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Plenarsitzung
des Bundesrates


Stenographisches Protokoll

 

933. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Dienstag, 23. November 2021

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

933. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Dienstag, 23. November 2021

Dauer der Sitzung

                                               Dienstag, 23. November 2021: 12.16 – 12.18 Uhr

                                                                                                             15.17 – 21.47 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl von Ausschüssen

*****

Inhalt

Bundesrat

Unterbrechung der Sitzung .....................................................................................         5

Angelobung des Bundesrates Markus Steinmaurer ............................................         6

Stellungnahme des Bundesrates Josef Ofner zu dem ihm erteilten Ordnungsruf        41

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsident Dr. Peter Raggl .........................................................    106

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................    107

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................         6

Ordnungsrufe ...........................................................................................  40, 43, 67

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ...........    103

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ......................................................................      99

Ausschüsse


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 2

Zuweisungen ...............................................................................................  99, 107

1. Punkt: Wahl von Ausschüssen ............................................................................    105

Dringliche Anfragen

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend „Corona-Totalversagen der Bundesregierung“ (3953/J-BR/2021)             6

der BundesrätInnen Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Corona-To­talversagen der Bundesregierung“ (3954/J-BR/2021) .............................................         6

Begründung: Korinna Schumann ...........................................................................         6

Begründung: Ingo Appé ...........................................................................................      11

Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. .........................................      16

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................      21

Gemeinsame Debatte gemäß § 61 Abs. 6 GO-BR:

Günter Kovacs ........................................................................................................      27

Mag. Christian Buchmann .....................................................................................      31

Josef Ofner ..............................................................................................................      36

Marco Schreuder ....................................................................................................      41

Christoph Steiner (tatsächliche Berichtigungen) ........................................  43, 75

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................      43

David Egger .............................................................................................................      46

Dr. Karlheinz Kornhäusl .........................................................................................      51

Markus Leinfellner ..................................................................................................      54

Claudia Hauschildt-Buschberger ..........................................................................      59

Doris Hahn, MEd MA ..............................................................................................      60

Sonja Zwazl .............................................................................................................      65

Marlies Steiner-Wieser ...........................................................................................      67

Günther Novak ........................................................................................................      71

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................      75

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................      78

Dominik Reisinger ..................................................................................................      83

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................      85

Andrea Kahofer .......................................................................................................      87

Christoph Steiner ....................................................................................................      89

Stefan Schennach ...................................................................................................      94

Michael Bernard ......................................................................................................      97

Karl Bader ................................................................................................................      97

Ingo Appé ................................................................................................................      98

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „soziale Krise verhindern, Teuerung bekämpfen“ – Ableh­nung ...............................................................................................................  31, 98

Eingebracht wurden

Antrag der BundesrätInnen


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 3

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Ausnahmere­gelung für Nikolaus- und Krampusbesuche bei Verlängerung des allgemeinen Lock­downs, sowie auch bei der Weiterführung des speziellen Lockdowns für Ungeimpfte (315/A(E)-BR/2021)

Anfragen der BundesrätInnen

Doris Hahn, MEd MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Schließung der Postfiliale in Sieghartskir­chen (Bezirk Tulln an der Donau) (3939/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen“ (351/E-BR/2021) (3940/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend dem aktuellen Stand zur Ent­schließung „eine Kastrationspflicht für alle Katzen, die mit freiem Zugang zur Natur ge­halten werden (,Freigängerkatzen‘)“ (349/E-BR/2021) (3941/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „Ausstattung von Gebäuden der Polizei mit Photovoltaik-Anlagen“ (352/E-BR/2021) (3942/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „weitere Entlastungen für Mieterinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Krise“ (338/E-BR/2021) (3943/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung betreffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „Berufs­schulen nicht vergessen“ (335/E-BR/2021) (3944/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „keine Abwälzung der EU-Plastikabgabe auf SteuerzahlerInnen statt Plastikhersteller“ (330/E-BR/2020) (3945/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milie, Jugend und Integration betreffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „Sofort­hilfepaket für Alleinerzieherinnen“ (333/E-BR/2021) (3946/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend dem aktuellen Stand zur Ent­schließung „Ärztemangel bekämpfen“ (347/E-BR/2021) (3947/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milie, Jugend und Integration betreffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „umge­hende Umsetzung eines Zukunftspaketes für Kinder und Jugendliche“ (334/E-BR/2021) (3948/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend dem aktuellen Stand zur Entschließung „Erhöhung der Leistungen aus der Arbeitslosenversi­cherung“ (336/E-BR/2021) (3949/J-BR/2021)


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Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umset­zung der Entschließung 345/E-BR/2021 (3950/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umset­zung der Entschließung 346/E-BR/2021 (3951/J-BR/2021)

Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Vorgänge in der Landesabteilung 13 – Umwelt und Raumordnung des Landes Steiermark (3952/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Coro­na-Totalversagen der Bundesregierung (3953/J-BR/2021)

Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Totalversagen der Bundesregierung (3954/J-BR/2021)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gültigkeit und Speicherdauer von Daten des Grünen Passes (3955/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Coro­na-Totalversagen der Bundesregierung – Folgeanfrage (3956/J-BR/2021)

Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Totalversagen der Bundesregie­rung – Folgeanfrage (3957/J-BR/2021)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Stromtankstellen für die wachsende E-Mobilität in Österreich (3618/AB-BR/2021 zu 3906/J-BR/2021)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Maßnahmen zur Erhaltung von Eisenbahnstecken (3619/AB-BR/2021 zu 3908/J-BR/2021)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen Horst Schach­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eingliederung der GKB in die ÖBB? (3620/AB-BR/2021 zu 3911/J-BR/2021)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend Investitionsprämie als Anstoß für Neu­investitionen (Folgeanfrage) (3621/AB-BR/2021 zu 3909/J-BR/2021)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen Korinna Schu­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederaufbauplan für Österreich – Mittel aus dem Resilienzfonds (3622/AB-BR/2021 zu 3907/J-BR/2021)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Investitions­prämie als Anstoß für Neuinvestitionen (Folgeanfrage) (3623/AB-BR/2021 zu 3910/J-BR/2021)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Elisabeth Grossmann, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Eingliederung der GKB in die ÖBB? (3624/AB-BR/2021 zu 3912/J-BR/2021)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der BundesrätInnen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Zukunft der Graz-Köflacher-Bahn (3625/AB-BR/2021 zu 3913/J-BR/2021)


 


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12.16.04Beginn der Sitzung: 12.16 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Peter Raggl, Vizepräsident Günther Novak, Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs.

12.16.10*****


Vizepräsident Günther Novak: Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Werte Mitar­beiterInnen der Parlamentsdirektion! Ich eröffne die 933. Sitzung des Bundesrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundesrates gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates für heute einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 932. Sitzung des Bundesrates vom 3. November 2021 ist aufgelegen und wurde nicht beanstandet.

Ankündigung von Dringlichen Anfragen


Vizepräsident Günther Novak: Ich gebe bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Corona-Totalversagen der Bundesregierung“ an den Herrn Bundeskanzler vor­liegt.

Weiters liegt mir ein zweites Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Totalversagen der Bundesre­gierung“ an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­tenschutz vor.

Gemäß § 61 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates erfolgt die dringliche Be­handlung der beiden Anfragen unter einem. Die Zustimmung der unterzeichneten Bun­desräte dazu liegt vor.

Im Einvernehmen mit allen Fraktionen wird der Aufruf der beiden Anfragen um 15.15 Uhr vor Eingang in die Tagesordnung erfolgen.

*****

Ich unterbreche die Sitzung bis 15.15 Uhr.

12.18.13*****

(Die Sitzung wird um 12.18 Uhr unterbrochen und um 15.17 Uhr wieder aufge­nommen.)

15.17.16*****


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich darf am Beginn der Sitzung Bundeskanzler Alexander Schallenberg und Bundesmi­nister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Wolfgang Mückstein hier im Bundesrat begrüßen. – Ein herzliches Grüßgott! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 6

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Dr. Johannes Hübner, Günter Pröller und Andrea Michaela Schartel.

15.17.47Angelobung


Präsident Dr. Peter Raggl: Da das neu gewählte Mitglied des Bundesrates Markus Steinmaurer in der letzten Sitzung verhindert war, werde ich heute seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein. – Ich ersuche nun die Schriftführung um Verle­sung der Gelöbnisformel.


Schriftführerin Mag. Daniela Gruber-Pruner: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verlese die Gelöbnisformel für die Mitglieder des Bundesrates:

„Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beachtung der Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Gruber-Pruner leistet Bundesrat Markus Steinmaurer die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****

Herzlich willkommen im Bundesrat!


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich begrüße das neue Mitglied des Bundesrates Markus Steinmaurer recht herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

15.19.18Dringliche Anfragen

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend „Corona-Totalversagen der Bundesregierung“ (3953/J-BR/2021) sowie

der BundesrätInnen Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Corona-To­talversagen der Bundesregierung“ (3954/J-BR/2021)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dring­lichen Anfragen der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundeskanzler sowie der Bundesräte Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

Da die beiden Dringlichen Anfragen allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Frau Bundesrätin Korinna Schumann als erster Anfragestellerin zur Begrün­dung der ersten Anfrage das Wort. – Bitte.


15.19.55

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Werter Herr Gesundheitsminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! 577 Menschen liegen heute auf Intensivstationen und


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kämpfen um ihr Leben – und wir sind jetzt hier, am zweiten Tag des vierten Lockdowns, und müssen leider feststellen: Wir stehen vor einem Coronatotalversagen der Bundes­regierung.

Schon den Sommer 2020 hat die Bundesregierung verschlafen, und ihr Versagen in der Pandemiebekämpfung war damals schon schmerzhaft, aber da konnte man noch sagen: Na ja, es gibt keinen Impfstoff! Die Situation ist neu! Die Situation ist schwierig! – Den zweiten Sommer aber zu verschlafen und auf allen Ebenen völlig unvorbereitet in diesen zweiten Coronaherbst zu gehen, und das mit Vollgas Richtung Lockdown, das ist eine Schande. (Bundesrat Steiner: Deshalb stimmt ihr überall mit! Ihr stimmt überall mit!) So zu tun, als hätte die Regierung nicht gewusst, wie sich die Coronalage entwickeln wird, wäre unredlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gab die Warnungen der Wissenschaft. Bereits im Juni haben Virologinnen, Virologen Warnungen ausgesprochen: Bitte, so locker flockig, wie die Regierung in den Sommer gegangen ist, das gibt die Situation nicht her! Pandemie gemeistert – von wegen!

Am 11. August wurde bereits vor den großen Gefahren einer vierten Welle gewarnt. Am 19. August wurde sogar von einem Worst-Case-Szenario aufgrund der höchst anste­ckenden Deltavariante gesprochen. Die Zahl der Impfungen war im Vergleich zum Juni um 85 Prozent zurückgegangen. Die Durchimpfungsrate von 80 Prozent, die man ge­braucht hätte, um einem drohenden Kollaps im Herbst zu entgehen, konnte nicht mehr erreicht werden. Alle Warnungen wurden aber ignoriert, endlich wieder miteinander, ein Sommer wie damals – welch ein Trugschluss!

Ex-Kanzler Kurz war stärker daran interessiert, die Pandemiebekämpfung in eine Polit­show zu verwandeln, als der Expertise der Virologinnen und Virologen zu folgen und nach ihren Ratschlägen zu handeln. Er trägt einen Großteil der Verantwortung dafür, dass wir mit Anlauf in den vierten Lockdown gerast sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Heute ist der zweite Tag des vierten Lockdowns. Wir haben aktuell einen neuen Tief­punkt dieser Pandemie erreicht. Vor eineinhalb Jahren haben wir noch die dramatischen Bilder der überfüllten Covid-Stationen aus Italien und Spanien gesehen, inzwischen sind wir es, die den traurigen dritten Platz hinsichtlich der globalen Inzidenzen belegen.

Die dramatischen Szenen, die wir derzeit jeden Tag auf den Intensivstationen sehen, sind verheerend. Die harten Fakten sprechen eine klare Sprache: 12 114 Menschen sind bereits an Covid gestorben. Bis zu 15 000 Neuinfektionen zählen wir zurzeit jeden Tag. Rund 580 Menschen kämpfen auf den Intensivstationen um ihr Leben. Wir haben eine Impfquote von gerade einmal 66,1 Prozent, und heute starben 72 Menschen an oder mit Corona. Wenn man diese Zahlen kennt, kann man das Pandemiemanagement der tür­kis-grünen Regierung für gescheitert erklären.

Wir als Opposition haben schon zu Beginn der Pandemie davor gewarnt, dass es so weit kommen wird. Wir haben immer wieder gesagt: Bitte, hören Sie auf die Expertinnen und Experten, setzen Sie Maßnahmen!, aber die Rufe wurden einfach ignoriert.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig wurde von Tourismusministerin Köstinger so­gar öffentlich hart dafür kritisiert, dass er schärfere Maßnahmen gesetzt hat. Ja, aber leider, die strengeren Maßnahmen in Wien haben Wirkung gezeigt. Da wurde richtig, da wurde gut gehandelt! (Bundesrat Steiner: Ja, gratuliere!)

Ganz herzliche Gratulation zum Erreichen der höheren Impfquote im Burgenland! Die Impflotterie von Landeshauptmann Doskozil war ein voller Erfolg – eine tolle Leistung! Jetzt zieht der ORF mit einer Lotterie nach: „Wer impft, gewinnt!“ Ich finde, das ist eine ausgezeichnete Idee. (Beifall bei der SPÖ.)


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Die Bundesregierung indessen zaudert, zögert und zieht die Reißleine erst im letzten Moment. Man fragt sich: Wie konnte es letztendlich so weit kommen? Wie konnte man sehenden Auges das Pandemiemanagement so brutal gegen die Wand fahren? Wie konnte man die Menschen in diesem Land so sehr im Stich lassen? – Die Antwort ist, glaube ich, für Bundeskanzler Schallenberg eindeutig und klar: aus unverbrüchlicher Treue zu Sebastian Kurz, denn dieser hat ja bekanntlich die Pandemie gemeistert. Weil nicht ist, was nicht sein darf – Parteipolitik wird in Ihrer Regierung über Menschenleben gestellt. Das geht sogar so weit, dass Ihre Parteikollegen in Oberösterreich und Salzburg eher eine Triage in den Spitälern in Kauf nehmen, als frühzeitig verantwortungsvolle Maß­nahmen zu setzen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Es gehört dazu, als Regierung in solch einer Situation auch unpopuläre Schritte zu set­zen (Zwischenruf des Bundesrates Steiner) – ist schon gut! –, die türkis-grüne Regie­rung hat jedoch lieber Inszenierungspolitik betrieben, statt auf Expertinnen und Experten zu hören. Aber Umfragewerte auf Kosten der Inzidenzen zu erhöhen kann langfristig nur noch mehr Menschenleid sowohl in den Krankenhäusern als auch hinsichtlich einzelner persönlicher Schicksale bringen.

Je mehr man die Pandemiebekämpfung an die Politik zog und nicht den Expertinnen und Experten die Führung überließ, desto stärker wurden auch die Kräfte, die gegen eine vernünftige Coronapolitik auftraten. Dass die FPÖ anscheinend alles daran setzt, diese Krankheit zu verharmlosen, und es dieser Partei anscheinend auch völlig gleich­gültig ist (Bundesrat Steiner: Geh, was redest du denn?! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Andere Maßnahmen würden wir setzen!), wenn die Menschen an Covid erkranken und die Beschäftigten in den Krankenhäusern einfach nicht mehr können, das ist eine Tatsa­che. (Bundesrat Ofner: ... habt ihr heruntergewirtschaftet!) Diese lebensgefährliche Krank­heit einfach ungebremst durch die Bevölkerung laufen zu lassen, das kann ja wohl nicht der Ernst der FPÖ sein. Das ist menschenverachtend! (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten von ÖVP und Grünen. – Bundesrat Ofner: Wer war vorher Gesundheitsmi­nister? – Bundesrat Steiner: Was redest denn für eine Semmel daher, so einen Topfen?! Das ist ja furchtbar, so einen Topfen reden!)

Der erste konkrete Vorschlag zur Pandemiebekämpfung kam durch die medizinischen Ratschläge von FPÖ-Vorsitzendem Kickl, die aber für Leib und Leben gefährlich sind. (Bundesrätin Steiner-Wieser – Beifall spendend –: Bravo, Kickl!) Das ist in diesem Zu­sammenhang der absolute Tiefpunkt!

Sehr wohl aber ernst zu nehmen sind all die Ängste und Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher, die Ängste und Sorgen rund um die Krankheit und auch rund um die Fragen zur Impfung. Darauf gilt es einzugehen. Sie als Regierung sind verpflichtet, die Menschen abzuholen und nicht noch weitere Gräben aufzureißen! Radikalisierung muss bekämpft werden, und es ist unerträglich, wenn versucht wird, in Intensivstationen – wie in Lienz – einzudringen. Das geht über alle Grenzen hinaus!

Die inkonsequente Politik der Bundesregierung hat auch dazu geführt, dass die Bundes­länder auf eigene Faust agieren mussten. Dadurch kam man zu einem Fleckerlteppich, und seien wir ehrlich: Viele von uns oder die meisten von uns haben ja gar nicht mehr gewusst, was gilt, was man darf, was man nicht darf.

Die unklaren Aussagen der letzten Wochen haben zusätzlich für Irritationen gesorgt. Während Minister Mückstein nächtliche Ausgangsbeschränkungen als fix kommuniziert hat, wurde schon am nächsten Tag vonseiten der ÖVP öffentlich gegen den Koalitions­partner vorgegangen. Sie hält – Zitat Bundesministerin Köstinger – „überhaupt nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers.“ Sie sei „absolut gegen allgemeine Ausgangsbeschränkungen“. – Na schau!


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Bundesministerin Schramböck setzte nach: „Der Gesundheitsminister ist dringend gefor­dert, nicht weiter Chaos mitten in der Krise zu schaffen und die Menschen in Österreich durch unabgesprochene Vorstöße zu verunsichern. Das konterkariert völlig die Bemü­hungen der Bundesregierung und der Länder zur Steigerung der Impfquote.“ – Ah, geh!

Solch öffentliche Streitereien sind in der Krisenzeit nicht tragbar. Das Vertrauen der Be­völkerung ist essenziell, um die Einhaltung der Maßnahmen zu gewährleisten. Sie müs­sen aufhören, dieses Vertrauen weiterhin einfach auf die leichte Schulter zu nehmen, denn man kann inzwischen an einer Hand abzählen, wie oft die Bevölkerung das Maß­nahmenchaos der Regierung noch mitmachen, noch ernst nehmen wird!

Es braucht klare Aussagen und endlich eine enge transparente Zusammenarbeit, auch mit der Opposition. Und es braucht Respekt vor der Wissenschaft, deren Rat und Ex­pertise die Politik gerade in der Pandemiezeit so dringend braucht wie selten zuvor. Wie unerträglich ist es (Bundesrat Steiner: Da könnt ihr euch selber gleich bei der Nase nehmen!), wenn die Ratschläge der Virologen ignoriert werden und ihnen von Landes­hauptmann Haslauer noch ausgerichtet wird – ein bisschen übertrieben –, dass es „den Virologen“ wohl am liebsten wäre, „wenn jeder einzelne Salzburger und Österreicher in ein Zimmer eingesperrt ist, weil da kann er sich nicht anstecken und er kann niemanden infizieren. Er wird halt dann leider an Depression sterben oder verhungern oder ver­dursten“!? – Wie kann man so schändlich mit der Wissenschaft umgehen? (Bundesrates Schennach: So was ist Landeshauptmann!)

Wir brauchen eine standfeste Krisenregierung statt einer ständigen Regierungskrise! (Beifall bei der SPÖ.) Wenn man sich das bisherige Krisenmanagement ansieht, kann man nur von einer Chronik des Scheiterns sprechen: Hygiene-Austria-Maskenskandal – peinlich (Bundesrat Steiner: Mit SPÖ-Hilfe! Jedes Mal mit SPÖ-Hilfe!); Kaufhaus Öster­reich – gescheitert; groß inszenierter Sputnik-V-Ankauf durch Kanzler Kurz – völlig da­nebengegangen und sinnbefreit; Impfstoffherstellung in Israel angekündigt – was wurde daraus?; Coronaampel eingeführt – geendet in einem Ampelchaos; peinlichste Vorgän­ge beim Ankauf des ersten Impfstoffes.

Sie haben als Regierung kein Projekt ohne öffentliche Verwirrung auf den Boden ge­bracht. Der grüne Pass wurde für Anfang Juni versprochen – tatsächlich eingeführt wur­de er dann Mitte August. Über den Sommer hinweg hat die Regierung das Pandemie­management verschlafen. Wie wir aus einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ wis­sen, haben Sie über den Sommer den Geldbetrag für Impfkampagnen zurückgefahren. Sie haben den Geldbetrag für Impfkampagnen zurückgefahren – was für eine Fehlent­scheidung! Das baden jetzt die Österreicherinnen und Österreicher aus, und wir sind im vierten Lockdown.

Im September hat die Regierung nicht gehandelt, denn die Wahlergebnisse in Oberös­terreich waren der ÖVP wichtiger als die Bekämpfung der Pandemie. 3G am Arbeitsplatz ohne das nötige flächendeckende Testangebot: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer sind da zu Recht wütend. Es gibt einen Lockdown für Ungeimpfte (Bundesrat Stei­ner: Ihr habt es mitbeschlossen!), während die Coronazahlen in unbekannte Höhen stei­gen. Das Contacttracing ist mittlerweile zusammengebrochen, die PCR-Teststruktur bricht immer wieder zusammen – außer in Wien: Hier werden täglich 200 000 Gurgeltests rei­bungslos durchgeführt. So kann man es auch machen.

Die Folgen von all dem sehen wir jetzt, und sie sind verheerend. Lockdown vier – und die Leidtragenden sind die Österreicherinnen und Österreicher. Sie haben den Men­schen mit Ihrem Handeln schwere Lasten auferlegt: den Beschäftigten in den systemer­haltenden Berufen, die das Land jetzt in der Lockdownzeit wieder am Laufen halten müssen, den Eltern, die nicht wissen, wie sie jetzt durch diese schwere Zeit kommen, den Kindern, denen Bildung und soziale Kontakte genommen werden. Völlig versagt hat


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der Bildungsminister. Er treibt die Eltern zur Entscheidung zwischen Infektionsrisiko und Bildungsrisiko, davon werden wir heute noch vieles hören.

Vor allem die Frauen: Mit welchen Belastungen haben sie schon während der gesamten Krisenzeit zu kämpfen gehabt? Jetzt sind es wieder sie, die so viele Lasten tragen. Diese leidvolle Erfahrung haben wir schon während der ganzen Pandemiezeit machen müs­sen: Frauenthemen haben in der Politik von Türkis-Grün nahezu keinen Platz. Der Schutz von Schwangeren ist bis heute nicht umgesetzt – und das bei diesen exorbitant hohen Ansteckungszahlen.

Besonders dramatisch ist die Situation im Pflege- und Gesundheitsbereich. Die Überlas­tung der Krankenhäuser ist nur die Spitze des Eisbergs. Pflegerinnen und Pfleger be­klagen schon seit Jahren die Unzumutbarkeit ihrer Arbeitsbedingungen. Es fehlen Ar­beitskräfte an allen Ecken und Enden. All jenes Gesundheitspersonal, das trotz aller Widrigkeiten tagtäglich das Pandemiemanagement ausbadet, ist am Limit. Diese Men­schen können nicht mehr, das ist eindeutig bewiesen. (Beifall bei der SPÖ.)

577 Menschen auf den Intensivstationen: Was das für die Beschäftigten in ihrer Arbeits­situation dort heißt, kann man sich gar nicht vorstellen. Beschämend ist die Vorgangs­weise der Regierung auch rund um den Coronabonus, der bis jetzt nicht ausgezahlt ist.

Die Verzweiflung in der Wirtschaft ist natürlich groß. Die Angst davor, in einem Touris­musland noch eine Wintersaison zu verlieren, ist mehr als begründet. Die derzeitige Berichterstattung ausländischer Medien über Österreich tut unserem Tourismusland Ös­terreich wahrlich nicht gut.

Der jetzige Lockdown bringt einen Verlust von 2,3 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung, das heißt, jeden Tag gehen 117 Millionen Euro verloren. Die Gastronomie verliert in gro­ßem Ausmaß, und gerade die Handelsbetriebe wissen, dass durch den Lockdown viele ihrer Geschäftsmöglichkeiten Richtung internationalen Onlinehandel wandern – neuer­lich, auch in diesem Herbst. Die Onlineriesen schaffen aber nur ganz wenige Arbeits­plätze. Die Menschen, die dort arbeiten, sind oft von ganz, ganz schlimmen Arbeitsbe­dingungen bedroht. Die Käuferinnen und Käufer gewöhnen sich immer mehr an die di­gitalen Bestellvorgänge, der stationäre Handel leidet.

Der Arbeitsmarkt hatte sich gerade etwas erholt. Jetzt kann ich nur hier stehen und wie alle anderen aus der Sozialpartnerschaft sagen: Bitte, Arbeitgeber, nützt die Kurzarbeit! Behaltet die Arbeitskräfte, damit ihr dann, wenn die Wirtschaft wieder anspringt, wenn der Lockdown vorbei ist, die guten Arbeitskräfte wieder habt! Ich habe nicht gedacht, dass ich diesen Appell noch einmal aussprechen muss. Arbeitsminister Kocher erwartet 400 000 Menschen in Kurzarbeit, die Arbeitslosigkeit wird wieder steigen.

Als hätten die Menschen in diesem Land nicht schon genug Last auf ihren Schultern, kommt auch noch eine enorme Teuerungsrate hinzu. Bei einer Inflationsrate von 3,7 Pro­zent wird es für viele Haushalte immer schwieriger, sich das alltägliche Leben leisten zu können. Explodierende Strom- und Gaspreise, steigende Heizkosten, unleistbare Mieten und steigende Lebensmittelpreise verschärfen die Situation.

Wer soll den aktuellen Lockdown bezahlen? Während sich die Privathaushalte ihr alltäg­liches Leben nicht mehr leisten können, hat es die Regierung für sinnvoll erachtet, die Steuern für Konzerne zu senken – unverständlich!

Durch den Lockdown wird noch Weiteres verstärkt: Die Teuerung trifft auf Kurzarbeits­geld. Das ist insbesondere in den Trinkgeldbranchen ein riesiges Problem. Teuerung trifft auf Arbeitslosigkeit, und die Regierung sieht teilnahmslos zu! Wo ist die Teuerungs­bremse, die die SPÖ schon seit Wochen fordert? Wo ist die Erhöhung des Arbeitslosen­geldes? Warum haben Sie den Familienhärtefonds nicht wieder aktiviert und besser aus­gestaltet? Das Winterpaket des ÖGB sollte rasch umgesetzt werden, um Energiearmut zu verhindern.


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All das, dieser vierte Lockdown, hätte nicht sein müssen. (Bundesrat Steiner: Ihr habt mitgestimmt! Ludwig! Was redest du denn?) Ein Sicherheitsnetz für den Herbst hätte schon vor Monaten gespannt werden müssen. Die Konsequenzen dieses gescheiterten Pandemiemanagements spüren aber nicht nur Bundeskanzler Schallenberg oder Minis­ter Mückstein (Bundesrat Steiner: Ihr wart mit dabei!), sondern das Kind im Home­schooling, die Alleinerzieherin im Homeoffice mit zwei kleinen Kindern in der 42-Quadrat­meter-Wohnung, die Pflegerin im Burn-out, der Mann, dessen Operation zum x-ten Mal verschoben wurde, und auch all jene 150 000 Menschen, die sich zurzeit in Quarantäne befinden und den Folgen einer unerbittlichen Krankheit ausgesetzt sind. Das ist Realität.

Wir haben einen neuen Tiefpunkt erreicht, und es liegt jetzt an Ihnen, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Das Pandemiemanagement hat versagt, und wir können es kei­nen Tag länger mittragen. Es muss jetzt etwas passieren, um Fehler nicht zu wiederho­len, um die Menschen in diesem Land zu unterstützen, um endlich das Virus unter Kon­trolle zu bekommen. Die Entschuldigungen, die Sie ausgesprochen haben, sind schon in Ordnung, aber bitte verschonen Sie die Menschen mit taktischem: Es tut uns leid! Und bitte: Wir warten noch immer auf die Entschuldigung von Ex-Kanzler Kurz, der für die­ses Versagen die Hauptverantwortung trägt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesra­tes Arlamovsky.)

Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Die Regierung hat sich für eine Impfpflicht ent­schieden, es gibt noch viele Fragen rund um deren Ausgestaltung. Es sei aber ganz dringend davor gewarnt, die Impfpflichtdiskussion als Vernebelungstaktik zu benützen, um vom Versagen der Regierung in der Pandemiebekämpfung abzulenken. Jetzt braucht es eine Impfkampagne, und zwar eine ganz, ganz starke, einen Impfbooster sozusagen. (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) Gehen Sie auch bitte zu denjenigen hin, die eine Impfung bisher abgelehnt haben! Entschuldigen Sie sich nicht nur bei jenen, die geimpft sind, sondern nehmen Sie alle mit: keine Gräben mehr, keine leeren Verspre­chungen mehr! Dann und dann sperren wir wieder auf – nein, es braucht jetzt Klarheit, Ehrlichkeit und Transparenz. Federn Sie die Teuerung ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Bilden Sie eine Einheit gegen die Destabilisierung des Landes und gegen die Radikali­sierung! 75 Prozent der Menschen haben kein Vertrauen mehr in die Politik. – Bitte, das ist doch für uns alle ein extremes Alarmzeichen!

Wir stellen Ihnen heute 44 Fragen; wir stellen die Fragen, aber die Antworten hat die Bevölkerung verdient.

Zum Abschluss lassen Sie mich bitte noch eines sagen: Gehen Sie impfen, ganz, ganz dringend! Bitte gehen Sie impfen! Schützen Sie Ihr Leben, schützen Sie das Leben der anderen! Jetzt ist es dringender notwendig denn je. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

15.39


Präsident Dr. Peter Raggl: Nun erteile ich Herrn Bundesrat Ingo Appé zur Begründung der zweiten Dringlichen Anfrage das Wort. – Bitte.


15.39.55

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanz­ler! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! „Freitag der 13.“ ist uns allen als amerikanischer Horrorfilm aus dem Jahr 1980 von Sean Cunningham bekannt, aber heute sprechen wir leider nicht über eine Hollywood-Fanta­sieproduktion, sondern von bitterer Realität. Explizit meine ich Freitag, den 13., Freitag, den 13. März 2020. Dies war der Tag, an dem der erste Lockdown die Zweite Republik getroffen hat. Heute, am 23. November 2021, ist der zweite Tag des vierten harten Lock­downs, der Österreich wieder getroffen hat – eine Notmaßnahme, zu der wir stehen,


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aber mit einem großen Aber, denn eines ist klar: Wenn diese türkis-grüne Regierung rechtzeitig reagiert hätte, hätten wir uns diese harten Maßnahmen, die uns alle massiv treffen, ersparen können.

Wie jetzt von allen Seiten bestätigt und nunmehr auch sogar von Regierungsseite zuge­geben wird, hat man da mit einem Totalversagen der Verantwortlichen in dieser Regie­rung in der Vergangenheit zu tun und diese Situation selbst gröblich verschuldet. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen allen nochmals die Fakten und Zahlen der vergangenen eineinhalb Jahre in Erinnerung rufen: über eine Million Erkrankte, über 12 000 Tote, bis zu 15 000 Neuinfektionen pro Tag, derzeit fast 600 Menschen auf den Intensivstationen – Tausende Operationen mussten in diesem Zeitraum zulasten der Betroffenen und deren Gesundheit abgesagt werden –, eine traurige Impfquote von etwas über 65 Prozent, zwi­schen 90 000 und 180 000 Menschen, die an Covid-Langzeitfolgen leiden, bis zu 600 000 Arbeitslose. Aktuell sterben im Durchschnitt 55 Menschen täglich an oder mit Corona – leider waren es heute, wie meine Vorrednerin bereits bemerkt hatte, sogar 72.

Dies sind nur einige Zahlen im europäischen Vergleich, die einen Beweis dafür liefern, dass da in der Vergangenheit sehr viel schiefgelaufen ist.

Doch nun der Reihe nach: Wo liegt das Übel begraben, geschätzte Kolleginnen und Kollegen? – Schuld am jetzigen Coronadilemma sind weder das Virus noch sogenannte verantwortungslose Bürger und Bürgerinnen. Nein, das Problem ist, dass diese Bundes­regierung lieber den parteitaktischen anstatt den virologischen Logiken gefolgt ist. Erin­nern wir uns an den ersten Lockdown: Ex-Kanzler Kurz schwamm in dieser Phase auf einer Phase des Umfragehochs, obwohl das gesamte Leben in dieser Republik still­stand, und ja, Sie hören richtig, sogar FPÖ-Klubobmann Kickl fand lobende Worte, nur hätte er die Schrauben noch stärker angedreht, um den Lockdown noch härter durchzu­ziehen.

Die Stimmung hat sich nun aber gedreht, es reicht den Menschen in unserer Republik. Vor Sommerbeginn hieß die Parole: Die Pandemie ist beendet, „die Krise bekämpft“, „Auf dich wartet ein guter Sommer“, „Endlich wieder miteinander.“, oder: Ein Sommer, wie er damals war, steht uns bevor!, und genau so haben die Leute diesen schönen Worten geglaubt, auch danach gelebt und sich auf Urlaub begeben – auch die Regie­rung, nur diese etwas länger.

Herr Bundesminister, wie geht es Ihnen? Wie geht es Ihnen in dieser Regierung? Was diese Regierung und gewisse Landeshauptleute zuletzt hingelegt haben, gleicht einer Bankrotterklärung der Gesundheitspolitik in unserem Land. Wie schon gesagt: Diesen Lockdown verdanken wir mehr der Politik als dem Virus.

Diese Pandemie, so schlimm und schrecklich sie ist, gleitet in ein politisches Possenspiel ab. Herr Bundesminister, Sie bekommen von Ihrem Koalitionspartner und zwei Landes­hauptmännern öffentlich ausgerichtet, was sie von Ihren Plänen und den Experten hal­ten, nämlich wenig.

Den Vogel hat sicher Tourismusministerin Köstinger mit der Äußerung, sie halte gar nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers, abgeschossen. – Na bravo! Als Sie, Herr Bundesminister, in einem „ZIB 2“-Interview angedeutet haben, Sie denken, es komme auch zu Einschränkungen für Geimpfte, kam prompt das Dementi des Bun­deskanzlers. Dass Sie da einen gedanklichen Alleingang ohne Abstimmung angespro­chen hätten, glaubt eh keiner.

Dazu kommen auch noch die entbehrlichen Wortmeldungen von Wirtschaftsministerin Schramböck, die von Ihnen ein Ende der Lockdowndrohkulissen für Geimpfte forderte und noch nachlegte, indem sie Sie dazu aufforderte, endlich „Tempo bei der Medikamen­tenbeschaffung“ zu machen.


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Dann bekamen Sie auch noch einen Rüffel aus dem Bundeskanzleramt, dass man fas­sungslos über Ihre Vorstellung eines Maßnahmenpaketes bei der Videokonferenz der Landeshauptmänner ob der ungefragten Vorgangsweise sei. Wie Ihr Ministerium bestä­tigt, versteht man dies nicht, da alle Ihre Statements selbstverständlich mit dem Koali­tionspartner abgesprochen wurden.

Warum da auf den Gesundheitsminister bereits mit Kanonen geschossen wird, liegt klar auf der Hand – wenn Sie Ihren Vorgänger fragen, wird ihm diese Vorgangsweise nicht fremd sein –: Ihr Koalitionspartner versucht wieder, nach altbewährtem Muster, einen Schuldigen auf der anderen Seite zu finden, um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Wie hat es immer so plakativ und reißerisch geheißen? – Das ist Chefsache! Oder dann, wenn es haarig wurde: Der Bundeskanzler ist gar nicht zuständig!

Beispiele gefällig? Fangen wir in Ischgl an – schon abgedroschen, aber auch die Spitze des Eisbergs –: Österreich mutierte zum Infektionsherd von ganz Europa. Meinung des damals zuständigen Landesrates Tilg: Wir „haben alles richtig gemacht“. – Dies fand auch die Unterstützung von Landeshauptmann Platter und des Ex-Kanzlers. Im Nach­hinein sah sich Ex-Kanzler Kurz dann eigentlich gar nicht als zuständig.

Jetzt wiederhole ich mich wie in meinen unzähligen letzten Reden hier an dieser Stelle über die Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie in dieser Causa: kostenlose Masken ab sofort für über 65-Jährige – Versprechen von Kurz im Dezember 2020; bis März 2021 hatten sie noch immer nicht alle bekommen, und ein paar bis heute überhaupt nicht. Dann das schon erwähnte Coronaampelchaos – gute Idee, leider völlig versemmelt; Antigentests in den Arztpraxen – auch dieses Instrument aus bekannten Gründen ein Flop. Ja, und dann haben wir da noch die Anmeldeplattform des Bundes für Massentests – sie hat gleich einmal zehn Tage lang überhaupt nicht funktioniert, gefolgt von unzähligen Unzu­länglichkeiten wie fehlende oder verspätete Testergebnisse, Ausfälle und zum Schluss auch noch Datenlecks. Selbst der jetzt in massiver Kritik stehende Landeshauptmann Stelzer stellte fest: „Wie so oft wird vom Bund viel angekündigt, nichts funktioniert“.

Dann war die Sache mit den kostenlosen Selbsttests in den Apotheken – diese waren zum Teil gar nicht verfügbar, und dann, als sie da waren, sofort vergriffen, da nicht alle ausgeliefert wurden. Dann kam der überteuerte Einkauf von Antigentests, um wiederum für die Selbstvermarktung der Bundesregierung Mittel zu sparen und für diesen Zweck zu verwenden.

Die äußerst schleppende, aber notwendige Homeofficeregel, die erst neun Monate nach dem Pandemiebeginn umgesetzt wurde – da ging es für die Wirtschaft erfreulicherweise doch viel schneller. Ein Schelm, wer da etwas Böses denkt.

Ja, und die Stopp-Corona-App – überteuert gekauft, aufgrund massiver Datenschutzbe­denken von sehr vielen Österreicherinnen und Österreichern gar nicht installiert – mutier­te schlussendlich auch noch zu einem krachenden Misserfolg.

Grüner Pass: Auch da haben wir an dieser Stelle die zeitlichen Realisierungsdaten schon infrage gestellt, auch mit dem Hinweis auf die EU-weite Benützung. Auch da die Touris­musministerin als Fachfrau mit dem Hinweis in Richtung EU: „Österreich wird den grünen Pass mit 4. Juni schon früher umsetzen.“ – Die Realität: Startzeitpunkt war dann der 15.8., somit Monate später als proklamiert.

Zu den Impfungen: Das Versprechen, bis Ende Juni 2021 alle Impfwilligen mit dem Erst­stich bedient zu haben, ging sehr gut in die Hose – aufgrund nicht ausreichender Impf­kapazitäten schafften dies nur zwei von neun Bundesländern.

Ich komme nun zum Superimpfstoff Sputnik V: Um den Engpass und das ganze Di­lemma mit der Kostendeckelung, den Bestellversäumnissen zu kaschieren, gab es wie­der ein Pressefoto mit dem russischen Botschafter, Versprechen, bla, bla und so weiter


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des Ex-Kanzlers. Es gab dann gar keine Zulassung des Impfstoffes, selbiger ist bis heute gar nicht als gültiger Impfstoff zugelassen. Jetzt wieder das alte Schema: In einer An­fragebeantwortung erklärt der Ex-Bundeskanzler, dafür eigentlich gar nicht zuständig gewesen zu sein.

Kommen wir zur 3G-Regelung am Arbeitsplatz! Da wurde verordnet, dass der 3G-Nach­weis erbracht sei, wenn man erstens geimpft ist, zweitens einen PCR-Test nachweisen kann oder drittens genesen ist. Schon kurze Zeit später wieder die Änderung aufgrund von Chaos in den PCR-Labors, das heißt Schadensbegrenzung: Jetzt gelten wieder die Antigentests, dabei waren die Antigenteststraßen aufgrund der PCR-Testvorschreibung schon geschlossen worden.

Das fatalste Beispiel für das Scheitern zeigt sich im Bereich der Impfung. Am Ende des letzten Jahres wurde die Impfung voreilig als der Anfang vom Ende der Pandemie ver­kauft. Das ging so lange, bis durch die Bundesregierung das bestehende Vertrauen zuerst in die einzelnen Impfstoffe und schließlich in die Impfung selbst als wirksames Instrument zerstört worden war. Dies äußert sich in den aktuell niedrigen Impfraten und lässt die versprochene Herdenimmunität in weite Ferne rücken. Getoppt wurde dieser Vertrauensbruch schlussendlich dadurch, dass nunmehr auch Geimpfte vom Lockdown voll getroffen werden.

Dann hätten wir da noch die Pflegekräfte, Herr Bundesminister. Für die Wirtschaft wurde alles Mögliche unternommen, für sie war keine Summe hoch genug. Ich möchte dies auch gar nicht schlechtreden, für die Betroffenen ist es okay so, aber, Herr Gesundheits­minister: Wo haben Sie Ihre Kompetenz für jene wahrgenommen, die seit Beginn der Pandemie im Fokus stehen? Da war von Hilfe nichts zu sehen. Jetzt stehen alle mit dem Rücken zur Wand: keine Hilfe, alleingelassen mit allen Problemen im Pflegebereich – das ist der eigentliche Skandal in dieser 18-monatigen Geschichte. (Beifall bei der SPÖ.) Ausbaden müssen dies jetzt die Ärzte und die Pflegekräfte auf den Intensivstationen, die Patienten und schlussendlich alle Österreicherinnen und Österreicher. – Alles ver­schlafen!

Dass es aber auch anders geht, haben zwei erfolgreiche Bundesländer gezeigt. Im Bun­desland und in der Bundeshauptstadt Wien ist man weitaus erfolgreicher durch die Krise gekommen als im größten Teil Österreichs. Was machte Wien anders? – Konsequente Teststrategie, gut ausgebautes Impfangebot und über weite Strecken strengere Maß­nahmen als im Bund. Auch da hat sich die Expertin, Bundesminister Köstinger, ausge­zeichnet. Wie meinte sie süffisant? – Was Wien macht, sei absurd. – Das Einzige, was da absurd ist, sind die Vorgangsweise und die Wortmeldungen der Frau Bundesminister. In einem anderen europäischen Land wäre sie schon längst zurückgetreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch der von Frau Bundesminister Köstinger initiierte Tourismusgipfel ging ergebnislos zu Ende – nicht gerade ein Ruhmesblatt in Zeiten der Pandemie für die betroffene Branche. Aber ein Teilerfolg ist ja für die Frau Bundesminister zu verzeichnen: Wir dürfen im harten Lockdown in den Skigebieten wieder mit dem Skilift fahren. Das klingt zwar komisch, ist aber so. Jetzt kommt noch die Forderung, die Skihütten zu öffnen. Geht es noch? Man könnte meinen, die Adlerrunde lässt grüßen.

Herr Bundesminister, ja, wir wissen es eh, Bewegung an der frischen Luft ist gesund, und für die schweren Skiunfälle haben wir ja eh genug Platz auf den Intensivstationen.

Ein weiteres Bundesland, das ein positives Beispiel ist, ist das Burgenland, welches beim Marketing und dem Anreiz, sich impfen zu lassen, offensiv tätig war und somit eine Impf­quote von über 80 Prozent erreichen konnte. Hätten wir diese Rate annähernd in ganz Österreich, dann wären wir aber immer noch meilenweit davon entfernt, uns als „Impf-Europameister“ bezeichnen zu können, wie Sie das am Sonntag in der „ZIB 2“ gemacht


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haben, Herr Bundesminister. Was hat Sie da geritten? Haben Sie das Ranking von der verkehrten Seite her gelesen? (Bundesrat Steiner: Was soll der lesen? Der ist nicht fähig! Der ist nicht fähig!)

All das, was ich jetzt aufgezählt habe, hat massiv dazu beigetragen, dass das Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in die Politik allgemein und in die Bundesregierung explizit in den Keller gerasselt ist. Dies ist ein Erfolg, der einen Namen trägt, kurz gesagt: Kurz – war man doch in Zeiten, in denen es zu handeln gegolten hätte, massiv damit beschäftigt, die Justiz anzugreifen, um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken, und man hat dabei die Pandemie völlig aus den Augen verloren. Jetzt heißt es nicht mehr: Messagecontrol, sondern: message out of control.

Herr Bundesminister, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, nutzen Sie auch Ihre Ihnen zustehenden Kompetenzen, schieben Sie diese nicht ab! Die gesetzlichen Rahmenbe­dingungen bieten Ihnen die Gesetzgebung und die Verfassung unseres Landes.

Vor Ihnen stehen vier Hauptaufgaben. Erstens: so viele Menschenleben wie möglich zu retten und so viele wie möglich vor gravierenden Langzeitfolgen zu schützen. Zweitens: Retten Sie den Pflegedienst! Drittens: Sorgen Sie dafür, dass unsere Gesellschaft nicht weiter auseinanderdriftet und gespalten wird! Und viertens: Schaffen Sie in den nächsten zwei Monaten eine Impfquote, die unseren BürgerInnen die Impfpflicht im Februar er­sparen wird! Was im Burgenland geschafft werden konnte, muss auch im Rest von Ös­terreich geschafft werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Man fragt sich, warum dies in anderen europäischen Ländern besser funktioniert, egal ob in Portugal, Spanien oder Finnland, wo ich vor kurzer Zeit sein durfte. Die Lösung ist einfach erklärbar: In diesen Ländern hat die Bevölkerung Vertrauen in die Politik –Ver­trauen in die Politik! –, und die Politik steht geschlossen hinter der Regierung. Alle Par­teien, egal ob von links oder rechts oder von sonst wo, tragen die Maßnahmen mit. Hier in Österreich spielt eine im Parlament vertretene Partei ein sehr gefährliches Spiel und trägt zu dieser verfahrenen Situation maßgeblich und in unverantwortlicher Weise bei. (Bundesrat Spanring: Die SPÖ?)

Regieren heißt Sicherheit durch Handeln und reden, um zu vermitteln, auch dann, wenn die Lage per se unsicher ist. Das kann diese Regierung nicht. Das Versagen dieser Re­gierung verschafft Österreich nun gleich doppelt den begehrten Platz als Europas Num­mer eins. Wir sind die Ersten, die die vierte Welle in einen harten Lockdown stolpern lässt, und die Ersten, die eine allgemeine Impfpflicht im Kampf gegen Covid-19 einführen möchten – beides nicht aus Mut, sondern aus purer Verzweiflung über die ausweglose Lage, in der wir uns nunmehr befinden, aber diese Regierung hat dies selbst verschuldet.

Wenn Sie es nicht schaffen, aufzuklären, zu deeskalieren, wird es nicht allein genügen, die Schuld für dieses Schlamassel Impfskeptikern und einem FPÖ-Chef mit seinen jen­seitigen Thesen zu Corona in die Schuhe zu schieben. Dann wird die Pandemie doch noch unsere Republik nachhaltig verändern, aber nicht zu unserem Besseren. Dann wird diese Regierung in die Geschichtsbücher als jene eingehen, die aufgrund von Selbst­darstellung, Machtbesessenheit und Dilettantismus endgültig das Vertrauen der österrei­chischen Bevölkerung verloren hat. Es ist eine bittere Erkenntnis, dass der Einfluss der Politik auf das Infektionsgeschehen enden wollend ist. Das Virus lässt sich nicht wegad­ministrieren, nicht weginserieren, aber auch nicht mit Pferdebandwurmmittel entfernen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Herr Bundesminister, stellen Sie sich Ihrer Verantwortung! Herr Bundesminister, wenn Sie sich in der Lage sehen, da die Zügel in die Hand zu nehmen, dann tun Sie es jetzt! (Bundesrat Steiner: Das kann er ja nicht! Der ist ja überfordert!)


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In Anbetracht der ernsten Situation sind wir schon sehr gespannt auf eine ausführliche, ehrliche und nicht wie in der Vergangenheit üblich gewesene oberflächliche Beantwor­tung unserer Fragen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Präsident Dr. Peter Raggl: Zur Beantwortung der ersten Anfrage zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. Ich erteile ihm dieses. – Bitte. (Bundesminister Mückstein schenkt sich ein Kaffeegetränk aus einer Dose in sein Glas ein. – Bundesrat Steiner: Der schenkt sich derweil eine Dose ein! Das passt gut!)


15.58.49

Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! (Die BundesrätInnen der FPÖ halten Tafeln mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ in die Höhe.) Die Coronapandemie stellt die gesamte Gesellschaft, jeden Einzelnen von uns, und somit auch die Politik weiterhin vor enorme Herausforderungen. Diese schwieri­ge Zeit erfordert natürlich auch schwierige Entscheidungen – Entscheidungen, die wir uns als Bundesregierung nicht leicht gemacht haben und die wir gerade in der jetzigen Phase stets im Einvernehmen mit den Landeshauptleuten, mit Mitgliedern der Opposi­tion und mit führenden Expertinnen und Experten zu treffen versuchen.

Unser oberstes Ziel – und das ist das Ziel, das uns eint – ist es, die Menschen in Öster­reich und unser Gesundheitssystem zu schützen. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir sicherstellen, dass sich so viele Menschen wie möglich gegen Corona impfen lassen. Nur dadurch, meine Damen und Herren – gerade von der FPÖ –, können wir dem Teu­felskreis des Aufsperrens, des Zusperrens, der Virenwellen und der Lockdowndiskus­sionen endgültig entkommen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Dem Teufels­kreis der Regierung! Versager seid ihr! Versager!)

Eines – und es ist mir sehr wichtig, das auch in diesem Raum, diesem Hohen Haus zu betonen (Bundesrat Steiner: Versager!) – ist ganz klar: Mit diesem obersten Ziel vor Augen werden wir alles daran setzen, die Freiheit der Menschen nur dann, nur so weit und nur dort einzuschränken, wo dies absolut und unbedingt notwendig ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, um Ihre Fragen 1 bis 3 zu beantworten, lassen Sie mich bitte kurz auf unsere Vorgehensweise in der Pandemiebekämpfung eingehen, bevor ich danach auf die weiteren Fragen im Detail eingehe!

Ich habe in den letzten Wochen immer wieder betont, dass unser gemeinsames Ziel sein muss, die Ungeimpften zur Impfung zu bringen, anstatt die Geimpften einzuschränken. (Bundesrat Steiner: Spalter!) Trotz monatelanger Überzeugungsarbeit, trotz intensiver medialer Kampagnen, trotz aller Erklärungen und Diskussionen ist es uns leider nicht gelungen, genug Menschen davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen.

Die Maßnahmen, die wir als Bundesregierung in den letzten Wochen gemeinsam mit den Landeshauptleuten getroffen haben, insbesondere 2G, 3G am Arbeitsplatz, der Lockdown für Ungeimpfte, haben zwar die Impfbereitschaft erhöht – man hat gesehen, dass die Impfstraßen wieder gefüllt waren –, aber leider Gottes nicht in ausreichendem Ausmaß.

Lange Zeit war es politischer Konsens in diesem Land, dass wir keine Impfpflicht wollen. Lange, vielleicht zu lange sind wir davon ausgegangen, dass es möglich sein muss, Menschen in Österreich zu überzeugen – davon zu überzeugen, dass sie freiwillig imp­fen gehen, zu überzeugen, dass sie diesen Schritt zum eigenen Schutz setzen, aber auch zum Schutz ihrer Mitmenschen, ihrer Familien, ihrer Liebsten, ihrer Freunde, ihrer Kollegen am Arbeitsplatz. Wir müssen aber der Realität ins Auge sehen: Der Anteil der Bevölkerung in unserem Land, der diesen Schritt setzt, ist leider Gottes noch zu niedrig.


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Viele Menschen sind verunsichert. (Bundesrat Steiner – auf die in die Höhe gehaltene Tafel weisend –: Da, schau!) Manche hoffen eventuell, dass die Pandemie noch an ihnen vorüberziehen wird. Manche sitzen Verschwörungstheorien und Fakenews auf. Die Dis­kussionen – erinnern wir uns daran! – rund um Nebenwirkungen (Bundesrat Spanring: 2,4 Millionen Nebenwirkungen ...!), die Debatte über Astra Zeneca, den Impfstoff und seine Wirkung, und der Umstand, dass wir ursprünglich von zwei Impfungen gesprochen haben und in der Zwischenzeit die Bevölkerung dringend auffordern, eine dritte, eine Auffrischungsimpfung zu machen (Bundesrat Steiner: Eine vierte, eine fünfte, eine sechste, eine siebte, eine achte, eine neunte, eine zehnte, oder wie viel? Wann endetʼs? Wann endet Ihr Wahnsinn?!), das alles hat natürlich auch zur Verunsicherung beige­tragen.

Dazu kommt, dass jeder europäische Staat in der Krise auch unterschiedliche Maßnah­men gesetzt hat, was im Vergleich auch wiederum zur Verunsicherung geführt hat. Ja, ich gebe es ganz unumwunden zu: Auch das staatliche Krisenmanagement hat nicht immer funktioniert, und ich bin der Letzte, der behauptet, dass ich oder unser Handeln fehlerfrei sei. (Eine Bedienstete der Parlamentsdirektion spricht mit den Tafeln in die Höhe haltenden BundesrätInnen der FPÖ.)

Dazu kommt in Österreich aber noch ein ganz besonderer Umstand – ein Umstand, der uns leider Gottes im Unterschied zu allen anderen Staaten in Europa auszeichnet. Wir haben zu viele, viel zu viele politische Kräfte in diesem Land, die ganz vehement, massiv und öffentlich gegen die Impfung ankämpfen und damit die Menschen noch zusätzlich verunsichern. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner – auf die in die Höhe gehaltene Tafel weisend –: Da, schau her!) Das ist verantwortungslos, das ist an sich ein Anschlag auf unser Gesundheitssystem (Bundesrat Steiner: Genau, richtig!), ein Anschlag, den Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren der FPÖ-Fraktion, mit zu verantworten haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Bundesrat Steiner: Hetzer! Spalter und Hetzer!) – Ir­gendwann werden Sie (in Richtung der Tafeln in die Höhe haltenden BundesrätInnen der FPÖ) auch einen Krampf in Ihren Armen kriegen. (Bundesrat Steiner: Wir halten durch!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die insgesamt zu niedrige Durchimpfungsrate in Ös­terreich führt in letzter Konsequenz zu überfüllten Intensivstationen und zu enormem menschlichem Leid. Das kann niemand wollen. Da können wir als Politik nicht tatenlos zuschauen, wir haben uns daher zu zwei sehr schwerwiegenden Beschlüssen durchge­rungen – zum einen dazu, dass wir sehr rasch eine bundesweite Impfpflicht auf den Weg bringen. (Bundesrätin Grimling: He, Herr Präsident! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wenn sie es nicht runtertun, was soll ich machen? (Neuer­liche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich würde bitten, dass man die Tafeln wegtut. Wir haben das in der Präsidiale schon besprochen. Irgendwann ist es genug. (Die Bundesrä­tInnen der FPÖ legen die Tafeln auf den Pulten ab. – Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)


Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. (fortsetzend): Danke sehr, Herr Präsident. – Das wäre eine sportliche Meisterleistung gewesen, wenn Sie jetzt zweiein­halb Stunden die Tafeln hochgehalten hätten. (Bundesrat Steiner: So lange redest du nicht! So viel hast du gar nicht zu sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.) – Vielleicht lassen Sie mich weiterreden!

Wir haben zwei schwerwiegende Beschlüsse gefasst: zum einen, dass wir sehr rasch eine bundesweite Impfpflicht auf den Weg bringen – diese soll bereits ab 1. Februar


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2022 gelten; dieser weitreichende und schwerwiegende Schritt wird von der Bundesre­gierung und darüber hinaus sowohl von den Landeshauptleuten als auch von der SPÖ-Fraktion unterstützt –, zum anderen, dass zum akuten Schutz unseres Gesundheitssys­tems ab dieser Woche, auch das geschieht im Einvernehmen mit den neun Landes­hauptleuten und mit der SPÖ – das ist Ihre Fraktion, sehr geehrte Frau Bundesrätin (Zwi­schenrufe der BundesrätInnen Schumann und Schennach) –, ab dieser Woche ein bundesweiter Lockdown für 20 Tage verhängt wird, der nach zehn Tagen evaluiert wird.

Dieser Lockdown ist natürlich für viele wahnsinnig herausfordernd, besonders wirtschaft­lich und sozial. Es wird daher selbstverständlich auch wieder Wirtschaftshilfen und so­ziale Unterstützung geben. Der Finanzminister, der Arbeitsminister und die Staatssekre­tärin für Kunst und Kultur haben diese noch am Freitag präsentiert. Ich möchte hier noch einmal ganz klar betonen, dass uns keine dieser Entscheidungen leichtgefallen ist. (Bundesrat Steiner: Ja, ja!) Niemand von uns tut das gerne. Kein Politiker setzt freiwillig Schritte, die die Freiheit der Menschen einschränken. (Bundesrat Steiner: Seit zwei Jah­ren nicht!) Angesichts des Infektionsgeschehens, mit dem wir konfrontiert sind (Zwi­schenrufe bei SPÖ und FPÖ), müssen wir aber solche Maßnahmen setzen – und wir tragen sie auch alle gemeinsam mit. (Bundesrat Steiner: Ja, ja!)

Auch wenn wir es uns anders gewünscht hätten, so bin ich doch froh und dankbar, dass da ein Schulterschluss gelungen ist – ein Schulterschluss über Parteigrenzen hinweg (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ja, mit den Roten!), ein Schulterschluss über Bundeslän­dergrenzen hinweg, ein Schulterschluss zwischen Bund und Ländern, denn jetzt ge­meinsam zu handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist das Gebot der Stunde. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: ... Schulterschlusspartei!)

Ihre weiteren Fragen, sehr geehrte Damen und Herren – beziehungsweise sehr geehrte Damen und Herren der SPÖ-Fraktion –, sofern diese überhaupt den Gegenstand meiner Vollziehung betreffen, beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 4 und 14:

Der Bund gibt für ganz Österreich die Unterkante, also ein Minimum an Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie, vor. Da das Infektionsgeschehen sehr dynamisch ist und sich das Virus regional unterschiedlich schnell ausbreitet, ist es aber den Bundes­ländern vorbehalten, gegebenenfalls schärfere Maßnahmen zu treffen.

Zu den Fragen 5 bis 7:

Bei jeder Entscheidung, die seit Pandemiebeginn getroffen wurde, waren immer Exper­tinnen und Experten eingebunden. Ihre Argumente fließen in jede Entscheidung mit ein, so auch – selbstverständlich! – letzte Woche. Aufgabe der Politik ist es, neben den viro­logischen Aspekten auch bildungswissenschaftliche, psychosoziale und wirtschaftliche Überlegungen abzuwägen.

Als Bundesregierung sind wir vergangenen Freitag gemeinsam mit den Landeshauptleu­ten und der größten Oppositionspartei, der SPÖ – Ihrer Partei, werte Frau Bundesrätin –, übereingekommen, dass in Anbetracht der ernsten Lage und des dramatischen Infek­tionsgeschehens derzeit keine andere Möglichkeit bleibt, als einschränkende Maßnah­men für alle zu verordnen – wenngleich ich keinen Hehl daraus mache, dass es eigent­lich eine Zumutung ist, eine Zumutung für jene zwei Drittel unserer Bevölkerung, die geimpft sind, die sich an die Empfehlungen gehalten haben (Zwischenruf der Bundesrä­tin Schumann), die die Wissenschaft abgegeben hat, die wir als Regierung abgegeben haben, die von Landesebene abgegeben wurden. (Bundesrat Spanring: Warum ste­cken die sich an, wenn sie eh geimpft sind? Das müssen Sie mir erklären, Herr Doktor!)

Es ist für mich eigentlich schwer erträglich (Zwischenrufe bei der FPÖ) – und ich habe das schon öfter gesagt –, dass wir ihnen – diesen zwei Dritteln der Bevölkerung, die alles


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richtig gemacht haben (neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ) – jetzt für kurze Zeit noch einmal die Freiheit nehmen müssen, dass wir sie bitten müssen, sich zu beschränken, im Grunde genommen einen Akt der Solidarität für die Gesamtgesellschaft zu leisten.

Zur Frage 8:

Zur Bewertung der Situation finden in der Bundesregierung regelmäßig Beratungen und Sitzungen statt, unter anderem tagt täglich das Staatliche Krisen- und Katastrophen­schutzmanagement, SKKM, also auch am Mittwoch.

Zu den Fragen 9 bis 11, 15 bis 19, 30 bis 35, 37 bis 38, 40 bis 41 und 43 bis 44 (Oh-Rufe bei der SPÖ):

Diese Fragen wird der Herr Gesundheitsminister beantworten, da sie in seine Vollzie­hung fallen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Auch Sie kennen die Bundesver­fassung, glaube ich.

Zu den Fragen 12 bis 13:

Wir erleben derzeit die vierte Welle der Coronapandemie in weiten Teilen Europas. Im Sommer waren Portugal, Spanien und Frankreich mit moderaten Anstiegen der Infek­tionszahlen konfrontiert. Seit Ende September sind dann die Infektionszahlen in Osteu­ropa wieder sehr stark angestiegen. Neben den baltischen Staaten, Rumänien und Bul­garien hat die Welle dann auch unsere Nachbarstaaten Slowakei und Slowenien er­reicht – und wenige Tage danach auch Österreich.

Noch im Sommer – ich betone: noch im Sommer – sind die meisten Expertinnen und Experten davon ausgegangen, dass es nicht mehr zu Ausgangsbeschränkungen für die gesamte Bevölkerung kommen muss, um das Pandemiegeschehen einzudämmen, da wir mit der Impfung einen wirksamen Schutz vor dem Virus haben. Leider ist es nicht gelungen – wie ich schon betont habe –, ausreichend viele Menschen in unserem Land von der Schutzwirkung der Impfung zu überzeugen, und leider nimmt die Wirksamkeit des Impfschutzes auch rascher ab, als wir ursprünglich gedacht hatten und als auch die Experten ursprünglich eingeschätzt haben. Aus diesem Grund war es bedauerlicherwei­se notwendig, die Maßnahmen zu setzen, die die Bundesregierung vergangenen Freitag mit den Landeshauptleuten und der SPÖ vereinbart hat. (Bundesrätin Hahn hält eine Tafel mit einem Foto von Sebastian Kurz und drei anderen Personen sowie der Auf­schrift: „Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft: Endlich wieder miteinander“ in die Höhe.)

Zur Frage 20:

Es gibt derzeit noch kein Enddatum für den Lockdown für Ungeimpfte (Bundesrat Stei­ner: Spalter!), aber jeder, der noch nicht geimpft ist, hat es selbst in der Hand, indem er noch heute zur Impfung geht. (Bundesrat Spanring: Tu das, was dir die Regierung sagt, und du wirst belohnt, tu es nicht, und du wirst ...! China 2.0!) Das ist mir ein sehr wichtiger Punkt. Jeder von uns hat es selbst in der Hand, sich zu schützen, sein Umfeld zu schüt­zen. Wir können Kampagnen machen, wir können überzeugen, alle Medien helfen uns, aber, Verzeihung, jeder von uns hat letztlich auch eine gesamtgesellschaftliche Verant­wortung. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Spalter und Hetzer!)

Zu den Fragen 21 und 22:

Besonders in Krisenzeiten sind eine gemeinsame Kommunikation und eine klare Linie essenziell. (Bundesrat Spanring: Geh!) Es gibt das klare Verständnis innerhalb der Bun­desregierung, dass es unerlässlich ist, geeint und mit einer Stimme zu sprechen. (Bun­desrat Spanring: Ja, das haben wir gehört!) Das haben wir in den letzten Tagen bewie­sen (Heiterkeit bei BundesrätInnen von SPÖ und FPÖ – Ruf bei der FPÖ: Super!), und mir als Bundeskanzler ist es ein ehrliches Anliegen, das auch weiter so zu handhaben.


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Ich habe letzten Freitag gesagt, dass ich neben dem Gesundheitsminister stehe, wir diese harten Maßnahmen gemeinsam erklären, und ich stehe auch hier wieder neben dem Gesundheitsminister. Was immer Sie sagen, diese Bundesregierung agiert ge­schlossen (Rufe bei der ÖVP: Jaaa!), und das wird sie in dieser Krise auch weiterhin tun. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Der arme Herr Bundesminister! Leidgeprüft und leidgeplagt von der ÖVP! Der arme Herr Bundesminister muss sich das alles ... und wird gedemütigt! – Bundesrat Spanring: Seine Wortmeldung ist „entbehrlich“!)

Zu den Fragen 23 und 24, die sich an sich an andere Ressorts richten:

Im Pflegefondsgesetz beziehungsweise im COVID-19-Zweckzuschussgesetz wurden die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass der Bund einen Zuschuss an die Länder beziehungsweise Gemeinden für außerordentliche Zuwendungen an bestimmte Personengruppen im Krankenhaus beziehungsweise Pflegebereich leistet. Der Kosten­ersatz des Bundes ist mit durchschnittlich 500 Euro pro Bezieherin und Bezieher be­grenzt. Die Auszahlung der Zuwendungen an die Betroffenen erfolgt aber nicht vom Bund, das obliegt den jeweiligen Dienstgebern. Diese werden im Übrigen nicht daran gehindert, großzügigere Bonusregelungen zu gewähren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zur Frage 25:

Wir haben in den vergangenen Jahren, sehr geehrte Damen und Herren, viel über das Virus gelernt und auch darüber, welche Hilfen besonders effizient und wirkungsvoll sind. (Bundesrat Steiner: Ihr habt zwei Jahre verschlafen!) Wir nutzen daher ganz bewusst den bewährten Instrumentenkoffer, um Unternehmen jetzt bestmöglich zu unterstützen und Arbeitsplätze zu sichern. Dadurch sind wir schneller startklar, und die Unternehmer kommen noch schneller zu ihrem Geld. Einige Hilfen wie die Kurzarbeit, die Garantien oder der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 5 Prozent für Gastronomie, Beherbergung und Kultur laufen noch. Darüber hinaus haben wir uns entschlossen, mit dem Ausfall­bonus, dem Verlustersatz und dem Härtefallfonds bereits erprobte Hilfen zu reaktivieren und zu verlängern, ebenso den NPO-Fonds, den Veranstalterschutzschirm und die Ga­rantien.

Darüber hinaus wird auch das bewährte Instrument der Steuerstundung und -herabset­zung zur Verfügung stehen, falls Unternehmen rasch Liquidität brauchen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zur Frage 26:

Die Unternehmen kennen diese Hilfen und wissen, wie man sie beantragt. Auch die zu­ständigen Stellen sind mit der Abwicklung bestens vertraut. Daher werden wir schneller Hilfe leisten können, und die Unternehmer werden – da wir die bekannten Instrumente heranziehen – auch schneller zu ihren Hilfen zu kommen. Ein Teil der Hilfen wird noch heuer beantragbar sein. An der bisherigen raschen Bearbeitungsdauer ändert sich nichts. Beim Ausfallbonus etwa betrug die durchschnittliche Bearbeitungsdauer sieben Tage. (Bundesrat Steiner: Die Auszahlungsdauer! Nicht die Bearbeitungsdauer, die Auszahlungsdauer!)

Zur Frage 27:

Die Coronakurzarbeit ist bis Ende des Jahres befristet. Das Bundesministerium für Arbeit befindet sich in Gesprächen mit den Sozialpartnern über die Frage einer möglichen An­passung der geltenden Regelungen.

Zur Frage 28:

Im Rahmen der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung und mit den Landeshaupt­leuten wurde ganz klar vereinbart, dass die Schulen für all jene, die es benötigen, offen bleiben. Auch in der Pressekonferenz am vergangenen Freitag haben Bundesminister


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Mückstein und ich uns klar dazu bekannt. (Bundesrätin Hahn: Das ist die schlechtes­te ... Entscheidung, die man überhaupt treffen konnte! Die absolut schlechteste ... Ent­scheidung!)

Wie im Erlass des Bundesministeriums geregelt, gibt es weiterhin ein engmaschiges Testsystem für jene, die weiterhin in die Schule gehen und Präsenzunterricht erhalten. Jene, die aufgrund der aktuellen Situation durch die Erziehungsberechtigten entschuldigt zu Hause bleiben, erhalten ein entsprechendes Lernpaket, um eventuelle Bildungslü­cken zu vermeiden und den Schulerfolg auch weiterhin zu garantieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zur Frage 29:

Die derzeit geltende Verordnung des Gesundheitsministers untersagt selbstverständlich grundsätzlich die Organisation von Veranstaltungen während des Lockdowns. Das Ver­sammlungsrecht ist allerdings ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht. Eine Untersagung kann immer nur im Einzelfall und unter Berücksichtigung der in Art. 11 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegten Gründe erfolgen.

Eine Untersagung kann auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts­hofes für Menschenrechte stets nur Ultima Ratio sein. Dies trifft auch auf den Untersa­gungsgrund des Schutzes der Gesundheit zu. Die Entscheidung, ob eine Versammlung zum Schutz der Gesundheit zu untersagen ist, ist unter Zugrundelegung einer entspre­chenden virologischen Einschätzung der sachverständigen Gesundheitsbehörde von der Versammlungsbehörde zu treffen.

Zur Frage 36:

Die momentan gültige Freistellung für Schwangere gilt bis Ende des Jahres. Das Bun­desministerium für Arbeit evaluiert gerade die Situation dahin gehend, ob eine weitere Verlängerung notwendig ist. Ich bitte um Verständnis, dass nähere Details erst nach der Evaluierung vom Bundesminister präsentiert werden können. (Bundesrätin Schumann: Die armen Frauen, ...!)

Zur Frage 39:

Die rechtsextreme Szene wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus­bekämpfung stringent und dauernd beobachtet. Die Gefahrenlage, gleich welcher Art und Zusammensetzung, wird laufend evaluiert und bewertet. Gefährdungseinschätzun­gen hinsichtlich der rechtsextremen Szene werden ständig vorgenommen und daraus polizeiliche Maßnahmen abgeleitet. Neben rund 500 Anzeigen, unter anderem wegen Nichteinhaltung der Covid-Maßnahmen, wurden alleine bei der Versammlung am 20. No­vember in Wien 12 Anzeigen nach dem Verbotsgesetz erstattet. Die Verharmlosung der Verbrechen des NS-Regimes oder das Anstellen von geschmacklosen Vergleichen kann und wird von dieser Bundesregierung nicht akzeptiert werden. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Und, last but not least, zur Frage 42:

Die Behauptung trifft nicht zu und ist nicht richtig. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.16


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich erteile nunmehr dem Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Beantwortung der zweiten Anfrage das Wort. – Ich bitte darum.


16.17.01

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! (Die BundesrätInnen der FPÖ


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halten Tafeln mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ in die Höhe.) Die Coronapande­mie hat weite Teile Europas wieder fest im Griff. Nicht nur in Österreich, sondern auch rund um uns herum steigen die Infektionszahlen wieder stark an. Es gibt viele Gründe, warum wir in diese Situation geraten sind. Die Impfquote ist viel zu gering. Die Deltava­riante des Virus ist weitaus ansteckender als der Wildtyp. Der Impfschutz lässt nach fünf bis sechs Monaten nach und verlangt nach einer Auffrischung. Und ja, auch Geimpfte können das Virus weitertragen.

Es gibt nicht zuletzt auch einen saisonalen Effekt. Der Herbst treibt uns alle nach innen. Die Bedingungen für das Virus werden besser. FFP2-Masken indoor schützen vor Über­tragungen, auch hier im Bundesrat.

Eines sage ich Ihnen an dieser Stelle: Wir hören die Alarmsignale aus den Spitälern, wir hören die Hilferufe von den Medizinerinnen und Medizinern, von den Pflegekräften. Wir müssen jeden Tag um Menschen trauern: Gestern sind 72 Menschen in Österreich an Corona verstorben.

Umso wichtiger war es, dass wir letzte Woche die Entscheidung hin zu einem 20-tägigen Wellenbrecherlockdown und einer Impfpflicht getroffen haben. Gemeinsam können wir die vierte Welle brechen und eine fünfte verhindern. Wir müssen jetzt alle entschieden handeln, um die Welle zu brechen, um die Spitäler zu entlasten und um Menschenleben zu retten. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen und auch an dieser Stelle noch einmal dazu aufrufen, bevor ich Ihre Fragen beantworte: Lassen Sie uns jetzt gemein­sam an einem Strang ziehen! Und an die Menschen draußen: Bitte halten Sie sich an die Maßnahmen, gehen Sie impfen, erneuern Sie Ihren Schutz! Nur gemeinsam schaffen wir den Weg aus dieser Krise.

Nun zur Beantwortung Ihrer Fragen (Bundesrat Steiner: Ist das alles, was der zu sagen hat?):

Zu den Fragen 1 und 2:

Da möchte ich mich den Ausführungen des Bundeskanzlers anschließen und betonen: Gerade in der Pandemiebekämpfung ist es wichtig, gemeinsam an einem Strang zu zie­hen und auch gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Eines ist klar: Niemand will einen Lockdown. Er ist ein grobes Instrument und er belastet uns alle, aber er ist ein verlässliches Instrument und ein Instrument, das wir haben, um diese Welle zu brechen. (Abgeordnete der SPÖ deuten auf die Tafeln in die Höhe haltenden BundesrätInnen der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Herr Präsident! – Rufe bei der ÖVP: Peter!)

Zur Frage 3:

Bereits im Zuge der zweiten Welle wurden auf Initiative meines Ressorts in jedem Bun­desland IntensivkoordinatorInnen eingerichtet, die PatientInnen bei Bedarf in andere Krankenanstalten und auch in andere Bundesländer transferieren.


Präsident Dr. Peter Raggl: Entschuldigung, Herr Bundesminister! – Darf ich die FPÖ-Fraktion bitten, die Tafeln wieder wegzugeben? (Die BundesrätInnen der FPÖ legen die Tafeln auf den Pulten ab. Bundesrat Spanring: Wenn der Präsident das sagt, dann mache ich das selbstverständlich!)


Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein (fortsetzend): Zur Frage 4:

Es liegt in der Zuständigkeit der Krankenanstalten, zu entscheiden, welche Operationen verschoben werden können. Verschiebungen von elektiven Eingriffen, also von geplan­ten Eingriffen, sind abhängig von der Situation in den einzelnen Bundesländern. Das wird jetzt schon seit einiger Zeit präventiv durchgeführt. Dem Gesundheitsministerium werden über diese Verschiebungen von Operationen keine Meldungen übermittelt.


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Zur Frage 5:

In der aktuellen Lage ist es leider unumgänglich, dass in einzelnen Bundesländern we­niger dringliche Eingriffe verschoben werden müssen. Dabei wird größtmöglicher Be­dacht auf die individuelle Situation gelegt. (Bundesrat Steiner: Wo passiert das gerade?)

Zur Frage 6:

Um Kapazitäten in den Normal- und Intensivstationen zu schützen, wurden Maßnahmen wie der seit gestern gültige Lockdown erlassen. Durch die Kontaktreduzierungen kommt es zu weniger Ansteckungen und somit zu weniger Hospitalisierungen. Zusätzlich sind wir mit den IntensivkoordinatorInnen und Trägern im Austausch. Auch die steigende Durchimpfungsrate sowie im Speziellen die dritte Dosis tragen zu einer Entlastung bei.

Zur Frage 7:

Durch die nun seit 20 Monaten bestehende Pandemie ist es zu Überlastungssituationen gekommen. Genaue Zahlen zu Personalabgängen liegen bei den Trägern. Durch die geplante allgemeine Impfpflicht kommt es in dieser Berufsgruppe zu keinen strengeren Regeln als in der Allgemeinbevölkerung.

Zu den Fragen 8 und 17:

Die österreichische Bundesregierung hat sich am vergangenen Freitag gemeinsam mit den Bundesländern und der SPÖ darauf verständigt, dass ein Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht eingeleitet wird.

Das entsprechende Gesetz wird unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft erarbeitet. Es handelt sich hierbei um den Start­schuss für einen umfassenden Prozess, an dessen Ende Details zu Organisation, Kom­munikation, Sanktionierung, Ausnahmen und so weiter stehen werden. Ein ordentliches Begutachtungsverfahren ist der Bundesregierung dabei ein großes Anliegen.

Zur Frage 9:

Die Bundesregierung hat im Ministerrat vom 26. Oktober 2021 beschlossen, das Bun­deskrisensicherheitsgesetz auf den Weg zu bringen. Damit sollen die staatliche Resi­lienz und Koordination in Krisen verbessert werden, auch basierend auf den Erfahrungen der Pandemie. Dies entspricht dem Regierungsprogramm. Im Zuge dessen wird es auch zu Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes kommen.

Zur Frage 10:

Die Maßnahmenplanung in dieser Pandemie basiert sowohl auf Publikationen von re­nommierten Fachjournalen als auch auf nationalen und internationalen Daten. Konkret sind dabei die epidemiologische Situation, Parameter wie Neuinfektionen, Inzidenz und die Reproduktionszahl zu nennen.

Um welche Maßnahme es konkret geht, ist der Anfrage nicht zu entnehmen.

Zur Frage 11:

Ich darf auf die bereits vom Bundeskanzler gegebene Antwort verweisen.

Zur Frage 12:

Maßnahmen sind nur dann wirksam und effektiv, wenn wir sie gemeinsam umsetzen. Vor diesem Hintergrund sind wir als Bundesregierung laufend im Gespräch mit den Lan­deshauptleuten, um über notwendige Verschärfungen zu beraten und gemeinsam Ent­scheidungen zu treffen.

Zu den Fragen 13 und 14:

Da darf ich ebenfalls auf die bereits vom Bundeskanzler gegebene Antwort verweisen.


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Zur Frage 15:

Als Arzt und Gesundheitsminister ist mir der Gesundheitsschutz ein besonderes Anlie­gen. Ziel war es für mich daher immer, die dafür notwendigen Maßnahmen durchzuset­zen. Dabei war viel Überzeugungsarbeit notwendig. Ich bin froh, dass wir nun alle an einem Strang ziehen und diese Pandemie gemeinsam und konsequent bekämpfen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ja, aber ...!)

Der Lockdown ist das verlässlichste Instrument, das wir haben, um diese Welle zu bre­chen. (Bundesrat Spanring: Seit wann? Seit zwei Jahren merkt man, dass er nichts bringt!) Wenn wir jetzt gemeinsam handeln, wenn wir alle diese Entscheidung mittragen, dann wird sie auch zum Ziel führen. (Bundesrat Spanring: Unfassbar! Das ist wirklich traurig!) Wir werden die Zahlen herunterbringen, wir werden das Personal auf Inten­sivstationen entlasten können, und wir werden dadurch Leben retten können. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner: Jedes Mal das Gleiche ... anderes Ergebnis er­warten ...!)

Zur Frage 16:

Seit Anfang August gibt es für die Bundesländer die Möglichkeit, PCR-Testungen aus einer BBG-Rahmenvereinbarung abzurufen. Davon haben mittlerweile fast alle Bundes­länder Gebrauch gemacht. Dabei müssen aber die unterschiedlichen regionalen Gege­benheiten mitberücksichtigt werden.

Zur Frage 17:

Ich verweise auf meine Antwort zur Frage 8.

Zu den Fragen 18 und 19:

Neben dem kostenlosen und niederschwelligen Impfangebot wird durch betriebliches Impfen, durch Impfungen an Schulen und zielgruppengerechte Kommunikation an der Steigerung der Impfrate gearbeitet. Zusätzlich versendet mein Ressort ein Erinnerungs­schreiben zu den weiteren empfohlenen Impfungen. Außerdem schickt der Dachverband im Auftrag meines Ressorts ein Informationsschreiben an noch Ungeimpfte.

Zur Frage 20:

Im Austausch mit der Ärztekammer und der Fachgesellschaft werden verschiedene Maßnahmen geprüft, um das Angebot an Fachärzten und Fachärztinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie nachhaltig zu verbessern. Zudem sind Änderungen der Ärzte-Ausbil­dungsordnung, die zur besseren Versorgung beitragen, in Letztabstimmung. (Bundesrat Steiner: Das wäre alles nicht nötig!)

Zu den Fragen 21 und 22:

Ich darf auf die bereits vom Bundeskanzler gegebene Antwort verweisen.

Zur Frage 23:

Die Bundesregierung stimmt sich zu allen Vorlagen und Vorhaben ab. Selbstverständlich wird dabei auch auf die epidemiologische Lage Rücksicht genommen und diese regel­mäßig thematisiert.

Zur Frage 24:

Wichtig ist, dass in einer Krise alle an einem Strang ziehen. Ich betone das Gemeinsame an dieser Stelle so explizit, weil es immer wichtig ist, dass zuerst unterschiedliche Stand­punkte auf einen Nenner gebracht werden (Bundesrat Schennach: ... sehr spät!) und dass ab dann gemeinsame Entscheidungen getroffen werden. (Bundesrat Steiner: Da müsst ihr klatschen!)


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Zu den Fragen 25 bis 27:

Ich darf auf die bereits vom Bundeskanzler gegebene Antwort verweisen.

Zur Frage 28:

Die in der Vergangenheit angeordneten Ausreisekontrollen haben in einigen Fällen nachweisbar zu einer Reduktion des Fallgeschehens geführt. (Bundesrat Steiner: Wo?) Allerdings hängt das Infektionsgeschehen von vielen Faktoren ab, daher ist die Herstel­lung eines kausalen Zusammenhangs mit einzelnen Maßnahmen schwierig. (Bundesrat Steiner: Wo? Sagen Sie das dazu, wo! Der schwartelt und schwartelt! – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Zur Frage 29:

Die Impfrate jedes Bezirks ist öffentlich zugänglich. Die konkreten Impfaktionen in den Bezirken liegen in der Kompetenz der Bundesländer. Zu entscheiden, welche regionalen Gegebenheiten berücksichtigt werden können, ist Aufgabe der Bundesländer und dort auch am besten aufgehoben. Als Bund unterstützen wir mit Empfehlungen und mit der Impfstofflogistik. (Bundesrat Steiner: Traurig!)

Zur Frage 30:

Ungeimpfte Personen sollen über ihr erhöhtes Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, und über die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer kostenlosen Impfung informiert werden. Deshalb wird der Dachverband der Sozialversicherung Anfang Dezember ein Informationsschreiben an ungeimpfte Personen schicken. Dabei wird ein konkreter Impf­termin für den jeweiligen Adressaten angekündigt.

Zur Frage 31:

Ja, mein Ministerium erhält täglich einen E-Impfpassauszug. Dieser ist eine verlässliche Grundlage für die Überwachung des Impffortschritts.

Diese Daten sind außerdem öffentlich zugänglich. Es gibt keinen Unterschied in diesen Datenquellen. Auf der Homepage info.gesundheitsministerium.at/opendata sind Daten zu verabreichten Impfdosen im Zeitverlauf nach Bundesland, nach Dosis, nach Impfstoff und Geschlecht tagesaktuell abrufbar.

Zur Frage 32:

Aktuell wird davon ausgegangen, dass die Covid-19-Schutzimpfung der Firma Pfizer bereits Ende November die Zulassung für die fünf- bis elfjährigen Kinder bekommen wird. (Bundesrat Steiner: Unglaublich!) Nach dieser Zulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA wird das Nationale Impfgremium eine detaillierte Empfehlung für diese Altersgruppe aussprechen.

Zur Frage 33:

Für die Durchführung der Kinderimpfungen sind grundsätzlich die Bundesländer zustän­dig, mein Ressort gibt die Rahmenbedingungen vor. Aktuell sind alle Länder darauf vor­bereitet, Impftermine für diese Altersgruppe anzubieten. Zusätzlich konnte mein Ressort durch die Novellierung der Schulärzteverordnung Impfungen im Schulsetting weiter ver­einfachen. Dabei stehen wir in gutem Austausch mit dem Bildungsressort.

Zur Frage 34:

Dazu darf ich auf die bereits erfolgte Antwort des Bundeskanzlers verweisen. (Ruf bei der SPÖ: ... evaluiert!)

Zur Frage 35:

Nein, die Auswertung von Durchimpfungsraten nach Wirtschaftsklassen beziehungswei­se Berufsgruppen ist datenschutzrechtlich komplex. (Bundesrat Spanring: ... Daten­schutz! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Der Umsetzungsprozess ist jedoch bereits


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gestartet, und die Möglichkeit der Erfassung dieser Berufsgruppe im Speziellen wird eva­luiert. (Bundesrat Steiner: ... furchtbar!)

Bereits bisher wurde zur Erhöhung der Durchimpfungsrate auf diesen Bereich ein beson­derer Fokus gelegt, zum Beispiel wurde die Impfung zusammen mit den zu betreuenden Personen ermöglicht. Darüber hinaus wurde und wird im Rahmen der zweiwöchig statt­findenden Sitzung der LandesimpfkoordinatorInnen kontinuierlich an dieser Thematik gearbeitet.

Zur Frage 36:

Zahlen zu den Todesfällen bekommen wir täglich aus den Meldungen der Bundesländer sowie über die Meldung ins EMS. Zu Hospitalisierungszahlen liegt uns ein tagesspezifi­scher Stand vor, der auf den Kapazitätsmeldungen der Bundesländer basiert. Der Impf­status wird in einer wöchentlichen Abfrage bei den Bundesländern erhoben. Es zeigt sich zudem ein deutlicher Unterschied in der Inzidenz der Geimpften und der Unge­impften. (Bundesrat Steiner: Inzidenz, ja, aber nicht Hospitalisierung! ... unglaublich!)

Zur Frage 37:

Dazu darf ich auf die bereits erfolgte Antwort des Bundeskanzlers verweisen.

Zur Frage 38:

Die Zielsteuerungspartner Bund, Länder und Sozialversicherung haben sich Anfang Oktober auf einen gemeinsamen Versorgungspfad für Long-Covid-Betroffene geeinigt. Zentral dabei sind die strukturierten primären und sekundären Assessments, die die niederschwellige Versorgung sicherstellen. Der Beschluss muss jetzt umgesetzt werden, um bestehende Angebote voll und konsistent zusammenzuführen.

Zur Frage 39:

Seitens der Gesundheit Österreich GmbH werden laufend Literaturrecherchen zu ver­schiedensten Themen der Covid-Versorgung und ‑Folgen sowohl im nationalen als auch im internationalen Kontext durchgeführt. Des Weiteren wurde auch von der Ages eine Übersicht zu Long Covid und Kindern erstellt.

Die Frage 40 wurde bereits vom Bundeskanzler beantwortet.

Zur Frage 41:

Die Tätigkeit während der Coronapandemie im vergangenen wie auch im aktuellen Jahr war für die Pflegenden extrem fordernd und hat Pflegepersonen physisch und psychisch viel abverlangt. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung Bonuszahlungen an Pflege­kräfte veranlasst. Darüber hinaus ist das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz dabei, die Bundesländer zusätzlich etwa im Bereich des BesucherInnenmanagements zu unterstützen.

Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Pflegeberufen ist ein zentrales Anliegen meines Ressorts. Auch wenn den Ländern neben privaten Trägern die Zuständigkeit für die Festlegung der Personalschlüssel zukommt, bin ich bestrebt, die Zusammenarbeit mit den Ländern zu intensivieren und da Verbesserungen herbeizuführen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Es wurden seitens meines Ressorts bereits erste Maßnahmen ergriffen. Für die Ausbil­dung neuer Pflegekräfte sind ab 2022 zusätzlich 50 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen; damit sollen etwa Praktika während der Ausbildung bezahlt und die Kosten, die Perso­nen für die Pflegeausbildung aufwenden müssen, reduziert werden. Weiters starten wir das zukunftsweisende Pilotprojekt der Communitynurses. Damit sind nächstes Jahr erst­malig 150 Communitynurses in Österreich aktiv. Zusätzlich treiben wir auch den Ausbau


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der Hospiz- und Palliativversorgung mit den Ländern und der Sozialversicherung massiv voran.

Zur Frage 42:

Es liegen uns keine Daten zur Wirksamkeit von Ivermectin gegen Covid-19 vor, es gibt aber die ersten Vergiftungen in Österreich. Für eine Behandlung dieses Krankheitsbildes ist es außerdem nicht zugelassen – also Ivermectin ist für die Behandlung von Covid-19 nicht zugelassen.

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, die EMA und sogar der Hersteller selber haben mittlerweile eine explizite Warnung vor dem Einsatz von Ivermectin bei Covid-19 ausgesprochen.

Zur Frage 43:

Auf der Homepage meines Hauses werden acht Datensätze tagesaktuell veröffentlicht. Darüber hinaus werden weitere Zahlen zur aktuellen Lage über das Impfdashboard des Gesundheitsministeriums und über das Dashboard der Ages veröffentlicht. Die von Dr. Neuwirth verarbeiteten Zahlen kommen aus einem täglichen E-Impfpassauszug. Aus rechtlichen Gründen darf jedoch nicht der gesamte Datensatz veröffentlicht werden.

Im Allgemeinen verfügen die Bezirksverwaltungsbehörden über die aktuellsten Zahlen. Teilweise werden von den Bezirksverwaltungsbehörden aber andere Parameterdefini­tionen verwendet. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

16.36


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Bun­desrates die Redezeit jedes Mitglieds des Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten be­grenzt ist.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.


16.36.40

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, diese Sondersitzung ist not­wendig geworden, jedoch nicht, weil es in unserem Land, der Republik Österreich, so gut ausschaut. In den letzten paar Minuten, bei der Beantwortung der Fragen hatte ich das Gefühl, als sei alles in Ordnung, muss ich wirklich sagen. Ich bin sehr schockiert über die Redebeiträge, in welcher Lockerheit heute hier gesprochen wird.

Frau Kollegin Schumann hat es vorhin angesprochen: Es liegen über 500 Menschen auf Intensivstationen, über 3 000 Menschen in den Spitälern, sie kämpfen um ihr Leben, ums Überleben. Bei dieser Sondersitzung stellt sich für uns heute auch die Frage: Wer hat Schuld? Wer hat Schuld an diesem Lockdown? Wer hat Schuld an der momentanen Lage? Wer hat Schuld daran, dass wir jetzt so weit sind, dass wir eine Impfpflicht ein­führen müssen? – Das ist ganz klar, hat eine Handschrift: Das ist die ÖVP und das sind die Grünen. Das muss man auch einmal ganz, ganz deutlich festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich ein bisschen in die Vergangenheit zurückschauen, auf die letzten Mo­nate – nicht auf die letzten 20 Monate, aber die letzten Monate –: Was sich in unserem Österreich, in unserem geliebten Österreich, abgespielt hat, ist ja eigentlich unfassbar.

Es war im Juni oder Juli, als der Bürgermeister von Wien, der Landeshauptmann von Wien, gesagt hat, er muss in Wien ein paar Maßnahmen einführen, damit man eben auf


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Nummer sicher geht. Man muss schauen, dass man die Menschen schützt! Und zur gleichen Zeit geht man seitens der Türkisen, seitens Altkanzlers Kurz her und plakatiert in ganz Österreich: Die Pandemie ist beendet, liebe Leute, Freedomday ist bald da!

Wenn es um ein Sachthema gehen würde, dann würde ich jetzt ganz klar sagen: Gut, kann passieren, man kann vielleicht ein bisschen Werbung für irgendetwas machen! Da geht es aber um Menschen, die heute aus diesem Grund im Spital liegen: 3 000 Men­schen hospitalisiert und über 500 Menschen auf Intensivstationen – und jetzt habe ich noch nicht angesprochen, wie viele Menschen eigentlich schon verstorben sind. Frau Kollegin Schumann hat es vorhin gesagt: 12 000 Menschen sind verstorben; über eine Million Erkrankte. Da muss schon die Frage erlaubt sein: Ist das alles notwendig gewe­sen? Ist das alles in aller Härte notwendig gewesen? (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Bürgermeister Ludwig hat vorgezeigt, wie es gehen kann, wenn man Maßnahmen setzt, wenn man sich durchsetzt und sagt, man verschärft. Mein Landeshauptmann im Burgen­land hat gesagt: Wählen wir einen kreativen Zugang! Belächelt sind wir worden! Belä­chelt sind wir worden: Jetzt macht der Landeshauptmann im Burgenland eine Impflot­terie! Gestern war es dann so weit, dass der ORF – nach vier, fünf Monaten – diese Idee auch aufgegriffen hat. Auch der ORF sagt jetzt: Machen wir doch eine Impflotterie im ganzen Land! Dieser kreative Zugang wurde damals belächelt.

84 Prozent der impfbaren Bevölkerung im Burgenland sind bereits geimpft. Wenn ich diese Zahl nenne, dann aus dem Grund: Hätten wir nämlich länderübergreifend diese 84 Prozent der impfbaren Bevölkerung oder 75 Prozent der Bevölkerung, in der gesam­ten Republik Österreich, dann hätten wir jetzt nicht drei Wochen Lockdown – drei Wo­chen Wirtschaftskrise, verursacht durch diese Bundesregierung, drei Wochen Gesund­heitskrise, verursacht durch diese Bundesregierung, nur weil man Eigenwerbung betrie­ben hat und weil man zu stolz war, zu stolz, um gute Maßnahmen auch mit umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es macht uns zornig. Es macht uns zornig. Vorige Woche, Herr Minister, haben Sie das Burgenland und Wien hervorgehoben. Sie haben in den Medien gesagt, das hat gepasst: Burgenland und Wien sind ganz weit vorne bei der Impfquote, bei den Maßnahmen. – Dann kommt gestern ein Nationalratsabgeordneter, Herr Hörl (Heiterkeit der Bundesrä­tInnen Schennach und Schumann), und richtet uns aus, dass wir uns in Tirol in die Seilbahnen setzen dürfen. Obwohl sich das Burgenland und obwohl sich Wien solida­risch erklärt haben, die Maßnahmen mitzutragen – wir müssten das ja aufgrund unserer Zahlen gar nicht machen –, geht er her und sagt: Die Seilbahnen füllen wir jetzt an und dann – um noch eins draufzusetzen – sperren wir in den Bergen vielleicht die Restau­rants auch noch auf! – Ganz ehrlich: Was ist da los? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was ist mit euch los? Das kann doch nicht wahr sein! Und das ist keine Solidarität (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl), drei Tage später – das ist einfach nicht in Ordnung!

Oder Minister Faßmann: Wir kennen Minister Faßmann. Sein Lieblingssatz: Klar ist! Klar ist! – Ich höre das überall: Klar ist! – Wissen Sie, was klar ist? – Dass alles unklar ist, das ist klar. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Schulen sind vor ein, zwei Tagen auch in einem totalen Chaos gewesen. Meine Tochter hat mich angerufen und hat gesagt: Bitte, richte Herrn Minister Faßmann aus, dass es so nicht weitergehen kann, dass die Kinder wieder verunsichert sind, die Eltern verunsichert sind. – Auch das hat man beim vierten Lockdown nicht zusammengebracht. Jetzt sperren wir eh schon viermal zu, normalerweise sollte man schön langsam wissen, wie es geht – eine Schande! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt könnte ich aber sagen (Bundesrat Schennach: Die größte Schwachstelle der ...!): Die SPÖ macht heute eine Sondersitzung, man regt sich über den Bundeskanzler, über


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den Minister auf, aber nein (neuerlicher Zwischenruf des Bunderates Schennach), ich sage ganz offen: Prof. Filzmaier hat gestern gesagt, 75 Prozent der Österreicher vertrau­en dieser Regierung nicht mehr. 75 Prozent! Wissen Sie, was da übrig bleibt? 25 Pro­zent – das könnt ihr euch dann zwischen ÖVP und Grünen aufteilen und sehen, was das bedeutet. 75 Prozent der Bevölkerung sagen, sie können mit dieser Regierung nicht mehr und sie vertrauen ihr nicht mehr. (Bundesrat Schennach: So ist es!)

Das, was Landeshauptleute vorgelebt haben, ein Landeshauptmann Doskozil, ein Lan­deshauptmann Ludwig, die gesagt haben: Das Wichtigste, das wir brauchen, ist Vertrau­en!, haben diese umgesetzt. Und dann gehen Sie heute her, Herr Bundeskanzler, und gießen wieder Öl ins Feuer. Sie sagen nämlich heute zum wiederholten Mal zur Freiheit­lichen Partei, die gesagt hat, wir wollen keine Impfpflicht haben: 65 Prozent haben sich solidarisch verhalten, 35 Prozent nicht.

Wissen Sie, was das eigentlich bedeutet, Herr Bundeskanzler? – Wenn Sie eine Familie mit drei Leuten haben, ist die Chance schon ziemlich groß, dass einer dabei ist, der sich vielleicht nicht solidarisch verhält. Jetzt möchte ich Sie heute einmal hier fragen, Herr Bundeskanzler: Würden Sie das auch zu Hause sagen? Würden Sie auch zu Hause sagen: Ja, liebe Tochter oder lieber Tante oder lieber Cousin, eigentlich bist du unsolida­risch, du bist nicht in Ordnung. – Das macht man so nicht! So wird man nie Erfolg haben. Sie haben da noch weiter gespalten, Sie spalten! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Deshalb bringe ich auch einen Vorschlag ein, Herr Gesundheitsminister. Ich bringe heute einen Vorschlag ein: Wenn wir es schaffen – vielleicht schaffen wir es gemeinsam –, diese Impfquote zu heben, vielleicht könnten wir uns das Burgenland mit 85 Prozent der impfbaren Bevölkerung als Beispiel nehmen, vielleicht schaffen wir das, dann brauchen wir keine Impfpflicht. Man könnte das einmal als Ansatz nehmen, mit einer proaktiven Werbung für die Impfung, um vielleicht alle, die sich impfen lassen wollen, noch ins Boot zu holen. Schauen wir, dass wir es gemeinsam schaffen – und dann holen wir vielleicht die FPÖ auch noch ins Boot. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich sage Ihnen nämlich eines: Es ist ein Trugschluss, dass vonseiten der FPÖ gesagt wird, sie sind generell alle gegen die Impfpflicht. Ich bin überzeugt davon, dass viele dabei sind, die sich impfen lassen und die dabei wären, aber da muss man halt einen gewissen Zugang haben und nicht noch weiter spalten. 65 Prozent sind solidarisch, 35 Prozent sind nicht solidarisch – das lernt schon jeder in der Schule, dass man das so nicht macht, wenn man ein gemeinsames Zusammenleben haben möchte. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Wir sind in einer ganz schwierigen Situation, wir sind in einer Wirtschaftskrise – drei Wo­chen haben wir jetzt einen Lockdown –, wir haben eine massive Gesundheitskrise. Ich möchte Sie auch fragen, Herr Gesundheitsminister: Wie haben Sie das eigentlich ge­meint? Wie soll das jetzt funktionieren – sagen Sie mir das! –, wir haben zwei, drei Wo­chen Lockdown, und heute haben wir knapp 10 000 Infizierte, gestern, vorgestern waren es an die 14 000, 15 000, wenn Sie schon wissen und das auch überall sagen, dass die Auswirkungen dieser Zahlen erst in zwei, drei Wochen kommen? Sie können mir ja nicht erzählen, dass dann weniger auf den Intensivstationen liegen werden oder weniger hospitalisiert werden. Das sagt mir eigentlich der Menschenverstand.

Was machen wir dann? Und versprechen wir doch nicht irgendetwas, was nicht gehen wird! Wenn Sie jetzt, heute, hier, sagen, am 12. Dezember ist fix offen oder am 13., haben alle, die geimpft sind, Halligalli und der Rest nicht, dann wird das schwierig sein, wenn die Spitäler voll sind und wenn die Zahl der Hospitalisierungen noch so hoch ist, wie sie heute ist, nämlich mit vielleicht 3 000 Menschen. Oder gehen wir dann alle ge­meinsam auf den Christkindlmarkt und sagen: Nein, wir feiern weiter!? – Das wird es nicht spielen.


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Hören Sie also einmal auf mit diesen Versprechen! Versprechen Sie nicht irgendetwas! Gehen Sie nicht zu den Medien und sagen: Das wird so und so sein!

Da möchte ich heute Clemens Oistric, Chefredakteur von „Heute“, zitieren, der norma­lerweise sehr zurückhaltend ist, der einiges festgehalten hat. Am 24.9. hat Ihr Vorgänger, Herr Bundeskanzler Schallenberg, gesagt: „Was ich fix sagen kann: Es wird sicher kei­nen Lockdown und keine Einschränkungen mehr für Geimpfte geben.“ – Versprechen gebrochen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) „Aus meiner Sicht ist die Pandemie für Geimpfte vorbei.“ – Sebastian Kurz, 24.9, auch dort, am gleichen Ort – versprochen, gebrochen. (Bundesrat Spanring: Kurz-Geschichte!)

Wolfgang Mückstein, Sie haben damals gesagt und versprochen: „Eine Impfpflicht wird es nicht geben.“ – Da muss man dann so ehrlich zu sich selber sein: Dieses Versprechen haben Sie gebrochen.

Dann hat uns Herr Gernot Blümel in der „ZIB 2“ auf die Frage, wie es so ausschaut, ausgerichtet: Die Pandemie ist vorbei. – Wissen Sie, wann das war? – Am 13.10.2021 in der „ZIB 2“ – versprochen, gebrochen. (Bundesrat Schennach: Ui, ui, ui!)

Wir stehen in Wahrheit vor den Trümmern einer Mutlospolitik, die Sie seit Monaten ma­chen. Ich sage Ihnen und richte Ihnen aus: Bitte, hören Sie mit den Versprechungen auf! Hören Sie endlich auf und sagen Sie nicht irgendetwas! Wir können Zielvorgaben ge­meinsam besprechen. Wenn wir zum Beispiel diesen Vorschlag mit den 85 Prozent ein­bringen können, dass in jenen Bundesländern, die 85 Prozent Durchimpfung erreichen, keine Impfpflicht kommt, dann wäre das eine Motivation. Wir haben noch einige Wochen Zeit.

Wie es wirtschaftlich ausschaut, habe ich angesprochen. Ich möchte Ihnen ein Erlebnis von voriger Woche erzählen: Da ist eine Frau vor mir gestanden, eine Friseurin mit zwei Kindern, und hat gesagt, sie kann die Rechnungen die nächsten drei, vier Wochen nicht mehr bezahlen. – Wissen Sie – und das habe ich auch schon öfters an dieser Stelle gesagt –, es ist leicht, wenn man in einem Amt ist, wenn man Bundeskanzler ist, wenn man Minister, Bundesrat, Nationalratsabgeordneter ist; dann muss man schon ein biss­chen selbst reflektieren. Wir haben kein Problem, aber die, die jetzt vielleicht drei Wochen kein Trinkgeld bekommen, weil sie eben Geldleistungen von Dritten notwendig haben – Kellner im Gastronomiebereich, Friseure, wie ich gerade erwähnt habe –, ha­ben schon ein Problem. Das ist dann nicht mehr so lustig, wenn Sie einen Zahlschein nach Hause bekommen und sehen: Ui, das kann ich jetzt aber nicht einzahlen.

Herr Mückstein, Sie haben mir bei der ersten Sitzung eigentlich imponiert. Sie haben gesagt – das weiß ich noch –, Sie sind bereit, sozial Schwächeren zu helfen. Das war immer auch in Ihrer Ordination ein Credo: den sozial Schwächeren zu helfen. Sehen Sie, was jetzt passiert? – Wir müssen diesen Menschen jetzt rasch helfen. Da frage ich schon: Sie waren zum Beispiel gegen die Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Wissen Sie, was das bedeutet, wie das psychisch für Leute sein muss, wenn man die Hacklerre­gelung abschafft? Wenn man dann sagt, Hacklerregelung ist abgeschafft, und ihr sagt: Hurra!? – Die Menschen befinden sich momentan eh schon in schwierigsten Situationen, in ganz Österreich, und dann noch zu sagen: Hast du halt um 300 Euro weniger ab Jänner!, ist nicht in Ordnung.

Wenn wir jetzt gemeinsam in der Pandemie, gemeinsam in dieser Krise etwas erreichen wollen, wenn wir die Freiheitlichen ins Boot holen wollen, na dann müssen Sie uns aber auch entgegenkommen und sagen: Na gut, wir müssen einsehen, dass einiges halt nicht gepasst hat, und wir wollen auch denen, die es jetzt brauchen, entgegenkommen, damit sie überleben können. – Ich sage es ganz beinhart. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­desrätin Steiner-Wieser.)

Deshalb haben wir heute auch einen Entschließungsantrag verfasst, den ich jetzt verle­sen möchte:


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„Das Leben für sehr viele Menschen wird immer teurer und für mehr und mehr immer schwerer leistbar. Den Menschen geht es dadurch oft schlechter als noch vor einigen Jahren. Aufgabe der Politik ist es aber“ – diesbezüglich sind wir hier herinnen hoffentlich einer Meinung –, dass wir diesen Menschen helfen. „Alles andere wäre die Selbstauf­gabe der Politik.“

Diese Coronakrise hat uns gezeigt, wie eine Teuerungswelle auf uns zugekommen ist – Stichwort Preise beim Tanken, Heizölpreise. 400 000 Menschen müssen jetzt wieder in Kurzarbeit. Sie wissen, was das bedeutet: enorme finanzielle Verluste. Wir müssen die­sen Menschen jetzt helfen!

Deshalb lese ich die Beschlussformel des Antrages vor und hoffe auch, dass Sie diesem Entschließungsantrag heute zustimmen, dass Sie sich von diesem Entschließungsan­trag heute überzeugen lassen.

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „soziale Krise verhindern, Teuerung bekämpfen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert ein Maßnahmenpaket gegen die Teuerung – insbesondere in den Bereichen Wohnen, Energie und beim täglichem Einkauf – dem Bundesrat sowie dem Nationalrat ehebaldig zuzuleiten. Folgende Maßnahmen sollten dabei besonders berücksichtigt werden:

1. Vorziehen und sofortiges Inkrafttreten der Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer

2. Senkung der Mehrwertsteuer im Bereich Strom und Gas sowie Einführung eines Win­terzuschusses in der Höhe von 300 Euro für einkommensschwache Haushalte

3. Erhöhung der Pendlerpauschale für kleine und mittlere Einkommen durch Umstellung von Steuerfrei- auf Steuerabsetzbetrag

4. Valorisierung der Studienförderung für Studierende

5. Sonderteuerungsausgleich für Pensionistinnen und Pensionisten mit kleinen Pen­sionen.“

*****

Sie wissen, das ist jene Generation, die unser Land aufgebaut hat. Ich denke, das ist unterstützenswert. – In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

16.52


Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „soziale Krise ver­hindern, Teuerung bekämpfen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Ver­handlung.

Des Weiteren zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christian Buchmann. Ich erteile ihm die­ses.


16.52.28

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie uns via ORF III zugeschaltet


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sind oder uns über den Livestream zuhören! Für mich haben der Herr Bundeskanzler und der Herr Gesundheitsminister nachvollziehbar und detailliert die gestellten Fragen - - (Heiterkeit bei der SPÖ.) – Ja, sinnerfassend zuhören ist eine Gabe. (Rufe bei der SPÖ: Genau!)

Ich verstehe das, aber ich glaube trotzdem, dass es eine nachvollziehbare und detail­lierte Schilderung der aktuellen Lage war, dass diese Fragen beantwortet wurden, dass es auch ein Gebot der Stunde war – der Herr Bundeskanzler, aber auch der Herr Ge­sundheitsminister haben darauf hingewiesen –, dass sich die Bundesregierung mit den Landeshauptleuten von ÖVP und SPÖ am vergangenen Freitag über eine zukünftige weitere Vorgangsweise verständigt hat und dass auch der Hauptausschuss des Natio­nalrates mit den Stimmen der ÖVP, der SPÖ und der Grünen die Maßnahmen gemein­sam beschlossen hat.

Es ringt mir Respekt ab, dass Menschen Verantwortung übernommen haben – Verant­wortung in einer sehr schwierigen Situation für das Land, Verantwortung, die nicht ein­fach ist, weil sie bedeutet, die Freiheitsgrade unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger ein­zuschränken, weil sie bedeutet, dass Menschen, die sich haben impfen lassen, trotz dieser Impfung in einen Lockdown gehen müssen, und weil sie bedeutet, dass unser Gesundheitssystem dennoch immer noch schweren Belastungen ausgesetzt ist und da­mit unser Land insgesamt vor einer großen Herausforderung steht.

Faktum ist, dass uns die aktuelle Covid-19-Pandemie seit nahezu zwei Jahren massiv einschränkt, dass diese Pandemie – es wurde heute bereits angesprochen – mittlerweile mehr als 12 100 Menschenleben gefordert hat und dass unser Gesundheitssystem an den Grenzen des Machbaren ist – der Herr Gesundheitsminister hat darauf hingewiesen, und ich weiß es aus eigener Erfahrung, wie schwierig die Situation in unseren Kranken­häusern und in unseren Pflegeeinrichtungen ist. Meine Frau arbeitet im Gesundheits­system, und ich habe daher in den vergangenen Tagen auch wiederholt die Möglichkeit gehabt, mit Ärztinnen und Ärzten das Gespräch zu suchen, ich habe die Möglichkeit gehabt, mit dem Pflegepersonal zu reden, und ich habe gesehen, welchen Belastungen alle, die in diesem Gesundheitsbereich arbeiten, ausgesetzt sind und dass die Luft dünn wird, wenn es darum geht, dieses System aufrechtzuerhalten.

So gesehen waren die Entscheidungen vom vergangenen Freitag und letztendlich auch vom Wochenende notwendig – ob sie hinreichend sein werden, um dieser Pandemie Herr zu werden, werden die nächsten Tage zeigen, und es wird ein Faktum sein, dass es auch an allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern liegt, ob wir unsere Aufgaben erfüllen können. Was meine ich damit? – Ich meine, dass jeder persönlich seine Entscheidungen treffen kann, damit wir unsere Freiheitsgrade zurückbekommen, damit wir unser Ge­sundheitssystem handlungsfähig halten können, damit wir letztendlich auch unsere Volkswirtschaft und unsere Wirtschaft, die ja die Basis für den Wohlstand in unserem Land ist und die auch für die Arbeitsplätze sorgt, wieder in ruhigere Fahrwasser bringen können.

Warum stehen wir vor dieser ganz, ganz schwierigen Herausforderung und was sind die Hintergründe? – Zum einen ist es natürlich das sich dynamisch entwickelnde Virus, das uns in der jeweiligen Mutation vor Herausforderungen stellt, es gibt aber auch Lags. Das ist nichts Außergewöhnliches, aber für viele Menschen ist es ein neues Faktum, dass wir Lags haben, nämlich Lücken im Erkennen eines Problems, dass wir Lags haben bei der Entscheidung bezüglich der Maßnahmen, wie wir dieses Problems Herr werden wol­len, und dass wir letztendlich dann auch Wirkungslags haben, wie wir die Erkenntnisse und die Maßnahmen, für die wir uns entschieden haben, dann auch umsetzen – bezie­hungsweise im Falle des Virus, wie wir diesen auch bekämpfen wollen.

Diese Lags treffen uns auf der gesamten Reise, der Erzählung der vergangenen zwei Jahre. Wir haben zunächst einmal Schwierigkeiten gehabt, zu verstehen, was dieses


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Virus bedeutet, wie dieses Virus wirkt, welche Möglichkeiten die Forschung und die Me­dizin haben, mit diesem Virus umzugehen, und das war mit ein Grund, warum es den ersten Lockdown gegeben hat: um auch Zeit zu gewinnen, um all diese Fakten aufzuar­beiten. So hat es sich in den letzten mehr als 20 Monaten entwickelt, dass diese Erkennt­nislags immer wieder aufgetreten sind, und ich zitiere den Herrn Bundeskanzler, der zu den Fragen 12 bis 13 auch Folgendes gemeint hat: „Noch im Sommer [...] sind die meis­ten Expertinnen und Experten davon ausgegangen, dass es nicht mehr zu Ausgangsbe­schränkungen für die gesamte Bevölkerung kommen muss, um das Pandemiegesche­hen einzudämmen, da wir mit der Impfung einen wirksamen Schutz vor dem Virus ha­ben“.

Ja, das war die Ausgangssituation vor dem Sommer, daher hat es auch die eine oder andere Kampagne gegeben, die Mut zugesprochen hat, die Lust gemacht hat, den Som­mer auch entsprechend zu genießen, und auch namhafte Expertinnen und Experten ha­ben damals noch nicht davon gesprochen, dass die Wirksamkeit einer Impfung mögli­cherweise nicht so lange anhalten wird, wie wir es uns nach dem ersten und zweiten Stich erträumt haben. Das ist der Grund, warum wir jetzt eben die Phase des dritten Stiches haben: eine Phase, in der wir in Erkenntnis und nach Entscheidung dieser Maß­nahme – die Freigabe, dass der dritte Stich schon ab dem vierten Monat erfolgen kann – letztendlich auch wieder Freiheitsgrade gewinnen können, wenn die Mitbürgerinnen und Mitbürger diese Möglichkeit annehmen.

Es wird immer wieder die Frage gestellt – Kollege Kovacs hat das ja auch angespro­chen –: Wer ist schuld? – Angesichts von Erkenntnislags, angesichts von Entscheidungs­lags und angesichts von Wirkungslags ist es für die Bevölkerung relativ uninteressant, darüber zu spekulieren, wer Schuld hat. Ich habe - - (Bundesrätin Schumann: Das glaube ich nicht!) – Ja, ich glaube das schon, weil zumindest in den Gesprächen, die ich habe, sagen mir Mitbürgerinnen und Mitbürger: Wir möchten nicht wissen, was nicht geht, wir würden gerne wissen, was geht und wie es geht. – Und jeder von uns hat die Möglichkeit, zu sagen, wie es geht (Zwischenrufe bei der SPÖ), nämlich, Frau Kollegin Schumann, indem wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger einladen, durch ein solidari­sches Verhalten gemeinsam an dieser Solidargemeinschaft teilzuhaben und ihren Bei­trag, ihren persönlichen Beitrag zu leisten.

Es macht relativ wenig Sinn, politisches Kleingeld zu wechseln. Es macht einzig und allein Sinn, alles dafür zu tun, was unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger wollen: Sie wol­len wieder ihre Freiheit und ihre Normalität haben, um ihren Aufgaben wieder wie ge­wohnt nachzugehen, sei es in der Familie, sei es im Beruf, sei es in der Gesellschaft oder auch in den vielen ehrenamtlichen Tätigkeitsbereichen, die es gibt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Was wollen wir? Wir wollen in Frieden und in Freiheit leben – das, glaube ich, eint uns. Wir wollen angstfrei leben – auch das eint uns, wie ich im Hohen Haus voraussetze. Ich glaube, es eint uns auch, dass wir sozial abgesichert in diesem schönen Land leben wollen. Und wir wollen ein funktionierendes Gesundheitssystem, das dann, wenn wir die Unterstützung und die Hilfe brauchen, auch für uns da sein kann, und dass es nicht so ist, wie Kollegin Schumann angesprochen hat, dass Ärztinnen und Ärzte vor den schwie­rigen Fragen der Triage stehen. Das kann nicht unser gemeinsames Wollen sein. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Grimling.)

Und letztendlich wollen wir eine Wirtschaft, die international verflochten und touristisch aktiv arbeiten kann, wo Gewerbe und Handwerk, wo der Handel und alle anderen Wirt­schaftssektoren ihre Aufgaben als Basis für den Wohlstand in unserem Lande und als Basis für nachhaltige Arbeitsplätze, die Einkommen für die Menschen in unserem Lande gewährleisten, wahrnehmen können.


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Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Was ist in diesen Tagen die Rolle der Politik? Es wird jeder von uns seine eigene Rolle definiert haben. Für mich ist die Rolle der Politik, Ver­trauen zu stiften, auch Vertrauen in unpopuläre Maßnahmen. Mein steirischer Landes­hauptmann Hermann Schützenhöfer sagt immer, dass man das Unpopuläre populär ma­chen muss, auch wenn es möglicherweise gegen den Zeitgeist ist. Ich glaube, die Bun­desregierung, die Landeshauptleute und dankenswerterweise drei Fraktionen dieses Hau­ses haben in den letzten Tagen bewiesen, dass sie verstanden haben, dass man Unpo­puläres populär machen muss. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich bedanke mich ausdrück­lich auch namens vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger, die mich angerufen haben, für die­ses gemeinsame Vorgehen, denn es ist ein Zeichen, dass wir verstanden haben, dass dieses Land in einer schwierigen Situation ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Was erwartet man sich noch von einem Politiker, außer dass er versucht, Vertrauen zu stiften? Man erwartet, dass er auch versucht, Sicherheit zu geben. Wir vergessen sehr, sehr häufig, dass wir in diesen Tagen alle bei Unsicherheit entscheiden. Bei Sicherheit zu entscheiden ist relativ einfach, da kann ich eine Eintrittswahrscheinlichkeit angeben und dann die Entscheidung bei relativer Sicherheit treffen. Wenn man bei Unsicherheit entscheidet, ist die Angabe einer Eintrittswahrscheinlichkeit sehr schwierig, und daher entscheiden wir alle gemeinsam bei Risiko. (Bundesrätin Hahn: Weil die Frage nicht vorbei ist!) Das tut die Bundesregierung, das machen die Landesregierungen, das ma­chen die Landesparlamente und das machen auch wir hier im Bundesrat als die Länder­vertretung im Parlament.

Nicht immer sind alle Entscheidungen, die wir treffen, im Rückspiegel möglicherweise die optimalen gewesen, aber wir haben sie nach bestem Wissen und Gewissen in Ver­antwortung gegenüber den Menschen im Lande getroffen. Das sollten wir den Menschen auch sagen. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Deswegen bin ich dankbar, dass heute der ORF überträgt, daher bin ich dankbar, dass wir auch eine Medienöffentlichkeit haben, denn die Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, dass diese Verantwortung auch für die Sicherheit der Menschen in unserem Lande eine große ist und dass sie uns sehr, sehr bewusst ist. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen. – Zwischen­ruf der Bundesrätin Hahn.)

Das Dritte, was die Menschen in unserem Land von uns erwarten, von der Bundesre­gierung, aber auch von jedem Mandatar, der Verantwortung trägt, ist, dass wir Stabilität geben. Daher bin ich dankbar – der Herr Bundeskanzler hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen –, dass die Sicherungssysteme im wirtschaftlichen Bereich während der bisherigen Lockdowns bereits zum Tragen gekommen sind. (Zwischenruf der Bun­desrätin Schumann.) Sie reichen aber bis in den Kulturbereich hinein, bis in die NGOs hinein, gehen bis zur Sicherung der Arbeitsplätze – Stichwort: Kurzarbeit.

Ich glaube, es ist ein wichtiges Zeichen für die Menschen im Lande, dass wir verstanden haben, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist, dass die Politik mit dem Geld der Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler versucht, diese Systeme - - (Bundesrätin Schumann: Die Sozialpartnerschaft macht das!) – Sie sehen mich, Frau Schumann, da nicht in ei­nem Widerspruch, ich bin ein großer Anhänger der Sozialpartnerschaft. Ich komme selbst aus der Sozialpartnerschaft, war ein gelehriger Schüler. Ich glaube, dass auch die Sozialpartnerschaft hier wesentliche Beiträge geleistet hat, aber entscheidend ist, dass jeder Einzelne von uns zur Stabilität beitragen kann. Das ist keine Einbahnstraße: Das kann die Politik mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tun, das können aber auch der Steuerzahler und die Steuerzahlerin tun, indem sie sich solidarisch ver­halten und impfen lassen.

Ich habe darauf hingewiesen, dass das politische Umfeld in einer Pandemie natürlich kein einfaches ist. Angesichts von großen Unsicherheiten ist es als politische Partei na­türlich verlockend, auch zu versuchen, dabei politisches Kleingeld zu wechseln. Die


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Sozialdemokratie hat sich dankenswerterweise darauf verständigt, jetzt bei diesen Maß­nahmen mitzutun. Sie wollen auf der einen Seite mittun, auf der anderen Seite aber trotzdem eine besonders kritische Linie in der Argumentation aufweisen. Das ist in Ord­nung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich freue mich jedenfalls, dass drei sehr verantwor­tungsbewusste Landeshauptleute gemeinsam mit Ihrer Parteivorsitzenden und den Mit­gliedern der Sozialdemokratie im Hauptausschuss mitgemacht haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Dafür Respekt und ein Dankeschön. Die Bürgerinnen und Bür­ger schätzen diese gemeinsame Vorgangsweise. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bun­desrat Steiner: Das hat man am Samstag gesehen, wie groß die Wertschätzung ist!)

Es wird die Kollegen der Freiheitlichen Partei nicht wundern, dass mich manche Argu­mentationen und manche Vorgangsweisen der Freiheitlichen Partei in den vergangenen Tagen durchaus sprachlos, manchmal auch fassungslos zurücklassen. Taferl in die Ka­mera zu halten ist die eine Sache, Masken zu tragen dort, wo es angebracht ist, ist eine andere Sache. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Der war gut!) Menschen mit Fakenews zu irritieren ist im politischen Zusammenspiel schon weniger schön. Fundamentalopposition ist etwas, was ich nicht nachvollziehen kann. (Bundesrat Spanring: Das ist aber Ihr Pro­blem, wenn Sie es nicht nachvollziehen können!) Man kann in Teilbereichen jedenfalls oppositionell denken und handeln, aber mit hanebüchenen Vergleichen grundsätzlich alles durch Sonne und Mond zu schießen ist einer Partei, die auch schon Regierungs­verantwortung getragen hat, meiner Meinung nach unwürdig. (Bundesrat Steiner: Aber die Regierung!)

Verschwörungstheorien, die auch über die sozialen Netze publiziert werden, die man als kleine Lächerlichkeiten abtun könnte – ich wiederhole sie nicht, um ihnen nicht eine zu hohe Publizität zu geben –, sind in einer Pandemie sicher nicht der Sache dienlich. (Bun­desrätin Steiner-Wieser: Sagt der Herr Doktor außer Dienst!) Der Herr Gesundheitsmi­nister hat schon darauf hingewiesen, dass diese dubiosen Ratschläge zur medikamentö­sen Behandlung der Covid-19-Pandemie sicher alles andere als gut sind. Manche wür­den sie sogar als fahrlässig bezeichnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Stei­ner: Der Herr Doktor außer Dienst sagt das!) – Wenn du schon darauf hinweist, könntest du auch sagen, dass ich immer noch Apotheker bin, was ich aber auch nicht bin, weil ich einen anderen Ausbildungszweig absolviert habe – aber es passt schon. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Was ist also in den nächsten Wochen und Monaten zu tun? Wie können wir das errei­chen, was wir uns alle sehnlichst wünschen, nämlich unsere Freiheitsgrade zurückzube­kommen, den Lockdown zu beenden und unser normales Leben wieder aufzunehmen? (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ja, da muss die Regierung zurücktreten, dann haben wir unsere Freiheit wieder!) Was können wir also tun? – Wir können einmal zur Kenntnis nehmen, Lockdown hin und Lockdown her - - Wenn der Fraktionsvorsitzende der FPÖ bei den Ausführungen des Bundeskanzlers dazwischengerufen hat, die vierte, fünfte, sechste, siebente, achte, neunte Impfung (Bundesrat Steiner: Die zehnte! Zehnte!), die zehnte Impfung, dann muss ich sagen, es wird möglicherweise so sein, wie es sich auch bei der Grippeimpfung darstellt, dass nämlich möglicherweise in regelmäßigen Abstän­den Impfungen notwendig sein werden. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Die Grippe ist aber nicht vergleichbar!) Das wünschen wir uns alle zusammen nicht, aber es könnte ein Ergebnis sein. (Bundesrat Spanring: Die Grippeimpfung ist freiwillig!)

Wie auch immer, wir werden mit diesem Virus leben müssen. (Bundesrat Steiner: Gibt es eine Impfpflicht bei der Grippeimpfung, oder wie?!) – Ob es dir passt oder nicht, wer­den wir mit diesem Virus leben müssen. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Wenn wir mit diesem Virus halbwegs in Sicherheit umgehen wollen – das ist der Stand der Wissenschaft und der Forschung, der Herr Bundeskanzler und der Herr Gesundheitsmi­nister mögen mich falsifizieren –, ist aktuell eben die Impfung jenes Mittel, mit dem wir


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diese Freiheitsgrade zurückbekommen können. (Bundesrat Spanring: Die Wissen­schaft! Die Wissenschaft ist immer der aktuelle Stand des Irrtums! Schon einmal ge­hört?!)

Das heißt, das Angebot an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger ist: Bitte nutzen Sie die Chance! Nutzen Sie die Chance, die kostenlos angeboten wird! Nutzen Sie die Chance der Impfung, des Erststichs, des Zweitstichs, für jene, die das schon getan haben, auch des Drittstichs! Tun Sie das Notwendige! Wir alle zusammen werden erleben, ob es hinreichend ist. Und insbesondere an die Kollegen der Freiheitlichen Partei gerichtet: Jetzt ist die Stunde der Patrioten und nicht der Chaoten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.11


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm das Wort.


17.11.31

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Kanzler! Jetzt ist er wieder nicht mehr hier! Jetzt kennen wir uns nicht mehr ganz aus. Zuerst hat es geheißen, er kommt nicht, dann war er hier, jetzt ist er nicht mehr hier. Es ist ja symptomatisch für diese Bundesregierung, dass die linke Hand nicht weiß, was die rech­te tut. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Was aber neu ist, ist, dass das Bundeskanzleramt nicht weiß, was der Bundeskanzler tut. Das ist neu. Herr Minister, Sie sind wenigstens hier.

Werte Kollegen! Kollege Buchmann hat es gerade angesprochen, sonst wäre es mir gar nicht aufgefallen: Genau heute sind Sie ja wieder vollständig maskiert, denn heute sind ja auch wieder die Kameras dabei. Da haben wir natürlich vollständige Maskierung bei uns im Hohen Haus. (Beifall bei der FPÖ.)

Liebe Zuseher, liebe Österreicher! Herr Kollege Buchmann hat von Chaoten gespro­chen. Liebe Österreicher, die Sie von dieser chaotischen Bundesregierung wieder ein­mal zum Lockdown verdammt wurden und uns heute via Bildschirm von zu Hause aus verfolgen müssen, in Zeiten, in denen eine Regierung nun schon mehr als knapp zwei Jahre Management by Chaos betreibt und dieses zur Königsdisziplin erhoben hat, gibt es in Österreich wenig zu lachen. Es gibt aufgrund des völligen Scheiterns dieser Regie­rung auf allen Ebenen wenig zu lachen.

Nahezu täglich gibt es umfangreichere Einschränkungen unserer Grund- und Freiheits­rechte. Die Menschen in unserem Land werden von Lockdown zu Lockdown geführt, das Land ist in einem wirtschaftlichen und finanziellen Chaos und wird mit Vollgas gegen die Wand gefahren. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Die Gesellschaft wird von den ver­gesslichen oder korrupten, vor allem aber arroganten und ignoranten Türkisen natürlich mit dem grünen Beiwagerl bewusst gespalten, um vom eigenen Versagen und den kor­rupten Machenschaften abzulenken. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesra­tes Schreuder.)

Trotzdem, meine Damen und Herren, ist mir vor wenigen Tagen, am vergangenen Don­nerstag, ein leichtes Lachen über die Lippen gekommen (Ruf bei der ÖVP: Jetzt bin ich gespannt!), als ich erfahren habe, dass die SPÖ eine Sondersitzung einberuft und eine Dringliche Anfrage an den Herrn Kanzler und an den Herrn Minister unter dem Titel „Co­rona-Totalversagen dieser Bundesregierung“ stellt, 77 Fragen aufwirft und das Manage­ment der Regierung kritisiert – jene SPÖ, die den zweiten, den dritten, den vierten Lock­down mitgetragen hat und dafür gestimmt hat; jene SPÖ, die beim grünen Pass mitge­stimmt hat, die für die Impfpflicht mitgestimmt hat. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Schumann und Kovacs.) – Herr Kollege Kovacs, ich muss Sie berichtigen: Wir sind nicht für eine Impfpflicht, wir sind für die Freiwilligkeit der Impfung. (Beifall bei der FPÖ.)


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Es ist jene SPÖ, die 3G am Arbeitsplatz mitgetragen hat und dabei im Liegen umgefallen ist, und auch jene SPÖ, die die 2G-Regeln in den Bildungseinrichtungen, der Gastro­nomie, dem Tourismus und vieles mehr überhaupt nicht kritisiert und damit die Diskrimi­nierung der österreichischen Bürger zustimmend in Kauf genommen hat. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Und heute gehen die Genossen her und wettern gegen diese Bundesregierung, obwohl sie selbst willfährige Steigbügelhalter sind, eigentlich müsste man sagen Komplizen die­ser unsäglichen türkis-grünen Regierungskoalition, also gegen das selbst mitverursach­te Missmanagement, für das ihr euch billig kaufen habt lassen. Und kaufen tut die ÖVP, wie wir wissen, ja bekanntlich gerne. (Beifall bei der FPÖ.)

Liebe SPÖ! Was Sie machen, ist ja Selbstgeißelung in Reinform, denn Sie sind ja bei jedem Schmarren dabei und prangern es danach an. Das ist ja gerade fast so, als wür­den Sie einem Brandstifter ein Feuerzeug schenken, und wenn dann das ganze Haus Österreich abfackelt, gehen Sie zum Brandstifter und fragen ihn, wie denn das hat pas­sieren können. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das ist ein absoluter Wahnsinn, was Sie da machen, und es ist nichts anderes als eine offen kommunizierte Selbstanzeige. (Beifall bei der FPÖ.)

Während Sie sich heute selbst anzeigen, nehme ich die Gelegenheit wahr, einige dieser gemeinsamen Wahnsinnigkeiten aufzuzeigen. Da ist der unmittelbare Konnex zu Ihnen, Herr Minister für Gesundheit, der wie kein anderer mit unermüdlicher Konsequenz die Menschen in unserem Land tagtäglich physisch und psychisch krank macht. Das ist ein toller Zugang für einen Gesundheitsminister. Die Menschen in diesem Land fühlen sich von Ihnen und auch vom Herrn Platzhalterkanzler zu Recht belogen und betrogen, weil Sie ihnen ständig neue Märchengeschichten auftischen. Und wer Märchen erzählt, ist halt nicht glaubwürdig.

Daher kommt es vielleicht auch, dass Sie sich in kürzester Zeit so oft widersprechen, dass man glauben könnte, Sie trainieren für eine olympische Disziplin oder für einen Eintrag ins „Guinness Buch der Rekorde“ – der traurigen Rekorde.

Sie sagen, wir haben eine zu geringe Durchimpfungsrate und müssen mehr impfen, am besten eh alle von null bis 100, nach Ihrer Vorstellung wahrscheinlich in der Endphase mit x-Stichen im wöchentlichen Rhythmus, um am vergangenen Sonntag dann in der „ZIB 2“ zu verlautbaren, wir sind Europameister im Impfen. – Ja, das passt gut zusammen.

Sie sagen impfen, impfen, impfen, denn nur wer geimpft ist, ist geschützt, um dann wie­der am vergangenen Sonntag öffentlich einzugestehen – ich zitiere –: „Wir haben die Situation, dass wir wissen, dass auch [...] geimpfte Menschen das Virus weitergeben können. Das haben wir vorher nicht gewusst.“ (Bundesrat Spanring: Guten Morgen!) – Ja, guten Morgen! Das haben Sie nicht gewusst! Ja, da liegt die Schuld vielleicht bei uns Freiheitlichen, denn wir haben monatelang darauf hingewiesen, aber vielleicht ist das in der Realität zu leise ausgefallen. Vielleicht haben wir die über 100 Vorschläge, die wir in Form von Anträgen entsprechend formuliert haben, zu leise formuliert, weshalb diese nicht ins Wartezimmer des Gesundheitsministeriums durchgedrungen sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Das meistgespielte Lied in diesem Gesundheitsministerium ist sowieso der Titelsong von Pippi Langstrumpf: Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt. – Deswegen müssen dann auch immer wieder bezahlte Regierungsexperten ausreiten, um die Märchenge­schichten zu wiederholen, um beispielsweise von 90 Prozent Ungeimpften auf den Inten­sivstationen zu berichten, um wissenschaftliche Harvard-Studien in Misskredit zu brin­gen, öffentlich zu belächeln, die aber belegen, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Impfquote und der Höhe der Infektionszahlen gibt, oder auch um eine Stanford-Stu­die von Professor Ioannidis anzuzweifeln, die besagt, dass der Lockdown, den Sie jetzt wieder ausgerufen haben, keine Wirkung auf das Infektionsgeschehen hat.


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Dabei darf die Realität bei Ihnen natürlich keinen Platz haben, jene Realität, die bei­spielsweise am 18. November 2021 in Kärnten wie folgt lautet. (Bundesrat Schreuder: Die Realität ist auf den Intensivstationen!) – Ja, Herr Kollege Schreuder, pass auf! Ich weiß, du bist auch einer dieser Lemminge, aber wenn du dich ein bisschen mit der Realität befasst, könntest du auch einmal einen anderen Zugang haben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder. Ich sage dir jetzt einmal, wie die Realität in Kärnten aussieht (Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl) – ja, auch Herr Kollege Kornhäusl, bitte hört zu –: 210 Patienten befinden sich am 18. November in Kärnten auf der Normalstation, davon sind 51 Prozent geimpft, 49 Prozent ungeimpft. 35 Patienten befinden sich auf der Intensivstation, davon sind 46 Prozent geimpft, 54 Pro­zent ungeimpft.

Diese Zahlen, meine Damen und Herren, habe nicht ich erfunden und heute mitgebracht (Bundesrat Kornhäusl: Aber falsch interpretiert!), sondern – im Gegensatz zu dem, wie Sie es immer machen, wenn einfach irgendetwas propagiert wird – diese Zahlen sind in einer Aussendung des Kärntner Landespressedienstes vom 18. November offiziell mit­geteilt worden. Das ist nicht nur in Kärnten so, sondern das ist auch in anderen Bundes­ländern so.

Ich weiß aber, Ihnen sind die Fakten, die Realität und die Evidenz sowieso egal, denn jetzt haben Sie ja ein Vorhaben auf der Agenda, das sogar von Ihrem persönlichen Oberpatienten in der Hofburg unterstützt wird, nämlich Impfpflicht für alle. Wir sagen ganz klar (eine Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ auf das Rednerpult stel­lend): Nein zu diesem Impfzwang! Nein zu dieser Impfpflicht!

Sie gehen ja frei nach Goethe vor: „Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ Pflicht bedeutet gleichzeitig Zwang. Das geht sogar so weit, dass Sie nicht einmal mehr vor den Kindern zurückschrecken. Für mich ist das übrigens – und das sage ich Ihnen noch ein­mal in aller Deutlichkeit – absolut ein Verbrechen. Die Printmedien titeln dann mit Stolz: Jetzt sind auch die Kinder dran. Wenn ich heute lese, dass es Impfstraßen für Kinder geben soll, dann habe ich ein schreckliches Bild der Geschichte vor meinen Augen. Ich sage Ihnen: Hände weg von unseren Kindern! (Beifall bei der FPÖ und Bravoruf des Bundesrates Steiner. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wen wird es denn als Nächste treffen? – Jene Menschen wird es als Nächste treffen, die im Vorjahr von dieser Regierung noch vollmundig als die „Helden des Alltags“ be­zeichnet wurden. Das war beispielsweise das Gesundheitspersonal. Die sollen jetzt auch zwangsgeimpft werden, obwohl wir wissen, dass viele bereits angedroht haben, im Falle dieser Pflicht- und Zwangsimpfung zu kündigen und ihren Beruf aufzugeben.

Herr Minister, damit Sie nachher nicht wieder sagen können, Sie haben es nicht gewusst, darf ich Ihnen mitteilen, dass es schon jetzt einen akuten Personalmangel im Pflegebe­reich gibt. Vielleicht sollten Sie diese willkürlichen Maßnahmen und Zwangsmaßnahmen zum Wohle der Gesundheit der Österreicher noch einmal überdenken.

Wobei: Frau Edtstadler ist ja schon dabei, entsprechende Sanktionen zu erklären. Da frage ich mich, wie weit das gehen wird. Wie weit wird es denn gehen, wenn die Strafen nicht mehr fruchten? Was wird man machen? Wird man den Eltern vielleicht das Obsor­gerecht und den Unternehmern die Gewerbeberechtigung entziehen? Gibt es vielleicht für jene, die durch Ihr Missmanagement arbeitslos geworden sind, dann kein Arbeitslo­sengeld mehr, wenn sie sich nicht impfen lassen, oder nimmt man ihnen die Gemeinde­wohnung weg, nachdem zuvor ihre Pensionsansprüche verfallen sind? Was haben Sie denn vor? Wie weit ist denn diese totalitär anmutende Regierung bereit zu gehen?

Dabei wurden die Impfstoffe allesamt mit einer Notzulassung in Umlauf gebracht, wobei bei den Akkordstichaktionen mit Sicherheit das vertrauensvolle Gespräch mit dem Arzt keinesfalls zu kurz kommen wird. Zumindest sehen Sie das in Ihrem Paralleluniversum


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immer so. Niemand ist bei diesen Impfstoffe bereit, die Haftung für Impfschäden zu über­nehmen, weder der Erzeuger noch der Staat noch die EU. Die Impfstoffe kommen mit begleitenden Lotterien – also das ist ja an Schwachsinn nicht mehr zu überbieten – am besten wieder in Flugzeugen, in Messehallen, in Bordellen oder in Impfbussen in Form von Massenimpfungen zur Anwendung.

Ist es dann übrigens völlig egal, wie sich das auf das Infektionsgeschehen auswirkt? Das ist nämlich interessant. Wenn nämlich dort Hunderte Leute anstehen, um diese Impfung zu erlangen, weil sie von Ihnen zu dem Stich gedrängt werden, ist das völlig egal. Da gibt es keine Infektionsgeschehen, weil das Virus natürlich weiß, dass es zu unterschei­den hat – klar, denn bekanntlich ist es sehr intelligent.

In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen noch eines mit auf den Weg geben: Da spre­chen wir von einem Prozentsatz von 90 Prozent. Ich spreche von den Menschen, die sich in den letzten Wochen haben impfen lassen. Die haben sich nicht aus Angst vor Corona impfen lassen, denn die Menschen haben im Gegensatz zu Ihnen schon lang im Bekannten-, Freundes- und Familienkreis mitbekommen, dass Ihre sündteure Märchen­werbung „Wer geimpft ist, ist geschützt“ nichts mit der Wahrheit zu tun hat. Sie haben sich vielmehr impfen lassen, weil sie von Ihren Repressalien und Ihrem G-Regime genug haben. Sie beide haben ihnen ja Freiheit für die Geimpften versprochen. Seit letztem Freitag ist diesen Menschen, ebenso aber allen, die sich zuvor freiwillig haben impfen lassen, bewusst, dass sie von denen da oben ein weiteres Mal belogen und betrogen worden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Schwer genug haben Sie es ja allen gemacht. Da bin ich mir aber sicher: Das war nicht bewusst, sondern das war wieder einmal der Unfähigkeit der handelnden Personen ge­schuldet. Jedem, der auch nur eins und eins fehlerfrei zusammenzählen kann, sollte einleuchten: Wenn man Selbsttests und Antigentests verbietet und diese keine Gültigkeit mehr haben, dann wird es natürlich einen wahren Run auf die PCR-Tests geben, weil ja jeder so einen Test vorweisen muss. Dieses Rechenbeispiel dürfte aber für diese Regie­rung wieder einmal zu schwierig gewesen sein. Dass in der Folge das gesamte System kollabiert – Überraschung? (Ruf bei der SPÖ: In Wien ist es nicht kollabiert!) –, war na­türlich nicht vorherzusehen. Das haben Sie natürlich, Herr Minister, wieder nicht wissen können.

Daher bleibt in letzter Konsequenz natürlich eines, und zwar Lockdown für alle, denn wenn die Menschen im Lockdown sind, gibt es bekanntlich weniger Tests. Wenn es we­niger Tests gibt, bedeutet das, dass natürlich auch die Zahlen nach unten gehen. Dann kann man den Schritt wagen, die ungeschützten Ungeimpften vor den nicht geschützten Geimpften zu schützen, indem man sie wegsperrt. – Ja, das ist ein vollkommen logischer Ansatz.

Gleichzeitig müssen dann die geimpften Personen, auch wenn sich ein positiv Getesteter im gleichen Haushalt befindet, nicht in Quarantäne, sondern gelten als K2-Personen, dürfen ihrer Arbeit und ihren Freizeitbeschäftigungen nachgehen. Sie können sich ja nur mit dem Virus infizieren und dieses übertragen. – Das ist wiederum ein vollkommen logi­scher Ansatz. Dieser Ansatz wird ja nicht nur von Herrn Minister Mückstein geteilt, son­dern auch vom Spalter der Nation.

Da komme ich jetzt zu Ihnen, Herr Kanzler. Sie sind der, der dem Spruch: Divide et impera! Teile und herrsche!, eine völlig neue Dimension verleiht. Um von den eigenen Machenschaften, der mutmaßlichen Korruption der türkisen Truppe und dem Miss­management auf allen Ebenen abzulenken, ist es für Sie ein probates Mittel, die Ge­impften gegen den ungeimpften Pöbel, um ihn im ÖVP-Sprech zu benennen, auszu­spielen.

Nur darf ich Ihnen eines verraten: Die Menschen in unserem Land sind nicht dumm, und sie lassen sich gerade von Ihnen nicht für blöd verkaufen, denn sie sind nicht Ihre


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Untertanen. Es sind Zigtausende, und es werden täglich Tausende mehr, die Ihr perfides Spiel durchschauen, sich nicht in geimpft, ungeimpft, genesen oder gesund einteilen und spalten lassen, sondern gemeinsam, Seite an Seite, über Parteigrenzen, Berufs- und Altersgrenzen hinweg, aber vor allem trotz Ihrer medial konzertierten und gekauften Pro­paganda für ein freies Österreich aufstehen und für den Erhalt der Grund- und Freiheits­rechte einstehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf Ihnen sagen – und das ist auch ein Armutszeugnis für viele Vertreter der Men­schen hier im Plenum –: Wir als Politiker sind eigentlich gewählt, um den Menschen eine Stimme zu verleihen. Nur tun das viele nicht, weil sie hörig den Obrigkeiten nachlaufen und dementsprechend keinen Satz darauf verwenden, hier die Stimmung der Menschen zum Ausdruck zu bringen.

Ich kann Ihnen gerne sagen: Ich bin kein Politiker, der Pharmakonzerne vertritt, der die Impflobby vertritt (Bundesrätin Zwazl: Na geh! Aber dafür vertrittst du die Entwurmungs­mittel! Na, das ist ja noch viel ärger!), und erst recht und Gott sei Dank bin ich keiner, der hier herinnen die ÖVP und diese Regierung vertritt. Das machen eh genug von Ihnen.

Wir haben Seite an Seite für die Bevölkerung einzustehen, für ihre Freiheit einzutreten und für diese auch aufzustehen.

Ich sage Ihnen eines, Herr Kanzler: Sie werden sich nicht von Ihnen in die Nadel zwingen lassen, sondern sie werden die „Zügel“ für diese Regierung „straffer ziehen“, um bei Ihren Worten zu bleiben. Sie werden sich von einem Herrn Nehammer, der es zwar schafft, die eigene Bevölkerung einzusperren und zu kontrollieren, es aber seit Monaten nicht zusammenbringt, täglich 200 Illegale aus unserem Land auszusperren, nicht weg­sperren lassen. Sie werden auch einer Frau Köstinger zeigen, was wahre Solidarität bedeuten kann. Die Solidarität wird darin bestehen, dass sie Ihnen zeigen, dass die Zeit dieser Regierung abgelaufen ist. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: ... mein Gott!)

Sie werden friedlich, aber auch unermüdlich jeden Tag die wahre Exitlösung aus Ihrer Politik und diesem Schlamassel aufzeigen, die da lautet: Zusammenhalt statt Spalt! Dieser Zusammenhalt für die Freiheit wird am Ende des Tages von Erfolg gekrönt sein, denn es werden dann Ihre willfährigen Medien sein, die den längst fälligen Rücktritt von Ihnen beiden, aber auch den der gesamten Regierungsriege verkünden müssen.

Glauben Sie mir: Das wird dann auch jener Tag sein, an dem Sie für Ihre Attentate, wie Sie es nennen, zur Verantwortung gezogen werden. Da kann ich Ihnen versprechen: Dann wird es für Sie und viele von Ihnen, auch von der ÖVP und von den Grünen, wirklich ungemütlich werden (Bundesrätin Schumann: Aber in Oberösterreich ist alles besser, gell!?), aber es wird ein wahrlich wichtiger Tag für Österreich, für die Freiheit in Österreich und ein schöner Tag für Österreich werden. (Beifall bei der FPÖ.)

17.31

17.31.20*****


Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege Ofner, für die Wortwahl „korrupte Machen­schaften“ der Regierung, „belogen und betrogen“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Kollege Marco Schreuder. (Bundesrat Steiner: Herr Präsident! Zur Geschäftsordnung!) – Bitte.



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17.31.41

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten) (zur Geschäftsbehandlung): Ich muss auf die­sen Ordnungsruf replizieren und muss sagen, dass ich diesen nicht zur Kenntnis neh­men kann, da das Oberlandesgericht Wien Herrn Blümel bescheinigt hat, dass er Teil einer vergesslichen oder korrupten Partei ist und dass man ihn als solchen bezeichnen darf. Da Herr Blümel bekennender Türkiser ist, muss ich schlussfolgern, dass die ÖVP mit dieser Partei gemeint ist und die ÖVP damit korrupt ist, und daher habe ich die Wörter „korrupte Machenschaften“ verwendet. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundes­rates Steiner.)

17.32


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Marco Schreu­der. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.


17.32.28

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie zuschauen! Es ist natürlich eine etwas schwierige Situation, wenn man nach dieser Rede hier sprechen soll. Ich gebe auch zu: Ich bin kein Virologe, ich bin kein Arzt. Da gibt es andere, die, wie ich glaube, dazu heute auch noch sprechen werden.

Eines kann ich jetzt aber schon feststellen, denn wir sind alle sehr gut informiert worden, und es gibt eine sehr gute Datenlage: Wenn man beispielsweise die Spitalsbelegungen so ausrechnet, dass man alle Krankheiten mitrechnet und dann erst in geimpft oder un­geimpft aufteilt, dann ist das einfach eine ganz bewusste Strategie, um den besten Schutz, den es gibt, nämlich das Impfen, zu desavouieren. Ich bitte alle Zuschauer und Zuschauerinnen: Glauben Sie nicht, was hier jetzt gesagt worden ist! Schon gar nicht ist das irgendein Kampf für die Freiheit. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesra­tes Arlamovsky.)

Der Ministerpräsident von Sachsen, ein CDU-Politiker, Kretschmer, hat neulich einen sehr klugen Satz gesagt, fand ich. Er hat gesagt: „Freiheit ohne Verantwortung nennt man Egoismus“. – Das ist ein ausgesprochen gescheiter Satz. (Bundesrat Steiner: Rich­tig!) Das, was wir jetzt machen müssen, ist, Freiheit als Freiheit mit Verantwortung zu verstehen. – Schön, dass Sie das auch richtig finden, Herr Kollege Steiner von der FPÖ.

Das muss man schon einmal klar sagen, weil heute wahrscheinlich mehrere Leute zu­schauen: Es gibt nur drei Möglichkeiten, wie wir aus dieser Krise der Pandemie heraus­kommen: Entweder wir erreichen eine hohe Durchimpfungsquote – das ist das Ziel, das auch ich habe –, oder es gibt einen permanenten Lockdown – den will doch wirklich nie­mand –, oder man lässt das Virus durchlaufen, die Menschen sterben in den Gängen, in den Spitälern en masse, niemand will mehr in den Spitälern arbeiten, unser Gesund­heitssystem steht vor einem Kollaps. Wenn ich, Herr Kollege Ofner – Sie lachen jetzt sogar darüber –, Ihren Ausführungen zuhöre, habe ich den Eindruck, das ist die Lösung der Freiheitlichen Partei: Wir lassen die Menschen einfach sterben, jetzt lassen wir es durchlaufen, ohne Lockdowns, ohne Impfungen. (Bundesrat Ofner: So ein Blödsinn!) Das ist Ihre Lösung. Ich kann es nicht anders interpretieren. (Bundesrat Spanring: Sie wollen es nicht anders interpretieren! – Bundesrat Steiner: Weil du zu blöd bist! Weil du es nicht verstehst!)


Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege Schreuder, bitte denken Sie nach, was Sie hier vorne sprechen. (Bundesrat Steiner: Bravo, Herr Präsident! – Beifall bei Bundesrä­tInnen der FPÖ.) – Bitte.


Bundesrat Marco Schreuder (fortsetzend): Ich habe eigentlich sehr gut darüber nach­gedacht, worüber ich spreche.


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Wir sind immer noch in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, und nach wie vor ist das eine schwierige Zeit. Ich möchte schon auch betonen, dass beispielsweise der Herr Gesundheitsminister auch im Sommer immer wieder gesagt hat – auch meine Kollegin Claudia Hauschildt-Buschberger hat das immer wieder, auch im Sommer, be­tont –: „Die Pandemie ist nicht vorbei.“ – Das haben wir immer wieder gesagt, und es war auch immer wichtig, daran zu erinnern.

Eine Sache, die ich schon auch interessant finde: Wir diskutieren das vor allem aus einer nationalen Perspektive – das ist im Bundesrat auch logisch, denn wir sind ein nationales Parlament –, aber – das ist schon angesprochen worden – wir können ja die Grenzen nicht abschaffen. Wenn wir genau schauen, wie sich die Wellen in Europa ausgebreitet haben, sehen wir: Es ist ja nicht so, dass Österreich ein Alleinstellungsmerkmal gehabt hat. Es gibt derzeit rund um uns herum explodierende Zahlen, die uns allen natürlich Sorgen machen – in der Slowakei, in Slowenien, in Tschechien und jetzt auch in Bayern. (Bundesrätin Schumann: Aber nicht in Spanien und nicht in Portugal!) – Zu Spanien komme ich noch, keine Frage.

Sehr geehrte Damen und Herren und liebe SPÖ! Da sitzen wir wirklich gemeinsam in einem Boot. Schaut man sich an, wo es in Europa (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Hahn und Schumann) – ihr wisst ja noch gar nicht, was ich sagen will – gut funktioniert – und Sie haben Spanien zu Recht genannt, Frau Kollegin Schumann – und wo es Schwie­rigkeiten gibt, dann sieht man, dass das immer vom Organisierungsgrad der organisier­ten Impfgegnerschaft abhängt. Der entscheidet, ob es in einem Land erfolgreich läuft oder nicht.

Wir wissen es aus Spanien, wir wissen es zum Beispiel aus Dänemark (Bundesrat Stei­ner: Ja, gut! Super!), da gibt es keine einzige Partei, die gegen die Impfungen ist. Da sind alle Parteien für Impfungen, haben geschlossen und gemeinsam agiert und gesagt: Bitte, liebe Leute, wenn ihr keine fünfte, keine sechste, keine siebte und keine achte Welle haben wollt, dann müssen wir alle impfen gehen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es gibt nun einmal – leider; das ist unser gemeinsames Problem, SPÖ – eine Allianz von Leugnern und Leugnerinnen. Da ist nicht nur die FPÖ dabei, sondern da ist auch die Esoterikschiene dabei, da sind viele Leute dabei, die nicht mehr an die evidenzbasierte Wissenschaft glauben. Das ist unser gemeinsames Problem. (Zwischenruf der Bundes­rätin Steiner-Wieser. – Bundesrat Spanring: Da klatscht jetzt keiner, gell!?)

Es ist eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir die Impf­quote hinaufbringen. Dafür wird die Regierung sorgen, dafür muss aber auch jeder von uns sorgen. Jeder Fußballverein, der wieder vor Publikum spielen soll, kann selbst Ak­tionen setzen und sagen: Bitte, liebe Fans, geht impfen! Jedes Ensemblemitglied eines Theaters, das gerne wieder vor Publikum spielen möchte, kann dazu beitragen und sa­gen: Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen, geht impfen!

Wir brauchen einen Zusammenhalt. Das ist keine parteipolitische Frage, und deswegen ist es mir an dieser Stelle auch wichtig, zu sagen: Ich bin sehr froh über Landeshaupt­mann und Bürgermeister Michael Ludwig in Wien. Er hat in dieser Zeit ausgezeichnete Arbeit gemacht. Ich bin sehr dankbar, dass es im Burgenland gelungen ist, eine so hohe Impfquote zu erreichen. Wir können uns anschauen: Wie haben die das geschafft? Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, aber es ist keine parteipolitische Frage.

Ich will nur ein Beispiel nennen – sorry, wenn ich das jetzt auch sagen muss –: In Kärnten sind die Impfquoten halt nicht so super. Es ist also keine parteipolitische Frage, sondern es geht immer um die Frage: Wie stark ist die organisierte Impfgegnerschaft in einem Land? (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Das ist die Kernfrage, und es ist unsere Aufgabe, die Antworten zu finden.


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Wir entscheiden jetzt, wie es in den kommenden Wochen und Monaten weitergehen wird. Wir müssen jetzt handeln, und das verlangen auch die Leute, die heute zuschauen: Die wollen keine fünfte Welle, die wollen keine sechste Welle! Die wollen, dass wir ge­meinsam daran arbeiten, dass ein Lockdown nicht mehr notwendig ist. Wir sind bereit dafür. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Ofner: Nein, wir wollen die Regierung nicht!)

17.40


Vizepräsident Günther Novak: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Steiner zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.40.21

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Präsident! Ja, jetzt nach der Rede des Herrn Kollegen Schreuder gibt es einiges tatsächlich zu berichtigen, aber ich beschränke mich auf eines: Kollege Schreuder hat gerade hier am Rednerpult behauptet, in Däne­mark sind alle Parteien für die Impfung eingetreten, in Dänemark würde das so gut funk­tionieren und niemand ist gegen die Impfung aufgetreten.

Erstens treten wir auch nicht gegen die Impfung auf und ich berichtige jetzt tatsächlich, Herr Kollege Schreuder: Wir treten nicht gegen die Impfung auf, wir treten nur gegen eine Impfpflicht, gegen einen Impfzwang auf.

Ich sage Ihnen jetzt noch eines zu Dänemark: Sie reden da von Zahlen. Ich hoffe - - (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)


Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege, eine Berichtigung, bitte! (Bundesrätin Zwazl: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)


Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Frau Kollegin, natürlich ist das eine tat­sächliche Berichtigung. Ich berichtige tatsächlich - - (Weitere Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) – Na da müssen Sie zuhören, Frau Kollegin! Ich habe 1 Minute Zeit, nehmen Sie mir nicht alles!

Ich berichtige tatsächlich: In Dänemark gehen trotz 80-prozentiger Impfquote die Zahlen durch die Decke und die stehen vor dem nächsten Lockdown. Sie von Regierungsseite lügen permanent da heraußen! (Beifall bei der FPÖ.)

17.41


17.41.53*****


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster ist Herr MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. – Bitte, ich erteile Ihnen das Wort. (Bundesrat Schreuder: ... Lüge! – Bundesrat Preineder: Lüge ist ein Ordnungsruf!) – Moment!

Herr Kollege Steiner, für „Lüge“ gibt es wieder einen Ordnungsruf.

*****

Damit erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky das Wort. – Bitte.


17.42.14

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister in absentia! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, insbesondere auf Twit­ter! Der Gesundheitsminister hat in einer verhältnismäßig ruhigen Phase der Pandemie das Gesundheitsministerium übernommen. Seine Hauptaufgabe wäre es gewesen, damals den Impffortschritt zu überwachen und gegebenenfalls die entsprechenden


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Maßnahmen zu setzen, um den Impffortschritt wieder zu beschleunigen. Dennoch ist spätestens seit Ende Mai 2021 vieles, zu vieles falsch gelaufen.

Punkt eins: Es wurden die Warnungen zum abnehmenden Impffortschritt im Juni nicht ernst genommen. Bereits damals, als die Regierung noch stolz in einer Presseaussen­dung 70 Prozent Impfbereite verkündete, zeichnete sich ein starker Rückgang der Impf­bereitschaft ab. Das war damals der Zeitpunkt, als das Angebot erstmals die Nachfrage an Impfstoffen überschritten hat. So konnte man zum Beispiel bei der niederösterreichi­schen Impfanmeldeplattform bereits ab Ende Mai beziehungsweise Anfang Juni beob­achten, dass viele freie Impftermine nicht mehr gebucht wurden, obwohl in Niederöster­reich die Impfquote noch niedrig war und bereits ab 10. Mai die Impfanmeldung für alle möglich war.

Zitat: „In Niederösterreich scheinen also bereits viele grundsätzlich Impfbereite (passive Impfbereitschaft) die Impfungen hinauszuzögern, anstatt sofort zu buchen. Und dass obwohl die Durchimpfung in Niederösterreich erst bei 48 Prozent liegt.“ – So haben wir damals den Gesundheitsminister in einer parlamentarischen Anfrage gewarnt.

Als in Oberösterreich bereits für alle das Impfdebakel sichtbar war – am 20. August –, haben wir den Gesundheitsminister ebenfalls davor gewarnt, nämlich in einer Presse­aussendung. Da haben wir ausdrücklich gefragt: „Wie dramatisch soll’s denn noch wer­den?“ – Wer sich damals eine wirkungsvolle Reaktion des Gesundheitsministers erwar­tet hätte, der in der Pandemie gemäß Epidemiegesetz der oberste Manager ist, wurde erneut enttäuscht.

Punkt zwei: Boosterimpfungen verspätet und im Schneckentempo. Auch bei den Boos­terimpfungen hat der Gesundheitsminister die Sommerpause zu ernst genommen – bis November hat sich faktisch nichts getan. Es wurden nicht einmal die Älteren und Risiko­gruppen aktiv angeschrieben, um sie mit Impfterminen zu versorgen. Das Ergebnis ist eine extrem niedrige Boosterimpfquote von tagesaktuell ungefähr 14 Prozent mit erhebli­chen regionalen Unterschieden. Schlusslicht ist die Steiermark mit 11,3 Prozent, die bes­te Rate hat Niederösterreich mit 16,5 Prozent.

Bei den ganz Alten, über 85-Jährigen, sind die Unterschiede noch erheblicher. Da be­trägt die Impfquote für die Boosterimpfung zwischen 47 und 70 Prozent. Hier verletzt der Gesundheitsminister erneut seine Aufsichtspflicht, obwohl bekannt ist, dass die Booster­impfungen bei den Älteren und Risikogruppen eine deutlich höhere Wirkung haben als Erstimpfungen bei den Kindern.

Punkt drei: Es wurden keine Maßnahmen gesetzt, um den Impffortschritt zu erhöhen. Der Gesundheitsminister hat keine erkennbaren Maßnahmen gesetzt, um die Impfge­schwindigkeit zu erhöhen. Auch als wir NEOS zahlreiche Maßnahmen – erstens aktives Termin- oder Erinnerungsmanagement für Impfungen, zweitens im Sommer das Ende der Gratistests, der Antigentests, für Ungeimpfte und drittens das Impfen in der Apothe­ke – als zusätzliche Impfanreize vorgeschlagen hatten, hat der Herr Gesundheitsminis­ter keine Maßnahmen gesetzt.

Der Minister ließ sich auch für flächendeckende Antikörpertestungen nicht erweichen, was seine Ratlosigkeit sehr deutlich unterstreicht. Denn wenn ein Minister schon keine Maßnahmen für eine schnellere Durchimpfung der Bevölkerung setzt, dann müsste er den Impfskeptikern zumindest die Möglichkeit geben, ihren Immunisierungsgrad mittels Antikörpertests zu belegen. Ansonsten bewirken nämlich Maßnahmen wie 2G, dass ein Drittel der Bevölkerung von vielen Bereichen ausgeschlossen wird, und ob das der Maß­nahmencompliance zweckdienlich ist, kann bezweifelt werden.

Punkt vier: Bedingt durch den oberösterreichischen Wahlkampf wurde nicht auf die stei­genden Zahlen reagiert. (Beifall bei der SPÖ.) Obwohl Oberösterreich im Bundeslän­dervergleich bereits seit Juni beim Impfen zurückgefallen ist und schon weit vor der


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oberösterreichischen Landtagswahl am 26. September bei der Impfquote auf dem letz­ten Platz lag, griff der Minister nicht ein. Nicht einmal nach der Landtagswahl reagierte der Minister mit den entsprechenden Maßnahmen. Wenig überraschend liegt Oberöster­reich bei der Siebentageinzidenz immer noch ungefähr 60 Prozent über dem Schnitt der anderen Bundesländer.

Punkt fünf: eine Klientelpolitik, die das niederschwellige Impfangebot unterläuft. Seit Be­ginn der Pandemie wurde in den Ausschüssen mehrfach über ein breites, niederschwel­liges Impfangebot debattiert, mehrfach sogar über speziell ausgebildetes Personal in Impfapotheken. Dieses zusätzliche Impfangebot existiert bereits in 14 europäischen Ländern und wirkt sich dort natürlich positiv auf die Impfquote aus. Beim Thema Impf­apotheken herrscht sogar Einstimmigkeit zwischen allen Oppositionsparteien, sogar die FPÖ ist diesbezüglich mit an Bord, nur die Regierungsfraktionen waren stets dagegen. Dass der Gesundheitsminister auch da keine Akzente setzen konnte, unterstreicht leider erneut seine Unzulänglichkeit für das Amt.

Punkt sechs: Führungsschwäche und fehlendes Pandemiemanagement. Zum einen hält sich der Herr Minister bei der Überwachung des Infektionsgeschehens in den Bundes­ländern so zurück, dass sich schon seit Anfang der Pandemie beziehungsweise seit sei­nem Amtsantritt einige Bundesländer über die mangelnde Kommunikation beklagt ha­ben, zum anderen greift er nicht einmal ein, wenn es höchst an der Zeit wäre. Hierbei sei erneut auf die Situation in Oberösterreich verwiesen. Erfolgreiches Pandemiema­nagement bedingt eine Führungsstärke, die der Gesundheitsminister leider nicht vorwei­sen kann.

Punkt sieben: die Geringschätzung der Opposition und das Kommunikationschaos zwi­schen Ihnen, Herr Bundeskanzler, und dem Gesundheitsminister. Zwar wird der nationa­le Schulterschluss von der Regierung regelmäßig medial heraufbeschworen, real umge­setzt wurde er von der Regierung jedoch nie. Wir erinnern uns an die vorangegangene Verordnung, die seitens des Gesundheitsministeriums erneut vorab an die Medien wei­tergegeben wurde. Die Opposition erfuhr von den geplanten Maßnahmen wieder einmal aus den Zeitungen.

Vor dieser Verordnung gab es ja eine Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrates, in der der Herr Gesundheitsminister ausdrücklich gefragt wurde, welche weiteren Maß­nahmen genau geplant wären. Dazu hat er nichts geantwortet, aber nur 2 Stunden spä­ter – wir erinnern uns: in der „ZIB“ – gab er bekannt, dass er bereits damals auch Aus­gangssperren für Geimpfte plante.

Abgesehen vom Kommunikationschaos, das der Minister ausgelöst hat, offenbart das seine Geringschätzung der Opposition; er hat bereits damals das Vertrauen der Opposi­tion verspielt.

Das Kommunikationschaos zwischen Ihnen, Herr Bundeskanzler, und dem Gesund­heitsminister setzt dem Ganzen die Krone auf. Wir erinnern uns: Lockdown, Ausgangs­beschränkungen, Betretungsverbote nur in Salzburg und Oberösterreich – nein, bundes­weit; kein Lockdown für Geimpfte – doch Lockdown für Geimpfte. Wir sehen ja, wie weit wir damit gekommen sind.

Was bedeutet das nun für die Zukunft, für die aktuelle Situation? – Zum Thema Lock­down, also Ausgangsbeschränkungen, Betretungsverbote: Wir NEOS sind überzeugt davon, dass wir angesichts der katastrophalen Situation in den Spitälern wirksame Maß­nahmen zur Kontaktreduktion brauchen. Darauf haben wir schon seit Monaten hingewie­sen. Die Bundesregierung hat aber leider nichts getan. Dieser erneute Lockdown auch für Geimpfte ist daher das Ergebnis eines Totalversagens dieser Bundesregierung und der Mehrheit der Landeshauptleute.


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Wir sind der Meinung, dass der Lockdown in dieser Form zu weit geht und der konse­quente und vorausschauende Wiener Weg etwa mit 2G und 2G plus in der Gastro der richtigere wäre; dazu kämen zum Beispiel Beschränkungen für Veranstaltungen und Zu­sammenkünfte, eine Vorverlegung der Sperrstunde. Das könnte dazu führen, dass zum Beispiel auch der Einzelhandel offen bleiben könnte oder Kultureinrichtungen besucht werden könnten. Das Motto lautet: Eingangsbeschränkungen statt Ausgangsbeschrän­kungen!

Dafür bräuchte es aber eine Bundesregierung, die endlich handelt und mit den Ländern dafür sorgt, dass beispielsweise auch außerhalb Wiens ausreichend PCR-Testkapazitä­ten zur Verfügung stehen, und die vor allem endlich alle Möglichkeiten ausschöpft, damit die Menschen verstehen, dass die Impfung der einzige Ausweg aus dem Desaster ist, indem sie Impftermine verschickt, wohnortnahe Impfmöglichkeiten anbietet, eine ordent­liche Impfkampagne auf Augenhöhe auf die Beine stellt und so weiter, die aber auch klar sagt, dass es für Ungeimpfte auch nach Ablauf der 20 Tage für längere Zeit Einschrän­kungen geben wird.

Zuletzt zum Thema Impfpflicht: Wir NEOS sind nicht kategorisch gegen eine Impfpflicht, denn es ist völlig klar, dass wir jetzt endlich etwas tun müssen, damit die Impfquote steigt, wir sind allerdings skeptisch, was eine rasche und wirksame Umsetzung betrifft.

An dieser Stelle sei auch erwähnt: Die gesetzliche Grundlage für eine Impfpflicht bezie­hungsweise für eine Impfung als Voraussetzung für Gesundheitsberufe gibt es im Epi­demiegesetz, Herr Gesundheitsminister, das wissen Sie, das hätten Sie schon seit Mo­naten verordnen können. Es ist daher eine weitere Bankrotterklärung der Bundesregie­rung, dass es überhaupt so weit kommen musste, dass über eine generelle Impfpflicht diskutiert wird, denn es gäbe zig andere Möglichkeiten, wie man die Menschen zur Imp­fung motivieren kann, bevor man eine generelle Impfpflicht einführen muss, das haben zum Beispiel Länder wie Portugal vorgezeigt.

Wir NEOS haben über weite Strecken als Einzige für positive Anreize geworben und den ganzen Sommer über Vorschläge geliefert, wie man die Impfquote heben könnte. Leider viel zu spät wurden diese Vorschläge – vom Verschicken von Impfterminen bis hin zu Impflotterien – zumindest zum Teil aufgenommen, aber eine ordentliche Impf- und Auf­klärungskampagne auf Augenhöhe gibt es bis heute nicht. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Spanring.)

17.53


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster ist Herr Bundesrat David Egger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


17.53.52

Bundesrat David Egger (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Zuerst einmal zu den Daten und Fakten: Salzburg und Oberösterreich sind, wie wir alle wissen, in Österreich Schlusslichter beim Impfen. Salzburg und Oberösterreich sind traurige Spitzenreiter, was die Ansteckungen und die Inzidenz angeht – mit 1 700 heute in meinem Heimatbundesland.

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern liegt Österreich hinsichtlich Erststich im Durchschnitt, hinsichtlich Zweitstich sind wir Schlusslicht. Weltmeister sind wir ehrlich gesagt wirklich nur beim Ankündigen, das ist Fakt. Jetzt braucht es dafür eine politische Verantwortung, liebe ÖVP, liebe Grüne. Schieben Sie diese Verantwortung nicht von sich, denn Sie haben sie zu tragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es handelt sich schon längst nicht mehr um eine Naturkatastrophe, die tragischerweise mit Regen und Sturm über Nacht kommt, sondern um eine Verkettung von vielen politi­schen Fehlern, die in den letzten sechs, 18, 20 Monaten tragischerweise passiert sind.


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Plakate wie dieses hier (eine Tafel mit einem Foto von Sebastian Kurz und drei anderen Personen sowie der Aufschrift: „Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft: Endlich wieder miteinander“ in die Höhe haltend), auf denen behauptet wird, die Pandemie sei gemeistert – das war im Sommer –, motivieren nicht wirklich, da müssen wir ganz ehrlich sein, den Impffortschritt voranzutreiben.

Die Impfung ist wichtig, die Impfung ist richtig; wir als SPÖ stehen immer hinter ihrer Wirksamkeit und hinter der Expertise der Wissenschaft.

Von einem „Sommer wie damals“ wurde gesprochen, es wurde gesagt, in 100 Tagen sind alle geimpft, und eine verbindliche Lieferzusage betreffend den russischen Impfstoff ist vom Vorgänger, vom Ex-Kanzler, gepostet worden. Das ist alles nicht passiert. Das waren Ankündigungen, das waren Versprechen, nämlich Versprechen, die gebrochen worden sind. Damit setzen Sie das Vertrauen der Österreicher und Österreicherinnen aufs Spiel, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir hören in letzter Zeit viele Entschuldigungen – vom Kanzler, vom Bundesminister ab­wärts, ein paar weniger, ein paar mehr –, aber ehrlich gesagt warte ich auch auf eine vom ÖVP-Klubobmann im Nationalrat, denn er hat’s, ganz ehrlich, verbockt. Eines haben sie gut gemacht, die Türkisen: Marketing, das können sie, wegen des Marketings sind sie auch gewählt worden, aber ein ordentliches Marketing für eine Impfkampagne, die den Impffortschritt in diesem Land vorangetrieben hätte, haben sie nicht hinbekommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Zur Lage in Salzburg – die Salzburger Bundesräte wissen das sicher genauestens (Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) –: Das Contacttracing ist zusammengebro­chen, das PCR-Testangebot ist zusammengebrochen. Man titelt in einer Tageszeitung: „Salzburger PCR-Testsystem hat kapituliert“, das Gesundheitspersonal ist am absoluten Limit, die Spitalskapazitäten sind fast am Ende, „Spitalskollaps ist näher denn je“.

Jetzt versucht man vonseiten der ÖVP und der Grünen in Salzburg, zusammengesparte Intensivkapazitäten irgendwie aufrechtzuerhalten, indem man Operationen, für den Ein­zelnen oder die Einzelne wichtige Operationen, verschiebt. Die Regierung, auch die Lan­desregierung, glaubt, dass sie immer noch am richtigen Dampfer ist. (Bundesrätin Stei­ner-Wieser: Dann hättet ihr aber beim ...!) Da muss man ganz ehrlich fragen: Sparen im Gesundheitssystem, ist das der richtige Weg, liebe ÖVP? Das frage ich auch in Rich­tung Landeshauptmann Haslauer in Salzburg. Fakt ist, die Wahrheit ist: 154 Akutbetten und 110 Pflegekräfte sind in Salzburg seit 2013 abgebaut worden! (Bundesrätin Stei­ner-Wieser: Die Roten haben gegen den Misstrauensantrag gestimmt! Ihr hättet mitge­hen müssen!)

Wir sind zu 3G gestanden, wir sind zu den Maßnahmen wie Abstand und Maske ge­standen. Das waren sinnvolle Maßnahmen, Maßnahmen, die die Wissenschaft und die die Expertinnen und Experten empfohlen haben. Wir in der SPÖ sehen da die Verant­wortung, wir nehmen die Meinung der Experten und Expertinnen und der Wissenschaft sehr ernst, und wir stehen hinter der Wirksamkeit der Impfung. Es ist immer wichtig, dass man das an dieser Stelle betont.

Jetzt komme ich noch kurz auf die klare Kommunikation zu sprechen, Herr Bundes­kanzler, weil das von Ihrer Seite heute angesprochen und betont worden ist: Was ist in den letzten Tagen und Wochen passiert? – Lockdown für Ungeimpfte, kein Lockdown für Geimpfte! Gekommen ist allerdings alles anders.

Und es hat noch mehr Ankündigungen aus Salzburg gegeben: 2,5G-Pflicht. – Das PCR-Testangebot bricht zusammen – die 2,5G-Pflicht wurde vom Landeshauptmann gleich wieder zurückgenommen, weil das ein Bauchfleck war. Die Infektionszahlen schießen in die Höhe, zeitgleich wird weiterhin im Schneckentempo geimpft. Impfbusse – das muss


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man sich vorstellen – stehen am Sonntag in Salzburg in der Garage. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.) Geimpft wird nicht an sieben Tagen pro Woche. Das ist die Wahrheit!

In den Krankenhäusern droht der komplette Zusammenbruch. Was aber macht die Re­gierung seit Mittwochabend? – Man analysiert, man beobachtet, man bespricht. Exper­tinnen und Experten schreien auf, warnen schon vor dem Kollaps. Die Salzburger Lan­desregierung ist in eine Schockstarre gefallen. Man richtet sich dann plötzlich innerhalb der Regierung die Empfehlungen aus: Lockdown ja, Lockdown nein, kein Lockdown für Geimpfte – nein, doch nicht!

Das Schauspiel geht weiter, der Lockdown wird dann Salzburg empfohlen – vom oberös­terreichischen Landeshauptmann! Das habe ich gar nicht gewusst, dass wir mittlerweile zu Oberösterreich gehören. Und noch ein neues Kapitel startet zeitgleich: Schulen bleiben offen, Schulen werden geschlossen, Schulen sperren doch zu, nein, sie bleiben doch offen – und das innerhalb von 6 Stunden! So viel zur klaren Kommunikation, die von Ihnen als Regierungschef ausgerufen worden ist. (Beifall bei der SPÖ.) Da kann ich nur Kollegen Kovacs zitieren, der gemeint hat, klar ist nur, dass nichts klar ist! Da gebe ich dir recht, Kollege Kovacs.

Das ist aber traurige Realität. Das klingt wie in einem schlechten Film, das ist es nur leider nicht. Das sind die Entscheidungen von Ihren Chefs, von den Länderchefs teilwei­se, von Salzburg, das ist die Entscheidung von den Regierungschefs, von Ihren Partei­chefs, die da getroffen werden und für Chaos sorgen. Das ist kein funktionierendes Kri­senmanagement, darin sind wir uns glaube ich einig, nein, das ist leider Management by Chaos! (Beifall bei der SPÖ.) Hauptsache – und ich fahre gerne Ski – die Skilifte laufen, Hauptsache, man nimmt sich Zeit für die Entscheidung, wer denn die nächste Festspiel­präsidentin oder der nächste Festspielpräsident wird. Dort liegen die Prioritäten der ÖVP, und nicht bei der Bekämpfung der Pandemie, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da muss man sich schon auch die Frage gefallen lassen, ob ihr euch selbst eigentlich noch zuhört. Glaubt ihr das noch, was ihr sagt? Glaubt ihr das wirklich? Wenn man ein Versprechen nach dem anderen gibt, selber gar nicht weiß, wo die Reise hingeht, und dann das Versprechen wieder bricht – dann ist man verwundert, dass einem die Men­schen nicht mehr vertrauen? Habt ihr eigentlich eine Ahnung, wie die Lebensrealität, der Alltag der Menschen aussieht, der Friseure, der Fitnessstudiobesitzer, der Nagelstudio­betreiber, der Bäckerinnen und Bäcker (Bundesrätin Zwazl: Die haben ja offen!), die, wie wir heute schon gehört haben, teilweise Angst haben, zu Recht Angst haben, ob sie die Rechnungen noch bezahlen können, ob sie die Mieten noch bezahlen können (Bun­desrätin Zwazl: Die Bäcker haben ja offen!), die Rechnungen für die Autoreparatur, ob sie die teuren Lebenshaltungskosten, die Strompreise noch zahlen können?

Jetzt tut man in der Bundesregierung, aber auch in der Salzburger Landesregierung, die auch eine Mitverantwortung für dieses Chaos trägt, irgendwie so, als wäre Corona vor zwei Wochen um die Ecke gebogen. Das ist der vierte – der vierte! – Lockdown, der vierte Lockdown nach 20 Monaten Pandemie! Jetzt werden dann wieder die ÖVP- und die grünen Abgeordneten ausrücken, sich hier herstellen und uns ausrichten, dass sie in den letzten Monaten alles Erdenkliche getan haben. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Genau! Ja!) – Nein, habt ihr nicht, sonst wären wir nicht da, wo wir jetzt stehen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie werden – aufgepasst – wieder einmal beginnen, mit dem Finger auf irgendjemanden zu zeigen, und dadurch die Spaltung vorantreiben. (Beifall bei Bundes­räten der FPÖ.) Vielleicht hält man sich einmal den Spiegel vor und sucht den Schuldi­gen bei sich selbst, liebe ÖVP, liebe Regierung! Sie werden auch erzählen, was Sie jetzt nicht alles machen werden – aber das ist halt auch ein halbes Jahr zu spät. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.)


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Aus unserer Sicht, aber nicht nur aus unserer Sicht, auch aus der Sicht vieler Exper­tinnen und Experten hat nicht nur die Landesregierung in Salzburg, sondern hat auch die Bundesregierung in der Pandemiebekämpfung versagt. (Zwischenrufe der Bundes­rätInnen Grimling und Schennach.) Die Menschen in Österreich sind die Leidtragen­den, und die Menschen in Österreich haben ein Recht darauf, zu wissen, wie es zu die­sem politischen Versagen gekommen ist.

Die Wahrheit, liebe ÖVP, und ich weiß, die Wahrheit tut weh, die Wahrheit ist: Die Re­gierung hat die Warnungen der Expertinnen und Experten im September nicht gehört, sie hat sie sogar – traurigerweise – belächelt, und das ist ernst. Man war auf zwei Augen blind, man war wahrscheinlich auf zwei Ohren taub. Salzburg war oft trauriger Spitzen­reiter, und das kommt nicht von irgendwo. Schuld sind nicht die Menschen, schuld ist nicht irgendjemand anderer – man muss sich da den Spiegel selbst vorhalten. Wir waren und sind trauriges Schlusslicht beim Impfen, und das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hat der Punkt – und das ärgert mich einfach unendlich –, als die Salk die Errei­chung der Kapazitätsgrenzen öffentlich hat melden müssen, danach auch die Barmher­zigen Brüder – das ist auch ein Krankenhaus in Salzburg –, und mögliche anstehende Triagemaßnahmen in Aussicht hat stellen müssen; und vielleicht ist das noch gar nicht der tragische Höhepunkt.

In einem Satz: Die Regierung ist mit dieser Pandemiepolitik gescheitert! Ganz ehrlich, für dieses Chaos kann nur die Regierung die Verantwortung tragen, und mitverantwort­lich ist auch die Salzburger Landesregierung, mitverantwortlich ist auch der Salzburger Landeshauptmann. (Beifall bei der SPÖ.) Ich komme aus der Privatwirtschaft und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Da muss man sich dann schon selbst irgendwann die Frage stellen, ob man der oder die Richtige für den Job, diese Pandemie zu bewältigen, ist. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Nach 20 Monaten Pandemie haben die Verantwortlichen in der Regierung nichts gelernt. Die Landesregierung und die Bundesregierung müssen sich die Frage gefallen lassen, warum im Sommer nicht alles unternommen worden ist, um die Impfbereitschaft zu erhöhen. Ich gebe Kollegen Schreuder ja recht, man hätte die Gemeinden besser mitein­beziehen, die Vereine besser miteinbeziehen können, aber, Herr Kollege – er ist gerade nicht im Raum –, adressieren Sie das doch bitte an den Gesundheitsminister oder auch an den Vizekanzler, an Ihren Parteichef, den Parteichef der Grünen! Das wäre die Adres­se für diese konstruktiven Vorschläge.

Warum hat man sich im Sommer in Salzburg nicht ein Beispiel am Burgenland ge­nommen? – Nein, man ist für diesen konstruktiven Vorschlag noch belächelt worden. Warum hat man sich nicht ein Beispiel an der PCR-Teststrategie der Stadt Wien ge­nommen? – Nein, braucht man nicht, hat es da geheißen. Daraus ergibt sich eine Frage: Hätte es überhaupt so weit kommen müssen? (Rufe bei der SPÖ: Nein!) – Wir sagen Nein! Wir sagen: Nein, das, was jetzt gerade passiert, hätte nicht passieren müssen, hätten die Landes- und die Bundesregierung in den letzten Monaten die richtigen Maß­nahmen gesetzt, sich auf den Winter gut vorbereitet – 3G, 2,5G, Abstand ‑, die eigenen Maßnahmen wirklich auch selbst ernst genommen; aber der Sommer ist verschlafen worden.

Der Gesundheitslandesrat, mit dem Sie sicher oft in einem Videocall oder Telefonat ste­cken, Herr Gesundheitsminister, sagt: „Wir haben uns [...] lernend nach vorn gehantelt.“ Ich sage einmal, Trial and Error ist kein gutes Rezept in der Krise, das ist eine Katastro­phe, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Anstatt jetzt auch wirklich ein vernünftiges und krisensicheres Rezept zu finden, war die Regierung dann vor dem letzten Wochenende wieder mit sich selbst beschäftigt. Kata­strophale Kommunikation innerhalb der Regierung – das stand nicht auf der Tagesordnung,


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sondern war leider stündlich über die Medien zu erfahren. Und die Leidtragenden – so ehrlich muss man sein! – sind nicht wir, die Minister, die Präsidenten, die Abgeordneten, die sicher in ihren Sesseln hier sitzen, die Leidtragenden sind die Menschen, die ganz normalen Österreicherinnen und Österreicher draußen, die jeden Tag ihre Leistung er­bringen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die fleißigen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger (Beifall bei der SPÖ) und vor allem die – und die haben sich wirklich einen Extraapplaus verdient, aber Applaus ist nicht genug, möchte ich an dieser Stelle dazusagen –, die im Gesundheitswesen das System am Laufen halten, die Pflegerinnen und Pfleger auf den Intensivstationen und in den Krankenhäusern.

Wieso – und diese Frage muss man sich gefallen lassen – gibt es da keine einheitliche Sprachregelung nach außen? Da geht es um Existenzen. Das ist eine wirtschaftliche Tragödie, was da gerade passiert, ich glaube, darin sind wir uns einig, Herr Bundeskanz­ler. Ich habe schon im Sommer vor den Folgen für den Tourismus in Salzburg gewarnt, und da bin ich von der ÖVP belächelt worden. Es geht aber vor allem um noch etwas viel Wichtigeres: Es geht um Menschenleben! Es geht um Menschenleben.

Das, was jetzt gerade passiert, ist die Selbstaufgabe der Salzburger Landesregierung und der Bundesregierung. (Bundesrat Bader: Na geh!) Wir stehen mit diesem Virus im Ring, und Salzburg wird k. o. gehen, Österreich wird k. o. gehen, wenn wir so weiterma­chen. Wir werden strauchelnd in die nächste Welle, in den nächsten Lockdown hineinfal­len, wenn wir jetzt nicht in die Gänge kommen. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist ja wie eine Fahrt auf der Autobahn mit verbundenen Augen, was diese Regierung da macht.

Wir haben die konstruktive Mitarbeit in Salzburg immer – das war mir so besonders wichtig –, immer in den Vordergrund gestellt. Wir sind mit konstruktiven Vorschlägen ge­kommen, mit konstruktiven Vorschlägen wie einer Impflotterie, dem Aufstocken des Con­tacttracingpersonals. – Nein, brauchen wir nicht, hat es vonseiten der ÖVP geheißen. Wir haben eine ordentliche Impfkampagne vorgeschlagen. Da hat man irgendein Viertel­seiteninserat für Jugendliche in einer Tageszeitung geschaltet. – Na so spricht man Jugendliche auf alle Fälle an! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Für die Impflotterie sind wir be­lächelt worden, und: Gurgeltests brauchen wir nicht!, hat es in der Landesregierung ge­heißen.

Wie soll es nach dem Lockdown weitergehen? – Diese Frage muss man stellen, sie ist berechtigt, und die Leute haben sich eine Antwort darauf verdient. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, jetzt Schadensbegrenzung zu betreiben, da gebe ich euch und Ihnen allen recht. Unser Ziel muss es sein, Planungssicherheit und Perspektiven in Aussicht zu stellen und unser Land sofort auf krisensichere Beine zu stellen. Besonders investiert gehört in die Pflege, besonders investiert gehört in die Krankenhäuser, und diese gehö­ren nicht zu Tode gespart, liebe ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

Anstatt zu streiten, wären jetzt sinnvolle Maßnahmen notwendig, es wäre notwendig, mit einem Sprachrohr nach draußen zu gehen – und ja, es geht um Verantwortung, Ver­antwortung für unser Land. Wir in Salzburg haben als SPÖ immer gesagt, wir tragen den Rat der Expertinnen und Experten natürlich mit, aber wir werden auch nicht vergessen, wer uns jetzt in diese Situation geführt hat. Die Salzburgerinnen und Salzburger und alle in Österreich haben ein Recht darauf, zu wissen, wie es zu dieser Katastrophe und zu diesem vierten Lockdown – und der trägt die Handschrift der ÖVP – gekommen ist. Jetzt ist kein Platz – und das geht auch an eine Adresse in der Landesregierung – für Partei­politik, kein Platz dafür, nur mit den eigenen Bürgermeistern zu reden anstatt mit allen. Diese Krise kann nur überparteilich bekämpft werden – und nicht, wenn man eiskal­te Parteipolitik betreibt, liebe ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrä­tin Eder-Gitschthaler.)

Jetzt geht es um das Wohl der Menschen in unserem Bundesland – und nicht darum, die Schuld immer weiterzugeben oder abzuschieben, sondern zu dem, was man beschlossen


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hat, zu stehen. Wir stehen im Dienst der Bevölkerung, möchte ich an dieser Stelle beto­nen. Lassen Sie uns das nicht vergessen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.12


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl. Ich erteile ihm das Wort.


18.12.22

Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehr­te Damen und Herren, die noch über den ORF oder via Livestream zugeschaltet sind! Kollege Egger, ich muss schon sagen, du hast jetzt ein etwas gar düsteres Bild gezeich­net (lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ – Ruf: Alles gut! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Es ist noch viel schlimmer!): Salzburg wird in den Abgrund fahren. (Neuerlicher Ruf: Alles gut! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Es ist ja noch viel schlimmer! – Bundesrat Schen­nach: Aufwachen! Aufwachen! – Rufe bei der SPÖ: Guten Morgen!) – Da halte ich es schon lieber mit meinem Kollegen Christian Buchmann, der sagt, gerade in Zeiten wie diesen wäre es wichtig, dass man versucht, Zuversicht zu vermitteln. (Bundesrätin Grim­ling: Guten Morgen! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Es ist noch viel schlimmer!)

Ich gebe dir aber recht: Wir leben in einer besonders herausfordernden Zeit, nicht nur in Österreich, sondern auch in den uns benachbarten Ländern und auf der ganzen Welt. Die Zahlen gehen wieder in die Höhe, und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Natürlich hätte auch ich mir nach zwei Jahren der Pandemie gewünscht – ich bin ja nicht nur poli­tisch gefordert, sondern auch in meinem beruflichen Alltag im Spital sehe ich dem Virus tagtäglich ins Gesicht –, dass die Zeit heute eine andere wäre. Wenn ich zurückblicke, muss ich aber sagen: Wir haben permanent die Impfung gepredigt – großteils im Schul­terschluss, wofür ich mich auch bedanken möchte –, es ist aber trotz zahlreicher Kam­pagnen, trotz zielgruppenorientierter Kampagnen (Bundesrätin Schumann: Nein! – Bundesrat Schennach: Geh bitte! Aber geh! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), trotz eines niederschwelligsten Impfangebots – mit Impfbussen, mit unzähligen Impfstraßen, mit freiem Impfen und, und, und – nicht gelungen, mehr Menschen zur Impfung zu bewe­gen. (Bundesrat Schennach: Ihr habt die Kampagne reduziert im Sommer!) Es ist leider nicht gelungen, genug Menschen zu überzeugen, dass sie sich zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz ihrer Mitmenschen impfen lassen. Das ist die bittere Realität.

Es stimmt, in den letzten Tagen und Wochen sind die Zahlen explodiert, wir haben aus­gelastete Intensivstationen. Das ist die Realität, der wir ins Auge sehen müssen, und daher war es nahezu unumgänglich und notwendig, jetzt die Reißleine zu ziehen – und das ist am letzten Wochenende am Achensee in Tirol passiert, wo man sich dazu ent­schlossen hat, ich muss es sagen, drastische Maßnahmen zu ergreifen (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn), einerseits in Form eines vierten Lockdowns, den sich in dieser Form natürlich niemand gewünscht hat, und auf der anderen Seite mit dem Entschluss, eine Impfpflicht in Österreich in die Wege zu leiten. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Pfui!)

Ich darf Ihnen noch einmal versichern, dass sich natürlich niemand – und das kann ja auch niemand wirklich annehmen oder glauben – in der Bundesregierung oder in der ÖVP oder sonst irgendwo einen Lockdown gewünscht hat. Es kann ja wohl niemand annehmen oder behaupten, dass sich irgendjemand über eine Impfpflicht freut, auch wenn dieser Vorwurf immer wieder kommt. Ich kann Ihnen aber auch sagen, womit ich auch keine Freude habe: Ich habe keine Freude damit, dass unsere Intensivstation über­füllt ist. Ich habe keine Freude damit, dass ich erst vor Kurzem meine Normalstation räumen musste, um mehr Platz für Covid-Patienten zu schaffen. (Ruf bei der SPÖ: Hört, hört!) Ich habe auch keine Freude damit, dass ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem ärztlichen Dienst, mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Pflege und aus dem Raumpflegepersonal jeden Tag 8 Stunden voll maskiert herumlaufen


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muss. Damit habe ich auch keine Freude. (Bundesrat Schennach: Aber der Kollege Egger übertreibt, gell?) – Kollege Egger hat gesagt, alle werden jetzt in den Untergrund schlittern. Da sage ich, es wäre doch wichtig, dass man versucht, zumindest ein biss­chen Zuversicht auszustrahlen.

Deshalb sind diese Maßnahmen alternativlos, auch wenn niemand sie gerne setzt und auch wenn sich diese Entscheidungen – und ich glaube, das kann man hier an dieser Stelle sagen – niemand leicht gemacht hat.

Was ich aber gut finde – und das ringt mir auch Respekt ab –, ist, dass das in einem Schulterschluss gelungen ist: über sämtliche Parteigrenzen hinweg ein Schulterschluss der Länder untereinander und ein Schulterschluss der Länder mit dem Bund. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich sage, „über sämtliche Parteigrenzen hinweg“, sehr geehrte Damen und Her­ren, dann muss ich aber leider auch sagen, dass es nicht über wirklich alle Parteigrenzen hinweg möglich war. Es gibt leider Gottes im Land nach wie vor politische Kräfte, die spalten, statt zu verbinden (Bundesrat Ofner – auf Bundeskanzler Schallenberg und Bundesminister Mückstein weisend –: Die ÖVP, ja! Die sitzen da!), die Hass und Unsi­cherheit schüren. (Bundesrat Ofner: Da sitzen sie! – Bundesrat Bernard: „Zügel“ anle­gen! ... Viecher, nicht? Das sind keine Menschen, das ... Pöbel! Lauter Viecher sind das!) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, was Sie da in den letzten Wochen, aber auch in den letzten Monaten der Pandemie gemacht haben, das ist hoch­gradig verantwortungslos (Bundesrat Ofner – in Richtung Regierungsbank weisend –: Da musst du reden!), das ist populistisch. Das ist gesundheitsgefährdend, was Sie da tun! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Ofner – in Richtung Regierungsbank weisend –: Da musst du reden!)

Nicht nur, dass Sie die Menschen aktiv von der Impfung abhalten, Sie propagieren auch noch ein Mittel, durch das jetzt auf den Intensivstationen die Zahlen der Menschen mit Vergiftungen im Zusammenhang mit einem Entwurmungsmittel in die Höhe gehen, näm­lich Ivermectin. Das ist völliger Wahnsinn und das ist verantwortungslos! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Was Ihr Parteichef Kickl, der Entwurmer (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... Nürnberger Kodex! Herr Doktor, der Nürnberger Kodex!), da wider besseres Wissen propagiert – dass die Menschen das einnehmen sollen, genauso wie hochdosiertes Vitamin D, was mittlerweile schon so manchen Menschen zur Dialyse geführt hat –, das ist hochgradig verantwortungslos! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Was Kickl, der Entwurmer, aber natürlich verschweigt, das ist, dass es mittlerweile eine rezente Stellungnahme der Firma MSD Österreich – eines Pharma- und Biotechnologie­unternehmens, das Ivermectin herstellt – gibt, datiert vom 17. November 2021, in der steht: Es kann „nur dringend von der Verwendung von Ivermectin für diesen Zweck“ – Klammer auf: Covid-19; Klammer zu – „abgeraten werden, da zusätzlich zur fehlenden Zulassung und Wirkung, die Möglichkeit“ schwerster „Nebenwirkungen zu bedenken ist“. Weiters steht hier: „MSD möchte abschließend festhalten, dass die“ Covid-19-Impfung „bei der Pandemiebekämpfung an erster Stelle steht und MSD alle Maßnahmen zu einer höheren Durchimpfungsrate unterstützt.“

Ich frage Sie jetzt, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei: Haben Sie das bei Ihren Coronademonstrationen auch verteilt? (Bundesrat Steiner: Und was steht dazwischen?) Haben Sie das auch verteilt? (Bundesrat Steiner: Na was steht dazwi­schen? Was steht dazwischen, du Schwurbler?) – Ich gehe nicht davon aus, weil Sie nur die halbe Wahrheit sagen (Bundesrat Steiner: Du sagst auch die halbe Wahrheit! Was steht dazwischen?) und nicht das, was hier oben steht. – Ich gebe es dir dann, dann kannst du es lesen, Kollege Steiner. (Bundesrat Steiner: Ich kenne es!) Ich gebe es dir dann. (Bundesrat Steiner: Die Hälfte nur zitieren! Schwurbler!)


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Aber damit nicht genug, geht die Freiheitliche Partei durchs Land und erzählt irgendwel­che Märchen darüber, dass auf den Intensivstationen gleich viele Geimpfte wie Unge­impfte liegen. (Bundesrat Ofner: Märchenerzähler seid schon ihr! Die Märchenerzähler sind da vorne!)

Josef Ofner, Kollege Ofner! Ich bin dir ja fast dankbar dafür, dass du in diesen Fettnapf getreten bist, das ist nämlich eure Logik. Und ich muss euch sagen: Das habe ich schon seit Längerem erkannt, dass ihr nicht nur ein generelles Problem mit evidenzbasierter Wissenschaft habt (Zwischenrufe bei der FPÖ) – ihr begebt euch ja lieber in die Welt der Verschwörungstheoretiker und Schwurbler (Bundesrat Steiner: Rechtsradikale Nazis, vergiss nicht! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) –, ihr habt ein Problem mit mathema­tischen Statistiken, und ich werde euch jetzt nur ganz kurz aufklären, wie die Realität ist. (Bundesrat Leinfellner: Das ist der Blümel, nicht wir! – Bundesrat Bernard: Das ist der, der mit dem Kinderwagerl den Laptop spazieren führt! – Ruf: Hört zu, dann lernt ihr et­was!)

Herr Kollege Ofner – hört jetzt zu! – wirft nämlich einen Blick auf eine Intensivstation und sieht, dort liegen zwei geimpfte 60-Jährige und zwei ungeimpfte 60-Jährige, und schreit auf und sagt: Um Gottes willen, das haben wir immer gesagt: Die ganze Impfung ist für nichts! Die Regierung treibt die Menschen in unverantwortlicher Weise in diesen Stich! – Was er aber nicht dazusagt, weil er es entweder nicht sieht oder nicht sehen will: Gerade bei der Alterspopulation der 60-Jährigen haben wir eine Impfquote von 90 Prozent. (Zwi­schenruf des Bundesrates Ofner.) Ja, und jetzt rechnen wir uns das durch.

Das heißt, von 100 60-Jährigen (Bundesrat Ofner: Reden wir von den Durchbrüchen!) sind 90 geimpft und zehn sind nicht geimpft. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wie­ser.) Und jetzt liegen von den zehn zwei auf der Intensivstation – das sind dann 20 Pro­zent (Bundesrat Steiner: So ein Schwachsinn!) – und von den 90 Geimpften liegen auch zwei auf der Intensivstation, das entspricht einem Wert von 2,2 Prozent. Wo ist da der Schwachsinn, Kollege Steiner? (Bundesrat Steiner: Die Zahlen ...!) Setzen wir uns dann zusammen, dann gebe ich dir eine Nachhilfestunde in Mathematik! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Steiner: Ich rechne es dir noch vor heute!)

Ihr müsst die Dinge ein bissel zu Ende denken, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bun­desrat Steiner: Ich rechne es dir noch vor heute!) Aber ich habe kein Problem, mich mit Ihnen zusammenzusetzen. (Bundesrat Steiner: Ich mit dir auch nicht! Ich rechne es dir noch vor! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zu den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ: Ich muss sagen, ein bissel hat es mich schon gewundert, als ich da jetzt zugehört habe, vor allem auch Kollegen Egger, den ich sehr schätze, aber auch Frau Schumann. Da hat man fast ein bissel den Eindruck gehabt, die Sozialdemokratie kann alles, weiß alles, hat alles schon gesehen. Aber – ich habe es vorhin schon erwähnt – die Realität sieht eben so aus, dass es einen gemeinsamen Schulterschluss braucht. (Bundesrätin Schumann: Waren Sie bei der Demo ...?) Und das, was Sie hier gemacht haben, nein, Kollegin Schumann, das, was Sie hier gemacht haben, das ist ein bissel eine Politik der Doppelbödigkeit. (Bundesrätin Schumann: Wa­ren Sie bei der Demo? Herr Dr. Kornhäusl, waren Sie bei der Demo?) Und ich glaube, das ist kein guter politischer Stil. Doppelbödigkeit ist kein guter politischer Stil! (Bundes­rat Spanring: Ist das jetzt eine Kritik am Kurz? – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Buchmann hat das so schön ausgeführt: Wir haben auf der einen Seite sozialde­mokratische Landeshauptleute (Bundesrätin Schumann: Waren Sie bei der Demo?), die in Verantwortung sind und in Wahrnehmung ihrer staatspolitischen Pflicht diese Be­schlüsse, die schwerwiegend sind, ohne Zweifel, mitgetragen haben, gemeinsam mit ihrer Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner (Zwischenruf des Bundesrates Schen­nach), und heute stellen Sie sich hier her und schießen alles durch Himmel und Hölle


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und sagen, wie furchtbar alles ist. Das ist eine Doppelbödigkeit, die ich nicht goutiere. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen. – Bundesrat Steiner: Aber die Wahnsinnigen stimmen eh fast allem zu! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, es ist ein Unterschied zwischen im Nachhinein alles zu wissen oder im Vorhinein alles machen und entscheiden zu müssen. Sie stellen sich heute hier her mit der Weisheit des Rückblicks, aber im Nachhinein ist es immer einfach zu beurteilen: Was hätte man besser machen können, was hätte man anders machen können? (Zwischen­rufe der Bundesrätinnen Grimling und Hahn.) Und ich gebe Ihnen recht: Es ist nicht alles optimal gelaufen. Auch die Wissenschaft ist retrospektiv betrachtet jeden Tag ge­scheiter geworden, weil neue Fakten, weil neue Evidenzen dazugekommen sind. (Bun­desrat Spanring: Aber ihr werdet nicht gescheiter!) Und Politik muss auf die Wissen­schaft horchen und muss hier auch reagieren. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Um Ihnen zu demonstrieren, dass Sie leider Gottes auch auf diesem Auge des Rück­blicks, zumindest auf einem, blind sind (Ah-Rufe bei der SPÖ), möchte ich Ihnen hier nur ein paar Daten nennen. Sie haben nämlich gesagt, die Bundesregierung hat nichts ge­tan, den ganzen Sommer verschlafen und ist auf Urlaub gefahren. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Wie schaut die Realität aus? So, Herr Professor, wie schaut die Realität aus?

Am 28. Juli: Die Regierung legt weitere Schritte der Pandemiebekämpfung vor, Plan für den Schulstart vorgelegt. 8. September: Die Bundesregierung verständigt sich gemein­sam mit den Landeshauptleuten und Expertinnen und Experten auf einen Stufenplan für die weitere Bekämpfung. Weiters im September: Kontrollen zur Einhaltung der Maßnah­men werden verschärft. Im Oktober: Erarbeitung von 3G am Arbeitsplatz. 1. November: Zusätzlich zu den bereits geltenden Maßnahmen kommt 3G am Arbeitsplatz. 8. Novem­ber: 2G für Gastronomie, Kultur, Freizeit, FFP2-Maskenpflicht im gesamten Handel. 15. November: Lockdown für Ungeimpfte. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Na, ich frage Sie: Frau Kollegin Schumann, was hätten Sie denn mehr gemacht oder anders gemacht? Natürlich kann man sagen, da und dort hätte man vielleicht etwas machen können, aber ich wäre gespannt, was gesagt worden wäre, wenn wir herge­gangen wären und gesagt hätten: So, im Sommer machen wir einen Lockdown! Oder ich weiß nicht, was Sie sich vorgestellt hätten. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dazu muss man sagen, dass Sie die meisten dieser Maßnahmen zum Glück mitgetragen haben. Sie haben sie zum Glück mitgetragen.

Nichtsdestotrotz, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich der tiefen Überzeugung (Zwi­schenrufe der Bundesrätin Hahn), wir schaffen es nur gemeinsam heraus aus dieser Pandemie. Daher appelliere ich auch an die Bundesratsfraktion, vor allem als Länder­kammer: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren Landeshauptleuten Kaiser, Doskozil und Ludwig, die in einem großen Schulterschluss mit den ÖVP-geführten Ländern diese Be­schlüsse gefasst haben! Halten wir durch! Halten wir zusammen! Bleiben Sie gesund! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Grimling: Wir haben uns ja alle so lieb! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.26


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mar­kus Leinfellner. Ich erteile ihm das Wort.


18.27.00

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Herr Bundes­kanzler! Herr Gesundheitsminister! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Bevor ich jetzt (eine Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ auf das Rednerpult stellend) zu meiner eigentlichen Rede komme, Folgendes, denn ein paar Dinge kann ich nicht so im Raum stehen lassen.


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Alle müssen oder wir sollen auf die Wissenschaft hören, und viele sind auf einem Auge blind – Kollege Kornhäusl, dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben. Es gibt ja bitte viele, viele hochdekorierte Wissenschaftler, Ärzte, Juristen und Sonstige, und was deren Meinung betrifft, sind Sie auf einem Auge blind, nämlich die gesamte ÖVP und die ge­samten Grünen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist traurig, aber ich erwähne es trotzdem – also Zufälle gibt es! –: Heute wurde mir bekannt, dass ein Kollege, 44 Jahre alt, drei Tage nach seinem Drittstich, also heute, aufgrund einer Herzmuskelentzündung von uns gehen musste. Vorige Woche habe ich einen Anruf bekommen: Eine 84-jährige Frau hat die Boosterimpfung bekommen, in mei­nem Bezirk, sie war mobil, war geistig voll da – geistig ist sie noch immer voll da, aber sie kann aus dem Bett nicht mehr aufstehen und sie kann nicht einmal mehr ein Glas heben. Das ist die Wirklichkeit! Und das hat natürlich nichts mit Ihrer vielgepriesenen Impfung zu tun, wie es Prof. Nowotny gesagt hat.

Ich erinnere mich an dieses TV-Interview, bei dem eine Dame im Studio angerufen und gesagt hat, sie hat nach dem Zweitstich einen Schlaganfall gehabt, und sie hat gefragt, was sie tun soll. Soll sie noch einmal zur Impfung gehen und sich boostern lassen? Prof. Nowotny hat daraufhin eine Ferndiagnose gestellt und gesagt: Das hat definitiv nichts mit der Impfung zu tun. Natürlich soll sie dorthin gehen, natürlich soll sie diesen dritten Stich nehmen – und bei ihrem Sohn dasselbe, dem ist nämlich dasselbe passiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist traurig, wie sehr Sie nicht nur auf einem, sondern auf beiden Augen blind sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)

Ja, ein paar Dinge möchte ich zu dieser ÖVP auch sagen. Was hat die ÖVP in den letzten 20 Monaten gemacht? Außer dass sie am Tablet und am Handy herumgespielt hat, nicht viel, wie man sieht. Sie hat nicht das Land aus der Krise geführt, sondern die Krise durch dieses Land geführt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Ja, ich glaube, es würde meine Redezeit um ein Vielfaches sprengen, würde ich das gesamte Regierungsversagen hier und heute aufzählen. Und deswegen möchte ich mich auf einige wenige Punkte beschränken, einige wenige Punkte, die aber alle Österreicher interessieren.

Da komme ich gleich einmal zu diesem 3G am Arbeitsplatz. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere mich gerne an eine Zeit, in der man mit einem leichten Schnup­fen arbeiten ging und 37,5 Grad Körpertemperatur kein Grund gewesen ist, zu Hause zu bleiben. Die großen Tachinierer waren Sie, wenn Sie da zu Hause geblieben sind. Und heute sind Sie die großen Lebensgefährder, wenn Sie pumperlgsund ohne einen 3G-Nachweis in die Arbeit kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Ja, diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen: Sie haben in Ihrer Tintenburg wieder Verordnungen herausgegeben, ohne sich um deren tatsächliche Umsetzbarkeit zu kümmern. Wir haben ja nicht einmal die notwendige Infrastruktur. Schauen Sie einmal in den Bundesländern, wie es in den Teststraßen zugeht, wo Leute zwei, drei, vier Stunden in der Teststraße stehen und wieder nach Hause geschickt wer­den, weil die Kapazitäten gar nicht da sind – unverrichteter Dinge nach Hause gehen müssen! Und wenn sie es geschafft haben, diesen PCR-Test zu machen, dann kriegen sie innerhalb von 72 Stunden nicht einmal ein Ergebnis. Das sind Ihre Vorgaben, die Sie gemacht haben, wobei sich niemand von Ihnen Gedanken darüber gemacht hat, wie es in der Realität, in der Umsetzung draußen wirklich ausschaut. (Vizepräsidentin Schwarz-Fuchs übernimmt den Vorsitz.)

Und ja, diese Bundesregierung hat dieses Testchaos zu verantworten. Wenn Sie solche Vorgaben machen, dann haben Sie auch dafür zu sorgen und dafür Sorge zu tragen, dass deren Umsetzung funktioniert. (Beifall bei der FPÖ.)


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Wir sind mit diesem 3G am Arbeitsplatz an einem Punkt angekommen, an dem unsere gesunden Österreicher vom Arbeitsplatz ferngehalten werden. Ich glaube, wir haben es heute schon ein paar Mal gehabt, wir sind nicht die einzige Fraktion, die das bekrittelt. Die Stimmen werden auch in Ihren Fraktionen immer lauter, die sagen, dass das ein Wahnsinn ist, was diese Bundesregierung aufführt. Ich glaube, medienwirksam haben wir es ja in letzter Zeit einige Male gehört, dass sich auch Ihre Fraktion oder viele Ver­nünftige in Ihrer Fraktion mit diesem Wahnsinn nicht mehr identifizieren können. (Beifall bei der FPÖ.)

Versprochen und gebrochen – ich glaube, ich habe es heute schon einmal gehört, aber es sind einfach viele Dinge. Ich muss Ihnen das in Erinnerung rufen. Herr Bundeskanz­ler! Er ist gerade nicht da; vielleicht ist ihm der Akku ausgegangen und er holt sich ein Ladekabel, ich weiß es nicht. – Die Impfung ist der Gamechanger, mit ihr werden wir in Freiheit leben können!, hat euer Messias am 24. September 2021 gesagt. Am selben Tag hat er aber auch gesagt: Es wird keinen Lockdown und keine Einschränkungen für Geimpfte geben. Aus meiner Sicht ist die Pandemie vorbei. – Ihr gefallener Engel Kurz hat das am 24. September 2021 gesagt.

Und ja, auch unser heutiger Bundeskanzler hat davon gesprochen, dass es keine Ein­schränkungen für Geimpfte mehr geben wird. Einige Tage vor diesem Lockdown für alle hat er das noch vehement bestritten. Und unser Gesundheitsminister, der ja zum Glück noch da ist, hat vor Kurzem gesagt, eine Impfpflicht werde es nicht geben. Dazu habe ich nachher noch ein paar Fragen an Sie.

Was kann man dieser Bundesregierung noch glauben? Diese Bundesregierung lügt; Sie belügen unsere Österreicher, wenn Sie den Mund aufmachen, meine sehr geehrten Da­men und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Und nein, es passiert Ihnen nicht, Sie machen das bewusst, und das werfe ich Ihnen vor. Sie be­lügen die Österreicher bewusst. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was haben wir heute, Herr Bundesminister? Zuerst haben wir den Lockdown für die Ungeimpften und eine Verordnung, bei der wir auch noch über ein paar Dinge reden müssen. Aber dazu komme ich auch noch. Sie schreiben in Ihrer 5. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung: „Bedingungen und Auf­lagen nach dieser Verordnung gelten nicht [...] zur Wahrnehmung der Aufsicht über min­derjährige Kinder.“ Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Was bedeutet das, Herr Gesund­heitsminister? – Der Bundeskanzler ist noch immer nicht da. – Ich habe zum Beispiel minderjährige Kinder. Darf ich jetzt mit meinen Kindern einkaufen gehen, um die Auf­sichtspflicht wahrzunehmen? Meine Kinder sind mit acht und zehn Jahren nicht ge­schäftsfähig. Die Aufsichtspflicht habe ich wahrzunehmen. Darf ich ins Geschäft? Darf ich auf die Skipiste? Darf ich auf den Sportplatz oder sonst irgendwohin? Wie ist das in der Verordnung gemeint? (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Ich glaube, Sie wer­den es auf Ihrem Zettel nicht finden, vielleicht am Tablet, ich weiß es nicht. Aber ich hätte heute wirklich gerne eine Antwort darauf, denn das sind viele Dinge, die wahrscheinlich nicht nur ich nicht verstehe, sondern viele andere auch nicht. Ich hoffe, Sie haben es verstanden (Bundesrat Steiner – erheitert –: Na!), denn gelesen haben Sie es ja hoffent­lich, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Mückstein, gemäß dieser Verordnung gilt weder 2G noch eine Maskenpflicht noch sonst irgendeine Auflage, die Sie in diese Verordnung hineingepackt haben. Falls Sie es gerade suchen, was Sie da hineingeschrieben haben: Es ist § 20 Abs. 3 Z 2. Ich weiß jetzt nicht, was Sie damit meinen, aber ich hoffe, dass Sie Licht ins Dunkel bringen kön­nen. Ich sage, das ist eine Kleinigkeit, der ganze Wahnsinn geht ja noch weiter, denn nach dem Lockdown für die Ungeimpften haben wir den Lockdown für alle Österreicher. Und zeitgleich kündigt diese Bundesregierung eine Impfpflicht in Österreich an. Öster­reich am Scheideweg der Demokratie, kann ich nur sagen. Dieses türkise System hat


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unsere Demokratie in Österreich, in diesem Land zu Grabe getragen. Und ja, man kann mit Recht sagen: Sie sind die Totengräber der Demokratie in unserem Österreich. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Gesunde Österreicher werden von dieser türkis-grünen Bundesregierung weggesperrt und gesunde Österreicher werden in die Nadel getrieben. Ein amerikanisches Medium schreibt nicht umsonst: Tyrannei entfaltet sich in Echtzeit. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Dabei ist bitte ein Bild von diesem Bundeskanzler.

Der kroatische Präsident sagt: „Das ist schrecklich in Österreich. Das ist ein europäi­sches Problem. [...] Wo sind diese Brüsseler Bürokraten jetzt? Den Menschen verbieten auf die Straße zu gehen, das ist Faschismus“. – Zitatende.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Bundesregierung spaltet. Diese Bun­desregierung drangsaliert und diese Bundesregierung tut alles, um 42 Millionen Impfdo­sen, die vielleicht der Blümel ausgerechnet hat, hier anzubringen. Aber auf die Impfung kommen wir noch zu sprechen.

Dieser Bundeskanzler – ich weiß nicht, wo er gerade ist – agiert ja bitte seit seinem Amtsantritt, seit seinem ersten Interview – das will ich gar nicht mehr erwähnen, das ist in diesem Haus schon oft zitiert worden – als Sprechpuppe für dieses türkise System. Ja, aber eines hat er zusammengebracht, nämlich ein Versagen auf allen Ebenen: ein politisches Versagen, ein soziales Versagen, ein medizinwissenschaftliches Versagen und ein moralisches Versagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau wegen diesem türkis-grünen gesund­heitspolitischen Irrweg gehen die Menschen auf die Straße, und sie sagen ganz klar Nein: Nein zu dieser Impfapartheid, Nein zu diesem Testchaos, Nein zur türkis-grünen Ausgrenzung von gesunden Menschen und Nein zu einem Impfzwang. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren: Nein zu einem Genexperiment an unseren Kindern! Unse­re Kinder sind nicht die Versuchskaninchen für diese türkis-grüne Bundesregierung! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Ich kann der Bundesregierung nur empfehlen, anstatt eine Pressekonferenz nach der anderen zu geben, einmal die Augen aufzumachen. Hören Sie einmal auf diese Ärzte, Mediziner! Schauen Sie vielleicht einmal in die Foren hinein! „Wir zeigen unser Gesicht“, das sind nicht irgendwelche Menschen, das sind hochdekorierte Wissenschaftler, Ärzte, Rechtsanwälte und sonstige Leute. Die haben Vorschläge, die haben Ideen. Hören Sie auf unsere freiheitlichen Forderungen! Hören Sie auf unsere freiheitlichen Anträge! Auch da sind viele vernünftige Ansätze dabei. Aber da verschließen Sie nicht nur die Ohren, da sind Sie wirklich, wie es Kollege Kornhäusl vorhin gesagt hat, auf beiden Augen blind. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Gesundheitsminister! Nicht nur der Bundeskanzler und die restliche Regierung soll­ten sich das anhören, auch Sie sollten sich diese Experten und Ärzte vielleicht anhören, denn ich glaube, Sie können auch noch das eine oder andere lernen. Ich möchte nur die Aussage, die Impfung gehe nicht ins Blut, zitieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Diese Impfung ist nicht, wie es hier propagiert wird, alternativlos. Dieser Impfzwang ist nicht alternativlos. Sie werden auf Widerstand in der Bevölkerung stoßen, Sie werden auf Widerstand in der Freiheitlichen Partei stoßen. (Bundesrat Schreuder: Was ist die Alternative?) Da sollten wir einmal die Augen öffnen. Tausende, Hunderttausende Men­schen in Wien - - (Bundesrat Schreuder: Was ist die Alternative?) – Das kommt noch, hör zu! Vielleicht könntest du das in deiner Fraktion weitergeben, es kommt noch!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: Diese Impfung ist nicht alternativlos. Das Einzige, das wir definitiv wissen, ist, dass diese Bundesregierung in der Bekämpfung dieser Coronapandemie völlig versagt hat. (Beifall bei der FPÖ.)


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Herr Gesundheitsminister, ich glaube auch, dass diese Bundesregierung inzwischen weiß, dass diese Impfung nicht der sogenannte und viel erhoffte Gamechanger ist. Wir haben auch gehofft, dass diese Impfung zu einer Verbesserung der Lage führt, dass diese Impfung die Lösung bei der Bekämpfung der Pandemie ist. Auch wir haben das gehofft und wir hoffen immer noch (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), dass wir bald etwas finden, um aus dieser Pandemie rauszukommen, aber wir haben es nicht, und Sie wissen das. Sie wissen, dass diese Impfung nicht vor einer Ansteckung schützt, Sie wissen, dass diese Impfung nicht vor einer Übertragung schützt, Sie wissen, dass sie nicht vor einer Erkrankung schützt, Sie wissen, dass sie nicht vor einer Hospitalisie­rung schützt, Sie wissen, dass sie nicht vor einem schweren Verlauf schützt, und Sie wissen auch, dass einige doppelt Geimpfte bereits gestorben sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Zwazl: Was ist die Alternative?)

Sie haben aber vergessen, eines zu erwähnen – ich glaube, der Herr Bundeskanzler hat es vorhin auch erwähnt –: Sie haben vergessen, zu erwähnen, dass Sie 42 Millionen Impfdosen gekauft haben und dass die irgendwann einmal ablaufen, weil sie wie alle medizinischen Produkte ein Ablaufdatum haben. Nein, diese Impfung ist nicht der Gamechanger, und es gibt nichts und niemanden, auch nicht diese Bundesregierung, das mich in die Nadel treiben wird, bei einem Impfstoff, von dem wir wissen, dass er nicht dieser Gamechanger gewesen ist. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Zwazl: Die Alternative!)

Bei einem Punkt muss ich dieser Bundesregierung aber recht geben: Die Impfung ist das Einzige, das hilft. Auch da haben Sie nicht dazugesagt: in Österreich. Aber wa­rum? – Das ist das Einzige, das wir haben, weil diese Bundesregierung und dieser Ge­sundheitsminister in dieser Pandemiebekämpfung völlig versagt haben. Wir haben kein einziges Medikament, wir haben keine Alternativvarianten. Wir haben Impfstoffe, die vor­handen sind (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), wir haben keine Möglichkeiten (Zwischenrufe bei der ÖVP), um in Österreich Behandlungen gegen Corona einzuleiten. Deswegen muss ich Ihnen recht geben: Die Impfung ist das Einzige, das wir haben. Daran ist aber nicht Corona schuld, daran ist aber nicht die Freiheitliche Partei schuld, daran ist einzig und allein dieser Gesundheitsminister schuld, meine sehr geehrten Da­men und Herren. (Beifall bei der FPÖ. Bundesrätin Zwazl: Wo ist die Alternative?)

Diese Bundesregierung hat die letzten zwei Jahre verschlafen, ist sozusagen vom Win­terschlaf in die Frühjahrsmüdigkeit, von der Frühjahrsmüdigkeit in den Winterschlaf ge­kommen. Das Einzige, das dazwischen herausgekommen ist, sind verfassungswidrige Verordnungen, Lockdowns und jetzt eine Fantasie über eine Impfpflicht.

Herr Gesundheitsminister, Sie sind ja noch hier, vielleicht können Sie das beantworten: Wie viele Medikamente haben Sie bereits bestellt? Wie viele sind bereits in Österreich?

In anderen Ländern gibt es ja diese Medikamente bereits, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur in Österreich ist das anscheinend nicht möglich. Es wäre schon möglich, aber mit dieser Bundesregierung ist es nicht möglich. (Bundesrätin Zwazl: Und wo ist die Alternative?) Dort liegt das große Problem.

Nein, ich bin überhaupt kein Impfgegner. Wenn mir einer sagen kann, es hilft dabei, dass ich niemanden mehr anstecken kann, lasse ich mich impfen. Wenn mir einer sagt, es hilft, dass ich es nicht mehr kriegen kann, dass ich nicht daran sterben kann oder was auch immer, dann lasse ich mich impfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben dieses Medikament nicht (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder), Ihre Impf­stoffe sind es nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich wünsche mir wirklich, dass wir bald ein Medikament, einen Impfstoff finden, die tatsächlich vor dieser Krankheit schützen, aber wir haben sie nicht. Ich glaube, da sollte man auch mit offenen Augen durchs Leben gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch diese Bundesregierung muss da die Augen einmal öffnen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist beschämend, wie diese Chaotentruppe unser Land regiert. (Bundesrätin Zwazl: Hallo!) Weil es dazu genau passt, kann ich nur sagen: Wasser predigen und Wein trinken. – Das hat ja schon bei unserem Bundesprä­sidenten, der auf die Sperrstunde gepfiffen hat, angefangen, ging weiter beim gefallenen Engel, der auf die Abstände gepfiffen hat, beim türkisen System, das auf die Gesetze gepfiffen hat, und beim Innenminister, der erst am Samstag wieder auf die Maskenpflicht gepfiffen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen nur sagen, die Österreicher pfeifen auch auf etwas, nämlich auf diese Drangsalierungen und auf diese türkis-grüne Bundesregierung. Dieses türkis-grüne System zerstört unser Land, treibt unsere Öster­reicher in den Wahnsinn. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich habe nur einen Wunsch: Tre­ten Sie zurück! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

18.46


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr dieses.


18.46.28

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, die letzten Wochen waren für uns alle sehr herausfordernd, um nicht zu sagen, verwirrend, und leider eine sehr unrühmliche Steigerung der bisherigen Ereignisse des Jahres 2021 und des Jahres 2020.

Ja, Covid-19 hat uns in Geiselhaft, und das Entkommen aus dieser wird uns tatsächlich nur gemeinsam gelingen. Um das zu verdeutlichen, sehr geehrte Damen und Herren – insbesondere, weil wir hier im Bundesrat sind und weil ich heute die einzige Rednerin aus Oberösterreich bin –, gestatten Sie mir einen Blick in mein Heimatbundesland und auf die Politik der falschen Signale, die in den letzten Monaten von dort allzu oft gesendet wurden, die uns schlussendlich wohl auch zu der Explosion der Infektionszahlen geführt hat, die nun diesen vierten Lockdown unvermeidbar gemacht hat.

Mein Bezirk Vöcklabruck war am 18.11.2021 quasi der traurige Spitzenreiter, der Neuin­fektionenspitzenreiter, der landesweit führende Bezirk mit einer Inzidenz von sage und schreibe 2 291. In meinem Nachbarort gab es sogar eine lokale Inzidenz von 4 848,48 – das kann man sich ganz gut merken. Warum? – Es fand dort der Tag der Senioren statt, der Simonikirtag und als Sahnehäubchen noch die Eröffnung einer Diskothek. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wie konnte es sich aber derart entwickeln und zuspitzen? – Durch Impfquoten, die ent­täuschend sind. So sind es mancherorts 50 Prozent bei der Erstimpfung; derzeit liegen wir im Bezirk Vöcklabruck bei einer Impfquote von 63,4 Prozent, also meilen-, ja meilen­weit entfernt von einer Impfquote, die wir wirklich dringend brauchen würden. Wenn ich dann in den sozialen Medien sehe, dass sich Bürgermeister bejubeln, weil ja nur noch 18,7 Prozent der impfbaren Bevölkerung ungeimpft sind – und nicht richtigerweise, wie es sein sollte, der Gesamtbevölkerung –, dann frage ich mich tatsächlich: Was soll man als Regierung noch machen, wenn sogar lokale Amtsträger die Gefahr der Situation nicht erkannt haben und wiederum falsche Signale senden?

Ich kann mich auch noch ganz gut erinnern: Anfang September wurden Vor-Ort-Imp­fungen nicht gewünscht, sie wurden als Politisierung vor der Wahl in Oberösterreich be­zeichnet und abgelehnt.

So haben wir in Oberösterreich nun tatsächlich eine Koalition der Widersprüche, die der Bevölkerung einmal mehr ein falsches Signal sendet (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP), nämlich eine Koalition mit einer Partei, die die Maßnahmen


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der Bundesregierung kritisiert und sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dagegenstemmt. So kann es uns nicht gelingen, den notwendigen Schulterschluss zur Bekämpfung der Pandemie herzustellen.

Wie es geht, zeigt uns der Blick in andere europäische Länder. Portugal wurde heute schon als Beispiel bemüht, aber ich möchte es trotzdem noch einmal erwähnen, weil in Portugal tatsächlich alle Parteien hinter der Bekämpfung dieses heimtückischen Virus stehen. Dieses Land ist von Solidarität und Rücksichtnahme geprägt und verdeutlicht noch einmal mehr, dass eine Impfquote von über 90 Prozent der Weg aus der Pandemie ist. Selbst bei wirklich guten Inzidenzen werden in Portugal nach wie vor Schutzmaßnah­men eingehalten: Desinfektionsmittel werden günstigst zur Verfügung gestellt, die Men­schen tragen Masken, die Menschen halten Abstand, das ist selbstverständlich. Die Menschen haben das Schützen verstanden.

Das hätten wir auch tun können, nämlich auf freiwilliger Basis, und das hätte uns nicht wehgetan. Wir alle hier im Bundesrat tragen immer Masken. Ich und unsere Fraktion haben das ganze letzte Jahr und das vorletzte Jahr immer Masken getragen. Natürlich ist es gewöhnungsbedürftig und anstrengend, aber es schützt uns und es ist so einfach. Dafür braucht es keine Vorgabe der Regierung. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Absolut kontraproduktiv ist da eine Politik, ich muss das heute leider auch noch einmal erwähnen, die man verkürzt mit: Wir gegen den Bund, bezeichnen kann. Erst in der letzten Woche haben uns die Landeshauptleute sehr eindrucksvoll ihre Macht und ihre Rolle verdeutlicht. War es erst die Ablehnung der vorgeschlagenen Maßnahmen des Bundes, gepaart mit Kritik und Anprangern der Versäumnisse des Gesundheitsministers in den letzten Monaten, kam es dann doch schlussendlich sehr schnell zu den nun be­schlossenen Einigungen. So ist mir in den letzten Tagen das ist vielleicht ganz witzig, obwohl momentan gar nichts witzig ist, aber ich möchte es trotzdem sagen  immer wieder eine Redewendung in den Sinn gekommen: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.

Das Lexikon erklärt uns dazu, dass diese Redensart insbesondere benutzt wird, wenn jemand einen Vorteil haben möchte, aber nicht bereit ist, dafür etwas zu geben. Wir möchten die größtmögliche Freiheit, keine finanziellen Nachteile, eine optimale Gesund­heitsversorgung und das alles in Zeiten einer weltweiten Pandemie. Was aber sind wir tatsächlich bereit, dafür zu tun? Viele, viele, viele sind noch nicht einmal bereit, sich impfen zu lassen.

Was die Freiheit betrifft, möchte ich abschließend noch den Philosophen Hegel bemü­hen: „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit.“ Vonseiten der Wissenschaft kam in Bezug auf die Notwendigkeit eine ganz klare Ansage: Nur eine ausreichende Impfquote wird uns aus der Pandemie führen; diesbezüglich wird es notwendig sein, dass wir genau diesen Zustand herstellen.

Deshalb: Schützen Sie sich selbst und schützen Sie andere mit der Impfung! Wir haben dazu die Möglichkeit, quasi fast überall, quasi fast rund um die Uhr und mit einer breiten Auswahl an Impfstoffen. Ich möchte auch an Sie, liebe Zuseherinnen und Zuseher, appel­lieren: Helfen wir endlich zusammen, nutzen wir die Impfung als Chance und als das wirk­same Mittel, um Covid-19 den Garaus zu machen! Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.54


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.


18.54.37

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren, die


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unsere Sitzung heute zu Hause via Livestream und vor dem Fernsehen mitverfolgen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Bundesrat! Ich muss sagen, für mich als Politikerin, vor allem aber auch als Pädagogin, die tatsächlich jeden Tag noch in der Klasse steht, waren die letzten Tage und Wochen schlicht und einfach unfassbar. Im wahrsten Sinne des Wortes bleibt man sprachlos zurück.

Eigentlich weiß ich gar nicht, wo ich in der Zusammenfassung wirklich anfangen soll, aber ich probiere es. Herr Bundeskanzler, zumindest meine elf- und zwölfjährigen Schü­lerinnen und Schüler wissen, dass man, wenn mit einem gesprochen wird, auch zuhört. Das gebietet der Respekt. In unserer Schule ist das zumindest gang und gäbe, ich würde Sie auch um diesen Respekt bitten. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielleicht gehen wir aber noch einmal zum Beginn der Pandemie zurück. Wir haben es heute schon gehört, Freitag, der 13., im Jahr 2020 war es, als die Regierung den drei Tage später beginnenden ersten Lockdown verkündete. Die Schulen waren also ab Montag geschlossen. An einem Freitagmittag mussten somit die Schulen, die Lehrerin­nen und Lehrer all ihre technischen, materialbezogenen und auch personellen Organisa­tionsmöglichkeiten aufbieten, um im wahrsten Sinne des Wortes in allerletzter Minute und in wenigen Minuten Unterricht über Distanz zu ermöglichen.

Natürlich hat zu diesem Zeitpunkt niemand eine Vorstellung davon haben können, was da noch auf uns zukommen würde, deshalb war diese, ja, logistische Herausforderung, die es tatsächlich war, auch nachvollziehbar und die Kurzfristigkeit für alle Beteiligten noch einigermaßen gerechtfertigt. Schnell wurden aber die diversen Schwächen unse­res Bildungssystems sichtbar.

Das Distancelearning ist, wie man gesehen hat, ohne die nötige technische Ausstattung und das entsprechende Know-how, wie mit dieser dann umzugehen ist, pädagogisch sinnvoll nicht möglich. Die Eltern waren schnell am Rande der Überforderung zwischen Homeschooling, Homeoffice und vielem anderen mehr, und auch für die Schülerinnen und Schüler war es eine sehr schwierige Zeit. Das Getrenntsein von den Freundinnen und Freunden hat bis heute oftmals wahrlich Spuren hinterlassen.

Im zweiten Lockdown wurde es mit Schichtbetrieb versucht, was, wie wir dann gemerkt haben, ebenso Vor- und Nachteile hatte. Im dritten Lockdown gab es dann eine andere Art von Schichtbetrieb: einmal mit Maskenpflicht, einmal ohne Maskenpflicht, beides je­denfalls eine organisatorische Challenge für alle. Befriedigende Lösungen, die einen halbwegs geregelten, dauerhaften und vor allem sicheren Schulbetrieb ermöglicht hät­ten, gab es nicht, obwohl ExpertInnen zahlreiche Vorschläge dazu machten.

Dann kam das Aufatmen, denn ein gewisser Altkanzler Kurz stellte uns eine „coole Zeit“ in Aussicht. Die Realität ist, wie wir heute wissen, freilich eine andere. Seit Wochen oder eher schon seit Monaten betonen MedizinerInnen, VirologInnen und viele andere mehr, dass es so wie im glimpflich verlaufenen Sommer nicht bleiben wird. Seit dem Sommer haben wir von sukzessive steigenden Infektionszahlen und vor allem von einer drohen­den Überlastung der Spitäler und der Intensivstationen gehört. Wir haben es gehört, die Regierung aber hat das, wie wir heute wissen, konsequent ignoriert und die Pandemie wieder und immer wieder für gemeistert und für beendet erklärt. Wir haben es heute schon einige Male erleben und hören dürfen.

Noch am Donnerstag der letzten Woche – das ist besonders pikant! –, also während die Landeshauptleute bereits getagt haben, gaben zum Beispiel niederösterreichische Landtagsabgeordnete den Bezirksblättern Interviews, in denen sie einen drohenden Lockdown für alle kategorisch ausgeschlossen haben. Na ja, dann kam doch die Überra­schung, die in Wahrheit keine war.

Was tut die Regierung? Ja, man sollte meinen, dass nach über 20 Monaten Pandemie schon die unterschiedlichen möglichen Szenarien durchgespielt wurden und dement­sprechend für jedes Szenario das passende Maßnahmenkonzept in der Schublade liegt


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und dann im Fall, dass es notwendig wird, nur hervorgeholt werden muss: Szenario A tritt ein, also wird Konzept A in der Schule umgesetzt.

Dass man womöglich aus den letzten drei Lockdowns und den verschiedenen Maßnah­men und vor allem aus den Best-Practice-Beispielen, die es in diversen Schulen und auch in verschiedenen Gemeinden sehr wohl gibt, was das Distancelearning betrifft, was zum Beispiel Maßnahmen wie Freiluftklassen im Sommer betroffen hat oder auch Luft­filteranlagen, die in Traiskirchen beispielsweise flächendeckend in den Schulen ange­schafft wurden, gelernt hat: weit gefehlt! Es gab keine Planung, es gab keinen Austausch mit den Experten und auch nicht mit den Schulpartnern. (Beifall bei der SPÖ.)

Man hat also nicht mit den Pädagoginnen und Pädagogen gesprochen, nicht mit den ElternvertreterInnen und auch nicht mit den SchülervertreterInnen. So kam es, wie es kommen musste: Lockdown vier, auch für die Geimpften, war somit unvermeidbar.

Es gilt jetzt also erneut, Kontakte zu vermeiden, Infektionsketten zu durchbrechen – so weit, so verständlich. Für die Schulen heißt das allerdings offensichtlich: Ihr Kinderlein kommet! – jetzt in der Vorweihnachtszeit –, denn die Schulen bleiben, wie wir heute schon gehört haben, offen für alle, die kommen möchten oder kommen müssen, weil die Eltern berufstätig sind oder keine Betreuungszeit mehr haben. Die Schüler sollten eigent­lich schon zu Hause bleiben, dürfen aber in die Schule, wenn sie dies möchten. Eigent­lich sagt auch der Herr Bundeskanzler – also Sie (in Richtung Bundeskanzler Schallen­berg) –: Die SchülerInnen und Eltern sollten sich jetzt schon ein bisschen „zusammenrei­ßen“ – Zitatende –, also doch lieber daheimbleiben. – Na was dann jetzt?

Der Erlass, auf den wieder einmal das gesamte Wochenende lang gewartet werden musste, bringt keine Klarheit, sondern, ganz im Gegenteil, er wirft viele, viele Fragen darüber auf, wie das denn tatsächlich in der Praxis umgesetzt werden soll. Immerhin hat es heute eine APA-Meldung mit einer Ankündigung gegeben, dass da noch nachgebes­sert werden soll. Wir werden aber sehen, was die Praxis dann auch zeigen wird.

Es gibt jetzt also ein bisschen etwas von allem: ein bisschen Distancelearning, aber nicht gänzlich; es gibt Präsenzunterricht für die, die in die Schule gehen; es soll Lernpakete für jene, die zu Hause sind, geben; Schularbeiten können, müssen aber nicht stattfinden. Über die Beurteilung der Lernpakete zum Beispiel ist im Erlass gar nichts zu finden.

Was ist also die Konsequenz aus diesem Erlass bis heute gewesen? – Verunsicherung. Es sind alle Beteiligten massivst verunsichert. Die Eltern wissen nicht mehr weiter: Soll ich mein Kind in die Schule schicken? Was ist mit den Infektionszahlen in der Schule? Ist es sicher, ist es epidemiologisch sicher, mein Kind in die Schule zu schicken? Kann ich mein Kind zu Hause betreuen oder ist das von meiner Zeit her nicht mehr möglich? Wie viel versäumt es denn überhaupt, wenn es zu Hause bleibt? – Auf die Schule kam also eine Flut an Fragen auf allen Kommunikationsplattformen und -ebenen zu.

Die Lehrkräfte sind ebenso ratlos und sie sind am Limit, das kann ich aus eigener Er­fahrung bestätigen: Distancelearning, Präsenzunterricht, das Betreuen der Lernpakete und zusätzlich noch viele, viele Listen, administratorische Tätigkeiten, die in den letzten Monaten ja noch hinzugekommen sind, und Anforderungen, die steigen. Wie soll man das bitte alles gleichzeitig pädagogisch sinnvoll und wertvoll gestalten? Wir bereiten uns vor, obwohl wir gar nicht wissen, welche Schüler sich wofür entscheiden, ob sie da­bleiben, ob sie zu Hause bleiben. Was darf dann wie beurteilt werden? Und wie schaut es aus, wenn die Infektionszahlen weiter steigen?

Offensichtlich ist nicht nur für mich dieses Chaos als solches zu bezeichnen, sondern auch die Presse ist voll mit derartigen Meldungen. Die „Salzburger Nachrichten“ bei­spielsweise schreiben: „Lehrerprotest: ‚So kann es nicht weitergehen‘“, die „Wiener Zei­tung“: „AHS-Direktoren gegen gleichzeitigen Präsenz- und Digitalunterricht“. Von den


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BMHS-Vertretern heißt es beispielsweise: Die SchülerInnen und Erziehungsberech­tigten selbst müssen sich zwischen hoher Infektionsgefahr und schulischem Auf-der-Strecke-Bleiben entscheiden. Die schlechteste Nichtentscheidung, die in diesen Zeiten jemals getroffen wurde.

Weiters: „Entweder man macht es ordentlich oder man lässt es bleiben.“ Eine nicht un­bedingt gute Überschrift: „Regierung, macht euren Job und eine klare Ansage!“ – Ich könnte jetzt noch viele, viele weitere Pressemeldungen zitieren. Ich glaube, das Bild ist eindeutig: das Totalversagen auch im Schulbereich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann das Chaos, glaube ich, schon ansatzweise erklären, oder ich versuche es zu­mindest für mich selber, denn ich habe ein wenig den Eindruck, dass es da um ein Deck­mäntelchen geht, nämlich um ein Deckmäntelchen der Schulautonomie, das da so ein bisschen darübergestülpt wird, in Wahrheit werden aber alle Beteiligten alleingelassen – die Eltern, die Lehrkräfte und alle, die im Schulleben zu tun haben. In Wahrheit schieben Sie als Bundeskanzler und der zuständige Bildungsminister – eigentlich die gesamte Regierung – Ihre Verantwortung auf die Eltern und die Lehrkräfte ab. Ich weiß nicht, ist es Feigheit, ist es Unvermögen, ist es Abgehobenheit, ist es Realitätsverweigerung? – Wahrscheinlich ist es ein bisschen etwas von allem.

Fakt ist allerdings: Wie ich schon erwähnt habe, wurden die Schulpartner, die Elternver­treter, Schülervertreter, Lehrervertreter bis heute in keinen Entscheidungsprozess einge­bunden, man hat nie das Gespräch gesucht. Die Öffentlichkeit wird prinzipiell vor den Betroffenen an den Schulen informiert, und das eben frühestens 5 Minuten, bevor etwas umgesetzt werden soll.

Die Kommunikationskanäle mit den Eltern brechen regelmäßig zusammen, weil die El­tern natürlich nachfragen, was denn eigentlich Sache ist – und wir können es ihnen nicht sagen! Fast schon jede Woche gibt es neue Maßnahmen, ständig andere Vorgaben, die auch die Behörden anscheinend massiv aus der Bahn werfen und die sie nicht nach­vollziehen können: Einmal geht bei einem positiv getesteten Kind die ganze Klasse in Quarantäne, beim nächsten Kind sind es dann wiederum nur die Sitznachbarn; einmal sind die Lehrpersonen auch gleich als K2-Personen eingestuft, dann wieder nicht; einmal heißt es: einmal gurgeln, zweimal Nase bohren, dann muss einmal wöchentlich Nase gebohrt werden. Die Maskenpflicht wird wöchentlich geändert: Da heißt es, dass alle Kinder FFP2-Masken tragen müssen, dann sind es doch nur die Oberstufenschüler.

Weiter geht es mit den digitalen Endgeräten, die dann auch einen etwaigen hybriden Unterricht möglich gemacht hätten oder möglich machen würden: Die meisten warten immer noch darauf – also auch da ein Versäumnis sondergleichen.

Seitens der Bildungsdirektion bekommt man so hilfreiche Informationen wie: Na, es muss ja gar nicht erhoben werden, wer in die Schule kommt und wer nicht kommt – frei nach dem Motto: Wer da ist, ist halt da. – Gut, da kann man dann auch gut planen und einen guten, wertvollen Unterricht gestalten.

Zur Beruhigung der zu Recht aufgebrachten Lehrerschaft, heißt es dann auch noch: Die Arbeitspakete müssen ja sowieso nicht extra aufbereitet werden. Na ja, gut, es genügt ja ganz sicher, wenn man den Kindern zum Beispiel ein Kapitel aus dem Buch nennt, das wird ja wohl reichen. – Na ja, versuchen Sie das einmal mit einem Sechsjährigen! Dieser wird sicherlich viel damit anfangen können, wenn er alleine ein Arbeitspaket zu Hause selbst erarbeiten darf. Oder sagen Sie das einem 15-jährigen Pubertierenden, dem das vielleicht ein kleines Schmunzeln abringt, mehr aber nicht.

Was aus meiner Sicht eigentlich ganz besonders schrecklich ist: Betreffend die Kinder­gärten hört man gar nichts. (Beifall bei der SPÖ.) Diese sind geöffnet wie eh und je, als


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wenn überhaupt nichts Ungewöhnliches passiert wäre. Offenbar fällt die Elementarpäda­gogik sogar noch weiter unter die Grenze der Wahrnehmung der Bundesregierung, als dies bei den Schulen oder bei den Universitäten der Fall ist.

In Wahrheit ist in den vergangenen 20, 21 Monaten nichts passiert. Es ist nichts passiert, um zum Beispiel die Zahl der Schulpsychologen aufzustocken, um zusätzliche Bewe­gungsangebote für die Jugend zu schaffen. Wir wissen, dass Depressionen, psychoso­matische Beschwerden, Lernschwierigkeiten, Adipositas und vieles andere mehr im­mens zugenommen haben. Wir wissen, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrien voll sind, und wir wissen, dass es da seit Monaten eine Triage gibt, das heißt, bei Weitem nicht jeder und jede betroffene Jugendliche kann tatsächlich in den Psychiatrien betreut werden. Ich finde, dieser Zustand ist entsetzlich! Nichts ist im Hinblick darauf passiert und auch nicht im Hinblick auf zusätzliche Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Da sind wir alle miteinander sozusagen auf den Goodwill der Gemeinden angewiesen, ob sie welche finanzieren oder ob sie niemanden finanzieren.

Eines möchte ich Sie schon fragen – eine kleine Anekdote sozusagen aus meinem eigenen Berufsumfeld –: Können Sie sich auch nur im Mindesten vorstellen, was diese letzten 21 Monate mit Kindern und Jugendlichen machen, was da alles auf die Kinder und Jugendlichen aufgeladen wurde, was sie alles zu verarbeiten haben und weiterhin haben werden? Das wird uns wahrscheinlich noch über die nächsten Jahre hinweg be­schäftigen, und damit werden wir uns befassen müssen, ob wir wollen oder nicht.

Eine kleine Geschichte von mir, die mich sehr berührt hat: Ich habe erst unlängst in meiner Klasse Schülerinnen und Schüler beim Nasenbohrertest, wie er so schön heißt, unterstützt, und wie es der Teufel so will, gab es bei zwei SchülerInnen dann doch einen zweiten Strich. Der eine Schüler nahm es relativ gelassen – okay, er ist halt dann ein paar Tage zu Hause –, wird sich vielleicht sogar ein bisschen darüber gefreut haben. Das Mädchen hingegen hat das nicht so gelassen aufgenommen und hat panisch re­agiert. Es ist in Tränen ausgebrochen, war panisch, weil es gemeint hat: Habe ich jetzt meine Familie angesteckt? Sind jetzt vielleicht auch meine Freundinnen und Freunde positiv, die ich in der Früh umarmt habe? – All das muss man als Kind, als Jugendlicher erst einmal verarbeiten.

Ich persönlich finde das ganz besonders entsetzlich, wenn man dann Bilder von ÖVP-Parteitagen im Fernsehen übermittelt bekommt, wo fröhlich umarmt, gebusselt und ge­kuschelt wird; da ist von Maskentragen keine Rede mehr – aber das ist nur mein per­sönlicher Eindruck. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt die Verunsicherung, die ganz generell immer größer wird, weil sich in Wahrheit niemand mehr auskennt, was denn nun jetzt wirklich gilt und was nicht, denn – das muss man schon immer wieder sagen; wir haben es heute schon gehört, aber ich muss es wiederholen, weil es dringend notwendig ist, es immer wieder zu sagen –: Im­mer wieder wird parteipolitisch und klientelpolitisch agiert, und es gibt in der Richtung motivierte Widersprüche, die da immer wieder von der Regierung kommuniziert wurden und werden.

Ich darf an Folgendes erinnern: Vor ziemlich genau einem Jahr, also vor Weihnach­ten 2020, hat die Regierung noch allen Reisenden zehn Tage Quarantäne verordnet, wenn sie aus Ländern kommen, die eine Inzidenz über 100 haben. „Das Virus kommt mit dem Auto“, hat es damals geheißen, wenn ich mich richtig erinnere. Jetzt hat Öster­reich eine Inzidenz von 1 110 – das ist die von gestern –, und etwas, was mich wirklich erschüttert hat: Bei den Fünf- bis 14-Jährigen ist die Inzidenz sogar eine in der Höhe von sage und schreibe 2 280. Insgesamt haben sich bis jetzt 120 000 Pflichtschülerinnen und Pflichtschüler mit dem Virus infiziert. – So viel zum Thema sichere Schule.


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Zuerst hieß es, die Bundesgärten sind die ultimativen Superspreaderplätze – das hat Frau Ministerin Köstinger einmal gesagt –, die müssen natürlich geschlossen werden und bleiben, denn: Wo kommen wir denn da hin, wenn sich vielleicht Wiener Familien, die möglicherweise keinen Garten, keinen Balkon haben, einmal im Lockdown ihre Beine an der frischen Luft in den Bundesgärten vertreten wollen?! Nein, das geht nicht.

In Wiener Neustadt zum Beispiel ist das wieder eine andere Geschichte gewesen, dort wurden sie nämlich nicht geschlossen. Jetzt heißt es zum Beispiel wieder - - (Bundesrat Schennach: Das ist ein schwarzer Bürgermeister! – Bundesrätin Grimling: Genau!) – Es ist ein komischer Zufall, dass das ein ÖVP-Bürgermeister ist, ja. (Bundesrat Schen­nach: Genau!) – Jetzt heißt es beispielsweise, und da wird es eigentlich noch skurriler: Die Seilbahnen zu benützen, dicht gedrängt in einer Gondel, alles kein Problem! Natür­lich bleiben die geöffnet – und die Hütten gleich dazu, aus Sicherheitsgründen natürlich. Na gut, aus Ischgl hat man anscheinend viel gelernt. Okay, nehmen wir zur Kenntnis. Wie man das allerdings dann bei steigenden Zahlen der Unfälle auf den Pisten dem Krankenhauspersonal erklärt, sei dahingestellt.

Ministerin Köstinger hat erst vor einigen Wochen gesagt, dass die heurige Wintersaison stattfinden wird und stattfinden muss. Das ist die oberste Priorität, hat sie gemeint. Also diese Prioritätenreihung muss man sich auch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ob unsere Kinder und Jugendlichen sicher in die Schule gehen können, ist also völlig wurscht, Hauptsache, sie können Skifahren. Und ob die Eltern genügend Sonderbetreu­ungszeit haben oder nicht, ist auch völlig egal, Hauptsache, sie können Skifahren gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu Kollegen Kornhäusl, denn das war das beste Beispiel für Doppelbödigkeit. Im Juli spricht die Frau Ministerin noch davon, dass die Maßnahmenverschärfungen in Wien „völlig absurd“ seien; völlig „unprofessionell“, hat sie gemeint. So, und jetzt, im Novem­ber 2021, muss die Reißleine gezogen werden. Spannend ist auch, dass Sie jetzt schon wissen, dass der Lockdown nach 20 Tagen beendet werden kann (Bundesrat Schen­nach: Mit Sicherheit nicht!) – na ja, wahrscheinlich wird es das Weihnachtsgeschäft sein, das noch gerettet werden muss. Lockdown 4.0, sponsored by Bundesregierung, kann man da nur sagen. Es ist ein Totalversagen der Bundesregierung auf der ganzen Linie.

Leidtragende sind aktuell ganz besonders die Kinder und Jugendlichen, wie ich auch durch eigene Erfahrung feststellen muss, auf die in Wahrheit gänzlich vergessen wurde.

Geschätzter Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Sie dürfen sich als Mitglieder der Bun­desregierung Ihrer Verantwortung nicht weiterhin entziehen. Es geht um die Zukunft. Es geht um die Gesundheit und vor allen Dingen auch um die psychische Gesundheit unse­rer Kinder und Jugendlichen. Treten Sie endlich in eine Kommunikation auf Augenhöhe mit allen ein, mit den Schulpartnern, den Schülervertretern, Elternvertretern, Lehrerver­tretern, den Epidemiologen, den Experten, die da dazugehören! Sorgen Sie für sichere Bildungseinrichtungen, die ihren Aufgaben dann auch tatsächlich bestmöglich nachkom­men können! Es liegt in Ihrer Hand: die Zukunft des Landes Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

19.15


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile ihr dieses. (Bundesrat Buchmann: Sonja, gib alles!)


19.15.15

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsident! Herr Bundeskanz­ler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ihr wisst, ich bin Unternehmerin, ich habe einen gemischten Betrieb, ich habe eine Werkstatt und ich habe einen Handel. Seit An­fang September dieses Jahres habe ich jede freie Minute, auch die Sonntage, damit


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verbracht, gemeinsam mit meiner Tochter die Weihnachtsausstellung entsprechend gut zu gestalten. Ich habe einen ungeheuren Wareneinsatz. Ich habe für über 80 000 Euro wirklich schöne – also mir gefallen sie, und sie kommen auch bei den Kunden, die wir jetzt die paar Tage hatten, ganz gut an – Weihnachtsdekorationen eingekauft.

Ich bin natürlich nicht erfreut über den Lockdown, aber vorige Woche am Donnerstag sind Kollegen zu mir gekommen, meine Kunden haben mich angeredet, und ich selber habe gespürt, dass es ganz einfach keinen anderen Weg gibt: Wir müssen den Lock­down machen. Natürlich macht man sich Gedanken: Wie bringe ich das wieder rein? Ich weiß nicht, wie lange wir da brauchen werden. Ich weiß nicht, ob diese Produkte nächs­tes Jahr noch so attraktiv sein werden, aber ich weiß, dass es Unterstützungen gibt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir einen Verlustersatz bekommen, dass wir einen Ausfalls­bonus haben, dass es auch einen Härtefallfonds gibt.

Ich habe heute mit dem Direktor des AMS, dem Geschäftsführer, gesprochen, und er hat mir gesagt, dass es in Niederösterreich keine erhöhten Kündigungszahlen gibt und dass es auch bei der Kurzarbeit keinen Anstieg gibt. Das heißt, wir müssen alle ge­meinsam – und es geht nur gemeinsam – schauen, dass wir mit unseren Betrieben mit­hilfe der Unterstützungen der Regierung ganz einfach über die Runden kommen, dass wir schauen, dass noch bestehende Urlaubstage abgebaut werden. Wenn man aber die heutige Diskussion verfolgt hat – ich habe es so empfunden –, so habe ich nicht das Gefühl gehabt, dass die Pandemie unser Gegner ist, sondern: Das sind wir untereinan­der! – Wir können doch diese Situation nur dann bewältigen, wenn wir wirklich miteinan­der an einem Strang ziehen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Kunden sagen mir, ihnen ist es völlig wurscht, welche politische Richtung wir vertreten; so sind sie mittlerweile. Die sagen ganz einfach: Erkennt den Ernst der Situa­tion! – Man kann doch nicht immer aufrechnen und sagen, was einer gemacht hat, was daran falsch war. Ich kann euch nur aus meinem Unternehmerleben sagen: Ich habe schon genug Initiativen gesetzt, von denen ich geglaubt habe, die sind super, die sind bahnbrechend, die sich aber dann nicht so gut entwickelt haben, aber ich bin immer in der Situation gewesen, dass ich gesagt habe, wir haben ein Ziel, und ich muss schauen, wie ich das erreichen kann. Und diese Kräfte brauchen wir jetzt.

Wir alle sind in der Verantwortung – Sie entschuldigen, Herr Bundeskanzler, nicht nur die Regierung, sondern wir alle! Wir sitzen alle in Gremien, wir haben alle die Möglichkeit, uns zu artikulieren, und wir haben vor allem eine große Verantwortung. Wir haben die Verantwortung, dass wir unsere Bevölkerung nicht verunsichern, sondern dass wir den Menschen aufzeigen, welche Maßnahmen gesetzt werden und was wir tun können, und das ist so wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Wenn wir die Pandemie bewältigt oder zumindest irgendwie eingedämmt haben, dann können wir ja noch alleweil aufrechnen, wenn uns danach ist, aber jetzt haben wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, zu schauen, wie wir da rauskommen.

Ich sage euch, bei all dem finanziellen Verlust, den ich, den wir, meine Firma, heuer haben werden, weiß ich eines, nämlich dass wir viel dazu beigetragen haben, dass wir vielen Österreicherinnen und Österreichern die Intensivstation erspart haben und er­sparen. Alleine das ist es wert, und ich weiß keine andere Initiative, die uns die Chance gibt, diese Ansteckungen einzudämmen. Natürlich gibt es Impfdurchbrüche, das habe ich auch in meinem Freundeskreis erlebt, aber wie sähe es denn bitte schön aus, wenn die Leute nicht geimpft wären? – Dann gäbe es viel schlimmere Krankheitsverläufe.

Ich bin sehr froh darüber; und auch ich habe mir, Kollege Steiner, den dritten Stich schon geholt, weil ich mir ganz einfach aufgrund meines fortgeschrittenen Alters gedacht habe: Nein, nein, diese Chance gebe ich mir, das brauche ich! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) –


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Wir müssen es den Leuten ganz einfach sagen: Geht, wenn ihr eine Chance haben wollt, gesund oder nicht sehr - - (Bundesrat Steiner: Ich hoffe nicht, dass dich die FPÖ daran gehindert hat, den dritten Stich zu nehmen!) – Na, von dir hätte ich mich sowieso nicht hindern lassen. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Eines sage ich dir, Herr Kollege Steiner, ich bin ja immer sehr froh, dass du so ein ju­gendliches Alter hast, denn wenn du in meinem Alter wärst und dich so aufregen wür­dest, hätte ich die Angst, dass dich schon der Schlag getroffen hätte. Deshalb bin ich sehr froh. (Beifall und Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Spaß beiseite: Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie heute zugeschaut ha­ben, so, wie wir uns heute präsentiert haben, sind wir nicht. (Bundesrat Steiner: So sind wir nicht!) Wir können schon auch sehr sachlich sein. Wir haben Ausschüsse, in denen wir wirklich inhaltlich sehr gut diskutieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wir alle, habe ich gesagt, wir alle.

Ich muss euch aber noch einmal bitten: Hören wir jetzt auf, aufzurechnen oder zu sagen, wer was für einen Fehler gemacht hat! Im Nachhinein weiß man das immer besser. Was uns jetzt vereinen muss und was unsere Aufgabe als politische Entscheidungsträ­ger, ‑trägerinnen ist, ist ganz einfach, dass wir sagen, welche Möglichkeiten wir haben (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), diese Pandemie ganz einfach so rasch wie möglich zu besiegen. Da geht es darum, dass wir vielleicht auch etwas psychologischer daran herangehen und mit vielen Leuten reden, um ihnen vielleicht die eine oder die andere Angst zu nehmen. Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben alle eine große Verantwortung. Schieben wir nicht immer die Verantwortung auf die anderen, son­dern nehmen wir unsere eigene wahr – das heißt, verantwortungsvoll zu sein, die Maske zu tragen, die Hände zu desinfizieren und sich an die Regeln zu halten! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.22

19.22.05*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Herr Kollege Leinfellner ist jetzt nicht da. Ich habe mir das Protokoll geben lassen, und ich erteile im Nachhinein einen Ordnungsruf. Er hat gesagt, diese Bundesregierung lügt und belügt unsere Österrei­cher, und sie belügen die Österreicher bewusst. (Bundesrat Steiner: Bravo, richtig!)

*****

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile ihr dieses. – Bitte.


19.22.32

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ auf das Rednerpult.) Herr Kanz­ler! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Zwazl, ich finde es wirklich rührend und lieb, dass du dich um unseren Fraktionsobmann und um seine Gesundheit kümmerst (Bundesrätin Zwazl: Das ist ja selbstverständlich!), du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen. Als Naturbursch und als waschechter Tiroler ist er pumperlgsund, um den brauchen wir uns also keine Sorgen zu machen. (Bundesrätin Zwazl: Es ist beruhigend, das zu wissen ...!) Ich habe es witzig gefunden, dass Kollege Steiner, unser Fraktionsobmann, als er genau denselben Satz – allerdings hat er nicht Schlaganfall, sondern Herzinfarkt gesagt – gesagt hat, als noch Kollege Todt bei uns im Haus war, prompt einen Ordnungsruf bekommen hat. Ich habe damals tatsächlich geglaubt, dass


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es Kollegen Todt hier vom Sessel herunterhaut. Der Kollege hat damals jedenfalls einen Ordnungsruf bekommen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Ich habe es ja nicht schlimm gefunden, denn ich finde das witzig. Ich finde das witzig, ich bin ja nicht spaß­befreit. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Da ich in meiner letzten Rede mit einem Zitat von Jean-Jacques Rousseau geendet habe, wollte ich heute eigentlich dieses Bibelzitat bringen: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Zwischenrufe der Bundesräte Steiner und Raggl.) – Diese Worte kann ich aber spätestens seit letztem Freitag hier nicht zitieren, weil erstens die schwarz-grüne Regierung sehr wohl weiß, was sie macht, und ich ihnen zweitens nicht vergeben werde, was sie da momentan vermurksen und was sie da momentan gerade verbrechen.

Kollegin Hauschildt-Buschberger hat den Philosophen Hegel bemüht, ich werde jetzt Jean-Jacques Rousseau noch einmal bemühen und heute meine Schlussworte vom letzten Mal als Beginnsatz nehmen: Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern dass er nicht tun muss, was er nicht will. – Diese Worte sind aktueller denn je. Es ist gerade einmal drei Wochen her, dass wir unsere letzte Sitzung hatten, und in nicht einmal ganz drei Wochen hat es diese schwarz-grüne Bun­desregierung wirklich geschafft, unser Land, unsere schöne Heimat Österreich fast an den Abgrund zu führen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen, die Österreicher sind die letzten zwei Jahre eh schon genug strapaziert, genug sekkiert, genug drangsaliert worden, man hat ihnen aber innerhalb der letzten Wochen 3G am Arbeitsplatz aufoktroyiert, man hat einen Lockdown für Ungeimpfte ge­macht, man hat dann einen Komplettlockdown für alle gemacht und dann auch noch Impfpflicht, Impfzwang eingeführt.

Wie oft haben wir gehört, dass für die Geimpften die Pandemie vorbei ist? Wie oft haben wir gehört, dass es keinen Lockdown mehr geben wird? Wie oft haben wir gehört, dass es keine Impfpflicht, keinen Impfzwang geben wird? Uns kommt es schon langsam so vor, dass ihr seit Beginn dieser Pandemie die Menschen eigentlich nur gepflanzt – und ich sage es jetzt ganz bewusst –, belogen und betrogen habt. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner. – Bundesrat Schennach: ... Ordnungsruf!)

Was noch weit schlimmer ist: Ihr habt Österreich in der ganzen Welt in Verruf gebracht. Ihr habt das Ansehen, den Ruf Österreichs, egal ob auf europäischer oder internationaler Ebene, wirklich kaputt gemacht. Wenn man sich die Medien anschaut – da kann ich von A wie Amerika bis Z wie Zypern gehen –, dann kann man die Negativschlagzeilen sehen und muss lesen, dass in Österreich Tyrannei herrscht, dass immer wieder die Wörter Tyrannei und Tyrann mit unserem aktiven Bundeskanzler Schallenberg in Verbindung gebracht werden – und da schaudert es mir. Es schaudert mir aber noch weitaus mehr, wenn man die Medien weiterliest: Es wird in ausländischen Medien tatsächlich gefragt und berichtet, ob man in Österreich schon in einer Diktatur lebt. Es werden Vergleiche mit einer Zeit, die ich nie erleben möchte, gezogen. Es ist einfach irre. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie werken herum und fahren mit einem Handstreich über alles drüber, Sie arbeiten mit Drohungen und schüren Angst.

Wenn ich dann das Strafgesetzbuch heranziehe, weiß ich, dass für jeden Bürger in die­sem Land Strafgesetztatbestände gelten. Ich muss schon sagen, dass ich, wenn ich das Handeln dieser schwarz-grünen Bundesregierung mit einzelnen Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch vergleiche, doch sehr viele deckungsgleiche Sachen finde. Ich möchte ein paar Punkte aufzählen, bei denen sich Ihr Handeln mit den Tatbestandsmerkmalen aus dem Strafgesetzbuch deckt: Da haben wir § 105, Nötigung; wir haben § 107, Dro­hung; wir haben § 239, Freiheitsberaubung. Für jeden Österreicher gelten diese Geset­ze, anscheinend für Schwarz-Grün nicht. Wir haben § 275, Landzwang. Den möchte ich


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Ihnen sogar vorlesen: „Wer die Bevölkerung oder einen großen Personenkreis durch eine Drohung mit einem Angriff auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen in Furcht und Unruhe versetzt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.“ „Hat die Tat [...] eine schwere oder längere Zeit anhaltende Stö­rung des öffentlichen Lebens, [...] eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens [...] zur Folge [...], so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“

Jetzt erkenne ich da schon Ähnlichkeiten mit dem Handeln der schwarz-grünen Regie­rung, wenn ich diese Tatbestandsmerkmale lese. Ich kann auch Erpressung erkennen: Es gibt Tathandlung, Tatmittel, Taterfolg und durch die Strafe von 3 600 Euro in Bezug auf die Pflichtimpfung auch noch die Bereicherungsabsicht. Man bereichert sich an den Menschen. (Bundesrat Schreuder: Wer bereichert sich ...?!)

Bei jeder Gelegenheit – und das verwundert mich schon – betonen ja die ÖVP und auch die Grünen, wie europafreundlich sie sind, ignorieren dann aber eine Resolution des Europarates, in der die Mitgliedsländer aufgefordert werden, dafür zu sorgen, dass die Impfung nicht verpflichtend ist und niemand politisch, sozial oder anderweitig unter Druck gesetzt wird, sich impfen zu lassen. Personen, die sich nicht impfen lassen wollen, dürfen nicht diskriminiert werden – das betont der Europarat. (Präsident Raggl über­nimmt den Vorsitz.)

Es ist wirklich eine Schande, dass wir in Österreich eine Regierung haben, die nicht nur das Ansehen im Ausland kaputt macht, sondern nach all den Versäumnissen nun wild um sich schlägt, auf das eigene Volk losgeht und dadurch den sozialen Frieden im Land aufs Spiel setzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Gestern in Salzburg: Da wird wirklich fremdes Eigentum verunstaltet, es werden Pickerl auf fremdes Eigentum draufgeklebt, auf denen steht: „1er Feb impfen oder Gefängnis ihr Loser!“ (ein Foto von Pickerln mit der genannten Aufschrift, die auf einer Glasscheibe kleben, in die Höhe haltend) – das sind wahrscheinlich eure Freunde.

Na, super! Mit euren Aktionen habt ihr einen weiteren Spaltpilz in die Bevölkerung treiben können! Diese Parolen schüchtern uns aber eigentlich nicht ein, nein, sie bestärken uns sogar in unserer Haltung, weiterhin alle demokratischen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um gegen eine Spaltung der Gesellschaft oder autokratische Züge vor­zugehen.

Verantwortlich dafür sind Sie, Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre Erfüllungsgehilfen von den Grünen. Ich muss Ihnen das wirklich sagen: Ihre Art der Überheblichkeit ist wirklich kaum mehr zu überbieten. Alleine die Drohung an die Menschen, die Nichtgeimpften würden ungemütliche Weihnachten haben, zeigt eine Geisteshaltung, und diese Geis­teshaltung vertritt keine medizinische Maßnahme, sondern das ist eine pädagogische Erziehungsmaßnahme von Ihnen, damit es möglichst unangenehm wird und damit man einfach, weil man selber irgendetwas nicht zusammengebracht hat, die Schuld auf je­mand anderen schieben kann.

Auch das beeindruckt mich aber nicht. Mich beeindrucken weder diese Drohgebärden noch Ihre Erziehungsmethoden. Traurigerweise werden aber wirklich viele Österreicher ungemütliche Weihnachten haben müssen, gleichermaßen geimpfte Menschen und un­geimpfte Menschen, nämlich genau jene Menschen und Familien, die Sie durch monate­lange Lockdowns in die Arbeitslosigkeit oder in die Kurzarbeit getrieben haben und de­nen das Geld noch immer fehlt. Auch wenn wir jetzt vielleicht ein paar Wochen ein bissel eine bessere Beschäftigungssituation hatten, die Menschen hatten massive Einkom­menseinbußen, und viele von ihnen wissen am 24. Dezember, wenn eigentlich das Christkindl kommen sollte, nicht, ob sie eine Woche später, am 1. Jänner, die Miete zah­len können.


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Das Bittere daran ist, Herr Bundeskanzler: Sie steigen nicht runter von Ihrem hohen Ross, im Gegenteil, Sie fahren über alles drüber. Sie sind beratungsresistent, obwohl wir seit nunmehr zwei Jahren sehen, dass diese Maßnahmen eben nichts bringen, ob­wohl wir seit zwei Jahren sehen, dass trotz Impfung im Vergleichszeitraum die Zahlen gleich geblieben oder schlechter geworden sind.

Es gibt keinen einheitlichen Stand in der Wissenschaft – wir haben es heute schon ge­hört, die Wissenschaftler sind ja heute schon strapaziert worden –, alle paar Wochen wird das ohnehin revidiert. – Na ja, kein Wunder! Es gibt ja eigentlich nur eine Mehr­heitsmeinung der Bundesregierung, und diese Mehrheitsmeinung der Bundesregierung wird eben einfach zum Stand der Wissenschaft erhoben. Das ist nicht gerade basis- und faktenevident. Alle abweichenden Meinungen werden gar nicht zugelassen, oder ihre Vertreter werden als Verschwörungstheoretiker bezeichnet, diffamiert oder einfach ver­ächtlich gemacht.

Aktuell wird ja die Schuld nur auf die Ungeimpften geschoben. Gesunde Menschen wer­den vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, sie werden geächtet. Geimpfte Men­schen werden gegen Ungeimpfte ausgespielt. Und dann haben wir eine Bundesregie­rung, für die es völlig in Ordnung ist, dass Ungeimpfte ausgegrenzt werden. Das nennt man Diskriminierung. Wo sind denn jetzt all die Gutmenschen, die normalerweise da sind, wenn es um Diskriminierung geht, wenn es um einen österreichischen, aus wel­chen Gründen auch immer ungeimpften Menschen geht? Der wird diskriminiert! Darum haben die Menschen die Nase gestrichen voll von so einer Art von Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Darum und nicht umsonst sind dann am Samstag in Wien über 100 000 Menschen friedlich auf die Straße gegangen: gesunde Menschen, geimpfte Menschen, genesene Menschen, getestete Menschen und eben auch ungeimpfte Menschen. Es war ein fried­liches Miteinander, und niemand hat dabei den anderen gefragt, was er denn für ein G habe, und niemand ist auf die Idee gekommen, den anderen, weil er vielleicht das fal­sche G hat, schief anzuschauen oder zu diskriminieren oder überhaupt abzukanzeln und auszugrenzen. Nein, es war friedlich. Es war ein Miteinander. Es war wirklich herrlich.

Aber nicht nur in Wien gab es friedliche Proteste. Aus Solidarität mit der unterdrückten österreichischen Bevölkerung gab es vor vielen Botschaften in Europa und auch an anderen Orten Kundgebungen zur Unterstützung des unterdrückten österreichischen Volks. Ich kann da nur sagen: Danke an London! Danke an Paris! Danke an Athen! Dan­ke an alle Staaten, alle Länder, alle Menschen auf der ganzen Welt, die uns dabei un­terstützen, uns von dieser Tyrannei zu befreien!

Wir Freiheitliche werden uns weiterhin gegen jegliche Verunglimpfung und gegen jegli­che Ausgrenzung einsetzen. Wir wollen in Frieden leben, wir wollen in Freiheit leben. Wir Freiheitliche haben über 160 Anträge eingebracht. Wir schimpfen nicht nur, wir sind - - (Bundesrat Schennach: Ihr seid die ... der Innenpolitik!), wir bringen auch Anträ­ge ein, wir arbeiten mit. Wir haben alleine im Sozialbereich 160 Anträge mit Lösungs­vorschlägen, mit konkreten Lösungsvorschlägen eingebracht. Die wurden alle vom Tisch gefegt.

Die Salzburger könnten aber morgen vielleicht ein Zeichen setzen. Es wird morgen im Ausschuss des Salzburger Landtages ein Antrag von uns Freiheitlichen eingebracht, dass mehr Geldmittel für die Forschung, für die Medikamentenforschung eingesetzt werden, damit man eben ein Alternativszenario aufbauen kann und nicht nur alles auf eine Impfung, auf eine unerforschte Impfung, setzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Morgen könnt ihr – die ÖVP, die Grünen, die NEOS – dem freiheitlichen Antrag im Aus­schuss im Salzburger Landtag zustimmen. Wenn wir nämlich Medikamente haben, dann


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ist das die Chance, dass wir weniger Spitalsaufenthalte haben, weniger Menschen in den Spitälern sind, weil sie zu Hause gegen Covid-19 behandelt werden können.

Ich darf jetzt, bevor ich dann zum Ende komme, Dr. Kornhäusl und Minister Mückstein etwas überreichen, was ich mitgebracht habe. Minister Mückstein hat nämlich anschei­nend entweder seinen Beruf verfehlt, oder er hat etwas vergessen. Jeder Arzt in Öster­reich leistet einen Eid. Ich rede jetzt gar nicht vom hippokratischen Eid, aber genau die­ser ist die Basis gewesen. Dieser hippokratische Eid wurde überarbeitet, ein bissel re­formiert, und es gibt die Genfer Deklaration. Da steht doch allen Ernstes als letzter Satz drinnen: „Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Ver­letzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden.“ – Herr Minister, warum machen Sie das dann für andere Menschen? Warum machen Sie das? Sie brauchen es nicht zu machen!

Dann gibt es noch die Deklaration von Helsinki, die in der Forschung wichtig ist. Diese ist für die Medikamentenforschung wichtig zu erwähnen. Weil Sie heute schon gesagt haben, dass wir Freiheitliche anscheinend Impfgegner sind: Das sind wir nicht, nein, wir wollen nur sichere Impfungen haben. Wir wollen keinen MRNA-Impfstoff haben. Es ist heute schon die Grippeimpfung erwähnt worden: Ja, das ist ein Totimpfstoff. Vielleicht schaffen wir es wirklich, dass es irgendwann einmal einen Totimpfstoff gegen Corona geben wird. Ich habe meinen Impfpass (einen Impfpass in die Höhe haltend) mit. Ich bin, glaube ich, ein Faktotum, ich habe diesen Impfpass seit 1963, mit allen gängigen und üblichen Impfungen. Nur: Die Impfung gegen Corona, gegen Covid wird, solange es so ein Murks und so ein Schmarrn ist, in diesem Pass nicht drinnen sein. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wieser überreicht Bundesminister Mück­stein ein Schriftstück.)

19.38


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günther Novak. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.


19.38.59

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Tourismus, in der Tourismuswirtschaft ist die Stimmung gekippt. Ich habe da (auf sein Manuskript deutend) geschrieben, sie ist am Kippen, aber sie ist gekippt, denn wenn man die Zeitungen und die Fachzeitschriften hernimmt, sieht man: Am 16. November hat der Fachverband Hotellerie der Wirtschaftskammer Öster­reich scharfe Kritik an dieser Regierung geübt. So gesehen trägt der Virus Schwarz-Grün.

Dr. Kornhäusl hat heute gesagt, dass wir Sozialdemokraten nicht alles wissen und nicht alles können. Was wir aber sehen, Herr Kollege, ist, dass sich Österreich in einem neuer­lichen Lockdown für Ungeimpfte und Geimpfte befindet, und wir können nicht abschät­zen, wann das zu Ende geht. Ich glaube auch nicht, dass das am 12. Dezember der Fall sein wird. Da müssten wir aber schon eine Glaskugel haben.

Diese Maßnahmen – darüber zu sprechen, ob wir die Impfpflicht einführen und ob diese katastrophale Coronasituation, in der sich unser Land befindet, mit jenen Maßnahmen, die bis jetzt gesetzt worden sind, in weiterer Folge für uns doch so unausweichlich ist – hat die internationale Presse ja kommentiert. Das ist ganz interessant, darüber ist heute auch einmal ganz kurz gesprochen worden. Als „Bankrotterklärung“ und „Ausdruck völ­liger Ratlosigkeit“ der Regierung bei uns in Österreich hat es etwa die „Neue Zürcher Zeitung“, eine Schweizer Zeitung, um nur ein Beispiel zu nennen, bezeichnet.

Das ist sicherlich keine herausragende Situation, wie wir dargestellt werden. Nein, das wollen wir alle nicht. Deshalb gilt es jetzt, vieles zu tun, um gemeinsam in die richtige


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Richtung zu kommen. Auch dass wir mit den Infektionszahlen an der Weltspitze liegen, ist heute schon gesagt worden, und dass wir gezwungen sind, in den Kliniken in weiterer Folge womöglich Maßnahmen zu setzen, die wir alle nicht wollen.

Das sind Fragen, die wir dieser Regierung stellen und die sie sich auch gefallen lassen muss, denn noch vor wenigen Wochen wurde von der Regierungsseite die Pandemie eigentlich für beendet erklärt. Was mich an dieser gesamten Situation so ärgert, ist – um jetzt nicht noch einmal zu formulieren, was schon gesagt worden ist –, dass man im Sommer mit einer Riesenkampagne mit folgendem Inhalt aufgestanden ist – seien es jetzt Plakataktionen, seien es Inserate –: „Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft: Endlich wieder“ frei, endlich wieder „miteinander.“

Das war natürlich eine Geschichte, die man erzählen wollte. Es ist heute auch schon gesagt worden, dass hinsichtlich Marketing dort scheinbar Profis am Werk sind. Das ist nach hinten losgegangen, werte Kolleginnen und Kollegen, weil das Ganze so monoton vom Bundeskanzler, vom neuen Bundeskanzler, auch von Bundesministerin Köstinger und allen Ministerinnen und Ministern verbreitet worden ist. Ich frage mich wirklich: Was hat diese Aktion gekostet? – Das werden wir sicher noch einmal hinterfragen. – Was hat diese PR-Aktion gekostet, die in die falsche Richtung gegangen ist, weil der damalige Bundeskanzler Kurz und die Seinen damit einen permanenten Wahlkampfmodus aufge­zogen haben? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben damit einen permanenten Wahlkampfmodus aufgezogen, ohne klare Strate­gien zu kommunizieren, möglichst übersichtliche, überschaubare Regeln zu schaffen und mit überzeugenden Kampagnen für eine Steigerung der Impfbereitschaft zu sorgen. Wenn alles Geld, das da für persönliche Interessen ausgegeben wurde  um Wahlkampf bis nach Oberösterreich, wo Wahlen waren, zu führen , für die Impfbereitschaft einge­setzt worden wäre, würden wir heute vielleicht über andere Dinge diskutieren und nicht hier stehen, um alles, was danebengegangen ist, zu beleuchten.

Es ist erstaunlich, mit welcher Konsequenz die Warnungen von ExpertInnen ignoriert wurden, wie wissenschaftliche Expertisen sogar lächerlich gemacht worden sind. Kolle­ge David Egger hat es schon gesagt: Landeshauptmann Haslauer hat sich da besonders hervorgetan und den Lockdown als eine abstruse Idee der Virologen bezeichnet. (Bun­desrätin Zwazl: Das stimmt ja gar nicht! Was tun wir?) – Ja, es ist einfach so gewesen, es hilft ja nichts! (Bundesrätin Zwazl: Ja, aber jetzt müssen wir in die Zukunft schauen!) – Ja, natürlich schauen wir in die Zukunft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Frau Kollegin Zwazl, ich würde ja auch gerne in die Zukunft schauen, wenn diese so rosig wäre, wie wir uns das vorstellen oder wie ihr euch das vorstellt! Ihr habt uns in der Vergangenheit aber auch am Weg liegen lassen, ihr habt uns nicht informiert, ihr habt uns teilweise vorgeführt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie auch immer – ist halt so, ihr seid in der Regierung –, die Situation hat sich jetzt insofern geändert, dass wir versuchen, diese Versäumnisse, für die ihr verantwortlich seid, heute an dieser Stelle nachzuweisen. Diese glatten Versäumnisse – das türkis-grüne Totalversagen beim Coronamanagement – sind einfach so deutlich, dass man sie den Menschen vor Augen führen muss. Mir fällt immer wieder dieser Spruch ein, er geht mir nicht aus dem Kopf: „Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft“. – Das ist leider Gottes so paradox, wenn man das jetzt im Rückblick betrachtet. Wie gesagt wäre das Geld besser eingesetzt gewesen, wenn man sich um Impfkampagnen bemüht hätte.

Was aber die Tourismuswirtschaft anbelangt – das ist ein Teil davon, über den ich kurz reden will –, so trifft es diese jetzt besonders hart. Ich hoffe nicht, dass unser klassisches Tourismusland nach Ischgl nun neuerlich den Ruf des Coronahotspots Europas be­kommt. Das hat sich die Tourismuswirtschaft nicht verdient. Die Reisewarnungen, die derzeit abgegeben werden, vor allem in Deutschland, sind eigentlich katastrophal für


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uns. Wenn man sich im touristischen Bereich die Stornowelle – ich rede jetzt nur von Weihnachten, nicht von der gesamten Wintersaison – anschaut, dann stellt man fest: Sie liegt zwischen 50 und 80 Prozent. Man muss dabei eines noch bedenken – wir reden ja vom Winter –: In Südtirol und in Frankreich sind die Inzidenzen deutlich niedriger als bei uns in Österreich. Das heißt, die Menschen, die Urlauber aus den Herkunftsländern, werden an uns vorbeifahren und unsere Bundesländer zumindest zu Weihnachten nicht besuchen.

Ich muss wirklich sagen – und das ärgert mich schon auch –, dass Frau Bundesminister Köstinger daran eine große Schuld trägt, weil sie sich im Laufe der Zeit immer an diese Politik gehalten hat, bis zum Schluss zu verteidigen, wie gut es uns geht, aber nicht an den Tourismus gedacht hat, daran, dass diesem jetzt in dieser Situation, so kurz vor Weihnachten, unter Umständen großer Schaden zugefügt wird.

Anstatt sich um die Tourismusangelegenheiten zu kümmern – das haben wir heute auch gehört, ich habe mir das noch einmal herausgeschrieben –, hat sie die Stadt Wien – (erheitert) es ist wirklich zum Lachen –, diese strengen Maßnahmen vom Herrn Landes­hauptmann beziehungsweise Bürgermeister angekreidet und es so hingestellt, dass er Verwirrung stiftet; das ist eigentlich so absurd. Rückblickend sehen wir jetzt, dass alles, was da gemacht worden ist, in die positive Richtung gegangen ist.

Wir wissen auch, dass sie, um abzulenken, letzte Woche kurzfristig eine Pressekonfe­renz gegeben hat, bei der sie gesagt hat: Das ist ein guter Tag für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich! – Gerade das war ein Tag, an dem die Intensivmediziner darauf hingewiesen haben, welche Problematik es gibt. Man hat wieder versucht, vom Thema abzulenken, und das ist eigentlich die Katastrophe an dieser Situation.

Wenn ich mir anschaue, wie der Herr Bundeskanzler den Gesundheitsminister bezüglich der Nachtgastronomie korrigiert hat: Da ist sie sofort aufgesprungen und hat mit fest­gestellt, sie halte überhaupt nichts von der Wortmeldung des Gesundheitsministers, und sie sehe das im Grunde genommen ganz anders. Sie hat sich also in Dinge eingemischt, die sie im Grunde genommen gar nichts angehen, und hat die Tourismuswirtschaft ein­fach vergessen, denn da hätte man sehr viele andere Dinge machen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wollte eigentlich nur noch kurz etwas zum Thema Hotellerie sagen; ein Sprecher der Kärntner Gastrobetriebe ist richtig zornig und wütend und hat einfach noch einmal dargestellt, was alles schiefgelaufen ist. Dieser Zorn und die Wut und die vielen Sorgen bei den Kärntner Wirten haben dazu geführt, dass man wirklich noch einmal darauf hin­gewiesen hat. Hoffentlich setzt der Herr Finanzminister das dann schlussendlich um: Kurzarbeit, die Nettoersatzrate von 100 Prozent, die 5 Prozent Umsatzsteuer und so weiter – das alles ist gefordert worden. Wovor er noch gewarnt hat – das ist sicher nicht von der Hand zu weisen –: dass es unter Umständen eine Schattengastronomie gibt, die in Partykellern stattfindet. Wir hoffen, dass das nicht der Fall ist, ausschauen tut es teil­weise so; so habe ich das zumindest gehört.

Ich glaube, dass die Regierung unter den Bundeskanzlern Kurz und Schallenberg die Bevölkerung zu lange getäuscht und sie in falscher Sicherheit gewiegt hat. Die man­gelnde Vorbereitung, das Verordnungs- und Richtlinienchaos und die widersprüchliche Kommunikation der Regierung haben zur vierten Welle mit diesen hohen Infektionszah­len geführt. Wir wissen, dass die Krankenhäuser und die Intensivstationen voll sind, dass Österreich wieder voll im Bann der Coronapandemie ist.

Die uneinige Regierung ist mit sich selbst beschäftigt, und andere wichtige Themen drin­gen kaum durch: Das Budget – letzte Woche wurde es hier herinnen diskutiert – ist kaum durchgedrungen, außer man hat es im Fernsehen gesehen; in der Zeitung hat man nicht viel darüber gelesen. Die Weltklimakonferenz hat vor zwei Wochen stattgefunden. Wer


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hat etwas über die Weltklimakonferenz gehört oder gelesen, außer dass die Chinesen mit den Amerikanern verhandelt haben? Sie haben nicht betreffend die Klimakonferenz verhandelt, sondern sie haben sich in anderen Bereichen telefonisch gefunden. Und es redet kein Mensch über die wachsende Armut der Bevölkerung. Das ist ja wohl wirklich das Schlimmste! Heute ist es an dieser Stelle oft zum Thema gemacht worden, von allen, die in diesem Raum sitzen. Wenn ich mir anschaue, dass vor allem einkommensschwa­che Haushalte unter dieser Krise leiden – unter den Mietkosten, die erhöht worden sind, unter den Energiekosten, die auf sie zukommen –: Was werden denn diese Menschen machen, wenn wir ihnen in Zukunft nicht helfen?

Wir werden uns dessen verstärkt annehmen müssen! Wir werden uns dessen so an­nehmen müssen, wie wir uns um die Wirtschaft angenommen haben. Da haben wir die Körperschaftsteuer gesenkt (Beifall bei der SPÖ), die irgendwann einmal, im Jah­re 2023, glaube ich, von 25 auf 23 Prozent gesenkt wird. Wir haben die Investitionsprä­mie eingeführt – 14 Prozent. Das ist alles gut und richtig, natürlich sollen die Unterneh­mer das haben, aber denken wir bei dieser Gelegenheit in diesen Pandemiezeiten bitte auch an die Ärmsten der Armen: Denen muss auch geholfen werden!

Zum Schluss noch: Die Kollegen von den Freiheitlichen kann ich nicht einfach so außer Acht lassen. Dr. Kornhäusl hat es eh gesagt: Also das mit eurem Wurmmittel (Bundesrat Schennach: Pferdewurmmittel!), das ist für mich unverständlich. (Bundesrat Steiner: Kennst dich nicht aus!) Kollege Kornhäusl hat es gut berichtet. (Bundesrat Spanring: Tu einmal recherchieren, bevor du jetzt was Falsches sagst! Tu vorher recherchieren! Sag dann was!) – Nein, ich brauche nichts zu recherchieren, ich brauche nur das wiederzu­geben (Bundesrat Spanring: ... was in der Zeitung steht!), was Herr Kickl oft genug ge­sagt hat: dass die Menschen das verwenden sollen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wo das hingeführt hat, im Übermaß, wissen wir: Zwei sind gestorben. Das wissen wir, es sind zwei gest- - (Bundesrat Spanring: Stimmt ja nicht!) – Ah so, nicht gestorben? Was dann? (Bundesrat Steiner: Wir haben’s gleich! – Bundesrat Spanring: Ja, es stimmt einfach nicht!) – Also es stimmt nicht? (Bundesrat Spanring: Nein, ich kann mit Schlaf­table- -! Schau, die Dosis macht das Gift, das wirst ja wohl wissen!) – Okay, wie auch immer, ich kann es auch nur aus der Zeitung berichten. (Bundesrat Spanring: Ja, genau! – Bundesrat Steiner: Ja, super! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich war ja nicht dabei, ich war genauso wenig dabei (Bundesrat Spanring: Dann informier dich ...!), wie wenn ihr darüber redet, ob Menschen geimpft werden sollten oder nicht geimpft werden sollten.

Tatsache ist, dass in den Zeitungen wiedergegeben worden ist – nicht nur in einer, son­dern in vielen anderen auch –, dass zwei Menschen in Oberösterreich an einem Über­maß dieses Mittels gestorben sind. (Bundesrat Spanring: Eine Familie in Oberöster­reich! Fakenews!) – Eine Familie, ja, wie auch immer. (Zwischenruf bei der FPÖ. – Bun­desrat Spanring: Es stimmt, es steht in der Zeitung, ist leider falsch!) – Ich weiß, dass euch das nicht gefällt. (Bundesrat Spanring: Nein, das stimmt! Es ist in den Zeitungen gestanden, aber es ist falsch!) – Mich würde interessieren, ob sich der Chef selbst auch mit diesem Zeug behandelt. (Bundesrat Spanring: Das weiß ich nicht!) – Okay, wie auch immer.

Es ist so, wie es ist. Man sollte in dieser Pandemie angesichts dieser Grauslichkeiten nicht versuchen, den Menschen zu erzählen, dass es irgendetwas gibt, das ihnen hilft – Ivermectin, wie auch immer.

Das ist ja nicht das Einzige, und das will ich euch auch sagen: Ich habe bei der De­monstration, die am Samstag stattgefunden hat, mitbekommen, wie sich der Generalse­kretär, Herr Michael Schnedlitz, dort verhalten hat: dass er so stolz ist, dass er jetzt in seinem Heimatland reden darf (Bundesrat Steiner: Das war nicht der Schnedlitz! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser); nicht als Parlamentarier, sondern als


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Bürger (Bundesrat Steiner: Ja!), hat er gesagt – ich zitiere –: „Ich bin hundertmal lieber bei euch als bei denen“ – bei euch, bei uns – „im Parlament“. – Das hat er den Zuhörern zugerufen. (Beifall bei der FPÖ.) – „Sie sind eine Handvoll Politiker, ihr seid das Volk.“ – Sie sind eine Handvoll Politiker, ihr seid das Volk! Am Monatsende hole ich aber schon im Parlament den fünfstelligen Betrag, den ich im gesamten Monat verdient habe, ab! Also so kann es doch bitte nicht sein! (Bundesrat Spanring: Ich bin vierstellig! Wenn du fünfstellig bist ...! – Ruf bei der FPÖ: Musst roter Bundesrat werden!) Das ist nicht nur scheinheilig, das ist nicht der richtige Ansatz.

Ich kann es nur noch einmal zusammenfassend feststellen: Angesichts der derzeitigen Situation und allem, was wir heute gehört haben, kann und muss von einem Generalver­sagen – insbesondere der Regierung – auf allen Ebenen gesprochen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

19.56


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte.


19.56.43

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Herr Novak, jetzt haben Sie viel Schmarrn geredet. (Ruf bei der SPÖ: Hallo, hallo, hallo!) Ich darf tatsächlich berichtigen: Kollege Novak hat hier am Rednerpult behauptet, dass dieses ominöse Mittel, das in aller Munde ist, in Oberösterreich zwei Menschenleben gefordert habe.

Jetzt berichtige ich tatsächlich, und ich zitiere nun aus dem „Standard“, der ja überhaupt außer Verdacht steht, der Freiheitlichen Partei nahezustehen: „Am Mittwochabend kur­sierte auf Twitter das Gerücht, dass gleich eine ganze Familie aus dem Bezirk Rohrbach in Oberösterreich wegen einer Überdosis des Mittels habe behandelt werden müssen: Der Vater sei bereits gestorben, die Mutter und zwei Kinder lägen mit Multiorganversa­gen auf der Intensivstation. ‚Wir können diesen Tweet nicht bestätigen, hier handelt es sich wahrscheinlich um Fake-News‘,“ – Herr Novak – „sagt dazu die Sprecherin der Oberösterreichischen Gesundheitsholding. Auch in den Kliniken in Linz und in Rohrbach verneint man auf STANDARD-Anfrage, dass diese Patienten auf der Intensivstation lä­gen. Und auch Bezirkshauptfrau Wilbirg Mitterlehner dementiert.“ – So viel zu euren Fakenews. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

ÖVP, SPÖ, Grüne, schämt euch einmal! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kornhäusl müsste es als Arzt sowieso besser wissen, er kann sich sowieso in Grund und Boden schämen. (Bundesrat Schennach: Also Wurmmittel verwenden ...! – Heiter­keit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf: ... richtig dosiert! – Bundesrat Schennach: Ja, aber er muss aufpassen, weil es ist die Dosierung für Pferde angegeben! Ein 400-Kilo-Pferd hat eine andere Dosierung!)

19.58


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Harald Himmer. – Ich erteile dieses.


19.58.28

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen, die Sie diese Debatte verfolgen! Ich denke, es besteht hohe Übereinstimmung in der Politik und in der Wissenschaft, dass Immunisierung not­wendig ist, um die Pandemie zu bekämpfen. Es gibt zwei Möglichkeiten der Immunisie­rung: die eine ist die Impfung, die zweite ist die Krankheit. Wir von der Volkspartei, aber auch viele andere, empfehlen die Impfung. Das ist einmal das Grundmuster.


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Wenn man die heutige Debatte verfolgt hat, dann hat man registriert, dass sehr viel Zeit für persönliche Beleidigungen verwendet worden ist. Wie sehr umfangreiche persönliche Diffamierungen und Beleidigungen in einer Krisensituation helfen, bleibt dahingestellt.

In Tirol kam es, wie wir vernehmen konnten, zwischen Bundesregierung und Landes­hauptleuten, zwischen namhaften Politikern wie Schallenberg, Mückstein, Ludwig zu ei­ner gemeinsamen Vorgangsweise – ich habe jetzt diese drei genannt, weil sie a) nicht irrelevant sind, b) alle einer anderen Partei angehören –, und das war eigentlich, glaube ich, auch ein starkes Signal, das an die österreichische Bevölkerung ergangen ist, als man von Tirol ausgehend die Botschaft gehört hat, dass maßgebliche Kräfte dieses Lan­des, von der Bundesregierung, aber auch von Landeshauptleuten, parteiübergreifend Maßnahmen für unsere Bevölkerung setzen.

Ich darf daher sagen, dass ich heute etwas enttäuscht bin, wenn der Primärfokus darauf liegt, eine Sitzung hier dem Abarbeiten von Schuldzuweisungen zu widmen. (Bundesrat Steiner: Sondersitzung SPÖ!) Ich frage mich: Was helfen uns die Schuldzuweisungen in dieser Situation? (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Grimling und Schumann.)

Ich darf auch ein paar Worte über den heurigen Sommer verlieren. Es war so, dass in diesem Sommer die Inzidenzzahlen tatsächlich niedriger waren. Es war tatsächlich so, dass dieser Sommer eine Zeit nach der letzten Welle war. Es war tatsächlich auch so, dass in diesen Wochen nicht nur die Freizeitwirtschaft, sondern auch die Bauwirtschaft und andere Bereiche unserer Volkswirtschaft angezogen haben. Das heißt, für diese Wochen, für diese Monate waren wir zu diesem Zeitpunkt nach der letzten Pandemie­welle.

Man kann natürlich darüber diskutieren, wie die eine oder andere Werbung zum dama­ligen Zeitpunkt anders hätte formuliert werden können. Was aber Tatsache ist, ist, dass nie bestritten worden ist, dass der Sommer dafür genützt werden muss, weiter zu impfen und zu verhindern, dass im Herbst, im Winter eine nächste Welle kommt. Niemand, nicht Bundeskanzler Kurz zur damaligen Zeit und auch nicht andere Mitglieder der Bundes­regierung, zumindest soweit mir erinnerlich ist, haben jemals in Abrede gestellt, dass es wichtig ist, dass weiter geimpft wird, damit die nächste Welle verhindert wird. (Zwischen­ruf der Bundesrätin Grimling.)

Bevor ich zur Abrundung noch einmal auf die unterschiedlichen Meinungen der Parteien eingehe, möchte ich schon sagen, dass ich auch als Konsument der Medien öfters Ex­perten  Politikexperten, Politikwissenschaftler  im Fernsehen vernommen habe. Zu­erst gibt es Nachrichten, dann kommt der Politikwissenschaftler und erklärt, was man in den Nachrichten gesehen hat. Eine dieser Politikwissenschaftlerinnen, kann ich mich erinnern – es hat mehrere gegeben –, hat dann erklärt, man hätte nur hergehen müssen und die Menschen befragen, was ihre Sorgen sind, dann auf diesen Sorgen die Kam­pagne aufsetzen, und dann hätten sich die Leute impfen lassen. – So weit die Theorie, die Frage ist nur, wie mitten im Sommer mit niedrigen Inzidenzzahlen eine solche Kam­pagne so super funktionieren kann, nur weil man die Menschen gefragt hat. (Zwischen­rufe der Bundesrätinnen Hahn und Schumann.)

Ich lade Sie alle ein, folgendes Bild vor sich zu haben: Sie entwickeln gemeinsam mit einer Werbeagentur einen Slogan, der festhält, warum es so super ist, sich im Sommer impfen zu lassen, über all die Argumente, die wir schon gebracht haben, hinausgehend. Dann gehen Sie zu Herrn Kickl, dann gehen Sie zu Herrn Steiner und zeigen ihnen diese Botschaft und dieses Plakat, und da werden die natürlich in die Knie gehen und sich sofort impfen lassen. – Jetzt sage ich einmal: Ganz sicher nicht! Zugegebenermaßen gibt es etliche Menschen (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), die einfacher zu überzeugen sind, aber Tatsache ist: Die Theorie ist da um vieles einfacher als die Praxis.


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In diesem Zusammenhang möchte ich einfach auch etwas politisch Faktisches sagen, das relevant ist: 70 Prozent Impfquote ist natürlich, wie wir wissen, für die Herausforde­rungen, die wir haben, zu wenig. Normalerweise würde man in der Politik auf 70 Prozent Zustimmung mit: Hurra, hurra, hurra!, reagieren. Für jede Partei, für jede Regierung (Zwi­schenruf der Bundesrätin Schumann), für jedes politische Anliegen wären 70 Prozent großartig. Es ist nicht einfach, auf diese 80 Prozent zu kommen.

Was bedingt das also? – Es bedingt einen Schulterschluss, es bedingt ein gemeinsames Vorgehen. Das ist immer wieder versucht worden, und daher wissen die Menschen vor den Fernsehgeräten ja auch, dass es auch die Sozialdemokratie war und dass es auch die NEOS waren, die die Impfung gleichfalls empfohlen haben. Es ist ja also nicht nur die Bundesregierung gewesen, die die Impfung empfohlen hat, sondern es sind auch die Sozialdemokratie und die NEOS gewesen, und trotzdem haben wir die Impfquote, die wir haben. (Bundesrat Schumann: Im Burgenland ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Liebe Kollegen von der Sozialdemokratie! Wissen Sie, was Sie im Sommer gemacht haben? – Ich will es nur sagen: Wenn ich die Hauptschlagzeilen Revue passieren lasse, die die Sozialdemokratie im Sommer produziert hat, dann waren es jene (Bundesrätin Hahn – einen Ausdruck mit der Überschrift „Wie oft die ÖVP die Pandemie beendete“ in die Höhe haltend –: Wir haben die Maßnahmen ...!), dass Frau Vorsitzende Rendi-Wagner gesagt hat, dass Landeshauptmann Doskozil „inkonsequent“ und „unehrlich“ ist. Das war die Debatte, die im Sommer bei der Sozialdemokratie im Vordergrund gestan­den ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher darf ich sagen: Ich glaube, wir wissen alle, was es politisch bedeutet, auf eine größere Zustimmung als 80 Prozent zu kommen. Das ist sehr, sehr herausfordernd. Die­se Bundesregierung ist sehr bemüht, es ist so, dass es - - (Bundesrätin Schumann – erheitert –: Ja, ja!) – Ja, lacht nur, ich bringe euch gerne einen Vergleich: Es mag für uns nicht immer einfach sein mit den Grünen, es mag für die Grünen nicht immer ganz ein­fach sein mit uns, wenn ich das aber mit der Perspektive vergleiche, dass wir im Kri­senmanagement jetzt Frau Rendi und Herrn Kickl hätten, und ich mir die heutigen Standpunkte anhorche, komme ich nicht zur Auffassung, dass ein solches Krisenma­nagement größere Chancen gehabt hätte. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das wäre aber die Alternative gewesen, die wir vor einigen Wochen gehabt haben. Da­her darf ich sagen, in der Demokratie geht es manchmal, wenn alle unterschiedliche Meinungen haben  wenn die einen A sagen und die anderen B sagen , auch darum, dass irgendwann einmal beide gemeinsam sagen: Trotzdem muss aber einmal eine Ent­scheidung getroffen werden! – Diesbezüglich sind jetzt Entscheidungen getroffen wor­den. Es sind Entscheidungen getroffen worden, hinter denen eine große Mehrheit im Parlament steht, Entscheidungen, hinter denen ein großer Teil der Bevölkerung steht, hinter denen sowohl im Parlament als auch in der Bevölkerung nicht alle stehen – aber es sind notwendige Entscheidungen.

In einer Krise ist es wichtig, das Gemeinsame zu suchen, und da darf ich auch den Wiener Bürgermeister zitieren, von dem ich heute im „Kurier“ gelesen habe. Ich weiß das Zitat jetzt nicht wortwörtlich, aber ich bemühe mich, es sinninhaltlich wiederzugeben. Er hat sinngemäß formuliert: Wenn die Krise einmal vorbei ist, dann fällt ihm noch einiges zur Bundesregierung ein, was er an der Bundesregierung kritisieren möchte. – Das finde ich legitim und wunderbar; mir fällt auch einiges zur Wiener Stadtregierung ein, das ich kritisieren möchte, wenn die Krise vorbei ist. Ich gebe ihm aber in dem Punkt recht (Bun­desrätin Schumann: Aber geh! ...!), dass wir gegenwärtig die Priorität haben, gemein­sam über Parteigrenzen hinweg (die Bundesrätinnen Grimling und Schumann: Jo!) da­nach zu trachten, diese Krise zu bewältigen.


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Das ist das, was sich die Menschen erwarten, das ist das, was sich die Menschen er­warten dürfen, und daher, denke ich, sollten wir diese Stunde dazu nützen – und das mache ich auch (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Grimling) –, um einen Aufruf zu machen, sich impfen zu lassen. Jede Bürgerin, jeder Bürger, der oder die sich impft, schützt seine Gesundheit, schützt die Gesundheit anderer, stärkt die österreichische Wirtschaft und stärkt sein Land. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm dieses.


20.10.01

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ auf das Rednerpult.) Kollegen im Bundesrat! (Bundesrätin Schumann: Kollegen? Ich bin nicht angespro­chen!) Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es gibt so viel zu den evidenzlosen, menschenverachtenden und teils auch faschistoiden Maßnahmen dieser schwarz-grünen Regierung zu sagen, dass 20 Minuten wahrscheinlich bei Weitem nicht ausreichen werden.

„Die Presse“ titelt am 18.11.: „Österreichs Coronamanagement, ein Totalversagen“. – Ja, so kann man es sehen. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Österreichs Coronamanagement, ein Verbrechen. Und wo es Verbrechen gibt, da gibt es immer auch Verbrecher. Ich will mich heute mit zwei Haupttätern und zwei Mittätern in dieser Pan­demie beschäftigen. (Zwischenrufe der Bundesräte Bader und Schwindsackl.)

Einer dieser Haupttäter ist die schwarz-grüne Regierung. Besonders schlimm ist der tür­kise/schwarze Teil, also die ÖVP. Ein Landesrat hat einmal gesagt: Foisch und Schwoaz gheat zsam. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Nein!)

Natürlich hat Korruption bei der ÖVP bis zu einem gewissen Grad immer schon eine Rolle gespielt – ich komme aus der Kommunalpolitik, ich weiß, wie das ist (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler) –, aber so richtig schlimm – so richtig schlimm! – wurde das alles erst mit dem Aufstieg des Heilands Sebastian Kurz und seiner neuen Volkspartei. Nach außen hin perfekt aufgestellt, bestens organisiert und geschult mit Spindoktoren, jeder Schritt genau geplant, und hinter den Kulissen vermeintliche Korrup­tion, Einschüchterung von Medien – zumindest von jenen, die sich nicht haben kaufen lassen –, Einschüchterung der Kirche, missbräuchliche Verwendung von Steuermillio­nen, und jetzt gipfelt das Ganze in einer menschenverachtenden Coronapolitik – einer Coronapolitik dieser Regierung, die eine Mischung aus Korruption, Ignoranz und Fehl­entscheidungen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, spätestens seit beim Impfvorreiter Israel die vierte Welle mit voller Härte zugeschlagen hat, war erkennbar, dass die Wirkung der Impfung als Game­changer reine Utopie war. Hohe Hospitalisierungsraten von doppelt Geimpften in Israel wurden hier bei uns aber kleingeredet, ignoriert und auch kleingeschrieben. Selbiges sehen wir übrigens in Dänemark – 86,2 Prozent Impfquote und die Infektionszahlen schießen gerade durch die Decke –; Selbiges in Irland – es gibt eine Impfrate von 93 Prozent und Irland geht jetzt in den nächsten Lockdown –, Selbiges in Gibraltar, wo 100 Prozent der Bevölkerung geimpft sind und eine Tausenderinzidenz vorherrscht. Dort werden jetzt alle Weihnachtsfeste abgesagt. Also, meine Damen und Herren, Ihr alterna­tivloses Impfen als Gamechanger ist gelinde gesagt in die Hose gegangen, das funk­tioniert nicht.

Woran könnte das zum Beispiel liegen? – Eine mögliche Antwort wurde uns im ersten Jahr der Pandemie gegeben. Da haben viele Virologen gleich zu Beginn, als es gehei­ßen hat, es werden Impfstoffe entwickelt, gewarnt. Ihre Meinung war: In eine entstehen­de Pandemie impft man nicht hinein! – Jetzt, vor Kurzem gelesen, sagt der Virologe


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Dr. Vanden Bossche, zusammengefasst: Keine Pandemie hat länger als zwei Jahre ge­dauert, nicht einmal die Spanische Grippe und auch nicht die Schweinegrippe. Die Imp­fung führe zu einer dramatischen Verschlimmerung der Pandemie. – Ich hoffe persön­lich, meine Damen und Herren, dass Dr. Vanden Bossche sich irrt – das hoffe ich per­sönlich! –, ich ziehe aber zumindest die Möglichkeit in Betracht, dass er recht haben könnte, und das tun Sie nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Was machen Sie von der Regierung? – Sie machen mehr von dem, was Sie bisher be­reits gemacht haben und was auch nichts genützt hat, wir haben es heute schon einmal gehört. Sie wissen, was Einstein zu dieser Technik gesagt hat: Es ist die Definition von Wahnsinn, immer wieder das Gleiche zu tun und zu hoffen, dass sich andere Ergebnisse einstellen.

Innerhalb der ÖVP braucht sich übrigens niemand mehr zu wundern, dass Ihnen keiner mehr ein Wort glaubt. Ein Ex-Kanzler, der allen Ernstes vom chinesischen Sozialkredit­system schwärmt und sagt, dass man davon lernen kann?! Bist du ein braver Bürger, darfst du alles machen, was wir dir erlauben; bist du ein kritischer Bürger, dann schrän­ken wir dich ein: Wir sperren dein Konto und lassen dich nicht mehr reisen!, und, und, und – das ist diese ÖVP. Meine Damen und Herren, das ist pervers und zeigt sich genau jetzt auch in dieser Coronapolitik.

Ein paar Zitate dazu, damit Sie erkennen, was ich damit meine:

Zitat Schallenberg: „Für mich ist klar: Es soll keinen Lockdown geben“ wegen der „Zau­derer und Zögerer“, wie er uns Ungeimpfte genannt hat. (Bundeskanzler Schallenberg verlässt den Sitzungssaal. – Bundesrat Bernard: Jetzt geht er noch hinaus!) – Sie brau­chen nicht hinauszugehen, Herr Kanzler, es kommen eh auch noch andere Zitate.

Zitat Köstinger: Ich bin „absolut gegen allgemeine Ausgangsbeschränkungen“ und halte gar nichts von den Wortmeldungen von Mückstein.

Zitat Kurz: „Die Impfung ist der Gamechanger“, mit ihr werden wir in Freiheit leben kön­nen. „Die Pandemie ist für Geimpfte vorbei“.

Zitat Blümel: „Weil die Pandemie vorbei ist.“

Zitat Kurz: Wir „haben in Österreich einen Konsens, dass es keine generelle Impfpflicht geben wird“.

Zitat Mückstein: „Eine Impfpflicht wird es nicht geben.“ – Und was haben wir jetzt? – Einen Lockdown, und eine Impfpflicht steht bevor.

Diese schwarz-grüne Regierung ist nichts anderes als eine Pinocchio- und Baron-Münchhausen-Regierung, meine Damen und Herren (Beifall bei der FPÖ), und ihre Maß­nahmen sind Schildbürgerstreiche. Oder vielleicht sind das, was uns die Regierenden da erzählt haben, gar keine Lügen, sondern vielleicht passiert ihnen das alles nur. Dann ist es aber auch nicht viel besser, weil dann ist es Unfähigkeit – und beides, muss ich sagen, ist für Regierende untragbar.

Es werden Schritt für Schritt Einschnitte in unsere Freiheitsrechte vorgenommen. Die Abschaffung des Bargeldes innerhalb der EU schreitet voran – gerade jetzt wieder in Italien. Viele der Coronamaßnahmen der Regierung waren und sind verfassungswidrig und grundrechteeinschränkend, auch die Meinungsfreiheit wird Stück für Stück einge­schränkt. Früher, meine Damen und Herren, wurden die Bücher verbrannt, heute wird man auf Facebook und auf Youtube gebannt. Denken Sie einmal darüber nach, was das bedeutet!

Der offene Debattenraum ist de facto geschlossen – es ist Fakt, er ist geschlossen! Es gibt nur noch eine Meinung, und wer anderer Meinung ist, wird lächerlich, verächtlich


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und fertiggemacht, er wird beschimpft, bedroht und verliert seinen Job. Es wird über­haupt nicht mehr sachlich diskutiert, alles verlagert sich dank des Tons dieser Regierung auf eine moralische Ebene: Bist du für die Impfung, dann bist du intelligent, bist du gegen die Impfung, dann bist du ein Dummer und musst zwangsbehandelt werden. Wo sind wir, meine Damen und Herren?! – Wir gehen in eine Richtung der dunkelsten Zeiten unserer Geschichte (Beifall bei der FPÖ), und für diese Spaltung sind ausschließlich genau Sie von der Regierung verantwortlich. – Einen dieser Haupttäter der Pandemie habe ich hiermit also abgehandelt: Das wäre diese Regierung.

Die beiden Mittäter werde ich in aller Kürze abhandeln, denn zum einen ist das jene Partei, die heute zwar die Sondersitzung einberufen hat, um die Maßnahmen der Regie­rung zu kritisieren – um dann trotzdem bei all den Grauslichkeiten und Unsinnigkeiten mitzustimmen: die SPÖ, die Sozialdemokratie. Ich sage Ihnen nur eines: Bruno Kreisky würde sich im Grab umdrehen! (Bundesrätin Schumann: Nein, Bruno Kreisky dreht sich nicht im Grab um!)

Der zweite Mittäter in dieser Pandemie ist niemand Geringerer als der Bundespräsident von Österreich, der sich zwar kritisch zu Wort meldet, wenn zum Beispiel in Burkina Faso ein gelbes Fahrrad umfällt. Wenn es aber darum geht, dass hier in unserem Land die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicher eingeschränkt werden, mutiert er zum Schweigepräsidenten (Beifall bei der FPÖ), sagt kein Wort und macht den Steigbügel­halter und Beistand für diese Regierung. Meine Damen und Herren, Van der Bellen ist vieles, aber sicher kein Hüter der Verfassung. Er ist kein Präsident der Österreicher, er ist maximal der verlängerte Arm dieser schwarz-grünen Regierung.

Jetzt komme ich zum zweiten Haupttäter in dieser Pandemie, zu einem Täter, der es eigentlich wirklich besser wissen müsste und sollte. (Zwischenruf der Bundesrätin Schu­mann.) – Da möchte ich mich gleich einmal beim ORF bedanken, dass er das heute überträgt, und zwar: Dieser Haupttäter sind die Medien – nicht alle, aber leider sehr viele. Die Aufgabe der Medien liegt darin, die Menschen zu informieren. Und was machen unsere gut alimentierten Medien? – Manipulation statt Information! Objektivität? – Fehl­anzeige!

Meine Damen und Herren, ich war, wie 100 000 andere auch, bei der Demo in Wien. Ich weiß es auch von Demos davor: Die Berichterstattung dazu ist schlichtweg reißerisch und falsch. Ja, es mag dort ein paar Idioten gegeben haben. Die wird man nicht ver­hindern können (Bundesrat Schennach: Die haben aber die Demo angeführt, die Iden­titären! Das sind doch Parteifreunde, oder?), aber 99,9 Prozent waren definitiv keine Idioten, keine Hooligans, keine Rechtsextremen und keine Nazis. Das waren Familien, Männer, Frauen und Kinder mit Ängsten und Sorgen. (Bundesrat Schennach: Der Sell­ner!)

Ich habe hier schon wieder gehört, dass bei jeder Demo immer wieder dieser ominöse Herr Küssel gesichtet wird. Ich habe diesen Typen, diesen Herrn noch nie irgendwo ge­sehen – Gott sei Dank (Bundesrat Novak: Aber du marschierst mit ihm!) –, schön lang­sam frage ich mich aber, ob dieser Vogel für das Auftauchen bei den Demos von der ÖVP oder von den Medien selbst bezahlt wird, denn anders kann man sich das gar nicht mehr erklären. (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, meine Damen und Herren, Denzel Washington hat einmal bei einem Inter­viewtreffen gesagt (Bundesrat Schennach: Wer?): „If you don’t read the newspaper, you’re uninformed, if you do read it, you’re misinformed.“ (Ruf bei der SPÖ: Oh my god!) – Das bringt es auf den Punkt.

Was, meine Damen und Herren von den Medien, ist mit der journalistischen Ethik? (Zwi­schenruf der Bundesrätin Schumann.) Was ist mit der Objektivität? Was ist mit der Neutralität? Was ist mit der Sorgfalt bei der Recherche, mit Fakenews, wie wir sie gerade


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gehört haben? Es ist alles egal, Hauptsache das Geld stimmt, getreu dem Motto: Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing’.

Herbert Kickl wurde wegen des Medikaments Ivermectin – wir haben es vorhin gehört – medial verrissen, als Dümmling hingestellt, weil er ein Pferdeentwurmungsmittel genannt hat. Dass dieses Medikament weltweit jedoch schon zur Anwendung gekommen ist, und zwar genau in dieser Pandemie und auch in österreichischen Nachbarländern, wurde komplett ignoriert und völlig außer Acht gelassen.

Es gibt zu Ivermectin Tausende medizinische Publikationen. Es wird seit 30 Jahren in der Humanmedizin verwendet, und die beiden Entwickler von Ivermectin haben 2015 den Nobelpreis für Humanmedizin verliehen bekommen. Das ist alles egal, Hauptsache, es gibt reißerische Berichterstattung. (Ruf bei der SPÖ: Das macht es ja nicht besser!)

Zu den Kollegen Bundesrat Kornhäusl und Bundesrat Köck, die sich vorhin lustig ge­macht haben: Ja, ich verstehe, dass es einige in der ÖVP gibt, die tatsächlich Angst vor der Verwendung von Ivermectin haben, denn es wirkt antiparasitär. (Beifall bei der FPÖ. – Oh-Rufe bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das ist zu viel!) – Das ist ein Sicker­witz, der wochenlang wehtut.

Ein Beispiel aus der „Kronen Zeitung“: Es gibt eine Onlineumfrage: „Haben Sie Verständ­nis für die Demonstranten?“ Online geht das zu 66 Prozent für Ja, zu 34 Prozent für Nein aus. In der Printausgabe druckt man dann ein früheres Ergebnis ab. Dort stehen dann nur 43 Prozent für Ja und 57 Prozent für Nein, und gleich neben dieser Umfrage wird über Ausschreitungen und über Verhaftungen geschrieben. So ein Bild wird ganz be­wusst geschaffen, das ist Manipulation statt Information. (Beifall bei der FPÖ.)

Andreas Popp von der deutschen Wissensmanufaktur hat einmal gesagt: Das Problem ist nicht, wenn das Volk von der Regierung die Schnauze voll hat, sondern das Problem ist, wenn die Regierung vom Volk die Schnauze voll hat, denn dann macht sie sich ein neues Volk. Und wie macht die Regierung das? – Über die Medien: Es wird eine Um­frage gemacht, die geht 70 zu 30 für ein Thema aus. Dann wird ein Jahr über die Medien geschaltet, geschaltet und geschaltet – das nennt man dann Gehirnwäsche –, und ein Jahr später geht genau dieselbe Umfrage 70 zu 30 in die andere Richtung aus. Das ist die Macht der Medien und das ist die Macht der Manipulation.

Ein Artikel aus der Tageszeitung „Heute“ hat die reißerische Überschrift: Wieder vier Ungeimpfte in Niederösterreich verstorben. Die meisten Menschen lesen leider nur diese Überschrift. Liest man den Artikel zu Ende, steht dann, es sind vier Ungeimpfte und fünf Geimpfte verstorben. Auch das ist Manipulation statt Information.

Ein weiterer Artikel: „Das Coronavirus forderte 22 weitere Tote, davon sieben in Nieder­österreich. Die Details: Von den sieben Todesopfern waren sechs Personen vollimmu­nisiert [...] Eine 88-Jährige [...]“ – und – „fünf Männer (79, 80, 85, 86 und 92) starben [...] Eine ungeimpfte 81-Jährige verstarb in Tulln.“ – Mit Verlaub: So etwas wird von den Medien verkauft.

Meine Damen und Herren, eines kann ich Ihnen sagen: Wir alle werden sterben. Wir alle (Zwischenruf bei der SPÖ), manche leider sehr früh, das gilt es zu verhindern, manche haben das Glück, alt zu werden. Wenn ich aber diesen Artikel lese, dann frage ich mich: Ja, sollen die 400 Jahre alt werden? (Zwischenruf bei der SPÖ.) Und es gibt kein Wort über eine mögliche Vorerkrankung! (Zwischenruf des Bundesrates Novak.) Diese Be­richterstattung ist manipulativ, diese Berichterstattung ist krank und diese Berichter­stattung macht krank, weil sie die Menschen im Auftrag dieser Regierung in Angst und Unruhe versetzt.

22 Todesopfer – Geht man von einer Sterblichkeit von im Durchschnitt 80 000 jährlich aus, sterben im Schnitt in Österreich pro Tag 220 Menschen. Was ist mit den anderen?


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Schreiben Sie zum Beispiel einmal, wie viele täglich an einem vermeintlichen Ärzte­pfusch sterben, dann sind wir bei circa zehn pro Tag. Wenn Sie das medial täglich so bringen, wie Sie es jetzt über Corona bringen, meine Damen und Herren, geht in einem halben Jahr niemand mehr zum Arzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Nebenwirkungen von Coronaimpfungen werden medial totgeschwiegen, ebenso wie die erhöhte Sterblichkeit der Jungen unter 30 – nicht wegen Corona, denn dann würde es ja gebracht werden. Karl Heinz Lenz hat einmal gefragt: Wie erkenne ich eine Diktatur? – Das ist dann, wenn ich in allen Medien völlig identische Nachrichten verbreitet sehe.

Es gäbe noch unzählige weitere Beispiele dieser gekauften und manipulativen Medien, manche nennen sie auch Lügenpresse. Ich sage: zu Recht!

Abschließend kann ich nur noch sagen: Diese Regierung ist mit ihrer Coronapolitik ge­scheitert. Kanzler Schallenberg gibt offen zu, alle Maßnahmen dienen einzig und allein dem Zweck, den Druck zu erhöhen, um die Menschen zum Impfen zu zwingen. (Bundes­rätin Schumann: Es gibt nur eine Wahrheit! Die der FPÖ, nicht?) Nehammer kündigt dazu scharfe Kontrollen von 2G an, Köstinger sagt, die Zeit der Solidarität mit den Un­geimpften ist vorbei, Schallenberg sagt, Weihnachten wird für Ungeimpfte ungemütlich, die Demo ist eine Zumutung, Kickl soll den Mund halten und, und, und. Juliane Bogner-Strauß bezeichnet ungeimpfte Pfleger als „Todesengel“, der Bürgermeister von Mödling will, dass die Ungeimpften aus der Intensivstation hinausgeworfen werden und vieles mehr.

Meine Damen und Herren, wes kranken Geistes Kind solchen Aussagen innewohnen, kann sich jeder selbst ausmalen. Sie von der Regierung sind die Spalter dieser Nation! (Beifall bei der FPÖ.)

Als ganz besonders schlimm empfinde ich Herrn Dr. M.  also Sie, Herr Gesundheitsmi­nister. Ich habe es Herrn Dr. M. schon einmal gesagt und ich sage es wieder: Ich halte Sie für gefährlich. (Bundesrat Steiner: Unfähig!) – Nein, ich halte ihn für gefährlich, unfä­hig war sein Vorgänger. Ich habe lieber einen Unfähigen als einen Gefährlichen. Ich sage Ihnen auch, warum: Für Menschen wie Sie oder auch Thomas Szekeres wurde der Nürnberger Kodex geschrieben. Denken Sie einmal darüber nach! (Ah-Rufe bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Jetzt ist aber endgültig Schluss!)

Jetzt noch eine Frage an Sie von den Regierungsparteien, aber auch an die Sozialisten. (Rufe bei ÖVP und SPÖ: Ende, Ende! – Ruf bei der SPÖ: Das war zu viel!) – Ja, ja, genau. Ich bin genesen und ich werde mir mit Sicherheit nicht diesen MRNA-Impfstoff impfen lassen – jetzt erst recht nicht! Das ist meine Entscheidung. (Beifall bei der FPÖ.)

Was passiert dann im Zuge der Impfpflicht? Schicken Sie mir dann die Geheime Impf­polizei nach Hause? Kommen die dann mit einer Armbinde, wo zwei überkreuzte Sprit­zen drauf sind? Treten sie mir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Tür ein und zerren mich aus dem Bett? (Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und Grünen.) Bringen sie mich raus, hauen mich nieder und drücken mir die Spritze rein, die ich nicht will? (Zwischenrufe der BundesrätInnen Zwazl und Novak.) Passiert das? Ist das der Plan? Und rufen Sie dann vielleicht zum Abschluss Impf Heil? (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Hei­terkeit bei der SPÖ.) – Was ist, liebe SPÖ?

Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich habe mir vor drei Wochen die „Schachnovel­le“ von Stefan Zweig im Kino angeschaut – eine sehr gute Neuverfilmung. (Bundesrätin Schumann: Da kann man nur das Buch lesen! Großartig!) Und genau jene, die vor einem Jahr noch gefragt haben, wie das damals alles hat passieren können, sind genau dieselben, die jetzt bei der Hatz auf die Ungeimpften mitmachen. (Bundesrätin Grimling: Es gibt nur eine Wahrheit!) Was ist denn jetzt, wo es um etwas geht, mit: Wehret den Anfängen!? Wo sind die ganzen Rufer? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren, ich traue dieser Regierung nicht, aber ich traue ihr alles zu! Ich sage Ihnen auch, warum: Verantwortungsvolle Politiker suchen Lösungen, diese Re­gierenden suchen Schuldige, und das ist krank.

Mein Appell an die Regierung lautet: Öffnen Sie umgehend den Debattenraum, lassen Sie andere Meinungen zu! Überprüfen Sie, ob an alternativen Meinungen und Expertisen etwas dran sein kann, und laden Sie unabhängige Experten zu Beratungen ein! For­schen Sie in alle Richtungen! Impfen, impfen, impfen ist keinesfalls alternativlos.

Mein Appell an die Medien: Besinnen Sie sich wieder auf das journalistische Ethos! Besinnen Sie sich auf die Wahrhaftigkeit in der journalistischen Darstellung, und hören Sie auf, sich für Geld gegenüber den Regierenden zu prostituieren! (Bundesrätin Zwazl: Ja, aber das ist ja zu wenig!)

20.30


Präsident Dr. Peter Raggl: Die Redezeit ist leider zu Ende. (Heiterkeit bei BundesrätIn­nen der ÖVP.) Wir haben gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung eine mit 20 Minuten beschränkte Redezeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie Beifall bei der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Bundesrat Spanring.)

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile dieses. – Bitte.


20.30.34

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem auch: Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Herr Kollege Spannring, Sie haben es abermals geschafft, mit Ihrer Rede den absoluten Tiefpunkt des Niveaus in einer Debatte zu erreichen. (Bei­fall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.) Ganz ehrlich: Eigentlich hätte ich ja auf ein Dementi gehofft. Leider war es das völlige Gegenteil.

Ich darf auch berichten, und zwar aus meinem Bezirk – wir haben die Geschichte heute schon gehört –: Auch da gab es Menschen, die Kickls abstrusen und gemeingefährlichen Ratschlägen folgten, Entwurmungsmittel oder auch überdosierte Vitaminpräparate ein­nahmen und sich dabei ganz sicher – das sage ich jetzt in Richtung FPÖ – vergifteten und sich im schlimmsten Fall – um das richtigzustellen – zumindest indirekt das Leben genommen haben, weil sie auf klassische Humanmedizin verzichtet haben. Das war der Grund dieser beiden Todesfälle, was übrigens dann auch recherchiert und bestätigt wur­de. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Bundesrat Spanring: So ein Blödsinn! Also so ein Schwachsinn!)

Wenn Sie, liebe FPÖ, weiteren verheerenden Schaden an der Gesundheit von Men­schen in diesem Land vermeiden wollen und wenn Sie noch einen Funken an Anstand und Verantwortungsbewusstsein haben, distanzieren Sie sich von diesen Aussagen des Herrn Kickl! Alles andere macht Sie nämlich mitschuldig daran. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Bundesrat Spanring: Ich distanziere mich von dieser Regierungspolitik! Das mache ich!)

Jetzt zur eigentlichen Debatte: Ja, die Coronapandemie ist abermals das bestimmende Thema in diesen letzten Wochen, in diesen letzten Tagen. Die vierte Welle hat uns voll im Griff und schlägt mit ihren dramatischen Wirkungen auf alle Bereiche durch, auf den Gesundheitsbereich, auf den Arbeitsmarkt, auf die Wirtschaft, auf die Unternehmen und auch – das habe ich heute von keinem gehört – auf die finanzielle Situation der Gemein­den und Städte. (Beifall bei der SPÖ.)

Alle, auch die Medien, nicht nur die Menschen, fragen sich: Wie konnte das passieren? Bei allem Verständnis für das Problem der Unberechenbarkeit – das gab es bei der ersten und von mir aus auch noch bei der zweiten Welle – und bei allem Verständnis für die große Herausforderung dieser Krisenbewältigung muss man eines feststellen: Die


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Tragweite und Zuspitzung, die wir in den letzten Tagen erleben müssen, sind hausge­macht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein fatales Krisenmanagement der Bundesregierung und auch der Landesregierungen in Oberösterreich und Salzburg ist dafür verantwortlich. Während im Frühherbst Exper­ten aus Wissenschaft und Medizin unisono vor dieser Entwicklung gewarnt haben und auch Maßnahmen einforderten, haben die politisch Verantwortlichen in der türkis-grünen Bundesregierung und auch in der schwarz-blauen oberösterreichischen Landesregie­rung weggeschaut. Das war beispiellos. Sie alle miteinander haben da versagt.

Anstatt gemeinsam gegen die Krise zu kämpfen, hat man sich aus parteipolitischem Kalkül in interne Querelen verstrickt. Die ÖVP konnte ja unter keinen Umständen die vom angeblichen Krisenmanager Kurz ausgegebene Linie verlassen, der unverdrossen noch den ganzen Sommer lang in ganz Österreich plakatieren ließ – wir haben das heute schon gehört –: „Die Pandemie gemeistert, die Krise bekämpft“.

Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre Ministerkollegen Köstinger und Blümel, nahmen diese Diktion nahtlos auf und verkündeten ebenfalls mehrmals das Ende der Krise. Gleichzeitig wurde von Altkanzler Kurz noch die Impfkampagne heruntergefahren und so getan, als würde man das alles nicht mehr brauchen.

Wir wissen ganz genau, welche Auswirkungen das auf die Menschen hat. Damit haben Sie ganz klar die Menschen getäuscht und ihnen eine heile Welt vorgegaukelt. Das war ein fataler Fehler, wie wir heute wissen. Es war auch grob fahrlässig und trug alles an­dere als dazu bei, die Menschen von der absoluten Notwendigkeit der Impfung zu über­zeugen. So kann man keine Menschen überzeugen, die unsicher sind, die Fragen haben oder die vielleicht auch Angst vor der Impfung haben.

Schauen wir nach Oberösterreich, in mein Bundesland! Da ist es ja um keinen Deut besser. In Oberösterreich hat man seitens der ÖVP die Krisenbekämpfung den ganzen Sommer hinweg überhaupt einem völlig unangebrachten Wohlfühlwahlkampf und der Anbahnung einer Koalition mit der FPÖ geopfert. Die Wörter Pandemie und Corona wurden ganz einfach aus dem Wortschatz gestrichen. Es wurden Kampagnen einge­stellt, Impfstraßen geschlossen und der Ausbau des Testangebotes verschlafen. Bis heute gibt es in weiten Teilen Oberösterreichs noch keine Gurgeltests.

Landeshauptmann Stelzer wollte ein friedliches – das sind seine Worte –, ein sicheres und krisenfestes Oberösterreich ausrufen. Dieses Oberösterreich hat letztendlich im Chaos und in der Katastrophe geendet. Fatale Aussagen Stelzers – wie etwa, in Ober­österreich habe man ja „Gott sei Dank viele Intensivbetten“ – und eine insgesamt völlig vermurkste Außenkommunikation am Höhepunkt der Krise trugen das ihre dazu bei.

Die Landeshauptleute Stelzer und Haslauer waren später auch noch sichtlich stolz da­rauf, sich beim Bundesminister für Gesundheit durchgesetzt zu haben. Gegipfelt hat das alles darin, dass sich Haslauer auch noch mit einem Lächeln in einer Pressekonferenz über die ernste Meinung und die spezifischen Vorschläge der Mediziner und der Wissen­schaft lustig gemacht hat. Alles in allem waren das Vorgänge, von hochrangigen ÖVP-Politikern produziert, die einen auf der einen Seite ratlos und zornig und auf der anderen Seite beschämt zurücklassen.

Die schlimme Realität sieht leider anders aus. Das gesamte Pflege- und Gesundheits­personal ist am Ende seiner Kräfte und fühlt sich angesichts dieser Ignoranz der ver­antwortlichen Politik hilflos. In Krankenhäusern kommt es längst zu Triagen. In einem oberösterreichischen Krankenhaus mussten Leichen auf dem Gang abgestellt werden, weil in einer Nacht so viele Menschen starben, dass die Prosektur überfüllt war. Ein Arzt aus Wels – das ist keine Erfindung; mir liegt auch der Name vor – bringt es auf den Punkt: In Oberösterreich ist es ganz einfach politisches Versagen. – Zitatende.


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Vor dem totalen Kollaps in unseren Krankenhäusern musste man sich dann doch die Fehler eingestehen, täglich von den eigenen Ankündigungen des Vortages zurückrudern und schließlich die Notbremse ziehen. Deshalb lautet unser Fazit: Es regiert auf Bundes­ebene wie in Oberösterreich das Chaos. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines steht fest: Der Lockdown wäre vermeidbar gewesen, war aber aufgrund der ab­soluten Notlage das letzte probate Mittel. Das sieht die Wissenschaft so, genauso wie Teile der Gewerbe-, der Gastronomie- und auch der Tourismusbranche.

Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Was Sie in dieser Situation sicher nicht tun können, ist, mit dem Finger auf Oberösterreich oder Salzburg zu zeigen. Das ist auch umgekehrt nicht möglich. Ich sage Ihnen auch, warum: weil Sie es gemeinsam verbockt haben, weil es hauptverantwortlich Ihre türkise Familie war, aber auch die Grünen in der Regierung waren, die da an allen Ecken und Enden versagt haben. Was Kurz mit seiner Schmähpolitik so unrühmlich angefangen hat, das führen Sie, Herr Bundeskanzler, lei­der fort. Das ist es, was man Ihnen vorwerfen muss. Dieser Lockdown trägt Ihren Namen.

Jetzt heißt es einmal mehr  und das ist jetzt meine Botschaft nach draußen : Lassen wir uns in dieser aufgeheizten Diskussion in der Gesellschaft nicht weiter auseinanderdi­vidieren! Halten wir zusammen! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Lassen wir uns, lassen Sie sich impfen! Vertrauen wir – und das ist wahrscheinlich die wichtigste Botschaft – auf Wissenschaft und Medizin, und halten wir zusammen!

Abschließen möchte ich mit einem herzlichen Danke an alle Pflege- und Gesundheits­kräfte da draußen, die rund um die Uhr für die Gesundheit und das Leben vieler Men­schen kämpfen. Bitte halten Sie durch! – Danke für die Aufmerksamkeit und bleiben Sie gesund! (Anhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei der SPÖ.)

20.40


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Elisabeth Grossmann. Ich erteile es ihr.


20.40.50

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein Wort zu Bundesrat Spanring, der jetzt nicht im Saal ist, dem ich aber schon sagen möchte: Wenn Politiker als Nichtmediziner anfangen, medizinische Ratschläge zu ge­ben, dann wird es richtig gefährlich. Bitte unterlassen Sie das! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.) Bitte unterlassen Sie das, auch in Ihrem eigenen Interesse! (Bundesrat Ofner: Aber ihr dürft es, ihr seid ja allwissend!)

Heute geht es aber um die Regierungspolitik. Wir als Parlamentarierinnen und Parla­mentarier wurden von den Regierungsfraktionen kritisiert, weil wir uns erlaubt haben, zu kritisieren. Da wurde uns immer wieder gesagt: Nachher ist man immer gescheiter! – Das ist in einigen Reden vorgekommen. Da muss ich schon feststellen, dass der Grund­satz: Nachher ist man immer gescheiter! auf die gegenwärtige Regierungskoalition in den unterschiedlichsten personellen Zusammensetzungen einfach nicht zutrifft. Die wer­den einfach nicht gescheiter! (Beifall bei der SPÖ.) Wir sind jetzt schon zum dritten Mal im Nachher und zum vierten Mal im Vorher und der Lerneffekt dieser Bundesregierung ist einfach null. Das haben wir bei den oberflächlichen Beantwortungen der Dringlichen Anfragen gehört. Da kann man keinen Lerneffekt erkennen.

Die Chronologie des Versagens der Bundesregierung wurde ja schon mehrfach aufge­zählt. Das Dramatische ist: Diesen Preis zahlen nicht die Regierungsfraktionen, den Preis zahlt die Bevölkerung. Mit dem Preis meine ich nicht die rund 117 Millionen Euro pro Tag für den Lockdown; damit meine ich die immensen psychischen Belastungen für


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die Menschen, vor allem für die Kinder und Jugendlichen, denen gesagt wird, die Schu­len sind zwar offen, aber geht nicht hin! Die Belastungen, den Preis zahlen die Eltern, vor allem die Mütter, die sich jetzt wieder zwischen Homeoffice und Homeschooling zer­sprageln müssen.

Ich möchte Sie, Herr Minister, etwas fragen. Sie haben auch mit der Bemerkung auf­horchen lassen, Sie wollen jetzt die Schutzbestimmungen für Schwangere evaluieren. – Was haben Sie da vor? Soll das jetzt wirklich auslaufen? Dringend wäre ein verstärkter Schutz für Schwangere! (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben das mehrfach eingefordert. Wir wissen, die Bestimmung läuft aus, da ist also dringendster Handlungsbedarf gegeben, damit die Schutzbestimmungen erweitert und fortgesetzt werden.

Überhaupt sind Frauen vom Lockdown besonders betroffen, jetzt wieder, Frauen und auch Kinder. Wir merken ja, das Aggressionspotenzial steigt teilweise ins Unermessli­che. Das merkt man nicht nur in der politischen Debatte, nicht nur in der Post, die wir alle bekommen, das merken wir vor allem bei den Gewaltstatistiken, dass immer mehr Kinder und auch Frauen von Gewalt betroffen sind. Da ist auch akuter Handlungsbedarf gegeben.

Gewalt ist jetzt weniger erkennbar, weil sie sich immer mehr in den privaten vier Wänden abspielt. Daher muss man noch genauer hinschauen, daher ist noch mehr Prävention geboten, und da müssen wirklich alle zusammenwirken. Wir beklagen jetzt schon den 28. Frauenmord in Österreich. Es ist also dringendst geboten, dass alle Alarmglocken schrillen, und dass wirklich alle alles daran setzen, dass das Gewaltpotenzial in unserer Gesellschaft eingedämmt wird.

Den Preis zahlen selbstverständlich auch die kleinen Gewerbetreibenden und ihre Be­schäftigten, die jetzt kurz aufgeatmet haben und sich nun wieder in ihrer Existenz be­droht sehen. Es ist also die Bevölkerung, die den Preis für Ihr Versagen zahlt, dafür, dass Sie jetzt das Land durch lange, lange Untätigkeit wieder in den nächsten Lockdown getrieben haben.

Das wäre bei einer vorausschauenden Politik nicht notwendig gewesen, denn man musste wissen, wie sich die Zahlen im Winter entwickeln werden. Namhafte Fachleute haben auch gewarnt und vorbeugende Maßnahmen eingemahnt, zum Beispiel der aus Österreich stammende, übrigens aus meinem Bezirk Voitsberg stammende und in den USA tätige Virologe Florian Krammer, dem sogar in Fachkreisen, unter anderem von Dorothee von Laer, attestiert wird, mehr vom Fach zu verstehen als alle europäischen Experten zusammen, um hier auch eine Fachmeinung zu zitieren.

Da frage ich mich: Warum macht man sich diese Expertise nicht zunutze, um wirklich fundierte Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung zu leisten, damit die Menschen gegen­über solchen Verunsicherungsstrategien resistent werden, wie sie aus politischen Moti­ven, wie wir das heute auch wieder hören mussten, geäußert werden? Da kann man es den Menschen nicht zum Vorwurf machen, dass sie verunsichert sind, wenn von Regie­rungsseite nicht wirklich authentische, wissenschaftliche Expertisen vermittelt werden. Diesbezüglich ist die Informationspolitik dermaßen verfehlt gewesen, dass man den Leu­ten oft keinen Vorwurf machen kann, wenn sie verängstigt sind.

Warum beschäftigt man nicht solche Leute, die wirklich vom Fach kommen, die auch gut kommunizieren können? Wovor fürchtet man sich? Vielleicht davor, dass Positionen ge­äußert werden, die eben nicht identisch mit der meinungsforschungsindizierten ÖVP-Position sind?

Da war es vielleicht halt populärer, die Pandemie per Pressekonferenz oder Plakat für vorzeitig beendet zu erklären oder die Wissenschaft insgesamt zu diskreditieren, wie es zum Beispiel Landeshauptmann Haslauer getan hat, indem er sinngemäß gemeint hat,


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die Virologen wollen eh alle „am liebsten einsperren“. Das war wirklich eine dermaßen skandalöse Aussage, die grob gegen das Gelöbnis verstößt, das man bei der Verleihung eines akademischen Grades abgibt. Ich darf Ihnen die Gelöbnisformel, wie sie zum Bei­spiel auch an der Uni Salzburg abgegeben wird, zur Kenntnis bringen beziehungsweise in Erinnerung rufen:

Ich gelobe, „der Wissenschaft zu dienen, ihre Ziele zu fördern und dadurch verantwort­lich zur Lösung der Probleme der menschlichen Gesellschaft und deren gedeihlicher Weiterentwicklung beizutragen [...].“  Genau das Gegenteil hat Landeshauptmann Has­lauer gemacht (Beifall bei der SPÖ), und auch, muss man dazusagen, viele andere in der ÖVP, die mit ihren Aussagen die Lösung der Probleme erschwert haben.

Ich sage das bewusst hier im Rahmen der Dringlichen Anfrage an den Bundeskanzler: Es sind nicht nur Sie gemeint, sondern Sie sind gewissermaßen der derzeitige Statthalter des Systems Kurz-ÖVP, und dahinter steht eine ganze Phalanx an türkisen Parteisol­daten, denen das Wohl der Partei wichtiger ist als das Wohl der Bevölkerung.

Die Bundesländer haben hier die Notbremse ziehen müssen, denn wie namhafte Ver­fassungsjuristen – es sind einige zu nennen, Lukas und Mayer beispielsweise – be­tonen, ist es verfassungswidrig, nichts zu tun, wo ein Handeln geboten ist. Es gibt auch eine Schuld durch Unterlassung, wenn nämlich Gesundheitsschäden oder gar Todes­fälle in Kauf genommen werden. Hier hat die Bundesregierung eine Art Garantenstellung gegenüber der Bevölkerung, die sie schlicht und einfach lange Zeit nicht wahrgenommen hat.

Deshalb war es notwendig, gerade auch seitens der Länder, die Notbremse zu ziehen, um größeren Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. Man muss Ihnen aber zugu­tehalten, dass eine Einsicht wahrnehmbar war  das ist anzuerkennen. Die Entschuldi­gungsinzidenz ist in den letzten Tagen gestiegen, das war bemerkbar. Das ist auch anzuerkennen, dazu gehört auch menschliche Größe. Einer hat sich aber nicht entschul­digt, nämlich der Master of Desaster, Sebastian Kurz. (Beifall bei der SPÖ. Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

20.50


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Andrea Kahofer. Ich er­teile dieses.


20.51.04

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werter Herr Kanzler! Werter Herr Minister! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Es ist schon wirklich viel gesagt worden. Ich glaube aber auch: Das Ergebnis ist schon, dass diese Regierung nicht nur hinter dem Anspruch, in einer vertrauenerweckenden Einigkeit nach außen zu kommunizieren, sondern vielmehr noch hinter dem Anrecht der Bevölkerung, dass vo­rausschauend Entscheidungen getroffen werden, zurückgeblieben ist.

Herr Minister, von Ihnen war ja eine Entschuldigung zu vernehmen, vom Ex-Kanzler aber, der über einen maßgeblichen Zeitraum hinweg die Verantwortung hatte, diese aber leider nicht als Verpflichtung gesehen hat, sondern nur zu seinem Machterhalt, war keine zu hören.

Diese Regierung hat nicht auf Entwicklungen reagiert oder gar zeitgerecht agiert, son­dern erst Handlungen gesetzt, als ein sehr dramatisches und gefährliches Ergebnis zu erkennen war, ein Szenario, wie wir es jetzt haben. Es war aber immer ein Rudern; es war immer die Suche nach dem Schuldigen und der Versuch, die Verantwortung weiter­zugeben, im Vordergrund, und das, nachdem ignoriert und negiert wurde, was die Wis­senschaft empfiehlt. Dann kommt immer die Forderung nach dem Schulterschluss. Herr Kollege Himmer, der jetzt nicht da ist (Bundesrat Himmer macht sich durch Handzeichen


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bemerkbar) – oh ja, Sie sind da –, den Schulterschluss fordert ihr immer, wenn es eng wird. Davor seid ihr eine eigene Partie und handelt nicht im Sinne der Gemeinsamkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Was auch gar nicht zu erkennen ist, ist eine Stabilität, außer vielleicht ein stabiles Ge­geneinander innerhalb dieser Regierung (Bundesrat Himmer: Was war das in Tirol?): Türkis gegen Grün, Grün gegen Türkis, Rache für Sebastian Kurz. (Bundesrat Himmer: Hat das nicht stattgefunden?) Das ist das Ziel, und das ist nicht vertrauenerweckend. Wie der Umgang in dieser Regierung untereinander ist (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Himmer), damit müsst ihr selber zurechtkommen. Es ist nicht vertrauener­weckend für die Bevölkerung, was da gegenseitig öffentlich ausgerichtet wird und was wir heute schon öfters gehört haben.

Wenn Herr Kollege Dr. Kornhäusl meint, diese Regierung höre auf die Wissenschaft, sage ich: Diese Regierung hört nicht einmal auf einen Minister und auf ein Regierungs­mitglied, das eine wissenschaftliche Ausbildung gemacht hat und Arzt ist. Nein, im Ge­genteil, dieses Regierungsmitglied wird öffentlich diskreditiert – auf die Wissenschaft ge­hört wurde bestimmt nicht. Herr Bundeskanzler, auch wenn Sie heute versuchen, ein Bild heraufzubeschwören, das anderes zeigt, wir haben es leider gehört, wir und der Rest der Österreicher auch  haben es leider gesehen.

Das hat viel zerstört, denn wie sollen die Menschen der Wissenschaft vertrauen – dieses Vertrauen fordern Sie ja ein –, wenn die Regierung selbst die Wissenschaft nicht ernst nimmt? Die wichtigste Aufgabe in einer gesellschaftlich, volkswirtschaftlich und gesund­heitlich bedrohlichen Situation, die letztlich auch durch Spaltung hervorgerufen wurde, ist, für Ruhe und Vertrauen zu sorgen. – Das schafft diese Regierung nicht. Nein, Herr Bundeskanzler, Sie spalten weiter.

Kollege Kovacs hat Sie gefragt, warum Sie 35 Prozent der Bevölkerung so abfällig be­handeln, ob Sie glauben, dass das zielführend sei. Es kommt wohl auf das Ziel an. Ein Ziel braucht man, ja, Frau Kollegin Zwazl, das stimmt schon. Ist es aber jetzt das Ziel, die Menschen für die Impfung zu gewinnen, sie zu überzeugen, oder ist es letztlich doch nur das Ziel, Wählerstimmen zu sichern? Dann ist der Erfolg nämlich bestimmt nicht da, das hat man auch im Wahlkampf in Oberösterreich gesehen.

Was diese Regierung aber auch nicht tut, ist, für ein stabiles Gesundheitssystem zu sorgen. Frau Kollegin Schumann hat es angesprochen: Es krankt im Gesundheitssys­tem, und Sie tun nicht, was notwendig wäre, um es zu verbessern. Sie tun auch gar nichts, um dem Personal gegenüber Wertschätzung zu zeigen, schon gar nicht eine Wertschätzung, die sich monetär im Geldbörsl auswirken würde.

Ein Bereich im Gesundheitssystem, der ganz vergessen wird, ist die Hauskrankenpflege. Die Organisationen, die sich in diesem Bereich einbringen, werden überhaupt nicht ge­fragt, was es braucht, sie werden nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden, aber sie strudeln sich ab, um für die Bevölkerung diesen wichtigen Dienst der Hauskrankenpflege auch weiterhin zu gewährleisten. Ist es dieser Regierung bewusst, Herr Minister, wie wichtig auch die Hauskrankenpflege ist? Kennen Sie die Zahlen?

Ich habe die Zahlen der Statistik Austria mit: Insgesamt wurden im Jahr 2019 153 152 Men­schen von mobilen Hauskrankenpflegediensten betreut, in Niederösterreich 31 845, im Vollzeitäquivalent reden wir von 12 653,9 Mitarbeitern, in Niederösterreich von 3 000. Das ist maßgeblich, das ist wichtig, und uns muss bewusst sein, dass die Hauskranken­pflege Krankenhausbetten sichert, denn auf der einen Seite ist es für die Krankenhäuser wichtig, Menschen in häusliche Pflege schicken zu können, damit Betten frei werden, andererseits ist es wichtig, dass Menschen zu Hause gut versorgt werden, damit sie eben kein Krankenhausbett brauchen. Gerade jetzt hat sich das verschärft.


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Ich weiß nicht, ob dieser Regierung bewusst ist, was es zum Beispiel in Niederösterreich, in einem Flächenbundesland, bedeutet, Hauskrankenpflege sicherzustellen. Wissen Sie, wie es ist, wenn es keine eindeutigen Regeln gibt, falls es einen positiven Fall gibt, wie es ist, wenn innerhalb eines Teams positive Fälle auftreten und dann die Kontaktperso­nen, je nachdem, in welchem Bezirk sie wohnen, in Quarantäne geschickt werden oder auch nicht, als würde das Virus einen Unterschied machen, je nachdem, welche BH zuständig ist? Also das Virus kann viel, aber das, glaube ich, kann es noch nicht.

Es ist auch deutlich zu bemerken, wie viele selbst infiziert sind und der Hauskranken­pflege jetzt nicht zur Verfügung stehen, es ist deutlich zu bemerken, wie die psychische und physische Belastung die Menschen dazu zwingt, in den Krankenstand zu gehen. Es ist auch wahnsinnig schwer, PCR-Tests, die man in diesem Bereich braucht, zeitgerecht zu bekommen. Ich bitte Sie als Gesundheitsminister jetzt inständig und fordere Sie dazu auf: Reden Sie mit den Zuständigen und kümmern Sie sich auch um die Hauskranken­pflege vor Ort! Damit sichern Sie auch Krankenhausbetten. Das brauchen wir! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass diese Regierung das Krisenmanagement nicht beherrscht, ist offensichtlich. Dazu gehört halt auch, dass Sie sich intensiv um das Personal kümmern – und auch um die Ausbildung für die Zukunft. Wir wissen nicht, wann diese Krise vorbei ist, und wir wissen nicht, ob nicht wieder einmal eine kommen wird. Wir müssen uns jetzt darum kümmern, Ausbildung in diesem Bereich zu gewährleisten. Ich bin keine Gegnerin der akademi­schen Ausbildung für die Gesundheitsberufe, es ist aber schon ganz klar, dass Fach­hochschulen, von denen es drei in Niederösterreich gibt, nicht den gleichen quantitativen Output haben können wie bisher die Krankenpflegeschulen in den Bezirken. Das sind hinsichtlich der Zahlen nicht die gleichen Jahrgänge. Es werden uns die Leute fehlen, sie fehlen schon jetzt. Darum müssen wir uns kümmern! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Zwazl.)

Manchmal frage ich mich, ob sich jeder in der Regierung seiner Verantwortung bewusst ist. Herr Bundeskanzler, Ihre Verantwortung ist es auch, Vertrauen zu schaffen. Da geht es nicht nur um die Vertrauensposition in Ihrer Partei, nicht nur um das Vertrauen Ihres Ex-Kanzlers und jetzigen Klubobmanns, sondern da geht es um das Vertrauen, das die Menschen in die Politik haben müssten. 75 Prozent der Österreicher haben das nicht mehr. Das schadet der Sache, und das schadet jedem Einzelnen.

Und Sie, Herr Gesundheitsminister: Lassen Sie sich nicht in die Defensive treiben! Sie müssen agieren und nicht nur reagieren. In der Pandemiebekämpfung sind Sie schon gescheitert. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Politikern, die Mut bewiesen haben und dafür belächelt und kritisiert wurden, aber zu ihrem Mut und zu dem, was die Wissen­schaft ihnen gesagt hat, gestanden sind! Ich sehe sonst nämlich auch für die Zukunft schwarz, wenn sich diese Regierung mit nichts anderem befasst als mit dem türkisen System. Das darf nicht mehr im Mittelpunkt stehen, denn über den Machtkämpfen und diesen Profilierungsversuchen ist es passiert: Die Regierung kommt der eigentlichen Verpflichtung nicht mehr nach, nach bestem Wissen und Gewissen für die Menschen da zu sein, nicht für die Parteien. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.02


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christoph Steiner. Ich er­teile dieses.


21.02.45

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (eine Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impf­zwang“ auf das Rednerpult stellend): Ja, eigentlich ist es ja fast ein bisschen paradox: Die SPÖ beruft eine Dringliche ein, um die Maßnahmen der Regierung zu kritisieren – seit 6 Stunden sitzen wir jetzt hier! –, und stimmt aber bei jeder Ungeheuerlichkeit dieser


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Regierung mit. Das ist ja der reine Wahnsinn, ganz ehrlich gesagt. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Na geh!)

Wir sitzen seit 6 Stunden hier herinnen, wegen einer Dringlichen Anfrage der SPÖ. Herr Schallenberg und Herr Mückstein brauchen jetzt dann schon – wie heißen die? – Akku­pads, damit sie ihre Handys wieder aufladen können, denn die sind schon ganz heiß. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich weiß nicht, welche Spiele auf dem Tablet gespielt werden, auf jeden Fall müssen das Tablet und das Handy schon richtig warm sein, nach den 6 Stunden, in denen jetzt Handy gespielt wurde, Herr Schallenberg und Herr Mückstein.

Zurück zu dem Thema, das die SPÖ unbedingt haben will, um die Regierung zu kritisie­ren, obwohl sie ja, wie schon gesagt, überall mitstimmt: „Die Impfung“ – man kann es nicht oft genug sagen und man kann es auch nicht oft genug zitieren – „ist der Game­changer. Mit ihr werden wir in Freiheit leben können.“ „Was ich fix sagen kann – es wird sicher keinen Lockdown und keine Einschränkungen mehr für Geimpfte geben.“ „Aus meiner Sicht ist die Pandemie für Geimpfte vorbei.“ – Jetzt frage ich euch: Kennt ihr den Herrn, von dem diese Zitate stammen? – Das ist der ominöse Herr mit dem Ketchupef­fekt, quasi der Godfather of Pandemiebeendigung, zum 25. Mal: Das ist euer Sebastian Kurz gewesen.

Eine Impfpflicht wird es nicht geben. – Das war Herr Mückstein noch im Juni. Jetzt haben wir die Impfpflicht angeblich ab 1. Februar. „Weil die Pandemie vorbei ist.“ – Wer war das? Das war Herr Blümel in der „Zeit im Bild“ im Oktober 2021. „Die Pandemie ist vor­bei.“ – Das war Herr Schallenberg am Bussi-Bussi-Parteitag der Sektengemeinschaft ÖVP. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ob geimpft, ungeimpft oder genesen, ihr von den Regierungsparteien habt die Bürger verarscht. Ihr habt die Bürger mit falschen Versprechen in die Nadel getrieben. Ihr habt die Bürger nachweislich belogen und betrogen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Weil ja der ÖVP das Ansehen im Ausland so wichtig ist – ihr könnt euch noch erinnern, ich höre die ÖVP ja immer: wir, die ÖVP, sind so angesehen im Ausland, im EU-Ausland, auf der ganzen Welt, das Ansehen Österreichs ist uns wichtig und alle anderen außer der ÖVP patzen das Ansehen Österreichs im Ausland an! –: Jetzt haben wir einen an­geblichen Diplomaten – Herr Schallenberg, grüß Gott, guten Morgen! – als Bundeskanz­ler dieser Republik, und was passiert jetzt mit dem Ansehen Österreichs? – Ich darf ein paar Presseheadlines der letzten Tage aus dem Ausland zitieren.

Die „Neue Zürcher Zeitung“, eine nicht kleine Zeitung in unserem Nachbarland, der Schweiz – ich zitiere (Ruf bei der ÖVP: Das haben wir heute schon einmal gehört!) –: „Der Lockdown in Österreich ist eine Bankrotterklärung und Ausdruck völliger Ratlosig­keit“. „Österreichs Regierung stolpert durch die Krise und sieht radikale Schritte als ein­zigen Ausweg. Die Schweiz ist gut beraten, nicht mit Unverständnis zuzusehen“.

Dann darf ich weiter aus der Tageszeitung „Die Zeit“ zitieren, aus dem anderen Nach­barland, nämlich der Bundesrepublik Deutschland – ich zitiere –: „Lockdown und Impf­pflicht hat Österreich nicht [...] den Ungeimpften zu verdanken. Schuld tragen vor allem Politiker“ – da sind Sie beide gemeint, die Handyspezialisten auf der Regierungsbank – „die sich ihr Scheitern nicht eingestehen.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt gehen wir noch ein bisschen weiter. Ich darf die griechische Tageszeitung „Dimo­kratia“ kurz zitieren, die wie folgt titelt: „Die Nazis kommen wieder“. Die Impfpflicht als blinde Verbote – derartige Maßnahmen würden nur noch an dunkle Zeiten erinnern. (Oje-Rufe bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring: Was regt ihr euch denn so auf? – Wei­tere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich zitiere die Headline der Tageszeitung „Dimokratia“ in Griechenland – so viel zum Ansehen Österreichs im Ausland, das der ÖVP so wichtig ist. (Beifall bei der FPÖ.)


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Schämen Sie sich, Herr Diplomat, oder was auch immer Sie waren! Diplomat sind Sie auf jeden Fall keiner mehr. Ich schäme mich für diese Regierung und ich schäme mich auch im Ausland für diese Regierung. Diese Regierung schadet Österreichs Ansehen im Ausland massiv. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Jetzt kommen wir zu eurer angeblichen Impfpflicht ab 1. Februar. Ich sage nur dazu: Ab diesem Zeitpunkt, liebe Österreicher, ist der Staat dann haftbar, wenn diese Impfpflicht kommt. Österreich reiht sich mit dieser Impflicht (Bundesrates Schennach: Es gibt ... Ge­setze ...!) – zuhören, Herr Kollege, dann können Sie auch verstehen, in welcher Länder Gesellschaft wir uns jetzt bewegen – nun in eine Liste von Ländern wie Indonesien, Tad­schikistan, Turkmenistan, Mikronesien, Neukaledonien und dem Vatikan ein. Wer die Geschichte dieser Länder ein bisschen verfolgt, dem dämmert natürlich sofort: Das sind die Länder, die immer durch ihre überbordende Demokratie aufgefallen sind. (Bundesrä­tin Steiner-Wieser: Nordkorea!) Wir reihen uns jetzt in diktatorische Länder ein. (Rufe bei der ÖVP: Vatikan?) Ist euch von den Regierungsparteien und vom Anhängsel SPÖ das überhaupt bewusst? Ihr als ehemalige Regierungspartei müsstet euch ja normaler­weise in Grund und Boden schämen  unglaublich eigentlich.

Wisst ihr, was ihr aufführt? – Ihr macht mit euren Maßnahmen den Leuten derart Angst. Schwangere schreiben mir, rufen mich an, weinen am Telefon, weil sie Angst haben, dass sie als ungeimpfte Schwangere ihr Kind nicht im Krankenhaus zur Welt bringen dürfen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

So weit haben Sie, Herr Schallenberg, es mit Ihrer desaströsen Regierungspolitik ge­schafft: Schwangere, die Angst haben, dass sie ihr Kind nicht im Krankenhaus zur Welt bringen können, weil sie nicht geimpft sind, weinen am Telefon!  Liebe Schwangere da draußen, sollte Ihnen das widerfahren, dann lassen Sie den jeweiligen Arzt unterschrei­ben, dass er Sie nicht behandeln will, und schicken Sie uns das! Wir machen das öffent­lich und werden diesen Herrn Schallenberg zur Rechenschaft ziehen. Das verspreche ich euch allen! (Beifall bei der FPÖ.)

Alte Bürger zu Hause weinen, aber nicht, weil sie Angst vor Corona haben. (Bundesmi­nister Mückstein hebt sein Mobiltelefon ab.) – Na jetzt ist er auch noch am Telefonieren, der Herr Mückstein! Ja, das ist ja wohl ein Wahnsinn! Das ist ja wohl eine Frechheit! (Bundesrat Bernard: Bodenlose Frechheit! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Der telefoniert während der Sitzung!) Der hebt das Telefon ab. Was ist denn - -


Präsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesrat Steiner! Ich bitte darum, für Anstand und Ruhe in diesem Haus zu sorgen! (Ruf bei der FPÖ: Der kann ja nicht telefonieren da! Das ist ja ein Wahnsinn! – Bundesrat Steiner: Der telefoniert! Das ist ja ein Wahnsinn!) – Ja, aber trotzdem. (Bundesrat Steiner: Ja was „trotzdem“?) – Also ich bitte, kommen Sie wieder ein bisschen runter und schauen Sie, dass Sie da halbwegs den Anstand wahren! (Rufe bei der ÖVP: Das Taferl ist runtergefallen!)


Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Also das ist wohl ein Wahnsinn! Der Minister auf der Regierungsbank telefoniert locker-lässig dahin, und ich werde vom ÖVP-Präsidenten wieder einmal gerügt. Das ist eine bodenlose Frechheit, Herr Präsident! Das sage ich Ihnen auch einmal ganz klar. Das ist doch unglaublich! Ich bin schuld, weil er telefoniert! (Zwischenrufe und Beifall bei der FPÖ.)

Ich komme wieder zurück: Alte Bürger weinen zu Hause, nicht weil sie Angst vor Corona haben, sondern weil sie wegen eurer Politik Angst haben. Das ist der Wahnsinn. Fa­milien, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen sind zerstritten. Und warum sind sie zerstrit­ten? Weil ihr aufwiegelt, spaltet, aufhetzt, trennt, stigmatisiert und verurteilt, weil ihr euch das Versagen nicht eingestehen wollt, weil ihr Versager auf ganzer Linie seid. Das muss ich Ihnen auch einmal ganz deutlich sagen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Das ist ganz klar: Diese beiden Herrschaften, aber auch die restliche Regierung, ihr habt es einfach nicht verdient, ein derart schönes Land wie Österreich zu regieren. Ihr agiert evidenzbefreit, hantiert mit Zahlen, die aus dem Zusammenhang gerissen sind, habt unehrliche Zahlen, null Transparenz und null Ehrlichkeit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Alleine die Gesundheit Österreich GmbH hat jetzt für jeden Bürger die Zahlen einmal öffentlich herausgearbeitet. Die Zahlen gehen von Juni bis September und wurden am 11.11. dieses Jahres veröffentlicht, sie sind also brandaktuell.

82 Prozent der Menschen in der Altersgruppe 80 plus auf der Normalstation sind in dieser Zeit, also von Juni bis September, verstorben – geimpft, doppelt geimpft. 60 Pro­zent der 60- bis 79-Jährigen auf der Normalstation sind verstorben – doppelt geimpft. Und diese Altersgruppe – und das wissen wir jetzt alle, darauf sind Sie ja so stolz – hat eine Durchimpfungsrate von 90 Prozent. Im Berechnungszeitraum machen diese aber 90 Prozent aller Sterbefälle aus. Ihre Propaganda lautet, die Impfung schütze zu 97 Pro­zent vor der Intensivstation. (Bundesrat Kornhäusl: 93 Prozent!) Das kann schon sein, nur: Was hat der Verstorbene davon, wenn er nicht auf der Intensivstation, sondern auf der Normalstation verstirbt? – Nichts hat er davon. (Ah-Rufe bei der ÖVP.)

Hantieren Sie einmal mit ehrlichen Zahlen! (Ruf bei der ÖVP: Das ist gelogen!) Wer liegt denn auf der Intensiv? – Das wissen wir bis heute nicht. Niemand weiß es, weil die Re­gierung nicht mit ehrlichen Zahlen hantiert: Wer liegt auf der Intensiv? Wie alt, welche Vorerkrankungen, welche Berufsgruppen? Ist er einmal geimpft? Zählt er dann als nicht geimpft, wenn er verstirbt, oder zählt er als geimpft? Ist er zweimal geimpft? Ist er dreimal geimpft? Viermal geimpft? Ist er ungeimpft? Oder ist er genesen?

Eure Zählweise bei den Coronatoten: Könnt Ihr euch noch erinnern, wie ihr die Corona­toten gezählt habt? (Bundesrätin Steiner-Wieser: Mit Corona, an Corona!) Nämlich so: Drei Wochen nach einem positiven Abstrich passiert ein Autounfall und der betroffene Mensch wird als Coronatoter gezählt. Wenn man eure Zählweise konsequent weiterführt, dann muss man ja jetzt sagen: Wenn jemand drei Wochen nach der Impfung einen Auto­unfall hat, müssen wir ihn als Impftoten zählen. Oder wie machen wir das jetzt? Das war eure Zählweise. Den Wahnsinn muss man sich einmal vorstellen! So hantiert ihr, und so hantiert ihr bis jetzt.

Deshalb: Beginnen Sie einmal mit einer ehrlichen Zahlenpolitik! Auch die Briten schaffen das. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Christoph, du kannst mein Beispiel auch nehmen!) Die Briten machen das ehrlich, die machen das in öffentlichen Hearings, da werden alle Impfschäden aufgearbeitet. Die britische Gesundheitsbehörde hat jetzt vor Kurzem gerade Zahlen veröffentlicht, die vom 11.10. bis 7.11. sind, also sehr aktuell. Da waren von 4 135 Coronatoten 3 284, also 80 Prozent, vollimmunisiert, also zweimal geimpft. Das sind wahre Zahlen! Kriegen wir die in Österreich? (Bundesrat Kornhäusl: Aber von welcher Gesamtpopulation! Das ist ja ...!) – Ich bin nicht die Gesundheitsbehörde in Großbritannien, ich kann es nur zitieren. Ihr werdet es wohl der Gesundheitsbehörde glauben.

Wenn Sie nicht in der Lage sind, ordentlichere Zahlen zu liefern, Herr Mückstein, dann sind Sie ganz einfach überfordert und fehl am Platz. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Fraktionsvorsitzender Bader (in Richtung Bundesrat Bader, der mit Bundeskanzler Schallenberg spricht), wenn Sie den Kaffeeklatsch mit dem Kanzler dann fertig haben, kann ich auch wieder weiterreden. Unglaublich! Filmen wir vielleicht einmal da hin! Das ist ja ein Wahnsinn. Was ist denn das für ein Anstand, sag einmal? (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich frage mich ja sowieso, Herr Minister Mückstein, wie wahrscheinlich viele andere auch, ob Sie Ihren Doktortitel nicht vielleicht beim Hendlwatten oder bei irgendeiner Aus­losung gewonnen haben, denn viel an Wissen steckt hinter diesem Titel wirklich nicht.


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(Bundesrat Bader: Christoph, also das reicht jetzt wirklich, bitte!) Am besten wäre aber, Herr Mückstein, Sie gehen wieder zurück zum Herrn Bundespräsidenten, dessen Haus­arzt Sie sind, setzen die gemeinsame Marlborotherapie fort und lassen Österreich in Ruhe.

Vor allem aber, und das sage ich jetzt mit Nachdruck: Finger weg von unseren Schutz­befohlenen! Finger weg von unseren Kindern! (Beifall bei der FPÖ.)

Unsere Kleinsten leiden massiv und am meisten unter dieser Versagerregierung. Man verbietet ihnen alles – Laternenumzüge, Kindergartenfeste und vieles, vieles andere. Sogar als Todesengel für die Großeltern hat man sie ganz am Anfang bezeichnet. Und jetzt – und das ist jetzt ein Riesenanliegen von mir – steht auch noch der heilige Nikolaus auf der Kippe. (Ah-Rufe bei der SPÖ.) – Na, da kommt das große Grölen aus der SPÖ. Ich verstehe schon, dass euch Tradition kein Anliegen ist, aber vielen in Österreich ist es sehr wohl ein Anliegen. Ihr von den Sozialisten seid ja Traditionsverräter. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Geh hört mir doch auf! Kinder brauchen Lächeln, Kinder brauchen leuchtende Augen und Kinder müssen sich freuen. Ich sage euch eines: Ich mache den Nikolaus jetzt schon seit zwölf Jahren (Ruf bei der ÖVP: Den Kasperl!), heuer dann das 13. Jahr, und das ist wichtig. Da geht man rein, das ist wunderschön: Das Haus riecht nach Weihrauch, nach Lebkuchen, die Kinder sitzen drinnen vor dem Adventkranz. Die freuen sich mit der ganzen Familie die ganze Woche, den ganzen Tag. Der heilige Nikolaus betritt den Raum und liest die guten Taten und die schlechten Taten vor. (Ruf bei der ÖVP: Stell dir vor ...!)

Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas Persönliches: Ich musste letztes Jahr schon bei ganz, ganz vielen Kindern vorlesen – das schreiben die Eltern auf –, wie gut sie das gemeistert haben, wie schwer das alles war, worauf sie alles haben verzichten müssen und, und, und. (Ruf bei der SPÖ: Das ist voriges Jahr gegangen? Da war ja Lockdown!) Dann bin ich oft aus den Häusern raus, und dann sind mir wirklich die Tränen in den Augen ge­standen. Und jetzt sage ich euch noch etwas: Ich glaube, wenn es dieses Jahr wieder eine Ausnahmebestimmung gibt, und darauf hoffe ich sehr, wird es wahrscheinlich für die Kinder noch schlimmer zu berichten sein, und ich werde noch schlimmere Sachen aus dem Buch vorlesen müssen, und das alles aufgrund einer Regierung, die unfähig ist und die überhaupt kein Herz für Kinder hat. – Das sage ich da auch einmal ganz, ganz deutlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb habe ich heute auch den Antrag eingebracht, Nikolaus- und Krampusbesuche wie das auch letztes Jahr wieder mittels einer Ausnahmeregel zu ermöglichen.  Herr Schallenberg und Herr Mückstein, wenn Sie ein Herz für Kinder haben, stimmen Sie diesem Antrag zu (Heiterkeit und Ruf bei der ÖVP: Die wären nette Bundesräte!), oder machen Sie selber einen, das ist mir völlig egal! Wichtig ist nur, dass die Kinder auch in diesem Jahr einen Besuch vom Nikolaus bekommen, weil sie sich ihn mehr als verdient haben. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Und weil ich bei der Vorweihnachtszeit bin: Eines muss ich schon noch sagen, denn das stört und wurmt nicht nur mich, sondern Hunderttausende, Millionen von Österreichern. „Wir werden daher die Zügel für die Ungeimpften straffer ziehen“ – Herr Diplomat Schal­lenberg, sind wir Viecher? Sind wir Viecher oder sind wir Menschen? Sagen Sie mir das einmal! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wollen Sie uns als Viecher titulieren? Sie wollen „die Zügel“ enger ziehen!

Dann lassen Sie sich herab, der nächste Sager: Weihnachten wird für Ungeimpfte „un­gemütlich“. Herr Diplomat Schallenberg, was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind? (Ruf bei der ÖVP: Bundeskanzler!) Was bilden Sie sich ein, mir zu sagen, wie meine Weih­nachten werden? Ich sage Ihnen, wie meine Weihnachten werden: Ich feiere meine


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Weihnachten so, wie ich das will, mit meiner Familie, mit meinen Großeltern, weil ich nicht weiß, wie viele Weihnachten ich mit meinen Großeltern noch gemeinsam feiern werde – und das werden mir weder Sie und noch jemand anderer aus dieser Regierung verbieten! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas. Es schreiben mir ganz, ganz viele Bürger da drau­ßen, und viele, viele Bürger erwarten, dass wir das hier herinnen auch artikulieren. Ich habe mir jetzt lange überlegt, ob ich das überhaupt sagen soll, aber das schreiben wahn­sinnig viele, und sie warten darauf, dass das endlich einmal jemand sagt, denn die Bür­ger da draußen  und das sind Millionen  haben die Möglichkeit nicht, dies zu sagen. Ich sage es euch in aller Ruhe: Herr Schallenberg, Herr Mückstein, schleichen Sie sich! (Beifall bei der FPÖ. – Die BundesrätInnen Schennach und Zwazl – auf die vom Red­nerpult gefallene Tafel deutend –: Das Taferl! Jetzt ist dein Taferl runtergefallen! – Bun­desrat Steiner hebt die Tafel auf.)

21.21


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Schennach. Ich er­teile das Wort. – Bitte.


21.22.04

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Liebe Kollegen! Keine Aufregung, aber man kann eine solche Debatte nicht mit den Worten von Kollegen Steiner enden lassen. (Bundesrat Steiner: Wieso nicht?) In diesem Sinne:

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Gesundheitsmi­nister! Wieso nicht? – Weil das hier keine Probebühne für die nächste Verweigererde­monstration ist – und etwas anderes war das nicht. (Bundesrat Steiner: Was?) Sie haben aus der Sitzung hier eine Art Probebühne gemacht, Herr Kollege, und, sorry, das ist sie nicht. (Bundesrat Steiner: „Sorry“!)

Das einzig Interessante sind Ihre Ausführungen zum Nikolaus. Ich habe selten gehört, dass sich die FPÖ mit solcher Leidenschaft auf jemanden aus der Türkei beruft (Heiter­keit und Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP – Bundesrat Steiner: Aus Myra!), denn der heilige Nikolaus heißt Nikolaus von Myra (Bundesrat Steiner: Richtig!), ist in Patara geboren, und das alles liegt in der heutigen Türkei. (Bundesrat Steiner: Er war Grieche!) – Ja, ja, natürlich, aber er kommt aus der heutigen Türkei. (Bundesrat Steiner: Was ist daran schlecht?) – Nein, das ist ja alles in Ordnung. Es ist alles in Ord­nung. (Bundesrat Spanring: Das ist aber sehr ausländerfeindlich von Ihnen!) – Nein, ich habe nur ein bisschen darauf hinweisen wollen. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Aber der eigentliche Grund – jetzt schaue ich Frau Zwazl an –: Wir haben einander ja in den vielen Jahren, die wir hier sind, durchaus schätzen gelernt, und ich mache immer die Ohren weit auf, wenn Frau Zwazl hier spricht. (Bundesrat Spanring: Außer wenn Sie schlafen, und das passiert relativ oft!) Was mir auffällt: Immer wenn etwas schiefgeht, kommt der Wunsch: Jetzt machen wir es gemeinsam und schauen nach vorne! (Bundes­rätin Schumann: Ja, genau!) – Davor kommt aber immer noch ein Satz: Ich bin Unter­nehmerin!

So – du bist Unternehmerin. Jede Firma, jedes Unternehmen weiß: Wenn etwas schief­geht, muss man eine Analyse des Schadens machen. (Bundesrätin Zwazl: Das hab ich ja gesagt!) Nur wenn man weiß, was man falsch gemacht hat, kann man auch den nächsten Schritt - - (Ruf bei der ÖVP: Das hat sie ja gesagt!) – Nein, das hat sie nicht gesagt. (Bundesrat Schreuder: Oja!) – Nein, das hat sie nicht gesagt. (Bundesrat Schreuder: Dann hast du nicht zugehört!) – Ich höre sehr gut zu. Ich frage, ob du gut zugehört hast, ich habe das sogar mitgeschrieben. (Bundesrat Schreuder: Sie hat ge­sagt ...!) Und sie hat weiters gesagt: Wir müssen den Menschen die Angst nehmen.


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Also: Wir haben überhaupt kein Problem, nach vorne zu blicken. Zwar ist das ein biss­chen in Misskredit gekommen, weil der Chef der ÖVP ja gesagt hat: Gemeinsam nach vorne schauen, die Pandemie ist gemeistert und die Krise ist bekämpft, und dann nach vorne schauen! – Wir haben jetzt eine andere Situation, nämlich dass wir nach vorne schauen müssen, gemeinsam nach vorne schauen, und nicht das, was uns der Partei­chef der ÖVP seinerzeit mit einer Plakatwelle suggeriert hat.

Wenn wir aber Angst nehmen – und ich nehme das ernst, du hast gesagt, wir müssen den Menschen die Angst nehmen (Bundesrätin Zwazl: Ja!) –, dann müssen wir den Menschen die existenzielle Angst nehmen, und das Thema existenzielle Angst können wir gleich gemeinsam anpacken und endlich – verdammt noch einmal, wir sagen das seit Beginn dieser Pandemie! – das Arbeitslosengeld erhöhen (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Zwazl: ... müssen wir schauen, dass die Leute eine Arbeit haben!), nämlich angesichts der derzeitigen Teuerungswelle. Es sind ja verschiedene, multiple Ängste, die derzeit zusammenkommen, und eine der schlimmsten Ängste ist die Angst, in eine Armutsfalle abzurutschen, die Angst, für sich selbst und die Familie das Leben nicht mehr finanzieren zu können.

Da müssen wir rein! Wir müssen etwas gegen diese Teuerung tun, wir müssen auf ver­schiedenen Ebenen absichern. Da können wir gerne gemeinsam einen Kuschelkurs ma­chen (Bundesrätin Zwazl: Vor allem ist es ..., dass die Leute eine Arbeit haben!), aber ihr seht das immer nur von eurer Seite. Wenn man miteinander kuschelt, muss man aber beide Seiten anschauen. Deshalb lade ich die ehemalige Wirtschaftskammerpräsidentin von Niederösterreich ein, da einen gemeinsamen Weg einzuschlagen, im Sinne der Menschen und zur Bewältigung von deren Ängsten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe nicht gewusst, was für einen ÖVP-Chef so richtig cool ist. – So richtig cool ist: derzeit über 500 Menschen auf den Intensivstationen – das hat er ja plakatiert: Es kommt eine coole Zeit –, 12 000 Tote allein bisher in Österreich, heute 15 000 Neuinfektionen. – He, Leute, das ist dramatisch, das ist alles andere als cool! Und das haben Sie, Herr Bundeskanzler, genau seit Ihrer Amtsübernahme gedeckt. Sie haben die Hände runter­fallen lassen und nicht erkannt, dass wir im höchsten Maße Handlungsbedarf haben. (Ruf bei der SPÖ: Warum? Die Pandemie ist ja vorbei!) Mit Ihrer Rede, die Sie heute hier gehalten haben – schauen Sie sich die vielleicht am Video an! –, werden Sie die Menschen nicht überzeugen. Das ist eine Rede, die oben beginnt und weit über die Menschen hinweggeht. Das kann man so nicht machen.

Wissen Sie, dass einer der berühmtesten und bekanntesten Virologen, Dr. Christian Drosten von der Charité in Berlin, im Jänner – und ich nehme an, sowohl im Bundeskanz­leramt als auch im Gesundheitsministerium liest man den „Spiegel“ – gezeichnet hat, was derzeit in Österreich, in Deutschland und anderswo passiert?

Zweitens, zwei Monate später: Ein anderer berühmter Virologe, Dr. Hendrik Streeck, hat dasselbe noch einmal weiter präzisiert. Spätestens im Juni war bekannt, was los ist. Was hat die Regierung gemacht? – Nichts! Eine verdummende Plakatkampagne und den Menschen gesagt: Ihr müsst nicht mehr aufpassen, alles ist erledigt, es wird supercool!

Und nun, Herr Gesundheitsminister: Ihre Untätigkeit oder Ihr Sichnichtdurchsetzen in­nerhalb der Regierung grenzt schon an eine verfassungsmäßige Verweigerung Ihres Amtes, denn das Pandemiegesetz gibt Ihnen alles in die Hand. Sie sind der Krisenma­nager, Sie können sich gegenüber Landeshauptleuten – und wenn sie noch so jenseits agieren wie der Salzburger Landeshauptmann Haslauer, der, glaube ich, bis heute nichts von alledem begriffen hat, was in seinem Bundesland los ist (Ruf bei der ÖVP: Aber Entschuldigung ...!) – durchsetzen, Sie haben eine Kompetenz, und wenn Sie diese Kompetenz nicht einsetzen und wenn Sie mit dieser Kompetenz keinen Erfolg haben, dann müssen Sie sagen – und das ist der richtige Schritt –: Dann geht es eben nicht.


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Ich kann mich erinnern, nach Ihrer Angelobung haben Sie groß im Fernsehen gesagt: Von mir werden Sie unangenehme Töne zu hören bekommen! – Das haben wir die letz­ten zwei Monate nicht gehört. Herr Gesundheitsminister, entweder Sie nehmen jetzt die Kompetenz, die Sie haben, die Ihnen das Gesetz gibt – und das Gesetz, das Ihnen diese Möglichkeit gibt, ist verdammt alt –, in die Hand, oder Sie müssen überlegen, ob Sie für diese Aufgabe, zu der Sie berufen sind, der Richtige sind.

Nun, es geht jetzt eigentlich darum, mit jenen Menschen, die das alles verweigern, in einen Dialog zu kommen. Alle von uns haben Hunderte E-Mails betreffend 3G am Ar­beitsplatz bekommen. Ich habe eine kleine sportliche Sonderleistung vollbracht und allen bis auf 50 – es waren 550 – zurückgeschrieben, mittlerweile schreibe ich 20 Prozent von ihnen bereits in der zweiten, dritten und fünften Welle, weil wir zuhören müssen. Seit 20.30 Uhr kann jeder, der vor einer Impfung Angst hat, der irgendetwas befürchtet, Herrn Stadtrat Hacker in Wien anrufen; Herr Stadtrat Hacker beantwortet gemeinsam mit ei­nem Team seit 20.30 Uhr jede Frage. (Bundesrat Spanring: Ja, er hat ja auch genug Geld gekriegt ...! Die sind mit einem Kofferl einmarschiert, und schon haben wir getes­tet!) Das heißt, wir müssen da eine andere Sprache finden, diese Botschaften werden so nicht funktionieren.

Jetzt zu Herrn Spanring – Sie waren es nicht, ich glaube, es war Herr Ofner. Herr Ofner hat ja den Gottseibeiuns dieser sogenannten Wissenschaftler gegen die Pandemie und gegen die Impfung zitiert, Herrn Professor Ioannidis. Ich bekomme irrsinnig viel Post von Extremimpfgegnern, und sie beziehen sich immer auf ihn. Wissen Sie, was er sagt? (Bundesrat Spanring: Ja, er ist ein Impfbefürworter!) – Laden Sie ihn einmal ein, auf eine Intensivstation zu gehen! Er sagt, Corona ist nur Science-Fiction, und das - - (Bun­desrat Steiner: Was? – Bundesrat Spanring: Na, geh bitte!) – Ja, er sagt, es ist nur Science-Fiction (Bundesrat Spanring: So ein Blödsinn! Der Ioannidis spricht sich für die Impfung aus!), und das können Sie nachlesen, Sie wissen auch, dass Sie das nachlesen können. Das ist sozusagen Ihre zentrale Referenz, die Sie hier zurate ziehen. Es tut mir leid.

Ich glaube, es war Herr Kollaritsch, der einmal gesagt hat: Wenn Sie nicht an das Impfen denken, dann probieren Sie es halt einmal mit der Infektion! – Das können wir so nicht mehr sagen, unsere Spitäler sind voll. Ich habe vor ein paar Minuten gehört, dass die ersten Patienten aus Salzburg nach Wien geflogen wurden. (Rufe bei der SPÖ: Ja!) – Seien wir froh, dass Wien noch Kapazitäten hat!

Herr Bundeskanzler, Herr Gesundheitsminister! In den letzten Tagen ist etwas passiert, was ich – darf ich das sagen, Herr Präsident, lassen Sie das Wort zu? – ein bisschen als eine Schmierenkomödie empfinde. Alle fangen an, sich zu entschuldigen. (Bundesrat Steiner: Ein paar haben andere ... werden abgedreht! Weil der Herr Filzmaier gesagt hat ...!) Irgendein Kommunikationsberater hat gesagt, das komme gut an. Mittlerweile, muss ich sagen, kann ich diese Entschuldigungen nicht mehr hören. Egal ob es der Kanzler ist, der Gesundheitsminister, Frau Edtstadler, alle fangen an, sich zu entschuldi­gen. Frau Grossmann hat gesagt, der Master of Desaster – er ist immerhin ÖVP-Ob­mann, das muss man auch wissen – hat sich noch nicht entschuldigt.

Eine Person – im Augenblick die inferiorste in der Regierungsriege – sollte sich entschul­digen, und das ist Frau Köstinger. (Beifall bei der SPÖ.) Sie hat nämlich die strengen Maßnahmen in Wien lächerlich gemacht, und nur aufgrund dieser strengen Maßnah­men – obwohl die coole Zeit und all das wieder begonnen hat –, die Wien durchgezogen hat und für die es lächerlich gemacht wurde, haben wir noch Kapazitäten. Wir machen das gerne, dass wir Patienten von Salzburg und wahrscheinlich auch noch aus anderen Teilen Österreichs hier aufnehmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

21.34



BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 97

Präsident Dr. Peter Raggl: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Kollege Bundesrat Bernard, bitte.


21.34.42

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Kanzler! Herr Gesundheitsminister! Ich melde mich, da ich die Wertschätzung dieses Bundes­kanzlers und dieses Gesundheitsministers aufzeigen möchte. (Ruf bei der SPÖ: Was?) Die Wertschätzung, die Sie heute hier gegenüber dem Bundesrat an den Tag legen – mit ihrer dauernden Abwesenheit bis hin zum Abheben des Handys bei oppositionellen Rednern –, spiegelt auch Ihre Wertschätzung gegenüber der österreichischen Bevölke­rung wider. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nur eines sei Ihnen prophezeit: Hochmut kommt vor dem Fall. (Bundesrat Steiner: Ja­wohl!) Sie werden keine Zügel anziehen können, wir Österreicher sind keine Sklaven und auch keine Viecher. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.) Es wird der Tag kommen, an dem Sie als Geschenk für Ihre Machenschaften von der kompletten Bevölkerung eine Aussicht bekommen – eine Aussicht zwischen schwedischen Gardinen, die haben Sie sich verdient. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Bader hebt die Hand.)

21.35


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Karl Bader. Ich erteile ihm dieses.


21.36.02

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Wir haben heute über weite Strecken eine sehr emotionelle Debat­te geführt, über den Erkenntnisgewinn dieser Dringlichen Anfrage kann man streiten, aber ein Teil dieser Debatte hat mit sachlicher Auseinandersetzung zwischen politisch unterschiedlichen Parteien nichts mehr zu tun.

Ich hätte mich jetzt nicht mehr zu Wort gemeldet, wenn nicht der Kollege vor mir he­rausgegangen wäre und hier etwas von Wertschätzung von sich gegeben hätte. Das ist in dieser Diskussion und am heutigen Tag gerade vonseiten der Freiheitlichen Partei so etwas von unangebracht.

Es ist schon gut, zuzuspitzen, nicht aber, Grenzen zu überschreiten, wie sie heute über­schritten wurden. Herr Kollege Spanring weiß genau, worauf ich anspiele. (Bundesrat Steiner: Worauf?) Auch der Herr Fraktionsobmann hat eine Grenze überschritten. (Bun­desrat Spanring: Lieber Karl, denk an die Vergangenheit! Damals hat es auch so begon­nen, indem man Menschen ausgesperrt hat! Gewisse Menschen haben nicht ins Kino dürfen und nicht ins Museum!) – Herr Kollege Spanring, du bist da heraußen gestanden, und von hier (in Richtung ÖVP weisend) kam kein Zwischenruf. (Bundesrat Spanring: Denk einmal nach!) – Die Grenzüberschreitung des Fraktionsobmanns wird auch in der Präsidiale noch zu besprechen sein. Wenn es um Wertschätzung geht, dann kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür – das gebe ich Ihnen mit! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es gibt parlamentarische Prozesse, die abzulaufen haben, Diskussionen sind zu führen, aber wir sollen auch wissen, dass wir morgen wieder miteinander reden können sollen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) So, wie das heute abgelaufen ist, bin ich mir da nicht sicher (Bundesrat Spanring: Der Zug ist schon lange abgefahren!), das möchte ich Ihnen zum Schluss noch mitgeben. – Bleiben Sie gesund, und einen schönen Abend noch! (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring: Ihr kauft euch Wahlkämpfe und sprengt Regie­rungen ...!)

21.38



BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 98

Präsident Dr. Peter Raggl: Wünscht noch jemand das Wort? – Bundesrat Ingo Appé, ich erteile dieses.


21.38.17

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Ich habe nicht vorgehabt, dass ich mich noch melde, weil ich eigentlich schon alles gesagt habe, aber zu einem Punkt möchte ich noch Stellung nehmen, nämlich zur Rede von Bundesrat Spanring; Herr Bundesrat Bernard hat ja ins gleiche Horn gestoßen.

Herr Bundesrat Spanring, Ihre Diktion, die Sie heute hier an den Tag gelegt haben (Bun­desrat Spanring: Ganz bewusst gewählt!), macht mir Angst (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky), Herr Bundesrat – und ich sage nicht: Kollege. (Bundesrat Spanring: Ist schon recht! Ihr wart die Schreier und jetzt seid ihr wieder dabei! Jetzt seid ihr wieder dabei!) Wenn Parlamentarier sich hier an dieser Stelle so in Rage reden wie Sie, dann ist das unter jeder Kritik, und wenn sie dann noch Nürnberg in den Mund nehmen, dann verstehe ich die Mails, die wir bekommen; wir ziehen unsere Rückschlüsse.

In diesen Mails wird Bezug auf die Nürnberger Prozesse genommen und uns der Tod am Galgen gewünscht und versprochen.(Bundesrat Spanring: Das habe ich euch aber nicht gewünscht!) Durch Reden wie Ihre, Herr Bundesrat Spanring, werden diese kran­ken Geister noch befeuert und beflügelt. – Schämen Sie sich! (Anhaltender Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

21.39


21.39.44

Präsident Dr. Peter Raggl: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „soziale Krise verhindern, Teuerung bekämp­fen“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Ich bitte darum, die Mehrheit festzustellen, auch mithil­fe der Schriftführung. Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der ge­genständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

21.40.30Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Peter Raggl: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeant­wortungen,

jener Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen,

des Schreibens des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Stenographi­schen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 99

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 4)

2. Eingelangte Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen

Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 erlassen wird (Bundesfinanz­rahmengesetz 2022 bis 2025 – BFRG 2022-2025) (1035 d.B. und Zu 1035 d.B. und 1156 d.B.)

Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1034 d.B. und 1157 d.B.)

3. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitglieds­staat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Frau Bundesministe­rin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler am 22. November (abends) und 23. November 2021 in Brüssel, wobei ihre Angelegenheiten im Bundesrat Frau Bundes­ministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration MMag. Dr. Susanne Raab wahr­nehmen wird (Anlage 2)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

Beschluss des Nationalrates vom 16. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundes­land Niederösterreich aus Anlass des 100-jährigen Bestehens als eigenständiges Bun­desland und ein Bundesgesetz über die Finanzierung des Vereins für Konsumentenin­formation im Jahr 2022 erlassen sowie die Exekutionsordnung, das Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt wer­den, das Gebührenanspruchsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das FTE-Nationalstiftungs­gesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002 und das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2022) (1102 d.B. und 1154 d.B.)

zugewiesen dem Finanzausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 16. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977 und das ABBAG-Gesetz geändert werden (1155 d.B.)

zugewiesen dem Finanzausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Pfandbriefe (Pfandbriefgesetz – PfandBG) erlassen wird und das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsge­setz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Hypothekar- und Immobilienkredit­gesetz, die Insolvenzordnung, das Insolvenzrechtseinführungsgesetz, das Investment­fondsgesetz 2011 und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz geändert werden (1029 d.B. und 1145 d.B. sowie 10768/BR d.B.)

zugewiesen dem Finanzausschuss


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 100

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Immobilien-Investment­fondsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Referenzwerte-Vollzugsgesetz geändert werden (1100 d.B. und 1146 d.B.)

zugewiesen dem Finanzausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird (2009/A und 1147 d.B.)

zugewiesen dem Finanzausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Protokoll zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Abänderung des am 22. September 2003 in Abu Dhabi unterzeichneten Abkommens zwischen der Re­publik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen (1030 d.B. und 1148 d.B.)

zugewiesen dem Finanzausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Zweites Protokoll zur Abänderung des am 8. Oktober 1985 in Seoul unterzeichneten Abkommens zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Korea zur Vermeidung der Doppelbe­steuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 28. Mai 2001 in Seoul unter­zeichneten Protokolls (960 d.B. und 1149 d.B.)

zugewiesen dem Finanzausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz geändert werden (1923/A und 1137 d.B. sowie 10771/BR d.B.)

zugewiesen dem Gesundheitsausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Be­triebliches Testungs-Gesetz – BTG) geändert wird (1999/A und 1138 d.B.)

zugewiesen dem Gesundheitsausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert wird (1139 d.B.)

zugewiesen dem Gesundheitsausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Heimopferrentengesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (Pensionsanpassungsge­setz 2022 – PAG 2022) (1105 d.B. und 1127 d.B. sowie 10772/BR d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversorgungsgesetz geändert wird (1970/A und 1135 d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 101

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle Kreislaufwirtschafts­paket) (1104 d.B. und 1123 d.B.)

zugewiesen dem Umweltausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Protokoll zum Über­einkommen über ein Einheitliches Patentgericht betreffend die vorläufige Anwendung (1027 d.B. und 1150 d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend eine Vereinbarung ge­mäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Änderung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederöster­reich über die Errichtung und den Betrieb des Institute of Science and Technology – Austria samt Anhang (1063 d.B. und 1151 d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 und das Forschungsorganisationsgesetz geändert werden (1098 d.B. und 1152 d.B. sowie 10770/BR d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Vereinsgesetz 2002, das Waffengesetz 1996 und das Sprengmittelgesetz 2010 geändert werden (1101 d.B. und 1118 d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für innere Angelegenheiten

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das EU – Polizeikooperationsgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das BFA-Ver­fahrensgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeige­setz 2005, das Grenzkontrollgesetz und das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert werden (Erstes EU-Informationssysteme-Anpassungsgesetz) (1103 d.B. und 1119 d.B. sowie 10769/BR d.B.)

zugewiesen dem Ausschuss für innere Angelegenheiten

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend eine Erklärung der Republik Österreich über die Rücknahme der österreichischen Erklärung zu Art. 21 Abs. 2 des Übereinkommens über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (959 d.B. und 1108 d.B.)

zugewiesen dem Justizausschuss

Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und das Zahlungsdienstegesetz 2018 zur Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln geändert werden (1099 d.B. und 1109 d.B.)

zugewiesen dem Justizausschuss

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

Außen- und Europapolitischer Bericht 2020 der Bundesregierung (III-763-BR/2021)

zugewiesen dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

und

Sportbericht 2020, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-764-BR/2021)

zugewiesen dem Ausschuss für Sportangelegenheiten

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BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 102

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BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 103


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 104

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Präsident Dr. Peter Raggl: Ich habe die Wahl von Ausschüssen auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 105

21.41.331. Punkt

Wahl von Ausschüssen


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zum 1. und einzigen Punkt der Tages­ordnung.

Es liegt mir der Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, den Aus­schuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, den Ausschuss für auswärtige An­gelegenheiten, den Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen, den EU-Aus­schuss, den Ausschuss für Familie und Jugend, den Finanzausschuss, den Geschäfts­ordnungsausschuss, den Gesundheitsausschuss, den Gleichbehandlungsausschuss, den Ausschuss für innere Angelegenheiten, den Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft, den Justizausschuss, den Kinderrechteausschuss, den Landesverteidi­gungsausschuss, den Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, den Aus­schuss für Sportangelegenheiten, den Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur, den Umweltausschuss, den Unterrichtsausschuss, den Unvereinbarkeitsausschuss, den Ausschuss für Verfassung und Föderalismus, den Ausschuss für Verkehr, den Wirt­schaftsausschuss sowie den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung neu zu wäh­len.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Antrag hinsichtlich der Wahl der genannten Ausschüsse ihre Zustimmung geben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

Weiters bringe ich den gegenständlichen Antrag hinsichtlich der Zusammensetzung dieser genannten 24 Ausschüsse mit jeweils 17 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern, wo­bei jeweils 8 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, jeweils 5 Mitglieder und Er­satzmitglieder auf die SPÖ, jeweils 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ und jeweils 1 Mitglied und Ersatzmitglied auf die Grünen entfallen, zur Abstimmung.

Ich ersuche daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Die vorhin genannten Ausschüsse sind somit gemäß § 13 Abs. 1 der Geschäftsordnung neu gewählt.

Im Sinne des § 13 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates sind von den Frak­tionen die auf sie entfallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder schriftlich nam­haft zu machen, und diese gelten damit als gewählt.

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(Die Namen der Mitglieder und Ersatzmitglieder sowie ihre Funktionen sind im Internet unter www.parlament.gv.at – Parlament aktiv>Ausschüsse abrufbar.)

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Ich weise darauf hin, dass die genannten Ausschüsse unmittelbar im Anschluss an die heutige Plenarsitzung hier im Großen Redoutensaal konstituiert werden. Ich bitte darum, dass Sie noch auf den Plätzen bleiben.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 106

21.44.05Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsident Dr. Peter Raggl: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich Tagesordnungspunkt 1 zu ver­lesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls:

„TO-Punkt 1: Wahl von Ausschüssen

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kolle­gen [...] gemäß § 13 Abs. 2 GO-BR vor,

1. folgende Ausschüsse neu zu wählen:

- Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

- Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

- Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen

- EU-Ausschuss

- Ausschuss für Familie und Jugend

- Finanzausschuss

- Geschäftsordnungsausschuss

- Gesundheitsausschuss

- Gleichbehandlungsausschuss

- Ausschuss für innere Angelegenheiten

- Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft

- Justizausschuss

- Kinderrechteausschuss

- Landesverteidigungsausschuss

- Ausschuss für Land- und Forst- und Wasserwirtschaft

- Ausschuss für Sportangelegenheiten

- Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur

- Umweltausschuss

- Unterrichtsausschuss

- Unvereinbarkeitsausschuss

- Ausschuss für Verfassung und Föderalismus

- Ausschuss für Verkehr

- Wirtschaftsausschuss

- Ausschuss für Wissenschaft und Forschung.

2. die genannten 24 Ausschüsse mit jeweils 17 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern, wobei jeweils 8 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, jeweils 5 Mitglieder und Ersatzmit­glieder auf die SPÖ, jeweils 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ und jeweils 1 Mitglied und Ersatzmitglied auf die Grünen entfallen, neu zu wählen.


BundesratStenographisches Protokoll933. Sitzung, 933. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2021 / Seite 107

Abstimmungen:

Der Antrag auf Wahl der genannten Ausschüsse wird mit Stimmeneinhelligkeit ange­nommen.

Der Antrag, die genannten 24 Ausschüsse mit jeweils 17 Mitgliedern und Ersatzmitglie­dern, wobei jeweils 8 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, jeweils 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die SPÖ, jeweils 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ und jeweils 1 Mitglied und Ersatzmitglied auf die Grünen entfallen, neu zu wählen, wird mit Stimmenmehrheit angenommen [...].

Die vorher genannten Ausschüsse sind somit gemäß § 13 Abs. 1 GO-BRneu gewählt.

Im Sinne des § 13 Abs. 3 GO-BR sind die von den Fraktionen auf sie entfallenen Aus­schussmitglieder und Ersatzmitglieder schriftlich namhaft zu machen und diese gelten damit als gewählt.“

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Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teils des Amtli­chen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 1 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als geneh­migt.

Einlauf und Zuweisung


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungswei­se in der heutigen Sitzung insgesamt 19 Anfragen, 3939/J-BR/2021 bis 3957/J-BR/2021, eingebracht wurden.

Eingelangt ist der Entschließungsantrag 315/A(E)-BR/2021 der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen, der dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wird.

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Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 2. Dezember 2021, 9 Uhr in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 30. November 2021, 14 Uhr vorge­sehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

21.47.40Schluss der Sitzung: 21.47 Uhr

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