Stenographisches Protokoll
163. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode
Donnerstag, 21. September 2006
163. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 21. September 2006
Dauer der Sitzung
Donnerstag, 21. September
2006: 9.00 – 19.13 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Bericht zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents
2. Punkt: Bericht über die Petition (80/PET) betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“
3. Punkt: Bericht über die Petition (74/PET) betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Entwicklungsländern“
4. Punkt: Bericht über den Antrag 698/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die Europäische Union
5. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler
6. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler
*****
Inhalt
Nationalrat
Einberufung der ordentlichen Tagung 2006 ................................................................. 13
Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2006 ........................................ 202
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 13
Ordnungsrufe ............................................................................................................... 167
Geschäftsbehandlung
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4483/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 35
Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 174
Redner/Rednerinnen:
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch .......................................................................................... ... 174
Vizekanzler Hubert Gorbach ................................................................................. ... 177
Dipl.-Ing. Hannes Missethon ................................................................................. ... 179
Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 179
Dipl.-Ing. Elke Achleitner ....................................................................................... ... 181
Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 182
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35
Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 125
Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), sowie des Bundesministeriums für Justiz und sämtlicher im Weisungszusammenhang stehenden Organe hinsichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahre 2000, insbesondere hinsichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der Raiffeisenbank International, sämtlichen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunternehmens AMIS, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ............................................................................................................................. 197
Bekanntgabe ................................................................................................................. 166
Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 202
Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 46 Abs. 4 GOG, den Rechnungshofausschuss mit der Fortführung der Arbeiten hinsichtlich des Verlangens der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 32e Abs. 2 GOG auf Erteilung eines Auftrages an den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses betreffend „Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht über die Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG) einschließlich ihrer Tochterunternehmen, und zwar insbesondere deren „Karibik-Geschäfte“, Kredite, Haftungen, Garantien, Beteiligungen, Ver- und Rückkäufe von Aktien sowie sonstiger Geschäfte und Geldflüsse zur Verschleierung des tatsächlichen Vermögenstandes der BAWAG vor allem im Zeitraum des wahrscheinlichen Entstehens der Verluste von etwa 1,4 Mrd. €; dies betrifft im Besonderen die Jahre 1994 bis 2000, wobei auch der Zeitraum 2000 bis heute in die Betrachtung mit einzubeziehen ist, da der amtierende Finanzminister umgehend nach seinem Amtsantritt den Auftrag zur Gründung einer unabhängigen und weisungsfreien Allfinanzmarktaufsichtsbehörde gegeben hat“, während der tagungsfreien Zeit zu beauftragen – Annahme ................................................... 202, 202
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Dr. Andreas Khol .................................................................................. 193
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 193
Aktuelle
Stunde (40.)
Thema: „Vorrang für Frauen: Initiativen zur Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst“ ....................................................................................... 13
Redner/Rednerinnen:
Dr. Eva
Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 13
Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ............................................................... 17, 27
Christine Marek ....................................................................................................... ..... 19
Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ..... 21
Dipl.-Ing. Elke Achleitner ....................................................................................... ..... 23
Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 24
Barbara Riener ........................................................................................................ ..... 26
Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 29
Mag. Dr. Magda Bleckmann .................................................................................. ..... 30
Mag. Brigid Weinzinger .......................................................................................... ..... 32
Bundesregierung
Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 13
Ausschüsse
Zuweisungen .................................................................................................................. 34
Dringliche
Anfrage
der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer (4728/J) ......... 125
Begründung: Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .............................................................. 128
Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 134
Debatte:
Werner Amon, MBA ................................................................................................... 143
Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 144
Josef Bucher ........................................................................................................... ... 147
Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 149
Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ... 151
Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 153
Maximilian Walch .................................................................................................... ... 155
Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 156
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................................. ... 159
Doris Bures ............................................................................................................. ... 161
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch .......................................................................................... ... 163
Michaela Sburny ..................................................................................................... ... 164
Mag. Wilhelm Molterer ........................................................................................... ... 167
Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ... 169
Herbert Scheibner ...................................................................................................... 170
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (tatsächliche Berichtigung) .................................... 172
Detlev Neudeck ........................................................................................................... 172
Dr. Günther
Kräuter (Erwiderung auf eine tatsächliche
Berichtigung) ..................... 173
Verhandlungen
1. Punkt: Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-136/1584 d.B.) .......................................................... 35
Redner/Rednerinnen:
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer .......................................................................... ..... 35
Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 40
Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 44
Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 48
Staatssekretär Franz Morak .................................................................................. ..... 54
Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ..... 55
Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ..... 58
Dr. Helene Partik-Pablé .......................................................................................... ..... 62
Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ..... 64
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................................. ..... 65
Dr. Elisabeth Hlavac ............................................................................................... ..... 66
Maximilian Walch .................................................................................................... ..... 68
Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 71
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................ ..... 73
DDr. Erwin Niederwieser ....................................................................................... ..... 74
Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ..... 76
Stefan Prähauser .................................................................................................... ..... 77
Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 81
Mares Rossmann .................................................................................................... ..... 83
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch .......................................................................................... ..... 83
Dr. Peter Wittmann (tatsächliche
Berichtigung) .......................................................... 84
Dr. Richard Leutner ................................................................................................ ..... 84
Mag.
Werner Kogler ..................................................................................................... 88
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform – Annahme (E 209) .................................................................................................... 38, 91
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird – Ablehnung ............................ 43, 91
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne Parteikassen“ – Ablehnung .................................................... 52, 91
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minderheitsrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses – Ablehnung 51, 91
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zuständigkeiten des Rechnungshofs – Ablehnung ..... 51, 92
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems – Annahme (E 210) ..................................................................................................................... 57, 92
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung des Wahlalters – Ablehnung .................................................................... 60, 92
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitlichen Jugendschutz – Ablehnung .................................................... 61, 92
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegesituation
der pflegebedürftigen Menschen in Österreich sowie Vorsorge für regelmäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich – Annahme (E 211) 69, 92
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung von Parteispenden – Ablehnung ................................................... 80, 92
Entschließungsantrag der Abgeordneten Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und Pflegende – Ablehnung ....... 86, 92
Kenntnisnahme des Berichtes ....................................................................................... 91
2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (80/PET) betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“, überreicht vom Präsidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol und den Abgeordneten Klaus Wittauer, Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin Hakl, Maria Grander, Johannes Schweisgut, Helga Machne und Hermann Gahr (1610 d.B.) ......................................... 92
Redner/Rednerinnen:
Mag.
Ulrike Lunacek .................................................................................................... 93
Dr.
Andreas Khol .......................................................................................................... 96
DDr. Erwin Niederwieser ....................................................................................... ..... 97
Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 99
Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 101
Mag. Terezija Stoisits ............................................................................................. ... 102
Georg Keuschnigg ................................................................................................. ... 104
Gerhard Reheis ....................................................................................................... ... 106
Astrid Stadler .......................................................................................................... ... 107
Hermann Krist ......................................................................................................... ... 108
Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 108
Helga Machne .......................................................................................................... ... 110
Annahme der dem
schriftlichen Ausschussbericht 1610 d.B. beigedruckten Entschließung
betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“
(E 212) ........................................... 111
3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (74/PET) betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Entwicklungsländern“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr (1609 d.B.) 111
Redner/Rednerinnen:
Franz Glaser ............................................................................................................ ... 111
Petra Bayr ................................................................................................................ ... 112
Mag. Dr. Magda Bleckmann .................................................................................. ... 114
Theresia Haidlmayr ................................................................................................ ... 115
Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 116
Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 117
Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 118
Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 119
Carina Felzmann ........................................................................................................ 122
Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 123
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1609 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Integration von behinderten Menschen bei der Entwicklungszusammenarbeit (E 213) 124
4. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 698/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die Europäische Union (1614 d.B.) ......................................... 124
Redner/Rednerinnen:
Norbert Sieber ............................................................................................................ 124
Georg Oberhaidinger ............................................................................................. ... 184
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .............................................................................. ... 185
Heidemarie Rest-Hinterseer .................................................................................. ... 186
Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ................................................................................. ... 188
Petra
Bayr ................................................................................................................... 189
Matthias
Ellmauer ...................................................................................................... 190
Dr.
Gabriela Moser ..................................................................................................... 191
Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 192
Maria Grander ......................................................................................................... ... 193
Karl Dobnigg ........................................................................................................... ... 193
Katharina Pfeffer ..................................................................................................... ... 193
Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 193
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1614 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Unterzeichnung und Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die Europäische Union (E 214) .......................................................................................................................... 193
Gemeinsame Beratung über
5. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (95 Hv 83/06f) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (1633 d.B.) 193
6. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (94 Hv 56/06b) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler (1634 d.B.) 193
Annahme der beiden Ausschussanträge ..................................................................... 193
Eingebracht wurden
Anfragen
der Abgeordneten
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend „Videoüberwachung in
Österreich“ (4726/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend „Videoüberwachung in
Österreich“ (4727/J)
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entlastung
der Bürger und Unternehmer (4728/J)
Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Finanzen betreffend Versicherungsleistungen der
Österreichischen Hagelversicherung VVaG im Ausland (4729/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
„Hausunterricht – Abmeldung von öffentlichen Schulen –
Zahlen – Aufsicht & Kontrolle“ (4730/J)
Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Vergabe von öffentlichen Telekom-Sprechanlagen (4731/J)
Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend „100fachen Postenschacher“ durch FPÖ&BZÖ
bei ÖBB&ASFINAG“ (4732/J)
Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend „Offene Fragen zum
Hubschrauberflug des OÖ Landesschulratspräsidenten“
(4733/J)
Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend „Bundesheer on
the Road“ (4734/J)
Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Justiz betreffend fehlende Gleichbehandlung der
Justiz (4735/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
„Veterinärjahresbericht 2005 – Schlachttier- und
Fleischuntersuchungen“ (4736/J)
Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend Versicherungsleistungen der Österreichischen
Hagelversicherung VVaG im Ausland (4737/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Wertstellung bei Einzahlungen auf
Girokonten: „Körberlgeld für Banken?“ (4738/J)
Anfragebeantwortungen
der
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der
Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4543/AB zu 4568/J)
der
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4544/AB zu 4597/J)
der Bundesministerin
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage
der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen
(4545/AB zu 4570/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,
Kolleginnen und Kollegen (4546/AB zu 4574/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,
Kolleginnen und Kollegen (4547/AB zu 4577/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,
Kolleginnen und Kollegen (4548/AB zu 4578/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen (4549/AB zu 4603/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl
Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4550/AB zu 4563/J)
des Bundesministers
für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,
Kolleginnen und Kollegen (4551/AB zu 4579/J)
des
Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten
Karl
Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4552/AB zu 4636/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl
Öllinger, Kolleginnen und Kollegen
(4553/AB zu 4615/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.
Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4554/AB zu 4657/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4555/AB zu 4567/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4556/AB zu 4586/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4557/AB zu 4618/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4558/AB zu 4625/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4559/AB zu 4626/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4560/AB zu 4630/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4561/AB zu 4631/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4562/AB zu 4635/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4563/AB zu 4658/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Christine Marek, Kolleginnen und Kollegen (4564/AB zu 4662/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (4565/AB zu 4688/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (4566/AB zu 4585/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger,
Kolleginnen und Kollegen (4567/AB zu 4566/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz,
Kolleginnen und Kollegen (4568/AB zu 4581/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier,
Kolleginnen und Kollegen (4569/AB zu 4598/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk,
Kolleginnen und Kollegen (4570/AB zu 4601/J)
des
Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina
Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4571/AB zu 4600/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten
Ing.
Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen (4572/AB zu 4587/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4573/AB zu 4589/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4574/AB zu 4624/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4575/AB zu 4646/J)
des Bundeskanzlers
auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen (4576/AB zu 4606/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen (4577/AB zu 4610/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra
Bayr, Kolleginnen und Kollegen (4578/AB zu 4613/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.
Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4579/AB zu 4619/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen (4580/AB zu 4661/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,
Kolleginnen und Kollegen (4581/AB zu 4687/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,
Kolleginnen und Kollegen (4582/AB zu 4694/J)
des
Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl
Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4583/AB zu 4614/J)
der Bundesministerin
für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier,
Kolleginnen und Kollegen (4584/AB zu 4623/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen
und Kollegen (4585/AB zu 4653/J)
der
Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.
Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4586/AB zu 4656/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp,
Kolleginnen und Kollegen (4587/AB zu 4667/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.
Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4588/AB zu 4647/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.
Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen
(4589/AB zu 4670/J)
der
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (4590/AB zu 4669/J)
der
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4591/AB zu 4695/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl,
Kolleginnen und Kollegen (4592/AB zu 4637/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl,
Kolleginnen und Kollegen (4593/AB zu 4638/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl,
Kolleginnen und Kollegen (4594/AB zu 4639/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz,
Kolleginnen und Kollegen (4595/AB zu 4641/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier,
Kolleginnen und Kollegen (4596/AB zu 4659/J)
des Bundeskanzlers
auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und
Kollegen (4597/AB zu 4679/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,
Kolleginnen und Kollegen (4598/AB zu 4693/J)
des
Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler,
Kolleginnen und Kollegen (4599/AB zu 4697/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,
Kolleginnen und Kollegen (4600/AB zu 4611/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp,
Kolleginnen und Kollegen (4601/AB zu 4627/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4602/AB zu 4629/J)
der
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4603/AB zu 4643/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz,
Kolleginnen und Kollegen (4604/AB zu 4651/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen
und Kollegen (4605/AB zu 4674/J)
der
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4606/AB zu 4681/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Christine Marek, Kolleginnen und
Kollegen (4607/AB zu 4663/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und
Kollegen (4608/AB zu 4677/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,
Kolleginnen und Kollegen (4609/AB zu 4680/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer,
Kolleginnen und Kollegen (4610/AB zu 4690/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,
Kolleginnen und Kollegen (4611/AB zu 4691/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,
Kolleginnen und Kollegen (4612/AB zu 4692/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen (4613/AB zu 4700/J)
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen (4614/AB zu 4705/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.
Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (4615/AB zu 4628/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.
Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (4616/AB zu 4640/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.
Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4617/AB zu 4645/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.
Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (4618/AB zu 4683/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.
Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4619/AB zu 4701/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.
Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (4620/AB zu 4703/J)
des
Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter
Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4621/AB zu 4649/J)
des
Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Erika
Scharer, Kolleginnen und Kollegen (4622/AB zu 4676/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen (4623/AB zu 4686/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4624/AB zu 4655/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4625/AB zu 4634/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten
Kai
Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (4626/AB zu 4675/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (4627/AB zu 4684/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4628/AB zu 4685/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4629/AB zu 4698/J)
des
Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4630/AB zu 4665/J)
der
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der
Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (4631/AB zu 4672/J)
des
Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten
Mag. Werner
Kogler, Kolleginnen und Kollegen (4632/AB zu 4699/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4574/AB zu 4624/J)
(Zu 4574/AB zu 4624/J)
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4624/AB zu 4655/J) (Zu 4624/AB zu 4655/J)
Beginn der Sitzung: 9 Uhr
Vorsitzende:
Präsident Dr. Andreas Khol,
Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Einberufung der ordentlichen Tagung 2006
Präsident Dr. Andreas Khol: Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 6. September 2006 gemäß Artikel 28 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes den Nationalrat für den 15. September 2006 zur ordentlichen Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode einberufen.
*****
Der nicht verlesene Teil des Amtlichen Protokolls der 162. Sitzung vom 12. September 2006 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.
Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Huainigg, Lackner und Mittermüller.
Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung
Präsident Dr. Andreas Khol: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:
Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:
„Vorrang für Frauen: Initiativen zur Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst“
Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.
9.02
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Frau Frauenministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diese Aktuelle Stunde, die letzte vor dem 1. Oktober, vor der Wahl, einer Menschengruppe in Österreich gewidmet, der es in den letzten sieben Jahren nicht besser, sondern schlechter gegangen ist, nämlich den österreichischen Frauen. Unser Ziel ist es, zu erreichen, dass sich diese Gruppe von Menschen – 52 Prozent der österreichischen Bevölkerung – noch ein
Bild machen kann, ob – erstens – die Probleme von den politischen Parteien ernst genommen werden und – zweitens – welche Lösungen sie auf den Tisch legen können.
Das nach wie vor größte Problem ist die Einkommensschere. Ich habe das heute mitgebracht zur Verdeutlichung (die Rednerin zeigt eine Graphik mit der Aufschrift „Gender Pay Gap“): Das ist der „Frauen-Euro“; bei dem fehlt ein Drittel. Und das hat sich in den letzten Jahren sogar noch drastisch verschlechtert. Wenn man das auf das Erwerbsleben einer Frau durchrechnet, wird deutlich, dass ein Mann in Österreich im Durchschnitt um ein Haus mehr verdient, nämlich hochgerechnet auf 40 Erwerbsjahre 250 000 €. Also allein die Tatsache, in Österreich eine Frau zu sein, bedeutet eine Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt – und am Ende eines Erwerbslebens muss man als Frau feststellen, dass man insgesamt 250 000 € weniger verdient hat.
Die schwarz-blaue Bundesregierung hat während der letzten sieben Jahre nichts getan, um das zu verändern. Im Gegenteil: Die Zahlen, die wir jetzt auf dem Arbeitsmarkt vorfinden, sind deprimierend, ernüchternd und sehr traurig! Mittlerweile arbeitet fast jede zweite Frau nur mehr Teilzeit. Waren es vor zehn Jahren noch 20 bis 23 Prozent, sind es mittlerweile über 40 Prozent der Frauen, die in Österreich Teilzeit arbeiten. Das bedeutet halbes Gehalt oder Teilgehalt, das bedeutet schlechtere Aufstiegschancen, das bedeutet schlechtere Karrierechancen, und das bedeutet vor allem Armut, ganz besonders Armut im Alter. (Beifall bei den Grünen.)
Die österreichische Bundesregierung und ihre Vertreter versuchen jetzt immer, das schönzureden, indem sie von steigender Frauenbeschäftigung sprechen. Ich möchte das gleich vorwegnehmen, damit niemand verwirrt ist: Es wird von „steigender Frauenbeschäftigung“ gesprochen. Das ist aber falsch! Wenn Sie die gesamte Arbeitszeit, Vollarbeitszeit, dividieren, werden Sie erkennen, es ist für Frauen in Österreich nach diesen sieben Jahren weniger Arbeit zur Verfügung, als es vor sieben Jahren der Fall war.
Sie argumentieren ausschließlich mit zusätzlichen Teilzeitbeschäftigungen, die nachgewiesenermaßen Frauen in prekäre Beschäftigungssituationen bringen, die ihnen ihr Leben nicht erleichtern, sondern erschweren. Mittlerweile gibt es viele Frauen in Teilzeitbeschäftigungen, die das nicht wollen, sondern müssen, und das ist ein Problem, das Sie völlig ignorieren. (Beifall bei den Grünen.)
Jeden Tag sind es 18 Frauen mehr, die diese Regierung arbeitslos gemacht hat, jeden Tag 18 Frauen mehr! Auch wenn Sie einige davon in Schulungen verstecken, ändert das nichts an der erschreckenden Zahl. Wir haben über 120 000 arbeitslose Frauen, und wir haben vor allem viele Frauen, die zu Hause sind, 70 000 Frauen, die arbeiten wollen, es aber auf Grund der Rahmenbedingungen nicht können. Das ist besonders traurig, denn in allen anderen Ländern geht das in eine positive Richtung. Sowohl in den skandinavischen Ländern als auch im EU-Durchschnitt, als auch in unseren Nachbarländern steigt die Frauenbeschäftigung in Vollzeitarbeitsplätzen. Österreich ist eines der wenigen Länder, wo das nicht funktioniert, wo die Frauenbeschäftigung sinkt. Man kann daher davon ausgehen, dass das kein Naturgesetz ist oder kein europäisches Gesetz, keine europäische Norm, keine Situation, die durch Einflüsse von außen entstanden ist, sondern dass es beeinflussbar ist und durch die richtige Politik auch zu ändern ist. (Beifall bei den Grünen.)
Das würde allerdings voraussetzen, dass man sich dieser Probleme einmal ernsthaft annimmt und sie nicht schönredet. Ich fürchte, dass es heute wieder dazu kommen wird, dass Sie dieses Problem schönreden und negieren.
Wir wollen die Einkommensschere tatsächlich schließen, wir wollen dieses Problem ernsthaft angehen. Das ist nicht ganz einfach, aber es liegen diesbezüglich einige sehr
gute Vorschläge von uns auf dem Tisch. Wir wollen, dass in Top-Positionen – in der Politik, in der Wirtschaft, auch in der Verwaltung – vermehrt Frauen zum Zug kommen.
Es ist, glaube ich, beschämend, dass es auf den österreichischen Universitäten keine einzige Rektorin gibt, sondern nur Männer, und es ist, glaube ich, auch beschämend, wenn im öffentlichen Dienst, sozusagen in der Spitzenverwaltung, Spitzenjobs nach wie vor ausschließlich mit Männern besetzt werden.
Ich möchte hier ein Beispiel bringen, weil sich diese Bundesregierung so oft damit brüstet, dass sie so viel für Frauen tut. (Abg. Amon: Bei den Grünen ist auch ein Mann Vorsitzender geworden!) Im Lebensministerium hat Umweltminister Pröll, der so alt ist wie ich und sich oft als jung und modern beschreibt, bei der Nachbesetzung von zwei Sektionschefs wie folgt agiert: Es waren neun Sektionschefs, alle Männer. Zwei sind davon in Pension gegangen. Es haben sich viele qualifizierte Frauen aus dem Ministerium beworben – und es wurden wieder zwei Männer nachbesetzt!
Das Verhältnis im Ministerium bei den Spitzenjobs, bei den Sektionschefs, ist nach wie vor 9 : 0. Ich glaube, in der Geschichte, vor allem in der Sportgeschichte, hat es bei 9 : 0 Rücktritte gegeben. Ich finde, das ist etwas, worüber man in diesem Fall nachdenken kann. (Beifall bei den Grünen.)
Hier in diesem Haus sieht es leider nicht anders aus. Ich denke, wenn man den Anspruch stellt, die Gesellschaft zu verändern und diese große Gerechtigkeitslücke zu schließen, sollte man auch ein bisschen bei sich selbst anfangen.
Es waren hier Zwischenrufe, wie das bei den Grünen sei. – Bei den Grünen ist das sehr einfach: Bei uns gibt es kein Gremium, das gilt auch für die Nationalratsfraktion, wo die Frauen nicht die Mehrheit haben, bei uns ist die 50-Prozent-Quote verpflichtend. Bei der ÖVP gibt es so etwas überhaupt nicht. Da gibt es zwar Quoten für ÖAAB und Bauernbund, aber offensichtlich nicht für Frauen, und ich finde das beschämend! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, das stimmt!
Leider kann ich in diesem Zusammenhang auch die SPÖ
nicht auslassen. Ich finde, eine Verpflichtung zu 40 Prozent schon etwas
schwach, aber ich glaube, dass man, wenn man das nicht erreichen kann, dazu
stehen und es nicht schönreden sollte. Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit,
dass Frauen in allen Bereichen, wenn man die Möglichkeit hat, sich zu
entscheiden, Halbe/Halbe erhalten sollten. (Abg.
Steibl: Es herrscht Wahlfreiheit in
Österreich! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir haben in der Regierung 60 Prozent weibliche
Minister!)
In diesem Zusammenhang finde ich es besonders beschämend, dass ein Bundeskanzler stolz darauf ist, dass in einer Regierung bei den MinisterInnen – nicht bei Ministern und Staatssekretären zusammen, nur bei den Ministern und Ministerinnen – die Hälfte Frauen sind, und das mit einem Zitat versieht, das tatsächlich die österreichischen Frauen beleidigt. Der Bundeskanzler sagte nämlich:
„Wäre ich ein Linker, würde die ganze Emanzentruppe vor mir flach liegen.“
Das ist eine Verhöhnung aller Frauen in Österreich, die wahrlich in vielen Situationen auf dem Boden liegen, die beispielsweise in der schwierigen Situation sind, als Alleinerzieherinnen mit 470 € über die Runden kommen zu müssen!
Darauf stolz zu sein, und das in so einem Jargon, Herr Bundeskanzler, ist eine Verhöhnung der österreichischen Frauen und eine Frechheit ihnen gegenüber! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Großruck: Immer diese künstliche Aufregung!)
Geht’s noch tiefer? – Das ist, glaube ich, die richtige Antwort auf diese Äußerung des Herrn Bundeskanzlers. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Teilen Sie diesen Spruch? Finden Sie das in Ordnung? Gefällt Ihnen so etwas? Ist das die Sprache, in der Sie mit
Frauen kommunizieren? – Ich glaube, so etwas brauchen wir nicht in Österreich. Ich glaube, die Frauen sollten Sie als Erste abwählen, wenn Sie das gut finden. (Beifall bei den Grünen.)
Es ist das deswegen so traurig – und deswegen machen wir das heute auch noch einmal zum Thema –, weil wir tatsächlich ernste Probleme in Österreich haben. Und diese so abzutun, das sagt sehr viel darüber aus, wie wichtig Ihnen die Entwicklung der österreichischen Frauen ist, ihre Chancen, ihre Zukunftsmöglichkeiten, ihre Arbeitsplatzmöglichkeiten. Das auf diese Art zu beantworten, ist der traurige Schlusspunkt und Höhepunkt von etwas, was man nicht anders beschreiben kann als als Verhöhnung der Frauen sieben Jahre hindurch, nicht nur jetzt, diese Woche. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Wir brauchen keine Wahlkampfreden hier!)
Das ist keine Wahlkampfrede! Dieser Satz ist nicht von uns gekommen – er fiel bei einer Wahlkampfveranstaltung der ÖVP!
Ich möchte noch einmal auf unsere Vorschläge zu sprechen kommen. Wir möchten Vorrang für Frauen auf dem Arbeitsmarkt – aber ernst gemeint. Wir möchten, dass die Arbeitslosigkeit ernst genommen wird mit einem Jobprogramm mit 10 000 Jobs für Frauen. Zwei Drittel davon ... (Abg. Amon: Ihr Parteivorsitzender ist auch ein Mann! – Abg. Steibl: Frauen haben Wahlfreiheit!) – Sie können sich gleich zu Wort melden. Ich verstehe, dass Sie das auch aufregt. Mich als Frau hat diese Aussage auch betroffen gemacht. Aber wenden Sie sich an Ihren Herrn Bundeskanzler und beschweren Sie sich bei ihm! (Beifall bei den Grünen.)
100 000 zusätzliche Jobs. Wir möchten, dass das AMS vermehrt Qualifizierungsmaßnahmen anbietet und damit Geld vor allem für Frauen ab 35 verwendet, die nach der Baby-„Pause“ – „Pause“ zwischen Anführungszeichen –, Baby-Karenzzeit den Wiedereinstieg nicht schaffen; das sind mittlerweile vier von zehn. Das ist eine sehr traurige Bilanz. Und wir möchten vor allem auch in der familienpolitischen Entscheidung andere Rahmenbedingungen. Wir möchten das Kindergeld neu gestalten. Wir möchten, dass es höher ausfällt und in einem kürzeren Zeitraum und vor allem ein partnerschaftliches Aufteilen der Familienarbeit ermöglicht. Das jetzige Modell bewirkt nämlich das Gegenteil. (Beifall bei den Grünen.)
Sie haben zwar die Alleinverdienerabsetzbeträge erhöht, Sie haben eine Steuerreform gemacht, davon haben aber Frauen, haben Familien, die partnerschaftlich leben wollen, nichts gehabt. Das aber ist die Zukunft, und wenn Sie das nicht berücksichtigen, dann werden Sie am 1. Oktober zu Recht die Rechnung von Menschen präsentiert bekommen, die modern leben wollen, die selbstverständlich wählen wollen, wie sie Familie gestalten, und es nicht so haben wollen, wie Sie meinen: Wahlfreiheit ist es für die Frau, dass sie zu Hause bleibt, und Verpflichtung, Zwangsverpflichtung für den Mann, dass er zu Hause bleibt.
Das ist nicht unsere Antwort – im Gegenteil! (Beifall
bei den Grünen.)
Gleiches Recht für beide, gleiche Möglichkeiten für beide! Es ist nach wie vor eine ökonomische Entscheidung, wer zu Hause bleibt. Mit unserem Karenzmodell – 80 Prozent einkommensabhängig – besteht ein sehr großer Anreiz, dass der – zwischen Anführungszeichen – „immer noch besser Verdienende“ auch die Chance hat, zu Hause zu bleiben. Das ist eine wunderbare Zeit. Ich glaube, mit 460 € ist das für Familien nicht zu schaffen.
Einkommensabhängig funktioniert das in anderen Ländern wunderbar. Manche sind da vorbildlich. Und es wäre auch mit den bestehenden finanziellen Ressourcen leistbar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem jeder Vater drei Monate in Karenz gehen würde. Bis dorthin ist es aber, glaube ich, noch ein weiter Weg. Wir wollen ein bisschen daran mitarbei-
ten, und ich hoffe, dass Sie sich am 1. Oktober und danach eines Besseren besinnen und nicht eine ganze Bevölkerungsgruppe auf Dauer vergessen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
9.12
Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Rauch-Kallat. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Sie sind am Wort.
9.13
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Glawischnig, es wird nicht wahrer, wenn Sie falsche Zahlen immer wieder wiederholen. Ein einziges Beispiel: Sie sagen, es waren 120 000 Frauen arbeitslos. Sie können nachlesen: Es waren 100 000 Frauen arbeitslos. (Abg. Öllinger: Schulungsteilnehmerinnen!) Aber auch diese 100 000 sind uns natürlich zu viel, und wir tun daher auch eine Menge, um diese Situation zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich darf festhalten: Im August 2006 waren insgesamt 1 540 000 Frauen in Beschäftigung. Das sind fast 200 000 mehr als im Jahr 1999, im letzten Jahr unter sozialdemokratischer Kanzlerschaft und sozialdemokratischen Sozial- und Arbeitsministern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Das sind ganz einfache Zahlen. Und wenn die Grünen auf ihrer Homepage und in ihrem grünen Wahlprogramm ankündigen: 10 000 Arbeitsplätze für Frauen pro Jahr mehr!, so muss ich sagen, dass das absolut kein ehrgeiziges Ziel ist, denn diese Regierung hat in den letzten sieben Jahren pro Jahr rund 30 000 Arbeitsplätze neu geschaffen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
Das sind Arbeitsplätze für Frauen, die auch im hoch qualifizierten Bereich möglich sind. Und wenn Sie immer wieder mit der Teilzeitquote kommen: Frau Abgeordnete Glawischnig, Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass mehr als 80 Prozent der Frauen diese Teilzeit auch wünschen, weil es für ihre momentane Lebenssituation die optimale Form ist. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.) Wir haben jahrelang darum gekämpft. Die ÖVP-Frauen – Marga Hubinek, Helga Rabl-Stadler, Ingrid Korosec – haben in den achtziger Jahren jahrelang hier in diesem Haus darum gekämpft, dass Teilzeit möglich ist. Die SPÖ war dagegen, auch die Grünen waren dann dagegen, um dann in einem Frauen-Volksbegehren das Recht auf Teilzeit zu verlangen und die ÖVP zu verdammen, dass sie nicht jeden Punkt dieses Frauen-Volksbegehrens unterstützt hat, weil zum Teil auch für Frauen hinderliche Maßnahmen enthalten waren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Eine ganze Reihe von für Frauen hinderlichen Maßnahmen, wie etwa, dass Sie die Einstellung von Frauen an öffentliche Förderungen binden. Sie würden damit verhindern, dass Betriebe überhaupt Frauen anstellen, und Frauen aus dem Arbeitsmarkt drängen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es wird auch nicht richtiger, wenn Sie die EU zitieren, Frau Abgeordnete Glawischnig, denn Österreich liegt mit einer Frauenarbeitslosenquote von 5,3 Prozent an sechster Stelle der EU-25, also im ersten Viertel der EU-25. (Abg. Öllinger: Wir waren schon einmal an erster Stelle!) Wir wünschten, wir wären an erster Stelle. (Abg. Öllinger: Wir waren es schon einmal!) Wir arbeiten auch hart daran, aber der EU-Durchschnitt liegt bei 9 Prozent, Frau Abgeordnete Glawischnig, und das ist fast doppelt so hoch.
Meine Damen und Herren! Österreich kann mit seiner sehr aktiven Arbeitsmarktpolitik durchaus stolz darauf sein, dass sich die Zahl der Arbeitsplätze für Frauen erhöht hat. Neben den 1,54 Millionen Frauen in unselbständiger Beschäftigung gibt es rund
100 000 Unternehmerinnen, 150 000 Bäuerinnen; von den Bäuerinnen sind fast die Hälfte bereits Betriebsführerinnen.
Die Arbeitslosenquote hat sich auch wesentlich verringert, vor allem bei den jungen Frauen bis 24 – hier ist sie gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent zurückgegangen; ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Ergebnis für junge, qualifizierte Frauen, die den Weg ins Berufsleben schaffen wollen –, und auch bei den älteren Arbeitslosen über 50 ist sie um 5 Prozent zurückgegangen.
Es hat auch eine Reihe von wesentlichen Maßnahmen gegeben, um diese positive Entwicklung voranzutreiben, etwa eine aktive Arbeitsmarktpolitik unseres Arbeits- und Wirtschaftsministers oder die Förderung der Qualifizierung von Frauen. Hier geht es uns vor allem darum, Frauen auch in besser bezahlte Berufe zu bringen, zu qualifizieren dafür, dass sie in der Lage sind, auch bessere Einkommen zu erzielen, natürlich auch mit einer entsprechenden Förderung wie Mentoring und anderes mehr. Bereits mehr als 6 000 Frauen haben sich daran beteiligt, um auch in höhere Positionen zu kommen. Gleichzeitig erfolgt aber auch die Weiterqualifizierung vor allem von Frauen während der Berufsunterbrechung oder für den Wiedereinstieg nach einer Kinderbetreuungsphase.
Ich bin bei Ihnen, dass es uns noch viel stärker gelingen muss, die Väter in die Verantwortung für die Kinderbetreuung, für die Familienarbeit zu bringen. Das ist nicht nur wichtig für die Väter selbst, sondern vor allem für die Kinder. Wir wissen aus pädagogischen, aus psychologischen Erkenntnissen, dass die Kommunikation, die Beziehung zum Vater ganz besonders wichtig ist für unsere Kinder, und wir wollen auch hier etwas verändern (Abg. Öllinger: Wo?) – aber nicht mit Zwang, sondern mit Anreizen und mit Unterstützung und Überzeugungsarbeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)
Wir betreiben aktive Arbeitsmarktpolitik auch bei der Unterstützung der Kinderbetreuung, hier vor allem auch im Wiedereingliederungsbereich, bei der Unterstützung von Unternehmen, die Wiedereinsteigerinnen oder langzeitarbeitslose Frauen nehmen, und wir haben vor allem ein umfassendes Paket, und zwar lange bevor die Diskussion öffentlich geworden ist, für Pflegeberufe geschnürt.
Wir haben ein umfassendes Angebot für Pflegehelferinnen, für Heimhelferinnen, bis hin zur Weiterqualifizierung auf dem Arbeitsmarkt zur diplomierten Schwester, damit wir in der Lage sind, den Bedarf an diplomiertem Pflegepersonal aus Eigenem abdecken zu können, und das lange, bevor die Diskussion öffentlich geworden ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)
Es gibt ein umfassendes Frauenförderpaket im Bundesdienst und in den Landesdiensten, Frauenförderpläne in allen Bundesministerien. Bis 1999 hat es keinen einzigen gegeben. Frauenförderpläne in den Sozialversicherungen wurden von sozialdemokratischen SozialministerInnen immer übersehen – in der Zwischenzeit gibt es das in allen.
Wir haben eine Novelle zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz beschlossen und vor allem mit dem Cross Mentoring im Bundes- und im Landesdienst und jetzt auch in den nachgeordneten Dienststellen dafür gesorgt, dass der Anteil an Frauen in den führenden Positionen wesentlich gestiegen ist.
Es ist etwas einfach, Frau Abgeordnete Glawischnig, wenn Sie ein Ministerium herausgreifen und alle anderen Ministerien, in denen es weitaus mehr Sektionschefinnen, Abteilungsleiterinnen als im Jahr 1999 gibt, und zwar zum Teil schon bis zu 40 Prozent (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ), schlicht und einfach unter den Tisch fallen lassen. Da ist man auf einem Auge blind, offensichtlich auf dem linken Auge. (Abg. Sburny: Ist Gleichberechtigung links?)
Lassen Sie mich ganz kurz noch zu einem Ausblick kommen. Es
geht uns vor allem darum, die Einkommensschere zu schließen. Da treffen
sich unsere Bemühungen, Frau Abgeordnete Glawischnig, denn es ist
untragbar – und da bin ich Ihrer Meinung und wahrscheinlich auch der
Meinung aller anderen Frauen in diesem Haus –, dass es immer noch Einkommensunterschiede
gibt – aber nicht die von Ihnen genannten 30 Prozent, sondern
die Einkommensschere hat sich in diesen sieben Jahren laut Eurostat von 21 auf
18 Prozent geschlossen; Sie können das ja gerne nachlesen. Ich
weiß aber, dass Sie das nicht gerne hören. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen –
BZÖ.)
Das heißt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber es ist immer noch um 18 Prozent zu viel. Daher werden wir alle Maßnahmen, die nur irgendwie möglich sind, auch setzen, um diese Einkommensschere zu schließen. Das beginnt einerseits beim Berufseinstieg, bei der Ermutigung von jungen Mädchen und Frauen, auch ungewöhnliche Berufe zu wählen, bei der Berufsunterbrechung und der Qualifizierung in dieser Frage und beim Berufsausstieg. In diesem Bereich werden sich unsere Maßnahmen entsprechend bewegen, insbesondere auch was die Berufsunterbrechung, die Kinderbetreuung und die Karenzzeit anlangt. Auch hier gibt es sicher noch eine Verbesserung des bestehenden Modells.
Das, was mich sehr stört – und damit auch
ein Wort zur Diskussion, die Sie angeführt haben –, ist, dass
Sie immer nur mit einem Auge sehen oder dass Sie mit zweierlei Maß
messen. Alles, was links ist, ist gut, und alles, was bürgerlich ist, ist
schlecht. Und wenn die SPÖ-Frauen und die Grünen-Frauen meinen, dass
sie einen Alleinvertretungsanspruch haben – zumindest die
SPÖ-Frauen haben einen solchen ja einmal erhoben –, beleidigen
sie damit Generationen von Frauenpolitikerinnen aus allen Parteien, die
seit viel mehr als 60 Jahren hier in diesem Haus für die Sache der
Frauen arbeiten! (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Noch ein letztes Wort, Frau Abgeordnete Glawischnig: Wenn
Sie die Aussagen von Dr. Wolfgang Schüssel bewusst missverstehen
wollen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Eine
Entschuldigung ist fällig!), bewusst missinterpretieren wollen, dann,
liebe Frau Glawischnig, würde ich einmal in die eigenen Reihen schauen. Da
hat es nämlich unmissverständliche –
unmissverständliche! – sexistische Bemerkungen gegen eine ÖVP-Ministerin
gegeben, gegen Frau Bundesministerin Gehrer. Da würde ich an Ihrer Stelle
lieber vor Ihrer eigenen Türe kehren.
Bundeskanzler Dr. Schüssel ist erhaben über jeden Verdacht
von Sexismus! (Anhaltender Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
9.24
Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit aller weiteren Teilnehmer in der Aktuellen Stunde beträgt 5 Minuten.
Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Abgeordnete Marek. 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.
9.24
Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen dieses T-Shirt zeigen. (Auf diesem ist das Gesicht von Bundesministerin Gehrer aufgedruckt; „Budern statt sudern“ und „Oral statt Moral“ ist auf dem T-Shirt zu lesen.) Das ist das Selbstverständnis der Grünen! So viel zum Sexismus, zu dieser Sexismus-Keule. (Abg. Sburny: Das hat die Frau Gehrer gesagt? – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)
Meine Damen und Herren von den Grünen und liebe Eva Glawischnig! Herr Kollege Öllinger hat grinsend in der Zeitung damit posiert mit Frau Ringler – also ich glaube, ihr
braucht euch nicht
zu Moral-Aposteln aufzuschwingen, wenn ihr so etwas über eine
ÖVP-Ministerin sagt! Ich glaube, das disqualifiziert sich von selbst, und
euer Wahlkampfgetöse ist damit auch nichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen –
BZÖ.)
Übrigens wird dieses T-Shirt nach wie vor auf der Homepage der Grünen verkauft. (Pfui-Rufe bei der ÖVP.) Wir haben uns das extra angesehen. So viel zum Sexismus, meine Damen und Herren. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)
Aber ich möchte jetzt wieder zur Sachpolitik
zurückkommen. Das ist nämlich das, was unseren Wahlkampf
auszeichnet – im Gegensatz zur Inhaltslosigkeit bei den anderen
Parteien, der SPÖ und den Grünen. Ich möchte festhalten, Eva
Glawischnig, und das wird auch durch deine Zahlenspielereien nicht anders: Noch
nie zuvor hatten so viele Frauen in Österreich einen Job, wie das heute
der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen – BZÖ.) Es sind mit August dieses
Jahres ganz genau 1 539 698 gewesen, und das sind um 27 000 mehr
als vor einem Jahr. Das ist eine Zahl, die man sehr wohl herzeigen kann und die
den Frauen in diesem Land beweist, welche Arbeitsmarktpolitik die ÖVP
unter Wolfgang Schüssel macht. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Die Arbeitslosigkeit der Frauen ist gleichzeitig zurückgegangen. Es sind heute um 7 000 Frauen weniger als im Vorjahr als arbeitslos und Arbeit suchend gemeldet. – Wieder einmal ein Beweis dafür, dass die Grünen und die SPÖ Ängste schüren und mit gezielten Unwahrheiten – und das ist das, was ich so verurteile – hier Ängste schüren und Unsicherheit erzeugen.
Herr Kollege Gusenbauer – heute im „Kurier“ nachzulesen – betont, dass garantiert keine Abschläge bei Pensionen vorgenommen werden; tausendprozentig, meint er auf Nachfrage. – So viel zur Seriosität dieser Politik und der Versprechungen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Molterer: Minus 70 Prozent bei der Gewerkschaft!)
Ich glaube, wir können beweisen, dass wir konsequent und gezielt Maßnahmen gesetzt haben, die gerade den Frauen in diesem Land geholfen haben (Abg. Öllinger: Pensionsreform!): mit der Beschäftigungsoffensive des AMS von 285 Millionen €, 100 Millionen € gerade für die Förderung der Frauen-Wiedereinstiegshilfe. Eva Glawischnig, gerade den Wiedereinsteigerinnen – und das betrifft natürlich auch die Alleinerzieherinnen, wie ich selbst eine bin – hilft das ganz wesentlich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich glaube, Sie sind ein bisschen privilegierter, was die Alleinerziehung betrifft!) 100 Millionen sind ein wirklich großer Betrag, und mehr als die Hälfte der AMS-Mittel kommen den Frauen zugute. Ich glaube, darauf müssen wir immer wieder hinweisen.
Wir haben einen AMS-Schwerpunkt für die Gleichstellung der Frauen gesetzt. Wir setzen Maßnahmen dort, wo ihr immer nur schimpft und lamentiert, dass alles so schlecht ist. Wir machen es besser, und wir beweisen, dass wir es besser machen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Wir haben wichtige Initiativen gesetzt in den letzten zwei Legislaturperioden, in der aktuellen und der vorangegangenen. Das Kinderbetreuungsgeld etwa ist ein echter Meilenstein. Ein Vielfaches der Zuverdienstgrenze ist heute möglich im Vergleich zum De-facto-Beschäftigungsverbot bei Bezug des Karenzgeldes, wie es früher der Fall war. (Abg. Krainer: Das ist falsch!) Ein wichtiger Schritt, um im Beruf bleiben zu können und um Qualifikationsverluste und das riesige Problem beim Wiedereinstieg zu vermeiden, aber ich glaube, auch da werden wir in Zukunft die Dinge weiterentwickeln. Wir kennen jetzt die Ergebnisse der Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes, und wir werden auf diesem Weg weitergehen. Wir werden uns die Zuverdienstgrenze beim Kinder-
betreuungsgeld näher anschauen und eine flexiblere Handhabung im Sinne der Betroffenen ins Auge fassen.
Wir haben es ja seinerzeit beschlossen und wissen jetzt, dass das der richtige Weg ist – und wir gehen auf diesem Weg weiter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Noch ein Wort zur Teilzeit. Diese wird immer so verteufelt.
Wir haben das Recht auf Elternteilzeit eingeführt, etwas, was
Rot-Grün immer gefordert hat. Wir haben es gemacht, auch wenn ihr
jetzt darüber schimpft. Wir wissen, im August waren 4 000 Teilzeitjobs
von der Wirtschaft als offen gemeldet, aber 28 000 Frauen und
Männer waren einen Teilzeitjob suchend gemeldet! Da kann man bitte nicht
sagen, dass wir die Frauen in den Teilzeitjob zurück- oder
hineindrängen. Wir wissen, das wird explizit gesucht, und es ist ein
wichtiges Kriterium dafür, dass viele Frauen überhaupt erst in ein Beschäftigungsverhältnis
kommen, meine Damen und Herren. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Elisabeth Gehrer hat 80 000 Plätze für
Nachmittagsbetreuung geschaffen. Frau Präsidentin Prammer sagt in der
SPÖ-Zeitung, dass nur 9 000 Kinderbetreuungsplätze dazugekommen
sind. Ich weiß nicht, wohin Sie geschaut haben.
80 000 Nachmittagsbetreuungsplätze wurden von Elisabeth
Gehrer geschaffen! – Das und vieles mehr sind Beweise für den
Erfolgsweg dieser Bundesregierung – und wir werden diesen Weg
weitergehen. (Beifall und Bravorufe bei
der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
9.29
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
9.30
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! (Die Rednerin stellt eine Broschüre mit der Aufschrift „ABC der Frauenpolitik“ auf das Rednerpult.) Zahlen, Daten und Fakten werden auch dann nicht wahrer, wenn sie eine Ministerin falsch interpretiert. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich kann das Kompliment zurückgeben, Frau Bundesministerin! Das ist ÖVP-Interpretation einer leider völlig anderen Realität als der, die die Frauen in Österreich vorfinden. (Abg. Großruck – auf eine Anstecknadel an der Jacke der Rednerin mit der Aufschrift „Achtung! Linke Emanze!“ deutend –: Was haben Sie da oben picken? Können Sie das vorlesen?) Und nicht nur die Opposition, meine Damen und Herren hier im Hohen Haus, wirft dieser Bundesregierung vor, dass sie kein Gesamtkonzept hat, was Fragen der Verteilung zwischen Frauen und Männern anbelangt, was Fragen der Gleichbehandlung anbelangt, sondern auch Politologinnen, Expertinnen werfen dieser Bundesregierung vor, dass sie nicht darauf schaut, dass sie keine Politik der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern betreibt, dass diese nicht stattgefunden hat. Und sogar ÖVP-Frau Ingrid Korosec sagt: Es gibt einen Stillstand in der Frauenpolitik.
Das heißt, diese Situation der Frauen in Österreich ist wahrlich kein Anlass zum Jubeln. Es ist nicht alles gut, so wie Sie das ständig darzustellen versuchen! (Abg. Großruck: Aber fast alles!) Es ist ein Arbeitsauftrag für die Zukunft. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sagt ja kein Mensch! Aber es ist ...!) Aber genau daran scheitert es. Ich höre von Ihnen nie, welche Zukunftspläne Sie für dieses Land haben, was Sie im Sozialbereich zu verbessern gedenken, was Sie im Bildungsbereich tun möchten, was Sie im Gesundheitsbereich vorhaben. Es heißt immer nur: Unseren Kanzler und was er kann und weil er es kann – und alles ist gut! (Rufe bei der ÖVP: Richtig! Bravo! – Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Das ist zu wenig. Die Leute haben es satt! Sie wollen Inhalte und Programme! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Würden Sie wirklich eine innovative und moderne Wirtschaftspolitik machen, würden Sie auch darauf schauen, dass viel mehr Frauen Vollzeitarbeitsplätze haben, und Sie würden die Frauen fördern, dass sie gutes Geld verdienen, um eigenständig leben zu können. Sie brüsten sich damit, dass die Teilzeitjobs boomen, Jobs, von denen Frauen aber nicht leben können. Das sind wirklich zugeschnittene Arbeitsplätze für Frauen, damit sie abhängig bleiben.
Und es ist auch kein Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Frauenpolitik allein. Haben Sie das immer noch nicht erkannt? Das ist ein Thema der Politik, der Wirtschaft und letztlich auch der Unternehmen, die sich alle miteinander Gedanken machen müssen, wie es den Frauen in diesem Land gut gehen kann, denn wir können auf die Talente und Fähigkeiten der Frauen in diesem Land sicher nicht verzichten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)
Wenn einem Bundeskanzler wie diesem eine Äußerung
auskommt – oder auch nicht –, ist das meiner Meinung nach
kein Zufall, sondern eine Grundhaltung, eine Grundeinstellung. So etwas
passiert einem Bundeskanzler nicht! (Abg.
Dr. Brinek: Was ist dem Voves
passiert? Was war mit dem Herrn Voves in der Steiermark?) Es geht ihm das
eine Mal um die Internet-Generation – Sie erinnern sich an die Aussagen
damals! –, das andere Mal geht es ihm um homosexuelle
Menschen – Sie erinnern sich an seine Aussagen! –, das
dritte Mal ist es um den Präsidenten der Deutschen Bundesbank gegangen,
jetzt ist es um die Frauen gegangen! (Abg.
Grillitsch: Was hat der Herr Voves
gesagt?)
Wenn Bundeskanzler Schüssel sagt, wäre er ein Linker, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann würde die ganze Emanzentruppe vor ihm „flach liegen“, dann heißt das in der Schüssel-Sprache nichts anderes als: Ich bin ein Rechter und ich erwarte mir: Unterwürfigkeit, Dankbarkeit und bedingungslosen Gehorsam! (Abg. Steibl: Das ist eine totale Unterstellung!) Das ist uminterpretiert in Schüssel-Sprache! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Vielleicht hat er aber 600 ÖVP-Frauen auf dem Bundeskongress davon überzeugt, dass sie, von so viel Anerkennung überwältigt, auf dem Boden flach liegen sollen. (Zwischenruf des Abg. Schöls.) Emanzipierte Frauen, die für Gleichstellung eintreten, überzeugt das keinesfalls! Das kann ich Ihnen auch sagen. (Beifall bei der SPÖ.)
Besonders verwerflich finde ich: Flach liegen, flachlegen! Sie wissen, wie man das auch uminterpretieren kann. (Abg. Steibl: Und was hat Voves gesagt?) Besonders verwerflich finde ich, dass ein Kollege der ÖVP-Fraktion, der zurücktreten musste, weil er gewalttätig gegen seine Frau geworden ist, noch immer hier in diesem Hause sitzt. Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wissen Sie, wir reden mit den Arbeiterinnen in den Betrieben. (Abg. Dr. Fekter: Wir sind nicht so frustriert!) Wir reden mit den Lehrerinnen in den Schulen. Wir reden mit Unternehmerinnen. Wir reden mit Frauen, die im Pflegebereich tätig sind, wir reden mit Ärztinnen. Wir wissen, was diese Frauen brauchen. Wir haben auch die Programme dazu. (Abg. Steibl: Na so etwas! Ihr jammert ja nur!) – Kollegin Steibl, je lauter Sie sind, desto nervöser sind Sie. Ich kenne Sie schon! (Abg. Dr. Brinek: Keine Ahnung!) Wir reden mit Künstlerinnen, wir reden mit allen Gruppen aus der Bevölkerung. (Abg. Scheibner: Na, was sagen denn die?) Wir reden in Augenhöhe mit den Leuten. Wir wollen niemanden flach auf dem Boden liegen sehen. Mit einem sozialdemokratischen Bundeskanzler kann man das nämlich auf gleicher Höhe diskutieren! Merken Sie sich das! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir behandeln Frauen und Männer gleichermaßen mit Respekt! (Abg. Steibl: Na, so etwas!) Ich darf zum Abschluss Johanna Dohnal zitieren (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) – das ist mein Schlusssatz, Herr Präsident! –, die dazu meint:
„Als Mitglied der Emanzengruppe teile ich Ihnen mit,“ – nämlich dem Herrn Bundeskanzler – „dass ich Ihren Wunsch, vor Ihnen flach zu liegen, keinesfalls erfüllen könnte. Sie sind mir zu klein, daher ist mir das zu tief.“ (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das ist aber auch tief! Das ist wie Voves! – Abg. Dr. Jarolim: Ein genialer Schlusssatz! Aus dem Herzen gesprochen!)
9.35
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. 5 Minuten. – Bitte.
9.35
Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Glawischnig, Sie haben in Ihrer Rede gemeint, dass Frauenanliegen ernst genommen werden sollen, und auch Frau Heinisch-Hosek hat jetzt gerade angeführt, dass sie sich als die Anwältin der Frauen fühlt. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!)
Ich kann Ihnen sagen, wie es aussieht, wenn Sie wirklich wo mitsprechen können – und da gehe ich ganz hinunter auf die Ebene der Kommunalpolitik –: Im Innviertel, in meiner Heimatgemeinde, wurde von den Grünen und von der SPÖ der Frauenausschuss abgeschafft. (Rufe bei der ÖVP: He! Oh! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) Genau das Gremium also, in dem man ganz konkret für Frauen Arbeiten verrichten kann! Sie reden nur hier im Hohen Haus, halten Sonntagsreden, und wenn es um konkrete Arbeiten für Frauen geht, dann sagen Sie, dass Sie dafür nicht arbeiten wollen, und ziehen sich aus Ihrer Verantwortung zurück. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)
Sie werden es nicht schaffen, die erfolgreiche Frauenpolitik dieser Bundesregierung schlechtzumachen, denn die Fakten, Taten und Zahlen, auch wenn Sie diese nicht wahrhaben wollen, sprechen für uns. Die Frauenerwerbsquote kann man nicht wegdiskutieren. Wir sind hier im Spitzenfeld der Europäischen Union – noch vor den skandinavischen Ländern. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist so etwas von einem Blödsinn!) Ganz erfreulich ist, dass die Arbeitslosigkeit der Frauen gesunken ist. Wir hatten gegenüber dem Vorjahr im August 7 000 arbeitslose Frauen weniger zu verzeichnen.
Das heißt: Erste Erfolge auf Grund der
Beschäftigungsoffensive, die diese Bundesregierung gesetzt hat.
Über 100 Millionen € wurden für Qualifizierung und
Wiedereinstieg für Frauen zur Verfügung gestellt. Wir sehen, das
wirkt, und wir sehen, dass auch Erfolge verzeichnet werden. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek – ein Schriftstück in die
Höhe haltend –: Quelle: AMS!)
Wir haben aber in den letzten Jahren auch in vielen anderen Bereichen für Frauen vieles erreicht. Ich erinnere nur an die Umsetzung des Stalking-Gesetzes, wobei Psychoterror jetzt für Frauen endlich wirklich verfolgbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir haben erreicht, dass verstärkte Förderungen für Frauen im Wissenschaftsbereich, im Sport, aber auch in Forschung und Entwicklung durchgesetzt wurden. Ganz besonders freut mich, dass es durch die Aufhebung des Berufsverbotes beim Kinderbetreuungsgeld endlich auch keine Zwei-Klassen-Frauen mehr gibt. Das heißt: Alle Frauen – egal, ob sie vorher berufstätig waren oder nicht – erhalten ein Kinderbetreuungsgeld, die Wahlfreiheit wird dadurch vergrößert und es herrscht kein Berufsverbot mehr.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind auch stolz darauf, dass das Recht auf Elternteilzeit durchgesetzt wurde. Gerade Rot und Grün haben immer gefordert, dass es eine Teilzeitarbeit geben muss. Sobald es eingeführt wurde, waren Sie grundsätzlich
dagegen. Ich kann Ihnen ganz klar sagen und mittels Studien beweisen, dass 94 Prozent der Frauen, die in Teilzeitjobs tätig sind, freiwillig in Teilzeitjobs sind (Abg. Silhavy: Sie haben der Ministerin nicht zugehört! Die hat etwas anderes gesagt!) und sehr froh sind, dass sie dadurch die Möglichkeit haben, Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Ein wichtiger Bereich, der sehr erfolgreich umgesetzt wurde, ist die eigenständige Alterssicherung. Auch da sind wir sehr froh, dass Frauen dadurch geholfen wird, in Zukunft eigenständig Pensionen zu erhalten, denn gerade Frauen, die viel gearbeitet haben, die sich viel für die Familie eingesetzt haben, haben heute sehr kleine oder gar keine Pensionen. Mit der neuen Pensionsharmonisierung braucht man nur mehr sieben Erwerbsjahre und kann auch Kindererziehung für eine Pension heranziehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben auch für die Zukunft sehr ambitionierte Ziele: Wir fordern die Verbesserung und Optimierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine Gleichstellung der Frauen im Berufsleben. Da fordere ich auch ganz besonders die Gewerkschaften auf, Frau Kollegin Csörgits! Schauen Sie, dass die Kollektivverträge besser verhandelt werden! Schauen Sie auch, dass es Kollektivverträge für Frauenberufe gibt, in denen es heute noch keine Kollektivverträge gibt!
Das heißt, unser Ziel für die Zukunft ist: gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes, eine flexiblere Einrichtung für Kinderbetreuung und die Absetzung der Kosten.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Politik des BZÖ für Frauen orientiert sich nicht an ideologischen Zielen. Wir jammern nicht (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), sondern wir übernehmen Verantwortung und suchen Lösungen für die Frauen dort, wo solche wirklich notwendig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
9.41
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
9.41
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Verehrte Frau Kollegin Achleitner, Sie haben gesagt, dass die Teilnahme der Frauen am Arbeitsmarkt in Österreich höher sei als in skandinavischen Ländern – die so genannte Erwerbsquote. Wie soll ich sagen? Statistik ist immer interpretierbar. Sie haben nicht berücksichtigt, dass in der Erwerbsquote, die Sie zitieren, Teilzeitbeschäftigte genauso enthalten sind wie Frauen, die einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen.
Bezüglich der 94 Prozent der Frauen, die angeblich mit Teilzeit einverstanden sind: Diese Studie zeigen Sie mir einmal bitte! (Beifall bei den Grünen.) Ich würde von Ihnen persönlich nicht annehmen, dass Sie, wenn eine Frau Sie um Rat fragt: Soll ich auf Dauer einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen?, ihr das raten würden, wohl wissend, dass Frauen in Teilzeitbeschäftigungen weniger Chance auf Weiterbildung und Ausbildung im Betrieb haben. Das geht in der Regel an jene Personen, die vollzeitbeschäftigt sind. Frauen in Teilzeitbeschäftigung sind daher aus einer Vielzahl von Gründen nicht gleichermaßen in Karrierepositionen, in der Aufstiegsleiter sozusagen, und sie werden das drittens in der Pension maßgeblich spüren, wenn sie längere Zeit Teilzeit beschäftigt sind.
Das werden Sie doch, wenn Sie ehrlich sind, einer Frau, die Sie um Rat fragt, sagen! Sie können daher mit Sicherheit nicht davon ausgehen, dass 94 Prozent, wenn Sie sich über die Folgen einer längeren Teilzeitbeschäftigung im Klaren sind, damit voll zufrieden sind. Das glaube ich Ihnen nicht. (Beifall bei den Grünen.)
Meine Damen und Herren von der ÖVP und dem BZÖ, im „profil“ von Ende August war ein Artikel über die Bilanz in der Frauenpolitik. Der Titel lautete:
„Familienpolitik ging der Regierung vor Frauenpolitik, die Anreize für den Berufsausstieg wurden verstärkt. Babyfalle und Lohngefälle sind größer geworden.“
„‚Politik der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern hat nicht stattgefunden‘, analysiert die Politologin Sieglinde Rosenberger.“
Sieglinde Rosenberger ist Professorin an der Universität Wien, eine der ganz wenigen Frauen, die es geschafft haben, nicht nur zu studieren und nicht nur die Assistentenlaufbahn et cetera zu durchlaufen, sondern Professorin zu werden – eine der ganz wenigen.
Gudrun Biffl, eine der ganz wenigen Frauen, die es geschafft haben, in Spitzenpositionen der Wirtschaftsforschung aufzusteigen, tätig am Wirtschaftsforschungsinstitut, Gudrun Biffl sagt über das Kindergeld:
Es „animierte viele Frauen zum längeren Berufsausstieg, der Einstieg erfolgte oft nur auf Teilzeitjobs, und der erhöhte Alleinverdienerabsetzbetrag förderte zusätzlich das Hausfrauendasein. Biffls Fazit: ‚Das Zuhausebleiben wird zu stark subventioniert.‘“
Meine Damen und Herren! Das sind nicht ideologische Fragen, hätte ich gedacht! Frau Familien- oder Frauenministerin? – Frauenministerin! Sie kommen gleich mit links/rechts, wenn es um die Gleichbehandlung und die gleichen Chancen der Frauen am Arbeitsmarkt geht. Da kommen Sie mit diesem Links-Rechts-Geschwafel? Ich hätte gedacht, dass wenigstens in diesem Punkt Übereinstimmung herrscht, dass das keine Frage von links/rechts ist, sondern einfach höchst an der Zeit, dass wir die Talente der Frauen genauso nutzen, genauso entwickeln, wie jene der Männer. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Sicher brauchen wir zum Beispiel eine Reform des Kindergeldes, eine Reform, die sicherstellt, dass die Frauen erstens nicht so lange vom Arbeitsmarkt verdrängt werden – und das setzt zweitens voraus, dass die Männer starke Anreize erhalten, sich zu gleichen Teilen an der Kinderbetreuung zu beteiligen. (Abg. Steibl: Sie wollen den Kündigungsschutz ausweiten! Wie passt denn das zusammen?) Das kann man doch machen! Wenn Sie das aber nicht wollen, wenn Sie das als linke, verabscheuungswürdige Politik ansehen, dass Frauen am Arbeitsmarkt gleiche Chancen haben sollen, dann kann ich das nur zur Kenntnis nehmen – allerdings mit großem Bedauern! Ich hoffe, dass die WählerInnen das auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Grünen.)
Natürlich brauchen wir Änderungen bei den Kindergärten und an den Schulen. Bei den Kindergärten geht es um die Zahl der Betreuungsplätze, die Qualität der Betreuung und die Frage der Öffnungszeiten, vor allem am Nachmittag und am frühen Abend. Bei den Schulen braucht es eine stärkere Betonung nicht nur der Nachmittagsbetreuung, meine Damen und Herren von der ÖVP, sondern echte Ganztagsschulen, die ein pädagogisches Konzept haben – im Gegensatz zur Nachmittagsbetreuung. (Beifall bei den Grünen.)
Das muss ja nicht unbedingt flächendeckend sein, aber es muss ein ausreichend großes Angebot sein, damit eine tatsächliche Wahlfreiheit existiert. (Abg. Dr. Fasslabend: Das will niemand! Genau um das geht es!) Bei den Kindergärten speziell ist Österreich im europaweiten Vergleich Nachzügler, Herr Kollege Fasslabend von der ÖVP! (Abg. Dr. Fasslabend: Schauen Sie nach Niederösterreich! In Wien vielleicht! In Niederösterreich nicht!) Erst bei den Fünfjährigen erreichen wir den Durchschnitt der EU-15, sozusagen der entwickelten Industriestaaten der EU (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), bei den Drei- und Vierjährigen liegen wir deutlich darunter.
Da sind Reformen angesagt. Österreich kann und darf es sich nicht leisten, die Diskriminierung der Frauen am Arbeitsmarkt weiter beizubehalten! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
9.46
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
9.46
Abgeordnete
Barbara Riener (ÖVP):
Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes
Haus! Eingangs sei mir gestattet, etwas anzumerken: Werte Kollegin
Heinisch-Hosek, wenn Sie kritisieren, so etwas dürfe einem Bundeskanzler
nicht passieren, dann sagen Sie das bitte auch dem Landeshauptmann Voves, was
ihm nicht passieren darf! (Beifall bei
der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich schätze einen ... (Abg. Öllinger: Er hat sich entschuldigt!) – Heute in der Zeitung, Herr Kollege Öllinger, steht wieder etwas anderes: Er hat es wiederholt. – So viel dazu. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Trotzdem kann sich Wolfgang Schüssel entschuldigen! Soll sich Wolfgang Schüssel nicht entschuldigen?)
Weil Sie, werte Kollegin Glawischnig, den öffentlichen Dienst angeführt haben, darf ich Ihnen den öffentlichen Dienst präsentieren: Wir stehen im öffentlichen Dienst nicht schlecht da, wenn Sie den Landesdienst dazurechnen, es ist nicht nur der Bundesdienst. Insgesamt hat sich der Frauenanteil im Bundesdienst in den letzten Jahren um 2,1 Prozent erhöht. Ich erkläre Ihnen, was das bedeutet: nämlich auf 38 Prozent! (Beifall bei der ÖVP.) Der stärkste Anstieg ist bei den Richterinnen und Staatsanwältinnen zu verzeichnen, nämlich von 29,5 auf 41,8 Prozent. Und die Akademikerinnen gesamt sind von 38,1 Prozent – und lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen! – auf 50,3 Prozent gestiegen.
Sie wissen, dass im Bundesdienst eingespart wird. Wenn man das berücksichtigt, bedeutet es, dass derzeit fast nur Frauen in diesem Bereich in den Bundesdienst aufgenommen werden, und ich bin stolz darauf, dass es so ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Na bravo!)
Die Frauenförderpläne und das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz zeigen ihre Wirkung. Ich bin dankbar, dass es inzwischen in allen Ministerien, in allen Universitäten Frauenförderpläne gibt. Vor allem bin ich der Frau Bundesministerin dankbar, denn zwei Universitäten haben sich doch noch ein bisschen dagegen gesperrt, aber letztendlich haben es auch diese durch Ihr Drängen geschafft, einen Frauenförderplan zustande zu bringen.
Ich möchte auch Gender Mainstreaming erwähnen, ich möchte das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz erwähnen, wo wieder Verbesserungen für Frauen drinnen sind, ich möchte die Aus- und Weiterbildung erwähnen, wo Frauen lernen, ihre Chancen wahrzunehmen, und ich möchte Elternkarenz und Wiedereinstiegsseminare erwähnen. Letztendlich möchte ich auch auf das von Bundesministerin Maria Rauch-Kallat initiierte Orientierungsseminar allgemein – im Mutter-Kind-Pass ist ein Gutschein drinnen – hinweisen, das Frauen eine Hilfe geben soll, ihre Planung für den Wiedereinstieg, den Umgang mit den Vertretungszeiten in der Karenz und Fortbildungen zu gestalten. Und ich möchte auch die Möglichkeit von Teilzeitarbeit und die Förderung von Telearbeit erwähnen.
Ein wesentliches Projekt – und ich denke, das ist auch für die Frauenentwicklung in höhere Positionen ganz wichtig – ist das Projekt Mentoring.
Letztendlich ist es so, dass dieses Projekt Mentoring bereits bund- und länderübergreifend läuft – Cross-Mentoring –, das heißt, es gibt eigene Folgeprojekte, das Projekt hat
Nachwuchs bekommen, und das ist ja schön. Es gibt Business-Mentoring, es gibt die Business-Mentoring-Messe.
Nur ganz kurz: Cross-Mentoring soll die beruflichen Potentiale der Frauen dem Dienstgeber sichtbar machen, und das ist letztendlich wesentlich, weil wir Frauen die Seilschaften, die teilweise bei den Männern bestehen, nicht haben. Es sollen auch die Frauennetzwerke gefördert und so Frauen in Führungspositionen etabliert werden, aber auch Frauen in allen Hierarchieebenen ermutigt werden, sich einzubringen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Steiermark einiges an Umsetzung für die Frauen bereits gelaufen ist. In den Führungsebenen gibt es bereits 40 Referatsleiterinnen, eine Bezirkshauptfrau – das ist eine Frau der ÖVP –, und 19 Abteilungsleiterinnen beziehungsweise Fachabteilungsleiterinnen von 47 sind in den Führungsebenen, elf davon in Teilzeit.
Apropos Teilzeit: Es gibt das Projekt „Führen in Teilzeit“, um es Frauen zu ermöglichen, auch in Teilzeit Führungsaufgaben zu übernehmen, und wir haben ein Telearbeitsprojekt. Dieses Telearbeitsprojekt steht aber möglicherweise vor dem Aus. Zuständig dafür ist Landeshauptmann Franz Voves, und dieser hat kein Geld dafür veranschlagt. (Abg. Steibl: Schon wieder!) Ich hoffe, dass er sich doch noch besinnt und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ernst nimmt, dass die SPÖ nicht nur Wasser predigt und Wein trinkt.
Die ÖVP mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel übernimmt Verantwortung. Wir sind für Frauen da, nachlesbar auf der Homepage. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die ÖVP hat ein umfangreiches Programm. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Wir sind für Frauen da, weil wir Frauen zuhören, und am 1. Oktober wird das bewiesen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
9.52
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich
nunmehr Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. Ihre Redezeit beträgt
diesmal 5 Minuten. – Bitte. (Abg.
Dr. Glawischnig-Piesczek:
Wo ist denn der Herr Bundeskanzler? Der lässt Sie ganz alleine! Ich finde
das nicht in Ordnung!)
9.52
Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr
Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich vielleicht gleich auf die
Ausführungen des Herrn Abgeordneten Van der Bellen
eingehen. Herr Klubobmann, ich gebe Ihnen nicht Recht, was die
Teilzeitbeschäftigung und die Weiterqualifizierung anlangt. Aus der
Lebenssituation von Frauen wissen wir, dass gerade in einer
Teilzeitbeschäftigung die Weiterqualifizierung viel eher möglich
ist als in einer Vollzeitbeschäftigung mit familiären Verpflichtungen.
(Abg. Sburny: In der Freizeit!)
Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, dass Arbeitsmarktpolitik für Frauen nicht zwangsläufig etwas mit links oder rechts zu tun hat. Ich gebe Ihnen aber nicht Recht, wenn Sie nicht sehen, dass Arbeitsmarktpolitik sehr eng mit Wirtschaftspolitik verknüpft ist und Wirtschaftspolitik sehr wohl etwas mit links oder rechts zu tun hat. (Abg. Sburny: Wo leben Sie denn?) Wenn ich mir anschaue, wie Deutschland nach sieben Jahren rot-grüner Regierung – links-links – dasteht – 4 Millionen Arbeitslose, ein blühendes Land sozusagen zum Abstieg gebracht – und wie Österreich nach sieben Jahren Bundeskanzler Schüssel aufgeblüht ist und eine gute Situation weltweit hat (Abg. Scheibner: Na, ganz allein hat er das nicht gemacht!), dann kann ich Ihnen nur sagen, den Unterschied möchte ich schon sehen: linke Wirtschaftspolitik gegen bürgerliche Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)
Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek, Sie haben gesagt: Wir reden mit den Beschäftigten, mit den Bürgern, mit den Bäuerinnen – die haben Sie übrigens nicht erwähnt! –, wir reden mit den Künstlerinnen, wir reden mit den Frauen. – Ja, glauben Sie, wir tun das nicht?! (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, das glaube ich!) Wir haben 60 000 ÖVP-Frauen in ganz Österreich in mehr als 2 000 Ortsgruppen, die sehr wohl nicht nur in Wahlzeiten, sondern auch in allen Zeiten dazwischen mit den Frauen reden und tatsächlich das erheben, was die Frauen wirklich brauchen und was sie sich wünschen. Und der Unterschied zu Ihnen ist, wir reden nicht nur, wir handeln, Frau Abgeordnete. Das ist der Unterschied. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Heinisch-Hosek: Ja, ja!)
Wir jammern nicht, wir setzen tatsächlich etwas um. Wir handeln für die Frauen in unserem Land!
Lassen Sie mich auf einen Aspekt eingehen: Wir wünschen uns für die Frauen in Österreich ein selbstbestimmtes, ein eigenständiges und wirtschaftlich unabhängiges Leben (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wünschen sich ...!), das auch die Wahlfreiheit beinhaltet. Auch wenn Johanna Dohnal meint, die Frau Minister Rauch-Kallat wüsste nicht einmal, was selbstbestimmt heißt (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist eine Frechheit!), kann ich das nur unter die übliche Überheblichkeit einordnen, die die SPÖ-Frauen in den letzten Jahren entwickelt haben. Ich habe mit Johanna Dohnal vor 15 Jahren ganz gut zusammengearbeitet – noch in einer rot-schwarzen Regierung.
Eine Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben in Wahlfreiheit ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit und der Schutz vor Armut. Ich erinnere daran, was die SPÖ aufgeführt hat, als es darum ging, das Kinderbetreuungsgeld für alle einzuführen. Es war nicht möglich in der Regierung mit der SPÖ! (Zwischenruf der Abg. Bures.) Erst diese Regierung hat es zustande gebracht, dass es jetzt Kinderbetreuungsgeld für alle – auch für Studentinnen, für Schülerinnen, für Hausfrauen und für Bäuerinnen und Gewerbetreibende – gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Das war das größte Armutsbekämpfungsprogramm der Zweiten Republik. Und wissen Sie, was Ihre Familiensprecherin Mertel damals gesagt hat? – Ich gönne den Frauen das Kinderbetreuungsgeld nicht! – Vor laufender Fernsehkamera in der „ZiB 2“. Ich bin ihr gegenüber gesessen. Das ist soziale Kälte in der SPÖ, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Jahrelang haben wir dafür gekämpft, dass Kinderbetreuungszeiten für die Pension angerechnet werden. Diese Regierung hat vier Jahre Kinderbetreuungszeit für die Pension nicht auf einer Basis wie unter SPÖ-Ministern in der Ausgleichszulagenrichtsatzhöhe, sondern mit 1 350 € pro Monat zusätzlich zu allem, was die Frau in dieser Zeit verdient, sichergestellt. Das ist Armutsbekämpfung im Alter! (Beifall bei der ÖVP.)
Zusätzlich hat es noch eine Reihe von Maßnahmen
im Rahmen der Steuerreform gegeben. Die absolute Steuerfreiheit für
geringere Einkommen kommt mehrheitlich Frauen zugute. Der
Alleinverdienerabsetzbetrag pro Kind kommt vor allem allein erziehenden
Frauen zugute, und Sie wissen, dass allein erziehende Frauen am ehesten von Armut
betroffen sind. (Abg. Öllinger: Alleinverdiener! –
Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek:
Allein verdienen und allein erziehen, das ist ein Unterschied!) Das ist
aktive Politik, meine Damen und Herren. (Präsident
Dr. Khol gibt das
Glockenzeichen.)
Die Wählerinnen und Wähler werden Gott sei Dank unterscheiden können, wer wirklich Frauenpolitik macht, die den Frauen in Österreich zugute kommt und wer nur jammert und beklagt, wie schlecht alles ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
9.57
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Auch Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Fekter: Da ist wieder alles so schlecht! Alle sind so deprimiert!)
9.58
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl
(SPÖ): Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Als ich
mir Ihre Rede jetzt so angehört habe, habe ich manchmal gedacht, Sie
glauben die eigene Propaganda wirklich. Wenn Sie vom blühenden Land
und der grandiosen Wirtschaftspolitik sprechen, dann darf ich Sie alle daran
erinnern, dass vor einigen Jahren, was das Wirtschaftswachstum betrifft,
Österreich noch ganz vorne in Europa war und heute Schlusslicht in
Europa ist. (Abg. Dr. Fekter: Das ist Unsinn!) Das ist
grandiose Wirtschaftspolitik? Na, das weiß ich nicht. (Abg. Dr. Fekter: Leben Sie im vorigen Jahrhundert?)
Zur Frauenpolitik: Frau Bundesministerin, ich hätte mir heute von Ihnen als Frauenministerin schon erwartet, dass Sie klare Worte der Distanzierung zu der gestrigen Entgleisung des Bundeskanzlers finden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Es wäre Ihnen, Frau Bundesministerin, vor allem in
Ihrer Rolle als Frauenministerin gut angestanden, klare Worte zu den
selbstherrlichen Phantasien des Herrn Schüssel zu finden, dass die Frauen
vor ihm flach liegen. (Ruf bei der
ÖVP: Bundeskanzler Schüssel!)
Aber Sie, Frau Bundesministerin, haben dieses Bild leider
noch ergänzt, indem Sie eine unterwürfige Haltung eingenommen haben
und von Erhabenheit gesprochen haben. Also, Frau Bundesministerin, das
legt leider ziemlich deutlich offen, was Sie in den letzten Jahren als
Frauenministerin verabsäumt haben. Sie haben, das haben Sie jetzt auch
gerade bewiesen, eine Ministrantinnenrolle eingenommen, Frau Bundesministerin,
eine Ministrantinnenrolle, in der Sie alles schöngeredet haben, was an Verschlechterungen
für die Frauen passiert ist. (Abg. Großruck: Ministrare heißt:
dem Volk dienen!)
Da Sie es angesprochen haben: Besonders in Erinnerung ist mir da Ihre Reaktion auf die Pensionsreform geblieben – eine Pensionsreform, zu deren großen VerliererInnen selbstverständlich die Frauen zählen, weil durch das geringe Anheben der Kinderbetreuungszeitenanrechnung überhaupt nicht, bei weitem nicht wettgemacht wird, was die Frauen dadurch verlieren werden, dass viel mehr Jahre künftighin zählen werden. Das Ergebnis Ihrer Pensionsreform ist, dass Frauen künftighin in der Pension in Armut leben werden.
Wenn man sich vor Augen hält, dass heute schon die
durchschnittliche Frauenpension bei 600 € liegt, die
Arbeiterinnenpension bei 500 € und künftig die Frauen noch weniger
bekommen werden, dann kann man nur sagen: Das reden Sie schön als Frauenministerin?
Das ist wirklich beschämend, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Und um zu einem der traurigsten Kapitel der politischen Bilanz der Regierung Schüssel zu kommen (Abg. Großruck: Die BAWAG ist das traurigste Kapitel!): Die traurigste Bilanz ist, dass die Armutsgefährdung in unserem Land in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist! Seit die Regierung Schüssel im Amt ist, leben in Österreich viel mehr Menschen in Armut. Eine Million Menschen ist armutsgefährdet, eine halbe Million Menschen lebt akut in Armut, und davon sind vor allem Frauen betroffen – und das ist kein Zufall! (Abg. Großruck: Das ist die Statistik der sozialistischen Arbeiterkammer!) Denn: Wenn wir uns das Märchen von den vielen Frauenarbeitsplätzen anschauen, die mehr geschaffen worden sind, so kann man ganz klar nachweisen, welche das sind.
Es ist in den letzten Jahren die Zahl der Teilzeitbeschäftigungen extrem angestiegen, und es ist die Zahl der geringfügigen Beschäftigungen extrem angestiegen. Und da finden wir vor allem die Frauen. Drei Viertel der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen, und drei Viertel der geringfügig Beschäftigten sind Frauen. Und die haben ganz kleine Einkommen, obwohl sie arbeiten, ja mehr arbeiten wollen. Das Ergebnis ist, dass wir in Österreich, seit Sie in der Regierung sind, seit Sie die Regierungsverantwortung maßgeblich tragen, ein Phänomen haben, das wir vorher nicht gekannt haben: dass nämlich Menschen, die arbeiten, trotzdem Sozialhilfe brauchen, weil sie nicht mit dem auskommen, was sie in den kleinen Beschäftigungsverhältnissen verdienen, obwohl sie viel arbeiten.
Die Zahl der Sozialhilfeempfänger hat sich in den
letzten Jahren, seit Sie Regierungsverantwortung maßgeblich tragen,
sage und schreibe verdoppelt. Das Phänomen der Working Poor, der Menschen,
die arbeiten und trotzdem Sozialhilfe brauchen, breitet sich immer mehr aus,
die Zahl dieser Menschen ist extrem angestiegen. Und das ist ein
äußerst trauriges Kapitel Ihrer Bilanz! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Nun komme ich zu Ihrem „Teilzeit-Märchen“, dass 80 Prozent der Frauen wünschen, Teilzeit zu arbeiten. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Die Rechnung ist ganz einfach: Sie rechnen diejenigen dazu, die wegen Kinderbetreuungspflichten zu Hause bleiben ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Frau Kollegin!
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (fortsetzend): ..., weil sie keine entsprechenden
Rahmenbedingungen vorfinden. Es ist jetzt nämlich eine Untersuchung
erschienen, die deutlich beweist, dass ein erheblicher Anteil der Frauen gerne
Vollzeit arbeiten würde, wenn es die entsprechenden Bedingungen dafür
gäbe. (Beifall bei der SPÖ und
den Grünen.)
10.03
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleckmann. – Bitte, Frau Kollegin.
10.03
Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Kollegin Kuntzl, ich wehre mich einfach dagegen, dass Sie, so wie Ihre Kolleginnen und Kollegen auch, Teilzeitjobs schlichtweg verteufeln.
Es gibt sehr viele Frauen, die froh sind, dass sie
überhaupt einen Arbeitsplatz haben, und es gibt auch sehr viele Frauen,
die froh sind, dass sie Teilzeitjobs haben, weil sie sich gerne in der
restlichen Zeit um ihre Kinder kümmern. Das müssen Sie eben einmal
akzeptieren: dass es solche Frauen auch gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der
ÖVP.)
Sie brauchen uns da keine Studien zu zitieren, sondern Sie können genauso, wie wir es auch tun, mit den Frauen in diesen Bereichen sprechen. Es gibt Frauen, die das eine wollen, und es gibt natürlich auch Frauen, die sagen, sie wollen nicht auf ewig Teilzeitjobs haben, sondern sie wollen in der Zukunft, dann, wenn die Kinder aus dem Gröbsten heraußen sind, wieder eine Vollzeitbeschäftigung haben. Und da muss man sie dann auch unterstützen, dass sie diese erhalten. Aber man soll nicht die Zeit verteufeln, in der es Teilzeitjobs gibt, denn es sind sehr, sehr viele Frauen sehr froh, dass sie genau diese Jobs haben.
Zum zweiten Punkt: Wenn Sie die pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten ansprechen, dann muss ich Sie schon – auch weil Sie über die Bilanz sprechen – daran erinnern, dass pensionsbegründende Kindererziehungszeiten in Zeiten der SPÖ-Re-
gierungsverantwortung nicht existent waren, die hat es nicht gegeben. Diese wurden erst mit dieser Regierung unter BZÖ-Beteiligung eingeführt. Erst seither gibt es pensionsbegründende Kindererziehungszeiten. Auch das muss Ihnen noch einmal ganz, ganz laut gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Wenn Sie hier so groß davon reden, dass Sie sich in
Ihrer Zeit so viel für Frauen eingesetzt haben, dann muss ich Sie
fragen: Warum haben Sie es denn nicht geschafft, dass es endlich gleichen Lohn
für gleiche Arbeit gibt? Was ist Ihnen denn da misslungen? (Beifall bei den Freiheitlichen –
BZÖ.) Wir haben uns auch sehr bemüht. Geben Sie doch auch einmal
zu, dass Ihre Frauenministerin Dohnal da nichts erreicht hat! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)
Sie brauchen nicht zu lachen, es ist nichts gelungen, die Schere ist weiter auseinander gegangen – und das zu Ihren Zeiten! Die Schere ist jetzt auch nicht besser zusammengegangen. Auch das muss man eingestehen! Wir sagen ja nicht, dass alles grandios und alles bestens ist. Es gibt noch sehr viel zu tun. Aber hier alles schlechtzureden ist sicherlich auch das Falsche. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
Das gilt vor allem dann, wenn es um die Pensionen für die Frauen geht. Da gibt es eben die pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten. Wir haben erreicht, dass bei den 15 Versicherungsjahren, die für die Pension notwendig sind, zu den sieben Jahren, die als Erwerbstätigkeit notwendig sind, die Zeit der Pflege eines behinderten Kindes zählt. Das wird zur Gänze vom Bund getragen. Dazu zählt auch die Weiterversicherung bei Pflege naher Angehöriger. Ganz neu dazugekommen ist: Das zählt in Zukunft auch für jene Versicherten, die noch überhaupt keine Erwerbstätigkeit hatten, wenn sie nahe Angehörige pflegen. Und es zählen dazu auch die Zeiten der Familienhospizkarenz.
Das alles sind Zeiten, die zur Pension dazuzählen. Und jetzt kommt eben neu dazu, dass das auch gilt, wenn man noch nicht erwerbstätig war. In Anbetracht dessen sagen Sie, dass wir den Frauen, die gerade diese Tätigkeiten ausüben, nicht helfen, dass sie danach auch eine Pension haben!
Warum gibt es denn heute so viele Frauen, die keine Pension haben? – Weil Sie jahrelang, jahrzehntelang Regierungsverantwortung hatten. Deshalb haben wir jetzt diese Lücke für die älteren Frauen, die jetzt in Pension sind. Nehmen Sie das auch einmal zur Kenntnis! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Sie meinen, ich weiß nicht, wovon ich rede, Frau
Kollegin Silhavy? Sie verschließen die Augen davor, was wirklich passiert
ist: dass Sie jahrzehntelang Verantwortung getragen haben und
jahrzehntelang für die Frauen nur gesprochen, aber nichts erreicht haben. Davon
sprechen wir heute und hier! (Beifall bei
den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Wir reden mit den
Frauen – im Gegensatz zu Ihnen! – Abg. Mag. Wurm: Stillstand!)
Wenn wir von der Zukunft sprechen, dann geht es uns seitens
des BZÖ darum, dass wir die Situation für die Frauen noch mehr
verbessern. Und da gehört für uns natürlich auch dazu, dass wir
die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld abschaffen. Das ist ein sehr
wichtiger Punkt. Es ist uns letztes Mal nicht gelungen, weil es die ÖVP in
dieser Form nicht haben wollte. Aber ich finde es sehr schön, dass es uns
überhaupt gelungen ist, das Kinderbetreuungsgeld einzuführen. (Abg. Mag. Wurm: Wer hat eigentlich das Karenzgeld eingeführt?)
Erinnern Sie sich doch an die gesamte Diskussion, auch seitens der ÖVP, wo es geheißen hat, dass wir einen Kinderscheck in Österreich einführen wollen! In Kärnten haben wir es gezeigt, haben wir es als erstes Bundesland mit einer Unterschriftenaktion durchgesetzt. (Abg. Mag. Wurm: Wer hat eigentlich das Karenzgeld eingeführt?)
Bundesweit wurde das dann umgesetzt mit dem Kinderbetreuungsgeld in Österreich – und das nur deshalb, weil wir in der Regierung sind, und nicht deshalb, weil die ÖVP in der Regierung ist. Das muss man auch einmal sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Wurm: Wer hat das Pflegegeld eingeführt?)
Ihnen ist es davor nicht gelungen, sondern eben erst mit der neuen Regierung, die ja doch eine Wende in Österreich herbeigeführt hat, wurde es durchgeführt. Wir haben das umgesetzt, und es wird jetzt natürlich auch verbessert werden, weil man immer wieder erkennt, dass es noch andere Dinge gibt, die man da tun muss. Ein Bonus zum Kinderbetreuungsgeld für Geschwisterkinder zum Beispiel oder mehr Anreize für Väter, auch ihren Anteil zu leisten, zum Beispiel in Form eines freiwilligen Vatermonats – dazu soll es einen Parallelbezug beim Kinderbetreuungsgeld innerhalb der ersten beiden Monate geben –, sind da wichtige Punkte.
Natürlich gehören – und da sind wir vielleicht einmal alle einer Meinung – auch die Kinderbetreuungseinrichtungen noch mehr ausgebaut. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Aber das ist, wie Sie auch wissen, nicht Bundes-, sondern Landessache.
Es wäre schön, wenn sich die Frauen aller
Parteien einmal zu einem gemeinsamen Antrag hier im Haus – ohne
Scheuklappen der Ideologie – finden würden, um die Dinge
für die Frauen zu unterstützen. (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der
ÖVP.)
10.09
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.
10.09
Abgeordnete Mag. Brigid
Weinzinger (Grüne):
Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der
Bundesregierung, vor allem Frau Ministerin! Ihr Schicksal ist ja eigentlich
typisch: Was diese Regierung von Frauen wirklich hält, hat der Kanzler gerade
wunderschön auf den Punkt gebracht mit seiner Aussage „Wäre ich
ein Linker, würde die ganze Emanzentruppe vor mir flach liegen“. (Abg. Dr. Fekter: Natürlich!) –
„Natürlich“ sagt die Frau Familiensprecherin auch noch dazu.
Sie unterstützen diese Formulierung auch noch. Okay. (Abg. Dr. Fekter:
... gegen Ministerin Gehrer!)
Statt sich heute hier für diese unsägliche Wortwahl und Entgleisung zu entschuldigen oder sich zumindest zu trauen, sich herzusetzen und sich die Kritik selber anzuhören, wird die Frauenministerin vorgeschickt, die das entschuldigen soll, darüber hinwegtäuschen soll und im Übrigen bei dieser Gelegenheit auch noch schönreden soll, warum sie jetzt jahrelang in der Frauenpolitik nichts machen konnte oder durfte oder vielleicht auch nicht wollte. Denn: Es ist ein offizieller Befund von einer Universitätsprofessorin sogar da, der besagt, dass in der Frauenpolitik in den letzten Jahren nichts passiert ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Eine Universitätsprofessorin muss sich auch nicht auskennen in der Frauenpolitik!)
Aber ich will jetzt nicht die Versäumnisse der gesamten Bundesregierung der Frau Ministerin umhängen, obwohl sie ja auch etwas dagegen hätte tun können, zumindest öffentlich, wenn schon nicht im Ministerrat mit einem Veto, sondern ich schaue mir ihre eigene Performance an.
Was haben Sie, Frau Ministerin, denn selber für die Frauen gemacht? – Sie haben vorhin, als meine Kollegin Eva Glawischnig darauf hingewiesen hat, wie wenige Frauen es im öffentlichen Dienst in Top-Positionen gibt, in den Sektionsabteilungen der Ministerien, kritisiert, dass sie sich nur ein Ministerium angeschaut hat. Okay. Wir können uns gerne andere Ministerien anschauen, Frau Ministerin, und ich suche mir jetzt das aus, das vorbildlich sein sollte, nämlich Ihr eigenes Ministerium.
Sie als Frauenministerin werden doch sicher dafür Sorge getragen haben, dass mehr Frauen in Top-Positionen kommen. Sie haben vier Sektionen, davon werden drei von männlichen Sektionschefs geleitet, und nur eine, nämlich die Frauensektion, die man ja schlecht mit einem Mann besetzen kann, hat eine weibliche Sektionschefin. Drei zu eins!
Aber dazu kommt noch: Sie haben nicht nur Sektionen, sondern Sie haben auch einen eigenen Bereich geschaffen, und der heißt „Verbrauchergesundheit“. Es ist ein Bereich geschaffen worden, damit man nicht formal eine Sektion ins Leben rufen musste. Und da höre ich schon interessante Dinge und frage Sie jetzt einmal, Frau Ministerin: Stimmt es, dass sich um die Bereichsleiterposition damals nicht nur ein Mann, der jetzt den Job hat, der Herr Mag. Herzog, beworben hat, sondern eine genauso gut qualifizierte Frau? Stimmt es, dass die Frau den Job nicht bekommen hat, sondern Sie den Job einem Mann gegeben haben, der im Übrigen sogar noch parallel dazu Kabinettsmitarbeiter bei Ihnen ist? Also er ist somit sowohl Bereichsleiter als auch Kabinettsmitarbeiter. Stimmt es, dass die sich bewerbende Frau daraufhin ein Verfahren vor der Gleichbehandlungsanwaltschaft angestrengt hat? Und, Frau Ministerin, stimmt es, wie ich höre, dass sie dieses Verfahren gewonnen hat, dass sie Recht bekommen hat und Sie Strafe zahlen mussten?
Das ist die Bilanz der Frauenministerin bei der Beförderung von Frauen in Top-Positionen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ehrlich gesagt, Frau Ministerin, mit dem, was Sie vorhin an
Zahlenmaterial geboten haben, hätten Sie, glaube ich, schlechte Chancen
beim PISA-Test. Denn: Wo ist die Einkommensschere für Frauen geschlossen
worden? Wir haben erst gestern im Fernsehen bei der TV-Konfrontation das
aktuelle Bild eingeblendet bekommen: 1995 hatten Frauen 68,8 Prozent eines
Männergehaltes, 2005 hatten sie 67,2 Prozent. Und Sie sagen da noch,
die Einkommensschere sei geschlossen worden?! Ja wo denn? Nicht einmal in Ihrer
eigenen Sektion haben die Frauen aufgeholt. Österreichweit verdienen
Frauen heute im Durchschnitt im Vergleich zu den Männern weniger als noch
vor zehn Jahren. Das ist ein eindeutiger Rückschritt, den Sie zu
verantworten haben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der
SPÖ.)
Die gleiche Zahlenspielerei versuchen Sie uns bei der Erwerbsquote sozusagen vorzuturnen: Es seien so viele Frauen in Österreich beschäftigt, dass wir da eine Top-Position einnehmen, dass wir Weltmeister oder so irgendetwas sind. Tatsache ist – wenn man sich die Statistiken anschaut, sieht man das eindeutig (die Rednerin zeigt eine Graphik) –, dass die Frauenarbeitslosigkeit steigt. Da ist eine schöne Graphik, und zwar AMS-Zahlen, keine Zahlen von linken Emanzentrupps oder was immer Sie sonst irgendwo verordnen in Ihrer Paranoia. – Entschuldigung, das nehme ich zurück! (Abg. Steibl: ... , das ist Wahnsinn!)
Wenn man sich anschaut, wo die Frauen arbeiten, so sieht
man, dass es vor allem geringfügige Beschäftigungen,
prekäre Beschäftigungen, die schon genannten Teilzeitbeschäftigungen
sind, die wenige Frauen wirklich freiwillig haben. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Steibl.) Wo ist denn die Freiwilligkeit bei einer
Supermarktregaleinschlichterin, die gar nichts anderes bekommt außer
einem Teilzeitjob, aber dann 44, 45 Stunden die Woche ohne
Überstundenzuschläge arbeiten soll? Wo sind denn die vielen tollen
Jobs für die qualifizierten Frauen, von denen Sie gesprochen haben? Ich
schaue mir nur die Spitze an, die Forscherinnen. Wo sind denn Forscherinnen in
Österreich bevorzugt worden? Wir haben in Österreich
erbärmlich niedrige Anteile an Forscherinnen, an Forschungsansuchen
von Frauen und an Genehmigungsraten, insbesondere im internationalen
Vergleich. (Beifall bei den Grünen.)
Wo haben die Wiedereinsteigerinnen ihre große Chance, wenn sie nicht einmal einen
Computerkurs vom AMS ohne fixe Jobzusage bekommen. Und da, Frau Abgeordnete
Riener, sitzen Sie am völlig falschen Pferd, wenn Sie meinen, die Frauen
sollen für diese Politik dankbar sein. (Präsident Dr. Khol
gibt das Glockenzeichen.) Dankbarkeit für das Einfordern von
selbstverständlichen Rechten ist wirklich das Letzte, was man von Frauen
verlangen sollte. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der
SPÖ.)
10.14
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.
Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche
Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen:
4726/J und 4727/J;
2. Anfragebeantwortungen:
4543/AB bis 4632/AB;
Beilagen zu
Anfragebeantwortungen: Zu 4624/AB und Zu 4574/AB.
B) Zuweisungen in dieser Sitzung:
zur Vorberatung:
Ausschuss für Arbeit und Soziales:
Antrag 859/A der
Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert
wird,
Antrag 860/A der
Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem ein Heizkostenausgleichsfonds eingerichtet wird
(Heizkostenausgleichsfondsgesetz),
Antrag 861/A der
Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird.
*****
Ankündigung einer Dringlichen Anfrage
Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der Österreichischen Volkspartei hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 4728/J der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer dringlich zu behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4483/AB
Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen der Abgeordneten Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4483/AB der Anfrage 4536/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkehrssicherheit in Österreich, Zahlen und Fakten, verkehrspolitische Maßnahmen II durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie durchzuführen.
Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die Kurzdebatte im Anschluss an diese stattfinden.
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 5 und 6 der Tagesordnung zusammenzufassen.
Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Redezeitbeschränkung
Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Dementsprechend wurde eine Tagesblockzeit von sechs „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 105 Minuten, Freiheitliche – BZÖ 72 Minuten sowie Grüne 78 Minuten.
Wir kommen darüber zur Abstimmung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das erfolgt einstimmig. Wir gehen daher so vor.
Bericht des
Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents,
vorgelegt vom Bundeskanzler (III-136/1584 d.B.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Die Debatte eröffnet Frau Dr. Baumgartner-Gabitzer. Ihre Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.
10.17
Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Tagesordnungspunkt 1 ist der Bericht des Besonderen Ausschusses über die Ergebnisse der Verhandlungen beziehungsweise den Bericht des Österreich-Konvents. Dieser gründet sich auf eine 19-monatige Arbeit des Österreich-Konvents – eine wirklich sehr anstrengende Zeit, eine intensive Zeit der Diskussion und eine sehr wertvolle Zeit zum Verfassungsthema.
Ich möchte mich hier zunächst in aller Form bei allen Expertinnen und Experten bedanken, die im Österreich-Konvent eine ganz wichtige Arbeit geleistet haben, denn Ver-
fassungsrecht ist sehr
diffizil. Ich möchte mich daher ausdrücklich für deren Mitwirken
bedanken, auch wenn am Ende keine neue Verfassung steht. Aber es steht ein
interessanter Bericht am Ende. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg.
Scheibner.)
Wichtigstes Ziel der ÖVP war es, in diesem Konvent zu einer schlanken, verständlichen und auch übersichtlichen Verfassung zu kommen. Im Laufe der Jahrzehnte ist unsere Verfassung ausgeufert, und letztendlich hat ihre Verständlichkeit, ihre Klarheit und ihre Übersichtlichkeit massiv gelitten.
Zweiter wesentlicher Beweggrund der ÖVP war es, einen Grundrechtskatalog zu schaffen und in die Verfassung zu implementieren, der auch soziale Grundrechte beinhaltet und sich an internationalen Standards orientiert.
Dritter ganz wesentlicher Punkt war, auf der einen Seite die bewährten Verwaltungsstrukturen zu belassen und auf der anderen Seite Doppelgleisigkeiten zu beseitigen und den Rechtsschutz zu verbessern.
Diese drei Ziele waren für uns, die ÖVP, die wichtigsten, da sie sich am Wohle des Bürgers orientieren.
Es waren im Zuge der Diskussionen noch viele andere Punkte auf der Tagesordnung, deren Realisierung auch für uns wichtig gewesen wäre, wie zum Beispiel, die Kompetenztatbestände neu zu ordnen und zu verbessern, die Stellung des Bundesrates und seine Einbeziehung in die nationale Gesetzeswerdung zu verbessern und auch den Rechtsschutz auszubauen. Alles das sind Punkte, deren Umsetzung wichtig gewesen wäre.
Ich möchte nun die wichtigsten Punkte herausnehmen, das sind jene, die sich an den Bürgerinnen und Bürgern orientieren.
Erstens: Verfassungsbereinigung. – Für uns war es immer wichtig, eine Verfassungsurkunde zu haben und daneben nur wenige Verfassungstrabanten, das sind historische Gesetze, wie zum Beispiel das Neutralitätsgesetz, das Habsburgergesetz oder das Gesetz über die Wiederbetätigung. Diesbezüglich sind sich die SPÖ und die ÖVP durchaus nahe gekommen. Ein Konsens in der nächsten Legislaturperiode dürfte daher möglich sein.
Zweitens: Präambel in der Verfassung. – Wir wollten eine Präambel in der Verfassung, in welcher die wichtigsten Grundsätze der Verfassung festgehalten sind. Ich habe nie verstanden, warum das die Opposition so vehement abgelehnt hat. Es ist in vielen, vor allem den neuen, modernen Verfassungen Europas durchaus üblich, einen solchen Textteil in der Verfassung zu haben. Aber ich habe lediglich einen Justament-Standpunkt sowie eine massive Ablehnung von Seiten der anderen Parteien im Konvent dazu erlebt.
Die SPÖ hat zahlreiche neue Staatsaufgaben kreiert – Staatsaufgaben, die unserer Meinung nach nicht erforderlich sind; zudem darf auch die Kostenfrage nicht außer Acht gelassen werden. Wir lehnen es auch ab, dass sich der Staat in unzählige Angelegenheiten der Menschen einmischt, da wir dies als nicht notwendig erachten.
Dritter wichtiger Punkt für uns war die Schaffung eines Grundrechtskataloges, ausgestattet auch mit sozialen Grundrechten. Besonders wichtig sind natürlich die liberalen Grundrechte, die klassischen Abwehrrechte gegenüber dem Staat, wie zum Beispiel der Schutz des Hausrechtes oder die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Diese Reche existieren natürlich bereits; unser Ziel ist es jedoch, diese Rechte in einer übersichtlichen Form in die Verfassungsurkunde zu integrieren. Darüber hinaus wollten wir auch soziale Grundrechte im Grundrechtskatalog haben, wie etwa das Recht auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Recht auf Bildung und Ähnliches.
Bei den sozialen Grundrechten war uns besonders wichtig, auf die persönliche Verantwortung der Grundrechtsträger zu achten, das heißt: keine staatliche Bevormundung und keine Kontrolle. Diesbezüglich war eine Konsensfindung nicht möglich. Leichte Annäherungen waren erkennbar. Ich hoffe daher, dass wir auch hier eine Lösung finden.
Beim Wahlrecht ist es uns schon seit Jahrzehnten wichtig, die Briefwahl einzuführen. Ich habe, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, nie verstanden, warum es zur Einführung der Briefwahl keine Zustimmung von Seiten der Opposition gibt. Es ist eine auf international durchaus üblichem Niveau befindliche Weiterentwicklung. Nichts hat es da seitens der Oppositionsparteien an Bewegung gegeben. Ich bedauere das außerordentlich.
Wir werden aber nicht müde werden, immer wieder das Briefwahlrecht zu fordern, weil es einem modernen Menschen, der sehr flexibel ist, der mobil ist, der selber weiß, was er wählt, entspricht. Die Befürchtungen, dass dadurch die persönliche Ausübung des Wahlrechts beeinträchtigt wird, sind meiner Meinung nach an den Haaren herbeigezogen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vierter und ganz wesentlicher Punkt sind die Verwaltungsstrukturen. Wir wollen bei dem Bewährten wie den Bezirkshauptmannschaften bleiben, wir wollen keine Experimente, wir wollen keine Aufblähung der Verwaltung, so wie die von der SPÖ vorgeschlagenen Regionen mit eigenem Statut, das ist unserer Meinung nach unsinnig. Die Verwaltung muss funktionieren, vor allem in der ersten Instanz. Daher müssen wir das Bewährte, wo schnell agiert wird, auch erhalten.
Was wir hingegen brauchen, das sind Landesverwaltungsgerichte erster Instanz. Auch ein Bundesverwaltungsgericht, zum Beispiel in Asylfragen, erscheint uns wichtig. Diesbezüglich kam es zu Annäherungen mit der Opposition. Ich denke, dass es in der nächsten Legislaturperiode möglich sein wird, da einen Konsens zu finden.
Lassen Sie mich, bevor ich unseren Entschließungsantrag einbringe, eine kurze Bemerkung allgemeiner Natur machen.
Der Konvent hat am Beginn mit unglaublich viel negativer Begleitmusik begonnen – Begleitmusik von Seiten der Opposition, die sich dagegen gesperrt hat und bereits von Anfang an gesagt hat, dass ein solcher Konvent nicht erforderlich sei.
Wir glauben aber, dass dieser Konvent wichtig war. Wir sind froh, dass dieser Konvent stattgefunden hat, und meinen, dass er gute Arbeit geleistet hat. Ich bedauere außerordentlich, dass es im Konvent keine bessere Konstruktivität seitens der Oppositionsparteien gegeben hat.
Wir glauben, dass wir das Verfassungsrecht weiterentwickeln müssen, dass wir eine Verwaltungsreform durchführen müssen, und wir werden nicht müde werden, auch in der nächsten Legislaturperiode dafür zu werben und hier Bundesgenossen zu suchen.
Jetzt lassen Sie mich noch zu unserem Entschließungsantrag kommen, der bereits verteilt wurde. Ich möchte ihn nun in seinen Kernpunkten erläutern beziehungsweise werde ihn vorlesen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform
Der Nationalrat begrüßt die bisherigen umfangreichen Arbeiten an einer Verfassungsreform, die vom Österreich-Konvent eingeleitet und vom Besonderen Ausschuss zur Beratung des Berichts des Österreich-Konventes weitergeführt wurden, und ersucht in
diesem Zusammenhang die Bundesregierung, die Arbeiten an einer zukünftigen modernen Bundesverfassung auf der Grundlage dieser Ergebnisse mit dem Ziel, ein übersichtliches und für die Bürger verständliches Verfassungswerk ohne die zahlreichen einzelnen Nebengesetze und Verfassungsbestimmungen zu schaffen, voranzutreiben.
Dabei sollen in einem umfassenden und zeitgemäßen Grundrechtskatalog auch die sozialen Grundrechte nach dem Vorbild der Europäischen Grundrechtscharta gewährleistet werden.
Die Einrichtung von Verwaltungsgerichten in den Ländern soll eine Beschleunigung der Verfahren sowie eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirken.
Eine zeitgemäße Aufgabenteilung soll sich an den Fähigkeiten der Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) orientieren. In diesem Zusammenhang soll die Rolle der Gesetzgebungsorgane überdacht werden.
Bei allgemeinen Wahlen soll künftig eine Briefwahl unter voller Wahrung der Grundsätze des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden.
Anstelle des bisher die Sicherheit Österreichs in der Verfassung abbildenden Prinzips der umfassenden Landesverteidigung soll eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem neuen und modernerem Prinzip der umfassenden Sicherheitsvorsorge zur Gewährleistung der Sicherheit des Staates und seiner Bürger festgeschrieben werden.
*****
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Ich lade Sie ein, diesem – hoffentlich auch Ihrer Meinung nach – sehr wichtigen Entschließungsantrag Ihre Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
10.27
Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Baumgartner-Gabitzer eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.
Der Antrag hat
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform, eingebracht im
Zuge der Debatte des Nationalrates zum Bericht des Besonderen Ausschusses
zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents, vorgelegt vom Bundeskanzler
(III-136/1584 d.B.)
Das
Gründungskomitee des Österreich-Konvents, in dem alle vier
Parlamentsparteien vertreten waren, hat folgende Grundsätze und
Zielsetzungen des Österreich-Konvents festgelegt:
„Der Konvent zur
Staatsreform hat die Aufgabe, Vorschläge für eine grundlegende
Staats- und Verfassungsreform auszuarbeiten, die auch Voraussetzungen für
eine effizientere Verwaltung schaffen soll.
Die künftige
Verfassung soll eine zukunftsorientierte, kostengünstige, transparente und
bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben ermöglichen.
Dabei sollen insbesondere
folgende Bereiche beraten werden:
eine umfassende Analyse
der Staatsaufgaben
die Kompetenzverteilung
mit dem Ziel, einen klaren, nach Aufgabenbereichen gegliederten
Kompetenzkatalog zu schaffen
das Verhältnis
zwischen Gesetzgebung und Vollziehung unter dem Gesichtspunkt des
Legalitätsprinzips
die Struktur der
staatlichen Institutionen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des effizienten
Mitteleinsatzes, der Bürgernähe sowie der Entwicklungen des E-Government
die Grundzüge der
Finanzverfassung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zusammenführung
von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung und eines bedarfsgerechten
Finanzausgleichs
die Einrichtung einer
effizienten Kontrolle auf Bundes- und Landesebene und die Gestaltung des
Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt rascher und bürgernaher Entscheidungen.
Der Konvent soll zuletzt
auch Textvorschläge für einen straffen Verfassungstext ausarbeiten.
Ziel des Konvents ist es
somit einen neuen Verfassungstext zu schaffen, der in knapper, aber umfassender
Form sämtliche Verfassungsbestimmungen enthält. Die Baugesetze
der österreichischen Bundesverfassung (also das demokratische Prinzip, das
bundesstaatliche Prinzip, das rechtsstaatliche Prinzip und die republikanische
Staatsform) bleiben aufrecht.“
Der
Österreich-Konvent hat sich in insgesamt 17 Plenarsitzungen und 179
Sitzungen der verschiedenen Ausschüsse umfangreich mit allen Themen der
Verfassungsreform beschäftigt und verschiedene Textvorschläge
erarbeitet, von einer Einigung war man jedoch – nicht zuletzt
aufgrund der mangelnden Kompromissbereitschaft der Opposition –
bis zum Schluss weit entfernt.
Diese Beratungen wurden
im Besonderen Ausschuss des Nationalrates weiter vertieft. Dabei konnten einige
wesentliche Schritte hin zu einer weiteren Verfassungsbereinigung und zur
Einführung von Landesverwaltungsgerichten in Österreich gefunden werden,
ein Konsens für eine neue österreichische Verfassung konnte
allerdings nicht gefunden werden.
Darüber hinaus
wurden seitens der Sozialdemokratischen Fraktion im Besonderen Ausschuss zuvor
im Österreich-Konvent bereits erreichte Konsense aufgekündigt.
Die unterzeichneten
Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat
begrüßt die bisherigen umfangreichen Arbeiten an einer Verfassungsreform,
die vom Österreich-Konvent eingeleitet und vom Besonderen Ausschuss zur
Beratung des Berichts des Österreich-Konvents weitergeführt wurden
und ersucht in diesem Zusammenhang die Bundesregierung, die Arbeiten an einer
zukünftigen modernen Bundesverfassung auf der Grundlage dieser
Ergebnisse mit dem Ziel, ein übersichtliches und für die
Bürger verständliches Verfassungswerk ohne die zahlreichen einzelnen
Nebengesetze und Verfassungsbestimmungen zu schaffen, voranzutreiben.
Dabei sollen in einem
umfassenden und zeitgemäßen Grundrechtskatalog auch die sozialen
Grundrechte nach dem Vorbild der Europäischen Grundrechtscharta
gewährleistet werden.
Die Einrichtung von
Verwaltungsgerichten in den Ländern soll eine Beschleunigung der Verfahren
sowie eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirken.
Eine
zeitgemäße Aufgabenteilung soll sich an den Fähigkeiten der
Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) orientieren.
In diesem Zusammenhang soll die Rolle der Gesetzgebungsorgane überdacht werden.
Bei allgemeinen Wahlen
soll künftig eine Briefwahl unter voller Wahrung der Grundsätze
des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden.
Anstelle des bisher
die Sicherheit Österreichs in der Verfassung abbildenden Prinzips der Umfassenden
Landesverteidigung soll eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem
neuen und moderneren Prinzip der umfassenden Sicherheitsvorsorge zur
Gewährleistung der Sicherheit des Staates und seiner Bürger
festgeschrieben werden.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Dr. Wittmann. Wunschredezeit: 7 Minuten. –
Bitte. (Abg. Wattaul – in Richtung des sich zum Rednerpult
begebenden Abg. Dr. Wittmann –: Peter, nicht so aggressiv!)
10.27
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Zum Teil kann ich die Aussagen meiner Vorrednerin durchaus teilen, weil ich glaube, dass wir hinsichtlich mancher Punkte in einer relativ umfassenden Form weitergekommen sind.
Ich möchte auch festhalten, dass es wichtig war, einmal zu wissen, was jeder will. Das war nämlich in den letzten Jahren, in denen ich die Bundesstaatsreform verhandeln durfte, nicht immer klar. Das ist jetzt auf dem Tisch, und ich glaube, auf Grund dieser Ausgangslage wird man in der Lage sein, in der nächsten Legislaturperiode weitere Fortschritte zu erzielen.
Man kann sicher sagen, dass man eine sehr weitgehende Annäherung im Haushaltsrecht gefunden hat. Bei den Landesverwaltungsgerichtshöfen und bei den Grundrechten ist man auch sehr weit gekommen. Bei der Rechtsbereinigung ist man ebenfalls sehr weit gekommen. Ich glaube, dass wir auf die Vorarbeiten, die geleistet wurden, aufsetzen können.
Nur war die Grundstimmung ein Problem, und zwar deshalb, weil die ÖVP davon ausgegangen ist, dass man alles, was sie sagt, auch machen muss. Und das ist nicht der Fall.
Es hat sich im Zuge der Diskussion im Konvent herausgestellt, weil wir in der Frage der Neutralität standhaft geblieben sind, dass nun die Neutralität auch bei der ÖVP wieder ein Thema ist.
Ich erinnere an die Ansage des Bundeskanzlers zur Neutralität, dass das so wie die Mozartkugeln und die Lipizzaner in den Bereich der Geschichte gehört. Wir sind alle froh, dass wir nicht danach gehandelt haben, sondern dass wir darauf gedrungen haben, dass die Neutralität weiterhin verankert bleiben soll. (Beifall bei der SPÖ.)
Bei den Blau-Orangen war es immer der möglichst schnellste Beitritt zur NATO, was sie wollten, und die Aufgabe der Neutralität. Bei den Blauen wird jetzt plakatiert, dass
sie die Hüter der Neutralität sind, was unverständlich ist, denn sie waren die Ersten, die die Neutralität aufgeben wollten, die gesagt haben: Wir wollen in die NATO hinein! (Abg. Scheibner: Fragen Sie einmal Ihren Klubobmann!) Das gilt auch für das BZÖ. Ich glaube, dass es gut war, da nicht gleich marktschreierisch nachzugeben, sondern diesen Wert auch weiterhin in die Diskussion einzubringen.
Im Großen und Ganzen kann man sagen, es ist eine gute Grundlage, die zusammengefasst hat, was in der Gesellschaft diskutiert wird, und auf der man aufbauen kann. – Aber lassen Sie mich zu einigen aktuellen Themen kommen:
Ich glaube, dass Nachholbedarf in Glaubwürdigkeit in Verfassungsfragen schon gegeben ist. Insbesondere wenn man sich die Ortstafelfrage und die Frage des Umgangs mit Verfassungsbestimmungen in Kärnten in Bezug auf die Ortstafeln ansieht, muss man sich wirklich wundern, wie man dann ernsthaft von der Reform der Verfassung sprechen kann.
In Wirklichkeit wird ja die Einleitung eines Verfahrens wegen Amtsmissbrauchs nur deswegen verhindert, weil die ÖVP sich nicht dazu durchringen kann (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das waren doch Ihre Regierungsmitglieder, die 2001 dem zugestimmt haben!), in dieser Frage gegen den Landeshauptmann von Kärnten vorzugehen. Wir machen uns in ganz Europa lächerlich! (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja beschämend!) Es ist unglaublich, wie schwierig es ist, hier den Rechtsstaat über die persönlichen Interessen zu stellen. Der Landeshauptmann von Kärnten ist jemand, der den Rechtsstaat in Frage stellt, lächerlich macht und herabwürdigt mit den Aktionen, die er momentan in Kärnten setzt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eure Landesräte haben dieser Regelung 2001 zugestimmt! – An Skurrilität nicht mehr zu überbieten!)
Ich denke, in das Bild dieser Vorgangsweise passt natürlich auch die Aussage des Herrn Mainoni (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eure Landesräte haben dieser Regelung 2001 zugestimmt! Eure Landesräte! Die SPÖ hat zugestimmt!), der zum Restitutionsfonds sagt: Wir haben uns hier eingekauft, und wir haben uns mit der ÖVP zusammengesetzt und haben gesagt: Okay, wie viel kostet uns es, dass wir uns eine Ruhe bei den jüdischen Organisationen erkaufen? – Eine derartige Herabwürdigung des Grundes einer zeitgeschichtlichen Aufarbeitung einer Schuld habe ich überhaupt noch nie erlebt!
Das passt ins Bild: Haiders Umgang mit den Ortstafeln, Mainonis Umgang mit der zeitgeschichtlichen Aufarbeitung, mit der Wiedergutmachung. – Mit dieser Aussage hat er einer zeitgeschichtlichen Aufarbeitung eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte jede moralische Grundlage entzogen! (Abg. Scheibner: Und wieso haben Sie 50 Jahre dazu gebraucht?) Er hat mit einer derartigen Aussage in der Öffentlichkeit, in der internationalen Öffentlichkeit Österreich geschadet, und er hat diese NS-Opfer noch einmal zu Opfern gemacht, weil diese Vorgangsweise offensichtlich nur zynisches machtpolitisches Kalkül war – und nicht eine ehrliche Aufarbeitung der Geschichte. Und das ist ja eine Darstellung, die Europa nicht akzeptieren kann! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich glaube, dass das ein Sittenbild dieser Regierung war (Abg. Scheibner: Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Sitten!), denn es passt natürlich auch die Aussage des Kanzlers dazu: Wäre ich ein Linker, würde die Emanzentruppe vor mir liegen! – Das ist doch dieselbe Sprache, derselbe machtpolitische Zynismus, der aus diesem Zitat spricht, wie bei Mainonis Zitat! Das ist eben diese zynische Machtpolitik, diese Überheblichkeit, die in dieser Regierung stattgefunden hat (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), und ich glaube, dagegen kann man sich nur verwahren. Und die verfassungsrechtliche Diskussion sollte von solche Argumenten frei bleiben!
Ein Wort zur Staatsanwaltschaft. – Meine Damen und Herren! Die Instrumentalisierung der Staatsanwaltschaft (Abg. Scheibner: Das ist ja ungeheuerlich!) zu Wahlkampfzwe-
cken durch die
Ministerin (Abg. Scheibner – auf den Redner weisend –: Skandalös!
Ungeheuerlich!) ist unfassbar, unerträglich und im Tiefsten
abzulehnen! Deswegen haben wir als SPÖ einen Antrag gestellt
beziehungsweise einen Vorschlag eingebracht, nämlich einen
weisungsungebundenen Bundesstaatsanwalt einzuführen. (Abg. Dr. Fekter: ...!
Vertuschen wollt ihr!) Dieser ist notwendiger denn je, wenn man diese
Vorgangsweise, diese Instrumentalisierung der Staatsanwaltschaft durch die
Ministerin (Abg. Scheibner: Ungeheuerlich! Ungeheuerlich! – Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja
eine Farce!), insbesondere des Leiters der Gruppe Wirtschaft bei der
Staatsanwaltschaft Wien, sieht. Genau Staatsanwalt Schön ist jemand,
dem ein besonderes Naheverhältnis zum Kabinett der Frau Minister
nachgesagt wird. Dieser Staatsanwalt hat schon bei der letzten Wahl ein
Verfahren über die Wahl gezogen, unnötigerweise über die Wahl
gezogen – kurz nach der Wahl, 14 Tage später, wurde es
eingestellt, weil es völlig haltlos war. Jetzt macht er genau das
Gegenteil: Wieder wird er instrumentalisiert, wieder dieser Mann! (Ruf bei der SPÖ:
Unerhört! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unerhörtes Gerede,
ja!)
Man muss ganz einfach sagen, man muss sich auch einmal anschauen, was da alles an die Öffentlichkeit gelangt an Akten aus der Justiz! Man muss sich anschauen, wie sie verfälscht oder teilweise zur Gänze weitergegeben werden an Zeitungen, an die Öffentlichkeit! – Das ist einer Staatsanwaltschaft nicht würdig, und man muss diese Rolle dieses Staatsanwaltes Schön, des Leiters dieser Abteilung, wirklich einmal hinterfragen, denn dieser dürfte eine Schüsselfigur in der Instrumentalisierung der Justiz spielen. (Abg. Dr. Fekter: ...! Diese Einmischung ist ungeheuerlich! Typisch! Typisch: Anschütten!) Und die Ministerin war sich nicht zu schade, die Justiz dafür einzusetzen, um in diesen Wahlkampf auch massiv einzugreifen.
Und das passt in den Machtmissbrauch der Regierung, das passt in die überhebliche Machtpolitik, in das Machtkalkül der ÖVP! Und das passt in diese Allmacht, in alle Staatsgebiete einzugreifen (Abg. Dr. Fekter: ... AKH-Skandal!), und letztendlich nur sich selbst als Maß aller Dinge zu sehen.
Das werden wir in einer Verfassung nicht zulassen, und wir werden alles daransetzen, dass diese Machtvollkommenheit nicht weiter fortgesetzt wird! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, wollten Sie nicht einen Entschließungsantrag einbringen?
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Deswegen habe ich auch noch den Auftrag, folgenden Antrag einzubringen (Abg. Neudeck: Der muss sehr „wichtig“ sein, dieser Antrag!):
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Wittmann, Dr. Jarolim und KollegInnen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage mit folgendem Inhalt zuzuleiten:
Einrichtung eines unabhängigen und weisungsfreien
Bundesstaatsanwalts, der an Stelle des Justizministers die Weisungsspitze
gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden bildet (Abg. Dr. Fekter: Eine
Vertuschungsinstitution wollen Sie schaffen!)
Wahl des Bundesstaatsanwalts durch den Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit
Amtsdauer des Bundesstaatsanwalts von sechs Jahren; keine vorzeitige Abwahl
Interpellationsrecht des National- und Bundesrates gegenüber dem Bundesstaatsanwalt wie gegenüber einem Bundesminister
Verantwortlichkeit des Bundesstaatsanwalts vor dem Verfassungsgerichtshof wie Mitglieder der Bundesregierung (Staatsgerichtsbarkeit im Falle von schuldhaften Rechtsverletzungen)
Verankerung der Staatsanwälte als Organ der Rechtspflege in der Bundesverfassung.“
*****
Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
10.36
Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Wittmann eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Wittmann, Dr. Jarolim und KollegInnen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Dr. Gusenbauer, Dr. Wittmann, Dr. Jarolim und KollegInnen betreffend
ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen
über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird
eingebracht im Zuge
der Debatte zu TOP 1
Die Vorgangsweise des
Staatsanwaltes in der Causa BAWAG hat neuerlich gezeigt, wie problematisch es
ist, dass die Staatsanwälte dem Justizminister weisungsunterworfen
sind und ihr gesamter Karriereverlauf vom „Wohlwollen“ des
jeweiligen Justizministers abhängt. Im konkreten Fall hat der
Staatsanwalt Medien über „Tür und Angel“-Gespräche
eines Hauptverdächtigen im Kriminalfall BAWAG berichtet und behauptet,
Wolfgang Flöttl habe eine Finanzierung der SPÖ durch die BAWAG in den
Raum gestellt. Statt dass diesen Angaben durch formelle Vernehmungen
unverzüglich nachgegangen wird, wobei sich ihre Unhaltbarkeit rasch
herausgestellt hätte, tauchen sie viele Wochen später –
sicher nicht zufällig – in der Endphase des Wahlkampfes in den
Medien auf. Ermöglicht wurde dies dem Staatsanwalt durch eine
„Sonderregelung“ der Justizministerin, die - abweichend vom
allgemeinen Medienerlass - in der Causa BAWAG dem Staatsanwalt eine
unmittelbare Information der Medien erlaubt hat.
Aber auch in anderen
Fällen hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Weisungsbefugnis
des Justizministers dazu führt, dass die Staatsanwälte und damit die
Gerichte ihrer Arbeit nicht ungehindert und objektiv nachgehen können.
Erinnert sei nur an den „Spitzelskandal“ und an die Tatsache, dass
nur das Wirken einer BZÖ-Justizministerin erklären kann, warum in der
Kärntner Ortstafelfrage – Nichtumsetzung eines VfGH-Erkenntnisses
und einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung – nicht
schon längst Anklage wegen Amtsmissbrauchs gegen den zuständigen
Landesrat bzw. den zuständigen Bezirkshauptmann und wegen Anstiftung zum
Amtsmissbrauch gegen den Kärntner Landeshauptmann erhoben worden ist.
Durch diese Vorfälle hat die langjährige Forderung der SPÖ nach einer unabhängigen Weisungsspitze für die Staatsanwaltschaften neue Aktualität erhalten. Die SPÖ hat
hiefür bereits wiederholt
Initiativanträge eingebracht, zuletzt den Antrag IA 126/A,
XXII. GP vom 7. Mai 2003, auf dessen nähere Begründung
verwiesen wird.
Die unterzeichneten
Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschließen:
Entschließung:
Die Bundesregierung
wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage mit folgendem
Inhalt zuzuleiten:
Einrichtung eines
unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts, der an Stelle
des Justizministers die Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen
Behörden bildet
Wahl des
Bundesstaatsanwalts durch den Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit
Amtsdauer des
Bundesstaatsanwalts von sechs Jahren; keine vorzeitige Abwahl
Interpellationsrecht
des National- und Bundesrates gegenüber dem Bundesstaatsanwalt wie
gegenüber einem Bundesminister
Verantwortlichkeit des
Bundesstaatsanwalts vor dem Verfassungsgerichtshof wie Mitglieder der
Bundesregierung (Staatsgerichtsbarkeit im Falle von schuldhaften Rechtsverletzungen)
Verankerung der
Staatsanwälte als Organ der Rechtspflege in der Bundesverfassung
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr
Abgeordneter Scheibner. Wunschredezeit: 9 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des zu seinem Sitzplatz
zurückkehrenden Abg. Dr. Wittmann –: ... eine brillante Rede! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kommt jetzt!)
10.37
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Jarolim hat mir jetzt ein Stichwort gegeben, denn er hat gesagt, das war eine brillante Rede. Da fällt mir der Spruch ein: „Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst die Zwerge lange Schatten.“ (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) – Es muss nicht immer die Kultur sein, es kann auch manchmal die Politik sein.
Denn, meine Damen und Herren, ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) –
Ja, lieber Kollege Jarolim! Gleich dazu ... (Abg. Dr. Jarolim: Das
ist bei Schüssel ...!)
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Jarolim, Sie kennen die Regel: Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus! – Es würde mich schmerzen, Ihnen in der letzten Sitzung der Gesetzgebungsperiode noch einen Ordnungsruf hinaufdoppeln zu müssen. (Abg. Neudeck: Er will es auf zehn bringen!) Das tue ich nicht gerne. Also bitte halten Sie sich zurück!
Am Wort ist Herr Abgeordneter Scheibner.
Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Herr Präsident! Lassen Sie den Kollegen Jarolim nur dazwischenrufen, denn für solche Hölzln, die er immer wirft, bin ich sehr dankbar. So etwas braucht man als Redner ab und zu (Abg. Gaál: Das hilft dir nichts!), dass dem Kollegen Jarolim, egal, wo er sitzt, auch ein bisschen zugelassen wird, seine Zwischenrufe hier einzubringen, denn, meine Damen und Herren: Kollege
Jarolim war es ja immer, der in seltener Offenheit und Ehrlichkeit die Arbeit der Frau Justizministerin Gastinger in den höchsten Tönen gelobt hat! (Abg. Dr. Fekter: Ja!) Er hat gesagt: Wunderbar!, und: So etwas hat es überhaupt noch nie gegeben! (Abg. Dr. Jarolim: Das ist das Schicksalhafte! Das ist ja das Schicksalhafte an ...!), und: Unabhängig!, und: Wie sie dynamisch ihr Ressort führt! – Und er hat geklagt darüber, dass sie ja eigentlich noch viel mehr machen könnte, wenn nicht der Koalitionspartner alles Mögliche behindern würde. – So weit, so gut.
Jetzt plötzlich, wo es der SPÖ an den Kragen geht (Abg. Dr. Fekter: ... Sumpf!), wo die SPÖ bis zum Hals im ÖGB-BAWAG-Sumpf drinnen steckt und die Justiz handelt – viele von uns haben sich gefragt: Na, wieso dauert denn das so lange? (Abg. Dr. Jarolim: Das haben wir uns auch gefragt! – Ruf bei der SPÖ: 1. Oktober!), und da haben wir gesagt: Na, die trauen sich da nicht so richtig!, aber wir hätten nie von Beeinflussung von irgendwem gesprochen, sondern die haben ihre Erkenntnisse getroffen –, passen die Erkenntnisse der SPÖ nicht. Und plötzlich, anstatt dass man sagt: Ja, wir haben etwas aufzuklären und wir haben etwas zu bereinigen!, greift man die unabhängige Justiz an und dann gleich auch die Justizministerin – die Justizministerin, die immer klargelegt hat, dass sie eben keine Weisung erteilen wird, egal in welche Richtung. – Das wissen Sie halt nicht, denn so etwas kennen Sie von der SPÖ nicht, denn unter Ihrer Zeit hat es mehrfach Weisungen und politisches Eingreifen und Einschreiten in die unabhängige Justiz gegeben. (Abgeordnete der ÖVP nicken zustimmend.) Das ist Ihre Art von Rechtsstaat, meine Damen und Herren von der SPÖ, aber nicht unsere! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Herr Kollege Wittmann, wenn Sie jetzt hier einen
Entschließungsantrag einbringen, wie Sie sich die unabhängige
Staatsanwaltschaft vorstellen würden, und man liest dann in diesem Antrag,
dass man einen Bundesstaatsanwalt will, der im Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit
gewählt werden soll (Abg. Dr. Fekter: Ja! SPÖ-genehm!), dann
weiß ich schon, Herr Kollege Wittmann, das ist Ihre Vision, nämlich:
Zurück zur großen Koalition, wo wir endlich wieder in diesem
Land schalten und walten können, wie wir wollen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Peinlich
ist das!) – Und dann will man in diesem Rechtsstaat noch einen
politisch gewählten Staatsanwalt an die Spitze setzen!? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich! Peinlich!)
Meine Damen und Herren, mehr braucht man wirklich nicht mehr,
um Ihre wahren Absichten zu sehen. Ein Grund mehr, um dafür zu
sorgen, dass Sie diese Dinge nie verwirklichen können! – Wir stehen
zu einer unabhängigen, weisungsfreien Justiz! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei
Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: ... weisungsgebunden!)
Ja, sie sind weisungsgebunden, aber es gibt keine Weisungen, Herr Kollege Öllinger! Zeigen Sie mir eine Weisung der Frau Justizministerin Gastinger an die Staatsanwaltschaft! Legen Sie sie vor, dann können wir darüber diskutieren!
Was hat denn Kollege Wittmann dann noch gesagt? – Die Ortstafeln hat er angesprochen. Das ist ja auch schön. Kollege Wittmann, reden Sie doch einmal mit dem Abgeordneten Cap! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der tut Zeitung lesen! Der hat keine Zeit!) Der kann das ja bestätigen, wie wir Stunde um Stunde, Tag um Tag gesessen sind, verhandelt haben, um einen wirklich tragfähigen Kompromiss für eine dauerhafte Regelung in dieser Ortstafelfrage zu bekommen. Wochenlang haben wir darüber verhandelt! Wir waren auf einem sehr, sehr guten Weg, um wirklich ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) – Bitte? (Abg. Dr. Wittmann: Die Performance des Landeshauptmannes von Kärnten ist lächerlich!)
Ich erinnere noch einmal an den Vergleich mit der Politik und der Kultur, denn eure Performance war nämlich, so lange zu verhandeln, aber zum Schluss nein zu sagen!
(Ruf bei der ÖVP: Genau!) Dieser historische Kompromiss ist
nämlich nicht an Landeshauptmann
Haider gescheitert, ist nicht an den Regierungsparteien gescheitert, sondern
ist am „Njet!“ der SPÖ gescheitert! Das
ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen –
BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) – Ihr regt euch
immer über irgendetwas auf, aber in Wahrheit gibt es, wenn es darum
geht, dann konsequent für eine Lösung zu arbeiten, von eurer Seite
ein Nein! (Abg. Dr. Wittmann: Stellen Sie einen
verfassungsmäßigen Zustand her!)
Genauso wie das ja auch beim Verfassungs-Konvent der Fall gewesen ist, meine Damen und Herren! Und es ist richtig – Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer hat es ja gesagt –: 19 Monate sind wir in diesem Verfassungskonvent gesessen, mit Experten, mit Landespolitikern, mit Professoren, mit Verfassungsrechtlern – 19 Monate! Und es waren wirklich tolle Verhandlungen, es waren intensive Verhandlungen. – Am Ende kam wieder das „Njet!“ der SPÖ, weil man ganz einfach gesagt hat: Nein, das ist ein Regierungsprojekt, und wenn da jetzt etwas herauskommt, dann ist das ein Erfolg für die Regierung, und das können wir nicht zulassen!
Das ist in Wahrheit der Grund dafür! – Und man hat versucht, Argumente dafür zu finden, und da hat man geglaubt: Die sozialen Grundrechte werden das sein, denn dem werden die von der Regierung nie zustimmen! – Wir haben gesagt: Ja, in Ordnung, diskutieren wir über die sozialen Grundrechte! Und wir hätten ein schönes Paket gehabt, das bedeutet hätte, dass wir hier auch einen Grundrechtekatalog erarbeiten und nicht unsere Grundrechte auf ein Staatsgrundgesetz aus dem Jahr 1867 basieren müssen, meine Damen und Herren.
Aber als Sie das dann gesehen haben, haben Sie eben andere Argumente gebracht. Ich brauche ja nur den Parteivorsitzenden Gusenbauer mit einer Aussage aus dem Oktober 2004 zu zitieren. Da waren wir noch mitten in den Verhandlungen, aber damals hat Abgeordneter Gusenbauer schon gewusst, dass dieser Konvent scheitern wird. Und Sie wissen es ja auch, Herr Kollege Wittmann, dass dieser Besondere Ausschuss dann wirklich nur mehr eine Farce war. Das war wirklich nur mehr eine Zeitverschwendung, ich sage Ihnen das ganz offen! Und ich bedauere das, denn es wäre notwendig, sinnvoll und möglich gewesen, dass man zumindest in einer Teilnovelle die Dinge, auf die wir uns schon geeinigt gehabt hätten, auch umsetzt. Das wäre kein „Erfolg der Regierung“ gewesen, sondern es wäre ein Erfolg dieses Parlaments und einer ordentlichen Politik hier in Österreich gewesen. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Man ist nicht einmal in der Lage, eine Rechtsbereinigung zu unternehmen – eine Rechtsbereinigung auf Grund einer Situation, die nach Jahren und Jahrzehnten großer Koalition entstanden ist, in der man mit Zweidrittelmehrheit all jene Dinge, von denen man geglaubt hat, dass sie der Verfassungsgerichtshof vielleicht aufheben oder beeinspruchen wird, ganz einfach mit Zweidrittelmehrheit in den Verfassungsrang gehoben hat und dann dieser Kontrolle entzogen hat! – Mehrere Hundert dieser Verfassungsbestimmungen sind herausgefiltert worden. Man hätte das mit einem Schlag bereinigen und auch in Zukunft dafür sorgen können, dass dieser Missbrauch mit der österreichischen Bundesverfassung nicht möglich ist und das nicht gemacht werden kann. – Keine Zustimmung und keine Einigung!
Oder, bei der Kompetenzregelung: Ich habe noch Frau Landeshauptfrau Burgstaller im Ohr, die
einmal im Konvent gesagt hat: Mehr Mut bei den Kompetenzen! – Diesen
Mut hat sie aber auch nur im Plenum des Konvents gehabt, denn als es dann darum
gegangen ist, wirklich eine grundlegende Änderung der
Kompetenztatbestände herbeizuführen, waren gerade die
Ländervertreter diejenigen, die alles verhindert haben.
Ich sage Ihnen: Wenn ein Ländervertreter und wenn Landtagsabgeordnete und Landesräte so wenig Selbstbewusstsein haben, dass sie sich selbst in Frage stellen oder dass sie glauben, sie selbst werden in Frage gestellt, nur deshalb, weil man ihnen Kompetenzen in der Gesetzgebung „wegnehmen“ – unter Anführungszeichen – will, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind, dann ist das wirklich eine Problematik.
Wir haben hier einen radikalen Vorschlag eingebracht – keine Frage –, aber ich frage Sie: Ist es wirklich noch zeitgemäß in einem Land, das Mitglied der Europäischen Union ist, mit neun Bundesländern neun verschiedene Bauordnungen zu haben, neun verschiedene Sicherheitsbestimmungen in verschiedenen Bereichen, neun verschiedene Qualitätskriterien? – Nein! Wir haben gesagt: Konzentrieren wir doch die Gesetzgebung beim Bund, die Vollziehung beim Land, mit einer entsprechenden Kontrolle auch durch die Landtage! Und der Bundesrat als Teil der Bundesgesetzgebung soll durch Landtagsabgeordnete, also durch echte Landespolitiker besetzt und mit entsprechenden Vetorechten ausgestattet sein! – Das wäre eine sinnvolle, zukunftsorientierte Weiterentwicklung auch unserer Kompetenzbestimmungen. – Leider keine Einigung!
Auch in der Sicherheitspolitik hätten wir uns erwartet, dass man hier mutiger und dynamischer auf die Herausforderungen der Zukunft reagiert hätte. Und, Herr Kollege Wittmann, dein Neutralitätsgerede immer wieder, das kennen wir ja auch schon! Kein Mensch wollte das Neutralitätsgesetz abschaffen! Darüber hat es einen Konsens gegeben, dass wir das Neutralitätsgesetz auch weiter entsprechend verankert haben, nur – und ich sage es noch einmal –: Diejenigen, die die Neutralität wirklich abgeschafft haben, das wart ihr im Jahr 1998 mit einer Verfassungsnovelle, nämlich betreffend Art. 23f B-VG, mit der ihr dafür gesorgt habt, dass Österreich vollinhaltlich und ohne jede Einschränkung an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union teilnehmen kann. – Aber das ist halt die alte Leier, die ihr immer bringt! Ihr habt sie abgeschafft, und jetzt spielt ihr euch hier auf als die Retter der Neutralität.
Und so könnte man das alles noch weiterführen. Ich sage Ihnen nur, meine Damen und Herren: Ich bedauere es wirklich, dass 19 Monate Arbeit zu keiner Einigung geführt haben. Von uns Politikern kann man noch sagen: Gut, Politiker sind dazu da, dass sie sich entsprechend mit diesen Dingen befassen. Aber es haben sich viele, viele Menschen in ihrer Freizeit beteiligt! Bürger, Österreicherinnen und Österreicher haben ihre Kommentare auch mit eingebracht. Viele, viele Menschen in diesem Land haben ehrlich geglaubt, dass es möglich sein wird, unsere österreichische Bundesverfassung, wenngleich diese tauglich ist – keine Frage –, aber doch auf die neuen Herausforderungen im öffentlichen Bereich und in anderen Bereichen des Lebens hin auszurichten und neu zu gestalten. Diese Menschen sind enttäuscht! Sie sind enttäuscht, dass es aus rein parteipolitischen Gründen keine Einigung gegeben hat.
Wenn Sie, Herr Kollege Wittmann, sagen, es seien Vorarbeiten geleistet worden, auf die man aufbauen könne, dann habe ich meine Zweifel, denn Sie glauben anscheinend, dass man dann, wenn Sie wieder in einer Regierung sind, diese Einigung zustande bringen kann. – Ich gehe davon aus, dass Sie auch in Zukunft nicht in einer Regierung sein werden, deshalb fürchte ich, dass Sie Ihre Blockade auch in der nächsten Legislaturperiode aufrechterhalten werden.
Aber wir stehen dazu: Wir wollen eine moderne, zukunftsorientierte Verfassung! Das hat nichts mit Parteipolitik, sondern hat etwas mit Staatspolitik zu tun. Aber das ist Ihnen von der SPÖ leider fremd, dass der Staat nichts mit Parteien zu tun haben muss. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
10.48
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Ihre Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.
10.49
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das ist nun heute das recht unpompöse „Begräbnis“ des so genannten Österreich-Konvents. Was bedauerlich ist, ist, dass, obwohl tatsächlich viele, viele Arbeitsstunden – viele unbezahlte Arbeitsstunden – aufgewendet wurden und viele Expertinnen und Experten, viele Bürgerinnen und Bürger, die 13 anerkannten Religionsgemeinschaften, also viele Gruppen sich sehr konstruktiv beteiligt haben, die politische Klasse es letztlich nicht geschafft hat, eine Verfassungsreform – die unbestritten notwendig ist – über die Bühne zu bringen und sich auf einen Konsens zu einigen. Ich glaube, das sehen alle, die mitgearbeitet haben und die dabei waren, so. (Beifall bei den Grünen.)
Ich glaube, unbestritten ist auch – abseits jetzt
von parteipolitischen Schuldzuweisungen –, wo das echte Problem
gelegen ist, und es wurde ja schon angeschnitten: Eines der größten
Probleme waren tatsächlich die Einstellungen der Landeshauptleute und der Bundesländer dazu. Wäre ihrerseits von
Anfang an eine ernsthaftere Beteiligung im Österreich-Konvent gegeben
gewesen – es gibt Landeshauptleute, die waren überhaupt
nie im Österreich-Konvent, und es gab manche, die waren nur ein einziges Mal
im Österreich Konvent –, hätte es von dieser Seite eine
ernste Beteiligung gegeben, dann hätte es in diesem wesentlichen Feld der
Verfassungsreform, in der Bundesstaatsreform, eine Chance gegeben.
Aber: Es gibt, glaube ich, keinen bequemeren Job in dieser Republik, als Landeshauptmann zu sein: man kann 95 Prozent der Mittel, die man einnimmt, wieder ausgeben, muss aber nicht für die Einnahmen verantwortlich sein – man muss keine Steuern einheben, man muss dazu gar nichts beitragen –, und ich hätte mir hier mehr Entgegenkommen von allen Landeshauptleuten erwartet und nicht diese aus meiner Sicht wirklich fast peinliche Haltung: Es darf einem ja nichts weggenommen werden, denn das ist ein Schwächezeichen, und daher verhindern wir jede Modernisierung eines Bundesstaates! – Das war, glaube ich, der größte Kritikpunkt und das größte Problem dieses Österreich-Konvents, und das betrifft alle Parteien. Wir Grünen haben noch keinen Landeshauptmann gestellt, aber es hätte uns vielleicht auch betreffen können, hätten wir einen gehabt. Aber das war – offen und ernst gesprochen – das echte, größte Problem dieses Österreich-Konvents.
Eine zweite Hürde, die nie genommen worden ist, war selbstverständlich der gesamte Bereich Grundrechte. Hier sind die Meinungen, entgegen den Aussagen vorher, sehr weit auseinandergegangen, was tatsächlich moderne Grundrechte, einen modernen Grundrechtskatalog, und vor allem deren Durchsetzung betrifft. Wir haben von plakativen Äußerungen in einer Bundesverfassung nur wenig, wenn nicht die Durchsetzung von Grundrechten auch durch ordentliche Verfahren garantiert ist. Daran aber hat es sich bis zum Schluss gespießt.
Und der dritte Bereich, der heute noch offen ist und der immer wieder auch als Defizit in der öffentlichen Wahrnehmung hervorkommt, ist die Frage der politischen Kontrolle, auch einer ordentlichen politischen Kontrolle hier im Parlament.
Es hat jetzt keinen Sinn, alle Vorschläge, die im Österreich-Konvent gemacht worden sind, oder eine Auswahl davon hier als Entschließungsantrag einzubringen, aber ich glaube, die Zeit rund um Wahlen beziehungsweise die erste Nationalratssitzung nach einer Wahl ist auch immer ein historisches Fenster, unter Umständen auch für mehr Kontrolle. Deswegen der Versuch, dass wir uns hier als Abgeordnete, die noch nicht wissen, wie sich die nächste Regierung zusammensetzen wird, wer die Kontrolleure
und wer die Kontrollierten sind, einigen können, dass Untersuchungsausschüsse grundsätzlich als Minderheitsrecht eingeführt werden – im Sinne auch der Kontrollierten.
Historisch ist die derzeitige Regelung als Mehrheitsrecht,
glaube ich, nur dadurch zu begründen, dass seinerzeit noch der Monarch,
der Kaiser Kontrolle durch die Mehrheit des Hauses gebraucht hat. Die
Alltagsrealität zeigt, dass Abgeordnete einer Regierungsfraktion ihre
Rolle ausschließlich darin sehen, die Regierungsmannschaft/-frauschaft
zu unterstützen – und nicht Kontrolle auszuüben.
Deswegen ist der einzige logische Schiritt, dieses Kontrollrecht, die
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, als Minderheitsrecht einzurichten. (Beifall bei den Grünen.)
Ich bringe daher folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minderheitsrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes vorzulegen, womit der Minderheit im Nationalrat das Recht eingeräumt wird, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.
*****
Kontrolle – vielleicht kommen wir auch hier ein Stück weiter. Die Zuständigkeit des Rechnungshofes ist, glaube ich, unbestritten eine gute, eine positive, die dem Steuerzahler/der Steuerzahlerin unter dem Strich sehr viel Geld einbringt, in deren Rahmen politische Kontrolle ausgeübt wird, wirtschaftliche Kontrolle ausgeübt wird und die auch als wichtiges Instrument des Parlaments nicht wegzudenken ist. Ich glaube, wenn man die Bevölkerung fragen würde: Ausweitung der Kontrollbefugnisse des Rechnungshofes?, dann würde das sehr, sehr breite Zustimmung finden. Und auch alle, die sich mit dieser Materie befassen, wissen, dass es sachlich auch notwendig ist – vor allem, was die Direktförderung der Europäischen Union betrifft; da kommen neue Förderströme hinzu.
Und auch da der Versuch, schon für die Zeit nach der Wahl einen Konsens zu finden über dieses wichtige Projekt, die Ausweitung der Kontrollbefugnisse des Rechnungshofes, vor allem auf die 25-Prozent-Beteiligungen. Das ist auch im Sinne der Kontrollierten und unbestritten ein Bonus für den Steuerzahler/die Steuerzahlerin.
Ein weiterer Punkt, der in den letzten Tagen in der öffentlichen Diskussion sehr heiß hin und her gegangen ist, ist die Frage öffentliche Parteifinanzierung und die Transparenz dieser Parteienfinanzierung und vor allem auch der Ausgaben- und Einnahmenseite. Es hat mittlerweile Parteien gegeben – ich glaube, die SPÖ –, die so weit waren, unsere diesbezüglichen Vorschläge auch zu unterstützen. Ich sehe keinen Grund, warum das die ÖVP nicht auch tun sollte. Es gibt auch bei der ÖVP einige Dinge, die höchst aufklärungsbedürftig sind – selbstverständlich! –, vor allem, was Dinge im Zusammenhang mit den Interessenvertretungen betrifft. Da gibt es auch Beispiele: Sachzuwendungen, MitarbeiterInnenzuwendungen in der Industriellenvereinigung. – In Deutschland ist das, was bei uns gang und gäbe und völlig legal ist, nicht erlaubt und wird auch bestraft! Ich denke also, man sollte hier eine offene und transparente Möglichkeit für den Steuerzahler/die Steuerzahlerin eröffnen, und es gibt sowohl für die SPÖ als auch für die ÖVP keinen Grund, diesem Projekt „gläserne Parteikassen“ – mit
einer transparenten Einnahmen- und Ausgabenseite, mit dem Verbot anonymer Spenden, mit einem Stückelungsverbot und auch mit Sanktionen – nicht zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist unser dritter Entschließungsantrag – den ich nicht einbringen muss, weil er länger als eine Seite ist; er wird verteilt, und Sie können ihn nachlesen –: Es geht dabei im Wesentlichen um eine detailliertere Darstellung als jetzt. Spenden innerhalb eines Jahres über 7 000 € sollen unter Angabe des Namens auch veröffentlicht werden. Anonyme Spenden soll es ab einer Höhe von 500 € nicht mehr geben. Und bei Verletzung dieser Transparenzbestimmungen soll es auch Konsequenzen geben.
Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin, dieser Antrag ist jetzt erläutert und eingebracht. Die beiden anderen Anträge sind ja ganz kurze; diese bitte ich Sie zu verlesen.
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (fortsetzend): Ich verlese noch folgenden Antrag:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Rechnungshofgesetzes vorzulegen, womit die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes ausweitet wird. Insbesondere sollte eine Prüfung
von öffentlichen Unternehmen bereits ab einer 25-prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hand,
von Gemeinden mit weniger als 20 000 EinwohnerInnen und
von Direktförderungen der Europäischen Union
ermöglicht werden.
*****
Ein abschließendes politisches Schlusswort: Hätten wir in Kärnten nicht einen Landeshauptmann, der entgegen jeglicher Vernunft die Ortstafelfrage ständig zur Aufhetzung der Bevölkerung instrumentalisiert, dann hätten wir uns sehr viel Diskussion, sehr viel Expertendiskussion, sehr viele Verhandlungen et cetera und sehr viel öffentliche – und auch internationale – zu Recht kritische Berichterstattung erspart: wenn wir einfach nur den verfassungsgemäßen Zustand hergestellt hätten – ohne Instrumentalisierung, ohne Wahlkampf, ohne Parteipolitik einfach nur das Recht der Minderheiten auf ihre Sprache gewahrt hätten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
10.56
Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Glawischnig-Piesczek eingebrachte und in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne Parteikassen“ ist eingebracht, hinreichend begründet und steht mit in Verhandlung.
Frau Abgeordnete Glawischnig hat dann noch zwei Entschließungsanträge verlesen:
Der Entschließungsantrag betreffend Minderheitsrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Und der Entschließungsantrag der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes ist gleichermaßen hinreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.
Die Anträge haben
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minderheitsrecht
zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, eingebracht im Zuge der Debatte
über den Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichts
des Österreich-Konvents (1584dB)
Die politische
Realität zeigt immer wieder, dass die Regierungsfraktionen ihre Aufgabe in
erster Linie darin sehen, die Regierung zu unterstützen. Die
Kontrollfunktion gegenüber der Regierung nehmen daher nur die
Oppositions- bzw Minderheitsfraktionen wahr. Es ist hoch an der Zeit, dieser
Minderheit auch die entsprechenden parlamentarischen Instrumente in die
Hand zu geben.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Die Bundesregierung
wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des
Bundes-Verfassungsgesetzes vorzulegen, womit der Minderheit im Nationalrat das
Recht eingeräumt wird, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Glawischnig-Piesczek, Kollegen und Kolleginnen betreffend Erweiterung der
Zuständigkeiten des Rechnungshofes, eingebracht im Zuge der Debatte
über den Bericht des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes
des Österreich-Konvents (1584dB)
Neuere Entwicklungen
machen eine Ausweitung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes
notwendig.
Öffentliche
Unternehmen:
Die
Rechnungshofzuständigkeit besteht derzeit ab einer 50%igen Beteiligung der
öffentlichen Hand oder bei dieser gleichzuhaltenden
Einflussmöglichkeiten. Weitere Privatisierungsmaßnahmen bei den
öffentlichen Unternehmen haben vielfach dazu geführt, dass nur
eine Sperrminorität von 25% (plus eine Aktie) durch die öffentliche
Hand gehalten wird. Dazu treten Einflussmöglichkeiten der
öffentlichen Hand durch Stimmbindungsverträge. In derartigen
Fällen unterliegt die betreffende Unternehmung zwar schon nach dem
geltenden Recht der Zuständigkeit des Rechnungshofes. Allerdings sind die
für die Kontrolle erforderlichen Syndikatsverträge mitunter entweder
gar nicht bekannt oder nur schwer zugänglich, was den gebotenen Nachweis
– auch in einem allfälligen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof
gemäß Art 126 a B-VG - erschwert.
Einige
Bundesländer haben auf diese Entwicklungen bereits reagiert und sehen die
Zuständigkeit ihres Landesrechnungshofes ab einer 25%igen Beteiligung
des Landes vor.
Weiters ist daran zu
erinnern, dass das B-VG idF 1948 eine Prüfungszuständigkeit bei jeder
Höhe der Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Unternehmung
vorsah. Die Einschränkung auf 50% erfolgte erst 1977.
Gemeinden:
Die im eigenen
Wirkungsbereich der Gemeinden zu erledigenden Aufgaben werden immer
bedeutsamer, komplexer und kostenintensiver. Die aktuelle Prüfungsschwelle
für den Bundes-Rechnungshof von 20.000 EinwohnerInnen in der Gemeinde ist
daher zu niedrig. Nur der Bundesrechnungshof kann eine
bundesländerübergreifende Gebarungskontrolle im Gemeindebereich
gewährleisten.
Direktförderungen
der EU:
Art 248 Abs 3 dritter
Satz EGV sieht eine Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen
Gerichtshof und dem Rechnungshof des Mitgliedstaates vor. Erst eine diesbezügliche
innerstaatliche Zuständigkeitsregelung würde eine derartige
Zusammenarbeit auch wirklich ermöglichen.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Die Bundesregierung
wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zur Änderung des
Bundes-Verfassungsgesetzes und des Rechnungshofgesetzes vorzulegen, womit die
Prüfungskompetenz des Rechnungshofes ausgeweitet wird. Insbesondere sollte
eine Prüfung
von öffentlichen
Unternehmen bereits ab einer 25%igen Beteiligung der öffentlichen Hand,
von Gemeinden mit
weniger als 20.000 EinwohnerInnen und
von
Direktförderungen der Europäischen Union
ermöglicht
werden.
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne
Parteikassen“, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des
Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichts des
Österreich-Konvents (1584dB)
Begründung
Die Existenz und Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile einer demokratischen Grundordnung. Zu ihren Aufgaben gehören vor allem die Mitwirkung an der politischen Willensbildung. Gleichzeitig ist es notwendig und richtig, dass die politischen Parteien aus öffentlicher Hand finanziert werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Entscheidungen der politischen Handlungsträger aufgrund einer internen Meinungsbildung getroffen werden können. Andernfalls wären die Parteien in ihrer
Finanzierung von
Zuwendungen bestimmter Lobbys und Großspendern abhängig, die sich
dafür wiederum Gegenleistungen erwarten würden. Will man diese
Auswüchse, wie etwa „gekaufte politische Entscheidungen" und
Korruption verhindern, so führt an einer öffentlichen Parteienfinanzierung
kein Weg vorbei.
Gerade die
Finanzierung von Parteiarbeit durch öffentliche Gelder bedeutet
gleichzeitig aber eine ganz besondere Verantwortung dafür, mit diesen
Mitteln sorgsam umzugehen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf,
dass ihre Gelder zweckentsprechend eingesetzt werden.
Die Antwort kann nur
maximale Transparenz und Öffentlichkeit sein. Die politischen Parteien
sollen selbstverständlich weiterhin mit öffentlichen Mitteln
ausgestattet werden, die für ihre politische Arbeit notwendig sind.
Die Steuer zahlenden Bürgerinnen haben aber gleichzeitig ein Recht darauf,
zu erfahren, wer diese Parteien – möglicherweise nicht
ganz uneigennützig - zusätzlich finanziert, und wofür das Geld
der Parteien im einzelnen verwendet wird.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Die Bundesregierung
wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Parteiengesetzes zur
Beschlussfassung vorzulegen, die insbesondere in folgenden Punkten mehr
Transparenz gewährleisten soll:
Detailliertere
Darstellung der Parteieinnahmen im Rechenschaftsbericht (neben direkten
Spenden sollen auch indirekte Spenden, wie Kostenübernahmen, Sachspenden,
Zuwendungen an Teil- und Vorfeldorganisationen, lebende Subventionen etc. offen
zu legen sein) sowie Veröffentlichung des Berichtes durch die
Parlamentsdirektion
Spenden, deren Wert
innerhalb eines Kalenderjahres € 7.000.- übersteigt, sollen unter
Angabe des Spenders (Name und Adresse) im Rechenschaftsbericht zu
veröffentlichen sein
Die Annahme von
Spenden soll Parteien jedenfalls in folgenden Fällen generell untersagt
sein:
anonyme Spenden, deren
Wert € 500.- übersteigt
Spenden, die einer
Partei offensichtlich in Erwartung einer Gegenleistung gewährt werden
Spenden von
Körperschaften öffentlichen Rechts, von auf freiwilliger
Mitgliedschaft beruhenden Berufs- und Wirtschaftsverbänden, von
Kammern, Stiftungen und Fonds. Dadurch soll die sogenannte
„Spendenwäsche“ in Form der bloßen Weiterleitung von anonym
bleibenden SpenderInnen durch die genannten juristische Personen unterbunden
werden.
Eine Verletzung der
Transparenz-Bestimmungen über Parteienfinanzierung (etwa durch
Vermögensverschleierung oder das Zerlegen einer Spende in
Teilbeträge) soll strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Verheimlichung
einer Spende soll außerdem zur Einziehung des Geldwerts der Spende durch
das Parlament und zur Einbehaltung des doppelten Werts bei der nächsten
Auszahlung der Parteienfinanzierung führen.
Substantielle Kürzung
der Frist zur Vorlage des Rechenschaftsberichts.
Rechenschaftspflicht: Verpflichtung der Parteien, eine detailliertere Aufschlüsselung ihrer Ausgaben in den jährlichen Rechenschaftsbericht aufzunehmen (insbesondere
hinsichtlich Zuwendungen an MandatarInnen und Regierungsmitglieder z.B.
für persönliche Spesen und Repräsentationsaufwand).
Klarstellung, dass die Rechenschaftspflicht auch für Landesparteien
und deren nachgeordnete Ebenen (Bezirks- und Ortsorganisationen) gilt
sowie Einbeziehung von Teilorganisationen von Parteien
Deklarationspflicht:
Jene Parteien und wahlwerbenden Gruppen, die im Nationalrat vertreten oder
bei den letzten Nationalratswahlen angetreten sind, haben ihre Parteifinanzen
jährlich gegenüber dem Präsidenten des Nationalrates und dem
Rechnungshof zu deklarieren, sobald sie für den Nationalrat kandidieren.
In den Rechenschaftsbericht ist auch eine Vermögensbilanz aufzunehmen.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.
10.57
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Der Besondere Ausschuss des Nationalrates hat in insgesamt zehn Sitzungen unter anderem folgende Themen behandelt: Verfassungsbereinigung, Grundrechtsschutz, Verwaltungsstruktur, sicherheitspolitische Grundsätze, Kompetenzverteilung, Bundesrat und demokratische Kontrolle.
Im Anschluss an die Beratungen des Verfassungskonvents wurde durch den Besonderen Ausschuss versucht, in den genannten Materien weitere Übereinstimmungen zu finden beziehungsweise die unterschiedlichen Standpunkte offenzulegen.
Die am Anfang der Ausschussberatungen verabschiedete
Vereinbarung, dass eine inhaltliche Beschlussfassung nur dann möglich
ist, wenn alle strittigen Punkte der Verfassungsreform gelöst
sind, hat die Arbeiten insofern erleichtert, als sich der Ausschuss darauf
verständigen konnte, die unterschiedlichen Themenblöcke unter diesem
Vorzeichen zu behandeln. Damit war es möglich, in allen Bereichen offen zu
verhandeln und herauszuarbeiten, in welchen Bereichen grundsätzliche
Übereinstimmung herrscht, und auch konkrete Teile für eine
Verfassungsänderung zu identifizieren, die politisch unstrittig sind, ohne
damit schon eine endgültige Zustimmung abgeben zu müssen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)
Im Besonderen Ausschuss mussten auch jene Teilbereiche benannt werden, die zwischen den Fraktionen noch strittig sind und in denen derzeit keine Einigung möglich ist. Nicht übersehen werden darf, dass in manchen Fragen, in denen noch Dissens zwischen den Fraktionen dieses Hauses herrscht, auch Verhandlungen mit anderen, außerhalb des Parlaments stehenden Partnern geführt werden müssen. Als Beispiel weise ich auf den komplexen und in vielfältiger Weise strittigen Bereich der Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern hin. Hier wird es neben den Beratungen der im Nationalrat vertretenen Fraktionen, die in dieser Frage unterschiedliche Lösungsmodelle vertreten, auch weiterhin intensive Gespräche mit den Vertretern der Bundesländer geben müssen.
Für eine neue Bundesregierung und für den am 1. Oktober neu zu wählenden Nationalrat bilden die Arbeiten des Besonderen Ausschusses eine Basis, um die Beratungen fortzusetzen.
Erfreulich ist, dass in manchen Bereichen grundsätzliche Einigkeit erzielt werden konnte. Ich nenne etwa die Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten, die Beibehaltung des Neutralitätsgesetzes und die Verfassungsbereinigung. Auf diesen Grundlagen
lässt sich aufbauen, sodass die berechtigte Hoffnung besteht, dass in der kommenden Gesetzgebungsperiode in maßgeblichen Fragen eine Einigung aller Fraktionen in diesem Haus gelingen könnte.
Wir brauchen für unser Land eine moderne Bundesverfassung; deren Grundlagen wurden im Österreich-Konvent und in den daran anschließenden Beratungen des Besonderen Ausschusses erarbeitet. Ich möchte aber betonen, dass der Abschluss der Arbeit des Besonderen Ausschusses nicht das Ende der Verfassungsdiskussion bedeutet, sondern dass damit vielmehr ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer neuen österreichischen Bundesverfassung gemacht wurde.
Lassen Sie mich einige Ziele explizit formulieren: ein übersichtliches, für die Bürger verständliches Verfassungswerk ohne die zahlreichen einzelnen Nebengesetze und Verfassungsbestimmungen zu schaffen. In einem umfassenden und zeitgemäßen Grundrechtskatalog sollten auch die sozialen Grundrechte nach dem Vorbild der Europäischen Grundrechtscharta gewährleistet werden. Die Einrichtung von Verwaltungsgerichten in den Ländern soll eine sparsame, effiziente und bürgernahe Verwaltung sowie eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirken. Eine zeitgemäße, an den Fähigkeiten der Länder und Gemeinden anknüpfende Aufgabenteilung soll das Freiheitsprinzip des Föderalismus und die Gemeinden als Ort der bürgernahen Entscheidung stärken. Dazu braucht es Mut zur Veränderung, und zwar von allen Seiten.
Nach elf Jahren in der EU muss sich endlich die Einsicht
durchsetzen, dass es hoch an der Zeit ist, die in ihrem Kern auf die zwanziger
Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückgehende Kompetenzverteilung im
Lichte der Einbettung Österreichs in den europäischen Kontext neu zu
überdenken, ja vielleicht in Teilen auch neu zu erfinden. Dabei sehe ich
den Föderalismus nicht als Belastung, sondern als Anknüpfungspunkt
für eine bürgernahe Politik und eine serviceorientierte Verwaltung. (Abg. Öllinger:
Aber ohne Leidenschaft vorgetragen!) Es gilt, hier eine neue Balance zu
finden, wobei freilich der Grundsatz vorherrschen muss, dass die Ebene, die
eine Aufgabe übernimmt, auch die Verantwortung dafür tragen
sollte. Dass dies gut funktionieren kann, zeigt das Beispiel der
Übertragung des Bereichs der Bundesstraßen an die Länder. (Abg. Öllinger:
Etwas mehr Pathos, bitte!)
Ein Punkt, der mir mit Blick auf die bevorstehenden Nationalratswahlen auch wichtig erscheint, ist schließlich eine zeitgemäße Ausgestaltung des Wahlrechts. Die neue österreichische Bundesverfassung muss auch in dieser Frage zeitgemäße Lösungen zur Verfügung stellen.
In diesem Sinne hoffe ich auf eine fruchtbare Fortsetzung der Diskussion über eine neue staatliche Grundordnung für unser Land. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
11.03
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.
11.03
Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte steht meiner Überzeugung nach stellvertretend für das Erscheinungsbild der sozialdemokratischen Fraktion in der abgelaufenen Legislaturperiode. Die Sozialdemokratie hat ein zweifaches Problem (Abg. Heinzl: Das sagen gerade Sie): ein Glaubwürdigkeitsproblem und ein Problem, Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Was meine ich damit? – Es gehört eine Portion Unverfrorenheit dazu, sich hier ans Rednerpult zu stellen und von „zynischer Machtpolitik“ zu sprechen, wie das Kollege
Wittmann gemacht hat. Denn: Zynisch-machtpolitisch ist es, wenn der Mann, der lange hier in der zweiten Reihe gesessen ist, beim Österreich-Konvent soziale Grundrechte eingebracht hat. Wissen Sie, von wem ich rede? – Von Ihrem langjährigen Abgeordneten Verzetnitsch! Er spricht von sozialen Grundrechten, gleichzeitig muss der ÖGB jedoch Kürzungen beschließen.
Ich zitiere aus einer ÖGB-Unterlage vom 14. Juni dieses Jahres – wie sehen die sozialen Grundrechte aus, wenn die SPÖ die Alleinverantwortung trägt? Was sagt man hier im Zusammenhang mit den Pensionen und zu den Pensionisten? – Kürzungen in Summe von 70 Prozent, Witwen erhalten künftig 30 Prozent anstelle von 60 Prozent, also eine Kürzung von 50 Prozent. Und dann heißt es hier – ich spreche von sozialen Grundrechten –: Zur Sicherung könnte die rechtsverbindliche Unterschrift aller Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen, insbesondere jener mit Eintritt vor 1979, eingeholt werden, denn andernfalls besteht relatives Klags- und Prozessrisiko. (Abg. Dr. Stummvoll – in Richtung SPÖ –: Ungeheuerlich!) – Das sind die „sozialen Grundrechte“ der Sozialdemokratie, meine Damen und Herren!
Und derselbe Mann, der das eingebracht hat, hat für Sie im Österreich-Konvent die sozialen Grundrechte im Bereich der Arbeitswelt eingebracht! (Abg. Mag. Kräuter: Reden wir ein bisschen vom Taus!) – Hat der die Million kassiert? (Abg. Mag. Kräuter: Viele Millionen sogar!) Wer hat denn die Million kassiert? (Abg. Mag. Kräuter: Der Taus!) Die Million hat jemand kassiert – da bin ich schon beim nächsten Sozialdemokraten –, der Vranitzky heißt.
Was sagte Flöttl gestern am Abend in der „ZiB 2“ dazu? – Für den Fall, dass Sie es nicht gesehen haben, weil Sie wahlkämpfend unterwegs waren, möchte ich es hier bringen.
Es ist ja unbestritten, sagte Armin Wolf, dass
Dr. Vranitzky hier von Ihnen eine Million bekommen hat. Darauf sagte
Flöttl: „Die Behauptung, dass wir uns um den Euro gekümmert
haben“ – und das ist eine herrliche Formulierung, finde
ich –, „ist eine nicht sehr werthaltige Angabe, da wir nicht
in Europa investiert haben. Unser Augenmerk war damals Asien, Japan im
konkreten Fall.“ – Wir wissen es, denn die Verluste waren
damals riesig, was den Yen betrifft. (Abg.
Mag. Kräuter:
... mehr als 100 Millionen Dollar hat der Taus kassiert!)
Meine Damen und Herren von der SPÖ, genau darum geht es in Ihrem Bereich, wenn Sie von sozialen Grundrechten reden. Es ist das Gegenteil von dem, was wir wollen, wenn es um soziale Grundrechte geht. Und die Menschen hätten nichts davon, würden wir Ihrer Forderung danach folgen, dass diese Grundrechte einklagbar sind, dass der Staat etwas verspricht, in einer Verfassung festschreibt, weil er es nicht einhalten kann. In diesem Zusammenhang war die DDR am fortschrittlichsten, dort waren all die sozialen Grundrechte in der Verfassung festgeschrieben. Wir kennen das Ende eines solchen Systems, wo das zwar in der Verfassung festgehalten ist und am Buchstaben festgehalten wird – Arbeitsplätze sichern, garantieren, falls es überhaupt so etwas wie eine Garantie gibt, kann nur jemand, der wirtschaften kann, denn nur der, der wirtschaften kann, schafft und sichert Arbeitsplätze. Die Politik kann dafür die Rahmenbedingungen schaffen. Dass Sie das nicht können, haben Sie dort, wo Sie die Verantwortung haben, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, vielfach bewiesen! (Beifall bei der ÖVP.)
Über Nacht – über Nacht! – haben 17 000 Menschen bei der bisher größten Pleite in der Zweiten Republik, bei der „Konsum“-Pleite, ihre Arbeit verloren. Was hilft denen ein einklagbares Grundrecht auf Arbeit? Das hilft Ihnen gar nichts!
Der zweite Punkt, zu dem ich noch kommen möchte, sind die Parteifinanzen – auch von meiner Vorrednerin angesprochen. Wenn die SPÖ damit ein riesiges Problem hat,
dann soll sie nicht die anderen Parteien da mit hineinziehen. Und Sie haben damit ein riesiges Problem.
Ich zitiere nur zwei Vorsitzende, den Vorsitzenden der SPÖ Alfred Gusenbauer in einer OTS, einer Aussendung der Sozialistischen Korrespondenz nach der „Pressestunde“:
„Definitiv ausgeschlossen sei es, dass Geldflüsse vom ÖGB zur SPÖ stattgefunden haben, sagte Gusenbauer. Es hat keinen Sanierungsbeitrag von Seiten der FSG gegeben.“
Und ich zitiere Ihren künftigen Abgeordneten Haberzettl, Chef der FSG – er sagt genau das Gegenteil –: „Ja, es fließt regelmäßig Geld zwischen der FSG und der Bundes-SPÖ.“
Wenn Sie da ein riesiges Problem haben – wieder ein Glaubwürdigkeitsproblem! –, dann machen Sie nicht alle Parteien dafür verantwortlich!
Daher sagen wir: Diskutieren wir diese Frage, denn es besteht hier tatsächlich auf Grund der Vorkommnisse in der SPÖ – und diese Vorkommnisse sind ausschließlich in der SPÖ – Handlungsbedarf. (Beifall bei der ÖVP.)
Daher darf ich folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Lopatka, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundeskanzler wird ersucht, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener im Parlament vertretener Parteien und Experten – auch des Rechnungshofes – einzusetzen, um die Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems zu überprüfen und Probleme des derzeit geltenden Parteienfinanzierungssystems herauszuarbeiten sowie entsprechende Verbesserungsvorschläge zu erstatten.
*****
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind hier gerne mit dabei, wenn es darum geht, zu Verbesserungen zu kommen, und wir hoffen, dass es in der nächsten Legislaturperiode möglich sein wird, diese umfassende Arbeit, die hier im Österreich-Konvent geleistet wurde, mit Parteien zum Abschluss zu bringen, die nicht im Nein stecken bleiben, sondern die Kraft und den Mut haben, auch große Reformen mit uns gemeinsam umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
11.09
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Lopatka ordnungsgemäß eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Lopatka, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems, eingebracht im Zuge der Debatte des Nationalrates zum Bericht des Besonderen Ausschus-
ses zur Vorberatung des
Berichtes des Österreich-Konvents, vorgelegt vom Bundeskanzler
(III-136/1584 d.B.)
In der jüngeren
Vergangenheit ergaben sich im Bereich der Parteienfinanzierung zahlreiche
Probleme, wie zum Beispiel die Transparenz, die Form der Auszahlung, die Frage
der Rückforderung für zu unrecht überwiesene Beträge, die
Art der Abwicklung, die Mittelverwendung, die Effektivität der
Überprüfungsmodalitäten bei der Überprüfung der
Gesetzmäßigkeit der Mittelverwendung und die Frage der
Anknüpfung der Förderung, wobei immer unterschiedliche Gruppen
unterschiedliche Probleme angesprochen haben.
Um hiebei eine
sachgerechte und praxisnahe Lösung, die möglichst breite politische
Akzeptanz findet, herbeizuführen, sollten alle politischen Gruppierungen
mitwirken, um ein modernes Parteienfinanzierungssystem zu erarbeiten.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Der Bundeskanzler wird
ersucht, eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener im Parlament vertretener
Parteien und Experten – auch des Rechnungshofes – einzusetzen,
um die Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems zu
überprüfen und Probleme des derzeit geltenden
Parteienfinanzierungssystems herauszuarbeiten sowie entsprechende
Verbesserungsvorschläge zu erstatten.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
11.09
Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass Herr Kollege Lopatka nicht in der Lage ist, zu einem vorgegebenen Thema zu sprechen, sondern nur mit Diffamierungen um sich werfen kann, das hat er erneut bewiesen. Aber das hat mich nicht überrascht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Die Frau Präsidentin war nicht der Meinung, dass er nicht zum Thema gesprochen hat, sonst hätte sie ihn ja zum Thema gerufen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich möchte wieder zum Thema zurückkommen. Erfreulich am vorliegenden Bericht ist, dass nun eine umfassende Bestandsaufnahme des österreichischen Verfassungslebens vorliegt. Diese Arbeit wurde wirklich im Wesentlichen im Österreich-Konvent geleistet. Deshalb möchte ich auch von meiner Seite allen Mitgliedern dieses Österreich-Konvents großen Dank und Anerkennung aussprechen.
Der Wiederbelebungsversuch des nicht in einer Einigung gemündeten Konvents in Form dieses Besonderen Ausschusses war aber von Anfang an nicht sehr verheißungsvoll. Nachdem sich zuvor außerparlamentarische Kräfte einbringen konnten und sich auch sehr engagiert eingebracht haben, worin wir uns alle einig sind, wäre es nun an der Zeit gewesen, wieder die parlamentarischen Strukturen zu nutzen, um die anstehenden Fragen zu erörtern. Und die parlamentarische Struktur, die dafür vorgesehen ist, ist nun einmal der parlamentarische Verfassungsausschuss.
Man kann es sich wirklich nur mit parteipolitischen Motiven erklären, dass eine Parallelstruktur in Form dieses Besonderen Ausschusses her musste, also offensichtlich nur
deshalb, um den Vorsitz nicht dem sozialdemokratischen Abgeordneten Dr. Wittmann zu überlassen, sondern das Ganze eben unter eine schwarze Ägide, unter Präsident Khol zu stellen. Wie auch immer, eine vertrauensbildende Maßnahme war das sicher nicht, aber wir haben dennoch sehr engagiert mitgearbeitet, und zwar unsere Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfassungsausschusses.
Nur mussten wir auch hier feststellen, dass für die
ÖVP ein Kompromiss so aussieht, dass sie zu 100 Prozent ihre
Vorstellungen wiederfindet und sich sonst keinen Millimeter bewegt. Das
können Sie vielleicht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der
ÖVP, oder ziemlich sicher mit Ihren blau-orangen Koalitionsvasallen
machen, aber sicher nicht mit uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Vasallen“ ist eigentlich ein Ordnungsruf,
oder?)
Herr Kollege, das
richte ich jetzt auch an Ihre Adresse: Weder im Ausschuss noch außerhalb
desselben konnten Sie sich bisher dazu durchringen, endlich das Wahlalter auf
16 Jahre herabzusetzen. Auf diese Weise wird am 1. Oktober 2006
Tausenden jungen Menschen die Möglichkeit versagt, die politische
Zukunft unseres Landes mitzubestimmen – und das mit der
fadenscheinigen Begründung, dass sie eben noch nicht reif dafür
seien, obwohl sie bei den Gemeinderats- und Landtagswahlen längst das
Gegenteil bewiesen haben und auch sonst, außerhalb von Wahlen, schon
viel früher ihre Reife beweisen müssen, etwa bei der Wahl des Berufs-
oder Bildungsweges. Jugendliche können ja, wie wir wissen, schon mit
14 Jahren strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden; manchen ist
sogar das noch zu spät.
Bei den Pflichten,
können wir zusammenfassen, sind junge Menschen sehr schnell erwachsen, nur
ihre Vertretung wählen, das sollen sie nicht dürfen. Das ist wirklich
nur mit dem einen Grund zu erklären, nämlich dass sich die
derzeitigen Regierungsparteien offensichtlich vor der Wahl durch die
jungen Menschen fürchten – und das mit Recht, denn was Sie den
jungen Menschen in den letzten Jahren angetan haben, das lässt sich gar
nicht in der Kürze aufzählen.
Die
Jugendarbeitslosigkeit haben Sie verdoppelt, und darüber können auch
Alibimaßnahmen zur Statistikkosmetik nicht hinwegtäuschen.
Im Bildungswesen
hat es einen Kahlschlag gegeben. Die Schulen werden kaputtgespart. (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Zum Thema!)
Da fehlen die notwendigsten Ressourcen. (Zwischenrufe bei der
ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Es hängt immer
mehr vom Geldbörsl der Eltern ab, welche Bildungs- und Zukunftschancen
junge Menschen vorfinden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Haben Sie nicht Lopatka gesagt, er soll zum Thema reden?!)
Sie haben den jungen Menschen in diesem Land die Zukunftschancen genommen,
und jetzt möchten Sie sie noch so lange wie möglich von den Wahlen
fernhalten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch:
Frau Kollegin Grossmann, zum Thema!) – Das gehört sehr wohl
zum Thema.
Das ist eben nicht
fair, und deshalb bringe ich erneut folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung des Wahlalters
Die Bundesregierung ersucht wird, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, wonach das aktive Wahlalter bei Nationalratswahlen auf 16 Jahre gesenkt wird.
*****
Damit dieses Manko so schnell wie möglich beseitigt wird.
Ein weiterer Entschließungsantrag betrifft den Jugendschutz, denn es ist wirklich nicht mehr zu argumentieren, dass sich Jugendliche in jedem Bundesland an andere Bestimmungen halten müssen. Bei der gestiegenen Mobilität Jugendlicher ist das wirklich nicht mehr zeitgemäß und, Frau Kollegin, aus Gleichheits- und Gerechtigkeitserwägungen auch nicht mehr zu vertreten.
Entsprechend breit ist auch die Zustimmung zu einer bundesweiten Regelung. Auch beim Jugend-Konvent im Rahmen des Österreich-Konvents haben sich interessanterweise die Jugendsprecherinnen und -sprecher aller Parlamentsparteien dafür ausgesprochen, nachdem sich die Kinder- und JugendanwältInnen Österreichs und die meisten Jugendorganisationen längst schon dafür stark gemacht haben. Nur, geschehen ist leider auch hier nichts.
Daher:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitlicher Jugendschutz
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, wonach eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Jugendschutz geschaffen wird.
*****
Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ.)
11.15
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden von Frau Abgeordneter Mag. Grossmann eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.
Die Anträge haben
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Senkung des Wahlalters, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1
Von jungen Menschen
wird in der heutigen komplexen Welt ein hohes Ausmaß von Selbständigkeit
und Verantwortungsbewusstsein in allen Bereichen des Lebens erwartet.
Schon in sehr jungen Jahren müssen Entscheidungen von erheblicher
Tragweite für das weitere Leben getroffen werden, wie etwa die Wahl des
Berufs- bzw. Ausbildungsweges. Die Strafmündigkeit tritt bereits mit
14 Jahren ein, was so manche, die sich gegen eine Wahlaltersenkung
aussprechen, sogar noch weiter herabsenken wollen.
Während also
Jugendlichen sehr früh Pflichten und Verantwortlichkeiten übertragen
werden, lässt man sich mit den Rechten Zeit.
Zu einem wesentlichen Element der Selbstverantwortung gehört in einer Demokratie das Wahlrecht. Wie die Erfahrungen bei den Landtags- und Gemeinderatswahlen in jenen Ländern zeigen, in denen das Wahlalter auf 16 gesenkt wurde, nehmen dort
Jugendliche ab 16 ihr Wahlrecht in gleicher Weise ernst wie Erwachsene.
Gleichzeitig sichert dieses Wahlrecht, dass Anliegen und Ansichten junger
Menschen von den Parteien ernst genommen werden, weil sie mit ihrer Stimme
diese Anliegen in demokratischer Weise auch beeinflussen können. Die
Senkung des Wahlalters auf 16 bedeutet daher insgesamt mehr Demokratie und
Akzeptanz der Jugend in unserer Gesellschaft.
Die unterzeichneten
Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschließen:
Entschließung:
Die Bundesregierung
wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, wonach
das aktive Wahlalter bei Nationalratswahlen auf 16 Jahre gesenkt wird.
*****
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Dr. Gusenbauer, Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen
betreffend bundeseinheitlicher Jugendschutz, eingebracht im Zuge der Debatte zu
TOP 1
Derzeit gibt es in
Österreich neun unterschiedliche Jugendschutzgesetze. Für Kinder und
Jugendliche gilt immer das Gesetz jenes Bundeslandes, in dem sie sich gerade
aufhalten. Das führt zu einer undurchsichtigen Vielzahl von
Jugendschutzbestimmungen, die nicht nachvollziehbar sind. Ein
einheitliches Jugendgesetz muss Bestimmungen zu den Rechten und
Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen beinhalten,
sowie – als Kernaufgabe – die Förderung der Arbeit
mit Kindern und Jugendlichen beinhalten. Über eine Vereinheitlichung
der Jugendschutzbestimmungen wurde schon oft diskutiert, passiert ist jedoch
nichts.
Aus diesen
Gründen fordert die Bundesjugendvertretung ein bundesweit einheitliches
Jugendschutzgesetz. Auch die ständige Konferenz der Kinder- und
JugendanwältInnen tritt für eine Harmonisierung ein.
Im
Österreich-Konvent wurde im Rahmen der neuen Kompetenzverteilung auch eine
Kompetenz des Bundes zur Regelung des Jugendschutzes diskutiert. Im Rahmen des
zweiten Jugendkonvents am 25. November 2004 haben sich die Jugendsprecher
aller vier im Nationalrat vertretenen Parteien dezidiert für eine solche
Kompetenz des Bundes für ein bundesweites Jugendschutzgesetz
ausgesprochen.
Der vorliegende
Entschließungsantrag soll daher entsprechend dem von allen vier Parteien
geäußerten Willen eine solche Bundeskompetenz ermöglichen.
Die unterzeichneten
Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschließen:
Entschließung:
Die Bundesregierung
wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten,
wonach eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Jugendschutz geschaffen
wird.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
11.15
Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, meine Vorrednerin hat das Parlament mit irgendeiner Wahldiskussion in einem Wirtshaus verwechselt, wo Leute sitzen, die keine Ahnung haben von dem, was in den vergangenen Jahren hier geleistet worden ist.
Frau Abgeordnete, ich würde Sie wirklich bitten, Ihre
Ausführungen zu revidieren! – Was wir den Jugendlichen angetan
hätten? – Ja sagen Sie einmal, woher haben Sie das! Sind Sie
nicht vier Jahre lang hier gesessen und haben gesehen und gehört, was wir
für die Jugendlichen gemacht haben? (Beifall bei den Freiheitlichen –
BZÖ und der ÖVP.)
Wir haben
beispielsweise dafür Sorge getragen, dass Tausende junge Menschen eine
Arbeit finden, wir haben eine Lehrlingsprämie eingeführt, einen
Lehrlingsbonus. Wir sind gemeinsam mit der ÖVP dafür, dass das
Jugendschutzgesetz bundeseinheitlich gelten sollte und verschiedene
Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, um den
jungen Menschen zu helfen.
Letztlich soll ja
auch das Pensionsrecht dazu dienen, dass die jungen Menschen, die heute in den
Arbeitsprozess eintreten, auch noch die Chance haben, eine Pension zu bekommen.
(Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Wenn wir so
weitergetan hätten wie die sozialistischen Sozialminister, dann
hätten die heute Arbeitenden überhaupt keine Chance mehr, eine
Pension zu bekommen.
Also, bitte, denken
Sie einmal nach – und Ihre Wahlpropaganda können Sie sich sparen,
meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Ich wende mich
schon dem Tagesordnungspunkt zu, dem Konvent. Wir führen heute eine
weitere Debatte in der unendlichen Geschichte der österreichischen
Verfassungsreform. Jeder weiß, dass es dringend notwendig ist, dass
wir die Verfassung reformieren, dass wir über verschiedene Bereiche,
die nicht mehr zeitgemäß sind, reden, dass wir sie reformieren. Frau
Kollegin Baumgartner-Gabitzer hat schon detailliert angeführt, um welche
Bereiche es sich handelt.
Im Konvent wurde
lange darüber geredet. Es sind sich ja auch alle Redner darüber
einig, dass intensiv gearbeitet wurde, aber je länger der Konvent dauerte,
desto stärker war zu erkennen, dass die Opposition nicht bereit war, Zugeständnisse, Kompromisse zu
machen. Natürlich müssen Kompromisse gemacht werden. (Abg. Öllinger: Seit wann ist es die
Aufgabe der Opposition, Zugeständnisse zu machen?) Nein. Schauen Sie,
Sie wissen doch ganz genau, dabei geht es um eine Zweidrittelmehrheit, und da
muss es Kompromisse geben, aber gerade bei den ideologisch besetzten Themen war
die Opposition nicht bereit,
diese Kompromisse zu machen. (Abg. Krainer:
Was war Ihr Kompromissvorschlag?)
Eines möchte ich auch noch sagen: Die, die im Konvent gearbeitet haben, haben ohnehin intensiv mitgearbeitet, aber dann ist von der Parteizentrale, insbesondere von der SPÖ-Parteizentrale, die Forderung gekommen: So, und jetzt wollen wir der Regierung keinen Erfolg vergönnen, jetzt verhandeln wir nicht mehr weiter! (Abg. Krainer: Sagen Sie, was war Ihr Kompromissvorschlag? – Es gab nie einen!) Das war Ihre Zielsetzung im Konvent, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ: nur der Regierung keinen Erfolg vergönnen! Da können Sie noch so laut hereinschreien, Herr Abgeordneter Krainer. (Abg. Krainer: Was war Ihr Kompromissvorschlag?) Ein so
kleinlicher Standpunkt, nämlich dass man
die Regierungsparteien sozusagen ausrutschen lassen möchte, das war
Ihre Vorgangsweise und Ihre Strategie!
Herr Abgeordneter
Wittmann hat gesagt: Die Grundstimmung war das Problem. (Abg. Krainer: Sagen Sie uns doch endlich
Ihren Kompromissvorschlag!) Das ist schon richtig, aber nicht die
Grundstimmung im Konvent, denn dort wollten, wie gesagt, ohnehin alle
mitarbeiten. Von Ihnen ist Herr Abgeordneter Kostelka im Präsidium
gesessen, und dann hat die SPÖ gesagt: Von uns ist niemand im
Präsidium gesessen! – Herr Kostelka ist sozusagen nicht als der
Ihrige akzeptiert worden.
Ab November 2004 hat man bemerkt, dass da nichts mehr geht, dass es da kein Entgegenkommen gibt. Zum Beispiel beim Grundrechtskatalog ... (Abg. Krainer: Wo war Ihr Entgegenkommen?) Herr Abgeordneter Krainer, ich komme schon auf Sie zurück. Die Regierungsparteien sind intensiv auf Ihre Forderungen eingegangen, haben Kompromisse geschlossen, gerade bei den sozialen Grundrechten, aber es war nicht mehr möglich, darüber hinaus zu verhandeln, obwohl diese Kompromisse vorhanden waren.
Es ist völlig falsch, wenn Sie sagen, dass die Regierungsparteien Sie überfahren wollten. (Abg. Öllinger: Welche Kompromisse?) Es war kein Bewegungsspielraum seitens der Opposition erkennbar, denn andernfalls hätte man ja, wie gesagt, diesem Konvent einen Erfolg bescheiden können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Krainer: Wo war Ihr Vorschlag? Welche Kompromisse?)
Ein anderes Beispiel sind die Landesverwaltungsgerichte.
Jeder weiß, dass es dringend notwendig ist, dass wir
Landesverwaltungsgerichte einrichten. Im Ausschuss hat es sogar eine Einigung
aller Parteien gegeben, sogar mit Text, Herr Abgeordneter Öllinger,
Herr Abgeordneter Krainer. Dann hat aber die SPÖ ihre Zustimmung dazu daran
gebunden, dass man die Verfassungsbeschwerde akzeptiert. Und nur dann
wären Sie bereit gewesen, die Landesverfassungsgerichte
einzuführen. – Entschuldigen Sie, ich bin sehr verkühlt,
sodass ich nur sehr schlecht reden kann. Aber ich bitte Sie, das trotzdem zur
Kenntnis zu nehmen. (Abg. Krainer: War ja auch ein
vernünftiger Vorschlag!)
Sie hätten einen Kompromiss schließen müssen, dann hätten wir die Landesverwaltungsgerichte einrichten können. Alle Insider, alle Experten haben sich gegen Ihre Verfassungsbeschwerde gewendet, und deshalb waren wir dagegen, Herr Abgeordneter Krainer.
Wir haben beispielsweise auch den Asylgerichtshof gefordert. Auch diesbezüglich ist es zu keiner Einigung gekommen – und beispielsweise auch bei den Behinderten. Da kann ich Ihnen das überhaupt schwarz auf weiß belegen, wie Ihre Vorgangsweise war. Der Konvent hat schon eindeutig die Rechte von Menschen mit Behinderung festgelegt. Dann, in der schriftlichen Ausarbeitung, sind Sie jedoch von diesen seinerzeit festgelegten Rechten für die Behinderten abgegangen. So war leider Gottes Ihre Vorgangsweise im Konvent.
Leider hindert mich meine Verkühlung daran, weiterzureden und Ihnen weitere Beispiele zu bringen. Aber wenn Herr Abgeordneter Wittmann heute meint, dass er hofft, weitere Fortschritte zu erzielen, dann möchte ich ihm sagen: Erstens hätten wir die Fortschritte schon, wenn insbesondere die SPÖ bereit gewesen wäre, mitzuwirken, und außerdem müssen Sie sich schon damit abfinden, dass auch Sie Kompromisse machen müssen. Es geht ganz einfach nicht, dass Sie fordern, und alles andere muss dann auf Ihre Wünsche abgestimmt werden. Sie müssen Ihre Verhaltensweise ändern. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
11.22
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zum Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
11.22
Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Einige der Kolleginnen und Kollegen waren Mitglieder des Österreich-Konvents und haben dann auch im so genannten Besonderen Ausschuss des Österreich-Konvents mitgearbeitet. In diesem Besonderen Ausschuss des Österreich-Konvents, der immerhin zehn Sitzungen „hinter sich gebracht“ hat, muss man jetzt im Nachhinein sagen, hat – ich möchte das hier noch einmal festhalten und habe dies auch schon im Ausschuss getan – in vielen Punkten eigentlich das Gegenteil dessen stattgefunden, was vorher in den 19 Monaten Arbeitszeit im Konvent versucht wurde.
Im Besonderen Ausschuss ist man bei den Ergebnissen des Konvents, wo man versucht hat, zusammenzukommen und möglichst breite Zustimmung – ich vermeide jetzt immer das Wort „Konsens“ – zu bekommen, wo eigentlich schon so etwas wie eine politische Akkordierung von Punkten war, wieder auseinandergedriftet.
Man sieht die Tatsache, dass wir uns von den Ergebnissen des
Konvents durch die parlamentarische Behandlung entfernt haben, ja auch an dem
Entschließungsantrag, den die beiden Noch-Regierungsparteien heute
eingebracht haben. Wer hat ihn eingebracht? – Frau
Dr. Baumgartner-Gabitzer und Herr Kollege Scheibner. Ich kann dazu nur
fragen: Wer hier im Saal wird wohl dagegen sein, dass wir einen umfassenden
und zeitgemäßen Grundrechtskatalog, der auch soziale Grundrechte
einschließt, bekommen sollten? – Niemand, Herr Kollege
Scheibner, ist dagegen. (Zwischenruf des
Abg. Scheibner.)
Was hier allerdings nicht steht und was wir monatelang im Ausschuss IV des Konvents und dann im Besonderen Ausschuss diskutiert haben, ist, dass die Durchsetzbarkeit von sozialen Grundrechten der Punkt ist, an dem es zu keiner Einigung gekommen ist. Die Festschreibung des schönsten, besten Grundrechts in einer Verfassung ist das Papier nicht wert, auf dem es festgeschrieben ist, wenn die Durchsetzbarkeit nicht gewährleistet ist. Und das fehlt auch heute in diesem Entschließungsantrag. – Ein Punkt.
Ein zweiter Punkt: Die Briefwahl soll in voller Wahrung der Grundsätze des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden. – Ja, das glaube ich auch, dass wir entsprechend den heutigen Bedürfnissen und Anforderungen von demokratischer Partizipation, die vonseiten der Bevölkerung kommen, sehr bald zu einer breiten Zustimmung kommen können. Da teile ich Ihre Auffassung.
Was ich aber kritisch anmerke, meine Damen und Herren, wenn es schon um demokratische Mitbestimmung geht, ist, dass wir es hier mit einer Regierungspartei zu tun haben, die das kommunale Wahlrecht für Ausländer in Österreich – in Wien in diesem Fall – durch den Gang zum Verfassungsgerichtshof zu Fall gebracht hat, und dass es eine, ich würde fast sagen, Diskussionsverweigerung zu diesen Punkten im Konvent gegeben hat.
Das sind jetzt zwei Beispiele dafür, wie selektiv die positiven Dinge in dem Entschließungsantrag angeführt wurden und dass selbst dann, wenn sie angeführt sind, wesentliche Punkte fehlen. Ich rede jetzt nicht von den Punkten, wo ich oder die grüne Fraktion prinzipiell nicht, auch schon im Konvent nicht, im Konsensbemühen der ÖVP in diesem Fall – von F-BZÖ gar nicht zu reden – mitkonnte, wo es um Sicherheitspolitik ging, aber man muss ja nicht einer Meinung sein.
Deshalb bedauere ich es sehr, dass jene Punkte, die nach dieser 19-monatigen Arbeit und nach den zehn Ausschusssitzungen bis zum 4. Juli oder 10. Juli als Ergebnis zum
Greifen nahe waren, nämlich eine Verfassungsbereinigung, die es nicht gibt, in diesem Entschließungsantrag der jetzt noch Regierungsparteien nicht einmal angeführt werden, nicht darauf verwiesen wird, denn das war das wirklich konkreteste Ergebnis dieser zweieinhalbjährigen Arbeit. Und ein Hinweis darauf fehlt gänzlich.
Die Entschließungsanträge der Grünen sind ja von Frau Dr. Glawischnig schon eingebracht und begründet worden. Ich möchte zu einem der Anträge der sozialdemokratischen Fraktion noch Stellung nehmen, nämlich zum Antrag betreffend eine Forderung, die auch im Konvent erhoben wurde, nämlich die Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt. Darüber haben wir im Ausschuss IX des Konvents viel diskutiert, mit Fachleuten, unter Einbeziehung, wenn Sie so wollen, auch der Betroffenen, jetzt auch der Vertreter der Richterinnen und der Staatsanwälte. Es war ein sehr interessanter Diskussionsprozess. Es tut mir leid, aber neun oder acht Tage vor der Wahl mit einem Motivenbericht zu kommen wie jenem, in dem die Causa BAWAG jetzt dazu benutzt wird – das ist genauso billig wie, dass wir in eineinhalb Stunden über die Schutzmacht und die Minderheitenschutzbestimmungen im Zusammenhang mit Südtirol sprechen, nämlich eben acht Tage vor den Wahlen. Da bin ich sehr skeptisch bei der Zustimmung, wiewohl es auch einige konkrete Punkte in der Entschließung gibt, die in dieser Form mehr als diskussionswürdig sind und auch nicht dem Diskussionsstand im Konvent entsprechen.
Das Einzige, wo ich völlig vorbehaltlos ja sage – und eigentlich sagen das alle, es ist nur über die Jahre noch nicht passiert –, ist die Verankerung der Staatsanwälte als Organ der Rechtspflege in der Bundesverfassung. Ich kann mich erinnern, es war Dr. Kostelka noch Klubobmann – das ist jetzt schon etliche Jahre her –, als diesbezügliche Anträge schon eingebracht wurden.
Alle anderen Punkte wie weisungsfreier Bundesstaatsanwalt
und Bestellungsmodus sind Diskussionspunkte, die bereits andiskutiert wurden,
aber aus grüner Sicht sage ich, es besteht noch keine
Zustimmungsmöglichkeit, da ich das keineswegs für entscheidungsreif
halte. Ich möchte mich auch deshalb jetzt nicht von den inhaltlichen Fragen
distanzieren, aber die Art und Weise, wie das im Zusammenhang mit der so
genannten Causa BAWAG hier eingebracht wird, zurückweisen, weil die Sache
als solche zu wichtig ist und nicht der Tagespolitik und den Wahlkampfemotionen
ausgesetzt sein soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scheibner.)
11.31
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
11.31
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Morak! Ich möchte auf die Anschüttungen gegen die Justizministerin und gegen die Justiz im Allgemeinen vom Kollegen Wittmann, von SPÖ-Seite hier reagieren.
Der Versuch der SPÖ, aus dem SPÖ-BAWAG-ÖGB-Skandal einen Justizskandal zu machen, ist ein durchsichtiges Manöver und hat in der SPÖ Tradition. Immer wenn sie nicht mehr weiter weiß, greift die SPÖ die unabhängige Justiz an und schüttet die jeweiligen Justizminister an.
Dieses Mal ist Landeshauptfrau Burgstaller ausgerückt und hat gemeint: Es stört mich besonders, wenn die Justiz in den Wahlkampf eingreift; ich mache mir Sorgen um den Rechtsstaat; der Staatsanwalt lässt sich einspannen.
Das ist wie in einer Bananenrepublik, hat der Kollege Cap gemeint.
Es gibt keinen Beweis, kein Protokoll, gar nichts, es wird etwas in die Welt gesetzt – hat Kollege Gusenbauer im „profil“ gemeint.
Der Rechnungshof und die Justiz würden von der ÖVP instrumentalisiert – hat Landeshauptmann Niessl gemeint. Alles Sozialdemokraten!
Ähnlich hat es auch in der Vergangenheit geklungen. Dies ist nämlich ein bewährtes Muster der SPÖ, dass sie Justizanschüttungen vornimmt, wenn sie tief im Sumpf steckt.
Beispielsweise 1989, im Zusammenhang mit der Noricum-Affäre, hat der damalige Klubobmann Heinz Fischer gemeint: Die Vorgangsweise des Justizministers kommt Medienjustiz sehr nahe.
Oder 1989 hat Klubobmann Fischer in der „Presse“ gemeint: Schluss mit der Vernaderung! Vorwürfe an die Justiz, Sorge um den Rechtsstaat.
Beispielsweise habe ich hier ein Zitat aus dem „profil“ aus dem Jahre 1989, wo Fischer in ungewöhnlich scharfer Form gegen den damaligen Justizminister Foregger wettert.
Also: Dieses Muster kennen wir. Wenn es brenzlich wird für die SPÖ, wird die Justiz angeschüttet.
Und daher verwahre ich mich striktest gegen den Vorschlag, den man jetzt unterzubringen versucht, nämlich dass man einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt schafft, natürlich mit den Stimmen der SPÖ – man will das ja mit Verfassungsmehrheit beschließen –, und dort einen genehmen Bundesstaatsanwalt instrumentalisiert, der dann als Vertuschungsinstitution funktionieren kann.
Wir von der ÖVP wollen diese Vertuschungsinstitution nicht. Ganz im Gegenteil: Wir wollen die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft unter Verantwortung der Frau Bundesminister (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ), denn dort, bei der Ministerin oder bei einem Minister, der unter medialer Beobachtung steht, ist ein transparentes Weisungsrecht am besten aufgehoben – nicht in einer Institution geparkt, wo es sich die SPÖ dann wieder richten kann und wo unter Umständen dieser grausliche BAWAG-ÖGB-SPÖ-Sumpf niemals aufgeklärt werden würde.
Wir wollen, dass es aufgeklärt wird und dass das Weisungsrecht
bei der Frau Ministerin bleibt. (Zwischenruf
des Abg. Dr. Einem.)
OTS des Kollegen Jarolim: „Gastinger hat alles unterlassen, was verantwortungsvolle Justizministerin nicht unterlassen darf“.
Ja hätte sie eine Weisung geben sollen zur Vertuschung
des BAWAG-Skandals? Das wäre der SPÖ gerecht geworden, aber unserer
Justizpolitik nicht! Gott sei Dank hat sich die Frau Justizministerin nicht in
die Justizpolitik eingemengt, und dieser Skandal wird aufgeklärt werden
von der unabhängigen Justiz. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
11.35
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
11.35
Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dem zuletzt angesprochenen Justizthema. Ich verstehe einfach die Aufregung von Kollegin Fekter nicht. Die Justiz ist ein Bereich, der genauso kritisiert werden können muss wie jeder andere. Und es sind hier tatsächlich Dinge geschehen, die einfach unfassbar sind. Und dass sich offensichtlich der Staatsanwalt instrumentalisieren hat lassen in dieser Angelegenheit (Abg. Dr. Rasinger: Wissen Sie,
was Sie da sagen?), dass man sich die Frage stellen muss, warum alles so knapp vor der Wahl jetzt breitgetreten wird – das sind Fragen, die man sich stellen können muss. Und wir lassen uns da sicherlich nicht den Mund verbieten.
Und natürlich ist man auch jederzeit berechtigt, eine Ministerin – in diesem Fall die Justizministerin – zu kritisieren. Also ich kann diese Aufregung nicht verstehen, noch dazu, wo wir einen Vorschlag zur Schaffung der Funktion eines Bundesstaatsanwalts machen. Wenn Sie das genau lesen, werden Sie erkennen, dieser Bundesstaatsanwalt soll mit Zweidrittelmehrheit bestellt werden. (Abg. Dr. Fekter: Und dann alles niederschlagen und vertuschen! Und ihr wollt es euch dann richten!) – Bitte, Frau Kollegin, was reden Sie da? Mit einer Zweidrittelmehrheit! Glauben Sie, dass Sie unter die 30 Prozent sinken werden? Das ist doch lächerlich! Das muss ja von einer Zweidrittelmehrheit hier im Haus beschlossen werden.
Und außerdem ist in dem Entwurf auch vorgesehen, dass dieser Bundesstaatsanwalt unabsetzbar ist. Also, wie gesagt: Ich glaube, Sie haben diesen Entwurf nicht gelesen (Abg. Dr. Fekter: Oh ja!) und versuchen jetzt nur, den BAWAG-Skandal wieder hochkochen zu lassen. (Abg. Dr. Fekter: Dieser Skandal gehört nicht vertuscht, sondern aufgeklärt!)
Aber ich denke, es wäre doch wirklich sinnvoll, die
Diskussion einmal auch wieder über die Verfassung zu führen und nicht
dauernd am Thema vorbei. (Beifall bei der
SPÖ.)
Dieser Verfassungskonvent, das war ein sehr ehrgeiziges Ziel, das aber leider nicht zu dem Ergebnis geführt hat, das man sich gewünscht hätte.
Wenn verlangt wird, dass es Kompromisse geben soll, so ist das richtig. Natürlich kann eine Verfassung nur mit der entsprechenden Zweidrittelmehrheit und daher nur unter Eingehen von Kompromissen beschlossen werden.
Sie haben aber hier eine sehr einseitige Sichtweise. Wir waren zu Kompromissen bereit. Allerdings erleben wir vonseiten der Bundesregierung eigentlich immer nur, dass etwas vorgegeben wird, und wenn man dann da nicht zustimmt, dann heißt es gleich, wir sind Totalopposition.
Ich möchte konkret auch etwas auf diesen Grundrechtskatalog eingehen, auf die Notwendigkeit, einen modernen Grundrechtskatalog zu verfassen, weil die Grundrechte ein ganz wichtiger Bereich auch für die Qualität einer Gesellschaft, für den Rechtsstaat, für die Sicherheit der einzelnen Menschen sind, damit sie ihr Leben ohne Diskriminierung, ohne Angst vor Diskriminierung führen können.
Und da auch kurz einen Satz zur Frage der Volksgruppen, weil das hier angesprochen worden ist.
Wie wir vor dem Sommer über den Kompromiss hinsichtlich der Ortstafeln in Kärnten diskutiert haben, habe ich mir das sehr genau überlegt, weil mir das ein wichtiges Anliegen ist. Ich gehöre selbst einem Volksgruppenbeirat an und habe mich deshalb besonders gefragt: Was bringt den Slowenen am ehesten jene Rechte, die ihnen auch zustehen?
Da aber in dem Entwurf, den Sie vorgelegt haben, keine
Rechtsdurchsetzungsgarantie vorhanden war und Sie sich auch geweigert haben,
diese Garantie zu geben, konnten wir hier nicht zustimmen. (Abg. Scheibner: Nicht so,
wie Sie es wollten!) Nein, wir erleben das ja jetzt. So wie der
Landeshauptmann von Kärnten nicht bereit ist, ein Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofes umzusetzen, so wäre er wohl auch nicht bereit
gewesen, diesen Kompromiss durchzusetzen. (Abg.
Scheibner: Sie haben den Kompromiss
verhindert!)
Und dann gibt es keine Möglichkeit mehr, irgendetwas
dagegen zu unternehmen. Und daher war es sicher richtig, dass wir nicht
zugestimmt haben. (Abg. Scheibner: Sie ganz allein haben den
Konsens verhindert! Das war nur Ihre Partei!) Und es ist ganz eindeutig,
dass der Landeshauptmann von Kärnten die Rechte dieser Volksgruppe nicht
sichert, und das ist eine sehr betrübliche Tatsache. (Beifall bei der
SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Betrüblich ist, dass
ihr immer dagegen seid!)
Was die sozialen Grundrechte betrifft, glaube ich, dass es
sehr wichtig wäre, sie in einen Katalog aufzunehmen. Die Sozialpartner
haben sich ja auch da auf etwas geeinigt, denn in einem Land, in dem eine
halbe Million Menschen in Armut leben, in dem eine Million Menschen von Armut
bedroht sind, ist es notwendig, dass der Staat die Aufgabe übernimmt, den
Menschen ein Leben in Würde zu sichern. Dazu gehört eben auch soziale
Sicherheit. Das ist etwas, was in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt
worden ist. Ich hoffe aber, dass sich das bald ändern wird. (Beifall
bei der SPÖ.)
11.41
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Walch zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
11.41
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Österreich-Konvent hat sich in seinen Beratungen mit der Neuordnung und den Kompetenzen des österreichischen Bundesstaates befasst. Besonders der Bereich der Pflege, in dem die Kompetenzen in Österreich ziemlich aufgesplittert sind – es sind teilweise der Bund, das Land und die Gemeinden zuständig –, wurde dort diskutiert. Ich glaube, dies ist ganz wichtig, speziell auch deswegen, weil die Menschen immer älter werden und die Medizin Gott sei Dank weit fortgeschritten ist. Probleme sollte man zeitgerecht und vorausschauend diskutieren und Verbesserungen vorschlagen.
Ganz wichtig und erfreulich ist, was diese Bundesregierung in den letzten sechs Jahren speziell für Menschen mit Behinderung verwirklicht hat. Ich erinnere nur an die Behindertenmilliarde, das Behindertengleichstellungsgesetz, die Erhöhung des Pflegegeldes, an die Gewährung von Pflegegeld ab Geburt eines behinderten Kindes und vieles mehr. Viele hervorragenden Verbesserungen gab es auch in der medizinischen Pflege in Österreich. Wir sind international ein Vorbild.
Ganz erfreulich ist, dass 320 000 Menschen ein Pflegegeld beziehen und mehr als 80 Prozent der Menschen mit Behinderung von Familienmitgliedern gepflegt werden.
Nunmehr bringe ich folgenden Antrag ein.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Tancsits und Walch und Kollegen
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend jene Schritte einzuleiten, die die Umsetzung folgender Maßnahmen ermöglichen:
Vorsorge für die notwendigen Verbesserungen bzw. regelmäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich rechtzeitig zu treffen;
Wahlfreiheit der Betroffenen sicherstellen und Ausbau der entsprechenden Strukturen fördern (Nachbarschaftszentren, mobile Dienste sowie stationäre und teilstationäre Angebote);
Förderung sowie soziale Absicherung der ehrenamtlich Tätigen;
Sicherstellung einer bedarfsgerechten, abgestuften Betreuung;
Absicherung der Finanzierung;
Schaffung einer Rechtssicherheit für 24-Stunden-Betreuung von Pflegebedürftigen;
Ausbau niederschwelliger Beratungsangebote für pflegende Angehörige;
Bedarfsorientierte Ausbildungspläne und -angebote;
Weitere Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen;
Ausbau der Pflegevorsorge und Prävention;
Verbesserung der Schnittstellen im Pflege- und Betreuungsbereich;
Ausbau der lebensraumnahen Hospiz-, Palliativ- und Schmerzmedizin.
*****
Ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt in die richtige
Richtung ist, und ersuche um Zustimmung zum Entschließungsantrag. (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
11.45
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Walch eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Tancsits,
Walch und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegesituation der
pflegebedürftigen Menschen in Österreich sowie Vorsorge für
regelmäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich, eingebracht
im Zuge der Debatte des Nationalrates zum Bericht des Besonderen
Ausschusses betreffend den Bericht des Österreich-Konvents, vorgelegt
vom Bundeskanzler (III-136/1584 d.B.)
Der
Österreich-Konvent hat sich in seinen Beratungen mit einer umfassenden
Neuordnung der Kompetenzen im österreichischen Bundesstaat befasst.
Gerade im Bereich der Pflege gibt es eine Kompetenzzersplitterung. Teilweise
ist der Bund zuständig, in weiteren Materien aber die Länder oder die
Gemeinden. Der Österreich-Konvent hat aber nicht nur die Kompetenzfragen
der österreichischen Bundesverfassung, sondern auch die Weiterentwicklung
der Menschenrechte diskutiert. Pflege wird für die Bedürfnisse
der Menschen in Österreich in der Zukunft ein immer wichtigeres Anliegen.
Derzeit beziehen rund
320 000 Österreicherinnen und Österreicher Pflegegeld,
über 1 Million
Menschen sind als Angehörige mit dem Thema konfrontiert,
über 80% der Pflege-
und Betreuungsleistungen werden von den Angehörigen selbst –
also innerhalb der Familie – erbracht.
Wenn generalisierend
von Altenpflege gesprochen wird, müssen zwei Dinge unterschieden
werden:
(medizinische) Pflege
und
Betreuung.
Pflege im Sinne des
Gesundheits- und KrankenpflegeG ist durch ein Bundesgesetz geregelt
(Berufsbilder Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester und Pflegehelfer/in).
Altenbetreuung ist die
Versorgung von alten Menschen mit den einfachen Mitteln des täglichen
Haushaltslebens (Hilfe bei Aufstehen, Anziehen, Waschen, Hausarbeit,)
und fällt unter den Kompetenztatbestand Sozialwesen und ist daher
Landessache.
Die medizinische Pflege
ist in Österreich hervorragend. Vor allem in den letzten Jahren konnten
viele Verbesserungen im Pflegekomfort erreicht werden: Kleinere Bettenanzahl
je Zimmer, Verbesserung der Servicestruktur, Schaffung eines eigenen Lehrstuhls
für Geriatrie, Umwandlung von Akutbetten in Pflegebetten.
80 % aller
pflegebedürftigen Menschen werden im häuslichen Bereich von
Angehörigen betreut. Die Übernahme einer derartigen
Pflegetätigkeit stellt an den pflegenden Angehörigen neben
großen physischen auch psychische Anforderungen. Einer der
Grundsätze des Systems der österreichischen Pflegevorsorge ist es
daher auch, die Position pflegender Angehöriger, die durch ihre
Betreuungstätigkeit einen gesellschaftspolitisch äußerst
wertvollen Beitrag leisten, zu stärken und finanziell zu entlasten.
Die Betreuung alter
Menschen in Österreich ist – mit Ausnahme der Gesundheitsversorgung –
aufgrund der Bundesverfassung Kompetenz der Bundesländer. Dennoch hat der
Bund bereits 1993 seine Verantwortung wahrgenommen und mit den Bundesländern
eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame
Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige
Personen abgeschlossen.
In Ergänzung zur
laufenden Umsetzung dieser Vereinbarung hat die Bundesregierung in dieser
Gesetzgebungsperiode eine breite Palette an Maßnahmen zu Verbesserung und
Sicherung der Pflege und Betreuung im Alter umgesetzt:
Einführung der
Familienhospizkarenz – einmalig in Europa. Die Familienhospizkarenz
garantiert die volle sozialversicherungsrechtliche Absicherung sowie Leistung
der Abfertigung Neu-Beiträge von pflegenden Angehörigen in der
letzen Phase der Sterbebegleitung oder bei der Betreuung eines
schwerkranken Kindes
Einführung
„Betreutes Wohnen“ als weitere Aufgabe des gemeinnützigen
Wohnungswesens
Begünstigte
Selbstversicherung für pflegende Angehörige; der Bund übernimmt
dabei den Dienstgeberanteil
Pflegegeldvalorisierung:
Mit Jänner 2005 wurde das Pflegegeld erhöht.
Patientenverfügungsgesetz
zur Stärkung der Patientenrechte – jeder pflegerisch betreut,
kann seine medizinische Behandlung selbst bestimmen
Rechtliche Absicherung
des Tätigwerden von pflegenden Angehörigen im Ärztegesetz
Staatlich
gefördertes Bausparen kann zur Pflegevorsorge verwendet werden
Im Sinne einer weiteren
insbesondere finanziellen Verbesserung der Pflegesituation der
pflegebedürftigen Menschen richten die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Die Bundesregierung
wird ersucht, umgehend jene Schritte einzuleiten, die die Umsetzung
folgender Maßnahmen ermöglichen:
Vorsorge für die
notwendigen Verbesserungen bzw. regelmäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich
rechtzeitig zu treffen;
Wahlfreiheit der
Betroffenen sicherstellen und Ausbau der entsprechenden Strukturen fördern
(Nachbarschaftszentren, mobile Dienste sowie stationäre und
teilstationäre Angebote);
Förderung sowie
soziale Absicherung der ehrenamtlich Tätigen;
Sicherstellung einer
bedarfsgerechten, abgestuften Betreuung;
Absicherung der
Finanzierung;
Schaffung einer
Rechtssicherheit für 24-Stunden-Betreuung von Pflegebedürftigen;
Ausbau
niederschwelliger Beratungsangebote für pflegende Angehörige;
Bedarfsorientierte
Ausbildungspläne und -angebote;
Weitere
Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen;
Ausbau der
Pflegevorsorge und Prävention;
Verbesserung der
Schnittstellen im Pflege- und Betreuungsbereich;
Ausbau der
lebensraumnahen Hospiz-, Palliativ- und Schmerzmedizin.
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.
11.45
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Walch würden mich natürlich reizen, in das Thema Pflege noch ein bisschen einzusteigen, vor allem mit der Frage – aber bei der lasse ich es dann bewenden –: Wo waren das BZÖ und sein Staatssekretär – der verschwundene, der im Sozialministerium, der nämlich für den Bereich Pflege zuständig ist, ressortmäßig zuständig – in den letzten Monaten?
Kollege Walch, warum wird da jetzt ein
Entschließungsantrag in letzter Sekunde vorgelesen? Ich hätte
mir gewünscht, dass der Herr Staatssekretär in dieser mehrere Monate
dauernden Debatte um illegale Pflege in Österreich ein Wort zugunsten der
Angehörigen von zu pflegenden Personen oder Pflegepersonen gesagt
hätte. Diesbezüglich hätten wir uns etwas erwartet (Beifall
bei den Grünen und der SPÖ – Abg. Scheibner: Haben wir!) – und nicht, dass Ihnen erst am Abend der Legislaturperiode noch
einfällt: Jessas na, zum Pflegethema müssen wir auch etwas sagen! (Abg. Scheibner:
Also bringt ihr heute keine Anträge mehr ein, wenn es schon zu
spät ist?)
Herr Kollege Scheibner, wir bringen immer Anträge ein.
Wir sehen das als unsere Aufgabe an, Sie daran zu erinnern, und Sie wissen
auch, was wir an Anträgen nicht nur hier und heute, sondern schon vor
Monaten auch im Verfassungskonvent eingebracht haben. Sie hätten schon
längst die Möglichkeit gehabt, mit uns gemeinsam die
„gläsernen Parteikassen“ zu beschließen. Das war
unser Antrag im Konvent. Wo waren Sie denn, meine sehr geehrten Damen und
Herren vom BZÖ? (Beifall bei den Grünen.)
Herr Westenthaler macht dann den Mund auf in den Fernsehdebatten und sagt: Wir sind eh immer dafür!, aber er weiß ja nicht, was Sie im Parlament gemacht haben. –Nichts haben Sie offensichtlich zum Thema „gläserne Parteikassen“ gemacht! (Beifall bei den Grünen.)
Ich komme noch zu einem anderen Thema. Herr Abgeordneter Scheibner, reden wir von den Kontrollrechten. Wenn Sie nämlich das Glück haben, noch im nächsten Parlament zu sein, werden Sie dies brauchen. So sehe ich die Dinge. Reden wir von den Kontrollrechten, die Abgeordnete hier haben.
Ich habe jetzt schon mehrere Perioden erlebt, aber es war noch nie so schlimm wie in den letzten Jahren, was die Kontrollrechte des Parlaments betrifft, noch nie so schlimm. (Abg. Scheibner: Sind wir immer dafür, die auszuweiten! Da waren Sie anscheinend noch nicht da!) Was Sie in all den Jahren betrieben haben, war Kontrollverweigerung. Ich kann Ihnen da dutzende Beispiele bringen von Anfragebeantwortungen gerade – das muss man dazusagen –, nicht nur, aber gerade durch Minister/Ministerinnen Ihrer Couleur.
Frau Bundesministerin Haubner sagte etwa auf eine Anfrage der
Abgeordneten Haidlmayr: In der Frage steckt schon die
Antwort! – Das war Ihre Antwort! Eine Absurdität sondergleichen,
wofür sie sich dann Monate später entschuldigt hat und gesagt hat:
Das war ein Versehen, das ist hineinkopiert worden! – Sie wollte
einfach nicht beantworten, das ist der Punkt! (Beifall bei
den Grünen.)
Reden wir über Verweigerung von Kontrollrechten anlässlich des Rechnungshofberichtes über die Ministerbüros! Unsere Abgeordneten haben verlangt, dass die Frau Exministerin Forstinger geladen wird. Sie haben es verweigert. Ja warum? Wir hätten schon gerne gewusst, was da los war mit dem Herrn Miko, Kabinettschef. Warum ist der auf einmal in der Versenkung verschwunden? Hat es da nicht etwas gegeben, was Anzeige heißt, Verdacht auf strafbare Handlung? Und was ist mit dem passiert? Warum wurde er von der Frau Ministerin abserviert? Er war nicht der Einzige, der abserviert worden ist, es sind viele abserviert worden. Aber in diesem Fall hat es offensichtlich Verdacht auf strafbare Handlungen gegeben. Ja was war da los?
Wir hätten auch von anderen Ministern gerne gewusst, warum sie sich in ihre Kabinette Personen, wie etwa die Frau Fabel, hineingesetzt haben, die durch Parteiprotektion irgendwie da nach oben gekommen sind und wo man nicht darauf geschaut hat, ob die jetzt einen akademischen Titel haben oder nicht, obwohl sie ihn beanspruchen. Es geht einfach flutsch so durch, flutscht hinein und flutscht dann bei Gelegenheit wieder heraus.
Ihre Ministerbüros, die hätten wir uns gerne angeschaut, Sie haben überall die Ladung von Personen verweigert, die tatsächlich Rede und Antwort hätten stehen können. Das haben Sie aber nicht gemacht. Das ist Kontrollverweigerung!
Reden wir vielleicht weiter – nur ein kleiner Exkurs –: Wie war denn das mit der Spitzelaffäre? War das nicht so, dass da am Beginn der Amtsperiode der Frau Ministerin Gastinger zwar nicht eine Weisung erteilt wurde, aber das Ganze ein berichtspflichtiges Verfahren war, wo man sich dann im berichtspflichtigen Verfahren natürlich darauf einigt, die Sache einzustellen? (Abg. Scheibner: Das wissen Sie ganz genau, dass das automatisch so ist! Nicht schon wieder etwas unterstellen! Das ist ungeheuerlich!)
Reden wir darüber, wie Sie selbst als Regierungsparteien mit den Kontrollrechten in der vorhergehenden Legislaturperiode tatsächlich umgegangen sind! Ich war in dem Untersuchungsausschuss, der das Sozialministerium hätten prüfen sollen. Ich habe die Prüfung gemacht. Sie haben – Sie wollten das so – gesagt: Wir wollen alle Förderfälle des AMS haben!
Da sind Millionen Gelder ausgegeben worden. Sie selbst waren unfähig, das zu prüfen. Sie haben sich einzelne Förderfälle von Frauenvereinen herausgegriffen und einen Krieg gegen Frauenvereine aus Ihrem Untersuchungsauftrag gemacht. (Abg. Scheibner: Diese Wortwahl!) Das ist die Realität! Das ging bis hin zu Äußerungen von Herrn Staatssekretär Kukacka, der sich dazu verstiegen hat, zu sagen, Frauenvereine seien
sowieso nicht förderungswürdig, denn das widerspräche sozusagen der Gleichberechtigung, man müsse ja die Männer fördern, und er meinte: Warum gibt es in Frauenzeitungen keine Männerredakteure? – Das waren Äußerungen, die damals gefallen sind. So verbringen Sie Ihre Zeit in Untersuchungsausschüssen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Das war doch kein Untersuchungsausschuss! Wovon reden Sie überhaupt?)
Reden wir doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, davon, wie Sie mit diesem Untersuchungsausschuss ... Sie haben den Untersuchungsausschuss im Sand versenkt. Sie haben Millionen damit versenkt und haben kein Ergebnis zusammengebracht.
Und jetzt passiert das Gleiche beim Untersuchungsausschuss
betreffend die BAWAG wieder. Es ist doch interessant, dass unsere Leute im
Untersuchungsausschuss vor Monaten gefordert haben: Bitte, wir wollen Herrn
Taus, Herrn Cordt, Herrn Schlaff im Untersuchungsausschuss! (Abg. Scheibner:
Von welchem Untersuchungsausschuss reden Sie die ganze Zeit?)
Sie haben gesagt: Das ist nicht notwendig! Herrn Taus brauchen wir nicht, Herrn Cordt brauchen wir nicht, Herrn Schlaff brauchen wir nicht! Nein, da sind wir dagegen!
Dann zeigt jetzt auf Grund einer bestimmten persönlichen Motivation Herr Taus auf und sagt: Ich will vor dem Untersuchungsausschuss aussagen! Daraufhin beschließt man die Ladung des Herrn Taus. Aber wo, bitte, sind Cordt und Schlaff?
So gehen Sie mit Kontrollrechten des Parlaments um! Sie verweigern sie, und Sie lassen die Leute nur dann reden, wenn Sie wissen, dass da nichts zu erwarten ist oder dass es Ihnen nützt, sonst kommt keiner in einen Untersuchungsausschuss. Das wissen Sie ganz genau, sonst hätten Sie längst der Ladung der Herren Cordt und Schlaff zugestimmt.
Sie wollen gar nicht untersuchen. Sie wollen ein brauchbares Thema bis zur Wahl noch irgendwie am Köcheln halten, aber untersuchen, kontrollieren, das ist wirklich nicht Ihre Angelegenheit, da sind Sie lieber fürs Zudecken, fürs Vertuschen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
11.53
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
11.53
Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Versuch einer Neufassung der österreichischen Bundesverfassung war sicher ein Meilenstein in der nun zu Ende gehenden Gesetzgebungsperiode, bei der sehr viel positive Energie aufgewendet wurde. Es ist nur schade, dass wir zu keinem Ergebnis gekommen sind.
Ich möchte jetzt auf ein paar spezielle Punkte eingehen, insbesondere Kompetenzen und Verwaltung betreffend, die für eine sparsame und effiziente Verwaltung sehr wichtig wären.
Erstens: das föderalistische Prinzip. – Ich glaube, wir alle sind einer Meinung, dass das erhalten bleiben muss, dass Österreich ein Bundesstaat ist, und dass es notwendig ist, die Kompetenzen vor allem in der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern klar zu trennen und sachgemäß allenfalls auch neu zu ordnen. Nur dann werden wir zu einer sparsamen Verwaltung kommen.
Für mich ein bisschen noch offen ist die Frage der so genannten kooperativen Gesetzgebung, denn die muss wirklich auch praktikabel sein, damit dann klar ist, wie sich hier Bund und Länder die Zuständigkeit in der Gesetzgebung teilen.
Ein zweiter Punkt, der besprochen worden ist, war die
Aufwertung des Bundesrates. Auch diesbezüglich sind sich alle Parteien
einig. Für mich ist besonders interessant der Vorschlag, der umgesetzt
werden sollte, nämlich, dass die Mitglieder des Bundesrates an den
Beratungen der Ausschüsse des Nationalrates
teilnehmen können und damit bereits in die laufende Gesetzwerdung
eingebunden sind und nicht nur im Nachhinein sagen können: Hier werden wir
ein Veto einlegen!
Ein weiterer
Punkt, der dritte Punkt, der diskutiert worden ist, aus meiner Sicht etwas zu
wenig, ist die Frage des Legalitätsprinzips. Wir haben derzeit eine sehr
kasuistische Auslegung der Gesetzgebung, und das Legalitätsprinzip wird so
streng genommen, dass die Gesetze bis ins kleinste Detail alles regeln
müssen.
Es wäre
wirklich die Überlegung wert, die eingebracht worden ist, dass die Gesetzgebung
das Verhalten der Verwaltungsbehörden in Hinkunft auch durch die
Festlegung von Zielen vorherbestimmen kann. Ich weiß, dass es hier
große Vorbehalte gibt, aber es scheint dies für eine bessere und
einfachere Gesetzgebung sicherlich überlegenswert zu sein.
Ein vierter
Punkt, der mir immer ein persönliches Anliegen war, ist die Schaffung der
Landesverwaltungsgerichtshöfe. Hier besteht Übereinstimmung, und es
ist eigentlich nicht ganz verständlich, warum man diesen Punkt nicht
herausgenommen hat, denn hier hätte eine umfassende Neuregelung auch
erfolgen können, ohne dass man auf das Gesamte wartet.
Wichtig ist auch,
dass dann in den Landesverwaltungsgerichtshöfen meritorisch und nicht nur
kassatorisch entschieden wird, damit die Rechtsuchenden rasch zu einer
Entscheidung kommen. Den Bedenken, dass es dann zu einer Aufsplitterung und zu
einem Auseinanderdriften der Rechtsprechung kommen könnte, ist damit
entgegenzutreten, dass der Verwaltungsgerichtshof die Einheitlichkeit der
Rechtsprechung letztlich gewährleistet. Wichtig ist jedenfalls: Die
derzeitige Wartezeit auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht
zumutbar.
Ein fünfter
Punkt. Die jetzigen Verwaltungsstrukturen sollten so beibehalten werden,
insbesondere die erste Instanz, die Bezirkshauptmannschaften. Dass hier immer
wieder Kritik geübt wird und dass vorgeschlagen wird, dass ihnen
ergänzend eine gewählte Vertretung zur Seite gestellt werden
soll oder dass neue Ebenen wie Regionen geschaffen werden sollen, führt
sicherlich nicht dazu, dass alles einfacher wird, sondern es wird dadurch
nur schwieriger.
In diesem Sinne
erlauben Sie mir zum Abschluss noch ein persönliches Wort: Es war für
mich selbst eine große Freude und Auszeichnung, in dieser
Gesetzgebungsperiode dem Hohen Haus anzugehören und an der
Beschlussfassung von vielen wichtigen Gesetzen und Angelegenheiten –
ich erinnere nur an die beiden Erweiterungen der Europäischen Union –
mitwirken zu dürfen.
Ich danke euch,
liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem dafür, dass ihr mir so oft und
so aufmerksam zugehört habt, und ich wünsche allen, die dem Hohen
Haus nach dem 1. Oktober wieder angehören werden, viel Erfolg bei der
Arbeit für Österreich. (Allgemeiner Beifall.)
11.58
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.
11.58
Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich im Zusammenhang mit den Ergebnissen des Ö-Konvents und mit dem Bericht des Besonderen Ausschusses hauptsächlich mit dem
Bereich Bildung beschäftigen, weil die Schule
und die Universitäten wie kein anderer Bereich dafür
prädestiniert sind, in einer neuen Verfassung auch neu geregelt zu werden.
Wenn ich nur die
letzte Punktation hernehme beispielsweise von Professor Haider, der als
anerkannter Experte in Fragen Schulreformen in Österreich gilt und es auch
ist (Abg. Broukal: Die Frau Ministerin schätzt ihn sehr!) – die Frau Ministerin schätzt ihn
ebenfalls sehr, sie wollte ihn für das Kompetenzteam für Herrn
Dr. Schüssel gewinnen. Nachdem das nicht gelungen ist, ist die
ÖVP ziemlich beleidigt. Das hat mich ein wenig an dieses Bild vom Fuchs
und den Trauben erinnert, die zu hoch gehangen sind, und dann waren die Trauben
auf einmal total sauer und nicht mehr zu essen. (Zwischenruf der Abg.
Dr. Brinek.)
Wie dem auch sei, ich glaube, er ist ein Experte, und ich möchte den 10. Punkt seines Programms für eine neue Schule herausgreifen:
„Verwaltungsreform und Bürokratieabbau
Zusammenfassung größerer Bildungsregionen (statt wie derzeit Bezirke) und einheitliche Verwaltung aller Schulen; selbstständige Schulen mit eigenen Schulprogrammen unter Mitbestimmung der Schulpartner. Personalentscheidungen vor Ort.“
Das sind zum Teil Dinge, die alle Parteien, denke ich, oder fast alle Parteien hier schon in ähnlicher Form gesagt haben. Wenn wir etwa daran denken, dass zum Beispiel der Grundkonsens hier herinnen vorherrscht, zu sagen: Die vorschulische Förderung ist etwas besonders Wichtiges, denn da werden ganz entscheidende Weichenstellungen vorgenommen, ob Kinder Defizite sehr früh ausgleichen können oder ob sie weitergeschleppt werden, in die Schule hinein bis letztlich zum Zeitpunkt eines Drop-outs, der Arbeitslosigkeit und dergleichen mehr.
Das Hauptproblem liegt dabei in unserer Schulstruktur. Ich darf hier beispielsweise einen wirklich anerkannten Fachmann zitieren, nämlich den ehemaligen Ministerialrat Mag. Plank, der in seiner Analyse des österreichischen Schulsystem Folgendes schreibt:
Die dringend notwendigen Korrekturen sind vor allem deswegen so schwer erzielbar – also die Reformen –, weil die Zuständigkeit und die Verantwortung für die einzelnen Schul- und Ausbildungsarten in Österreich verwaltungstechnisch stark segmentiert sind und im Ministerium, in den Landesschulräten, dem Stadtschulrat, den Schulämtern der Länder kaum durchschlagskräftige, Schularten übergreifende koordinierte Verwaltungseinheiten bestehen und dadurch auch kaum Ansprechpartner für Gesamtlösungen. – Zitatende.
Die vorschulische Förderung ist ein solches Beispiel. Wir haben hier die Zuständigkeit der Gemeinde, wir haben die Zuständigkeit des Bundes für die Ausbildung der Kindergärtnerinnen, wir haben die Zuständigkeit des Landes für die dienstrechtlichen Angelegenheiten. Ich könnte Ihnen das im Detail aufzählen, und so ist es rundherum bei all diesen bildungspolitischen Themenstellungen. Eine Reform ist hier dringend erforderlich.
Ich habe allerdings den Eindruck, dass Sie sich in den letzten Jahren weniger mit solchen Reformen beschäftigt haben, als vielmehr Ihre Energie darauf gelenkt haben, Dinge so zu reformieren, damit sie die richtige Farbe bekommen. Nehmen wir beispielsweise die Pädagogischen Hochschulen her, ein Gebilde, das eben auch Länder- und Bundesinteressen gemeinsam berührt und durchaus in dieses System hineingehört, denn die Landesschulräte sind Abnehmer der Pädagogischen Hochschulen und sollen daher auch in den Entscheidungsgremien drinnen sein. Das einzige Interesse, das die ÖVP bei dieser Konstruktion gehabt hat, war, die entscheidenden Räte so zu
konstruieren, damit ja eine ÖVP-Mehrheit zustande kommt. (Abg. Dr. Brinek: Das ist eine Unterstellung!) Ist das vielleicht Zufall, reiner Zufall, dass überall nur ÖVPler vertreten sind? Es gibt ja sonst niemanden in Österreich im Schulbereich außer der ÖVP, oder wie sehe ich das?! (Abg. Dr. Brinek: Das ist eine Unterstellung!) Nein, Kollegin Brinek, das war pure Absicht, es ist um nichts anderes gegangen als um das Umfärben.
Was wirklich besonders verwerflich ist – und dazu habe ich von Ihnen noch nie etwas gehört, weil Sie zu Recht schweigen, weil Sie ein schlechtes Gewissen haben –, ist die Situation in Oberösterreich, wo ein anerkannter, ein national und international wirklich anerkannter Fachmann, der jede Menge Publikationen veröffentlicht hat, eine hervorragend geführte Pädagogische Akademie leitet, die bereits umgewandelt wird und schon Kooperationen mit Universitäten weltweit unternommen hat, zufällig die falsche Farbe hat, Professor Fragner ist nämlich ein „Roter“ – unter Anführungszeichen –, und daher nicht Rektor werden darf. (Abg. Dr. Brinek: Teilen Sie die Menschen doch nicht in „Rote“ und „Schwarze“ ein!) Dafür haben Sie genau diese Dinge eingesetzt und durchgeführt.
Ich kann nur eines sagen: Wenn das die Herangehensweise an eine Verwaltungsreform ist, dass es die Farbe ist, die stimmen muss, dann wird jede dieser Reformen scheitern. Die Sache ist aber sehr wichtig, wir müssen da weiterkommen, und daher müssen Sie einmal damit anfangen, ihre rein parteipolitischen Interessen zurückzustellen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
12.04
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
12.04
Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben beinahe drei Jahre sehr lang, sehr intensiv im Österreich-Konvent und auch im Besonderen Ausschuss über eine mögliche neue Verfassung, über eine Verfassungsbereinigung und auch inhaltlich über viele verschiedene Punkte in dieser Verfassung diskutiert, uns damit auseinander gesetzt und gemeinsam mit vielen, vielen Experten verhandelt. Es waren sehr gute Gespräche, vor allem auch im Österreich-Konvent, darum bemüht und davon getragen, einfach auch Lösungen für verschiedenste Probleme zu finden, die sich vielleicht über Jahrzehnte aufgetan haben und die eine gewisse Anpassung, eine Adaptierung auch der Bundesverfassung benötigen.
Vor allem stand auch das gemeinsame Ziel am Beginn dieses Konvents, einfach eine Bereinigung zustande zu bringen, den Umstand zu verändern, der ja von vielen schon sehr lange kritisiert wurde, dass das Verfassungsrecht in Österreich sich eigentlich nur sehr schwer beziehungsweise überhaupt nicht in sehr kurzer Zeit erfassen lässt, dass man es in den verschiedensten Gesetzen suchen muss. Es hat auch sehr viel Kraft von einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfordert, überhaupt aufzuspüren, wo überall es Verfassungsbestimmungen gibt.
Es wurden dann in den Diskussionen im Konvent meiner Meinung nach auch durchaus wichtige Erkenntnisse gefunden, es wurden die verschiedenen Standpunkte geklärt, einander gegenübergestellt. Es wurde versucht, Kompromisse zu finden, und in vielen Bereichen hat es auch gemeinsame Lösungen gegeben. Auch Kollege Wittmann hat das ganz klar gesagt und nicht bestritten, indem er gemeint hat, dass es ja in vielen Bereichen zu weitgehenden Annäherungen gekommen ist; so zum Beispiel bei der wichtigen Rechtsbereinigung, so zum Beispiel bei den Landesverwaltungsgerichten, so
zum Beispiel im Haushaltsrecht oder bei den Grundrechten und auch in vielen anderen Bereichen mehr.
Mir tut es daher eigentlich Leid, dass wir jetzt, am Ende der Legislaturperiode, nicht zurückblicken können auf Ergebnisse, auf jene Ergebnisse, bei welchen wir uns wirklich angenähert haben, was auch von niemandem in Frage gestellt wurde, und das nur aus einem einzigen Grund: weil es in der SPÖ aus rein parteipolitischen, aus rein wahltaktischen Gründen nicht möglich war, jene Bereiche – und das passiert ja tagtäglich hier in diesem Parlament –, Dinge, bei denen man sich annähert, auch umzusetzen. Das war nicht möglich. Sie wollen zwar einen weisungsfreien Staatsanwalt oder einen Bundesstaatsanwalt, aber Sie sollten zuerst einmal weisungsfreie Abgeordnete einführen.
Es hat eine klare Weisung von der Parteizentrale gegeben: Es darf keinen Erfolg geben, dieser Konvent darf nicht zu Ergebnissen kommen, auch dort nicht, wo wir uns in gemeinsamen Verhandlungen, Gesprächen angenähert haben. (Abg. Dr. Einem: Gibt’s die schriftlich?) Die wird es sicher auch schriftlich geben, davon bin ich überzeugt. Also all das, wo wir uns angenähert haben, um Lösungen zu finden, umzusetzen, war nicht möglich, weil Wahltaktik, parteipolitische Taktik einfach im Vordergrund gestanden ist.
Ich meine, das ist schade, gerade auch für eine Partei wie die SPÖ, die selbst sehr lange Zeit Regierungsverantwortung in diesem Land getragen hat. Sie hat sich aber jetzt völlig davon entfernt und hat nur mehr ihren parteipolitischen Vorteil, das wahltaktische Ziel im Vordergrund und sonst überhaupt nichts.
Das ist auch heute in dieser Debatte wieder ganz klar zum Ausdruck gekommen, möchte ich abschließend noch festhalten, nämlich in der Debatte über die Frage der Staatsanwaltschaft zum Beispiel.
Es hat keine Weisungen in dieser Legislaturperiode gegeben, sehr wohl hat es aber unter sozialistischen Justizministern eine Vielzahl von Weisungen gegeben. Es gibt nun Erregung und Beschwerde darüber, dass jetzt ein Skandal – ein Skandal, den nicht wir verursacht haben, sondern den Spitzenfunktionäre der SPÖ verursacht haben und daher auf ihre Kappe nehmen müssen – auch von der Justiz untersucht wird. Ich meine, das ist ein Positivum, das sollten wir nicht unterbinden! Gerade jetzt, auf Grund genau dieser Situation eine völlige Änderung des Systems zu verlangen, die Justiz und die Unabhängigkeit der Justiz zu kritisieren, das ist, glaube ich, ein falscher Weg. Es ist schade, dass die SPÖ in diese Richtung geht.
Ich kann – abschließend sei dies gesagt – nur hoffen, dass es uns zumindest in Zukunft gelingt, die vielen Lösungen, die wir gefunden haben, die wir positiv erarbeitet haben, mit einer anderen SPÖ, mit anderen Abgeordneten in dieser Fraktion vielleicht doch umzusetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
12.09
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.
12.09
Abgeordneter Stefan
Prähauser (SPÖ):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Donnerbauer, gestatten Sie mir,
dass ich Ihnen symbolisch ein rotes Taschentuch zum Trocknen Ihrer
Krokodilstränen überreiche. (Abg.
Mag. Donnerbauer: Nein,
wirklich nicht! Warum?)
Meine Damen und Herren! Ich war in diesem Ausschuss auch mit
dem Ansinnen, etwas für die Verfassung bewegen zu können, vertreten,
habe aber feststellen müssen, dass eine Grundstimmung vorgeherrscht hat,
die letztendlich von vornherein jegliches gemeinsame Ergebnis verhindert hat. (Abg. Scheibner:
Von euch!)
Die ÖVP ist – und das muss man auch verstehen, wenn man die letzten vier Jahre Revue passieren lässt – von ihrem Koalitionspartner dermaßen unterstützt worden, ohne irgendwelche Gegenleistungen zu verlangen, dass es natürlich für sie geradezu frustrierend gewesen sein muss, einer SPÖ, einer grünen Partei gegenüberzusitzen, die auch eigene Ideen einbringen wollten, die im Sinne der Bürger gerne Lösungen für die Probleme in Bezug auf die Verfassung gesehen hätten. Das wollten Sie nicht, und daher kam es auch zu keinen Einigungen.
Beispiel Bürgernähe. – Was ist Bürgernähe? Bürgernähe ist auch die Information. Wir haben anscheinend Angst vor den Bürgern. Wir wollen überhaupt keine Möglichkeiten zulassen, um die Bürgernähe zu stärken, um den Bürgern mehr Möglichkeiten zu geben. Wir selbst sind auch nicht in der Lage, zum Beispiel ein Wahlrecht für Jugendliche zu diskutieren. Natürlich hat sich die Kommission damit befasst, ist aber zu dem Ergebnis gekommen, es auf Gemeindeebene zuzulassen. – Dazu brauchen wir keinen Österreich-Konvent, dazu brauchen wir diese Kommission nicht, denn das passiert in Gemeinden bereits; die Länder können das für sich selbst festlegen. In Salzburg besteht bei der Landtagswahl die Möglichkeit, mit 16 Jahren wählen zu gehen.
Warum wollen wir das auf Bundesebene nicht haben? Glauben wir, dass unsere Jugendlichen, deren Ausbildung ja besonders gut ist, wie Sie immer wieder betonen, nicht selbst entscheiden können, welcher politische Weg für sie der bessere ist?
Das ist auch eine Frage, wie man mit der Gesellschaft umgeht, und man darf sich daher nicht wundern, wenn man nicht die nötige Zweidrittelmehrheit für solche Sachen bekommt, wenn man genau diese Dinge verhindern möchte.
Beispiel Untersuchungsausschüsse. – Warum sollte eine qualifizierte Minderheit nicht in der Lage sein, Untersuchungsausschüsse einzuberufen? Der zurzeit eingesetzte Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ist geradezu ein glänzendes Beispiel dafür, wie es nicht sein soll. Es wird von der Opposition seit Sommer verlangt, einen Untersuchungsausschuss einzuberufen – Sie lehnen das vehement ab. Sie lehnen es auch ab – einer gedeihlichen Zusammenarbeit entgegenstehend –, Zeugen, von denen die Opposition glaubt, sie hören zu wollen und zu müssen – Kollege Öllinger hat das ja angemerkt –, einzuladen. Sie tun, was Sie wollen! Und dann glauben Sie, dass wir dafür sorgen, dass eine Zweidrittelmehrheit zustande kommt, und dass wir Sie noch dabei unterstützen, hier entsprechend Politik zu machen. Das können Sie von uns nicht verlangen, das werden wir auch in Zukunft nicht tun.
Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Konvent zum Beispiel auch die Veröffentlichung von Parteispenden über 7 000 € und die Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwaltes gefordert. Wir haben das eine schon diskutiert, die Sache mit den 7 000 € ist attraktiver denn je.
Ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung von Parteispenden
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgendes beinhaltet:
Verpflichtung aller Parteien, Spenden ab einer Höhe von 7 000 € zu veröffentlichen;
mehrere Spenden ein und derselben natürlichen oder juristischen Person innerhalb eines Jahres werden zusammengerechnet, ebenso Spenden, wirtschaftlich miteinander verbundener juristischer Personen;
verstößt eine Partei gegen die Pflicht zur Veröffentlichung, wird ihre Parteienförderung in Höhe des doppelten Betrags der Spende gekürzt.
*****
Meine Damen und Herren, warum haben Sie das vorher nicht haben wollen? Das sollten Sie uns erklären! Wir waren jederzeit dafür, dieses zu machen.
Meine Damen und Herren! Zeitgleich möchte ich auch festhalten, dass die Sozialdemokraten den eingebrachten Entschließungsantrag von den Koalitionsparteien nicht mittragen werden, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil da zum Beispiel steht: „Eine zeitgemäße Aufgabenteilung soll sich an den Fähigkeiten der Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) orientieren. In diesem Zusammenhang soll die Rolle der Gesetzgebungsorgane überdacht werden.“
Wollen Sie die Landtage auflösen oder können Sie das besser präjudizieren? Ich glaube, das kann man so nicht mittragen.
Weiters: „Bei allgemeinen Wahlen soll künftig eine Briefwahl unter voller Wahrung der Grundsätze des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts ermöglicht werden.“ – Genau das ist der Grund dafür, dass wir für eine Briefwahl so nicht zu haben sind; noch dazu, wo prominente Vertreter der ÖVP immer wieder dem Familienwahlrecht das Wort reden, wo der Vater für die Kinder die Stimme abgibt. Das können wir uns nicht vorstellen! Wir glauben auch nicht, dass in der Familie eine Briefwahl dermaßen demokratisch stattfindet, dass eine freie Willensmeinung möglich ist. Das glauben wir nicht. Wir haben von Ihnen schon so viel erlebt, dass wir Ihnen das so nicht unterstellen, korrekt zu machen.
Weiters: „Anstelle des bisher die Sicherheit Österreichs in der Verfassung abbildenden Prinzips der Umfassenden Landesverteidigung soll eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach dem neuen und modernen Prinzip der umfassenden Sicherheitsvorsorge zur Gewährleistung der Sicherheit des Staates und seiner Bürger festgeschrieben werden.“ – Hier wollen Sie von der Neutralität abrücken. Da werden wir nicht mittun, daher können wir das nicht unterstützen.
Eine Anmerkung am Rande. Die Verteidigungsdoktrin, die wir gemeinsam lange Zeit beraten haben, die unter einer guten Vorsitzführung auf einen Weg gekommen ist, wo wir gedacht haben, es wird einen gemeinsamen Beschluss geben, ist letzten Endes daran gescheitert, dass Sie nicht bereit waren, das fünfmalig vorkommende Wort „Nato“ herauszunehmen. Das tut uns Leid, daher darf ich noch einmal festhalten: Dafür sind wir nicht zu gewinnen.
Meine Damen und Herren! Ein paar Worte noch zum Bundesrat. Ich nehme mir die Freiheit heraus, dieses Thema aufzugreifen, denn ich war selbst elf Jahre dort verankert. Es gab immer wieder dieselbe Diskussion: Bundesrat abschaffen oder aufwerten? Je nachdem, wo man gerade ist, wo es sich gerade gut macht, hat man sich für die eine oder andere Seite entschieden. Tatsache ist, dass gerade Freiheitliche, die Vorgänger des BZÖ, immer wieder, schon in den Antrittsreden, die Auflösung des Bundesrates gefordert haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.) – Das ist nachzulesen in verschiedensten Protokollen; inzwischen hat sich die Meinung geändert, das stimmt.
Der Bundesrat macht jetzt auch mehr von sich reden, weil er sich ja ein bisschen emanzipiert hat, aber ich glaube, hier sollte zweierlei klar sein: Wenn der Bund einen starken Bundesrat möchte, dann sollte er die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, und wenn die Länder einen starken Bundesrat möchten, sollten sie ihrerseits ihre Hausaufgaben leisten. Da sind beide sehr wohl zum Arbeiten aufgefordert.
Ebenso, meine Damen und Herren, darf ich mitteilen, dass wir den Entschließungsantrag der Grünen nicht mittragen können, und zwar aus einem einzigen Grund. Wir haben darin sehr viele richtige Punkte feststellen können, aber ein Punkt tut uns weh, das wollen wir nicht, und zwar steht da drinnen: „Jene Parteien ... haben ihre Parteifinanzen jährlich gegenüber dem Präsidenten des Nationalrates ... zu deklarieren, ...“
Das, meine Damen und Herren von den Grünen, wollen wir so nicht; ich gehe auch nicht davon aus, dass das immer Kollege Khol sein wird, Fischer ist auch nicht mehr da. Das sollte man noch einmal überdenken, oder vielleicht sollten jene, die in die Regierung kommen wollen, von vornherein den Regierenden, deren Finanzreferenten ihre Parteigestion offenlegen. Das halten wir für nicht zielführend. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.17
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Prähauser eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr.
Gusenbauer, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung
von Parteispenden
eingebracht im Zuge
der Debatte zu TOP 1
Mit einer offenkundig
von der ÖVP ausgehenden Verleumdungskampagne wird im Zuge des Wahlkampfes
versucht, die SPÖ mit der Behauptung anzuschwärzen, sie sei mit
Spenden der BAWAG oder des ÖGB finanziert worden.
Schon seit Jahren
fordert die SPÖ, zuletzt im Österreich-Konvent, dass Spenden an
politische Parteien veröffentlicht werden sollen, und zwar von allen
Parteien. Dies wurde von der ÖVP stets abgelehnt, im Präsidium des
Österreich-Konvents zuletzt vom Präsident Dr. Andreas Khol und
Klubobmann Herbert Scheibner. Der Grund ist ein offenes Geheimnis: Die massive
finanzielle Unterstützung, die diese beiden Parteien von der
Industriellenvereinigung und der Wirtschaft erhalten. Ausschließlich
deren Interessen vertreten daher auch diese Parteien.
In so gut wie allen
zivilisierten Staaten sind derartige Spenden zu veröffentlichen, damit
klar ist, welche Interessen hinter einer Partei stehen und solche
Verleumdungskampagnen wie die gegenwärtige gegen die SPÖ nicht
möglich sind.
Die unterzeichneten
Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschließen:
Entschließung:
Die Bundesregierung
wird ersucht, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die
folgendes beinhaltet:
Verpflichtung aller
Parteien, Spenden ab einer Höhe von 7.000 € zu veröffentlichen;
mehrere Spenden ein
und derselben natürlichen oder juristischen Person innerhalb eines Jahres
werden zusammengerechnet, ebenso Spenden wirtschaftlich miteinander verbundener
juristischer Personen;
verstößt
eine Partei gegen die Pflicht zur Veröffentlichung, wird ihre
Parteienförderung in Höhe des doppelten Betrags der Spende
gekürzt.
*****
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr
Abgeordneter Dr. Kräuter. Wunschredezeit:
7 Minuten. – Bitte.
12.17
Abgeordneter Dr. Günther
Kräuter (SPÖ):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes
Haus! Herr Staatssekretär!
In der Debatte war sehr viel von Partei- und Fraktionsinteressen die Rede,
und da muss man schon fragen: War es gescheit, war es fair, überhaupt
diesen Besonderen Ausschuss mit Mehrheit einzurichten, wenn wir ohnehin einen
Verfassungsausschuss haben? War es fair und war es gescheit, mit Mehrheit den
Vorsitz zu beschließen? – Wenn man schon so beginnt und den
Partnern den Vorsitz sozusagen auf’s Auge drückt, dann darf man
sich nicht wundern, wenn die Erwartungen nicht besonders hoch sind!
Schön war das nicht, aber genau das haben Sie zu Beginn gemacht. Das
heißt, alles, was Sie hier an Partei- und Fraktionsinteressen darbieten,
sind natürlich Krokodilstränen, ist Schauspielerei. So kann man das
nicht machen. Das war ein unsinniges und unnötiges Manöver schon zu
Beginn. Da können Sie auch noch so lächeln, Herr Präsident Khol, ich habe mir von diesem Moment an, ehrlich
gesagt, keinen Konsens erwartet.
Es wird wenig
überraschen, dass ich mich mit dem Kapitel „Kontrolle“
beschäftige. Wie schaut es aus mit der parlamentarischen Kontrolle in
dieser Legislaturperiode? Ist da eine Reform erforderlich? (Abg. Scheibner:
Da sind Sie ja genau der Richtige!)
Schriftliche Anfragen zum Beispiel, Herr Kollege Scheibner, bleiben
ja unbeantwortet, nicht wahr? Beispiel Bundeskanzler Schüssel: Er sagte
zwar vor der Wahl, eine Wirtschaftsplattform werde die Eurofighter
finanzieren, wenn man ihn aber danach hier im Parlament schriftlich fragt –
wie uns das die Verfassung ermöglicht –, dann heißt es:
Das geht mich nichts an, das ist kein Akt der Vollziehung! (Abg. Amon: Das hat er nicht gesagt!)
Anderes Beispiel:
Dringliche Anfragen, Kollege Amon! Wir werden es heute wieder erleben,
dass von der Regierungsbank aus die glatte Unwahrheit behauptet wird. Es ist
auch so, dass Anfragen einfach unbeantwortet bleiben; das hat ganz besonders Ministerin
Gehrer im Speziellen immer wieder gemacht.
Oder: Wie gehen Sie,
meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, eigentlich mit
schärfster Rechnungshofkritik um? Beispiel: e-card! – Kritik
wird in Lob uminterpretiert, ganz anders also, als es der Rechnungshof
darstellt. So kann es ja wohl auch nicht weitergehen.
Oder:
Untersuchungsausschüsse. Sie werden grundsätzlich abgelehnt, egal,
welches Thema, ob es beispielsweise diesen unglaublichen Visa-Skandal oder die
Eurofighter betrifft.
Parlamentarische
Vereinbarungen mit der Opposition werden gebrochen, siehe Semmering-Basistunnel,
das sollte die steirischen Kollegen interessieren. Vertagung statt der
vereinbarten Abstimmung.
Termine,
Auskunftspersonen im Rechnungshofausschuss – während der ganzen
Legislaturperiode ausschließlich im Sinne des Parteiinteresses der
ÖVP.
Wir werden dem
Antrag der Grünen, was die Kontrolle betrifft, natürlich zustimmen.
Es ist höchste Zeit, dass die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen
Minderheitsrecht wird.
Zu dem anderen
Antrag möchte ich hinzufügen, bei den Gemeinden unter
20 000 Einwohner muss man halt aufpassen, dass es zu keiner
Dreifachkontrolle kommt; natürlich ist es sinnvoll, wenn hier von
einem bestimmten Budgetvolumen die Rede ist.
Dieser Kontrollnotstand, meine Damen und Herren, das muss man am Ende dieser Legislaturperiode feststellen, bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Schauen wir uns beispielsweise die ÖBB an!
Von den Ministern ist da nichts zu erwarten. Wenn ich mir das so ansehe, Schmid, Forstinger, Reichhold, Gorbach – die haben sich um gar nichts gekümmert! Der Aufsichtsrat bei den ÖBB ist längst ein Beschwichtigungsrat. Im Parlament werden mit Mehrheitsbeschlüssen Kontrollmöglichkeiten entzogen, und wenn der Rechnungshofausschuss dann beispielsweise den Chef des Unternehmens, Herrn Martin Huber, laden möchte, wird das von den Regierungsfraktionen einfach abgeschmettert. – Was sind die Folgen, was sind die Konsequenzen? Postenschacher, 100 Millionen € Beraterkosten (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Meinen Sie den Vranitzky mit den Beraterkosten?), Kreditkarten-Skandal, Aufsichtsräte als Auftragnehmer, zweifelhafte Grundstückdeals (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Meinen Sie den Vranitzky?) – ich komme gleich zum BZÖ –, eine ÖVP-Werbeflut bei den ÖBB. Heute, und das ist ja wirklich lustig, werden 8 000 Exemplare Politpropaganda der ÖVP in den Zugsgarnituren aufgelegt. Der ÖBB-Chef macht eine Pressekonferenz mit einem ÖVP-Minister, und das alles bei der angeblichen Askese, was Parteipolitik betrifft. Anfragebeantwortungen von Gorbach werden einfach an den Aufsichtsrat weitergeschupft. – Diese Zustände sind die Folge des Kontrollnotstandes in diesem Hause, meine Damen und Herren!
Den traurigen Tiefpunkt in dieser Legislaturperiode allerdings hat die ÖVP zu verantworten, und dieser Tiefpunkt wurde vor zwei Tagen im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses gesetzt. Das war folgendermaßen, meine Damen und Herren: Eine Abstimmung ist nicht so ganz nach der Vorstellung der Regierungsfraktionen verlaufen, und das ist handschriftlich protokolliert worden; so weit in Ordnung. Aber es kann ja nicht sein, was nicht sein darf, daher ist dieses Protokoll manipuliert worden, meine Damen und Herren, und zwar, und das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen, unter Anleitung des ÖVP-Klubdirektors Dr. Zögernitz, der bezeichnenderweise auch noch hier als Verfasser des Kommentars zur Geschäftsordnung herumläuft. – Es ist so arg, dass hier in diesem Parlament in einem Protokoll herumgefummelt wird, dass verändert und manipuliert wird! (Abg. Mag. Molterer: Vorsicht!)
Herr Präsident Khol, Herr Klubobmann Molterer, dieses Amtliche Protokoll – und das ist der Beweis – liegt im Büro des Herrn Präsidenten Khol, schauen Sie es sich an! (Abg. Dr. Fekter: Sie sind der Gesetzesbrecher!) Das ist der Tiefpunkt demokratischer Kultur! Hier in diesem Parlament ist am Dienstag dieser Woche ein Protokoll gefälscht worden!
Meine Damen und Herren, wenn Sie über Verfassungsfragen diskutieren wollen, dann muss man Sie wirklich einmal auffordern: Besinnen Sie sich, was Ihren Machtexzess hier betrifft, und hören Sie auf damit, dass Sie hier die Geschäftsordnung brechen, das Gesetz brechen und sogar so weit gehen, ein Protokoll zu manipulieren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, es war wichtig, dass das gesagt worden ist, Herr Präsident! Dass nämlich auch einmal hinauskommt, wie das hier zugeht! Sie sollten sich schämen!)
12.23
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
12.23
Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mich freut, dass Kollege Niederwieser als Erster in dieser Debatte das Problem der Bildung angesprochen hat, weil es nämlich darum geht, im Verwaltungsbereich etwas zu machen. Sie haben Herrn Professor Haider zitiert. Sie schätzen ihn, wir schätzen ihn, und auch das Zukunftspapier schätzen wir. Sie haben von der selbständigen Schulentscheidung gesprochen, davon, die Personalentscheidung zu stärken, und von einer umfassenden Verwaltungsreform im Bildungsbereich. – Kollege Niederwieser, das Ganze ist nur nicht glaubwürdig! Sie haben nämlich verschwiegen, dass Professor Haider auch gesagt hat, man soll eine Abschlankung in der Schulverwaltung vornehmen, indem man die Bezirksschulräte und die Landesschulräte abschafft, und man soll das durch ein modernes Bildungsmanagement und eine Bildungsdirektion unter der Leitung des jeweiligen Landeshauptmannes auf Vorschlag des Bundesministeriums ersetzen.
Wir haben all diese Vorschläge im Konvent eingebracht. Jetzt frage ich Sie, und das ist eben das Fadenscheinige an dieser ganzen Debatte: Warum waren Sie nicht bereit, das mit uns zu beschließen?
Sie sagen auch, die parteipolitischen Interessen sprechen. Dazu sage ich schon auch: Rot und Schwarz – beide! – haben nach wie vor Interesse daran, die Schule nicht wirklich zu entpolitisieren! Das ist das Problem. Sie stellen sich hierher und sagen, das parteipolitische Interesse müsse man zurückstellen. Jeder – für alle, die es nicht wissen, sage ich es –, jeder Landesschulrat, jeder Bezirksschulrat wird nach wie vor nach dem D’Hondt’schen System besetzt, und noch dazu auf Basis der Anzahl der Landtagsmandate. – Das ist einfach ein Aufblähen einer Organisation, die nicht einmal eine Organisation ist, denn die Bezirks- und Landesschulräte machen nichts, außer personalparteipolitische Entscheidungen zu treffen, und das ist das Problem.
Wenn wir in der nächsten Regierung sind, dann werden wir mit unserem Regierungspartner das so verhandeln, dass wir auch die Zweidrittelmehrheit in diesem Bereich abschaffen können. Wenn Sie mit dabei sind, und ich nehme Sie beim Wort, wenn Sie davon sprechen, das parteipolitische Interesse zurückzustellen, dann werden wir es schaffen, dass wir auch endlich die Schule entpolitisieren! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
12.26
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
12.26
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wittmann, ich bin froh, dass du da bist, denn ich habe mich deshalb zu Wort gemeldet, um auf deine erste Wortmeldung zu reflektieren und etwas klarzustellen. Von der SPÖ wurde wieder die Ortstafel-Frage sehr stark thematisiert und sehr stark polarisiert. Unter anderem hat es geheißen, die Lösung mit der kleinen zweisprachigen, sprich slowenischen Zusatztafel, die der Landeshauptmann in Kärnten jetzt versucht umzusetzen, wäre verfassungskonform, erniedrigend, menschenunwürdig und Ähnliches mehr. (Abg. Dr. Jarolim: Nicht verfassungskonform!) – Nicht verfassungskonform, danke, Herr Kollege Jarolim. Herbert Scheibner hat wirklich Recht, wenn er sagt, die Zwischenrufe helfen uns immer wieder auf die Sprünge, wenn wir
einmal nicht mehr weiter wissen. (Abg. Scheibner:
Er soll sich weiter nach vor setzen, man versteht ihn so schlecht!)
Ich möchte jetzt einmal etwas klar festhalten und feststellen, Herr Kollege Broukal, vielleicht hören Sie einmal eine Minute lang zu: Es gibt ein Protokoll über die 55. Sitzung der Kärntner Landesregierung vom 4. September 2001. Bei dieser Landesregierungssitzung waren anwesend: Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Peter Ambrozy von der SPÖ, damals Landesrat Herbert Schiller, den ich persönlich sehr schätze, und als Dritte Landesrätin Frau Mag. Dr. Gabriele Schaunig-Kandut, die jetzige Parteivorsitzende der SPÖ in Kärnten. Laut diesem Protokoll wurde unter Punkt 9 zum Thema Verfassungsgerichtshof, zweisprachige topographische Aufschriften, Stellungnahme der Kärntner Landesregierung ein einstimmiger Beschluss gefasst; die genaue Stimmenanzahl werde ich Ihnen nicht vorlesen. Aber ich werde Ihnen aus dem umfangreichen Akt dieser Stellungnahme die wichtigste Passage vorlesen. Da steht nämlich drin, zusammenfassend:
Diese Vorgangsweise würde einen rechtlich einwandfreien Weg eröffnen, die slowenischen Ortsbezeichnungen staatsvertragskonform und verfassungskonform als eine sich auf die Hinweiszeichen Ortstafel beziehende erweiterte Zusatztafel anzubringen, ohne dass irgendwelche verfassungsrechtlichen Bedenken entstehen würden.
Dieser Beschluss ist datiert mit 4. September 2001. Da wurde, nachdem ja damals das Urteil rechtskräftig wurde ... (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) – Nein, Heinz, die jetzige Umsetzung befasst sich genau mit diesem Beschluss. Das heißt, einstimmig, mit den Stimmen der ÖVP, mit unseren Stimmen und mit den Stimmen der SPÖ, wurde diese Vorgangsweise gewählt. Also ich glaube, man sollte irgendwann einmal damit aufhören, diese Diskussion permanent nach Kärnten zu tragen. Auch die Kärntner SPÖ hätte sich eine Zustimmung der Bundes-SPÖ gewünscht; Klubobmann Herbert Scheibner hat das ausgeführt. Hier war man einem Kompromiss nahe. Wir könnten schon lange einen historischen Kompromiss umsetzen, wenn nicht die Verhinderungspolitik der SPÖ auf Bundesebene diesen Kompromiss verhindert hätte. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
12.29
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: 2 Minuten Redezeit; zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt.
12.30
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Abgeordneter Scheuch hat hier ein Protokoll verlesen und behauptet, dass es sich dabei um einen Beschluss handelt, der nach dem Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis abgefasst worden sei. – Das ist unrichtig!
Es handelt sich hier um das Protokoll, das als Stellungnahme zur Verfassungsgerichtshofsentscheidung eingefordert wurde (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Habt ihr jetzt zugestimmt oder nicht?) und mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes abgelehnt wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Habt ihr zugestimmt oder nicht?)
12.31
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Leutner. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.
12.31
Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! (Abg. Rädler: Was haben die Gewerkschaf-
ten zu sagen?) Sofort. (Heiterkeit. – Abg. Neudeck: Auf den Rednerlisten dürfen sie ja noch stehen! – Weitere Zwischenrufe.) – Das Vorhaben einer Reform der österreichischen Bundesverfassung gehört natürlich zu den kontroversen Themen im einem Parlament, meine Damen und Herren. Oft waren wir sehr schnell in den Niederungen, würde ich fast sagen, des Finanzausgleichs und einer heftigen Auseinandersetzung über die Finanzen.
Aber ich glaube, dieses Vorhaben gehört umgekehrt auch zu den schönsten Aufgaben für Abgeordnete in diesem Haus, weil wir manchmal – unabhängig von den Schlammschlachten, die uns dieser Tage begleiten (Zwischenrufe bei der ÖVP) – darüber reden, lieben Kolleginnen und Kollegen, auf welchem Fundament wir in Österreich leben und arbeiten wollen. Eine Verfassung zu diskutieren heißt, Grundwerte zu benennen, sich Regeln zu geben.
Wir alle wissen, dass eine Verfassung noch keine Garantie für eine richtige Politik ist. Aber sie ist ein Kompass. Deshalb trete ich auch heute wieder besonders für die Verankerung von sozialen Grundrechten in unserer Verfassung ein – nur mit einem wichtigen qualitativen Aspekt: Ich bin davon überzeugt, dass Grundrechte nur dann echte Grundrechte sind, wenn sie auch individuelle Durchsetzungschancen für die Bürgerinnen und Bürger in dem Land bedeuten. (Abg. Scheibner: Aber Sie wollen ja Verbandsklagen haben!) Wenn diese nicht gegeben sind, dann sind wir nur auf der Ebene von Staatszielen (Abg. Scheibner: Sie wollen nur, dass Ihre Organisation ...!), und Grundrechte unterscheiden sich von Staatszielen, von denen Bürgerinnen und Bürger unmittelbar ja gar nichts haben.
Natürlich sind die so genannten Freiheitsrechte, die den Menschen garantieren, dass sie frei von staatlichen Übergriffen ihr Leben gestalten können, eine Grundlage unserer Verfassung. Aber wir müssen sehen, dass heute nahezu alle europäischen Verfassungen einen zweiten Grundrechtsbestandteil haben, und das sind die sozialen Grundrechte. Sie beruhen darauf, dass die Menschen in modernen Gesellschaften – und das ist das wichtige Anliegen – nicht nur vor Polizeiübergriffen und willkürlichen Enteignungen geschützt sind, sondern – mit gleicher Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren! – auch vor Armut, Obdachlosigkeit oder Krankheit ohne ausreichende medizinische Hilfe. Deshalb umfassen sie drei wichtige Bereiche: ein Recht auf Arbeit, ein Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen und ein Recht auf soziale Sicherheit.
Lassen Sie mich zum Abschluss dazu Folgendes sagen! Ich glaube, dass das Sozialstaatsprinzip in den Herzen und Köpfen der Österreicherinnen und Österreicher drinnen ist, es ist dort schon verankert. Neben der Freiheit gehört auch die soziale Sicherheit endlich in den Grundrechtskatalog der österreichischen Bundesverfassung aufgenommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte abschließend einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Christine Lapp, Heidrun Silhavy und KollegInnen betreffend Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und Pflegende einbringen, weil heute das Thema schon behandelt worden ist. Ich darf den Entschließungsantrag verlesen:
„Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, in denen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
I. Ausbau der Pflegewesens:
1. Flächendeckender Ausbau der mobilen Dienste, inklusive Nacht- und Wochenenddienste.
2. Errichtung eines Pflegefonds, mit 200 Millionen € jährlich dotiert.
3. Ausbau von Tagesbetreuung und Kurzzeitpflege.
4. Hilfe für die Angehörigen: Beratung, Information und Supervision für die Pflegenden.
5. Mehr Ausbildungsplätze für Pflegeberufe.
6. Jährliche Valorisierung des Pflegegelds.
II. Betreuung daheim:
1. Schaffung eines neuen Beschäftigungstyps „Betreuung daheim“.
2. Kollektivvertrag regelt Einkommen, Rechte und Pflichten.
3. Rund-um-die-Uhr-Betreuung wird so zu leistbaren Tarifen möglich.
4. Anerkannte Trägerorganisationen fungieren als Arbeitgeber und sichern die Qualität.
5. Ausländische Arbeitskräfte bekommen eine Beschäftigungsbewilligung; wer derzeit illegal tätig ist, kann zu den neuen Bedingungen diese Arbeit legal ausüben.
6. Während einer Übergangsfrist von etwa einem Jahr sind die bestehenden Arbeitsverhältnisse zu legalisieren.“
*****
Ich bitte, auch diesen Antrag in die Beratungen einzubeziehen. (Beifall bei der SPÖ.)
12.35
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden
Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Christine
Lapp, Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung
der Situation für Pflegebedürftige und Pflegende, eingebracht im Zuge
der Debatte zum Bericht des Besonderen Ausschusses betreffend den Bericht des
Österreich-Konvents (III-136/1584 d.B.)
Der
Österreich-Konvent hat sich lange mit der Neuordnung von Kompetenzen der
österreichischen Bundesverfassung befasst. Von der
Kompetenzzersplitterung ist auch der Pflegebereich erfasst. Außerdem ist
der Anspruch eines jeden auf menschenwürdige Pflege ein Grundrecht.
Man muss daher dafür sorgen, dass sich ein jeder die Pflege, die er
braucht, auch leisten kann.
Seit dem Jahr 1999 hat
das Pfleggeld deutlich an Kaufkraft verloren, bei der Stufe 6 etwa € 136,-
pro Monat (€ 1.632 pro Jahr).
Die Inflationsrate
für diesen Zeitraum beträgt 13,8 Prozent. Das Pflegegeld der
Stufe 6 hätte daher seit dem Jahr 1999 um € 159,-
erhöht werden müssen, um die Kaufkraft zu erhalten. Tatsächlich
wurde es jedoch nur einmal und zwar um € 23,- erhöht.
Heizkosten und Energie
sind um rund 24 Prozent, Mieten um 17 Prozent angestiegen. Extrem
starke Preissteigerungen gab es vor allem auch bei Gesundheitskosten. Die
Politik der deutlichen Erhöhung von Selbstbehalten trifft
PflegegeldbezieherInnen besonders hart.
So wurde die
Rezeptgebühr außertourlich von € 3,27 im Jahr 2000 auf
€ 4,60 im Jahr 2006 erhöht. Das entspricht einer
Erhöhung um 41 Prozent!
Der
Spitalskostenbeitrag nach dem Krankenanstaltengesetz wurde von € 5,23
auf rund € 8,- bis € 10,- (nach Bundesländern
unterschiedlich) angehoben. Das bedeutet eine Erhöhung von über 50
bis 90 Prozent!
Der Kostenanteil der
Versicherten für Sehbehelfe wurde von 20 Prozent der (täglichen)
Höchstbeitragsgrundlage auf 60 Prozent erhöht. Insgesamt ergibt
sich daraus eine Erhöhung um rund 260 Prozent!
Hinzu kommt:
Pflegegeldbezieher sind typischerweise BezieherInnen von Niedrigstpensionen.
27 Prozent der Bundespflegegeldbezieher erhielten eine Pension unter
€ 570,- 60 Prozent erhielten eine Pension von weniger als
€ 860,- pro Monat (Bericht des Arbeitskreises für
Pflegevorsorge 2004).
Vor allem die
Untätigkeit der Regierung Schüssel in den letzten sechs Jahren hat
die Situation im Pflegebereich dermaßen verschärft, dass heute viele
pflegebedürftige Personen um Ihre Versorgung fürchten
müssen.
Die SPÖ hat daher
einen Lösungsvorschlag erarbeitet, der im Wesentlichen darauf aufbaut
einen neuen Beschäftigungstypus zu schaffen: „Betreuung
daheim“. Dieser ermöglicht 24-Stunden-Anwesenheit der
Betreuungskraft, geblockt für zwei Wochen; darauf folgen zwei Wochen
Freizeit. Für „Betreuung daheim“ soll es einen eigenen Kollektivvertrag
geben, der Entlohnung, Betreuungsleistung und sonstige Rechte und Pflichten
festlegt.
Voraussetzung dafür
ist ein legaler Aufenthalt. Das wird dadurch gewährleistet, dass die
Betreuungspersonen eine Beschäftigungsbewilligung bekommen. Als
Arbeitgeber fungieren dabei anerkannte Träger wie Caritas oder Volkshilfe
und auch von Gebietskörperschaften einzurichtende öffentliche
Träger. Die Betreuungskräfte sollen für zwei Wochen
ununterbrochen tätig sein dürfen, anschließend mindestens
ebenso lang ununterbrochen frei haben. In dieser Zeit dürfen sie
keiner anderen Arbeit in Österreich nachgehen.
Aus diesen Gründen
stellen die unterfertigten Abgeordneten nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Entschließung
Der Nationalrat hat
beschlossen:
Die Bundesregierung
wird aufgefordert, umgehend Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, in denen folgende
Maßnahmen umgesetzt werden:
I. Ausbau des
Pflegewesens
1.
Flächendeckender Ausbau der mobilen Dienste, inklusive Nacht- und
Wochenenddienste
2. Errichtung eines
Pflegefonds, mit 200 Mio. Euro jährlich dotiert
3. Ausbau von
Tagesbetreuung und Kurzzeitpflege
4. Hilfe für die
Angehörigen: Beratung, Information und Supervision für die Pflegenden
5. Mehr
Ausbildungsplätze für Pflegeberufe
6. Jährliche
Valorisierung des Pflegegelds
II. Betreuung daheim
1. Schaffung eines
neuer Beschäftigungstyps „Betreuung daheim“
2. Kollektivvertrag
regelt Einkommen, Rechte und Pflichten
3.
Rund-um-die-Uhr-Betreuung wird so zu leistbaren Tarifen möglich
4. Anerkannte
Trägerorganisationen (z.B. Volkshilfe, Caritas) fungieren als Arbeitgeber
und sichern die Qualität
5. Ausländische
Arbeitskräfte bekommen eine Beschäftigungsbewilligung; wer derzeit
illegal tätig ist, kann zu den neuen Bedingungen diese Arbeit legal
ausüben
6. Während einer
Übergangsfrist von etwa einem Jahr sind die bestehenden Arbeitsverhältnisse
zu legalisieren
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.
12.36
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Ich weiß nicht, wie die hellseherischen Fähigkeiten des geschätzten Vorredners ausgestattet sind, aber die Beratungen wären eigentlich aus gewesen, wenn nicht wir darauf Wert legen würden, in dieser sensiblen Debatte am Schluss doch noch ein kurzes Resümee zu ziehen.
Es ist auch noch nicht gesichert, dass unsere Fraktion diesen Entschließungsantrag bekommen hat, höre ich gerade; das könnten wir also in der nächsten Gesetzgebungsperiode auch gleich besser machen. (Abg. Scheibner: Typisch SPÖ!) Das ist genau mein Motiv, hier etwas zu sagen, was uns in der nächsten Periode tatsächlich noch beschäftigen wird.
Herr Kollege Lopatka, es ist irgendwo zwischen Rührung und Naivität, die Sie offensichtlich uns unterstellen, und ist der sonst von Ihnen ganz gut ausgelebten mittleren Bösartigkeit offensichtlich zuzuschreiben (Abg. Mag. Molterer: Geh, bitte!), dass Sie einen Entschließungsantrag bezüglich der gesetzlichen Verankerung und der künftigen Praxis der Offenlegung der Parteifinanzen heute so formulieren, dass im Kern und im Zentrum Ihres Anliegens eine Kommission steht. Das kennen wir schon!
Es würde reichen, wenn wir nur 10 Prozent dessen übernehmen würden, was in Großbritannien an Transparenzregeln gilt, oder 50 Prozent dessen, was in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Dann hätten wir uns schon massivst verbessert! Ich darf nur daran erinnern, dass wir in allen einschlägigen Vergleichen und Rankings, was Transparenzfragen, Offenlegungsfragen und etwa auch Anti-Korruptions-Bemühungen betrifft, irgendwo in der Gegend von Bangladesch auftauchen. Ich erkenne da schon einen gewissen Handlungsbedarf für die nächste Legislaturperiode.
Aber machen wir es doch ganz konkret, und bleiben wir bei dem Offenlegungsanliegen, was die Parteifinanzen betrifft. Herr Kollege Lopatka, es war ja Herr Lorenz von der Industriellenvereinigung, der schon vor Jahren öffentlich, in einem Interview im „profil“, einbekannt hat, dass es gängige Praxis ist, dass die Industriellenvereinigung – ich kürze es jetzt ab, und Sie werden es aushalten, dass ich meine Worte verwende – als große, eigentlich die größte, als große Spendenwaschanlage für Parteispenden, vermutlich mehrheitlich in Richtung ÖVP, dient, als ganz große Spendenwaschanlage! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Das dürfen sie deshalb – nein, Sie können sich entspannen –, weil das in Österreich nichts Illegales ist. Es ist nämlich so, dass bei uns genau das gesetzlich befördert wird, wofür der Ex-Bundeskanzler Kohl – der Ex-Bundeskanzler, bitte genau aufpassen, das h an anderer Stelle – in der Bundesrepublik Deutschland fast ins Gefängnis gewandert wäre. Denn es ist dies dort ein Straftatbestand, was unsere weisen Gesetzgeber, schon unter Kreisky, extra nicht nur straffrei gestellt, sondern eben begünstigt haben!
Genau darum geht es: Es muss Schluss sein damit, dass etwa die Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung und – jetzt wird ja bei Ihnen hoffentlich endlich wieder die Besinnung ausbrechen – auch der ÖGB und damit vielleicht auch die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter keine Spenden an die Sozialdemokratische Partei weitergeben dürfen, jedenfalls zumindest nicht unerkannt, weil sie offengelegt werden müssten. Sehen Sie, damit gehen Sie ja für die Wahl werben, damit annoncieren Sie ja!
Im Übrigen darf ich vorwegnehmen, dass Ihre ganze Dringliche Anfrage, die uns in drei Stunden zum Besten gegeben wird, eine Ansammlung von Wahlinseraten ist. Da werden Sie dann anders reden, als Sie jetzt dazwischenrufen! Ich mache Sie schon jetzt darauf aufmerksam, weil ich später nicht so viel Zeit haben werde. (Beifall bei den Grünen.)
Es ist doch eine nützliche Übung in der
Demokratie – Herr Kollege Molterer, Sie sind ohnehin der Klubobmann
und nicht der Parteisekretär; manchmal könnte man es allerdings
verwechseln –, eine nützliche Übung für die Medien,
für die Bevölkerung, zu wissen, wer von wem abhängig ist.
Es war doch nur einem Zufall und einem Eigenfehler des Herrn Finanzministers zu
verdanken – obwohl er gewisse Resistenz aufweist, was das betrifft,
aber in den öffentlichen Umfragen steht er ja immer noch gut da, okay, wie
dem auch sei (demonstrativer Beifall bei der ÖVP); klatschen Sie ruhig –, es war
doch nur einem Zufall zu verdanken, dass aufgeflogen ist, dass sich in Österreich
ein Finanzminister von der Industrie aushalten lässt, von der
Industrie Geld zugesteckt bekommt. (Abg. Dr. Brinek: Geh,
„aushalten lässt“?)
Er hat das dann
noch damit begründet, dass das ja üblich ist. Er sei ja parteifrei,
er, Grasser – was immer das bedeutet, „er ist
parteifrei“, das müssen Sie sich überlegen. Aber er hat es
damit gerechtfertigt, dass ja alle anderen auch von der Industriellenvereinigung
Geld bekommen würden.
Sehen Sie, es geht
also nicht darum, dass man nur auf die Sozialdemokraten zeigt, sondern es geht
um ein Grundsatzprinzip; so ist das nun einmal. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Allerdings wird der
Handlungsbedarf – spät, aber doch, ich höre allerdings,
dass Sie schon vor Jahren einen Antrag eingebracht haben – nun
offensichtlich auch von der Sozialdemokratie selbst erkannt und anerkannt, und
das hat vielleicht schon etwas mit den Vorkommnissen in der eigenen Umgebung zu
tun. Ich darf auch daran erinnern, dass das Wort „Handlungsbedarf“
überhaupt von einem Kanzler kreiert wurde, der nun in der Tat genau diesen
Handlungsbedarf ausgelöst hat.
Die Geschichte ist
also ganz klar. (Abg. Großruck: Das willst uns jetzt wirklich
erzählen?) – Schauen Sie, in Grieskirchen ist
offensichtlich die Wahlkampf-Maschinerie schon so weit fortgeschritten, dass
Sie es nicht einmal beim Zuhören erkennen können, wenn ich die
Sozialdemokraten kritisiere. Aber das sei Ihnen unbenommen. (Heiterkeit
und Beifall bei den Grünen.)
Ich sage nur, es ist dies deshalb besonders wichtig, weil auch in der Sphäre der Sozialdemokratie noch immer das eine oder andere aufklärungsbedürftig ist. Wir kommen zum Beispiel an den Punkt, dass eine Parteispende nicht bloß eine Überweisung ist, es gibt auch Sachspenden oder bestimmte Konditionen. Deshalb ist diese Offenlegung so
wichtig, weil es nämlich von Interesse
ist, welche Konditionen die BAWAG den Sozialdemokraten gegeben hat.
Es gibt eine
Geschichte, die überhaupt noch nicht richtig beleuchtet wurde. Die Steiermärkische
Sparkasse ist auch als Financier, als Kreditgeber – bleiben wir an
dieser Stelle vorsichtig – der Sozialdemokraten erwähnt worden.
So weit, so gut; es ist aber nicht klar, welche Konditionen dort geherrscht
haben. Warum ist die Frage so interessant? – Weil sage und
schreibe, das muss man wirklich einmal zusammenbringen, zehn Jahre lang ein
Vorstand jener Bank, der Steiermärkischen, gleichzeitig Parteikassier
der Sozialdemokraten in der Steiermark gewesen ist! Ich finde, das ist einfach
nicht hinzunehmen. Es tut mir Leid, es ist einfach nicht hinzunehmen, dass in
diesem Licht nicht offengelegt wird! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg.
Scheibner.)
Es fehlt einem die
Einsicht für solches Verhalten. Und so hätten wir alle etwas zu sagen.
Sie können sagen: Wir haben es leicht, wir regieren noch nicht. Das ist
richtig, und vielleicht ist dies auch das nächste Mal nicht der Fall, weil
Sie die große Koalition schon ausgemacht haben, oder sonst irgendetwas.
Das ist ja noch nicht das Thema, wir haben vielleicht leicht reden.
Ich darf noch die
Freiheitlichen erwähnen; ich meine jetzt aber jene, die auf Liste 3
stehen. Auch sie haben aus meiner Sicht Erklärungsbedarf, weil
für mich nicht erklärlich ist, wie es sein kann, dass diese Partei,
mehr als alle anderen zusammen, das ganze Land mit Großplakaten zudeckt.
Man kommt um keinen Kreisverkehr mehr herum, ohne dass man zwei Mal von Strache
belästigt wird; ich halte das mittlerweile für eine
Verkehrsgefährdung. (Beifall bei den Grünen.) Es wäre
auch interessant zu erfahren, wo dieses Geld herkommt.
Es gibt also drei
gute Gründe für die Fraktionen hier im Haus – das BZÖ
habe ich jetzt ausgelassen, ich weiß ja nicht, ob wir es nächstes
Mal wieder hier sehen werden –, zumindest drei Fraktionen/Parteien
haben gute Gründe, hier offenzulegen. Das wäre doch ein schönes
Motiv.
Ich darf den Rest
meiner Überlegungen nur noch im Word-Rap wiedergeben; ich hoffe, Sie sind
damit einverstanden. Die Frage der U-Ausschüsse ist ja hundert Mal
diskutiert worden. Ich sage nur, in dieser Legislaturperiode hat es zwei
klassische Anlassfälle gegeben, diese Sache so zu betrachten, dass
das als Minderheitenrecht verankert werden müsste. Der aktuellste ist
der Fall der BAWAG.
Es ist nämlich
nicht einzusehen, dass Sie diesen „kleinen Untersuchungsausschuss“
dazu missbrauchen, mit Ihren Mehrheiten dort Auskunftspersonen aus- und einzuwacheln,
wie es Ihnen gerade passt. Dass zum Beispiel ein Herr Schlaff nicht geladen
wird, das ist nicht einzusehen. Deshalb: Minderheitenrecht und wirklicher
Untersuchungsausschuss! Das wird heute ohnehin noch ein Thema werden.
Die zweite
Sache – am Schluss der Legislaturperiode möchte ich es noch
einmal erwähnen – war das Niederdrücken der
Aufklärung rund um die Eurofighter-Beschaffung. Man kann unterschiedlicher
Meinung sein, das ist ganz in Ordnung und hier sogar wünschenswert. Aber
was nicht sein kann, ist, dass die ranghöchsten Beamten in Aktenvermerken
festhalten, dass sie aus guten und verschiedenen Gründen –
egal, aus welchen – gegen diese Beschaffung sind, diese Beamten dann
pensioniert werden und unter Hinweis darauf, dass sie pensioniert worden sind,
mit Ihrer Mehrheit von der Aussage hier im Parlament de facto abgehalten werden. (Abg.
Dr. Fasslabend: Keine Ahnung!)
Sie sind der schlechteste Zeuge dafür, Herr Fasslabend, hier einen Zwischenruf zu machen! Schaden Sie sich in dieser Frage nicht noch mehr, als Sie ohnehin schon
belastet sind. – Das ist nicht hinzunehmen! (Beifall bei den
Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim.)
Ich möchte es am Schluss noch einmal festhalten: Ich kann nicht sagen, wie in den Rechnungshofausschüssen der nächsten Periode weitergearbeitet werden wird. Ich kann nur sagen, die Mehrheit hier im Haus hat Kollateralschäden der Sonderklasse hinterlassen, und da werden wir noch viel aufzuräumen haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
12.46
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort. (Abg. Dr. Jarolim: Das war eine Rechtsbeugung ...!) – Herr Abgeordneter Jarolim, wir befinden uns in der Abstimmungsphase!
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents, den vorliegenden Bericht III-136/1584 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung der Arbeiten an einer umfassenden Verfassungsreform.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenommen. (E 209.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist somit abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne Parteikassen“.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt. (Unruhe im Saal.)
Meine Damen und Herren, darf ich um etwas mehr
Aufmerksamkeit bitten! (Zwischenrufe.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Minderheitsrecht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lopatka, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Parteienfinanzierungssystems.
Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenommen. (E 210.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung des Wahlalters.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundeseinheitlichen Jugendschutz.
Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Pflegesituation der pflegebedürftigen Menschen in Österreich sowie Vorsorge für regelmäßige Erhöhungen im Pflegegeldbereich.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag findet die Mehrheit und ist somit angenommen. (E 211.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichung von Parteispenden.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist somit abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Situation für Pflegebedürftige und Pflegende.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist somit abgelehnt.
Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (80/PET) betreffend „Beratungen über eine neue Bundesverfassung“, überreicht vom Präsidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol und den Abgeordneten Klaus Wittauer,
Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin
Hakl, Maria Grander, Johannes Schweisgut, Helga Machne und Hermann Gahr
(1610 d.B.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Wir gehen in die Debatte ein.
Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
12.51
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Grund, warum ich hier als Erste rede, ist, dass die Grünen diesem Antrag die Zustimmung nicht geben werden. Es geht hier um einen Vorschlag, einen Entschließungsantrag, bei einer etwaigen Verfassungsreform die Schutzfunktion für die österreichische Volksgruppe in Südtirol in die Verfassung aufzunehmen und auch die Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen in der Verfassung zu verankern. – Ich werde Ihnen erklären, warum wir, entgegen allen anderen Parteien, dem nicht zustimmen können.
Das Verhältnis zwischen Österreich und Südtirol beziehungsweise Italien ist in den letzten, sagen wir einmal, 30 Jahren ein hervorragendes, ein ausgezeichnetes. Dazu haben viele beigetragen, gerade auch viele Tiroler, aber auch viele andere Österreicherinnen und Österreicher, das hat sich entwickelt. Schon 1992 gab es die Streitbeilegung; diese haben wir 2002 – da war ich auch schon in diesem Hohen Haus – hier im Hohen Haus auch gefeiert und für richtig befunden.
Erst vor kurzem, am 5. September 2006, gab es in Südtirol – in Bozen, auch im Bozener Landtag – eine Feier aus dem Anlass, dass vor 60 Jahren das Pariser Abkommen, das so genannte Gruber-De-Gasperi-Abkommen, abgeschlossen worden war. Dort hat – ich zitiere aus der „Tiroler Tageszeitung“ – Herr Ex-Botschafter Ludwig Steiner als einer, der sogar damals schon dabei war, unter anderem gesagt, dass es ein schwieriger Weg war, dass wir aber stolz auf das Erreichte sein können. Dem stimme ich voll und ganz zu.
Er hat auch gesagt, dass es ein sehr emotionales Anliegen war. Viele Jahre lang gab es zahlreiche Schwierigkeiten. Es ist Österreich dann gelungen – dies war sinnvoll –, das Ganze auch vor die UNO zu bringen und die Südtirol-Frage international zu verankern. Das war richtig und gut. Auch die Autonomie, die es jetzt gibt, ist eine, die tatsächlich ein ganz besonderer und sehr guter Fall von Autonomie ist, der auch international immer wieder als positives Beispiel dafür dargelegt wird, wie eine Autonomieregelung aussehen kann.
Botschafter Steiner hat in Südtirol, in Bozen, vor wenig mehr als einem Monat auch gesagt: Innerhalb der EU braucht man keinen Vertrag, dass man mit dem Nachbarstaat in Frieden lebt. – Das ist einer der Gründe, warum wir diesem Ansinnen hinsichtlich eines Entschließungsantrags nicht zustimmen werden, hinsichtlich irgendeiner Verfassungsreform, die es vielleicht einmal geben wird; denn die jetzige, die in dieser Legislaturperiode geplant war, wurde ja heute „unpompös“, wie Eva Glawischnig gesagt hat, zu Grabe getragen.
Das ist einer der Gründe: In einem vereinten Europa braucht es unserer Ansicht nach nicht die Verankerung von Schutzfunktionen für Volksgruppen in anderen Staaten. Noch dazu ist Minderheiten- und Volksgruppenpolitik eine Frage der aktiven Politik und nicht von Bekenntnissen, die in der Realität überhaupt keine Bedeutung haben.
Ich bin sehr froh darüber und begrüße es auch, dass Österreich Südtirol und die Südtiroler sehr stark unterstützt. Ich habe das selbst erlebt, als ich in den siebziger und beginnenden achtziger Jahren in Innsbruck studierte, und habe mit vielen Südtirolern und Südtirolerinnen zu tun gehabt, die auf Grund der Gleichstellung mit Österreichern studieren konnten, und das ist noch immer möglich, auch trotz der geänderten Bedingungen für die Universitäten. Das ist etwas Positives und Sinnvolles.
Aber die Frage ist tatsächlich, warum heute, kurz vor der Wahl, dieser Antrag auf der Tagesordnung ist. Die Schutzfunktion ist, wie ich schon gesagt habe, in der Europäischen Union unserer Meinung nach überholt. (Abg. Scheibner: Das haben wir in der Präsidiale einstimmig beschlossen!)
Um ein Beispiel dafür zu bringen, was diese Autonomie, diese sehr gute Autonomie für Südtirol bedeutet: Finanziell steht Südtirol viel besser da als jedes österreichische Bundesland. So zeigt sich zum Beispiel, wenn ich Süd- und Nordtirol vergleiche, dass Südtirol ein Drittel weniger an Bevölkerung, aber ein doppelt so hohes Budget hat – das ist recht so für Südtirol –, weil einfach 80 Prozent der Steuern und Abgaben in Südtirol bleiben. Es ist gut für das Land, dass es sich gut entwickeln kann; das will niemand verändern. Ich vertraue darauf, dass dieses gute Verhältnis, das auch durch die Bemühungen Österreichs in den letzten Jahrzehnten zustande gekommen ist, weiterhin bestehen kann.
Aber eines ist schon interessant: Probleme im Verhältnis zwischen Österreich und Italien bezüglich Südtirol gibt es nur dann, wenn in Italien eine rechte Regierung an der Macht ist – wie die letzte, Berlusconi, der ja Bundeskanzler Schüssel sehr viel Erfolg für die Wahlen wünschte; zum Glück hat er den nicht gehabt, Herr Berlusconi und seine Adlaten. (Abg. Neudeck: Es war umgekehrt! Nicht Berlusconi hat Schüssel Erfolg gewünscht ...!) Probleme gibt es nur bei rechten Regierungen in Italien – als etwa die Lega Nord Schwierigkeiten machen wollte –, nicht bei Regierungen wie der jetzigen unter Ministerpräsident Prodi, dessen Bündnis auch schon im Wahlkampf von der Südtiroler Volkspartei unterstützt wurde, weil diese weiß, dass eine Regierung Prodi, eine Regierung, die nicht rechts ist, sehr wohl die Interessen von ethnischen Volksgruppen, von Minderheiten berücksichtigt – was ja die deutschsprachigen Südtiroler in Südtirol nicht sind, das weiß ich schon –, dass eine linke Regierung, wenn Sie so wollen, solche Bevölkerungsgruppen sehr wohl unterstützt. Das Problem gibt es, wie gesagt, nur dann, wenn Rechte, die der ÖVP nahe stehen, an der Regierung sind, und nicht sonst.
Für die Grünen ist völlig unbestritten, dass wir den Schutz von Volksgruppen wollen; ich glaube, das ist wohl allen hier klar. Wir sind diejenigen, die gerade den Schutz von Minderheiten, von Volksgruppen für eines der höchsten Güter in einer Demokratie, für das Zusammenleben in einer Demokratie halten. Dazu gehört die Sprache, dazu gehört die Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit in den Schulen, aber auch auf Ortstafeln. Dieses hohe Gut des Schutzes von Volksgruppen, von Minderheiten gilt für Südtirol, und schon als ich als Jugendliche dort war, habe ich bewundernd sogar dreisprachige Ortstafeln gesehen, und ich habe mich damals schon in Kärnten darüber gewundert, dass es dort fast nur einsprachige gab.
Dieses hohe Gut gibt es aber auch für Kärnten, und da sehe ich schon, Herr Nationalratspräsident Khol, der Sie ja nach mir reden wollen, ein ziemliches Defizit, dass Ihre Regierung, der Sie ja sozusagen als ÖVP-Mitglied angehören, es nicht geschafft hat, in Südkärnten tatsächlich zweisprachige Ortstafeln aufzustellen. Das ist etwas, worüber ich nur sagen kann: Den Schutz von Volksgruppen nimmt diese Bundesregierung nicht ernst! Sonst hätte sie das schon längst geschafft und hätte nicht immer nur einen Landeshauptmann Haider quasi hintennach entschuldigt, aber nichts dafür getan, dass er dort die lange geforderten zweisprachigen Ortstafeln endlich aufstellt. (Beifall bei den Grünen.)
Ein Wort zum BZÖ: Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie jetzt mit Herrn Veit Schalle einen Kandidaten auf Ihrer Liste haben, der nicht nur die NS-Beschäftigungspolitik durchaus beeindruckend gefunden hat – das hat er auch gesagt (Abg. Neudeck: Wirtschaftspolitik!) –, sondern der auch noch gesagt hat – und er hat selbst slowenische Wurzeln, und daher ist mir das noch unverständlicher (Abg. Rossmann: Auch ich!) –, dass die Slowenen in Kärnten nur Gäste sind!
Wissen Sie, was Herr Präsident Khol gesagt hätte,
wenn irgendjemand gesagt hätte, dass die Südtiroler Deutschsprachigen
nur Gäste in Südtirol sind? – Na, da hätte es einen
Aufstand gegeben! Aber für Kärnten ist es ganz recht, dass der das
sagt, dort gibt es keine Kritik – auch von Ihnen nicht, Herr
Nationalratspräsident Khol! (Beifall bei den Grünen.)
Warum jetzt? Warum nicht 1992, als es die Streitbeilegung gab? Das wäre doch eine Möglichkeit gewesen, das in einer Verfassungsreform einzubringen. Warum nicht, als Österreich der EU beigetreten ist? Da hätte es auch die Möglichkeit gegeben, das als Verfassungsänderung hinzuzufügen. Nichts haben Sie getan. Also warum jetzt? (Abg. Scheibner: Es ist nie zu spät!) Weil es eine Petition der Schützenkompanien und zahlreicher Bürgermeister gegeben hat, die dem Petitionsausschuss zugewiesen wurde?
Herr Präsident Khol, Sie haben in irgendeinem Interview
gesagt, es wäre notwendig, um die Geschäftsordnung des Nationalrates
zu erfüllen, dass es jetzt dazu eine Entschließung
gibt. – Wie viele Petitionen gibt es in diesem Haus, die nicht
einmal das Licht des Nationalrates, dieses Plenums erblicken, sondern einfach
im Petitionsausschuss behandelt, abgelegt und dann unter einem
Sammeltagesordnungspunkt behandelt werden. Missbrauchen Sie nicht die Geschäftsordnung
und Geschäftsordnungsargumente für etwas, was Ihr eigenes, ganz
persönliches Interesse ist. (Beifall bei den Grünen.)
Daher kann ich nur sagen: Es ist ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver, dass gerade jetzt auf die Tagesordnung zu setzen. Warum nicht im Juli? Das wäre auch schon möglich gewesen. Gerade jetzt wollen Sie klar machen: Sie schützen Südtirol.
Wie zuvor bereits gesagt: Wir stehen hinter der Autonomie. Das ist sinnvoll und notwendig. Diese Schutzfunktion aber ist im Rahmen der Europäischen Union – so finden wir zumindest – einfach nicht zeitgemäß.
Zur anderen Schutzfunktion, die die SPÖ hineinreklamiert hat, also zur Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen: Wir haben mit solchen Formulierungen grundsätzlich ein Problem. Ich wüsste zum Beispiel nicht, dass die österreichischen Kroaten und Kroatinnen – meine Kollegin Stoisits wird sich später ohnehin noch zu Wort melden – das Gefühl hätten, sie bräuchten Kroatien als Schutzmacht. Sie fordern vom österreichischen Staat ihre Rechte ein, und zu Recht. Oder die Kärntner Slowenen: Ich meine, da ist jetzt Österreich gefordert, diese Rechte endlich zu erfüllen. Es ist nicht so, dass die Kärntner Slowenen nach Ljubljana pilgern und dort sagen müssten: Bitte, macht doch was!
Herr Präsident Khol! Vor kurzem noch, im Jahre 2005 haben Sie des Öfteren gesagt, dass Sie es so sehen, dass Slowenien kein Rechtsnachfolger Jugoslawiens ist und deswegen kein Recht zu so einer Art Schutzfunktion für die Kärntner Slowenen hat. – Jetzt haben Sie auf einmal Ihre Meinung geändert und diesem Antrag zugestimmt. Das ist schon eigenartig, und das geschieht kurz vor der Wahl.
Um zum Schluss zu kommen: Eine Schutzfunktion, wie Sie sie jetzt in einer Verfassungsreform verankern wollen, die derzeit nicht stattfindet, hat null reale Relevanz in einem vereinten Europa. Und deswegen stimmen wir auch dagegen, denn für eine billige Instrumentalisierung des Volksgruppenschutzes sind wir nicht zu haben. Es be-
darf keiner
Bekenntnispolitik, sondern tatsächlicher Taten, um Volksgruppen- und Minderheitenrechte
durchzusetzen, in Südtirol und in Kärnten. (Beifall bei den
Grünen.)
13.03
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Präsident Dr. Khol zu Wort. – Bitte, Herr Präsident. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Khol –: Sagen Sie auch etwas zu den Slowenen!)
13.03
Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass der Außenpolitische Ausschuss die Petition der Südtiroler Schützen, der Nordtiroler Schützen und der Osttiroler Schützen, unterstützt von 113 der 116 Bürgermeister Südtirols, in Behandlung genommen hat und heute dem Hohen Haus empfiehlt, dem Anliegen dieser Petition Rechnung zu tragen und die Schutzfunktion Österreichs für seine Südtiroler Landsleute bei einer Verfassungsreform in dieser Verfassung zu verankern. Ich halte das für wichtig, ich halte das für richtig. Und, Frau Kollegin Lunacek, es wäre wirklich eine Verhöhnung von hunderttausend Unterschriften gewesen, wenn wir heute nicht diese Petition behandeln würden, sondern sie in den Papierkorb geworfen hätten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich sage noch etwas dazu: Bei jedem Schritt, den die Schützen in Ausübung ihres in unserer Verfassung gewährleisteten Petitionsrechtes unternommen haben, hat es Unruhe in Rom gegeben. Beim Einbringen hat es Unruhe gegeben, beim Beschließen im Unterausschuss, und auch die heutige Debatte wird mit großem Interesse verfolgt. Hätten wir, um diese Dinge bei uns in voller Souveränität behandeln zu können, den ganzen Weg noch einmal gehen sollen? Ich glaube, dass es richtig ist. Die Schützen haben die Petition vorgelegt. Alle drei Parteien, die heute hinter diesem Bericht stehen, haben schon im Österreich-Konvent diese Frage behandelt. Ich bin froh darüber, dass der Abgeordnete Niederwieser, der Abgeordnete Wittauer und der Abgeordnete Spindelegger einen Entschließungsantrag vorgelegt haben, und ich bitte Sie, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. Ich bitte auch die Grünen, Frau Lunacek, über ihren Schatten zu springen. Das Anliegen Südtirol ist ein viel zu wichtiges, um es in parteipolitischen Argumentationen herunterzuziehen.
Eines möchte ich Ihnen sagen: Die Argumentation, die Sie vorgebracht haben, dass das in Europa gar nicht notwendig wäre, ist eine sehr gefährliche Argumentation. Die italienische Regierung hat die Schutzfunktion Österreichs penibel beachtet, nie einen Zweifel daran gelassen, dass das Gruber-De Gasperi-Abkommen, dass die Streitbeilegungserklärung und auch das Allgemeine Völkerrecht von der Regierung beachtet werden, von der Regierung, wie sie derzeit in Italien regiert. Und es hat in den letzten Jahren mehrere Situationen gegeben – die italienische Verfassungsreform zum Beispiel –, in denen es Anschläge auf die Autonomie gegeben hat, als man eine allgemeine Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis für die Zentrale einrichten wollte. Wir haben interveniert, die Schutzfunktion hat gegriffen, und Italien hat immer darauf reagiert.
Das heißt also: Die Schutzfunktion ist keinesfalls durch unseren Beitritt in die Europäische Union obsolet geworden. Das ist die Argumentation ganz gewisser Rechtskreise in Italien – nicht der Mehrheit – und insbesondere des Franco Frattini, seinerzeit Justizminister, jetzt EU-Kommissar, der ein persönliches Südtirol-Trauma zu haben scheint, der immer wieder darauf hinweist: Im vereinten Europa ist Gruber-De Gasperi anachronistisch. Sie sagen das Gleiche.
Ich sage Ihnen: Die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol ist nicht mehr und nicht weniger als das Gruber-De Gasperi-Abkommen, das Allgemeine Völkerrecht und die Streitbeilegung im Jahre 1992. Das alles wahrzunehmen, das ist die österreichische
Schutzfunktion! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Völkerrechtlich kommt durch unseren heutigen Beschluss kein Jota zur Schutzfunktion dazu oder von ihr weg. Es ändert sich im Völkerrecht nichts! Innerstaatlich aber schon, Frau Kollegin Lunacek, das möchte ich schon sagen.
Erstens: Ich glaube fest daran, dass die positiv denkenden Kräfte in diesem Haus auf der Grundlage des Berichts des Österreich-Konvents, den wir heute diskutiert haben, im nächsten Jahr wichtige Fortschritte bei der Verfassungsreform machen können und werden. Das ist ein Hauptprojekt, wie das Bundeskanzler Schüssel auch erklärt hat. Und wenn wir die Verfassung ändern, dann werden wir dem außenpolitischen Herzensanliegen der überwiegenden Mehrheit der Österreicher Rechnung tragen und Südtirol, unserer österreichischen Volksgruppe in Südtirol natürlich in dieser Verfassung gebührenden Raum einräumen. Und wir werden damit nicht nur diesen symbolischen Akt setzen, sondern dadurch die Ausübung der Schutzfunktion zu einer Verfassungspflicht jeglicher Regierung in Österreich machen. Da gibt es dann eine Verfassungspflicht – und nicht mehr ein Ermessen der Außenpolitik. Das ist der große Unterschied! Und dieser Unterschied ist für die Südtiroler wichtig, und dieser Unterschied ist auch für mich wichtig.
Meine Damen und Herren! Europa hat die Südtirol-Autonomie in ihrem Rechtsbestand völlig unberührt gelassen. Der ethnische Proporz besteht weiter, und die Schutzfunktion Österreichs besteht weiter. Europa hat aber auch etwas Großartiges für Südtirol bewirkt: Wir haben die Landeseinheit im vereinten Europa hergestellt. Nordtirol, Südtirol, Osttirol: Sie alle können wirtschaftlich, kulturell, sozial zusammenarbeiten. Die Brenner-Grenze ist unsichtbar geworden, sie existiert nur mehr in den Köpfen mancher. Wir sind wieder ein Tirol geworden. Mehr brauchen wir nicht. Im vereinten Europa gibt es keine Grenzänderungen, im vereinten Europa ist das alles nicht notwendig. Wenn jedoch einmal irgendjemand die Hand an die Autonomie legt, dann steht Österreich bereit, dann wird Österreich seine völkerrechtlichen Rechte ausüben, und wir im Parlament und auch die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes können jede österreichische Regierung an ihre Verfassungspflicht erinnern.
Daher heute ein Dank an die Schützen, ein Dank an die Bürgermeister, die das unter Inkaufnahme nicht weniger Risken unterstützt haben, denn es hat ja der Präfekt ein Strafverfahren gegen alle Bürgermeister eröffnet. Es hat Vernehmungen gegeben. Die haben das riskiert, die Verfahren sind zum Glück eingestellt worden. Ich sage noch einmal: Österreich und Italien sind befreundete Länder. Wir haben keine offenen Probleme. Es ist unsere Souveränität, dem Herzensanliegen Südtirol in unserer Verfassung Rechnung zu tragen.
Ich bitte Sie noch einmal: Stimmen Sie alle mit! Es ist ein
wichtiges Zeichen an unsere Landsleute ladinischer und österreichischer
Zunge auf der anderen Seite des Brenners. Es lebe das Land Tirol! (Beifall bei der ÖVP, den
Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
13.11
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.
13.11
Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Ergebnis und von den Intentionen her teile ich die Worte meines Vorredners Andreas Khol. In der Herangehensweise gibt es in dem einen oder anderen Punkt eine differenzierte Position. Wichtig ist jedoch, was in dieser Entschließung drin-
nen steht und was dann beschlossen werden wird. Das Thema Südtirol ist früher viel mehr mit Emotionen behaftet gewesen – auch Südtirol-Diskussionen hier im Hohen Haus –, als das heute der Fall ist. Südtirol ist Teil der Normalität geworden. Es gibt keine riesigen Probleme, es gibt nichts mehr Vergleichbares zu dem, was im Jahr 1962 dazu geführt hat, dass Bruno Kreisky dieses Thema vor die UNO gebracht hat. Historisch gesehen ist Südtirol für viele Jahrhunderte Teil Österreichs gewesen. 1946 wurde mit dem Gruber-De Gaspari-Abkommen zumindest die Grundlage für eine Autonomie geschaffen.
1992 – die Streitbeilegung hier im Hohen Haus. Vielleicht erinnern Sie sich – Kollege Schieder hat damals auch dazu gesprochen –, formell gab es damals schon unterschiedliche Positionen. Die Redner hier haben alle gesagt: Österreich fühlt sich natürlich weiterhin verpflichtet, darauf zu achten, dass diese Autonomie gewahrt bleibt, dass sie in der Substanz vielleicht vermehrt, aber keinesfalls vermindert wird.
Die offizielle italienische Position war schon damals: Der Streit ist beigelegt, und es gibt diese Funktion nicht mehr. Das hat man uns ja damals schon formell erklärt. In der Praxis all dieser Jahre hat nahezu jede österreichische Bundesregierung im einen oder anderen Fall in Absprache mit der österreichischen Minderheit in Südtirol Probleme mit der italienischen Regierung besprochen, hat der Unterausschuss Bozen und Südtirol besucht und mit allen Parteien, allen Fraktionen dort gesprochen. In der Praxis ist diese Funktion Österreichs nie bezweifelt worden. (Abg. Dr. Khol: Stimmt!) Sie ist anerkannt worden, formal hat es sie nicht gegeben. Das ist die Realität. Es ändert sich daran im Wesentlichen ja auch durch diesen heutigen Beschluss bis dato nichts. Die österreichische Position, wie sie immer vertreten worden ist, wird heute nur noch einmal bekräftigt.
Es ändert sich aber eines mit diesem Beschluss – darauf möchte ich schon hinweisen, das ist tatsächlich etwas, was es bisher nicht gegeben hat, zumindest als Willenserklärung des Parlaments nicht –, und zwar das, was Kollegin Lunacek aus mir unerfindlichen Gründen nicht zu brauchen scheint, nämlich, dass Österreich beziehungsweise dass dieses Hohe Haus mit einer Mehrheit sagt: Wir nehmen nicht nur etwas für uns in Anspruch, nämlich eine Schutzfunktion, sondern auch wir haben Minderheiten und respektieren, dass auch die Länder, deren Minderheiten das sind, ihrerseits eine solche Funktion ausüben können!
Kollegin Lunacek, ich frage mich bloß, wieso die slowenische Regierung – ich habe kein Problem damit – sich immer wieder äußert, zu Recht äußert zu Themen in Kärnten. Was ist denn das sonst? Das ist in völkerrechtlicher Terminologie das Wahrnehmen einer Schutzfunktion. Wir sagen in dieser Entschließung nichts anderes, als dass das auch akzeptiert wird und in einer künftigen Verfassung auch verankert werden soll.
Es ist nicht nur ein Anliegen der Südtiroler Bürgermeister und der Schützenorganisationen in Südtirol und Nordtirol, sondern es war eigentlich in all den Jahren immer wieder Thema in den bilateralen Gesprächen und in den Gesprächen, die wir in Südtirol oder mit Südtiroler Vertretern hier oder in Innsbruck oder in Bozen gehabt haben, nämlich der Wunsch nach einer Verankerung in der österreichischen Verfassung. Sie haben schon Recht, Kollegin Lunacek: Wieso hat man das nicht früher gemacht? Das hätte man auch früher machen können. Der Wunsch wurde wirklich schon sehr früh geäußert, 1992, beim EU-Beitritt, genau zu diesen Daten. Na gut, jetzt ist der Konvent an ein Ende gekommen, jetzt wird es tatsächlich um eine neue Verfassung gehen.
Für uns hatte, sowohl, was Slowenien anlangt, als auch, was Südtirol anlangt, die Position der Minderheit immer absolute Priorität. Das heißt, wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gehen da nicht so heran, dass wir sagen: Wir sind klüger und wissen besser, was für euch gut ist und ihr zu wollen habt!, so wie Sie das jetzt tun,
sondern wir sagen stattdessen: Okay, dieser Wunsch ist deponiert! Ob man ihn jetzt so unbedingt braucht oder nicht, darüber kann man sicherlich streiten, und auch darüber, was sich in der Substanz ändert! Für uns ist das aber etwas, was wir respektieren!
Das ist ja keine Erfindung von Andreas Khol und von mir, sondern das ist ein Wunsch, der vielfach an uns herangetragen worden ist und den wir respektieren und wozu jetzt eine Gelegenheit besteht, das auch in die österreichische Verfassung aufzunehmen. Ich habe immer gemeint, dass das auch die Position der Grünen gewesen wäre, nämlich sich beim Agieren daran zu orientieren, was die Minderheit selbst will, und nicht für die Minderheit zu sprechen, im Sinne dessen, was für sie besser ist. Das scheint in diesem Fall irgendwie nicht so zu sein, was auch ich bedauere.
Was ich in diesem Zusammenhang für wichtig halte, ist der Hinweis, dass es für uns unabdingbar ist, dass in Sachen österreichische Minderheit in Südtirol die Interessen der Minderheit vor Parteipolitik zu stehen haben. Das sage ich deswegen, weil jetzt wieder eine Wahl bevorsteht und weil wir uns, Gott sei Dank, in dieser Diskussion in der Sache selbst noch einig sind. Ich spreche in diesem Zusammenhang ganz konkret Bundeskanzler Dr. Schüssel an und den 3. April 2006, als er in Südtirol wirklich für blankes Entsetzen gesorgt hat. Im Vorfeld – das muss man wissen – hat die Südtiroler Volkspartei mit Romano Prodi ein Bündnis geschlossen, ein Wahlbündnis abgeschlossen. Das hat der österreichische Bundeskanzler meines Erachtens eigentlich wissen müssen. In dieser Situation fliegt Bundeskanzler Schüssel nach Rom, umarmt Silvio Berlusconi, seinen lieben Freund und wünscht ihm einen fulminanten Wahlsieg. Blankes Entsetzen im Südtirol. Landeshauptmann Durnwalder hat nur kurz kommentiert, er hoffe, dass Schüssels Wunsch nicht in Erfüllung gehe. Er ist dann auch nicht in Erfüllung gegangen, und die Wünsche Dr. Schüssels für Silvio Berlusconi haben dazu geführt, dass er letztlich abgewählt wurde – natürlich nicht Schüssels Wünsche alleine, aber die Folge war die Abwahl von Berlusconi.
Vielleicht ist es ein Gerücht, aber ich habe in den letzten Tagen gehört, dass sich inzwischen Silvio Berlusconi bei Wolfgang Schüssel gemeldet hat und auch ihm für die Wahl jetzt alles Gute und einen fulminanten Wahlerfolg gewünscht hat. Das gibt uns Hoffnung.
Wir freuen uns aber insgesamt, dass Südtirol auch in
diesem Wahlkampf ein Thema ist, das aus ihm weitgehend herausgehalten oder
eigentlich überhaupt gänzlich herausgehalten wird, und dass wir
heute zu diesem Beschluss kommen, wofür ich mich herzlich bedanke. (Beifall
bei SPÖ und ÖVP.)
13.19
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Scheibner zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
13.19
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich freue mich, dass wir heute mit großer Mehrheit – leider nicht einstimmig – diesen Entschließungsantrag verabschieden werden. Es gibt eine Notwendigkeit, Frau Kollegin Lunacek, zumindest durch ein Symbol zu zeigen, dass uns die Anliegen der Österreicher in Südtirol – ich würde einmal sagen, es ist keine Minderheit in Südtirol, sondern es ist in Südtirol die Mehrheit – etwas wert sind und etwas ganz Besonderes für uns sind. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)
Das ist auch historisch bedeutsam. Und: Wir alle sind froh darüber, dass die Grenzen ihre Bedeutung verloren haben. Das ist einer der wichtigen Vorteile der Europäischen Union. Trotz allem sollte man nicht vergessen, dass, obwohl es sich bei Österreich und Italien um demokratische Staaten handelt beziehungsweise gehandelt hat nach dem
Zweiten Weltkrieg, die Gegensätze letztlich so groß waren, dass es so viele Jahrzehnte lang gedauert hat, bis man diesen Ausgleich gefunden hat, eine wirklich funktionierende Autonomie erlebt, sodass auch die Gegensätze zwischen den Volksgruppen praktisch verschwunden sind, bis auf einige wenige, die da noch versuchen, Gegnerschaften zu erzeugen.
Am Anfang stand jedoch ein völkerrechtswidriger Akt, nämlich dass man – gegen alle Grundsätze – einen Teil Österreich abgetrennt hat. Das Selbststimmungsrecht der Völker war doch nach dem Ersten Weltkrieg eines der Prinzipien, die man in Europa durchzuführen versucht hat. – Bei Südtirol hingegen hat man die Bevölkerung nicht gefragt, wie sie sich selbst sieht und wo sie sich selbst gesehen hätte. Ich denke, das ist schon eine Besonderheit, die Südtirol etwas hervorhebt aus anderen Regionen in Europa, in denen es Minderheiten anderer Volksgruppen gibt. Deshalb müssen wir signalisieren – und ich glaube, dass das auch die Südtiroler Bevölkerung von uns verlangt –, auch wenn es keine aktuellen Probleme gibt, dass wir in unserer Bundesverfassung auf diese besondere Schutzfunktion hinweisen wollen.
Frau Kollegin Lunacek, Sie haben sich ja selbst widersprochen: Sie haben einerseits gesagt, es gebe keine Notwendigkeit, denn es gebe ja auch keine Probleme, und Bekenntnisse in einer Verfassung seien auch nicht notwendig, haben aber dann gleich im nächsten Satz gesagt, Probleme gebe es immer nur dann, wenn in Italien rechte Regierungen am Werk seien. – Ich sage Ihnen, mir ist es völlig egal, welche Regierung in Italien Probleme für unsere österreichische Bevölkerungsgruppe in Südtirol verursacht. Und genau deswegen, weil es eben nicht ausgeschlossen ist, dass auch in Italien wieder eine Regierung an die Macht kommt, die vielleicht diese Rechte wieder einschränken möchte, ist es notwendig, dass wir als Österreicher dieses Signal gegenüber unserer Bevölkerung in Südtirol abgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, wir haben im Verfassungskonvent sehr intensiv auch über diese Fragen diskutiert. Umso mehr bedauere ich es auch im Hinblick auf diese Frage, dass wir insgesamt im Konvent keinen Konsens erzielt haben und es keine Verfassungsnovelle gibt, denn dann hätten wir heute keinen Entschließungsantrag beschließen müssen.
Frau Kollegin Lunacek, Sie fragen: Warum gerade jetzt? – Wir haben in der Präsidiale – da sind auch Ihre Vertreter dabei gewesen – einstimmig diese Tagesordnung festgelegt, das also schon im Juli gesagt. Die Wahl spielt schon eine Rolle, aber nicht in dem Sinn, dass wir damit irgendwie punkten möchten, sondern weil wir gesagt haben, wir wollen ein Thema haben, zu dem es einen breiten Konsens gibt, der aus der normalen Wahlkampfdiskussion herausgehalten wird. Das war der Grund, und da sollten Sie sich bei Ihren Klubvertretern in der Präsidiale erkunden, warum auch sie dieser Tagesordnung zugestimmt haben.
Es ist schade, dass wir heute nur über einen Entschließungsantrag diskutieren und abstimmen werden. Ich hätte das lieber schon in einer Verfassungsnovelle entschieden und auch festgelegt.
Wir haben im Konvent den Vorschlag gemacht, das Schutzbekenntnis zu erweitern, nämlich auch auf jene alt-österreichischen Minderheiten zu erstrecken, die nach wie vor in anderen europäischen Ländern, etwa in den Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie leben. Diese mussten in den letzten Jahrzehnten auch sehr, sehr viel Unangenehmes erleiden, Vertreibung und Unterdrückung. Erst seit der Wende in diesen ehemaligen kommunistischen Staaten gibt es für die Verbliebenen noch die Chance, ihre eigenen Bräuche, ihre eigene Sprache verwenden zu können und dadurch als Volksgruppe eine Zukunft zu haben.
Da hat Österreich einiges versäumt. Ich erinnere mich daran, dass wir nach der Wende in der Tschechischen Republik Anfragen von deutsprachigen Schulen gehabt haben, sie zu unterstützen, damit es wenigstens Schulbücher gibt; ebenso aus anderen Bereichen, von Vereinen etwa, die gesagt haben: Wir sehen uns als Nachkommen Österreichs, der österreichischen Volksgruppe – und nicht der deutschen! Österreich hat damals, zu Beginn der neunziger Jahre, gesagt: Das interessiert uns nicht, das geht uns nichts an; geht nach Deutschland! Deshalb gibt es in diesen Ländern Goethe-Institute, deshalb gibt es Subventionen von Deutschland her, aber von Österreich aus ist leider sehr, sehr wenig gemacht worden.
Auch das sollte sich widerspiegeln, dass wir auch historisch begründet dort, wo es noch kleine Reste von alt-österreichischen Minderheiten gibt – in Tschechien, in Kroatien, in der Slowakei, in Ungarn und in Slowenien –, eine Vertretungs- und Schutzfunktion haben.
Ich hoffe, dass wir in den nächsten Verhandlungen zu einer Verfassungsnovelle nicht nur diese Schutzfunktion gegenüber Südtirol, sondern auch gegenüber den alt-österreichischen Minderheiten in anderen europäischen Staaten umsetzen können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.25
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.
13.25
Bundesminister für Land-
und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef
Pröll: Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren
Abgeordneten! Liebe Gäste hier im Parlament! (Abg. Dr. Niederwieser: Sind Sie auch
Außenminister? Wo ist die Außenministerin?) Ich darf heute in
Vertretung der Frau Außenministerin ein paar Dinge zu einer sehr, sehr
wichtigen Debatte hier im Hohen Haus zur Frage der Petition betreffend die
Beratung über eine neue Bundesverfassung und dabei wieder im Hinblick auf
die Südtirol-Schutzfunktion feststellen: Österreich hat ohne Zweifel
und unbestreitbar, und zwar auf Grund des Pariser Abkommens aus 1946, eine
Schutzfunktion für Südtirol, die die österreichische Bundesregierung
seit Jahrzehnten wahrnimmt, bis heute sehr verantwortungsbewusst wahrnimmt.
Wir
begrüßen, dass es in der Südtirolpolitik einen breiten
Parteienkonsens gibt, der sich heute auch in dieser Debatte einmal mehr
dargestellt hat. Das Anliegen einer Verankerung dieser österreichischen
Schutzfunktion für Südtirol auch in einer neuen österreichischen
Bundesverfassung ist aus unserer Sicht ein wichtiges Ziel. Das wurde auch sehr
ausgiebig im Konvent diskutiert und auch heute hier, und es fällt das in
die Entscheidungsautonomie des Gesetzgebers.
Aus Sicht der Regierung in Österreich ist zu sagen, dass die
Entwicklung der Autonomie Südtirols mit großer Aufmerksamkeit
verfolgt wird. Das war in den letzten 60 Jahren so – und
das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Durch Paketabschluss und
Streitbeilegungserklärung ist in dieser österreichischen
Grundüberzeugung beziehungsweise Rechtsauffassung keine Veränderung
eingetreten. Nicht zuletzt dank des österreichischen Einsatzes
funktioniert die Südtirol-Autonomie heute sehr gut, ausgezeichnet
würde ich sagen. Auf europäischer Ebene – das ist schon
mehrmals angesprochen worden – kommt ihr so etwas wie eine
Modellfunktion für die Lösung eines Minderheitenkonfliktes zu.
Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Italien sind ausgezeichnet, und im Rahmen dieser hervorragenden Beziehungen wird sich Österreich auch in Zukunft
weiterhin, vor allem auch auf Basis der Diskussion zu Petition und
Entschließung, für die Anliegen Südtirols
einsetzen. – Herzlichen Dank. (Beifall
bei der ÖVP, der SPÖ sowie den Freiheitlichen –
BZÖ.)
13.27
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.
13.27
Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits
(Grüne):
Poštovane dame i gospodo! Dobar dan! Poštovane gospod president! Sehr
geehrte Dame und sehr geehrte Herren aus Südtirol! – Wir
haben einander ja gestern schon getroffen. – Meine sehr geehrten
Damen und Herren, wie Sie alle wissen, bin ich burgenländische Kroatin,
und darum bin ich an dieser Entschließung, die schon im
Außenpolitischen Ausschuss mit
großer Mehrheit getroffen worden ist, sehr interessiert, weil diese,
zumindest auf den ersten Blick, den Eindruck erweckt, als wäre das eine
enorm wichtige Angelegenheit und Sache den Minderheitenschutz in Österreich
betreffend.
Auf den ersten
Blick könnte man sich davon täuschen lassen, denn Worte, die auch
manchmal sehr martialisch aufgefasst werden können, wie zum Beispiel das
Wort „Schutzfunktion“ – das Wort „Macht“
kommt ja nicht mehr in dieser Entschließung vor, aber
„Schutzfunktion“ –, können ja auch positive Emotion
auslösen, weil sie bedeuten: Da gibt es jemanden, der sich ganz intensiv
und heftig für etwas einsetzt – und in diesem Fall auch
mit dem Wunsch, etwas in der österreichischen Bundesverfassung zu
verankern, was sozusagen die intensivste politische Möglichkeit ist, einem
Anliegen Ausdruck zu verleihen. Das muss schon eine ganz große Sache
sein.
Ja, das
trügt nicht, Herr Präsident. Und wir, also jene, die im Österreich-Konvent
vertreten waren, wie auch der Herr Präsident im Präsidium, haben
über diese Angelegenheiten auch vielfach gesprochen. Es hat eine
für mich sehr interessante, lehrreiche und zum Teil wirklich
eindrucksvolle Veranstaltung des Österreich-Konvents gegeben, bei der auch
zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Wünsche präsentiert haben.
Es war das hier im Plenarsaal des Nationalrates, und auch da kam das zur Sprache, wenn Sie sich erinnern, Herr Präsident, diese Frage der Verankerung – ich sage es jetzt einmal neutral, da ging es nicht um Schutzmacht – des Verhältnisses Südtirol/Österreich. Das ist eine wirklich interessante Diskussion, aber ich möchte Ihnen heute bei dieser Gelegenheit auch sagen, worüber wir im Österreich-Konvent noch gesprochen haben, und zwar lang und intensiv – im Ausschuss vier Tage lang unter Ladung von Experten –, nämlich darüber, wofür der österreichische Nationalrat Verantwortung trägt, und das ist, Minderheitenrechten zum Durchbruch zu verhelfen, Minderheitenrechten dort zum Durchbruch zu verhelfen, wo der Staat das tatsächlich kann, wo der Staat Österreich niemanden fragen muss, wo es auch nicht bilaterale Konflikte geben würde, wenn man sich einmischt, weil es nämlich um die Minderheitenrechte von gesetzlich anerkannten Volksgruppen in Österreich geht – und das nicht nur auf Basis völkerrechtlicher Verträge wie dem Staatsvertrag von Wien.
Ich möchte hier noch einmal daran erinnern: Im Staatsvertrag von Wien sind „nur“ Kärntner Slowenen, steirische Slowenen und Kroaten im Burgenland erwähnt. Ich habe das jetzt deshalb gesagt, um Sie zu fragen: Steirische Slowenen – hat jemals jemand von Ihnen in den letzten Jahrzehnten den Eindruck gewonnen, dass der Schutz der Minderheitenrechte der steirischen Slowenen diesem Hause hier, dem steirischen Landtag oder irgendeiner anderen Institution in Österreich ein Anliegen wäre? Na das Gegenteil wurde proklamiert: Es wurde in Abrede gestellt, dass es überhaupt Slowenen in der Steiermark gibt! – Das ist die Diskussion, die uns über Jahre begleitet hat, und das ist, pars pro toto, ein Stein, ein Funken, wie sich Minderheitenangehörige einer
Volksgruppe in Österreich fühlen, wenn es darum geht, Minderheitenschutz in Österreich zu gewährleisten, diesen verfassungsrechtlich zu verankern, ihm auch zur Durchsetzung zu verhelfen.
Ich möchte, Herr Präsident Khol, hier nicht noch einmal die ganze Ortstafel-Causa aufrollen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sehr gut!), aber es ist ja eigentlich wirklich zum Heulen, wenn man daran denkt (Abg. Scheibner: Richtig! Richtig!), wie in Österreich der Rechtsstaat mit Füßen getreten wird (Abg. Scheibner: Nein!) – jetzt nicht einmal bildlich, sondern wörtlich gesprochen –, und zwar vom Landeshauptmann von Kärnten (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hören Sie auf damit! Das ist ja ein Skandal, permanent dieses Thema zu diskutieren!), der sich überhaupt nicht darum kümmert, welche verfassungsrechtlichen Rechte die Kärntner Slowenen in Österreich haben, wie der Verfassungsgerichtshof judiziert und ob Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes negiert werden! Und dem steht dieses Parlament letztendlich hilflos gegenüber, und es wird dann immer nur mit Kniffen und Tricks versucht – das, Herr Präsident, möchte ich erwähnen, weil wir ja vorher bei der Diskussion um den Österreich-Konvent davon gesprochen haben, wie gut das alles funktioniert –, die Dinge auszubügeln. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Kollegin Stoisits, das stimmt doch nicht!) – Geh, Uwe Scheuch, stör mich jetzt nicht! Das ist hier nicht dein Wahlkreis, der ist in Kärnten! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist auch nicht dein Wahlkreis!)
Mein Wahlkreis ist auch nicht in Tirol, darum versuche ich, andere Aspekte, die da auch eine Rolle spielen, einzubringen. Die sollen nicht dazu führen, dass irgendjemand glaubt, grüne Abgeordnete oder die Terezija Stoisits als burgenländische Kroatin sei keine Patriotin im Sinne des Schutzes der Südtiroler, nämlich der deutschsprachigen – ich kann jetzt nicht sagen, der österreichsprachigen –, der deutschsprachigen österreichischen Minderheit – das wäre, glaube ich, die exakte Bezeichnung – in Tirol. (Ruf: In Italien!) In Italien. Danke. Entschuldigung! – Um diesen Punkt geht es.
Herr Präsident Khol, ich würde mich vehement dagegen wehren, wenn jemand auf die Idee käme und sagte, ich als Kroatin muss jetzt bei den Rechten, die ich innerstaatlich in Österreich habe, gänzlich darauf gestellt sein, was die kroatische Regierung in Kroatien irgendwie dazu meint oder sagt. Ich bitte poche darauf, dass Rechte dort, wo sie sind, auch tatsächlich umgesetzt werden beziehungsweise dass der Zugang zu Rechten ermöglicht wird. Und das ist in Österreich leider nicht möglich, und das ist mein Hauptproblem.
Deshalb möchte ich nicht den Eindruck erwecken, dass es darum geht, dass wir Grüne irgendein Problem hätten mit dem Verhältnis Österreichs zu Südtirol, mit dem Verhältnis der Südtiroler zu den Nordtirolern, zu den Osttirolern oder zu den Burgenländern. Ganz im Gegenteil! Sie sind mein Kronzeuge, Herr Präsident. Sie haben nämlich in Ihrer Rede vorhin gesagt: Südtirol ist uns viel zu wichtig, und die Schutzfunktion – das waren Ihre Worte – hat ja in den letzten Jahrzehnten auch gegriffen. – Da haben Sie Recht. Sie hat gegriffen, sie hat so gegriffen, dass ich den Ruf nach Verankerung dieser Schutzfunktion in der Verfassung in den letzten Jahren beziehungsweise Jahrzehnten nie gehört habe. Das ist in Diskussion gekommen, seit es unter Khol den Österreich-Konvent gab. Seit die Schützen und die Musik vorm Parlament aufmarschiert sind und was auch immer, ist das plötzlich von Bedeutung.
Im Österreich-Konvent haben wir darüber diskutiert, wie die Verbandsklage für Minderheiten in Österreich eventuell realisiert werden könnte, es ist um die Frage von Minderheitenmedien, um die Frage der Bildungsmöglichkeiten gegangen, bis hin zu der Frage, auch die Vertretung von Minderheiten in Körperschaften, in Parlamenten zu gewährleisten. Das war Diskussionsthema, aber nicht ein Thema, das es nicht gibt, nämlich ein Problem zwischen Österreich und Italien, zwischen Österreich und Südtirol im Zusammenhang mit der Schutzfunktion. Absolut nicht.
Ulrike Lunacek hat ja zu Beginn Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass Herr Staatssekretär a. D. Botschafter Steiner – das haben wir in Vorbereitung zu dieser Diskussion auch mit großem Interesse gelesen – bei der Festveranstaltung „60 Jahre Pariser Abkommen“ im Südtiroler Landtag gesprochen und das auch bestätigt hat. Das ist uns auch wichtig.
Und weil uns all das wichtig ist, ist es uns ebenso wichtig, dass genau dieses wichtige Thema nicht zufällig acht Tage vor einer Wahl dazu benutzt wird, dass einzelne Tiroler, die in diesem Fall Khol und Niederwieser heißen, um ihre persönliche Wahlkampfpropaganda in ihrem Wahlkreis umzusetzen, hier das ganze Parlament instrumentalisieren und keine seriöse Vorgangsweise zulassen. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Präsident Khol, Sie wissen ganz genau, dass das, was heute in Entschließungen hier beschlossen wird, nicht am 1. Oktober, aber spätestens am 30. Oktober, wenn sich der neue Nationalrat konstituieren wird – üblicherweise gibt es keine Sitzungen des Nationalrates zwischen Wahlen und Neukonstituierung; theoretisch könnte es sie geben –, seine Wirksamkeit verliert, dass das nicht das Papier wert ist, auf dem es steht, sondern dass es wirklich nur der – wenn auch in noch so getragenen Worten vorgetragene – Versuch ist, billigen Stimmenfang in Tirol zu machen. (Beifall bei den Grünen.)
Unsere Freundinnen und Freunde in Tirol und die Tirolerinnen und Tiroler wissen, dass bei Politikerinnen und Politikern, so wie ich eine bin oder wie Ulrike Lunacek oder andere auch (Ruf: Öllinger!) oder Karl Öllinger (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich auch!), Minderheitenschutz und die Frage des Umgangs mit Rechten von Minderheiten – in diesen Komplex nehme ich auch sozusagen diese Problematik hinein – mehr als gut aufgehoben sind, denn auf uns kann man sich verlassen. Auf die Mehrheiten hier kann man sich jedoch nicht verlassen, sonst würden nämlich längst schon zweisprachige Ortstafeln in Kärnten stehen! (Beifall bei den Grünen.)
13.38
Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten
Redner das Wort erteile, begrüße ich sehr herzlich das Mitglied
der Südtiroler Landesregierung Sabina Kasslatter Mur. Herzlich willkommen,
Frau Landesrätin! (Allgemeiner Beifall.)
Ich
begrüße auch eine umfangreiche Journalistendelegation aus
Südtirol mit dem Chefredakteur der „Dolomiten“, Dr. Toni
Ebner, und alle anderen Journalisten. Herzlich willkommen im Parlament! (Allgemeiner
Beifall.)
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. 6 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.
13.39
Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Besucher aus Südtirol! Ein sehr herzliches Grüßgott hier im Hohen Haus! Ich freue mich sehr, dass diese meine letzte Rede hier in diesem Hause gerade dem Südtirol-Thema gewidmet ist, weil ich sehr enge verwandtschaftliche Beziehungen auch zu Südtirol habe und sehr viele persönlich Betroffene, sozusagen Lebenszeugen für jede Phase der Südtirol-Politik seit 1919, kenne.
Ich glaube, man muss bei diesen Debatten letztlich immer an die Eckpunkte der Südtirol-Politik zurückgehen, die heißen:
Erstens: Die drei Landesteile Nord-, Ost- und Südtirol haben seit Jahrhunderten eine Landeseinheit gebildet.
Zweitens: Der Pariser Vertrag, der die Grundlage für sämtliche Nachkriegspolitik ist, ist vollkommen unbestritten.
Drittens – und da wird die Debatte, glaube ich, schon sehr konkret für meine Kolleginnen und Kollegen von der grünen Fraktion –: Südtirol will letztlich diese Schutzfunktion seitens Österreichs.
Frau Kollegin Stoisits, Sie haben Botschafter Steiner, glaube ich, sehr, sehr einseitig zitiert. Botschafter Steiner ist ein völlig unverdächtiger Zeuge dieser österreichischen Politik, und Sie müssen ganz einfach wissen – ich werde dann ein Zitat nachreichen –, dass Sie mit dieser Haltung gegen die erklärte Haltung der gewählten Südtiroler Vertreter stimmen.
Auch die Debatte, ob dieser Zeitpunkt der richtige ist, oder wie auch immer man das bezeichnet, ist, glaube ich, völlig müßig. Es gibt immer wieder Gelegenheiten, etwas zu verbessern, etwas zu präzisieren, etwas zu machen, das zu einem früheren Zeitpunkt vielleicht nicht gegangen ist, und die Verabschiedung oder die Diskussionen einer neuen Verfassung in Österreich ist eine solche Gelegenheit.
Aber warum will auch Südtirol – und dieses Wollen von Südtirol ist, wie ich meine, ein ganz entscheidender Punkt – diese Schutzfunktion Österreichs? – Weil diese Schutzfunktion auch ein Garant für die internationale Verankerung und für die internationale Absicherung auch der besonderen Qualität der Südtiroler Autonomie ist, weil diese Südtiroler Autonomie in ihrer Qualität weit über das hinausgeht, was wir von anderen Autonomien, auch in Italien, kennen.
Ich darf Ihnen hier ein Zitat des Südtiroler Landeshauptmannes – taufrisch, vom 5. September 2006 – liefern, der die völkerrechtlichen Grundlagen durch das Gruber-De Gasperi-Abkommen so kommentiert hat, dass diese völkerrechtlichen Grundlagen nicht nur verfassungsrechtlich in Italien, sondern auch international gegenüber dem Vertragsstaat Österreich abgesichert sind. Österreich kann als Vertragspartei von Italien die Erfüllung der darin übernommenen Pflichten verlangen. Und das ist, wie ich meine, der ganz entscheidende Punkt.
In Summe ist die Entwicklung in Südtirol geradezu eine Sensation: eine Sensation in humanitärer Hinsicht, eine politische Sensation und auch eine geschichtliche Sensation, denn heute erleben wir ein prosperierendes Land, eine moderne Dienstleistungsgesellschaft und ein vollkommen untadeliges Zusammenleben der Volksgruppen. Ich meine, dafür ist man letztlich auch der Republik Italien zu Dank verpflichtet. Italien war immer ein sehr zäher, auch ein schwieriger, aber letztendlich ein durchaus fairer Verhandlungspartner, der es ermöglicht und zugelassen hat, dass diese Autonomie entstanden ist, eine Autonomie, auf die heute auch italienische Politiker stolz sind – und die letztlich diese zu einem internationalen Vorbild haben werden lassen.
Man kann vieles von dem, was da heute diskutiert wird, letztlich nur im Zusammenhang mit der Ausgangslage, die in Südtirol 1919 gegeben war, sehen, die eine sehr düstere war, die in den zwanziger Jahren die Ansiedelung der Schwerindustrie, Unterdrückung, das Verbot der deutschsprachigen Schulen und schwere Pressionen gegen die Bevölkerung beinhaltet hat, die 1939 in der Option gegipfelt hat – es ist unvorstellbar, dass sich 86 Prozent einer Bevölkerung letztlich entschließen, auszuwandern, auszusiedeln – und die in den sechziger Jahren in diesen „Feuernächten“ gegipfelt haben.
Und dann diese Erfolgsstory in Südtirol! Südtirol steht heute als eine Vorzeigeregion in Europa da. Dazu kann man wirklich nur gratulieren.
Bezüglich der Aufnahme der Schutzfunktion in die österreichische Verfassung müsste man sich vielleicht einmal in umgekehrter Richtung fragen: Wem schadet sie? – Das schadet niemandem, ist aber ein sehr wertvolles und wichtiges Signal an die Betroffenen in Südtirol, an die Vertragspartner und an die internationale Staatengemeinschaft,
dass man darauf achtet, dass Stil und Geist der Verträge beachtet werden, dass der Status und die Qualität der Südtirol-Autonomie dauerhaft abgesichert werden und dass eine direkte internationale Verantwortung gegeben ist, für die auch Österreich steht.
Ich darf Sie heute sehr herzlich einladen: Setzen Sie mit uns dieses Zeichen, dass Geist und der Erfolg der Entwicklung in Südtirol als ein europäisches Beispiel für die Aufarbeitung schwieriger geschichtlicher und politischer Prozesse gewürdigt werden. Darum darf ich Sie sehr, sehr herzlich ersuchen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
13.45
Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster ans Rednerpult tritt Herr Abgeordneter Reheis. 3 Minuten
Redezeit. – Bitte.
13.45
Abgeordneter Gerhard Reheis
(SPÖ): Sehr geehrter
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau
Landesrätin! Liebe Delegation aus Südtirol! Zunächst möchte
ich Frau Kollegin Stoisits sagen: Ein
Wahlkampfthema ist das wahrlich nicht. Wir kandidieren hier in Österreich
und nicht in Südtirol, und es ist das ein Thema, das die Tiroler, die
Südtiroler und Österreich ganz besonders angeht. Da kann ich auch mit
vollem Einsatz dahinterstehen.
Man muss auch sagen,
dass die Ankündigung dieses Vorhabens, die Verankerung der Schutzfunktion Österreichs
für Südtirol in die Verfassung aufzunehmen, sowohl von
Südtiroler als auch von Nordtiroler Landespolitikern sowie von Politikern
dieses Hauses von den drei Fraktionen, die heute hier mitstimmen, erfreut und
positiv aufgenommen wurde und auch durch entsprechende Stellungnahmen sowohl
von Gemeinden als auch von den jeweiligen Fraktionen in den einzelnen Landtagen
bestätigt wurde.
Was hier geschieht,
richtet sich ja nicht gegen die italienische Regierung Prodi – das
muss man ja auch einmal dazusagen –, aber es richtet sich gegen die
Bestrebungen, wie sie zum Beispiel unter der Regierung Berlusconi gegeben hat,
die Autonomie in Südtirol aufweichen zu wollen. Da hat es immer wieder
entsprechende Wortmeldungen dafür oder dagegen gegeben. Deshalb
müssen wir uns hier und heute dafür aussprechen, dass in Zukunft
Derartiges nicht möglich
sein wird.
Leider war es so,
dass unser Bundeskanzler mit der Wahlempfehlung für Berlusconi unseren
Landsleuten in Südtirol nicht gerade einen Gefallen getan hat und diese
seine Initiative geschadet hat. Das muss man auch sagen.
Trotzdem hat sich Österreich
in all den Jahren, eigentlich bis zur Erfüllung der
Südtirol-Autonomie und der Beendigung der Auseinandersetzung Österreich –
Italien, stets um den Abbau von Barrieren und um die geistige Landeseinheit aller Tiroler bemüht. Das ist
für uns Tiroler ganz besonders wichtig, weil wir Tirol auf jeden Fall als
geistige Landeseinheit sehen und auch die Beziehung zwischen Nord- und
Südtirol eine hervorragende ist.
Für uns Sozialdemokraten
ist allerdings die Beachtung der Schutzfunktion anderer Staaten, die in Österreich
lebende Volksgruppen vertreten, auch sehr notwendig. Daher
begrüßen wir die Mehrparteien-Einigung, dass dies
gleichermaßen hier mit diesem Passus in die Verfassung aufgenommen werden
soll.
Es tut mir leid, dass es von den Grünen als absurd abgetan wird, über eine Schutzfunktion für Südtirol zu diskutieren. Meine Damen und Herren, eine derartige Missachtung lehnen wir Sozialdemokraten entschieden ab! Das sehen wir nicht so.
Ich gebe Ihnen von den Grünen allerdings dahin gehend Recht, dass gleichzeitig vor den Augen der europäischen Öffentlichkeit die Minderheitenrechte bei uns in Kärnten,
bei den
Kärntner Slowenen, mit Füßen getreten werden. Das werden wir
auch nicht zulassen! Da haben wir auch eine Verantwortung den Minderheiten
Österreichs gegenüber.
Deshalb ist es gut und richtig, die Beachtung der Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen in die Verfassung aufzunehmen, genauso wie wir die Schutzfunktion für Südtirol wahrnehmen müssen. Und deshalb stimmen wir hier gerne zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hätten Sie zugestimmt! Hätten Sie dem Kompromiss zugestimmt!)
13.48
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. Sie wünscht,
4 Minuten zu uns zu sprechen. – Bitte, Sie sind am Wort.
13.48
Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Am 5. September jährte sich zum 60. Mal der Tag, an dem der österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber und der italienische Ministerpräsident Alcide de Gasperi das nach ihnen benannte Abkommen unterzeichnet haben. Gemeinsam mit dem Pariser Vertrag war die Grundlage für die Südtiroler Autonomie geschaffen. Dieser Vertrag hat den Südtirolern zwar nicht das eingeforderte Selbstbestimmungsrecht gebracht, dafür aber den Staat Italien verpflichtet, Südtirol die Autonomie einzuräumen.
Dieses Jubiläum ist Anlass zur Erinnerung. Heute hat es wenig Sinn, darüber zu klagen, dass es nur zum Pariser Abkommen gereicht hat, man muss vielmehr positiv feststellen, dass der Pariser Vertrag mit all seinen Mängeln das einzig rechtliche Fundament war, auf dem die Wege zur UNO, zu den österreichisch-italienischen Verhandlungen und zum Südtirol-Paket gegangen werden konnten.
Die Südtiroler Autonomie ist eine Erfolgsgeschichte und wird heute weltweit zum Vorbild genommen. Der Pariser Vertrag stellt die Grundlage für die österreichische Schutzfunktion für Südtirol dar. Die Verankerung der Schutzrolle in der Präambel unserer Bundesverfassung ist Ausdruck von Respekt, ist Ausdruck großer Wertschätzung, die Österreich seiner ethnisch verbundenen Minderheit in Südtirol zuteil werden lässt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die verfassungsrechtliche Absicherung der österreichischen Schutzrolle verletzt nicht die Souveränität Italiens. Ich zitiere den Präsidenten des deutschen Bundesgerichtshofes, Herrn Professor Günter Hirsch, jemanden, der international als Experte zu Fragen des Völkerrechts anerkannt ist und der sagt:
Es wird nicht die Souveränität eines anderen Landes verletzt, wenn sich ein Staat in seiner Verfassung zum Schutz und zur Fürsorge für eine ihm ethnisch verbundene Minderheit in einem anderen Land verpflichtet. – Zitatende.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Genau aus diesem Grund verstehe ich sie nicht, denn es ist unverständlich, dass gerade Sie diesen Schutz für eine österreichische Minderheit im Ausland ablehnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meiner Heimat Tirol gibt es im kulturellen Bereich, im wirtschaftlichen Bereich, in der Traditionspflege eine lange gewachsene grenzüberschreitende Zusammenarbeit, ja sogar große Verbundenheit. Daher freut es mich ganz besonders, dass wir mit der verfassungsmäßigen Verankerung der Schutzrolle einem lang gehegten Wunsch unserer Südtiroler Freunde nachkommen, einem Wunsch, den unsere Südtiroler Freunde schon beim EU-Beitritt Österreichs geäußert haben.
Ich bedanke mich bei allen Abgeordneten, die die Petition der Schützen und Bürgermeister behandelt haben. Daraus folgend bedanke ich mich bei allen, die heute diesen Antrag mit großer Mehrheit beschließen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
13.52
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.
13.52
Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Gäste aus Südtirol! Hohes Haus! Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder begrüßte den Parteienkonsens zur Südtirol-Schutzklausel mit folgenden Worten:
Einen größeren Gefallen könnte man uns nicht machen. Die zu erwartenden breite Mehrheit im österreichischen Parlament für die Südtirol-Schutzbestimmung sei sehr erfreulich, weil Südtirol immer ein parteiübergreifendes Anliegen in Österreich gewesen sei. Die Klausel sei keinesfalls ein italienfeindlicher Akt, er sehe darin ein Versprechen, dass Österreich seine Schutzfunktion für Südtirol ernst nehme.
Meine Damen und Herren! Für uns SozialdemokratInnen war es wichtig, in Ruhe und unaufgeregt, aber mit Weitblick und diplomatischem Gespür dieses sensible Thema zu behandeln. Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag sind wir ohne Zweifel auf dem richtigen Weg.
Natürlich ist die Palette der Aufgeregtheit, sind die Vorwürfe und ist auch das Rauschen im Blätterwald groß. Das reicht von „verantwortungslos“ bis „unbegründet“ – so der mittlerweile abgewählte Silvio Berlusconi –, aber auch von einem „Loyalitätsbruch“ Südtirols gegenüber Italien, von „unberechtigter Einmischung Österreichs“ oder einem „vorhandenen Misstrauen auf allen Seiten“ ist die Rede. Und eine aktuelle Zeitung in Südtirol titelt dieser Tage: „Ein Land kommt nicht zur Ruhe“.
Meine Damen und Herren! Wir wollen keinesfalls alte Gräben aufreißen, sondern sehr wohl den Wunsch der Tiroler Schützen und der rund 113 BürgermeisterInnen aus Südtiroler Gemeinden sehr ernst nehmen und auf Basis des Pariser Vertrages und im Geiste der Europaratskonvention zum Schutz nationaler Minderheiten verantwortungsvoll behandeln.
Ein Telefonanruf heute Vormittag bei sehr guten Freunden von mir in Lana hat mir auch wieder bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und mit diesem Thema die Herzen der SüdtirolerInnen berühren.
Dass unser Nationalratspräsident Khol, wie auch in einer Lokalzeitung zu lesen ist, „Öl ins lodernde Grenzfeuer gießt“ und ein Zusammenhang mit den bevorstehenden Nationalratswahlen bei uns konstruiert wird, ist wohl auch ein weiteres Zeichen für die Sensibilität dieses Themas, aber jedenfalls zurückzuweisen.
Meine Damen und Herren! Wir SozialdemokratInnen erachten eine Verankerung der Schutzfunktion für die österreichische Volksgruppe in Südtirol im Zuge der anstehenden Verfassungsreform als wichtig und laden alle ein, diese Thematik größtmöglich zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)
13.54
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Er spricht 4 Minuten. – Bitte.
13.54
Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als Tiroler Abgeordneter
kann ich sagen, dass die heutige Petition für uns sehr große Bedeutung hat. Es ist einerseits die Nähe zu Südtirol, es ist der gemeinsame Name, es ist die Sprache und die Kultur, aber vor allem ist es – und ich glaube, es geht bei Petitionen um die Wahrnehmung von Bürgerrechten – die Freundschaft, die uns verbindet.
Ich darf hier schon in Erinnerung rufen, dass viele Südtiroler aus ihrer Heimat vertrieben wurden und heute in Nordtirol leben. Gerade in meinem Wahlkreis gibt es zwei Gemeinden, Schwaz und Jenbach, wo es Südtiroler Siedlungen gibt, und diese Menschen beobachten mit Argusaugen, was mit und rund um Südtirol passiert. Es gibt viele Südtiroler, die sich Tirol sehr nahe verbunden fühlen, es gibt aber auch viele Tiroler, die eine große Affinität zu Südtirol zeigen, und insgesamt kann man, glaube ich, schon ganz klar feststellen, dass die Solidarität zwischen Süd-, Ost- und Nordtirol in einem ganz hohen Maße gegeben ist.
Wir sollten in das Jahr 1948 zurückblicken und die Geschichte ein wenig beobachten. Es kam zum ersten Autonomiestatut, das zweite Autonomiestatut war im Jahre 1972. Es hat laufend Ausweitungen der Bestimmungen gegeben, und 1992 gab es sogar eine Streitbeilegung vor der UNO. Diese Autonomie wird nicht dadurch geschützt, dass wir in Europa sind, sondern es hat laufend Spannungen und Emotionen gegeben, auch wenn es das, Frau Kollegin Lunacek, in einem gemeinsamen Europa eigentlich nicht geben sollte. Trotzdem können wir mit der heutigen Petition hier Minderheitenrechte wahrnehmen und schützen. Wir können mit Stolz behaupten, dass gerade das Autonomie-Modell Südtirol in Europa als Vorbild gilt. Und wenn man sich derzeit ein bisschen in der Welt umschaut, sollte man auch darüber ein bisschen nachdenken.
Es gibt einen klaren Auftrag, einen kommunalpolitischen Auftrag von Nordtiroler und Südtiroler Kommunalpolitikern, Bürgermeistern, es gibt einen klaren Auftrag von Südtiroler und Nordtiroler Schützen. Ich glaube, diese erwarten es geradezu, dass wir das heute hier beschließen, und vielleicht bin ich der einzig aktive Schütze, der dem heute hier zustimmen darf. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)
Ich stehe dazu wie 14 000 andere Tiroler Schützen, dass wir heute mit Stolz diese Verfassungspflicht beschließen.
Es gibt Zweifler – gerade die jüngste Vergangenheit war medial davon geprägt –, die das Gruber-De Gasperi-Abkommen in Frage stellen. Österreich hat das Recht und die Pflicht, Südtirol zu schützen, und wir lassen uns von diesem Weg nicht abbringen.
Ich bin ein bisschen enttäuscht – ich habe heute die Debatte der Grünen verfolgt; die Kollegin Lunacek hat in Tirol studiert und müsste eigentlich die Südtiroleinstellung ein bisschen näher kennen –, dass die Grünen heute über Umwege und Auswege versuchen, sich vor dieser Verantwortung zu drücken. Ich bin aber sehr dankbar dafür, dass wir, die übrigen Abgeordneten, das heute hier gemeinsam beschließen können. Das zeigt, dass es Gott sei Dank unter uns Abgeordneten auch eine gewisse Solidarität gibt.
Aber es wird wohl die Fortsetzung einer Kette sein. Ich darf
das heute hier schon sagen, denn es gibt in Tirol riesige Enttäuschung
darüber, dass ein Politiker der Grünen Andreas Hofer mit einem
Taliban verglichen hat, was mehr als unangebracht war und für riesiges
Aufsehen gesorgt hat. (Ruf: Wer war das?)
Wir als Tiroler, wir als Österreicher stehen zu Südtirol. Südtirol verdient unseren Beistand. Wir machen von unserem Recht Gebrauch und werden die Autonomie Südtirols weiterhin einfordern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Bleckmann.)
13.58
Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung hiezu: Frau Abgeordnete Machne. 4 Minuten. – Bitte.
13.58
Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Südtiroler Freunde! Hohes Haus! Ich bin Ehrenmitglied der Schützenkompanie, und somit ist Hermann Gahr nicht ganz allein Mitglied. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Allerdings kann eine Frau – zumindest derzeit noch – nur als Ehrenmitglied einer Schützenkompanie mitarbeiten, und ich wurde eben vor einigen Jahren Ehrenmitglied der Schützenkompanie Lienz. Insofern ist es mir schon ein Anliegen, zur Petition der Tiroler Schützenkompanien das Wort zu ergreifen.
Die Schützen haben in Gesamt-Tirol einen besonderen Stellenwert. Ihre Geschichte geht auf das Jahr 1511 zurück. Damals haben sie unter Kaiser Maximilian durch das so genannte Landlibell per Gesetz den Auftrag erhalten, unser Heimatland zu verteidigen und zu schützen. Und diesem Auftrag sind unsere Schützen auch über die Jahrhunderte, bis zum Ersten Weltkrieg, nachgekommen.
Nach der Abtrennung Südtirols von Tirol hat sich der österreichische Staat immer für die Autonomie Südtirols und den Schutz und die Förderung der mit Österreich verbundenen deutschsprachigen Minderheiten in Italien eingesetzt. Der Tiroler Schützenbund und viele Bürgermeister aus ganz Tirol ersuchen nun den österreichischen Nationalrat, den besonderen Schutz der Südtiroler in die Präambel der Verfassung aufzunehmen. Besonders nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hat sich gerade zwischen Süd- und Osttirol das Verhältnis wesentlich verbessert – und dies nicht nur im wirtschaftlichen, sondern eben auch im kulturellen Bereich. So ist beispielsweise der Obmann des Gesamttiroler Schützenbundes ein Osttiroler, auf den wir natürlich sehr stolz sind.
Nach vielen Gesprächen mit den Tiroler Schützen, denen diese Schutzfunktion doch sehr wichtig ist, darf ich Sie bitten, dieser Petition zuzustimmen.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, ist dies mein letzter Debattenbeitrag hier im Hohen Haus, und daher möchte ich diese Gelegenheit auch dazu nützen, mich von Ihnen zu verabschieden, aber auch, um mich zu bedanken bei all jenen, die mich in diesen vier Jahren sehr wesentlich unterstützt haben. Es waren für mich vier sehr interessante Jahre hier im Parlament, und ich bin stolz darauf, dabei gewesen zu sein, als Österreich einen so erfolgreichen Weg gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Ich möchte mich aber auch bedanken bei allen Ministerien, bei allen Ministerinnen und Ministern, bei den Staatsekretären und ihren Kabinetten, die mich dabei unterstützt haben, die Anliegen Osttirols umsetzen zu können.
Ich habe in diesen vier Jahren hier viele interessante Menschen kennen gelernt und viele Freundschaften geschlossen. Es waren vier wirklich spannende und sehr schöne Jahre für mich, und ich möchte mich noch einmal bei Ihnen allen bedanken. Ich wünsche allen, die in der nächsten Legislaturperiode wieder hier im Hohen Haus arbeiten werden, eine gute Hand bei der Bewältigung der Probleme Österreichs. Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit und alles Gute für die Zukunft! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)
14.02
Präsident Dr. Andreas Khol: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, auch wir wünschen Ihnen alles Gute und eine gute Zeit!
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1610 der Beilagen angeschlossene Entschließung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit
und daher angenommen. (E 212.)
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über die Petition (74/PET) betreffend
„Menschenrechte für Alle! Für die besondere
Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den
Entwicklungsländern“, überreicht von der Abgeordneten
Theresia Haidlmayr (1609 d.B.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Glaser. Seine Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.
14.03
Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreichs Entwicklungszusammenarbeit ist trotz mancher Unkenrufe aus der Opposition auf einem guten Weg. Wir haben in den vergangenen Jahren die Leistungen für diesen Bereich erhöht. Die Ausgliederung der Entwicklungszusammenarbeit, des operativen Teils der Entwicklungszusammenarbeit, in die ADA ist, glaube ich, erfolgreich über die Bühne gegangen, und so möchte ich zunächst einmal allen, die in diesem Bereich, in der ADA, im Außenministerium tätig sind, aber auch allen, die vor Ort tätig sind, ein herzliches Danke für diese Arbeit im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sagen.
Wir von der Österreichischen Volkspartei bekennen uns ausdrücklich dazu, bis zum Jahre 2010 das Ziel 0,51 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen. Wir bekennen uns auch dazu, dass wir bis zum Jahr 2015 diesen Wert auf 0,7 Prozent erhöhen, denn nur so wird es möglich sein, dass wir die Millenniumsziele erreichen werden, das heißt, dass wir Hunger und Armut bekämpfen, dass wir Bildung in den Entwicklungsländern fördern, dass wir die Rechte von Frauen und Kindern entsprechend unterstützen. Nur so werden wir diese Ziele erreichen können, und nur so wird es auch möglich sein, dass wir den Migrationsdruck, der uns ja allen Sorgen macht, lindern und dass wir so schreckliche Bilder, wie wir sie zurzeit von den Südküsten Europas sehen müssen, vielleicht weniger oft sehen werden.
Wir haben in diesem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, glaube ich, eine gute gemeinsame, parteiübergreifende Gesprächsbasis, die sich darin zeigt, dass wir erst vor wenigen Wochen einen gemeinsamen Antrag zu einer anderen Form der Finanzierung in diesem Bereich formulieren konnten. Erinnern Sie sich an den gemeinsamen Antrag zur Besteuerung von Devisentransaktionen beziehungsweise von Rohstoffen.
Wir wollen heute einen weiteren gemeinsamen Antrag aller vier Parteien hier beschließen. Es geht hier um etwas sehr Wesentliches, nämlich um die vermehrte Berücksichtigung der Anliegen von behinderten Menschen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Ich freue mich, dass es hier zu diesem gemeinsamen Antrag auf der Basis einer Petition gekommen ist, die über „Licht für die Welt“ und die Frau Abgeordnete Haidlmayr ins Hohe Haus gelangt ist. Ich freue mich vor allem deswegen, dass wir das heute beschließen werden, weil wir doch im kommenden Jahr, im Jahr 2007, das Jahr der Nicht-Diskriminierung begehen werden, und ich glaube, dass das ein schöner Beitrag dazu ist.
Ich möchte aber auch nicht verabsäumen, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass es diese Bundesregierung war, die in ihrer Novelle zur Entwicklungszusammenarbeit im Jahr 2003 die verstärkte Berücksichtigung der Anliegen behinderter Menschen festgeschrieben hat. Damit waren wir eigentlich ein Vorreiterland im europäischen Bereich, ja weltweit wahrscheinlich.
Wir verstehen dieses Prinzip der verstärkten Berücksichtigung von behinderten Menschen in diesem Bereich dahin gehend, dass man das in allen Projekten, in allen Bereichen mitdenkt und dass man diese Anliegen immer wieder präsent hat. Denn gerade in Entwicklungsländern ist es noch um ein Wesentliches schwieriger für Menschen, die an Behinderungen leiden, weil Hilfen dort schwieriger sind, weil die Entwicklung vieler Hilfen, die bei uns möglich und selbstverständlich sind, dort nicht so einfach ist.
Ich glaube, wir sollten das, was wir auf österreichischer Ebene schon gewohnt sind, im Bereich der Anliegen der Behinderten auch auf dieser Ebene einführen und versuchen, hier weltweit mehr Bewusstsein dafür zu schaffen.
Ich möchte abschließend allen danken, die in diesem Bereich entsprechende Bewusstseinsarbeit geleistet haben. Ganz besonders möchte ich auch jenen beiden Personen danken, die hier für die Anliegen der behinderten Menschen im Parlament sitzen und die uns bravourös vor Augen führen, dass es möglich ist, auch mit Behinderungen wirklich wertvolle Beiträge im Parlament und generell zu leisten. Ich möchte Franz-Joseph Huainigg erwähnen, der heute leider verhindert ist, und ich möchte auch Theresia Haidlmayr erwähnen, die den Antrag mit eingebracht hat. Ich möchte Ihnen ausdrücklich und sehr herzlich danken dafür, dass Sie täglich Vorbild für uns sind und täglich zeigen, wie sehr man nicht nur ein Schicksal meistern kann, sondern wertvolle Beiträge für die gesamte Entwicklung leisten kann.
Ich möchte auch ein herzliches Danke der Organisation „Licht für die Welt“ sagen, die, glaube ich, ebenfalls immer wieder zeigt, wie wichtig und großartig ihre Beiträge weltweit sind und wie sehr gerade diese Organisation im wahrsten Sinne des Wortes Licht in die Welt hineinträgt.
In diesem Sinne darf ich Sie alle sehr herzlich einladen, diesen Antrag heute gemeinsam mit zu beschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
14.10
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Bayr. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.
14.10
Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Den Entschließungsantrag betreffend Integration von behinderten Menschen in die Entwicklungszusammenarbeit sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit einem lachenden deswegen, weil ich es schön finde, dass dieser Vier-Parteien-Antrag überhaupt zustande kommt, dass wir ihn heute beschließen werden und dass er hoffentlich beschleunigend wirkt auf die Wahrnehmung der Interessen von Menschen, die von der Gesellschaft behindert werden, und dass er dahin gehend wirkt, dass ihre Bedürfnisse in der Planung und Durchführung von entwicklungspolitischen Projekten auch wirklich verpflichtend berücksichtigt werden.
Ich finde es auch schön, dass dieser Antrag in enger Kooperation zwischen NGOs und Parlament entstanden ist. Franz Glaser hat schon auf die Rolle der NGO „Licht für die Welt“ hingewiesen, und ich möchte mich auch ganz speziell bei den Repräsentanten von „Licht für die Welt“, die mit uns da gearbeitet haben, bedanken: bei Rupert Roniger, Johannes Trimmel und Elisabeth Campestrini, die sehr wichtige Arbeit leisten,
einerseits auf der Ebene des politischen Lobbyings, nicht nur hier bei uns im Parlament, sondern auch auf Ebene der Europäischen Union und auch auf UN-Ebene, wo erst vor Kurzem auch eine ganz wichtige Resolution beschlossen worden ist, aber auch auf der Ebene der sehr praktischen Umsetzung und der sehr lebensnahen Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsprojekte im Süden.
Ich habe die Möglichkeit gehabt, gemeinsam mit anderen KollegInnen dieses Hauses ein Spital in Uganda zu besuchen, und wir wissen, dass dort wirklich tolle Arbeit geleistet wird, die wir auch alle sehr, sehr schätzen.
Ich hoffe, dass der Antrag dazu beiträgt, das legistische Bekenntnis, das es ja seit drei Jahren, seit der letzten Novelle des EZA-Gesetzes gibt, nämlich im Speziellen die Bedürfnisse von Kindern und von Menschen mit Behinderungen in der EZA zu berücksichtigen, auch endlich mit Leben zu erfüllen, denn diese Projekte leben noch nicht wirklich.
Bedauerlich – und das ist jetzt mein weinendes Auge – hingegen ist es, dass es weit mehr als ein Jahr gedauert hat, bis wir diesen Antrag jetzt endlich beschließen können. Das ist ein verlorenes Jahr für Hunderte Millionen von behinderten Menschen, ein verlorenes Jahr, in dem bereits Armutsbekämpfung hätte betrieben werden können. Wir wissen ja alle, dass sehr, sehr viele der Behinderungen, unter denen Menschen leiden, durch nicht vorhandene Armut gar nicht erst entstehen würden.
Wir haben da also auch sehr viel verloren, und es ist bedauerlich, dass es durch die zeitliche Verschleppung dieses Antrags auch nicht dazu kommen konnte, dass während der österreichischen EU-Präsidentschaft Initiativen auf europäischer Ebene gesetzt worden sind.
Wesentlich bedauerlicher allerdings finde ich das entwicklungspolitische Umfeld, in dem diese Initiative stattfindet. Die Entwicklungszusammenarbeit spielt in der Außenpolitik eine absolut untergeordnete Rolle. Sie hat keine Priorität. Das zeigen auch sehr deutlich die wenigen zur Verfügung stehenden budgetären Mittel. Es gab kaum wirklich ernst zu nehmende Verhandlungen auch mit dem Finanzministerium um ein Mehr an gestaltbaren Mitteln, und auch der hier im Haus vonseiten der sozialdemokratischen Fraktion oftmals gestellte Antrag, einen Stufenplan zu entwickeln, wo jährlich klar festgeschrieben ist, in welcher Geschwindigkeit, mit welchen Ressourcen wir uns diesen 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens bis zum Jahr 2015 nähern werden, wurde nicht angenommen.
Die real gestaltbaren entwicklungspolitischen Mittel dümpeln nach wie vor bei einer Quote von 0,20, 0,22, 0,25 Prozent herum, weil der allergrößte Brocken – laut Vorausberechnungen für das Jahr 2005; das sind die letzten vorhandenen Zahlen –, ein riesengroßer Anteil der ODA auf Entschuldungen fällt. Im Gegensatz zur Sozialdemokratischen Partei negiert die ÖVP leider auch in ihrem Wahlprogramm einmal mehr die ordnungsgemäße Umsetzung des Monterrey-Abkommens der UN, wonach Entschuldungsmaßnahmen zusätzlich zur öffentlichen EZA finanziert werden sollen.
Es ist auch politisch sehr abträglich, dass es durch die Privatisierung der Entwicklungszusammenarbeit und durch die Ausgliederung in die ADA, in die Austrian Development Agency, kaum noch zu Auseinandersetzungen im Parlament über entwicklungsrelevante Inhalte kommt, dass das Kontrollrecht, das wir haben, extrem eingeschränkt worden ist.
Unerträglich sogar ist die einfach nicht stattfindende Kohärenz, die fehlende Kooperation der vielen unterschiedlichen Politikbereiche, die alle wichtig wären, um zu einer effizienten Entwicklungszusammenarbeit zu kommen. Es ist immens kontraproduktiv, was da oft in anderen Ministerien passiert, zum Beispiel in Ihrem, Herr Bundesminister
Pröll. Wenn es in Österreich, wenn es in Europa, wenn es auf der ganzen Welt die Vogelgrippe gibt und die Konsumentinnen und Konsumenten gerade kein Geflügel konsumieren, nehmen Sie halt einfach unsere Tiefkühlhendln und exportieren sie in den Süden, hauen dort sämtliche lokalen Märkte zusammen und glauben noch dazu, Gutes getan zu haben.
Aber auch aus dem eigenen Haus, auch aus dem Außenministerium selber kommen immer wieder Dinge, die einem die entwicklungspolitischen Zehennägel aufringeln. (Abg. Neudeck: Muss gut ausschauen!) Es gibt eine Broschüre, die von der ADA in Auftrag gegeben worden ist, einen Unternehmer-Guide, der vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit Tipps unterstützen soll, wie sie denn im Süden investieren könnten, wie sie denn dort Geschäfte machen könnten. In diesem Guide wird darauf hingewiesen, dass man sich am besten in Freihandels- und Sonderzonen begibt und dort seine Geschäfte abwickelt.
Freihandels- und Sonderzonen sind solche, in denen keine sozialen, keine ökologischen Kriterien gelten, in denen keine nationalen Gesetze gelten. Das ist ausgesprochen kontraproduktiv und trägt nicht zu Armutsbekämpfung oder einer nachhaltigen Entwicklung bei.
Die Entwicklungspolitik ist ein Stiefkind dieser Regierung,
aber was mich froh macht, ist, zu wissen, dass sich das nach dem
1. Oktober 2006 rasant ändern wird. – Danke sehr. (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Großruck:
Die Gusenbauer-SPÖ?!)
14.16
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleckmann. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
14.16
Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kollegin Bayr, wer zuletzt lacht, lacht am besten – und man wird sehen, wie diese Wahl dann ausgehen wird.
Sie haben davon gesprochen, dass in diesem Bereich nicht genug investiert werde. – Wir haben gemeinsam im Ausschuss das Dreijahresprogramm der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit diskutiert. Es ist nachzulesen, was über sehr viele Projekte und Programme alles gemacht wird. Österreich hat sich natürlich dem 0,33-Prozent-Ziel verpflichtet und steht selbstverständlich dazu. Der Herr Staatssekretär hat uns auch eindeutig und nachdrücklich gesagt, dass wir dieses Ziel erreichen wollen und auch erreichen werden, und er hat auch eine derzeitige Prognose bekannt gegeben. Demnach wird Österreich 2006 das EU-ODA-Ziel erreichen, das verlangt wird. Somit stehen wir auch zu all diesen Beschlüssen, die es innerhalb Europas gibt. Ich halte es auch für wichtig und richtig, dass es gemacht wird, nur: Darüber hinaus sollte man nicht gehen.
Insofern halte ich es auch für einen wichtigen Punkt, dass wir uns heute hier gemeinsam dazu bekennen, dass Menschen mit Behinderung, eben mit besonderen Behinderungen auch in den Entwicklungsländern dann besonders berücksichtigt werden, weil die natürlich auch bisher immer die Stiefkinder waren in diesem Bereich. Es gibt weltweit insgesamt 600 Millionen Menschen mit Behinderung; davon leben 80 Prozent in den Entwicklungsländern. Daran wird auch der kausale Zusammenhang zwischen Armut und Behinderung deutlich. Gerade deshalb ist hier natürlich auch sehr viel zu tun und ist auch bei der Entwicklungszusammenarbeit und in den Entwicklungsländern besonderer Wert darauf zu legen, hier vermehrte Unterstützung zu geben, so wie es eben „Licht für die Welt“ auch macht, das wir alle kennen. Ich glaube, dass wir alle oder zumindest ein großer Teil von uns ja auch dafür spendet.
Ich freue mich, dass wir diesen Antrag gemeinsam
beschließen, und ich gehe auch davon aus, dass sich die
zuständigen Minister – Außenministerin,
Sozialministerin – dann auch in den Verhandlungen nachhaltig
dafür einsetzen werden, dass wir hier auch ausreichend
Unterstützung und Hilfe für Behinderte in den
Entwicklungsländern geben werden. – Danke schön. (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
14.19
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr ans Rednerpult. Ihre Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.
14.19
Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich noch gut erinnern: Es ist jetzt knapp zwei Jahre her, da sind VertreterInnen von „Licht für die Welt“ zu mir ins Parlament gekommen, und wir haben gemeinsam überlegt, was wir tun können, damit Menschen mit Behinderungen in den Entwicklungsländern endlich besser gestellt werden.
Ich habe damals gesagt: Versuchen wir, in Österreich eine Initiative zu setzen, vielleicht bringen wir ein Stückchen weiter. – So ist es zu dieser Petition gekommen, und ich möchte schon sehr stolz sagen: Diese Petition habe ich allein eingebracht. Franz-Joseph Huainigg leistet auch seinen Beitrag, aber diese Petition war meine, meine allein. (Abg. Großruck: Meine alleine und sonst keine!) Und deshalb bin ich so stolz, dass wir von der Opposition es geschafft haben, dass es zumindest diesen Entschließungsantrag gibt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Der Präsident der UNO-Generalversammlung Jan Eliasson hat gesagt: Endlich ist es so weit! Tragen Sie den Geist dieser Deklaration in die Welt, der ersten Menschenrechtsdeklaration des 21. Jahrhunderts, wo „Licht für die Welt“ sehr entscheidend mitgewirkt hat, dass es Menschen in den Entwicklungsländern in Zukunft besser gehen soll.
Diese Deklaration ist nicht irgendein Papier, sondern diese Deklaration ist gut und richtig und mit Inhalten gefüllt. Und einige dieser Punkte, die diese Deklaration enthält, möchte ich Ihnen vorlesen.
Es geht ganz konkret um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in den Entwicklungsländern:
Gleichstellung, wenn es um das Menschenrecht, das Lebensrecht von Menschen mit Behinderungen geht.
Gleiches Recht für Frauen und behinderte Mädchen wie für nicht behinderte Männer und Frauen.
Besonderer Schutz vor Willkür und vor dem Ausschluss von Bildungs- und Gesundheitschancen für Kinder mit Behinderungen.
Keine medizinische Maßnahme ohne Zustimmung der Betroffenen.
Gleicher Zugang zu Gesundheit, Bildung und Entwicklung.
Ein Ende der Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt.
Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben.
Das sind nur einige Punkte dieser Deklaration, und ich finde sie großartig, weil damit der Gedanke der Selbstbestimmung, das Recht auf Gleichstellung in allen Bereichen des täglichen Lebens endlich auch für die Entwicklungsländer gelten soll und gelten muss. Und dafür, dass diese Initiative in New York so klar vorgibt, was es heißt, Teil der Gesellschaft zu sein, dafür möchte ich ganz besonders „Licht für die Welt“ danken.
(Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie waren der Motor für diese Deklaration, und es ist keine Kleinigkeit, von Österreich aus mit einer so kleinen Infrastruktur, wie „Licht für die Welt“ sie in Österreich hat, solch großartige Leistungen zu erbringen. Das verdient wirklich höchste Anerkennung.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich habe immer einen gespaltenen Zugang zu Spenden, aber für „Licht für die Welt“ sind Sie alle aufgefordert und gebeten, Ihren Beitrag zu leisten. Mit 10 € können Sie einem Menschen, der von Blindheit bedroht oder bereits blind ist, helfen, damit er wieder sehen kann.10 € sind für mich und für Sie alle, wie Sie hier sitzen, kein Betrag, der nicht leistbar ist. Den spüren wir alle nicht. Aber wenn er dann dort ankommt, wo ihn die Menschen brauchen, spüren diese ihn sehr wohl. Und deshalb – ich habe niemanden gefragt, ich mache es sozusagen aus eigenem Antrieb – würde ich Sie bitten, einen Beitrag zu leisten. Wenn Sie nur einem Menschen pro Woche die Chance geben, wieder zu sehen, dann werden wir in zehn, 15 Jahren so weit sein, dass alle Menschen, die in den Entwicklungsländern ihr Augenlicht verloren haben, wieder sehen können. Und ich glaube, jeder von uns kann stolz darauf sein, dazu einen wesentlichen Beitrag zu leisten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Ich weiß, bei „Licht für die Welt“ ist Ihr Geld gut angelegt und gut aufgehoben; es wird entsprechend verwendet.
Vielleicht habe ich damit erreicht, dass manche von Ihnen oder vielleicht sogar alle, wenn ich optimistisch sein darf, zumindest 20 Menschen im Jahr oder noch viel, viel mehr Menschen die Chance geben, endlich wieder sehen zu können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
14.25
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.
14.25
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Sehr geehrte Gäste, auch Vertreter der NGOs und von „Licht für die Welt“! Ich kann eigentlich nahtlos anschließen an die Ausführungen meiner Vorrednerinnen und Vorredner. Für die österreichische Außen- und Entwicklungspolitik sind und werden auch in Zukunft im Mittelpunkt der Förderung die Rechte von Menschen mit Behinderungen stehen und ein wichtiges Anliegen sein. Im § 1 des Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes wird die Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen explizit als Schwerpunkt erwähnt und auch für die Zukunft determiniert.
Es ist uns auch international auf Basis dieser Anstrengungen etwas gelungen: Ein sehr wichtiger Erfolg der letzten Zeit war die Einigung über den Text einer UNO-Konvention über die Rechte von Personen mit Behinderungen bei der achten Verhandlungsrunde Ende August. Nicht zuletzt auf Grund der Koordination, der Diskussion und der Erfolge während der österreichischen EU-Präsidentschaft hat die Einigung, die europaintern koordiniert werden konnte, dazu beigetragen, dass wir in dieser achten Verhandlungsrunde auch einen, wie ich denke, tragfähigen und wichtigen Beschluss fassen konnten.
Im nun beschlossenen Konventionstext wurde die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit, womit vor allem die Entwicklungszusammenarbeit gemeint ist, verankert.
Die nationalen Bemühungen Österreichs zur Weiterentwicklung der Förderung von Menschen mit Behinderungen in den Programmen der Entwicklungszusammenarbeit und auch der Ostzusammenarbeit werden selbstverständlich von uns fortgeführt. Die
Verankerung dieses Themas im Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und in den Leitlinien über Menschenrechte ist eine profunde und ausgezeichnete Grundlage dafür.
Nur eine kurze Anmerkung zur Frau Abgeordneten Bayr. Sie wissen ganz genau, wenn Sie über die Frage der Ausrichtung in der Entwicklungszusammenarbeit referieren, dass wir ein klares Bekenntnis dazu abgelegt haben, bis 2010 auf 0,51 Prozent des BNE und bis 2015 sogar auf 0,7 Prozent aufzustocken, ein klares Bekenntnis seitens der österreichischen Bundesregierung, darüber hinaus das Engagement nicht nur national, sondern immer in allen Kontexten der Europäischen Union und international konsequent weiter fortzusetzen.
Ich bedanke mich auch, weil es Kraft gibt, und möchte hier den Dank zurückgeben an die NGOs und an Sie alle, die Sie heute gekommen sind, bei „Licht für die Welt“ für das tolle Engagement. Das ist ein wichtiger Beitrag. Ich denke, je breiter wir in diesem wichtigen Thema vorgehen, auch abseits der Politik, desto erfolgreicher werden wir auch international sein können. (Beifall bei der ÖVP.)
14.28
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
14.28
Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich nütze diese letzte Plenarsitzung in dieser Legislaturperiode dafür, die letzten sechs Jahre der Entwicklungspolitik, die sich in Österreich nachhaltig verändert hat, Revue passieren zu lassen.
Seit 2000 war die vormalige Staatssekretärin für Entwicklungspolitik Dr. Benita Ferrero-Waldner, jetzt Kommissionsmitglied, unsere Außenministerin. Und mit entsprechendem Einsatz hat sie das getan, was, glaube ich, für die Qualität der Entwicklungszusammenarbeit in unserem Land von ganz entscheidender Bedeutung war, nämlich ein Uraltgesetz noch aus Anfang der siebziger Jahre dahin gehend modernisiert und verändert, dass jetzt qualitative Kriterien und Schwerpunkte in diesem Gesetz fixiert sind, die den Rahmen für unsere Entwicklungszusammenarbeit bilden.
Demgemäß hat Österreich betreffend unser heutiges Thema auch eine Vorreiterrolle bei der Berücksichtigung der Anliegen und Probleme und bei der Unterstützung von Menschen mit Behinderung – gerade auch in Entwicklungsländern – eingenommen.
Unserer Vorreiterrolle entsprechend haben wir geholfen, diese in unserem Gesetz festgelegten Grundsätze auch in der UNO-Konvention zu verankern.
Ich glaube nämlich, dass es sehr wichtig ist, nicht immer nur – Frau Kollegin Bayr! – über mehr und mehr Geld zu sprechen, sondern ganz besonders darüber zu reden, wie dieses Geld verwendet wird.
Es ist uns zwar gelungen, die Mittel zu verdoppeln, den Aufwärtstrend beizubehalten, und ich bin sehr optimistisch, dass wir die ambitionierten Ziele, noch viel mehr Geld in die Entwicklungszusammenarbeit zu stecken, auch erreichen werden, aber den Qualitätsvorsprung, den wir durch die präzise Schwerpunktsetzung dort, wo Österreich ganz besondere Kompetenzen hat, erreichen konnten, halte ich für ebenso wichtig.
Mit Österreich meine ich nicht nur das Ministerium, sondern unsere gut qualifizierten NGOs, die in diesen Schwerpunktbereichen in den ärmsten Ländern der Welt schon seit Langem hoch qualifizierte Arbeit leisten. Da geht es um die Sicherstellung der Wasserversorgung, es geht vor allem um Bildung und um Ausbildung, und es geht eben bei österreichischen NGOs wesentlich mehr als anderswo auch um Menschen
mit Behinderungen und um Kinder. Überall dort, wo Kinder und/oder Menschen mit Behinderungen von Armut betroffen sind, ist das Armsein noch schlimmer, als es ohnehin schon ist.
Eine Familie, die in einem Entwicklungsland einen Vater mit
einer Behinderung hat, tut sich schwer, sich selbst zu helfen. – Da
nützen alle anderen Programme gar nichts. Deshalb danke ich im Besonderen
auch jenen NGOs, die sich genau für all die Schwächsten unter
den Armen eingesetzt haben und uns dabei geholfen haben, die entsprechenden
Qualitätskriterien in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit
einzuführen. (Beifall bei der ÖVP
sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich denke, am Ende der Legislaturperiode ist es auch Zeit, Dank auszusprechen. Als ehemalige entwicklungspolitische Sprecherin danke ich meinem Nachfolger, Herrn Abgeordnetem Glaser, der sehr engagierte Arbeit leistet. Ich danke aber auch der Kollegin Lunacek, den Kolleginnen – es sind ja überwiegend Frauen – der FPÖ und des BZÖ und der Kollegin Bayr für eine in diesem Punkt doch auch immer konstruktive und gute Zusammenarbeit in der letzten Legislaturperiode. Ich gehe davon aus, dass wir diese auch gemeinsam fortsetzen wollen.
Ich danke auch unserer Bundesministerin Plassnik dafür, dass sie uns dabei nach Kräften unterstützt.
Ganz besonders heute muss ich auch noch abschließend unserem leider erkrankten Behindertensprecher Dr. Franz-Joseph Huainigg danken, der im Zusammenhang mit dem heute zu beschließenden Text, im Besonderen aber mit zahlreichen Behinderte betreffenden Gesetzen in dieser Legislaturperiode einen Quantensprung für behinderte Menschen auch in Österreich geschafft hat – und das unter einer fast unmenschlichen Kraftanstrengung.
Franz-Joseph, falls du im Internet nachliest oder, wie ich glaube, zuhörst: Wir danken dir alle. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
14.33
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
14.34
Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir haben parteiübergreifend bewiesen, dass es Themen gibt, bei denen eine Zusammenarbeit möglich ist.
Es ist dieser Antrag, den wir heute beschließen, auch ein Zeichen dafür, dass es in Zeiten des Wahlkampfes und der unterschiedlichen Auseinandersetzungen doch noch Themen gibt, bei denen man zueinander findet und für eine wichtige Sache zusammenarbeitet.
Ich möchte mich auch bei unserer
entwicklungspolitischen Sprecherin Petra Bayr für ihre Initiative,
für ihre Kraft und für ihren Antrieb bedanken, dass dieser Antrag zustande
gekommen ist, genauso wie ich mich bei Theresia Haidlmayr bedanken will, die
diese Initiative auf Grund einer guten Voraussetzung von „Licht für
die Welt“ ins Parlament gebracht hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Ich denke, auch das ist ein Beispiel dafür, wie eine
sinnvolle und effiziente Zusammenarbeit zwischen NGOs und Parlamentariern
zustande kommen kann, sodass Themen weitergetragen werden. (Abg. Großruck: Wollen
Sie sich nicht auch beim Herrn Huainigg bedanken? Beim Herrn Huainigg
bedankt sie sich nicht!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin aber sehr hellhörig geworden, als Herr Kollege Glaser gesagt hat, durch diesen Beschluss hätten wir einen wichtigen Beitrag für das kommende EU-Jahr zur Antidiskriminierung geleistet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, salbungsvolle Worte, die man auch niederschreibt und die dann sozusagen eine Richtschnur bilden, sind zu wenig. Behinderte Menschen, egal ob in Österreich oder in vielen anderen Teilen der Welt, brauchen starke Unterstützung. – Sie brauchen nicht nur salbungsvolle Worte, sondern auch tatkräftige Unterstützung! Es ist die Aufgabe der Regierung, das Thema im nächsten Jahr auch bei den Räten voranzutreiben und in der Kommission aufs Tapet zu bringen.
Es bedarf einer globalen Anstrengung, die sich nicht nur darin erschöpfen darf, dass man Worte niederschreibt, sondern die in gezielte Handlungen münden muss, um behinderte Menschen – in Entwicklungsländern und auch in Österreich – durch konkrete Projekte zu unterstützen.
Beim Beschluss der UNO-Konvention hat der Präsident bei der Generalversammlung gesagt: Tragen Sie den Geist dieser Deklaration in die Welt! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hinaustragen dieses Geistes in die Welt, dass behinderte Menschen gleiche Rechte und gleichen Zugang zu sämtlichen Teilen der Gesellschaft haben müssen, ist eine Last, für die Sie auch bereit sein müssen, die Verantwortung zu übernehmen.
Wir dürfen auch nicht die Sicht auf behinderte Menschen in Österreich verstellen. So wird in der UNO-Konvention der Zugang zu Bildung sehr stark hervorgehoben. Ich denke, auch diesbezüglich ist Österreich in den letzten Jahren – gerade für behinderte Kinder und ihre Eltern – in einem tiefen Dornröschenschlaf gelegen, denn es muss möglich sein, dass behinderte Kinder in das schulische System integriert werden und dass ihre Talente und Fähigkeiten unterstützt und gefördert werden. Angesichts des Streichens von Lehrerposten ist das aber nicht möglich. Werte KollegInnen! Auch da sehen Sie wieder, wo der Unterschied zwischen Worten und Taten liegt.
Ein weiteres Beispiel für die problematische Situation von behinderten Menschen in Österreich sind die Leistungen. Mir erzählen sehr viele behinderte Menschen, dass sie von einem Amt zum nächsten rennen müssen. Unser Vorschlag von Seiten der Sozialdemokratie war in den letzten Jahren, das Bundessozialamt als Kompetenzzentrum auszubauen, sodass die behinderten Menschen nicht durch die Gegend rollen, gehen und sich schleppen müssen, sondern dass die Akten hinter den Kulissen so abgewickelt werden, dass behinderte Menschen zu ihrer Unterstützung kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es bleibt noch sehr
viel zu tun. Die Bevölkerung wird nicht nur auf Worte, sondern auch
auf Taten schauen. (Beifall bei der
SPÖ.)
14.38
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
14.38
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Werte Vertreter und Vertreterinnen der NGOs! Ich bin sehr froh darüber, dass es diesen Antrag und diesen gemeinsamen Beschluss heute gibt, dass Menschen mit Behinderung tatsächlich nicht nur – wie es im Entwicklungszusammenarbeitsgesetz ohnehin schon steht – ein Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit sein müssen, sondern dass es dazu eben auch einen eigenen Entschließungsantrag gibt, der das Ganze noch einmal verstärkt und die Wichtigkeit der Menschenrechte von behinderten Menschen oder von Menschen, die mit einer Behinderung leben, auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit in den Vordergrund stellt.
Es ist ja, glaube ich, oft so, dass man sich gar nicht vorstellen kann, was es heißt, mit einer Behinderung in einem Land zu leben, in dem es kaum eine soziale Absicherung gibt, in dem nicht alle Menschen Zugang zum Gesundheitswesen haben – was bei uns ja größtenteils noch der Fall ist und hoffentlich auch so bleiben wird –, sondern in dem das alles nicht vorhanden ist. Wir können uns nicht vorstellen, was passiert, wenn es im Arbeitsrecht nicht die Möglichkeit gibt, tatsächlich auch Betreuung zu bekommen, wenn man einen Arbeitsunfall gehabt hat und dadurch zum Beispiel auf Lebenszeit eine Behinderung hat, wenn es kein Unfallrecht oder keine Unfallversicherungen gibt, die einspringen, wenn jemand einen Unfall erleidet und dann eine dauernde oder auch vorübergehende Behinderung hat und dafür sorgen, dass es entsprechende Möglichkeiten gibt, zum Beispiel nach einer Beinamputation tatsächlich wieder gehen zu können.
All das ist bei uns für die meisten Menschen etwas Selbstverständliches. – Davon gehe ich immer noch aus. Ich weiß, es ist nicht ganz so, aber fast.
In Entwicklungsländern, in Ländern, die so eine Absicherung, wie gesagt, kaum haben, kann es für Menschen oft sehr schwierig sein, ihr Leben zu führen, einem Beruf nachzugehen, einen Arbeitsplatz zu halten und, wenn es sein muss, auch noch die Familie zu versorgen, wenn eine Behinderung auftritt.
Ich denke, es ist notwendig, auch in der Entwicklungszusammenarbeit die Bedeutung dessen zu betonen und klarzumachen, dass es hier um ein Recht geht, das Menschen mit Behinderung haben, und nicht um Almosen, die man – unter Anführungszeichen – „den Armen“ dann halt gibt. Es geht um das Recht von Menschen mit Behinderung, in jeder Gesellschaft so gut es geht mit den vorhandenen technischen Möglichkeiten ihr Leben leben zu können. Bei einer Behinderung, die auf Grund einer Krankheit entstanden ist – wie es bei den Menschen in den schon erwähnten Projekten, die „Licht für die Welt“ betreut, ja oft der Fall ist – muss auch dafür gesorgt werden, dass es – wenn möglich – sogar zu einer Heilung kommt. – Gerade bei erblindeten Menschen ist das ja in vielen Fällen möglich.
Ein zweiter Hinweis, den ich hier auch noch einbringen möchte: Viele Behinderungen entstehen – so wie Krankheiten ja auch –, obwohl sie verhinderbar wären, zum Beispiel durch Mangel an Wasser. Ich möchte Krankheit und Behinderung nicht in einen Topf werfen, aber viele Behinderungen haben auch damit zu tun, dass die sanitären Umstände – von Müllabfuhr über Wasserversorgung bis hin zur Infrastruktur, zu den Straßen et cetera – nicht so sind, wie sie tatsächlich sein sollten.
Es geht dabei also um all das, was Menschen noch zusätzlich zu Menschen mit Behinderung macht, weil die Gesellschaft zu wenig dafür sorgt, dass die Infrastruktur so gestaltet ist, dass sie allen ein mehr oder weniger sicheres Leben ermöglicht. Aus diesem Grund finde ich es sehr wichtig, dass wir das heute beschließen.
Ich möchte auch noch eine persönliche Bemerkung anbringen: Ich habe in meiner Studienzeit in Innsbruck gemeinsam mit Menschen mit Behinderung in einer Intensivgruppe mitgemacht und dort selbst sehr viel gelernt, auch über den Umgang mit Menschen. – Das war damals das Jahr der behinderten Menschen. Genau dieser Aspekt des Rechtes auf Zugang zu Einrichtungen, auf eine Behandlung und auf menschenwürdigen Umgang mit Menschen mit Behinderung halte ich für sehr wichtig, und ich denke, es ist ein richtiger Schritt, den wir hierzu tun.
Lassen Sie mich aber noch einige Worte zum allgemeinen Zustand der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in den letzten vier Jahren – oder sogar sechs Jahren seit Amtsantritt dieser Bundesregierung – sagen.
Zwei Punkte möchte ich hervorstreichen: Das eine ist, dass die Möglichkeit der parlamentarischen Debatten abgenommen hat, und zwar einfach dadurch, dass zum Beispiel die ADA ausgegliedert wurde – das hat Frau Kollegin Bayr schon gesagt – und damit die tatsächliche Diskussion über Schwerpunkte et cetera nicht mehr in der früheren Form – auch nicht mehr über Anfragen – gewährleistet ist.
Themen wie das Drei-Jahres-Programm sind in den letzten Jahren überhaupt kaum jemals im Nationalrat besprochen worden, und wenn, dann kam es nur ganz am Schluss, wenn es irgendwann einmal geschrieben war und wenn es schon vom Ministerrat beschlossen war, in den Nationalrat.
Ich hielte es schon für sinnvoll, dass solche Dinge auch im Nationalrat behandelt werden und dass auch die NGOs stärker mit einbezogen werden, bevor so etwas beschlossen wird.
Noch ein Punkt zur wichtigen Rolle der Nicht-Regierungsorganisationen: Es tun sich gerade diejenigen, die kleine Projekte betreuen, zunehmend schwer, die Infrastruktur, die sie dafür ja brauchen, aufrechterhalten zu können. Sockelfinanzierungen, Basisfinanzierungen wie früher gibt es ja schon lange nicht mehr, sondern alles läuft nur über Projekte. Mittlerweile ist es sogar so, dass Organisationen für Projekte, die sie im Ausland durchführen, nicht mehr Tagsätze bekommen, sondern nur mehr Prozentsätze des Gesamtbudgets verrechnet werden dürfen. – Das ist bei kleineren Projekten um einiges weniger, als es die Tagsätze waren.
Das heißt, eigentlich will diese Bundesregierung nur größere Projekte fördern. Das machen Weltbank und Währungsfonds et cetera auch – sozusagen nach dem Motto: je größer, desto besser, weil das viel leichter abzuwickeln ist. Das ist aber ein Zugang, der unserem Verständnis von Entwicklungszusammenarbeit nicht entspricht und wo wir auch Änderungen einfordern.
Herr Minister Pröll, ein Letztes noch: Sie haben gemeint, es gibt das Bekenntnis der Bundesregierung, bis 2010 die 0,51 Prozent zu erreichen. Das wissen wir schon länger, seit der Monterrey-Konferenz. Da wurde von Seiten der Europäischen Union beschlossen, dass jedes Mitgliedsland dieses Ziel erreichen soll. Aber was ist bisher geschehen? – Das Einzige, was bisher tatsächlich in die Erhöhung angerechnet werden kann, sind Entschuldungen, und die sind nicht gestaltbar. Das ist nichts, wo eine Organisation Geld bekommt und tatsächlich etwas tun kann.
Den Ländern kommen Entschuldungen schon zugute – ich will hier nicht gegen Entschuldungen sprechen –, aber die Erhöhungen der Budgets, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, bestehen rein aus Entschuldungen. Das heißt, es hat uns noch niemand von dieser Bundesregierung sagen können, wie Sie vorhaben, bis 2010 diese Budgeterhöhungen zu erreichen, die pro Jahr an die 200 Millionen € – wenn nicht mehr – ausmachen müssen, um dieses Ziel zu erreichen.
Ich hoffe, dass Sie diese Entscheidungen nach dem 1. Oktober auch nicht mehr treffen können, weil die Wahl anders ausgeht.
Zum Schluss möchte ich noch Manfred Nowak zitieren, einen bekannten Menschenrechtsaktivisten und -experten, der derzeit auch Experte und Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen gegen Folter ist. Er hat einmal gesagt, dass gerade die Entwicklungszusammenarbeit und auch der Stellenwert einer Gesellschaft nicht rein an Wirtschaftsleistungen gemessen werden darf, sondern daran, welchen Stellenwert Menschenrechte in einem Land haben.
Das gilt sowohl für Österreich als auch für
die Entwicklungszusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei den
Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
14.46
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
14.47
Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Minister! Kolleginnen und Kollegen! Gerade in Zeiten des Wahlkampfes ist es ja fast wohltuend, wenn man sieht und wir gemeinsam nach außen kommunizieren können, dass es doch Themen gibt, bei denen wir zumindest Teile des Weges gemeinsam gehen, so wie bei dieser angesprochenen Petition 74 betreffend „Menschenrechte für Alle! Für die besondere Berücksichtigung der Rechte von Personen mit Behinderung in den Entwicklungsländern“.
Auch wenn naturgemäß die Opposition andere Vorstellungen zum Thema Entwicklungszusammenarbeit hat, möchte ich hier schon auch noch einmal Folgendes erwähnen: Kollegin Bayr hat gemeint, wir hätten während der österreichischen EU-Präsidentschaft keine Akzente gesetzt. – Im Gegenteil: Wir waren gemeinsam in Südafrika, um genau dort einen Gipfel abzuhalten, wo ein Gros der Probleme auftritt.
Faktum ist, dass Afrika ja der ärmste Kontinent ist, dass dort 34 der ärmsten 50 Länder der Welt zu finden sind, dass 50 Prozent der Afrikaner und Afrikanerinnen südlich der Sahara in absoluter Armut leben, 35 Prozent hungern und keinen Zugang zu Wasser und zu sonstiger Infrastruktur haben.
Da hat die Europäische Union eine gemeinsame Vorgangsweise in dieser neuen Partnerschaft für Afrika beschlossen. Ich denke, es ist wichtig, dass auch die Europäische Union ein gemeinsames, akkordiertes Handeln an den Tag legt, so wie die Europäische Union ja auch in einer Resolution beschlossen hat – das war schon zu Jahresbeginn –, dass nicht nur spezielle Programme für Behinderte definiert werden, wo es um Vorsorge, Betreuung, die Rehabilitation und die Verhinderung von Stigmatisierung von Behinderung gehen soll, sondern dass dieses Thema der Behinderung in allen Programmen automatisch integriert werden soll. Das heißt, wenn eine Schule gebaut wird, dann soll automatisch auch eine Rampe für den Rollstuhl mit bedacht werden.
Was Österreich betrifft, möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass Österreich in Summe von den 0,52 Prozent des BNE die 0,33 Prozent-Schwelle, zu der sich die Regierung bekannt hat, erreicht hat. Wenn man den prozentuellen Anteil der ODA am BNE betrachtet, dann liegt Österreich am siebten Platz der 22 DAC-Länder.
Wir haben 2005 über 1 Milliarde an öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen ausgegeben. Wenn man diese Zahl auch um die Kosten der Entschuldung, die Sie ja auch angesprochen haben, Frau Kollegin Lunacek, bereinigt – das hat den Irak und Madagaskar betroffen –, dann kann man auch ein reales Wachstum der EZA-Ausgaben um 9 Prozent erkennen.
Ich denke also, das kann uns schon eine grundlegende Sicherheit geben, dass wir auf diesem Weg weitergehen sollen, und es zeigt auch, dass das Thema der Entwicklungszusammenarbeit der Regierung ein ganz großes Anliegen ist.
Ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben: Gestern war der Welttag des Kindes. Auch „Licht für die Welt“ – die Institution, die heute schon mehrfach vorgestellt worden ist – hat diesen Tag zum Anlass genommen, um auf die 45 Millionen Kinder mit Behinderung auf der ganzen Welt hinzuweisen.
Insofern sehe ich es auch als unsere moralische Verpflichtung an, da etwas zu tun, und freue mich, dass es in diesem Haus Menschen gibt, die initiativ geworden sind und beschlossen haben, zu diesem Thema etwas beizutragen.
Danke also an alle, die beteiligt waren, danke auch an die Institution „Licht für die Welt“. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung – hoffentlich gemeinsam mit Ihnen – auch in Zukunft diesen guten Weg für die EZA weiter beschreiten wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
14.51
Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin in dieser Debatte
spricht Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Wunschredezeit:
5 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck – in Richtung der sich zum Rednerpult
begebenden Abg. Mag. Trunk, die einen weißen Blazer trägt –: Das ist die Einzige mit einer weißen
Weste in der SPÖ!)
14.51
Abgeordnete Mag. Melitta Trunk
(SPÖ): Herr
Präsident! Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und
Kollegen! Vorweg, damit ich es am Ende nicht vergesse: Meinen Respekt und meine
Anerkennung der Initiative der Kollegin Haidlmayr und meinen Respekt und
meine Anerkennung meiner Kollegin Penny Bayr für die engagierte und sehr
kompetente Arbeit! Das ist ein Beispiel für politische Kultur der
Auseinandersetzung, die am Ende einen Konsens bewirkt. Ich denke, es
sollte diese Kultur nicht nur, wenn es um Fragen der Entwicklungszusammenarbeit
geht, in Zukunft in das Hohe Haus einziehen. (Beifall bei der SPÖ.)
Nicht nur im
Zusammenhang mit der Umsetzung, der Implementierung und der Einhaltung von
menschenrechtlichen Standards in Entwicklungsländern, sondern auch in den
reichen Industriestaaten und Industrienationen müssen wir konstatieren,
dass wir trotz aller positiven Maßnahmen und Schritte national und
international noch sehr große Kraftanstrengungen auf uns zu nehmen haben.
Punkt eins: in
budgetärer Hinsicht. Wenn es um das Teilen zwischen reichen Industrienationen
und Entwicklungsländern geht, so stelle ich fest, dass wir das nicht mit
großem und ganzem Herzen tun. Da stimme ich mit der Kollegin
Felzmann nicht überein, dass man sagen könne, es passiere
genug. – Es passiert
zu wenig angesichts der Armut auf dieser Welt! Armutsbekämpfung ist einer
der wesentlichen Schritte zur Vermeidung und Prävention von
Verletzungen von Menschenrechten und Behinderung.
In diesem
Zusammenhang ist es mir ein Kopf- und Herzensanliegen, uns alle an den
Österreicher Wolfgang Petritsch zu erinnern, der sich international und
weltweit sehr im Bereich des Kampfes gegen Antipersonenminen einsetzt. (Abg.
Großruck: Wer ist das? Wer ist
Wolfgang Petritsch?)
Wenn wir von Behinderung
und Vermeidung von Behinderung und Hilfe sprechen, dann sollte uns bewusst
sein, mit welchem Zynismus Antipersonenminen Menschen töten, Behinderung
schaffen und wie blind wir alle miteinander in dieser Frage sind.
Wenn man bedenkt,
dass die Vereinigten Staaten Antipersonenminen über diese Welt verteilen,
um dann auf der anderen Seite Spenden zu verdoppeln, die zur Hilfe und Unterstützung
von Opfern da sind, dann nenne ich das einen Zynismus, und ich denke, es ist
auch Aufgabe des österreichischen Parlaments, sich damit auseinander zu setzen.
Ein letzter Aspekt: Die Debatte während der heutigen Aktuellen Stunde sollte uns auch in der Frage der Auseinandersetzung mit Behinderung zu der Erkenntnis bringen, dass in Entwicklungsländern ebenso wie in Österreich Frauen mit Behinderung in doppelter Weise an der Realisierung eines menschengerechten und chancengleichen Lebens gehindert werden. Da ist noch ein großer Schritt zu tun und ein weiter Weg zu gehen. Das trifft die Frauen in Österreich ebenso wie im restlichen Europa und ganz besonders in den Ländern, in denen Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungshilfe notwendig sind. – Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)
14.54
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht in 1609 der Beilagen angeschlossene Entschließung.
Wer ihr zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. –
Das Zeichen wird einstimmig erteilt; die Entschließung ist angenommen.
(E 213.)
Bericht des Umweltausschusses
über den Antrag 698/A (E) der Abgeordneten Heidemarie
Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeichnung und
Ratifizierung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die
Europäische Union (1614 d.B.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Sieber. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. Ich bitte Sie, sie einzuhalten, denn Punkt 15 Uhr beginnt die Behandlung der Dringlichen Anfrage. – Bitte, Herr Abgeordneter.
14.55
Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn ich heute zum vorliegenden Antrag 698 zu Ihnen spreche, dann tue ich das in dem Bewusstsein, dass dieser Antrag stark an Aktualität eingebüßt hat.
Im Verlaufe der bisherigen Vorsitzführung Österreichs bei der Alpenkonvention und vor allem im Rahmen der sehr erfolgreichen EU-Ratspräsidentschaft konnten wesentliche Fortschritte erreicht werden. So wurden die Protokolle Tourismus, Energie, Bodenschutz und Berglandwirtschaft durch die EU ratifiziert.
Den intensiven Bemühungen unseres Lebensministers Sepp Pröll und seinem Team ist es zu verdanken, dass das Verkehrsprotokoll nicht von der Dossierliste der Europäischen Kommission gestrichen wurde. Beim Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention geht es vor allem um eine nachhaltige Verkehrspolitik, die die besondere Kultur- und Naturlandschaft im Alpenraum berücksichtigt.
Die Vertragspartner würden verpflichtet, Strategien und Konzepte zu erarbeiten und bestimmte technische Maßnahmen zu setzen. Diese gefassten Ziele müssen dann auch durch Monitoring und Kontrollen nachhaltig begleitet werden.
Durch zähes Verhandeln und durch geschickte Überzeugungsarbeit hat unser Lebensminister Sepp Pröll vor dem entscheidenden Verkehrsministerrat am 8. und 9. Juni erreicht, dass sich die Kommission und viele Staaten der EU für die Ratifizierung ausgesprochen haben. Leider scheiterte ein erfolgreicher Abschluss an der Blockadehaltung Italiens. (Abg. Gradwohl: War da ein gewisser Herr Gorbach auch eingespannt? Weil Sie reden immer von einem „Lebensminister“!) – So ist es.
Die zögerliche Haltung Italiens hat leider auch dazu geführt, dass einige EU-Staaten ihre Zustimmung zur Unterzeichnung durch die EG verweigerten und nun dieser Tagesordnungspunkt verschoben wurde.
Erfreulich ist, dass die finnische Ratspräsidentschaft diesen Punkt in das gemeinsame Arbeits- und Jahresprogramm aufgenommen hat, und ich bin überzeugt, dass unser
Minister Sepp Pröll diesen
für unser Land wichtigen Punkt weiterhin vorantreiben wird. (Abg. Gradwohl: Lebensminister und
Verkehrsminister!)
Die Europäische Gemeinschaft hat sich durch die Ratifikation der Alpenkonvention zu einer Risiko- und Belastungssenkung verpflichtet, und ich bin überzeugt, dass unser Minister Sepp Pröll diese Entlastung auch erfolgreich einfordern wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
14.57
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Sitzung für 2 Minuten und rufe dann die Dringliche Anfrage auf.
*****
(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 14.59 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter
Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen
betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer (4728/J)
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene
Sitzung wieder auf, damit wir die verlangte Behandlung einer
Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr beginnen können.
Ich ersuche Herrn
Abgeordneten Dr. Stummvoll, die Dringliche Anfrage zu eröffnen. Sie
ist inzwischen allen Abgeordneten zugegangen, eine Verlesung durch den Schriftführer
erübrigt sich.
Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:
Dringliche Anfrage
der Abgeordneten
Dr. Stummvoll, Mag. Molterer und KollegInnen an den Bundesminister
für Finanzen betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer
Ende letzter Woche
hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) in ihrer Herbstvorschau die
Wachstumsprognose der österreichischen Wirtschaft für 2006 deutlich
erhöht und rechnet nun mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) um 3,2 Prozent. Im Juni waren die Notenbankexperten noch von
einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent ausgegangen.
Die OeNB ist damit
optimistischer als der Internationale Währungsfonds (IWF) und die
österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute. Der IWF erwartet laut
seiner Mitte letzter Woche veröffentlichten Prognose ein Wachstum für
Österreich von 2,8 Prozent (nach zuvor 2,2 Prozent). Es ist zu
erwarten, dass die beiden großen Forschungsinstitute
Österreichs, WIFO und IHS, diese Erwartungen in ihrer Herbstprognose 2006,
die Anfang Oktober präsentiert wird, bestätigen werden.
Laut einer Studie
des IHS von Ende Juli wird die österreichische Wirtschaft im Zeitraum
2006 bis 2010 um durchschnittlich 2,2 % pro Jahr und damit um ¾ Prozentpunkte
höher wachsen als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.
Einer der
Gründe für dieses überdurchschnittliche Wachstum ist die von
dieser Bundesregierung umgesetzte Steuerentlastung mittels der
Steuerreform 2004/2005 mit einem Gesamtvolumen von über 3 Mrd. Euro.
Besonders niedrige Einkommensbezieher, Familien und der Mittelstand
profitierten in erster Linie davon. Von 5,9 Millionen Steuerpflichtigen
zahlen 43 Prozent überhaupt keine Lohn- und Einkommenssteuer mehr.
Infolge der Senkung der Körperschaftssteuer von 34 % auf 25 %
für Kapitalgesellschaften und infolge der steuerlichen Entlastungen
der Personengesellschaften mittels des KMU-Paketes Mitte 2006 wurden
und werden tausende Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen.
Der Konjunkturmotor
Nr. 1 ist der Export: Österreich ist Exporteuropameister, denn seit
dem Jahre 2000 sind die Warenexporte um 44 % gestiegen - so hoch
wie in keinem anderen Land Europas. Bereits jeder zweite österreichische
Arbeitsplatz wird durch Exporte gesichert. Jeder zusätzliche
Prozentpunkt an Exportwachstum schafft zusätzlich 7.000 Arbeitsplätze
bzw. trägt zur Sicherung dieser Arbeitsplätze bei. Mitte dieses Jahres
wurde zudem auch die 100 Mrd. Euro-Schallmauer bei den Exporten durchbrochen.
Dieser starke Exportanstieg führt seit dem Jahre 2004 auch zu einer
positiven Leistungsbilanz. 2005 erreichte Österreich ein
Leistungsbilanzergebnis von +3 Mrd. Euro (1,2% des BIP) und damit im
Euroraum-Vergleich (-0,3%) ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis.
Im aktuellen World
Competitiveness Yearbook konnte sich der Wirtschaftsstandort Österreich
im Gesamtranking wieder um 4 Ränge verbessern und liegt nun im
Jahr 2006 auf dem 13. Platz von insgesamt 61 geographischen Einheiten
(d.h. Länder und Regionen).
In der Wettbewerbsfähigkeit,
gemessen an den Strukturindikatoren, belegt Österreich hinter
Dänemark und Luxemburg laut Lissaboner Scoreboard des Londoner Zentrums
für Europäische Reform (CER) den 3. Platz.
Auch in der
Kaufkraft pro Kopf, gemessen am BIP, ist Österreich das viert-reichste
EU-Land (hinter Luxemburg, Irland und Dänemark) und liegt mit 23 %
weit über dem EU-Durchschnitt.
Ein weiterer
wesentlicher Schritt soll im Rahmen der Bürokratiekostensenkung für
Unternehmen gesetzt werden, wobei das niederländische „Standard
Cost Model“ als Vorbild herangezogen werden soll. Die gesetzlichen
Informationsverpflichtungen verursachten in den Niederlanden für die
Unternehmen Kosten in Höhe von 16 Mrd. Euro. Eine Senkung um
4 Mrd. Euro soll erzielt werden – 1,4 Mrd. Euro wurden
bereits erreicht. Umgelegt auf die österreichische Volkswirtschaft
bedeutet dies grob geschätzte Gesamtkosten der Unternehmen in Höhe
von 8 Mrd. Euro und ein Einsparungspotential von rund 2 Mrd.
Euro.
Auch bei der
Budgetsanierung hat das „Unternehmen Österreich“ eine
Vorbildfunktion. Im Jahre 2000 wurde eine auf Schuldenpolitik aufbauende
Budgetpolitik übernommen. Durch eine Änderung der Budgetpolitik
konnte bereits in den Jahren 2001 und 2002 ein ausgeglichenes Budget erzielt
werden. Die so erreichte Stabilisierung der öffentlichen Finanzen bildete
die Voraussetzung für die große Steuerreform 2004/2005. Trotz dieser
Steuerreform in Höhe von 3 Mrd. Euro konnte im Jahre 2005 mit einem
gesamtstaatlichen Defizit von 1,5 % ein im Vergleich zu unseren Nachbarländern
(Durchschnitt der Eurozone: -2,8 %) hervorragender Budgetvollzug
erzielt werden.
Das Ziel der
Bundesregierung, die Abgabenquote bis 2010 auf 40 % zu senken wurde
bereits erreicht. Für die kommende Legislaturperiode plant die Bundesregierung
einen Impuls, der deutlich unter 40 % führt.
Demgegenüber
zielt die Politik der SPÖ mehr auf eine Belastung und nicht auf eine
Entlastung der Bürger ab.
So forderte die
SPÖ u. a. wiederholt eine deutliche Erhöhung der Krankenversicherungshöchstbeitragsgrundlage
auf 5.000 Euro pro Monat, die sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber
zu gleichen Teilen trifft (insgesamt 420 Mio.). Auch die
SPÖ-Forderung der Miteinbeziehung von Mieterlösen in die
Sozialversicherung würde zu einer Verteuerung der Mieten führen.
Darüber
hinaus droht dem österreichischen Steuerzahler auch eine Belastung infolge
der Rettung der BAWAG vor der Insolvenz. So hat die Bundesregierung im Mai 2006
nicht gezögert und rasch die notwendigen Maßnahmen zur
Stabilisierung und Stärkung des Finanzplatzes Österreich und zur
Rettung der BAWAG getroffen: Das Bundesgesetz betreffend die
Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG-P.S.K. stellt zur
Sanierung des Kreditinstituts eine Haftung des Bundes bis zu einem Höchstbetrag
von 900 Mio. Euro, befristet bis 1. Juli 2007, sicher.
Korrespondierend
zur Haftungsvereinbarung des Bundes mit der BAWAG-P.S.K. wurde mit dem
Eigentümer ÖGB eine Vereinbarung getroffen, wonach im Haftungsfall
zunächst der ÖGB leistungspflichtig ist, wobei diese Leistungen nicht
dazu führen dürfen, dass der ÖGB insolvent wird. Vereinbart
wurde unter anderem die Offenlegung der Vermögensverhältnisse des
ÖGB einschließlich des Vermögens der Teilgewerkschaften.
Die Veröffentlichung der ÖGB-Bilanz durch die ÖGB-Spitze unter
Hundstorfer lässt nach wie vor auf sich warten, ebenso wie die
Offenlegung des Vermögens des ÖGB, die im „BAWAG P.S.K. -
Zukunftssicherungsgesetz“ bis zum 31. Mai 2006 zugesichert wurde. Es
stellt sich die Frage, warum
diese – vor allem im Interesse des Steuerzahlers liegende -
Aufklärung noch immer nicht erfolgt ist und anscheinend mutwillig
hinausgezögert wird. Der Verdacht einer wahltaktischen Vorgangsweise liegt
nahe.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen folgende
Anfrage:
1. Die
SPÖ-Finanzminister der letzten 30 Jahre haben dieser Bundesregierung
einen enormen Schuldenberg aufgrund jahrzehntelanger Defizitpolitik
hinterlassen. Wann haben diese mit dem „Unternehmen
Österreich“ einen Überschuss erwirtschaftet? Wieviel an Zinsen
müssen jährlich für den überlassenen Schuldenberg gezahlt
werden?
2. Die
SPÖ gibt vor, in einer zukünftigen Regierung den privaten (500 Euro
Entlastung) und betrieblichen Mittelstand entlasten zu wollen. Welche
Maßnahmen hat diese Bundesregierung bereits zur Entlastung dieser
Gruppen umgesetzt?
3. Die
SPÖ fordert einerseits eine Entlastung des Mittelstandes andererseits aber
eine massive Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage der
Kranken¬versicherung. Die Grünen fordern eine Erhöhung der
Mineralölsteuer auf Diesel. Beide Parteien sprechen sich jedoch gegen eine
Abschaffung der Erbschafts-/ und Schenkungssteuer aus. Wie beurteilen Sie diese
Vorschläge der Opposition und mit welchen Auswirkungen wäre zu
rechnen?
4. Was sind
für Sie die wesentlichen Pfeiler einer zukünftigen Steuerreform und
wann soll diese umgesetzt werden?
5. Wie viele
Mittel wurden im Jahre 1999 für die Arbeitsmarktpolitik ausgegeben –
wie viele im Jahr 2006? Wie haben sich diese Investitionen in den Arbeitsmarkt
im EU-weiten Vergleich der Arbeitsmarktdaten ausgewirkt?
6. Wie hat
sich Österreich im internationalen Vergleich als Wirtschaftsstandort nunmehr
positioniert? Welche Bilanz können Sie für das „Unternehmen
Österreich“ ziehen?
7. Im
finanzpolitischen Skandal der BAWAG
betreffend entstand dem Österreichischen Gewerkschaftsbund ein
Schaden von mehr als 3 Milliarden Euro. Das Gehalt wie vieler Arbeitnehmer
könnte ein Jahr lang damit bezahlt werden?
8. Wie hoch
war die Abfertigung des ehemaligen Generaldirektors der BAWAG und
SPÖ-Mitglieds, des inzwischen inhaftierten Helmut Elsner, und wie lange
muss ein durchschnittlicher Verdiener dafür arbeiten?
9. Der
Vorsitzende des Personenkomitees für Alfred Gusenbauer, Ex-SPÖ-Bundeskanzler
Vranitzky, hat in einem Format-Interview bestätigt, 1 Million Schilling
für Beratungen rund um die Euro-Einführung bis 2000 von Wolfgang
Flöttl erhalten zu haben. Wann war diese?
10. Können
Sie ausschließen, dass Gelder vom Eigentümer der BAWAG, dem
Österreichischen Gewerkschaftsbund, an die Fraktion
Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) geflossen sind?
In formeller
Hinsicht wird beantragt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2
GOG-NR dringlich zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur
Begründung zu geben.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll, Sie sind am Wort. Sie haben 20 Minuten Redezeit.
15.00
Abgeordneter Dkfm. Dr.
Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Herr
Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir alle
können in den letzten Tagen und Wochen ein interessantes Phänomen im
Wechselspiel zwischen Politik und Wirtschaft feststellen. In der Politik ist,
bedingt durch den 1. Oktober, ein Stil eingerissen, wo durch Ausdrücke
wie „Krebsgeschwür“ und Ähnliches und durch eine
unglaubliche mediale Kampagne, wo getrommelt wird, der Bundeskanzler lüge,
ein absoluter Tiefpunkt erreicht wurde, wo von der Opposition alles
schlechtgemacht und zerzaust wird. Wenn ich mir aber die Wirtschaft anschaue,
dann sehe ich, dass von dort ständig Erfolgsmeldungen kommen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)
Vor wenigen Tagen sagte die Notenbank, das Wirtschaftswachstum sei wesentlich höher als erwartet, und prognostizierte 3,2 Prozent. Vom Arbeitsmarkt hören wir: Trendwende am Arbeitsmarkt, Beschäftigungsrekord! Von der Exportfront hören wir: Österreich ist Export-Europameister. Kein Land in Europa hat in den letzten Jahren die Exporte so gesteigert wie Österreich. Export ist heute ein wichtiger Garant für Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit. Eine Steigerung von 70 Milliarden € auf heuer voraussichtlich 100 Milliarden €, das ist eine Steigerung von 44 Prozent.
Von der Wirtschaft hören wir also ständig Erfolgsmeldungen, in der Politik hören wir von der Opposition, alles sei schlecht, alles wird miesgemacht, alles sei negativ.
Ich muss natürlich fragen: Wie entsteht es, dass etwa die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt: „Österreich, du hast es besser!“, dass die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt: „Österreich: ein Erfolgsmodell“?
Wie kommt das alles, meine Damen und Herren? – Natürlich ist es primär der Fleiß, der Arbeitseinsatz, die Motivation unserer Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Wir haben tolle Unternehmer, die in manchen Nischen Weltspitze sind. Wir haben unglaublich motivierte Mitarbeiter: In allen Rankings weltweit kommt Österreich auf Platz 1, was die Mitarbeitermotivation betrifft.
Aber, meine Damen und Herren, gibt es irgendjemanden in diesem Hohen Haus, der sagen würde, Herr und Frau Österreicher waren vor dem Jahr 2000 weniger fleißig, weniger arbeitsam, haben sich weniger eingesetzt? – Ich denke, das behauptet niemand hier, auch die Opposition nicht.
Es muss etwas Zweites auch noch geben, meine Damen und Herren, und das sind die Rahmenbedingungen, die diese Regierung für die Wirtschaft, für den Standort Österreich, für Arbeitsplätze und Einkommen in Österreich geschaffen hat. Das lässt sich nicht bestreiten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
In der Tat schaffte der politische Wechsel im Frühjahr 2000 in hohem Ausmaß diese Wende, auch eine unglaubliche Wende in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. (Abg. Dr. Jarolim: Eine Wende zum Negativen!) Nach 30 Jahren sozialistisch dominierter Bundesregierungen, sozialistischer Bundeskanzler, Finanzminister, mit einer ständigen Deficit-spending-Politik – sagen wir ganz volkstümlich Schuldenpolitik, kombiniert mit Belastungspolitik – erfolgte eine Kurskorrektur in dreifache Richtung:
Erstens: Stabilität im Staatshaushalt – Grundvoraussetzung jeder erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Stabilität im Staatshaushalt, das heißt, über den Konjunkturzyklus ein ausgeglichenes Budget. Vergleich der Jahre 2000 bis 2006 – durchschnittliches Budgetdefizit von 1,1 Prozent, bedingt durch die größte Steuerreform in der Geschichte der Zweiten Republik. Sechs Jahre davor: 3,6 Prozent im Durchschnitt, also ein dreimal so hohes Budgetdefizit. – Das heißt, Stabilität im Staatshaushalt als eine von drei wichtigen strategischen Zielsetzungen.
Der zweite Punkt: Entlastung der Bürger und der Betriebe. Meine Damen und Herren, von einer Abgabenquote von 44,8 Prozent auf heuer 40,7 Prozent zu kommen, ist eine gewaltige Leistung (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ) und wurde nur ermöglicht, weil wir gleichzeitig durch ausgabenseitige Reformen auch den Spielraum für diese Senkungen geschaffen haben.
Und die dritte Zielsetzung: Investitionen in Wachstum, Beschäftigung, Zukunft. Das heißt Infrastruktur, das heißt Forschung und Entwicklung, das heißt Bildung.
Meine Damen und Herren, dieser Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik wurde erst durch die politische Wende im Jahre 2000 ermöglicht!
Das ist in Wirklichkeit der Grund, warum wir heute aus dem letzten Drittel im EU-Ranking in das oberste Drittel gekommen sind und dass heute Journalisten aus der Schweiz, aus Deutschland, aus Belgien kommen und fragen: Wie macht ihr das eigentlich in Österreich? Wieso seid ihr plötzlich so gut? – Wir sagen immer: Naja, gar so gut sind wir nicht, wir haben auch noch Herausforderungen vor uns. – In der Tat können wir aber stolz sein auf diese Leistungsbilanz, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Sehr überzeugt haben Sie damit offenbar nicht, Ihre eigenen Leute! – Ruf bei der ÖVP: Jarolim!)
Herr Kollege Jarolim, je schwächer die Argumente, desto
lauter die Zwischenrufe! Das kennen wir schon, dieses Verhalten. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Unser Thema ist Entlastung. Lassen Sie mich ein paar Worte zur Steuerreform sagen!
Meine Damen und Herren, schauen wir uns die Steuerreform an: Sie war die größte Steuersenkung in der Geschichte der Zweiten Republik, mit zwei großen Zielgruppen: Arbeitnehmern und Familien auf der einen Seite, Wirtschaftsstandort auf der anderen Seite. Sie haben diese Steuerreform abgelehnt. Was hat uns diese Steuerreform gebracht? – Schauen wir uns ein paar Punkte an: Alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, Monatseinkommen 1 500 € brutto. Steuerliche Entlastung: 770 € pro Jahr netto. Also, 10 000 S weniger Steuerleistung für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern. Ein beachtlicher Erfolg dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Oder schauen wir uns die Zahl jener an, die an sich lohnsteuerpflichtig wären, aber gar keine Lohnsteuer mehr zahlen: Es gibt 5,9 Millionen an sich Lohn- und Einkommensteuerpflichtige. Davon zahlen 2,5 Millionen Menschen überhaupt keine Lohnsteuer mehr; das sind 42 Prozent aller Steuerpflichtigen, die nach dieser Steuerreform überhaupt keine Lohnsteuer mehr zahlen, meine Damen und Herren.
Wir haben mit diesen zwei Etappen der Steuerreform 300 000 zusätzliche Personen aus der Steuerpflicht herausgenommen – ein unglaublicher Erfolg einer Steuerpolitik, die sagt: Mehr Geld in der Hand des Bürgers und weniger Geld in der Hand des Staates! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Nehmen wir den zweiten großen Schwerpunkt, den Wirtschaftsstandort. Wirtschaftsstandort heißt Arbeitsplätze, heißt Einkommenschancen und heißt letztlich soziale Sicherheit. Denn wer nicht wirtschaften kann, kann auch nicht sozial sein! Gegen diese Grundformel kann man eigentlich auch vonseiten der Opposition nichts sagen, auch wenn hier wieder versucht wird, das ein bisschen zu verschleiern. Wer die Wirtschaftskompetenz hat, hat auch die Arbeitsplatzkompetenz, meine Damen und Herren, und hat auch die Kompetenz für soziale Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich kann Ihre Nervosität verstehen, meine Kollegen von der Oppositionsseite. Wenn ich heute das „NEWS“ lese und darin lese, dass Herr Beutelmeyer, Meinungsforscher, sagt, die Führungskompetenz eines gewissen Herrn Gusenbauer ist „niederschmetternd“, er hat „inferiore Werte“ – das steht heute in „NEWS“: inferiore Werte, was die Führungskompetenz des Alfred Gusenbauer betrifft –, dann kann ich Ihre Nervosität (Abg. Bures: Was glauben Sie, wie Ihre Werte sind?) und Ihre lauten Zwischenrufe verstehen, Frau Kollegin! Ich verstehe das ja, denn zehn Tage vor der Wahl zu lesen, dass der Spitzenkandidat niederschmetternde Werte, inferiore Werte hat, ist ja ein Worst-case-Szenarium, zehn Tage vor einer Wahl, Frau Kollegin! (Abg. Bures: Sie zittern!) Das können Sie auch mit lauten Zwischenrufe nicht wiedergutmachen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Bleiben wir eine Sekunde bei der Steuerreform. IHS, Institut für Höhere Studien, hat nachgewiesen: 1,3 Milliarden € an Entlastungen nur für Klein- und Mittelbetriebe, genau für jenen Bereich unserer Wirtschaft, der letztlich die Basis ist. 90 Prozent unserer Betriebe haben weniger als 20 Mitarbeiter – und die sichern Arbeitsplätze. Das haben Sie erst wenige Monate vor der Wahl erkannt – scheinbar erkannt. Ich komme auf Ihre Vorschläge zur Steuerpolitik dann noch zu sprechen.
1,3 Milliarden € an Entlastung für die Klein- und Mittelbetriebe! Einführung einer Gruppenbesteuerung, die Sie so bekämpfen. Fragen Sie Ihre langjährige SPÖ-Vizebürgermeisterin in Villach – inzwischen Finanzchefin von Infineon in Klagenfurt –, was sie heute gesagt hat. Was hat sie gesagt? – Die Gruppenbesteuerung bringt dreimal so viel, wie sie kostet! – Meine Damen und Herren, was ist mit Ihren Wirtschaftskonzepten, was ist mit Ihren Konzepten? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich kann schon sagen, was das ist: Gestern habe ich einen schönen Sager gehört. (Abg. Dr. Kräuter: Schüssel hat auch einen schönen Sager gesagt!) Da hat ein Wirtschaftsfachmann gesagt, die SPÖ sei wirtschaftspolitisch schon gefährlich, auch wenn sie noch gar nicht in der Regierung ist. (Heiterkeit des Abg. Mag. Molterer.) Das ist ein starker Sager, Herr Kollege Broukal, aber er stimmt (Abg. Broukal: Ich habe auch einen schönen Sager gehört: von den Emanzen, die flachliegen!): Falsche Konzepte führen zu echten Pleiten. Ihre falschen Konzepte führen zu echten Pleiten! Sie kennen die Beispiele. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich brauche die Beispiele nicht anzuführen. „Konsum“: größte Handelspleite in der Geschichte der Zweiten Republik, 17 Milliarden Schulden, 5 000 Arbeitsplätze weg. Verstaatlichte Industrie: größte Industriepleite in der Geschichte der Zweiten Republik, 120 Milliarden Schilling Schulden, 50 000 Arbeitsplätze weg. Bank Burgenland, jetzt die BAWAG: 3 Milliarden €.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Fällt Ihnen bei „3 Milliarden €“ etwas auf? (Abg. Dr. Matznetter: ... den Herrn Taus!) Das ist der gleiche Betrag, den Ihre Spitzenfunktionäre von der Gewerkschaftsseite in der Karibik versenkt haben: 3 Milliarden €!
Meine Damen und Herren, ich habe den Kollegen Fritz Neugebauer gefragt, was der durchschnittliche monatliche Gewerkschaftsbeitrag ist. Er hat gesagt, so ungefähr 20 € pro Monat.
Wenn man das jetzt umrechnet, dann heißt 3 Milliarden €, dass 15 Jahre lang jeden Monat 1,5 Millionen Gewerkschaftsmitglieder ihren Beitrag gezahlt haben und der Beitrag von 15 Jahren weg ist. (Abg. Mag. Molterer: 15 Jahre!) Das ist unsozial, meine Damen und Herren! Das ist genauso unsozial wie eine Pensionskürzung um 70 Prozent. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Das ist genauso unsozial wie eine Kürzung der Witwenpension um 50 Prozent, meine Damen und Herren.
Übersehen Sie das nicht! Sie, die immer behaupten, Sozialkompetenz zu haben, haben sie inzwischen verloren. Ich denke, das erleben jene ÖGB-Mitarbeiter, jene BAWAG-Angestellten, die heute in diesem Schlamassel drinnen sind.
Meine Damen und Herren, wir führen keinen BAWAG-Wahlkampf, wir führen einen Positiv-Wahlkampf (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), aber Sie aus dieser Verantwortung herauszulassen, wäre grob fahrlässig, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Jarolim: Der Witz des Tages!) Diese Verantwortung können Sie nicht ablehnen.
Ihre Strategie besteht darin, zu sagen: Das waren ein paar kriminelle Manager. – Bitte, wer hat denn diese ausgesucht? Wer war denn der Eigentümervertreter? Wer war der Aufsichtsratsvorsitzende nach Aktiengesetz? (Abg. Riepl: Der Neugebauer war auch dabei! – Abg. Schöls – in Richtung des Abg. Riepl –: Jetzt auf einmal!) Die haben diese jetzt von Ihnen als korrupt Bezeichneten alle eingesetzt, Herr Kollege Riepl. Das ist Eigentümerverantwortung! Der ÖGB hat als Eigentümer völlig versagt, meine Damen und Herren! Sich jetzt abzuputzen – so einfach ist das nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ein Wort noch zum ÖGB. Ich kenne Clemens Schneider
schon lange, schon aus der Zeit, bevor er Finanzreferent des ÖGB wurde. Ich habe unlängst gelesen, dass
er gesagt hat: Den sagenumwobenen Streikfonds hat es nie
gegeben. – Ja, meine Damen und Herren Spitzengewerkschafter, Richard
Leutner, Csörgits und so weiter: Den hat es nie gegeben? (Abg. Mag. Molterer: Hört!
Hört! – Gegenruf des Abg. Dr. Jarolim.)
Ich kann mich an viele ÖGB-Bilanzen erinnern, wo jedes Jahr drinnen stand: Zuwendung an den Solidaritätsfonds – 25 Millionen Schilling. Immer der gleiche Betrag. Ja,
wenn es das nicht gegeben hat: Wo ist das Geld? (Abg.
Dr. Fekter: Wo ist denn das hingekommen?) Herr Kollege Riepl,
kommen Sie heraus und erklären Sie uns das! Wo sind die 25 Millionen
Schilling, die jedes Jahr, Jahr für Jahr zugewiesen
wurden? –Den hat es gar nicht gegeben, heißt es
plötzlich. Also, was Sie mit Ihren Mitgliedern aufführen, meine
Damen und Herren von der Gewerkschaft – 1,4, früher waren es
1,5 oder 1,6 Millionen Mitglieder –, ist derart unsozial, dass
es eigentlich meine fürchterlichsten Befürchtungen übersteigt.
Kein Streikfonds,
3 Milliarden € in der Karibik versenkt (Abg. Dr. Fekter: Verrat an den Arbeitern!) –
also Gott behüte, dass Sie jemals an die Regierung kommen, meine Damen
und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von
Freiheitlichen – BZÖ.)
Wolfgang Flöttl hat gestern vor dem Staatsanwalt – das war auch in Interviews in der „ZiB“ um 13 Uhr und in der „ZiB 2“ zu hören – penibel nachweisen können, dass er aus seinem Bilderverkauf an viele Stiftungen und Bankkonten 240 Millionen € überwiesen hat. (Abg. Riepl: Was der Taus beim Herrn Elsner wollte, das wäre interessant!) Die heutigen BAWAG-Manager sagen – und ich habe große Hochachtung vor dem Kollegen Nowotny, der jahrelang bei uns im Parlament war –: Eingelangt sind gerundet 200 Millionen €. – Das heißt, es fehlen 40 Millionen €. Wohin sind diese 40 Millionen € geflossen? Wohin sind 25 Millionen Schilling Zuweisung an den Streikfonds jährlich verschwunden, meine Damen und Herren?
Ich habe fast die Befürchtung, Herr Kollege Riepl, dass wir noch nicht einmal den ganzen Eisberg erkennen können, von dem, was da passiert ist. In diesem roten Filz, meine Damen und Herren, steckt ein derartiger Skandal drinnen, der alle unsere negativsten Vorstellungen übersteigt. Und Sie haben die Verantwortung, Sie haben die Hauptverantwortung dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich verstehe Ihre Zwischenrufe. (Abg. Oberhaidinger: Neugebauer!) Noch einmal: Es ist wahnsinnig unangenehm – ich möchte nicht in Ihrer Lage sein! –, dass wenige Tage vor einem wichtigen Wahlgang nachgewiesen und vom Handelsgericht Wien bestätigt wird (Abg. Dr. Matznetter: Dass der Herr Taus ...!), der Ausspruch „Die Gusenbauer-SPÖ kann nicht wirtschaften“ ist richtig. – Das ist keine Kreditschädigung! Sie können wirklich nicht wirtschaften, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) – Handelsgericht Wien, nicht ÖVP-Pressedienst: Die Gusenbauer-SPÖ kann nicht wirtschaften!
Ich habe es früher schon gesagt: Das Problem der SPÖ ist, solange sie in der Opposition ist, kann sie zwar auch via BAWAG 3 Milliarden € in der Karibik versenken, aber sie kann im Staat noch keine Pleiten verursachen. Wenn Sie in die Lage kämen, wieder Regierungsverantwortung zu tragen, dann führten Ihre falschen Konzepte immer wieder zu echten Pleiten! Das lässt sich mit vielen Beispielen nachweisen.
Wir sagen daher dem Wähler: Keine Experimente,
Fortsetzung dieses erfolgreichen Kurses der Regierung Schüssel!
Fortsetzung der erfolgreichen Finanzpolitik
von Karl-Heinz Grasser und Alfred Finz, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. –
Abg. Silhavy: Fortsetzung der Arbeitslosigkeit!) Wir müssen das
dem Wähler sagen! Wir müssen ihn vor einer Politik warnen, die durch
Defizite, Belastung, Verschuldung gekennzeichnet ist, meine sehr geehrten
Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich könnte jetzt viele Beispiele anführen, wo ich nachweisen könnte, wie sehr diese Wirtschaftspolitik der Regierung alle wirtschaftlichen Kennzeichen umgedreht hat. Ich habe mir da ein Zitat eingesteckt, hoffentlich finde ich das jetzt. Da hat es in der letzten Nummer des Wirtschaftsmagazins „Gewinn“ ein sehr schönes Zitat von Herausgeber
Georg Waldstein gegeben, meine Damen und Herren. Es ist ein bisschen länger, aber ich lese es ausnahmsweise vor. Ich zitiere:
„Würde unser Land, wie bisweilen propagiert, tatsächlich wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden, wären wir eine „Österreich AG“, dann würde der 1. Oktober 2006 ein Tag wie jeder andere sein. Ohne viel Aufhebens würde zu diesem Termin die Amtszeit des gegenwärtigen Vorstands um weitere vier Jahre verlängert werden, denn zu eindeutig erschiene die vorgelegte Erfolgsbilanz:“ (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Nur ein paar Beispiele. Ich zitiere weiter:
„Die Kaufkraft jedes Österreichers liegt derzeit um 23 Prozent über dem EU-Durchschnitt; Österreich ist hinter Luxemburg, Irland und Dänemark das viertreichste Land der EU, weit vor Frankreich, Deutschland oder Italien.“ – Bravo, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das viertreichste Land der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Nächster Punkt der Erfolgsbilanz der Regierung:
„Seit 2001 sank die Steuer- und Abgabenquote in Österreich von 44,8 Prozent des BIP auf gegenwärtig 40,6 Prozent. Die Schulen der öffentlichen Hand sanken im selben Zeitraum von 66,3 auf 62,3 Prozent“. – Bravo, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erfolg dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich lese nicht alles vor. Zwei Punkte vielleicht noch:
„Die nach wie vor zu hohe Arbeitslosenquote wird im EU-Vergleich deutlich relativiert, denn hier steht es 4,8 Prozent in Österreich gegen acht im EU-Durchschnitt.“ – Bravo, meine Damen und Herren! Jeder Arbeitslose ist einer zu viel, da sind wir uns sofort einig. Aber halb so hoch wie im EU Durchschnitt!
Herr Kollege Riepl, was sagen Sie dazu? – Da sind Sie sprachlos. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Bravo der Regierung für diese Arbeitsmarktpolitik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Der nächste Punkt – das ist alles nicht ÖVP-Pressedienst, das ist alles Wirtschaftsmagazin beziehungsweise dessen Herausgeber –:
„Die Zahl der in Österreich unselbständig Beschäftigten bedeutet mit 3,3 Millionen einen neuen Rekord, gemeinsam mit Selbständigen und Landwirten stehen 4 Millionen Österreicher im Erwerbsleben.“ – 4 Millionen Österreicher im Erwerbsleben, meine Damen und Herren! Bravo dieser Regierungspolitik, meine Damen und Herren. Bravo, Herr Kollege Riepl! Sie sollten das anerkennen. Machen Sie das Land nicht schlecht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Machen Sie die Mitarbeiter nicht schlecht! Die wollen arbeiten und die wollen zum Teil auch Teilzeit arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Wir haben das heute in der Diskussion in der Aktuellen Stunde schon besprochen. Jahrelang haben wir die Wirtschaft gebeten: Bitte, bitte, bietet auch Teilzeitbeschäftigungsplätze an, weil die Nachfrage da ist! – Jetzt sagt ihr plötzlich: Na, das sind ja keine vollwertigen Arbeitsplätze.
Ich habe unlängst den Personalchef von Philips in Österreich gefragt: Ich möchte einmal wissen, bei wie vielen Teilzeitangeboten geht die Initiative vom Unternehmen aus und für wie viele geht sie vom Mitarbeiter aus? – Er hat mir gesagt, bei 95 Prozent der Teilzeitplätze geht die Initiative vom Mitarbeiter aus – diese wollen Teilzeitbeschäftigung! –, bei 5 Prozent geht sie vom Unternehmen aus. Ein Erfolg dieser Bundesregierung, dass wir auch die Teilzeitarbeit gefördert haben – was Sie auch immer gefordert
haben, nur jetzt passt es Ihnen nicht, weil es eine stolze Erfolgsbilanz ist! Auch das haben wir bewältigt, auch da haben wir für die Frauen Arbeitsplätze geschaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich könnte die Liste noch lange
fortsetzen. Faktum ist: Allein die Erfolgsbilanz dieser Bundesregierung
würde eigentlich schon bedeuten, dass dieser erfolgreiche Kurs die
nächsten vier Jahre fortgesetzt werden kann. (Abg. Gradwohl:
„Leider“ gibt es eine Wahl dazwischen!)
Dazu kommen noch – zweitens – die Spitzenkandidaten. Ich zitiere meinen Landeshauptmann: Der Vergleich ist der Vergleich zwischen Meister und Lehrling.
Ich zitiere noch einmal „NEWS“: Verheerende Ergebnisse, was die Führungskompetenz betrifft. „Inferiore Werte“, erschütternd, „niederschmetternd“, meine Damen und Herren.
Und schauen Sie das Team an, schauen Sie Karl-Heinz Grasser an! Wo haben Sie etwas Vergleichbares? Na, glauben Sie, Kollege Matznetter ist das, den ich durchaus schätze? Aber, Herr Kollege, das kann es nicht sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Na geh! Hör auf! – Zwischenruf der Abg. Bures.)
Oder Sepp Pröll, dem es gemeinsam mit Karl-Heinz Grasser gelungen ist, die Mittel für den ländlichen Raum nicht, wie es Gusenbauer gefordert hat, auf die Hälfte zu reduzieren, sondern sie sogar noch zu steigern. Darum haben wir diesen Aufschwung in den ländlichen Regionen – mein Kollege Fritz Grillitsch wird dann noch darauf zurückkommen –, darum haben wir diese Aufbruchstimmung!
Wenn ich Ihnen meinen Terminkalender der letzten zwei Wochen
zeigte – Eröffnung da, Spatenstich dort, Eröffnung
da –, würden Sie sehen, dass eine unglaubliche Aufbruchstimmung
herrscht. (Abg. Bures: Waren Sie auch beim Herrn Taus?)
Frau Kollegin, halten Sie Ihre negative Energie ein bisschen zurück! Machen Sie lieber bessere Konzepte! Wählen Sie einen anderen Spitzenkandidaten, dann würde es Ihnen wahrscheinlich besser gehen! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war ein saftiger Rohrkrepierer!)
15.20
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.
15.20
Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Günter Stummvoll hat die Finanz- und Wirtschaftspolitik angesprochen. Wenn ich die letzten Wochen, eigentlich Monate die Auseinandersetzungen hier im Hohen Haus in den letzten Parlamentsdiskussionen Revue passieren lasse, dann ist mein Eindruck, die Regierung stellt Leistungen dar, die wir in den letzten sechs Jahren erreichen konnten, und auf der anderen Seite – auch heute am Vormittag – kommt der Vorwurf der Oppositionsparteien, die Bundesregierung würde Schönfärberei betreiben, die Bundesregierung würde alles schönreden, schönfärben.
Ich möchte das so nicht stehen lassen, ich möchte Ihnen sagen: Erstens, Österreich muss man nicht schönreden, muss man nicht schönfärben, sondern Österreich ist schön. Es geht uns gut in Österreich, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Zweitens ist es völlig klar: Jeder von uns will Wahlen gewinnen – das soll in einer Demokratie so sein. Wenn Sie dann sagen, Günter Stummvoll wird eher die Regierungs-
arbeit loben, der Finanzminister wird eher die Regierungsarbeit loben, dann sage ich: Einverstanden! Das tun wir so, wie Sie die Rolle der Kritiker üben. Keine Frage. So soll es auch sein in einer Demokratie.
Ich möchte aber aufgreifen, was Herr Abgeordneter Stummvoll gesagt hat. Wenn das so wäre, wie Sie sagen – es wird alles schöngefärbt und es ist in Wirklichkeit nicht so toll –, meine Damen und Herren von der Opposition, dann frage ich Sie: Warum ist es so, dass der „Focus“, ein deutsches Magazin, schreibt: „Felix Austria“ – glückliches Österreich? Warum ist es so, dass das deutsche „manager magazin“ schreibt: „Österreich – das bessere Deutschland“? Warum ist es so, dass der „stern“ geschrieben hat: „Österreich“ ist „Spitze“?
Warum ist es so, dass die Zeitungen, die Günter Stummvoll als Beispiele gegeben hat – „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Neue Zürcher Zeitung“, „Financial Times“ –, über das Erfolgsmodell Österreich schreiben? – Ich kann mir nicht vorstellen, dass all diese internationalen Zeitungen sagen, Sie wollen unbedingt den Bundeskanzler Schüssel in Österreich weiter verlängern, und dass sie irgendwie parteipolitisch agieren würden. Ich denke, es ist eher so, dass sie sagen: Objektiv hat sich Österreich in den letzten Jahren offensichtlich so gut entwickelt, dass wir eine internationale Presse haben, wie wir sie über Jahre und Jahrzehnte nicht gehabt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich frage, meine Damen und Herren: Warum wird uns von den europäischen Wachstumsunternehmen der Preis für die beste Finanz- und Wirtschaftspolitik im Jahr 2004 verliehen? Warum ist das so? Weil sie uns unbedingt loben müssen und sagen müssen: Die österreichische Bundesregierung, der Finanzminister machen einen so guten Job, wir müssen euch unterstützen!? – Das glaube ich nicht. Vielleicht weil sie sagen: Im internationalen Vergleich, im europäischen Vergleich macht ihr es einfach ganz gut.
Um auf eine andere Ebene der Diskussion zu gehen: Im Jahr 1999 gab es 18 800 Deutsche in Österreich, die in Österreich gearbeitet haben und gesagt haben, sie verdienen hier ihr Geld, sie kriegen hier einen Job, es ist besser in Österreich zu arbeiten als in Deutschland. Ich frage Sie: Warum ist es so, dass wir heuer mehr als 53 000 deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich haben und diese offensichtlich sagen, in Österreich geht es ihnen besser als in Deutschland?
Überlegen Sie: Wer ist interessiert am Standort Österreich? Wer überlegt, in Österreich zu investieren? Auch hier zwei Zahlen: Im Jahr 1999 hat es 500 Anfragen von deutschen Unternehmen gegeben, die gesagt haben: Wir überlegen uns, nach Österreich zu gehen. (Abg. Dr. Matznetter: Aber niemand ist gekommen!) – 1999 mag niemand gekommen sein, heute sicher, Herr Abgeordneter, daran brauchen Sie keinen Zweifel zu haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Im Jahr 1999 gab es also 500 Anfragen. Im Jahr 2005 gab es 1 084 Anfragen, das sind mehr als doppelt so viele, aus Deutschland. (Abg. Dr. Matznetter: Keiner gekommen!) Bis August des heurigen Jahres gab es 1 157 Anfragen, also mehr als im gesamten letzten Jahr. Das Interesse an Österreich als Wirtschafts- und Arbeitsstandort ist also offensichtlich ein großes.
Ich stelle die Frage: Warum, meine Damen und Herren, war es so, dass in Österreich im Jahr 1999 die gesamten Auslandsinvestitionen – wer von der gesamten Welt in Österreich investiert hat – 2,8 Milliarden €, im Jahr 2005 7,2 Milliarden € betrugen? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)
Nun die Gesamtzahl – denn dann sind wir in einer differenzierten Debatte; sonst sagen Sie unter Umständen, das war ein statistischer Ausreißer. Nur damit Sie dieses Argument nicht gebrauchen:
Gesamte Auslandsinvestitionen in Österreich im Jahr 1999 – alles zusammen, aufgebaut über 30, 40 Jahre – waren 23,3 Milliarden €. Im Jahr 2005 hatten wir 52,5 Milliarden €. Fast 30 Milliarden € mehr an Auslandsinvestitionen in Österreich, weil wir es offensichtlich geschafft haben, einen guten, einen attraktiven, einen wettbewerbsfähigen Standort zu schaffen! Das zahlt sich aus für Arbeitsplätze, für eine Reduktion der Arbeitslosigkeit! Das ist ein guter Weg für unser Land, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Die Botschaft, die übrig bleibt, ist einfach – und das ist die Antwort, die ich Ihnen geben möchte –: Wir können einfach gut wirtschaften! Österreich steht heute besser da als im Jahre 1999, und das wird die Bevölkerung am 1. Oktober auch beantworten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich darf zur Beantwortung der Fragen kommen.
Zur Frage 1:
In 30 Jahren sozialdemokratischer Regierungen, 30 Jahren sozialdemokratischer Finanzminister, sozialdemokratischer Bundeskanzler hat die SPÖ letztmalig im Jahre 1974 einen Überschuss bei den Staatsfinanzen erwirtschaften können. Die SPÖ-Ära war geprägt von Defiziten und von einem Immermehr an Schulden, an Rekordschuldenständen. 30 Jahre sozialdemokratischer Finanzminister haben die Staatsschuldenquote erhöht: von 18,8 Prozent, die man Anfang der siebziger Jahre übernommen hat – also knapp 19 Prozent –, auf knapp 70 Prozent im Jahr 1999.
Das durchschnittliche Budgetdefizit sozialdemokratischer
Finanzminister betrug 3,1 Prozent. Im Durchschnitt der letzten
30 Jahre gab es 3,1 Prozent Defizit. Das heißt, Sie haben
gesagt: Egal, ob gute oder schlechte Zeiten: Hauptsache rote Zahlen, immer
Defizite, immer neue Schulden. Das war Ihre Politik für Österreich! (Abg. Mag. Johann Moser: Sie haben keine Ahnung!)
Das hat dazu geführt, dass wir 7 Milliarden €
an Zinszahlungen zu übernehmen gehabt haben, an denen wir zahlen, an denen
die Kinder und Kindeskinder und die nächsten Generationen zahlen werden.
Überlegen Sie: Hätte es diese Schuldenpolitik in Österreich
nicht gegeben – was könnte man mit
7 Milliarden € tun? (Zwischenruf
des Abg. Dr. Matznetter.)
Meine Damen und Herren, weil diese Regierung für Entlastung
steht, gebe ich Ihnen ein Beispiel, wie wir entlasten könnten:
Wenn wir die Zinsen nicht zahlen müssten für Ihre Altschulden, die
Sie uns übergeben haben, könnten wir jeden Steuerpflichtigen um
1 186 € im Jahr entlasten, jeden Steuerzahler sogar um
2 090 €! Jeder Steuerzahler würde mehr als
2 000 € weniger pro Jahr an Steuern zahlen. Das wäre eine
Politik, wo wir sagen: Das zahlt sich aus, das ist eine weitere
Attraktivierung. (Abg. Neudeck: Können wir das in der
Löwelstraße abholen, die 2 000 €?)
Ich denke, das Bild ist auch in dieser Frage klar: Schuldenpolitik auf der einen Seite, ausgeglichener Haushalt auf der anderen Seite, eine neue Qualität bei den Staatsfinanzen. Wir machen eine Politik, die sich für die Bevölkerung auszahlt: Weniger Steuern, mehr Arbeitsplätze für Österreich, ein besserer Standort. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Frage 2 betrifft die Entlastung. Ich möchte mit der Entlastung der Haushalte beginnen. Wir haben vor allem die Zielsetzung gehabt, kleine und mittlere Haushalte, kleine und
mittlere Einkommensbezieher zu
entlasten: Wir haben das mit einem Entlastungsvolumen von etwa 1,5 Milliarden €
gemacht. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)
Um ein Beispiel zu geben und die Entlastung in ihrer Wirkung klarer zu machen: Eine allein verdienende Mutter mit zwei Kindern – also typisch diese Gruppe, die wir entlasten wollten, da existenzbedroht: eine Mutter mit zwei Kindern – mit einem Bruttomonatseinkommen von 1 500 € (Abg. Heinisch-Hosek: Die verdient überhaupt nicht so viel, dass Sie sie entlasten können!) – möchte ich Ihnen sagen! – erfährt eine Entlastung von 744 € netto, die sie mehr in der Brieftasche im Jahr hat. Bei 1 500 € brutto 744 € netto mehr in der Brieftasche.
Damit können Sie auch sehen, wie aktive Frauenpolitik ausschaut; das wurde ja heute am Vormittag schon diskutiert.
Die SPÖ hat dann viel davon geredet, dass für den Mittelstand nichts passiert sei.
Meine Damen und Herren! Einer, der 3 300 € im Monat verdient, zählt für mich durchaus zum gehobenen Mittelstand in Österreich. Um wie viel ist dieser entlastet worden? Der hat immerhin durch die Steuerreform eine Entlastung von 480 € erfahren. Also auch den Mittelstand mit einem Monatsgehalt von 3 300 € brutto haben wir mit 480 € netto mehr in der Brieftasche entlastet.
Da muss ich Ihnen schon sagen, das kann ich Ihnen nicht ersparen: Sie reden in Ihrer Wahlwerbung von Entlastung und plakatieren, wen Sie nicht allen entlasten würden. Hier im Hohen Haus, wo es darum gegangen ist, eine Entlastung zu beschließen, haben Sie dagegen gestimmt. – So viel zur Frage Ihrer Glaubwürdigkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Das Mikrophon auf der Regierungsbank wird auf Grund technischer Probleme ausgetauscht. – Abg. Bures: Das hält das Mikrophon nicht aus!) – Das ist ein so großer Text, Frau Abgeordnete, dass man ein zweites Mikrophon dazu braucht.
Mittelstand, Klein- und Mittelbetriebe, meine Damen und Herren. – Die SPÖ entdeckt den Mittelstand. Das sagt sie zumindest. Wir kommen aus dem Mittelstand, wir stehen für den Mittelstand, wir machen Politik für den Mittelstand.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass die Klein- und Mittelbetriebe für mehr als die Hälfte der Beschäftigung, für die Wertschöpfung, für die Investitionen in Österreich verantwortlich sind. Und deswegen war es von Beginn an unsere Zielsetzung, ganz konsequent, ganz bewusst diesen Mittelstand, die tausenden Klein- und Mittelbetriebe entsprechend zu entlasten.
Ich möchte Ihnen nur einige Maßnahmen aufzählen: begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne. Ich habe immer gesagt: Wenn ein Unternehmer bereit ist, das Geld im Unternehmen zu belassen, damit das Unternehmen stärker wachsen kann, damit man Arbeitsplätze für mehr Beschäftigte sichern kann, dann sollte man da eine entsprechende Attraktivierung machen, einen Anreiz geben. Daher: begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne.
Weitere Maßnahmen, die wir gesetzt haben: Tarifreform im Bereich der Einkommensteuer, Einkommensteuersenkung, Körperschaftsteuersenkung auf 25 Prozent, steuerliche Begünstigungen für die Einnahmen-Ausgaben-Rechner, steuerliche Forschungsförderung, Bildungsprämie, Bildungsfreibetrag, Investitionszuwachsprämie und auch die Einführung der Lehrlingsprämie und die Einführung des Blum-Bonus, wo man heute an den Lehrlingszahlen sieht, dass es wirkt und dass wir vielen jungen Menschen damit Gott sei Dank auch einen Lehrplatz geben können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Meine Damen und Herren, um es zu objektivieren: Das Institut für Höhere Studien hat eine Untersuchung gemacht und ist draufgekommen: Die Klein- und Mittelbetriebe wurden durch die Maßnahmenpakete dieser Bundesregierung in Summe mit 1,3 Milliarden € jährlich entlastet. 1 300 Millionen € jährlich an Entlastung für die Klein- und Mittelbetriebe! Sie haben dagegen gestimmt – wir haben es umgesetzt. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Zur Frage 3 – da wird die
Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage der Krankenversicherung angesprochen,
wie sie auch Alfred Gusenbauer vorgeschlagen hat –: Die Anhebung
der Höchstbeitragsgrundlage belastet natürlich den Mittelstand in
Österreich. (Abg. Dr. Matznetter: Aha!) Das ist
überhaupt keine Frage. (Abg.
Dr. Matznetter: Wie viel sind
das?)
Das, was Sie sich haben einfallen lassen, ist eine neue
Besteuerung des Mittelstandes. Sie haben vorgeschlagen, die Höchstbeitragsgrundlage
von 3 750 € auf 5 000 € anzuheben. Ich
kann Ihnen gerne vorrechnen, was das für jemanden, der
5 000 € brutto im Monat verdient, bedeuten würde. Der
hätte, wenn dieser Ihr Vorschlag realisiert werden würde, eine
Nettobelastung von 369 €, der würde im Monat 369 €
mehr an Abgaben zahlen. Und auf der anderen Seite wäre der
Arbeitgeber zusätzlich mit bis zu 274 € belastet. Das
heißt: In Summe belastet Ihr Vorschlag bei einem Monatsbruttobezug
von 5 000 € Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit mehr als
600 € im Monat. (Abg. Bures: Sie haben die
Rezeptgebühren erhöht!) Ich glaube, dass das eine sehr, sehr
deutliche Belastung wäre. Die wird es mit uns nicht geben. Wir wollen keine
Belastung,
wir wollen eine Entlastung des Mittelstandes! (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen –
BZÖ. – Abg. Bures:
Wie hoch sind die Rezeptgebühren? Wissen Sie überhaupt, was ein
Pulver kostet?)
Es ist auch die Mineralölsteuer angesprochen worden. Die Grünen haben vorgeschlagen, die Mineralölsteuer beim Diesel an den Satz des Benzins anzugleichen, das heißt, die Mineralölsteuer für Diesel zu erhöhen. Wir haben berechnet, was das kosten würde. Das wäre ein zusätzliches Aufkommen und damit eine Belastung für die Diesel-PKW in Österreich von etwa 800 Millionen € pro Jahr durch die Mineralölsteuer. Dazu kämen rund 70 Millionen € an Umsatzsteuer. Das wären 870 Millionen € mehr an Belastung alleine durch die Mineralölsteuer für die Diesel-PKW-Benützer.
Wenn man weiß, dass etwa 60 bis 70 Prozent aller neu
zugelassenen Fahrzeuge Diesel-PKW sind, dann weiß man, welch massive
Belastung das für die Bevölkerung, für die Pendler darstellen
würde. Auch da sage ich Ihnen: Diese Belastung wird es mit uns nicht
geben! Gerade bei hohen Ölpreisen, hohen Energiepreisen macht das wirklich
keinen Sinn. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von
Freiheitlichen – BZÖ.)
Auch das Thema Erbschafts- und Schenkungssteuer ist angesprochen worden. Wir haben uns das Thema angesehen. Sie wissen, dass ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vor der Türe steht, das zu einer massiven Mehrbelastung führen könnte. Daher lautet unsere Antwort bei etwa 87 000 Fällen, die es im letzten Jahr, im Jahr 2005, an Erbschaften, an Schenkungen gegeben hat: Wir wollen die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer! Wir wollen sie deswegen abschaffen, weil es dadurch einen hohen Verwaltungsaufwand gibt, weil es ein ungerechtes, ein kompliziertes System ist, weil sie eine Belastung für die Eigenheimübergabe darstellt, weil sie eine Belastung für die Betriebsnachfolge ist.
Wir haben uns angesehen: Welche Schenkungen trifft das? Welche Vermögen trifft das? Und ich darf Ihnen sagen, dass wir in Österreich zu 99 Prozent kleine und mittlere Schenkungen beziehungsweise Erbschaften haben. Deswegen ist die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer eine breite Entlastung für kleine, für mittlere Ein-
kommen und Vermögen und damit ein ganz, ganz wichtiger
Punkt, den wir umsetzen wollen, weil wir sagen: Entlastung ist ein wichtiger
Weg, gerade auch für eine Erbengeneration, und dann, wenn es die
kleinen, mittleren Vermögen trifft, eine richtige, eine gute Entlastung! (Beifall
bei der ÖVP und des Abg. Scheibner.)
Nun zur Frage 4, die da lautet: Wie soll eine zukünftige Steuerreform aussehen? – Ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass man darlegt: Was sind die Eckpfeiler einer zukünftigen Entlastung?, wenn eine Bundesregierung, so wie wir das tun, sagt: Wir wollen die Entlastung fortsetzen!
Meine Damen und Herren! Unser nächstes Ziel ist es, einen ausgeglichenen Haushalt zustande zu bringen, so wie wir das auch im Jahr 2000 gemacht haben, um damit die Leistbarkeit für eine nächste Steuerreform, für eine nächste Entlastung herbeizuführen.
Die wesentlichen Zielsetzungen der nächsten Steuerreform: natürlich Stärkung der Wirtschaft, natürlich Stärkung der Kaufkraft und die Schaffung von klaren, einfachen Strukturen und klaren Systemen.
Die wesentlichen Eckpfeiler der Steuerreform: eine neue Einkommensbesteuerung, eine neue, einfachere, nachvollziehbare, transparentere Einkommensteuer, eine Absenkung der Progression, eine weitere Unterstützung für kleine und mittlere Einkommen, eine Spitzensteuersatzsenkung, damit man auch das Signal gibt: Leistung zahlt sich wieder aus in Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Zweiter Punkt: Eine rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung. Wir wollen nicht mehr: hier Einzelunternehmen und Personengesellschaften, dort Kapitalgesellschaften, GmbHs, Aktiengesellschaften, sondern wir wollen eine attraktive, flache Unternehmensbesteuerung, 25 Prozent oder weniger für alle bilanzierenden Unternehmen. Damit wollen wir den nächsten großen Schritt auch für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort setzen.
Dritter wesentlicher Eckpfeiler der Steuerreform, die geplant ist: Abschaffung von Abgaben. Wir glauben, dass das Beste, auch in Richtung Vereinfachung, die komplette Abschaffung von Abgaben ist.
Erster Punkt: Die Werbeabgabe wollen wir abschaffen.
Zweiter Punkt: Die Gesellschaftssteuer wollen wir abschaffen.
Dritter Punkt: Rechtsgeschäftsgebühren – denken Sie an Kreditgebühren, denken Sie an Leasingverträge, an Bestandsverträge! – wollen wir abschaffen, weil das keinen Sinn macht für den Standort Österreich.
Vierter Punkt: Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer – schon angesprochen.
Damit ist klar: Diese Bundesregierung stellt sich hin vor
die Bevölkerung und sagt: Wir wollen einen Weg des Absenkens der Steuern
fortsetzen! Wir stehen für Entlastung, wir wollen den Menschen mehr
Freiheit geben, wir wollen, dass Leistung in unserem Land besser belohnt wird! (Beifall
bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen –
BZÖ.)
Zur Frage 5: Arbeitsmarkt.
Ich glaube, das ist eine der ganz, ganz zentralen Themensetzungen für uns alle. Im Jahr 1999 hat man unter dem damaligen SPÖ-Finanzminister Edlinger 760 Millionen € für den Arbeitsmarkt, für die aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben. Im Jahr 2006 beläuft sich der Betrag, den wir für die aktive Arbeitsmarktpolitik einsetzen, auf 1,77 Milliarden €. Das heißt, wir haben die Ausgaben für den Arbeitsmarkt mehr als verdoppelt.
Die Antwort, die wir darauf bekommen haben, die Antwort, welche die Wirtschaft uns gegeben hat, die Klein- und Mittelbetriebe uns gegeben haben, ist Rekordbeschäftigung in Österreich. Wir haben immerhin 3 365 000 Beschäftigte in Österreich. Das sind 175 000 Menschen mehr in Beschäftigung als im Jahr 1999, was einfach eine tolle Leistungsbilanz unserer Wirtschaft, unserer Betriebe ist.
Wir sind sehr, sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, mit Martin Bartenstein die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen. Wenn Sie sich die Augustzahlen ansehen, dann können Sie feststellen, dass es uns gelungen ist, die Arbeitslosigkeit um 18 000 abzusenken. (Abg. Broukal: Nach sechs Jahren ist es gelungen! Das bringt jeder zusammen!) 18 000 weniger Arbeitslose und 58 000 mehr Beschäftigte im August des heurigen Jahres als im letzten Jahr!
Das zeigt: Wir machen eine Arbeitsmarktpolitik, die den Beschäftigten, die den Menschen im Mittelpunkt hat. Arbeit ist einfach das Wichtigste für uns alle, ist Sinnstiftung für uns alle. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Daher ist die wichtigste Zielsetzung, die Arbeitslosigkeit weiter hinunterzubringen.
Nun komme ich zur Frage 6.
Da wird gefragt nach der Bilanz der letzten sechs Jahre. – Ich darf hier nur stichwortartig sagen: Wir sind im Jahr 2006 in der guten Situation, dass wir an der Konjunkturfront immer bessere Nachrichten bekommen. 3,2 Prozent reales Wachstum hat die österreichische Notenbank für das Jahr 2006 prognostiziert.
Wir haben das dritthöchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.
Wir haben die zweithöchste Kaufkraft pro Kopf in der Wirtschafts- und Währungsunion.
Wir haben eine Rekordbeschäftigung; das wurde schon angesprochen.
Wir sind im Export Europameister, was die Wachstumsraten bei den Exporten betrifft; die Exportwirtschaft wurde vorhin auch schon angesprochen.
Nettonationaleinkommen in Österreich seit dem Jahr 1999 40 Milliarden € – höhere Nettonationaleinkommen als damals.
30 Milliarden € liegen zusätzlich auf den Sparkonten. Die Spareinlagen der privaten Haushalte haben um 30 Milliarden € zugelegt.
Ich glaube daher, dass die Leistungsbilanz stimmt. Das ist
eine gute Entwicklung, die Österreich hier in den letzten sechs Jahren
gemacht hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von
Freiheitlichen – BZÖ.)
Die Frage 7 befasst sich mit
der BAWAG, mit dem Schaden von mehr als 3 Milliarden €.
Die Frage lautet: Wie viele Arbeitnehmer könnte man mit diesem Geldbetrag
von 3 Milliarden € beschäftigen?
3 Milliarden € sind knapp 42 000 Millionen Schilling. Damit könnte man bei einem Durchschnittsgehalt von 22 000 € im Jahr – das ist ein durchschnittliches Bruttogehalt in Österreich – immerhin 136 000 Menschen Beschäftigung für ein Jahr geben. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Das sind etwa 70 Prozent der Arbeitslosen, die man für ein Jahr in Österreich zu einem Bruttogehalt von 22 000 € beschäftigen könnte – dies nur, um die Dimension dieses Schadens entsprechend darzustellen.
In Frage 8 wird gefragt nach der Höhe der Abfertigung des ehemaligen Generaldirektors Elsners. – Die Abfertigung von Elsner hat laut Medienberichten einen Betrag von 6,8 Millionen € erreicht. Wenn man überlegt: 6,8 Millionen € an Abfertigung für den Herrn Elsner!, dann muss man sagen: Der durchschnittliche österreichische Verdiener,
der durchschnittliche Arbeitnehmer hätte 309 Jahre arbeiten müssen, um eine solche Abfertigung zu bekommen.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen, meine Damen und Herren: Ich
bin wirklich sprach- und fassungslos darüber, dass ein Fritz Verzetnitsch
und ein Herr Weninger bei einer solchen Abfertigungszahlung haben
zuschauen können, ich frage mich, wieso sie das nicht verhindert haben.
Ich verstehe es nicht, wie man bei mehr als 3 Milliarden € an
Schaden noch eine Abfertigung in der Höhe von 93 Millionen Schilling nachwerfen
kann. Das ist mir unbegreiflich! (Beifall bei der ÖVP.)
Zur Frage 9:
Diese befasst sich
mit den Beratungsleistungen des Dr. Vranitzky und der 1 Million
Schilling, die er für diese Beratungen offensichtlich bekommen
hat. – Der Beitritt Österreichs zum Europäischen
Währungssystem, zum Wechselkursmechanismus erfolgte bereits eine Woche
nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, also im
Jänner 1995. Am 1. Jänner 1999, also ein Jahr vor der so genannten
Beratungsleistung, ist der Euro als Buchgeld eingeführt worden, ist er
also im Interbankenverkehr bereits da gewesen. Das bedeutet also, dass ab
diesem Zeitpunkt nur noch die tatsächliche Bargeldeinführung offen
war. Die Bargeldeinführung ist am 1. Jänner 2002 erfolgt, also
zwei Jahre nach der so genannten Beratungsleistung.
Ich möchte
nicht beurteilen, was hier an Beratungsleistung erbracht worden ist. Sie kennen
die Aussagen des Dr. Vranitzky. Sie kennen die gegenteiligen Aussagen des
Herrn Flöttl, der sagt, es hätte hier keine Gegenleistung des Herrn
Vranitzky gegeben. Vranitzky selbst hat gesagt, dass er Herrn Flöttl ein-
oder zweimal getroffen hat und sonst ein paar Mal telefonischen Kontakt mit ihm
gehabt hat.
Meine Damen und Herren, ich erinnere mich noch sehr
gut – der Herr Cap wird dann das Wort nehmen –, wie Sie
sich da herausgestellt und Beratungsleistungen der österreichischen
Bundesregierung kritisiert haben. Ich darf Ihnen eines versichern: Wir haben
für keine Beratungsleistung, die aus ein-, zweimal Zusammensitzen und ein
paar Telefonaten bestand, 1 Million Schilling gezahlt. (Abg. Dr. Matznetter: Viel mehr!) Wir haben für jede
Beratungsleistung eine Gegenleistung bekommen, und wir haben für jede Beratungsleistung
Geld für die Steuerzahler eingespart. Wir haben das Geld besser
verwendet, sparsam verwendet, zweckmäßig verwendet. – Das
hat es in dieser Bundesregierung nicht gegeben! (Beifall bei der ÖVP
sowie des Abg. Scheibner. –
Abg. Schieder: Sie haben
überhaupt keine gehabt! Überhaupt keine!)
Da darf ich Ihnen
die Prozesse anführen, die die Sozialdemokratie verloren hat –
nicht einen, sondern viele, denn Ihre Politik ist Dirty Campaigning. Wir machen
Politik für Beschäftigung in Österreich und für die
Entlastung, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP sowie des
Abg. Scheibner.)
Die letzte Frage, Frage 10, möchte ich
so beantworten, dass ich sage: Das Bundesministerium für Finanzen ist
nach dem Parteiengesetz, § 4 Abs. 3 für die Bestellung von
Wirtschaftsprüfern zuständig, die jährlich die
widmungsgemäße Verwendung der öffentlichen
Förderungsmittel prüfen. Das heißt, das Bundesministerium
für Finanzen ist nicht zuständig für die Prüfung privater
Spenden. Ich kann daher zu solchen privaten Spenden keine konkrete Auskunft
geben.
Sie haben sicher
diese Debatte in den letzten Wochen verfolgt und werden daher auch wissen, dass
es da natürlich auffällt, dass es widersprüchliche Aussagen
gegeben hat. Ich darf zum Beispiel Alfred Gusenbauer zitieren, der auf die
Frage, ob es Gelder gegeben hat, die aus dem ÖGB in die SPÖ
geflossen sind, am 30. März 2006 im „Mittagsjournal“
gesagt hat – ich zitiere –:
„Aus dem
Österreichischen Gewerkschaftsbund sind hier keine Gelder geflossen. Das
kann ich völlig ausschließen.“
Es hat etwas
später ÖGB-Präsident Hundstorfer in der „ZiB 2“ am
14. September dieses Jahres gesagt – ich
zitiere –:
„Eine
Gewerkschaftsfraktion schenkt oder übergibt einer Partei in Wahlkampfzeiten –
und 1999 war die Zeit des Nationalratswahlkampfes – eine
Spende.“ – Gemeint hat Hundstorfer 500 000 S, die
offensichtlich an die SPÖ Wien gegangen sind.
Herr Gewerkschafter
Haberzettl hat am 15. September 2006 in den „Salzburger Nachrichten“
gesagt:
„Ja, es
fließt regelmäßig Geld zwischen der FSG“ –
also der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter –
„und der Bundes-SPÖ.“
Meine Damen und Herren, ich möchte aus meiner Sicht nur noch zwei Bemerkungen machen.
Das eine ist die politische Optik dieser Geldflüsse: Hat es sie gegeben? Hat es sie nicht gegeben? Wer hat es bestritten? Wer hat es dann später zugegeben?
Das andere ist die wirtschaftliche Seite, die ich als Finanzminister schon ansprechen möchte.
Meine Damen und Herren! Der Steuerzahler hat eine Haftung
von 900 Millionen € übernehmen müssen, damit diese
Bundesregierung die BAWAG (Zwischenruf
des Abg. Dr. Matznetter) und
damit auch den Gewerkschaftsbund retten konnte. (Abg. Heinzl: Geh, huck di
nieder!) Ich habe mir das Ganze daher genau angeschaut und weiß, dass
es im Jahr 2000 Ausschüttungen von der BAWAG an den
Österreichischen Gewerkschaftsbund in der Höhe von etwas mehr als
8 Millionen € gegeben hat. Im Jahr 2001 sind auch etwas mehr
als 8 Millionen € an den Österreichischen Gewerkschaftsbund
von der BAWAG geflossen. Auch in den Jahren 2002 und 2003 flossen etwas mehr
als 8 Millionen € von der BAWAG an die Gewerkschaft. Und im
Jahr 2004 gab es eine Sonderdividende von immerhin
71 Millionen € von der BAWAG an die Gewerkschaft. (Abg. Dr. Matznetter: Wie hoch war denn dann die Haftung vom ÖGB?)
Meine Damen und Herren, vollkommen klar ist aus heutiger Sicht, dass die BAWAG vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2004 für diese Dividendenzahlungen von mehr als 100 Millionen € wirtschaftlich keine Leistungsfähigkeit mehr hatte. Die BAWAG hätte in diesem Zeitraum diese mehr als 100 Millionen € nicht mehr an den Österreichischen Gewerkschaftsbund auszahlen dürfen.
Ich darf Ihnen versichern: Wenn es der ÖGB nicht
schafft, die Steuerzahler aus der Haftung der 900 Millionen €
zu entlassen, was meine Erwartungshaltung an den Österreichischen
Gewerkschaftsbund ist, damit nicht dann auch noch auf der Spitze des Eisbergs
der Steuerzahler für diese kriminellen Machenschaften zur Leistung
herangezogen wird – wenn es gelingt, dann ist das in Ordnung –,
also wenn diese Leistung der Steuerzahler in Anspruch genommen wird, dann wird
die Rede darüber zu führen sein, wo diese
100 Millionen € hingegangen sind und wer sie dann später
zurückzahlen muss. – Vielen Dank. (Lang anhaltender Beifall
und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von
Freiheitlichen – BZÖ.)
15.49
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner beziehungsweise keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.
Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Amon. Seine Wunschredezeit beträgt 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
15.49
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, eine wahrlich beeindruckende Bilanz, die Sie hier jetzt vorgelegt haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, das ist wahr. Der Zwischenruf ist wirklich gut.
Die Bundesregierung hat eine Bilanz vorgelegt – der ÖGB ist sie uns bis heute schuldig. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)
In der Tat hat diese Bundesregierung und haben die Regierungsfraktionen Meilensteine in der Sozialpolitik gesetzt. Wir haben das Kindergeld für alle eingeführt. Es werden die Kindererziehungszeiten entsprechend für die Pension berücksichtigt. Wir haben die Familienhospizkarenz eingeführt. Wir haben das Recht auf Elternteilzeit verwirklicht. Und wir haben die Abfertigung-neu eingeführt.
Zu Ihrer Zeit, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, hatten 15 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Abfertigungen erhalten. Heute erhalten bereits 50 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Abfertigung. Jeder zweite Arbeitnehmer in Österreich hat einen Anspruch aus der Abfertigung-neu. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)
Sie plakatieren „Sozialpolitik“ – und wir setzen sie um!
Wir haben uns bei der Steuerreform sehr genau angeschaut – weil Sie ganz gerne die soziale Kälte ausrufen, diesen täglichen Wetterbericht geben, der wohl aus Ihrem Innersten kommen muss –: Wo liegt die größte Armutsgefährdung? Die größte Armutsgefährdung liegt zweifelsohne bei den Mehrkinderfamilien und bei den Alleinerziehern. Und genau dort hat unsere Steuerreform angesetzt, meine Damen und Herren. Wir haben den Absetzbetrag für Alleinerzieher, etwa bei zwei Kindern, fast verdoppelt. Das ist soziale Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)
Wir haben seit dem Jahr 1999 350 000 Steuerpflichtige aus der Steuerpflicht entlassen, damit sie mehr Geld im Geldtascherl haben, meine Damen und Herren. Das ist soziale Politik!
Die Hälfte aller Pensionistinnen und Pensionisten zahlt heute keine Steuer mehr. Wenn eine Pensionistin oder ein Pensionist eine Pension von 900 € hat, dann hat er/sie bis zur Steuerreform 40 € im Monat an Steuer bezahlt. Wir haben diese Pensionistinnen und Pensionisten von der Steuer befreit. Das bedeutet, Sie haben heute im Jahr 480 € mehr im Geldtascherl. Das ist soziale Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben die Pendlerpauschale seit 1. Jänner 2004 um fast 40 Prozent erhöht. Wir haben die große Pendlerpauschale um 563 € erhöht. Und wir haben auch das Kilometergeld von 36 € auf 38 € erhöht.
Meine Damen und Herren! Sie plakatieren „soziale Gerechtigkeit“ – und wir stellen sie her. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich habe schon gesagt, Sie reden täglich von der sozialen Kälte, die sich angeblich im Land breitmacht. Das muss wohl aus Ihrem Innersten kommen. Denn: Wie schaut Ihre Politik aus?
Sie plakatieren: „Pensionsansprüche garantieren“. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die von Elsner und von Verzetnitsch!) Ihr Parteivorsitzender plakatiert: „Pensionsansprüche ga-
rantieren“. Und wie ist die Realität? – Dort, wo Sie die Hauptverantwortung tragen, im Österreichischen Gewerkschaftsbund, wollen Sie die Pensionen um 70 Prozent reduzieren. Sie wollen dort die Witwenpensionen um 50 Prozent reduzieren. Sie wollen dort die Abfertigungsansprüche um 50 Prozent reduzieren. So sieht in Wirklichkeit die Aussage Ihres Plakates „Pensionsansprüche garantieren“ aus!
Sie garantieren gar nichts! Sie haben soziale Kälte, und die verbreiten Sie im Land, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Das geht ja noch weiter. Sie haben das schon wieder
vergessen. Selbst bei Ihren allerengsten Mitarbeitern in der
Sozialdemokratischen Partei handeln Sie so. Als nämlich Frau Abgeordnete
Kuntzl aus der SPÖ-Bundespartei ausgeschieden ist, musste sie mit Hilfe
des Gewerkschaftsbundes ihre Abfertigungsansprüche durchsetzen, weil Sie
ihr diese nicht ausbezahlen wollten. (Oh-Rufe
bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Unfassbar!) So
sieht Ihre soziale Gerechtigkeit aus! Davor kann man die Menschen in unserem
Lande nur warnen. (Abg. Bures: Pharisäer! – Ruf
bei der ÖVP: Was war das? – Abg. Großruck: „Pharisäer“!)
Liebe Frau Kollegin Bures, Ihr Problem ist: Sie führen einen Wahlkampf mit Schaum vor dem Munde, und ich empfehle Ihnen sehr, wenn Sie im Glashaus sitzen, nicht mit Steinen zu werfen. Nicht mit Steinen werfen, Frau Kollegin Bures! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Ihre soziale Kälte ist kaum zu überbieten. Sie wissen genau, dass die 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ÖGB nicht nur um ihre Pensionen und um ihre Abfertigungen zittern müssen, sondern in Wirklichkeit auf Grund Ihrer Verzögerungstaktik auch um ihre Arbeitsplätze zittern müssen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP.)
Sie werden auch am 1. Oktober das Problem haben, dass Sie nicht einmal mehr Ihre Kerngruppen wählen werden, denn was richtet Ihnen der ehemalige GPA-Vorsitzende Sallmutter aus? – Er richtet Ihnen aus: Ich brauche die SPÖ nicht zu wählen, das macht für mich eh der Hans Peter Haselsteiner!
Wenn selbst der ehemalige GPA-Vorsitzende, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, die Sozialdemokratie nicht mehr wählt auf Grund der Politik, die Sie machen, ja, bitte, wer soll Ihnen dann überhaupt noch das Vertrauen schenken? (Beifall bei der ÖVP.)
Ich sage Ihnen abschließend: Versuchen Sie nicht, aus dem ÖGB-Skandal und dem BAWAG-Skandal einen Skandal von irgendjemandem anderen zu machen! Das ist ein beispielloser sozialdemokratischer Skandal. Und Helmut Zilk hat völlig Recht, wenn er sagt, Alfred Gusenbauer soll nicht so tun, als hätte er von alledem nichts gewusst. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
15.56
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als Nächster
zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Wunschredezeit:
7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Grillitsch: Frau
Präsidentin, was ist jetzt mit „Pharisäer“?)
15.56
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wenn man sich die Dringliche Anfrage ansieht, dann kommt man zu dem Schluss, dass es natürlich eine Schmäh-Dringliche ist (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das war sie in der Sondersitzung letzte Woche!) mit wohlgesetzten ausgemachten Fragen, wobei die Antworten schon vorher bekannt sind. Aber wir wollen uns ernsthaft gleich einmal auf einen Punkt konzentrieren: Sie schreiben: „Die SPÖ-Finanzminister der letzten 30 Jahre haben dieser Bundesregierung einen enormen Schuldenberg“ und so weiter, und so weiter, „hinterlassen.“
Da hat bei Ihnen die Vergesslichkeit zugeschlagen, denn von
den 30 Jahren haben Sie 13 Jahre mit uns, manchmal sogar sehr kuschelig, auf
der Regierungsbank verbracht. Das wollen wir nicht vergessen! (Abg. Dr. Fekter: Da gab es rote Bundeskanzler und rote Finanzminister!)
Ich habe vor kurzem mit einem Ökonomen gesprochen, der
gesagt hat: Vergleicht man die 13 Jahre Alleinregierung Bruno Kreisky mit
den 13 Jahren SPÖ/ÖVP-Regierung, dann muss man feststellen, dass
die Schuldenanhäufung mit der ÖVP in der Bundesregierung drei
Mal so groß war wie in der Alleinregierung Bruno Kreisky. Kreisky hatte
Recht, als er gesagt hat, die große Koalition sei eine ganz schön
teure Angelegenheit. (Abg. Dr. Fekter: Bei roten Bundeskanzlern und
roten Finanzministern!)
Als Sie im Jahre 2000 die „Wende“ vollzogen haben, die „berühmte“ Wende, die dann 2002 in Knittelfeld sozusagen in die Luft gegangen ist, haben Sie so getan, als ob es da ich weiß nicht was für einen Scherbenhaufen und Schuldenberg gegeben hätte.
Ronald Barazon schrieb am 9. September 2002 in den „Salzburger Nachrichten“:
„Kaum war Schwarzblau an der Macht, hieß es: Die SPÖ hat einen riesigen Schuldenberg angehäuft ... Aus billiger Effekthascherei wurde plötzlich geleugnet, dass Österreich beim Amtsantritt von Schwarzblau eines der erfolgreichsten Länder der Welt war.“
Das ist der Skandal: dieses Schlechtmachen selbst der dreizehn Jahre, in denen Sie mit uns in der Regierung waren! Das heißt, Sie selbst sagen von sich, dass Sie in Wirklichkeit in der Regierung gescheitert sind. Also eine Lächerlichkeit!
Aber ich habe ja einen Zeugen, der einmal auf der Regierungsbank gesessen ist, und der geht mir richtiggehend ab, und zwar ist das der ehemalige Vizekanzler und Sozialminister Haupt. Er hat in der „Pressestunde“ am 5. Oktober 2003 gesagt, seiner Meinung sei der Wirtschaftskurs von Grasser und Bartenstein auf Grund der schlechten Arbeitsmarktdaten schlicht und einfach gescheitert.
Das hat er als Zwischenbilanz Ihrer
„berühmten“ sechs Jahre ... Jetzt ist Stille hier, ganz
mucksmäuschenstill sind Sie jetzt! Andacht ist angesagt. – Ein
Kronzeuge von der Regierungsbank, der Vizekanzler und Sozialminister Haupt, hat
dieses Zeugnis ausgestellt. (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Der kommt
wieder!)
Es ist in der Tat so: Rekordarbeitslosigkeit (Abg. Dr. Fekter: Beschäftigungsrekord! Die Arbeitslosigkeit sinkt!), Beschäftigung, die in Wahrheit nur wegen atypischer Arbeitsverhältnisse angewachsen ist, Teilzeitbeschäftigung, und da vor allem bei Frauen, die Working poor, über 200 000 Menschen an der Armutsgrenze, eine Million Menschen armutsgefährdet (Abg. Dr. Fekter: Die meisten davon in Wien!), eine halbe Million Menschen akut arm. (Abg. Dr. Fekter: Macht die SPÖ in Wien endlich ihre Hausaufgaben? Die meisten Sozialhilfeempfänger gibt es in Wien!)
Wenn Sie sich das alles ansehen, dann können Sie sich
nicht hier herstellen und irgendwelche paradiesischen, wolkigen, flockigen
Formulierungen aus dem Reich der Reichen und Schönen gebrauchen, sondern
da muss man einmal schauen, wie die wirkliche Situation im Endeffekt in
Österreich ist: Stagnierende Reallöhne – ja, das ist zum
Beispiel etwas, was ich gerne von Ihnen hier aufgearbeitet
hätte! – und eine Verteilung, bei der es jedes Mal, wenn
der Finanzminister sagt, die Steuerquote sinkt, real so ist, dass die
Lohnsteuer natürlich hinaufgeht (Abg.
Dr. Fekter: 2,5 Millionen
Österreicher zahlen überhaupt keine Steuer!) und die
Körperschaftsteuer heruntergeht! So schaut die Verteilung bei Ihnen aus:
Die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, die kleinen und mittleren
Unternehmer sind die großen Verlierer Ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik!
Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der
SPÖ sowie der Abg. Sburny.)
Und dann kommt Herr Amon und dann kommen alle daher und lassen sich hier irgendwelche Schmähfragen stellen, damit sie halt auch das Thema BAWAG in diesem Saal erwähnen können. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Herr Klubobmann, das glaubt Ihnen niemand!)
Sagen Sie: Wo war eigentlich bei dieser Dringlichen die
Frage – ich weiß ja gar nicht, ob das Gegenstand der
Vollziehung ist –: Was machte Taus bei Elsner, kurz vor dessen
Verhaftung zum Beispiel? (Ironische
Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll.)
Wieso finden Sie das eigentlich so lustig? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Abschiedsbesuch!) – Der ehemalige ÖVP-Parteiobmann Taus war gemeinsam mit Herrn Schlaff einer der engsten Wirtschaftspartner der BAWAG und des Herrn Elsner! Und da sollte man doch die Frage aufwerfen können: Was machte er bei Elsner ganz kurz vor dessen Verhaftung? Worüber wurde da eigentlich gesprochen? Was hat er in seinem Täschchen mitgehabt? Ist es um irgendwelche Kontobewegungen, Geschäftsbeziehungen gegangen? Was war bei der bulgarischen Telekom? Wieso war die so erfolgreich? Wer war dort der Gewinner?
Wissen Sie, ich warte immer noch auf die Einladung zum Termin des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses hier im Parlament, wo Sie großspurig gesagt haben, dass Sie dort noch einmal Befragungen durchführen wollen, und unter anderem auch Herr Taus gesagt hat, er möchte gerne vorbeikommen und ein bisschen aus der Schule plaudern. (Abg. Amon: ... keinen Termin genannt! – Abg. Dr. Fekter: Der Vranitzky ist auch ...! Wann kommt Vranitzky?) Scheint Herr Taus übrigens bei Ihrer Spendenliste für die ÖVP-Parteifinanzierung auf? Und wenn ja, wie viel hat er gespendet? Und wenn ja, wie oft hat er gespendet? Und wenn ja, woher ist das Geld gekommen? Vielleicht weiß Herr Elsner, woher das Geld gekommen ist! – Arbeiten wir hier einmal Ihren Wahlkampfstil und Ihre Fragekultur auf!
Das hätte ich mir erwartet bei dieser Dringlichen: dass
der Herr Finanzminister ein bisschen etwas aus dem Wissen der
Finanzmarktaufsicht gesagt hätte. (Abg.
Mag. Molterer: Über die
SPÖ! Über die BAWAG!) Denn die BAWAG-Geschichte hat er schon
lange gewusst. Der Herr Bundeskanzler muss von den Problemen der BAWAG seit
einem Jahr gewusst haben! (Abg.
Mag. Molterer: Aber über
die SPÖ nicht!) Dass aber ein Jahr lang Zeit ist – und nur
wenige Tage vor dem Wahlkampf plötzlich Verhaftungen erfolgen, ein
Staatsanwalt plötzlich mit Herrn Flöttl junior plaudert, wobei
über Parteienfinanzierung gesprochen wird, dieser Staatsanwalt von der
Staatsanwaltschaft kritisiert wird, die Staatsanwaltschaft jetzt sogar
Untersuchungen durchführen muss (Abg.
Dr. Fekter: ...! Das war beim
AKH-Skandal so, bei „Lucona“ so, bei Noricum so! – Ein
... Muster!), weil hier aus laufenden Verfahren Informationen an die
Öffentlichkeit gehen, der Vorwurf der SPÖ bestätigt wird,
dass die Staatsanwaltschaft anscheinend – oder sagen wir so:
das Ministerium Gastinger; oder vielleicht sagen wir überhaupt:
Gastinger – hier mit beteiligt ist an diesem Wahlkampfdrehbuch. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Anschüttungen sind das! – Abg. Scheibner: Das ist eine Unterstellung! –
Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)
Herr Stummvoll, was haben Sie mit dem Kofferl plötzlich? Ist das nicht wirklich auffällig? Wollen Sie es als Zufall bezeichnen, dass alles jetzt plötzlich vor der Wahl passiert: die diversen Verhöre – eingeflogen – Verhaftung? (Abg. Rädler: Das haben ja Sie verlangt!) Da trifft sich der Staatsanwalt in Bratislava! Wieso trifft er sich mit Flöttl junior nicht in Wien? – Lauter Fragen! Die sollten Sie eigentlich in dem Ausschuss behandeln, die sollten Sie in Wirklichkeit im Rahmen der Dringlichen behandeln, wenn es Ihnen wirklich ... (Abg. Mag. Molterer: Jetzt ist der Staatsanwalt schuld! Wie beim AKH, wie bei Lucona, wie bei Noricum: Die Justiz ist schuld!) – Jetzt sehe ich an Ihrem Gesichtsausdruck, Herr Klubobmann Molterer: Jetzt sind Sie in Schwierigkeiten, denn
jetzt wird
aufgedeckt, was Sie für diesen Wahlkampf für ein Drehbuch entwickelt
haben! (Beifall bei der SPÖ.)
Und ich finde – das sage ich Ihnen –, das ist alles nicht sauber, denn Sie fürchten Folgendes (Abg. Dr. Fekter: Ein richtiger Sumpf, den ihr da hinterlassen habt!): Sie fürchten, dass Gegenstand dieses Wahlkampfes sind: der Pflegenotstand, der Bildungsnotstand, der Gesundheitsnotstand (Abg. Dr. Lopatka: Vranitzky! Vranitzky!), die Rekordarbeitslosigkeit, die gescheiterte Wirtschaftspolitik, die sozialen Fragen. (Abg. Dr. Lopatka: Vranitzky!) Das fürchten Sie in Wirklichkeit! (Abg. Dr. Lopatka: Vranitzky!)
Um über diese Themen, die die Lebenswirklichkeit der Menschen in Österreich tatsächlich berühren, im Wahlkampf nicht sprechen zu müssen, wollen Sie permanent nur über die BAWAG reden. Da wollen Sie aber nicht reden über das, was auch Taus und Co im Rahmen dieses BAWAG-Skandals zu verantworten haben. Und wenn wir hier über einen Untersuchungsausschuss reden, dann wollen Sie nur über einen Untersuchungsausschuss à la BZÖ zur BAWAG reden, aber nicht zur Hypo Alpe-Adria, nicht zu Raiffeisen International, nicht zu AMIS. AMIS, Herr Finanzminister, AMIS, eine ganz interessante Sache!
Und da frage ich mich: Wieso das? – Und daher wäre es ehrlicher, Sie würden hier herauskommen und sagen (Abg. Dr. Lopatka: Vranitzky! Vranitzky!): Uns geht es gar nicht um Aufklärung! Uns geht es auch gar nicht um die BAWAG, uns geht es nur darum, dass wir möglichst einseitig, unter Zuhilfenahme von Teilen aus dem Justizministerium – Herr Staatsanwalt Schön ist so ein Stichwort (Abg. Mag. Molterer: Ja, die Justiz ist schuld! Typisch SPÖ!) –, dass wir mit Unterstützung aus Teilen des Justizministeriums einfach Wahlkampf machen wollen!
Und Sie glauben wirklich, dass die Österreicherinnen
und Österreicher sich von diesem Täuschungsmanöver beeindrucken
lassen?! – Das werden wir noch sehen, denn die
wirklich wichtigen Fragen wollen sie auf diese Art nicht behandelt
sehen – und die finde ich eigentlich ungeheuerlich, das können
Sie mir glauben! (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Rädler:
Das war der Abgesang, Herr Cap! – Abg. Mag. Molterer: Ab jetzt fürchte ich
mich nur mehr!)
16.05
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Bucher zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.
16.05
Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir führen ja heute eine Diskussion über die erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung. Und da hätten wir uns, gerade im Zuge des Wahlkampfes, erwartet, Herr Kollege Cap, dass Sie uns auch ein bisschen etwas über das Wirtschaftsprogramm der SPÖ berichten. (Abg. Dr. Stummvoll: Lieber nicht! Lieber nicht! – Abg. Dr. Fekter: Das gibt es ja gar nicht! ... Belastungspaket!)
Nein, nicht dass ich mir und wir alle uns das erwartet hätten – denn wir haben ja auch in den letzten vier Jahren nichts davon erfahren, was Sie wirklich vorhaben, außer an Steuerbelastungen und Strafmaßnahmen für die Wirtschaft –, aber im Wahlkampf hätten Sie die Situation jetzt schon ein bisschen ausnützen können, um Ihren Wirtschaftsunternehmen, um Ihren Wirtschaftsexperten einmal auszurichten, wie Sie sich eine erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik in Österreich vorstellen. – Aber gekommen ist nichts! Gekommen ist, dass Sie die letzten 30 Jahre ein bisschen Revue passieren ließen – die Zeit vor 1999 – und 30 Jahre unter sozialistischen Finanzministern, in einer Koalition mit der ÖVP, hier beurteilt haben.
Wenn wir uns jetzt so anhören, was in den letzten sechs
Jahren alles passiert ist, dann muss ich ehrlich sagen, auch was die
Erfolgsbilanz von Günter Stummvoll sowie des Finanzministers, die
vorgetragen wurde, betrifft: Die Erfolgsgarantie für diesen erfolgreichen
Weg war eigentlich das BZÖ (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll), denn mit uns war es
möglich, diese erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik auch
umzusetzen! Mit Ihnen von der SPÖ hingegen ist es offensichtlich ein von
Irrtümern gekennzeichneter Weg gewesen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Parnigoni und Dr. Stummvoll.)
Wenn Sie jetzt im Wahlkampf unterwegs sind – ich denke, Sie werden, so wie wir, auch tagtäglich Betriebe besuchen, wo Sie mit Mitarbeitern und mit den Unternehmensführern, mit den Chefs sprechen –, dann werden Ihnen die Chefs ja wohl sagen, wie gut die Auftragslage ist, wie gut die Wirtschaftszahlen und die Kennzahlen Österreichs sind, dass wir ein Wirtschaftswachstum in einer beachtlichen Höhe – das wir uns ja zu Beginn dieses Jahres nicht erwartet hätten – von etwa 3 Prozent haben (Abg. Dr. Matznetter: ... immer in einem Wahljahr!), dass die österreichischen Unternehmen eine gute Auslastung, eine gute Auftragslage haben – Gott sei Dank! – und dass wir eine Rekordbeschäftigung haben und, wie heute schon angeklungen ist, über 170 000 Menschen mehr in Beschäftigung stehen seit dem Jahr 1999. – Das ist doch positiv! Das sind ja auch Ihre Wähler, die da beschäftigt sind, die in Österreich Einkommen erzielen!
Nehmen Sie das positiv, als einen Erfolg zur Kenntnis – und bejammern Sie das nicht ständig, denn mit dem Bejammern erzielen Sie genau den gegenteiligen Effekt von dem, den wir jetzt unbedingt brauchen! –, einen Erfolg durch die vielen Maßnahmen, die wir setzen, die diese Bundesregierung erfolgreich gesetzt hat, um eine wettbewerbsfähigere Volkswirtschaft zu gestalten, mit den unzähligen Maßnahmen der Steuerreform, die heute schon aufgezählt wurden!
Da muss ich jedes Mal lachen, wenn Sie die
Gruppenbesteuerung heranziehen – ich glaube, Matznetter hat das ja
zu seinem größten Steckenpferd gemacht, immer auf die
Gruppenbesteuerung loszugehen (Abg.
Dr. Fekter: Mehr Stecken als
Pferd!) –: Heute lesen wir in der „Presse“, dass die
ehemalige SPÖ-Vizebürgermeisterin von Villach – immerhin
die Chefin von Infineon, einem sehr erfolgreichen Unternehmen in Villach, das
derzeit bis zu 3 000 Mitarbeiter beschäftigt und eine wichtige
Standortverlagerung von München nach Villach vorgenommen hat –
Folgendes sagt (Abg. Dr. Fekter: Von Praktikern lernen, Herr
Matznetter!): Man sollte lieber als Standortvorteil hervorheben, dass die
Gruppenbesteuerung im Endeffekt dreimal mehr bringt, als sie kostet! (Abg. Dr. Fekter: Ja! Ganz richtig!) – Das sagt Ihre Kollegin
in Villach, und Recht hat sie damit! (Beifall
bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ sowie der Abg.
Dr. Fekter. – Abg.
Dr. Fekter: Matznetter, lernen
Sie Volkswirtschaft!)
Und wenn wir uns Wien anschauen, so gibt es in Wien ja auch den Wirtschaftsförderungsfonds: „Wirtschaftsstandort Wien. Wir wollen hoch hinaus.“, heißt es da in einer Veröffentlichung des WWFF. – Und wenn man sich die Mühe macht und einen Blick hineinwirft, dann liest man unter „Wien auf einen Blick“ Folgendes:
„Steuervorteile im europäischen Vergleich. Der Körperschaftsteuersatz von 25 Prozent ist der niedrigste der ehemaligen EU-15.“
„Top-Standort für Forschung und Entwicklung“. – Das bewerben Sie in Wien, damit Sie – natürlich! – erfolgreich Betriebe außerhalb des Landes nach Wien holen.
„Hoch entwickelte Transport-, Telekom- und industrielle Infrastruktur“.
Niedrige Unternehmenssteuern: auch ein Asset, das wir natürlich auch sehr erfolgreich kommunizieren – aber die Wiener sind stolz darauf, ihr Bürgermeister ist stolz darauf,
dass er so etwas vorweisen
kann. Und da schreibt er Folgendes über die Gruppenbesteuerung:
„ein Instrument mit europaweitem Vorbildcharakter“! –
Das sind Druckwerke, die Sie in Wien austeilen, um internationale Betriebe
anzuheuern, damit sich diese in Wien ansiedeln. (Abg. Dr. Matznetter: ...!
Wie der Herr Taus!)
Dann sollten Sie aber hier im Saal auch die gleiche
Sprachregelung treffen wie der Bürgermeister von Wien (Abg. Neudeck: Aber der Herr
Strobl ist Vizepräsident, glaub’ ich, vom
Wirtschaftsförderungsfonds! – Der kennt sich nicht einmal in
der Kammer aus!) und nicht den Menschen etwas Falsches vorgaukeln. (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der
ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die
österreichische Wirtschaft geht dank einer weitsichtigen und umsichtigen
Regierungspolitik in eine gute Zukunft, und das soll auch weiterhin so
bleiben! – Danke schön. (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
16.10
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als Nächster
ist Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. Wunschredezeit:
4 Minuten. – Bitte. (Abg.
Neudeck: Das Traummännlein
kommt!)
16.10
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Ich habe wirklich die Absicht, mich kurz zu fassen, denn anfangs, als ich die Anfrage gesehen habe, habe ich gedacht: Es ist eigentlich eine persönliche Kränkung des Finanzministers, dass er sich wegen so etwas ins Parlament begeben soll, um hier Rechenkunststücke durchzuführen. (Abg. Scheibner: Aber es war sehr interessant! – Abg. Dr. Fekter: Aber er war brillant in der Beantwortung!) – Wir kommen noch darauf zu sprechen. (Abg. Neudeck: Aber, wenn es geht, noch vor dem 1. Oktober, Herr Professor!) – Als ich dann die Antworten von Finanzminister Grasser gehört habe, habe ich gedacht: Mein Mitleid war wieder einmal fehl am Platz.
Ganz kurz, Herr Finanzminister beziehungsweise Kollegen von der ÖVP: In der Frage 3 beziehen Sie sich auf die Dieselbesteuerung. – Ich würde grundsätzlich sagen: Es ist nichts dagegen anzumerken, dass eine Regierungspartei den Finanzminister auffordert, zu Vorschlägen der Opposition Stellung zu beziehen – obwohl das ja streng genommen nicht Gegenstand der Vollziehung ist: Der Finanzminister vollzieht ja nicht die Vorschläge der Opposition (Abg. Neudeck: Er kann sie nachrechnen!), jedenfalls in Ihrer Regierungszeit nicht, sondern die eigenen Vorschläge.
Nur wäre ich schon dankbar dafür, wenn Sie dann die Vorschläge der Opposition auch korrekt darstellen würden, denn: Die Grünen verlangen eine Anpassung der Dieselbesteuerung an die Benzinbesteuerung nicht nur aus gesundheitspolitischen Gründen, wegen der Feinstaubbelastung, sondern wir wollen das aufkommensneutral machen. Und das ist etwas ganz anderes als das, was Finanzminister Grasser hier dargestellt hat!
Aufkommensneutral heißt: Wenn die Dieselbesteuerung,
sagen wir – das ist ja nur eine faktische Frage, eine empirische
Frage –, zu rund der Hälfte von den privaten PKWs kommt und zur
Hälfte aus der Wirtschaft, von den LKWs und so weiter, dann geben wir das
zur Hälfte den privaten Familien zurück, nämlich im Rahmen einer
Prämie in der Lohn- und Einkommensteuer, und die andere Hälfte den
Unternehmen durch eine Senkung der Lohnsummenbesteuerung, also der
indirekten Kosten der Arbeit. (Abg. Ellmauer: Wie wollen Sie denn das
berechnen? – Abg. Neudeck: 60 Prozent
bleiben in der Administration!)
Gerade die Wirtschaft wird nicht müde – und mit Recht –, immer wieder zu betonen, dass die Lohnsummenbesteuerung, die indirekte Besteuerung der Arbeit in Österreich zu hoch ist. Das ist auch so, das stimmt! Und dann sagen Sie mir, wie Sie das endlich angehen wollen! Hier geht es um Hunderte von Millionen, letztlich sogar um Milliarden von Euro, wenn das wirksam werden soll. Sagen Sie mir, wie Ihre Gegenfinanzierung in diesem Bereich ausschaut! (Beifall bei den Grünen.) Denn ersatzlos werden Sie ja beispielsweise den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleich – 4,5 Prozent der Lohnsumme – nicht abschaffen wollen.
Also wenn schon hier Oppositionsvorschläge in dieser Form diskutiert werden, dann bitte auch so, wie es die Grünen meinen!
Es ist schon klar, dass die ÖVP keine Frage gestellt
hat wie beispielsweise: Wie stellen Sie sich zu den Entlastungsvorschlägen
der Grünen? – Dann hätten Sie zum Beispiel Stellung dazu
nehmen können, Herr Finanzminister, ob Sie es wirklich für total
deppert halten (Ruf bei der ÖVP:
Hallo! – Abg. Lentsch: Schön
sprechen!), private Familien von den Kosten für die private Nachhilfe
von inzwischen 140 Millionen € entlasten zu wollen,
nämlich durch eine bessere Schulpolitik und Bildungsoffensive in
Österreich. (Beifall bei den Grünen.)
Sie hätten erwidern können, wieso Sie nichts davon halten, endlich einmal auch bei den Ein-Personen-Unternehmen, den so genannten Einnahmen-Ausgaben-Rechnern mehr als das zu machen, was Sie gerade im Mai oder Juni dieses Jahres gemacht haben. Das ist ja noch längst keine Anpassung an die Besteuerung des Rests der Gewerbetreibenden. Gerade dort entstehen aber neue Arbeitsplätze! Gerade dort ist das Wachstum am größten: bei den Ein-Personen-Unternehmen oder den Microstars mit ein bis fünf Beschäftigten! – Und so weiter und so fort.
Aber wir haben Wahlkampf, in acht Tagen ist Wahl, insofern darf man sich nicht wundern, dass der ÖVP irgendwie der Schmäh ausgeht bei dieser Dringlichen Anfrage. Ich hätte mir schon gedacht, dass das Know-how bei der ÖVP im finanzpolitischen Bereich oder im bankenpolitischen Bereich größer ist als das, was Sie hier vorgelegt haben.
Ich meine, was die Fragen 7 bis 10 betrifft –
seien Sie ehrlich, wenn wir uns schon mit den Blicken begegnen –: Es
ist erstens einmal mit Sicherheit kein Gegenstand der Vollziehung, dass sich
der Finanzminister da ausrechnet: Na ja, 3 Milliarden dividiert durch das
Durchschnittsgehalt und so weiter, das müsste so und so viele Personen ergeben.
(Abg. Dr. Fekter: Oja: ... der Bevölkerung klarzumachen!) – Dazu
sind Sie nicht selbst imstande? Dazu machen Sie eine parlamentarische Anfrage
an den Finanzminister? (Beifall bei den Grünen.)
Ich meine, dass der BAWAG-Skandal ein Skandal ist, Frau Kollegin Fekter (Abg. Dr. Fekter: Ja, aber die SPÖ sieht das nicht so!), der im Wesentlichen von der ÖGB-Spitze zu verantworten ist, gemeinsam mit den betroffenen Generaldirektoren – allerdings, das ist wirklich eine Riesengeschichte. Das ist jetzt Sache der Justiz und der Staatsanwälte.
Aber Sie machen nicht mehr daraus als diese Rechenbeispiele?
Mehr fällt Ihnen dazu echt nicht ein? – Erstaunlich!, muss ich
sagen. Da ist es kein Wunder, wenn die ÖVP umfragemäßig auch
nicht vom Fleck kommt. (Abg. Dr. Fekter: ... lieber eine Umfrage oder
eine Wahl gewinnen?)
Frage 10 ist überhaupt köstlich: Frage 10 hat offenbar weder der Finanzminister genau gelesen noch der Kollege Cap. Frage 10 kann ich Ihnen nämlich ohne Weiteres sofort beantworten. Wissen Sie, was man auf Frage 10 antworten muss? – Ich lese Ihnen die Frage zuerst vor:
„Können Sie“ – nämlich der Finanzminister – „ausschließen, dass Gelder vom ... Österreichischen Gewerkschaftsbund an die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (...) geflossen sind?“
Das kann ich mit Sicherheit nicht ausschließen.
Das heißt, es ist mit Sicherheit so, dass Gelder vom ÖGB an die
Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter geflossen sind! (Abg. Silhavy: Aber an alle
Fraktionen!) – Ja, wieso denn nicht?! Das ist ja der interne
Finanzausgleich im ÖGB, dass die Mitglieder einzahlen, und im Wege irgendeines
Transfermechanismus – fragen Sie mich nicht genau, wie (Abg. Mag. Molterer: Tun Sie wieder pflichtverteidigen?) – dann
an die Roten und die Schwarzen geht, und wahrscheinlich fällt
irgendwo am Wege auch irgendein Häppchen, so ein ganz winzig kleines
Häppchen, für die AUGE ab, für die grünen Gewerkschafter.
Das ist der normale Finanzausgleich innerhalb des ÖGB! Da ist ja mit
keinem Wort die Rede von der BAWAG! (Abg.
Mag. Molterer: Tun Sie wieder
pflichtverteidigen?)
Der Finanzminister hat in seiner Antwort die Kurve elegant gekratzt, indem er die Frage nicht beantwortet hat (Abg. Mag. Wurm: Schmeck’s!), nämlich hinsichtlich der FSG, sondern statt „FSG“ immer „SPÖ“ gelesen hat. – Ja das ist natürlich etwas ganz anderes!
Dann hätten Sie aber, bitte schön, auch die Frage
so stellen können! Warum haben Sie diese Frage eigentlich gar nicht
gestellt? (Abg. Mag. Molterer: ... Pflichtverteidiger!)
Ist es Ihnen unangenehm, dass man dann dort natürlich auf der Stelle
bei der Parteienfinanzierung ist, bei der Offenlegung der Parteienfinanzierung
in Österreich – was ich mir wünsche, von der SPÖ
nicht weniger als von der ÖVP (Abg.
Mag. Molterer: SPÖ-Pflichtverteidiger
Van der Bellen! – Der Cap braucht heute wirklich einen Unterstützer!),
weil wir in Österreich ein Gesetz haben, das Transaktionen legal macht,
die in Deutschland zum Beispiel strafrechtlich verfolgt werden? Zum Beispiel
die von der Industriellenvereinigung an die ÖVP, möglicherweise an
die FPÖ, möglicherweise an das BZÖ – an die
Grünen jedenfalls nicht – überwiesenen Spenden von
Einzelfirmen: Das ist in Deutschland ein krimineller Akt! – In
Österreich ist das vollkommen legal. (Abg.
Mag. Molterer: Der Josef Cap
braucht heute wirklich einen Unterstützer! Herr Van der Bellen, helfen Sie
ihm!)
Aber diese Frage, die will auch die ÖVP nicht anrühren, genauso wenig wie die SPÖ! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer – zu dem auf seinen Platz zurückkehrenden Abg. Dr. Van der Bellen –: ... dem Josef Cap natürlich helfen! Heute war er nicht gut! Heute hat er Sie gebraucht!)
16.18
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.
16.18
Abgeordneter Fritz Grillitsch
(ÖVP): Frau
Präsidentin! Meine Herren Minister! Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Herr Klubobmann Van der Bellen, zwei Drittel Ihrer Rede waren
jetzt Pflichtverteidigung für die SPÖ! (Abg. Dr. Van der Bellen:
Machen Sie eine gescheite Anfrage!) Man könnte fast den Eindruck
bekommen, die Regierungsgespräche zwischen der SPÖ und den
Grünen sind schon weit gediehen, wenn man Ihnen so zuhört. (Beifall
bei der ÖVP.)
Aber das wollen die Menschen in Österreich nicht,
dieses Rot-Grün, weil sie wissen: Rot-Grün bedeutet Belastung,
Belastung und wieder nichts anderes als Belastung! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)
Und das war schon interessant, Herr Dr. Cap: Sie reden davon, dass die SPÖ nichts schlechtredet. – Seit ich hier in diesem Haus bin, mittlerweile fast vier Jahre, haben Sie
nur eines im Sinn
gehabt – und seit dem Jahr 2000 wissen wir es sowieso
alle –: Österreich schlechtzureden, den
Wirtschaftsstandort schlechtzureden, die Arbeitnehmer schlechtzureden, die
Leistungen der Menschen in Österreich schlechtzureden. –
Hören Sie auf damit! Sie schaden damit wirklich der
Wettbewerbsfähigkeit und dem Wirtschaftsstandort Österreich! (Beifall
bei der ÖVP.)
Österreich zählt heute nun einmal – und das muss man zur Kenntnis nehmen, ob Sie wollen oder nicht, Herr Dr. Cap – zu einem der sichersten Länder. Wir sind auf Platz vier in der EU, was den Wohlstand betrifft. Wir liegen bei der Lebensqualität und der Nachhaltigkeit und der Gesundheitsinfrastruktur weltweit auf Platz eins! Und noch nie gab es in Österreich so viele Arbeitsplätze – falls Sie es nicht wissen: Rund 3,4 Millionen Menschen haben derzeit in Österreich Arbeit, meine Damen und Herren! Die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist erreicht, und sie wird sich weiter fortsetzen. Wir haben um nahezu 60 000 Menschen mehr in Arbeit als vor einem Jahr. Nehmen wir das auch zur Kenntnis, und reden wir das nicht ständig schlecht!
Die ÖVP wird weiter für diese Voraussetzungen arbeiten: für mehr Arbeit, für mehr Wohlstand, für mehr Sicherheit!
Ich appelliere an Sie, Herr Dr. Cap, an Ihre Kolleginnen und Kollegen, an Ihre Verantwortungsträger im ÖGB: Decken Sie nicht weiter zu! (Zwischenruf des Abg. Marizzi.)
Herr Kollege Marizzi! Ich bin interessiert an diesem Thema, nämlich weil ich eine funktionierende Sozialpartnerschaft haben will in diesem Land, in Österreich – und nicht, dass ein Sozialpartner versucht, alles zuzudecken und nichts aufzuklären. So wird die Sozialpartnerschaft in Zukunft nicht funktionieren, das nehmen Sie auch zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Legen Sie einmal die Subventionen in der Landwirtschaft offen!)
Wir sind bereit, wenn alle dazu bereit sind! Ein klares Bekenntnis: Wenn alle dazu bereit sind, sind auch wir bereit! Überhaupt keine Frage, Herr Kollege Kogler. Das haben wir immer ganz klar transportiert und auch ganz klar gesagt.
Aber das ist schon ein wesentlicher Unterschied! Man wird doch wohl fragen dürfen: Was ist mit den Mitgliedsbeiträgen beim ÖGB passiert? (Abg. Mag. Kogler: Ja eh!) Wo ist denn das Geld hingekommen? Wo sind denn die Schulden, die 2,2 Milliarden €? Wo ist das Geld hingekommen? – Bitte klären Sie auf! Klären Sie auf, agieren Sie und geben Sie uns Gewissheit darüber, was mit diesem Geld passiert ist, meine Damen und Herren!
Und ich sage ganz ehrlich: Mir tut es Leid für die
Arbeitnehmer in diesem Land. Ich bin in einem Gasthaus aufgewachsen, mitten
unter den Bergarbeitern. Es wurde eine Idee verraten! Sie haben eine Idee
verraten, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! (Beifall
bei der ÖVP.)
Schauen Sie, daher
werden wir das ganz sportlich nehmen in den nächsten Wochen, in den
nächsten Tagen vor allem: Wir werden den Menschen sagen, was wir getan haben,
was wir geleistet haben. Sie können das nicht, weil Sie nichts geleistet
haben. Wir werden den Menschen sagen, was wir uns für die Zukunft in
diesem Österreich vorstellen. Dabei werden wir auch klar sagen, was
Herr Gusenbauer mit dem ländlichen Raum vorhatte, nämlich dem
ländlichen Raum 50 Prozent zu streichen und damit auch 530 000
Arbeitsplätze zu gefährden, Herr Kollege – 530 000
Arbeitsplätze zu gefährden! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wir werden sagen, dass ihr eine Mietersteuer machen wollt. Wir werden sagen, dass ihr eine Häuslsteuer machen wollt. Wir werden sagen, dass ihr eine Pendlersteuer einführen wollt. Wir werden den Menschen ganz klipp und klar sagen, dass ihr außer be-
lasten nichts könnt! Außer belasten
könnt ihr nichts, meine Damen und Herren! (Abg. Bures: ... Arbeitslosigkeit!)
Wir entlasten! Wir sichern für
die Menschen im ländlichen Raum 8 Milliarden € bis zum
Jahr 2013. Wir haben vor, die Erbschaftssteuer zu streichen, die
Schenkungssteuer zu streichen und ganz einfach den Wirtschaftsstandort Österreich
auch entsprechend weiter voranzutreiben. Wir nehmen die Chancen wahr, im
Energiebereich, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien, und wir
schaffen eine moderne Infrastruktur für den ländlichen Raum, beispielsweise
mit Breitbandtechnologie. (Die Abgeordneten Gradwohl und Parnigoni: Wo?
Wo?)
Nicht einmal das
habt ihr gehört! Nicht einmal das habt ihr mitgekriegt, meine Damen und
Herren (Abg. Gradwohl: Erzähl
einmal, wo!), dass wir nun sowohl eine Energiestiftung für die
Zukunft einführen werden – Bundeskanzler Schüssel hat das
angekündigt – als auch eine Breitbandtechnologie-Offensive
im Ausmaß von 500 Millionen €. (Abg. Gradwohl: Wo, Herr Kollege Grillitsch?)
Herr Kollege
Gradwohl! Schade, dass du jetzt aus dem Nationalrat ausscheidest, denn die
letzten vier Jahre hast du verschlafen, was in der Region an
Breitbandtechnologie-Ausbau passiert ist, und du hast verschlafen, dass wir
dadurch, durch diese Technologie, Weltmarktführer in den
ländlichen Raum bekommen haben, lieber Kollege, und Arbeitsplätze
sichern konnten – durch diese neue Infrastruktur, durch die wir die
Welt ins Dorf bekommen haben (Abg. Gradwohl:
Wo? Wo, Herr Kollege?) und unsere Leistungen, unsere Ideen in
Sekundenschnelle in die Welt hinausstellen können! (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich hoffe, dass Sie spätestens nach dem 1. Oktober aus Ihrem Tiefschlaf erwachen und dann gemeinsam an Lösungen für Österreich arbeiten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Nur Bla-bla! – Nichts wissen und hinausgehen! – Abg. Dr. Jarolim: Diese Rede hat der Stummvoll geschrieben! – Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Oder der Amon!)
16.24
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
16.24
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Zu Kollegem Grillitsch brauche ich eigentlich nichts zu ergänzen. Sie sollten einmal feststellen, dass Österreich beim Breitband innerhalb von drei Jahren vom sechsten Platz auf den 15. Platz zurückgefallen ist! – So viel zum Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Herr „Professor Matznetter“!)
Wir hätten ja gerne unsere Dringliche heute gestellt. Sie hätte vom Thema Taus und Mobilkom gehandelt, aber das können wir beim Thema BAWAG nachholen. – Zuerst nur ein paar Worte zu dieser Manifestation der Propaganda, bei der schon die Mikrophone ausfallen, weil selbst die das nicht mehr hören können.
Faktum ist: Im Jahr 1999 betrug die Arbeitslosenrate 3,9 Prozent; bei den EU-15 – das sind alle EU-Mitglieder in Westeuropa – 8,6 Prozent. Im Jahr 2006 beträgt sie 5,2 Prozent, und nur noch 7,8 Prozent bei den EU-15! Dort ist sie gefallen – und bei uns rigide gestiegen! Hören Sie auf, das schönzureden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: In Österreich haben wir Vollbeschäftigung!)
Beschäftigung – ja, Frau Kollegin, ich bleibe gleich bei diesem Thema: Durchschnittliches Wachstum der Beschäftigung (Abg. Dr. Fekter: ... weil in Wien Misswirtschaft herrscht!) in diesem Zeitraum, ab 2000: 0,4 Prozent. (Abg. Dr. Fekter: Wie viel hat
Wien?) Wissen Sie, wie hoch der Durchschnitt bei den EU-15 war? Mehr als doppelt so hoch: 0,9 Prozent! – Ich will nicht, dass alle anderen besser sind als wir! Wir wollen besser sein, aber mit der ÖVP geht das nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: ...! Oberösterreich hat 1,7 Prozent! Wien hat über 8 Prozent!)
Es verwundert ja nicht, dass Kollege Dinkhauser, immerhin
AK-Präsident in Tirol und ÖVP-Politiker, schlichtweg von einem
Armutszeugnis spricht, weil eine Million Österreicher bereits
gefährdet ist. Und er sagt – das ist nämlich das
Wichtige –: Eine gerechte Umverteilung zugunsten des Mittelstandes
muss jetzt stattfinden, weil sie bisher nicht stattgefunden hat. (Zwischenrufe des Abg. Amon. – Abg. Murauer:
Na geh! – Abg. Dr. Fekter:
Weil wir 10,5 ... Entlastung haben!)
Genau dieser Punkt ist es, den wir kritisieren: Sie haben in Österreich einen Nettozuwachs beim Realeinkommen von null, und bei den Großkonzernen – und zwar nur dort – haben wir jedes Jahr 40 und 50 Prozent mehr Gewinn! Das ist kein Wunder, denn Ihre Steuerpolitik fördert genau eines: durch Gruppenbesteuerung Arbeitsplatzansiedlung in Indien, China oder sonst wo. Und durch Streichen der Investitionsbegünstigung begünstigen Sie das Wegsiedeln aus Österreich und die Konsequenz: Rekordarbeitslosigkeit, sinkende Löhne! (Abg. Mag. Molterer: Warum sagt Frau Kircher-Kohl, das ist gescheit, die Gruppenbesteuerung? Das ist interessant! Die versteht mehr als Sie!)
Aber wir kommen zu dem noch viel interessanteren Thema, das Sie in Ihren Fragen 7 bis 10 angegangen sind, zum Thema BAWAG. – Da stellt sich Jörg Haider vorgestern hin und sagt, er habe einen Beweis für die Parteienfinanzierung. (Abg. Murauer: Für Ihre Parteienfinanzierung!) Und dann stellt sich heraus, es geht eine Überweisung von 320 000 US-Dollar von Herrn Flöttl – das ist der Jachturlaubspartner des Herrn, der jetzt hinter mir sitzt – an eine „Galonia“-Stiftung in Liechtenstein.
Interessant ist: Über die haben aber „NEWS“ und die Tageszeitung „Die Presse“ – wahrscheinlich auch ein „linkes Kampforgan“ – bereits am 20. Juli geschrieben! Die ist dem Geschäftsmann Martin Schlaff zuzurechnen. – Und jetzt sagte Flöttl gestern im Fernsehen, er habe keinen Beweis, aber ihm wurde von dem BAWAG-Vorstand, der es angewiesen hat, gesagt, dass das Geld für eine „politische Hilfestellung“ notwendig ist.
So? Im März 2005, was stand denn damals an, wofür man eine politische Hilfestellung braucht? – Da hat die Telekom Austria gerade ein Offert bekommen, mit einem Kaufpreis von 1,6 Milliarden €, für die bulgarische MobilTel! Und just da musste der Aufsichtsrat zustimmen, um das Closing zu ermöglichen, was dann auch stattgefunden hat.
Ich frage Sie: Herr Schlaff war aber dabei mit Herrn Josef Taus, war dabei bei diesen drei Herren, die ohne einen Cent eigenen Geldes zu riskieren – weil die MobilTel Holding ausschließlich durch einen BAWAG-Kredit finanziert wurde, und dann wurde die BAWAG ohne einen Cent Gewinn aus dem Deal ausgeschieden –, die ohne einen Cent Einsatz, ohne Risiko, 800 Millionen € Petite gemacht haben – und damit die 1,6 Milliarden bezahlt werden, war der Beschluss des Aufsichtsrates notwendig!
Jeder möge sich selber überlegen, welchen „Hintergrund“ es hatte, wenn da eine solche Zahlung von 320 000 US-Dollar auf eine Stiftung des Herrn Schlaff erfolgte. Da kann sich jeder selbst seinen Reim darauf machen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Aber jetzt bleiben wir gleich bei diesem Thema. Vielleicht finden wir hier auch die Lösung der Frage, warum denn der Prüfbericht der OeNB schubladisiert wurde – übrigens, wie im Unterausschuss im Erhebungsbericht gesagt wurde: Enderledigt 10. De-
zember 2001. (Abg. Amon: 1994er-Prüfbericht!) – Justament jener Tag, an dem Herr Taus in Sofia sagte, dass sie interessiert sind am Kauf der MobilTel!
Und der Vorgang lief genau so – gönnt mir die paar Sekunden, es ist nämlich hochinteressant, das zu hören! (Abg. Neudeck: So, wie Sie es bringen, ist es nicht interessant!) –, dass die Herren Taus, Schlaff und Cordt eine Gesellschaft mit der BAWAG gründen: 30 Prozent die BAWAG, 70 Prozent die Herren. Und allein finanziert die BAWAG den Ankauf von einem gewissen Chernoy oder Levajev – es ist völlig obskur, wem die MobilTel gehört hat. (Abg. Dr. Fekter: Kreditfinanziert!)
Moment, Frau Kollegin, da gibt es zwei Denkschulen, die eine sagt, ein Kredit wurde von den drei Herren besichert – dann stellt sich die Frage: Woher hatten die 11 Milliarden Schilling Besicherung? –, oder es gab keine Besicherung – das war dann ein Geschäft wie jenes mit dem Herrn Flöttl. (Abg. Neudeck: Das ist so wie der BAWAG-Kredit! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Und als der Gewinn dann möglich wurde, schied die BAWAG ohne einen Cent aus, und die Herren, die nie einen Cent eingezahlt hatten, machten 800 Millionen € Gewinn! – Und der Herr Bundeskanzler saß im März 2003 im Jet nach Sofia und konnte uns bis heute nicht erklären, was er dort gemacht hat. Aber das werden wir herausbekommen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Der Herr Schlaff ist aber ... von Gusenbauer!)
16.30
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
16.31
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant: Kollege Matznetter hat so viel gesagt, aber er hat keinen einzigen Vorschlag gemacht, was die SPÖ besser machen kann – eher schlechter. Er hat vergessen, was seine Kanzler und seine Finanzminister in den letzten 30 Jahren den ÖsterreicherInnen und Österreich angetan haben: 174 Milliarden Schulden! Das tut weh! (Abg. Neudeck: Ihm tut es nicht weh, denn er zahlt es ja nicht!) 174 Milliarden Schulden! 7,5 Milliarden € müssen die Österreicherinnen und Österreicher jetzt an Steuer zahlen. Und dann stellt sich Kollege Matznetter her und tut so, als wäre die SPÖ die große Wirtschaftspartei.
Ich glaube, dass er sogar Finanzberater beim ÖGB war – vielleicht stellt sich das ohnehin noch heraus und kommt noch mehr ans Tageslicht, Herr Kollege Matznetter.
Bei dem, was die derzeitige Regierung für Österreich gemacht hat, muss ich wirklich sagen, müsstet ihr euch eigentlich herausstellen und sagen: Danke schön, BZÖ, danke schön, ÖVP! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Wir haben das Haus Österreich wieder in Ordnung gebracht.
Ihr habt Schulden hinterlassen, ihr habt kaputte Krankenkassen hinterlassen, ihr habt kaputte Pensionsversicherungen hinterlassen, ihr habt die Verstaatlichte total hinuntergewirtschaftet – mehr als 60 000 Arbeitnehmer haben unter eurer Kanzlerschaft und unter euren Finanzministern den Arbeitsplatz verloren! Jeder Betrieb, in dem ihr Verantwortung übernommen habt, ist pleitegegangen. Erinnert euch an den „Konsum“, ihr müsstet euch heute noch dafür entschuldigen, wie viele Arbeitsplätze ihr dort vernichtet habt, und vieles mehr!
Den größten Skandal in der Zweiten Republik habt ihr aber mit der BAWAG beziehungsweise mit dem ÖGB geliefert. Der ÖGB ist die geheime Parteizentrale der SPÖ. Gusenbauer ist bei Präsidiumssitzungen immer hinten hineingegangen, ab und zu
vorne raus; er hat über alles Bescheid gewusst. Und daher, sage ich, ist die SPÖ mitgehangen und mitgefangen!
Es ist unverantwortlich, mit Arbeitnehmergeldern vom Verein ÖGB so umzugehen. Überall, wo die SPÖ das Sagen hat – schaut es euch einmal an! –: Ein Präsident und ein Finanzchef des ÖGB entscheiden über das gesamte Vermögen, über 3 Milliarden € werden einfach in der Karibik verspekuliert. Eine Pension in der Höhe von 80 Prozent des Letztbezuges hat diese ÖGB-Führung für sich selbst beschlossen (Abg. Dr. Cap: Atmen nicht vergessen!) – da hat niemand mit beschlossen! –, 24 Monatsgehälter Abfertigung, und 2 000 ÖGB-Mitarbeiter zittern jetzt um ihre Pension! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß, die Wahrheit tut weh. Aufpassen, da könnt ihr ein bisschen etwas lernen, vielleicht macht ihr es dann das nächste Mal besser. Aber euch kann man keinen Betrieb in die Hand geben, denn es geht alles den Bach hinunter.
Ich muss wirklich sagen, das ist unverantwortlich. Normalerweise müsstet ihr hinausgehen und euch bei allen ÖGB-Mitgliedern entschuldigen – es sind euch ohnehin schon viele davongelaufen –, bei Zehntausenden Betriebsräten, die tagtäglich beste Arbeit im Betrieb leisten, haben sich wegen eurer Skandalwirtschaft, wegen eurer Misswirtschaft, die ihr betrieben habt, beschimpfen lassen müssen.
Der ÖGB ist ja nur so stark, wie es die Betriebsräte sind. Und die haben den Kopf hinhalten müssen. Daher sind auch so viele ausgetreten. Man sieht das auch, wo die SPÖ das Sagen hat. Schaut einmal in Oberösterreich: Bürgermeister Böhm in Pasching ist aus eurem Holz geschnitzt! – Wenn ich all die Skandale sehe, muss ich immer sagen: Sag mir, mit wem du gehst, dann sage ich dir, wer du bist!
Ich hoffe, dass diese SPÖ unter solcher Führung und diesen Voraussetzungen nie wieder Verantwortung in Österreich erhält, andernfalls kann es nur bergab gehen.
Diese Regierung hat das Haus Österreich wieder hinaufgewirtschaftet – wir haben die besten Zahlen in der Wirtschaft, die Zahl der Arbeitslosen haben wir auf unter 200 000 reduziert, das hat es unter der SPÖ sowieso nie gegeben. (Abg. Bures: Was habt ihr?) Wir haben das Sozialsystem gesichert, wir haben die Pensionen gesichert, wir haben der Jugend Programme gegeben und vieles mehr.
Ich kann nur eines sagen: Ich hoffe, dass ihr am 1. Oktober die entsprechende Antwort bekommt! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
16.35
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als Nächster
zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Ich stelle die
Gesamtredezeit von 10 Minuten ein. – Bitte. (Abg. Marizzi:
Jetzt bekommt das Ganze wieder Niveau!)
16.36
Abgeordneter Mag. Werner Kogler
(Grüne): Frau
Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Diese Dringliche Anfrage
des Abgeordneten Stummvoll und des Klubobmannes Molterer folgt offensichtlich
dem neu ausgerufenen Motto des Bundeskanzlers, das in der
ÖVP-Fraktion mittlerweile offensichtlich sehr beliebt ist: Tiefer geht es
nicht! (Rufe bei der ÖVP: Besser
geht es nicht!)
Wenn ich mir insbesondere die Fragen 7 bis 10 anschaue – es sind ja die vorhergehenden schon nicht herausragend und heben sich nicht ab von dem außerhalb dieses Hauses natürlich zulässigen Wahlkampf-Kauderwelsch, aber, bitte, hier herinnen? –, muss ich sagen: Die sind ja überhaupt sozusagen außer Kontrolle geratene Inserattexte. An diese haben Sie hinten ein Fragezeichen geknüpft und die Ziffern von 7 bis 10 davor hingeschrieben – und siehe da, schon soll es eine Dringliche Anfrage sein!
Frage 8: „Wie hoch war die Abfertigung“ von Elsner – was eh jeder weiß und was schlimm genug ist –, „und wie lang muss ein durchschnittlicher Verdiener...“ (Abg. Neudeck: Was ist schlimm, dass es jeder weiß oder ...?) – Man hätte etwa auch formulieren können: „... wie lange muss eine Mindestpensionistin ...“, dann hätte man noch schönere Zahlen gehabt. (Abg. Neudeck: Sie finden es schlimm, dass jeder weiß, was der Elsner an Abfertigung bekommen hat?!) – Nein, das ist alles Mögliche, aber jedenfalls keine vernünftige Dringliche Anfrage.
Im Übrigen ist diese Dringliche Anfrage meines Erachtens geschäftsordnungswidrig, das muss ich schon auch einmal sagen, Frau Präsidentin. Die Fragen 7 bis 10 haben mit der Vollziehung exakt überhaupt nichts mehr zu tun. Sie von der ÖVP haben nicht einmal den Versuch gemacht – dafür könnte man ja noch gewisses Verständnis aufbringen –, zu sagen, dass immerhin eine SteuerzahlerInnen-Haftung, um in Ihrem Jargon zu bleiben, für die BAWAG existiere, sodass das irgendwie doch noch eine nach der Geschäftsordnung gerechtfertigte Anfrage wäre. Aber nicht einmal das ist gelungen, weil gar nicht versucht. (Abg. Neudeck: Was ihr schon alles gefragt habt, was nicht Vollziehung ist!)
Sei’s drum: Immerhin hat man sich bemüht, so etwas wie eine Belastungs- und Entlastungsdebatte durchzuführen. Ich möchte noch kurz unsere Position umreißen.
Was Belastung und Entlastung ist, darf man nicht bloß daran messen, ob irgendwo bei den Budgeteinnahmen, sprich: bei den Steuern, etwas runtergeht und anderswo vielleicht gerade nicht. Es ist so, dass man natürlich immer schauen muss, wer wovon profitiert. Es kann auch bei den Ausgaben eine persönliche Entlastung erfolgen, wenn Transferzahlungen durchgeführt werden.
Sie mit den ständigen Sparpaketen, weil Sie sich
anschicken, bei den besseren, vermögenden Einkommensschichten zu
entlasten, werden auf der anderen Seite Sparpakete brauchen, und das ist
das eigentliche Belastungspaket. Die eigentlichen Belastungspakete
schnüren Sie, weil das, was seit dem Jahr 2000 gelaufen ist,
tendenziell die Unterprivilegierten viel stärker trifft. Das lässt sich
mit allen Statistiken nachweisen. Da wird Ihnen vielleicht im Wahlkampf dieses
Kampf-Kauderwelsch helfen, aber versuchen wir, hier wenigstens eine Spur
seriös zu bleiben. (Abg. Dr. Fekter: Wir haben die unteren Einkommen
entlastet, steuerfrei gestellt!)
Ich kann das genauso gut umgekehrt deuten (Abg. Dr. Fekter: Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es heraus!): Es ist eben wichtig, wer an welcher Stelle entlastet wird. Die Grünen treten als Entlastungspartei an: Wir entlasten bei den Studierenden. Warum ist das so wichtig? – Weil wir die Zahl der Studierenden erhöhen wollen und nicht diesen Kaputtsparkurs der Ministerin Gehrer dort noch unterstützen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter), wo Sie mit den Studiengebühren noch restriktiv eine draufhauen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)
Aber das passt ja ohnehin, das ist ja die konsequente Fortsetzung Ihrer Schulpolitik: kaputtsparen – gerade nach dem Motto: Koste es, was es wolle! Und so funktioniert es dann auch.
Ein-Personen-Unternehmen – unsere Vorschläge gehen viel weiter. Wir würden im Nettopaket noch immer 250 Millionen € aufwärts lockermachen. Ich sage Ihnen zum Schluss etwas zur Gegenfinanzierung, denn das unterscheidet uns, denn Sie brauchen entweder Sparpakete oder höhere Defizite, wie man das manchmal bei den FreundInnen der Sozialdemokratie vermuten darf.
Niemand von Ihnen stellt sich her und gibt zu: Wir können gar nicht sagen, ob sich das ausgeht! Das macht einfach den Unterschied aus. Das Hoffen auf das Nulldefizit allein kann nicht ausreichen, weil entweder ein riesiges Sparpaket notwendig ist oder ein
Wirtschaftswachstum von 4 oder 5 Prozent. (Abg. Neudeck: Wir wissen, dass sich eures von vornherein nicht ausgeht!) Aber woher soll denn das kommen? Das glaubt ja nicht einmal Kollege Grasser. Also fahren Sie ab damit, wirklich wahr, das kann ja so nicht funktionieren.
In anderen Bereichen allerdings ist gegenzufinanzieren, wenn das nicht davongaloppieren soll – und wir bekennen uns dazu. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was tun Sie für die Ein-Personen-Unternehmen? – Abg. Dr. Fekter: Ja, was sagen Sie dazu?)
Wir haben für die
Einnahmen-Ausgaben-Rechner – wenn ich einen Zwischenruf einmal
aufnehmen darf – wesentlich weiter reichende
Verlustvortragsregelungen, als im letzten Paket enthalten waren. Sie haben
ja selbst kritisiert, dass das völlig falsch angelegt war und mir sogar
Recht gegeben – das tun Sie ja öfter. Ich möchte Ihnen ja
nicht schaden, aber mit diesem Zwischenruf sind Sie nicht so weit gekommen.
Unser Vorschlag sieht sieben Jahre vor, wir stehen jetzt bei
den Verlustvortragsregelungen bei drei Jahren, und einen Haufen
Maßnahmen mehr in diese Richtung. (Abg.
Neudeck: Aber wir haben es gemacht,
und ihr habt es nur erzählt!) Nein, gar nicht, wir haben an dieser
Stelle mitgestimmt. (Abg. Mag. Molterer: Also war es nicht so
schlecht, was wir gemacht haben!) So ist es ja noch nicht, dass das
Parlament auch noch so geteilt wird. (Abg.
Mag. Molterer: Wir sind
dagegen, aber wir haben dafür gestimmt!)
Ich sage Ihnen etwas, was Ihnen gefallen wird: Bei der Lohn- und Einkommensteuer ist natürlich die kalte Progression abzufangen. Es ist auch nicht nur darüber nachzudenken, sondern wirklich durchzuführen, dass die Belastung durch den 50-prozentigen Spitzensteuersatz gesenkt wird. Aus unserer Sicht soll nicht der Steuersatz zurückgefahren werden, sondern die Grenze muss hinaufgeschoben werden, sodass wesentlich weniger diese 50 Prozent für Einkommensteile zahlen müssen. Das soll aber schon dazu führen, dass die, die besonders gut verdienen, die Bestverdienenden, für diese hohen Einkommensteile noch die 50 Prozent zu zahlen haben, denn andernfalls hätten wir in ein paar Jahren die Debatte, die in der Bundesrepublik Deutschland ständig stattfindet, wo so genannte Reichensteuern oder Solidarbeiträge debattiert werden, die nichts anderes bedeuten, als bei jenen ganz oben wieder 50 Prozent zu erreichen. Wir haben das.
Ja, es ist so, es zahlen zu viele diese 50 Prozent für Einkommensteile, und deshalb wollen wir mindestens wieder an die Stelle kommen, an der wir 1989 gestanden sind, als Lacina die damalige große Reform gemacht hat, und das bedeutet eine Erhöhung bei der Steuerbemessungsgrundlage von 50 000 auf mindestens 70 000. Wir würden sogar noch höher gehen.
Sie sind also auch nicht die alleinige Mittelstandspartei, auch nicht die SPÖ. Nur: Wir haben zusammengerechnet, was das kostet, und deshalb bekennen wir uns zu ein paar Gegenfinanzierungen. Ich sage Ihnen einmal ganz offen, was hier im Haus – mittlerweile offensichtlich auch schon von den Sozialdemokraten – tabuisiert wird.
Im Zusammenhang mit der Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer kann man darüber reden, dass diese vielen kleinen Fälle, von denen Sie reden, wirklich ärgerlich sind: erstens, weil sie vom Aufkommen her nicht viel bringen und verwaltungsmäßig eine relativ hohe Manipulation sozusagen erfordern. Aber es ist sehr wohl eine Reform möglich, die so ausschaut, dass besonders große Vermögen, die vererbt oder verschenkt werden, also transferiert werden, mit einem höheren durchschnittlichen Steuersatz belastet werden als jetzt, aber eben besonders große Vermögen.
Wie viele Fälle das dann sind und was das bringt, ist eine andere Frage, aber eines kann nicht sein: dass im EU-Durchschnitt 2,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes über
vermögensbezogene Steuern aufgebracht werden, in Österreich aber nur 0,6 Prozent. Das ist eine Differenz von 1,5 Prozentpunkten. Es geht dabei nicht darum, dass insgesamt die Steuern erhöht werden, aber wenn wir schon bei der Lohn- und Einkommensteuer oder bei anderen gegenzufinanzieren haben, dann wäre das ein Kandidat, nämlich dort einmal etwas zu holen, wo offensichtlich Steuerprivilegien der Sonderklasse existieren.
Es ist einfach so, Herr Stummvoll: In bestimmten Bereichen,
namentlich im Stiftungssteuerrecht, ist Österreich zur Steueroase
verkommen, zur Steueroase für besonders Begüterte. Hätten Sie
gleich ins Gesetz geschrieben: Wer besonders große Vermögen hat,
zahlt besonders keine Steuern mehr. So ist die Sache! (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)
Mittlerweile gibt es mehr Stiftungen als Aktiengesellschaften in Österreich. Das hat einen einfachen Grund: weil die Unternehmensanteile in Stiftungen versteckt werden und dann praktisch keine Gewinnsteuern mehr gezahlt werden, bis man sie herausnimmt. So schaut das nämlich aus, und das ist ein Privilegienstadl im Steuerbereich, der nicht mehr duldbar ist. Und wenn man all das summiert, kommen dort 300 Millionen, da 500 Millionen zustande, und die Gegenfinanzierung ist perfekt. Wir bekennen uns dazu. Man darf ja gespannt sein, wie Sie ohne Sparpakete auf Ihr Nulldefizit kommen wollen. Aber diese Voodoo-Öko..., ach so, das darf man ja nicht mehr sagen, da es eine Beleidigung des Voodoos an sich wäre, wenn man dazu Voodoo-Ökonomie sagt. Herr Finanzminister, es ist irgendetwas anderes, jedenfalls etwas noch Ungeschickteres. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Aber wenden wir uns ab von der Belastungs- und Entlastungsdebatte. Ich sage Ihnen nur, dass alles relativ ist. Wir wollen die entlasten, die es wirklich brauchen, während Sie auf ihre Klientelen schielen, das macht einfach den Unterschied. Wir bekennen uns eben zur Gegenfinanzierung. (Abg. Dr. Fekter: ... Eurofighter!) – Nein, den Eurofighter haben wir gar nicht erwähnt, das ist ja für Sie eine Koalitionsbedingung, wie ich jetzt gesehen und wieder gelesen habe. Also plakatieren Sie ruhig, wer diesen nutzlosen Krempel will, soll ÖVP wählen. Ich habe damit nichts über ihren Nutzen sagen wollen.
Kommen wir zu einem zweiten Bereich, weil Sie das in der Anfrage mit aufgeworfen haben, zum BAWAG-Skandal, der ja wirklich als solcher bezeichnet werden muss, und zu den Praktiken hier im Haus, was die Untersuchungsarbeit betrifft. Es wird ja über einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abgestimmt werden, und nachdem es dazu keine Debatte gibt, möchte ich an dieser Stelle die Sache erwähnen.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): 10 Minuten sind um.
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Gut. Ich sage nur: Wenn Sie ehrlich an Aufklärung interessiert wären, dann würden Sie diesem Untersuchungsausschuss zustimmen und nicht mit Ihrer Mehrheit willkürlich hier Dinge zulassen, die die Aufklärung verhindern. Das wird seinen Grund haben. – Reden wir einmal über Taus und Schlaff, da ist dem Kollegen Matznetter zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck.)
16.46
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Dr. Fekter. Wunschredezeit:
6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
16.46
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! (Abg. Dr. Cap: Was ist
mit dem Taus?) Lieber Herr Kollege Kogler, wenn Sie hier Wirtschaftspolitik vertreten, dann, muss ich ganz ehrlich sagen, kann ich nur den Kopf schütteln. (Abg. Mag. Kogler: Das liegt aber an Ihrem Kopf!) Ihr EPU-Programm war nämlich ziemlich nebulos – nur zu sagen, die Verlustvorträge auf zwei Jahre anzuheben. (Abg. Mag. Kogler: Auf sieben!) Sie haben verschlafen, was diese Bundesregierung getan hat, Herr Kogler! Ich sage es Ihnen ganz ehrlich.
Ich habe zu Hause
einen mittelständischen Betrieb, und ich habe es geschätzt, nämlich
im Sinne unserer Arbeitsplätze, dass wir die Körperschaftsteuer
gesenkt haben, denn ich bin eine GesmbH. (Ironische
Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sie sind eine
GesmbH?)
Wir haben die
Steuern auf nicht entnommenen Gewinn gesenkt, 50 Prozent.
Wir haben 10 Prozent
Investitionsfreibetrag für Einnahmen-Ausgaben-Rechner geschaffen –
Einnahmen-Ausgaben-Rechner sind im Allgemeinen die kleinen Betriebe.
Wir haben die
Lohnnebenkosten um 550 Millionen € gesenkt.
Wir haben die
13. USt abgeschafft.
Wir haben
1 Milliarde € zusätzlich für Forschung und Entwicklung
ausgegeben.
Wir haben den
Forschungsfreibetrag auch für kleinere Unternehmen geschaffen.
Wir haben leichtere
Betriebsübergaben durch eine Erhöhung des Freibetrages geschaffen.
Wir haben eine
völlige Steuerbefreiung für Einkommen bis 10 000 €
geschaffen.
Wir haben die
Halbierung der Mindestbeitragsgrundlage zur Krankenversicherung gemacht.
Wir haben das Kinderbetreuungsgeld
für UnternehmerInnen eingeführt.
Wir haben die
steuerbegünstigte Eigenvorsorge auch für Selbständige
eingeführt, 50 Prozent Kostenersatz bei Freizeit- und
Arbeitsunfällen für die kleinen Betriebe – ich gebe zu,
meinem Betrieb kommt das nicht zugute, weil ich ein Mittelstandsbetrieb und
kein Kleinbetrieb bin.
Die
Arbeitslosenansprüche für Unselbständige haben wir
geschaffen – das betrifft insbesondere die EPUs, nämlich
die Ein-Personen-Unternehmen.
Wir haben das
Betriebshilfemodell ausgeweitet. (Abg. Neudeck:
Und so weiter, und so weiter!)
Wir haben eine Ausweitung des Verlustvortrages bis drei Jahre gemacht – zugegeben, wir sind bei einer Ausweitung auf sieben Jahre dabei, aber das ist eine Marginalie gegen das, was wir schon alles gemacht haben, Herr Kogler! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)
Ich lese jetzt meine Liste nicht weiter vor – ich könnte da auch noch umblättern –, ich habe Ihnen nur ein bisschen Nachhilfe gegeben, weil Sie das verschlafen haben, und gesagt, was bereits für die ganz kleinen EPUs und mittelständischen Unternehmen gemacht wurde.
Diesen Entlastungskurs wollen wir natürlich fortsetzen.
Das gelingt aber nur dann, wenn das Land weiter blüht, gut dasteht und
nicht abgewirtschaftet wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.) Die Gusenbauer-SPÖ
würde dieses Land abwirtschaften, denn Gusenbauer-SPÖ kann nicht
wirtschaften. (Abg. Neudeck: Ein politischer Winter wäre das!) Die
Wahrscheinlichkeit, dass die Gusen-SPÖ, Gusenbauer-SPÖ weitere
Pleiten produziert, ist nämlich groß. (Abg. Heinzl: Langsam
sprechen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich ein
Wort zum BAWAG-ÖGB-SPÖ-Skandal sagen. Bundespräsident
Dr. Kirchschläger hat den bedeutungsvollen Ausspruch von der
Notwendigkeit, saure Wiesen trockenzulegen, gemacht. – Damals:
AKH-Skandal, Lucona-Skandal, Noricum-Skandal,
„Konsum“-Pleite, ARBÖ-Veruntreuungen, Bank-Burgenland-Pleite,
und jetzt: BAWAG-Pleite oder zumindest -Skandal (Zwischenrufe bei der SPÖ), ÖGB-Veruntreuungen der
Mitgliedsbeiträge – alles im Dunstkreis der Sozialisten,
überall SPÖ-Parteimitglieder verantwortlich für diese
Misswirtschaft. (Abg. Gradwohl: Alles beim Herrn
Kirchschläger, der arme Herr Alt-Bundespräsident Kirchschläger!
Das hat er sich nicht verdient!)
„Saure Wiesen“, hat damals Dr. Kirchschläger
gesagt. Und heute? – Heute sind diese sauren Wiesen nicht
trockengelegt, sondern zu einem tiefen roten Sumpf angeschwollen. Ein
Morast im Dunstkreis der SPÖ (Zwischenrufe
bei der ÖVP), von der Staatsanwaltschaft, die Verfahren
niedergeschlagen hat, bis zum Chef der Wirtschaftspolizei, über rote
Finanzminister, die die Kontrollen unterbunden und Prüfungen verhindert haben,
über ÖGB-Funktionäre, die Kontrollen überhaupt außer
Kraft gesetzt haben, und BAWAG-Management, das vertuscht, verschleiert und
betrogen hat. Damit haben Sie von der SPÖ, meine sehr verehrten Damen und
Herren, nicht nur Gewerkschaftsmitgliedsbeiträge veruntreut, sondern
Verrat an der gesamten Arbeiterbewegung begangen. (Ruf bei der SPÖ: Das machen Sie gerade!)
Sie haben auch den Finanzplatz Österreich schwerst ramponiert. – Und was ist eure Antwort darauf? – Die Justiz anschütten – klassisch, ein bewährtes Modell –, das hat Kollege Cap gemacht, nach dem Muster: Immer dann, wenn es brenzlig wird, wird die Justiz angeschüttet und angeschwärzt. Das kennen wir, das war bei Noricum so, das war beim AKH-Skandal so und das war bei „Lucona“ so.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich als Justizsprecherin der ÖVP ist es bedrohlich, wenn gerade heute und jetzt die Forderung nach einem weisungsfreien Bundesanwalt von der SPÖ aufgestellt wird, mitten in der Aufklärungsphase dieses kriminellen Netzwerkes. (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.) Justiz anschütten und gleichzeitig nach einer neuen weisungsfreien Behörde rufen, wo man den Leiter selbst hinsetzt, das würde sich die SPÖ wünschen. (Abg. Dr. Einem: Mit Zweidrittelmehrheit, ja!) Mit uns nicht! Nein, danke. Eine derartige Vertuschungsbehörde, die dann alle Skandalaufklärungen niederschlagen könnte, wollen wir nicht. Wir wollen Aufklärung in diesem Skandal und in diesem Sumpf! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
16.52
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als Nächste
zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Bures. Wunschredezeit:
5 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf
des Abg. Dr. Jarolim.)
16.53
Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs auf Grund der Debatte heute Morgen noch einmal einen Appell an den Bundeskanzler richten. Ich ersuche den Bundeskanzler, sich für seine sexistische und frauenfeindliche Entgleisung vor allen Österreicherinnen zu entschuldigen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das wäre jetzt längst fällig. Er hatte einige Stunden Zeit, darüber nachzudenken. Ich denke, dass vielleicht wir Frauen hier im Hause einer Meinung sein könnten, nämlich dass sich der Bundeskanzler für diese sexistische Entgleisung bei den österreichischen Frauen zu entschuldigen hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Zur Ernsthaftigkeit der Dringlichen Anfrage der ÖVP: Manchmal habe ich den Eindruck, Herr Molterer wäre gleich ganz allein hier im Saal, da das Interesse der ÖVP-Abgeordneten an der eigenen Dringlichen nicht groß ist. Ich verstehe das, denn es sind ja auch
die Fragen, die
Sie an den Finanzminister gestellt haben, nicht sehr spannend. Das ist eine
Wahlkampf-Dringliche, die noch dazu wirklich schlecht ist. (Abg. Neudeck: Aber die
Antworten waren gut! Die Antworten waren sehr gut!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fekter, ich denke manchmal darüber nach, was in einem Kopf vorgeht, wenn jemand ununterbrochen nichts anderes im Kopf hat als irgendwelche illegalen Machenschaften, irgendwelche Geldflüsse. (Abg. Dr. Fekter: Ihr liefert sie ja!) Für nichts gibt es Beweise, aber es wird immer etwas in den Raum gestellt, es werden abenteuerliche Dinge konstruiert. (Abg. Hornek: Die sind nicht konstruiert, das ist Realität! – Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Dafür gibt es in Österreich ein Sprichwort, nämlich: Wie der Schelm denkt, so ist er! – Ich weise all das, was Sie der SPÖ vorwerfen, auf das Schärfste zurück, Frau Fekter! (Beifall bei der SPÖ.)
Mittlerweile wissen alle, dass es sich um ein Wahlkampfgetöse der ÖVP handelt, die eine Verleumdungskampagne durchführt. Aber ich verstehe das, ich verstehe, dass Sie nicht über die Probleme der Menschen reden wollen.
Sie haben sich hierher gestellt und gesagt: Wir haben
entlastet! Wir haben entlastet! Wir haben entlastet! – Fragen Sie
die Menschen, die spüren nichts davon. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Die Menschen spüren nämlich etwas ganz
anderes: Sie spüren, dass sie immer weniger im Geldbörsl haben und
dass ihr Leben immer härter wird. Wissen Sie, warum? – Weil wir
zwar ein schönes Land sind, ein reiches Land sind (Abg. Dr. Lopatka: Ja,
eben!), ein Land mit lauter fleißigen Menschen, aber wir haben eine
faule Regierung, die schlechte Politik macht! (Ruf bei der ÖVP: Na hallo!) Das ist das Problem, meine sehr
geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Ich finde es auch
beschämend, wenn Sie als Justizsprecherin sich hierher stellen und fragen (Abg.
Dr. Lopatka: Der
1. Oktober kommt!), wie es mit dem Rechtsstaat aussieht, Sie aber
diejenigen sind, die den Rechtsstaat in Österreich meiner Auffassung nach
massiv schädigen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Was sagen Sie, Frau
Fekter, eigentlich dazu, dass die Oberstaatsanwaltschaft heute eine
Selbstanzeige eingebracht hat? – Die Justiz lässt wegen
möglichen Geheimnisverrats gegen sich selbst ermitteln. (Abg.
Dr. Fekter: Um
aufzuklären, natürlich!) Die Justiz hat offensichtlich in ihrem
Kreis schwarze Schafe, die Informationen an die ÖVP und an das BZÖ
gegeben haben (Abg. Rädler:
Nur Ihre Vorwürfe sollen geklärt werden!), wogegen sich die
Justiz wehren muss. Sie muss sich gegen Ihre Methoden in der Politik wehren (Abg.
Dr. Fekter: Eure
Vorwürfe! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), gegen
den üblen Stil, den Sie auf dem Rücken der Justiz austragen. Das ist das Problem, Frau
Fekter! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Richterin
Helige, eine in Österreich anerkannte Richterin, sagt, das Ansehen der
Justiz sei gefährdet. – Nur, damit Sie politisches Kleingeld
machen, damit Sie nicht über Ihre miserable Regierungsbilanz reden
müssen, nämlich: Rekordarbeitslosigkeit, Weg in die Zwei-Klassen-Medizin,
Pensionskürzungen, und darüber, dass das Leben der Menschen in den
letzten sechs Jahren härter geworden ist. (Abg. Hornek: Wer hat Sie so aufgeregt? Was regt Sie so auf?) Ein
paar Reiche und Privilegierte haben es besser, aber die Mehrheit der Menschen
spürt von Ihren Entlastungen überhaupt nichts, meine sehr geehrten
Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Wer hat diese Rede
geschrieben? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie wollen die
Bilanz Ihres politischen Versagens nicht hören. Sie reden daher auch nicht
mit den Menschen. Der Bundeskanzler sperrt sich auf dem Ballhausplatz ein. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Sie versuchen in Wirklichkeit, die Augen vor der
Realität von tausenden Familien, AlleinerzieherInnen und PensionistInnen
zu verschließen.
Ich sage Ihnen: Der 1. Oktober wird der Tag sein, an dem die Menschen sagen: Wenn ihr nichts hören wollt, dann werdet ihr es fühlen! – Die Österreicherinnen und Österreicher werden Ihnen mit Ihrer arroganten, abgehobenen und unsozialen Politik der letzten Jahre, die auf dem Rücken der ÖsterreicherInnen ausgetragen wurde, nicht mehr die Mehrheit geben (Abg. Rädler: Glauben Sie das selbst? Sie glauben das ja selbst nicht mehr!), und daher wird Österreich ab dem 2. Oktober in eine zuversichtliche, hoffnungsfrohe, faire, soziale, gerechte Zukunft gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
16.58
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
16.58
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe
Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Kollegin Weinzinger, ich muss Sie enttäuschen:
Dies wird nicht meine Abschiedsrede sein. (Zwischenruf der Abg. Mag. Weinzinger.)
Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Nachdem die Wahlkampfmaschine der SPÖ jetzt fünf Minuten lang auf uns geschossen und gesagt hat, wie schlecht es dem Land geht, alles wieder einmal krankgejammert wurde, man sich wieder einmal darauf eingestellt hat, dass wir in Wirklichkeit nahe einem Wirtschaftskollaps sind, nur mehr Arbeitslose im Land haben, es allen Menschen schlecht geht, niemand in Pension ist, kein Mensch Arbeit hat, die Wirtschaftsbetriebe daniederliegen, muss ich sagen: Frau Kollegin Bures, Sie sollten manchmal aus Ihrer Parteizentrale hinaus zu den Leuten gehen und wirklich mit diesen reden! (Abg. Neudeck: Es redet ja keiner mit ihr!) Aber Sie müssen weiter gehen als in die Stadt Wien. Dass es in der Stadt Wien so ist, kann vielleicht sein. Gehen Sie einmal hinaus! Reden Sie mit den Leuten draußen in den Dörfern, in den Städten, in den Regionen! Es ist bei Gott nicht alles perfekt, und man kann natürlich noch vieles verbessern, aber so schlecht, wie die SPÖ momentan dieses Land redet, das haben sich die Leute in diesem Land nicht verdient. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Ich bin dafür bekannt, dass ich nicht Pflichtverteidiger der ÖVP bin, aber wenn Sie sich hier heraus stellen, Frau Kollegin Bures, und uns erzählen, dass diese Dringliche das Schlechteste war, was das Parlament je gesehen hat, dann waren Sie anscheinend letzte Woche bei der Sondersitzung der SPÖ nicht hier, denn diese Bildungs-Sondersitzung war noch viel, viel schlechter. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.) Da war überhaupt nichts dabei, außer einer leeren Hülse, einer leeren Tüte, die von Ideenlosigkeit nur so geplagt war.
Jetzt komme ich zum Thema BAWAG und ÖGB. Nachdem das von meinem Vorredner so intensiv diskutiert worden ist, kommt ganz etwas Neues. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Frau Kollegin Wurm, danke für den Tipp! – Jetzt kommt wirklich ganz etwas Neues, denn währenddessen Sie das Land krankjammern, haben wir uns natürlich auch ein bisschen darum gekümmert, was denn so innerhalb der SPÖ vor sich geht.
Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, Sie alle
kennen sicherlich – oder auch nicht – den Verein, der
sich „Change 06“
nennt. Das ist ein Verein, ein Komitee, das einen Wechsel in der Politik unterstützt.
Das ist ein Unterstützungskomitee des Herrn Alfred Gusenbauer. Diesem
Verein gehören führende Persönlichkeiten an, ich darf einige
wenige hier nennen. Dem gehört an der Herr Lansky, der Herr Rudas, dem gehört
an der Herr Lacina, also lauter wichtige, gute Persönlichkeiten dieser
Republik. (Abg. Dr. Fekter: Oh! – Abg. Neudeck: Ehemals wichtig! Früher
wichtig!)
So, jetzt wird es interessant: Dieser Verein „Change
06“ hat seinen Sitz – und das wird jetzt ganz
wichtig – in der Wollzeile 24/18 im 1. Wiener Gemeindebezirk.
Da wäre ja an und für sich noch nichts dabei. (Abg. Dr. Lopatka: Wer
sitzt noch dort?) – Danke, Herr Generalsekretär! Wer sitzt
noch dort? – Dort sitzt nämlich nebenbei die
Österreichisch Israelische Handelskammer (Abg. Dr. Fekter: Oh!),
mit der gleichen Fax-Nummer, mit der gleichen Adresse, mit der gleichen
Türnummer. Und wer sitzt in der Österreichisch Israelischen
Handelskammer in führender Funktion? Wer ist denn dort der Präsident?
(Abg. Dr. Fekter: Sicher der Lansky!) – Der Lansky! Danke
vielmals. Der Herr Lansky ist dort der Präsident. Und wer ist dort mit
dabei? – Der Kollege Rudas, die gleichen Leute sind da wieder mit
dabei. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den
Vorsitz.)
Und auch das wäre noch nicht einmal so dramatisch, obwohl es natürlich schön langsam schlimm wird, denn wenn man sich jetzt genau erkundigt, was denn dieses Konstrukt „Change 06“ macht, so findet man von einem angesehenen Autor, dem Herrn Thomas Hofer, der unter anderem „Spindoktoren in Österreich“ als Buch verfasst hat, eine Beschreibung, was denn dieses „Change 06“ macht. Da steht drinnen, das ist eine Fundraising-Abteilung, eine Weiterentwicklung der so genannten Personenkomitees. Wortwörtlich:
„Neben den seit Langem eingeführten Personenkomitees gibt es auch hier zu Lande schon offizielle politische ,Fundraiser‘, die zusätzliche Einnahmequellen zur öffentlichen Finanzierung“ – zusätzliche Einnahmequellen zur öffentlichen Finanzierung! – „erschließen. In der SPÖ etwa heißt dieses Team ,Change 06‘.“
So, und jetzt, meine geschätzten Damen und Herren,
komme ich zu noch etwas. Herr Matznetter! Sie haben den Herrn Schlaff
angesprochen. Wissen Sie, wo der Herr Schlaff unter anderem stellvertretender
Direktor oder Hauptmitglied ist? – Bei der israelitischen
Handelsgesellschaft, die im gleichen Haus sitzt wie das Team
„Change 06“, mit der gleichen Adresse. (Abg. Dr. Fekter: Jessas
na!)
Schauen Sie nach im Internet, Frau Kollegin Bures! Der Sumpf wird immer tiefer, immer tiefer. Je länger diese Debatte dauert, desto tiefer wird der Sumpf, in dem Sie sich befinden. Die Querfinanzierungen, die dort geflossen sind, werden die Wähler an Ihrem so herbeigesehnten 1. Oktober entsprechend zu beurteilen wissen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)
17.03
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Sburny. Wunschredezeit: 8 Minuten. (Abg. Mag. Weinzinger –
in Richtung des den Sitzungssaal verlassenden Bundesministers
Mag. Grasser –: Herr Finanzminister! Wollen Sie nicht noch ein
bisschen bleiben?)
17.04
Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Also noch einmal, Herr Scheuch, ich bin heute vielleicht schon ein bissel langsam, denn dieser ganze Zynismus hin, Schlammschlacht her hat mich vielleicht schon etwas ermüdet. Der Schlusspunkt war jetzt: Schlaff sitzt dort, wo „Change 06“ sitzt. Okay. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Moment, Moment! Dann machen wir es gleich weiter: Schlaff arbeitet zusammen ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Moment, langsam! Schlaff arbeitet zusammen – das haben wir ja heute schon lange ausgeführt – mit Taus, dem ehemaligen ÖVP-Obmann. Was schließe ich jetzt daraus? Denn die Schlussfolgerung haben Sie ja nicht gesagt. Das, was ich daraus schließen kann, ist eine typisch österreichische Sache, nämlich Herr Schlaff arbeitet für beide Seiten, für die SPÖ und für die ÖVP.
War das die Schlussfolgerung? Oder was wollten Sie eigentlich damit sagen? An mir ist das völlig vorbeigegangen. Aber vielleicht kann das noch irgendwer aufklären, was jetzt die Sensation war. Irgendwelche Wohngemeinschaftsgeschichten, oder was wollten Sie uns damit jetzt sagen?
Aber vielleicht noch einmal zurück zur Steuerreform. Wir haben ja in dieser hervorragenden Dringlichen Anfrage heute ein paar interessante Punkte drinnen in der Begründung. Unter anderem steht drinnen, dass unser Wirtschaftswachstum deswegen so grandios ist, weil es 3 Milliarden Entlastung durch die Steuerreform gegeben hat. Und weiter steht drinnen, dass Sie die Steuer- und Abgabenquote noch weiter senken wollen, und zwar auf unter 40 Prozent.
Das heißt, man kann sich einmal überlegen, was das bedeutet, denn 3 Milliarden Entlastung auf einer Seite, nämlich so eine Entlastung, wie sie der Herr Grasser meint, muss ja heißen, dass das Geld von irgendwo kommt. Und auf der anderen Seite, wenn Sie noch weiter hinunter wollen (Abg. Dr. Fekter: Und von den Konsumenten wieder ausgegeben wird!) – warten Sie ein bissel! – mit der Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent, heißt das ja, dass Sie in der nächsten Legislaturperiode weitere zirka 7,5 Milliarden € hier irgendwo aufbringen wollen. Und dann ist ja die Frage: Woher haben Sie es bis jetzt genommen? (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Dr. Fekter.) – Lassen Sie mich einfach ausreden! Sie waren ja schon am Wort. Sie können ja dann wieder herausgehen, aber lassen Sie mich jetzt einmal ausreden!
Woher haben Sie denn diese 3,5 Milliarden € genommen? Herr Minister Grasser hat gesagt, entlasten ist die Devise, nicht belasten. Und damit wir jetzt nicht ganz so einseitig bleiben, kann man ja einmal schauen, woher Sie es genommen haben – Sie waren ja zuerst so wunderbar im Listenlesen –:
dreimalige Erhöhung der Rezeptgebühr um 26 Prozent, höhere Selbstbehalte bei den Heilbehelfen, Leistungskürzungen der Krankenkassen, Kürzung des Krankengeldes von 78 auf 52 Wochen, Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für alle um 0,1 Prozent (Abg. Mag. Molterer: Was hat das mit dem Budget zu tun?), Erhöhung des Spitalskostenbeitrags von 7,98 € auf 10 €, Pensionskürzungen durch Abschläge, Pensionsanpassungen unter der Inflationsrate, höhere Beiträge in der Kleinbauernkrankenversicherung, höhere Pensionsversicherungsbeiträge der kleinen Gewerbetreibenden und der Kleinbauern, Einführung der Ambulanzgebühr: 18 €, Steuererhöhungen durch die Halbierung des ArbeitnehmerInnenabsetzbetrages und des PensionistInnenabsetzbetrages, höhere Einkommensteuervorauszahlungen, höhere Besteuerung und Kürzung von Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen, Besteuerung und Kürzung von Unfallrenten und Invaliditätsrenten, Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung für EhepartnerInnen, Kürzungen beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitsmarktförderung, Gehaltskürzungen bei LehrerInnen (Abg. Neudeck: Das ist aber seit 1973!) – nein, das sind Ihre sechseinhalb Jahre, auch wenn Sie sich nicht mehr erinnern können (Abg. Neudeck: Das stimmt nicht!) –, Einführung der Studiengebühren. Wann passierte die Einführung der Studiengebühren? (Abg. Neudeck: War auch notwendig!) – War notwendig, genau! Das war alles notwendig, damit Sie Ihre großartigen Entlastungen machen können bei der KöSt, bei den Großbetrieben und Konzernen und bei den gut Verdienenden.
Ich gehe weiter in dieser Liste:
Kürzung der Schülerunterstützungen für Schulveranstaltungen, Erhöhung der ORF-Gebühren, neue Freizeitunfallversicherung, höhere Besteuerung von Pensionsinvestmentfonds, Kürzungen durch die Pensionsreform 2003, Kürzungen von Zusatzpensionen durch Abschaffung der Mindestverzinsung für Pensionskassen, Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags für Angestellte um 0,4 Prozent, für PensionistInnen um
0,5 Prozent, Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage bei der Krankenversicherung – war da nicht irgendetwas, haben Sie sich nicht über so einen Vorschlag aufgeregt?; haben Sie selber gemacht! –, Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung, Verdreifachung der Einheitswerte bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer für Eigenheime und Grund, Erhöhung der Versicherungsprämien, Tariferhöhungen bei Post und Bahn, Verdoppelung der Energieabgabe um 0,74 Cent je Kilowattstunde.
Haben Sie sich heute nicht beklagt, dass wir Diesel nicht mehr begünstigen wollen? Haben Sie, oder? Was haben Sie gemacht? – Verdoppelung der Energieabgabe, Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer um 51,4 Prozent, Erhöhung der Mineralölsteuer um einen Cent pro Liter für Benzin, 2 Cent für Diesel und 2,9 Cent für Heizöl, Erhöhung der Erdgasabgabe per 1. Jänner 2004 um 51,3 Prozent, Einführung einer Energieabgabe für Kohle per 1. Jänner 2004, zweimalige Erhöhung der Tabaksteuer um 0,36 € pro Packung, 2005 weitere Erhöhung der Tabaksteuer um 18 Cent pro Packung, Erhöhung der Biersteuer um 0,07 € pro Liter, Erhöhung der Umsatzsteuer auf Kaffee, Kakao und Tee um 10 Prozent, Verdoppelung der Vignettengebühr auf knapp 73 €, diverse Gebühren, Pass-, Personalausweis-, Gerichts- und Grundgebührenerhöhung, Kürzung des Urlaubs durch Urlaubsaliquotierung.
Und damit Sie wissen, wen das trifft: Das trifft nämlich genau nicht jene, von denen Sie da immer reden. Es gibt nämlich Gruppen von Leuten und Betrieben, die entlastet werden. Belastet werden in erster Linie kleine Einkommen, nämlich genau durch diese Dinge! Da haben Sie Recht, dass die keine Steuern mehr zahlen, aber die werden belastet durch diese ganze Liste zusätzlicher Abgaben, zusätzlicher Erhöhungen, die Sie eingeführt haben. Alleine das, was Sie im Bereich der Energie besteuert und verteuert haben, kostet eine ganz normale Familie 357 € pro Jahr.
Das heißt: Das, was Sie machen, ist entlasten auf der einen Seite und belasten natürlich auf der anderen, denn irgendwoher müssen Sie es ja nehmen. Und was da in diesem Prozess passiert, ist eine Umverteilung, die genau zu dem führt, was wir heute haben: Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander, die Schere bei den Einkommen zwischen Frauen und Männern geht weiter auseinander (Abg. Dr. Fekter: Stimmt nicht!), und der gesamte Wohlstand ist ungleich verteilt.
Und wenn Sie mir jetzt erklären, wie Sie in der
nächsten Legislaturperiode so etwas mal zwei oder zweieinhalb machen
werden, dann kann man sich ungefähr vorstellen, was für eine
Belastungswelle auf die Leute zukommt, die heute schon an der Armutsgrenze
sind oder arm sind. (Beifall bei den
Grünen und der SPÖ.)
17.12
Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, teile ich mit, dass die Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt haben, der Folgendes zum Gegenstand haben soll: Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der Österreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), sowie des Bundesministeriums für Justiz und sämtlicher im Weisungszusammenhang stehenden Organe hinsichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahre 2000, insbesondere hinsichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der Raiffeisenbank International, sämtli-
chen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunternehmens AMIS.
Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht verlangt.
Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.
*****
Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Mag. Molterer ans Rednerpult. 6 Minuten Wunschredezeit; 7 Minuten der Fraktion. – Bitte.
17.13
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ganz interessant bei diesem Antrag: Was wirklich interessant zu wissen wäre, das steht in dem Antrag nämlich nicht drinnen: Was ist mit dem Gewerkschaftsbund? Was ist mit der Bilanz des Gewerkschaftsbundes?
Und jetzt frage ich Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie: Wie können Sie den Gewerkschaftsmitgliedern, den Menschen in diesem Lande erklären, warum es bis heute nicht möglich ist, obwohl die Bilanz des Gewerkschaftsbundes fertig ist (Abg. Mag. Johann Maier: Das stimmt ja gar nicht!), dass die Bilanz des Gewerkschaftsbundes veröffentlicht und der Öffentlichkeit vorgelegt wird?
Da wird von der Frau Kollegin Bures von Wahlkampfgetöse
gesprochen. (Zwischenruf des Abg.
Dr. Kräuter.) Frau
Kollegin Bures, wie ist das? Ist für Sie ein Verlust von
3,5 Milliarden € in der BAWAG Wahlkampfgetöse? Ist der
Verlust von 50 Milliarden Schilling, verzockt, verspielt und in der
Karibik verschwunden, für Sie Wahlkampfgetöse, Frau Kollegin
Bures? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Es ist hier im Hohen Haus eine Staatshaftung beschlossen worden – der Steuerzahler zahlt. Für Sie ist das Wahlkampfgetöse, Frau Kollegin Bures, wenn wir die Bank retten müssen vor dem Konkurs und gleichzeitig den Gewerkschaftsbund? Das ist Wahlkampfgetöse? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Wenn die BAWAG am Ende des Tages, Frau Kollegin
Bures, ... (Zwischenrufe der Abg. Bures.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Bures, Sie können sich noch einmal zu Wort melden!
Abgeordneter Mag. Wilhelm
Molterer (fortsetzend): Das wird auch nicht besser
durch eine weitere Wortmeldung der Frau Bures, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP. –
Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Gradwohl, ich erteile
Ihnen einen Ordnungsruf. (Neuerlicher
Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)
Herr Abgeordneter Gradwohl, ich erteile Ihnen noch einen Ordnungsruf.
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (fortsetzend): Ja, es ist interessant, dass beim Thema BAWAG/ÖGB/SPÖ die Nervosität in den Reihen massiv steigt – ich verstehe es ja auch.
Frau Kollegin Bures, wie ist denn das, wenn am Ende dieses
Prozesses, für den Sie Mitverantwortung, Hauptverantwortung tragen, der
Verkauf, der Ausverkauf der BAWAG steht? Das ist die Verantwortung, die Sie
tragen, Frau Kollegin Bures! Wie geht es Ihnen damit? (Abg. Bures: Das ist
Wahlkampf!)
Ich stelle Ihnen eine sehr einfache Frage betreffend den Gewerkschaftsbund. Der Gewerkschaftsbund hat 2,2 Milliarden € Schulden – das wissen wir in der Zwischenzeit, ist ja zugegeben. Und es wird den Arbeitnehmern in diesem Land, die über viele Jahre ihre Gewerkschaftsbeiträge einbezahlt haben, über genauso viele Jahre vorgegaukelt – vorgegaukelt, Frau Kollegin Bures, Herr Dr. Cap! –, dass es im Gewerkschaftsbund die echte Rückversicherung gäbe für die Arbeitnehmer in Österreich, die Rückversicherung, die Streikfonds heißt. Es gibt den Streikfonds, wird über Jahre behauptet.
Dann kommt der Finanzreferent, der aktuelle Finanzreferent
des Gewerkschaftsbundes und sagt in einem Interview nicht nur, dass es den
Streikfonds nicht mehr gibt, sondern er sagt, den Streikfonds hat es nie
gegeben. (Rufe bei der ÖVP:
Unerhört!)
Jetzt frage ich Sie: Wie erklären Sie, Frau Kollegin
Bures, dass in diese Stiftung jährlich
1,82 Millionen € einbezahlt wurden, die den
Gewerkschaftsmitgliedern als ihr Streikfonds verkauft und dargestellt wurde?
Jährlich 1,82 Millionen in etwas einbezahlt, was es laut
Finanzreferent des Gewerkschaftsbundes erstens nicht gibt und zweitens nie
gegeben hat. Was ist denn mit dem Geld geschehen? (Zwischenrufe der Abg. Bures.)
Ich möchte etwas wissen von Ihnen, Frau Abgeordnete Bures. Da gibt es jemanden, der auch bei Ihnen wichtige Verantwortung getragen hat. Er war Mitglied im SPÖ-Vorstand, Präsident des Gewerkschaftsbundes, Verzetnitsch, der noch im Jahre 2003 bei den großen Streiks erklärt hat: Es passiert ja ohnehin nichts, wir haben ja einen Streikfonds!
Ein Herr Weninger, der Ihnen auch nicht fremd ist, war
immerhin BAWAG-Aufsichtsratsvorsitzender, erklärt im Jahr
2003 – man höre und staune –: Der
Stiftung – das Wort „Stiftung“ kennen Sie in der
Zwischenzeit, ist Ihnen geläufig – werden jährlich
1,82 Millionen € zugeführt. Und dann sagt er: Sollte die
Gewerkschaft jemals untergehen, so ist laut ÖGB-Finanzchef
Günther Weninger gesichert, dass die Gelder an die Mitglieder
zurückbezahlt werden. (Rufe bei der
ÖVP: Ha, ha!)
Jetzt frage ich Sie: Was macht jetzt ein
Gewerkschaftsmitglied, wenn es das ernst nimmt, was damals gesagt
wurde? – Es wird hingehen und fragen: Wo ist mein Geld? Und er wird
zur Antwort bekommen: Es ist weg, es ist verspielt. (Abg. Bures: Warum lassen
Sie das nicht die Gerichte klären?)
Sie, Frau Kollegin Bures, können noch so oft hier herausgehen oder auch zwischenrufen – mich stört das gar nicht, es zeigt eher, wo der Notstand liegt, nämlich in der SPÖ –, Sie können in der Zwischenzeit auch nicht mehr behaupten, es hätte keinen Geldfluss zwischen Gewerkschaftsgeldern und SPÖ gegeben. Sogar Ihre Spitzengewerkschafter Haberzettl und Hundstorfer geben selbstverständlich zu, dass aus der FSG, die bekanntlich aus Gewerkschaftsgeldern finanziert wird, Geld in die SPÖ-Parteikassen geflossen ist, Gewerkschaftsgeld zur SPÖ geflossen ist. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Haberzettl sagt sogar: Da ist gar nichts Besonderes dabei, das war immer schon so. Kollege Einem hat das ja auch schon einmal gesagt.
Herr Kollege Einem, sagen Sie das einmal der Frau Bures, was die Wahrheit ist! Es ist Geld geflossen. Und Sie sollten endlich den Menschen die Wahrheit sagen. Hören Sie auf zu mauern und hören Sie auf zu vertuschen! Sagen Sie die Wahrheit, Frau Bures, und ich sage Ihnen, es wird sowieso früher oder später ans Tageslicht kommen!
So, wie ans Tageslicht gekommen ist, dass Herr Vranitzky eigentlich für zwei Telefonate 1 Million Schilling bekommen hat. (Abg. Silhavy: Woher wissen Sie das?) Kein schlechtes Geschäft. Hohe Telefontarife. Es ist teuer, wenn man bei der SPÖ anruft –
und es wird teuer, wenn man SPÖ wählt, meine Damen und Herren! (Lebhafter
Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
17.21
Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster ans Rednerpult gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 5 Minuten Wunschredezeit; Restredezeit der SPÖ: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.
17.21
Abgeordneter Dr. Günther
Kräuter (SPÖ):
Jetzt wird es wirklich hochinteressant. Da trägt der Präsident des
Nationalrates Andreas Khol Länge mal Breite einen Antrag auf Einsetzung
eines Untersuchungsausschusses vor. Der nächste Redner ist dann der
Klubobmann der ÖVP, Molterer. Was macht er? – Polemik,
Behauptungen und kein einziges Wort zum Untersuchungsausschussantrag. Also
seien Sie mir nicht böse, Herr Molterer, so werden Sie sich nicht
davonschleichen können! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Molterer, wenn Sie ehrlich wären, einige dringliche Anfragen sind ja tatsächlich zu stellen: Warum ermittelt beispielsweise die Justiz intern? Warum haben Sie es gestern für notwendig befunden, ein Protokoll hier im Parlament zu verfälschen, ein Protokoll des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofes? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Haben Sie den Mut, Herr Molterer, gehen wir heute nach der
Sitzung in die Kanzlei des Herrn Präsidenten und schauen wir uns das an!
Schauen wir uns das an! Haben Sie den Mut, haben Sie die Courage, wir treffen
uns hier am Ende dieser Sitzung und gehen diese Protokollfälschung
anschauen, denn dieses Protokoll liegt im Tresor des Herrn
Nationalratspräsidenten Andreas Khol! (Abg.
Neudeck: Haben Sie es hineingelegt? –
Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)
Ein Weiteres: Herr Molterer, warum hat Ihre Partei gestern
den Ladungsantrag, was Karl-Heinz Grasser betrifft, abgelehnt? Ja hier gilt es
ja noch die Bootspartie aufzuklären, wo Grasser mit Flöttl junior
geurlaubt hat. Warum haben Sie, meine Damen und Herren von den
Regierungsparteien, den Ladungsantrag Martin Schlaff am Dienstag abgelehnt?
Hier gilt es ja den Bulgarien-Deal und den Mobiltel-Deal aufzuklären. Ja,
Herr Molterer, wer war denn der Letzte, der Herrn Elsner vor seiner Verhaftung
ein Kuvert zugesteckt hat? Ja wer war denn das? War das der Herr Dr. Josef
Taus oder nicht? – Na Sie lachen. Na selbstverständlich. (Abg. Mag. Molterer: Da muss ich lachen über diesen Schwachsinn!)
Wenn Sie glauben, dass ein Mensch in Österreich Ihnen
das abnimmt, dass er in dem Kuvert einen Ortsplan drinnen gehabt hat, da lachen
ja die Hühner, Herr Molterer. (Beifall bei der SPÖ.)
Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn der Finanzminister in einer Dringlichen etwas zur Steuerreform oder anderes verspricht, möchte ich Sie einladen, kein Wort davon zu glauben. Wenn Herr Grasser hier irgendetwas bei einer Dringlichen erzählt, stimmt es nicht. Er erzählt nämlich nicht die Wahrheit. Sie wissen ganz genau, wie das war am 29. März 2006, was den Bericht der Nationalbank im Zusammenhang mit der BAWAG-Causa betrifft.
Grasser selbst war der eigene Kronzeuge für seine Unwahrheit hier, indem er in der „ZiB 2“ am 3. April behauptet hat: Ich habe im Parlament natürlich gesagt, dass die 350 Millionen Engagements drinnen stehen in dem Bericht. – Und genau das ist nicht wahr! Auch dieses Protokoll können wir uns gerne anschauen, Herr Klubobmann Molterer.
Das Ganze, dieser Zusammenhang ist ja nicht so unwichtig. Peter Rabl, ich glaube, einer der anerkanntesten österreichischen Wirtschaftsjournalisten, sagt im Artikel „Systematische Vertuschung“ ... (Abg. Neudeck: Seit wann versteht der etwas von Wirt-
schaft? – Weitere Zwischenrufe bei
der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Na ja, Herr Neudeck,
ich muss Ihnen ehrlich sagen, ein finsterer Genosse ist Herr Peter Rabl einmal
auf keinen Fall. (Abg. Scheibner: Da verwechseln Sie ein
bisschen etwas!)
Im Artikel „Systematische Vertuschung“ schreibt Peter Rabl Folgendes: „Die Prüfer meldeten im Frühjahr 2001 prompt alarmierende Fakten und Fehler.“ (Abg. Neudeck: 1996 und 1997!)
Und weiters: „Bei sachgerechter Reaktion des Finanzministers“ – können Sie ihm das dann vielleicht ausrichten, Herr Noch-Staatssekretär Finz – „wären zumindest die später folgenden Refco-Spekulationen und damit eine Milliarde Euro Schaden vermeidbar gewesen.“
1 Milliarde € Schaden wäre vermeidbar
gewesen, wenn Finanzminister Grasser rechtzeitig reagiert hätte! (Abg. Wattaul:
Der Edlinger Rudi!)
Meine Damen und Herren, weil heute zufällig auch Herr
Vizekanzler Gorbach sich die Ehre gibt und uns noch einmal hier zur
Verfügung steht. Damit Sie nicht ganz umsonst dasitzen, Herr Vizekanzler:
Könnten Sie bitte der Öffentlichkeit bekannt geben, wie lange Sie
eine Fortzahlung Ihres Ministergehaltes beanspruchen werden? Ich denke, das
wäre eine sehr interessante Sache, wird uns hier alle interessieren, auch
die Steuerzahlerin und den Steuerzahler. (Beifall bei der SPÖ.
– Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
17.25
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Scheibner. Er wünscht, 6 Minuten zu sprechen; seine Fraktion hat 10 Minuten. – Bitte.
17.25
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Man glaubt ja gar nicht, dass man bei so einer ernsten Debatte nicht nur schmunzeln, sondern auch lachen kann, denn das, was Sie da für ein Schauspiel bringen, das ist wirklich zum Lachen. Da kann ich Ihnen echt gratulieren. Das betrifft vor allem auch, Herr Kollege Kräuter, die letzte Frage, wo Sie sich als Anwalt der Steuerzahler aufspielen und da irgendwelche Fragen hinsichtlich der Gehaltsfortzahlung des Herrn Vizekanzlers stellen. Sie wissen, ich bedaure das sehr, Sie wissen ganz genau, dass er das nicht notwendig hat, sondern, ganz im Gegenteil, den Topmanager sozusagen schon in der Tasche hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Ich weiß noch ganz genau, wie wir die Gehaltsfortzahlungen für Ihre Ex-Minister im Jahre 2000 beschlossen haben. Aber abgesehen davon, Herr Kollege Kräuter: Wir diskutieren heute hier einen Skandal, wo bis zu 4 Milliarden € an Spargeldern, an Steuergeldern, an Gewerkschaftsgeldern verlottert worden sind! Herr Kollege Kräuter, und Sie haben nichts anderes zu fragen als nach einer Gehaltsfortzahlung des Vizekanzlers?!
Da geht es uns heute darum, 900 Millionen €
an Staatshaftung zu vermeiden, zu verhindern,
900 Millionen € an Steuergeldern, die notwendig sind, um den
Gewerkschaftsbund und die BAWAG zu retten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Und Sie haben keine anderen Sorgen, als solche Fragen zu stellen?! Herr Kollege
Matznetter, also da ist Ihnen wirklich nicht mehr zu helfen. Kollege Cap wendet
sich auch schon mit Grauen ab. Das verstehe ich auch. Seien Sie froh, dass es
heute keine Fernsehübertragung gibt und auch die Journalisten schon
nach Hause gegangen sind, denn so etwas hat man hier im Hohen Haus
überhaupt noch nicht gesehen. (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der
ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Schreien Sie weiter, Herr Kollege Matznetter, Ihnen kann man auch nur mehr einen absoluten Realitätsverlust hier bescheinigen! Dass Sie die Erfolge der Regierung nicht zur Kenntnis nehmen wollen, ist ja klar. Dass Sie sich hier heute auch nicht rechtfertigen wollen, warum Sie gegen die Steuersenkung gestimmt haben, gegen die Konjunkturpakete, gegen das Kinderbetreuungsgeld, gegen die Abfertigung-Neu et cetera, ist auch klar. Sie wollen heute auch nicht diskutieren über Ihre Steuervorschläge wie etwa die Erhöhung der Grundsteuer, die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge, über Ihre Belastungslawine, die die SPÖ in Wien gemacht hat. (Abg. Sburny: Das haben Sie gemacht, das war Ihre Belastungswelle!) Das alles wollen Sie hier nicht diskutieren. Und Sie wollen natürlich auch nicht diskutieren Ihre Verantwortung in diesem BAWAG- und ÖGB-Skandal.
Ich habe immer schon gesagt, Zwischenrufe sind wunderbar für den Redner, und ich höre mir die Zwischenrufe auch immer sehr gerne an. Heute war ein ganz interessanter Zwischenruf von der Frau Abgeordneten Bures, wie der Klubobmann Molterer vorgeworfen hat, dass hier Gelder von der FSG, Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter, an die SPÖ gegangen sind. Bis jetzt hat man das immer bestritten. Ich habe immer gefragt, auch der Abgeordnete Pilz von den Grünen, in Bezug auf die Beträge, die Sie ja selbst ausweisen in Ihren Rechenschaftsberichten: über 20 Millionen €, 20 Millionen € an Spendeneingängen bei der SPÖ, und da hat es immer geheißen, es gibt keinen einzigen Euro.
So, jetzt war der Vorwurf, das Geld kam nicht vom ÖGB direkt, aber von der FSG, worauf die Frau Abgeordnete Bures in einem Zwischenruf hier gesagt hat: Das sind ja sozialdemokratische Gewerkschafter, die heißen ja sozialdemokratisch, und deshalb ist das zulässig. – Meine Damen und Herren, ja, wunderbar, jetzt endlich haben Sie es eingestanden: Alles, was sozialdemokratisch heißt, ist eine Einheit, und da kann man die Millionen hin- und herverschieben.
Nein, meine Damen und Herren, nein, denn das Geld, das eine Fraktion, ob das jetzt die christlichen Gewerkschafter oder die sozialdemokratischen Gewerkschafter sind, bekommt, das sind Gelder der Arbeitnehmer, Gelder aus den ÖGB-Beiträgen der Arbeitnehmer zur Vertretung ihrer Interessen und nicht zur Subventionierung von Parteikampagnen der SPÖ, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.) Genau das ist der Kritikpunkt, den wir hier anbringen. Aber Sie sind ja absolut nicht schuldeinsichtig und kritisieren die Justiz. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Nicht die Justiz, nicht ein Staatsanwalt hat 1 Million Schilling für irgendwelche Beratungsleistungen bekommen, wo es dann heißt, es gibt keine Gegenleistung. Nicht die Justiz hat 20 Millionen € – jetzt von der Frau Bures zugegeben – von Geldern der Gewerkschaftsmitglieder bekommen, sondern die SPÖ.
Herr Flöttl kritisiert nicht die Justiz, dass sie irgendwo involviert ist, sondern er sagt, es wurde ihm klar gesagt, dass es eine Vernetzung von BAWAG, ÖGB und SPÖ gibt und dass es hier eine Unterstützungsverpflichtung gegenüber der SPÖ gibt. Das sagt nicht die Justiz, sondern das sagt Herr Flöttl über Ihre Partei.
Ich sage Ihnen: Klären Sie das alles auf, machen Sie den Schaden, so gut es geht, wieder gut, aber kritisieren Sie nicht die unabhängige Justiz, wenn sie genau das aufklärt, was wir hier kritisieren und was auch wirklich aufklärungswürdig ist!
Aber Sie sind ja nicht einsichtig, meine Damen und Herren! Die Fraktion sozialistischer Gewerkschafter hat nichts gelernt. Sie schreibt noch immer Briefe an alle Gewerkschaftsmitglieder, nicht nur an die eigenen Funktionäre – und das kostet auch ein paar hunderttausend Euro –, in denen sie zur Wahl der SPÖ aufruft. Da heißt es nicht: Wählen Sie die SPÖ!, sondern: Geben Sie uns am 1. Oktober Ihre Stimme! Neue Fairness
braucht das Land. – Eine Aussendung der FSG auf Kosten der Gewerkschaftsmitglieder, meine Damen und Herren!
Sie haben nichts gelernt, Sie vergeuden weiterhin das Geld
der Arbeitnehmer für Ihre Parteipropaganda, und das wird der Wähler
am 1. Oktober zu beurteilen haben: Möchte er, dass so etwas
weiterhin passiert und weiterhin möglich ist in diesem Land, oder sagt er
ganz eindeutig: Nein, wenn Gelder für die Vertretung von
Arbeitnehmerinteressen eingezahlt werden, dann sollen sie auch
ausschließlich dafür verwendet werden!? Für Ihre
Parteipropaganda gibt es eine Parteiensubventionierung, für die parlamentarische Arbeit gibt es eine
Klubabgabe und eine entsprechende Klubfinanzierung – aber, bitte,
keine missbräuchliche Verwendung von Geldern der Arbeitnehmer!
Wir werden die
Justiz in Schutz nehmen, wir werden auch die Steuerzahler in Schutz nehmen, und
Sie werden sich zu verantworten haben, wenn Sie weiterhin nur die Justiz
kritisieren, aber nichts zur Schadenswiedergutmachung und zur Aufklärung
dieses größten Skandals in der Zweiten Republik beitragen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
17.32
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Dr. Fekter zu Wort gemeldet. 2 Minuten. Sie kennen die Geschäftsordnung: Fakten gegen Fakten, keine politischen Wertungen.
17.32
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Kollege Kräuter hat behauptet, dass das Protokoll der letzten Sitzung des Rechnungshofunterausschusses gefälscht worden wäre.
Zur Rehabilitierung der Beamten der Parlamentsdirektion, die das Protokoll verfassen, berichtige ich diese Falschaussage des Kollegen Kräuter:
Der Vorsitzende hat sich sofort in der Sitzung korrigiert und festgestellt, dass sich durch die erste Abstimmung die zweite Abstimmung erübrigt hat. Und genau diese geschäftskonforme Vorgangsweise findet sich im Protokoll, welches ordnungsgemäß einerseits sogar verlesen und andererseits durch den Obmann und den Schriftführer unterfertigt worden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
17.33
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neudeck. Restredezeit der Fraktion: 4 Minuten; ich stelle die Uhr gleich auf 4 Minuten ein. (Abg. Schieder: Das war keine tatsächliche Berichtigung!) – Wohl, das war eine.
17.33
Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage hat meiner Überzeugung nach eindeutig gezeigt, dass der Motor in dieser Regierung, in diesen zwei Legislaturperioden, der zuerst große Koalitionspartner und dann kleine Koalitionspartner dieser beiden Regierungen war. Das ist für mich eindeutig herausgekommen. Und wenn es eine große Koalition geben wird, auf die Sie alle hoffen, weil Sie diese gesamte BAWAG-Geschichte unter den Teppich kehren wollen – der dann wahrscheinlich so ausschaut wie das Rinterzelt, weil so viel darunter ist –, wird das Österreich wahrscheinlich teuer zu stehen kommen.
Zur Finanzierung. Kollege Matznetter hat sich einmal furchtbar aufgeregt, als ich gesagt habe, die SPÖ hat sich aus den Scheingewinnen der BAWAG finanziert. – Das ist eine Tatsache, denn wir wissen in der Zwischenzeit, dass die BAWAG Gewinne oder Ausschüttungen, Sonderausschüttungen an den Eigentümer, die Gewerkschaft, ge-
macht hat, die aus den Gewinnen gar nicht darstellbar waren. Und ob das Geld dann direkt an die SPÖ gegangen ist oder über die FSG, ist im Prinzip egal.
Ich unterstelle Ihnen auch gar nicht, dass das ungesetzlich ist, aber es ist zutiefst unmoralisch, wenn Sie das Geld der Gewerkschaftsmitglieder, der kleinen Sparer und Anleger, zur Sanierung Ihrer maroden Parteikassen heranziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Sie haben in den letzten acht Jahren nachweislich über 20 Millionen aus Körperschaften, die nicht Pflichtmitgliedschaft haben, in die Partei bekommen; das können Ihre Rechenschaftsberichte belegen.
Wissen Sie, was ganz interessant ist? Groß inseriert die BAWAG in dem Magazin „Unternehmen Österreich“, das Herr Matznetter für die Wirtschaftskammerwahl verwendet hat. – Androsch, BAWAG und so weiter, da steht alles sehr zweideutig. Als Kaske gesagt hat, „die Republik wird brennen“, haben wir uns alle aufgeregt, bis wir dann gemerkt haben, er meint die Zahlen; er hat damals schon gewusst, was bei der Gewerkschaft los ist. – Androsch schreibt in diesem Magazin:
„Der offene direkte Zugang zu den Entscheidungsträgern garantiert eine auf Vertrauen und Verlässlichkeit basierende partnerschaftliche Kundenbeziehung.“
Also dass er einen direkten Zugang zu den Entscheidungsträgern der BAWAG gehabt hat, das glaube ich durchaus, Kollege Matznetter. (Abg. Dr. Matznetter: Der Herr Schalle ist doch jetzt Kandidat!) Ja, aber der hat nicht den offenen Zugang zu den Entscheidungsträgern gehabt.
Zum Abschluss meiner Ausführungen – da Herr Bürgermeister Großruck heute nicht zu Wort gemeldet ist, hat er mir einen Vierzeiler runterfallen lassen; das Copyright liegt also bei ihm –:
„Freundschaft!“ war der Gruß der Roten.
Dies ist ab sofort verboten,
denn auf Grund der BAWAG müssen
alle jetzt mit „Bürgschaft!“ grüßen.
(Heiterkeit und
Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
17.36
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. Ich rufe in Erinnerung: Sie können nur erwidern, wenn Sie persönlich in die Beantwortung einbezogen wurden. – Bitte.
17.37
Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Frau Kollegin Fekter hat hier tatsachenwidrig einige Dinge behauptet.
Erstens: ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Das ist keine Erwiderung, Sie müssen einen persönlichen Bezug herstellen.
Abgeordneter Dr. Günther
Kräuter (fortsetzend): Erstens: Der
Schriftführer der SPÖ, Herr Abgeordneter Gaßner, hat aus
Protest gegen die Vorgänge seine Unterschrift verweigert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja nicht persönlich!)
Zweitens: Der handschriftliche Vermerk der Hornek-Aussage: „ziehe die Abstimmung zurück“, wurde durchgestrichen.
17.37
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Kräuter, das
ist keine
Erwiderung! (Rufe bei der ÖVP:
Widerlegen! Widerlegen! – Abg. Dr. Kräuter – das Rednerpult verlassend –:
Schämen Sie sich, Herr Präsident!)
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4483/AB
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie mit der Ordnungszahl 4483/AB.
Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.
Wir gehen in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß
§ 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung
kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, dem Erstredner
herentgegen zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt.
Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise Staatssekretären
sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.
Erster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.
17.38
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch
(Freiheitliche - BZÖ):
Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine geschätzten Damen und Herren!
Wir führen jetzt eine Debatte auf Grund einer Anfrage des Herrn
Abgeordneten Maier, der sich natürlich, wie könnte es anders sein,
beschäftigt mit Unfallstatistiken, Verkehrstoten, der Bilanz der letzten
Jahre – einer Anfrage, die der Herr Vizekanzler
ausführlich beantwortet hat. Ich möchte aber die Chance wahrnehmen
und hier sehr wohl einmal auf einige Punkte der Verkehrssicherheit
eingehen und auch zu der Entwicklung in der Verkehrssicherheit in den letzten
Jahren Stellung nehmen. (Abg. Sburny: 160 auf der Autobahn!) Auch
zu Tempo 160 auf der Autobahn werde ich Stellung nehmen. Danke, Frau
Kollegin Sburny, dass Sie mir das Stichwort geben, sonst hätte ich das gar
vergessen. Das wird also auch Teil meiner Ausführungen sein.
Unter dieser Bundesregierung und federführend unter den Verkehrsministern meiner Fraktion ist es gelungen, dass wir die Investitionen im Infrastrukturbereich vervielfältigen konnten. Es wurde in den Jahren 2002 bis 2006 jährlich über 1 Milliarde € investiert, und zwar in mehrere Bereiche, nicht nur in den Ausbau der Infrastruktur, sondern ganz besonders auch in die Sicherheit der Infrastruktur, in den Lärmschutz, in den Ausbau bestehender Tunnel und in mehrere Maßnahmen, die im Endeffekt dazu beitragen, dass Österreich heute mit Sicherheit eines der sichersten Länder im Bereich der Verkehrspolitik darstellt.
Ich darf vielleicht einige Schwerpunkte dieses Ausbaus, dieser Maßnahmen nennen. Ich denke zum Beispiel bei mir zu Hause in Kärnten an den Ausbau der zweiten Katschberg-Röhre, ich denke an die seit langem notwendig gewesenen Lärmschutzmaßnahmen entlang der Tauern Autobahn. Meine Kolleginnen und Kollegen aus Kärnten werden mir beipflichten, dass damit ein jahre-, wenn nicht jahrzehntelanges Versäumnis auch von vorhergehenden Bundesregierungen nachgeholt wurde, indem man endlich bereit ist, auch in den Lärmschutz der Kärntner Gemeinden, die an den Autobahnen liegen, intensiv zu investieren. Wenn man heute über die Tauern Autobahn von Salzburg kommend nach Kärnten oder in die andere Richtung fährt, so sieht man zwar
etwas weniger von der schönen Gegend, aber die Leute können endlich in Ruhe schlafen. (Abg. Neudeck: Beim Fahren?) Die Verkehrssicherheit und der Lärmschutz haben Vorrang. – Beim Fahren? Beim Fahren sollte man nicht schlafen, Herr Kollege!
Weiters konnten verschiedene andere Tunnelmaßnahmen umgesetzt werden. Ich denke hier an den Vollausbau der Pack auf der A 2, wo der Gräbern-Tunnel ausgebaut wurde, ich denke an den Amberg-Tunnel, an den Plabutsch-Tunnel. Ich denke auch daran – was man besonders hervorheben sollte –, dass es uns jetzt endlich gelungen ist, auch die zweite Röhre des Tauerntunnels in Angriff zu nehmen. Ich denke an den Ofenauer- und Hiefler-Tunnel, wo man sehr viel in Verkehrssicherheit investiert hat. Ich denke auch an andere Maßnahmen wie zum Bespiel an die Einhausung Bindermichl, an den Vollausbau im Laimberg-Tunnel oder an die Tunnelkette auf der S 6 Richtung Semmering zwischen Niederösterreich und der Steiermark.
Das heißt, hier wurde sehr viel Geld in die Hand genommen, und dieses Geld hat nicht nur die Verkehrssicherheit verbessert, sondern dieses Geld hat auch Arbeitsplätze geschaffen. Es ist gelungen, unter unserem Vizekanzler Hubert Gorbach mehr als 5 000 neue Arbeitsplätze zu schaffen – durch die Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen, die annähernd Vollbeschäftigung in diesem Bereich zustande gebracht haben. Hier sieht man ganz deutlich die Handschrift dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
Aber neben den Infrastrukturmaßnahmen war natürlich auch die Erhöhung der Verkehrssicherheit ein zentrales Thema. Es hat ein Verkehrssicherheitsprogramm gegeben, dass man bis zum Jahr 2010 die Zahl der Verkehrstoten halbieren möchte. Auch diesbezüglich wurden sehr viele wichtige Schritte und gesetzliche Maßnahmen begonnen.
Ich denke da zum Beispiel an die Einführung des Vormerksystems, ich denke an den mehrphasigen Führerschein, mit dem man mit Begleitmaßnahmen wie verpflichtenden Fahrtechnikkursen versucht, die jungen Autofahrerinnen und Autofahrer besser auf die Sicherheit im Verkehr aufmerksam zu machen. Ich denke an die Mobilitätserziehung in den Kindergärten und Volksschulen. Ich denke an die Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen; moderne Geräte erfassen die Rahmenbedingungen im Verkehr, messen sie und stimmen die Verkehrsregeln darauf ab. Ich denke an die Einführung von Alkohol- und Drogenvortestgeräten, ein ganz wichtiges Thema, um speziell auch den Jugendlichen klarzumachen, dass es keine Toleranzgrenze in diesem Bereich geben kann.
Ein weiteres wichtiges Thema zur Steigerung der Verkehrssicherheit: „Licht am Tag“, eine sehr kontroversielle Diskussion auch in meinem Klub, trotzdem hat man sich dazu durchgerungen, um etwas für die Verkehrssicherheit zu tun. Speziell draußen in den ländlichen Regionen, speziell in der Übergangsjahreszeit ist es einfach besonders wichtig, dass die Autos auch gesehen werden können.
Also Sie sehen, meine geschätzten Damen und Herren, Hubert Gorbach hat ein engagiertes Programm in Angriff genommen. Es ist uns sicherlich gelungen, in sehr, sehr vielen Bereichen die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Zahl der Verkehrstoten zu senken und damit einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten, dass Österreichs Straßen sicherer werden.
Frau Kollegin Sburny, da Sie das Thema „Tempo 160“ angesprochen haben: Auch das halte ich nach wie vor für ein sehr engagiertes Projekt, das ich zu 100 Prozent unterstütze, denn ich glaube, dass wir diesen mutigen Schritt ruhig wagen sollten. Wir sollten uns dazu durchringen. Ich halte das für einen mutigen Schritt, dass man versucht, in Zeiten wie diesen mit begleitenden Maßnahmen wie Früherkennung für veränderte Außenbedingungen wie zum Beispiel Regen, Schnee oder andere Dinge ... (Abg. Sburny: Krankheit! Asthma durch Feinstaub!)
Natürlich ist die Belastung der Menschen durch erhöhten Feinstaub und dergleichen ein sensibles Thema, und wir sind die Letzten, die sich dieses Themas nicht annehmen, aber auf der anderen Seite sollte man auch im Sinne der Autofahrerinnen und Autofahrer die Möglichkeiten wahrnehmen und mit Hilfe der neuen technischen Voraussetzungen, die breit gefächert gegeben sind, wie etwa gut ausgebaute Autobahnen, moderne Autos, die man dort in Betrieb hat, eben mit Hilfe begleitender Maßnahmen die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen flexibilisieren.
Ich bin ganz klar ein Vertreter dessen, dass man Tempo 160 in Österreich flächendeckend einführen sollte. Ich spreche mich ganz klar dafür aus, dass die Aufhebung des Tempolimits 130 auch in Zukunft ein Thema sein sollte. Weil es eben wichtig ist, hier beide Seiten zu berücksichtigen, ist dafür zu sorgen, dass dieses Thema weiterhin gestaltet wird. Der Herr Vizekanzler wird sicherlich in den nächsten Wochen die Ergebnisse dieser Studie veröffentlichen.
Wir haben in unserem Bezirk das Thema sehr stark polarisiert. Kollege Köfer von der SPÖ war ja ein glühender Verfechter gegen Tempo 160, hat sogar die Autobahn gesperrt, weil er dagegen war. Faszinierend, wie immer das Detail am Rande, dass natürlich gerade er selbst jemand ist, der auch ganz gerne einmal sehr schnell oder etwas schneller fährt. (Abg. Mag. Trunk: Nur erlaubt!) Na ja, jetzt könnte ich Ihnen sagen, dass meine Unterlagen zum Beispiel bestätigen, dass er auch schon schneller gefahren ist. Lassen wir das Thema, wir machen heute keine Schmutzkübelkampagne mehr, ich denke, die Zeit dafür ist schon vorbei! In Wirklichkeit wird hier Wasser gepredigt und Wein getrunken. Er hat auch ein Auto, das mit 240 Stundenkilometern gefahren werden kann, das heißt, dass er sehr schnell unterwegs sein kann. Ich möchte das einmal so im Raum stehen lassen. Man sollte hier nicht Wasser predigen und Wein trinken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema
„Erhöhung der Geschwindigkeiten auf den Autobahnen“ ist ein
wichtiges Thema, und wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen,
weil ich einfach glaube, unter den aktuellen modernen Rahmenbedingungen sollte
es möglich sein. (Zwischenruf der
Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)
Frau Kollegin Glawischnig, nicht eine Woche noch, warten wir es einmal ab! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Dann ist es aus mit 160!) Schauen wir einmal, wie es ausgeht! Schauen Sie, dass Sie Ihren Krieg gegen die FPÖ um Platz 3 gewinnen, wir werden schauen, dass wir so stark werden, dass wir in der nächsten Bundesregierung vertreten sind! Schauen wir, wie es ausgeht! Ich glaube, es ist ziemlich offen. Ob man Umfragen glauben oder nicht glauben kann – in neun Tagen werden wir es wissen.
Egal, wie stark wir hier in diesem Parlament vertreten sein werden, zwei Dinge sind Faktum: Wir werden in diesem Parlament vertreten sein, erstens, weil wir in Kärnten ein Grundmandat machen, und zweitens, weil wir über die 4 Prozent kommen.
Das zweite Faktum: Die Grünen werden in Kärnten wieder kein Grundmandat bekommen, das heißt, sie werden wieder daran scheitern, in Kärnten ein Mandat zu erhalten. Deshalb, Frau Dr. Glawischnig, sitzen Sie auch auf einem Wiener Mandat, weil Sie genau wissen, ... (Abg. Öllinger: Wie war es beim letzten Mal?) Ich habe sicherlich ein Grundmandat in Kärnten, diese Wette können wir jetzt sofort eingehen. Herr Öllinger, wie viel wetten wir? (Abg. Öllinger: Wie war es beim letzten Mal?) Wie viel wetten wir? Ich habe ein Kärntner Mandat gehabt, ein Landesmandat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Entschuldigung, aber bei den Grünen spreche ich ja ohnehin nur von Landesmandaten, die Grünen sind ja von Grundmandaten in Kärnten 20 Prozentpunkte weit entfernt. Ich habe jetzt ein Kärntner Landesmandat und werde auch danach eines haben. Seien Sie gewappnet, ich gehe die Wette gerne ein, ob die Grünen eines schaffen oder nicht, wir können das gerne ausmachen!
Wir werden in diesem Parlament sitzen – wie stark vertreten wir sein werden, wird der Wähler entscheiden –, und danach werden wir auch dafür sorgen, dass eine moderne, innovative, zukunftsorientierte Verkehrspolitik in diesem Land weiter Platz greift. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.48
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizekanzler Gorbach. – Bitte, Herr Vizekanzler.
17.48
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich kann es hier und heute zu diesem Thema relativ kurz machen, weil die Zahlen, die Sie sicherlich alle studiert haben oder studieren werden, für sich sprechen.
Einige Zahlen wurden ja schon genannt, und zum Thema „Verkehrssicherheit“ darf ich nur ergänzen, dass wir in den letzten Jahren – und vorhaben, das auch in den nächsten Jahren zu tun – in den Ausbau der Infrastruktur Schiene einerseits, Straße andererseits so viel wie nie zuvor investiert haben. Ein kleiner Vergleich: Für 2000 bis 2014 sind Investitionen in beide Bereiche, Infrastruktur Schiene und Straße, von 40,7 Milliarden € vorgesehen. Im Zeitraum 1985 bis 1999, also auch 15 Jahre, waren es 20,4 Milliarden €. Also wir haben hier ordentlich zugelegt. Ein Großteil dieser Investitionen, meine Damen und Herren, ist aufgewendet worden für die Erhöhung der Verkehrssicherheit, weil ein Schwerpunkt meiner Verkehrspolitik eben die Verkehrssicherheit war und ist.
Woran sieht man das? – Das sieht man daran, dass ich gleich zu Beginn meiner Amtszeit zum Beispiel ein sehr engagiertes Programm zum Ausbau der Tunnelröhren im hochrangigen Straßennetz begonnen habe. Überall dort im hochrangigen Straßennetz, wo es Gegenverkehrstunnels gab, habe ich veranlasst, dass entweder dort, wo geplant ist, forciert wird, früher gebaut wird, oder aber, dass sofort geplant wird. – Das auch vor dem Hintergrund, dass es so genannte Experten gab, die mir weismachen wollten, Ihnen ja auch, dass Gegenverkehrstunnels im hochrangigen Straßennetz sicherer sind als Richtungsfahrbahnen. Ich habe mein Vorhaben trotzdem umgesetzt, und inzwischen ist diese Diskussion Gott sei Dank etwas verstummt.
Tatsache ist, dass wir in den letzten Jahren allein in die Erhöhung der Sicherheit bei Tunnels im hochrangigen Straßennetz 70 bis 100 Millionen € jährlich investiert haben. Darüber hinaus haben wir etwa 200 Millionen, exakt sind es 228 Millionen, jährlich in den Ausbau von zweiten Tunnelröhren investiert, um Gegenverkehrstunnels in Zukunft zu vermeiden.
Ich sage das auch deshalb und vor dem Hintergrund, weil es gerade im Frühjahr dieses Jahres – und das ist nur ein Beispiel – einen internationalen Vergleich gegeben hat – ich liebe internationale Vergleiche, nicht nur immer Vergleiche mit der Vergangenheit im eigenen Land –, einen internationalen Vergleich, bei dem man in 14 Ländern 52 Tunnels im hochrangigen Straßennetz geprüft hat; der ÖAMTC hat diese Prüfung abgewickelt. Die nach dem Zufallsprinzip in Österreich sieben getesteten Tunnels liegen alle im Spitzenfeld. Das heißt, die Sicherheit in den österreichischen Tunnels, wo Unfälle immer ganz fatal ausgehen können, ist europäische Spitze, um ein Beispiel zu nennen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Darüber hinaus könnte ich Ihnen jetzt natürlich erzählen, dass jeder einzelne Mosaikstein, der das Bild des möglichst sicheren Ablaufes des Verkehrs auf Österreichs hochrangigem Straßennetz festigt und der gesetzt werden konnte, auch gesetzt wurde. – Nicht immer mit Schulterklopfen, das weiß ich schon, gerade von der Opposition;
mitunter habe ich auch gute Anregungen und Ideen bekommen, die dann in die legistische Umsetzung eingeflossen sind, aber sehr oft habe ich auch Prügel bekommen. Kollege Scheuch hat gerade ein Beispiel dafür genannt, ein Beispiel, das realisiert ist, nämlich „Licht am Tag“. Ein anderes Beispiel, das realisiert werden wird, ist die Flexibilisierung der Höchstgeschwindigkeit auf dem hochrangigen Straßennetz Österreichs. Ich bin überzeugt, das wird sogar europaweit kommen. Also diese Mosaiksteine sind dafür verantwortlich, dass wir trotz steigender Verkehrszahlen und Verkehrsfrequenzen, was die Unfälle und insbesondere die Verletzten und die Verkehrstoten betrifft, eine positive Bilanz haben.
Wie schaut diese aus? – Vielleicht zuerst einige Beispiele für solche Maßnahmen: Mehrphasenführerschein, Alkoholvortestgeräte, L 17, Vormerksystem, „Licht am Tag“ und Ähnliches mehr. Ich kann Ihnen immer dazusagen, wie viele Verkehrstote man laut Schätzung von Experten vermeiden kann, wenn man das umsetzt. Diese Maßnahmen, die wir hier ganz konsequent realisiert und umgesetzt haben, haben etwas bewirkt, nämlich: dass wir im Vergleich zu 1999 – ich wähle dieses Jahr ganz bewusst – im Jahr 2005 um 30 Prozent weniger Verkehrstote zu beklagen haben. Es gab 1999 noch 1 079 Verkehrstote und letztes Jahr 768. Diese 768 sind immer noch sehr viel, aber es ist der beste Wert seit 50 Jahren, seit man Statistik führt, was die Verkehrstoten, was die Verkehrsunfälle betrifft.
Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Vermeiden von schrecklichen Schicksalen, in Richtung Vermeiden von Leid, aber auch volkswirtschaftlich ein wichtiger Schritt in Richtung von Vermeiden von Kosten, um das ganz am Schluss auch noch erwähnt zu haben. Wenn wir im letzten Jahr ein Erfolgserlebnis hatten in Richtung Halbierung der Anzahl der Verkehrstoten bis 2010 und Reduktion der Unfälle mit Personenschaden um 20 Prozent, dann sind das Ergebnisse auf Grund dieser Maßnahmen, die heftig umstritten waren und die diese Bundesregierung trotzdem konsequent umgesetzt hat. Das sind keine Zufälle, da sind wir ebenfalls europaweit Spitze und Vorbild.
Meine Damen und Herren! Wenn man glaubt, das ist ein Zufall oder: Da hat er jetzt Glück gehabt, der Verkehrsminister!, dann schauen wir uns noch die Entwicklung heuer an. Ganz aktuell: in der Halbjahresbilanz schon wieder 52 Verkehrstote weniger als im bisher besten Jahr – also im gleichen Zeitraum, im ersten Halbjahr, des letzten Jahres. Und wenn man den Zeitraum bis Mitte September betrachtet, damit man die Entwicklung erkennen kann, sind es rund 70 Verkehrstote weniger als bis Mitte September des Vorjahres – und schon das letzte Jahr war ein Rekordjahr. Das heißt, da braucht man gar nicht lange herumzudiskutieren, da liegt einfach klar auf der Hand beziehungsweise auf dem Papier, dass, was Verkehrssicherheit betrifft, in Österreich in den letzten Jahren eine optimale Verkehrspolitik betrieben wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Abschließend, meine Damen und Herren, zum viel diskutierten „Licht am Tag“: Ich möchte die Gelegenheit nutzen und ausführen, dass – und das ist auch das Ergebnis aus 42 Studien, 42!; ich habe da wirklich skurrile Leserbriefe gelesen – in Österreich auf Grund des Straßennetzes durch diese Maßnahme die Zahl der Verkehrstoten unbestritten um etwa 30 bis 35 reduziert werden kann, dass diese „eingespart“ werden können, wenn ich das so sagen darf. Ich wäre bereit, diese Maßnahme umzusetzen, wenn ich damit sichergestellt habe, dass auch nur ein einziger Verkehrstoter verhindert werden kann. Stellen Sie sich vor, das ist jemand aus Ihrem Bekannten-, Verwandtenkreis, stellen Sie sich vor, wie viel Leid und Schmerz damit vermieden werden kann.
Mich ärgert es geradezu, meine Damen und Herren Abgeordneten, wenn ich dann lese, was für ein Mehr an Energiekosten das verursache. Dazu sage ich nur, auch das haben wir selbstverständlich verglichen. Jede Klimaanlage, jeder elektrische Fenster-
heber kostet mehr als dieses „Licht am Tag“, und wenn dieses „Licht am Tag“ 30 Verkehrstote „einspart“, dann ist das eine hervorragende Investition.
Unterstützen Sie diese Politik auch weiterhin! (Beifall bei den Freiheitlichen –
BZÖ und der ÖVP.)
17.56
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Missethon. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.
17.56
Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Ergänzungen: Ich glaube auch, dass wir im Bereich Ausbildung mit dem Mehrphasenführerschein sehr, sehr viel weitergebracht haben. Wir haben enorme Investitionen auch in den Infrastrukturbereich gesetzt, und, was mir persönlich noch sehr wichtig ist, wir haben es zum ersten Mal, glaube ich, geschafft, neue Technologien auch wirksam in den Verkehrsbereich zu implementieren und einzusetzen.
Ein paar Daten sollten am Ende einer Legislaturperiode doch gesagt werden: Wir haben Rekordinvestitionen in die Infrastruktur – von 2000 bis 2006 18,2 Milliarden €. Wir haben die Investitionen in unser Autobahn- und Schnellstraßennetz mit 5,7 Milliarden € im Vergleich zu 1999 vervierfacht. Es hat eine Bahnhofsoffensive und Neubauten gegeben, es hat einen Anstich des Brenner-Basistunnels gegeben, es hat vieles an Maßnahmen gegeben, wie beispielsweise den Führerschein neu, aber auch die ÖBB-Reform, die meines Erachtens eines der wesentlichen Kernstücke dieser Legislaturperiode war.
Wir sehen anhand der Zahlen und Daten der ÖBB, dass wir mit dieser neuen Struktur auf einem sehr guten Weg sind, auf einem sehr, sehr guten Weg zu einem modernen, kundenorientierten Unternehmen. Wir sehen das an der steigenden Zahl von Fahrgästen, an der steigenden Zahl von Tonnagen, an steigenden Umsätzen. Das heißt, wir sind hier auf einem guten Weg, und dieser Weg sollte und muss aus meiner Sicht weiter fortgeführt werden.
Die wichtigsten Initiativen: der Ausbau der Autobahnverbindungen zu den neuen EU-Mitgliedstaaten, die Erhöhung der Verkehrssicherheit im gesamten österreichischen Straßennetz durch Verkehrsleitsysteme, der Ausbau der Schieneninfrastruktur und die Fertigstellung der Donauachse Wien–Salzburg, die Stärkung der heimischen Fluggesellschaften, leistungsfähiger Flughäfen und internationaler Anbindungen.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es waren gute
Jahre für die österreichische Verkehrspolitik, es waren gute Jahre
für die Verkehrssicherheit. Ich halte es für sehr wichtig, dass diese
guten Jahre fortgesetzt werden. Da wir in ein paar Tagen Wahlen haben, eine
kleine Entscheidungshilfe: Wenn Sie wollen, dass Mobilität statt
Stillstand wichtig ist, wenn Sie wollen, dass Investitionen statt leeren Kassen
wichtig sind, wenn Sie wollen, dass Wolfgang Schüssel statt „Martin
van der Gusenbauer“ wichtig ist, dann wählen Sie Liste 1,
ÖVP! (Beifall bei der ÖVP.)
18.00
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.
18.00
Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin natürlich sehr erfreut darüber, dass das BZÖ eine parlamentarische Anfrage der sozialdemokratischen Frak-
tion zum Anlass nimmt, um über Verkehrssicherheit zu diskutieren. (Abg. Sburny: Weil sie keine eigene haben!) Es ist ja klar, ich habe mir alle Anfragen des BZÖ angeschaut: Das BZÖ hat in vier Jahren keine einzige Anfrage zur Verkehrssicherheit in diesem Hause gestellt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir haben ja den Minister! Da brauchen wir keine Anfragen! – Weitere Zwischenrufe.)
Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt gibt es sehr vieles zu sagen. „Rekordinvestitionen in die Infrastruktur“ – wissen Sie schon, dass auch die Schulden der ASFINAG damit verdoppelt worden sind und dass nicht klar ist, wie es mit der ASFINAG weitergeht? Wenn ich „Investitionen“ höre, Herr Bundesminister, dann frage ich Sie als Salzburger: Was passiert mit Hagenau? Warum wurde Hagenau bis heute nicht errichtet?
Oder mein Vorredner, Kollege Missethon: „Bahnhofsoffensive“ – ich kann das nicht mehr hören! Herr Bundesminister, Sie haben mir in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt, dass der Bahnhof in Salzburg Ende 2005 umgebaut wird; der Spatenstich wird Ende 2005 erfolgen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, Salzburg ist die einzige Landeshauptstadt, in der der Umbau und der Neubau des Bahnhofes noch nicht vorgenommen worden ist! Alle anderen Bahnhöfe wurden vorgezogen. Und da soll ich Ihre Worte glauben?
Jetzt möchte ich zum Thema 160 Stundenkilometer kommen: „ein mutiger Schritt“. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, die meisten Verkehrsunfälle in Österreich gehen immer noch auf überhöhte Geschwindigkeit zurück! Ich kann den Begriff „Flexibilisierung der Hochgeschwindigkeit“ einfach nicht mehr hören. (Abg. Neugebauer: Dann nehmen Sie Ohropax!) Wir Sozialdemokraten werden dieses Vorhaben weiterhin mit allem Nachdruck ablehnen.
Hohes Haus! Was die Anfragebeantwortung betrifft, ist es eine Frage der Betrachtungsweise. Ich sage immer, zur Verkehrssicherheit braucht man notwendige Daten und Informationen, und ich sage Ihnen: Uns fehlen die Informationen! Von Ihrem Haus stammt diese Aussage: Schulwegunfälle 2005 – 387 Schulwegunfälle mit 465 verletzten und drei toten Kindern. Aber Schulwegunfälle werden in Österreich nur bis zum 15. Lebensjahr erfasst! Und wir haben ein Problem bei der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen und der 20- bis 24-Jährigen. Herr Bundesminister, Ihre Anfragebeantwortung zeigt dieses Problem genau auf, dass da die meisten Unfälle passieren.
Daher ist der Verkehrssicherheit ein neuer Stellenwert, ein zusätzlicher Stellenwert zu geben, insbesondere im schulischen Bereich. Zurzeit wird von der Polizei nur in den Pflichtschulen ein standardisiertes Verkehrserziehungsprogramm durchgeführt. Notwendig ist aber aus unserer Sicht – und ich sage das mit aller Deutlichkeit – eine Ausweitung der Verkehrssicherheitsberatung auf Berufsschulen und auf alle Berufsbildenden und Allgemeinbildenden Höheren Schulen.
Herr Bundesminister, das ist ein Defizit! Ich möchte wissen, wie viele Schulwegunfälle es in Österreich tatsächlich gibt. Was Sie uns mitgeteilt haben, beschränkt sich auf die Altersgruppe bis zum 15. Lebensjahr. Unfälle auf dem Weg zum Kindergarten werden überhaupt nicht erfasst, und auch damit sollten wir uns anhand der Zahlen wirklich auseinander setzen.
Herr Bundesminister! Als Salzburger bin ich etwas traurig über die Antwort, die Sie mir auf die Frage 15 gegeben haben. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Salzburg findet zur Zeit eine äußerst erfolgreiche Rad-Weltmeisterschaft statt; wir haben hier einen gemeinsamen Antrag beschlossen. Ich konnte in den letzten Tagen mit Fahrradfunktionären über eine Frage der Sicherheit diskutieren, nämlich was die Helmpflicht der unter 14-Jährigen betrifft. Herr Bundesminister, Sie haben mir mit-
geteilt, dass Sie eine rechtliche Verpflichtung zur Benutzung von Fahrradhelmen ablehnen.
In Anbetracht der Zahlen, die Sie mir übermittelt
haben, nämlich über die Altersgruppen der 0- bis
4-Jährigen, der 5- bis 9-Jährigen und der 10- bis 14-Jährigen,
verstehe ich Ihre Antwort nicht. Denn es gab da im Jahr 2005 insgesamt 747
verletzte Kinder! Ich stehe dafür, bekenne mich dazu und trete dafür
ein, dass wir hier in der nächsten Periode über eine Verpflichtung
nachdenken müssen. Ich meine, die Schwächsten im Straßenverkehr
müssen
geschützt werden, und das sind die Kinder. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Großruck: Die Eltern haben keine
Verantwortung, hm? Brauchen wir ein Gesetz!)
18.05
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Auch sie spricht 5 Minuten. – Bitte.
18.05
Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir vom BZÖ stehen zu einer verantwortungsvollen Verkehrspolitik, in der sowohl der Schutz der Anrainer vor Lärm, Umweltanliegen und insbesondere auch die Verkehrssicherheit berücksichtigt werden. Kollege Maier, es wäre schön gewesen, hätte damals auch schon ein SPÖ-Verkehrsminister so hohen Wert darauf gelegt, dass die Verkehrssicherheit entsprechend hoch in der gesamten Verkehrspolitik angesetzt wird.
Wir sind aber gegen jede Art von unbegründeten Schikanen, von Schikanen, wie sie zurzeit für die Verkehrspolitik in Oberösterreich aufgezeigt werden. Dort gibt es Verordnungen für Tempo 100 auf ganz neu ausgebauten Autobahnen, und zwar unter dem Vorwand, die Umwelt zu berücksichtigen. Die Umwelt ist uns ein sehr großes Anliegen, insbesondere wenn es um die Feinstaubbelastung geht, und wir sind massiv dafür, dass der Anteil des gesundheitsgefährdenden Feinstaubs verringert wird.
Fakt ist aber auch, dass nicht nur der Verkehr allein der Hauptverursacher für Feinstaubbildung ist, sondern dass es ein Zusammenspiel von Industrie, Kleinverbrauchern und natürlich auch dem Verkehr ist. Daher liegen die Hauptprobleme in erster Linie in den Städten, da dort alle Emissionsgruppen verstärkt zusammen auftreten.
Wie die Experten und vielleicht auch viele von Ihnen wissen, ist der Feinstaub von Klima und Witterung abhängig. Daher ist es extrem unseriös, wie die Verordnung zu Tempo 100 in Oberösterreich in erster Linie von den Grünen, aber auch gemeinsam mit der ÖVP beschlossen worden ist. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Die Grundlage für diese schikanöse Verordnung sind Messungen aus dem Jahr 2003. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) – Herr Pirklhuber, hören Sie einmal zu und lesen Sie die Untersuchungen aus dem Jahr 2003! (Abg. Dr. Pirklhuber: ... Stickoxide!) Sogar auf der Homepage des Landes Oberösterreich steht, dass es in diesem Jahr ein außergewöhnliches Klima gab, ein außergewöhnlich trockenes Klima, und dass die Feinstaubwerte extrem hoch waren.
Diese Extrem-Messungen verwenden Sie, um eine Verordnung zu machen, die aber für jeden Tag gelten soll! Noch dazu geht es darum, dass diese Messstellen nicht in Siedlungsgebieten liegen, nicht in Siedlungsgebieten, die unter dem Feinstaub leiden müssen, sondern dass diese Messstellen direkt neben der Autobahn liegen! Das heißt, als Grundlage dienen Messungen, die als absolut unseriös anzusehen sind.
Wir schlagen daher vor, dass flexible Geschwindigkeiten eingeführt werden – auch wenn gewisse Damen und Herren von der Opposition dieses Wort nicht mehr hören
können. Wir halten es in der Verkehrspolitik für sehr wichtig (Abg. Öllinger: Unseriöse ...!), dass Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht einfach verhängt werden, wo sie niemandem nützen und sich auch viele nicht daran halten, weil sie keinen Sinn darin sehen.
Flexible Geschwindigkeiten durch Verkehrsbeeinflussungsanlagen ermöglichen die Anpassung der Geschwindigkeit an die Witterung, an die Sichtverhältnisse, an den Straßenzustand, aber auch an die Umweltbelastung. Das zeigt sich ja auch in Tirol, dort ist es möglich, dass die Schadstoffe gemessen werden und dementsprechend die Verkehrsgeschwindigkeit gedrosselt wird. Das sind sinnvolle Maßnahmen! Das sind Maßnahmen, die jeder verstehen wird, sodass auch jeder gern die entsprechende Geschwindigkeit einhalten wird.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wollen in Zukunft auch die Verkehrssicherheitspolitik fortsetzen, denn das BZÖ will in Zukunft keine schikanösen, unsinnigen und unsicheren Geschwindigkeitsbeschränkungen. (Abg. Sburny: Lieber unsinnige Geschwindigkeiten!) Wir sagen ja zu höchster Verkehrssicherheit, wir sagen ja zu flexiblen Geschwindigkeitsbeschränkungen, wir sagen aber auch ja zu Tempo 160. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Messungen abschaffen!)
18.09
Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu: Frau Abgeordnete Dr. Moser. Auch sie spricht 5 Minuten. (Abg. Scheibner – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Moser –: Welche Messungen hat es in Oberösterreich gegeben, Frau Kollegin?)
18.09
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Unseriöse Messungen – ich weiß nicht (Abg. Scheibner: Oder hat es überhaupt keine Messungen gegeben?): Messgeräte sind geeicht, und die Messungen 2003 erfolgten unter einer rot-schwarzen Landesregierung. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) 2003 war die Landesregierung in Oberösterreich rot-schwarz! Ich glaube, da gab es sogar einen blauen Landesrat, nämlich von der FPÖ. (Abg. Scheibner: Der hat gemessen?) – Dies nur zu den Rahmenbedingungen, den politischen Rahmenbedingungen der so genannten unseriösen Messungen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: „Nachtigall, ich hör’ dir trapsen“!)
Gehen wir vielleicht gleich zum Hauptthema über, Herr Minister. Sie haben dargestellt, dass Ihnen die Verkehrssicherheit ein wesentliches Anliegen ist. Ich sage auch, Sie haben einige Maßnahmen gesetzt, die durchaus akzeptabel sind und für die wir auch mitgestimmt haben. Dieses Paket tragen wir weiter, Herr Minister, weil wir auch immer weitere Vorschläge gemacht haben. Wir haben Sie ermutigt, beim Maßnahmenpaket, beim so genannten Punkteführerschein doch auch die Frage der Geschwindigkeitskontrolle beziehungsweise die Frage des überhöhten Tempos stärker zu berücksichtigen, die Frage des Alkohols strenger zu bewerten und vor allem auch das Telefonieren am Steuer, das Handy-Telefonieren am Steuer als Vormerkdelikt zu verankern.
Das rettet viel mehr Leben – laut den Unterlagen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit mindestens 200 Leben – als Licht am Tag. Wir haben mit Ihnen mitgestimmt, weil uns die 35 Leben durch Licht am Tag sicherlich auch wertvoll sind. Aber warum Sie es ablehnten, 200 Leben zu retten – durch bessere Geschwindigkeitskontrollen, durch mehr Vormerkdelikte, sprich Telefonieren am Steuer, sprich auch Alkohol, vermehrt mit Vormerkpunkten versehen –, das verstehe ich nicht, Herr Minister. (Abg. Neudeck: Gar nicht fahren ist am sichersten!) Es waren immer nur kleine Schritte bei der Verkehrssicherheit – dort, wo große Schritte notwendig wären!
Ich habe mir, nachdem Sie gesagt haben, dass Sie internationale Vergleiche lieben, extra noch einmal die Vergleiche bezüglich Unfallbilanzen ausgedruckt. Es ist im europäischen Vergleich – die Daten von 2003 liegen mir vor – Österreich leider Schlusslicht im Hinblick auf Anzahl der PKW pro tausend Einwohner und auch im Hinblick auf die Verkehrsunfallzahl gewesen. Im europäischen Vergleich waren wir 2003 hinten.
Wir sind jetzt vielleicht vom letzten Platz auf den vorletzten oder vorvorletzten gerückt, aber meines Erachtens ist das noch zu wenig. (Vizekanzler Gorbach: Nein, wir sind im Mittelfeld! Wir liegen im vorderen Mittelfeld!) Vielleicht sind wir auch schon in Richtung Mittelfeld unterwegs, aber Sie hätten es in der Hand gehabt, uns auch ins Spitzenfeld zu bringen. Das wäre ein ehrgeiziges Ziel gewesen, und mit ehrgeizigen Methoden hätte man das auch erreicht.
Herr Minister, darum gehe ich jetzt noch auf ein Detail ein. Die letzten Unfallzahlen, die Sie nannten und die glücklicherweise wieder niedriger als die Zahlen des Vorjahrs sind – das erste Halbjahr 2006 ist ja günstiger als das vorhergehende Halbjahr 2005 –, diese Bilanz wird vom Kuratorium so interpretiert, dass leider die Zahl der Unfälle auf den Autobahnen zugenommen hat. Wir haben insgesamt einen Rückgang – sehr positiv! –, aber wir haben eine Zunahme auf der Autobahn.
Das Problem liegt darin, dass die Geschwindigkeiten auf der Autobahn sehr häufig wechseln. Das hat das Kuratorium für Verkehrssicherheit dargelegt. Dieses Wechseln der Geschwindigkeiten verunsichert die Menschen und führt auch zu Unfällen.
Außerdem hat es noch einen Grund gegeben, den Experten genannt haben, und zwar den Grund, dass mit der Diskussion um Tempo 160 die Geschwindigkeitsmoral auf den Autobahnen insgesamt gesenkt wurde. Herr Minister, Sie haben es geschafft, die Unfallzahlen auf den Autobahnen zu erhöhen, auch mit dieser unleidigen Diskussion um Tempo 160 und mit Ihren Testversuchen! Das ist ein Faktum, das können Sie nachlesen. Ich habe leider den Presseartikel nicht mit, aber ich reiche ihn Ihnen gerne nach.
Noch ein Aspekt: Sie haben zu Beginn Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass der Ausbau der Infrastruktur eine der großen Leistungen sei, die Sie erbracht hätten. Ich darf Ihnen nur sagen, Sie haben für den Straßenbereich eine Zunahme von über 400 Prozent geschafft – bitte, auf Kosten kommender Generationen! Vom Jahr 1999, glaube ich, bis zum Jahr 2009 haben die Investitionen in den Straßenbau um 400 Prozent zugenommen und werden zunehmen. Finanziert hat es die ASFINAG, und jetzt haben wir 10 Milliarden € Schulden!
Wir waren im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses, dort hat Ihr Ministerium uns dargelegt, dass der Generalverkehrsplan, der ja diese Steigerung, diese prozentuelle Zunahme in sich birgt, eine Summe von Wünschen der Bundesländer ist – oft jenseits irgendwelcher verkehrspolitischer Rationalität und jenseits irgendwelcher verkehrspolitischer Sinnhaftigkeit. Diesen Generalverkehrsplan als Wunschkonzert der Landeshauptleute setzen Sie zu Lasten der Autofahrerinnen und Autofahrer um!
Ich habe mir hier ja schon einmal den Mut genommen und gesagt, dass ich schön langsam geneigt bin, eine Autofahrer-Interessenvertretung zu gründen, weil diese es ja zahlen müssen. Sie haben die PKW-Bemautung in der Schublade, gegen die wir vehement sind. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Sie haben es in der Schublade, die ASFINAG hat es ausgerechnet, sonst kommt sie nie von dem Schuldenberg herunter, den Sie ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Frau Kollegin!
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Darum, Herr Minister: Ihre Verkehrssicherheitsbilanz könnte besser sein, aber Ihre Generalverkehrsbilanz ist leider ein Schuldenberg! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
18.15
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlung über den 4. Punkt der Tagesordnung wieder auf.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
18.15
Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag einen Satz: Meine Fraktion wird diesem Antrag der Grünen zustimmen.
In meinem letzten Redebeitrag im Hohen Haus nehme ich mir die Freiheit, einige meiner wichtigsten Anliegen aus den 16 Jahren, in denen ich hier arbeiten durfte, noch einmal anzusprechen. Es ist nicht ganz einfach, in diesen Tagen so kurz vor der Wahl einen versöhnlichen Beitrag einzubringen. Aber es ist mir einfach sehr wichtig, so wie ich bisher gearbeitet habe, mich auch zu verabschieden.
Meine Damen und Herren! In diesen 16 Jahren hier im Hohen Haus und bei fünf Nationalratswahlen habe ich gelernt, dass nach jedem Wahltag ein Danach kommt. Es gilt, danach für die Menschen, die uns gewählt haben, in unserem Land auch weiterzuarbeiten. Daran, glaube ich, sollten wir in der so heftigen Auseinandersetzung manchmal denken. (Allgemeiner Beifall.)
Es war mir immer ein großes Anliegen, gerade als Energiesprecher, wenn irgendwie möglich, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Das heißt nicht, dass ich ein Vertreter eines Kuschelkurses gewesen bin. Ganz im Gegenteil: Ich war immer für durchaus harte, konsequente, aber sachlich und fair geführte Verhandlungen. Das gilt natürlich auch für den Umgang miteinander über die und in den Medien. Es gibt einige gute Beispiele, zum Beispiel eine ganze Reihe von Entschließungsanträgen zum Thema Anti-Atom-Politik, die großteils von allen im Haus vertretenen Fraktionen beschlossen wurden.
In diesem Zusammenhang möchte ich sagen, dass man Übereinstimmung nicht geschenkt bekommt. Man muss bereit sein, viel Zeit, Geduld, Ausdauer und auch eine gehörige Portion Toleranz dem Andersdenkenden gegenüber mit einzubringen. Es gehört auch etwas dazu, was meiner Meinung nach viel zu oft übersehen wird: Man braucht auch sehr viel Überzeugungsarbeit in der eigenen Partei, wenn man einen guten Konsens, einen guten Kompromiss zustande bringen will. (Allgemeiner Beifall.)
Gleichfalls sehr wichtig war mir immer der ständige Kontakt mit den Vertretern der verschiedensten Gruppierungen, die sich mit Energie- und Umweltfragen befasst haben und dafür eingetreten sind. Diese Hunderte von Gesprächen verschafften mir Durchblick und Überblick in oft sehr schwierigen, diffizilen und komplexen Fachfragen. Daraus gewonnene Erkenntnisse konnte ich großteils in Verhandlungen umsetzen.
Meine Damen und Herren! Stellvertretend für alle, die bereit waren, in diesen vielen Jahren fraktionsübergreifend mit mir zu verhandeln, bedanke ich mich beim Energiesprecher der ÖVP-Fraktion, Karlheinz Kopf, ganz herzlich. Auch beim Energiesprecher der freiheitlichen Fraktion – da sage ich lieber, Max –, Dipl.-Ing. Max Hofmann, bedanke ich mich sehr herzlich. Der grüne Mitverhandler ist mir vor Jahren abhanden gekommen, es hat sich dort nichts Neues mehr herauskristallisiert. Ich war auch gar nicht
in der Position, jemanden neuerlich mit einzuladen; das war Aufgabe der Regierungsvertreter und nicht meine.
Meine Damen und Herren! Ganz besonders danke ich meiner Fraktion, die in schwierigen Situationen immer hinter mir gestanden ist und mir den Rücken entsprechend gestärkt hat.
Ihnen allen danke ich für die gute Zusammenarbeit und
wünsche Ihnen allen, die nach dem 1. Oktober im Hohen Hause weiter
für unser Land arbeiten werden, alles Gute und viel Erfolg! –
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf! (Anhaltender allgemeiner Beifall.)
18.21
Präsident Dr. Andreas Khol: Der allgemeine Beifall zeigt, Herr Abgeordneter Oberhaidinger, dass Ihre Arbeit sehr geschätzt wurde.
Auch von mir alles Gute, viel Glück und Gesundheit! (Allgemeiner Beifall.)
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
18.21
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir doch einige Anmerkungen zur Alpenkonvention. – Während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft sind Fortschritte gelungen. Es war jedoch nicht möglich, auch einen entsprechenden Abschluss zu erzielen. Aber Finnland hat dieses Vorhaben im Rahmen seiner Ratspräsidentschaft ebenso im Arbeitsprogramm.
Die Alpenkonvention hat zehn Protokolle, es geht im Wesentlichen um den Schutz der Alpen. Vier Länder haben bereits ratifiziert, Vertragsparteien sind jedoch acht Anrainerstaaten und die Europäische Union. Es gibt, wie wir wissen, seit dem Gespräch zwischen Vizekanzler Gorbach und Ministerpräsident Prodi am 13. Juni 2006 eine Zusage der Unterstützung, sodass ich der Hoffnung bin, dass hier wieder entsprechend Bewegung hineinkommt.
Wesentlich für uns in Österreich ist sicherlich das Verkehrsprotokoll. Der eingebrachte Entschließungsantrag, in dem die Mitglieder der Bundesregierung ersucht werden, die vollinhaltliche Umsetzung des Verkehrsprotokolls zu bewerben, wird natürlich von meiner Fraktion mitgetragen. Es geht eben um die Unterzeichnung durch die Europäische Union.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, geben Sie auch mir die Gelegenheit, meinen letzten Redebeitrag hier im Hohen Haus dazu zu benutzen, mich von Ihnen zu verabschieden. Ich kann nicht mit fünf Gesetzgebungsperioden, sondern nur mit vier, und nicht mit 14 Jahren, sondern mit zwölf Jahren dienen, die ich diesem Hause angehören durfte. Ich habe diese Zeit als arbeitsreiche, aber sehr, sehr interessante Zeit erleben können.
In diesem Hause habe ich Persönlichkeiten kennen gelernt, und es ist mir wichtig, sie zu kennen. Es haben sich zum Teil durchaus auch Sympathieverhältnisse entwickelt, das möchte ich sagen, und auch freundschaftliche Verbundenheit. Ich betone, dies betrifft nicht nur meinen Parlamentsklub, sondern das betrifft auch Mitglieder anderer Fraktionen, also über die Parteigrenzen hinaus.
Ich möchte es auch nicht verabsäumen, mich bei meiner Mitarbeiterin zu bedanken, die mich jahrelang ertragen hat, und bei den Klubreferenten, bei denen dies ebenso der Fall war, ferner bei meinen Klubkollegen, bei den Beamten des Hauses und in den
Ministerien und natürlich auch bei den Verhandlungspartnern, die ich im Laufe der Zeit im Bereich Energie, aber auch im Bereich der Wirtschaft insgesamt hatte.
Georg Oberhaidinger hat es schon ausgeführt, und ich kann mich dem, was er gesagt hat, vollinhaltlich anschließen: Uns ist es auch immer darum gegangen, eine Lösung zu finden, und es ist, wie ich meine, auch ganz gut gelungen.
Geschätzte Damen und Herren! Wenn ich in der
Vergangenheit vielleicht bei der einen oder anderen Debatte im Zuge des
mitunter auch etwas hitzigeren parlamentarischen Gefechtes jemanden
persönlich verletzt haben sollte, dann bitte ich, das zu entschuldigen.
Ich möchte das stellvertretend für möglicherweise mehrere bei
Peter Wittmann machen, der nach einem Debattenbeitrag von mir – ich
hatte damals aus einer Zeitung zitiert – eine tatsächliche
Berichtigung gemacht hat. Es war nicht meine Absicht, ihn persönlich zu
verletzen, und schon gar nicht seine Familie. – Kollege Wittmann ist
zwar jetzt nicht anwesend, aber ich bitte, ihm das auszurichten. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)
Für die kommende Gesetzgebungsperiode wünsche ich
jenen Kollegen, die dann wieder Abgeordnete dieses Hauses sein werden, und
auch den Neuen viel Erfolg bei ihrer Arbeit zum Wohle unserer Bürger und
unseres Landes! (Anhaltender allgemeiner
Beifall.)
18.27
Präsident Dr. Andreas Khol: Der anhaltende Beifall aller Fraktionen zeigt auch Ihnen, Herr Abgeordneter Hofmann, dass man Sie allgemein geschätzt hat. Das Haus wünscht Ihnen viel Glück und persönliches Wohlergehen, wenn Sie ausgeschieden sind. Alles Gute!
Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; Restredezeit der Fraktion: 10 Minuten. – Bitte.
18.27
Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Danke, Herr Präsident! Jetzt wird es noch richtig besinnlich. – Zurück zur Alpenkonvention: Die Unterzeichnung liegt ja schon geraume Zeit zurück, sie erfolgte 1991. Wir haben daher jetzt einen Zeitpunkt, zu dem wir auch etwas feiern könnten: 15 Jahre Alpenkonvention. Mittlerweile gibt es ein Ständiges Sekretariat in Innsbruck, Österreich hat bereits zum zweiten Mal den Vorsitz bei der Alpenkonvention, jetzt vertreten durch Minister Pröll. Sekretariat in Innsbruck – das ist also durchaus etwas, was man vorzeigen kann. Allerdings gibt es kein Geld für diesen Vorsitz und keine zusätzlichen Ressourcen, wie wir bei einer Anfrage festgestellt haben. Jetzt bleibt die Frage: Hat die Regierung diesen Vorsitz genützt, Herr Minister? (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ja!)
Herr Präsident Khol liebt ja immer diese funkelnden Sprüche aus der Schatztruhe. Carpe diem, nütze den Tag – Herr Bundesminister, haben Sie den Tag genützt? Und vor allem: Haben Sie dann auf das Ende gesehen? – Et respice finem: das gehört nämlich dazu, man muss auch auf das Ende sehen. Aber das ist schwierig, wenn man mit der Umwelt, der Landwirtschaft, dem Wasser, dem Wald und der Wiese beschäftigt ist, wie das ja bei Ihnen der Fall ist.
Da ist es dann schwierig, sich auch um den Verkehr und das Verkehrsprotokoll zu kümmern und dort auch noch den Vorsitz zu führen. Das ist schade; das ist sehr schade, weil ja der Verkehr, wie wir alle wissen, der Klimaschädiger Nummer eins ist und eigentlich Mut und Entschlossenheit notwendig wären, um endlich auch die EU nicht nur zu überreden, sondern auch mit scharfem Druck zu zwingen oder zu ermutigen, das Verkehrsprotokoll zu ratifizieren.
Das war auch der Anlass für unseren Entschließungsantrag, den wir dann abgeändert haben und für den wir eine gemeinsame Form gefunden haben. Wir haben mit der Entschließung die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung und insbesondere den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft aufgefordert, im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie eine vollinhaltliche Umsetzung des Verkehrsprotokolls herbeizuführen, und haben diese hehre Aufgabe jetzt ins ferne Finnland delegiert, das keinen Alpenanteil hat, aber trotzdem, wie ich höre, uns und andere Alpenländer noch während der Zeit seines Vorsitzes unterstützen will. Ich habe aber nichts davon gehört, dass schon etwas weiter geschehen wäre.
Wir indessen investieren viele öffentliche Gelder in den Straßenverkehr. Wir haben beim Straßenbau einen Zuwachs von 400 Prozent, beim Bau von Infrastruktur für den öffentlichen Verkehr lediglich 50 Prozent. Resultat ist das Ankurbeln der Verkehrslawine. Das sehen wir jeden Tag, das sehen viele Anrainer und vor allem hören das viele AnrainerInnen täglich an den Autobahnen.
Heute habe ich mit Erstaunen gelesen, dass das in Kalifornien jetzt anders gehandhabt wird. Dort hat der Justizminister konstatiert, dass die Fahrzeugabgase Hauptursache für den Anstieg von CO2-Emissionen sind, und hat auf Bezirksgerichtsebene geklagt, und zwar die Hauptverursacher der Fahrzeuge, die Emissionen ausstoßen, die Autoindustrie, die sich immer noch nichts Besseres überlegt hat. Er hat hinzugefügt, dass die Klimaerwärmung der Umwelt, der Wirtschaft, der Landwirtschaft und der Gesundheit der Bevölkerung erheblichen Schaden zufügt.
Haben Sie den Tag also genützt, Herr Minister? – Das kann ich leider nicht feststellen. Diese Ergänzung von „et respice finem“ ist eigentlich von einem Menschen, den ich sehr schätze, das ist der frühere Leiter der Bewährungshilfe Salzburg, der gesagt hat, bei allen Dingen, die man tut, muss man auch auf das Ende sehen. Und weil wir damit beim besinnlichen Teil angelangt sind, sehe ich auch auf das Ende, also auf vier Jahre parlamentarische Arbeit, vier Jahre, die ich diesem Hohen Haus hier angehört habe.
Ich möchte allen, die hier mit Leidenschaft und Überzeugung für und an der Demokratisierung unseres Landes und unserer Gesellschaft gearbeitet haben, sehr danken. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir eine demokratische Gesellschaft haben. Ich finde, dass wir auf dem Weg dorthin sind und beileibe noch nicht angekommen.
Ich möchte es auch nicht verabsäumen, insbesondere jenen 30 000 Salzburgerinnen und Salzburgern zu danken, die mich mit diesem Mandat ausgestattet haben, das für mich tatsächlich eine Auszeichnung darstellt. Das ist aber auch eine Verpflichtung über die Legislaturperiode hinaus, finde ich zumindest. Ich möchte weiterhin das Wissen, das ich hier erworben habe, was ein Privileg ist, an politikferne Gruppen weitergeben, insbesondere zum Beispiel an Frauen auf dem Lande oder auch benachteiligten Gruppen.
Das mag dem Herrn Minister vielleicht auch als gefährliche Drohung erscheinen, weil er meint, dass die Frauen auf dem Land ohnehin sehr gut gestellt sind. Jetzt habe ich wieder gehört, dass die Kinderbetreuung, um sich an der Wirtschaft und am Erwerbsleben auch wirklich gleichberechtigt beteiligen zu können, für die ländliche Entwicklung nur ein minimaler Nebenwiderspruch ist.
Es wird also für mich sozusagen nur eine andere Ebene
geben, wo ich weiterhin politisch arbeiten werde, wobei ich auch dieses
Wissen, das ich hier erworben habe, einsetzen kann. – Danke. (Allgemeiner
Beifall.)
18.33
Präsident Dr. Andreas Khol: Auch Ihnen alles Gute, Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer.
Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer ist der nächste Redner – aber er kommt wieder. – Bitte.
18.33
Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich werde tatsächlich keine Abschiedsworte einbauen. Natürlich wird es erst die Wahl zeigen, ob ich damit eine Gelegenheit versäumt habe. Ich werde daher ganz kurz auf die Alpenkonvention eingehen und die Bedeutung der Alpenkonvention hervorstreichen, weil ich denke, dass das in seiner Dimension gar nicht so bekannt ist.
Der Anwendungsbereich dieser Alpenkonvention erstreckt sich über den gesamten Alpenraum, damit auf eine Fläche von 190 000 km2, und es leben immerhin fast 14 Millionen Menschen in diesem Raum. Den größten flächenmäßigen Anteil hat ja bekanntlich Österreich; einwohnermäßig sind es die Italiener, die den größten Anteil haben. Seit 1995 ist diese Konvention in Kraft, und es gehören neben Österreich und Italien noch Frankreich, die Schweiz, Deutschland, Slowenien, Monaco und Liechtenstein dazu und die Europäische Union. Und genau darum geht es ja, nämlich um die Unterzeichnung durch die Europäische Union. Hier ist der langfristige Schutz der natürlichen Ökosysteme und die Entwicklung der Alpen auch in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht mit zu berücksichtigen. Das heißt, es ist eine wirkliche Integralmaßnahme, die hier mit der Alpenkonvention geplant ist.
Es gibt dazu diese Ausführungs- und Durchführungsprotokolle, wobei das Verkehrsprotokoll natürlich das wichtigste ist. Hier hat sich auf der einen Seite mit dem Beitritt zur Europäischen Union, aber jetzt, in den letzten Jahren, zusätzlich verstärkt durch die Osterweiterung sehr viel für Österreich getan. Österreich ist im Mittelpunkt dieser Nord-Süd-Verbindungen und des Ost-West-Verkehrs, und daher sind wir hier wirklich im neuralgischen Schnittpunkt. Es gibt viele Belastungen und Risken, die durch den Verkehr verursacht werden, und wir sind einfach dazu angehalten, allumfassend diese Risken und Belastungen hinsichtlich Emissionen, hinsichtlich Umweltverträglichkeit insgesamt zu berücksichtigen. Der Ausbau, die Verbesserung der Bahninfrastruktur ist ganz wichtig, auch der Ausbau und der Neubau von hochrangigen Straßen.
Daher möchte ich hier nur ganz kurz ein paar Beispiele erwähnen, die für mich ganz besonders wichtig sind und zeigen, was sich auf diesem Gebiet in den letzten Jahren getan hat und was in den kommenden Jahren auch noch zu tun ist. Für mich als Kärntner ist die Übernahme der B 317 ins hochrangige Straßennetz ganz wichtig. Diese B 317 wird zur Klagenfurter Schnellstraße, und damit ist die ehemalige Triesterstraße wieder aufgewertet. Es gibt einen sehr starken Verkehrsfluss, und das ist für diesen Murtaler und Mittelkärntner Raum eine ganz wichtige Maßnahme.
Auch die A 2 inklusive der Wörthersee-Trasse, die neu diskutiert wird, und die Tauern Autobahn werden laufend verbessert. Hier wurde in den letzten Jahren auch sehr viel getan, und es wird auch derzeit gebaut.
Ganz wichtig ist auch das Schienennetz. Hier darf ich natürlich die Koralmbahn erwähnen, die bereits in Bau ist beziehungsweise mit deren Bau begonnen wurde. Damit im Zusammenhang darf ich natürlich auch auf den Semmering-Tunnel hinweisen, der im ganz engen Kontext mit der Koralmbahn zu sehen ist. Für die ist ganz einfach der Semmering-Basistunnel ein unbedingtes Muss der nächsten Jahre. Ich bin auch zuversichtlich, dass wir das schaffen werden.
Insgesamt brauchen wir natürlich für den Verkehr Visionen, denn die Gesamtentwicklung schreitet ganz einfach enorm rasch voran. Es bedarf noch sehr viel an Anstrengung, um hier auch der Umwelt zuliebe und unseren Menschen, die im Alpenraum leben, zuliebe einiges zu schaffen.
Ich hoffe daher, dass wir in der EU diesen Vertrag
unterzeichnen können. Das sind wir unserer wunderschönen Alpenregion
schuldig. Und ich denke, dass unser Bundesminister Pröll dazu auch
noch in den nächsten Monaten und Jahren genug Gelegenheit haben
wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des
Abg. Scheibner.)
18.38
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
18.38
Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist jede Initiative, die dazu beiträgt, innerhalb der Europäischen Union das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention zu ratifizieren, zu begrüßen. So auch dieser Vier- oder Viereinhalb-Parteien-Antrag. Um den Alpenbogen ökologisch zu schützen, ist allerdings auch ein Bündel anderer, weiterer Maßnahmen notwendig. Es bedürfte dazu einer umsichtigen, einer fortschrittlichen Umweltpolitik, und damit schaut es halt ein bissel traurig aus.
Zum Beispiel im Bereich des Klimaschutzes: Kein EU-Staat ist so weit vom Kyoto-Ziel entfernt, wie Österreich das ist. Statt den minus 13 Prozent liegt Österreich mit 91,3 Tonnen CO2-Äquivalent 29 Prozent über den verpflichtenden internationalen Zielen. Vom Umweltminister ist dazu im Inland eigentlich nichts Konkretes zu erfahren, es sind keine konkreten Maßnahmen zu sehen, obwohl wir alle wissen, dass gerade Maßnahmen in diesem Bereich auch sehr viel an Beschäftigungseffekten hätten und sehr positiv für die Wirtschaft wären.
Gleichzeitig wachsen die Müllberge, und ich habe noch im Ohr, wie der Herr Bundesminister gesagt hat, das Konzept der freiwilligen Selbstverpflichtung sei ein ganz geniales und es werde funktionieren. Mitnichten! Bei den Mehrwegflaschen zum Beispiel sehen wir, dass in den letzten 20 Jahren der Anteil von 80 Prozent Mehrwegflaschen an den Getränkegebinden auf 45 Prozent hinuntergegangen ist, sich also beinahe halbiert hat. Sie werden die Pfandflasche demnächst unter Artenschutz stellen müssen, weil sie eine aussterbende Spezies ist. Beitragen zur Verringerung der Müllberge würde allerdings auch diese Maßnahme nur wenig.
Unsere Befürchtung zu Beginn der Legislaturperiode, als wir gesagt haben, dass wir es politisch nicht für gescheit halten, dass der Umweltminister und der Landwirtschaftsminister sich in einer Person vereinigt, hat sich bewahrheitet. Es ist in der Tat so, dass der Bock zum Gärtner gemacht wurde. Das zeigt sich zum Beispiel ganz klar in den erhöhten Grenzwerten für das Ausbringen von Düngemitteln – mittlerweile 230 Kilo pro Hektar – und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Qualität des Trinkwassers.
In der Luftreinhaltung, um ein weiteres Beispiel zu nennen, lehnt sich der Bundesminister zurück und wälzt sämtliche Verantwortung auf die Länder ab, aber gleichzeitig, während er abwälzt, schränkt er auch deren Handlungsmöglichkeiten ein und nimmt den Landeshauptleuten die Kompetenz für eine verursachergerechte Bekämpfung von Feinstaub.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin mir sicher, in dieser Republik wird nur mit der Sozialdemokratischen Partei ein wirklich voller Einsatz für den Naturschutz, für den Umweltschutz zu haben sein. Nur wir sind es, die das garantieren. (Zwischenrufe bei
der ÖVP.) – Ja, Sie jammern. Zu Recht jammern Sie. Nur wir sind es, die garantieren, dass die Daseinsvorsorge weiter in öffentlicher Hand bleibt und von öffentlicher Hand betrieben wird. Wir stehen dafür, dass es ein Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz gibt, das nicht irgendwelche großen Sonderprojekte ex lege ausnimmt, und wir stehen für ein Umweltinformations- und Kontrollsystem, für eine Kontrollpolitik, die ein transparentes und ein partizipatives Miteinander von BürgerInnen, von NGOs und der Politik im Sinne einer blühenden und gesunden Umwelt garantiert, in den Alpen und auch sonst überall. (Beifall bei der SPÖ.)
18.42
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Ellmauer ist der nächste Redner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.
18.42
Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Bayr, an Ihnen dürften die letzten Jahre wirklich spurlos vorübergegangen sein, denn das Kyoto-Ziel ist ein ehrgeiziges Ziel der Bundesregierung. Wenn man jetzt ein bisschen aufzählt, was die Bundesregierung in den letzten Jahren alles in dieser Richtung gemacht hat – ich denke beispielsweise nur an die Partikelfilter, im Energiebereich an die thermische Althaussanierung, die vielen Bioanlagen, die Fernwärme, dann jetzt für die Zukunft die 500-Millionen-€-Energiestiftung et cetera –, dann sehen Sie: Es ist viel geschehen und wird noch viel geschehen. (Abg. Bayr: Wir sind weiter weg vom Ziel!)
Aber zurück zur Alpenkonvention: Diese ist ein internationales Übereinkommen zum Schutz des Naturraumes und zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung in den Alpen. Die Konvention legt ferner großes Augenmerk auf die Sicherung der wirtschaftlichen und kulturellen Interessen der einheimischen Bevölkerung in den Unterzeichnerstaaten. Die ständig wachsende Beanspruchung durch den Menschen gefährdet den Alpenraum und seine ökologischen Funktionen in zunehmendem Maße. Die daraus resultierenden Schäden lassen sich zumeist nicht oder nur mit hohem Aufwand, mit beträchtlichen Kosten und in der Regel nur über lange Zeiträume hinweg wieder beheben. Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, wirtschaftliche Interessen mit den ökologischen Erfordernissen in Einklang zu bringen, so wie unser Prinzip der ökosozialen Marktwirtschaft das vorsieht.
Für Österreich ist der Alpenraum als geographische Einheit von erheblicher Bedeutung. Der österreichische Alpenanteil ist mit über 28 Prozent der Gesamtanwendungsfläche der größte im Rahmen der Alpenkonvention, und er bedeckt fast 65 Prozent unseres Staatsgebietes. 40 Prozent der Gesamtbevölkerung Österreichs lebt im Alpenraum, aufgeteilt auf 1 135 Gemeinden – von insgesamt 5 934 Gemeinden im gesamten Konventionsgebiet. Österreich ist somit jener Staat, in welchem die Alpen den größten Flächen- und Bevölkerungsanteil am Staatsgebiet einnehmen.
Das Verkehrsprotokoll wird oft als Herzstück der Alpenkonvention bezeichnet. Es verpflichtet zu einer abgestimmten Umwelt- und Verkehrspolitik, die verkehrsbedingte Belastungen und Risken begrenzt und so den Belangen von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft Rechnung trägt. Die Vertragsparteien sind darin übereingekommen, auf den Bau neuer hochrangiger Straßen für den die Alpen querenden Verkehr zu verzichten. In puncto Kostenwahrheit haben sich die Unterzeichneten auf das Verursacherprinzip geeinigt. Österreich hat als einer der ersten Staaten das Verkehrsprotokoll ratifiziert, und seit 18. Dezember 2005 stellen die Durchführungsprotokolle geltendes Recht dar.
Unter dem Vorsitz Österreichs in der Alpenkonvention ist es gelungen, einen Mehrjahresplan fertigzustellen, und dafür gebührt unserem Umweltminister, unserem Lebens-
minister Josef Pröll ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Ja, bitte flachlegen! Oder reicht es auch, zu knien?)
Dieses mehrjährige Arbeitsprogramm gibt den nötigen Rahmen und den nötigen Halt, um messbar, bereichsübergreifend und nachhaltig ein fragiles Ökosystem nicht nur zu erhalten, sondern auch weiterzuentwickeln, so wie das die Alpenkonvention in ihrem ganzheitlichen Impetus vorsieht. Es liegt nun an Italien, das Verkehrsprotokoll zu ratifizieren und den Weg freizumachen für eine EU-weite Ratifikation, damit im gesamten Alpenraum gleiche Mindeststandards gelten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
18.46
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 4 Minuten Redezeit; das ist zugleich auch die Restredezeit Ihrer Fraktion. – Bitte.
18.46
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zurzeit, Herr Minister, sind Sie ja als internationaler Vorsitzführender bei der Alpenkonvention auch tragend am Werk, um die Alpenkonvention noch bei vier Mitgliedstaaten der EU hoffähig zu machen und ratifizieren zu lassen.
Herr Minister Pröll, man liest in den Medien, dass Sie sich während der EU-Präsidentschaft Österreichs durch besondere Reisetätigkeit und besonderen Fleiß und Einsatz ausgezeichnet haben sollen. – Ich hoffe, dass dieses Medienurteil jetzt auch zutrifft auf Ihren Einsatz, was die Umsetzung der Alpenkonvention anlangt. Sie heften es sich oft auf die Fahne, schreiben es sich oft zu, dass Sie für die Umwelt Maßgebliches vorantreiben wollen, und ich habe oft den Eindruck, dass Sie das Feigenblatt sind für andere Minister, zum Beispiel den Verkehrsminister, der zu wenig zuwege bringt.
Schauen wir es uns ganz konkret an. Morgen ist zum Beispiel autofreier Tag. Der Masterplan Fahrrad, ein Antrag der Grünen, liegt, so glaube ich, seit drei Jahren im Verkehrsausschuss. Dann geht es Gott sei Dank ein bisschen über das Umweltressort, dass so etwas wenigstens einmal vorgestellt wird. Vom Umsetzen kann man ohnehin noch nicht reden. Also, ein kleiner Hoffnungsstreif.
Bei der Alpenkonvention: Im Jahr 2002 hat Österreich unterzeichnet, andere Staaten folgten, Schwierigkeiten stehen uns noch bevor. Seitdem die Ökopunkteregelung leider ausgelaufen ist und keinen Ersatz gefunden hat, ist das Rechtsinstrumentarium der Alpenkonvention das einzige Instrument, mit dem man im sensiblen Lebensraum Alpen noch international verbindliche Einschränkungen verhängen kann. Gerade deshalb ist uns dieses Rechtsinstrument so wichtig. Das andere wäre die Wegekostenrichtlinie, aber die Wegekostenrichtlinie ist auf EU-Ebene leider zu ungunsten der Bevölkerung in den Alpen entschieden worden. Die Hoffnung heißt Alpenkonvention, und hier liegt in den nächsten Monaten dann auch sehr viel in Ihrer Hand, wenn man weiß, dass das Vorsitz führende Land Finnland oft nicht initiativ werden kann, dass es also sehr stark von den einzelnen Mitgliedsländern abhängt, was dann während einer Präsidentschaft vorangetrieben wird, was gepusht wird. Da habe ich eine hohe Erwartung, und da werden wir Sie immer wieder sozusagen an Ihre Verantwortung gemahnen und auch zur Verantwortung ziehen.
Die Belastung des Alpenraumes resultiert nicht nur aus dem Verkehr, sie erfolgt auch durch Ausbau der Systeme, durch Seilbahnsysteme, überwiegend durch Erschließen von Wintersportgebieten, durch neue Kraftwerke und so weiter, ich brauche hier nicht alles aufzuzählen. Und hier sollten Sie sich auch intern innerhalb der gesamten Bundesregierung und vor allem auch innerhalb Ihrer Partei, innerhalb der ÖVP mehr durchsetzen. Angesichts der Klimalage, angesichts der Luftschadstoffbelastung, angesichts
des Waldsterbens – bitte, das hat auch den Wildverbiss als Ursache – sehe ich es doch als ganz wesentlich an, dass Sie einfach mehr durchdringen mit Ihren Vorhaben und Ihren Anliegen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was hat denn das Waldsterben mit dem Wildverbiss zu tun?)
Derzeit ist in erster Linie die Wählerin, der Wähler gefordert, und für die ist es meiner Meinung nach nutzbringender, wenn sie sich gleich an den Schmied wenden, und nicht an den Schmiedl. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Also an mich!) Und der Schmied in Sachen Umweltschutz, Alpenkonvention, Verkehrsreduktion sind eindeutig die Grünen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
18.50
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.
18.50
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Alpenkonvention ist ein wichtiger Meilenstein zum Schutz der Alpen, eines sehr sensiblen Ökosystems in Europa, und es ist für mich auch eine ganz besondere Herausforderung, aktuell als Präsident der Alpenkonvention so viele Länder und so unterschiedliche Länder in ihren Interessen zu koordinieren und zu versuchen, das Beste für den Alpenbogen insgesamt herauszuholen.
Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer, wenn Sie mich fragen: Was ist denn geschehen, haben Sie den Tag genützt? – Ja! Eine eindrucksvolle Bilanz! In der glücklichen Situation während des Vorsitzes im ersten Halbjahr 2006 als Umweltminister im Umweltrat und gleichzeitig als Koordinator, als Präsident der Alpenkonvention ist es gelungen, weil wir aus österreichischer Sicht sehr massiv darauf gedrängt haben, nach langer, langer Zeit, drei Durchführungsprotokolle, nämlich Bodenschutz, Tourismus und Energie, zu unterzeichnen und zusammen mit dem Berglandwirtschaftsprotokoll auch zur Unterzeichnung in der Europäischen Union zu bringen. Die Union hat sich lange geweigert, diese Protokolle anzuerkennen und zu unterzeichnen. Es sind vier, die wir während unserer Präsidentschaft in der Europäischen Union koordinieren und zu Ende bringen konnten: Bodenschutz, Tourismus, Energie und das Berglandwirtschaftsprotokoll.
Es stimmt, dass ein zentrales Anliegen, das wir auch im Verkehrsministerrat forcieren wollten, nämlich das Verkehrsprotokoll, am 8./9. Juni 2006 in Luxemburg nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Warum nicht? Weil trotz aller Anstrengungen Österreichs, koordiniert in der Regierung zwischen Umwelt- und Verkehrsressort, in Italien eine sehr schwierige Situation auf Grund der Neuwahlen, der Änderung der Regierung vorhanden war und sich die damals noch regierende Mehrheit Italiens, schon die neue Regierung im Blickfeld habend, am 8./9. Juni 2006 nicht imstande sah, hier eine Zustimmung zu geben. (Abg. Öllinger: Die Konservativen, eh klar!)
Es wird an uns liegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, nun mit der finnischen Präsidentschaft dieses Ziel, nämlich auch das Verkehrsprotokoll einem guten Ende für Österreich zuzuführen, zu erreichen. Wir werden unter finnischer Präsidentschaft mit Hochdruck daran arbeiten, und ich bin sehr optimistisch, dass wir in Gesprächen auf der einen Seite mit der italienischen Regierung und auf der anderen Seite mit der vorsitzführenden finnischen Regierung auch bei diesem wichtigen Protokoll eine gute Lösung für Österreich, für die Alpenkonvention und für alle Alpenanrainerstaaten finden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Sinne: Wir haben viel erreicht für die Alpenkonvention, wir haben noch zentrale Anliegen vor uns. Ich möchte aber am Ende meiner Ausführungen zur Alpenkonvention auch den Dank zurückgeben an Sie, Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer, Abgeordneter Oberhaidinger, Abgeordneter Hofmann. Sie haben die Zusammenarbeit hier im Parlament erwähnt, und man kann ja lernen aus 15, 16 Jahren Erfahrung hier im Plenum, auch aus dem, was Sie über Stilfragen gesagt haben. Ich bedanke mich dafür, ich bedanke mich für die Zusammenarbeit, die mit allen immer hervorragend funktioniert hat. Trotz aller Unterschiedlichkeiten in der politischen Positionierung, in der gesellschaftspolitischen Positionierung ist es auch für mich in den letzten dreieinhalb Jahren sehr wohltuend gewesen, dass wir über diese ideologischen Gräben immer Brücken bauen konnten. – Herzlichen Dank und alles Gute! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
18.53
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.
18.53
Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits ausgeführt wurde, hat sich die Europäische Gemeinschaft mit der Ratifizierung der Alpenkonvention auch zur Reduktion des Verkehrsaufkommens verpflichtet. Dieses Protokoll hat in Österreich, so sehe ich das, die allergrößte Priorität und ist auch von der politischen Wertschätzung her das wichtigste.
Die Alpenkonvention beinhaltet unter anderem die Verpflichtung, im Interesse der Nachhaltigkeit eine rationelle und sichere Entwicklung in einem grenzüberschreitend aufeinander abgestimmten Verkehrsnetz umzusetzen, weiters die Verbesserung der Bahninfrastruktur durch den Bau und die Entwicklung großer alpenquerender Achsen, einschließlich dazugehörender Anschlüsse und Terminals.
Für uns in Tirol, besonders für meinen Wahlkreis Bezirk Innsbruck Land ist der Brenner-Basistunnel von großer Bedeutung und auch sehr wichtig. Der vorzeitige Bau des Probestollens wurde ja bei uns im Landtag bereits am 12. Oktober 2005 beschlossen. Damals haben die Grünen bei uns in Tirol nicht mitgestimmt. (Abg. Scheibner: Wie immer! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Böse!)
Einigkeit herrscht darüber, dass das Land Tirol rund 50 Millionen € in die Hand nimmt, damit dieser Probestollen gemacht werden kann. Die Überzeugungsarbeit unseres Landeshauptmanns und auch der Landesregierung, die sie in den letzten Jahren und Monaten für den Brenner-Basistunnel und den Ausbau der gesamten Strecke von München bis Verona unternommen haben, trägt nunmehr Früchte. (Abg. Scheibner: Ein bisschen was hat der Vizekanzler auch gemacht!) Stimmt, Ihr Vizekanzler hat hier auch sehr viel mitgewirkt.
Am 30. Juni war es dann noch unter unserer Präsidentschaft so weit, dass mit diesem Probestollen begonnen wurde. Bundeskanzler Schüssel, Vizekanzler Gorbach waren auch anwesend in Italien beziehungsweise in Südtirol. Mit dem Spatenstich für den Probestollen ist nicht nur das Projekt Brenner-Basistunnel nun endlich auf Schiene, sondern auch in Italien und in Deutschland wird nunmehr die Notwendigkeit für den Ausbau der Schieneninfrastruktur auf den Zulaufstrecken erkannt.
Bei uns in Tirol wird bereits seit Jahren an der Unterinntal-Strecke zwischen Kundl und Baumkirchen gebaut, und dieses Infrastrukturprojekt ist derzeit das größte, interessanteste und für mich faszinierendste Bauprojekt der gesamten Union. Eine Verlagerung des alpenquerenden Transits von der Straße auf die Schiene ist eine logische Konse-
quenz, und eine dreispurige Autobahn – diese Töne hört man jetzt auch immer wieder in Zeiten, in denen die Wahlwerbung läuft – über den Brenner steht meines Erachtens nicht zur Diskussion. Erstens einmal würde das am Widerstand der Bevölkerung scheitern und zweitens auch an der Lärm- und Schadstoffrichtlinie der Europäischen Union und auch Österreichs.
Im Übrigen gibt es in Österreich bereits eine positive Trendwende. Wenn wir die Rollende Landstraße betrachten, so gibt es auf der Brenner-Route seit November 2005 wieder deutliche Aufwärtstrends. Allein in den ersten vier Monaten 2006 – die habe ich verglichen – gab es einen Anstieg um 120 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Es fuhren von Jänner bis April 2005 14 700 Lastkraftwagen auf der Rollenden Landstraße, und heuer sind es von Jänner bis April bereits 32 100 gewesen. Die Frage der Brenner-Basistunnel-Gegner wird in wenigen Jahren nicht lauten, ob wir den Brenner-Basistunnel bauen, sondern, wann er endlich fertig wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)
18.57
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dobnigg. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
18.57
Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen, werte Kollegen! Der gegenständliche Entschließungsantrag wurde bereits am 21. September 2005, also genau vor einem Jahr eingebracht. Die österreichische Präsidentschaft blieb in diesem wichtigen Punkt von dieser Bundesregierung leider völlig ungenützt. Anstatt zu feiern und sich pompös selbst zu inszenieren, hätte es doch mehr als genug Möglichkeiten gegeben, beim für unser Land und ganz Europa so wichtigen Thema Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention etwas weiterzubringen. Das Verkehrsprotokoll ist das Schlüsselelement der gesamten Alpenkonvention, denn nur ein ratifiziertes und in ganz Europa in Kraft getretenes Verkehrsprotokoll kann die Errichtung neuer Alpentransitstrecken verhindern. Die EU ist zwar Vertragspartner der Alpenkonvention, sie hat aber bei der Ausarbeitung des Verkehrsprotokolls Widerstand geleistet und leider sehr wenig Konstruktives beigetragen. Trotzdem konnte das Verkehrsprotokoll schließlich im Herbst 2000 von den meisten Beteiligten auch unterzeichnet werden. Die EU hingegen unterzeichnete nicht.
Seit einigen Jahren geht hier nichts weiter, und das ist gelinde gesagt traurig, ja verantwortungslos. EU-Kommissionspräsident Barroso versuchte sogar – unglaublich, aber wahr! – das Thema auf die so genannte Streichliste geplanter EU-Gesetzesvorhaben zu setzen. Obwohl dringender Handlungsbedarf bestand, waren die Aktivitäten seitens der Bundesregierung und vor allem des ressortzuständigen Umweltministers und des Verkehrsministers ebenso nicht gerade berauschend. Es wurde leider nicht mit genügend Nachdruck für die Unterzeichnung, Ratifizierung des Verkehrsprotokolls durch die Europäische Union Sorge getragen.
Versuchen der EU-Kommission, aus diesem umwelt- und verkehrspolitisch so wichtigen Rechtsetzungsprozess auszusteigen, wurde nicht umgehend und auch nicht mit aller Entschiedenheit entgegengetreten. Wie gesagt: Das Verkehrsprotokoll ist angesichts der besonderen Betroffenheit Österreichs von alpenweiten und europäischen Verkehrsentwicklungen und der besonderen Sensibilität des Alpenraums extrem bedeutsam. Hier darf wirklich keine Zeit mehr verloren werden.
Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Es freut mich aber, dass die Entschließung, die heute hoffentlich einstimmig beschlossen wird, endlich den Auftrag an die Regierung beziehungsweise den Umwelt- und Infrastrukturminister formuliert, sich entschieden dafür einzusetzen, dass das Verkehrsprotokoll rasch und auch vollinhaltlich umgesetzt
wird und somit noch heuer eine Unterzeichnung seitens der EU erreicht werden
kann beziehungsweise könnte.
Ich hoffe, dass diese Bundesregierung, bevor sie abgewählt wird, wenigstens noch diese eine gute Tat für Österreich zusammenbringt. Mehr als überfällig wäre es jedenfalls. (Beifall bei der SPÖ.)
19.01
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Pfeffer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte,
Sie sind am Wort. (Abg. Neudeck – in Richtung der
sich zum Rednerpult begebenden Abg. Pfeffer –: Keine Wahlwerbung!)
19.01
Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wurde heute schon öfter gesagt, wir werden dem Entschließungsantrag, womit die Ratifikation der Protokolle Tourismus, Energie, Bodenschutz und Berglandschaft abgesichert wird, unsere Zustimmung erteilen.
Meine Damen und Herren, ich komme aus einem Bundesland, welches keine Gebirgszüge hat (Abg. Neudeck: Na ja, keine?), nur ab dem mittleren Teil kleine Hügelzüge. Sie kennen das, Herr Kollege. Interessant ist aber die Meldung vom September 2006, in der es heißt: „grenzenlos wandern – von den Alpen bis in die pannonische Tiefebene“. Unter dem Titel „alpannonia“ gibt es ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Burgenland, der Steiermark und Ungarn: einen insgesamt 90 Kilometer langen Höhen- und Panoramaweg – eine Herausforderung für jeden Wanderer, der auf Schusters Rappen dieses vielfältige Gebiet von den Alpen bis zur Tiefebene erkunden kann.
Umweltschutz und Energie, meine Damen und Herren, waren im Burgenland schon immer ein großes Thema. Wir im Norden des Landes nützen den Wind unserer typischen flachen Landschaft für unsere Energie, und es gibt Tage, da kann mit dieser Windenergie bereits das ganze Bundesland versorgt werden. Im Norden der Wind, im Süden die Alternativenergie der Hackschnitzel – also vorbildlich für ganz Österreich, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Habt ihr Wasserkraft auch? Vielleicht ein Gezeitenkraftwerk?)
Die SPÖ will, dass Umweltpolitik wieder den Stellenwert bekommt, der ihr zusteht, denn Umweltschutz ist Lebensqualität. In einem 12-Punkte-Programm hat sich das SPÖ-Kompetenzteam in Sachen Umwelt viele Gedanken gemacht, und dieses Programm, meine Damen und Herren, wartet darauf, nach dem 1. Oktober umgesetzt zu werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: In dem Programm sind auch die Steuererhöhungen drinnen!)
19.03
Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Kopf. 2 Minuten sind verheißen. – Bitte.
19.03
Abgeordneter Karlheinz Kopf
(ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister!
Meine Damen und Herren! Es haben sich im Laufe der heutigen Debatte einige
Kolleginnen und Kollegen mit in diesem Fall letzten Wortmeldungen hier vom Hohen Haus verabschiedet.
Ich möchte
allen Kolleginnen und Kollegen alles Gute für die Zukunft wünschen.
Erlauben Sie mir aber, dass ich zu zwei ausscheidenden Kollegen noch
einige persönliche Bemerkungen mache.
Ich hatte das Vergnügen, in den letzten zwölf Jahren mit den Energiesprechern des Sozialdemokratischen Klubs, Georg Oberhaidinger, und des Freiheitlichen Klubs, Max
Hofmann,
einige wichtige energiepolitische Weichenstellungen mitgestalten zu
dürfen. Stichworte: Liberalisierung Strommarkt, Gasmarkt,
Ökostromgesetz – alles Materien, die einer Verfassungsmehrheit
bedurften und die wir, glaube ich, in der Sache gut gelöst haben.
Aber abgesehen von all
diesen Sachlösungen möchte ich doch besonders darauf hinweisen,
dass unsere Zusammenarbeit – und das ist mir eigentlich fast
wichtiger – geprägt war von gegenseitigem Respekt im
Umgang miteinander, auch Respekt vor den Positionen des anderen, auch vor den
Grenzen, die dem anderen in Verhandlungen gesetzt waren. Wir haben immer gute
Sachlösungen zustande gebracht und haben uns bis heute, glaube ich, nicht
nur einen gegenseitigen Respekt bewahrt, sondern sind dabei über die Kollegenschaft
hinaus zu Freunden geworden.
Ich möchte Ihnen beiden herzlich danken für die Zusammenarbeit, die wir miteinander gehabt haben! Ich wünsche beiden alles, alles Gute für die Zukunft – und ich hoffe, wir sehen uns bei anderer Gelegenheit einmal wieder! Alles, alles Gute, liebe Freunde! (Beifall bei der ÖVP, der SPÖ sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)
19.05
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1614 der Beilagen angeschlossene Entschließung.
Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt. Angenommen. (E 214.)
Bericht des
Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für
Strafsachen Wien (95 Hv 83/06f) um Zustimmung zur behördlichen
Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler
(1633 d.B.)
6. Punkt
Bericht des
Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für
Strafsachen Wien (94 Hv 56/06b) um Zustimmung zur behördlichen
Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler
(1634 d.B.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Wortmeldungen hiezu liegen keine vor.
Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Zuerst stimmen wir ab über den Antrag 1633 der Beilagen, nämlich:
In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B–VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen
Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten nicht zugestimmt.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.
Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1634 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:
In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B–VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Mag. Werner Kogler nicht zugestimmt.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag
anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschuss betreffend Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundeswertpapieraufsicht, sowie des Bundesministeriums für Justiz und sämtlicher im Weisungszusammenhang stehenden Organe hinsichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahr 2000, insbesondere hinsichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der
Raiffeisenbank International, sämtlichen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunternehmens AMIS.
Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.
Der Antrag hat
folgenden Gesamtwortlaut:
Antrag
der Abgeordneten
Dr. Cap und GenossInnen gemäß § 33 GOG betreffend die
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Die unterzeichneten
Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im
Verhältnis V: 5, S: 4, F: 1 und G: 1 einzusetzen.
Gegenstand der Untersuchung:
Aufklärung
über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen, der
Österreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde
(FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der
Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), sowie des Bundesministeriums für
Justiz und sämtlicher im Weisungszusammenhang stehenden Organe
hinsichtlich der Erfüllung ihrer jeweiligen Amts- und Aufsichtspflicht
hinsichtlich des österreichischen Finanzmarktes seit dem Jahre 2000,
insbesondere hinsichtlich der Geschäfte der Bank für Arbeit und
Wirtschaft (BAWAG), der Hypo Alpe-Adria, der Raiffeisenbank International,
sämtlichen österreichischen Pensionskassen sowie der Vorgänge
rund um die Insolvenz des Finanzdienstleistungsunternehmens AMIS.
Untersuchungsauftrag:
Der
Untersuchungsausschuss soll durch die Erhebung von mündlichen und schriftlichen
Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des
Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Justiz
und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand
alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeit
überprüfen.
Begründung:
In den letzten Tagen
sind völlig neue Aspekte im BAWAG-Kriminalfall hervorgekommen, die
aufklärungsbedürftig sind und die Frage nach der
Funktionsfähigkeit von Finanzmarktaufsicht (FMA) und Justiz
aufwerfen. So stellt sich immer mehr heraus, dass bis heute nicht in
ausreichendem Maße der Frage nachgegangen wurde, wohin die oft
verschobenen und am Ende teilweise „verschwundenen“ BAWAG-Millionen
gekommen sind bzw. in wessen Händen das Vermögen gelangte. In den
letzten Tagen wurden die Umrisse eines Netzwerkes der Herren Flöttl jun.,
Elsner, Schlaff und des ehemaligen ÖVP-Parteivorsitzenden Taus sichtbar.
Geldüberweisungen, gemeinsame Geschäfte mit unklarer Herkunft der
dafür erforderlichen Finanzmittel und sagenhafte Gewinne in dreistelliger
Millionenhöhe verbinden laut Medienberichte dieses Netzwerk. Am Beispiel
des Kaufs der bulgarischen Telekom durch die Herren Taus, Flöttl jun. und
Schlaff wird das deutlich und im Ansatz nachvollziehbar, wobei viele Fragen bis
heute ungeklärt sind, zu deren Aufklärung Finanzmarktaufsicht und
Justiz längst beitragen hätten können:
Anfang 2002 wurde die
bulgarische Telekom MobilTel von einer österreichischen Investorengruppe
(Taus, Schlaff, Cordt) gekauft. Wer der Verkäufer der MobilTel war ist
nicht ganz zu klären. Die Investoren haben laut verschiedenen
Medienberichten zwischen 150 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro
für die MobilTel bezahlt. Am wahrscheinlichsten war der Kaufpreis
zwischen 820 und 850 Millionen Euro – genannt wurden auch immer
wieder 800 Mio US-Dollar. Josef Taus gibt selbst einen Kaufpreis von
900 Mio US-Dollar an. Die BAWAG hat jedenfalls 770 Millionen Euro im
Wege eines Lombarddarlehens finanziert – d.s. 680 Mio. Dollar zu
Wechselkurs in Euro 0,8825 am 1.2.2002.
Im März 2003
wollten einige Telekomunternehmen (Vodafone bis Telekom Austria) die MobilTel
kaufen. Die Kaufverhandlungen wurden abgebrochen. Offiziell weil sie an einer
Minderheitsbeteiligung nicht interessiert sind, inoffiziell weil sie nicht
wussten, von wem sie die Anteile eigentlich kaufen.
Im Mai 2004 wird die
MobilTel um 1,2 Mrd. Euro teilverkauft (60% Schlaff/Taus/Cordt, 40%
internationale Investoren). Die BAWAG stieg im Zuge dieses Verkaufs aus der
MobilTel aus.
Im Herbst 2004 werden
die Verkaufsgespräche zwischen Telekom Austria (TA) und den MobilTel
Eigentümern wieder eröffnet. Im März 2005 wird eine Kaufoption
von der TA in Anspruch genommen. Am 14. Juli 2005 wird der Kauf
finalisiert.
Auffallend ist, dass
es sich beim Kauf der MobilTel um ähnliche Summen handelt wie jene die im
BAWAG Skandal derzeit nicht auffindbar sind (650 bis 800 Millionen Euro).
Zeitlich wurde der Kauf der MobilTel ein Jahr nach dem die BAWAG im Rahmen von
„Karibik II“ einen endgültigen Verlust von ca.
1 Mrd. € erlitten hat, durchgeführt.
Der Ausstieg der BAWAG
2004 ist mysteriös. 2004 war klar, dass die TA die MobilTel um weit mehr
als 1,2 Mrd. kaufen wird. Die BAWAG gab sich also mit einem weit geringeren
Gewinn zufrieden.
Bis heute völlig
ungeklärt blieben in diesem Zusammenhang folgende Fragen:
1.) Warum hat die
BAWAG bei fast der gesamten Finanzierung des Kaufs der MobilTel 2002 so viele
Anteile Schlaff/Cordt/Taus überlassen?
2.) Hat die BAWAG den
30%-Anteil 2001/2002 bis 2004 auf eigene Rechnung oder nur als
Treuhänderin besessen? Wenn der Anteil der BAWAG gehört hat, wieso
ist der – wenn auch wegen des vorzeitigen Verkaufs deutlich geringere
– Gewinn nicht in den Büchern der BAWAG zu finden?
3.) Warum hat Taus,
der mehrfach behauptet hat, er wäre nur als Berater der BAWAG beauftragt
gewesen, zwischen Februar 2002 bis März 2004 20 bis 30 Prozent und
zwischen April 2004 bis Juli 2005 16 Prozent Anteile an der MobilTel
gehalten?
4.) Was ist mit den
Gerüchten, dass die MobilTel auch nach Verkauf 2002 trotzdem unter dem
Einfluss des Mafiapaten Michael Chorny war?
5.) Warum ist die
BAWAG im Mai 2004 aus dem Geschäft ausgestiegen, obwohl man von einem
Verkauf an die TA zu einem viel höheren Preis ausgehen konnte?
Fragen über
Fragen Es stellt sich für insbesondere aber auch die Frage, warum
Finanzmarktaufsicht und Justiz sich in Indiskretionen und
öffentlichen Mutmaßungen ergehen, um das Ergebnis der
anstehenden Wahl zu beeinflussen, statt schonungslos und ernsthaft all diesen
Fragen und insbesondere der Frage nachzugehen, wohin die BAWAG-Millionen
wirklich verschwunden sind.
Darüber hinaus
geben die Vorgänge der letzten Jahre in und um die Finanzmarktaufsicht
(FMA) Anlass zur Besorgnis um die Funktionsfähigkeit der FMA. Der Fall
BAWAG ist in diesem Zusammenhang nur die Spitze des Eisberges.
Die Kette der
Fehlleistungen und Versäumnisse reicht von Spekulationsverlusten der
Tiroler Sparkasse über Malversationen in der Raiffeisen Bezirksbank
Wolfsberg, dubiosen Vorgängen bei Raiffeisen international, die
Beinahe-Pleite von österreichischen Pensionskassen, die AMIS-Pleite mit 16 000
geschädigten Anlegern, großen Verlusten bei hochriskanten
Spekulationsgeschäften der Kärntner Hypo bis eben hin zum Fall BAWAG:
Tiroler Sparkasse
In den Jahren 1998 bis
2002 wurden 150 Millionen Euro verspekuliert. Höchstrangige
ÖVP-Politiker wie LH Herwig van Staa und Fritz Dinkhauser saßen im
Aufsichtsrat. Es ist zu klären, wie es unter den Augen der Aufsicht zu
diesen, im Verhältnis zur Größe der Sparkasse enormen Verlusten
kommen konnte.
Raiffeisen Bezirksbank
Wolfsberg
Durch fehlgeschlagene Spekulationen mit Kundengeldern wurden rund 500 Millionen Schilling verloren. Hauptakteur war Haider-Freund Hans-Dieter Prentner sowie die Grazer Wechselseitige (siehe auch Kärntner Hypo), die schließlich die Bank kaufte und mit Geldern ihrer Versicherten die rund 500 Millionen Schilling Schaden beglich. Hans-Dieter Prentner entging einer strafrechtlichen Verfolgung und erreichte eine Zurücklegung der Anzeige der Bankenaufsicht bei der Staatsanwaltschaft durch „tätige Reue“. „Tätige Reue“ bedeutete Medienberichten zufolge, dass die von Prentner verursachte Schadenssumme von 216 Mio. ATS so wieder gut gemacht werden sollte, dass 7 Mio. ATS von Prentner vorab geleistet werden und ihm gehörende Liegenschaften in Höhe von 30 Mio. ATS herangezogen werden sollten (wie kam Prentner zu diesen?)
sowie der Rest in 25
Jahrestranchen zu je 7 Mio. ATS abgedeckt hätte werden sollen.
Ungeklärt ist bis heute die Frage, wie Prentner zu diesem erheblichen
Immobilienbesitz kam, warum man in der Staatsanwaltschaft Klagenfurt annehmen
konnte, dass Prentner in den darauf folgenden 25 (!) Jahren nach Steuern
jeweils 7 Millionen ATS abliefern wird können bzw. ist
unbekannt, ob nicht die Zahlungen bereits eingestellt wurden (zu Lasten von
wem?). Bei jedem anderen Staatsbürger hätte Prentners Verhalten
strafrechtliche Konsequenzen gehabt. Zu prüfen wäre sowohl die Rolle
der Bankenaufsicht als auch der Justiz.
Raiffeisen
International
Die laut
Medienberichten unter den Augen der Finanzmarktaufsicht bzw. mit Kenntnis der
FMA durchgeführten, international argwöhnisch betrachteten
Geschäfte von Raiffeisen International mit russischen Oligarchen und
die Involvierung ins Gasgeschäft in der Ukraine sind
aufklärungsbedürftig. Um künftigen Schaden für den
Finanzplatz Österreich zu vermeiden, ist die Rolle der FMA in diesem
Zusammenhang zu prüfen bzw. die Frage zu klären, ob deren Instrumente
ausreichen, derartig zweifelhafte Vorgänge hintanzuhalten.
Schließlich ist der Frage nachzugehen, ob sich Raiffeisen International –
wie im Mai dieses Jahres angekündigt – im Sommer dieses Jahres aus
dem ukrainischen Gasgeschäft ausgestiegen ist, und wenn nicht, warum die
FMA im Rahmen ihrer Möglichkeiten im Interesse des gesamten
österreichischen Kapitalmarktes nicht darauf gedrängt hat.
Pensionskassen
Im Jahr 2004 waren
laut Verfassungsgerichtshof 4 Pensionskassen konkursreif, weitere
Kassen vom Konkurs bedroht, weil Spekulationen mit Aktien im großen Stil
schief gelaufen sind. Der Schaden belief sich auf rund 800 Millionen Euro,
die durch Enteignung von Pensionkassen-Pensionisten und
–Anwartschaftsberechtigten durch gesetzliche Regelung der Regierungsparteien
aus der Welt geschafft wurde. Zu prüfen ist die Rolle der FMA, die
offensichtlich die systembedrohenden Risken in den Pensionskassen nicht
rechtzeitig erkannte bzw. offenkundig nicht rechtzeitig entsprechende Maßnahmen
veranlasste, um die Kunden und den österreichischen Kapitalmarkt vor drohendem
Schaden zu bewahren.
AMIS-Pleite
Medienberichten
zufolge wurden rund 16 000 Anleger durch Spekulationsgeschäfte des
Finanzdienstleisters AMIS in den letzten Jahren geschädigt und durch
Malversationen um ihr Vermögen gebracht. Auch in diesem Finanzskandal
und Kriminalfall ist unklar, welche Geschäfte in Detail getätigt
wurden und wo das Vermögen der Anleger hingekommen ist. Kürzlich erst
wurde bekannt, dass auch hier Herr Flöttl jun. als stiller Teilhaber der
Firma AMIS mitgewirkt hatte. Ebenfalls kürzlich bekannt wurde, dass
jedenfalls mehr als eine Million Euro von AMIS-Kundengeldern an die in
finanzielle Schwierigkeiten geratene und später pleite gegangene New
Economy Firma FirstInEx geflossen sind. Die Firma FirstInEx erstellte nicht nur
die private home page von Finanzminister Grasser und seines New Economy
Vereins, sie stand Medienberichten zufolge auch zum Teil im Eigentum des Vaters
von Finanzminister Grasser. Der Kreis schließt sich beim gemeinsamen
Yachtausflug von Grasser mit Flöttl jun. Zu prüfen ist, warum die FMA
trotz bei ihr vor Jahren nachweislich schon eingegangenen Anzeigen
bezüglich fragwürdiger Vorgänge bei AMIS nicht tätig
geworden ist und damit 16 000 Anlegern und dem Finanzplatz Österreich
großen Schaden zugefügt hat.
Kärntner Hypo
Medienberichten zufolge wurden in der Kärntner Hypo 328 Millionen Euro bei SWAP-Geschäften verspekuliert. – Landeshauptmann Haider als Eigentümervertreter und
Landesaufsicht sowie die ÖVP-nahe Grazer Wechselseitige Versicherung, die
einem Verein gehört, in dem sich Bauernbund-Chef Grillitsch,
Ex-ÖVP-Obmann Riegler und die Frau des Wirtschaftsministers Bartenstein
tummeln, haben als Eigentümer ebenso versagt wie die Finanzmarktaufsicht.
Aufklärungsbedürftig ist auch, wie es sein kann, dass ein durch
Enthebungsverfahren bedrohter Generaldirektor einer Bank am Ende und
unmittelbar im Anschluss Vorsitzender des Aufsichtsrates werden kann und die
FMA dabei zusieht. Auch hier besteht im Interesse des internationalen Ansehens
des österreichischen Kapitalmarktes höchstes Interesse an der
Aufklärung der Fehlleistungen der FMA.
Zu alldem kommen gerade
in der letzten Zeit gravierende Verstöße gegen die Amtsverschwiegenheit
und das Bankgeheimnis, in dem immer wieder Informationen den Weg in die
Öffentlichkeit finden, die dem Bankgeheimnis unterliegen, wobei die
zuständige FMA offensichtlich keine Anstalten macht, Schuldige
auszuforschen und ihrer strafrechtlichen Verantwortung zuzuführen.
Diese
„Performance“ schadet dem österreichischen Kapitalmarkt und
der österreichischen Kreditwirtschaft. Internationale Ratingagenturen
sind aus diesem Grund bereits auf Österreich aufmerksam geworden, was eine
Gefährdung der ratings österreichischer Banken bedeutet. Im
Interesse des österreichischen Kapitalmarkts ist daher dringend
Aufklärung geboten, um das österreichische Aufsichtssystem raschest
möglich zu verbessern.
Causa BAWAG und Justiz
Weiters ist
aufklärungsbedürftig, wie und unter welchen Begleitumständen in
der Causa BAWAG aus dem Bereich der ermittelnden Behörden Informationen
und/oder Fehlinformationen an die Öffentlichkeit gelangt sind, wodurch es
dazu kam, dass die Justiz im Wahlkampf instrumentalisiert wurde. Die
Präsidentin der Richtervereinigung Dr. Barbara Helige sah in diesem
Zusammenhang „das Ansehen der Justiz gefährdet“.
In der APA-Meldung
Nr. 234 APA II vom 14.9.2006 heißt es dazu: „Denn
hier werde die Staatsanwaltschaft nicht nur durch die Tatsache, dass die
politische Justizministerin oberste Weisungsbefugte ist,
‚automatisch‘ in den Wahlkampf hineingezogen. Vielmehr sei ein
Vorwurf auch gegen die ermittelnden Stellen zu richten, ‚die hier nicht
dicht halten‘, erklärte Richter-Präsidentin Barbara Helige am
Donnerstag gegenüber der APA.
Sie sprach sogar von
Gesetzesverletzung: ‚Die Medien haben von Anfang an brisante
Informationen aus dem nicht öffentlichen Akt erhalten. Da
verstößt jemand – in der Polizei, Finanzmarktaufsicht,
Staatsanwalt oder im Gericht – gegen das Gesetz‘, stellte Helige
fest.
‚Ein
Rätsel‘ ist ihr, warum in dieser politisch brisanten Causa der
Medienerlass des Justizministeriums nicht befolgt wird.“
.„Es darf
niemanden verwundern, wenn die Justiz unter diesen Umständen selbst in
Diskussion gerät und in den Wahlkampf hineingezogen wird‘, stellte
Helige, darauf angesprochen, fest. Vom Medienerlass abzugehen, sei einer
ruhigen und besonnenen Verfahrensführung sicherlich nicht dienlich“,
plädierte sie dafür zur ‚bewährten Praxis‘
zurückzukehren.“
Aus all den
angeführten Umständen scheint es angebracht, einen Untersuchungsausschuss
einzusetzen.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.
Wir kommen daher zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist abgelehnt.
Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2006
Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir folgender Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen vor.
„Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode mit Schluss der 163. Sitzung des Nationalrates für beendet zu erklären.“
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung
geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Zeichen erfolgt einstimmig.
Der Antrag ist daher angenommen. (Abg. Scheibner: Da sitzt noch jemand!) – Der Herr
Abgeordnete Scheuch hat sein Zeichen mit der Hand gegeben. Ich habe das
akzeptiert, weil ich es auf seine allgemeine Ermüdung
zurückgeführt habe. (Heiterkeit. –
Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ich bin auch schon lange im Wahlkampf!)
Antrag auf Permanenterklärung eines Ausschusses
Präsident Dr. Andreas Khol: Das Weiteren liegt mir der Antrag gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen vor, den Rechnungshofausschuss zu beauftragen, seine Arbeiten hinsichtlich des Verlangens der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Erteilung eines Auftrages an den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses betreffend
Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundeswertpapieraufsicht (BWA), hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht über die Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG), einschließlich ihrer Tochterunternehmen, und zwar insbesondere deren Karibik-Geschäfte, Kredite, Haftungen, Garantien, Beteiligungen, Ver- und Rückkäufe von Aktien sowie sonstiger Geschäfte und Geldflüsse zur Verschleierung des tatsächlichen Vermögenstandes der BAWAG, vor allem im Zeitraum des wahrscheinlichen Entstehens der Verluste von etwa 1,4 Milliarden €, dies betrifft im Besonderen die Jahre 1994 bis 2000, wobei auch der Zeitraum 2000 bis heute in die Betrachtung mit einzubeziehen ist, da der amtierende Finanzminister umgehend nach seinem Amtsantritt den Auftrag zur Gründung einer unabhängigen und weisungsfreien Finanzmarktaufsichtsbehörde gegeben hat,
während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. –Das ist einstimmig angenommen.
Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls
Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Beschlusses auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode zu verlesen, damit dieser Teil mit Ende der Sitzung als genehmigt gilt.
Ich verlese jetzt das Protokoll:
„Die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner bringen den Antrag betreffend vorzeitige Beendigung der ordentlichen Tagung 2006 (Beilage I) ein.
Weiters wird das Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Beschlusses auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2006 vorgelegt (Beilage III).
Auf Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner (Beilage I) fasst der Nationalrat einstimmig nachstehenden Beschluss:
,Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode mit Schluss der 163. Sitzung des Nationalrats für beendet zu erklären.‘“
Erheben sich dagegen Einwendungen? – Kollege Großruck, sind das Einwendungen? (Abg. Großruck: Nein! – Heiterkeit.) – Nein. Das ist also nicht der Fall.
Die verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls gelten
gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit
Schluss der Sitzung als genehmigt.
Einlauf
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Anfragen 4728/J bis 4738/J eingelangt sind.
*****
Die Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 19.13 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien |