.

Und schauen Sie das Team an, schauen Sie Karl-Heinz Grasser an! Wo haben Sie etwas Vergleichbares? Na, glauben Sie, Kollege Matznetter ist das, den ich durchaus schätze? Aber, Herr Kollege, das kann es nicht sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sil­havy: Na geh! Hör auf! – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Oder Sepp Pröll, dem es gemeinsam mit Karl-Heinz Grasser gelungen ist, die Mittel für den ländlichen Raum nicht, wie es Gusenbauer gefordert hat, auf die Hälfte zu reduzie­ren, sondern sie sogar noch zu steigern. Darum haben wir diesen Aufschwung in den ländlichen Regionen – mein Kollege Fritz Grillitsch wird dann noch darauf zurückkom­men –, darum haben wir diese Aufbruchstimmung!

Wenn ich Ihnen meinen Terminkalender der letzten zwei Wochen zeigte – Eröffnung da, Spatenstich dort, Eröffnung da –, würden Sie sehen, dass eine unglaubliche Auf­bruchstimmung herrscht. (Abg. Bures: Waren Sie auch beim Herrn Taus?)

Frau Kollegin, halten Sie Ihre negative Energie ein bisschen zurück! Machen Sie lieber bessere Konzepte! Wählen Sie einen anderen Spitzenkandidaten, dann würde es Ihnen wahrscheinlich besser gehen! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war ein saftiger Rohrkrepierer!)

15.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

 


15.20.59

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Günter Stummvoll hat die Finanz- und Wirtschaftspolitik angesprochen. Wenn ich die letzten Wochen, eigentlich Monate die Auseinandersetzungen hier im Hohen Haus in den letzten Parlamentsdiskussionen Revue passieren lasse, dann ist mein Eindruck, die Regierung stellt Leistungen dar, die wir in den letzten sechs Jahren erreichen konn­ten, und auf der anderen Seite – auch heute am Vormittag – kommt der Vorwurf der Oppositionsparteien, die Bundesregierung würde Schönfärberei betreiben, die Bundes­regierung würde alles schönreden, schönfärben.

Ich möchte das so nicht stehen lassen, ich möchte Ihnen sagen: Erstens, Österreich muss man nicht schönreden, muss man nicht schönfärben, sondern Österreich ist schön. Es geht uns gut in Österreich, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Zweitens ist es völlig klar: Jeder von uns will Wahlen gewinnen – das soll in einer De­mokratie so sein. Wenn Sie dann sagen, Günter Stummvoll wird eher die Regierungs-


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arbeit loben, der Finanzminister wird eher die Regierungsarbeit loben, dann sage ich: Einverstanden! Das tun wir so, wie Sie die Rolle der Kritiker üben. Keine Frage. So soll es auch sein in einer Demokratie.

Ich möchte aber aufgreifen, was Herr Abgeordneter Stummvoll gesagt hat. Wenn das so wäre, wie Sie sagen – es wird alles schöngefärbt und es ist in Wirklichkeit nicht so toll –, meine Damen und Herren von der Opposition, dann frage ich Sie: Warum ist es so, dass der „Focus“, ein deutsches Magazin, schreibt: „Felix Austria“ – glückliches Österreich? Warum ist es so, dass das deutsche „manager magazin“ schreibt: „Öster­reich – das bessere Deutschland“? Warum ist es so, dass der „stern“ geschrieben hat: „Österreich“ ist „Spitze“? 

Warum ist es so, dass die Zeitungen, die Günter Stummvoll als Beispiele gegeben hat – „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Neue Zürcher Zeitung“, „Financial Times“ –, über das Erfolgsmodell Österreich schreiben? – Ich kann mir nicht vorstellen, dass all diese internationalen Zeitungen sagen, Sie wollen unbedingt den Bundeskanzler Schüssel in Österreich weiter verlängern, und dass sie irgendwie parteipolitisch agie­ren würden. Ich denke, es ist eher so, dass sie sagen: Objektiv hat sich Österreich in den letzten Jahren offensichtlich so gut entwickelt, dass wir eine internationale Presse haben, wie wir sie über Jahre und Jahrzehnte nicht gehabt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich frage, meine Damen und Herren: Warum wird uns von den europäischen Wachs­tumsunternehmen der Preis für die beste Finanz- und Wirtschaftspolitik im Jahr 2004 verliehen? Warum ist das so? Weil sie uns unbedingt loben müssen und sagen müs­sen: Die österreichische Bundesregierung, der Finanzminister machen einen so guten Job, wir müssen euch unterstützen!? – Das glaube ich nicht. Vielleicht weil sie sagen: Im internationalen Vergleich, im europäischen Vergleich macht ihr es einfach ganz gut.

Um auf eine andere Ebene der Diskussion zu gehen: Im Jahr 1999 gab es 18 800 Deutsche in Österreich, die in Österreich gearbeitet haben und gesagt haben, sie verdienen hier ihr Geld, sie kriegen hier einen Job, es ist besser in Österreich zu arbeiten als in Deutschland. Ich frage Sie: Warum ist es so, dass wir heuer mehr als 53 000 deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich haben und diese offensichtlich sagen, in Österreich geht es ihnen besser als in Deutschland?

Überlegen Sie: Wer ist interessiert am Standort Österreich? Wer überlegt, in Österreich zu investieren? Auch hier zwei Zahlen: Im Jahr 1999 hat es 500 Anfragen von deut­schen Unternehmen gegeben, die gesagt haben: Wir überlegen uns, nach Österreich zu gehen. (Abg. Dr. Matznetter: Aber niemand ist gekommen!) – 1999 mag niemand gekommen sein, heute sicher, Herr Abgeordneter, daran brauchen Sie keinen Zweifel zu haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Im Jahr 1999 gab es also 500 Anfragen. Im Jahr 2005 gab es 1 084 Anfragen, das sind mehr als doppelt so viele, aus Deutschland. (Abg. Dr. Matznetter: Keiner gekommen!) Bis August des heurigen Jahres gab es 1 157 Anfragen, also mehr als im gesamten letzten Jahr. Das Interesse an Österreich als Wirtschafts- und Arbeitsstandort ist also offensichtlich ein großes.

Ich stelle die Frage: Warum, meine Damen und Herren, war es so, dass in Österreich im Jahr 1999 die gesamten Auslandsinvestitionen – wer von der gesamten Welt in Österreich investiert hat – 2,8 Milliarden €, im Jahr 2005 7,2 Milliarden € betrugen? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Jo­hann Moser.)


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Nun die Gesamtzahl – denn dann sind wir in einer differenzierten Debatte; sonst sagen Sie unter Umständen, das war ein statistischer Ausreißer. Nur damit Sie dieses Argu­ment nicht gebrauchen:

Gesamte Auslandsinvestitionen in Österreich im Jahr 1999 – alles zusammen, aufge­baut über 30, 40 Jahre – waren 23,3 Milliarden €. Im Jahr 2005 hatten wir 52,5 Milliar­den €. Fast 30 Milliarden € mehr an Auslandsinvestitionen in Österreich, weil wir es offensichtlich geschafft haben, einen guten, einen attraktiven, einen wettbewerbsfähi­gen Standort zu schaffen! Das zahlt sich aus für Arbeitsplätze, für eine Reduktion der Arbeitslosigkeit! Das ist ein guter Weg für unser Land, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Botschaft, die übrig bleibt, ist einfach – und das ist die Antwort, die ich Ihnen geben möchte –: Wir können einfach gut wirtschaften! Österreich steht heute besser da als im Jahre 1999, und das wird die Bevölkerung am 1. Oktober auch beantworten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich darf zur Beantwortung der Fragen kommen.

Zur Frage 1:

In 30 Jahren sozialdemokratischer Regierungen, 30 Jahren sozialdemokratischer Fi­nanzminister, sozialdemokratischer Bundeskanzler hat die SPÖ letztmalig im Jah­re 1974 einen Überschuss bei den Staatsfinanzen erwirtschaften können. Die SPÖ-Ära war geprägt von Defiziten und von einem Immermehr an Schulden, an Rekordschul­denständen. 30 Jahre sozialdemokratischer Finanzminister haben die Staatsschulden­quote erhöht: von 18,8 Prozent, die man Anfang der siebziger Jahre übernommen hat – also knapp 19 Prozent –, auf knapp 70 Prozent im Jahr 1999.

Das durchschnittliche Budgetdefizit sozialdemokratischer Finanzminister betrug 3,1 Prozent. Im Durchschnitt der letzten 30 Jahre gab es 3,1 Prozent Defizit. Das heißt, Sie haben gesagt: Egal, ob gute oder schlechte Zeiten: Hauptsache rote Zahlen, immer Defizite, immer neue Schulden. Das war Ihre Politik für Österreich! (Abg. Mag. Johann Moser: Sie haben keine Ahnung!)

Das hat dazu geführt, dass wir 7 Milliarden € an Zinszahlungen zu übernehmen gehabt haben, an denen wir zahlen, an denen die Kinder und Kindeskinder und die nächsten Generationen zahlen werden. Überlegen Sie: Hätte es diese Schuldenpolitik in Ös­terreich nicht gegeben – was könnte man mit 7 Milliarden € tun? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren, weil diese Regierung für Entlastung steht, gebe ich Ihnen ein Beispiel, wie wir entlasten könnten: Wenn wir die Zinsen nicht zahlen müssten für Ihre Altschulden, die Sie uns übergeben haben, könnten wir jeden Steuerpflichtigen um 1 186 € im Jahr entlasten, jeden Steuerzahler sogar um 2 090 €! Jeder Steuerzahler würde mehr als 2 000 € weniger pro Jahr an Steuern zahlen. Das wäre eine Politik, wo wir sagen: Das zahlt sich aus, das ist eine weitere Attraktivierung. (Abg. Neudeck: Können wir das in der Löwelstraße abholen, die 2 000 €?)

Ich denke, das Bild ist auch in dieser Frage klar: Schuldenpolitik auf der einen Seite, ausgeglichener Haushalt auf der anderen Seite, eine neue Qualität bei den Staats­finanzen. Wir machen eine Politik, die sich für die Bevölkerung auszahlt: Weniger Steu­ern, mehr Arbeitsplätze für Österreich, ein besserer Standort. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Frage 2 betrifft die Entlastung. Ich möchte mit der Entlastung der Haushalte beginnen. Wir haben vor allem die Zielsetzung gehabt, kleine und mittlere Haushalte, kleine und


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mittlere Einkommensbezieher zu entlasten: Wir haben das mit einem Entlastungsvolu­men von etwa 1,5 Milliarden € gemacht. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Um ein Beispiel zu geben und die Entlastung in ihrer Wirkung klarer zu machen: Eine allein verdienende Mutter mit zwei Kindern – also typisch diese Gruppe, die wir entlas­ten wollten, da existenzbedroht: eine Mutter mit zwei Kindern – mit einem Bruttomo­natseinkommen von 1 500 € (Abg. Heinisch-Hosek: Die verdient überhaupt nicht so viel, dass Sie sie entlasten können!) – möchte ich Ihnen sagen! – erfährt eine Entlas­tung von 744 € netto, die sie mehr in der Brieftasche im Jahr hat. Bei 1 500 € brutto 744 € netto mehr in der Brieftasche.

Damit können Sie auch sehen, wie aktive Frauenpolitik ausschaut; das wurde ja heute am Vormittag schon diskutiert.

Die SPÖ hat dann viel davon geredet, dass für den Mittelstand nichts passiert sei.

Meine Damen und Herren! Einer, der 3 300 € im Monat verdient, zählt für mich durch­aus zum gehobenen Mittelstand in Österreich. Um wie viel ist dieser entlastet worden? Der hat immerhin durch die Steuerreform eine Entlastung von 480 € erfahren. Also auch den Mittelstand mit einem Monatsgehalt von 3 300 € brutto haben wir mit 480 € netto mehr in der Brieftasche entlastet.

Da muss ich Ihnen schon sagen, das kann ich Ihnen nicht ersparen: Sie reden in Ihrer Wahlwerbung von Entlastung und plakatieren, wen Sie nicht allen entlasten würden. Hier im Hohen Haus, wo es darum gegangen ist, eine Entlastung zu beschließen, ha­ben Sie dagegen gestimmt. – So viel zur Frage Ihrer Glaubwürdigkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Das Mikrophon auf der Re­gierungsbank wird auf Grund technischer Probleme ausgetauscht. – Abg. Bures: Das hält das Mikrophon nicht aus!) – Das ist ein so großer Text, Frau Abgeordnete, dass man ein zweites Mikrophon dazu braucht.

Mittelstand, Klein- und Mittelbetriebe, meine Damen und Herren. – Die SPÖ entdeckt den Mittelstand. Das sagt sie zumindest. Wir kommen aus dem Mittelstand, wir stehen für den Mittelstand, wir machen Politik für den Mittelstand.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass die Klein- und Mittelbetriebe für mehr als die Hälfte der Beschäftigung, für die Wertschöpfung, für die Investitionen in Österreich verantwortlich sind. Und deswegen war es von Beginn an unsere Zielsetzung, ganz konsequent, ganz bewusst diesen Mittelstand, die tausenden Klein- und Mittelbetriebe entsprechend zu entlasten.

Ich möchte Ihnen nur einige Maßnahmen aufzählen: begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne. Ich habe immer gesagt: Wenn ein Unternehmer bereit ist, das Geld im Unternehmen zu belassen, damit das Unternehmen stärker wachsen kann, damit man Arbeitsplätze für mehr Beschäftigte sichern kann, dann sollte man da eine entsprechende Attraktivierung machen, einen Anreiz geben. Daher: begünstigte Be­steuerung nicht entnommener Gewinne.

Weitere Maßnahmen, die wir gesetzt haben: Tarifreform im Bereich der Einkommen­steuer, Einkommensteuersenkung, Körperschaftsteuersenkung auf 25 Prozent, steuer­liche Begünstigungen für die Einnahmen-Ausgaben-Rechner, steuerliche Forschungs­förderung, Bildungsprämie, Bildungsfreibetrag, Investitionszuwachsprämie und auch die Einführung der Lehrlingsprämie und die Einführung des Blum-Bonus, wo man heute an den Lehrlingszahlen sieht, dass es wirkt und dass wir vielen jungen Men­schen damit Gott sei Dank auch einen Lehrplatz geben können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)


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Meine Damen und Herren, um es zu objektivieren: Das Institut für Höhere Studien hat eine Untersuchung gemacht und ist draufgekommen: Die Klein- und Mittelbetriebe wur­den durch die Maßnahmenpakete dieser Bundesregierung in Summe mit 1,3 Milliar­den € jährlich entlastet. 1 300 Millionen € jährlich an Entlastung für die Klein- und Mit­telbetriebe! Sie haben dagegen gestimmt – wir haben es umgesetzt. Das ist der Unter­schied! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Zur Frage 3 – da wird die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage der Krankenversi­cherung angesprochen, wie sie auch Alfred Gusenbauer vorgeschlagen hat –: Die An­hebung der Höchstbeitragsgrundlage belastet natürlich den Mittelstand in Österreich. (Abg. Dr. Matznetter: Aha!) Das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Dr. Matznetter: Wie viel sind das?)

Das, was Sie sich haben einfallen lassen, ist eine neue Besteuerung des Mittelstandes. Sie haben vorgeschlagen, die Höchstbeitragsgrundlage von 3 750 € auf 5 000 € anzu­heben. Ich kann Ihnen gerne vorrechnen, was das für jemanden, der 5 000 € brutto im Monat verdient, bedeuten würde. Der hätte, wenn dieser Ihr Vorschlag realisiert wer­den würde, eine Nettobelastung von 369 €, der würde im Monat 369 € mehr an Abga­ben zahlen. Und auf der anderen Seite wäre der Arbeitgeber zusätzlich mit bis zu 274 € belastet. Das heißt: In Summe belastet Ihr Vorschlag bei einem Monatsbrutto­bezug von 5 000 € Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit mehr als 600 € im Monat. (Abg. Bures: Sie haben die Rezeptgebühren erhöht!) Ich glaube, dass das eine sehr, sehr deutliche Belastung wäre. Die wird es mit uns nicht geben. Wir wollen keine Belas­tung, wir wollen eine Entlastung des Mittelstandes! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Bures: Wie hoch sind die Rezeptgebühren? Wissen Sie überhaupt, was ein Pulver kostet?)

Es ist auch die Mineralölsteuer angesprochen worden. Die Grünen haben vorgeschla­gen, die Mineralölsteuer beim Diesel an den Satz des Benzins anzugleichen, das heißt, die Mineralölsteuer für Diesel zu erhöhen. Wir haben berechnet, was das kosten wür­de. Das wäre ein zusätzliches Aufkommen und damit eine Belastung für die Diesel-PKW in Österreich von etwa 800 Millionen € pro Jahr durch die Mineralölsteuer. Dazu kämen rund 70 Millionen € an Umsatzsteuer. Das wären 870 Millionen € mehr an Be­lastung alleine durch die Mineralölsteuer für die Diesel-PKW-Benützer.

Wenn man weiß, dass etwa 60 bis 70 Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge Diesel-PKW sind, dann weiß man, welch massive Belastung das für die Bevölkerung, für die Pendler darstellen würde. Auch da sage ich Ihnen: Diese Belastung wird es mit uns nicht geben! Gerade bei hohen Ölpreisen, hohen Energiepreisen macht das wirk­lich keinen Sinn. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Auch das Thema Erbschafts- und Schenkungssteuer ist angesprochen worden. Wir haben uns das Thema angesehen. Sie wissen, dass ein Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofs vor der Türe steht, das zu einer massiven Mehrbelastung führen könnte. Daher lautet unsere Antwort bei etwa 87 000 Fällen, die es im letzten Jahr, im Jahr 2005, an Erbschaften, an Schenkungen gegeben hat: Wir wollen die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer! Wir wollen sie deswegen abschaffen, weil es dadurch einen hohen Verwaltungsaufwand gibt, weil es ein ungerechtes, ein kompli­ziertes System ist, weil sie eine Belastung für die Eigenheimübergabe darstellt, weil sie eine Belastung für die Betriebsnachfolge ist.

Wir haben uns angesehen: Welche Schenkungen trifft das? Welche Vermögen trifft das? Und ich darf Ihnen sagen, dass wir in Österreich zu 99 Prozent kleine und mittlere Schenkungen beziehungsweise Erbschaften haben. Deswegen ist die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer eine breite Entlastung für kleine, für mittlere Ein-


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kommen und Vermögen und damit ein ganz, ganz wichtiger Punkt, den wir umsetzen wollen, weil wir sagen: Entlastung ist ein wichtiger Weg, gerade auch für eine Erben­generation, und dann, wenn es die kleinen, mittleren Vermögen trifft, eine richtige, eine gute Entlastung! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Scheibner.)

Nun zur Frage 4, die da lautet: Wie soll eine zukünftige Steuerreform aussehen? – Ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass man darlegt: Was sind die Eckpfeiler einer zu­künftigen Entlastung?, wenn eine Bundesregierung, so wie wir das tun, sagt: Wir wollen die Entlastung fortsetzen!

Meine Damen und Herren! Unser nächstes Ziel ist es, einen ausgeglichenen Haushalt zustande zu bringen, so wie wir das auch im Jahr 2000 gemacht haben, um damit die Leistbarkeit für eine nächste Steuerreform, für eine nächste Entlastung herbeizuführen.

Die wesentlichen Zielsetzungen der nächsten Steuerreform: natürlich Stärkung der Wirtschaft, natürlich Stärkung der Kaufkraft und die Schaffung von klaren, einfachen Strukturen und klaren Systemen.

Die wesentlichen Eckpfeiler der Steuerreform: eine neue Einkommensbesteuerung, eine neue, einfachere, nachvollziehbare, transparentere Einkommensteuer, eine Ab­senkung der Progression, eine weitere Unterstützung für kleine und mittlere Einkom­men, eine Spitzensteuersatzsenkung, damit man auch das Signal gibt: Leistung zahlt sich wieder aus in Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Frei­heitlichen – BZÖ.)

Zweiter Punkt: Eine rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung. Wir wollen nicht mehr: hier Einzelunternehmen und Personengesellschaften, dort Kapitalgesellschaften, GmbHs, Aktiengesellschaften, sondern wir wollen eine attraktive, flache Unterneh­mensbesteuerung, 25 Prozent oder weniger für alle bilanzierenden Unternehmen. Da­mit wollen wir den nächsten großen Schritt auch für den Wirtschafts- und Arbeitsstand­ort setzen.

Dritter wesentlicher Eckpfeiler der Steuerreform, die geplant ist: Abschaffung von Ab­gaben. Wir glauben, dass das Beste, auch in Richtung Vereinfachung, die komplette Abschaffung von Abgaben ist.

Erster Punkt: Die Werbeabgabe wollen wir abschaffen.

Zweiter Punkt: Die Gesellschaftssteuer wollen wir abschaffen.

Dritter Punkt: Rechtsgeschäftsgebühren – denken Sie an Kreditgebühren, denken Sie an Leasingverträge, an Bestandsverträge! – wollen wir abschaffen, weil das keinen Sinn macht für den Standort Österreich.

Vierter Punkt: Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer – schon angespro­chen.

Damit ist klar: Diese Bundesregierung stellt sich hin vor die Bevölkerung und sagt: Wir wollen einen Weg des Absenkens der Steuern fortsetzen! Wir stehen für Entlastung, wir wollen den Menschen mehr Freiheit geben, wir wollen, dass Leistung in unserem Land besser belohnt wird! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheit­lichen – BZÖ.)

Zur Frage 5: Arbeitsmarkt.

Ich glaube, das ist eine der ganz, ganz zentralen Themensetzungen für uns alle. Im Jahr 1999 hat man unter dem damaligen SPÖ-Finanzminister Edlinger 760 Millionen € für den Arbeitsmarkt, für die aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben. Im Jahr 2006 be­läuft sich der Betrag, den wir für die aktive Arbeitsmarktpolitik einsetzen, auf 1,77 Mil­liarden €. Das heißt, wir haben die Ausgaben für den Arbeitsmarkt mehr als verdoppelt.


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Die Antwort, die wir darauf bekommen haben, die Antwort, welche die Wirtschaft uns gegeben hat, die Klein- und Mittelbetriebe uns gegeben haben, ist Rekordbeschäfti­gung in Österreich. Wir haben immerhin 3 365 000 Beschäftigte in Österreich. Das sind 175 000 Menschen mehr in Beschäftigung als im Jahr 1999, was einfach eine tolle Leistungsbilanz unserer Wirtschaft, unserer Betriebe ist.

Wir sind sehr, sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, mit Martin Bartenstein die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen. Wenn Sie sich die Augustzahlen ansehen, dann können Sie feststellen, dass es uns gelungen ist, die Arbeitslosigkeit um 18 000 abzusenken. (Abg. Broukal: Nach sechs Jahren ist es gelungen! Das bringt jeder zusammen!) 18 000 weniger Arbeitslose und 58 000 mehr Beschäftigte im August des heurigen Jahres als im letzten Jahr!

Das zeigt: Wir machen eine Arbeitsmarktpolitik, die den Beschäftigten, die den Men­schen im Mittelpunkt hat. Arbeit ist einfach das Wichtigste für uns alle, ist Sinnstiftung für uns alle. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Daher ist die wichtigste Zielsetzung, die Arbeitslosigkeit weiter hinunterzubringen.

Nun komme ich zur Frage 6.

Da wird gefragt nach der Bilanz der letzten sechs Jahre. – Ich darf hier nur stichwortar­tig sagen: Wir sind im Jahr 2006 in der guten Situation, dass wir an der Konjunkturfront immer bessere Nachrichten bekommen. 3,2 Prozent reales Wachstum hat die österrei­chische Notenbank für das Jahr 2006 prognostiziert.

Wir haben das dritthöchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.

Wir haben die zweithöchste Kaufkraft pro Kopf in der Wirtschafts- und Währungsunion.

Wir haben eine Rekordbeschäftigung; das wurde schon angesprochen.

Wir sind im Export Europameister, was die Wachstumsraten bei den Exporten betrifft; die Exportwirtschaft wurde vorhin auch schon angesprochen.

Nettonationaleinkommen in Österreich seit dem Jahr 1999 40 Milliarden € – höhere Nettonationaleinkommen als damals.

30 Milliarden € liegen zusätzlich auf den Sparkonten. Die Spareinlagen der privaten Haushalte haben um 30 Milliarden € zugelegt.

Ich glaube daher, dass die Leistungsbilanz stimmt. Das ist eine gute Entwicklung, die Österreich hier in den letzten sechs Jahren gemacht hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Frage 7 befasst sich mit der BAWAG, mit dem Schaden von mehr als 3 Milliar­den €. Die Frage lautet: Wie viele Arbeitnehmer könnte man mit diesem Geldbetrag von 3 Milliarden € beschäftigen?

3 Milliarden € sind knapp 42 000 Millionen Schilling. Damit könnte man bei einem Durchschnittsgehalt von 22 000 € im Jahr – das ist ein durchschnittliches Bruttogehalt in Österreich – immerhin 136 000 Menschen Beschäftigung für ein Jahr geben. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Das sind etwa 70 Prozent der Arbeitslosen, die man für ein Jahr in Österreich zu einem Bruttogehalt von 22 000 € beschäftigen könnte – dies nur, um die Dimension dieses Schadens entsprechend darzustellen.

In Frage 8 wird gefragt nach der Höhe der Abfertigung des ehemaligen Generaldirek­tors Elsners. – Die Abfertigung von Elsner hat laut Medienberichten einen Betrag von 6,8 Millionen € erreicht. Wenn man überlegt: 6,8 Millionen € an Abfertigung für den Herrn Elsner!, dann muss man sagen: Der durchschnittliche österreichische Verdiener,


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der durchschnittliche Arbeitnehmer hätte 309 Jahre arbeiten müssen, um eine solche Abfertigung zu bekommen.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, meine Damen und Herren: Ich bin wirklich sprach- und fassungslos darüber, dass ein Fritz Verzetnitsch und ein Herr Weninger bei einer sol­chen Abfertigungszahlung haben zuschauen können, ich frage mich, wieso sie das nicht verhindert haben. Ich verstehe es nicht, wie man bei mehr als 3 Milliarden € an Schaden noch eine Abfertigung in der Höhe von 93 Millionen Schilling nachwerfen kann. Das ist mir unbegreiflich! (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frage 9:

Diese befasst sich mit den Beratungsleistungen des Dr. Vranitzky und der 1 Million Schilling, die er für diese Beratungen offensichtlich bekommen hat. – Der Beitritt Öster­reichs zum Europäischen Währungssystem, zum Wechselkursmechanismus erfolgte bereits eine Woche nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, also im Jän­ner 1995. Am 1. Jänner 1999, also ein Jahr vor der so genannten Beratungsleistung, ist der Euro als Buchgeld eingeführt worden, ist er also im Interbankenverkehr bereits da gewesen. Das bedeutet also, dass ab diesem Zeitpunkt nur noch die tatsächliche Bargeldeinführung offen war. Die Bargeldeinführung ist am 1. Jänner 2002 erfolgt, also zwei Jahre nach der so genannten Beratungsleistung.

Ich möchte nicht beurteilen, was hier an Beratungsleistung erbracht worden ist. Sie kennen die Aussagen des Dr. Vranitzky. Sie kennen die gegenteiligen Aussagen des Herrn Flöttl, der sagt, es hätte hier keine Gegenleistung des Herrn Vranitzky gegeben. Vranitzky selbst hat gesagt, dass er Herrn Flöttl ein- oder zweimal getroffen hat und sonst ein paar Mal telefonischen Kontakt mit ihm gehabt hat.

Meine Damen und Herren, ich erinnere mich noch sehr gut – der Herr Cap wird dann das Wort nehmen –, wie Sie sich da herausgestellt und Beratungsleistungen der öster­reichischen Bundesregierung kritisiert haben. Ich darf Ihnen eines versichern: Wir ha­ben für keine Beratungsleistung, die aus ein-, zweimal Zusammensitzen und ein paar Telefonaten bestand, 1 Million Schilling gezahlt. (Abg. Dr. Matznetter: Viel mehr!) Wir haben für jede Beratungsleistung eine Gegenleistung bekommen, und wir haben für jede Beratungsleistung Geld für die Steuerzahler eingespart. Wir haben das Geld bes­ser verwendet, sparsam verwendet, zweckmäßig verwendet. – Das hat es in dieser Bundesregierung nicht gegeben! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Schieder: Sie haben überhaupt keine gehabt! Überhaupt keine!)

Da darf ich Ihnen die Prozesse anführen, die die Sozialdemokratie verloren hat – nicht einen, sondern viele, denn Ihre Politik ist Dirty Campaigning. Wir machen Politik für Be­schäftigung in Österreich und für die Entlastung, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Die letzte Frage, Frage 10, möchte ich so beantworten, dass ich sage: Das Bundesmi­nisterium für Finanzen ist nach dem Parteiengesetz, § 4 Abs. 3 für die Bestellung von Wirtschaftsprüfern zuständig, die jährlich die widmungsgemäße Verwendung der öf­fentlichen Förderungsmittel prüfen. Das heißt, das Bundesministerium für Finanzen ist nicht zuständig für die Prüfung privater Spenden. Ich kann daher zu solchen privaten Spenden keine konkrete Auskunft geben.

Sie haben sicher diese Debatte in den letzten Wochen verfolgt und werden daher auch wissen, dass es da natürlich auffällt, dass es widersprüchliche Aussagen gegeben hat. Ich darf zum Beispiel Alfred Gusenbauer zitieren, der auf die Frage, ob es Gelder ge­geben hat, die aus dem ÖGB in die SPÖ geflossen sind, am 30. März 2006 im „Mit­tagsjournal“ gesagt hat – ich zitiere –:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 142

„Aus dem Österreichischen Gewerkschaftsbund sind hier keine Gelder geflossen. Das kann ich völlig ausschließen.“

Es hat etwas später ÖGB-Präsident Hundstorfer in der „ZiB 2“ am 14. September die­ses Jahres gesagt – ich zitiere –:

„Eine Gewerkschaftsfraktion schenkt oder übergibt einer Partei in Wahlkampfzeiten – und 1999 war die Zeit des Nationalratswahlkampfes – eine Spende.“ – Gemeint hat Hundstorfer 500 000 S, die offensichtlich an die SPÖ Wien gegangen sind.

Herr Gewerkschafter Haberzettl hat am 15. September 2006 in den „Salzburger Nach­richten“ gesagt:

„Ja, es fließt regelmäßig Geld zwischen der FSG“ – also der Fraktion Sozialdemokrati­scher Gewerkschafter – „und der Bundes-SPÖ.“

Meine Damen und Herren, ich möchte aus meiner Sicht nur noch zwei Bemerkungen machen.

Das eine ist die politische Optik dieser Geldflüsse: Hat es sie gegeben? Hat es sie nicht gegeben? Wer hat es bestritten? Wer hat es dann später zugegeben?

Das andere ist die wirtschaftliche Seite, die ich als Finanzminister schon ansprechen möchte.

Meine Damen und Herren! Der Steuerzahler hat eine Haftung von 900 Millionen € übernehmen müssen, damit diese Bundesregierung die BAWAG (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) und damit auch den Gewerkschaftsbund retten konnte. (Abg. Heinzl: Geh, huck di nieder!) Ich habe mir das Ganze daher genau angeschaut und weiß, dass es im Jahr 2000 Ausschüttungen von der BAWAG an den Österreichischen Gewerkschaftsbund in der Höhe von etwas mehr als 8 Millionen € gegeben hat. Im Jahr 2001 sind auch etwas mehr als 8 Millionen € an den Österreichischen Gewerk­schaftsbund von der BAWAG geflossen. Auch in den Jahren 2002 und 2003 flossen etwas mehr als 8 Millionen € von der BAWAG an die Gewerkschaft. Und im Jahr 2004 gab es eine Sonderdividende von immerhin 71 Millionen € von der BAWAG an die Ge­werkschaft. (Abg. Dr. Matznetter: Wie hoch war denn dann die Haftung vom ÖGB?)

Meine Damen und Herren, vollkommen klar ist aus heutiger Sicht, dass die BAWAG vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2004 für diese Dividendenzahlungen von mehr als 100 Millionen € wirtschaftlich keine Leistungsfähigkeit mehr hatte. Die BAWAG hätte in diesem Zeitraum diese mehr als 100 Millionen € nicht mehr an den Österreichischen Gewerkschaftsbund auszahlen dürfen.

Ich darf Ihnen versichern: Wenn es der ÖGB nicht schafft, die Steuerzahler aus der Haftung der 900 Millionen € zu entlassen, was meine Erwartungshaltung an den Öster­reichischen Gewerkschaftsbund ist, damit nicht dann auch noch auf der Spitze des Eis­bergs der Steuerzahler für diese kriminellen Machenschaften zur Leistung herangezo­gen wird – wenn es gelingt, dann ist das in Ordnung –, also wenn diese Leistung der Steuerzahler in Anspruch genommen wird, dann wird die Rede darüber zu führen sein, wo diese 100 Millionen € hingegangen sind und wer sie dann später zurückzahlen muss. – Vielen Dank. (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Bei­fall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner bezie­hungsweise keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 143

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Amon. Seine Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.49.55

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Herr Finanzminister! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Herr Bun­desminister, eine wahrlich beeindruckende Bilanz, die Sie hier jetzt vorgelegt haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, das ist wahr. Der Zwischenruf ist wirklich gut.

Die Bundesregierung hat eine Bilanz vorgelegt – der ÖGB ist sie uns bis heute schul­dig. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

In der Tat hat diese Bundesregierung und haben die Regierungsfraktionen Meilenstei­ne in der Sozialpolitik gesetzt. Wir haben das Kindergeld für alle eingeführt. Es werden die Kindererziehungszeiten entsprechend für die Pension berücksichtigt. Wir haben die Familienhospizkarenz eingeführt. Wir haben das Recht auf Elternteilzeit verwirklicht. Und wir haben die Abfertigung-neu eingeführt.

Zu Ihrer Zeit, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, hatten 15 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Abfertigungen erhalten. Heute erhalten be­reits 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Abfertigung. Jeder zweite Arbeitnehmer in Österreich hat einen Anspruch aus der Abfertigung-neu. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Sie plakatieren „Sozialpolitik“ – und wir setzen sie um!

Wir haben uns bei der Steuerreform sehr genau angeschaut – weil Sie ganz gerne die soziale Kälte ausrufen, diesen täglichen Wetterbericht geben, der wohl aus Ihrem In­nersten kommen muss –: Wo liegt die größte Armutsgefährdung? Die größte Armuts­gefährdung liegt zweifelsohne bei den Mehrkinderfamilien und bei den Alleinerziehern. Und genau dort hat unsere Steuerreform angesetzt, meine Damen und Herren. Wir ha­ben den Absetzbetrag für Alleinerzieher, etwa bei zwei Kindern, fast verdoppelt. Das ist soziale Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheib­ner.)

Wir haben seit dem Jahr 1999 350 000 Steuerpflichtige aus der Steuerpflicht entlas­sen, damit sie mehr Geld im Geldtascherl haben, meine Damen und Herren. Das ist soziale Politik!

Die Hälfte aller Pensionistinnen und Pensionisten zahlt heute keine Steuer mehr. Wenn eine Pensionistin oder ein Pensionist eine Pension von 900 € hat, dann hat er/sie bis zur Steuerreform 40 € im Monat an Steuer bezahlt. Wir haben diese Pensionistinnen und Pensionisten von der Steuer befreit. Das bedeutet, Sie haben heute im Jahr 480 € mehr im Geldtascherl. Das ist soziale Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben die Pendlerpauschale seit 1. Jänner 2004 um fast 40 Prozent erhöht. Wir haben die große Pendlerpauschale um 563 € erhöht. Und wir haben auch das Kilo­metergeld von 36 € auf 38 € erhöht.

Meine Damen und Herren! Sie plakatieren „soziale Gerechtigkeit“ – und wir stellen sie her. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe schon gesagt, Sie reden täglich von der sozialen Kälte, die sich angeblich im Land breitmacht. Das muss wohl aus Ihrem Innersten kommen. Denn: Wie schaut Ihre Politik aus?

Sie plakatieren: „Pensionsansprüche garantieren“. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die von Elsner und von Verzetnitsch!) Ihr Parteivorsitzender plakatiert: „Pensionsansprüche ga-


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rantieren“. Und wie ist die Realität? – Dort, wo Sie die Hauptverantwortung tragen, im Österreichischen Gewerkschaftsbund, wollen Sie die Pensionen um 70 Prozent redu­zieren. Sie wollen dort die Witwenpensionen um 50 Prozent reduzieren. Sie wollen dort die Abfertigungsansprüche um 50 Prozent reduzieren. So sieht in Wirklichkeit die Aus­sage Ihres Plakates „Pensionsansprüche garantieren“ aus!

Sie garantieren gar nichts! Sie haben soziale Kälte, und die verbreiten Sie im Land, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Das geht ja noch weiter. Sie haben das schon wieder vergessen. Selbst bei Ihren aller­engsten Mitarbeitern in der Sozialdemokratischen Partei handeln Sie so. Als nämlich Frau Abgeordnete Kuntzl aus der SPÖ-Bundespartei ausgeschieden ist, musste sie mit Hilfe des Gewerkschaftsbundes ihre Abfertigungsansprüche durchsetzen, weil Sie ihr diese nicht ausbezahlen wollten. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Un­fassbar!) So sieht Ihre soziale Gerechtigkeit aus! Davor kann man die Menschen in un­serem Lande nur warnen. (Abg. Bures: Pharisäer! – Ruf bei der ÖVP: Was war das? – Abg. Großruck: „Pharisäer“!)

Liebe Frau Kollegin Bures, Ihr Problem ist: Sie führen einen Wahlkampf mit Schaum vor dem Munde, und ich empfehle Ihnen sehr, wenn Sie im Glashaus sitzen, nicht mit Steinen zu werfen. Nicht mit Steinen werfen, Frau Kollegin Bures! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Ihre soziale Kälte ist kaum zu überbieten. Sie wissen genau, dass die 2 000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter im ÖGB nicht nur um ihre Pensionen und um ihre Abfertigungen zittern müssen, sondern in Wirklichkeit auf Grund Ihrer Verzögerungstaktik auch um ihre Arbeitsplätze zittern müssen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie werden auch am 1. Oktober das Problem haben, dass Sie nicht einmal mehr Ihre Kerngruppen wählen werden, denn was richtet Ihnen der ehemalige GPA-Vorsitzende Sallmutter aus? – Er richtet Ihnen aus: Ich brauche die SPÖ nicht zu wählen, das macht für mich eh der Hans Peter Haselsteiner!

Wenn selbst der ehemalige GPA-Vorsitzende, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, die Sozialdemokratie nicht mehr wählt auf Grund der Politik, die Sie machen, ja, bitte, wer soll Ihnen dann überhaupt noch das Vertrauen schenken? (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen abschließend: Versuchen Sie nicht, aus dem ÖGB-Skandal und dem BAWAG-Skandal einen Skandal von irgendjemandem anderen zu machen! Das ist ein beispielloser sozialdemokratischer Skandal. Und Helmut Zilk hat völlig Recht, wenn er sagt, Alfred Gusenbauer soll nicht so tun, als hätte er von alledem nichts gewusst. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Cap. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Gril­litsch: Frau Präsidentin, was ist jetzt mit „Pharisäer“?)

 


15.56.49

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wenn man sich die Dringliche Anfrage ansieht, dann kommt man zu dem Schluss, dass es natürlich eine Schmäh-Dringliche ist (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das war sie in der Sondersitzung letzte Woche!) mit wohlgesetz­ten ausgemachten Fragen, wobei die Antworten schon vorher bekannt sind. Aber wir wollen uns ernsthaft gleich einmal auf einen Punkt konzentrieren: Sie schreiben: „Die SPÖ-Finanzminister der letzten 30 Jahre haben dieser Bundesregierung einen enor­men Schuldenberg“ und so weiter, und so weiter, „hinterlassen.“


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 145

Da hat bei Ihnen die Vergesslichkeit zugeschlagen, denn von den 30 Jahren haben Sie 13 Jahre mit uns, manchmal sogar sehr kuschelig, auf der Regierungsbank verbracht. Das wollen wir nicht vergessen! (Abg. Dr. Fekter: Da gab es rote Bundeskanzler und rote Finanzminister!)

Ich habe vor kurzem mit einem Ökonomen gesprochen, der gesagt hat: Vergleicht man die 13 Jahre Alleinregierung Bruno Kreisky mit den 13 Jahren SPÖ/ÖVP-Regierung, dann muss man feststellen, dass die Schuldenanhäufung mit der ÖVP in der Bundes­regierung drei Mal so groß war wie in der Alleinregierung Bruno Kreisky. Kreisky hatte Recht, als er gesagt hat, die große Koalition sei eine ganz schön teure Angelegenheit. (Abg. Dr. Fekter: Bei roten Bundeskanzlern und roten Finanzministern!)

Als Sie im Jahre 2000 die „Wende“ vollzogen haben, die „berühmte“ Wende, die dann 2002 in Knittelfeld sozusagen in die Luft gegangen ist, haben Sie so getan, als ob es da ich weiß nicht was für einen Scherbenhaufen und Schuldenberg gegeben hätte.

Ronald Barazon schrieb am 9. September 2002 in den „Salzburger Nachrichten“:

„Kaum war Schwarzblau an der Macht, hieß es: Die SPÖ hat einen riesigen Schulden­berg angehäuft ... Aus billiger Effekthascherei wurde plötzlich geleugnet, dass Öster­reich beim Amtsantritt von Schwarzblau eines der erfolgreichsten Länder der Welt war.“

Das ist der Skandal: dieses Schlechtmachen selbst der dreizehn Jahre, in denen Sie mit uns in der Regierung waren! Das heißt, Sie selbst sagen von sich, dass Sie in Wirk­lichkeit in der Regierung gescheitert sind. Also eine Lächerlichkeit!

Aber ich habe ja einen Zeugen, der einmal auf der Regierungsbank gesessen ist, und der geht mir richtiggehend ab, und zwar ist das der ehemalige Vizekanzler und Sozial­minister Haupt. Er hat in der „Pressestunde“ am 5. Oktober 2003 gesagt, seiner Mei­nung sei der Wirtschaftskurs von Grasser und Bartenstein auf Grund der schlechten Arbeitsmarktdaten schlicht und einfach gescheitert. 

Das hat er als Zwischenbilanz Ihrer „berühmten“ sechs Jahre ... Jetzt ist Stille hier, ganz mucksmäuschenstill sind Sie jetzt! Andacht ist angesagt. – Ein Kronzeuge von der Regierungsbank, der Vizekanzler und Sozialminister Haupt, hat dieses Zeugnis ausgestellt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der kommt wieder!)

Es ist in der Tat so: Rekordarbeitslosigkeit (Abg. Dr. Fekter: Beschäftigungsrekord! Die Arbeitslosigkeit sinkt!), Beschäftigung, die in Wahrheit nur wegen atypischer Arbeits­verhältnisse angewachsen ist, Teilzeitbeschäftigung, und da vor allem bei Frauen, die Working poor, über 200 000 Menschen an der Armutsgrenze, eine Million Menschen armutsgefährdet (Abg. Dr. Fekter: Die meisten davon in Wien!), eine halbe Million Menschen akut arm. (Abg. Dr. Fekter: Macht die SPÖ in Wien endlich ihre Hausauf­gaben? Die meisten Sozialhilfeempfänger gibt es in Wien!)

Wenn Sie sich das alles ansehen, dann können Sie sich nicht hier herstellen und ir­gendwelche paradiesischen, wolkigen, flockigen Formulierungen aus dem Reich der Reichen und Schönen gebrauchen, sondern da muss man einmal schauen, wie die wirkliche Situation im Endeffekt in Österreich ist: Stagnierende Reallöhne – ja, das ist zum Beispiel etwas, was ich gerne von Ihnen hier aufgearbeitet hätte! – und eine Ver­teilung, bei der es jedes Mal, wenn der Finanzminister sagt, die Steuerquote sinkt, real so ist, dass die Lohnsteuer natürlich hinaufgeht (Abg. Dr. Fekter: 2,5 Millionen Öster­reicher zahlen überhaupt keine Steuer!) und die Körperschaftsteuer heruntergeht! So schaut die Verteilung bei Ihnen aus: Die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, die kleinen und mittleren Unternehmer sind die großen Verlierer Ihrer Wirtschafts- und So­zialpolitik! Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Sburny.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 146

Und dann kommt Herr Amon und dann kommen alle daher und lassen sich hier irgend­welche Schmähfragen stellen, damit sie halt auch das Thema BAWAG in diesem Saal erwähnen können. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Herr Klubobmann, das glaubt Ihnen nie­mand!)

Sagen Sie: Wo war eigentlich bei dieser Dringlichen die Frage – ich weiß ja gar nicht, ob das Gegenstand der Vollziehung ist –: Was machte Taus bei Elsner, kurz vor des­sen Verhaftung zum Beispiel? (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll.)

Wieso finden Sie das eigentlich so lustig? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Abschiedsbe­such!) – Der ehemalige ÖVP-Parteiobmann Taus war gemeinsam mit Herrn Schlaff einer der engsten Wirtschaftspartner der BAWAG und des Herrn Elsner! Und da sollte man doch die Frage aufwerfen können: Was machte er bei Elsner ganz kurz vor des­sen Verhaftung? Worüber wurde da eigentlich gesprochen? Was hat er in seinem Täschchen mitgehabt? Ist es um irgendwelche Kontobewegungen, Geschäftsbezie­hungen gegangen? Was war bei der bulgarischen Telekom? Wieso war die so erfolg­reich? Wer war dort der Gewinner?

Wissen Sie, ich warte immer noch auf die Einladung zum Termin des Ständigen Unter­ausschusses des Rechnungshofausschusses hier im Parlament, wo Sie großspurig gesagt haben, dass Sie dort noch einmal Befragungen durchführen wollen, und unter anderem auch Herr Taus gesagt hat, er möchte gerne vorbeikommen und ein bisschen aus der Schule plaudern. (Abg. Amon: ... keinen Termin genannt! – Abg. Dr. Fekter: Der Vranitzky ist auch ...! Wann kommt Vranitzky?) Scheint Herr Taus übrigens bei Ihrer Spendenliste für die ÖVP-Parteifinanzierung auf? Und wenn ja, wie viel hat er ge­spendet? Und wenn ja, wie oft hat er gespendet? Und wenn ja, woher ist das Geld ge­kommen? Vielleicht weiß Herr Elsner, woher das Geld gekommen ist! – Arbeiten wir hier einmal Ihren Wahlkampfstil und Ihre Fragekultur auf!

Das hätte ich mir erwartet bei dieser Dringlichen: dass der Herr Finanzminister ein bisschen etwas aus dem Wissen der Finanzmarktaufsicht gesagt hätte. (Abg. Mag. Molterer: Über die SPÖ! Über die BAWAG!) Denn die BAWAG-Geschichte hat er schon lange gewusst. Der Herr Bundeskanzler muss von den Problemen der BAWAG seit einem Jahr gewusst haben! (Abg. Mag. Molterer: Aber über die SPÖ nicht!) Dass aber ein Jahr lang Zeit ist – und nur wenige Tage vor dem Wahlkampf plötzlich Verhaf­tungen erfolgen, ein Staatsanwalt plötzlich mit Herrn Flöttl junior plaudert, wobei über Parteienfinanzierung gesprochen wird, dieser Staatsanwalt von der Staatsanwaltschaft kritisiert wird, die Staatsanwaltschaft jetzt sogar Untersuchungen durchführen muss (Abg. Dr. Fekter: ...! Das war beim AKH-Skandal so, bei „Lucona“ so, bei Noricum so! – Ein ... Muster!), weil hier aus laufenden Verfahren Informationen an die Öffentlich­keit gehen, der Vorwurf der SPÖ bestätigt wird, dass die Staatsanwaltschaft anschei­nend – oder sagen wir so: das Ministerium Gastinger; oder vielleicht sagen wir über­haupt: Gastinger – hier mit beteiligt ist an diesem Wahlkampfdrehbuch. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Anschüttungen sind das! – Abg. Scheibner: Das ist eine Unterstel­lung! – Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Herr Stummvoll, was haben Sie mit dem Kofferl plötzlich? Ist das nicht wirklich auffäl­lig? Wollen Sie es als Zufall bezeichnen, dass alles jetzt plötzlich vor der Wahl passiert: die diversen Verhöre – eingeflogen – Verhaftung? (Abg. Rädler: Das haben ja Sie ver­langt!) Da trifft sich der Staatsanwalt in Bratislava! Wieso trifft er sich mit Flöttl junior nicht in Wien? – Lauter Fragen! Die sollten Sie eigentlich in dem Ausschuss behan­deln, die sollten Sie in Wirklichkeit im Rahmen der Dringlichen behandeln, wenn es Ihnen wirklich ... (Abg. Mag. Molterer: Jetzt ist der Staatsanwalt schuld! Wie beim AKH, wie bei Lucona, wie bei Noricum: Die Justiz ist schuld!) – Jetzt sehe ich an Ihrem Gesichtsausdruck, Herr Klubobmann Molterer: Jetzt sind Sie in Schwierigkeiten, denn


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jetzt wird aufgedeckt, was Sie für diesen Wahlkampf für ein Drehbuch entwickelt haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Und ich finde – das sage ich Ihnen –, das ist alles nicht sauber, denn Sie fürchten Fol­gendes (Abg. Dr. Fekter: Ein richtiger Sumpf, den ihr da hinterlassen habt!): Sie fürch­ten, dass Gegenstand dieses Wahlkampfes sind: der Pflegenotstand, der Bildungsnot­stand, der Gesundheitsnotstand (Abg. Dr. Lopatka: Vranitzky! Vranitzky!), die Rekord­arbeitslosigkeit, die gescheiterte Wirtschaftspolitik, die sozialen Fragen. (Abg. Dr. Lo­patka: Vranitzky!) Das fürchten Sie in Wirklichkeit! (Abg. Dr. Lopatka: Vranitzky!)

Um über diese Themen, die die Lebenswirklichkeit der Menschen in Österreich tat­sächlich berühren, im Wahlkampf nicht sprechen zu müssen, wollen Sie permanent nur über die BAWAG reden. Da wollen Sie aber nicht reden über das, was auch Taus und Co im Rahmen dieses BAWAG-Skandals zu verantworten haben. Und wenn wir hier über einen Untersuchungsausschuss reden, dann wollen Sie nur über einen Untersu­chungsausschuss à la BZÖ zur BAWAG reden, aber nicht zur Hypo Alpe-Adria, nicht zu Raiffeisen International, nicht zu AMIS. AMIS, Herr Finanzminister, AMIS, eine ganz interessante Sache!

Und da frage ich mich: Wieso das? – Und daher wäre es ehrlicher, Sie würden hier herauskommen und sagen (Abg. Dr. Lopatka: Vranitzky! Vranitzky!): Uns geht es gar nicht um Aufklärung! Uns geht es auch gar nicht um die BAWAG, uns geht es nur dar­um, dass wir möglichst einseitig, unter Zuhilfenahme von Teilen aus dem Justizministe­rium – Herr Staatsanwalt Schön ist so ein Stichwort (Abg. Mag. Molterer: Ja, die Justiz ist schuld! Typisch SPÖ!) –, dass wir mit Unterstützung aus Teilen des Justizministe­riums einfach Wahlkampf machen wollen!

Und Sie glauben wirklich, dass die Österreicherinnen und Österreicher sich von diesem Täuschungsmanöver beeindrucken lassen?! – Das werden wir noch sehen, denn die wirklich wichtigen Fragen wollen sie auf diese Art nicht behandelt sehen – und die finde ich eigentlich ungeheuerlich, das können Sie mir glauben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler: Das war der Abgesang, Herr Cap! – Abg. Mag. Molterer: Ab jetzt fürchte ich mich nur mehr!)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Bucher zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


16.05.32

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir führen ja heute eine Diskussion über die erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung. Und da hätten wir uns, gerade im Zuge des Wahlkampfes, erwartet, Herr Kollege Cap, dass Sie uns auch ein bisschen etwas über das Wirt­schaftsprogramm der SPÖ berichten. (Abg. Dr. Stummvoll: Lieber nicht! Lieber nicht! – Abg. Dr. Fekter: Das gibt es ja gar nicht! ... Belastungspaket!)

Nein, nicht dass ich mir und wir alle uns das erwartet hätten – denn wir haben ja auch in den letzten vier Jahren nichts davon erfahren, was Sie wirklich vorhaben, außer an Steuerbelastungen und Strafmaßnahmen für die Wirtschaft –, aber im Wahlkampf hätten Sie die Situation jetzt schon ein bisschen ausnützen können, um Ihren Wirt­schaftsunternehmen, um Ihren Wirtschaftsexperten einmal auszurichten, wie Sie sich eine erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik in Österreich vorstellen. – Aber gekom­men ist nichts! Gekommen ist, dass Sie die letzten 30 Jahre ein bisschen Revue pas­sieren ließen – die Zeit vor 1999 – und 30 Jahre unter sozialistischen Finanzministern, in einer Koalition mit der ÖVP, hier beurteilt haben.


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Wenn wir uns jetzt so anhören, was in den letzten sechs Jahren alles passiert ist, dann muss ich ehrlich sagen, auch was die Erfolgsbilanz von Günter Stummvoll sowie des Finanzministers, die vorgetragen wurde, betrifft: Die Erfolgsgarantie für diesen erfolg­reichen Weg war eigentlich das BZÖ (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll), denn mit uns war es möglich, diese erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik auch umzusetzen! Mit Ihnen von der SPÖ hingegen ist es offensichtlich ein von Irrtümern gekennzeichneter Weg gewesen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Parnigoni und Dr. Stummvoll.)

Wenn Sie jetzt im Wahlkampf unterwegs sind – ich denke, Sie werden, so wie wir, auch tagtäglich Betriebe besuchen, wo Sie mit Mitarbeitern und mit den Unterneh­mensführern, mit den Chefs sprechen –, dann werden Ihnen die Chefs ja wohl sagen, wie gut die Auftragslage ist, wie gut die Wirtschaftszahlen und die Kennzahlen Öster­reichs sind, dass wir ein Wirtschaftswachstum in einer beachtlichen Höhe – das wir uns ja zu Beginn dieses Jahres nicht erwartet hätten – von etwa 3 Prozent haben (Abg. Dr. Matznetter: ... immer in einem Wahljahr!), dass die österreichischen Unternehmen eine gute Auslastung, eine gute Auftragslage haben – Gott sei Dank! – und dass wir eine Rekordbeschäftigung haben und, wie heute schon angeklungen ist, über 170 000 Menschen mehr in Beschäftigung stehen seit dem Jahr 1999. – Das ist doch positiv! Das sind ja auch Ihre Wähler, die da beschäftigt sind, die in Österreich Einkom­men erzielen!

Nehmen Sie das positiv, als einen Erfolg zur Kenntnis – und bejammern Sie das nicht ständig, denn mit dem Bejammern erzielen Sie genau den gegenteiligen Effekt von dem, den wir jetzt unbedingt brauchen! –, einen Erfolg durch die vielen Maßnahmen, die wir setzen, die diese Bundesregierung erfolgreich gesetzt hat, um eine wettbe­werbsfähigere Volkswirtschaft zu gestalten, mit den unzähligen Maßnahmen der Steu­erreform, die heute schon aufgezählt wurden!

Da muss ich jedes Mal lachen, wenn Sie die Gruppenbesteuerung heranziehen – ich glaube, Matznetter hat das ja zu seinem größten Steckenpferd gemacht, immer auf die Gruppenbesteuerung loszugehen (Abg. Dr. Fekter: Mehr Stecken als Pferd!) –: Heute lesen wir in der „Presse“, dass die ehemalige SPÖ-Vizebürgermeisterin von Villach – immerhin die Chefin von Infineon, einem sehr erfolgreichen Unternehmen in Villach, das derzeit bis zu 3 000 Mitarbeiter beschäftigt und eine wichtige Standortverlagerung von München nach Villach vorgenommen hat – Folgendes sagt (Abg. Dr. Fekter: Von Praktikern lernen, Herr Matznetter!): Man sollte lieber als Standortvorteil hervorheben, dass die Gruppenbesteuerung im Endeffekt dreimal mehr bringt, als sie kostet! (Abg. Dr. Fekter: Ja! Ganz richtig!) – Das sagt Ihre Kollegin in Villach, und Recht hat sie damit! (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ sowie der Abg. Dr. Fekter. – Abg. Dr. Fekter: Matznetter, lernen Sie Volkswirtschaft!)

Und wenn wir uns Wien anschauen, so gibt es in Wien ja auch den Wirtschaftsförde­rungsfonds: „Wirtschaftsstandort Wien. Wir wollen hoch hinaus.“, heißt es da in einer Veröffentlichung des WWFF. – Und wenn man sich die Mühe macht und einen Blick hineinwirft, dann liest man unter „Wien auf einen Blick“ Folgendes:

„Steuervorteile im europäischen Vergleich. Der Körperschaftsteuersatz von 25 Prozent ist der niedrigste der ehemaligen EU-15.“

„Top-Standort für Forschung und Entwicklung“. – Das bewerben Sie in Wien, damit Sie – natürlich! – erfolgreich Betriebe außerhalb des Landes nach Wien holen.

„Hoch entwickelte Transport-, Telekom- und industrielle Infrastruktur“.

Niedrige Unternehmenssteuern: auch ein Asset, das wir natürlich auch sehr erfolgreich kommunizieren – aber die Wiener sind stolz darauf, ihr Bürgermeister ist stolz darauf,


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dass er so etwas vorweisen kann. Und da schreibt er Folgendes über die Gruppen­besteuerung: „ein Instrument mit europaweitem Vorbildcharakter“! – Das sind Druck­werke, die Sie in Wien austeilen, um internationale Betriebe anzuheuern, damit sich diese in Wien ansiedeln. (Abg. Dr. Matznetter: ...! Wie der Herr Taus!)

Dann sollten Sie aber hier im Saal auch die gleiche Sprachregelung treffen wie der Bürgermeister von Wien (Abg. Neudeck: Aber der Herr Strobl ist Vizepräsident, glaub’ ich, vom Wirtschaftsförderungsfonds! – Der kennt sich nicht einmal in der Kammer aus!) und nicht den Menschen etwas Falsches vorgaukeln. (Beifall bei den Freiheitli­chen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die österreichische Wirtschaft geht dank einer weitsichtigen und umsichtigen Regierungspolitik in eine gute Zukunft, und das soll auch weiterhin so bleiben! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck: Das Traummännlein kommt!)

 


16.10.55

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Ich habe wirklich die Absicht, mich kurz zu fassen, denn anfangs, als ich die Anfrage gesehen habe, habe ich gedacht: Es ist eigentlich eine persönliche Kränkung des Finanzminis­ters, dass er sich wegen so etwas ins Parlament begeben soll, um hier Rechenkunst­stücke durchzuführen. (Abg. Scheibner: Aber es war sehr interessant! – Abg. Dr. Fek­ter: Aber er war brillant in der Beantwortung!) – Wir kommen noch darauf zu sprechen. (Abg. Neudeck: Aber, wenn es geht, noch vor dem 1. Oktober, Herr Professor!) – Als ich dann die Antworten von Finanzminister Grasser gehört habe, habe ich gedacht: Mein Mitleid war wieder einmal fehl am Platz.

Ganz kurz, Herr Finanzminister beziehungsweise Kollegen von der ÖVP: In der Fra­ge 3 beziehen Sie sich auf die Dieselbesteuerung. – Ich würde grundsätzlich sagen: Es ist nichts dagegen anzumerken, dass eine Regierungspartei den Finanzminister auffor­dert, zu Vorschlägen der Opposition Stellung zu beziehen – obwohl das ja streng ge­nommen nicht Gegenstand der Vollziehung ist: Der Finanzminister vollzieht ja nicht die Vorschläge der Opposition (Abg. Neudeck: Er kann sie nachrechnen!), jedenfalls in Ihrer Regierungszeit nicht, sondern die eigenen Vorschläge.

Nur wäre ich schon dankbar dafür, wenn Sie dann die Vorschläge der Opposition auch korrekt darstellen würden, denn: Die Grünen verlangen eine Anpassung der Diesel­besteuerung an die Benzinbesteuerung nicht nur aus gesundheitspolitischen Gründen, wegen der Feinstaubbelastung, sondern wir wollen das aufkommensneutral machen. Und das ist etwas ganz anderes als das, was Finanzminister Grasser hier dargestellt hat!

Aufkommensneutral heißt: Wenn die Dieselbesteuerung, sagen wir – das ist ja nur eine faktische Frage, eine empirische Frage –, zu rund der Hälfte von den privaten PKWs kommt und zur Hälfte aus der Wirtschaft, von den LKWs und so weiter, dann geben wir das zur Hälfte den privaten Familien zurück, nämlich im Rahmen einer Prämie in der Lohn- und Einkommensteuer, und die andere Hälfte den Unternehmen durch eine Sen­kung der Lohnsummenbesteuerung, also der indirekten Kosten der Arbeit. (Abg. Ell­mauer: Wie wollen Sie denn das berechnen? – Abg. Neudeck: 60 Prozent bleiben in der Administration!)


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Gerade die Wirtschaft wird nicht müde – und mit Recht –, immer wieder zu betonen, dass die Lohnsummenbesteuerung, die indirekte Besteuerung der Arbeit in Österreich zu hoch ist. Das ist auch so, das stimmt! Und dann sagen Sie mir, wie Sie das endlich angehen wollen! Hier geht es um Hunderte von Millionen, letztlich sogar um Milliarden von Euro, wenn das wirksam werden soll. Sagen Sie mir, wie Ihre Gegenfinanzierung in diesem Bereich ausschaut! (Beifall bei den Grünen.) Denn ersatzlos werden Sie ja beispielsweise den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleich – 4,5 Prozent der Lohnsumme – nicht abschaffen wollen.

Also wenn schon hier Oppositionsvorschläge in dieser Form diskutiert werden, dann bitte auch so, wie es die Grünen meinen!

Es ist schon klar, dass die ÖVP keine Frage gestellt hat wie beispielsweise: Wie stellen Sie sich zu den Entlastungsvorschlägen der Grünen? – Dann hätten Sie zum Beispiel Stellung dazu nehmen können, Herr Finanzminister, ob Sie es wirklich für total deppert halten (Ruf bei der ÖVP: Hallo! – Abg. Lentsch: Schön sprechen!), private Familien von den Kosten für die private Nachhilfe von inzwischen 140 Millionen € entlasten zu wollen, nämlich durch eine bessere Schulpolitik und Bildungsoffensive in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Sie hätten erwidern können, wieso Sie nichts davon halten, endlich einmal auch bei den Ein-Personen-Unternehmen, den so genannten Einnahmen-Ausgaben-Rechnern mehr als das zu machen, was Sie gerade im Mai oder Juni dieses Jahres gemacht haben. Das ist ja noch längst keine Anpassung an die Besteuerung des Rests der Ge­werbetreibenden. Gerade dort entstehen aber neue Arbeitsplätze! Gerade dort ist das Wachstum am größten: bei den Ein-Personen-Unternehmen oder den Microstars mit ein bis fünf Beschäftigten! – Und so weiter und so fort.

Aber wir haben Wahlkampf, in acht Tagen ist Wahl, insofern darf man sich nicht wun­dern, dass der ÖVP irgendwie der Schmäh ausgeht bei dieser Dringlichen Anfrage. Ich hätte mir schon gedacht, dass das Know-how bei der ÖVP im finanzpolitischen Bereich oder im bankenpolitischen Bereich größer ist als das, was Sie hier vorgelegt haben.

Ich meine, was die Fragen 7 bis 10 betrifft – seien Sie ehrlich, wenn wir uns schon mit den Blicken begegnen –: Es ist erstens einmal mit Sicherheit kein Gegenstand der Vollziehung, dass sich der Finanzminister da ausrechnet: Na ja, 3 Milliarden dividiert durch das Durchschnittsgehalt und so weiter, das müsste so und so viele Personen er­geben. (Abg. Dr. Fekter: Oja: ... der Bevölkerung klarzumachen!) – Dazu sind Sie nicht selbst imstande? Dazu machen Sie eine parlamentarische Anfrage an den Finanz­minister? (Beifall bei den Grünen.)

Ich meine, dass der BAWAG-Skandal ein Skandal ist, Frau Kollegin Fekter (Abg. Dr. Fekter: Ja, aber die SPÖ sieht das nicht so!), der im Wesentlichen von der ÖGB-Spitze zu verantworten ist, gemeinsam mit den betroffenen Generaldirektoren – aller­dings, das ist wirklich eine Riesengeschichte. Das ist jetzt Sache der Justiz und der Staatsanwälte.

Aber Sie machen nicht mehr daraus als diese Rechenbeispiele? Mehr fällt Ihnen dazu echt nicht ein? – Erstaunlich!, muss ich sagen. Da ist es kein Wunder, wenn die ÖVP umfragemäßig auch nicht vom Fleck kommt. (Abg. Dr. Fekter: ... lieber eine Umfrage oder eine Wahl gewinnen?)

Frage 10 ist überhaupt köstlich: Frage 10 hat offenbar weder der Finanzminister genau gelesen noch der Kollege Cap. Frage 10 kann ich Ihnen nämlich ohne Weiteres sofort beantworten. Wissen Sie, was man auf Frage  10 antworten muss? – Ich lese Ihnen die Frage zuerst vor:


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„Können Sie“ – nämlich der Finanzminister – „ausschließen, dass Gelder vom ... Öster­reichischen Gewerkschaftsbund an die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (...) geflossen sind?“

Das kann ich mit Sicherheit nicht ausschließen. Das heißt, es ist mit Sicherheit so, dass Gelder vom ÖGB an die Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter geflossen sind! (Abg. Silhavy: Aber an alle Fraktionen!) – Ja, wieso denn nicht?! Das ist ja der interne Finanzausgleich im ÖGB, dass die Mitglieder einzahlen, und im Wege irgendeines Transfermechanismus – fragen Sie mich nicht genau, wie (Abg. Mag. Molterer: Tun Sie wieder pflichtverteidigen?) – dann an die Roten und die Schwarzen geht, und wahr­scheinlich fällt irgendwo am Wege auch irgendein Häppchen, so ein ganz winzig klei­nes Häppchen, für die AUGE ab, für die grünen Gewerkschafter. Das ist der normale Finanzausgleich innerhalb des ÖGB! Da ist ja mit keinem Wort die Rede von der BAWAG! (Abg. Mag. Molterer: Tun Sie wieder pflichtverteidigen?)

Der Finanzminister hat in seiner Antwort die Kurve elegant gekratzt, indem er die Frage nicht beantwortet hat (Abg. Mag. Wurm: Schmeck’s!), nämlich hinsichtlich der FSG, sondern statt „FSG“ immer „SPÖ“ gelesen hat. – Ja das ist natürlich etwas ganz ande­res!

Dann hätten Sie aber, bitte schön, auch die Frage so stellen können! Warum haben Sie diese Frage eigentlich gar nicht gestellt? (Abg. Mag. Molterer: ... Pflichtverteidi­ger!) Ist es Ihnen unangenehm, dass man dann dort natürlich auf der Stelle bei der Parteienfinanzierung ist, bei der Offenlegung der Parteienfinanzierung in Österreich – was ich mir wünsche, von der SPÖ nicht weniger als von der ÖVP (Abg. Mag. Molte­rer: SPÖ-Pflichtverteidiger Van der Bellen! – Der Cap braucht heute wirklich einen Un­terstützer!), weil wir in Österreich ein Gesetz haben, das Transaktionen legal macht, die in Deutschland zum Beispiel strafrechtlich verfolgt werden? Zum Beispiel die von der Industriellenvereinigung an die ÖVP, möglicherweise an die FPÖ, möglicherweise an das BZÖ – an die Grünen jedenfalls nicht – überwiesenen Spenden von Einzelfir­men: Das ist in Deutschland ein krimineller Akt! – In Österreich ist das vollkommen legal. (Abg. Mag. Molterer: Der Josef Cap braucht heute wirklich einen Unterstützer! Herr Van der Bellen, helfen Sie ihm!)

Aber diese Frage, die will auch die ÖVP nicht anrühren, genauso wenig wie die SPÖ! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer – zu dem auf seinen Platz zurückkehrenden Abg. Dr. Van der Bellen –: ... dem Josef Cap natürlich helfen! Heute war er nicht gut! Heute hat er Sie gebraucht!)

16.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gril­litsch zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


16.18.21

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klubobmann Van der Bellen, zwei Drittel Ihrer Rede waren jetzt Pflichtverteidigung für die SPÖ! (Abg. Dr. Van der Bel­len: Machen Sie eine gescheite Anfrage!) Man könnte fast den Eindruck bekommen, die Regierungsgespräche zwischen der SPÖ und den Grünen sind schon weit gedie­hen, wenn man Ihnen so zuhört. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber das wollen die Menschen in Österreich nicht, dieses Rot-Grün, weil sie wissen: Rot-Grün bedeutet Belastung, Belastung und wieder nichts anderes als Belastung! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Und das war schon interessant, Herr Dr. Cap: Sie reden davon, dass die SPÖ nichts schlechtredet. – Seit ich hier in diesem Haus bin, mittlerweile fast vier Jahre, haben Sie


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nur eines im Sinn gehabt – und seit dem Jahr 2000 wissen wir es sowieso alle –: Ös­terreich schlechtzureden, den Wirtschaftsstandort schlechtzureden, die Arbeitnehmer schlechtzureden, die Leistungen der Menschen in Österreich schlechtzureden. – Hören Sie auf damit! Sie schaden damit wirklich der Wettbewerbsfähigkeit und dem Wirt­schaftsstandort Österreich! (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich zählt heute nun einmal – und das muss man zur Kenntnis nehmen, ob Sie wollen oder nicht, Herr Dr. Cap – zu einem der sichersten Länder. Wir sind auf Platz vier in der EU, was den Wohlstand betrifft. Wir liegen bei der Lebensqualität und der Nachhaltigkeit und der Gesundheitsinfrastruktur weltweit auf Platz eins! Und noch nie gab es in Österreich so viele Arbeitsplätze – falls Sie es nicht wissen: Rund 3,4 Mil­lionen Menschen haben derzeit in Österreich Arbeit, meine Damen und Herren! Die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist erreicht, und sie wird sich weiter fortsetzen. Wir haben um nahezu 60 000 Menschen mehr in Arbeit als vor einem Jahr. Nehmen wir das auch zur Kenntnis, und reden wir das nicht ständig schlecht!

Die ÖVP wird weiter für diese Voraussetzungen arbeiten: für mehr Arbeit, für mehr Wohlstand, für mehr Sicherheit!

Ich appelliere an Sie, Herr Dr. Cap, an Ihre Kolleginnen und Kollegen, an Ihre Verant­wortungsträger im ÖGB: Decken Sie nicht weiter zu! (Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

Herr Kollege Marizzi! Ich bin interessiert an diesem Thema, nämlich weil ich eine funk­tionierende Sozialpartnerschaft haben will in diesem Land, in Österreich – und nicht, dass ein Sozialpartner versucht, alles zuzudecken und nichts aufzuklären. So wird die Sozialpartnerschaft in Zukunft nicht funktionieren, das nehmen Sie auch zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Legen Sie einmal die Subventionen in der Landwirtschaft offen!)

Wir sind bereit, wenn alle dazu bereit sind! Ein klares Bekenntnis: Wenn alle dazu be­reit sind, sind auch wir bereit! Überhaupt keine Frage, Herr Kollege Kogler. Das haben wir immer ganz klar transportiert und auch ganz klar gesagt.

Aber das ist schon ein wesentlicher Unterschied! Man wird doch wohl fragen dürfen: Was ist mit den Mitgliedsbeiträgen beim ÖGB passiert? (Abg. Mag. Kogler: Ja eh!) Wo ist denn das Geld hingekommen? Wo sind denn die Schulden, die 2,2 Milliarden €? Wo ist das Geld hingekommen? – Bitte klären Sie auf! Klären Sie auf, agieren Sie und ge­ben Sie uns Gewissheit darüber, was mit diesem Geld passiert ist, meine Damen und Herren!

Und ich sage ganz ehrlich: Mir tut es Leid für die Arbeitnehmer in diesem Land. Ich bin in einem Gasthaus aufgewachsen, mitten unter den Bergarbeitern. Es wurde eine Idee verraten! Sie haben eine Idee verraten, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP.)

Schauen Sie, daher werden wir das ganz sportlich nehmen in den nächsten Wochen, in den nächsten Tagen vor allem: Wir werden den Menschen sagen, was wir getan ha­ben, was wir geleistet haben. Sie können das nicht, weil Sie nichts geleistet haben. Wir werden den Menschen sagen, was wir uns für die Zukunft in diesem Österreich vorstel­len. Dabei werden wir auch klar sagen, was Herr Gusenbauer mit dem ländlichen Raum vorhatte, nämlich dem ländlichen Raum 50 Prozent zu streichen und damit auch 530 000 Arbeitsplätze zu gefährden, Herr Kollege – 530 000 Arbeitsplätze zu gefähr­den! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden sagen, dass ihr eine Mietersteuer machen wollt. Wir werden sagen, dass ihr eine Häuslsteuer machen wollt. Wir werden sagen, dass ihr eine Pendlersteuer ein­führen wollt. Wir werden den Menschen ganz klipp und klar sagen, dass ihr außer be-


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lasten nichts könnt! Außer belasten könnt ihr nichts, meine Damen und Herren! (Abg. Bures: ... Arbeitslosigkeit!)

Wir entlasten! Wir sichern für die Menschen im ländlichen Raum 8 Milliarden € bis zum Jahr 2013. Wir haben vor, die Erbschaftssteuer zu streichen, die Schenkungssteuer zu streichen und ganz einfach den Wirtschaftsstandort Österreich auch entsprechend wei­ter voranzutreiben. Wir nehmen die Chancen wahr, im Energiebereich, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien, und wir schaffen eine moderne Infrastruktur für den ländlichen Raum, beispielsweise mit Breitbandtechnologie. (Die Abgeordneten Gradwohl und Parnigoni: Wo? Wo?)

Nicht einmal das habt ihr gehört! Nicht einmal das habt ihr mitgekriegt, meine Damen und Herren (Abg. Gradwohl: Erzähl einmal, wo!), dass wir nun sowohl eine Energie­stiftung für die Zukunft einführen werden – Bundeskanzler Schüssel hat das angekün­digt – als auch eine Breitbandtechnologie-Offensive im Ausmaß von 500 Millionen €. (Abg. Gradwohl: Wo, Herr Kollege Grillitsch?)

Herr Kollege Gradwohl! Schade, dass du jetzt aus dem Nationalrat ausscheidest, denn die letzten vier Jahre hast du verschlafen, was in der Region an Breitbandtechnologie-Ausbau passiert ist, und du hast verschlafen, dass wir dadurch, durch diese Techno­logie, Weltmarktführer in den ländlichen Raum bekommen haben, lieber Kollege, und Arbeitsplätze sichern konnten – durch diese neue Infrastruktur, durch die wir die Welt ins Dorf bekommen haben (Abg. Gradwohl: Wo? Wo, Herr Kollege?) und unsere Leis­tungen, unsere Ideen in Sekundenschnelle in die Welt hinausstellen können! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich hoffe, dass Sie spätestens nach dem 1. Oktober aus Ihrem Tiefschlaf erwachen und dann gemeinsam an Lösungen für Österreich arbeiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Nur Bla-bla! – Nichts wissen und hinausgehen! – Abg. Dr. Jarolim: Diese Rede hat der Stummvoll geschrieben! – Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Parni­goni: Oder der Amon!)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.24.22

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Zu Kollegem Grillitsch brauche ich eigentlich nichts zu ergänzen. Sie sollten einmal feststellen, dass Österreich beim Breitband innerhalb von drei Jah­ren vom sechsten Platz auf den 15. Platz zurückgefallen ist! – So viel zum Wahrheits­gehalt Ihrer Aussagen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Herr „Professor Matz­netter“!)

Wir hätten ja gerne unsere Dringliche heute gestellt. Sie hätte vom Thema Taus und Mobilkom gehandelt, aber das können wir beim Thema BAWAG nachholen. – Zuerst nur ein paar Worte zu dieser Manifestation der Propaganda, bei der schon die Mikro­phone ausfallen, weil selbst die das nicht mehr hören können.

Faktum ist: Im Jahr 1999 betrug die Arbeitslosenrate 3,9 Prozent; bei den EU-15 – das sind alle EU-Mitglieder in Westeuropa – 8,6 Prozent. Im Jahr 2006 beträgt sie 5,2 Pro­zent, und nur noch 7,8 Prozent bei den EU-15! Dort ist sie gefallen – und bei uns rigide gestiegen! Hören Sie auf, das schönzureden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: In Österreich haben wir Vollbeschäftigung!)

Beschäftigung – ja, Frau Kollegin, ich bleibe gleich bei diesem Thema: Durchschnitt­liches Wachstum der Beschäftigung (Abg. Dr. Fekter: ... weil in Wien Misswirtschaft herrscht!) in diesem Zeitraum, ab 2000: 0,4 Prozent. (Abg. Dr. Fekter: Wie viel hat


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Wien?) Wissen Sie, wie hoch der Durchschnitt bei den EU-15 war? Mehr als doppelt so hoch: 0,9 Prozent! – Ich will nicht, dass alle anderen besser sind als wir! Wir wollen besser sein, aber mit der ÖVP geht das nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter:  ...! Oberösterreich hat 1,7 Prozent! Wien hat über 8 Prozent!)

Es verwundert ja nicht, dass Kollege Dinkhauser, immerhin AK-Präsident in Tirol und ÖVP-Politiker, schlichtweg von einem Armutszeugnis spricht, weil eine Million Österrei­cher bereits gefährdet ist. Und er sagt – das ist nämlich das Wichtige –: Eine gerechte Umverteilung zugunsten des Mittelstandes muss jetzt stattfinden, weil sie bisher nicht stattgefunden hat. (Zwischenrufe des Abg. Amon. – Abg. Murauer: Na geh! – Abg. Dr. Fekter: Weil wir 10,5 ... Entlastung haben!)

Genau dieser Punkt ist es, den wir kritisieren: Sie haben in Österreich einen Nettozu­wachs beim Realeinkommen von null, und bei den Großkonzernen – und zwar nur dort – haben wir jedes Jahr 40 und 50 Prozent mehr Gewinn! Das ist kein Wunder, denn Ihre Steuerpolitik fördert genau eines: durch Gruppenbesteuerung Arbeitsplatzan­siedlung in Indien, China oder sonst wo. Und durch Streichen der Investitionsbegünsti­gung begünstigen Sie das Wegsiedeln aus Österreich und die Konsequenz: Rekord­arbeitslosigkeit, sinkende Löhne! (Abg. Mag. Molterer: Warum sagt Frau Kircher-Kohl, das ist gescheit, die Gruppenbesteuerung? Das ist interessant! Die versteht mehr als Sie!)

Aber wir kommen zu dem noch viel interessanteren Thema, das Sie in Ihren Fragen 7 bis 10 angegangen sind, zum Thema BAWAG. – Da stellt sich Jörg Haider vorgestern hin und sagt, er habe einen Beweis für die Parteienfinanzierung. (Abg. Murauer: Für Ihre Parteienfinanzierung!) Und dann stellt sich heraus, es geht eine Überweisung von 320 000 US-Dollar von Herrn Flöttl – das ist der Jachturlaubspartner des Herrn, der jetzt hinter mir sitzt – an eine „Galonia“-Stiftung in Liechtenstein.

Interessant ist: Über die haben aber „NEWS“ und die Tageszeitung „Die Presse“ – wahrscheinlich auch ein „linkes Kampforgan“ – bereits am 20. Juli geschrieben! Die ist dem Geschäftsmann Martin Schlaff zuzurechnen. – Und jetzt sagte Flöttl gestern im Fernsehen, er habe keinen Beweis, aber ihm wurde von dem BAWAG-Vorstand, der es angewiesen hat, gesagt, dass das Geld für eine „politische Hilfestellung“ notwendig ist.

So? Im März 2005, was stand denn damals an, wofür man eine politische Hilfestellung braucht? – Da hat die Telekom Austria gerade ein Offert bekommen, mit einem Kauf­preis von 1,6 Milliarden €, für die bulgarische MobilTel! Und just da musste der Auf­sichtsrat zustimmen, um das Closing zu ermöglichen, was dann auch stattgefunden hat.

Ich frage Sie: Herr Schlaff war aber dabei mit Herrn Josef Taus, war dabei bei diesen drei Herren, die ohne einen Cent eigenen Geldes zu riskieren – weil die MobilTel Hol­ding ausschließlich durch einen BAWAG-Kredit finanziert wurde, und dann wurde die BAWAG ohne einen Cent Gewinn aus dem Deal ausgeschieden –, die ohne einen Cent Einsatz, ohne Risiko, 800 Millionen € Petite gemacht haben – und damit die 1,6 Milliarden bezahlt werden, war der Beschluss des Aufsichtsrates notwendig!

Jeder möge sich selber überlegen, welchen „Hintergrund“ es hatte, wenn da eine sol­che Zahlung von 320 000 US-Dollar auf eine Stiftung des Herrn Schlaff erfolgte. Da kann sich jeder selbst seinen Reim darauf machen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Aber jetzt bleiben wir gleich bei diesem Thema. Vielleicht finden wir hier auch die Lö­sung der Frage, warum denn der Prüfbericht der OeNB schubladisiert wurde – übri­gens, wie im Unterausschuss im Erhebungsbericht gesagt wurde: Enderledigt 10. De-


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zember 2001. (Abg. Amon: 1994er-Prüfbericht!) – Justament jener Tag, an dem Herr Taus in Sofia sagte, dass sie interessiert sind am Kauf der MobilTel!

Und der Vorgang lief genau so – gönnt mir die paar Sekunden, es ist nämlich hochin­teressant, das zu hören! (Abg. Neudeck: So, wie Sie es bringen, ist es nicht interes­sant!) –, dass die Herren Taus, Schlaff und Cordt eine Gesellschaft mit der BAWAG gründen: 30 Prozent die BAWAG, 70 Prozent die Herren. Und allein finanziert die BAWAG den Ankauf von einem gewissen Chernoy oder Levajev – es ist völlig obskur, wem die MobilTel gehört hat. (Abg. Dr. Fekter: Kreditfinanziert!)

Moment, Frau Kollegin, da gibt es zwei Denkschulen, die eine sagt, ein Kredit wurde von den drei Herren besichert – dann stellt sich die Frage: Woher hatten die 11 Milliar­den Schilling Besicherung? –, oder es gab keine Besicherung – das war dann ein Ge­schäft wie jenes mit dem Herrn Flöttl. (Abg. Neudeck: Das ist so wie der BAWAG-Kredit! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Und als der Gewinn dann möglich wurde, schied die BAWAG ohne einen Cent aus, und die Herren, die nie einen Cent eingezahlt hatten, machten 800 Millionen € Gewinn! – Und der Herr Bundeskanzler saß im März 2003 im Jet nach Sofia und konnte uns bis heute nicht erklären, was er dort ge­macht hat. Aber das werden wir herausbekommen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Der Herr Schlaff ist aber ... von Gusenbauer!)

16.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Walch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.31.07

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Werte Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant: Kollege Matznetter hat so viel gesagt, aber er hat keinen einzigen Vorschlag gemacht, was die SPÖ besser machen kann – eher schlechter. Er hat ver­gessen, was seine Kanzler und seine Finanzminister in den letzten 30 Jahren den Ös­terreicherInnen und Österreich angetan haben: 174 Milliarden Schulden! Das tut weh! (Abg. Neudeck: Ihm tut es nicht weh, denn er zahlt es ja nicht!) 174 Milliarden Schul­den! 7,5 Milliarden € müssen die Österreicherinnen und Österreicher jetzt an Steuer zahlen. Und dann stellt sich Kollege Matznetter her und tut so, als wäre die SPÖ die große Wirtschaftspartei.

Ich glaube, dass er sogar Finanzberater beim ÖGB war – vielleicht stellt sich das ohne­hin noch heraus und kommt noch mehr ans Tageslicht, Herr Kollege Matznetter.

Bei dem, was die derzeitige Regierung für Österreich gemacht hat, muss ich wirklich sagen, müsstet ihr euch eigentlich herausstellen und sagen: Danke schön, BZÖ, danke schön, ÖVP! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Wir haben das Haus Österreich wieder in Ordnung gebracht.

Ihr habt Schulden hinterlassen, ihr habt kaputte Krankenkassen hinterlassen, ihr habt kaputte Pensionsversicherungen hinterlassen, ihr habt die Verstaatlichte total hinunter­gewirtschaftet – mehr als 60 000 Arbeitnehmer haben unter eurer Kanzlerschaft und unter euren Finanzministern den Arbeitsplatz verloren! Jeder Betrieb, in dem ihr Ver­antwortung übernommen habt, ist pleitegegangen. Erinnert euch an den „Konsum“, ihr müsstet euch heute noch dafür entschuldigen, wie viele Arbeitsplätze ihr dort vernichtet habt, und vieles mehr!

Den größten Skandal in der Zweiten Republik habt ihr aber mit der BAWAG bezie­hungsweise mit dem ÖGB geliefert. Der ÖGB ist die geheime Parteizentrale der SPÖ. Gusenbauer ist bei Präsidiumssitzungen immer hinten hineingegangen, ab und zu


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vorne raus; er hat über alles Bescheid gewusst. Und daher, sage ich, ist die SPÖ mit­gehangen und mitgefangen!

Es ist unverantwortlich, mit Arbeitnehmergeldern vom Verein ÖGB so umzugehen. Überall, wo die SPÖ das Sagen hat – schaut es euch einmal an! –: Ein Präsident und ein Finanzchef des ÖGB entscheiden über das gesamte Vermögen, über 3 Milliarden € werden einfach in der Karibik verspekuliert. Eine Pension in der Höhe von 80 Prozent des Letztbezuges hat diese ÖGB-Führung für sich selbst beschlossen (Abg. Dr. Cap: Atmen nicht vergessen!) – da hat niemand mit beschlossen! –, 24 Monatsgehälter Ab­fertigung, und 2 000 ÖGB-Mitarbeiter zittern jetzt um ihre Pension! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß, die Wahrheit tut weh. Aufpassen, da könnt ihr ein bisschen et­was lernen, vielleicht macht ihr es dann das nächste Mal besser. Aber euch kann man keinen Betrieb in die Hand geben, denn es geht alles den Bach hinunter.

Ich muss wirklich sagen, das ist unverantwortlich. Normalerweise müsstet ihr hinausge­hen und euch bei allen ÖGB-Mitgliedern entschuldigen – es sind euch ohnehin schon viele davongelaufen –, bei Zehntausenden Betriebsräten, die tagtäglich beste Arbeit im Betrieb leisten, haben sich wegen eurer Skandalwirtschaft, wegen eurer Misswirtschaft, die ihr betrieben habt, beschimpfen lassen müssen.

Der ÖGB ist ja nur so stark, wie es die Betriebsräte sind. Und die haben den Kopf hin­halten müssen. Daher sind auch so viele ausgetreten. Man sieht das auch, wo die SPÖ das Sagen hat. Schaut einmal in Oberösterreich: Bürgermeister Böhm in Pasching ist aus eurem Holz geschnitzt! – Wenn ich all die Skandale sehe, muss ich immer sagen: Sag mir, mit wem du gehst, dann sage ich dir, wer du bist!

Ich hoffe, dass diese SPÖ unter solcher Führung und diesen Voraussetzungen nie wieder Verantwortung in Österreich erhält, andernfalls kann es nur bergab gehen.

Diese Regierung hat das Haus Österreich wieder hinaufgewirtschaftet – wir haben die besten Zahlen in der Wirtschaft, die Zahl der Arbeitslosen haben wir auf unter 200 000 reduziert, das hat es unter der SPÖ sowieso nie gegeben. (Abg. Bures: Was habt ihr?) Wir haben das Sozialsystem gesichert, wir haben die Pensionen gesichert, wir haben der Jugend Programme gegeben und vieles mehr.

Ich kann nur eines sagen: Ich hoffe, dass ihr am 1. Oktober die entsprechende Antwort bekommt! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler. Ich stelle die Gesamtredezeit von 10 Minuten ein. – Bitte. (Abg. Ma­rizzi: Jetzt bekommt das Ganze wieder Niveau!)

 


16.36.03

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Diese Dringliche Anfrage des Abgeordneten Stummvoll und des Klubobmannes Molterer folgt offensichtlich dem neu ausgerufenen Motto des Bundes­kanzlers, das in der ÖVP-Fraktion mittlerweile offensichtlich sehr beliebt ist: Tiefer geht es nicht! (Rufe bei der ÖVP: Besser geht es nicht!)

Wenn ich mir insbesondere die Fragen 7 bis 10 anschaue – es sind ja die vorherge­henden schon nicht herausragend und heben sich nicht ab von dem außerhalb dieses Hauses natürlich zulässigen Wahlkampf-Kauderwelsch, aber, bitte, hier herinnen? –, muss ich sagen: Die sind ja überhaupt sozusagen außer Kontrolle geratene Inserat­texte. An diese haben Sie hinten ein Fragezeichen geknüpft und die Ziffern von 7 bis 10 davor hingeschrieben – und siehe da, schon soll es eine Dringliche Anfrage sein!


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Frage 8: „Wie hoch war die Abfertigung“ von Elsner – was eh jeder weiß und was schlimm genug ist –, „und wie lang muss ein durchschnittlicher Verdiener...“ (Abg. Neu­deck: Was ist schlimm, dass es jeder weiß oder ...?) – Man hätte etwa auch formulie­ren können: „... wie lange muss eine Mindestpensionistin ...“, dann hätte man noch schönere Zahlen gehabt. (Abg. Neudeck: Sie finden es schlimm, dass jeder weiß, was der Elsner an Abfertigung bekommen hat?!) – Nein, das ist alles Mögliche, aber jeden­falls keine vernünftige Dringliche Anfrage.

Im Übrigen ist diese Dringliche Anfrage meines Erachtens geschäftsordnungswidrig, das muss ich schon auch einmal sagen, Frau Präsidentin. Die Fragen 7 bis 10 haben mit der Vollziehung exakt überhaupt nichts mehr zu tun. Sie von der ÖVP haben nicht einmal den Versuch gemacht – dafür könnte man ja noch gewisses Verständnis auf­bringen –, zu sagen, dass immerhin eine SteuerzahlerInnen-Haftung, um in Ihrem Jar­gon zu bleiben, für die BAWAG existiere, sodass das irgendwie doch noch eine nach der Geschäftsordnung gerechtfertigte Anfrage wäre. Aber nicht einmal das ist gelun­gen, weil gar nicht versucht. (Abg. Neudeck: Was ihr schon alles gefragt habt, was nicht Vollziehung ist!)

Sei’s drum: Immerhin hat man sich bemüht, so etwas wie eine Belastungs- und Entlas­tungsdebatte durchzuführen. Ich möchte noch kurz unsere Position umreißen.

Was Belastung und Entlastung ist, darf man nicht bloß daran messen, ob irgendwo bei den Budgeteinnahmen, sprich: bei den Steuern, etwas runtergeht und anderswo viel­leicht gerade nicht. Es ist so, dass man natürlich immer schauen muss, wer wovon profitiert. Es kann auch bei den Ausgaben eine persönliche Entlastung erfolgen, wenn Transferzahlungen durchgeführt werden.

Sie mit den ständigen Sparpaketen, weil Sie sich anschicken, bei den besseren, ver­mögenden Einkommensschichten zu entlasten, werden auf der anderen Seite Sparpa­kete brauchen, und das ist das eigentliche Belastungspaket. Die eigentlichen Belas­tungspakete schnüren Sie, weil das, was seit dem Jahr 2000 gelaufen ist, tendenziell die Unterprivilegierten viel stärker trifft. Das lässt sich mit allen Statistiken nachweisen. Da wird Ihnen vielleicht im Wahlkampf dieses Kampf-Kauderwelsch helfen, aber versu­chen wir, hier wenigstens eine Spur seriös zu bleiben. (Abg. Dr. Fekter: Wir haben die unteren Einkommen entlastet, steuerfrei gestellt!)

Ich kann das genauso gut umgekehrt deuten (Abg. Dr. Fekter: Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es heraus!): Es ist eben wichtig, wer an welcher Stelle entlastet wird. Die Grünen treten als Entlastungspartei an: Wir entlasten bei den Studierenden. Warum ist das so wichtig? – Weil wir die Zahl der Studierenden erhöhen wollen und nicht diesen Kaputtsparkurs der Ministerin Gehrer dort noch unterstützen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter), wo Sie mit den Studiengebühren noch restriktiv eine draufhauen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

Aber das passt ja ohnehin, das ist ja die konsequente Fortsetzung Ihrer Schulpolitik: kaputtsparen – gerade nach dem Motto: Koste es, was es wolle! Und so funktioniert es dann auch.

Ein-Personen-Unternehmen – unsere Vorschläge gehen viel weiter. Wir würden im Nettopaket noch immer 250 Millionen € aufwärts lockermachen. Ich sage Ihnen zum Schluss etwas zur Gegenfinanzierung, denn das unterscheidet uns, denn Sie brauchen entweder Sparpakete oder höhere Defizite, wie man das manchmal bei den FreundIn­nen der Sozialdemokratie vermuten darf.

Niemand von Ihnen stellt sich her und gibt zu: Wir können gar nicht sagen, ob sich das ausgeht! Das macht einfach den Unterschied aus. Das Hoffen auf das Nulldefizit allein kann nicht ausreichen, weil entweder ein riesiges Sparpaket notwendig ist oder ein


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Wirtschaftswachstum von 4 oder 5 Prozent. (Abg. Neudeck: Wir wissen, dass sich eures von vornherein nicht ausgeht!) Aber woher soll denn das kommen? Das glaubt ja nicht einmal Kollege Grasser. Also fahren Sie ab damit, wirklich wahr, das kann ja so nicht funktionieren.

In anderen Bereichen allerdings ist gegenzufinanzieren, wenn das nicht davongalop­pieren soll – und wir bekennen uns dazu. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was tun Sie für die Ein-Personen-Unternehmen? – Abg. Dr. Fekter: Ja, was sagen Sie dazu?)

Wir haben für die Einnahmen-Ausgaben-Rechner – wenn ich einen Zwischenruf einmal aufnehmen darf – wesentlich weiter reichende Verlustvortragsregelungen, als im letz­ten Paket enthalten waren. Sie haben ja selbst kritisiert, dass das völlig falsch angelegt war und mir sogar Recht gegeben – das tun Sie ja öfter. Ich möchte Ihnen ja nicht schaden, aber mit diesem Zwischenruf sind Sie nicht so weit gekommen.

Unser Vorschlag sieht sieben Jahre vor, wir stehen jetzt bei den Verlustvortragsrege­lungen bei drei Jahren, und einen Haufen Maßnahmen mehr in diese Richtung. (Abg. Neudeck: Aber wir haben es gemacht, und ihr habt es nur erzählt!) Nein, gar nicht, wir haben an dieser Stelle mitgestimmt. (Abg. Mag. Molterer: Also war es nicht so schlecht, was wir gemacht haben!) So ist es ja noch nicht, dass das Parlament auch noch so geteilt wird. (Abg. Mag. Molterer: Wir sind dagegen, aber wir haben dafür ge­stimmt!)

Ich sage Ihnen etwas, was Ihnen gefallen wird: Bei der Lohn- und Einkommensteuer ist natürlich die kalte Progression abzufangen. Es ist auch nicht nur darüber nachzuden­ken, sondern wirklich durchzuführen, dass die Belastung durch den 50-prozentigen Spitzensteuersatz gesenkt wird. Aus unserer Sicht soll nicht der Steuersatz zurückge­fahren werden, sondern die Grenze muss hinaufgeschoben werden, sodass wesentlich weniger diese 50 Prozent für Einkommensteile zahlen müssen. Das soll aber schon dazu führen, dass die, die besonders gut verdienen, die Bestverdienenden, für diese hohen Einkommensteile noch die 50 Prozent zu zahlen haben, denn andernfalls hätten wir in ein paar Jahren die Debatte, die in der Bundesrepublik Deutschland ständig statt­findet, wo so genannte Reichensteuern oder Solidarbeiträge debattiert werden, die nichts anderes bedeuten, als bei jenen ganz oben wieder 50 Prozent zu erreichen. Wir haben das.

Ja, es ist so, es zahlen zu viele diese 50 Prozent für Einkommensteile, und deshalb wollen wir mindestens wieder an die Stelle kommen, an der wir 1989 gestanden sind, als Lacina die damalige große Reform gemacht hat, und das bedeutet eine Erhöhung bei der Steuerbemessungsgrundlage von 50 000 auf mindestens 70 000. Wir würden sogar noch höher gehen.

Sie sind also auch nicht die alleinige Mittelstandspartei, auch nicht die SPÖ. Nur: Wir haben zusammengerechnet, was das kostet, und deshalb bekennen wir uns zu ein paar Gegenfinanzierungen. Ich sage Ihnen einmal ganz offen, was hier im Haus – mitt­lerweile offensichtlich auch schon von den Sozialdemokraten – tabuisiert wird.

Im Zusammenhang mit der Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer kann man darüber reden, dass diese vielen kleinen Fälle, von denen Sie reden, wirklich är­gerlich sind: erstens, weil sie vom Aufkommen her nicht viel bringen und verwaltungs­mäßig eine relativ hohe Manipulation sozusagen erfordern. Aber es ist sehr wohl eine Reform möglich, die so ausschaut, dass besonders große Vermögen, die vererbt oder verschenkt werden, also transferiert werden, mit einem höheren durchschnittlichen Steuersatz belastet werden als jetzt, aber eben besonders große Vermögen.

Wie viele Fälle das dann sind und was das bringt, ist eine andere Frage, aber eines kann nicht sein: dass im EU-Durchschnitt 2,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes über


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vermögensbezogene Steuern aufgebracht werden, in Österreich aber nur 0,6 Prozent. Das ist eine Differenz von 1,5 Prozentpunkten. Es geht dabei nicht darum, dass insge­samt die Steuern erhöht werden, aber wenn wir schon bei der Lohn- und Einkommen­steuer oder bei anderen gegenzufinanzieren haben, dann wäre das ein Kandidat, näm­lich dort einmal etwas zu holen, wo offensichtlich Steuerprivilegien der Sonderklasse existieren.

Es ist einfach so, Herr Stummvoll: In bestimmten Bereichen, namentlich im Stiftungs­steuerrecht, ist Österreich zur Steueroase verkommen, zur Steueroase für besonders Begüterte. Hätten Sie gleich ins Gesetz geschrieben: Wer besonders große Vermögen hat, zahlt besonders keine Steuern mehr. So ist die Sache! (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Mittlerweile gibt es mehr Stiftungen als Aktiengesellschaften in Österreich. Das hat einen einfachen Grund: weil die Unternehmensanteile in Stiftungen versteckt werden und dann praktisch keine Gewinnsteuern mehr gezahlt werden, bis man sie heraus­nimmt. So schaut das nämlich aus, und das ist ein Privilegienstadl im Steuerbereich, der nicht mehr duldbar ist. Und wenn man all das summiert, kommen dort 300 Millio­nen, da 500 Millionen zustande, und die Gegenfinanzierung ist perfekt. Wir bekennen uns dazu. Man darf ja gespannt sein, wie Sie ohne Sparpakete auf Ihr Nulldefizit kom­men wollen. Aber diese Voodoo-Öko..., ach so, das darf man ja nicht mehr sagen, da es eine Beleidigung des Voodoos an sich wäre, wenn man dazu Voodoo-Ökonomie sagt. Herr Finanzminister, es ist irgendetwas anderes, jedenfalls etwas noch Unge­schickteres. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber wenden wir uns ab von der Belastungs- und Entlastungsdebatte. Ich sage Ihnen nur, dass alles relativ ist. Wir wollen die entlasten, die es wirklich brauchen, während Sie auf ihre Klientelen schielen, das macht einfach den Unterschied. Wir bekennen uns eben zur Gegenfinanzierung. (Abg. Dr. Fekter: ... Eurofighter!) – Nein, den Eurofighter haben wir gar nicht erwähnt, das ist ja für Sie eine Koalitionsbedingung, wie ich jetzt gesehen und wieder gelesen habe. Also plakatieren Sie ruhig, wer diesen nutzlosen Krempel will, soll ÖVP wählen. Ich habe damit nichts über ihren Nutzen sagen wollen.

Kommen wir zu einem zweiten Bereich, weil Sie das in der Anfrage mit aufgeworfen haben, zum BAWAG-Skandal, der ja wirklich als solcher bezeichnet werden muss, und zu den Praktiken hier im Haus, was die Untersuchungsarbeit betrifft. Es wird ja über einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abgestimmt werden, und nachdem es dazu keine Debatte gibt, möchte ich an dieser Stelle die Sache er­wähnen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): 10 Minuten sind um.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Gut. Ich sage nur: Wenn Sie ehrlich an Aufklärung interessiert wären, dann würden Sie diesem Untersuchungsausschuss zustimmen und nicht mit Ihrer Mehrheit willkürlich hier Dinge zulassen, die die Aufklä­rung verhindern. Das wird seinen Grund haben. – Reden wir einmal über Taus und Schlaff, da ist dem Kollegen Matznetter zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.46.40

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! (Abg. Dr. Cap: Was ist


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mit dem Taus?) Lieber Herr Kollege Kogler, wenn Sie hier Wirtschaftspolitik vertreten, dann, muss ich ganz ehrlich sagen, kann ich nur den Kopf schütteln. (Abg. Mag. Kog­ler: Das liegt aber an Ihrem Kopf!) Ihr EPU-Programm war nämlich ziemlich nebulos – nur zu sagen, die Verlustvorträge auf zwei Jahre anzuheben. (Abg. Mag. Kogler: Auf sieben!) Sie haben verschlafen, was diese Bundesregierung getan hat, Herr Kogler! Ich sage es Ihnen ganz ehrlich.

Ich habe zu Hause einen mittelständischen Betrieb, und ich habe es geschätzt, näm­lich im Sinne unserer Arbeitsplätze, dass wir die Körperschaftsteuer gesenkt haben, denn ich bin eine GesmbH. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sie sind eine GesmbH?)

Wir haben die Steuern auf nicht entnommenen Gewinn gesenkt, 50 Prozent.

Wir haben 10 Prozent Investitionsfreibetrag für Einnahmen-Ausgaben-Rechner ge­schaffen – Einnahmen-Ausgaben-Rechner sind im Allgemeinen die kleinen Betriebe.

Wir haben die Lohnnebenkosten um 550 Millionen € gesenkt.

Wir haben die 13. USt abgeschafft.

Wir haben 1 Milliarde € zusätzlich für Forschung und Entwicklung ausgegeben.

Wir haben den Forschungsfreibetrag auch für kleinere Unternehmen geschaffen.

Wir haben leichtere Betriebsübergaben durch eine Erhöhung des Freibetrages ge­schaffen.

Wir haben eine völlige Steuerbefreiung für Einkommen bis 10 000 € geschaffen.

Wir haben die Halbierung der Mindestbeitragsgrundlage zur Krankenversicherung ge­macht.

Wir haben das Kinderbetreuungsgeld für UnternehmerInnen eingeführt.

Wir haben die steuerbegünstigte Eigenvorsorge auch für Selbständige eingeführt, 50 Prozent Kostenersatz bei Freizeit- und Arbeitsunfällen für die kleinen Betriebe – ich gebe zu, meinem Betrieb kommt das nicht zugute, weil ich ein Mittelstandsbetrieb und kein Kleinbetrieb bin.

Die Arbeitslosenansprüche für Unselbständige haben wir geschaffen – das betrifft ins­besondere die EPUs, nämlich die Ein-Personen-Unternehmen.

Wir haben das Betriebshilfemodell ausgeweitet. (Abg. Neudeck: Und so weiter, und so weiter!)

Wir haben eine Ausweitung des Verlustvortrages bis drei Jahre gemacht – zugegeben, wir sind bei einer Ausweitung auf sieben Jahre dabei, aber das ist eine Marginalie ge­gen das, was wir schon alles gemacht haben, Herr Kogler! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)

Ich lese jetzt meine Liste nicht weiter vor – ich könnte da auch noch umblättern –, ich habe Ihnen nur ein bisschen Nachhilfe gegeben, weil Sie das verschlafen haben, und gesagt, was bereits für die ganz kleinen EPUs und mittelständischen Unternehmen gemacht wurde.

Diesen Entlastungskurs wollen wir natürlich fortsetzen. Das gelingt aber nur dann, wenn das Land weiter blüht, gut dasteht und nicht abgewirtschaftet wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.) Die Gusenbauer-SPÖ würde dieses Land abwirtschaf­ten, denn Gusenbauer-SPÖ kann nicht wirtschaften. (Abg. Neudeck: Ein politischer Winter wäre das!) Die Wahrscheinlichkeit, dass die Gusen-SPÖ, Gusenbauer-SPÖ weitere Pleiten produziert, ist nämlich groß. (Abg. Heinzl: Langsam sprechen!)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich ein Wort zum BAWAG-ÖGB-SPÖ-Skandal sagen. Bundespräsident Dr. Kirchschläger hat den bedeutungsvol­len Ausspruch von der Notwendigkeit, saure Wiesen trockenzulegen, gemacht. – Da­mals: AKH-Skandal, Lucona-Skandal, Noricum-Skandal, „Konsum“-Pleite, ARBÖ-Veruntreuungen, Bank-Burgenland-Pleite, und jetzt: BAWAG-Pleite oder zumindest -Skandal (Zwischenrufe bei der SPÖ), ÖGB-Veruntreuungen der Mitgliedsbeiträge – alles im Dunstkreis der Sozialisten, überall SPÖ-Parteimitglieder verantwortlich für die­se Misswirtschaft. (Abg. Gradwohl: Alles beim Herrn Kirchschläger, der arme Herr Alt-Bundespräsident Kirchschläger! Das hat er sich nicht verdient!)

„Saure Wiesen“, hat damals Dr. Kirchschläger gesagt. Und heute? – Heute sind diese sauren Wiesen nicht trockengelegt, sondern zu einem tiefen roten Sumpf angeschwol­len. Ein Morast im Dunstkreis der SPÖ (Zwischenrufe bei der ÖVP), von der Staatsan­waltschaft, die Verfahren niedergeschlagen hat, bis zum Chef der Wirtschaftspolizei, über rote Finanzminister, die die Kontrollen unterbunden und Prüfungen verhindert ha­ben, über ÖGB-Funktionäre, die Kontrollen überhaupt außer Kraft gesetzt haben, und BAWAG-Management, das vertuscht, verschleiert und betrogen hat. Damit haben Sie von der SPÖ, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur Gewerkschaftsmit­gliedsbeiträge veruntreut, sondern Verrat an der gesamten Arbeiterbewegung began­gen. (Ruf bei der SPÖ: Das machen Sie gerade!)

Sie haben auch den Finanzplatz Österreich schwerst ramponiert. – Und was ist eure Antwort darauf? – Die Justiz anschütten – klassisch, ein bewährtes Modell –, das hat Kollege Cap gemacht, nach dem Muster: Immer dann, wenn es brenzlig wird, wird die Justiz angeschüttet und angeschwärzt. Das kennen wir, das war bei Noricum so, das war beim AKH-Skandal so und das war bei „Lucona“ so.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich als Justizsprecherin der ÖVP ist es bedrohlich, wenn gerade heute und jetzt die Forderung nach einem weisungsfreien Bundesanwalt von der SPÖ aufgestellt wird, mitten in der Aufklärungsphase dieses kriminellen Netzwerkes. (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.) Justiz anschütten und gleichzeitig nach einer neuen weisungsfreien Behörde rufen, wo man den Leiter selbst hinsetzt, das würde sich die SPÖ wünschen. (Abg. Dr. Einem: Mit Zweidrittelmehrheit, ja!) Mit uns nicht! Nein, danke. Eine derartige Vertuschungsbehörde, die dann alle Skandalaufklärungen niederschlagen könnte, wollen wir nicht. Wir wollen Aufklärung in diesem Skandal und in diesem Sumpf! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gelangt Frau Abgeord­nete Bures. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

 


16.53.14

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs auf Grund der Debatte heute Morgen noch einmal einen Appell an den Bundeskanzler richten. Ich ersuche den Bundeskanzler, sich für seine sexistische und frauenfeindliche Entgleisung vor allen Österreicherinnen zu ent­schuldigen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das wäre jetzt längst fällig. Er hatte einige Stunden Zeit, darüber nachzudenken. Ich denke, dass vielleicht wir Frauen hier im Hause einer Meinung sein könnten, nämlich dass sich der Bundeskanzler für diese sexistische Entgleisung bei den österreichischen Frauen zu entschuldigen hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zur Ernsthaftigkeit der Dringlichen Anfrage der ÖVP: Manchmal habe ich den Eindruck, Herr Molterer wäre gleich ganz allein hier im Saal, da das Interesse der ÖVP-Abgeord­neten an der eigenen Dringlichen nicht groß ist. Ich verstehe das, denn es sind ja auch


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die Fragen, die Sie an den Finanzminister gestellt haben, nicht sehr spannend. Das ist eine Wahlkampf-Dringliche, die noch dazu wirklich schlecht ist. (Abg. Neudeck: Aber die Antworten waren gut! Die Antworten waren sehr gut!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fekter, ich denke manchmal darüber nach, was in einem Kopf vorgeht, wenn jemand ununterbrochen nichts anderes im Kopf hat als irgendwelche illegalen Machenschaften, irgendwelche Geldflüsse. (Abg. Dr. Fekter: Ihr liefert sie ja!) Für nichts gibt es Beweise, aber es wird immer etwas in den Raum gestellt, es werden abenteuerliche Dinge konstruiert. (Abg. Hornek: Die sind nicht konstruiert, das ist Realität! – Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Dafür gibt es in Österreich ein Sprichwort, nämlich: Wie der Schelm denkt, so ist er! – Ich weise all das, was Sie der SPÖ vorwerfen, auf das Schärfste zurück, Frau Fekter! (Beifall bei der SPÖ.)

Mittlerweile wissen alle, dass es sich um ein Wahlkampfgetöse der ÖVP handelt, die eine Verleumdungskampagne durchführt. Aber ich verstehe das, ich verstehe, dass Sie nicht über die Probleme der Menschen reden wollen.

Sie haben sich hierher gestellt und gesagt: Wir haben entlastet! Wir haben entlastet! Wir haben entlastet! – Fragen Sie die Menschen, die spüren nichts davon. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Die Menschen spüren nämlich etwas ganz anderes: Sie spüren, dass sie immer weniger im Geldbörsl haben und dass ihr Leben immer härter wird. Wissen Sie, warum? – Weil wir zwar ein schönes Land sind, ein reiches Land sind (Abg. Dr. Lopatka: Ja, eben!), ein Land mit lauter fleißigen Menschen, aber wir haben eine faule Regierung, die schlechte Politik macht! (Ruf bei der ÖVP: Na hallo!) Das ist das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Ich finde es auch beschämend, wenn Sie als Justizsprecherin sich hierher stellen und fragen (Abg. Dr. Lopatka: Der 1. Oktober kommt!), wie es mit dem Rechtsstaat aus­sieht, Sie aber diejenigen sind, die den Rechtsstaat in Österreich meiner Auffassung nach massiv schädigen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was sagen Sie, Frau Fekter, eigentlich dazu, dass die Oberstaatsanwaltschaft heute eine Selbstanzeige eingebracht hat? – Die Justiz lässt wegen möglichen Geheimnis­verrats gegen sich selbst ermitteln. (Abg. Dr. Fekter: Um aufzuklären, natürlich!) Die Justiz hat offensichtlich in ihrem Kreis schwarze Schafe, die Informationen an die ÖVP und an das BZÖ gegeben haben (Abg. Rädler: Nur Ihre Vorwürfe sollen geklärt wer­den!), wogegen sich die Justiz wehren muss. Sie muss sich gegen Ihre Methoden in der Politik wehren (Abg. Dr. Fekter: Eure Vorwürfe! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), gegen den üblen Stil, den Sie auf dem Rücken der Justiz austragen. Das ist das Problem, Frau Fekter! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Richterin Helige, eine in Österreich anerkannte Richterin, sagt, das Ansehen der Justiz sei gefährdet. – Nur, damit Sie politisches Kleingeld machen, damit Sie nicht über Ihre miserable Regierungsbilanz reden müssen, nämlich: Rekordarbeitslosigkeit, Weg in die Zwei-Klassen-Medizin, Pensionskürzungen, und darüber, dass das Leben der Menschen in den letzten sechs Jahren härter geworden ist. (Abg. Hornek: Wer hat Sie so aufgeregt? Was regt Sie so auf?) Ein paar Reiche und Privilegierte haben es besser, aber die Mehrheit der Menschen spürt von Ihren Entlastungen überhaupt nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ra­singer: Wer hat diese Rede geschrieben? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie wollen die Bilanz Ihres politischen Versagens nicht hören. Sie reden daher auch nicht mit den Menschen. Der Bundeskanzler sperrt sich auf dem Ballhausplatz ein. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie versuchen in Wirklichkeit, die Augen vor der Realität von tausenden Familien, AlleinerzieherInnen und PensionistInnen zu verschließen.


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Ich sage Ihnen: Der 1. Oktober wird der Tag sein, an dem die Menschen sagen: Wenn ihr nichts hören wollt, dann werdet ihr es fühlen! – Die Österreicherinnen und Österrei­cher werden Ihnen mit Ihrer arroganten, abgehobenen und unsozialen Politik der letz­ten Jahre, die auf dem Rücken der ÖsterreicherInnen ausgetragen wurde, nicht mehr die Mehrheit geben (Abg. Rädler: Glauben Sie das selbst? Sie glauben das ja selbst nicht mehr!), und daher wird Österreich ab dem 2. Oktober in eine zuversichtliche, hoff­nungsfrohe, faire, soziale, gerechte Zukunft gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.58.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Kollegin Weinzin­ger, ich muss Sie enttäuschen: Dies wird nicht meine Abschiedsrede sein. (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Weinzinger.)

Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Da­men und Herren! Nachdem die Wahlkampfmaschine der SPÖ jetzt fünf Minuten lang auf uns geschossen und gesagt hat, wie schlecht es dem Land geht, alles wieder ein­mal krankgejammert wurde, man sich wieder einmal darauf eingestellt hat, dass wir in Wirklichkeit nahe einem Wirtschaftskollaps sind, nur mehr Arbeitslose im Land haben, es allen Menschen schlecht geht, niemand in Pension ist, kein Mensch Arbeit hat, die Wirtschaftsbetriebe daniederliegen, muss ich sagen: Frau Kollegin Bures, Sie sollten manchmal aus Ihrer Parteizentrale hinaus zu den Leuten gehen und wirklich mit diesen reden! (Abg. Neudeck: Es redet ja keiner mit ihr!) Aber Sie müssen weiter gehen als in die Stadt Wien. Dass es in der Stadt Wien so ist, kann vielleicht sein. Gehen Sie ein­mal hinaus! Reden Sie mit den Leuten draußen in den Dörfern, in den Städten, in den Regionen! Es ist bei Gott nicht alles perfekt, und man kann natürlich noch vieles ver­bessern, aber so schlecht, wie die SPÖ momentan dieses Land redet, das haben sich die Leute in diesem Land nicht verdient. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ich bin dafür bekannt, dass ich nicht Pflichtverteidiger der ÖVP bin, aber wenn Sie sich hier heraus stellen, Frau Kollegin Bures, und uns erzählen, dass diese Dringliche das Schlechteste war, was das Parlament je gesehen hat, dann waren Sie anscheinend letzte Woche bei der Sondersitzung der SPÖ nicht hier, denn diese Bildungs-Sonder­sitzung war noch viel, viel schlechter. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.) Da war überhaupt nichts dabei, außer einer leeren Hülse, einer leeren Tüte, die von Ideenlosigkeit nur so geplagt war.

Jetzt komme ich zum Thema BAWAG und ÖGB. Nachdem das von meinem Vorredner so intensiv diskutiert worden ist, kommt ganz etwas Neues. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Frau Kollegin Wurm, danke für den Tipp! – Jetzt kommt wirklich ganz etwas Neues, denn währenddessen Sie das Land krankjammern, haben wir uns natür­lich auch ein bisschen darum gekümmert, was denn so innerhalb der SPÖ vor sich geht.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, Sie alle kennen sicherlich – oder auch nicht – den Verein, der sich „Change 06“ nennt. Das ist ein Verein, ein Komitee, das einen Wechsel in der Politik unterstützt. Das ist ein Unterstützungskomitee des Herrn Alfred Gusenbauer. Diesem Verein gehören führende Persönlichkeiten an, ich darf einige wenige hier nennen. Dem gehört an der Herr Lansky, der Herr Rudas, dem ge­hört an der Herr Lacina, also lauter wichtige, gute Persönlichkeiten dieser Republik. (Abg. Dr. Fekter: Oh! – Abg. Neudeck: Ehemals wichtig! Früher wichtig!)


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So, jetzt wird es interessant: Dieser Verein „Change 06“ hat seinen Sitz – und das wird jetzt ganz wichtig – in der Wollzeile 24/18 im 1. Wiener Gemeindebezirk. Da wäre ja an und für sich noch nichts dabei. (Abg. Dr. Lopatka: Wer sitzt noch dort?) – Danke, Herr Generalsekretär! Wer sitzt noch dort? – Dort sitzt nämlich nebenbei die Österreichisch Israelische Handelskammer (Abg. Dr. Fekter: Oh!), mit der gleichen Fax-Nummer, mit der gleichen Adresse, mit der gleichen Türnummer. Und wer sitzt in der Österreichisch Israelischen Handelskammer in führender Funktion? Wer ist denn dort der Präsident? (Abg. Dr. Fekter: Sicher der Lansky!) – Der Lansky! Danke vielmals. Der Herr Lansky ist dort der Präsident. Und wer ist dort mit dabei? – Der Kollege Rudas, die gleichen Leute sind da wieder mit dabei. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Und auch das wäre noch nicht einmal so dramatisch, obwohl es natürlich schön lang­sam schlimm wird, denn wenn man sich jetzt genau erkundigt, was denn dieses Kon­strukt „Change 06“ macht, so findet man von einem angesehenen Autor, dem Herrn Thomas Hofer, der unter anderem „Spindoktoren in Österreich“ als Buch verfasst hat, eine Beschreibung, was denn dieses „Change 06“ macht. Da steht drinnen, das ist eine Fundraising-Abteilung, eine Weiterentwicklung der so genannten Personenkomitees. Wortwörtlich:

„Neben den seit Langem eingeführten Personenkomitees gibt es auch hier zu Lande schon offizielle politische ,Fundraiser‘, die zusätzliche Einnahmequellen zur öffentli­chen Finanzierung“ – zusätzliche Einnahmequellen zur öffentlichen Finanzierung! – „erschließen. In der SPÖ etwa heißt dieses Team ,Change 06‘.“

So, und jetzt, meine geschätzten Damen und Herren, komme ich zu noch etwas. Herr Matznetter! Sie haben den Herrn Schlaff angesprochen. Wissen Sie, wo der Herr Schlaff unter anderem stellvertretender Direktor oder Hauptmitglied ist? – Bei der israe­litischen Handelsgesellschaft, die im gleichen Haus sitzt wie das Team „Change 06“, mit der gleichen Adresse. (Abg. Dr. Fekter: Jessas na!)

Schauen Sie nach im Internet, Frau Kollegin Bures! Der Sumpf wird immer tiefer, im­mer tiefer. Je länger diese Debatte dauert, desto tiefer wird der Sumpf, in dem Sie sich befinden. Die Querfinanzierungen, die dort geflossen sind, werden die Wähler an Ihrem so herbeigesehnten 1. Oktober entsprechend zu beurteilen wissen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Matz­netter.)

17.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Wunschredezeit: 8 Minuten. (Abg. Mag. Weinzinger – in Richtung des den Sitzungs­saal verlassenden Bundesministers Mag. Grasser –: Herr Finanzminister! Wollen Sie nicht noch ein bisschen bleiben?)

 


17.04.03

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Also noch einmal, Herr Scheuch, ich bin heute vielleicht schon ein bissel langsam, denn dieser ganze Zynismus hin, Schlamm­schlacht her hat mich vielleicht schon etwas ermüdet. Der Schlusspunkt war jetzt: Schlaff sitzt dort, wo „Change 06“ sitzt. Okay. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Moment, Moment! Dann machen wir es gleich weiter: Schlaff arbeitet zusammen ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Moment, langsam! Schlaff arbeitet zusammen – das haben wir ja heute schon lange ausgeführt – mit Taus, dem ehemaligen ÖVP-Obmann. Was schließe ich jetzt daraus? Denn die Schlussfolgerung haben Sie ja nicht gesagt. Das, was ich daraus schließen kann, ist eine typisch österreichische Sache, nämlich Herr Schlaff arbeitet für beide Seiten, für die SPÖ und für die ÖVP.


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War das die Schlussfolgerung? Oder was wollten Sie eigentlich damit sagen? An mir ist das völlig vorbeigegangen. Aber vielleicht kann das noch irgendwer aufklären, was jetzt die Sensation war. Irgendwelche Wohngemeinschaftsgeschichten, oder was woll­ten Sie uns damit jetzt sagen?

Aber vielleicht noch einmal zurück zur Steuerreform. Wir haben ja in dieser hervorra­genden Dringlichen Anfrage heute ein paar interessante Punkte drinnen in der Begrün­dung. Unter anderem steht drinnen, dass unser Wirtschaftswachstum deswegen so grandios ist, weil es 3 Milliarden Entlastung durch die Steuerreform gegeben hat. Und weiter steht drinnen, dass Sie die Steuer- und Abgabenquote noch weiter senken wol­len, und zwar auf unter 40 Prozent.

Das heißt, man kann sich einmal überlegen, was das bedeutet, denn 3 Milliarden Ent­lastung auf einer Seite, nämlich so eine Entlastung, wie sie der Herr Grasser meint, muss ja heißen, dass das Geld von irgendwo kommt. Und auf der anderen Seite, wenn Sie noch weiter hinunter wollen (Abg. Dr. Fekter: Und von den Konsumenten wieder ausgegeben wird!) – warten Sie ein bissel! – mit der Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent, heißt das ja, dass Sie in der nächsten Legislaturperiode weitere zirka 7,5 Milliarden € hier irgendwo aufbringen wollen. Und dann ist ja die Frage: Woher haben Sie es bis jetzt genommen? (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Dr. Fekter.) – Lassen Sie mich einfach ausreden! Sie waren ja schon am Wort. Sie können ja dann wieder herausgehen, aber lassen Sie mich jetzt einmal ausreden!

Woher haben Sie denn diese 3,5 Milliarden € genommen? Herr Minister Grasser hat gesagt, entlasten ist die Devise, nicht belasten. Und damit wir jetzt nicht ganz so ein­seitig bleiben, kann man ja einmal schauen, woher Sie es genommen haben – Sie waren ja zuerst so wunderbar im Listenlesen –:

dreimalige Erhöhung der Rezeptgebühr um 26 Prozent, höhere Selbstbehalte bei den Heilbehelfen, Leistungskürzungen der Krankenkassen, Kürzung des Krankengeldes von 78 auf 52 Wochen, Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für alle um 0,1 Prozent (Abg. Mag. Molterer: Was hat das mit dem Budget zu tun?), Erhöhung des Spitalskostenbeitrags von 7,98 € auf 10 €, Pensionskürzungen durch Abschläge, Pen­sionsanpassungen unter der Inflationsrate, höhere Beiträge in der Kleinbauernkranken­versicherung, höhere Pensionsversicherungsbeiträge der kleinen Gewerbetreibenden und der Kleinbauern, Einführung der Ambulanzgebühr: 18 €, Steuererhöhungen durch die Halbierung des ArbeitnehmerInnenabsetzbetrages und des PensionistInnenabsetz­betrages, höhere Einkommensteuervorauszahlungen, höhere Besteuerung und Kür­zung von Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen, Besteuerung und Kürzung von Unfallrenten und Invaliditätsrenten, Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung für EhepartnerInnen, Kürzungen beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitsmarktförde­rung, Gehaltskürzungen bei LehrerInnen (Abg. Neudeck: Das ist aber seit 1973!) – nein, das sind Ihre sechseinhalb Jahre, auch wenn Sie sich nicht mehr erinnern kön­nen (Abg. Neudeck: Das stimmt nicht!) –, Einführung der Studiengebühren. Wann pas­sierte die Einführung der Studiengebühren? (Abg. Neudeck: War auch notwendig!) – War notwendig, genau! Das war alles notwendig, damit Sie Ihre großartigen Entlastun­gen machen können bei der KöSt, bei den Großbetrieben und Konzernen und bei den gut Verdienenden.

Ich gehe weiter in dieser Liste:

Kürzung der Schülerunterstützungen für Schulveranstaltungen, Erhöhung der ORF-Ge­bühren, neue Freizeitunfallversicherung, höhere Besteuerung von Pensionsinvestment­fonds, Kürzungen durch die Pensionsreform 2003, Kürzungen von Zusatzpensionen durch Abschaffung der Mindestverzinsung für Pensionskassen, Erhöhung des Kran­kenversicherungsbeitrags für Angestellte um 0,4 Prozent, für PensionistInnen um


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0,5 Prozent, Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage bei der Krankenversicherung – war da nicht irgendetwas, haben Sie sich nicht über so einen Vorschlag aufgeregt?; haben Sie selber gemacht! –, Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Kranken­versicherung, Verdreifachung der Einheitswerte bei der Erbschafts- und Schenkungs­steuer für Eigenheime und Grund, Erhöhung der Versicherungsprämien, Tariferhöhun­gen bei Post und Bahn, Verdoppelung der Energieabgabe um 0,74 Cent je Kilowatt­stunde.

Haben Sie sich heute nicht beklagt, dass wir Diesel nicht mehr begünstigen wollen? Haben Sie, oder? Was haben Sie gemacht? – Verdoppelung der Energieabgabe, Erhö­hung der motorbezogenen Versicherungssteuer um 51,4 Prozent, Erhöhung der Mine­ralölsteuer um einen Cent pro Liter für Benzin, 2 Cent für Diesel und 2,9 Cent für Heiz­öl, Erhöhung der Erdgasabgabe per 1. Jänner 2004 um 51,3 Prozent, Einführung einer Energieabgabe für Kohle per 1. Jänner 2004, zweimalige Erhöhung der Tabaksteuer um 0,36 € pro Packung, 2005 weitere Erhöhung der Tabaksteuer um 18 Cent pro Pa­ckung, Erhöhung der Biersteuer um 0,07 € pro Liter, Erhöhung der Umsatzsteuer auf Kaffee, Kakao und Tee um 10 Prozent, Verdoppelung der Vignettengebühr auf knapp 73 €, diverse Gebühren, Pass-, Personalausweis-, Gerichts- und Grundgebührenerhö­hung, Kürzung des Urlaubs durch Urlaubsaliquotierung.

Und damit Sie wissen, wen das trifft: Das trifft nämlich genau nicht jene, von denen Sie da immer reden. Es gibt nämlich Gruppen von Leuten und Betrieben, die entlastet werden. Belastet werden in erster Linie kleine Einkommen, nämlich genau durch diese Dinge! Da haben Sie Recht, dass die keine Steuern mehr zahlen, aber die werden be­lastet durch diese ganze Liste zusätzlicher Abgaben, zusätzlicher Erhöhungen, die Sie eingeführt haben. Alleine das, was Sie im Bereich der Energie besteuert und verteuert haben, kostet eine ganz normale Familie 357 € pro Jahr.

Das heißt: Das, was Sie machen, ist entlasten auf der einen Seite und belasten natür­lich auf der anderen, denn irgendwoher müssen Sie es ja nehmen. Und was da in die­sem Prozess passiert, ist eine Umverteilung, die genau zu dem führt, was wir heute haben: Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander, die Schere bei den Einkommen zwischen Frauen und Männern geht weiter auseinander (Abg. Dr. Fekter: Stimmt nicht!), und der gesamte Wohlstand ist ungleich verteilt.

Und wenn Sie mir jetzt erklären, wie Sie in der nächsten Legislaturperiode so etwas mal zwei oder zweieinhalb machen werden, dann kann man sich ungefähr vorstellen, was für eine Belastungswelle auf die Leute zukommt, die heute schon an der Armuts­grenze sind oder arm sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.12

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, teile ich mit, dass die Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt ha­ben, der Folgendes zum Gegenstand haben soll: Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der Österreichischen Nationalbank und der Finanz­marktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), sowie des Bundesministeriums für Justiz und sämt­licher im Weisungszusammenhang stehenden Organe hinsichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahre 2000, insbesondere hinsichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der Raiffeisenbank International, sämtli-


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chen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunternehmens AMIS.

Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Mag. Molterer ans Rednerpult. 6 Minuten Wunschredezeit; 7 Minuten der Fraktion. – Bitte.

 


17.13.47

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ganz interessant bei diesem Antrag: Was wirklich interessant zu wissen wäre, das steht in dem Antrag nämlich nicht drinnen: Was ist mit dem Gewerkschafts­bund? Was ist mit der Bilanz des Gewerkschaftsbundes?

Und jetzt frage ich Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie: Wie können Sie den Gewerkschaftsmitgliedern, den Menschen in diesem Lande erklären, warum es bis heute nicht möglich ist, obwohl die Bilanz des Gewerkschaftsbundes fer­tig ist (Abg. Mag. Johann Maier: Das stimmt ja gar nicht!), dass die Bilanz des Gewerk­schaftsbundes veröffentlicht und der Öffentlichkeit vorgelegt wird?

Da wird von der Frau Kollegin Bures von Wahlkampfgetöse gesprochen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Frau Kollegin Bures, wie ist das? Ist für Sie ein Verlust von 3,5 Milliarden € in der BAWAG Wahlkampfgetöse? Ist der Verlust von 50 Milliarden Schilling, verzockt, verspielt und in der Karibik verschwunden, für Sie Wahlkampfge­töse, Frau Kollegin Bures? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist hier im Hohen Haus eine Staatshaftung beschlossen worden – der Steuerzahler zahlt. Für Sie ist das Wahlkampfgetöse, Frau Kollegin Bures, wenn wir die Bank retten müssen vor dem Konkurs und gleichzeitig den Gewerkschaftsbund? Das ist Wahl­kampfgetöse? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Wenn die BAWAG am Ende des Tages, Frau Kollegin Bures, ... (Zwischenrufe der Abg. Bures.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Bures, Sie können sich noch einmal zu Wort melden!

 


Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (fortsetzend): Das wird auch nicht besser durch eine weitere Wortmeldung der Frau Bures, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Gradwohl, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Herr Abgeordneter Gradwohl, ich erteile Ihnen noch einen Ordnungsruf.

 


Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (fortsetzend): Ja, es ist interessant, dass beim Thema BAWAG/ÖGB/SPÖ die Nervosität in den Reihen massiv steigt – ich verstehe es ja auch.

Frau Kollegin Bures, wie ist denn das, wenn am Ende dieses Prozesses, für den Sie Mitverantwortung, Hauptverantwortung tragen, der Verkauf, der Ausverkauf der BAWAG steht? Das ist die Verantwortung, die Sie tragen, Frau Kollegin Bures! Wie geht es Ihnen damit? (Abg. Bures: Das ist Wahlkampf!)


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Ich stelle Ihnen eine sehr einfache Frage betreffend den Gewerkschaftsbund. Der Ge­werkschaftsbund hat 2,2 Milliarden € Schulden – das wissen wir in der Zwischenzeit, ist ja zugegeben. Und es wird den Arbeitnehmern in diesem Land, die über viele Jahre ihre Gewerkschaftsbeiträge einbezahlt haben, über genauso viele Jahre vorgegau­kelt – vorgegaukelt, Frau Kollegin Bures, Herr Dr. Cap! –, dass es im Gewerkschafts­bund die echte Rückversicherung gäbe für die Arbeitnehmer in Österreich, die Rück­versicherung, die Streikfonds heißt. Es gibt den Streikfonds, wird über Jahre behaup­tet.

Dann kommt der Finanzreferent, der aktuelle Finanzreferent des Gewerkschaftsbundes und sagt in einem Interview nicht nur, dass es den Streikfonds nicht mehr gibt, sondern er sagt, den Streikfonds hat es nie gegeben. (Rufe bei der ÖVP: Unerhört!)

Jetzt frage ich Sie: Wie erklären Sie, Frau Kollegin Bures, dass in diese Stiftung jähr­lich 1,82 Millionen € einbezahlt wurden, die den Gewerkschaftsmitgliedern als ihr Streikfonds verkauft und dargestellt wurde? Jährlich 1,82 Millionen in etwas einbezahlt, was es laut Finanzreferent des Gewerkschaftsbundes erstens nicht gibt und zweitens nie gegeben hat. Was ist denn mit dem Geld geschehen? (Zwischenrufe der Abg. Bu­res.)

Ich möchte etwas wissen von Ihnen, Frau Abgeordnete Bures. Da gibt es jemanden, der auch bei Ihnen wichtige Verantwortung getragen hat. Er war Mitglied im SPÖ-Vor­stand, Präsident des Gewerkschaftsbundes, Verzetnitsch, der noch im Jahre 2003 bei den großen Streiks erklärt hat: Es passiert ja ohnehin nichts, wir haben ja einen Streik­fonds!

Ein Herr Weninger, der Ihnen auch nicht fremd ist, war immerhin BAWAG-Aufsichts­ratsvorsitzender, erklärt im Jahr 2003 – man höre und staune –: Der Stiftung – das Wort „Stiftung“ kennen Sie in der Zwischenzeit, ist Ihnen geläufig – werden jährlich 1,82 Millionen € zugeführt. Und dann sagt er: Sollte die Gewerkschaft jemals unter­gehen, so ist laut ÖGB-Finanzchef Günther Weninger gesichert, dass die Gelder an die Mitglieder zurückbezahlt werden. (Rufe bei der ÖVP: Ha, ha!)

Jetzt frage ich Sie: Was macht jetzt ein Gewerkschaftsmitglied, wenn es das ernst nimmt, was damals gesagt wurde? – Es wird hingehen und fragen: Wo ist mein Geld? Und er wird zur Antwort bekommen: Es ist weg, es ist verspielt. (Abg. Bures: Warum lassen Sie das nicht die Gerichte klären?)

Sie, Frau Kollegin Bures, können noch so oft hier herausgehen oder auch zwischen­rufen – mich stört das gar nicht, es zeigt eher, wo der Notstand liegt, nämlich in der SPÖ –, Sie können in der Zwischenzeit auch nicht mehr behaupten, es hätte keinen Geldfluss zwischen Gewerkschaftsgeldern und SPÖ gegeben. Sogar Ihre Spitzenge­werkschafter Haberzettl und Hundstorfer geben selbstverständlich zu, dass aus der FSG, die bekanntlich aus Gewerkschaftsgeldern finanziert wird, Geld in die SPÖ-Par­teikassen geflossen ist, Gewerkschaftsgeld zur SPÖ geflossen ist. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Haberzettl sagt sogar: Da ist gar nichts Besonderes dabei, das war immer schon so. Kollege Einem hat das ja auch schon einmal gesagt.

Herr Kollege Einem, sagen Sie das einmal der Frau Bures, was die Wahrheit ist! Es ist Geld geflossen. Und Sie sollten endlich den Menschen die Wahrheit sagen. Hören Sie auf zu mauern und hören Sie auf zu vertuschen! Sagen Sie die Wahrheit, Frau Bures, und ich sage Ihnen, es wird sowieso früher oder später ans Tageslicht kommen!

So, wie ans Tageslicht gekommen ist, dass Herr Vranitzky eigentlich für zwei Telefo­nate 1 Million Schilling bekommen hat. (Abg. Silhavy: Woher wissen Sie das?) Kein schlechtes Geschäft. Hohe Telefontarife. Es ist teuer, wenn man bei der SPÖ anruft –


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und es wird teuer, wenn man SPÖ wählt, meine Damen und Herren! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster ans Rednerpult gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 5 Minuten Wunschredezeit; Restredezeit der SPÖ: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.21.12

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Jetzt wird es wirklich hochinteressant. Da trägt der Präsident des Nationalrates Andreas Khol Länge mal Breite einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vor. Der nächste Redner ist dann der Klubobmann der ÖVP, Molterer. Was macht er? – Polemik, Behauptungen und kein einziges Wort zum Untersuchungsausschussantrag. Also seien Sie mir nicht böse, Herr Molterer, so werden Sie sich nicht davonschleichen können! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Molterer, wenn Sie ehrlich wären, einige dringliche Anfragen sind ja tatsächlich zu stellen: Warum ermittelt beispielsweise die Justiz intern? Warum haben Sie es gestern für notwendig befunden, ein Protokoll hier im Parlament zu verfälschen, ein Protokoll des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofes? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Haben Sie den Mut, Herr Molterer, gehen wir heute nach der Sitzung in die Kanzlei des Herrn Präsidenten und schauen wir uns das an! Schauen wir uns das an! Haben Sie den Mut, haben Sie die Courage, wir treffen uns hier am Ende dieser Sitzung und gehen diese Protokollfälschung anschauen, denn dieses Protokoll liegt im Tresor des Herrn Nationalratspräsidenten Andreas Khol! (Abg. Neudeck: Haben Sie es hinein­gelegt? – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Ein Weiteres: Herr Molterer, warum hat Ihre Partei gestern den Ladungsantrag, was Karl-Heinz Grasser betrifft, abgelehnt? Ja hier gilt es ja noch die Bootspartie aufzu­klären, wo Grasser mit Flöttl junior geurlaubt hat. Warum haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, den Ladungsantrag Martin Schlaff am Dienstag abgelehnt? Hier gilt es ja den Bulgarien-Deal und den Mobiltel-Deal aufzuklären. Ja, Herr Molterer, wer war denn der Letzte, der Herrn Elsner vor seiner Verhaftung ein Kuvert zugesteckt hat? Ja wer war denn das? War das der Herr Dr. Josef Taus oder nicht? – Na Sie lachen. Na selbstverständlich. (Abg. Mag. Molterer: Da muss ich lachen über diesen Schwachsinn!)

Wenn Sie glauben, dass ein Mensch in Österreich Ihnen das abnimmt, dass er in dem Kuvert einen Ortsplan drinnen gehabt hat, da lachen ja die Hühner, Herr Molterer. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn der Finanzminister in einer Dringlichen etwas zur Steuerreform oder anderes verspricht, möchte ich Sie ein­laden, kein Wort davon zu glauben. Wenn Herr Grasser hier irgendetwas bei einer Dringlichen erzählt, stimmt es nicht. Er erzählt nämlich nicht die Wahrheit. Sie wissen ganz genau, wie das war am 29. März 2006, was den Bericht der Nationalbank im Zu­sammenhang mit der BAWAG-Causa betrifft.

Grasser selbst war der eigene Kronzeuge für seine Unwahrheit hier, indem er in der „ZiB 2“ am 3. April behauptet hat: Ich habe im Parlament natürlich gesagt, dass die 350 Millionen Engagements drinnen stehen in dem Bericht. – Und genau das ist nicht wahr! Auch dieses Protokoll können wir uns gerne anschauen, Herr Klubobmann Mol­terer.

Das Ganze, dieser Zusammenhang ist ja nicht so unwichtig. Peter Rabl, ich glaube, einer der anerkanntesten österreichischen Wirtschaftsjournalisten, sagt im Artikel „Sys­tematische Vertuschung“ ... (Abg. Neudeck: Seit wann versteht der etwas von Wirt-


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schaft? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Na ja, Herr Neudeck, ich muss Ihnen ehrlich sagen, ein finsterer Genosse ist Herr Peter Rabl einmal auf keinen Fall. (Abg. Scheibner: Da verwechseln Sie ein bisschen etwas!)

Im Artikel „Systematische Vertuschung“ schreibt Peter Rabl Folgendes: „Die Prüfer meldeten im Frühjahr 2001 prompt alarmierende Fakten und Fehler.“ (Abg. Neudeck: 1996 und 1997!)

Und weiters: „Bei sachgerechter Reaktion des Finanzministers“ – können Sie ihm das dann vielleicht ausrichten, Herr Noch-Staatssekretär Finz – „wären zumindest die spä­ter folgenden Refco-Spekulationen und damit eine Milliarde Euro Schaden vermeidbar gewesen.“

1 Milliarde € Schaden wäre vermeidbar gewesen, wenn Finanzminister Grasser recht­zeitig reagiert hätte! (Abg. Wattaul: Der Edlinger Rudi!)

Meine Damen und Herren, weil heute zufällig auch Herr Vizekanzler Gorbach sich die Ehre gibt und uns noch einmal hier zur Verfügung steht. Damit Sie nicht ganz umsonst dasitzen, Herr Vizekanzler: Könnten Sie bitte der Öffentlichkeit bekannt geben, wie lange Sie eine Fortzahlung Ihres Ministergehaltes beanspruchen werden? Ich denke, das wäre eine sehr interessante Sache, wird uns hier alle interessieren, auch die Steu­erzahlerin und den Steuerzahler. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Scheibner. Er wünscht, 6 Minuten zu sprechen; seine Fraktion hat 10 Minuten. – Bitte.

 


17.25.49

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Meine Damen und Herren! Man glaubt ja gar nicht, dass man bei so einer ernsten Debatte nicht nur schmunzeln, sondern auch lachen kann, denn das, was Sie da für ein Schauspiel bringen, das ist wirklich zum Lachen. Da kann ich Ihnen echt gratulieren. Das betrifft vor allem auch, Herr Kollege Kräuter, die letzte Frage, wo Sie sich als Anwalt der Steuerzahler aufspielen und da irgendwelche Fragen hinsichtlich der Gehaltsfortzahlung des Herrn Vizekanzlers stellen. Sie wissen, ich bedaure das sehr, Sie wissen ganz genau, dass er das nicht notwendig hat, sondern, ganz im Gegenteil, den Topmanager sozusagen schon in der Tasche hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich weiß noch ganz genau, wie wir die Gehaltsfortzahlungen für Ihre Ex-Minister im Jahre 2000 beschlossen haben. Aber abgesehen davon, Herr Kollege Kräuter: Wir diskutieren heute hier einen Skandal, wo bis zu 4 Milliarden € an Spargeldern, an Steu­ergeldern, an Gewerkschaftsgeldern verlottert worden sind! Herr Kollege Kräuter, und Sie haben nichts anderes zu fragen als nach einer Gehaltsfortzahlung des Vizekanz­lers?!

Da geht es uns heute darum, 900 Millionen € an Staatshaftung zu vermeiden, zu ver­hindern, 900 Millionen € an Steuergeldern, die notwendig sind, um den Gewerkschafts­bund und die BAWAG zu retten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Und Sie haben keine anderen Sorgen, als solche Fragen zu stellen?! Herr Kollege Matznetter, also da ist Ihnen wirklich nicht mehr zu helfen. Kollege Cap wendet sich auch schon mit Grauen ab. Das verstehe ich auch. Seien Sie froh, dass es heute keine Fernseh­übertragung gibt und auch die Journalisten schon nach Hause gegangen sind, denn so etwas hat man hier im Hohen Haus überhaupt noch nicht gesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)


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Schreien Sie weiter, Herr Kollege Matznetter, Ihnen kann man auch nur mehr einen absoluten Realitätsverlust hier bescheinigen! Dass Sie die Erfolge der Regierung nicht zur Kenntnis nehmen wollen, ist ja klar. Dass Sie sich hier heute auch nicht rechtferti­gen wollen, warum Sie gegen die Steuersenkung gestimmt haben, gegen die Konjunk­turpakete, gegen das Kinderbetreuungsgeld, gegen die Abfertigung-Neu et cetera, ist auch klar. Sie wollen heute auch nicht diskutieren über Ihre Steuervorschläge wie etwa die Erhöhung der Grundsteuer, die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge, über Ihre Belastungslawine, die die SPÖ in Wien gemacht hat. (Abg. Sburny: Das haben Sie gemacht, das war Ihre Belastungswelle!) Das alles wollen Sie hier nicht disku­tieren. Und Sie wollen natürlich auch nicht diskutieren Ihre Verantwortung in diesem BAWAG- und ÖGB-Skandal.

Ich habe immer schon gesagt, Zwischenrufe sind wunderbar für den Redner, und ich höre mir die Zwischenrufe auch immer sehr gerne an. Heute war ein ganz interessan­ter Zwischenruf von der Frau Abgeordneten Bures, wie der Klubobmann Molterer vor­geworfen hat, dass hier Gelder von der FSG, Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter, an die SPÖ gegangen sind. Bis jetzt hat man das immer bestritten. Ich habe immer ge­fragt, auch der Abgeordnete Pilz von den Grünen, in Bezug auf die Beträge, die Sie ja selbst ausweisen in Ihren Rechenschaftsberichten: über 20 Millionen €, 20 Millionen € an Spendeneingängen bei der SPÖ, und da hat es immer geheißen, es gibt keinen ein­zigen Euro.

So, jetzt war der Vorwurf, das Geld kam nicht vom ÖGB direkt, aber von der FSG, wor­auf die Frau Abgeordnete Bures in einem Zwischenruf hier gesagt hat: Das sind ja sozialdemokratische Gewerkschafter, die heißen ja sozialdemokratisch, und deshalb ist das zulässig. – Meine Damen und Herren, ja, wunderbar, jetzt endlich haben Sie es eingestanden: Alles, was sozialdemokratisch heißt, ist eine Einheit, und da kann man die Millionen hin- und herverschieben.

Nein, meine Damen und Herren, nein, denn das Geld, das eine Fraktion, ob das jetzt die christlichen Gewerkschafter oder die sozialdemokratischen Gewerkschafter sind, bekommt, das sind Gelder der Arbeitnehmer, Gelder aus den ÖGB-Beiträgen der Ar­beitnehmer zur Vertretung ihrer Interessen und nicht zur Subventionierung von Partei­kampagnen der SPÖ, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.) Genau das ist der Kritikpunkt, den wir hier anbringen. Aber Sie sind ja absolut nicht schuldeinsichtig und kritisieren die Justiz. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nicht die Justiz, nicht ein Staatsanwalt hat 1 Million Schil­ling für irgendwelche Beratungsleistungen bekommen, wo es dann heißt, es gibt keine Gegenleistung. Nicht die Justiz hat 20 Millionen € – jetzt von der Frau Bures zugege­ben – von Geldern der Gewerkschaftsmitglieder bekommen, sondern die SPÖ.

Herr Flöttl kritisiert nicht die Justiz, dass sie irgendwo involviert ist, sondern er sagt, es wurde ihm klar gesagt, dass es eine Vernetzung von BAWAG, ÖGB und SPÖ gibt und dass es hier eine Unterstützungsverpflichtung gegenüber der SPÖ gibt. Das sagt nicht die Justiz, sondern das sagt Herr Flöttl über Ihre Partei.

Ich sage Ihnen: Klären Sie das alles auf, machen Sie den Schaden, so gut es geht, wieder gut, aber kritisieren Sie nicht die unabhängige Justiz, wenn sie genau das auf­klärt, was wir hier kritisieren und was auch wirklich aufklärungswürdig ist!

Aber Sie sind ja nicht einsichtig, meine Damen und Herren! Die Fraktion sozialistischer Gewerkschafter hat nichts gelernt. Sie schreibt noch immer Briefe an alle Gewerk­schaftsmitglieder, nicht nur an die eigenen Funktionäre – und das kostet auch ein paar hunderttausend Euro –, in denen sie zur Wahl der SPÖ aufruft. Da heißt es nicht: Wäh­len Sie die SPÖ!, sondern: Geben Sie uns am 1. Oktober Ihre Stimme! Neue Fairness


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braucht das Land. – Eine Aussendung der FSG auf Kosten der Gewerkschaftsmitglie­der, meine Damen und Herren!

Sie haben nichts gelernt, Sie vergeuden weiterhin das Geld der Arbeitnehmer für Ihre Parteipropaganda, und das wird der Wähler am 1. Oktober zu beurteilen haben: Möch­te er, dass so etwas weiterhin passiert und weiterhin möglich ist in diesem Land, oder sagt er ganz eindeutig: Nein, wenn Gelder für die Vertretung von Arbeitnehmerinteres­sen eingezahlt werden, dann sollen sie auch ausschließlich dafür verwendet werden!? Für Ihre Parteipropaganda gibt es eine Parteiensubventionierung, für die parlamenta­rische Arbeit gibt es eine Klubabgabe und eine entsprechende Klubfinanzierung – aber, bitte, keine missbräuchliche Verwendung von Geldern der Arbeitnehmer!

Wir werden die Justiz in Schutz nehmen, wir werden auch die Steuerzahler in Schutz nehmen, und Sie werden sich zu verantworten haben, wenn Sie weiterhin nur die Jus­tiz kritisieren, aber nichts zur Schadenswiedergutmachung und zur Aufklärung dieses größten Skandals in der Zweiten Republik beitragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Ab­geordnete Mag. Dr. Fekter zu Wort gemeldet. 2 Minuten. Sie kennen die Geschäftsord­nung: Fakten gegen Fakten, keine politischen Wertungen.

 


17.32.36

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Kollege Kräuter hat behauptet, dass das Protokoll der letzten Sitzung des Rechnungshofunteraus­schusses gefälscht worden wäre.

Zur Rehabilitierung der Beamten der Parlamentsdirektion, die das Protokoll verfassen, berichtige ich diese Falschaussage des Kollegen Kräuter:

Der Vorsitzende hat sich sofort in der Sitzung korrigiert und festgestellt, dass sich durch die erste Abstimmung die zweite Abstimmung erübrigt hat. Und genau diese ge­schäftskonforme Vorgangsweise findet sich im Protokoll, welches ordnungsgemäß einerseits sogar verlesen und andererseits durch den Obmann und den Schriftführer unterfertigt worden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neudeck. Restre­dezeit der Fraktion: 4 Minuten; ich stelle die Uhr gleich auf 4 Minuten ein. (Abg. Schie­der: Das war keine tatsächliche Berichtigung!) – Wohl, das war eine.

 


17.33.42

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage hat meiner Überzeugung nach eindeutig gezeigt, dass der Motor in dieser Regierung, in diesen zwei Legislatur­perioden, der zuerst große Koalitionspartner und dann kleine Koalitionspartner dieser beiden Regierungen war. Das ist für mich eindeutig herausgekommen. Und wenn es eine große Koalition geben wird, auf die Sie alle hoffen, weil Sie diese gesamte BAWAG-Geschichte unter den Teppich kehren wollen – der dann wahrscheinlich so ausschaut wie das Rinterzelt, weil so viel darunter ist –, wird das Österreich wahr­scheinlich teuer zu stehen kommen.

Zur Finanzierung. Kollege Matznetter hat sich einmal furchtbar aufgeregt, als ich ge­sagt habe, die SPÖ hat sich aus den Scheingewinnen der BAWAG finanziert. – Das ist eine Tatsache, denn wir wissen in der Zwischenzeit, dass die BAWAG Gewinne oder Ausschüttungen, Sonderausschüttungen an den Eigentümer, die Gewerkschaft, ge-


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macht hat, die aus den Gewinnen gar nicht darstellbar waren. Und ob das Geld dann direkt an die SPÖ gegangen ist oder über die FSG, ist im Prinzip egal.

Ich unterstelle Ihnen auch gar nicht, dass das ungesetzlich ist, aber es ist zutiefst un­moralisch, wenn Sie das Geld der Gewerkschaftsmitglieder, der kleinen Sparer und Anleger, zur Sanierung Ihrer maroden Parteikassen heranziehen. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Sie haben in den letzten acht Jahren nachweislich über 20 Millionen aus Körperschaf­ten, die nicht Pflichtmitgliedschaft haben, in die Partei bekommen; das können Ihre Rechenschaftsberichte belegen.

Wissen Sie, was ganz interessant ist? Groß inseriert die BAWAG in dem Magazin „Un­ternehmen Österreich“, das Herr Matznetter für die Wirtschaftskammerwahl verwendet hat. – Androsch, BAWAG und so weiter, da steht alles sehr zweideutig. Als Kaske ge­sagt hat, „die Republik wird brennen“, haben wir uns alle aufgeregt, bis wir dann ge­merkt haben, er meint die Zahlen; er hat damals schon gewusst, was bei der Gewerk­schaft los ist. – Androsch schreibt in diesem Magazin:

„Der offene direkte Zugang zu den Entscheidungsträgern garantiert eine auf Vertrauen und Verlässlichkeit basierende partnerschaftliche Kundenbeziehung.“

Also dass er einen direkten Zugang zu den Entscheidungsträgern der BAWAG gehabt hat, das glaube ich durchaus, Kollege Matznetter. (Abg. Dr. Matznetter: Der Herr Schalle ist doch jetzt Kandidat!) Ja, aber der hat nicht den offenen Zugang zu den Ent­scheidungsträgern gehabt.

Zum Abschluss meiner Ausführungen – da Herr Bürgermeister Großruck heute nicht zu Wort gemeldet ist, hat er mir einen Vierzeiler runterfallen lassen; das Copyright liegt also bei ihm –:

„Freundschaft!“ war der Gruß der Roten.

Dies ist ab sofort verboten,

denn auf Grund der BAWAG müssen

alle jetzt mit „Bürgschaft!“ grüßen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

17.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Erwiderung auf eine tatsächliche Berichti­gung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. Ich rufe in Erinnerung: Sie können nur erwidern, wenn Sie persönlich in die Beantwortung einbezogen wur­den. – Bitte.

 


17.37.10

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Kollegin Fekter hat hier tatsachen­widrig einige Dinge behauptet.

Erstens: ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das ist keine Erwiderung, Sie müssen einen persönli­chen Bezug herstellen.

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Erstens: Der Schriftführer der SPÖ, Herr Abgeordneter Gaßner, hat aus Protest gegen die Vorgänge seine Unterschrift ver­weigert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja nicht persönlich!)

Zweitens: Der handschriftliche Vermerk der Hornek-Aussage: „ziehe die Abstimmung zurück“, wurde durchgestrichen.

17.37



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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Kräuter, das ist keine Erwiderung! (Rufe bei der ÖVP: Widerlegen! Widerlegen! – Abg. Dr. Kräuter – das Rednerpult verlas­send –: Schämen Sie sich, Herr Präsident!)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.37.58Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4483/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Verkehr, Innovation und Techno­logie mit der Ordnungszahl 4483/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, dem Erstredner herentgegen zur Begrün­dung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.38.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir führen jetzt eine Debatte auf Grund einer Anfrage des Herrn Abgeordneten Maier, der sich natürlich, wie könnte es anders sein, beschäftigt mit Unfallstatistiken, Verkehrstoten, der Bilanz der letzten Jah­re – einer Anfrage, die der Herr Vizekanzler ausführlich beantwortet hat. Ich möchte aber die Chance wahrnehmen und hier sehr wohl einmal auf einige Punkte der Ver­kehrssicherheit eingehen und auch zu der Entwicklung in der Verkehrssicherheit in den letzten Jahren Stellung nehmen. (Abg. Sburny: 160 auf der Autobahn!) Auch zu Tem­po 160 auf der Autobahn werde ich Stellung nehmen. Danke, Frau Kollegin Sburny, dass Sie mir das Stichwort geben, sonst hätte ich das gar vergessen. Das wird also auch Teil meiner Ausführungen sein.

Unter dieser Bundesregierung und federführend unter den Verkehrsministern meiner Fraktion ist es gelungen, dass wir die Investitionen im Infrastrukturbereich vervielfälti­gen konnten. Es wurde in den Jahren 2002 bis 2006 jährlich über 1 Milliarde € inves­tiert, und zwar in mehrere Bereiche, nicht nur in den Ausbau der Infrastruktur, sondern ganz besonders auch in die Sicherheit der Infrastruktur, in den Lärmschutz, in den Ausbau bestehender Tunnel und in mehrere Maßnahmen, die im Endeffekt dazu bei­tragen, dass Österreich heute mit Sicherheit eines der sichersten Länder im Bereich der Verkehrspolitik darstellt.

Ich darf vielleicht einige Schwerpunkte dieses Ausbaus, dieser Maßnahmen nennen. Ich denke zum Beispiel bei mir zu Hause in Kärnten an den Ausbau der zweiten Katschberg-Röhre, ich denke an die seit langem notwendig gewesenen Lärmschutz­maßnahmen entlang der Tauern Autobahn. Meine Kolleginnen und Kollegen aus Kärn­ten werden mir beipflichten, dass damit ein jahre-, wenn nicht jahrzehntelanges Ver­säumnis auch von vorhergehenden Bundesregierungen nachgeholt wurde, indem man endlich bereit ist, auch in den Lärmschutz der Kärntner Gemeinden, die an den Auto­bahnen liegen, intensiv zu investieren. Wenn man heute über die Tauern Autobahn von Salzburg kommend nach Kärnten oder in die andere Richtung fährt, so sieht man zwar


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etwas weniger von der schönen Gegend, aber die Leute können endlich in Ruhe schla­fen. (Abg. Neudeck: Beim Fahren?) Die Verkehrssicherheit und der Lärmschutz haben Vorrang. – Beim Fahren? Beim Fahren sollte man nicht schlafen, Herr Kollege!

Weiters konnten verschiedene andere Tunnelmaßnahmen umgesetzt werden. Ich den­ke hier an den Vollausbau der Pack auf der A 2, wo der Gräbern-Tunnel ausgebaut wurde, ich denke an den Amberg-Tunnel, an den Plabutsch-Tunnel. Ich denke auch daran – was man besonders hervorheben sollte –, dass es uns jetzt endlich gelungen ist, auch die zweite Röhre des Tauerntunnels in Angriff zu nehmen. Ich denke an den Ofenauer- und Hiefler-Tunnel, wo man sehr viel in Verkehrssicherheit investiert hat. Ich denke auch an andere Maßnahmen wie zum Bespiel an die Einhausung Bindermichl, an den Vollausbau im Laimberg-Tunnel oder an die Tunnelkette auf der S 6 Richtung Semmering zwischen Niederösterreich und der Steiermark.

Das heißt, hier wurde sehr viel Geld in die Hand genommen, und dieses Geld hat nicht nur die Verkehrssicherheit verbessert, sondern dieses Geld hat auch Arbeitsplätze ge­schaffen. Es ist gelungen, unter unserem Vizekanzler Hubert Gorbach mehr als 5 000 neue Arbeitsplätze zu schaffen – durch die Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen, die annähernd Vollbeschäftigung in diesem Bereich zustande gebracht haben. Hier sieht man ganz deutlich die Handschrift dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Aber neben den Infrastrukturmaßnahmen war natürlich auch die Erhöhung der Ver­kehrssicherheit ein zentrales Thema. Es hat ein Verkehrssicherheitsprogramm gege­ben, dass man bis zum Jahr 2010 die Zahl der Verkehrstoten halbieren möchte. Auch diesbezüglich wurden sehr viele wichtige Schritte und gesetzliche Maßnahmen begon­nen.

Ich denke da zum Beispiel an die Einführung des Vormerksystems, ich denke an den mehrphasigen Führerschein, mit dem man mit Begleitmaßnahmen wie verpflichtenden Fahrtechnikkursen versucht, die jungen Autofahrerinnen und Autofahrer besser auf die Sicherheit im Verkehr aufmerksam zu machen. Ich denke an die Mobilitätserziehung in den Kindergärten und Volksschulen. Ich denke an die Verkehrsbeeinflussungsmaßnah­men; moderne Geräte erfassen die Rahmenbedingungen im Verkehr, messen sie und stimmen die Verkehrsregeln darauf ab. Ich denke an die Einführung von Alkohol- und Drogenvortestgeräten, ein ganz wichtiges Thema, um speziell auch den Jugendlichen klarzumachen, dass es keine Toleranzgrenze in diesem Bereich geben kann.

Ein weiteres wichtiges Thema zur Steigerung der Verkehrssicherheit: „Licht am Tag“, eine sehr kontroversielle Diskussion auch in meinem Klub, trotzdem hat man sich dazu durchgerungen, um etwas für die Verkehrssicherheit zu tun. Speziell draußen in den ländlichen Regionen, speziell in der Übergangsjahreszeit ist es einfach besonders wichtig, dass die Autos auch gesehen werden können.

Also Sie sehen, meine geschätzten Damen und Herren, Hubert Gorbach hat ein enga­giertes Programm in Angriff genommen. Es ist uns sicherlich gelungen, in sehr, sehr vielen Bereichen die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Zahl der Verkehrstoten zu senken und damit einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten, dass Österreichs Straßen sicherer werden.

Frau Kollegin Sburny, da Sie das Thema „Tempo 160“ angesprochen haben: Auch das halte ich nach wie vor für ein sehr engagiertes Projekt, das ich zu 100 Prozent unter­stütze, denn ich glaube, dass wir diesen mutigen Schritt ruhig wagen sollten. Wir soll­ten uns dazu durchringen. Ich halte das für einen mutigen Schritt, dass man versucht, in Zeiten wie diesen mit begleitenden Maßnahmen wie Früherkennung für veränderte Außenbedingungen wie zum Beispiel Regen, Schnee oder andere Dinge ... (Abg. Sburny: Krankheit! Asthma durch Feinstaub!)


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Natürlich ist die Belastung der Menschen durch erhöhten Feinstaub und dergleichen ein sensibles Thema, und wir sind die Letzten, die sich dieses Themas nicht anneh­men, aber auf der anderen Seite sollte man auch im Sinne der Autofahrerinnen und Autofahrer die Möglichkeiten wahrnehmen und mit Hilfe der neuen technischen Vor­aussetzungen, die breit gefächert gegeben sind, wie etwa gut ausgebaute Autobahnen, moderne Autos, die man dort in Betrieb hat, eben mit Hilfe begleitender Maßnahmen die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen flexibilisieren.

Ich bin ganz klar ein Vertreter dessen, dass man Tempo 160 in Österreich flächende­ckend einführen sollte. Ich spreche mich ganz klar dafür aus, dass die Aufhebung des Tempolimits 130 auch in Zukunft ein Thema sein sollte. Weil es eben wichtig ist, hier beide Seiten zu berücksichtigen, ist dafür zu sorgen, dass dieses Thema weiterhin ge­staltet wird. Der Herr Vizekanzler wird sicherlich in den nächsten Wochen die Ergeb­nisse dieser Studie veröffentlichen.

Wir haben in unserem Bezirk das Thema sehr stark polarisiert. Kollege Köfer von der SPÖ war ja ein glühender Verfechter gegen Tempo 160, hat sogar die Autobahn ge­sperrt, weil er dagegen war. Faszinierend, wie immer das Detail am Rande, dass natür­lich gerade er selbst jemand ist, der auch ganz gerne einmal sehr schnell oder etwas schneller fährt. (Abg. Mag. Trunk: Nur erlaubt!) Na ja, jetzt könnte ich Ihnen sagen, dass meine Unterlagen zum Beispiel bestätigen, dass er auch schon schneller gefah­ren ist. Lassen wir das Thema, wir machen heute keine Schmutzkübelkampagne mehr, ich denke, die Zeit dafür ist schon vorbei! In Wirklichkeit wird hier Wasser gepredigt und Wein getrunken. Er hat auch ein Auto, das mit 240 Stundenkilometern gefahren werden kann, das heißt, dass er sehr schnell unterwegs sein kann. Ich möchte das ein­mal so im Raum stehen lassen. Man sollte hier nicht Wasser predigen und Wein trin­ken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema „Erhöhung der Geschwindigkeiten auf den Autobahnen“ ist ein wichtiges Thema, und wir werden uns auch weiterhin dafür einset­zen, weil ich einfach glaube, unter den aktuellen modernen Rahmenbedingungen sollte es möglich sein. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Frau Kollegin Glawischnig, nicht eine Woche noch, warten wir es einmal ab! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Dann ist es aus mit 160!) Schauen wir einmal, wie es ausgeht! Schauen Sie, dass Sie Ihren Krieg gegen die FPÖ um Platz 3 gewinnen, wir werden schauen, dass wir so stark werden, dass wir in der nächsten Bundesregierung vertreten sind! Schauen wir, wie es ausgeht! Ich glaube, es ist ziemlich offen. Ob man Umfragen glauben oder nicht glauben kann – in neun Tagen werden wir es wissen.

Egal, wie stark wir hier in diesem Parlament vertreten sein werden, zwei Dinge sind Faktum: Wir werden in diesem Parlament vertreten sein, erstens, weil wir in Kärnten ein Grundmandat machen, und zweitens, weil wir über die 4 Prozent kommen.

Das zweite Faktum: Die Grünen werden in Kärnten wieder kein Grundmandat bekom­men, das heißt, sie werden wieder daran scheitern, in Kärnten ein Mandat zu erhalten. Deshalb, Frau Dr. Glawischnig, sitzen Sie auch auf einem Wiener Mandat, weil Sie genau wissen, ... (Abg. Öllinger: Wie war es beim letzten Mal?) Ich habe sicherlich ein Grundmandat in Kärnten, diese Wette können wir jetzt sofort eingehen. Herr Öllinger, wie viel wetten wir? (Abg. Öllinger: Wie war es beim letzten Mal?) Wie viel wetten wir? Ich habe ein Kärntner Mandat gehabt, ein Landesmandat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Entschuldigung, aber bei den Grünen spreche ich ja ohnehin nur von Landesmandaten, die Grünen sind ja von Grundmandaten in Kärnten 20 Prozent­punkte weit entfernt. Ich habe jetzt ein Kärntner Landesmandat und werde auch da­nach eines haben. Seien Sie gewappnet, ich gehe die Wette gerne ein, ob die Grünen eines schaffen oder nicht, wir können das gerne ausmachen!


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Wir werden in diesem Parlament sitzen – wie stark vertreten wir sein werden, wird der Wähler entscheiden –, und danach werden wir auch dafür sorgen, dass eine moderne, innovative, zukunftsorientierte Verkehrspolitik in diesem Land weiter Platz greift. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizekanzler Gorbach. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


17.48.23

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich kann es hier und heute zu diesem Thema relativ kurz machen, weil die Zahlen, die Sie sicherlich alle studiert haben oder studieren werden, für sich sprechen.

Einige Zahlen wurden ja schon genannt, und zum Thema „Verkehrssicherheit“ darf ich nur ergänzen, dass wir in den letzten Jahren – und vorhaben, das auch in den nächs­ten Jahren zu tun – in den Ausbau der Infrastruktur Schiene einerseits, Straße anderer­seits so viel wie nie zuvor investiert haben. Ein kleiner Vergleich: Für 2000 bis 2014 sind Investitionen in beide Bereiche, Infrastruktur Schiene und Straße, von 40,7 Milliar­den € vorgesehen. Im Zeitraum 1985 bis 1999, also auch 15 Jahre, waren es 20,4 Mil­liarden €. Also wir haben hier ordentlich zugelegt. Ein Großteil dieser Investitionen, meine Damen und Herren, ist aufgewendet worden für die Erhöhung der Verkehrssi­cherheit, weil ein Schwerpunkt meiner Verkehrspolitik eben die Verkehrssicherheit war und ist.

Woran sieht man das? – Das sieht man daran, dass ich gleich zu Beginn meiner Amts­zeit zum Beispiel ein sehr engagiertes Programm zum Ausbau der Tunnelröhren im hochrangigen Straßennetz begonnen habe. Überall dort im hochrangigen Straßennetz, wo es Gegenverkehrstunnels gab, habe ich veranlasst, dass entweder dort, wo geplant ist, forciert wird, früher gebaut wird, oder aber, dass sofort geplant wird. – Das auch vor dem Hintergrund, dass es so genannte Experten gab, die mir weismachen wollten, Ihnen ja auch, dass Gegenverkehrstunnels im hochrangigen Straßennetz sicherer sind als Richtungsfahrbahnen. Ich habe mein Vorhaben trotzdem umgesetzt, und inzwi­schen ist diese Diskussion Gott sei Dank etwas verstummt.

Tatsache ist, dass wir in den letzten Jahren allein in die Erhöhung der Sicherheit bei Tunnels im hochrangigen Straßennetz 70 bis 100 Millionen € jährlich investiert haben. Darüber hinaus haben wir etwa 200 Millionen, exakt sind es 228 Millionen, jährlich in den Ausbau von zweiten Tunnelröhren investiert, um Gegenverkehrstunnels in Zukunft zu vermeiden.

Ich sage das auch deshalb und vor dem Hintergrund, weil es gerade im Frühjahr die­ses Jahres – und das ist nur ein Beispiel – einen internationalen Vergleich gegeben hat – ich liebe internationale Vergleiche, nicht nur immer Vergleiche mit der Vergan­genheit im eigenen Land –, einen internationalen Vergleich, bei dem man in 14 Län­dern 52 Tunnels im hochrangigen Straßennetz geprüft hat; der ÖAMTC hat diese Prü­fung abgewickelt. Die nach dem Zufallsprinzip in Österreich sieben getesteten Tunnels liegen alle im Spitzenfeld. Das heißt, die Sicherheit in den österreichischen Tunnels, wo Unfälle immer ganz fatal ausgehen können, ist europäische Spitze, um ein Beispiel zu nennen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Darüber hinaus könnte ich Ihnen jetzt natürlich erzählen, dass jeder einzelne Mosaik­stein, der das Bild des möglichst sicheren Ablaufes des Verkehrs auf Österreichs hoch­rangigem Straßennetz festigt und der gesetzt werden konnte, auch gesetzt wurde. – Nicht immer mit Schulterklopfen, das weiß ich schon, gerade von der Opposition;


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mitunter habe ich auch gute Anregungen und Ideen bekommen, die dann in die legis­tische Umsetzung eingeflossen sind, aber sehr oft habe ich auch Prügel bekommen. Kollege Scheuch hat gerade ein Beispiel dafür genannt, ein Beispiel, das realisiert ist, nämlich „Licht am Tag“. Ein anderes Beispiel, das realisiert werden wird, ist die Flexi­bilisierung der Höchstgeschwindigkeit auf dem hochrangigen Straßennetz Österreichs. Ich bin überzeugt, das wird sogar europaweit kommen. Also diese Mosaiksteine sind dafür verantwortlich, dass wir trotz steigender Verkehrszahlen und Verkehrsfrequen­zen, was die Unfälle und insbesondere die Verletzten und die Verkehrstoten betrifft, eine positive Bilanz haben.

Wie schaut diese aus? – Vielleicht zuerst einige Beispiele für solche Maßnahmen: Mehrphasenführerschein, Alkoholvortestgeräte, L 17, Vormerksystem, „Licht am Tag“ und Ähnliches mehr. Ich kann Ihnen immer dazusagen, wie viele Verkehrstote man laut Schätzung von Experten vermeiden kann, wenn man das umsetzt. Diese Maßnahmen, die wir hier ganz konsequent realisiert und umgesetzt haben, haben etwas bewirkt, nämlich: dass wir im Vergleich zu 1999 – ich wähle dieses Jahr ganz bewusst – im Jahr 2005 um 30 Prozent weniger Verkehrstote zu beklagen haben. Es gab 1999 noch 1 079 Verkehrstote und letztes Jahr 768. Diese 768 sind immer noch sehr viel, aber es ist der beste Wert seit 50 Jahren, seit man Statistik führt, was die Verkehrstoten, was die Verkehrsunfälle betrifft.

Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Vermeiden von schrecklichen Schicksalen, in Richtung Vermeiden von Leid, aber auch volkswirtschaftlich ein wichtiger Schritt in Richtung von Vermeiden von Kosten, um das ganz am Schluss auch noch erwähnt zu haben. Wenn wir im letzten Jahr ein Erfolgserlebnis hatten in Richtung Halbierung der Anzahl der Verkehrstoten bis 2010 und Reduktion der Unfälle mit Personenschaden um 20 Prozent, dann sind das Ergebnisse auf Grund dieser Maßnahmen, die heftig umstritten waren und die diese Bundesregierung trotzdem konsequent umgesetzt hat. Das sind keine Zufälle, da sind wir ebenfalls europaweit Spitze und Vorbild.

Meine Damen und Herren! Wenn man glaubt, das ist ein Zufall oder: Da hat er jetzt Glück gehabt, der Verkehrsminister!, dann schauen wir uns noch die Entwicklung heuer an. Ganz aktuell: in der Halbjahresbilanz schon wieder 52 Verkehrstote weniger als im bisher besten Jahr – also im gleichen Zeitraum, im ersten Halbjahr, des letzten Jahres. Und wenn man den Zeitraum bis Mitte September betrachtet, damit man die Entwicklung erkennen kann, sind es rund 70 Verkehrstote weniger als bis Mitte Sep­tember des Vorjahres – und schon das letzte Jahr war ein Rekordjahr. Das heißt, da braucht man gar nicht lange herumzudiskutieren, da liegt einfach klar auf der Hand beziehungsweise auf dem Papier, dass, was Verkehrssicherheit betrifft, in Österreich in den letzten Jahren eine optimale Verkehrspolitik betrieben wurde. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Abschließend, meine Damen und Herren, zum viel diskutierten „Licht am Tag“: Ich möchte die Gelegenheit nutzen und ausführen, dass – und das ist auch das Ergebnis aus 42 Studien, 42!; ich habe da wirklich skurrile Leserbriefe gelesen – in Österreich auf Grund des Straßennetzes durch diese Maßnahme die Zahl der Verkehrstoten un­bestritten um etwa 30 bis 35 reduziert werden kann, dass diese „eingespart“ werden können, wenn ich das so sagen darf. Ich wäre bereit, diese Maßnahme umzusetzen, wenn ich damit sichergestellt habe, dass auch nur ein einziger Verkehrstoter verhindert werden kann. Stellen Sie sich vor, das ist jemand aus Ihrem Bekannten-, Verwandten­kreis, stellen Sie sich vor, wie viel Leid und Schmerz damit vermieden werden kann.

Mich ärgert es geradezu, meine Damen und Herren Abgeordneten, wenn ich dann lese, was für ein Mehr an Energiekosten das verursache. Dazu sage ich nur, auch das haben wir selbstverständlich verglichen. Jede Klimaanlage, jeder elektrische Fenster-


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heber kostet mehr als dieses „Licht am Tag“, und wenn dieses „Licht am Tag“ 30 Ver­kehrstote „einspart“, dann ist das eine hervorragende Investition.

Unterstützen Sie diese Politik auch weiterhin! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

17.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Missethon. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.56.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Ergänzungen: Ich glaube auch, dass wir im Bereich Ausbildung mit dem Mehrphasenführerschein sehr, sehr viel weitergebracht haben. Wir haben enorme Investitionen auch in den In­frastrukturbereich gesetzt, und, was mir persönlich noch sehr wichtig ist, wir haben es zum ersten Mal, glaube ich, geschafft, neue Technologien auch wirksam in den Ver­kehrsbereich zu implementieren und einzusetzen.

Ein paar Daten sollten am Ende einer Legislaturperiode doch gesagt werden: Wir ha­ben Rekordinvestitionen in die Infrastruktur – von 2000 bis 2006 18,2 Milliarden €. Wir haben die Investitionen in unser Autobahn- und Schnellstraßennetz mit 5,7 Milliarden € im Vergleich zu 1999 vervierfacht. Es hat eine Bahnhofsoffensive und Neubauten ge­geben, es hat einen Anstich des Brenner-Basistunnels gegeben, es hat vieles an Maß­nahmen gegeben, wie beispielsweise den Führerschein neu, aber auch die ÖBB-Re­form, die meines Erachtens eines der wesentlichen Kernstücke dieser Legislaturperi­ode war.

Wir sehen anhand der Zahlen und Daten der ÖBB, dass wir mit dieser neuen Struktur auf einem sehr guten Weg sind, auf einem sehr, sehr guten Weg zu einem modernen, kundenorientierten Unternehmen. Wir sehen das an der steigenden Zahl von Fahrgäs­ten, an der steigenden Zahl von Tonnagen, an steigenden Umsätzen. Das heißt, wir sind hier auf einem guten Weg, und dieser Weg sollte und muss aus meiner Sicht wei­ter fortgeführt werden.

Die wichtigsten Initiativen: der Ausbau der Autobahnverbindungen zu den neuen EU-Mitgliedstaaten, die Erhöhung der Verkehrssicherheit im gesamten österreichischen Straßennetz durch Verkehrsleitsysteme, der Ausbau der Schieneninfrastruktur und die Fertigstellung der Donauachse Wien–Salzburg, die Stärkung der heimischen Flugge­sellschaften, leistungsfähiger Flughäfen und internationaler Anbindungen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es waren gute Jahre für die österreichische Verkehrspolitik, es waren gute Jahre für die Verkehrssicherheit. Ich halte es für sehr wichtig, dass diese guten Jahre fortgesetzt werden. Da wir in ein paar Tagen Wahlen haben, eine kleine Entscheidungshilfe: Wenn Sie wollen, dass Mobilität statt Stillstand wichtig ist, wenn Sie wollen, dass Investitionen statt leeren Kassen wichtig sind, wenn Sie wollen, dass Wolfgang Schüssel statt „Martin van der Gusenbauer“ wichtig ist, dann wählen Sie Liste 1, ÖVP! (Beifall bei der ÖVP.)

18.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.

 


18.00.09

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin natürlich sehr erfreut darüber, dass das BZÖ eine parlamentarische Anfrage der sozialdemokratischen Frak-


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tion zum Anlass nimmt, um über Verkehrssicherheit zu diskutieren. (Abg. Sburny: Weil sie keine eigene haben!) Es ist ja klar, ich habe mir alle Anfragen des BZÖ ange­schaut: Das BZÖ hat in vier Jahren keine einzige Anfrage zur Verkehrssicherheit in diesem Hause gestellt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir haben ja den Minister! Da brau­chen wir keine Anfragen! – Weitere Zwischenrufe.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt gibt es sehr vieles zu sagen. „Rekordinvestitionen in die Infrastruktur“ – wissen Sie schon, dass auch die Schulden der ASFINAG damit verdoppelt worden sind und dass nicht klar ist, wie es mit der ASFINAG weitergeht? Wenn ich „Investitionen“ höre, Herr Bundesminister, dann frage ich Sie als Salzburger: Was passiert mit Hagenau? Warum wurde Hagenau bis heute nicht errichtet?

Oder mein Vorredner, Kollege Missethon: „Bahnhofsoffensive“ – ich kann das nicht mehr hören! Herr Bundesminister, Sie haben mir in einer Anfragebeantwortung mitge­teilt, dass der Bahnhof in Salzburg Ende 2005 umgebaut wird; der Spatenstich wird Ende 2005 erfolgen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, Salzburg ist die ein­zige Landeshauptstadt, in der der Umbau und der Neubau des Bahnhofes noch nicht vorgenommen worden ist! Alle anderen Bahnhöfe wurden vorgezogen. Und da soll ich Ihre Worte glauben?

Jetzt möchte ich zum Thema 160 Stundenkilometer kommen: „ein mutiger Schritt“. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, die meisten Verkehrsunfälle in Österreich gehen immer noch auf überhöhte Geschwindigkeit zurück! Ich kann den Begriff „Flexi­bilisierung der Hochgeschwindigkeit“ einfach nicht mehr hören. (Abg. Neugebauer: Dann nehmen Sie Ohropax!) Wir Sozialdemokraten werden dieses Vorhaben weiterhin mit allem Nachdruck ablehnen.

Hohes Haus! Was die Anfragebeantwortung betrifft, ist es eine Frage der Betrach­tungsweise. Ich sage immer, zur Verkehrssicherheit braucht man notwendige Daten und Informationen, und ich sage Ihnen: Uns fehlen die Informationen! Von Ihrem Haus stammt diese Aussage: Schulwegunfälle 2005 – 387 Schulwegunfälle mit 465 verletz­ten und drei toten Kindern. Aber Schulwegunfälle werden in Österreich nur bis zum 15. Lebensjahr erfasst! Und wir haben ein Problem bei der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen und der 20- bis 24-Jährigen. Herr Bundesminister, Ihre Anfragebeantwortung zeigt dieses Problem genau auf, dass da die meisten Unfälle passieren.

Daher ist der Verkehrssicherheit ein neuer Stellenwert, ein zusätzlicher Stellenwert zu geben, insbesondere im schulischen Bereich. Zurzeit wird von der Polizei nur in den Pflichtschulen ein standardisiertes Verkehrserziehungsprogramm durchgeführt. Not­wendig ist aber aus unserer Sicht – und ich sage das mit aller Deutlichkeit – eine Aus­weitung der Verkehrssicherheitsberatung auf Berufsschulen und auf alle Berufsbilden­den und Allgemeinbildenden Höheren Schulen.

Herr Bundesminister, das ist ein Defizit! Ich möchte wissen, wie viele Schulwegunfälle es in Österreich tatsächlich gibt. Was Sie uns mitgeteilt haben, beschränkt sich auf die Altersgruppe bis zum 15. Lebensjahr. Unfälle auf dem Weg zum Kindergarten werden überhaupt nicht erfasst, und auch damit sollten wir uns anhand der Zahlen wirklich aus­einander setzen.

Herr Bundesminister! Als Salzburger bin ich etwas traurig über die Antwort, die Sie mir auf die Frage 15 gegeben haben. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Her­ren! In Salzburg findet zur Zeit eine äußerst erfolgreiche Rad-Weltmeisterschaft statt; wir haben hier einen gemeinsamen Antrag beschlossen. Ich konnte in den letzten Ta­gen mit Fahrradfunktionären über eine Frage der Sicherheit diskutieren, nämlich was die Helmpflicht der unter 14-Jährigen betrifft. Herr Bundesminister, Sie haben mir mit-


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geteilt, dass Sie eine rechtliche Verpflichtung zur Benutzung von Fahrradhelmen ableh­nen.

In Anbetracht der Zahlen, die Sie mir übermittelt haben, nämlich über die Altersgrup­pen der 0- bis 4-Jährigen, der 5- bis 9-Jährigen und der 10- bis 14-Jährigen, verstehe ich Ihre Antwort nicht. Denn es gab da im Jahr 2005 insgesamt 747 verletzte Kinder! Ich stehe dafür, bekenne mich dazu und trete dafür ein, dass wir hier in der nächsten Periode über eine Verpflichtung nachdenken müssen. Ich meine, die Schwächsten im Straßenverkehr müssen geschützt werden, und das sind die Kinder. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Die Eltern haben keine Verantwortung, hm? Brauchen wir ein Gesetz!)

18.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. Auch sie spricht 5 Minuten. – Bitte.

 


18.05.16

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir vom BZÖ stehen zu einer verantwortungsvollen Verkehrspolitik, in der sowohl der Schutz der Anrainer vor Lärm, Umweltanliegen und insbesondere auch die Verkehrssicherheit berücksichtigt werden. Kollege Maier, es wäre schön gewesen, hätte damals auch schon ein SPÖ-Verkehrsminister so hohen Wert darauf gelegt, dass die Verkehrssicherheit entspre­chend hoch in der gesamten Verkehrspolitik angesetzt wird.

Wir sind aber gegen jede Art von unbegründeten Schikanen, von Schikanen, wie sie zurzeit für die Verkehrspolitik in Oberösterreich aufgezeigt werden. Dort gibt es Verord­nungen für Tempo 100 auf ganz neu ausgebauten Autobahnen, und zwar unter dem Vorwand, die Umwelt zu berücksichtigen. Die Umwelt ist uns ein sehr großes Anliegen, insbesondere wenn es um die Feinstaubbelastung geht, und wir sind massiv dafür, dass der Anteil des gesundheitsgefährdenden Feinstaubs verringert wird.

Fakt ist aber auch, dass nicht nur der Verkehr allein der Hauptverursacher für Fein­staubbildung ist, sondern dass es ein Zusammenspiel von Industrie, Kleinverbrauchern und natürlich auch dem Verkehr ist. Daher liegen die Hauptprobleme in erster Linie in den Städten, da dort alle Emissionsgruppen verstärkt zusammen auftreten.

Wie die Experten und vielleicht auch viele von Ihnen wissen, ist der Feinstaub von Klima und Witterung abhängig. Daher ist es extrem unseriös, wie die Verordnung zu Tempo 100 in Oberösterreich in erster Linie von den Grünen, aber auch gemeinsam mit der ÖVP beschlossen worden ist. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Grundlage für diese schikanöse Verordnung sind Messungen aus dem Jahr 2003. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) – Herr Pirklhuber, hören Sie einmal zu und lesen Sie die Untersuchungen aus dem Jahr 2003! (Abg. Dr. Pirklhuber: ... Stick­oxide!) Sogar auf der Homepage des Landes Oberösterreich steht, dass es in diesem Jahr ein außergewöhnliches Klima gab, ein außergewöhnlich trockenes Klima, und dass die Feinstaubwerte extrem hoch waren.

Diese Extrem-Messungen verwenden Sie, um eine Verordnung zu machen, die aber für jeden Tag gelten soll! Noch dazu geht es darum, dass diese Messstellen nicht in Siedlungsgebieten liegen, nicht in Siedlungsgebieten, die unter dem Feinstaub leiden müssen, sondern dass diese Messstellen direkt neben der Autobahn liegen! Das heißt, als Grundlage dienen Messungen, die als absolut unseriös anzusehen sind.

Wir schlagen daher vor, dass flexible Geschwindigkeiten eingeführt werden – auch wenn gewisse Damen und Herren von der Opposition dieses Wort nicht mehr hören


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können. Wir halten es in der Verkehrspolitik für sehr wichtig (Abg. Öllinger: Unseriöse ...!), dass Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht einfach verhängt werden, wo sie nie­mandem nützen und sich auch viele nicht daran halten, weil sie keinen Sinn darin sehen.

Flexible Geschwindigkeiten durch Verkehrsbeeinflussungsanlagen ermöglichen die An­passung der Geschwindigkeit an die Witterung, an die Sichtverhältnisse, an den Stra­ßenzustand, aber auch an die Umweltbelastung. Das zeigt sich ja auch in Tirol, dort ist es möglich, dass die Schadstoffe gemessen werden und dementsprechend die Ver­kehrsgeschwindigkeit gedrosselt wird. Das sind sinnvolle Maßnahmen! Das sind Maß­nahmen, die jeder verstehen wird, sodass auch jeder gern die entsprechende Ge­schwindigkeit einhalten wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wollen in Zukunft auch die Verkehrssicherheits­politik fortsetzen, denn das BZÖ will in Zukunft keine schikanösen, unsinnigen und unsicheren Geschwindigkeitsbeschränkungen. (Abg. Sburny: Lieber unsinnige Ge­schwindigkeiten!) Wir sagen ja zu höchster Verkehrssicherheit, wir sagen ja zu flexib­len Geschwindigkeitsbeschränkungen, wir sagen aber auch ja zu Tempo 160. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Messungen abschaffen!)

18.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu: Frau Abgeordnete Dr. Moser. Auch sie spricht 5 Minuten. (Abg. Scheibner – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Moser –: Welche Messungen hat es in Oberösterreich gegeben, Frau Kollegin?)

 


18.09.48

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! Unseriöse Messungen – ich weiß nicht (Abg. Scheib­ner: Oder hat es überhaupt keine Messungen gegeben?): Messgeräte sind geeicht, und die Messungen 2003 erfolgten unter einer rot-schwarzen Landesregierung. (Zwi­schenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) 2003 war die Landesregierung in Oberöster­reich rot-schwarz! Ich glaube, da gab es sogar einen blauen Landesrat, nämlich von der FPÖ. (Abg. Scheibner: Der hat gemessen?) – Dies nur zu den Rahmenbedingun­gen, den politischen Rahmenbedingungen der so genannten unseriösen Messungen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Nachtigall, ich hör’ dir trapsen“!)

Gehen wir vielleicht gleich zum Hauptthema über, Herr Minister. Sie haben dargestellt, dass Ihnen die Verkehrssicherheit ein wesentliches Anliegen ist. Ich sage auch, Sie haben einige Maßnahmen gesetzt, die durchaus akzeptabel sind und für die wir auch mitgestimmt haben. Dieses Paket tragen wir weiter, Herr Minister, weil wir auch immer weitere Vorschläge gemacht haben. Wir haben Sie ermutigt, beim Maßnahmenpaket, beim so genannten Punkteführerschein doch auch die Frage der Geschwindigkeitskon­trolle beziehungsweise die Frage des überhöhten Tempos stärker zu berücksichtigen, die Frage des Alkohols strenger zu bewerten und vor allem auch das Telefonieren am Steuer, das Handy-Telefonieren am Steuer als Vormerkdelikt zu verankern.

Das rettet viel mehr Leben – laut den Unterlagen des Kuratoriums für Verkehrssicher­heit mindestens 200 Leben – als Licht am Tag. Wir haben mit Ihnen mitgestimmt, weil uns die 35 Leben durch Licht am Tag sicherlich auch wertvoll sind. Aber warum Sie es ablehnten, 200 Leben zu retten – durch bessere Geschwindigkeitskontrollen, durch mehr Vormerkdelikte, sprich Telefonieren am Steuer, sprich auch Alkohol, vermehrt mit Vormerkpunkten versehen –, das verstehe ich nicht, Herr Minister. (Abg. Neudeck: Gar nicht fahren ist am sichersten!) Es waren immer nur kleine Schritte bei der Ver­kehrssicherheit – dort, wo große Schritte notwendig wären!


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Ich habe mir, nachdem Sie gesagt haben, dass Sie internationale Vergleiche lieben, extra noch einmal die Vergleiche bezüglich Unfallbilanzen ausgedruckt. Es ist im euro­päischen Vergleich – die Daten von 2003 liegen mir vor – Österreich leider Schlusslicht im Hinblick auf Anzahl der PKW pro tausend Einwohner und auch im Hinblick auf die Verkehrsunfallzahl gewesen. Im europäischen Vergleich waren wir 2003 hinten.

Wir sind jetzt vielleicht vom letzten Platz auf den vorletzten oder vorvorletzten gerückt, aber meines Erachtens ist das noch zu wenig. (Vizekanzler Gorbach: Nein, wir sind im Mittelfeld! Wir liegen im vorderen Mittelfeld!) Vielleicht sind wir auch schon in Richtung Mittelfeld unterwegs, aber Sie hätten es in der Hand gehabt, uns auch ins Spitzenfeld zu bringen. Das wäre ein ehrgeiziges Ziel gewesen, und mit ehrgeizigen Methoden hätte man das auch erreicht.

Herr Minister, darum gehe ich jetzt noch auf ein Detail ein. Die letzten Unfallzahlen, die Sie nannten und die glücklicherweise wieder niedriger als die Zahlen des Vorjahrs sind – das erste Halbjahr 2006 ist ja günstiger als das vorhergehende Halbjahr 2005 –, diese Bilanz wird vom Kuratorium so interpretiert, dass leider die Zahl der Unfälle auf den Autobahnen zugenommen hat. Wir haben insgesamt einen Rückgang – sehr posi­tiv! –, aber wir haben eine Zunahme auf der Autobahn.

Das Problem liegt darin, dass die Geschwindigkeiten auf der Autobahn sehr häufig wechseln. Das hat das Kuratorium für Verkehrssicherheit dargelegt. Dieses Wechseln der Geschwindigkeiten verunsichert die Menschen und führt auch zu Unfällen.

Außerdem hat es noch einen Grund gegeben, den Experten genannt haben, und zwar den Grund, dass mit der Diskussion um Tempo 160 die Geschwindigkeitsmoral auf den Autobahnen insgesamt gesenkt wurde. Herr Minister, Sie haben es geschafft, die Un­fallzahlen auf den Autobahnen zu erhöhen, auch mit dieser unleidigen Diskussion um Tempo 160 und mit Ihren Testversuchen! Das ist ein Faktum, das können Sie nach­lesen. Ich habe leider den Presseartikel nicht mit, aber ich reiche ihn Ihnen gerne nach.

Noch ein Aspekt: Sie haben zu Beginn Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass der Aus­bau der Infrastruktur eine der großen Leistungen sei, die Sie erbracht hätten. Ich darf Ihnen nur sagen, Sie haben für den Straßenbereich eine Zunahme von über 400 Pro­zent geschafft – bitte, auf Kosten kommender Generationen! Vom Jahr 1999, glaube ich, bis zum Jahr 2009 haben die Investitionen in den Straßenbau um 400 Prozent zu­genommen und werden zunehmen. Finanziert hat es die ASFINAG, und jetzt haben wir 10 Milliarden € Schulden!

Wir waren im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses, dort hat Ihr Ministerium uns dargelegt, dass der Generalverkehrsplan, der ja diese Steigerung, diese prozen­tuelle Zunahme in sich birgt, eine Summe von Wünschen der Bundesländer ist – oft jenseits irgendwelcher verkehrspolitischer Rationalität und jenseits irgendwelcher ver­kehrspolitischer Sinnhaftigkeit. Diesen Generalverkehrsplan als Wunschkonzert der Landeshauptleute setzen Sie zu Lasten der Autofahrerinnen und Autofahrer um!

Ich habe mir hier ja schon einmal den Mut genommen und gesagt, dass ich schön langsam geneigt bin, eine Autofahrer-Interessenvertretung zu gründen, weil diese es ja zahlen müssen. Sie haben die PKW-Bemautung in der Schublade, gegen die wir vehe­ment sind. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Sie haben es in der Schub­lade, die ASFINAG hat es ausgerechnet, sonst kommt sie nie von dem Schuldenberg herunter, den Sie ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Frau Kollegin!

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Darum, Herr Minister: Ihre Verkehrs­sicherheitsbilanz könnte besser sein, aber Ihre Generalverkehrsbilanz ist leider ein Schuldenberg! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.15



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 184

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

18.15.29Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlung über den 4. Punkt der Ta­gesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.15.38

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag einen Satz: Meine Fraktion wird diesem Antrag der Grünen zustimmen.

In meinem letzten Redebeitrag im Hohen Haus nehme ich mir die Freiheit, einige mei­ner wichtigsten Anliegen aus den 16 Jahren, in denen ich hier arbeiten durfte, noch einmal anzusprechen. Es ist nicht ganz einfach, in diesen Tagen so kurz vor der Wahl einen versöhnlichen Beitrag einzubringen. Aber es ist mir einfach sehr wichtig, so wie ich bisher gearbeitet habe, mich auch zu verabschieden.

Meine Damen und Herren! In diesen 16 Jahren hier im Hohen Haus und bei fünf Natio­nalratswahlen habe ich gelernt, dass nach jedem Wahltag ein Danach kommt. Es gilt, danach für die Menschen, die uns gewählt haben, in unserem Land auch weiterzuar­beiten. Daran, glaube ich, sollten wir in der so heftigen Auseinandersetzung manchmal denken. (Allgemeiner Beifall.)

Es war mir immer ein großes Anliegen, gerade als Energiesprecher, wenn irgendwie möglich, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Das heißt nicht, dass ich ein Vertreter eines Kuschelkurses gewesen bin. Ganz im Gegenteil: Ich war immer für durchaus harte, konsequente, aber sachlich und fair geführte Verhandlungen. Das gilt natürlich auch für den Umgang miteinander über die und in den Medien. Es gibt einige gute Beispiele, zum Beispiel eine ganze Reihe von Entschließungsanträgen zum The­ma Anti-Atom-Politik, die großteils von allen im Haus vertretenen Fraktionen beschlos­sen wurden.

In diesem Zusammenhang möchte ich sagen, dass man Übereinstimmung nicht ge­schenkt bekommt. Man muss bereit sein, viel Zeit, Geduld, Ausdauer und auch eine gehörige Portion Toleranz dem Andersdenkenden gegenüber mit einzubringen. Es ge­hört auch etwas dazu, was meiner Meinung nach viel zu oft übersehen wird: Man braucht auch sehr viel Überzeugungsarbeit in der eigenen Partei, wenn man einen guten Konsens, einen guten Kompromiss zustande bringen will. (Allgemeiner Beifall.)

Gleichfalls sehr wichtig war mir immer der ständige Kontakt mit den Vertretern der ver­schiedensten Gruppierungen, die sich mit Energie- und Umweltfragen befasst haben und dafür eingetreten sind. Diese Hunderte von Gesprächen verschafften mir Durch­blick und Überblick in oft sehr schwierigen, diffizilen und komplexen Fachfragen. Dar­aus gewonnene Erkenntnisse konnte ich großteils in Verhandlungen umsetzen.

Meine Damen und Herren! Stellvertretend für alle, die bereit waren, in diesen vielen Jahren fraktionsübergreifend mit mir zu verhandeln, bedanke ich mich beim Energie­sprecher der ÖVP-Fraktion, Karlheinz Kopf, ganz herzlich. Auch beim Energiesprecher der freiheitlichen Fraktion – da sage ich lieber, Max –, Dipl.-Ing. Max Hofmann, be­danke ich mich sehr herzlich. Der grüne Mitverhandler ist mir vor Jahren abhanden ge­kommen, es hat sich dort nichts Neues mehr herauskristallisiert. Ich war auch gar nicht


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 185

in der Position, jemanden neuerlich mit einzuladen; das war Aufgabe der Regierungs­vertreter und nicht meine.

Meine Damen und Herren! Ganz besonders danke ich meiner Fraktion, die in schwieri­gen Situationen immer hinter mir gestanden ist und mir den Rücken entsprechend ge­stärkt hat.

Ihnen allen danke ich für die gute Zusammenarbeit und wünsche Ihnen allen, die nach dem 1. Oktober im Hohen Hause weiter für unser Land arbeiten werden, alles Gute und viel Erfolg! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf! (Anhaltender allgemei­ner Beifall.)

18.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Der allgemeine Beifall zeigt, Herr Abgeordneter Ober­haidinger, dass Ihre Arbeit sehr geschätzt wurde.

Auch von mir alles Gute, viel Glück und Gesundheit! (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 5 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.21.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir doch einige Anmerkungen zur Alpenkonvention. – Während der österreichischen EU-Ratspräsi­dentschaft sind Fortschritte gelungen. Es war jedoch nicht möglich, auch einen ent­sprechenden Abschluss zu erzielen. Aber Finnland hat dieses Vorhaben im Rahmen seiner Ratspräsidentschaft ebenso im Arbeitsprogramm.

Die Alpenkonvention hat zehn Protokolle, es geht im Wesentlichen um den Schutz der Alpen. Vier Länder haben bereits ratifiziert, Vertragsparteien sind jedoch acht Anrainer­staaten und die Europäische Union. Es gibt, wie wir wissen, seit dem Gespräch zwi­schen Vizekanzler Gorbach und Ministerpräsident Prodi am 13. Juni 2006 eine Zusage der Unterstützung, sodass ich der Hoffnung bin, dass hier wieder entsprechend Be­wegung hineinkommt.

Wesentlich für uns in Österreich ist sicherlich das Verkehrsprotokoll. Der eingebrachte Entschließungsantrag, in dem die Mitglieder der Bundesregierung ersucht werden, die vollinhaltliche Umsetzung des Verkehrsprotokolls zu bewerben, wird natürlich von mei­ner Fraktion mitgetragen. Es geht eben um die Unterzeichnung durch die Europäische Union.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, geben Sie auch mir die Gelegenheit, meinen letzten Redebeitrag hier im Hohen Haus dazu zu benutzen, mich von Ihnen zu verab­schieden. Ich kann nicht mit fünf Gesetzgebungsperioden, sondern nur mit vier, und nicht mit 14 Jahren, sondern mit zwölf Jahren dienen, die ich diesem Hause angehören durfte. Ich habe diese Zeit als arbeitsreiche, aber sehr, sehr interessante Zeit erleben können.

In diesem Hause habe ich Persönlichkeiten kennen gelernt, und es ist mir wichtig, sie zu kennen. Es haben sich zum Teil durchaus auch Sympathieverhältnisse entwickelt, das möchte ich sagen, und auch freundschaftliche Verbundenheit. Ich betone, dies betrifft nicht nur meinen Parlamentsklub, sondern das betrifft auch Mitglieder anderer Fraktionen, also über die Parteigrenzen hinaus.

Ich möchte es auch nicht verabsäumen, mich bei meiner Mitarbeiterin zu bedanken, die mich jahrelang ertragen hat, und bei den Klubreferenten, bei denen dies ebenso der Fall war, ferner bei meinen Klubkollegen, bei den Beamten des Hauses und in den


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 186

Ministerien und natürlich auch bei den Verhandlungspartnern, die ich im Laufe der Zeit im Bereich Energie, aber auch im Bereich der Wirtschaft insgesamt hatte.

Georg Oberhaidinger hat es schon ausgeführt, und ich kann mich dem, was er gesagt hat, vollinhaltlich anschließen: Uns ist es auch immer darum gegangen, eine Lösung zu finden, und es ist, wie ich meine, auch ganz gut gelungen.

Geschätzte Damen und Herren! Wenn ich in der Vergangenheit vielleicht bei der einen oder anderen Debatte im Zuge des mitunter auch etwas hitzigeren parlamentarischen Gefechtes jemanden persönlich verletzt haben sollte, dann bitte ich, das zu entschul­digen. Ich möchte das stellvertretend für möglicherweise mehrere bei Peter Wittmann machen, der nach einem Debattenbeitrag von mir – ich hatte damals aus einer Zeitung zitiert – eine tatsächliche Berichtigung gemacht hat. Es war nicht meine Absicht, ihn persönlich zu verletzen, und schon gar nicht seine Familie. – Kollege Wittmann ist zwar jetzt nicht anwesend, aber ich bitte, ihm das auszurichten. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Für die kommende Gesetzgebungsperiode wünsche ich jenen Kollegen, die dann wie­der Abgeordnete dieses Hauses sein werden, und auch den Neuen viel Erfolg bei ihrer Arbeit zum Wohle unserer Bürger und unseres Landes! (Anhaltender allgemeiner Bei­fall.)

18.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Der anhaltende Beifall aller Fraktionen zeigt auch Ihnen, Herr Abgeordneter Hofmann, dass man Sie allgemein geschätzt hat. Das Haus wünscht Ihnen viel Glück und persönliches Wohlergehen, wenn Sie ausgeschieden sind. Alles Gute!

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. 6 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung; Restredezeit der Fraktion: 10 Minuten. – Bitte.

 


18.27.30

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Danke, Herr Präsident! Jetzt wird es noch richtig besinnlich. – Zurück zur Alpenkonvention: Die Unterzeichnung liegt ja schon geraume Zeit zurück, sie erfolgte 1991. Wir haben daher jetzt einen Zeitpunkt, zu dem wir auch etwas feiern könnten: 15 Jahre Alpenkonvention. Mittlerweile gibt es ein Ständiges Sekretariat in Innsbruck, Österreich hat bereits zum zweiten Mal den Vorsitz bei der Alpenkonvention, jetzt vertreten durch Minister Pröll. Sekretariat in Inns­bruck – das ist also durchaus etwas, was man vorzeigen kann. Allerdings gibt es kein Geld für diesen Vorsitz und keine zusätzlichen Ressourcen, wie wir bei einer Anfrage festgestellt haben. Jetzt bleibt die Frage: Hat die Regierung diesen Vorsitz genützt, Herr Minister? (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ja!)

Herr Präsident Khol liebt ja immer diese funkelnden Sprüche aus der Schatztruhe. Carpe diem, nütze den Tag – Herr Bundesminister, haben Sie den Tag genützt? Und vor allem: Haben Sie dann auf das Ende gesehen? – Et respice finem: das gehört nämlich dazu, man muss auch auf das Ende sehen. Aber das ist schwierig, wenn man mit der Umwelt, der Landwirtschaft, dem Wasser, dem Wald und der Wiese beschäftigt ist, wie das ja bei Ihnen der Fall ist.

Da ist es dann schwierig, sich auch um den Verkehr und das Verkehrsprotokoll zu kümmern und dort auch noch den Vorsitz zu führen. Das ist schade; das ist sehr schade, weil ja der Verkehr, wie wir alle wissen, der Klimaschädiger Nummer eins ist und eigentlich Mut und Entschlossenheit notwendig wären, um endlich auch die EU nicht nur zu überreden, sondern auch mit scharfem Druck zu zwingen oder zu ermuti­gen, das Verkehrsprotokoll zu ratifizieren.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 187

Das war auch der Anlass für unseren Entschließungsantrag, den wir dann abgeändert haben und für den wir eine gemeinsame Form gefunden haben. Wir haben mit der Entschließung die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung und insbesondere den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft aufgefor­dert, im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Tech­nologie eine vollinhaltliche Umsetzung des Verkehrsprotokolls herbeizuführen, und haben diese hehre Aufgabe jetzt ins ferne Finnland delegiert, das keinen Alpenanteil hat, aber trotzdem, wie ich höre, uns und andere Alpenländer noch während der Zeit seines Vorsitzes unterstützen will. Ich habe aber nichts davon gehört, dass schon etwas weiter geschehen wäre.

Wir indessen investieren viele öffentliche Gelder in den Straßenverkehr. Wir haben beim Straßenbau einen Zuwachs von 400 Prozent, beim Bau von Infrastruktur für den öffentlichen Verkehr lediglich 50 Prozent. Resultat ist das Ankurbeln der Verkehrsla­wine. Das sehen wir jeden Tag, das sehen viele Anrainer und vor allem hören das viele AnrainerInnen täglich an den Autobahnen.

Heute habe ich mit Erstaunen gelesen, dass das in Kalifornien jetzt anders gehandhabt wird. Dort hat der Justizminister konstatiert, dass die Fahrzeugabgase Hauptursache für den Anstieg von CO2-Emissionen sind, und hat auf Bezirksgerichtsebene geklagt, und zwar die Hauptverursacher der Fahrzeuge, die Emissionen ausstoßen, die Autoin­dustrie, die sich immer noch nichts Besseres überlegt hat. Er hat hinzugefügt, dass die Klimaerwärmung der Umwelt, der Wirtschaft, der Landwirtschaft und der Gesundheit der Bevölkerung erheblichen Schaden zufügt.

Haben Sie den Tag also genützt, Herr Minister? – Das kann ich leider nicht feststellen. Diese Ergänzung von „et respice finem“ ist eigentlich von einem Menschen, den ich sehr schätze, das ist der frühere Leiter der Bewährungshilfe Salzburg, der gesagt hat, bei allen Dingen, die man tut, muss man auch auf das Ende sehen. Und weil wir damit beim besinnlichen Teil angelangt sind, sehe ich auch auf das Ende, also auf vier Jahre parlamentarische Arbeit, vier Jahre, die ich diesem Hohen Haus hier angehört habe.

Ich möchte allen, die hier mit Leidenschaft und Überzeugung für und an der Demokra­tisierung unseres Landes und unserer Gesellschaft gearbeitet haben, sehr danken. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir eine demokratische Gesellschaft haben. Ich finde, dass wir auf dem Weg dorthin sind und beileibe noch nicht angekommen.

Ich möchte es auch nicht verabsäumen, insbesondere jenen 30 000 Salzburgerinnen und Salzburgern zu danken, die mich mit diesem Mandat ausgestattet haben, das für mich tatsächlich eine Auszeichnung darstellt. Das ist aber auch eine Verpflichtung über die Legislaturperiode hinaus, finde ich zumindest. Ich möchte weiterhin das Wissen, das ich hier erworben habe, was ein Privileg ist, an politikferne Gruppen weitergeben, insbesondere zum Beispiel an Frauen auf dem Lande oder auch benachteiligten Grup­pen.

Das mag dem Herrn Minister vielleicht auch als gefährliche Drohung erscheinen, weil er meint, dass die Frauen auf dem Land ohnehin sehr gut gestellt sind. Jetzt habe ich wieder gehört, dass die Kinderbetreuung, um sich an der Wirtschaft und am Erwerbs­leben auch wirklich gleichberechtigt beteiligen zu können, für die ländliche Entwicklung nur ein minimaler Nebenwiderspruch ist.

Es wird also für mich sozusagen nur eine andere Ebene geben, wo ich weiterhin poli­tisch arbeiten werde, wobei ich auch dieses Wissen, das ich hier erworben habe, ein­setzen kann. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

18.33



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 188

Präsident Dr. Andreas Khol: Auch Ihnen alles Gute, Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer.

Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer ist der nächste Redner – aber er kommt wieder. – Bitte.

 


18.33.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich werde tatsächlich keine Abschiedsworte einbauen. Natürlich wird es erst die Wahl zeigen, ob ich damit eine Gelegenheit versäumt habe. Ich werde daher ganz kurz auf die Alpenkonvention ein­gehen und die Bedeutung der Alpenkonvention hervorstreichen, weil ich denke, dass das in seiner Dimension gar nicht so bekannt ist.

Der Anwendungsbereich dieser Alpenkonvention erstreckt sich über den gesamten Alpenraum, damit auf eine Fläche von 190 000 km2, und es leben immerhin fast 14 Mil­lionen Menschen in diesem Raum. Den größten flächenmäßigen Anteil hat ja bekannt­lich Österreich; einwohnermäßig sind es die Italiener, die den größten Anteil haben. Seit 1995 ist diese Konvention in Kraft, und es gehören neben Österreich und Italien noch Frankreich, die Schweiz, Deutschland, Slowenien, Monaco und Liechtenstein dazu und die Europäische Union. Und genau darum geht es ja, nämlich um die Unter­zeichnung durch die Europäische Union. Hier ist der langfristige Schutz der natürlichen Ökosysteme und die Entwicklung der Alpen auch in wirtschaftlicher und kultureller Hin­sicht mit zu berücksichtigen. Das heißt, es ist eine wirkliche Integralmaßnahme, die hier mit der Alpenkonvention geplant ist.

Es gibt dazu diese Ausführungs- und Durchführungsprotokolle, wobei das Verkehrspro­tokoll natürlich das wichtigste ist. Hier hat sich auf der einen Seite mit dem Beitritt zur Europäischen Union, aber jetzt, in den letzten Jahren, zusätzlich verstärkt durch die Osterweiterung sehr viel für Österreich getan. Österreich ist im Mittelpunkt dieser Nord-Süd-Verbindungen und des Ost-West-Verkehrs, und daher sind wir hier wirklich im neuralgischen Schnittpunkt. Es gibt viele Belastungen und Risken, die durch den Ver­kehr verursacht werden, und wir sind einfach dazu angehalten, allumfassend diese Risken und Belastungen hinsichtlich Emissionen, hinsichtlich Umweltverträglichkeit ins­gesamt zu berücksichtigen. Der Ausbau, die Verbesserung der Bahninfrastruktur ist ganz wichtig, auch der Ausbau und der Neubau von hochrangigen Straßen.

Daher möchte ich hier nur ganz kurz ein paar Beispiele erwähnen, die für mich ganz besonders wichtig sind und zeigen, was sich auf diesem Gebiet in den letzten Jahren getan hat und was in den kommenden Jahren auch noch zu tun ist. Für mich als Kärnt­ner ist die Übernahme der B 317 ins hochrangige Straßennetz ganz wichtig. Diese B 317 wird zur Klagenfurter Schnellstraße, und damit ist die ehemalige Triesterstraße wieder aufgewertet. Es gibt einen sehr starken Verkehrsfluss, und das ist für diesen Murtaler und Mittelkärntner Raum eine ganz wichtige Maßnahme.

Auch die A 2 inklusive der Wörthersee-Trasse, die neu diskutiert wird, und die Tauern Autobahn werden laufend verbessert. Hier wurde in den letzten Jahren auch sehr viel getan, und es wird auch derzeit gebaut.

Ganz wichtig ist auch das Schienennetz. Hier darf ich natürlich die Koralmbahn erwäh­nen, die bereits in Bau ist beziehungsweise mit deren Bau begonnen wurde. Damit im Zusammenhang darf ich natürlich auch auf den Semmering-Tunnel hinweisen, der im ganz engen Kontext mit der Koralmbahn zu sehen ist. Für die ist ganz einfach der Semmering-Basistunnel ein unbedingtes Muss der nächsten Jahre. Ich bin auch zuver­sichtlich, dass wir das schaffen werden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 189

Insgesamt brauchen wir natürlich für den Verkehr Visionen, denn die Gesamtentwick­lung schreitet ganz einfach enorm rasch voran. Es bedarf noch sehr viel an Anstren­gung, um hier auch der Umwelt zuliebe und unseren Menschen, die im Alpenraum leben, zuliebe einiges zu schaffen.

Ich hoffe daher, dass wir in der EU diesen Vertrag unterzeichnen können. Das sind wir unserer wunderschönen Alpenregion schuldig. Und ich denke, dass unser Bundesmi­nister Pröll dazu auch noch in den nächsten Monaten und Jahren genug Gelegenheit haben wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.38.14

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist jede Initiative, die dazu beiträgt, innerhalb der Europä­ischen Union das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention zu ratifizieren, zu begrüßen. So auch dieser Vier- oder Viereinhalb-Parteien-Antrag. Um den Alpenbogen ökologisch zu schützen, ist allerdings auch ein Bündel anderer, weiterer Maßnahmen notwendig. Es bedürfte dazu einer umsichtigen, einer fortschrittlichen Umweltpolitik, und damit schaut es halt ein bissel traurig aus.

Zum Beispiel im Bereich des Klimaschutzes: Kein EU-Staat ist so weit vom Kyoto-Ziel entfernt, wie Österreich das ist. Statt den minus 13 Prozent liegt Österreich mit 91,3 Tonnen CO2-Äquivalent 29 Prozent über den verpflichtenden internationalen Zie­len. Vom Umweltminister ist dazu im Inland eigentlich nichts Konkretes zu erfahren, es sind keine konkreten Maßnahmen zu sehen, obwohl wir alle wissen, dass gerade Maß­nahmen in diesem Bereich auch sehr viel an Beschäftigungseffekten hätten und sehr positiv für die Wirtschaft wären.

Gleichzeitig wachsen die Müllberge, und ich habe noch im Ohr, wie der Herr Bundes­minister gesagt hat, das Konzept der freiwilligen Selbstverpflichtung sei ein ganz genia­les und es werde funktionieren. Mitnichten! Bei den Mehrwegflaschen zum Beispiel se­hen wir, dass in den letzten 20 Jahren der Anteil von 80 Prozent Mehrwegflaschen an den Getränkegebinden auf 45 Prozent hinuntergegangen ist, sich also beinahe halbiert hat. Sie werden die Pfandflasche demnächst unter Artenschutz stellen müssen, weil sie eine aussterbende Spezies ist. Beitragen zur Verringerung der Müllberge würde allerdings auch diese Maßnahme nur wenig.

Unsere Befürchtung zu Beginn der Legislaturperiode, als wir gesagt haben, dass wir es politisch nicht für gescheit halten, dass der Umweltminister und der Landwirtschafts­minister sich in einer Person vereinigt, hat sich bewahrheitet. Es ist in der Tat so, dass der Bock zum Gärtner gemacht wurde. Das zeigt sich zum Beispiel ganz klar in den er­höhten Grenzwerten für das Ausbringen von Düngemitteln – mittlerweile 230 Kilo pro Hektar – und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Qualität des Trinkwassers.

In der Luftreinhaltung, um ein weiteres Beispiel zu nennen, lehnt sich der Bundesminis­ter zurück und wälzt sämtliche Verantwortung auf die Länder ab, aber gleichzeitig, während er abwälzt, schränkt er auch deren Handlungsmöglichkeiten ein und nimmt den Landeshauptleuten die Kompetenz für eine verursachergerechte Bekämpfung von Feinstaub.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin mir sicher, in dieser Republik wird nur mit der Sozialdemokratischen Partei ein wirklich voller Einsatz für den Naturschutz, für den Umweltschutz zu haben sein. Nur wir sind es, die das garantieren. (Zwischenrufe bei


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der ÖVP.) – Ja, Sie jammern. Zu Recht jammern Sie. Nur wir sind es, die garantieren, dass die Daseinsvorsorge weiter in öffentlicher Hand bleibt und von öffentlicher Hand betrieben wird. Wir stehen dafür, dass es ein Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz gibt, das nicht irgendwelche großen Sonderprojekte ex lege ausnimmt, und wir stehen für ein Umweltinformations- und Kontrollsystem, für eine Kontrollpolitik, die ein transpa­rentes und ein partizipatives Miteinander von BürgerInnen, von NGOs und der Politik im Sinne einer blühenden und gesunden Umwelt garantiert, in den Alpen und auch sonst überall. (Beifall bei der SPÖ.)

18.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Ellmauer ist der nächste Redner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.42.03

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Bayr, an Ihnen dürften die letzten Jahre wirklich spurlos vorübergegangen sein, denn das Kyoto-Ziel ist ein ehrgeiziges Ziel der Bundesregierung. Wenn man jetzt ein bisschen aufzählt, was die Bundesregierung in den letzten Jahren alles in dieser Richtung gemacht hat – ich denke beispielsweise nur an die Partikelfilter, im Energiebereich an die thermische Althaussanierung, die vielen Bioanlagen, die Fernwärme, dann jetzt für die Zukunft die 500-Millionen-€-Energiestiftung et cetera –, dann sehen Sie: Es ist viel geschehen und wird noch viel geschehen. (Abg. Bayr: Wir sind weiter weg vom Ziel!)

Aber zurück zur Alpenkonvention: Diese ist ein internationales Übereinkommen zum Schutz des Naturraumes und zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung in den Al­pen. Die Konvention legt ferner großes Augenmerk auf die Sicherung der wirtschaft­lichen und kulturellen Interessen der einheimischen Bevölkerung in den Unterzeichner­staaten. Die ständig wachsende Beanspruchung durch den Menschen gefährdet den Alpenraum und seine ökologischen Funktionen in zunehmendem Maße. Die daraus resultierenden Schäden lassen sich zumeist nicht oder nur mit hohem Aufwand, mit beträchtlichen Kosten und in der Regel nur über lange Zeiträume hinweg wieder behe­ben. Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, wirtschaftliche Interessen mit den ökolo­gischen Erfordernissen in Einklang zu bringen, so wie unser Prinzip der ökosozialen Marktwirtschaft das vorsieht.

Für Österreich ist der Alpenraum als geographische Einheit von erheblicher Bedeu­tung. Der österreichische Alpenanteil ist mit über 28 Prozent der Gesamtanwendungs­fläche der größte im Rahmen der Alpenkonvention, und er bedeckt fast 65 Prozent unseres Staatsgebietes. 40 Prozent der Gesamtbevölkerung Österreichs lebt im Alpen­raum, aufgeteilt auf 1 135 Gemeinden – von insgesamt 5 934 Gemeinden im gesamten Konventionsgebiet. Österreich ist somit jener Staat, in welchem die Alpen den größten Flächen- und Bevölkerungsanteil am Staatsgebiet einnehmen.

Das Verkehrsprotokoll wird oft als Herzstück der Alpenkonvention bezeichnet. Es ver­pflichtet zu einer abgestimmten Umwelt- und Verkehrspolitik, die verkehrsbedingte Be­lastungen und Risken begrenzt und so den Belangen von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft Rechnung trägt. Die Vertragsparteien sind darin übereingekommen, auf den Bau neuer hochrangiger Straßen für den die Alpen querenden Verkehr zu verzichten. In puncto Kostenwahrheit haben sich die Unterzeichneten auf das Verursacherprinzip geeinigt. Österreich hat als einer der ersten Staaten das Verkehrsprotokoll ratifiziert, und seit 18. Dezember 2005 stellen die Durchführungsprotokolle geltendes Recht dar.

Unter dem Vorsitz Österreichs in der Alpenkonvention ist es gelungen, einen Mehrjah­resplan fertigzustellen, und dafür gebührt unserem Umweltminister, unserem Lebens-


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 191

minister Josef Pröll ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Ja, bitte flachlegen! Oder reicht es auch, zu knien?)

Dieses mehrjährige Arbeitsprogramm gibt den nötigen Rahmen und den nötigen Halt, um messbar, bereichsübergreifend und nachhaltig ein fragiles Ökosystem nicht nur zu erhalten, sondern auch weiterzuentwickeln, so wie das die Alpenkonvention in ihrem ganzheitlichen Impetus vorsieht. Es liegt nun an Italien, das Verkehrsprotokoll zu ratifi­zieren und den Weg freizumachen für eine EU-weite Ratifikation, damit im gesamten Alpenraum gleiche Mindeststandards gelten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 4 Minuten Redezeit; das ist zugleich auch die Restredezeit Ihrer Fraktion. – Bitte.

 


18.46.10

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! Zurzeit, Herr Minister, sind Sie ja als internationaler Vor­sitzführender bei der Alpenkonvention auch tragend am Werk, um die Alpenkonvention noch bei vier Mitgliedstaaten der EU hoffähig zu machen und ratifizieren zu lassen.

Herr Minister Pröll, man liest in den Medien, dass Sie sich während der EU-Präsident­schaft Österreichs durch besondere Reisetätigkeit und besonderen Fleiß und Einsatz ausgezeichnet haben sollen. – Ich hoffe, dass dieses Medienurteil jetzt auch zutrifft auf Ihren Einsatz, was die Umsetzung der Alpenkonvention anlangt. Sie heften es sich oft auf die Fahne, schreiben es sich oft zu, dass Sie für die Umwelt Maßgebliches voran­treiben wollen, und ich habe oft den Eindruck, dass Sie das Feigenblatt sind für andere Minister, zum Beispiel den Verkehrsminister, der zu wenig zuwege bringt.

Schauen wir es uns ganz konkret an. Morgen ist zum Beispiel autofreier Tag. Der Mas­terplan Fahrrad, ein Antrag der Grünen, liegt, so glaube ich, seit drei Jahren im Ver­kehrsausschuss. Dann geht es Gott sei Dank ein bisschen über das Umweltressort, dass so etwas wenigstens einmal vorgestellt wird. Vom Umsetzen kann man ohnehin noch nicht reden. Also, ein kleiner Hoffnungsstreif.

Bei der Alpenkonvention: Im Jahr 2002 hat Österreich unterzeichnet, andere Staaten folgten, Schwierigkeiten stehen uns noch bevor. Seitdem die Ökopunkteregelung leider ausgelaufen ist und keinen Ersatz gefunden hat, ist das Rechtsinstrumentarium der Alpenkonvention das einzige Instrument, mit dem man im sensiblen Lebensraum Alpen noch international verbindliche Einschränkungen verhängen kann. Gerade deshalb ist uns dieses Rechtsinstrument so wichtig. Das andere wäre die Wegekostenrichtlinie, aber die Wegekostenrichtlinie ist auf EU-Ebene leider zu ungunsten der Bevölkerung in den Alpen entschieden worden. Die Hoffnung heißt Alpenkonvention, und hier liegt in den nächsten Monaten dann auch sehr viel in Ihrer Hand, wenn man weiß, dass das Vorsitz führende Land Finnland oft nicht initiativ werden kann, dass es also sehr stark von den einzelnen Mitgliedsländern abhängt, was dann während einer Präsidentschaft vorangetrieben wird, was gepusht wird. Da habe ich eine hohe Erwartung, und da werden wir Sie immer wieder sozusagen an Ihre Verantwortung gemahnen und auch zur Verantwortung ziehen.

Die Belastung des Alpenraumes resultiert nicht nur aus dem Verkehr, sie erfolgt auch durch Ausbau der Systeme, durch Seilbahnsysteme, überwiegend durch Erschließen von Wintersportgebieten, durch neue Kraftwerke und so weiter, ich brauche hier nicht alles aufzuzählen. Und hier sollten Sie sich auch intern innerhalb der gesamten Bun­desregierung und vor allem auch innerhalb Ihrer Partei, innerhalb der ÖVP mehr durch­setzen. Angesichts der Klimalage, angesichts der Luftschadstoffbelastung, angesichts


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des Waldsterbens – bitte, das hat auch den Wildverbiss als Ursache – sehe ich es doch als ganz wesentlich an, dass Sie einfach mehr durchdringen mit Ihren Vorhaben und Ihren Anliegen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was hat denn das Waldsterben mit dem Wildverbiss zu tun?)

Derzeit ist in erster Linie die Wählerin, der Wähler gefordert, und für die ist es meiner Meinung nach nutzbringender, wenn sie sich gleich an den Schmied wenden, und nicht an den Schmiedl. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Also an mich!) Und der Schmied in Sachen Umweltschutz, Alpenkonvention, Verkehrsreduktion sind eindeutig die Grü­nen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


18.50.12

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Die Alpenkonvention ist ein wichtiger Meilenstein zum Schutz der Alpen, eines sehr sensiblen Ökosystems in Europa, und es ist für mich auch eine ganz besondere Herausforderung, aktuell als Präsident der Alpenkonvention so viele Länder und so unterschiedliche Länder in ihren Interessen zu koordinieren und zu ver­suchen, das Beste für den Alpenbogen insgesamt herauszuholen.

Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer, wenn Sie mich fragen: Was ist denn geschehen, haben Sie den Tag genützt? – Ja! Eine eindrucksvolle Bilanz! In der glücklichen Situa­tion während des Vorsitzes im ersten Halbjahr 2006 als Umweltminister im Umweltrat und gleichzeitig als Koordinator, als Präsident der Alpenkonvention ist es gelungen, weil wir aus österreichischer Sicht sehr massiv darauf gedrängt haben, nach langer, langer Zeit, drei Durchführungsprotokolle, nämlich Bodenschutz, Tourismus und Ener­gie, zu unterzeichnen und zusammen mit dem Berglandwirtschaftsprotokoll auch zur Unterzeichnung in der Europäischen Union zu bringen. Die Union hat sich lange gewei­gert, diese Protokolle anzuerkennen und zu unterzeichnen. Es sind vier, die wir wäh­rend unserer Präsidentschaft in der Europäischen Union koordinieren und zu Ende bringen konnten: Bodenschutz, Tourismus, Energie und das Berglandwirtschaftsproto­koll.

Es stimmt, dass ein zentrales Anliegen, das wir auch im Verkehrsministerrat forcieren wollten, nämlich das Verkehrsprotokoll, am 8./9. Juni 2006 in Luxemburg nicht den ge­wünschten Erfolg gebracht hat. Warum nicht? Weil trotz aller Anstrengungen Öster­reichs, koordiniert in der Regierung zwischen Umwelt- und Verkehrsressort, in Italien eine sehr schwierige Situation auf Grund der Neuwahlen, der Änderung der Regierung vorhanden war und sich die damals noch regierende Mehrheit Italiens, schon die neue Regierung im Blickfeld habend, am 8./9. Juni 2006 nicht imstande sah, hier eine Zu­stimmung zu geben. (Abg. Öllinger: Die Konservativen, eh klar!)

Es wird an uns liegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, nun mit der finnischen Präsidentschaft dieses Ziel, nämlich auch das Verkehrsprotokoll einem guten Ende für Österreich zuzuführen, zu erreichen. Wir werden unter finnischer Präsidentschaft mit Hochdruck daran arbeiten, und ich bin sehr optimistisch, dass wir in Gesprächen auf der einen Seite mit der italienischen Regierung und auf der anderen Seite mit der vor­sitzführenden finnischen Regierung auch bei diesem wichtigen Protokoll eine gute Lö­sung für Österreich, für die Alpenkonvention und für alle Alpenanrainerstaaten finden können.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Sinne: Wir haben viel erreicht für die Alpenkonvention, wir haben noch zentrale Anliegen vor uns. Ich möchte aber am Ende meiner Ausführungen zur Alpenkonvention auch den Dank zurückgeben an Sie, Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer, Abgeordneter Oberhaidinger, Abgeordneter Hof­mann. Sie haben die Zusammenarbeit hier im Parlament erwähnt, und man kann ja ler­nen aus 15, 16 Jahren Erfahrung hier im Plenum, auch aus dem, was Sie über Stilfra­gen gesagt haben. Ich bedanke mich dafür, ich bedanke mich für die Zusammenarbeit, die mit allen immer hervorragend funktioniert hat. Trotz aller Unterschiedlichkeiten in der politischen Positionierung, in der gesellschaftspolitischen Positionierung ist es auch für mich in den letzten dreieinhalb Jahren sehr wohltuend gewesen, dass wir über die­se ideologischen Gräben immer Brücken bauen konnten. – Herzlichen Dank und alles Gute! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

18.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


18.53.39

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie be­reits ausgeführt wurde, hat sich die Europäische Gemeinschaft mit der Ratifizierung der Alpenkonvention auch zur Reduktion des Verkehrsaufkommens verpflichtet. Dieses Protokoll hat in Österreich, so sehe ich das, die allergrößte Priorität und ist auch von der politischen Wertschätzung her das wichtigste.

Die Alpenkonvention beinhaltet unter anderem die Verpflichtung, im Interesse der Nachhaltigkeit eine rationelle und sichere Entwicklung in einem grenzüberschreitend aufeinander abgestimmten Verkehrsnetz umzusetzen, weiters die Verbesserung der Bahninfrastruktur durch den Bau und die Entwicklung großer alpenquerender Achsen, einschließlich dazugehörender Anschlüsse und Terminals.

Für uns in Tirol, besonders für meinen Wahlkreis Bezirk Innsbruck Land ist der Bren­ner-Basistunnel von großer Bedeutung und auch sehr wichtig. Der vorzeitige Bau des Probestollens wurde ja bei uns im Landtag bereits am 12. Oktober 2005 beschlossen. Damals haben die Grünen bei uns in Tirol nicht mitgestimmt. (Abg. Scheibner: Wie immer! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Böse!)

Einigkeit herrscht darüber, dass das Land Tirol rund 50 Millionen € in die Hand nimmt, damit dieser Probestollen gemacht werden kann. Die Überzeugungsarbeit unseres Landeshauptmanns und auch der Landesregierung, die sie in den letzten Jahren und Monaten für den Brenner-Basistunnel und den Ausbau der gesamten Strecke von München bis Verona unternommen haben, trägt nunmehr Früchte. (Abg. Scheibner: Ein bisschen was hat der Vizekanzler auch gemacht!) Stimmt, Ihr Vizekanzler hat hier auch sehr viel mitgewirkt.

Am 30. Juni war es dann noch unter unserer Präsidentschaft so weit, dass mit diesem Probestollen begonnen wurde. Bundeskanzler Schüssel, Vizekanzler Gorbach waren auch anwesend in Italien beziehungsweise in Südtirol. Mit dem Spatenstich für den Probestollen ist nicht nur das Projekt Brenner-Basistunnel nun endlich auf Schiene, sondern auch in Italien und in Deutschland wird nunmehr die Notwendigkeit für den Ausbau der Schieneninfrastruktur auf den Zulaufstrecken erkannt.

Bei uns in Tirol wird bereits seit Jahren an der Unterinntal-Strecke zwischen Kundl und Baumkirchen gebaut, und dieses Infrastrukturprojekt ist derzeit das größte, interessan­teste und für mich faszinierendste Bauprojekt der gesamten Union. Eine Verlagerung des alpenquerenden Transits von der Straße auf die Schiene ist eine logische Konse-


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quenz, und eine dreispurige Autobahn – diese Töne hört man jetzt auch immer wieder in Zeiten, in denen die Wahlwerbung läuft – über den Brenner steht meines Erachtens nicht zur Diskussion. Erstens einmal würde das am Widerstand der Bevölkerung schei­tern und zweitens auch an der Lärm- und Schadstoffrichtlinie der Europäischen Union und auch Österreichs.

Im Übrigen gibt es in Österreich bereits eine positive Trendwende. Wenn wir die Rol­lende Landstraße betrachten, so gibt es auf der Brenner-Route seit November 2005 wieder deutliche Aufwärtstrends. Allein in den ersten vier Monaten 2006 – die habe ich verglichen – gab es einen Anstieg um 120 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es fuhren von Jänner bis April 2005 14 700 Lastkraftwagen auf der Rollenden Landstraße, und heuer sind es von Jänner bis April bereits 32 100 gewesen. Die Frage der Brenner-Basistunnel-Gegner wird in wenigen Jahren nicht lauten, ob wir den Brenner-Basis­tunnel bauen, sondern, wann er endlich fertig wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

18.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dobnigg. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.57.48

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kol­leginnen, werte Kollegen! Der gegenständliche Entschließungsantrag wurde bereits am 21. September 2005, also genau vor einem Jahr eingebracht. Die österreichische Prä­sidentschaft blieb in diesem wichtigen Punkt von dieser Bundesregierung leider völlig ungenützt. Anstatt zu feiern und sich pompös selbst zu inszenieren, hätte es doch mehr als genug Möglichkeiten gegeben, beim für unser Land und ganz Europa so wichtigen Thema Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention etwas weiterzubringen. Das Verkehrsprotokoll ist das Schlüsselelement der gesamten Alpenkonvention, denn nur ein ratifiziertes und in ganz Europa in Kraft getretenes Verkehrsprotokoll kann die Er­richtung neuer Alpentransitstrecken verhindern. Die EU ist zwar Vertragspartner der Alpenkonvention, sie hat aber bei der Ausarbeitung des Verkehrsprotokolls Widerstand geleistet und leider sehr wenig Konstruktives beigetragen. Trotzdem konnte das Ver­kehrsprotokoll schließlich im Herbst 2000 von den meisten Beteiligten auch unterzeich­net werden. Die EU hingegen unterzeichnete nicht.

Seit einigen Jahren geht hier nichts weiter, und das ist gelinde gesagt traurig, ja verant­wortungslos. EU-Kommissionspräsident Barroso versuchte sogar – unglaublich, aber wahr! – das Thema auf die so genannte Streichliste geplanter EU-Gesetzesvorhaben zu setzen. Obwohl dringender Handlungsbedarf bestand, waren die Aktivitäten seitens der Bundesregierung und vor allem des ressortzuständigen Umweltministers und des Verkehrsministers ebenso nicht gerade berauschend. Es wurde leider nicht mit genü­gend Nachdruck für die Unterzeichnung, Ratifizierung des Verkehrsprotokolls durch die Europäische Union Sorge getragen.

Versuchen der EU-Kommission, aus diesem umwelt- und verkehrspolitisch so wichti­gen Rechtsetzungsprozess auszusteigen, wurde nicht umgehend und auch nicht mit aller Entschiedenheit entgegengetreten. Wie gesagt: Das Verkehrsprotokoll ist ange­sichts der besonderen Betroffenheit Österreichs von alpenweiten und europäischen Verkehrsentwicklungen und der besonderen Sensibilität des Alpenraums extrem be­deutsam. Hier darf wirklich keine Zeit mehr verloren werden.

Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Es freut mich aber, dass die Entschließung, die heute hoffentlich einstimmig beschlossen wird, endlich den Auftrag an die Regierung beziehungsweise den Umwelt- und Infrastrukturminister formuliert, sich entschieden dafür einzusetzen, dass das Verkehrsprotokoll rasch und auch vollinhaltlich umgesetzt


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wird und somit noch heuer eine Unterzeichnung seitens der EU erreicht werden kann beziehungsweise könnte.

Ich hoffe, dass diese Bundesregierung, bevor sie abgewählt wird, wenigstens noch die­se eine gute Tat für Österreich zusammenbringt. Mehr als überfällig wäre es jedenfalls. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Pfeffer. Wunsch­redezeit:Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Neudeck – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Pfeffer –: Keine Wahlwerbung!)

 


19.01.03

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wurde heute schon öfter gesagt, wir werden dem Entschlie­ßungsantrag, womit die Ratifikation der Protokolle Tourismus, Energie, Bodenschutz und Berglandschaft abgesichert wird, unsere Zustimmung erteilen.

Meine Damen und Herren, ich komme aus einem Bundesland, welches keine Gebirgs­züge hat (Abg. Neudeck: Na ja, keine?), nur ab dem mittleren Teil kleine Hügelzüge. Sie kennen das, Herr Kollege. Interessant ist aber die Meldung vom September 2006, in der es heißt: „grenzenlos wandern – von den Alpen bis in die pannonische Tief­ebene“. Unter dem Titel „alpannonia“ gibt es ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Burgenland, der Steiermark und Ungarn: einen insgesamt 90 Kilometer langen Höhen- und Panoramaweg – eine Herausforderung für jeden Wanderer, der auf Schusters Rappen dieses vielfältige Gebiet von den Alpen bis zur Tiefebene erkunden kann.

Umweltschutz und Energie, meine Damen und Herren, waren im Burgenland schon im­mer ein großes Thema. Wir im Norden des Landes nützen den Wind unserer typischen flachen Landschaft für unsere Energie, und es gibt Tage, da kann mit dieser Windener­gie bereits das ganze Bundesland versorgt werden. Im Norden der Wind, im Süden die Alternativenergie der Hackschnitzel – also vorbildlich für ganz Österreich, meine Da­men und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Habt ihr Wasserkraft auch? Vielleicht ein Gezeitenkraftwerk?)

Die SPÖ will, dass Umweltpolitik wieder den Stellenwert bekommt, der ihr zusteht, denn Umweltschutz ist Lebensqualität. In einem 12-Punkte-Programm hat sich das SPÖ-Kompetenzteam in Sachen Umwelt viele Gedanken gemacht, und dieses Pro­gramm, meine Damen und Herren, wartet darauf, nach dem 1. Oktober umgesetzt zu werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: In dem Programm sind auch die Steu­ererhöhungen drinnen!)

19.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Kopf. 2 Minu­ten sind verheißen. – Bitte.

 


19.03.10

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es haben sich im Laufe der heutigen Debatte einige Kolleginnen und Kollegen mit in diesem Fall letzten Wortmeldungen hier vom Hohen Haus verab­schiedet.

Ich möchte allen Kolleginnen und Kollegen alles Gute für die Zukunft wünschen. Erlau­ben Sie mir aber, dass ich zu zwei ausscheidenden Kollegen noch einige persönliche Bemerkungen mache.

Ich hatte das Vergnügen, in den letzten zwölf Jahren mit den Energiesprechern des Sozialdemokratischen Klubs, Georg Oberhaidinger, und des Freiheitlichen Klubs, Max


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Hofmann, einige wichtige energiepolitische Weichenstellungen mitgestalten zu dürfen. Stichworte: Liberalisierung Strommarkt, Gasmarkt, Ökostromgesetz – alles Materien, die einer Verfassungsmehrheit bedurften und die wir, glaube ich, in der Sache gut ge­löst haben.

Aber abgesehen von all diesen Sachlösungen möchte ich doch besonders darauf hin­weisen, dass unsere Zusammenarbeit – und das ist mir eigentlich fast wichtiger – ge­prägt war von gegenseitigem Respekt im Umgang miteinander, auch Respekt vor den Positionen des anderen, auch vor den Grenzen, die dem anderen in Verhandlungen gesetzt waren. Wir haben immer gute Sachlösungen zustande gebracht und haben uns bis heute, glaube ich, nicht nur einen gegenseitigen Respekt bewahrt, sondern sind da­bei über die Kollegenschaft hinaus zu Freunden geworden.

Ich möchte Ihnen beiden herzlich danken für die Zusammenarbeit, die wir miteinander gehabt haben! Ich wünsche beiden alles, alles Gute für die Zukunft – und ich hoffe, wir sehen uns bei anderer Gelegenheit einmal wieder! Alles, alles Gute, liebe Freunde! (Beifall bei der ÖVP, der SPÖ sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1614 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt. Angenommen. (E 214.)

19.05.505. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (95 Hv 83/06f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (1633 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (94 Hv 56/06b) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (1634 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wortmeldungen hiezu liegen keine vor.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zuerst stimmen wir ab über den Antrag 1633 der Beilagen, nämlich:

In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B–VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen


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Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1634 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B–VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Mag. Werner Kogler nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den An­trag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschuss betreffend Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundeswertpapieraufsicht, so­wie des Bundesministeriums für Justiz und sämtlicher im Weisungszusammenhang stehenden Organe hinsichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahr 2000, insbesondere hin­sichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der


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Raiffeisenbank International, sämtlichen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunternehmens AMIS.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Cap und GenossInnen gemäß § 33 GOG betreffend die Einset­zung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V: 5, S: 4, F: 1 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der Österreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), sowie des Bundesmi­nisteriums für Justiz und sämtlicher im Weisungszusammenhang stehenden Organe hinsichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahre 2000, insbesondere hinsichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der Raiffeisenbank International, sämtlichen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunternehmens AMIS.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Erhebung von mündlichen und schrift­lichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Justiz und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeit überprüfen.

Begründung:

In den letzten Tagen sind völlig neue Aspekte im BAWAG-Kriminalfall hervorgekom­men, die aufklärungsbedürftig sind und die Frage nach der Funktionsfähigkeit von Fi­nanzmarktaufsicht (FMA) und Justiz aufwerfen. So stellt sich immer mehr heraus, dass bis heute nicht in ausreichendem Maße der Frage nachgegangen wurde, wohin die oft verschobenen und am Ende teilweise „verschwundenen“ BAWAG-Millionen gekommen sind bzw. in wessen Händen das Vermögen gelangte. In den letzten Tagen wurden die Umrisse eines Netzwerkes der Herren Flöttl jun., Elsner, Schlaff und des ehemaligen ÖVP-Parteivorsitzenden Taus sichtbar. Geldüberweisungen, gemeinsame Geschäfte mit unklarer Herkunft der dafür erforderlichen Finanzmittel und sagenhafte Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe verbinden laut Medienberichte dieses Netzwerk. Am Bei­spiel des Kaufs der bulgarischen Telekom durch die Herren Taus, Flöttl jun. und Schlaff wird das deutlich und im Ansatz nachvollziehbar, wobei viele Fragen bis heute ungeklärt sind, zu deren Aufklärung Finanzmarktaufsicht und Justiz längst beitragen hätten können:

Anfang 2002 wurde die bulgarische Telekom MobilTel von einer österreichischen In­vestorengruppe (Taus, Schlaff, Cordt) gekauft. Wer der Verkäufer der MobilTel war ist nicht ganz zu klären. Die Investoren haben laut verschiedenen Medienberichten zwi­schen 150 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro für die MobilTel bezahlt. Am wahrschein­lichsten war der Kaufpreis zwischen 820 und 850 Millionen Euro – genannt wurden auch immer wieder 800 Mio US-Dollar. Josef Taus gibt selbst einen Kaufpreis von 900 Mio US-Dollar an. Die BAWAG hat jedenfalls 770 Millionen Euro im Wege eines Lombarddarlehens finanziert – d.s. 680 Mio. Dollar zu Wechselkurs in Euro 0,8825 am 1.2.2002.

Im März 2003 wollten einige Telekomunternehmen (Vodafone bis Telekom Austria) die MobilTel kaufen. Die Kaufverhandlungen wurden abgebrochen. Offiziell weil sie an einer Minderheitsbeteiligung nicht interessiert sind, inoffiziell weil sie nicht wussten, von wem sie die Anteile eigentlich kaufen.

Im Mai 2004 wird die MobilTel um 1,2 Mrd. Euro teilverkauft (60% Schlaff/Taus/Cordt, 40% internationale Investoren). Die BAWAG stieg im Zuge dieses Verkaufs aus der MobilTel aus.

Im Herbst 2004 werden die Verkaufsgespräche zwischen Telekom Austria (TA) und den MobilTel Eigentümern wieder eröffnet. Im März 2005 wird eine Kaufoption von der TA in Anspruch genommen. Am 14. Juli 2005 wird der Kauf finalisiert.

Auffallend ist, dass es sich beim Kauf der MobilTel um ähnliche Summen handelt wie jene die im BAWAG Skandal derzeit nicht auffindbar sind (650 bis 800 Millionen Euro). Zeitlich wurde der Kauf der MobilTel ein Jahr nach dem die BAWAG im Rahmen von „Karibik II“ einen endgültigen Verlust von ca. 1 Mrd. € erlitten hat, durchgeführt.


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Der Ausstieg der BAWAG 2004 ist mysteriös. 2004 war klar, dass die TA die MobilTel um weit mehr als 1,2 Mrd. kaufen wird. Die BAWAG gab sich also mit einem weit ge­ringeren Gewinn zufrieden.

Bis heute völlig ungeklärt blieben in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

1.) Warum hat die BAWAG bei fast der gesamten Finanzierung des Kaufs der MobilTel 2002 so viele Anteile Schlaff/Cordt/Taus überlassen?

2.) Hat die BAWAG den 30%-Anteil 2001/2002 bis 2004 auf eigene Rechnung oder nur als Treuhänderin besessen? Wenn der Anteil der BAWAG gehört hat, wieso ist der – wenn auch wegen des vorzeitigen Verkaufs deutlich geringere – Gewinn nicht in den Büchern der BAWAG zu finden?

3.) Warum hat Taus, der mehrfach behauptet hat, er wäre nur als Berater der BAWAG beauftragt gewesen, zwischen Februar 2002 bis März 2004 20 bis 30 Prozent und zwi­schen April 2004 bis Juli 2005 16 Prozent Anteile an der MobilTel gehalten?

4.) Was ist mit den Gerüchten, dass die MobilTel auch nach Verkauf 2002 trotzdem unter dem Einfluss des Mafiapaten Michael Chorny war?

5.) Warum ist die BAWAG im Mai 2004 aus dem Geschäft ausgestiegen, obwohl man von einem Verkauf an die TA zu einem viel höheren Preis ausgehen konnte?

Fragen über Fragen Es stellt sich für insbesondere aber auch die Frage, warum Fi­nanzmarktaufsicht und Justiz sich in Indiskretionen und öffentlichen Mutmaßungen er­gehen, um das Ergebnis der anstehenden Wahl zu beeinflussen, statt schonungslos und ernsthaft all diesen Fragen und insbesondere der Frage nachzugehen, wohin die BAWAG-Millionen wirklich verschwunden sind.

Darüber hinaus geben die Vorgänge der letzten Jahre in und um die Finanzmarktauf­sicht (FMA) Anlass zur Besorgnis um die Funktionsfähigkeit der FMA. Der Fall BAWAG ist in diesem Zusammenhang nur die Spitze des Eisberges.

Die Kette der Fehlleistungen und Versäumnisse reicht von Spekulationsverlusten der Tiroler Sparkasse über Malversationen in der Raiffeisen Bezirksbank Wolfsberg, dubio­sen Vorgängen bei Raiffeisen international, die Beinahe-Pleite von österreichischen Pensionskassen, die AMIS-Pleite mit 16 000 geschädigten Anlegern, großen Verlusten bei hochriskanten Spekulationsgeschäften der Kärntner Hypo bis eben hin zum Fall BAWAG:

Tiroler Sparkasse

In den Jahren 1998 bis 2002 wurden 150 Millionen Euro verspekuliert. Höchstrangige ÖVP-Politiker wie LH Herwig van Staa und Fritz Dinkhauser saßen im Aufsichtsrat. Es ist zu klären, wie es unter den Augen der Aufsicht zu diesen, im Verhältnis zur Größe der Sparkasse enormen Verlusten kommen konnte.

Raiffeisen Bezirksbank Wolfsberg

Durch fehlgeschlagene Spekulationen mit Kundengeldern wurden rund 500 Millionen Schilling verloren. Hauptakteur war Haider-Freund Hans-Dieter Prentner sowie die Grazer Wechselseitige (siehe auch Kärntner Hypo), die schließlich die Bank kaufte und mit Geldern ihrer Versicherten die rund 500 Millionen Schilling Schaden beglich. Hans-Dieter Prentner entging einer strafrechtlichen Verfolgung und erreichte eine Zurückle­gung der Anzeige der Bankenaufsicht bei der Staatsanwaltschaft durch „tätige Reue“. „Tätige Reue“ bedeutete Medienberichten zufolge, dass die von Prentner verursachte Schadenssumme von 216 Mio. ATS so wieder gut gemacht werden sollte, dass 7 Mio. ATS von Prentner vorab geleistet werden und ihm gehörende Liegenschaften in Höhe von 30 Mio. ATS herangezogen werden sollten (wie kam Prentner zu diesen?)


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sowie der Rest in 25 Jahrestranchen zu je 7 Mio. ATS abgedeckt hätte werden sollen. Ungeklärt ist bis heute die Frage, wie Prentner zu diesem erheblichen Immobilienbesitz kam, warum man in der Staatsanwaltschaft Klagenfurt annehmen konnte, dass Prent­ner in den darauf folgenden 25 (!) Jahren nach Steuern jeweils 7 Millionen ATS ablie­fern wird können bzw. ist unbekannt, ob nicht die Zahlungen bereits eingestellt wurden (zu Lasten von wem?). Bei jedem anderen Staatsbürger hätte Prentners Verhalten strafrechtliche Konsequenzen gehabt. Zu prüfen wäre sowohl die Rolle der Bankenauf­sicht als auch der Justiz.

Raiffeisen International

Die laut Medienberichten unter den Augen der Finanzmarktaufsicht bzw. mit Kenntnis der FMA durchgeführten, international argwöhnisch betrachteten Geschäfte von Raiff­eisen International mit russischen Oligarchen und die Involvierung ins Gasgeschäft in der Ukraine sind aufklärungsbedürftig. Um künftigen Schaden für den Finanzplatz Ös­terreich zu vermeiden, ist die Rolle der FMA in diesem Zusammenhang zu prüfen bzw. die Frage zu klären, ob deren Instrumente ausreichen, derartig zweifelhafte Vorgänge hintanzuhalten. Schließlich ist der Frage nachzugehen, ob sich Raiffeisen Internatio­nal – wie im Mai dieses Jahres angekündigt – im Sommer dieses Jahres aus dem ukrainischen Gasgeschäft ausgestiegen ist, und wenn nicht, warum die FMA im Rah­men ihrer Möglichkeiten im Interesse des gesamten österreichischen Kapitalmarktes nicht darauf gedrängt hat.

Pensionskassen

Im Jahr 2004 waren laut Verfassungsgerichtshof 4 Pensionskassen konkursreif, weite­re Kassen vom Konkurs bedroht, weil Spekulationen mit Aktien im großen Stil schief gelaufen sind. Der Schaden belief sich auf rund 800 Millionen Euro, die durch Enteig­nung von Pensionkassen-Pensionisten und –Anwartschaftsberechtigten durch gesetz­liche Regelung der Regierungsparteien aus der Welt geschafft wurde. Zu prüfen ist die Rolle der FMA, die offensichtlich die systembedrohenden Risken in den Pensionskas­sen nicht rechtzeitig erkannte bzw. offenkundig nicht rechtzeitig entsprechende Maß­nahmen veranlasste, um die Kunden und den österreichischen Kapitalmarkt vor dro­hendem Schaden zu bewahren.

AMIS-Pleite

Medienberichten zufolge wurden rund 16 000 Anleger durch Spekulationsgeschäfte des Finanzdienstleisters AMIS in den letzten Jahren geschädigt und durch Malversatio­nen um ihr Vermögen gebracht. Auch in diesem Finanzskandal und Kriminalfall ist un­klar, welche Geschäfte in Detail getätigt wurden und wo das Vermögen der Anleger hingekommen ist. Kürzlich erst wurde bekannt, dass auch hier Herr Flöttl jun. als stiller Teilhaber der Firma AMIS mitgewirkt hatte. Ebenfalls kürzlich bekannt wurde, dass jedenfalls mehr als eine Million Euro von AMIS-Kundengeldern an die in finanzielle Schwierigkeiten geratene und später pleite gegangene New Economy Firma FirstInEx geflossen sind. Die Firma FirstInEx erstellte nicht nur die private home page von Fi­nanzminister Grasser und seines New Economy Vereins, sie stand Medienberichten zufolge auch zum Teil im Eigentum des Vaters von Finanzminister Grasser. Der Kreis schließt sich beim gemeinsamen Yachtausflug von Grasser mit Flöttl jun. Zu prüfen ist, warum die FMA trotz bei ihr vor Jahren nachweislich schon eingegangenen Anzeigen bezüglich fragwürdiger Vorgänge bei AMIS nicht tätig geworden ist und damit 16 000 Anlegern und dem Finanzplatz Österreich großen Schaden zugefügt hat.

Kärntner Hypo

Medienberichten zufolge wurden in der Kärntner Hypo 328 Millionen Euro bei SWAP-Geschäften verspekuliert. – Landeshauptmann Haider als Eigentümervertreter und


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Landesaufsicht sowie die ÖVP-nahe Grazer Wechselseitige Versicherung, die einem Verein gehört, in dem sich Bauernbund-Chef Grillitsch, Ex-ÖVP-Obmann Riegler und die Frau des Wirtschaftsministers Bartenstein tummeln, haben als Eigentümer ebenso versagt wie die Finanzmarktaufsicht. Aufklärungsbedürftig ist auch, wie es sein kann, dass ein durch Enthebungsverfahren bedrohter Generaldirektor einer Bank am Ende und unmittelbar im Anschluss Vorsitzender des Aufsichtsrates werden kann und die FMA dabei zusieht. Auch hier besteht im Interesse des internationalen Ansehens des österreichischen Kapitalmarktes höchstes Interesse an der Aufklärung der Fehlleistun­gen der FMA.

Zu alldem kommen gerade in der letzten Zeit gravierende Verstöße gegen die Amts­verschwiegenheit und das Bankgeheimnis, in dem immer wieder Informationen den Weg in die Öffentlichkeit finden, die dem Bankgeheimnis unterliegen, wobei die zustän­dige FMA offensichtlich keine Anstalten macht, Schuldige auszuforschen und ihrer strafrechtlichen Verantwortung zuzuführen.

Diese „Performance“ schadet dem österreichischen Kapitalmarkt und der österreichi­schen Kreditwirtschaft. Internationale Ratingagenturen sind aus diesem Grund bereits auf Österreich aufmerksam geworden, was eine Gefährdung der ratings österreichi­scher Banken bedeutet. Im Interesse des österreichischen Kapitalmarkts ist daher drin­gend Aufklärung geboten, um das österreichische Aufsichtssystem raschest möglich zu verbessern.

Causa BAWAG und Justiz

Weiters ist aufklärungsbedürftig, wie und unter welchen Begleitumständen in der Causa BAWAG aus dem Bereich der ermittelnden Behörden Informationen und/oder Fehlinformationen an die Öffentlichkeit gelangt sind, wodurch es dazu kam, dass die Justiz im Wahlkampf instrumentalisiert wurde. Die Präsidentin der Richtervereinigung Dr. Barbara Helige sah in diesem Zusammenhang „das Ansehen der Justiz gefährdet“.

In der APA-Meldung Nr. 234 APA II vom 14.9.2006 heißt es dazu: „Denn hier werde die Staatsanwaltschaft nicht nur durch die Tatsache, dass die politische Justizministe­rin oberste Weisungsbefugte ist, ‚automatisch‘ in den Wahlkampf hineingezogen. Viel­mehr sei ein Vorwurf auch gegen die ermittelnden Stellen zu richten, ‚die hier nicht dicht halten‘, erklärte Richter-Präsidentin Barbara Helige am Donnerstag gegenüber der APA.

Sie sprach sogar von Gesetzesverletzung: ‚Die Medien haben von Anfang an brisante Informationen aus dem nicht öffentlichen Akt erhalten. Da verstößt jemand – in der Polizei, Finanzmarktaufsicht, Staatsanwalt oder im Gericht – gegen das Gesetz‘, stellte Helige fest.

‚Ein Rätsel‘ ist ihr, warum in dieser politisch brisanten Causa der Medienerlass des Justizministeriums nicht befolgt wird.“

.„Es darf niemanden verwundern, wenn die Justiz unter diesen Umständen selbst in Diskussion gerät und in den Wahlkampf hineingezogen wird‘, stellte Helige, darauf angesprochen, fest. Vom Medienerlass abzugehen, sei einer ruhigen und besonnenen Verfahrensführung sicherlich nicht dienlich“, plädierte sie dafür zur ‚bewährten Praxis‘ zurückzukehren.“

Aus all den angeführten Umständen scheint es angebracht, einen Untersuchungsaus­schuss einzusetzen.

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Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 202

Präsident Dr. Andreas Khol: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung des Unter­suchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2006

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir folgender Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen vor.

„Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2006 der XXII. Ge­setzgebungsperiode mit Schluss der 163. Sitzung des Nationalrates für beendet zu erklären.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das Zeichen erfolgt einstimmig. Der Antrag ist daher angenom­men. (Abg. Scheibner: Da sitzt noch jemand!) – Der Herr Abgeordnete Scheuch hat sein Zeichen mit der Hand gegeben. Ich habe das akzeptiert, weil ich es auf seine allgemeine Ermüdung zurückgeführt habe. (Heiterkeit. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ich bin auch schon lange im Wahlkampf!)

Antrag auf Permanenterklärung eines Ausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das Weiteren liegt mir der Antrag gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen vor, den Rechnungshofausschuss zu beauftragen, seine Arbeiten hinsichtlich des Verlangens der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Erteilung eines Auftrages an den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses betreffend

Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechts­vorgängerin, der Bundeswertpapieraufsicht (BWA), hinsichtlich der Erfüllung ihrer Auf­sichtspflicht über die Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), ein­schließlich ihrer Tochterunternehmen, und zwar insbesondere deren Karibik-Ge­schäfte, Kredite, Haftungen, Garantien, Beteiligungen, Ver- und Rückkäufe von Aktien sowie sonstiger Geschäfte und Geldflüsse zur Verschleierung des tatsächlichen Ver­mögenstandes der BAWAG, vor allem im Zeitraum des wahrscheinlichen Entstehens der Verluste von etwa 1,4 Milliarden €, dies betrifft im Besonderen die Jahre 1994 bis 2000, wobei auch der Zeitraum 2000 bis heute in die Betrachtung mit einzubeziehen ist, da der amtierende Finanzminister umgehend nach seinem Amtsantritt den Auftrag zur Gründung einer unabhängigen und weisungsfreien Finanzmarktaufsichtsbehörde gegeben hat,

während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. –Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 203

Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Ab­geordneten vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Beschlusses auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode zu verlesen, damit die­ser Teil mit Ende der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich verlese jetzt das Protokoll: 

„Die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner bringen den Antrag betreffend vorzei­tige Beendigung der ordentlichen Tagung 2006 (Beilage I) ein.

Weiters wird das Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Ver­lesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Beschlusses auf Beendigung der or­dentlichen Tagung 2006 vorgelegt (Beilage III).

Auf Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner (Beilage I) fasst der Natio­nalrat einstimmig nachstehenden Beschluss:

,Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2006 der XXII. Ge­setzgebungsperiode mit Schluss der 163. Sitzung des Nationalrats für beendet zu er­klären.‘“

Erheben sich dagegen Einwendungen? – Kollege Großruck, sind das Einwendungen? (Abg. Großruck: Nein! – Heiterkeit.) – Nein. Das ist also nicht der Fall.

Die verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls gelten gemäß § 51 Abs. 6 der Ge­schäftsordnung mit Schluss der Sitzung als genehmigt.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Anfragen 4728/J bis 4738/J eingelangt sind.

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Die Sitzung ist geschlossen.

19.13.00Schluss der Sitzung: 19.13 Uhr

 

 

 

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