Plenarsitzung
des Bundesrates


Stenographisches Protokoll

 

895. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 4. Juli 2019

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

895. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 4. Juli 2019

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 4. Juli 2019: 12.02 – 14.32 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird, geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­halts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Heeresdisziplinar­ge­setz 2014, das Poststrukturgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz und das Bundes-Per­sonalvertretungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2019)

4. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz ge­ändert wird

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Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache des Präsidenten Karl Bader .......................................................... 5

Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über Änderungen des Vertrages zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (EMS) und des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den Einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge durch den Bundespräsidenten............................................................... 12

Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zur Beendigung von Inves­titionsverträgen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch den Bundespräsidenten ......................................................................................................... 15


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 2

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR ................................................................................................. 19

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Selbständigen Entschließungsantrag 220/A(E)-BR/2016 der BundesrätInnen Inge Posch-Gruska, Sonja Ledl-Rossmann, Rosa Ecker, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bestmögliche Umset­zung der Kinderrechte“ gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 11. Juli 2019 zu setzen – Ablehnung              19, 54

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Selbständigen Entschließungsantrag 249/A(E)-BR/2018 der BundesrätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Weiterführung der Jugendhilfe nach Erreichung der Volljährigkeit“ ge­mäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 11. Juli 2019 zu setzen – Ablehnung .........................  19, 55

Antrag des Bundesrates David Stögmüller, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Selbständigen Antrag 238/A-BR/2017 der Bundes­rätInnen David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeit und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz – SanG), BGBl. I Nr. 30/2002, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 8/2016, geändert wird“, gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 11. Juli 2019 zu setzen – Ablehnung ....  19, 55

Unterstützungsfrage gemäß § 21 Abs. 3 GO-BR betreffend den Entschließungs­antrag der BundesrätInnen David Stögmüller und Dr. Ewa Ernst-Dziedzic betreffend „Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten“ – nicht genügend unterstützt ....................................................  20, 20

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsident Hubert Koller, MA ................................................................................ 53

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .................................. 54

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 5

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ..................................................  9, 10, 11

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ............................................................................ 19

Ausschüsse

Zuweisungen .............................................................................................................  6, 55

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird (457/A, 846/A, 847/A, 858/A und 661 d.B. sowie 10186/BR d.B. und 10187/BR d.B.) .............. 20


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 3

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 20

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird, geändert wird (863/A und 672 d.B. sowie 10188/BR d.B.) ................... 20

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................... 20

RednerInnen:

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ..................................................................................... 21

Dr. Gerhard Leitner (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 24

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ..... 25

David Stögmüller .................................................................................................... ..... 27

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 30

Robert Seeber ......................................................................................................... ..... 33

Rudolf Kaske ........................................................................................................... ..... 35

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 36

MMag. Dr. Michael Schilchegger ........................................................................... ..... 38

Korinna Schumann ................................................................................................. ..... 40

Ing. Eduard Köck .................................................................................................... ..... 42

Antrag der BundesrätInnen Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Par­teien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird (457/A, 846/A, 847/A, 858/A und 661 d.B. sowie 10186/BR d.B. und 10187/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR Einspruch zu erheben – Ablehnung ................................................................................................................  23, 44

Entschließungsantrag der BundesrätInnen David Stögmüller und Kollegin betreffend „Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten“ – Unterstützungsfrage – nicht genügend unterstützt               29, 30, 30

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 44

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 44

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Poststrukturgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz und das Bundes-Per­sonalvertretungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2019) (625 d.B. und 675 d.B. sowie 10189/BR d.B.) ..................................................................................................... 44

Berichterstatter: Robert Seeber .................................................................................... 45

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (676 d.B. sowie 10190/BR d.B.) .......... 44

Berichterstatter: Robert Seeber .................................................................................... 45

RednerInnen:

Ernest Schwindsackl .............................................................................................. ..... 45

Elisabeth Grimling ....................................................................................................... 47


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 4

Andreas Arthur Spanring ............................................................................................ 49

Klara Neurauter ....................................................................................................... ..... 51

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ..... 52

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 53

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 53

Eingebracht wurden

Anträge der BundesrätInnen

David Stögmüller, Dr. Gerhard Leitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Pro­zent Ökostrom bis 2030 (261/A(E)-BR/2019)

David Stögmüller, Doris Hahn, Kolleginnen und Kollegen betreffend zweigleisigen Ausbau der Nordwestbahnstrecke zwischen Stockerau und Hollabrunn (262/A(E)-BR/2019)

David Stögmüller, Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rück­nahme der Verordnung zu Tempo 140 auf österreichischen Autobahnen (263/A(E)-BR/2019)

Mag. Elisabeth Grossmann, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausfinanzierung der Justiz jetzt! (264/A(E)-BR/2019)

David Stögmüller, Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klima­katastrophe verhindern (265/A(E)-BR/2019)

Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines österreich­weiten Öffi-Tickets zur Erreichung der Klima-Ziele (266/A(E)-BR/2019)

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erklärung des Climate Emergency (267/A(E)-BR/2019)

Anfrage der BundesrätInnen

David Stögmüller, Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Arbeitsbedingungen von Beamt*innen bei Abschiebe­flügen (3666/J-BR/2019)

Anfragebeantwortung

des Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wunschkennzeichen oder nicht? (3377/AB-BR/2019 zu 3650/J-BR/2019)


 


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 5

12.02.04Beginn der Sitzung: 12.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Karl Bader, Vizepräsident Hubert Koller, MA.

12.02.05*****


Präsident Karl Bader: Grüß Gott, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne die 895. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 894. Sitzung des Bundesrates vom 19. Juni 2019 ist aufgelegen, wurde nicht beanstandet und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Mitglieder des Bundesrates Günther Novak, Stefan Schennach, Stefan Zaggl, Mag.a Doris Schulz, Silvester Gfrerer und Mag. Bernd Saurer.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg sehr herzlich in der Länderkammer. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

12.02.53Ansprache des Präsidenten


12.02.54

Präsident Karl Bader: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem 1. Juli durfte ich für das Bundesland Niederösterreich den Vorsitz in der Länderkammer übernehmen. Ich freue mich auf diese neue Herausforderung und gehe an diese Aufgabe mit großer Demut heran. Die heutige Sitzung des Bundesrates ist ja eine zusätzliche Sitzung, und ich möchte Sie darüber informieren, dass ich meine Antrittsrede in der planmäßigen Sitzung nächsten Donnerstag halten werde.

Ich möchte aber heute die Gelegenheit nutzen, Danke zu sagen, und zwar dem vori­gen Präsidenten Ingo Appé, der im ersten Halbjahr den Vorsitz in der Länderkammer geführt hat und für den dieses halbe Jahr – wir haben uns beide auch darüber aus­getauscht – eine sehr, sehr intensive Zeit gewesen ist.

Ich danke dir persönlich für das wertschätzende Miteinander. Ich danke dir auch für die gute Zusammenarbeit in der Präsidialkonferenz des Bundesrates sowie vor allem auch für deine objektive Vorsitzführung, die ich mir zum Vorbild für das zweite Halbjahr nehmen möchte, in dem ich hier die Verantwortung zu tragen habe.

Gratulieren möchte ich dir auch zum Thema deiner Präsidentschaft. Das Thema Was­ser hat uns wirklich sehr, sehr intensiv beschäftigt, und es hat auch bis hinein in den Nationalrat gewirkt, in dem diesbezüglich Beschlüsse gefasst wurden. Dass diese Initiative aus der Länderkammer gekommen ist, war, glaube ich, ein sehr, sehr posi­tives Signal.

Gerade in den letzten Wochen warst du sehr viel unterwegs. Eine Reise haben wir zum Teil auch gemeinsam absolvieren können. Du hast mir erzählt, dass du gerade im letzten Monat sehr viel im Ausland warst und aus dem Koffer gelebt hast. Nun ist deine Präsidentschaft vorbei, womit auch ein wenig Entspannung für dich angesagt ist. Als Erinnerung an deine Präsidentschaft möchte ich dir heute im Kreis deiner Kolleginnen


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 6

und Kollegen ein kleines Präsent überreichen, das auch ein wenig diese Entspannung repräsentieren soll. Alles Gute für dich! Auf weitere gute Zusammenarbeit! (Allge­mei­ner Beifall. – Präsident Bader überreicht Bundesrat Appé einen Liegestuhl, auf dessen Stoffbezug die österreichische Flagge sowie der Text „Bundesratspräsident Ingo Appé mach mal Pause ...“ aufgedruckt sind.)

12.05

12.05.25Einlauf und Zuweisungen


Präsident Karl Bader: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten An­fra­gebeantwortungen,

der Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG,

des Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Auf­enthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Euro­päischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und de­ren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Steno­gra­phischen Protokoll dieser Sitzung ebenfalls angeschlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortung: (Anlage 1) (siehe auch S. 8)

2. Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitglieds­staat der Europäischen Union:

Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend

den Aufenthalt von Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Mag. Dr. Iris Rauskala, vom 3. (abends) bis 5. Juli 2019 in Helsinki (Anlage 2)

und

den Aufenthalt von Frau Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Mag.a Elisabeth Udolf-Strobl, vom 4. bis 6. Juli 2019 in Helsinki (Anlage 3)

sowie

den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Inneres, Dr. Wolfgang Peschorn, vom 3.  (abends) bis 7. Juli 2019 im EU-Raum (Anlage 4)


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3. Unterrichtungen gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Schreiben des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres betreffend

Bevollmächtigung der neubestellten Mitglieder der österreichischen Delegation zur Aufnahme von Verhandlungen über Änderungen des Vertrages zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (EMS) und des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den Einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge (Anlage 5)

und

Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zur Beendigung von Investitions­verträgen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Anlage 6)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates:

(siehe Tagesordnung)

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 2017/2018 (III-688-BR/2019)

zugewiesen dem Gleichbehandlungsausschuss

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Präsident Karl Bader: Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewie­sen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tages­ordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Karl Bader: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist für die gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstand­nahme von der 24-stündigen Aufliegefrist für die gegenständlichen Ausschussberichte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Vorschlag ist daher mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erforder­lichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Karl Bader: Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 sowie über die Tagesordnungspunkte 3 und 4 je­weils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Fristsetzungsanträge


Präsident Karl Bader: Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich bekannt, dass Bundesrat David Stögmüller und Kollegin einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung eingebracht haben, wonach dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 220/A(E)-BR/2016 betreffend „best­mögliche Umsetzung der Kinderrechte“ eine Frist bis 11. Juli 2019 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristset­zungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Weiters darf ich vor Eingang in die Tagesordnung bekannt geben, dass von Bundesrat David Stögmüller und Kollegin ein Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung eingebracht wurde, wonach dem Kinderrechteausschuss zur Bericht­erstattung über den Entschließungsantrag 249/A(E)-BR/2018 betreffend „Weiterfüh­rung der Jugendhilfe nach Erreichung der Volljährigkeit“ eine Frist bis 11. Juli 2019 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Vor Eingang in die Tagesordnung gebe ich weiters bekannt, dass Bundesrat David Stögmüller und Kollegin einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung eingebracht haben, wonach dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 238/A-BR/2017 betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über Ausbildung, Tätigkeit und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz – SanG),


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 20

BGBl. I Nr. 30/2002, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 8/2016, geändert wird“, eine Frist bis 11. Juli 2019 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag ebenfalls nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

*****

Der von den Bundesräten Stögmüller und Ernst-Dziedzic gestellte Entschließungs­antrag betreffend „Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten“ trägt nur zwei Unterschriften und ist somit nicht genügend unterstützt.

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bun­desräte, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also nicht bereits durch ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben, um ein Handzeichen. – Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist daher nicht genügend unterstützt.

*****

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

12.11.101. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteien­gesetz 2012 – PartG) geändert wird (457/A, 846/A, 847/A, 858/A und 661 d.B. sowie 10186/BR d.B. und 10187/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird, geändert wird (863/A und 672 d.B. sowie 10188/BR d.B.)


Präsident Karl Bader: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Bundesrat Wolfgang Beer. – Ich bitte um die Berichte.


12.12.05

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2019 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz,


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 21

mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird, geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 4. Juli 2019 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Karl Bader: Ich danke sehr herzlich für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile dieses.


12.13.29

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, Zuseherinnen und Zuseher! Zuerst etwas sehr Erfreuliches: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Karl, wir beglückwünschen dich sehr herzlich zu deinem neuen Amt und wünschen dir alles Gute. Du kannst dir sicher sein, dass deine Fraktion voll hinter dir steht und dass wir alles dafür tun, eine sehr gute Zusammenarbeit und eine sehr gute Präsidentschaft in diesem halben Jahr zu haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ.)

Nun kommt das weniger Erfreuliche, nämlich dieses Parteienfinanzierungsgesetz. (Ruf bei der FPÖ: Für die ÖVP!) Für uns ist dieses Parteienfinanzierungsgesetz intrans­parent und nicht verfassungskonform. Es ist aus unserer Sicht nur zu kritisieren. Das ist eine schludrige Legistik, was auch der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger ortet – er hat das mehrmals in Presseartikeln bekundet –, und da kann ich ihm nur recht geben. Das Gesetz sieht nämlich keine Einschaumöglichkeit für den Rech­nungshof vor, die Kontrollmöglichkeiten wurden nicht verbessert. Herr Sickinger schreibt es heute auch sehr pointiert in einem Artikel in der „Presse“: „Der RH ist ihnen einfach lästig“. – Da kann ich dem Parteienfinanzierungsexperten Hubert Sickinger nur recht geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rechnungshof ist Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und FPÖ, einfach nur lästig. Der Rechnungshof fragt nach, er ist investigativ, was eben ein Wirt­schaftsprüfer sicher nicht macht – ich weiß schon, da kommt dann noch das Gegen­argument mit den Wirtschaftsprüfern. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Es gibt auch keine strafrechtlichen Bestimmungen, damit Funktionäre, wenn diese beim Sam­meln von Parteispenden das Gesetz umgehen, auch belangt werden können, und das war eigentlich der Auslöser für dieses Gesetz nach dem Ibizavideo. Wir wollten ja unbedingt, dass da auch etwas in dieses Gesetz hineinkommt. Zusammengefasst: Dieses Gesetz bringt mehr Bürokratie statt Transparenz.

Es bleibt auch die Möglichkeit der Umgehung durch Vereinsstrukturen. Das heißt, Vereine, die einer Partei nahestehen, aber offiziell von ihr getrennt sind, bleiben auch mit dem neuen Gesetz weitgehend unkontrolliert. Wir haben das ja schon 2012 im Parteiengesetz beschlossen, um mehr Transparenz zu bekommen, und daraufhin hat die SPÖ zum Beispiel ihre größte Vorfeldorganisation, den Pensionistenverband, einfach ausgegliedert und eine neue Organisation daraus gemacht, nämlich die Arge 60Plus. So konnte die SPÖ weiterhin über ihre rund 26 Vorfeldorganisationen Spenden lukrieren. Das geht mit diesem neuen Gesetz nun auch. Ich frage mich, liebe Kolle­ginnen und Kollegen: Wo bleibt da die Transparenz?


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 22

Eine Anmerkung am Rande, denn ich bin ja auch Seniorenbundfunktionärin: Bei uns im Seniorenbund kann man wählen, ob man Parteimitglied ist oder nicht, was meines Wissens beim Pensionistenverband nicht geht. (Ruf bei der SPÖ: Unwahrheit! – Bundesrätin Grimling: Erkundigen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Meines Wissens ist es auch so, dass der Pensionistenverband Delegierte zu den SPÖ-Parteitagen entsendet. (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl.) Wo bleibt da also die Unabhängigkeit? Wo bleibt, dass diese Vorfeldorganisationen nichts mit der Partei zu tun haben?

Das Entstehen neuer Parteien wird erschwert oder gar verhindert. – Ist das Ihr Demo­kratieverständnis, liebe Kolleginnen und Kollegen von FPÖ und SPÖ? Es wurde wirk­lich verabsäumt, echte Vorschläge für mehr Transparenz und Kontrolle zu präsen­tieren.

Wie gesagt wurde mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf kein einziges Problem, das durch das Ibizavideo deutlich geworden ist, gelöst. (Bundesrat Schabhüttl: Aber die Spendenliste!) Das aber war ja unsere gemeinsame Intention. Wir wollten doch gemeinsam eine Neuordnung der Parteienfinanzierung zustande bringen (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), dann kam dieser Husch-pfusch-Antrag. Das verstehen wir nicht, und darum können wir diesem vorliegenden Gesetzentwurf natürlich nicht zustimmen.

Keiner der konstruktiven Vorschläge des Rechnungshofes wurde irgendwie aufge­grif­fen oder umgesetzt. In rot-blauer Allianz mit Herrn Pilz – ich denke, es war vielleicht ein Abschiedsgeschenk an Herrn Pilz – haben Sie diesen Schnellschuss zustande ge­bracht. Es gibt da nun anscheinend keine ideologischen Grenzen. Wir haben das ja auch schon beim Misstrauensantrag gegen den erfolgreichen Bundeskanzler Sebas­tian Kurz und die gesamte Bundesregierung gesehen. Wir haben es auch beim Neu­wahlantrag gesehen, da gab es oder gibt es diese neue Koalition Rot-Blau, die sehr lebendig ist – das ist sehr auffällig, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das nennt man Demokratie! – Ruf bei der FPÖ: Sehr demokratisch, oder?)

Wir von der ÖVP haben gleich zu Beginn der Diskussion eine Reduktion der Partei­en­förderung um 25 Prozent und stärkere Kontrollen durch den Rechnungshof vorge­schlagen und auch entsprechende Anträge eingebracht. (Bundesrätin Hahn: Ja, ihr nehmt ja nur Großspenden! – Ruf bei der SPÖ: Das ist ja unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben auch den Vorschlag für den Malus eingebracht, wenn es weniger als 40 Pro­zent Frauen im Bundesrat und im Nationalrat gibt; das wäre echte Frauen­förderung gewesen – auch eine langjährige Forderung von uns und von den ÖVP-Frauen. Nun ist es aber anders gekommen, denn es gibt nun einen Bonus, wenn 40 Prozent erreicht werden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Meiner Meinung nach ist das eine Lex FPÖ. Da haben Sie sich wieder über den Tisch ziehen lassen, liebe Kolleginnen von der SPÖ! (Bundesrat Samt: Wen haben wir über den Tisch gezogen?) Das ist keine echte Frauenförderung, und darum können wir da auch nicht mitgehen; das habe ich auch schon im Verfassungsausschuss gesagt.

Was unserer Meinung nach noch ganz besonders wichtig ist: Es erfolgte keine Begut­achtung. Sie haben uns doch in den letzten Monaten immer vorgeworfen (Ruf bei der SPÖ: Die Lehren von den Türkisen!), liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, wir begutachten nichts, wir machen Schnellschüsse – und nun geben Sie sich dafür her, eine Husch-pfusch-Aktion zu machen, dieses Gesetz nun mit der FPÖ und der Liste JETZT durchzuziehen und heute im Bundesrat mit der FPÖ?! – Das verstehen wir


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nicht. Bei uns war es schlecht, bei Ihnen ist es nun gut. – Wo bleibt da die Logik? Das verstehen wir auch nicht. (Ruf bei der SPÖ: Mehrheit!)

Der von Ihnen nun im Nationalrat beschlossene Antrag sieht eine doppelte Obergrenze für Parteispenden vor. Künftig soll kein Spender mehr als 7 500 Euro jährlich geben und keine Partei mehr als 750 000 Euro jährlich einnehmen. Das ist aus unserer Sicht weder verfassungskonform noch nachvollziehbar. (Bundesrat Samt: Nicht weinen, Frau Kollegin! Man hätte ja die Regierung nicht auflösen müssen!) Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Antrag

der BundesrätInnen Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR auf Einspruch gegen den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird“

Die unterzeichnenden Bundesräte stellen im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG) geändert wird, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

*****

Wir begründen das wie folgt: Diese Einschränkung in § 6 Abs. 5 des Gesetzes­be­schlusses auf eine Gesamtspendenleistung pro Spender in der Höhe von 7 500 Euro greift in die politische Betätigungsfreiheit von Spendern ein. (Bundesrat Schabhüttl: Das hast du schön gesagt, das passt! Das war korrekt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Damit wird aber neben dem Recht der Parteien auf Betätigungsfreiheit auch in die verfassungsgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit jedes einzelnen Bürgers/jeder einzelnen Bürgerin eingegriffen, selbst wenn er oder sie nicht Parteimitglied ist. Das Spenden an politische Parteien kann letztlich auch eine Form der politischen Betä­tigung und der Mitwirkung an der Vereinigung politischer Organisationen sein und damit vom Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit umfasst sein.

Wir meinen, Spender dürfen nicht in ihrer Verfügungsfreiheit über ihr Eigentum einge­schränkt werden. (Bundesrat Schabhüttl: Das glaube ich eh!) Auch hat der Verfas­sungsgerichtshof unter Verweis auf einschlägige Ausführungen in der Lehre auf das Erfordernis der Finanzierung der Parteien auch aus anderen Quellen und des Verbots der Vollfinanzierung politischer Parteien aus staatlichen Mitteln hingewiesen.

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates zielt aus unserer Sicht nunmehr auf eine generelle Beschränkung von Spendenzulässigkeit ab und stellt damit einen ein­fach­gesetzlichen Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Betätigungsfrei­heit der politischen Parteien dar.

Die starre Spendenobergrenze von 750 000 Euro pro Jahr ist auch aus dem Blick­winkel des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes zu betrachten. Es erscheint uns gleichheitswidrig, bei einer Fraktion wie der Liste JETZT Spenden bis zu 50 Pro­zent aus öffentlichen Mitteln zu ermöglichen, bei uns als der stärksten Fraktion im Nationalrat aber nur bis zu einem Anteil von maximal 7,7 Prozent. (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl. – Bundesrat Weber: Die haben noch zu wenig Geld!)

Wir meinen, bei diesem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um eine rot-blaue Scheinlösung der Parteienfinanzierung, die Sie in gewohnter trauter Harmonie ausge-


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handelt haben. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Weber: Das glaubt ihr ja selbst nicht! – Bundesrat Samt: Das war jetzt wirklich zu blöd! – Ruf bei der SPÖ: Das war herrlich! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Es gibt weiterhin keine Transparenz und Kontrolle.

Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen nach wie vor eine gemeinsame Lösung. (Neuerliche Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Wenn Sie heute aufstehen und diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, dann können wir über alles verhandeln. Wir können gemeinsam einen neuen Beschluss herbeiführen. Wir sind zu allem bereit. (Zwi­schenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Es ist halt schade, dass Sie diesen gemeinsamen Weg nun verlassen haben. (Bun­desrat Samt: Wer hat welchen Weg verlassen?) Ja, es ist Wahlkampf, wir wissen das. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Wir hoffen sehr, dass trotzdem wieder Vernunft einkehrt und dass speziell bis zum Wahltag am 29. September keine weiteren Wahlkampfgesetzentwürfe eingebracht werden – das, glaube ich, wäre im Sinne von uns allen und auch von allen Österreicherinnen und Österreichern –, und zwar auch keine mit größeren finanziellen Belastungen.

Wie gesagt: Unsere Hand ist ausgestreckt, wir können weiter verhandeln, nur diesem Gesetz können wir sicherlich nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.24


Präsident Karl Bader: Der von den BundesrätInnen Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsord­nung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 geändert wird, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, wobei dieser Antrag im Sinne des § 43 Abs. 4 der Geschäftsordnung in seinen Kernpunkten von der Antragstellerin begründet wurde, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner zu Wort gemeldet. Ich verweise darauf, dass die tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhalts zu beschränken. – Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Gerhard Leitner das Wort.


12.25.50

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Eder-Gitschthaler! Ich möchte darauf hinweisen, dass der Pensionistenverband Österreichs eine gemeinnützige Organisation ist und dass auch die Organisation 60Plus eine eigene Organisation ist. Ich möchte auch darauf hin­weisen, dass der Pensionistenverband keine Vorfeldorganisation der SPÖ ist. (Heiter­keit und Rufe bei der ÖVP: Geh! Ganz was Neues!) Das wäre auch gar nicht möglich, meine Damen und Herren, denn der Pensionistenverband Österreichs hat 385 000 Mit­glieder. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder. – Bundesrat Schabhüttl: Horch zu!) Wenn das alles auch SPÖ-Mitglieder wären, wäre das etwas anderes.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass dem Pensionistenverband eine Vielzahl von ÖVP-Mitgliedern angehören und wir alle gemeinsam gemeinnützig tätig sind. (Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.) Es geht nicht an, dass die Interessen der älteren Generation solcherart schubladisiert werden. (Bundesrat Köck: Wer hat das geschrieben, die Brüder Grimm?) Man sollte sich gegen solche Vorurteile und Blasphemien wehren. (Bundesrat Brunner: Blasphemien ...?!)

Ich möchte hier nicht die Kooperation zwischen Seniorenbund und ÖVP besprechen, denn das ist nicht mein Thema. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es steht aber auf jeden


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Fall fest, dass der Pensionistenverband eine eigenständige Organisation ist, dem viele Österreicherinnen und Österreicher angehören, die reifer geworden sind und eine sehr gute Arbeit leisten. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.27


Präsident Karl Bader: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann zu Wort gemeldet. Ich erteile es.


12.27.43

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident, auch von mir noch einmal einen herzlichen Glückwunsch zur Übernahme der Präsident­schaft, verbunden mit bestem Dank an den scheidenden Präsidenten Ingo Appé.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heute zur Beschlussfassung vorliegende Parteiengesetz ist eine klare Absage an käufliche Politik. Ich möchte damit voran­stel­len, worum es hier geht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Man hätte vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten, was alles möglich ist – um einen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten zu zitieren. Was im Zusammenhang mit dem Ibizavideo als, sagen wir einmal, bsoffene Gschicht abgetan wurde (Bundesrat Stögmüller: Habt ihr nicht gelöst!), hat nämlich Eingang in die Politik gefunden: käufliche Politik (Bundesrat Stögmüller: Das ihr nicht gelöst habt!), ein System, in dem große Zuwendungen, nämlich wirklich große Zuwendungen in Millionenhöhe, an eine Partei gegangen sind (Bundesrat Stögmüller: Vereine ...!)  wirklich von bisher unge­ahntem Ausmaß – und in dem solche Zuwendungen an eine Partei auch – das hat man gesehen – mit entsprechend wohlwollender Politik belohnt wurden.

Aus der Sicht der Spender waren das nämlich keine Geschenke, sondern es waren Investitionen. Solche Menschen haben üblicherweise nichts zu verschenken, sondern sie wollen etwas für ihr Geld bekommen, und sie haben auch etwas bekommen. (Ruf bei der SPÖ: So ist es! – Bundesrat Weber: Wir zahlen dafür!) Wir waren in den letzten eineinhalb, fast zwei Jahren Zeuginnen und Zeugen davon – nicht Sie (in Richtung ÖVP), Sie waren ein bisschen mehr. (Zwischenruf des Bundesrates Weber.)

Wir haben es intensiver kommentiert und hier auch oft besprochen, was alles möglich war: eine Aufweichung der Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenrechte, der 12-Stunden-Tag, die 60-Stunden-Woche (Bundesrat Brunner: 12-Stunden-Tag? – Flexible Arbeitszeit!), die Schwächung der ArbeitnehmerInnenvertretung (Bundesrat Spanring: Zum Thema!), die Senkung der Sozialabgaben (Ruf bei der FPÖ: Themenverfehlung!), die Zerschlagung der Sozialversicherung – ArbeitnehmervertreterInnen raus, Arbeit­gebervertreterInnen rein (Zwischenruf bei der FPÖ) –, Aufsichtsratsposten in staats­nahen Betrieben und so weiter. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Da hat sich ja Unglaubliches abgespielt. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat die SPÖ noch nie ge­macht!) Die Tochter eines Großspenders wurde Aufsichtsrätin in der Öbag. Frau Kollegin, da sollten Sie nicht in Verteidigungsposition treten. (Bundesrätin Mühlwerth: Die steirische SPÖ hat sogar eine Stiftung gegründet!) Das hat eine mehr als schiefe Optik. Man sollte sich noch genauer anschauen, was da wirklich dahintersteht. Wir wissen wahrscheinlich eh nur einen Bruchteil davon, aber was wir wissen, reicht schon.

Da ist Handlungsbedarf, nämlich akuter Handlungsbedarf, gegeben, auch schon für die bevorstehende Wahl, damit so eine käufliche Politik endlich ein Ende findet. Wenn eine Partei 4,4 Millionen Euro an Spenden lukriert und davon 2 Millionen Euro von 32 Ein­zelpersonen, wenn die prominente Tiroler-Adler-Runde allein 1,1 Millionen Euro auf­stellen kann – die haben natürlich ihre speziellen Interessen –, wenn eine Partei 13 Mil-


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lionen Euro für einen Wahlkampf ausgibt – 6 Millionen Euro mehr als erlaubt –, dann müssen natürlich die Alarmglocken läuten.

Wenn gerade, wie das jetzt zutage getreten ist, ein Bauunternehmen, nämlich der Hauptaktionär des riesigen Bauunternehmens Porr, das ja nicht schlecht auch von öffentlichen Aufträgen lebt, in einer Art und Weise Spenden gegeben hat, dass es eben nicht gleich ersichtlich war, sondern über Teilunternehmen, gestückelt, in Teilbeträge aufgeteilt, damit es eben nicht der Meldepflicht unterliegt, damit es verschleiert werden kann, dann hat man fast den Eindruck, dass der schon bekannt gewesene Groß­sponsor, KTM-Chef Pierer, fast knausrig war und in einer verblüffenden Ehrlichkeit aufgetreten ist, indem er gleich klargemacht hat: Das war halt eine halbe Million, das war so! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Weber: Schlecht verhandelt! Da hättet ihr noch mehr herausholen können!) Das muss man fast anerkennend feststellen, dass das ja verblüffend ehrlich war im Vergleich zu dem, was jetzt so zizerlweis heraus­kommt – wie gesagt: von dem, wovon wir bis jetzt wissen; ich bin mir nicht sicher, ob wir alles wissen.

Alle diese Vorfälle zeigen aber, wie dringlich es ist, solche Großspenden zu unter­binden; nicht nur deshalb, um faire Bedingungen für alle Parteien zu gewährleisten. Es ist natürlich wettbewerbsverzerrend, wenn eine Partei im Geld schwimmt und Geld ausgeben kann (Bundesrat Preineder: Weil die anderen nichts haben!), Inserate schalten kann, sich dafür womöglich dann auch noch eine wohlwollende Bericht­erstattung erwartet, Social Media überfluten kann, und, und, und, und das ganze Land zuplakatieren kann, was den Menschen ohnehin schon mehr als auf die Nerven geht, und andere kaum in Erscheinung treten können. Das ist Wettbewerbsverzerrung.

Das ist jetzt aber nicht der alleinige Grund, sondern der Hauptgrund, warum akuter Handlungsbedarf besteht, ist die massive Einflussnahme von Großspendern auf die Politik – um das eben künftig nicht möglich zu machen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Anfang vom Ende der Demokratie, wenn so eine Wett­bewerbsungleichheit besteht und wenn eben wirklich Politik auf Bestellung gemacht werden kann. (Bundesrat Weber: Pfui!) Das darf es in Österreich nicht mehr länger geben, dagegen verwehren wir uns. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kleinspenderinnen und Kleinspender fallen nicht unter den Verdacht, eine solche Gefahrenquelle zu sein, denn diese haben gar nicht die Möglichkeit, auch nur irgendetwas im großen Stil zu beeinflussen. Wir haben deshalb uns auch darauf verständigt, dass lokalpolitisch übliche Veranstaltungen bürokratisch entlastet werden sollen, indem eben 100 Euro ohne weitere Registrierung oder Ähnliches gegeben werden können. Ansonsten wären Ihre – ich weiß nicht, was Sie halt auch in den verschiedensten Gemeinden machen – Aktionen der Frauen­bewegung oder was es da halt auch immer gibt, nicht möglich. Kommunalpolitische Veranstaltungen, wo halt eine Spendenbox aufgestellt wird, ein Grätzelfest oder was auch immer sollen entlastet werden, da soll nicht jeder Cent einzeln gemeldet werden müssen.

Wir wollen aber auch nicht, was Ihnen anscheinend vorschwebt, liebe Frau Kollegin Eder-Gitschthaler. Das verstehe ich überhaupt nicht, Sie wollen die kleinen Funk­tio­närinnen und Funktionäre dem Strafrichter ausliefern. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Es geht um Ibiza!) Ich meine, wir wollen ja nicht die kommunalpolitischen Aktivitäten unterbinden, von denen auch wirklich keine Gefahr ausgeht. Wir wollen wirklich die Großen erwischen. Es sind die Parteien, die dahinterstehen, und die sollen bezahlen, aber nicht die Kleinen Bauernopfer darbringen, damit dann die Großen erst wieder davonkommen. – Das wollen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist vielleicht Ihr System, aber das ist nicht unseres. Das sollten Sie dann auch Ihren Funktionärinnen und Funktionären erklären, die für Sie laufen.


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Die Eckpunkte sind schon dargestellt worden: Es sollen die Wahlspenden pro Person beschränkt werden, nämlich auch pro juristischer Person, damit solche Schachtel­konstrukte nicht mehr möglich sind. Es soll die Jahresgrenze pro Partei auf 750 000 Euro pro Kalenderjahr limitiert werden. Es sollen vor allem keine Spenden aus dem Ausland angenommen werden dürfen. Das heißt, die Träume von den Spenden russischer Oligarchen sind endgültig ausgeträumt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen keine Einflussnahmen aus dem Ausland, auch nicht über großzügige Spenden. (Bundesrätin Mühlwerth: Haben wir ja keine! – Bundesrat Samt: Haben wir ja nicht!)

In diesem Parteiengesetz sind also viele wichtige Aspekte enthalten. Ich weiß schon, ich kann es schon nachvollziehen, dass Sie jetzt angefressen sind auf uns – auf Österreichisch gesagt –, weil wir Ihnen den Geldhahn abdrehen, aber da geht es um die Demokratie in Österreich. In diesem Sinne ersuche ich auch um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37


Präsident Karl Bader: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile es ihm.


12.37.21

Bundesrat David Stögmüller (Grüne, Oberösterreich): Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehbildschirmen! Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin enttäuscht – enttäuscht von diesem Gesetzentwurf zur Parteien­finan­zierung, der uns hier heute vorgelegt wird.

Man muss sich vorstellen, es kommt ein Video an die Öffentlichkeit, in dem der Vizekanzler und Parteiobmann, auch Klubobmann einer Parlamentspartei, unverblümt und ungeschminkt in einer Finca – und dann später irgendwann einmal im Fernsehen – erzählt, wie er Spenden, Parteispenden von Großindustriellen, von Oligarchen irgend­wie über irgendwelche Parteistrukturen, Vereinskonstrukte, über Vereinsspenden für die Partei sammeln und danach Politik machen möchte. Dann schreien alle Skandal. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau!) – Ja, zu Recht schreien Sie Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn so etwas geht nicht! So etwas geht nicht in diesem Staat: dass Großindustrielle, irgendwelche superreichen Oligarchen von irgendwo Geld über Strukturen und Konstrukte in Parteikassen bringen können. Das geht nicht! (Bundesrat Steiner: Das war ja eine Schauspielerin!)

Mehr hätte man eigentlich nicht gebraucht, um noch mehr Transparenz bei den Partei­geldern, bei den Parteispenden zu verlangen. Das ist in meinen Augen ein aufgelegter Elfer. Die Parteien im Parlament drüben haben es aber nicht geschafft - - (Bundesrat Steiner: „Drüben“?) – Entschuldigung, im Nationalrat. Tu nicht so gescheit! (Bundesrat Steiner: Die tagen im selben Gebäude! – Bundesrat Samt: Wir haben es verstanden!) Die Parteien haben es nicht geschafft – auch ihr nicht, aber bei euch ist ja ein anderes Interesse dahinter (Bundesrat Steiner: Was für eines?) –, endlich Transparenz in die Parteikassen zu bringen. Das ist der Punkt!

Die SPÖ packelt heute mit der FPÖ und beschließt ein Gesetz, in dem jegliche Kontrolle der Parteiengelder und der Parteispenden fehlt. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrat Weber: Das stimmt doch nicht! Das weißt du ganz genau, David!) Das ist Faktum, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bun­desrätin Ernst-Dziedzic. – Bundesrat Steiner: Schwarz-Grün in Vorbereitung! Schwarz-Grün in Vorbereitung! Oh! Vorsicht, Österreich!) – Deine Träume möchte ich haben! Es geht ganz einfach darum – da sind sich ja alle Expertinnen und Experten einig –, dass es in diesem Gesetz an Transparenz fehlt. Das Gesetz ist eine Rosinenpickerei von


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SPÖ und FPÖ, um ihre eigenen Schlupflöcher noch irgendwie zu verteidigen. – Das ist der Punkt: Es ist Rosinenpickerei!

Es muss uns spätestens seit dem Ibizavideo nicht wirklich verwundern, dass die FPÖ keine Transparenz möchte, aber dass die SPÖ bei diesen Dingen mitspielt, ist für uns schon etwas erschreckend. (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte!)

Wir Grüne können bei diesem Gesetz nicht mitgehen. Für uns ist diese Gesetzes­vorlage einfach zu wenig, auch wenn es ein paar positive Ansätze gibt. Ich möchte schon auch das Positive hervorstreichen, etwa dass es endlich eine Spendenober­grenze gibt. Ja, super, das ist gut und wichtig und schon längst überfällig! (Bundesrätin Schumann: Na bitte!) – Liebe Kollegin, Sie hätten das schon seit 30 Jahren machen können, dass es eine Parteispendenobergrenze gibt, dafür möchte ich Ihnen keinen Oscar verleihen.

Für manche Parteien im Parlament wird diese Spendenobergrenze aber natürlich ziemlich hart werden, das ist logisch, aber sie ist notwendig. (Bundesrat Köck: Kein Problem! Wenn es sie gibt, gibt es sie!) Es soll uns auch nicht wirklich verwundern, dass die ÖVP und die NEOS gegen so etwas sind, weil sie dann auf die Großspenden verzichten müssen.

Man sollte auch über die Staffelung der Strafen für Wahlkampfkostenüberschreitungen und darüber, dass diese gerade in der Anfangsphase viel zu niedrig sind, diskutieren. Aber gut, es ist zumindest einmal ein Instrument, um das Ganze in die richtige Rich­tung zu bringen.

Was mich aber doch massiv stört, ist, dass noch immer durch Umgehungsstrukturen über formal unabhängige Vereine die Meldepflicht umgangen werden kann – das ist das Problem –, wie im Fall der Gewerkschaft der SPÖ oder der Pensionisten. (Bun­desrätin Schumann: Das ist aber transparent!) Ich möchte nur an die großen Wahl­kampfveranstaltungen erinnern, bei denen Bundeskanzler Kern dazumal vor Gewerk­schaftern aufgetreten ist, bei denen SPÖ-Funktionäre vorne in der ersten Reihe geses­sen sind, die ganze Parteiriege, und die dann von der Gewerkschaft oder von irgend­welchen anderen Vorfeldvereinen finanziert wurden. Das ist das Problem dahinter! Das ist nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Rosinenpickerei der Großparteien, dass man das auch weiterhin zulässt.

Es fehlt einfach an Transparenz hinsichtlich Parteiengelder: Woher kommen sie und wofür werden sie eingesetzt? Es fehlen auch die strafrechtlichen Konsequenzen, die auf einen schweren Verstoß gegen das Parteiengesetz folgen müssen. – Das muss her, Punkt, fertig, aus!

Warum ist das wichtig? – Ich erkläre Ihnen, warum strafrechtliche Relevanz notwendig ist: Ohne strafrechtliche Konsequenzen fehlt uns das Instrument, dass wirksame Um­gehungskonstruktionen von den Staatsanwaltschaften aufgedeckt werden können. Das ist unabdingbar. Schauen wir bitte einmal auf die Causa Ibiza! Warum tut sich denn die Staatsanwaltschaft so schwer? Da hätten Sie jetzt die einmalige Chance gehabt, diesen Schritt zu gehen, damit wir endlich auch strafrechtliche Konsequenzen aufneh­men, diese Punkte auch mitaufnehmen, gerade mit Blick auf den Fall Ibiza. (Bundesrat Samt: Da ist die Staatsanwaltschaft genau die richtige Instanz!)

Es müssen die Vorschläge des Rechnungshofes einfach Punkt für Punkt umfassend umgesetzt werden. Wir werden dazu heute noch einen Entschließungsantrag einbringen.

Ich möchte auch gleich dem Argument etwas entgegensetzen, das Ihre Klubobfrau (in Richtung SPÖ) im „Report“ im ORF gebracht hat: Die Präsidentin des Rechnungshofes und die Prüfer sind nicht weisungsgebunden; die Prüfer nur gegenüber der Präsi­den-


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tin. Eine Wirtschaftsprüfung irgendwie mit einer Rechnungshofprüfung gleichzu­set­zen – das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Das eine ist halt in anderer Tiefe, und auch die Kontrollmöglichkeit und -tätigkeit sind komplett unterschiedlich. (Bundesrätin Schumann: Jetzt redet er die Rechnungsprüfer schlecht!)

Ich möchte vonseiten der Grünen in aller Klarheit festhalten: Der Rechnungshof wurde als unabhängige Instanz geschaffen und agiert weisungsunabhängig. Ich finde die Arbeit des Rechnungshofes unglaublich wichtig, er deckt auch immer wieder Behörden­versagen auf, egal welche Partei gerade an der Macht ist. (Bundesrat Weber: Eine Partei ist keine Behörde!) Das kann ich gerade auch als Oberösterreicher sagen: Dort gibt es eine schwarz-blaue Landesregierung; wir bekommen vom Rechnungshof immer wieder Aufdeckergeschichten, immer wieder Sachen, die von Behördenversagen handeln, auch wenn es eine andere Landesregierung gibt. (Bundesrat Samt: Ihr kriegt das? Sehr interessant! – Bundesrat Weber: Ah, interessant! – Bundesrat Seeber: Oberösterreich ist ja Vorbild für Schwarz-Blau!) Ich finde solche Aussagen einer Klubobfrau über eine Institution des Parlaments, ganz ehrlich und auch in aller Klarheit gesagt, nicht in Ordnung!

Zurück zu diesem Gesetzentwurf: Für mich scheint es, als hätten die aktuellen Groß­parteien nichts aus dem Ibizaleak, aus dem Ibizavideo gelernt und würden mit allen Mitteln versuchen, ja keine Transparenz in die Parteikassen zu bringen. (Bundesrätin Mühlwerth: Das findet ja statt!)

Die Bevölkerung hat es sich meiner Meinung nach verdient, zu wissen, wie sich die Parteien finanzieren, wo das Geld herkommt und wofür es verwendet wird. Das fehlt mir nach wie vor, gerade bei den Großparteien. Mit dem, was hier vorgelegt wird, werden grundlegende und auch schon längst überfällige Punkte beschlossen, aber Transparenz schaut ganz, ganz anders aus; deswegen werden wir diesem Gesetz heute auch ganz klar nicht zustimmen.

Ich bringe noch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen David Stögmüller und Kollegin betreffend „Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, anhand der vom Rechnungshof gemachten Vorschläge für eine Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten, die folgende Punkte enthalten: 

- Volle Prüfrechte für den Rechnungshof – über Rechenschaftsberichte hinaus­gehen­der Einblick in die Bücher und Konten der Parteien.

- Strenge Auflagen für Vereine, Komitees und andere partei- und kandidatennahe Organisationen: Offenlegung der Herkunft ihrer Mittel und Meldung von Parteispenden an den Rechnungshof.

- Einführung eines Wahlkampfkostenberichts – monatliche Berichtspflicht ab Beschluss über Wahltag (bis eine Woche vor Wahltag) sowie Vorlage eines Endberichts beim Rechnungshof spätestens 3 Monate nach der Wahl.

- Sanktionierungsrecht für den Rechnungshof.


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- Bei schweren Vergehen sind strafgesetzliche Sanktionen auszuarbeiten.“

*****

Danke. (Beifall der Bundesrätin Ernst-Dziedzic.)

12.46


Präsident Karl Bader: Der von den Bundesräten David Stögmüller und Kollegin ein­gebrachte Entschließungsantrag betreffend „Reform der Kontrolle von Parteifinanzen und Wahlkampfkosten“ trägt nur zwei Unterschriften und ist somit nicht genügend unterstützt.

Ich stelle daher die Unterstützungsfrage und bitte jene Bundesrätinnen und Bun­desräte, die diesen Antrag zusätzlich unterstützen wollen, dies also nicht bereits durch ihre Unterschrift zum Ausdruck gebracht haben, um ein Handzeichen. – Das ist nicht der Fall. Die Unterstützung ist nicht ausreichend. (Bundesrat Stögmüller: Keine Kon­trolle! – Bundesrätin Mühlwerth: Manchmal hat man ein Pech!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.


12.47.19

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Besucher auf der Galerie! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich unglaublich, was bei so einem Gesetz betreffend Parteienförderung an Gschichtln erzählt wird, die mit der Realität, wie das schon oft der Fall war, nicht wirklich etwas zu tun haben. Das betrifft auch die SPÖ, aber noch mehr die ÖVP; es sollten sich vielleicht alle ein bisschen in Zurückhaltung üben. (Bundesrat Brunner: Das Video!)

Es ist schon oft kritisiert worden, dass Spenden an Parteien verbunden mit einer erhofften Gegenleistung durchaus Teil des Systems sind, auch bei der SPÖ, denn Sie waren in den letzten 30, 40 Jahren nicht abseits einer Regierung. Dazu darf ich Gernot Schieszler in einem „Kurier“-Interview zitieren. (Bundesrat Weber: Part of the Game!) – Wir haben von keinem russischen Oligarchen Geld bekommen, das ist eine Behaup­tung, die ewig aufgestellt wird, und man hofft, je öfter man es sagt, dass sie dann vielleicht doch wahr wird. (Bundesrätin Schumann: Angeboten im Video!) Nein, sie wird nicht wahr! Es ist eine reine Behauptung, die eurer Fantasie entspringt. Was Strache im Ibizavideo gemacht hat, war ein Fantasieren, vielleicht auch ein gewisses Großmannssuchtgehabe (Ah-Rufe bei der SPÖ), gemacht habt aber ihr die Sachen in den letzten Jahrzehnten. Bei uns ist da gar nichts passiert, das war ein reines Gerede! (Bundesrat Weber: Das war die Wahrheit!) Lassen wir also die Kirche im Dorf!

Ich zitiere jetzt gleich einmal Herrn Schieszler, der ja ein Teil der Telekomaffäre war, auch im Vorstand und im Controlling. Er sagt, es „kann auch nicht sein, wenn sich ein Unternehmen einen Abgeordneten mit Zahlungen gefügig macht, wie es im Fall des SPÖ-Abgeordneten Kurt Gartlehner“ – der 100 000 Euro pro Jahr von der Telekom bekommen hat – „passiert ist“. – Zitat Gernot Schieszler im „Kurier“-Interview. Ich zitiere ihn hier wörtlich. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) – Er sagt es aber, und das ist von euch unwidersprochen geblieben. (Bundesrat Weber: 400 000 Euro für die FPÖ!)

Er sagt: Natürlich will man eine Gegenleistung haben! Wenn ein Unternehmen spen­det, dann glaubt ja wohl keiner, dass es das macht, weil einer schöne Augen hat oder weil er einem so sympathisch ist. (Bundesrätin Hahn: Sagen Sie das der ÖVP!) Natürlich wird eine gewisse Gegenleistung dafür erwartet. Die ÖVP ist bislang die


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Partei der wirklichen Großspenden gewesen; ich kann euch die Liste gerne vorlesen, sie ist ja im Internet veröffentlicht worden. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Alles trans­parent!) Dass ihr es mit den Wahlkampfspenden nicht so genau genommen habt, ist, wie es die „Kleine Zeitung“ gebracht hat, ja kürzlich erst demonstriert worden. 2,1 Mil­lionen Euro sind angegeben worden, in Wirklichkeit sind mehr als 3 Millionen Euro gespendet worden – natürlich in Teilbeträgen, damit man es nicht gleich an den Rech­nungshof melden muss.

Ich denke, mein Kollege Harald Stefan hat im Nationalrat vollkommen recht gehabt, als er gesagt hat, wir sollten uns nicht selber beschädigen, denn man kann über jede Partei irgendetwas sagen und findet bei jedem irgendetwas, wo man sagen kann: Das ist nicht ganz in Ordnung! Wir tun uns nichts Gutes, wenn wir da jetzt aufeinander loshacken, denn das verstehen die Leute draußen überhaupt nicht. Wir haben eh schon so ein schlechtes Image, dass wir das nicht noch selber verschlechtern müssen. (Bundesrat Stögmüller: Da hat wer Leichen im Keller!) – Nein, wir haben gar keine Leichen im Keller. Das ist reines Wunschdenken der Grünen.

Herr Kollege Stögmüller, wenn Sie schon zwischenrufen: Wie werden Sie das eigent­lich dann mit Kollegin Zadić machen, die ja dem Gesetz zugestimmt hat, die aber bei euch kandidieren soll? (Bundesrat Stögmüller: Hat sie nicht ...!) Nehmt ihr sie dann ins Gebet, oder wie ist das dann? (Bundesrat Stögmüller: Sie war nicht anwesend!) – Sie war nicht da?! Aha, man hat sich also der Verantwortung entzogen, das ist ja noch besser! (Bundesrat Steiner: Sie hat sich rausgeschlichen! – Bundesrätin Ernst-Dziedzic: Das ist Ihre Fantasie! – Rufe bei der FPÖ: Beim Fantasieren seid ihr die Ersten! – Ja, wegen der ganzen Drogen, die Sie konsumieren!)

Es wurde so oft der Rechnungshof angesprochen: Der Rechnungshof ist eine an­ge­sehene Institution, daran ist überhaupt nicht zu zweifeln. Ich möchte aber nur daran erinnern, dass der Rechnungshof ein Hilfsorgan des Parlaments, vor allem des Natio­nalrates, ist – nicht einmal des Parlaments, sondern des Nationalrates. Er ist nicht die oberste Kontrollinstanz, die alles und jeden prüfen darf und soll. Sein Aufgabenbereich ist eindeutig definiert, und dabei sollten wir es auch belassen. Das macht er ja aner­kennenswerterweise durchaus sehr gut.

Es liegt in der Natur der Sache, dass es jetzt in dieser Zeit unterschiedliche Kon­stel­lationen gibt, man nennt es Demokratie, wenn man einmal mit einer Partei eine größere Übereinstimmung hat als mit einer anderen. In diesem Fall haben wir uns mit der SPÖ getroffen, wie in dem einen oder anderen Fall auch. Wir haben aber auch mit der ÖVP nach wie vor noch Dinge beschlossen, die sozusagen – wie man das heute auf Neudeutsch nennt – in der Pipeline sind, die also schon aufgearbeitet und vor­bereitet worden sind. Wir werden uns daran halten, dass wir das gemeinsam be­schließen. Das ist ein ganz normaler demokratischer Prozess, wenn man, wie jetzt, nicht in einer Koalition ist, dass man sich verschiedene Mehrheiten sucht. Ich finde das durchaus gut so.

Auch das Jammern des Herrn Finanzministers über die Kosten der Dinge, die im Nationalrat beschlossen wurden und nächste Woche von uns noch zu beschließen sind, verstehe ich nicht. Da sind einige Dinge dabei, wie zum Beispiel die Valorisierung des Pflegegeldes, die ein langjähriges Anliegen der FPÖ waren. Darauf haben wir immer wieder in unzähligen Reden hingewiesen. Ja, und natürlich sagt man, wenn man jetzt eine Mehrheit dafür findet, man macht das. So arg sind die Ausgaben nicht, vieles ist ja schon budgetiert gewesen, ein Teil ist nicht budgetiert gewesen. Es wird die Republik jetzt aber nicht an den Rand des Zusammenbruchs führen, würde ich einmal sagen, und es ist für die Leute, die Pflegegeld beziehen, ein ganz wichtiger Faktor. Die Erhöhung der Mindestpension war ja mit der ÖVP schon ausverhandelt, und ich finde es auch richtig, dass die Leute, die 40 Jahre lang gearbeitet haben, mehr


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bekommen als diejenigen, die weniger gearbeitet haben. Es ist also alles im Sinne der Bevölkerung, und so soll es ja auch sein.

Nicht wir haben den erfolgreichen Weg verlassen, Bundeskanzler Kurz hat unserer Meinung nach ohne Not die Koalition aufgekündigt und Neuwahlen ausgerufen. (Beifall bei der FPÖ.) Jetzt ist es, wie es ist. Wir hätten das nicht gewollt. (Bundesrat Köck: Ihr habt Ibiza vergessen! Dann hätte er es nicht gemacht!) – Na, was hättet ihr denn gemacht? Entschuldige! (Bundesrat Samt – in Richtung ÖVP –: Dann hättet ihr nicht die ganzen Absprachen gebrochen! Bleibt bei der Realität! – Bundesrat Köck: Genau, das ist eure Realität, die ganzen Verschwörungstheorien!) Der Bundeskanzler hat ent­gegen der Absprache, die Regierung weiterarbeiten zu lassen, wenn Strache und Gudenus zurücktreten, sein Versprechen gebrochen und hat Neuwahlen ausgerufen. Er hat es dann darauf aufgehängt, dass kein Freiheitlicher mehr Innenminister sein darf. Was erwarten Sie dann also? Das ist leider von Ihnen so gewollt gewesen, vielleicht bereuen Sie es ja schon – kann sein. Ich glaube aber, wir werden bis zur Wahl schon noch einige Sachen, die wir vereinbart haben, gut abstimmen.

Wie gesagt, das Parteiengesetz ist transparent. Es gibt immer noch irgendwo etwas, das man verbessern kann. Ich habe noch kein Gesetz erlebt, das perfekt gewesen wäre, aber ich glaube, eine Obergrenze betreffend Spenden ist sinnvoll und richtig. Es ist richtig, dass es empfindliche Strafen gibt, wenn die Wahlkampfkosten überschritten werden. Da kann sich ja jetzt leider keine Partei ausnehmen, nicht einmal wir, denn wir haben sie ja auch überschritten, aber ihr habt sie auch überschritten, ihr halt wirklich exorbitant. Ich denke schon, dass die Parteienförderung in Österreich sehr großzügig ist, die es nicht notwendig macht, dass man die Wahlkampfkosten fast ums Doppelte überschreitet. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Ich glaube, man kann mit den 7 Millionen Euro, die im Parlament einmal beschlossen worden sind, durchaus gut auskommen. Die Leute informieren sich schon, die sind nicht nur darauf angewiesen, dass ihnen hinter jedem Baum ein Wahlkampfplakat ent­gegenlacht, um dann zu wissen, was sie zu wählen haben. Es ist ja immer nur ein gewisser Teil, der sich erst am Ende einer Wahlkampagne entschließt, welche Partei er wählen soll; die meisten wissen es schon vorher.

Was den Frauenbonus betrifft: Sie wissen, es ist ja kein Geheimnis, wir sind nicht der Freund der Quote, und ich im Besonderen bin gar kein Freund der Quote, obwohl es Momente gegeben hat, in denen ich mir gedacht habe, vielleicht wäre es gar nicht so schlecht; ich bleibe aber dabei, ich bin kein Freund der Quote. Warum die ÖVP da aber einem Bonussystem nicht zustimmen kann, erschließt sich mir jetzt nicht. Man kann ja etwas haben wollen; es ist ja legitim, dass ihr sagt, ihr hättet das Malussystem gewollt. Ich finde ein Malussystem eigentlich immer schlecht. Es gibt schon Situationen, in denen man auch strafen muss, aber in diesem Fall, muss ich sagen, finde ich ein Bestrafungssystem nicht sinnvoll. Man muss den Parteien schon auch überlassen, wie sie ihre Listen erstellen. Wenn eine Partei weniger Frauen hat – das wissen wir eh, das sind eh immer wir –, dann ist es so (Bundesrat Weber: Warum wohl?); dann nehmen wir halt in Kauf, dass wir Klubförderung x bekommen. Sollten wir uns entschließen, die Frauenquote zu erhöhen, bekommen wir auch mehr Geld; es ist aber unsere Ent­schei­dung.

Ich mag es gar nicht, wenn mir ein anderer vorschreibt, was ich tun soll. Das gilt übrigens auch für den Beschluss des Rauchverbots nächste Woche. Da geht es mir vor allem darum, dass ich nicht will, dass man mir vorschreibt, was für mich gut ist, was für mich gesund ist, was ich zu tun und zu lassen habe. (Bundesrat Weber: Aber die Kellner! – Bundesrätin Schumann: Es geht um die Gastronomie! – Zwischenruf der Bundesrätin Ernst-Dziedzic.) Genauso verhält es sich bei der Frauenquote der Parteien. Wenn man sich bei einem Malussystem – das ich jetzt eh nicht so toll finde –


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nicht durchsetzen kann, verstehe ich nicht, warum man nicht dem positiven Ansatz, einem Bonussystem, zustimmen kann. Ihr könnt ja bis zur Abstimmung noch einmal nachdenken, vielleicht kommt ihr doch zu dem Schluss, dass man dem Bonussystem etwas abgewinnen kann.

Ich glaube, dass wir entgegen der Meinung der ÖVP, das sei ein Husch-pfusch-Gesetz (Bundesrat Köck: Die Experten sagen das! – Bundesrat Steiner: Schöne Experten!), mit dem Parteiengesetz und auch mit den Bestimmungen zur Klubförderung doch ein ziemlich ausgewogenes, sehr transparentes Gesetz geschaffen haben; Verbesse­rungs­möglichkeiten kann und wird es immer wieder geben. (Beifall bei der FPÖ.)

12.58


Präsident Karl Bader: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Robert Seeber. – Bitte.


12.58.48

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr verehrte Besucher auf der Galerie! Ich darf heute über das Parteiengesetz reden, dessen Änderung beschlossen werden wird, und ich stelle meiner – ich sage dazu: kurzen – Rede voran, dass wir uns in einer Phase befinden, welche man im allgemeinen Sprachgebrauch als das freie Spiel der Kräfte bezeichnet.

Ja, meine Damen und Herren, wir befinden uns im Wahlkampf, das ist eine Zeit, die etwas aufgeheizt ist, eine Zeit, in der es um politisches Kalkül geht. Es geht um Eigeninteressen, das kann ich noch nachvollziehen, aber wenn es um Rachegelüste geht und darum, schnell etwas durchzupeitschen, kann ich das nicht nachvollziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich sage an dieser Stelle, man trifft mit diesem Ge­setz die ÖVP, und das ist ein Faktum. Das haben Sie geschafft. Man trifft die ÖVP tatsächlich. Man glaubt, einem – wie ich der festen Überzeugung bin – bei der Mehrheit der Bevölkerung sehr beliebten Bundeskanzler ein Haxl stellen zu können. Ich wünsche Ihnen – und ich glaube das auch –, dass das ein Pyrrhussieg wird, denn wir haben heute hier, meine Damen und Herren, einen Sonderbundesrat. Das heißt meiner Meinung nach, dass das eine Hals-über-Kopf-Regelung ist, denn das belegt ja schon die Tatsache, dass wir uns heute hier treffen: Man will es ganz geschwind noch vor der Wahl über die Bühne bringen. (Bundesrat Weber: Weil es wichtig ist!) Jeder Zuschauer vor den Fernsehapparaten weiß, welche Intention dahintersteckt. (Beifall bei der ÖVP.)

Was aber, meine Damen und Herren, auch klar ist – und das sollen sich die Zuschauer vor den Fernsehschirmen auch sehr gut merken –, ist: Umgehungskonstruktionen – auch bei Vereinen – wird es auch in Zukunft weiterhin geben. Eine Antwort auf Ibiza gibt dieses Gesetz aus meiner Sicht nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vorhin hat ein sozialdemokratischer Kollege etwas über den Pensionistenverband gesagt, was mich sehr verwundert hat. In diesem Zusammenhang darf ich auch sagen: Ich orte bei diesem Gesetz eine große Kulanz bei der Sozialdemokratischen Partei. Die Arbeitsgemeinschaft 60Plus gehört nicht zum sozialdemokratischen Kreis, der rote Pensionistenverband gehört auch nicht zu den Sozialdemokraten. (Bundesrat Schabhüttl: Genau! Genau! – Zwischenruf der Bundes­rätin Schumann.) Ein Kollege aus unserem Klub hat mir vorhin die Statuten gebracht. Pensionistenverband SPÖ: „Der Verein bekennt sich zu den Grundsätzen der Sozial­demokratischen Partei Österreichs.“ (Bundesrat Weber: Na klar, der ist ein Teil der Partei! – Bundesrätin Hahn: Ist das verboten?) „Seine Funktionärinnen und Funk­tionäre sollen Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei [...] sein“. – Das ist ja nichts


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Schlechtes (Bundesrätin Schumann: Aber kein ... für Großspender ...! – weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ), aber sagen Sie nicht, das gehört nicht zur SPÖ! Das ist ja direkt kindisch! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Gegensatz dazu müssen alle Bünde der ÖVP, etwa der ÖAAB oder der Wirtschaftsbund, ihre Bilanzen, Einnahmen und Aus­gaben, auf Strich und Beistrich offenlegen, Parteivorfeldorganisationen und Vereine oder Umgehungskonstruktionen nicht. Das ist ein Faktum. Worum es uns von der ÖVP gegangen ist: Die Kontrolle durch den Rechnungshof wird ausgehebelt. Der Rech­nungshof kann fragen, aber mehr kann er nicht. Sogar Pamela Rendi-Wagner sagt, sie traut dem Rechnungshof nicht. – Ich bin verwundert, meine sehr verehrten Kollegen! (Bundesrat Weber: Das hat sie nicht gesagt! Bundesrätin Hahn: Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Weitere Zwischenrufe der Bundesrätinnen Schumann und Hahn.) Früher hat Pamela Rendi-Wagner, Ihre Vorsitzende, bei jeder Gelegenheit, bei den kleinsten Themen, den Rechnungshof angerufen, jetzt aber traut sie ihm nicht (Bundesrat Weber: Das stimmt doch jetzt gar nicht!), weil es um die Parteifinanzen geht und man die ÖVP schädigen will. Auch das ist sehr leicht zu entkräften.

Meine Damen und Herren, es scheint mir so zu sein, dass das in diesem Fall eine Anlassgesetzgebung ist. Man will die ÖVP ganz klar schädigen. (Rufe bei der SPÖ: Nein!) Was meiner Meinung nach demokratiepolitisch diesbezüglich sehr, sehr bedenk­lich ist: Man versucht auch, kleinen Parteien keine Chance mehr zu geben. Nach dem jetzigen Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, würde es das Team Stronach oder eine Partei wie NEOS oder JETZT im Parlament gar nicht mehr geben. Wollen Sie das? – Ich möchte das nicht. Ich möchte eine Demokratie, die lebt und die nicht einheitlich nach links schon leicht ins Totalitäre abdriftet. Das will ich nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich empfinde das einfach als einen Anschlag auf unsere Demokratie (Heiterkeit bei der SPÖ), denn eines ist ganz klar (Ruf bei der SPÖ: Anschlag auf Großspender!): Umgehungsvereine und Konstruktionen wie jene, von denen wir im Ibizavideo gehört haben, wird es weiterhin geben. Darauf gibt es keine Antwort. (Bundesrat Beer: War das jetzt ein Geständnis, dass ihr ...?)

Meine Damen und Herren, was wirklich die Essenz ist, ist Folgendes: Sie sprechen immer von den Spenden an die ÖVP. – Ja, die gibt es; die waren offiziell, die waren legal. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Wo kom­men denn die zusätzlichen Spenden ...?) Ja, es waren auch Großspenden dabei, die Sie vielleicht auch ganz gern gehabt hätten – das ist ja leicht möglich. Worum es aber jetzt geht, meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, ist ganz klar eine Taktik gegen die ÖVP. Es geht darum, einen beliebten Bundeskanzler schlecht ausschauen zu lassen. (Ruf bei der SPÖ: Er ist nicht mehr Bundeskanzler! – Bundesrat Spanring: Der ist nicht mehr Bundeskanzler, der ist nicht einmal mehr im Nationalrat!)

Ich weiß nicht, wovor Sie Angst haben. Es geht praktisch um das Thema alle gegen einen, koste es, was es wolle. (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Die Wähler werden dieses Spiel durchschauen, das kann ich Ihnen garantieren, denn die ÖVP steht für Kontrolle durch den Rechnungshof und nicht für Verschleierung. – Schreiben Sie sich das ins Stammbuch! Wir sind dagegen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.06


Präsident Karl Bader: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Rudolf Kaske. Ich erteile dieses.



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13.06.25

Bundesrat Rudolf Kaske (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Vorweg: Herzliche Gratulation und das nötige Quäntchen Glück für das zweite Halbjahr 2019! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine Damen und Herren auf der Galerie beziehungsweise meine Damen und Herren, die via ORF und Livestream dabei sind! Betrachtet man die Diskussion der letzten Wochen zur Parteienfinanzierung, könnte man es wie folgt auf den Punkt bringen: Die Reform war und ist heiß umfehdet, wild umstritten.

Ich halte es für höchst notwendig und an der Zeit, dass wir klare und transparente Regeln schaffen, und deswegen, meine Damen und Herren, ist aus meiner Sicht heute ein sehr guter Tag. Es freut mich, dass es in Zukunft ein Mehr an Transparenz bei der Parteienfinanzierung geben wird. In Zukunft wird es für vermögende Personen und Unternehmer schwieriger werden, politische Parteien anzufüttern oder gar zu kaufen. Sichergestellt wird das aus meiner Sicht durch die bereits erwähnten Spendenlimits von 7 500 Euro pro Einzelperson und insgesamt 750 000 Euro pro Kalenderjahr.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hinter die Kulissen der sogenannten Big Spender blicken! Gespendet wurde oft, weil man eigene Interessen vor Gesamt­inter­essen gestellt hat. So sagen zum Beispiel Groß- beziehungsweise Big Spender unge­niert – nachzulesen in Tageszeitungen –, dass sie in den letzten eineinhalb Jahren den Eindruck gewonnen haben, dass ihre Interessen wieder Gehör finden. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Zugeben wollen diese Groß- beziehungsweise Big Spender ihre Freizügigkeit natürlich nur, wenn Spenden nachgewiesen worden sind. Sonst gibt man sich nobel und zurückhaltend und sagt, man wolle die Spenden weder bestätigen noch dementieren.

Das Sittenbild, meine Damen und Herren, komplettiert die Tatsache – meine Kollegin hat es schon angesprochen –, dass ein Familienmitglied eines sogenannten Big Spen­ders zufällig im Aufsichtsrat einer Institution der Republik wiederzufinden ist. Die Begründung wird prompt nachgeliefert: Es handelt sich natürlich um eine höchst qualifizierte Persönlichkeit. – Ich sage: Wer’s glaubt, wird selig! Man kann auch sagen: Wie blauäugig ist das denn, meine Damen und Herren?! Wie sollen die Menschen in dieser Republik dann noch an eine unabhängige Politik glauben?

Andere machen es noch ungenierter und kaufen sich gleich eine ganze Partei. Durch die neonfarbene Brille betrachtet ist das insofern praktisch, als man sich ja erhoffen kann, in Zukunft möglicherweise Steigbügelhalter in einer wirtschaftsliberalen Koalition zu sein. – Ja, so einfach ist das manches Mal, und so einfach machen es sich diese Big Spender manches Mal.

Die gespielte Empörung jener, denen jetzt ein Riegel vorgeschoben wird, belustigt mich fast. Das Thema, meine Damen und Herren, ist aber viel zu ernst, um darüber belustigt zu sein. Ich bin froh, dass die politische Einflussnahme der Wirtschafts­lobbyisten zurückgedrängt wird, und ich sage diesen machtbesessenen Persönlich­keiten von dieser Stelle aus: Wer sich eine Partei kauft oder Politik für Konzernherren macht, braucht sich nicht zu wundern, dass in der Republik Widerstand angesagt ist.

Volksvertreter wie wir sollten für eine Politik für alle Bevölkerungsgruppen stehen, ich meine daher, Mandatarinnen und Mandatare sollten nicht zu Wirtschaftslobbyisten verkommen. Besinnen Sie sich, meine Damen und Herren, der Werte, für die Sie persönlich stehen! Österreich braucht eine anständige Politik. Österreich braucht anständige Politiker und keine käuflichen und willfährigen Parteienvertreter. (Beifall bei der SPÖ.) Die Parteienförderung, meine Damen und Herren, ist daher Garant dafür, dass unabhängige, glaubwürdige Politik gemacht werden kann. Wer nur von Big Spendern lebt, zeigt, welches demokratiepolitische Defizit hier vorhanden ist. Wir


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Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für Offenheit und Transparenz und nicht für eine gekaufte Politik. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, Big Spender spenden nicht aus Nächstenliebe. Dahinter stecken knallharte Interessen – es wurde schon angesprochen –, wie zum Beispiel der 12-Stunden-Tag oder die KÖSt-Senkung, die ja den Großspendern einen sogenannten Jackpot bringen würde. (Ruf bei der ÖVP: Arbeitsplätze!)

Eines, meine Damen und Herren, sei noch angemerkt: Es gibt Hunderttausende Men­schen, denen ihre politische Bewegung am Herzen liegt, daher möchte ich klipp und klar sagen: Spenden, die sich im Rahmen halten, sind per se nicht unanständig; unanständig ist es, wie es in der Vergangenheit passiert ist, Spenden in Millionenhöhe zu verschleiern. (Ruf bei der ÖVP: Da entscheiden Sie, was anständig ist?!) Lenken Sie daher nicht von Ihrem Skandalpotenzial ab und gehen Sie mit uns einen ehrlichen und nachvollziehbaren Weg, damit das Vertrauen in die Politik wieder steigt und nicht sinkt!

Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen noch etwas mit auf den Weg geben: Jene, die im politischen Glashaus sitzen, sollten nicht mit Steinen werfen, sondern Reformen und neue Regeln mittragen. Das anzumerken ist mir ganz, ganz wichtig.

Nun noch ein Postskriptum, weil Kollegin Eder-Gitschthaler den Pensionistenverband vor den Vorhang geholt hat, eine kleine Gegengeschichte: Gestern war der junge Altkanzler Kurz im Bezirk Mattersburg unterwegs, zufällig auf Einladung des Wirt­schaftsbundes. – Ich sage das nur betreffend Parteienfinanzierung. Wie geht das denn? Okay? (Bundesrat Preineder: Das ist eine Teilorganisation! – Bundesrat Köck: Das wird kontrolliert vom Rechnungshof! Das verstehst nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Keine Aufregung! Keine Aufregung! Es wurde ja ganz anders verkauft, nicht? Darum geht es ja. Ich sage nur, es wurde ganz anders verkauft, meine Damen und Herren. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ah, Kollege Stögmüller (Bundesrat Stögmüller: Ja!), das freut mich! Kollege Stögmüller, an dich möchte ich auch noch gerne eine Botschaft richten. (Bundesrat Stögmüller: Und wird es besser durch dein Gesetz?! Nein!) Zu dem Anwurf, dass jegliche Kontrolle fehlt: Diese Aussage hast du, glaube ich, wider besseres Wissen gemacht (Bundesrat Stögmüller: Ich will Kontrolle haben!), aber vielleicht ist es ja auch eine Vorleistung an die ÖVP, um sich als Koalitionspartner erbötig zu machen. (Bundesrat Stögmüller: Oh, oh!) – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.15


Präsident Karl Bader: Bundesrat Martin Preineder ist der Nächste auf der Redner­liste. Ich erteile ihm das Wort.


13.15.52

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Werte Damen und Herren! Wir diskutieren das Parteiengesetz, und ich darf an Kollegen Kaske anschließen: heiß umfehdet, wild umstritten. Es braucht klare Regeln, und dieses Gesetz hat klare Regeln. Die klare Regel heißt nämlich, Bundeskanzler Kurz mit seiner Partei, der neuen Volkspartei (Bundesrat Weber: Er ist nicht Bundeskanzler!), zu benachteiligen und im Wettbewerb um die kommenden und laufenden Nationalratswahlen möglichst schlechte Startbedingungen für sie zu schaffen. Das ist das Ziel und die klare Regel dieses heiß umfehdeten und wild um­strittenen Gesetzes.

Es geht darum, die Struktur der Österreichischen Volkspartei mit ihren Bünden und Teilorganisationen madigzumachen. Woanders gelten andere Regeln. Es ist also ein


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klares Gesetz gegen einen Einzigen, gegen eine einzige Partei. Das muss einmal gesagt werden, und das sollen die Menschen auch hören. (Beifall bei der ÖVP.) Anscheinend gibt es eine große Angst: eine große Angst vor den laufenden Wahlaus­einandersetzungen (Bundesrat Samt: Opferrolle  ...!), vor einer erfolgreichen moder­nen Politik.

Geschätzte Damen und Herren! Es ist aber auch eine gesellschaftspolitische Frage, wie wir denken, und das sollten wir im Parlament ebenfalls diskutieren. Das Weltbild der Österreichischen Volkspartei ist ein von Selbstbestimmung und Eigenverant­wor­tung geprägtes und nicht ein von Fremdbestimmung geprägtes, das nur auf Kontrolle und Überwachung abzielt. In diesem Fall geht die Kontrolle und die Überwachung nur in Richtung einer einzigen Partei.

Kollege Kaske hat auch etwas Interessantes gesagt: Wir müssen überlegen, wie wir demokratiepolitisch mit solchen Themen umgehen. – Ich finde es demokratiepolitisch höchst bedenklich, wenn wir ständig davon reden, dass Politik käuflich ist. Ich unter­stelle es Ihnen (in Richtung SPÖ) nicht, ich unterstelle es Ihnen (in Richtung FPÖ) nicht, und von uns weiß ich es. (Beifall bei der ÖVP.)

Politik ist nicht käuflich, das wissen Sie so gut wie ich (Rufe bei SPÖ und FPÖ: Strasser?!), weil wir uns selbst verpflichtet sind und weil ich weiß, dass sich meine Meinung mit Geld und Zuwendung nicht verändern lässt. (Bundesrätin Mühlwerth: Der Strasser hätte sich schon kaufen lassen!) Spenden sind ein Teil unseres gesell­schaft­lichen Systems, das muss uns auch bewusst sein. (Die BundesrätInnen Schumann und Weber: Euer System!) Spenden für Hilfsorganisationen stellen wir nicht infrage (Ruf bei der FPÖ: Zugeben auch noch!), Spenden für Sport, Kunst und Kultur (Bun­desrätin Schumann: Das sind karitative Zwecke!) genauso wenig, und auch in diesen Bereichen gibt es Big Spender, ohne dass wir fragen: Wo ist jetzt der Vorteil für ihn? Eine Organisation, eine Firma möchte etwas unterstützen, ob das eine soziale Orga­nisation (Bundesrat Steiner: Aber die ÖVP ist ja keine Hilfsorganisation!), Kunst und Kultur oder eine Ideologie ist; auch das zu unterstützen ist erlaubt.

Ich bitte Sie, Politik nicht unter den Generalverdacht zu stellen, dass mit Geld Ideologie zu kaufen ist. Es kann das Geld der Ideologie folgen – das kann sein –, aber wir leben in gegenseitigem Vertrauen und brauchen natürlich Kontrolle. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die Frage stellt sich und wird ja auch schon diskutiert: Wer kontrolliert die Kontrolleure? Geschätzte Damen und Herren, degradieren wir uns nicht, degradieren wir Parteien nicht zu auf Bewährung entlassenen Vereinen. Wir sind eigenständig und selbstverantwortlich.

Klarerweise hat das Ibizavideo eine Diskussion ausgelöst, klarerweise haben die Aus­sagen von Strache und Gudenus gezeigt, dass die Möglichkeit sehr nahe liegt und Umgehungsvereine auch angedacht waren. Regelungen betreffend solche Umge­hungs­vereine sind im neuen Gesetz nicht enthalten, und damit ist es auch kein gutes Gesetz, sondern eines gegen die Österreichische Volkspartei.

Liebe Kollegen von der sozialistischen Fraktion (die Bundesrätinnen Schumann und Grimling: Sozialdemokratische Fraktion!) – von der sozialdemokratischen Fraktion; gerne, wenn Sie das wünschen –, ich weiß und verstehe nicht, wie Sie mit Ihren Orga­nisationen umgehen, ob das die Kinderfreunde, die Roten Falken, die Sozialistische Jugend, der Verband Sozialistischer Studenten, die FSG, der heute schon mehrmals zitierte Pensionistenverband – aber der wurde heute ja verleugnet und weggelegt (Heiterkeit bei der SPÖ) –, der Arbeiter-Samariter-Bund, der Arbö sind: Was gehört dazu und was nicht? (Zwischenruf bei der FPÖ.) Wo ist die Grenze der Parteinähe, wo ist die Partei? Was darf man dazurechnen? Bei der ÖVP wissen Sie das gut, bei sich selbst wissen Sie das nicht. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 38

Ich hoffe, dass Sie Ihrer Sozialdemokratischen Partei auf Bezirks- und Ortsebene erklären können, wie sie mit 750 000 Euro auskommen, wenn ein Ball organisiert wird, wenn ein Punschstand organisiert wird. (Bundesrat Weber: Das muss aber ein großer Ball sein!) – Na ja, Bezirksorganisationen haben große Bälle, zumindest bei uns. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Können Sie dann Ihren Basisfunktionären, jenen, die wirklich freiwillig arbeiten, jenen, die kein Geld bekommen, jenen, die nicht auf der Gehaltsliste einer öffentlichen Körperschaft stehen, erklären, warum sie keine Spenden mehr bekommen dürfen? Es wird Ihre Aufgabe sein, das zu tun, denn die Erwähnten werden Ihnen sagen: Sie wissen nicht, was Sie tun! (Anhaltende Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Wieso ist denn jetzt so eine Aufregung? Aha, haben wir das nicht bedacht? (Bundesrätin Grimling: Wir regen uns nicht auf!)

Geschätzte Damen und Herren, ich darf mich bei Kollegen Stögmüller bedanken, der auf die Schwächen dieses Gesetzes und auf die einseitige Ziel- und Stoßrichtung hingewiesen hat. Ich möchte aber auch in eure Richtung kritisch anmerken: Denken wir nach, welchen Regeln sogenannte NGOs, die auch Politik machen, die politische Gestaltung als Ziel haben, ob das Greenpeace, Global 2000 oder der Verein gegen Tierfabriken ist, unterliegen, welche Spendentransparenz da herrscht, welche Offen­legung, welches Geld von welcher Firma mit welchen Interessen an diese Organisa­tionen bezahlt wird, um vielleicht irgendein Pflanzenschutzmittel oder irgendeine Tier­haltungsform zu verhindern oder entsprechend mieszumachen! (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller. – Ruf bei der FPÖ: Das ist aber ganz etwas anderes!)

Geschätzte Damen und Herren! Transparenz ist etwas Wichtiges, Transparenz für politische Parteien heißt Transparenz gegenüber dem Wähler. Wir sollten nicht der Versuchung erliegen, Politik ständig in den Gerichtssaal zu verlagern und alles gericht­lich auszufechten – nicht weil wir uns davor fürchten (Bundesrat Stögmüller: Nein!), sondern weil die Gerichte nicht dazu da sind, politische Entscheidungen zu treffen. Es ist einfach notwendig – und das lege ich Ihnen ans Herz –: Machen Sie Politik, die Unterstützung findet, denn, wie gesagt, dieses Gesetz hat nur ein Ziel, nämlich der ÖVP möglichst zu schaden, die dezentralen Strukturen, die mit ihren Bünden bis hin zur Ortsebene gut funktionieren, zu behindern und zu schädigen. Die freiwilligen Helfer, die nahe am Menschen sind und die dementsprechend laufen werden, verges­sen Sie hier.

Der Wähler wird das alles beobachten, er wird es kontrollieren und bewerten. Parteien, die die Menschen vertreten, werden auch das Vertrauen genießen, und dieses Ver­trauen werden sie am 29. September bei der ÖVP finden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Präsident Karl Bader: Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Schilchegger ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Ich erteile dieses.


13.24.45

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Herr Kollege Preineder, Sie haben in Ihrer Rede unter anderem immer wieder darauf hingewiesen, dass dieser jetzt vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates vor allem die ÖVP benach­teiligt. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.) Ganz logisch: Das Gesetz ist nicht so geschrieben, dass irgendwo für die ÖVP besondere Regelungen gelten wür­den, sondern es gelten natürlich diese Regelungen für alle Parteien gleichermaßen. – Das ist einmal Punkt eins. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 39

Frau Kollegin Eder-Gitschthaler, Sie haben darauf hingewiesen, dass in diesem Ge­setzesbeschluss Kontrollmöglichkeiten durch den Rechnungshof fehlen und er wiede­rum nicht für ausreichend Transparenz sorgt. Kollege Seeber hat sogar gesagt, die Wähler würden dieses Spiel durchschauen, denn die ÖVP stünde für die Kontrolle durch den Rechnungshof. – Richtig muss der Satz lauten, meine Damen und Herren: Die Wähler werden dieses Spiel durchschauen, denn die ÖVP sagt das eine und tut das andere. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.) Man muss feststellen, meine Damen und Herren, dass zurzeit die Diskrepanz zwischen Sagen und Tun bei keiner Partei so groß ist wie bei der ÖVP, und ich werde diese Ansicht auch begründen.

Sie haben, meine Damen und Herren Kollegen von der ÖVP, das Parteiengesetz in der derzeit geltenden Fassung und alle Novellierungen mitbeschlossen. Sie hätten jeder­zeit immer wieder die Gelegenheit gehabt, die Transparenzbestimmung, die Sie heute vermissen, mit in dieses Gesetz hineinzuverpacken. Sie haben aber gegen jeden An­trag der Opposition gestimmt und damit durch Ihr Abstimmungsverhalten zum Aus­druck gebracht, was Sie wirklich wollen. Da können Sie sich nicht heute herstellen und sagen: Wir stehen für den Rechnungshof und für Transparenz!

Man könnte jetzt sagen: Gut, Sie sind klüger geworden und möchten jetzt mit diesem Gesetzesbeschluss für die Kontrolle durch den Rechnungshof einstehen und für mehr Transparenz sorgen!; aber dann kommen Sie am selben Tag, heute, mit diesem An­trag (ein Schriftstück in die Höhe haltend), einen Einspruch zu erheben. Sie begründen ihn unter anderem damit, dass die rückwirkende Offenlegung betreffend die Einnah­men und Ausgaben von Personenkomitees – rückwirkend bis 2017 sind alle Einnah­men und Ausgaben an den Rechnungshof zu melden und offenzulegen – von Ihnen als verfassungswidrig erkannt wird. – Na, was jetzt? Wollen Sie Offenlegung und Trans­parenz, so, wie Sie es sagen, oder wollen Sie dies nicht, so, wie Sie es mit Ihrem Antrag hier dokumentieren? (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf noch einmal zusammenfassen, warum wir ganz klar für diesen Gesetzes­beschluss sind: Er ist ein Kompromiss, er ist ein guter Kompromiss. Es sind wenige Punkte, die verbessert werden, diese Punkte aber sind ganz entscheidend. Es kann nicht mehr sein, dass sich Großspender eine Partei oder bestimmte Gesetzes­beschlüsse kaufen. Es werden ganz klar die einzelnen Spenden auf 7 500 Euro be­grenzt, und es wird eine absolute Obergrenze für Spenden von 750 000 Euro pro Jahr geben.

Jetzt sagen Sie, meine lieben Damen und Herren Kollegen von der ÖVP: Dieser Gesetzesbeschluss des Nationalrates ist verfassungswidrig! Durch diese Spenden­obergrenzen, durch diese doppelte Begrenzung wird in die politische Betätigungs­freiheit der Parteien und in die Meinungs- und Äußerungsfreiheit der einzelnen Per­sonen, der einzelnen Spender, eingegriffen.

Dazu sage ich Ihnen ganz klar: Nein, da haben Sie den Verfassungsgerichtshof falsch verstanden! Lesen Sie bitte einmal § 6 des Parteiengesetzes in der derzeit geltenden Fassung! Bereits derzeit sind solche Spendenregelungen vorgesehen. Der Verfas­sungs­gerichtshof hat an diesen Spendenregelungen nie etwas gefunden, das auch nur irgendwie als verfassungswidrig zu beanstanden wäre. Diesbezüglich verstehen Sie auch § 1 Abs. 3 des Parteiengesetzes ganz klar falsch.

Wenn wir schon bei den Verfassungswidrigkeiten sind: Wissen Sie, meine lieben Damen und Herren von der ÖVP, was wirklich verfassungswidrig ist? – Das war Ihr ursprünglicher Vorschlag zur Frauenförderung, zur Klubförderung, so, wie Sie ihn beantragt haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Zur Frauenförderung muss man Folgendes sagen – ich darf noch einmal zusam­men­fassen –: Das Ziel ist ganz klar, es soll eine Verbesserung geben, es soll einen Anreiz


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für die Klubs geben, zukünftig dafür zu sorgen, dass ein Frauenanteil von zumindest 40 Prozent erreicht wird. Frau Kollegin Mühlwerth hat es schon richtig gesagt, wir stehen solchen Quotenregelungen immer skeptisch gegenüber. Dieses Ziel aber ist grundsätzlich in Ordnung. Es geht nur darum, mit welchen Mitteln man das Ziel ver­folgt. Derzeit ist im aktuell vorliegenden Gesetzesbeschluss des Nationalrates eine gute Regelung gefunden worden, indem man einfach ein Bonussystem vorsieht und sagt, ein Klub, der dieses Ziel erreicht, soll 3 Prozent mehr erhalten. Das ist eine maßvolle und verhältnismäßige Regelung, die ganz im Einklang mit dem steht, was bisher unter dem Titel der Frauenförderung als verfassungsmäßig befunden wurde.

Sie haben ursprünglich einen Vorschlag vorgelegt – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –: 40 Prozent Kürzung für Parteien, die diese Grenze nicht erreichen! Bis zu 40 Prozent Kürzung, das ist ein Malus, der diese Parteien ruinieren und im politischen Wettbewerb schwer diskriminieren würde. Da sagt der Verfas­sungsgerichtshof ganz klar: Auch Maßnahmen zur Frauenförderung müssen ihrerseits die Grenzen der sachlichen Rechtfertigung beachten, dürfen also insbesondere nicht unverhältnismäßige Mittel vorsehen. Genau deshalb war Ihr Vorschlag verfassungs­widrig, und genau deshalb stimmen wir diesem verfassungsmäßigen Vorschlag, wie er jetzt als Gesetzesbeschluss vorliegt, auch zu. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das wissen Sie ja gar nicht!)

13.30


Präsident Karl Bader: Bundesrätin Korinna Schumann ist als Nächste zu Wort ge­meldet. Ich erteile dieses.


13.30.42

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen auf der Galerie und zu Hause! Lassen Sie mich zuerst einmal ein paar Dinge richtigstellen, weil einem das wirklich unter den Nägeln brennt! Unsere Bundeskanzlerin heißt Bierlein. Sie haben zum wiederholten Male gesagt: unser Bundeskanzler Kurz. – Unsere derzeitige Bundeskanzlerin heißt Bierlein, und das sollten wir wirklich alle wissen. Sie führt die ExpertInnenregierung an. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie der BundesrätInnen Ernst-Dziedzic und Stögmüller.  Bundesrat Brunner: Mei!)

Ein zweiter Punkt, der ganz wesentlich ist: Man muss wirklich für den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und ‑prüferinnen in die Bresche springen, deren Tätigkeit jetzt so schlechtgemacht wird. Das haben sie wirklich nicht verdient. Sie leisten aus­ge­zeichnete Arbeit, und das muss betont werden; sie im Vergleich zum Rechnungshof schlechtzureden, das wollen wir auf keinen Fall. Das darf ja nicht wirklich wahr sein! (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

In Richtung ÖVP: Herr Nationalratsabgeordneter Nehammer hat gestern so treffend gesagt: Die Volkspartei ist die Vertreterin der Eigentümer. (Bundesrat Köck: Na und, was ist daran schlecht?) – Das fasst zusammen, wie das Handeln der Volkspartei zu sehen ist. Es ist mehr als dringend notwendig, da eine Umgewichtung vorzunehmen. Politik darf künftig nicht mehr von Großspendern gekauft werden können. Keine Politik des Wohlwollens, sondern ganz reale Politik für die Menschen – dafür stehen wir, und das ist für uns wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn gesagt wird, wir wollten die ÖVP schädigen, ruinieren, dann muss man sagen, das ist eine Wortwahl, die einen mehr als erstaunt. Das System der Parteienförderung, dieses gute demokratische System wird ganz einfach schlechtgeredet. Es gibt die Parteienförderung, auf die wir alle aufbauen. Wir sind uns alle einig, dass sie ein wesentlicher, tragender Faktor für die Demokratie ist, die natürlich auch Kosten ver-


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ursacht. Wir sind uns wohl auch alle einig, dass Großspenden nicht zu diesem System gehören, und auch das muss eindeutig gesagt werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Quote sagen – das wirklich von ganzem Herzen; sie war heute ein bisschen ein Nebenthema, obwohl ein Gesetz vorliegt, das dieses Thema beinhaltet –: 50 Prozent, mehr als 50 Prozent der Bevölkerung in Öster­reich sind Frauen, und es müsste eigentlich ganz selbstverständlich sein, dass weibliche Repräsentanten einen hohen Anteil im Parlament stellen, aber das ist nicht so. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Bei euch ist das nicht so! – Bundesrat Brunner: Da habt ihr ein Problem!) – Ja, im Bundesrat! Die ÖVP hat im Nationalrat einen Frauenanteil von 34,43 Prozent – na ja, da könnte man schon auch noch etwas tun! Im Bundesrat sind es 50 Prozent – wunderbar, keine Frage! (Beifall bei der ÖVP) –, aber im Nationalrat könnte man schon noch etwas tun. Und das ist es ja, was dieses Gesetz auszeichnet: dass die beiden Kammern des Parlaments getrennt betrachtet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz ehrlich gesagt: Im Nationalrat sind wir, ist die SPÖ mit 48 Prozent wirklich aus­gezeichnet unterwegs, im Bundesrat können wir noch etwas tun. Wenn ich mir die Zahlen bei der FPÖ anschaue, bei 51 Mandaten 12 Frauen im Nationalrat, dann muss ich sagen, das ist ein bisschen sehr dünn und man sollte da etwas tun. (Bundesrat Steiner: Fachlich höchst kompetente Frauen!) – Absolut! Es gibt aber noch viel mehr fachlich kompetente Frauen, die man gewinnen kann. (Bundesrat Bader: Gut die Hälfte!)

Die Quote wirkt, das ist unumstritten, und sie ist ein Werkzeug. Sie ist ein Hilfsmittel, das ganz wesentlich dazu beiträgt, Frauen Chancengleichheit zu ermöglichen. Natür­lich wäre es wunderbar, wenn wir das Werkzeug Quote nicht benötigen würden, son­dern Frauen ganz selbstverständlich in Funktionen kämen. Die aus vielen Bereichen vorliegenden Zahlen zeigen aber, dass wir die Quote leider noch nötig haben. (Vizepräsident Koller übernimmt den Vorsitz.)

Gerade die Frauenquote ist immer wieder in Diskussion. Andere Quoten, sei es der Anteil der Länder, der Berufsgruppen oder der Altersgruppen, sind niemals in Diskus­sion. In Diskussion ist immer nur die Frauenquote, und das ist mehr als bedauerlich, denn das wird stets verbunden mit Fragen der Qualifikation, und das sollte auf keinen Fall so sein.

Es zeigt sich auch in den Äußerungen der letzten Frauenministerin in der „Pres­sestunde“ im Jänner, dass sie sich mit der Quote mehr als schwergetan hat. Sie hat zwar zugegeben, dass die Quote wirkt, aber gleichzeitig hat sie auch gesagt: Gegen starre Quoten bin ich schon! (Bundesrätin Zwazl: Ja! – Bundesrat Brunner: Na und?) Sie betont also gleichzeitig, dass sie gegen starre Quoten ist. Was wollen wir denn jetzt? Das ist unentschlossene Politik, die gerade für Frauen ganz schwierig ist. Wir müssen zur Quote stehen, weil sie einfach das adäquate Hilfsmittel ist, um Frauen in Funktionen zu bringen. (Ruf bei der FPÖ: Nein, nein!)

Ministerin Köstinger sagte in einem Interview, sie möchte mehr Partnerschaft als Frauenquote. – Na, das ist auch eine erstaunliche Variante, wenn man die Realität von Frauen vor allen Dingen in der Politik anschaut. (Bundesrat Brunner: 50 zu 50!) Die Lage in der Politik ist so, hat sie gesagt: Wenn man sich Volkspartei nennt, kann man nicht auf 50 Prozent der Bevölkerung verzichten, einen Zugang wird man aber nicht mit sturen Prozentsätzen und einer Sprachpolizei erreichen. (Bundesrat Steiner: Richtig! – Bundesrätin Mühlwerth: So ist es!) Es hat einen Antrag der ÖVP betreffend Malus­system gegeben – und jetzt Sie gehen bei dieser Regelung nicht mit. Das ist mehr als


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bedauerlich, und ich finde es äußerst bedauerlich, dass sich die ÖVP-Frauen da nicht durchsetzen konnten. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Nein!)

Die allgemeine Botschaft lautet: Nur ja nicht an die Quote anstreifen, da könnte man sich unbeliebt machen! (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Wir wollen mehr!) Wir möchten nur ja nicht als Quotenfrauen gesehen werden! – Und gerade das ist nicht richtig. Die Quote ist nun einmal das Mittel, um Frauen in Funktionen zu bringen, und wir Frauen sollten alles dafür tun, dass man den Begriff Quotenfrau nicht als Schimpf­wort verwendet. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Sozialdemokratische Partei steht zur Quotenregelung, und das Durchsetzen der Quoten ist nicht immer leicht – na, das wissen wir schon – und schon gar nicht konflikt­frei. Wenn jemand einen Platz einnimmt, kann jemand anderer den Platz nicht bekom­men; das liegt in der Natur der Sache.

Die Quotenregelung braucht, um wirklich wirksam zu sein, noch einen weiteren Schritt, sie braucht Konsequenzen, wenn man die Regelung nicht einhält; und mit diesem Gesetz kommen diese. Die Summe der Fördermittel eines Klubs wird um 3 Prozent erhöht, wenn der Anteil der Frauen über der 40-Prozent-Grenze liegt, und zwar wie gesagt bei getrennter Betrachtung des Bundesrates und des Nationalrates. Das ist ein ganz wichtiger politischer Schritt für die Frauen in Österreich.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gilt: Der Frauenanteil im Parla­ment muss dringend erhöht werden, und es ist Zeit, dass endlich wieder Politik für die Frauen gemacht wird. Im freien Spiel der Kräfte sind auf unsere Initiative hin wichtige Beschlüsse zur Verbesserung der Lebenssituation von Frauen gefasst worden: Die gesetzliche Anrechnung der Karenzzeiten wurde endlich umgesetzt; der Papamonat für alle Väter wurde endlich umgesetzt. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na ja, wir müssen es schon auch noch beschließen!) Wir werden das in der nächsten Bundes­ratssitzung behandeln.

Es ist noch viel zu tun, um Chancengleichheit und Gleichberechtigung zu erreichen. Die SPÖ wird da nicht nachlassen. Es darf nicht mehr so sein, wie es unter der letzten Regierung war, dass die Lebenssituation von Frauen einfach vergessen und ignoriert wird. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Brunner: Nein, das gibt es ja nicht! – Bun­desrat Steiner: Die lebt ja in einer Parallelwelt!)

Frauen haben das Recht auf Lebens- und Arbeitsbedingungen, die ihnen ein gutes Leben garantieren. (Bundesrat Steiner: Die lebt in einer sozialistischen Blase!) Frauen dürfen keine Sorgen haben, Sorgen, wie sie ihre Kinder betreuen sollen, Sorgen, welche Chancen ihre Kinder in Zukunft haben, und Frauen haben ein Recht darauf, unabhängig und selbstbestimmt zu leben.

Mehr Frauen ins Parlament! Es ist höchste Zeit, und dieses Gesetz ist ein wichtiges Signal an die Frauen in Österreich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.39


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile dieses.


13.39.45

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Außenminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Die heutige Diskussion zu diesem Pro-Ibiza-Gesetz ist schon sehr erhellend, muss ich sagen. (Bundesrätin Mühlwerth: Du willst wohl ein Prowahlkampf­kosten­über­schreitungsgesetz!) Jetzt ist eine Quotendiskussion draus geworden. Ich weiß nicht, ob


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die Zustände in Wien wirklich so grausam sind, Frau Kollegin Schumann, aber bei uns ist das nicht so. Bei uns geht es den Frauen sehr gut.

Ich habe vor Kurzem an einer internationalen Diskussion zum Thema Frauen in der Politik teilgenommen und habe dort unser System – 50 Prozent Frauen im Bundesrat, 50 Prozent Frauen in der Regierung – erklärt. Jede Liste, die bei uns erstellt wird, muss die Reihenfolge Frau, Mann, Frau, Mann oder umgekehrt Mann, Frau, Mann, Frau aufweisen. Das gibt es sonst nirgends. Es wurde bestaunt, dass so etwas überhaupt irgendwo möglich ist, und nicht einmal bei euch (in Richtung SPÖ) gibt es das. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Wenn das mit dem Eigentum für Sie ein Problem ist: Wissen Sie, wir sind gegen Marxismus – der ist ja im Norden und im Osten auch gescheitert –; wir sind wirklich für Eigentum, und wir sind auch stolz drauf, dass wir für Eigentum sind, und das tragen wir auch vor uns her. Das möchten wir hier schon klarstellen.

An die Kollegen in der Mitte: Es hat sich gezeigt, ihr macht gemeinsam mit der SPÖ ein Gesetz und Frau Grossmann haut hin auf euch. Das ist der Vorgeschmack auf eine gemeinsame Regierung mit denen, so geht es dann halt. (Bundesrat Samt: Und du haust hin auf deine Koalitionspartner!) Wir haben das seinerzeit auch gesehen. (Bun­desrat Samt: Und was machst du anderes?)

Bei diesem Pro-Ibiza-Gesetz macht die FPÖ gemeinsame Sache mit den ehemaligen Grünen. Die Rechten und die Linken scheuen einander normalerweise wie der Teufel das Weihwasser. Da ist jegliche Vernunft abhandengekommen, da geht es ja nur mehr um parteipolitisches Kalkül, da geht es ja gar nicht mehr um die Sache. Das könnt ihr uns doch nicht erklären. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Samt: Das nimmt dir ja keiner ab! – Bundesrat Steiner: Die ÖVP macht in Vorarlberg mit den Grünen eine Koalition, die ÖVP macht in Tirol mit den Grünen eine Koalition, die ÖVP macht in Salzburg mit den Grünen eine Koalition, und uns wollt ihr sagen, wir gehen nach links!)

Wir müssen jetzt einmal schauen, warum wir diese Diskussion haben, warum es diese Diskussion zur Parteienförderung gibt. Dafür gibt es nur einen Grund, nämlich dieses Video aus Ibiza, in dem die damaligen Nummern eins und zwei der FPÖ einer Russin erklärt haben, wie man möglichst viel Geld am Rechnungshof vorbei in die Parteikasse bringt. (Bundesrätin Mühlwerth: Die haben nur davon geredet, aber andere haben es getan!) Strache hat gesagt: Joschi, erklär ihr das, zack, zack, zack, und gehen wir es an! – Das war der Auslöser dieser Diskussion über die Parteienfinanzierung. Was ihr jetzt beschlossen habt, hat genau das legitimiert, was die dort gesagt haben. Genau das! Es ist ja schon angeklungen, und es ist ja auch in den Medien: Es gibt sehr viele Vereine, da sind immer die gleichen Leute von der FPÖ unter den Funktionären: Tschank, Landbauer.

Bei der SPÖ gibt es sehr viele Vereine. Es hat beispielsweise das Team A gegeben, da war der ehemalige Klubobmann im Bundesrat, Reinhard Todt, Obmann. Er hat Spenden gesammelt. Wofür er das Geld ausgegeben hat, wissen wir nicht, denn es wird ja nicht kontrolliert. Das sind die Dinge! Auch bei euren Vereinen weiß man es nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Samt.) Das ist das, was ihr mit diesem Gesetz legitimiert habt, was Heinz-Christian dem Joschi angeschafft hat, der Russin zu erklären. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Samt: Das glaubt ihr ja selber nicht, was du da dahererzählst!) – Ja, ja. Nein, es ist so! Ihr habt das damit beschlossen. Rech­nungshof raus – zack, Vereine gründen – zack, Geld überweisen – zack. Dreimal zack: zack, zack, zack. (Bundesrat Samt: Die haben nur geredet, und ihr macht das!) Das ist das Gesetz, das ihr damit beschlossen habt. (Beifall bei der ÖVP.)

Was das wiederholte Anprangern von größeren Spenden betrifft: Das Gesetz, das bis­her gegolten hat, das habt ihr von der SPÖ mitbeschlossen. Wir haben nicht gegen


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dieses Gesetz gehandelt, wir haben alles offengelegt, wir haben uns an dieses Gesetz gehalten und alles beim Rechnungshof offengelegt. (Bundesrat Steiner: Das stimmt so nicht!) Ihr habt dieses Gesetz mitbeschlossen! Wenn es jetzt ein anderes Gesetz gibt, dann werden wir uns auch an dieses Gesetz halten, weil wir kein Problem damit haben.

Wir wollen weniger Geld vom Staat, ihr wollt mehr Geld vom Staat. Wir wollen volle Kontrolle, ihr wollt keine Kontrolle. Wir haben keine Angst vor dem Wettbewerb, ihr habt Angst vor dem Wettbewerb. – Das ist alles, was da dahintersteht. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist es auch, was man den Leuten wird signalisieren müssen.

Wir werden mit dem neuen Parteiengesetz leben können, aber es ist ein schlechtes Gesetz, weil es die Ibizavorgänge prolongiert, weil es ein Pro-Ibiza-Gesetz ist. Wir haben andere Vorstellungen, und ich hoffe, dass wir bald wieder darüber reden kön­nen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.44


13.44.54Vizepräsident Hubert Koller, MA: Inzwischen ist Herr Bundesminister für Finanzen Dipl.-Kfm. Eduard Müller bei uns eingelangt. Herzlich willkommen im Bundesrat! (Allge­meiner Beifall.)

Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Frau Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 geändert wird, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag, Einspruch zu erheben, ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ausschussantrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs der wahlwerbenden Parteien im Nationalrat und im Bundesrat erleichtert wird, geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Zeichen mit der Hand. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

13.47.043. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ver-


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 45

trags­bedienstetengesetz 1948, das Heeresdisziplinargesetz 2014, das Poststruk­turgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz und das Bundes-Personal­ver­tretungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2019) (625 d.B. und 675 d.B. sowie 10189/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesverfas­sungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (676 d.B. sowie 10190/BR d.B.)


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu beiden Punkten ist Herr Bundesrat Robert Seeber. – Ich bitte um die Berichte. (Bundesrat Samt – in Richtung des zum Rednerpult eilenden Bundesrates Seeber –: Einsatz vergessen? – Bundesrat Seeber: Ja! – Bundesrat Krusche: Kaum sind sie nicht mehr in der Regierung, schon geht es schief!)


13.47.53

Berichterstatter Robert Seeber: Hohes Präsidium! Ich darf den Bericht des Aus­schusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Gehaltsgesetz und weitere Gesetze geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung am 4. Juli 2019 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundes­verfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung am 4. Juli 2019 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. Ich erteile dieses.


13.49.19

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrtes Präsidium! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer auf der Galerie und werte Zuseher vor den Bildschirmen! Wir kommen jetzt in etwas ruhigere Gewäs­ser. Das betrifft aber nicht den Berufsstand, den ich hier nun ansprechen werde.

Die vom Nationalrat einstimmig beschlossene 2. Dienstrechts-Novelle 2019, welche das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – das wurde schon gesagt, ich wiederhole es aber trotzdem –, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz aus dem Jahre 1948, das Heeresdisziplinargesetz aus dem Jahre 2014, das Poststrukturgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 46

betrifft, bringt eine wesentliche Verbesserung zum Vorteil aller Beteiligten. Diese Vor­teile möchte ich nun in aller Kürze paraphrasierend darstellen.

Gestatten Sie mir, zuvor die Ursprünge des Beamtentums darzulegen! Sie liegen am Beginn der Entwicklung des Staatswesens. In Ägypten, in Indien, in China und im Römischen Reich gab es bereits Beamte. Für ihre unbedingte Treue übernahm der Dienstherr im Gegenzug die Verpflichtung, sie lebenslang angemessen zu versorgen. Ein wesentliches Merkmal des modernen Beamtentums wurde damit wohl bereits im dritten Jahrtausend vor Christus entwickelt. Das Wort Beamtin/Beamter entstand aus einer verkürzten Substantivbildung zum Verb beamten, in ein Amt bestellen, und ist keltischen Ursprungs. Es hieß so viel wie Bote, Diener oder Herumgesandter; die Betonung liegt auf hieß.

Ohne die Beamten läuft im Rechtsstaat nichts. „Sie sind kein anachronistisches Relikt, sondern die fleischgewordene Garantie der verfassungsmäßig verbürgten Legalität.“ – Das ist ein Auszug aus einem vor einiger Zeit in der „Kleinen Zeitung“ erschienenen Beitrag über das Beamtentum in Österreich.

Die 2. Dienstrechts-Novelle 2019 beinhaltet folgende Ziele und Inhalte: Für Bundes­bedienstete wird es ab 2020 nur noch eine Disziplinarbehörde geben. Diese unab­hängige Einrichtung wird beim Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport angesiedelt sein und ihre Arbeit mit 1. Juli 2020 beginnen. Ihr sollen neben dem Leiter/der Leiterin zwölf hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in akade­mi­scher Verwendung sowie ein 13-köpfiges Unterstützungsteam angehören.

Ausgenommen aus der Zuständigkeit der zentralen Bundesdisziplinarbehörde werden Beamtinnen und Beamte der Parlamentsdirektion, des Rechnungshofes und der Volks­anwaltschaft sein. Für sie wird eine eigene Disziplinarkommission beim Parlament eingerichtet. Das ist aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere mit Blick auf das Prinzip der Gewaltenteilung geboten.

Es geht weiters um die Professionalisierung der Entscheidungsfindung durch den Ein­satz im Hauptberuf tätiger Vorsitzender in den Spruchkörpern, also in den Disziplinar­senaten, eine Verbesserung der Disziplinarentscheidungen und dadurch Erhöhung der Rechtssicherheit. Es geht auch um die Vereinheitlichung der Spruchpraxis in den Disziplinarverfahren, eine Erhöhung der Kostentransparenz im Disziplinarwesen und um Anpassungen im Personalvertretungsrecht des Bundes.

Weitere Ziele: Alle Bediensteten des Dienststandes, deren Vorrückungsstichtag bei der Anrechnung unter Ausschluss der vor dem 18. Geburtstag absolvierten Zeiten festge­setzt wurde, werden von Amts wegen nach einem einheitlichen Regelwerk neu einge­stuft, das nicht mehr an den 18. Geburtstag geknüpft ist. Der Europäische Gerichtshof hatte nämlich in der Vergangenheit die Nichtanrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Geburtstag als altersdiskriminierend verurteilt – Altersdiskriminierung unter 18 Jah­ren. Bedienstete im Ruhestand beziehungsweise ausgeschiedene Bedienstete können eine solche Neueinstufung unter Berücksichtigung der allgemeinen Verjäh­rungs­bestim­mungen beantragen. Bei bereits anhängigen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erfolgt die Neueinstufung im Rahmen dieser Verfahren. Dabei erhalten alle Bediens­teten, bei denen die Zeiten an einer höheren Schule anzurechnen sind, die Schulzeit einheitlich ab dem 1. September der 12. Schulstufe angerechnet. Damit wird die Dis­kriminierung beseitigt, die sich aus dem Umstand ergab, dass einzelnen Bediensteten ein Teil dieser Schulstufe bloß deshalb nicht angerechnet wurde, weil er vor dem 18. Geburtstag absolviert wurde, während er bei anderen Bediensteten nach dem 18. Geburtstag angerechnet wurde. Das ist eine verständliche Logik.

Zeiten als Lehrling beim Bund oder in einem Vertragsbedienstetenverhältnis werden unter Außerachtlassung der früheren Altersgrenze von 18 Jahren angerechnet. Übri-


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 47

gens: Mit oder ohne Matura werden Lehrlinge nach erfolgreicher Lehrabschlussprüfung zu bis zu 95 Prozent vom Bund in ein unbefristetes Dienstverhältnis übernommen. Eine Lehre beim Bund hat also Zukunft.

Zeiten, die nach der früher geltenden Rechtslage im öffentlichen Interesse nur bis zu einer Höchstgrenze angerechnet werden konnten, können nunmehr unbeschränkt an­ge­rechnet werden. Bedienstete, welche diese Grenzen zuvor ausgeschöpft haben, können eine neuerliche Prüfung beantragen. Die Anrechnung sonstiger Zeiten wird in Anpassung an den erweiterten Betrachtungszeitraum einheitlich neu geregelt werden. Es gibt also überall nur Vorteile. Im Rahmen der amtswegigen Neueinstufung erfolgen auch amtswegige Nachzahlungen, ohne dass es einer gesonderten individuellen Gel­tend­machung bedarf.

Mit der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 werden schließlich Vorkehrungen für die im Spätherbst stattfindenden Personalvertretungswahlen getroffen. So will man durch die Vorverlegung zahlreicher Fristen sicherstellen, dass per Briefwahl abgegebene Stimmen rechtzeitig bei den Wahlausschüssen einlangen.

Präsenz- und Zivildienstzeiten werden künftig wieder zur Gänze und nicht nur bis zu einem Ausmaß von sechs Monaten bei der Gehaltseinstufung berücksichtigt. Justiz­wachebeamtinnen und -beamten mit besonders belastender Tätigkeit wird der Zugang zur Schwerarbeitspension ermöglicht.

Die Sammelnovelle beinhaltet also auch Wertschätzung des Arbeitgebers, des Staates gegenüber seinen engagierten und wichtigen Mitarbeitern, die sehr oft mit abfälligen Bemerkungen und sogar Witzen bedacht werden, zum Beispiel: Gott hat in sieben Tagen die Welt erschaffen, weil er keine Beamten und keine Handwerker zur Seite hatte. Ich würde darauf verweisen – und der Herrgott möge mir das verzeihen –: Er hätte es mit Beamten und Handwerkern in sechs Tagen geschafft; allerdings hätten wir dann einen Tag weniger frei. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.57


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grimling. Ich erteile ihr dieses.


13.57.52

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Ich werde wahrscheinlich manches von dem, was mein Vorredner bereits gesagt hat, wieder­holen. In der 2. Dienstrechts-Novelle ist alles Mögliche drinnen, ich werde aber ver­suchen, es kurz und bündig zu machen.

Wie das schon mein Vorredner getan hat, möchte ich zunächst etwas vorausschicken: Als langjährige Personalvertreterin und Gewerkschafterin im Bundesdienst, im öffent­lichen Dienst bin ich mir voll bewusst, welche zusätzlichen Belastungen die 2. Dienst­rechts-Novelle, der Vollzug der entsprechenden Maßnahmen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Personalabteilungen der einzelnen Ressorts mit sich bringt. Sie werden keine Kolleginnen und Kollegen zur Unterstützung bekommen, um die Be­rechnungen mit dem neuen Stichtag zu bewältigen, das werden sie zusätzlich machen müssen, und daher gilt es, als Allererstes einen ganz herzlichen Dank für diesen zusätzlichen Einsatz und für diese Arbeit auszusprechen. Das wird sehr viel Zeit erfordern. Wir werden sicherlich ein EDV-Programm brauchen, um das für unsere Kolleginnen und Kollegen so schnell wie möglich durchführen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 48

Die Regelungen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Bundesdienstes erfordern oftmals – Sie haben es schon erwähnt – Anpassungen und Ergänzungen. Die nunmehr vorliegende 2. Dienstrechts-Novelle 2019 bringt daher wieder einige grundlegende Änderungen beziehungsweise Neuerungen in verschiedenen einschlägigen Bundes­gesetzen. Über die weitreichenden Änderungen im Bereich des Disziplinarrechts wurde schon gesprochen, aber auch mein Fraktionskollege wird ausführlich darüber berich­ten. Zur Vermeidung von Wiederholungen möchte ich daher nur die übrigen wichtigen Materien noch einmal hervorheben.

Besonders wichtig erscheint mir die Reparatur der bisherigen Regelungen betreffend die Anrechnung von Vordienstzeiten, die im Zuge der Besoldungsreform 2015 einen europarechtswidrigen Zustand bewirkten und den Betroffenen keine Möglichkeit ließen, die diskriminierenden Wirkungen der Modalitäten der Überleitung anzufechten. Nun­mehr werden durch das alte System diskriminierte Kolleginnen und Kollegen ent­schädigt, sodass niemand Verluste hinsichtlich der Lebensverdienstsumme erleidet.

Die neuen Bestimmungen sehen nun vor, bei allen Bundesbediensteten, deren Vor­rückungsstichtag bisher bei der Anrechnung unter Ausschluss der vor dem 18. Ge­burts­tag zurückgelegten Zeiten festgesetzt wurde, diese nachträglich zu berück­sich­tigen, wenn sie vor diesem Zeitpunkt liegen; das wurde schon erwähnt. Das betrifft etwa die Zeiten aller Lehrlinge beim Bund sowie Schulzeiten ab dem 1. September der 12. Schulstufe. Zeiten, die nach der früher geltenden Rechtslage im öffentlichen Inter­esse nur bis zu einer Höchstgrenze angerechnet werden konnten, sind nunmehr unbe­schränkt zu berücksichtigen. Zusätzlich werden künftig wieder alle Formen des Präsenz- und Zivildienstes im Ausmaß der tatsächlich zurückgelegten Zeiten angerechnet.

Eine Neufestsetzung des Bundesdienstalters erfolgt bei allen betroffenen Personen, die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 im Dienststand befinden, von Amts wegen. Für Personen, die nach dem 1. Mai 2016 in den Ruhestand getreten sind beziehungsweise den Bundesdienst verlassen haben, erfolgt das über Antrag; das wurde auch schon erwähnt. Ein Antragsrecht besteht auch für Personen, bei denen Zeiten im öffentlichen Interesse beziehungsweise berufseinschlägige Zeiten nur deshalb nicht als Vordienstzeiten angerechnet wurden, weil es Höchstgrenzen gab. Das gilt auch für Personen, die erst nach der Besoldungsreform 2015 in den Bun­desdienst aufgenommen wurden, wenn deren Präsenz- beziehungsweise Zivildienst nicht im tatsächlich geleisteten Ausmaß als Vordienstzeit berücksichtigt wurde. Soweit der Vergleichsstichtag günstiger ist als der frühere Vorrückungsstichtag, werden das Besoldungsdienstalter um den zwischen den beiden Stichtagen liegenden Zeitraum erhöht und allfällige Nachzahlungen ab 1. Mai 2016 geleistet.

Weitere Bestimmungen enthalten Anpassungen der Struktur verschiedener Fachaus­schüsse, auch das wurde schon erwähnt, sowie hinsichtlich des Mitwirkungsrechts der Dienststellenausschüsse und neuer Fristregelungen für die nächsten Personalver­tretungswahlen, die, glaube ich, am 27. und 28. November 2019 stattfinden werden.

Wichtig ist auch die Gleichstellung – das wurde auch schon erwähnt, und das ist, glaube ich, eine sehr wichtige Änderung – von Justizwachebeamten und ‑beamtinnen mit Sicherheitswachebeamtinnen und ‑beamten mit besonders belastender Tätigkeit betreffend die Regelungen zur Schwerarbeitspension.

Im Hinblick auf die inhaltliche Bedeutung und ihre im Wesentlichen sinnvollen Aus­wirkungen wird meine Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.04


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte sehr.



BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 49

14.04.27

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Regierungsmitglied! Sehr geehrte Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Das hier ist die bereits vierte Dienstrechtsnovelle unter freiheitlicher Federführung. Alle diese Reforminitiativen wurden jeweils mit großer Mehrheit oder auch einstimmig hier im Hohen Haus beschlossen. Unter der von Kurz leider gesprengten Regierung ist viel weitergegangen.

Leider wurde der öffentliche Dienst – unsere Beamten und unsere Vertragsbediens­teten – in den letzten 30 Jahren mit Ausnahme der letzten 17 Monate herunterge­wirt­schaftet; leider muss man das so bezeichnen. Gerade der öffentliche Dienst, meine Damen und Herren, ist der Garant für Stabilität und Sicherheit in unserem Land. Unsere öffentlich Bediensteten verdienen nicht nur unseren Respekt und unsere Wert­schätzung, sondern vielmehr auch moderne, bedarfsgerechte und auch faire Arbeits­bedingungen. Dazu hat sich die FPÖ immer bekannt und genau das haben wir Frei­heitliche in der Regierungsverantwortung auch gelebt. (Beifall bei der FPÖ.)

Nach Jahren des Stillstands unter vorangegangenen Regierungen wurden endlich wieder echte Reformschritte gesetzt, und die Aufbruchsstimmung war draußen in den Dienststellen deutlich spürbar. Die Inhalte der aktuellen Dienstrechtsnovelle sind rasch erklärt. Es wird eine gemeinsame Bundesdisziplinarbehörde eingeführt. Damit wird einerseits eine Empfehlung des Rechnungshofes umgesetzt, es wird nämlich durch die Auflösung von vielen einzelnen Disziplinarkommissionen weiter im System gespart. Andererseits wird es dadurch mehr Rechtssicherheit, aber natürlich auch mehr Gleichbehandlung für die Betroffenen in den Verfahren geben.

Nach zehn Jahren und mehreren negativen Urteilen des Europäischen Gerichtshofes zur Vordienstzeitenproblematik und den erfolglosen oder, besser ausgedrückt, sogar stümperhaften Sanierungsversuchen der rot-schwarzen Regierungen liegt endlich ein Entwurf vor, der die Altersdiskriminierung beseitigt und mit dem die diskriminierten Bediensteten auch einen finanziellen Ausgleich erhalten, so wie es auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vorgesehen hat.

Nun zu einem Thema, meine Damen und Herren, das mir ganz besonders am Herzen liegt und betreffend das ich mit Stolz sagen kann: Die FPÖ ist drangeblieben, und deshalb wird eine weitere Gleichstellung geschaffen. (Zwischenrufe der Bundes­rätin­nen Grimling und Schumann.) Es geht um die Schwerarbeitsregelung für Justiz­wache­beamte, die an die Polizeibeamten angeglichen werden. Diese Angleichung müsste angesichts der Arbeit in den Justizanstalten eine Selbstverständlichkeit sein.

Lassen Sie mich Ihnen eine kurze Geschichte erzählen: Stellen Sie sich vor, es ist Wochenende! Das Wetter ist schön, es gibt verkürzten Tagdienst, der Nachtdienst beginnt in irgendeiner kleineren Justizanstalt, einer spezialisierten Justizanstalt mit circa 50 Insassen, bereits um 13 Uhr. Zu dieser Zeit sind nur mehr drei Kollegen im Dienst; das ist so vorgesehen. Eine Krankenschwester ist auch anwesend, weil auch das so vorgesehen ist, und sie bereitet die Medikation für die Abendrunde und auch für den nächsten Tag vor.

Es muss noch Bewegung im Freien für die Hausarbeiter geben. Da das Wetter herrlich ist, gehen relativ viele Insassen in den Spazierhof, und aufgrund der Insassenanzahl müssen mindestens zwei Beamte bei der Bewegung im Freien die Überwachung übernehmen. Das heißt für Sie: Sie befinden sich nun alleine im Wachzimmer – mit den Kameras, mit der Haftraumüberwachungsanlage, der Funkstation und so weiter. Es ist ziemlich warm im Gebäude; Klimaanlage – natürlich Fehlanzeige. Wirklich Glück im Unglück: Der Inspektionsdienst in Person einer Offizierin ist gerade anwesend, um


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die Justizanstalt im Nachtdienst zu inspizieren, und sie wird als vierte Beamtin mit aushelfen können bei dem, was gleich passiert.

Ein schriller Ton bei der Überwachungsanlage, ein Haftraum leuchtet rot auf. Sie wis­sen, das ist kein normaler Ruf, sondern der Notruf, der da gedrückt wurde. Ein schwer verständlicher und aufgeregter Insasse berichtet, dass ein Mitinsasse zusammen­ge­brochen sei und Blut aus seinem Mund ströme. Sie müssen sofort reagieren. Sie betätigen den Hausalarm, die Kollegen im Spazierhof werden somit informiert und wissen: Aha, irgendetwas ist passiert, es ist Feuer am Dach! Sie müssen aus Sicher­heitsgründen umgehend mit den anderen Insassen einrücken, weil diese natürlich nicht alleine im Spazierhof bleiben dürfen. Ebenso kommt die Krankenschwester aufs Wach­zimmer gelaufen.

Gleichzeitig müssen Sie so rasch als möglich hinauf in den oberen Stock, in die Abteilung, ins Gesperre, wo ein Insasse höchstwahrscheinlich – wenn man den An­gaben des Mitinsassen glauben kann – gerade um sein Leben kämpft. Sie dürfen aber im Nachtdienst keinen Haftraum alleine aufsperren. Sie laufen mit der Schwester hinauf, öffnen den Haftraum trotzdem, was nicht ganz legal ist; Sie müssen aber, es könnte um Leben und Tod gehen. Die Offizierin, die zufällig anwesend ist, koordiniert inzwischen das bereits über Funk angeordnete Einrücken und besetzt das Wach­zimmer, welches auch nie unbesetzt sein sollte. Die Kollegen rücken alleine mit den Insassen vom Spazierhof ein, was auch nicht ganz legal ist, aber es geht ja nicht anders, es geht ja vielleicht um Leben und Tod. Man tauscht die Schusswaffen gegen die Haftraumschlüssel und verbringt die Insassen in ihre Abteilung.

Sie stehen inzwischen in der offenen Haftraumtür und sehen zwei Insassen: der eine, so halb rechts zwei Meter vor Ihnen, ganz aufgelöst und irritiert; und der Zweite, der vor Ihnen am Boden in einer wirklich bereits sehr großen Blutlache liegt und weiter Blut aus seinem Mund spuckt. Geistesgegenwärtig drücken Sie noch einmal die Haft­raumsprechanlage und sagen der Offizierin: Wir brauchen einen Notarzt! Dieser wird alarmiert. Sie schnappen sich den zweiten Insassen, bringen diesen in einen anderen Haftraum, damit er einmal außen vor ist, und beginnen mit der Schwester Erste-Hilfe-Maßnahmen einzuleiten, soweit das in diesem Fall überhaupt noch möglich ist. Nach unsagbar lang erscheinenden 12 Minuten, vielleicht waren es auch 13, ist bereits der Notarzt da, welcher von einem der beiden anderen Kollegen am Einfahrtstor durchge­wunken wird.

Der Insasse hatte einen Tumor auf der Lunge, das war bekannt, und der Tumor ist durchgebrochen, weshalb er fast sein ganzes Blut über den Mund im Haftraum verlor. Der Insasse ist verstorben, eine Wiederbelebung war unmöglich.

Meine Damen und Herren, nach so einem Geschehnis haben Sie viel Schreibarbeit. Die Polizei kommt ins Haus, um festzustellen, dass ein Fremdverschulden auszu­schließen ist. Die Staatsanwaltschaft wird informiert, damit der Leichnam freigegeben werden kann; es kommt vielleicht auch noch der geistliche Dienst. Und erst wenn die Freigabe durch die StA und die Feststellung des Todes durch den Amtsarzt stattge­funden hat, wird – wenn Sie Glück haben, hat an diesem Tag noch ein Bestattungs­unternehmen Zeit; es ist ja Wochenende – an diesem Abend der Leichnam des Insassen abgeholt – und Sie haben dann noch bis zum nächsten Tag um 7 Uhr Dienst, hoffentlich ohne weitere Vorfälle.

Das ist nur eine Geschichte aus dem sogenannten Häfenalltag, meine Damen und Herren; davon erfahren Sie in den Medien nichts. Ein anderes Mal wird ein Insasse im Nachtdienst ausgeführt, weil er extrem starke Schmerzen hat – akut, deshalb in der Anstalt nicht zu behandeln. Die Beamten fahren ihn in ein Krankenhaus und kaum im Krankenhaus angekommen, attackiert sie der Insasse, versucht, sie zu überwältigen


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und ihnen die Waffe zu entreißen und, und, und. Es gibt unzählige dieser Geschichten. Die Justizwachebeamten sind mittlerweile fast täglich Übergriffen ausgesetzt. Vor wenigen Stunden gab es in der Justizanstalt Garsten – ich weiß nicht, wer von Ihnen es mitbekommen hat, wahrscheinlich die wenigsten – eine Bombendrohung. Trakte mussten geräumt werden. Was glauben Sie, was das bedeutet, wenn man Trakte mit wirklich schweren Jungs wegen einer Bombendrohung räumen muss?

Seit ich den Beruf des Justizwachebeamten nicht mehr ausübe, meine Damen und Herren, und auch den entsprechenden Abstand dazu habe, ist mein Respekt vor meinen Kollegen für das, was sie tagtäglich für unser aller Sicherheit leisten, noch größer. (Beifall bei der FPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ.) Darum freut es mich ganz besonders, dass heute auch SPÖ und ÖVP bei unserem Antrag, die Justizwache in die Schwerarbeitsregelung mitaufzunehmen, mitgehen. Es war nämlich unser Nationalrat Christian Lausch, der diesen Antrag bereits im Jahr 2014 fast ident eingebracht hat; damals wurde aber unter Rot-Schwarz leider noch abgelehnt. Nur ein Schelm, der Böses denkt, könnte jetzt mutmaßen, dass das vielleicht irgendetwas mit den vorhin erwähnten Personalvertretungswahlen im Herbst zu tun hat; aber sei es wie es sei, meine Damen und Herren, wichtig ist im Endeffekt die Umsetzung.

Diese Dienstrechtsnovelle ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Es wären viele weitere Reformen gefolgt, denn diese waren bereits in Ausarbeitung. Leider hat es da jemanden gegeben, Bob den Baumeister – nein, Bob der Baumeister war es nicht, wie komme ich auf ihn?; ah ja, der kriegt auch immer Fanpost von Sechs­jährigen –, nein, es war Basti der Sprengmeister, der diese Regierung vorzeitig ge­sprengt hat. (Heiterkeit bei FPÖ und SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Die FPÖ hat von Verwaltungsreformen nicht nur geredet, sondern wir haben sie in der Regierungsverantwortung zum Leben erweckt und umgesetzt und dabei im Interesse der Bürger und aller Bediensteten des öffentlichen Dienstes gehandelt. (Beifall bei der FPÖ.)

14.15


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Klara Neurauter zu Wort. Ich erteile es ihr. – Bitte.


14.15.56

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hochgeschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zu­schauer! Wir haben dem interessanten historischen Abriss unseres Kollegen Schwindsackl schon entnommen, dass seit der Urgeschichte Beamte notwendig waren und im Rah­men ihrer Tätigkeit immer schätzenswerte Arbeit geleistet haben. Ich möchte gleich zu Beginn meines Redebeitrags den heutigen Beamtinnen und Beamten für ihre loyale, pflichtbewusste, korrekte Diensterfüllung danken. (Allgemeiner Beifall.)

Wir sehen die Wertschätzung für unsere Beamten auch daran, dass für die Über­gangszeit bis zur Neuwahl hohe Beamte als Minister ins Amt berufen worden sind.

Ich danke also dem Nationalrat dafür, dass diese Dienstrechtsnovelle beschlossen werden konnte, die Gesetzesvorhaben verschiedene Initiativen beinhalten, deren Be­schlussfassung insgesamt positiv ist. Ich möchte nicht mehr die Einzelheiten wieder­holen, die schon genannt worden sind. Es ist positiv, dass es nur mehr eine zentrale Disziplinarbehörde geben wird; das ist auch dem geschuldet, dass es eben weniger Verfahren gibt und die Disziplinarkommissionen aufgrund der Verringerung der Anzahl der Beamten schwerer zu besetzen sind.

Es wird aber auch in Zukunft so sein, dass die Entscheidungen in Disziplinarsenaten getroffen werden, die mit Dienstgeber- und Dienstnehmervertretungen besetzt sind. So


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 52

wird auch bei komplexen Dienstrechtsverfahren eine Professionalisierung und eine einheitliche Spruchpraxis eintreten. Auch der Rechnungshof hat schon vor einiger Zeit die Konzentrierung der Disziplinarverfahren an einer Stelle empfohlen.

Die Dienstrechtsnovelle regelt auch die Art der Anrechnung der Vordienstzeiten. Die bisherigen Lösungsversuche waren alle nicht sehr heilsam, sind fehlgeschlagen, nun scheint aber eine eindeutige, unangreifbare, positive Erledigung gefunden. Mir ist vor allem wichtig, dass die Präsenz- und Zivildienstzeiten zukünftig wieder zur Gänze berücksichtigt werden können.

Ich möchte auch meinem Vorredner recht geben: Der Zugang zur Schwerarbeits­pension für Justizwachebeamtinnen und -beamte mit besonderen Belastungen ist sehr positiv. Wir alle, glaube ich, wissen, dass es aufgrund der Überbelegung in einzelnen Anstalten, aufgrund der Personalknappheit in verschiedenen Anstalten und vor allem aufgrund der schwierigen Insassen mit höherem Gefährdungspotenzial wirklich zu schwierigen Situationen kommen kann. Wenn man jahrzehntelang in diesem Umfeld beruflich tätig ist, geht sicher vieles an die Substanz, sodass dieser Zugang ohne Frage gerechtfertigt ist.

Insgesamt ist also diese Novelle für mehrere Bereiche im Personalwesen positiv und hilfreich, weshalb von uns auch kein Einwand gegen den Beschluss des Nationalrates erhoben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

14.19


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wolfgang Beer. Ich erteile dieses.


14.20.03

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich möchte eigentlich nur mehr auf die Disziplinarbehörden Bezug nehmen, weil es da doch einige Änderungen gegeben hat – das andere wurde ja schon mehr als aus­reichend erläutert –, und auch die Gründe dafür, dass eine Veränderung notwendig wurde, darlegen.

Es gibt im Disziplinarwesen eine Professionalisierung, die aufgrund der Tätigkeiten in den Ministerien notwendig ist, weil von den Beamtinnen und Beamten ganz einfach immer mehr verlangt wird und man sich spezialisieren muss. Es gibt auch zu wenige Beamtinnen und Beamte in den Ressorts – man hat nicht mehr nachbesetzt, hat die Beamtenschaft ausgedünnt, hat ganz einfach nicht mehr pragmatisiert und Personal eingespart. (Bundesrätin Mühlwerth: Aber nicht erst gestern! – Bundesrätin Ecker: Ja, genau!) – Es ist ein langer Zeitraum. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, dass es gestern war. (Bundesrätin Mühlwerth: Ich sage ja: Nicht erst gestern!) – Ja. Es waren viele daran beteiligt, und man sieht die Auswirkungen dieser Überlastung und Über­forderung, die es nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern auch im Beamtenwesen gibt, auch an den Krankenständen der Beamtinnen und Beamten.

Zu den Disziplinarbehörden, beziehungsweise eigentlich muss man -behörde sagen: Sie ist im Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport angesiedelt. Es wird zwölf Senatsvorsitzende geben. Die Disziplinarsenate bestehen aus drei Mitgliedern. Vorsitzender oder Vorsitzende ist ganz einfach ein Rechtskundiger oder eine Rechts­kundige, und das ist eine Tätigkeit, die hauptberuflich und unbefristet wahr­genommen wird. Es gibt je ein Mitglied von Dienstgeber- und Dienstnehmerseite, was auch sehr zu begrüßen ist, weil die Verfahren sich dadurch ganz einfach anders ge­stalten können.


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 53

Eine Einschränkung gibt es noch betreffend Senatsvorsitz: Im  Bundesministerium für Inneres, im Bundesministerium für Landesverteidigung und im Bundesministerium für Finanzen muss der Senatsvorsitzende ressortspezifisch gebildet sein.

Eine weitere Änderung ist, dass Mitglieder der Senate jetzt auch Vertragsbedienstete sein können; früher war das den Beamten vorbehalten. Zum Bundesministerium für Landesverteidigung ist noch anzumerken, dass Heeresdisziplinarverfahren bestehen bleiben. Änderungen betreffen lediglich die Verfahren der Kommission, und das Kommandantenverfahren wird beibehalten. Das haben wir auch im Ausschuss gehört.

Es wurden aber auch die Disziplinarbußen und -strafen erhöht. Künftig kann eine Geldbuße bis zu einer Höhe von einem Monatsbezug verhängt und eine Geldstrafe bis zu einer Höhe von fünf Monatsbezügen ausgesprochen werden. Der Nachteil für die Bediensteten ist, dass das höhere Strafausmaß auch im abgekürzten Verfahren fest­gesetzt werden kann, der Vorteil ist, dass man nicht alles sofort in eine Disziplinar­anzeige umwandeln muss.

Von diesen Änderungen nicht betroffen sind die BeamtInnen des Rechnungshofes, der Volksanwaltschaft und der Parlamentsdirektion. Für diese wird eine eigene Diszi­plinarkommission, die bei der Parlamentsdirektion angesiedelt sein wird, entstehen, weil es um ganz spezifische Dinge geht.

Ich glaube, da waren einige interessante Dinge dabei, und das zeigt, dass auch ein Gesetz immer wieder an die Gegebenheiten und die Herausforderungen der neuen Zeit angepasst werden muss. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25

14.25.20


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung; diese erfolgt getrennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend 2. Dienstrechts-Novelle 2019.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2019 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

14.26.34Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesord­nungspunkte 1 bis 4 zu verlesen, damit dieses mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr das Amtliche Protokoll.

Tagesordnungspunkte 1 und 2:


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 54

„Die Bundesräte Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TO-Punkt 1 einen begründeten Einspruchsantrag (Beilage 1/1) ein, der gemäß § 43 Abs. 4 GO-BR in seinen Kernpunkten von der Antragstellerin erläutert wird.

Die Bundesräte David Stögmüller und Kollegin bringen zu TO-Punkt 1 den Ent­schließungsantrag Beilage 1/2 EA ein. Der Entschließungsantrag ist nicht ausreichend unterstützt. Der Präsident stellt die Unterstützungsfrage. Der Entschließungsantrag wird nicht ausreichend unterstützt und steht demnach nicht mit in Verhandlung.

Abstimmungen:

TO-Punkt 1: Der Antrag der Bundesräte Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen, mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben (Beilage 1/1), wird abgelehnt.

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

TO-Punkt 2:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stim­menmehrheit). [...]

TO-Punkt 3:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stim­meneinhelligkeit).

TO-Punkt 4:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stim­meneinhelligkeit).“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt des Amtlichen Proto­kolls? – Das ist nicht der Fall.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1 bis 4 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

14.28.52Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag von Bundesrat David Stögmüller und Kollegin gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung, dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den Entschließungs­antrag 220/A(E)-BR/2016 betreffend „bestmögliche Umsetzung der Kinderrechte“ eine Frist bis 11. Juli 2019 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 55

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag von Bundesrat David Stögmüller und Kollegin gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Kinderrechteausschuss zur Berichterstattung über den  Entschließungsantrag 249/A(E)-BR/2018 betreffend „Weiter­führung der Jugendhilfe nach Erreichung der Volljährigkeit“ eine Frist bis 11. Juli 2019 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag von Bundesrat David Stögmüller und Kollegin gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 238/A-BR/2017 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeit und Beruf der Sanitäter (Sanitäter­gesetz), zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 8/2016, geändert wird, eine Frist bis 11. Juli 2019 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

14.30.51Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung eine Anfrage mit der Nummer 3666/J-BR/2019 eingebracht wurde.

Eingelangt sind der Entschließungsantrag 261/A(E)-BR/2019 der Bundesräte David Stögmüller, Gerhard Leitner, Kolleginnen und Kollegen, der dem Umweltausschuss zugewiesen wird, sowie

der  Entschließungsantrag 262/A(E)-BR/2019 der Bundesräte David Stögmüller, Doris Hahn, Kolleginnen und Kollegen, der dem Ausschuss für Verkehr zugewiesen wird, beziehungsweise

der Entschließungsantrag 263/A(E)-BR/2019 der Bundesräte David Stögmüller, Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen, der dem Ausschuss für Verkehr zuge­wiesen wird, beziehungsweise

der Entschließungsantrag 264/A(E)-BR/2019 der Bundesräte Elisabeth Grossmann, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen, der dem Justizausschuss zugewiesen wird,

der Entschließungsantrag 265/A(E)-BR/2019 der Bundesräte David Stögmüller, Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen, der dem Umweltausschuss zugewiesen wird, und

der Entschließungsantrag 266/A(E)-BR/2019 der Bundesräte Dominik Reisinger, Kolle­ginnen und Kollegen, der dem Ausschuss für Verkehr zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 11. Juli 2019, 9 Uhr, in Aussicht genommen.


BundesratStenographisches Protokoll895. Sitzung, 895. Sitzung des Bundesrates am 4. Juli 2019 / Seite 56

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 9. Juli 2019, 14 Uhr, vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

14.32.53Schluss der Sitzung: 14.32 Uhr

 

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