Stenographisches Protokoll

14. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 7. Mai 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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14. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                         Mittwoch, 7. Mai 2003


Dauer der Sitzung

Mittwoch, 7. Mai 2003: 9.00 – 20.07 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über nationale Emissions­höchst­mengen für bestimmte Luftschadstoffe (Emissionshöchstmengengesetz-Luft, EG-L) erlassen sowie das Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden

3. Punkt: Bericht zum Thema „Grundlagen eines modernen Österreichischen Bundestierschutzgesetzes“

4. Punkt: Bericht über den Antrag 80/A (E) der Abgeordneten Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Beate Schasching, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Berufssportgesetz an den Nationalrat

5. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9eE Vr 9391/01, 095 Hv 5160/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Alfred Brader

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regu­lierungsbehördengesetz geändert wird (77/A)

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 ge­ändert wird (93/A)

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Be­stim­mungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundes­gesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundes­präsidenten­wahlge­setz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volksabstim­mungs­gesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (95/A)

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Be­stimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und


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Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidenten­wahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volks­ab­stim­mungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (96/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ............................................................................................... 11

Ordnungsrufe ........................................................................................  124, 131

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 152/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 13

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Ge­schäfts­ordnung                     145

Redner:

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................. 145

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ......................................................... 147

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................. 148

Mag. Dr. Magda Bleckmann .................................................................... 149

Josef Broukal .......................................................................................... 151

Dieter Brosz ............................................................................................ 152

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen (60 und 61 d. B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme ................................................................................... 13, 13

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 13

Unterbrechung der Sitzung ............................................................................. 23

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Amts­enthebung der Bundesministerin ohne Portefeuille Maria Rauch-Kallat und Er­nennung derselben zur Bundesministerin für Gesundheit und Frauen so­wie Amtsenthebung des zum Staatssekretär ernannten und zur Unter­stützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung der Bundesministerin ohne Portefeuille Maria Rauch-Kallat beigegebenen Univ.-Prof. Dr. Reinhart Waneck und Ernennung desselben zum Staatssekretär und zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Ver­tretung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen beigegeben .................................................................. 12

Ausschüsse

Zuweisungen ............................................................................  12, 167, 171, 179

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­regierung betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“ (115/A) (E) ....................................................... 101


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Begründung: Dr. Josef Cap ............................................................................ 106

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ........................................................ 111

Debatte:

Heidrun Silhavy ...................................................................................... 116

Karlheinz Kopf ........................................................................................ 118

Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................... 120

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ...................................... 122

Karl Öllinger ........................................................................................... 123

Anton Gaál ............................................................................................. 125

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................... 127

Walter Murauer ....................................................................................... 129

Dr. Reinhard Eugen Bösch ...................................................................... 131

Mag. Werner Kogler ................................................................................ 132

Bettina Stadlbauer .................................................................................. 135

Karl Donabauer ....................................................................................... 136

Sigisbert Dolinschek ............................................................................... 138

Michaela Sburny ..................................................................................... 140

Stefan Prähauser ..................................................................................... 141

Maximilian Walch ................................................................................... 143

Dr. Eva Glawischnig ................................................................................ 144

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 115/A (E) ...................... 145

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungs­vorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen – Beschluss auf erste Lesung         13, 13

2. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (38 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über nationale Emis­sionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (Emissionshöchst­men­gen­gesetz-Luft, EG-L) erlassen sowie das Ozongesetz und das Immissions­schutzgesetz-Luft geändert werden (66 d. B.) ............................................................................................. 31

Redner:

Karlheinz Kopf .......................................................................................... 31

Mag. Ulrike Sima ...................................................................................... 32

Klaus Wittauer .......................................................................................... 33

Dr. Eva Glawischnig ................................................................................. 36

Hermann Gahr .......................................................................................... 38

Petra Bayr ................................................................................................. 40

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................ 41

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................. 42

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................... 44

Bundesminister Hubert Gorbach ............................................................... 45

Erwin Hornek ........................................................................................... 46

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................ 48

Dipl.-Ing. Elke Achleitner .......................................................................... 49

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................... 50

Matthias Ellmauer ..................................................................................... 51

Gerhard Steier .......................................................................................... 53

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ...................................................................... 54

Erika Scharer ........................................................................................... 55

Georg Oberhaidinger ................................................................................ 56


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kollegin­nen und Kollegen betreffend unzureichende Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen in Österreich – Ablehnung ................................................................................................  37, 58

Annahme des Gesetzentwurfes ........................................................................ 58

3. Punkt: Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Grundlagen eines modernen Österreichischen Bundestierschutzgesetzes“ (54 und Zu 54 d. B.) ....................... 58

Redner:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................... 58

Mag. Ulrike Sima ...................................................................................... 62

Klaus Wittauer .......................................................................................... 64

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................ 67

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................... 69

Fritz Grillitsch ........................................................................................... 70

Dr. Günther Kräuter .................................................................................. 71

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................. 73

Dr. Eva Glawischnig ................................................................................. 74

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................... 77

Heidrun Walther ....................................................................................... 79

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................. 80

Johannes Schweisgut ............................................................................... 82

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................... 83

Heinz Gradwohl ........................................................................................ 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbei­tung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Bundestier­schutzgesetz an den Nationalrat – Annahme (E 6) .......................................  60, 86

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Vorlage eines Bundestierschutzgesetzes im Sinne des Volksbegehrens für ein Bundes­tierschutzgesetz – Ablehnung .........................................................  64, 86

Kenntnisnahme des Berichtes der parlamentarischen Enquete-Kommission ........ 86

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den An­trag 80/A (E) der Abgeordneten Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Beate Schasching, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aus­arbei­tung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Berufs­sport­gesetz an den Nationalrat (77 d. B.) ........................................................................................................ 86

Redner:

Peter Haubner ........................................................................................... 86

Dr. Peter Wittmann ................................................................................... 88

Elmar Lichtenegger .................................................................................. 90

Dieter Brosz .............................................................................................. 91

Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer .................................................  93, 161

Herta Mikesch ........................................................................................... 95

Christian Faul ........................................................................................... 96

Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 97

Jochen Pack ............................................................................................. 98

Mag. Johann Maier ................................................................................... 99

Notburga Schiefermair ............................................................................ 153

Hermann Krist ......................................................................................... 154


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Johannes Zweytick ................................................................................. 155

Stefan Prähauser ..................................................................................... 157

Beate Schasching ................................................................................... 158

Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................... 160

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 77 d. B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungs­vorlage betreffend ein Berufssportgesetz an den Nationalrat (E 7) ............................................................................................................. 162

5. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9eE Vr 9391/01, 095 Hv 5160/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Na­tionalrat Mag. Dr. Alfred Brader (75 d. B.) ........................................................ 162

Annahme des Ausschussantrages .................................................................. 162

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (77/A)               ........................................................................................................... 162

Redner:

Georg Oberhaidinger .............................................................................. 162

Karlheinz Kopf ........................................................................................ 164

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................ 165

Dr. Eva Glawischnig ................................................................................ 165

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................... 166

Zuweisung des Antrages 77/A an den Wirtschaftsausschuss ............................ 167

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (93/A) ............ 167

Redner:

Mag. Johann Maier ................................................................................. 167

Günter Kößl ............................................................................................ 168

Mag. Eduard Mainoni ............................................................................. 169

Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 169

Rudolf Parnigoni ..................................................................................... 170

Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................... 171

Zuweisung des Antrages 93/A an den Ausschuss für innere Angelegen­heiten ..... 171

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundesprä­sidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert wer­den (95/A) .................................................. 171

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundesprä­sidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz,


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das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert wer­den (96/A) .................................................. 172

Redner:

Dr. Peter Wittmann .................................................................................. 172

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................. 173

Kai Jan Krainer ....................................................................................... 174

Herbert Scheibner ................................................................................... 175

Sabine Mandak ....................................................................................... 176

Silvia Fuhrmann ..................................................................................... 177

Mag. Gisela Wurm .................................................................................. 178

Dieter Brosz ............................................................................................ 179

Zuweisung des Antrages 95/A an den Verfassungsausschuss ........................... 179

Zuweisung des Antrages 96/A an den Verfassungsausschuss ........................... 179

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ..................................................................................... 11

52: Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird

60: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen

61: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen

69: Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird

70: Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird

71: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fach­dienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden (GuKG-Novelle 2003)

72: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der ge­hobenen medizinisch-technischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-No­velle 2003)

78: Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesell­schaf­ten

79: Bundesgesetz über österreichische Beiträge zu internationalen Finanz­institutionen (IFI-Beitragsgesetz 2003)

80: Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“ (115/A) (E)


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Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (116/A) (E)

Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Soforthilfeprogramm für die österreichischen Sportvereine (117/A) (E)

Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Soforthilfeprogramm für die österreichischen Sportvereine (118/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (119/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (120/A)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auswirkungen der Studiengebühren auf die Studienbeteiligung und das Studierverhalten (121/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Masterplan Rad zur Förderung des Radverkehrs in Österreich (122/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Besteuerung von Flugtreibstoff/Kerosin und die Beendigung weiterer ungerechtfertigter Steuerprivilegien der Luftfahrt (123/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 78 StVO und vermeintliche Behinderungen des FußgängerInnenverkehrs (124/A) (E)

Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionen, die fair, sicher und gerecht sind (125/A) (E)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird (126/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1.1.2002 (359/J)


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14. Sitzung / Seite 8

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungspro­gramm formuliert sind (360/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (361/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (362/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (363/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (364/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Re­gierungsprogramm formuliert sind (365/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungs­programm formuliert sind (366/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­des­verteidigung betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (367/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (368/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (369/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Umsetzung der „Gender-Main­streaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (370/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind (371/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Errichtung einer Bundesbeschaffung GmbH (372/J)

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bundesimmobiliengesellschaft (373/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend EURO 2008 (374/J)

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Fertigstellung eines neuen Energieberichts der österreichischen Bundesregierung (375/J)

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend die Optimierung der Netzkosten in Österreich (376/J)

Karl Freund, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Gefahr von Hepatitis-C-Infektionen durch mobile Tätowier-Studios auf Festveranstaltungen (377/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend eine dritte Autobahn-Anschluss­stelle für Hall in Tirol (378/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Behebung der Vollzugsdefizite im Tierschutz (379/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Behebung der Vollzugsdefizite im Tierschutz (380/J)


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14. Sitzung / Seite 9

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Amtsauf­wandsevaluierung von AmtstierärztInnen und Behebung der Vollzugsdefizite im Tierschutz (381/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Weiterleitung falscher Daten über die Unter­richtsstunden der SchülerInnen in Österreich an die OECD (382/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend österreichische Stra­tegie beim Einsatz von Pestiziden (383/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Fortschritte beim Projekt „ADONIS“ (384/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend weltweites totales USA-Über­wachungsprojekt „Information Awareness Office“ (IAO) – Auswirkungen auf Öster­reich und Europa (385/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (169/AB zu 164/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (170/AB zu 196/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (171/AB zu 161/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (172/AB zu 176/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (173/AB zu 235/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (174/AB zu 159/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (175/AB zu 169/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (176/AB zu 160/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (177/AB zu 170/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (178/AB zu 172/J)


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14. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (179/AB zu 156/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (180/AB zu 157/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (181/AB zu 162/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (182/AB zu 179/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (183/AB zu 180/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen (184/AB zu 171/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen (185/AB zu 181/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (186/AB zu 183/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (187/AB zu 166/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (188/AB zu 229/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (189/AB zu 167/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (190/AB zu 168/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (191/AB zu 174/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (192/AB zu 163/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (193/AB zu 177/J)



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14. Sitzung / Seite 11

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsi­dent Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

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Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen und begrüße Sie alle herzlich. Besonders herzlich begrüße ich Herrn Bundes­präsidenten Dr. Thomas Klestil, der, wie es Tradition ist, der Budgetrede des Finanzministers beiwohnt. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Die Amtlichen Protokolle der 12. und 13. Sitzung vom 29. April 2003 sind in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Machne, Pfeffer und Schieder.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungs­saal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 359/J bis 372/J.

2. Anfragebeantwortungen: 169/AB bis 193/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird (52 der Beilagen),

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen (60 der Beilagen),

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen (61 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird (69 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird (70 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert werden (GuKG-Novelle 2003) (71 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-tech­nischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2003) (72 der Beilagen),

Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften (78 der Beilagen),

Bundesgesetz über österreichische Beiträge zu internationalen Finanzinstitutionen (IFI-Beitrags­gesetz 2003) (79 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeord­nung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden (80 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert werden (41 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 2003) (74 der Beilagen).

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Einlauf


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir ein Schreiben des Herrn Bundeskanzlers mit folgen­dem Wortlaut vor:

„Sehr geehrter Herr Präsident! Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 30. April 2003 ... die Bundesministerin ohne Portefeuille Maria Rauch-Kallat gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2003 vom Amte enthoben und sie gleichzeitig gemäß Artikel 70 Absatz 1 zur Bundesministerin für Gesundheit und Frauen ernannt.

Mit gleicher Entschließung hat der Herr Bundespräsident den zum Staatssekretär ernannten und zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung der Bundesministerin ohne Portefeuille Maria Rauch-Kallat beigegebenen Universitätsprofessor Dr. Reinhart Waneck mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2003 gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbin­dung mit Artikel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz des Amtes enthoben und ihn gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz zum Staatssekretär ernannt und ihn zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamenta­rischen Vertretung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen beigegeben.

Hievon beehre ich mich Mitteilung zu machen.

Wolfgang Schüssel“

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Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrach­ten Selbständigen Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt.


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Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 152/AB


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsord­nung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 152/AB der Anfrage 132/J der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Be­stellung der Universitätsräte durch die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, die Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen, 60 und 61 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung zusammenzufassen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Tagesordnung ein, und ich bitte alle Damen und Herren Abgeordneten, die Handys auszuschalten.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ ver­einbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 157,5 Minuten, Freiheit­liche 108 Minuten sowie Grüne 117 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Damit ist dieser Vorschlag einstimmig angenommen.

1. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung: Erklärung des Bundesministers für Finanzen.

Ich erteile nun dem Herrn Bundesminister für Finanzen zur Abgabe dieser Erklärung das Wort. – Bitte.

9.05


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Hochverehrter Herr Bundespräsi­dent! Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates! Werter Herr Bundeskanzler! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Werte Regierungskolleginnen und -kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Gouverneur! Hohes Haus! Wir stehen am Anfang einer neuen Legis­laturperiode, und nach nur etwas mehr als zwei Monaten ist es Alfred Finz und mir möglich,


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Ihnen das Doppelbudget für die Jahre 2003 und 2004 zu präsentieren. (Abg. Öllinger: Tatsäch­lich?) In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei den Regierungskolleginnen und -kollegen sehr herzlich für die sehr erfolgreichen und sehr konstruktiven Budgetverhandlungen bedanken.

Meine Damen und Herren! Das Doppelbudget 2003 und 2004 ist ein Zukunftsbudget, es ist ein Reformbudget, und es ist ein entlastendes Budget. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden mit diesem Budget in die Zukunft unseres Landes investieren; wir werden Reformen zur nachhaltigen Sicherung unserer Sozialsysteme umsetzen; wir werden die Verwaltungsre­form fortsetzen und die Steuerbelastung deutlich senken. Nur das ist der richtige Weg, um einen wirtschaftlichen Aufschwung aus eigener Kraft zu schaffen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das wirtschaftliche Umfeld stellt für die Budgeterstellung eine große Herausforderung dar – aber erst bei Gegenwind zeigt sich die Standfestigkeit.

Führen wir uns einige der Ereignisse mit bedeutenden Auswirkungen auf die weltwirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre vor Augen: Auf der sicherheitspolitischen Seite ist da zunächst der grauenhafte Terroranschlag des 11. September 2001, dann der weltweite Kampf gegen den Terrorismus, der Krieg in Afghanistan, dann der Krieg im Irak, und auf der wirtschaftspolitischen Seite gibt es gleichzeitig massive Vertrauensverluste der Investoren und der Anleger durch Buchhaltungsskandale wie im Falle Enron. (Abg. Öllinger: „Buchhaltungsskandale“? – Das sind Wirtschaftsskandale!)

All das hat natürlich tiefe Spuren in der Weltwirtschaft hinterlassen. Hohe Rohölpreise, drama­tische Einbrüche auf den Aktienmärkten und steigende Arbeitslosigkeit haben in den letzten zwei Jahren Investoren und Konsumenten verunsichert.

In den USA wirkt zwar die Geldpolitik und die Fiskalpolitik expansiv, dafür baut sich aber dort – vor allem mittelfristig problematisch – ein Doppeldefizit im Staatshaushalt und in der Leistungs­bilanz auf. Japan findet nicht aus der Deflation heraus, Europa kämpft mit seinen strukturellen Pro­blemen. Dabei ist sicherlich die Arbeitsmarktstarrheit die Achillesferse des Alten Kontinents. Das aktuelle Wirtschaftswachstum bleibt angesichts dieser Entwicklungen in allen Mitglied­staaten dieser Triade deutlich unter dem längerfristigen Trend.

Gegenwärtig gibt es nur wenige Wachstumspole in der Weltwirtschaft: China, Indien, Thailand, also „Emerging Asia“, gehören dazu, Russland und – erfreulicherweise für Österreich und für die Strategie vieler österreichischer Unternehmen – auch Osteuropa, mit dem wir ja mittlerweile bereits 17,5 Prozent der gesamten Exporte abwickeln. Klar – und gut für Österreich – ist auch, dass diese Länder auch in den kommenden Jahren ein überdurchschnittliches Wachstum auf­weisen werden.

Mittlerweile hat das rasche Kriegsende im Irak zu deutlich niedrigeren Erdölpreisen und auch einem gewissen Optimismus an den Börsen geführt. Allein der Rückgang der Erdölpreise um rund 10 US-Dollar – man sieht das auch an den fallenden Treibstoffpreisen in Österreich – sollte die Weltwirtschaft in diesem Jahr um einen halben Prozentpunkt rascher wachsen lassen. Auch dauert der internationale Konjunkturabschwung mittlerweile schon fast drei Jahre, was ein ungewöhnlich langer Zeitraum für eine konjunkturelle Abschwächung ist.

Das heißt, die Chancen für einen baldigen Aufschwung sollten daher steigen. Dennoch, muss man sagen, bleibt die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft groß, der weltwirtschaftliche Rahmen ist nach wie vor fragil.

Wir leben in Österreich auch nicht auf einer „Insel der Seligen“ – ich denke, das ist uns allen be­wusst. Dennoch müssen wir sagen: Ein Zuviel an Pessimismus wäre unangebracht, denn Öster­reich hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt. Wir können daher mit Selbstvertrauen und einem realistischen Optimismus in die Zukunft blicken.


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Wenn wir aber dieses Potential für einen Aufschwung – und damit für mehr Wohlstand, für mehr Arbeitsplätze – heben wollen, dann ist gerade jetzt Gemeinsamkeit gefragt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wirtschaft – das müssen wir wissen – ist vor allem auch eine Frage der Psychologie. Und daher sollten wir alle in diesem Hohen Haus an die Repräsentanten der Gewerkschaft appellieren: Beendet eure Streiks gegen die Bundesregierung! Beschädigt nicht die gute wirtschaftliche Basis, die wir uns erarbeitet haben! Es ist unverantwortlich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Frechheit!)

Es ist unverantwortlich, den Unternehmern und den Arbeitnehmern unseres Landes in einer schwierigen Situation zu schaden. (Abg. Öllinger: Nehmen Sie lieber Ihre Verantwortung wahr!) Kehren Sie – das ist mein Appell – zum Dialog und an den Verhandlungstisch zurück! (Neuer­licher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Wenn die USA, wenn Japan, wenn Europa in einen Konjunkturabschwung gera­ten, dann bleibt natürlich auch Österreich davon nicht verschont. Das heimische Wirtschafts­wachstum entwickelte sich seit dem letzten Hochkonjunkturjahr 2000 deutlich schwächer, als auch von den Wirtschaftsforschern erwartet wurde. Der Zeitpunkt des prognostizierten Auf­schwungs hat sich immer wieder verzögert, das hat die Lage auf dem Arbeitsmarkt belastet und die Einhaltung der Budgetziele erschwert.

Dennoch – und das möchte ich betonen – hat die Bundesregierung immer diesen kleinen natio­nalen Spielraum, der der Wirtschaftspolitik in einer globalisierten Welt verbleibt, genutzt, um vernünftige Impulse und Anreize zu setzen – nicht durch große, schuldenfinanzierte Ausgaben­programme, sondern durch strukturell sinnvolle Konjunkturprogramme. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Welche?)

Bereits zu Beginn des konjunkturellen Abschwungs haben wir im Herbst 2001 das erste Kon­junkturpaket verabschiedet. Damit haben wir Schwerpunkte gesetzt für Forschung und Entwick­lung, für Ausbildungs- und Höherqualifizierungsmaßnahmen und Unternehmensgründungen erleichtert. Ein Jahr später haben wir mit der Umsetzung des zweiten Konjunkturpakets weitere Wachstums- und Beschäftigungsimpulse für die Jugendbeschäftigung und für Investitionen gegeben.

Beide Konjunkturpakete – das möchte ich betonen - entlasten die Wirtschaft heuer und in den Folgejahren nachhaltig um mehr als 500 Millionen € pro Jahr und sind damit eine ganz wichtige Belebung der Konjunktur.

Schließlich war es nach der Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr auch sehr wichtig, rasch und unbürokratisch ein Hilfs- und ein Wiederaufbauprogramm mit einem Volumen von gut 1 Mil­liarde € ins Leben zu rufen.

Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um mich bei den vielen Österreicherinnen und Österreichern, bei den Hilfsorganisationen für ihre große, ja ich glaube, wir müssen wirklich sagen: für ihre sensationelle Spendenbereitschaft für die Opfer der Flutkatastrophe zu bedan­ken. Ich möchte mich bei den Ländern und Gemeinden für die gute Zusammenarbeit bei der Abwicklung dieser Hilfsprogramme bedanken. Wir haben bisher mehr als 210 Millionen € an Zu­schüssen ausgezahlt. Wir konnten gemeinsam mehr als 30 000 Familien helfen. Man sieht: Im Notfall stehen wir zusammen! Die Initiative wurde von allen Fraktionen des Hohen Hauses unterstützt. Das ist Österreich! Das ist gelebte Solidarität! Wir sollten bei anderen Themen genauso vorgehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Trotz dieser schwierigen internationalen Rahmenbedingungen und im Hinblick darauf, dass wir die richtigen Reformen eingeleitet und gegengesteuert haben, halte ich fest, dass Österreich

mit 4,1 Prozent die niedrigste Arbeitslosenrate ... (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht! – Abg. Eder: Das stimmt wahrscheinlich überhaupt nicht, was da steht!), die drittniedrigste Arbeits-


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losenrate in der Europäischen Union – das war ein schöner Versprecher vorhin; vielleicht kommen wir noch zur niedrigsten – und eine Rekordbeschäftigung von zuletzt 3 155 000 Be­schäftigten im Jahresdurchschnitt 2002 aufweist,

mit einem Pro-Kopf-Sozialprodukt von 26 700 € den EU-Durchschnitt um etwa 15 Prozent über­trifft,

sowohl 2002 als auch 2003 rascher wächst als die Euro-Zone, rascher wächst als beispiels­weise Deutschland, Italien, die Niederlande, die Schweiz,

mit 1,7 Prozent die drittniedrigste Inflationsrate in der Europäischen Union hat,

dass die Exportleistungen unserer Unternehmen im Vorjahr mit 113 Milliarden € einen neuen Rekord­wert erreicht haben (Abg. Eder: Da können Sie nichts dafür!),

das Exportwachstum mit 4,1 Prozent deutlich über dem Wert der Euro-Zone von nur 2,4 Pro­zent lag,

die Handelsbilanz erstmals seit Bestehen der Zweiten Republik einen Überschuss von 3,5 Mil­liarden € erbrachte,

die Leistungsbilanz mit 1,6 Milliarden € erstmals seit dem Jahr 1990 einen Überschuss aufwies und

wir mit knapp 28 000 neu gegründeten Unternehmen im letzten Jahr wiederum einen Rekord­wert erreichen konnten.

Meine Damen und Herren! Das ist eine hervorragende Leistungsbilanz in einer schwierigen wirt­schaftlichen Zeit (Abg. Öllinger: Firmenpleiten!), und ich möchte den tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Unternehmerinnen und Unternehmern ganz herzlich danken und ihnen zu diesen herausragenden Leistungen gratulieren. So schnell macht uns das niemand nach! (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die heimischen Wirtschaftsforscher gehen zurzeit davon aus, dass das Wirtschaftswachstum in der ersten Jahreshälfte 2003 noch schwach bleibt. Für die zweite Jahreshälfte wird allerdings wiederum ein leichter Konjunkturaufschwung erwartet, der sich dann im Jahr 2004 deutlich beschleunigen sollte. (Abg. Eder: Das haben Sie vor zwei Jahren auch erzählt!)

Bei der Erstellung dieses Doppelbudgets 2003 und 2004 nehmen wir an, dass, entsprechend der Prognose des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Österreich heuer ein Wachstum von 1,1 Prozent real beziehungsweise 2,4 Prozent nominell und im nächsten Jahr, 2004, ein deutlich höheres Wachstum von 1,7 Prozent real beziehungsweise 3,5 Prozent nominell erreichen wird.

Das ist vorsichtig geplant. Die Wirtschaftsprognosen des Instituts für Höhere Studien, des Inter­nationalen Währungsfonds und der OECD liegen vor allem für das Jahr 2004 deutlich höher.

Meine Damen und Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass nur eine leis­tungsstarke Wirtschaft Wohlstand und Arbeit schaffen und erhalten kann. Das bedeutet, dass wir unsere Wirtschaftspolitik an den Prinzipien der wirtschaftlichen Freiheit, der Leistung, des Wettbewerbs, der Nachhaltigkeit, aber natürlich auch an der sozialen Verantwortung orientie­ren. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Nur eine starke Wirtschaft, meine Damen und Herren, sichert den sozialen Zusammenhalt auf Dauer, denn – um mit Friedrich August von Hayek zu sprechen – „es ist eine grundlegende Illusion des Sozialismus, daß sich Armut durch Umverteilung des bestehenden Wohlstands beseitigen läßt“.

Wer Armut wirksam bekämpfen will – und wir wollen das –, der muss unsere Unternehmen von Fesseln und Belastun­gen befreien, der muss ein Klima schaffen, in dem sich Leistung für den


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Einzelnen wieder lohnt. Wir wollen daher weniger Staatseinfluss und mehr Markt. Wir wollen weniger Bürokratie und mehr Freiheit für den Einzelnen. Wir wollen weniger Arbeitslose und mehr Beschäftigung. Wir wollen eine nachhaltige Steuerentlastung – und damit mehr Chancen für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Immer mehr Arbeitslose!)

Da sich unsere Politik an liberalen und an sozialen Grundsätzen orientiert und Reformen rasch umsetzt, hat sich die Attraktivität des Standorts Österreich in den letzten Jahren deutlich ver­bessert. Im World Competitiveness Scoreboard war Österreich 1999 noch auf Platz 18. In­zwi­schen sind wir auf Platz 13 vorgerückt, also sind wir weltweit der dreizehntwettbewerbs­fähigste Wirtschaftsstandort. Im Institutional Investor lagen wir 1999 auf Platz 16, jetzt nehmen wir Platz 9 ein. Im Ranking der EU-Indikatoren belegen wir bereits den beachtlichen 5. Platz. Wir wissen, was wir wollen – und das zahlt sich aus für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Man sieht, wir haben viel erreicht! Österreich ist gut gerüstet, aber wir wollen noch mehr. (Rufe bei der SPÖ: Abfangjäger!) – Ich komme später dazu. – Die Bun­desregierung hat vor kurzem eine Offensive gestartet, damit Österreich unter die drei besten Standorte in Europa aufsteigen kann. Wir haben also ein ganz klares Ziel: Wir wollen Top-3-Wirtschafts- und Arbeitsstandort in Europa werden, weil wir wissen, dass Standortsvorteile mehr Investitionen bringen. Investitionen sind Arbeitsplätze, Arbeitsplätze sind Einkommen, und Ein­kommen bedeutet Sicherheit und Lebenschancen für die Österreicherinnen und Österreicher. Und genau das wollen wir! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Hohes Haus! Ein Eckpfeiler der österreichischen Wirtschaftspolitik ist unsere stabilitätsorien­tierte Budgetpolitik – eine grundvernünftige Budgetpolitik, die sich mit dem Nulldefizit, mit dem ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt hat. Wir wollten das für die Bevölkerung nachvollziehbar und überprüfbar machen. Wir haben vor allem die Staatsausgaben deutlich reduziert und trotz schwieriger konjunktureller Lage erstmals seit mehr als 30 Jahren das Nulldefizit im Jahr 2001 erreicht. Diese Politik ist notwendig, sie ist erfolgreich, und wir werden sie auch in den nächsten Jahren fortsetzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Man hat uns dabei vielfach vorgeworfen, dass die Budgetkonsolidierung, dass das Nulldefizit vor allem durch höhere Einnahmen erreicht worden sei. Daher ist es mir ein Anliegen, darzu­stellen, wie es wirklich ausschaut, meine Damen und Herren.

Vergleichen wir das Jahr 1999 und das Jahr 2002: Bei meinem Amtsantritt als Finanzminister im Februar 2000 musste ich ein gesamtstaatliches Defizit von 2,3 Prozent aus dem Jahr 1999 übernehmen; die Abgabenquote lag damals bei 44,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. – Trotz schwacher konjunktureller Entwicklung haben wir im vergangenen Jahr, also 2002, ein Defizit von 0,6 Prozent erreicht – ein international hervorragender Wert. Gleichzeitig ist die Abgaben­quote auf 44,6 Prozent, also nur ganz leicht, angestiegen. Das heißt, wir haben das Defizit von 2,3 auf 0,6 Prozent reduziert, haben konsolidiert, und zwar um 1,7 Prozent des Bruttoinlands­produktes. Nur 0,2 Prozent davon sind auf eine steigende Abgabenquote zurückzuführen, 1,5 Prozent, meine Damen und Herren, waren ausgabenseitig konsolidiert – und damit ist der überwiegende Teil der Defizitverbesserung ausgabenseitige Konsolidierung. Und diesen Weg, den wir von Beginn an angestrebt haben, werden wir fortsetzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Entgegen den Beispielen anderer Länder – auch entgegen den Vorschlägen der Opposition – hat diese Bundesregierung ihren Kurs der stabilitäts- und reformorientierten Wirtschaftspolitik nie verlassen. Diese transparente und mutige Politik hat uns wirtschaftspolitisch Anerkennung gebracht: beim Internationalen Währungsfonds, bei der OECD, bei der Kommission der Euro­päischen Union, bei internationalen Rating-Agenturen, bei den Finanzmärkten, vor allem aber, meine Damen und Herren, bei der österreichischen Bevölkerung. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)


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Die Österreicherinnen und Österreicher haben ganz klar erkannt, dass diese seriöse und stabili­tätsorientierte Finanzpolitik wichtig für unser Land ist, weil sie eben wissen, dass solide Staats­finanzen die notwendige Voraussetzung für eine nachhaltige und sozial gerechte Wirtschaft­politik sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Jeder Haushalt, jedes Unternehmen hat eine Budgetbeschränkung. Niemand kann auf Dauer mehr Geld ausgeben als er einnimmt – das gilt selbstverständlich auch für die Republik Öster­reich. (Abg. Öllinger: O Gott, jetzt kommt das auch noch!) Dauerhafte Defizite, meine Damen und Herren – das hat sich immer wieder gezeigt –, führen zu höheren Staatsschulden. Höhere Staatsschulden führen zu höheren Zinsen auf diese Staatsschuld – und wir alle müssen diese Zinsen über höhere Steuern und Abgaben finanzieren. Das führt weiters zu weniger Investitio­nen, zu langsamerem Strukturwandel, zu geringerer internationaler Wettbewerbsfähigkeit und damit letztlich zu geringerem Wirtschaftswachstum bei steigender Arbeitslosigkeit. (Abg. Dr. Fischer: Darum macht er Schulden! – Abg. Öllinger: Ihre Politik schafft Arbeitslose!) Das ist das Modell der rot-grünen Koalition in Deutschland – und genau das Gegenteil ist unser Ziel! Wir wollen mehr Investitionen, mehr Wachstum, mehr Beschäftigung. Daher ist ein über den Zyklus ausgeglichenes Budget, das Nulldefizit, nicht numerisches Dogma, sondern ein grund­vernünftiges wirtschaftspolitisches Konzept.

Mit dem heute vorgelegten Doppelbudget werden wir diesen Weg mit aller Konsequenz weiter­gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Der Entwurf für den Bundesvoranschlag 2003 und 2004 sieht Einnahmen in der Höhe von 57,5 Milliarden € für das Jahr 2003 beziehungsweise 59,1 Milliarden € für das Jahr 2004 vor, Ausgaben in der Höhe von 61,5 Milliarden € für das Jahr 2003 beziehungsweise 62,6 Milliarden € für das Jahr 2004. Das Maastricht-Defizit des Bundes wird heuer 3,95 Milliar­den € beziehungsweise 1,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und im kommenden Jahr 3,28 Milliarden € beziehungsweise 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.

Bei den Ländern, Städten und Gemeinden gehen wir im Sinne des innerösterreichischen Stabi­litätspaktes 2003 von Gebarungsüberschüssen von 0,5 Prozent beziehungsweise 2004 von 0,7 Prozent aus. Das für die Finanz- und Wirtschaftspolitik relevante und wichtige gesamtstaat­liche Defizit beträgt daher heuer 1,3 Prozent und im Jahr 2004 bereits sehr gute und interna­tional mehr als herzeigbare 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. (Abg. Eder: Das sollen die Länder und Gemeinden zahlen!)

An dieser Stelle, meine Damen und Herren, möchte ich betonen, dass in einer schwächeren konjunkturellen Phase, wie wir sie derzeit in Österreich haben, Defizite im Staatshaushalt durch­aus sinnvoll sind (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen), denn sie entstehen in erster Linie durch höhere Ausgaben für die steigende Zahl der Arbeitslosen sowie durch gerin­gere Steuerleistungen der Betriebe. (Abg. Mag. Wurm: Eine neue Rechnung!)

Diese Defizite stabilisieren vorübergehend die Konsum- und die Investitionsnachfrage, ohne dass sie – und das ist uns wichtig! – langfristig zu einem Anstieg der Staatsverschuldung führen. Entscheidend ist dabei allerdings, dass Defiziten in schwacher Konjunktur eben Über­schüsse in guten Zeiten, in hochkonjunktureller Zeit folgen. Genau das ist der Unterschied, meine Damen und Herren, zwischen der Defizitpolitik der letzten 30 Jahre und der von uns erreichten neuen stabilitätsorientierten Finanzpolitik – und genauso werden wir weitergehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Österreich hält mit seiner Fiskalpolitik mittlerweile auch jedem internationalen Vergleich stand. Als Schlusslicht der Europäischen Union sind wir da im Jahr 2000 gestartet – und wir sind mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 1,3 Prozent für das Jahr 2003 bereits deutlich besser als der EU-Durchschnitt. Der EU-Durchschnitt liegt 2003 bei 2,3 Prozent.

Im Jahr 2004, meine Damen und Herren, wird Österreich 0,7 Prozent gesamtstaatliches Defizit haben. Der Durchschnitt der Europäischen Union liegt bei 2,2 Prozent. Österreich wird 2004 das sechstbeste Land sein, was die Finanzpolitik in der Europäischen Union betrifft. Deutsch-


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land, Frankreich, Portugal und wahrscheinlich auch Italien weisen heuer ein übermäßiges Defizit, also eines von über 3 Prozent auf und verletzen damit die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes.

In den ersten drei genannten Ländern sind – trotz hoher Defizite – die Arbeitslosenraten weit höher und stärker ansteigend als in Österreich. Das heißt, man macht massiv Schulden, man gibt sehr viel Geld diskretionär aus, trotzdem: Arbeitslosenraten viel höher, Wachstum schwä­cher als in Österreich. Insgesamt erhöhen diese drei Länder, die ich soeben genannt habe, ihren Schuldenstand allein im Jahr 2003 um mehr als 100 Milliarden €. Auch daran erkennt man, dass es gut war, dass wir rechtzeitig eine Wende in der Finanzpolitik erreicht haben. Ein verlässlicher Weg – und jeder weiß, woran er ist, und: Es zahlt sich aus für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Wenn man die Ausgabenseite der vorgelegten Budgets für die Jahre 2003 und 2004 näher betrachtet, sieht man, dass sich darin zwei Schwerpunkte dieser Bundesregierung spiegeln. Erstens: Wir wollen passive Ausgabenkategorien, also Verwaltungskosten, Subventio­nen, Zinszahlungen verringern. Zweitens: Wir wollen zukunftsorientierte Ausgaben, wie etwa für Ausbildung, Forschung, Entwicklung, Höherqualifizierung, Technologieorientierung, Infrastruktur (Abg. Öllinger: Bildung?!), Bildung (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen) selbstverständlich erhöhen.

Dahinter, meine Damen und Herren, steht das Faktum, dass die richtige Prioritätensetzung bei der Verwendung öffentlicher Mittel mit entscheidend dafür ist, dass die langfristigen Wachs­tumschancen unseres Landes verbessert werden können.

Österreich braucht – wie es der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung betont hat – helle Köpfe. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Mit dem Übergang von der hierarchisch-strukturierten Industrie zur vernetzt-strukturierten Informationsgesellschaft entstehen völlig veränderte Anfor­derungen an die Qualifikationsmuster unserer Gesellschaft.

Die Stärkung von Bildung und Ausbildung, die Stärkung von Wissenschaft und Forschung ist uns daher ein wirklich großes Anliegen. An deren Quantität, aber noch viel mehr an deren Qualität entscheidet sich unser aller volkswirtschaftlicher Wohlstand, entscheiden sich aber auch individuelle Schicksale und Lebensmuster.

Wir müssen daher eine Politik verfolgen, die das Angebot für Bildung und Ausbildung laufend verbessert. Freiheit und Eigenverantwortung, meine Damen und Herren, bedeuten, dass die Menschen diese Chancen selbst nützen müssen. Unsere Aufgabe hingegen ist es, diese Chancen zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Genau da setzen wir mit den beiden vorliegenden Budgets ganz klare Prioritäten: Wir sehen für den Bundesvoranschlag 2003 über 8,2 Milliarden € für Bildung und Wissenschaft vor; 2004 werden diese Ausgaben sogar auf über 9 Milliarden € ansteigen. – Im Jahr 1999 waren das noch recht bescheidene 7,5 Milliarden €. Bundesministerin Gehrer hat damit erreicht, dass die Ausgaben für Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen zwischen 1999 und 2004 fast verdoppelt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Durch ein bereits jetzt für die Jahre 2004 bis 2006 gesetzlich festge­legtes Budget für die Universitäten besteht hier auch etwas, was bisher nicht gegeben war, nämlich mittelfristig Planungssicherheit – ein wichtiger Fortschritt für die Universitäten. Die Aus­gaben für die Fachhochschulen – das möchte ich besonders betonen – erhöhen wir für die beiden kommenden Jahre auf 107 Millionen €. Das ist im Vergleich zu 1999 mehr als eine Verdoppe­lung der Mittel, die wir für die Fachhochschulen einsetzen. Noch nie wurde finanziell so viel für den Bildungs- und Wissenschaftsbereich geleistet wie in diesen beiden Budgets. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Forschung und Entwicklung, das Stimulieren von Innovationen ist für das Wachstum unseres Landes von ganz entscheidender Bedeutung. Daher setzen wir auch unser Offensivprogramm für Forschung und Entwicklung, das wir in der letzten Gesetzgebungsperiode begonnen haben,


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natürlich fort, mit zusätzlichen Ausgaben in den Jahren 2004 bis 2006 von 600 Millionen €. Die forschungswirksamen Ausgaben des Bundes werden insgesamt auf 1 560 Millionen € im Jahr 2004 ansteigen. Im Vergleich zu 1999 ist das eine sehr beträchtliche Steigerung um 24 Prozent.

Erstmals machen wir Ausgaben für zukunftsträchtige Breitbandtechnologien und auch Studien­beiträge für Berufstätige steuerlich absetzbar.

All das sind wichtige Impulse. Sie können sicher sein: Wir werden alles tun, um unser wirklich ehrgeiziges Ziel, die Forschungsquote auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben, auch tatsächlich zu erreichen.

Wir werden unsere Wissenschaftsministerin Liesl Gehrer, wir werden unseren Forschungs­minister Hubert Gorbach, wir werden unseren Wirtschaftsminister Martin Bartenstein unterstüt­zen, damit dieser Weg möglich wird. Das sind Investitionen in die Zukunft unseres Landes, für mehr Wachstum, für mehr Innovation, für mehr Beschäftigung in Österreich – unsere gemein­samen Ziele, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Auch der Ausbau von Straße und Schiene – vor allem vor dem Hintergrund der bevorstehenden Osterweiterung – ist uns wichtig. Die Mittel für das hochrangige Straßennetz wurden daher von 658 Millionen € im Jahr 1999 auf 1 194 Millionen € im Jahr 2003 und 1 319 Millionen €, also sehr signifikant, im nächsten Jahr angehoben.

Natürlich investieren wir auch in die Schiene: Ausgehend von weniger als 900 Millionen € im Jahr 1999 werden wir heuer und auch nächstes Jahr jeweils mehr als 1,1 Milliarden € bereit­stellen. Noch nie wurde für den Bereich Infrastruktur so viel geleistet! Das sind Investitionen in die Zukunft unseres Landes, für mehr Wachstum, für mehr Beschäftigung, für bessere Lebens­qualität und für bessere Umweltbedingungen in Österreich.

Es gibt aber natürlich auch noch weitere Schwerpunkte, die wir in diesem Bundeshaushalt setzen, Schwerpunkte, die der Bundesregierung und sicher auch dem Hohen Haus ein ganz besonderes Anliegen sind. Der Vizekanzler und Sozialminister wird für die behinderten Men­schen in Österreich heuer im Jahr der Behinderten mit 72 Millionen € deutlich mehr ausgeben als in den letzten Jahren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Außerdem hat der Vizekanzler und Sozialminister eine wichtige Initiative gesetzt, indem wir das Pflegegeld für besonders pflegebedürftige Personen heuer um 10 Millionen € erhöhen.

Meine Damen und Herren! Wir werden die familienpolitischen Leistungen heuer mit 4,8 Milliar­den € dotieren. Das Kinderbetreuungsgeld ist ein großer Erfolg. Die familienpolitischen Leistun­gen sind dem Bundeskanzler, sind dem Vizekanzler, sind Staatssekretärin Haubner, ja uns allen ein wichtiges Anliegen. Österreich wird daher auch in Zukunft das familienfreundlichste Land Europas bleiben. Wir sind stolz darauf. Die Kinder repräsentieren zwar nur 20 Prozent der Bevölkerung, aber sie repräsentieren 100 Prozent der Zukunft unseres Landes. Es ist der rich­tige Weg, in die Familien und Kinder zu investieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit – ein echtes Anliegen von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner – deutlich anheben, und wir werden in Österreich erstmals das international wichtige Ziel von 0,33 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in dieser Legislaturperiode erreichen.

Wir stocken unser Budget für Sport kräftig auf, der Staatssekretär Karl Schweitzer ein besonde­res Anliegen ist. Wir tragen die Fußball-Europa­meisterschaft aus. Wir kämpfen gemeinsam, der Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung, für die Austragung von Olympischen Spielen in Österreich.


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Im Kulturbereich, im Kunstbereich setzt Franz Morak eine Filmförderungsinitiative in Österreich, eine wichtige Digitalisierungsoffensive im Rundfunkbereich.

Zur Landwirtschaft: Sepp Pröll hat das im Regierungsprogramm vorgesehene 3-Milliarden-€-Paket für die Landwirtschaft voll und ganz umgesetzt. Das ist wichtig, um die bodenverbundene kleinbetriebliche Landwirtschaft in Österreich zu unterstützen und die hohe Qualität ihrer Produkte auch tat­sächlich zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Bei Sepp Pröll höre ich auf, bei Sepp Pröll fange ich an: Unser Umweltminister wird in den Jahren 2004 bis 2006, auch was die Erreichung des Kyoto-Ziels betrifft, ganz wichtige Signale und Initiativen setzen. Die Budgetmittel werden um 30 Millionen € im Jahr 2004, um 60 Millionen € 2005 und um 90 Millionen € zusätzlich im Jahr 2006 aufge­stockt. Sie sehen, Umweltschutz, Ökologie sind uns ein großes Anliegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das sind Zahlen, die sich sehen lassen können.

Österreich ist ein sicheres Land. Wir sind stolz darauf. So soll es auch bleiben. Wir geben daher für die innere und äußere Sicherheit und für die Justiz zusammen rund 4,4 Milliarden € aus. Unser Sicherheitsminister Ernst Strasser, Günther Platter und Dieter Böhmdorfer haben eine eminent wichtige Aufgabe, nämlich gerade in einem offenen Land, in dem der Warenexport, in dem der Tourismus, in dem ausländische Direktinvestitionen eine wichtige Rolle spielen, in die Sicherheit zu investieren. Wir haben wich­tige Reformvorhaben in diesen Bereichen. Ein Wachkörper, mehr Effizienz, mehr Sicherheit für die Bevölkerung werden das Ergebnis sein.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch sagen: Uns ist bewusst, dass die Sicherheit unserer Bürger und unseres Landes nicht wenige Meter über dem Boden enden kann. Daher werden wir den im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Ankauf von Luftraumüberwachungsflug­zeugen auch durchführen. (Abg. Mag. Kogler: Kriegsflugzeuge, Herr Minister!) Ich darf Ihnen versichern, wir werden mit unseren Vertragspartnern hart und gut verhandeln, und die daraus entstehenden Gegengeschäfte werden wiederum wichtige Impulse für Forschung und Entwick­lung bringen und werden für die Industrie, für die Klein- und Mittelbetriebe unseres Landes, für die Beschäftigung ganz wichtige Signale setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Das Ziel unserer Wirtschaftspolitik ist die Vollbeschäftigung, denn Vollbeschäfti­gung ist das beste Mittel für möglichst hohen sozialen Zusammenhalt. Dabei sollte man sich aber natürlich im Klaren sein, dass nicht die Politik, sondern nur eine funktionierende Wirtschaft Arbeitsplätze auf die Dauer schaffen kann. Österreichs Arbeitsmarktdaten sind hervorragend. Die Arbeitslosenrate ist die drittniedrigste der Europäischen Union. Die Jugendarbeitslosigkeit ist deutlich geringer als im Rest Europas.

Meine Damen und Herren! Der 1. Mai hat auch die Beschäftigtenzahlen des April gebracht. Im April haben wir 3 166 345 Beschäftigte in Österreich gehabt – im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 38 000 Beschäftigte (Abg. Mag. Wurm: Geringfügig Beschäftigte!), ein absoluter Rekord in der Geschichte der Zweiten Republik, was beschäftigte Menschen betrifft. Wir haben die Arbeitslosigkeit leicht zurückführen können. Das sind Zahlen, zu denen ich Arbeitsminister Martin Bartenstein nur ganz herzlich gratulieren kann, auch international gesehen hervorra­gende Werte der Beschäftigung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Genau dieser Verantwortung für den Arbeitsmarkt sind wir uns voll bewusst, und wir setzen daher auf mehreren Handlungsebenen an: aktive Arbeitsmarktpolitik forcieren, Effizienz der Arbeitsvermittlung steigern, kundenfreundliche Strukturen in der Arbeits­marktpolitik schaffen, arbeitsnahe, bedarfsorientierte Qualifizierung fördern und eine Qualifizie­rungsoffensive für ältere Arbeitnehmer vorantreiben. Wir investieren heuer insgesamt mehr als 4 Milliarden € in wichtige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Die Mittel für die aktive Arbeits­marktpolitik werden heuer auf 783 Millionen € angehoben. Das ist ein absoluter Höchststand in


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den letzten zehn Jahren. Das sind mehr als 25 Prozent zusätzlich im Vergleich zum Jahr 1999. (Abg. Mag. Wurm: Hunderttausende Arbeitslose!)

Über eine Reform des Arbeitsmarktservice werden wir sicherstellen, dass wir Arbeitslose noch besser und noch schneller vermitteln können. Niemand, der arbeitslos ist, soll künftig im Durch­schnitt länger als 90 Tage auf einen neuen Job warten. Über 50-Jährigen und unter 25-Jährigen geben wir einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung, wenn innerhalb von drei Monaten keine Jobvermittlung gelingt, weil wir wissen, meine Damen und Herren, dass die Qualifizierung von Arbeitslosen der Schlüssel zum Abbau der Arbeitslosigkeit ist. Wir können optimistisch sein. Die April-Zahlen zeigen uns, dass uns die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt gelingen wird, ja viel­leicht schon gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Die Gesamtausgaben des Bundesbudgets 2003 werden trotz eindeutiger Schwer­punktsetzungen bei Bildung, bei Forschung, bei Infrastruktur, bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik, bei der Familie und bei der Sicherheit mit 61,5 Milliarden € gegenüber dem Vorjahr um 0,6 Pro­zent abnehmen und im nächsten Jahr um nur 1,8 Prozent zunehmen, was wesentlich weniger ist als das Wachstum des nominellen Bruttoinlandsprodukts. Das Verhältnis der Staatsaus­gaben zum Bruttoinlandsprodukt sinkt daher von 28,5 Prozent im Jahr 2002 auf 27,7 Prozent 2003 und auf 27,2 Prozent im Jahr 2004. Meine Damen und Herren! Das beweist: Wir setzen diesen Weg der ausgabenseitigen Konsolidierung fort. Wir stärken die Qualität der öffentlichen Finanzen, und wir eröffnen damit auch gleichzeitig Spielräume für die Zukunft, Spielräume der Entlastung, die uns eben so wichtig sind.

Hohes Haus! Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf effiziente und zeitge­mäße öffentliche Dienstleistungen. Sie sind nicht nur der Souverän dieses Staates, sie sind auch seine Kundschaft. Daher müssen wir uns immer wieder die ganz zentrale Frage stellen: Ist das gegenwärtige Leistungsangebot des Staates das Geld eigentlich wert, das vom Bürger dafür bezahlt wird? Bekommt der Bürger einen fairen Gegenwert für seine Steuern und Ab­gaben? – Und um ehrlich zu sein, ich glaube, nein! Wir müssen da grundlegende Verbesserun­gen so wie in der letzten Legislaturperiode auch in diesen vier Jahren erreichen.

Gerade in diesem Bereich können wir auch jetzt die einmalige Chance – und darum ersuche ich Sie – einer parteiübergreifenden, einer gemeinsam getragenen Reformkoalition ergreifen. Des­wegen haben wir den Österreich-Konvent – Präsident Khol, Präsident Fischer, Präsident Prinz­horn, Präsident Fiedler, der ihm vorstehen wird – mit dem Ziel eingerichtet, den Behördenauf­bau zu überprüfen und eine neue Aufgabenteilung zwischen Europäischer Union und Bund, Ländern und Gemeinden in einer Verfassungsreform gemeinsam festzulegen. Bestehende Auf­gaben sollen kritisch hinterfragt werden, teure Doppelgleisigkeiten sollen abgeschafft werden, Prozesse vereinfacht und beschleunigt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Aufgaben und Ausgaben der Verwaltung sind immer wieder aufs Neue zu hinterfragen und radikal neu zu beurteilen. Die Bundesregierung hat sich daher für diese Legislaturperiode unter anderem vorgenommen, die mittelbare Bundesverwaltung abzuschaffen, die Bezirksverwal­tungsbehörden als zentrale dienstleistungsorientierte Anlaufstellen für die Bevölkerung weiter auszubauen, den zweistufigen Instanzenzug strikt umzusetzen und damit Verfahren zu verkür­zen, die Steuerhoheit der Länder zu stärken und 10 000 Planstellen beim Bund abzubauen. Ich bin optimistisch und überzeugt davon, dass bei vergleichbaren Anstrengungen wie beim Bund auch bei den Ländern, Städten und Gemeinden signifikante Einsparungspotentiale bis 2006 erreicht werden können.

Außerdem, meine Damen und Herren, muss es uns ein großes Anliegen sein, die Österreichi­schen Bundesbahnen grundlegend zu reformieren. Das Motto muss da lauten: Weniger Streik, mehr Effizienz und weniger Steuergeld! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden den Verwaltungsstaat alter Prägung in ein modernes Dienstleistungsunternehmen umwandeln. Meine Damen und Herren! Weg mit dem Speck! – Das ist unser Ziel in dieser Legislaturperiode. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wir wollen allein in der Bundesverwaltung in Summe 3,2 Milliarden € einsparen. Ich glaube, das ist auch unsere Verpflichtung, meine Damen und Herren: Weg mit dem Speck! 3,2 Milliarden € einsparen. Damit wird es uns gelingen, die Steuerzahler zu entlasten und die unternehmeri­schen Kräfte zu befreien.

Hohes Haus! Ein wichtiges Thema: Österreich hat eines der besten staatlichen Pensionssys­teme, eines der besten Pensionssysteme der Welt, zugleich aber auch eines der teuersten Pen­sionssysteme der Welt. Unser Pensionssystem, meine Damen und Herren, ... (Unter dem Bei­fall ihrer Fraktionskollegen entrollen SPÖ-Abgeordnete ein Transparent mit den Worten „SPÖ: Kein Pensionsraub für Abfangjäger“.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche die Sitzung und fordere die Abgeordneten auf, nachdem sie ihre Demonstration gemacht haben, das Transparent entsprechend unserer Praxis wieder weg­zuräumen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 9.45 Uhr unterbrochen und um 9.46 Uhr wieder aufgenommen.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte, jetzt die Banderole entsprechend unserer ständigen Praxis einzurollen. (Das Transparent wird einge­rollt.)

Am Wort ist Herr Bundesminister Mag. Grasser.


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sie haben mir mit dem Hinweis auf das staatliche Pensions­system ein Stichwort gegeben. Österreich hat – und darauf sind wir stolz – eines der besten staatlichen Pensionssysteme der Welt, zugleich aber auch eines der teuersten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Unser Pensionssystem kostet derzeit in Summe etwa 32 Milliarden €. Das sind knapp 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit sind die Pensionsausgaben in Österreich mit Ab­stand am höchsten in der gesamten Europäischen Union. Die durchschnittlichen Pensionsaus­gaben in der Union belaufen sich auf 10,4 Prozent des jeweiligen Bruttoinlands­produkts, in Österreich eben auf knapp 15 Prozent.

Österreich verfügt mittlerweile über die ältesten Studenten und über die jüngsten Pensionisten, und das sollte uns zu denken geben.

Ich möchte dabei betonen, meine Damen und Herren, das ist uns wichtig: Wir wollen die erste Säule der staatlichen Altersvorsorge auch für die Zukunft garantieren. Da das ernst gemeint ist, müssen wir auch deren Finanzierbarkeit sicherstellen. Aus einer Broschüre der Arbeiterkammer Vorarlberg geht hervor, dass wir ohne Pensionssicherungsreform innerhalb der nächsten 40 Jahre – schreibt die Arbeiterkammer – die Beiträge um 53 Prozent anheben, die Pensionen um 45 Prozent kürzen oder das Pensionsantrittsalter um zehn Jahre erhöhen müssten.

Meine Damen und Herren! Wir wollen diesen Weg nicht gehen, wir werden diese Maßnahme selbstverständlich nicht setzen, aber genau deshalb muss eine verantwortungsvolle Bundes­regierung jetzt eine große, grundlegende Pensionsreform umsetzen. Da gibt es keine Alterna­tive. Wir müssen jetzt handeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte schon beleuchten, wovon wir eigentlich sprechen. Ohne grundlegende Pensionsreform würde sich der über die Versicherungsbeiträge von Arbeitneh­mern und Arbeitgebern hinausgehende Pensionszuschuss aus dem Budget von unser aller Steuergeld allein in dieser Legislaturperiode um 3,2 Milliarden € erhöhen. Zu den 32 Milliar­den €, die jetzt schon ausgegeben werden, 3,2 Milliarden € zusätzlich! (Abg. Mag. Wurm: Schämen Sie sich!) Was wir mit unserer Pensionsreform jetzt tun, ist nichts anderes, als zu ver­hindern, dass dieses zusätzliche Geld, das allein in dieser Legislaturperiode notwendig wäre – also zusätzlich 3,2 Milliarden € –, ausgegeben werden muss. Wir tun damit nichts anderes, als das Wachstum der Ausgaben abzuschwächen und nicht 3,2 Milliarden € zusätzlich auszu-


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geben, sondern „nur“ – unter Anführungs­zeichen – 2,6 Milliarden € oben draufzugeben. (Abg. Öllinger: Das ist ja ein Schmäh! Das stimmt alles nicht!) Das heißt, meine Damen und Herren, wir reden nicht von einer Kürzung, sondern von einer Schwächung der zusätzlichen Ausgaben, und wir reden von 600 Millionen € weniger an zusätzlichen Ausgaben in einer Periode bei Gesamtausgaben von 32 Milliarden €. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!) Meine Damen und Herren! Wir reden über 2 Prozent der gesamten Pensionsaufwendungen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen ehrlich: Uns geht es hier auch um die Glaubwürdigkeit der Politik. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Schon viel zu oft hat man gerade in dieser sensiblen Frage das Ver­trauen der Bevölkerung missbraucht. Es geht um die Aufrechterhaltung des Generationenver­trags. Es geht um eine faire Verteilung der Lasten zwischen Generationen. So wie die Groß­eltern und Eltern immer nur das Beste für ihre Kinder und Enkelkinder wollen, genau so müssen wir für die junge Generation auch handeln. Wir dürfen die jungen Menschen von heute nicht überfordern. Warum sollen sie für die hohen Schulden, die man ihnen hinterlässt, und für unsere Pensionen geradestehen müssen? Entweder Schulden oder Pensionen, aber nicht beides. Wir müssen diese Politik der ungedeckten Schecks auf die Zukunft und der Belastung der nächsten Generationen beenden. Der Generationenvertrag ist abzusichern und wiederher­zu­stellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Pensionsreformkommission, der auch die Sozialpartner ange­hören, wo die Gewerkschaft ebenso wie die Wirtschaftskammer in vielen Sitzungen mit dabei war, hat bereits drei Jahre lang getagt. Sie hat im Wesentlichen auch Einvernehmen sowohl über die Notwendigkeit als auch über die wichtigsten Eckpfeiler der Pensionssicherungsreform erzielt.

Man hat im Wesentlichen Einigung erzielt über die schrittweise Anhebung des Frühpensions­alters auf 65 Jahre bei Männern, auf 60 Jahre bei Frauen, über die schrittweise Einführung eines lebenslangen Durchrechnungszeitraumes von 40 Jahren, über den Grundsatz, dass 45 Ver­sicherungs- und Beitragsjahre eine Nettoersatzrate von 80 Prozent der Lebenseinkom­menssumme für die Pension garantieren sollen, und über eine verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten.

Sehr wichtig für unsere politische Debatte in diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Frage: In welchem Zeitraum, mit welchen Übergangsfristen, mit welchen konkreten Schritten kommen wir zu diesem Ziel? Vor allem: Welche Schritte sind den Menschen auch zumutbar?

Mit unserem Beschluss im Ministerrat haben wir eine 25-jährige Übergangsfrist für die Aus­dehnung des Durchrechnungszeitraumes vorgesehen, eine Deckelung der möglichen Durch­rechnungsverluste mit 3,5 Prozent bis 2007, mit 7 Prozent bis 2015 und mit 10 Prozent darüber hinaus, eine zehnjährige Übergangsfrist für das Auslaufen der Frühpensionen, eine Deckelung bei den Abschlägen, eine dreijährige Übergangsfrist, um mit 45 statt mit 40 Beitragsjahren 80 Prozent Pension zu erhalten, so wie es 50 Jahre lang in Österreich auch rechtliches Faktum war.

Über die Fortschreibung der „Hackler-Regelung“ und die Schaffung eines neuen Dauerrechts für besonders schwer arbeitende Berufsgruppen haben wir ebenso Konsens erzielt (Zwischen­rufe bei der SPÖ); ein neues Dauerrecht für schwer arbeitende Berufsgruppen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist – ich bin wirklich davon überzeugt – ein vernünftiges, ein faires, ein in hohem Maße sozial verantwortliches Konzept.

Der Beweis für diese soziale Kompetenz der Bundesregierung ist auch, dass wir in bestehende Pensionen nicht eingreifen. Keiner der mehr als 2 Millionen derzeitiger Pensionisten hat irgend­etwas zu befürchten, egal, ob er Angestellter, Arbeiter, Bauer, Gewerbetreibender oder Beamter war – mit Ausnahme des kleinen Pensionssicherungsbeitrages von 1 Prozent –, wir garantieren


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diese Pensionen. Das ist unser Verständnis von sozialer Gerechtigkeit: kein Eingriff in beste­hende Pensionen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Gleichbehandlung der ASVG-Versicherten und der Beamten ist natürlich sicherzustellen. Das Vorangehen der Politik mit gutem Beispiel im Bereich der Politikerpensionen ist unbedingt notwendig. Es darf in Zukunft keine Besserstellung, in welcher Form auch immer, geben.

In einem zweiten Schritt wird die Bundesregierung – und wir ersuchen darum – unter Einbin­dung der Sozialpartner, unter Einbindung der Länder, unter Einbindung der Pensionssiche­rungsreformkommission dem Parlament bis zum 1. Jänner nächsten Jahres einen budget­neutralen Entwurf für ein einheitliches Pensionsrecht für alle zuleiten und umsetzen. (Abg. Scheibner – auf die Reihen der SPÖ weisend –: Da wird es gleich leiser da drüben!)

Meine Damen und Herren! Das ist eine ganz wichtige Strukturreform! Über 50 Jahre hat es nie­mand geschafft, ein einheitliches Pensionsrecht für alle vorzulegen. Wir werden es umsetzen: ein Pensionsrecht für alle, weil es mehr Gerechtigkeit, mehr Fairness für unsere Bevölkerung bringt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Nächste Herausforderung: Gesundheitssystem. Wir wollen natürlich auch unser gutes und unser bewährtes Gesundheitssystem erhalten und weiter verbessern. Die Menschen werden älter, der medizinische Fortschritt steigt, die Behandlungen werden besser, aber auch teurer. Zurzeit ist die nachhaltige Finanzierbarkeit der Krankenversicherung sicherlich vor eine große Herausforderung gestellt. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat uns be­kannt gegeben, dass bis 2006 ein Defizit von knapp 1 Milliarde € entstehen würde, wenn man so weitermachte wie bisher. Wir wissen, dass die Krankenversicherungen seit Jahrzehnten in Selbstverwaltung, in Verantwortung von den Sozialpartnern in Österreich geführt werden.

Meine Damen und Herren! Wir haben unseren Beitrag geleistet, indem wir mit den Budgetbe­gleitgesetzen die Sozialversicherungsträger ermächtigen, von allen Versicherten einen sozial gestalteten Selbstbehalt einzuheben. Jetzt sind die Versicherungsträger, jetzt sind die Sozial­partner am Zug. Wir müssen außerdem natürlich die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit stei­gern. Nur so wird es gelingen, die hoch stehende medizinische Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig vom Einkommen weiter zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unsere Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat hat mit ihrem Staatssekretär wichtige Initiati­ven gesetzt. Die Ambulanzgebühr wird mit diesen Budgetbegleitgesetzen abgeschafft, die Kran­kenscheingebühr wird mit dem sozial gerechten Selbstbehalt abgeschafft. (Abg. Eder: Wer hat das alles eingeführt? – Das waren Sie, Herr Minister!) Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gemeinsam gelingen wird, die hohe Qualität unseres Gesundheitssystems zu sichern und die Finanzierbarkeit nachhaltig sicherzustellen.

Meine Damen und Herren! Vertrauen ist ungeheuer wichtig, im gesellschaftlichen, im wirtschaft­lichen, im politischen Miteinander. Vertrauen erwirbt man durch Handeln, wenn Handlungsbe­darf besteht, und durch Festhalten an den gesteckten Zielen – manchmal auch gegen Wider­stände.

Der Bundeskanzler und der Vizekanzler haben die Sozialpartner und die Opposition mehrfach eingeladen, an den wichtigen Reformen unserer Sozialsysteme mitzuarbeiten. Wir alle wissen, dass politische Entscheidungen im Parlament fallen müssen. Dort ist in einer Demokratie der Platz, wo man sich einbringen sollte, und nicht auf der Straße. (Abg. Öllinger: Sie haben eine Straßenphobie!) Das ist auch eine gute Tradition in Österreich, und wir wünschen uns nichts mehr, als dass diese Tradition auch in Zukunft fortgesetzt werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade weil der Bundesregierung der soziale Frieden wirklich ein großes Anliegen ist, möchte ich betonen, dass wir erstens dem Druck der Straße nicht nachgeben werden und ich zweitens absolut kein Verständnis für die gestrigen politischen Streiks habe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sie haben eine Straßenphobie!)


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Dieser Streik gegen die österreichische Bundesregierung hat Österreich schwer geschadet. Mit dem Streik gefährdet die Gewerkschaft selbst Arbeitsplätze und verursacht zusätzliche Un­sicherheit in einer wirtschaftlich ohnehin schwierigen Situation. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Allein gestern wurden durch den Streik Verluste an heimischer Wertschöpfung von schätzungs­weise 100 Millionen € verursacht.

Die Gewerkschaft trifft mit diesen Streiks ja auch nicht ihr eigentliches Ziel. Die Gewerkschaft will eigentlich die Bundesregierung treffen, sie trifft aber österreichische Unternehmen, sie trifft österreichische Beschäftigte, sie trifft auch ärmere Menschen, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit einen ehemaligen Präsidenten des Österreichischen Ge­werkschaftsbundes zitieren. Präsident Franz Olah hat in einem Interview in der „Kleinen Zeitung“ am Sonntag etwas für mich sehr Wichtiges gesagt, ein Präsident des Gewerkschafts­bundes, der sehr Wichtiges in schwierigsten Zeiten für Österreich geleistet hat:

„Streiks dürfen sein in einer Demokratie, aber sie lösen das Problem nicht und das Problem lautet: zu wenig Kinder, zu wenig Einzahler, zu viel Herausnehmer. Dann die hohe Lebenser­wartung.“

Die Frage, die von der „Kleinen Zeitung“ gestellt wurde, lautete: „Wer kann was dafür?“

Franz Olah sagt: „Die Ursünde wurde in den 80ern und 90ern begangen, als die Politiker die Schleusen geöffnet haben und die Krise der Verstaatlichten beheben wollten, indem sie Massen in die Frühpension geschickt haben. Eine Narretei! Dann die Feigheit, den Leuten nicht die Wahrheit zu sagen, dass das Fass überläuft. Damals hätte man noch korrigieren können.“ (Abg. Parnigoni: Zwangspensionierungen!)

Und dann auch eine entscheidende Frage der „Kleinen Zeitung“: „Wie hätten Sie als ÖGB-Präsident gehandelt?“

Franz Olah sagt: „Ich hätte mich bemüht, dass es nicht so weit kommt. Mit Streik kann man nicht Pensionen erhöhen.“

Und Olah schließt dann und sagt: „Die Korrektur politischer Machtverhältnisse kann nicht über die Straße erfolgen, das wär die Analogie zum 50er-Jahr.“

Meine Damen und Herren! Ein großer Österreicher, der große Einsicht und viel Verständnis für die Probleme unserer Zeit aufbringt. Deswegen möchte ich im Interesse Österreichs, im In­teresse unseres Arbeits- und Wirtschaftsstandorts noch einmal an die Repräsentanten der Gewerkschaften appellieren: Beenden Sie diese Streiks gegen die Bundesregierung! Arbeiten Sie mit! Kehren Sie zum Verhandlungstisch zurück! Wir reichen Ihnen beide Hände zum Dialog! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Beenden Sie Ihre Rede, dann geht es uns wieder besser!)

Hohes Haus! Dynamischen Unternehmen ohne vernünftige Rahmenbedingungen ergeht es wie Fischen ohne Wasser. Eine Volkswirtschaft ohne dynamische Unternehmer ist allerdings wie ein Wasser ohne Fische, sie ist leblos und der langsamen Verödung preisgegeben.

Unternehmer sein, selbständig sein, ist eine eigene Kultur! Unternehmerisches Handeln ist immer Handeln unter Unsicherheit. Man nimmt ganz bewusst Risiko in Kauf. Man trifft viele Ent­scheidungen, von denen man nicht mit Sicherheit weiß, wie sie sich in den nächsten Monaten und Jahren auswirken werden. Nur eine Gesellschaft, die noch willens ist, Risiken in Kauf zu nehmen, kann auch den Wachstumspfad nach oben beschreiten. (Abg. Öllinger: Das ist so banal!)

Dahinter steht nämlich ein unbändiger Optimismus für die Zukunft. Es steht dahinter die Einstel­lung, Wandel und Veränderung als Chance zu begreifen. Wandel heißt, meine Damen und Herren, bereit sein (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm), den Status quo in Frage zu stellen,


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heißt, Produkte oder Verfahren, mit denen man bereits seit Jahren gut gelebt hat, in Frage zu stellen; heißt, Altes, Bewährtes aufzugeben und Neues, Ungewisses zu wagen, heißt, Verände­rung als gelebte Chance zu betrachten und nicht als erlittene Bedrohung.

Ich sage das deshalb, weil ich zutiefst überzeugt davon bin: Wir brauchen in unserem Land mehr unternehmerische, also Chancen suchende und Chancen nutzende Kultur: die Osterwei­terung als Chance, meine Damen und Herren, Steuersenkungen als Chance für eine große Mittelstandsoffensive, Wettbewerb als Chance für neue Produkte und Geschäftsfelder, ein flexibler Arbeitsmarkt als Chance für zusätzliche Beschäftigung und eine Pensionsreform als Chance für die nächste Generation. (Abg. Öllinger: ... zu verändern die Pensionsreform!)

Unternehmertum ist dabei untrennbar mit Wettbewerb verbunden! Wettbewerb ist nichts ande­res als ein Entdeckungsverfahren für bessere und innovativere Lösungen! (Abg. Parnigoni: Die Regierung Schüssel – eine Chance für Österreich!) Unternehmer sichern durch diesen ständi­gen Wettbewerb die Innovationskraft ihres Landes. Durch diesen Wettbewerb und durch die Innovationen schaffen sie Arbeitsplätze mit einem attraktiven Lohnniveau, und sie sichern damit auch die Kaufkraft unserer Bevölkerung.

Wir brauchen dieses innovative Unternehmertum. Deswegen, meine Damen und Herren, wollen wir diese Haltung fördern, und wir werden sie an den Schulen, an den Fachhochschulen und an den Universitäten fördern. Unsere Politik steht für diese Kultur: Veränderung als Chance, Chancen, die der Einzelne ergreifen kann, Chancen, die die Politik ermöglichen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich glaube, dass Österreich auf seine Unternehmen stolz sein kann! Ich denke, es ist uns allen bewusst, dass die Klein- und Mittelbetriebe das Rückgrat der österreichischen Wirt­schaft darstellen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Auf sie entfallen 99,5 Prozent der Unter­nehmen des Produktions- und Dienstleistungsbereichs. Es sind die Klein- und Mittelbetriebe, die – das ist ganz wichtig – 1,5 Millionen Arbeitsplätze in unserem Land sichern. Sie erwirt­schaften 60 Prozent der Wertschöpfung und einen großen Teil des Ertragsteueraufkommens.

Unsere industriellen Betriebe sind die Leistungsträger im Export und bei den Direktinvestitionen im Ausland. Österreich erwirtschaftet mittlerweile bereits 53 Prozent seines Sozialproduktes aus dem Export. Eine Million Arbeitsplätze hängen direkt, eine weitere Million indirekt vom Export ab. Die Exportförderung ist daher im Rahmen der Standortpolitik von besonders großer Bedeu­tung. Mit aller Konsequenz wollen wir daher auch diesen gerade für eine kleine offene Volks­wirtschaft erfolgreichen Weg fortsetzen. Die Haftungen der Republik für die Ausfuhrförderung betragen zurzeit 48 Milliarden €. In den Budgets 2003/04 haben wir jeweils 25 Millionen € für eine weitere Exportoffensive dotiert, die Martin Barteinstein gemeinsam mit der Wirtschafts­kammer Österreich umsetzen wird. So können wir Arbeitsplätze nachhaltig sichern, meine Damen und Herren!

Diese Erfolge im Export haben auch viel mit der unmittelbar bevorstehenden Erweiterung der Europäischen Union zu tun. Es war immer die ganz klare Strategie dieser Bundesregierung, Österreich als Brückenkopf zu den mittel- und osteuropäischen Beitrittsstaaten zu etablieren. Österreichs Unternehmer haben diese Brücke genützt, und es hat sich ausgezahlt. Wir profitie­ren bereits jetzt durch höheren Export, durch mehr Direktinvestitionen, durch mehr Beschäfti­gung und durch mehr Wachstum.

Über diese wirtschaftlichen Vorteile für beide Seiten hinaus ist die Erweiterung der Union für den Kontinent einfach auch ein wirklich historischer Moment! Unser Land rückt von einer Rand­lage Europas in das Zentrum Europas. Es ist einfach ein visionäres Konzept mit einer unge­heuren Kraft eines vereinigten, eines friedlichen Europas. Dieses Konzept wird Wirklichkeit; ich denke, das sind viele gute Gründe, um die neuen Mitgliedstaaten mit großer Begeisterung in der Europäischen Union herzlich willkommen zu heißen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Wir haben immer gesagt, der Staat ist ein schlechter Unternehmer. Das hat die Geschichte der verstaatlichten Industrie in Österreich gezeigt. Wir haben daher in der letzten Legislaturperiode ein sehr gutes, sehr ambitioniertes und ehrgeiziges Privatisie­rungsprogramm umgesetzt. (Abg. Dobnigg: Verscherbeln!)

Bei meinem Amtsantritt im Jahre 2000 betrug der Schuldenstand der ÖIAG mehr als 6 Milliar­den €. Die daraus entstehenden Zinsbelastungen konnten von der ÖIAG nicht vollständig getra­gen werden. Wir mussten daher über die Zinszahlungen, die von der ÖIAG geleistet wurden, aus dem Budget zusätzlich Geld, Steuergelder für die Bedienung des Zinsendienstes aufbrin­gen.

Heute, meine Damen und Herren, ist die ÖIAG in der Lage, neben der Bedienung des Zinsen­dienstes auch noch Dividenden an das Budget auszuschütten: immerhin 200 Millionen € heuer und 100 Millionen € im Jahre 2004. Wir haben, meine Damen und Herren, die ÖIAG saniert! Das ist eine erfolgreiche Privatisierungspolitik, von der nicht nur der Eigentümer, nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch die Mitarbeiter dieser Unternehmen und auch die vielen österreichischen Kleinaktionäre profitieren. Wir setzen diese Politik fort.

Wir haben wiederum für diese Periode ein ambitioniertes Privatisierungsprogramm. Die Ziele sind klar. Wir werden im österreichischen Interesse privatisieren. (Abg. Eder: In Ihrem In­teresse!) Die Firmenzentralen und Forschungseinrichtungen sollen in Österreich bleiben, der Kapitalmarkt soll gestärkt werden, und wir werden es gegen Ende dieser Legislaturperiode schaffen, die ÖIAG aufzulösen und damit ein weithin sichtbares Zeichen für das Ende der Ära der verstaatlichten Industrie in Österreich zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Hohes Haus! Die Steuern- und Abgabenbelastung der österreichischen Unternehmen und Er­werbstätigen ist mit 44,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes deutlich zu hoch! Das müssen wir ändern! Hohe Steuern sind das Zeichen eines Wohlfahrtsstaates alter Prägung, wir aber wollen die Verfügungsgewalt der Menschen über ihr erarbeitetes Geld wieder erhöhen. Wir wollen die Zwangsbeglückung mit öffentlichen Gütern auf das zurückführen, was in einer modernen und solidarischen Gesellschaft notwendig ist. (Abg. Brosz: Zwangsbeglückung mit Pensionen redu­zieren!) Darum heißt Steuern senken, Freiheit schenken! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Öllinger: Keine Zwangsbeglückung!)

Hohe Steuern, meine Damen und Herren, führen in einer globalisierten Welt zu Standortnach­teilen. (Abg. Öllinger: Das ist kein neoliberales Programm!) Unternehmen investieren dort, wo die Kostenbelastung gering ist. Steuern sind natürlich Bestandteil der Kosten. Hochqualifizierte, mobile Arbeitskräfte suchen dort Beschäftigung, wo ihre Leistungen und Verdienstmöglichkeiten nicht durch hohe Grenzsteuersätze beeinträchtigt werden. (Abg. Öllinger: Das ist ziemlich banal!) Auch im Steuerwettbewerb siegen die Schnellen und Guten über die Langsamen und Konzeptlosen.

Unser Motto ist daher: Leistung muss sich wieder lohnen, wir müssen den Menschen neue Per­spektiven aufmachen, neue Chancen geben. Wir müssen Signale setzen, meine Damen und Herren: Es zahlt sich aus, in Österreich zu investieren! Einsatz und Leistungsbereitschaft zahlen sich aus. Menschen müssen wissen, wofür sie arbeiten. Es muss größere Anreize geben! (Abg. Öllinger: Der Bürger soll sich das anhören!) Wir müssen eine neue und faire Verteilung von Steuern und Einkommen schaffen. Es muss den Menschen in ihren Brieftaschen mehr übrig bleiben. Das ist unser Ziel für diese Legislaturperiode! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn wir das erreichen wollen, meine Damen und Herren, dann braucht es eine Systemverän­derung, dann geht es nicht um kleine kosmetische Eingriffe in einem bestehenden System, son­dern dann ist ein großer Wurf notwendig! Es geht um eine mittelfristige Konzeption großer, nachhaltiger, aber auch leistbarer Entlastung. Es geht nicht um die Fortsetzung des alten Wechselspiels – das möchte ich betonen! –: heute Sparpaket, morgen Steuerreform und über­morgen wieder ein Sparpaket. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren,


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das war Ihre Politik – das dürfen Sie getrost mitnehmen! Die Menschen müssen darauf ver­trauen können, sie müssen sich darauf verlassen können, dass wir diese große Entlastung in mehreren Schritten ganz konsequent, Schritt für Schritt auch tatsächlich erreichen werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Entlastung, meine Damen und Herren, ist für die Zukunft unseres Landes ungeheuer wichtig. Sie wird Österreichs Standortattraktivität für Investitionen verbessern, sie wird die Kos­ten des Faktors Arbeit senken, sie wird umweltschonende Anreize geben, sie wird die Eigen­kapitalbasis der Betriebe verbessern, sie wird das Steuersystem vereinfachen (Abg. Mag. Wurm: Märchen-Heinzi!), und sie wird unser Wachstumspotential erhöhen. Nicht mehr und nicht weniger als die größte Entlastung in der Geschichte der Zweiten Republik werden wir daher verwirklichen!

Meine Damen und Herren! Wir senken die Steuern und Abgaben in zwei Schritten um 3 Milliar­den €, und wir werden diesen Weg fortsetzen, bis wir 2010 eine Abgabenquote von 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht haben. Wir wollen damit bereits in dieser Legislaturperiode jedem Haushalt in Österreich im Durchschnitt 1 000 € pro Jahr mehr an Kaufkraft geben, und dabei werden wir unsere Politik des ausgeglichenen Haushalts über den Konjunkturzyklus bei­behalten. Das ist ein sehr ehrgeiziger Weg. Wir werden ihn aber realisieren! Wir bekennen uns dazu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wichtig ist uns, meine Damen und Herren, dass diese größte Steuerreform in der Geschichte der Zweiten Republik nicht irgendwann einmal in der Zukunft umgesetzt wird, sondern wir be­ginnen jetzt damit. Der erste Schritt ist bereits Bestandteil unserer Budgetbegleitgesetze und wird mit 1. Jänner 2004 in Kraft treten.

Besonders wichtig ist uns dabei die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Steuerpflich­tige mit einem Bruttojahreseinkommen in der Höhe von bis zu 14 500 € werden in Zukunft in Österreich keine Steuern mehr zahlen müssen. Damit werden mehr als 200 000 Österreiche­rinnen und Österreicher, die heute noch Steuern zahlen, morgen jeden Euro ihres Einkommens behalten können. Damit werden mehr als 1,650 Millionen Arbeitnehmer, 730 000 Pensionisten, 60 000 Selbständige und Bauern, also in Summe mehr als 2,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher von dieser Maßnahme profitieren. Das erhöht die Kaufkraft vieler, vor allem aber der kleinen Einkommen und stützt die Wirtschaft zum richtigen Zeitpunkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ausreichendes Eigenkapital ist der Schlüssel (Abg. Mag. Wurm: Lesen Sie den Armutsbericht!) und die Voraussetzung für eine neue Dynamik und eine Offen­sive unserer Klein- und Mittelbetriebe. Eigenkapitalmangel ist nach wie vor die Insolvenzur­sache Nummer eins bei vielen Betrieben. Gleichzeitig ist eine ausreichende Eigenkapitalaus­stattung Grundvoraussetzung für eine rasches Unternehmenswachstum und damit auch für mehr Beschäftigung. Eigenkapital ist bisher gegenüber Fremdkapital in Österreich diskriminiert. Das hat auch zu einer unterdurchschnittlichen Eigenkapitalausstattung unserer Wirtschaft geführt.

Deswegen, meine Damen und Herren, schlagen wir vor, dass erstmals ab Jänner 2004 nicht entnommene Gewinne in Österreich zum halben Durchschnittsteuersatz besteuert werden. Davon werden mehr als 200 000 Einzelunternehmer und Personengesellschaften profitieren. Es ist dies die massivste Eigenkapitalförderungsmaßnahme, die es bislang in Österreich gegeben hat. Sie wird Verbesserungen des ausgewiesenen Eigenkapitals von bis zu 10 Prozent in nur fünf Jahren ermöglichen. Damit stärken wir die Krisenfestigkeit dieser Unternehmen, wir er­höhen ihre Bereitschaft zu investieren, und wir lösen einen Wachstumsschub aus. Wir wollen Arbeitsplätze schaffen und stärken so die Wirtschaft zum richtigen Zeitpunkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der dritte Punkt, meine Damen und Herren, ist eine Frage der Gerechtigkeit. Auch in Österreich hat das Jahr nur zwölf Monate. Ich habe es immer für unvertretbar gehalten, dass Finanzminis­ter, nur um ihre Budgets kosmetisch zu verschönern, der Wirtschaft eine 13. Umsatzsteuervor-


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auszahlung abverlangt haben. Das war eine gewaltige Belastung der Liquidität mit 1,7 Milliar­den €. (Abg. Oberhaidinger: Das ist eine reife Leistung! Genau recherchiert!) Wir haben mehr­mals angekündigt, dass wir diese Ungerechtigkeit abschaffen werden, ich bin daher sehr glücklich, dass, wenn Sie unserem Vorschlag folgen, im Dezember 2002 diese 13. Umsatz­steuervorauszahlung das letzte Mal geleistet wurde. Schon heuer soll es also diese 13. Um­satzsteuervorauszahlung nicht mehr geben. Wir stärken damit die Wirtschaft zum richtigen Zeitpunkt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Schon lange Zeit reden wir über eine Ökologisierung unseres Steuersystems. Wir setzen sie im europäischen Gleichklang um. Wir beginnen mit einer Erhöhung der Besteuerung des Energie­verbrauchs. Gleichzeitig senken wir die Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer. Das gibt wichtige Anreize für deren Beschäftigung. Die Belastung des Verbrauchs natürlicher Res­sourcen und die Entlastung der menschlichen Arbeitskraft schaffen Arbeitsplätze und entspre­chen den ökosozialen Zielen der Europäischen Union. Sie sehen, Umwelt, Ökologie ist uns sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Diese erste Etappe der Steuerreform wird ein Volumen von etwa 950 Millionen € bewegen. Sie wird zu einer Nettoentlastung von 500 Millionen € führen. Zusammen mit den beiden Konjunkturbelebungspaketen belaufen sich die Entlastungseffekte sogar auf 1 Mil­liarde €. Das sind substanzielle erste Schritte einer Entlastung. Die Entlastung kommt! Informie­ren wir die Bevölkerung umfassend und gemeinsam. Das sind wichtige Impulse, um auch die Stimmung zu heben. So stärken wir die Wirtschaft und tragen zu einer Erhöhung der Beschäfti­gung bei! (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Nach den sicher umfassenden Diskussionen und den Beschlüssen, die wir zu den Bundesvor­anschlägen 2003 und 2004 und zu den Budgetbegleitgesetzen fassen werden, werden wir an die Erarbeitung des nächsten Entlastungsschrittes gehen. Es ist unser Ziel, mit 1. Jänner 2005 die zweite große Etappe der Steuerreform mit einem Nettoentlastungsvolumen von 2,5 Milliar­den € in Kraft zu setzen. Eine große Tarifreform bei der Einkommensteuer beziehungsweise bei der Lohnsteuer wird deutliche Entlastungen für alle Erwerbstätigen, für die Beschäftigten, für die Arbeitnehmer, für die Angestellten bringen. (Abg. Mag. Wurm: Flat-Tax!)

Wir werden die nächsten großen Reformen in der Unternehmensbesteuerung angehen müssen. Eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes um mindestens 3 Prozent ist notwendig, um die Wettbewerbs­fähigkeit des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes Österreich für die nächsten Jahre zu gewähr­leisten. Die Fortsetzung der Ökologisierung des Steuersystems bei gleichzeitiger Kompensation durch Lohnnebenkostensenkungen genauso wie massive Vereinfachungen des sehr komp­lexen Steuersystems sind wichtig. – All das steht auf unserer Reformagenda.

Meine Damen und Herren! Diese Steuerreform wird Österreich Flügel verleihen: Sie wird den privaten Konsum beflügeln, sie wird die Investitionen beflügeln, und sie wird das Innovations- und Wachstumstempo unserer Wirtschaft beflügeln. (Abg. Öllinger: Aber nicht Sie!) Wir wollen die notwendige Entlastung für eine gute und sichere Zukunft Österreichs gerecht und nachhaltig umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Abschließend: Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die Wachstumsschwäche der Vergangenheit zu überwinden. Wir wollen daher erstens einen ausgeglichenen Staatshaus­halt über den Konjunkturzyklus. Hohe Schulden ersticken die Dynamik der Wirtschaft, Schul­denabbau und sparsames Wirtschaften befreien uns. Österreich hat den Kurswechsel geschafft. Er wird uns neue Handlungsspielräume eröffnen.

Zweitens: Wir müssen das Wachstum erhöhen, in die Zukunft investieren. Österreich gibt mehr Geld aus für Bildung, Forschung und Infrastruktur als je zuvor. Dadurch werden wir unsere Innovationskraft stärken, unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern und unser Wachstumspoten­tial erhöhen.

Drittens: Weitere Liberalisierung, Deregulierung, Privatisierung und flexiblere Rahmenbedingun­gen auf den Märkten stärken privates Unternehmertum und den Wettbewerb und erhöhen die


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Standortattraktivität. (Abg. Öllinger: Das ist nicht neoliberal! Das ist ziemlich banal!) Das fördert Investitionen und bringt Beschäftigung, meine Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Banal und neoliberal!)

Viertens: Steuersenkung. Das gibt den Bürgern mehr Kaufkraft, das erhöht die Investitionsbe­reitschaft der Unternehmen, fördert die Eigenkapitalstärkung und ermöglicht, Innovations- und Forschungsrisiken zu übernehmen. Sie ist der Schlüssel zu einer Neubelebung der Wirtschaft und bringt breiteren Bevölkerungsschichten mehr Wohlstand.

Fünftens – das ist wichtig –: Unsere Politik zielt ab auf bessere Chancen für die Jugend (Abg. Mag. Wurm: Bla bla bla!), auf mehr Unterstützung für die Familie, auf bessere Absiche­rung der wirklich Bedürftigen und der Behinderten, auf höhere Fairness zwischen den Genera­tionen und damit insgesamt auf mehr soziale Gerechtigkeit. Dadurch stärken wir die soziale Verantwortung und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Das sind die Eckpfeiler unseres österreichischen Erfolgmodells. Mit diesem wirt­schaftspolitischen Programm und dem heute vorgelegten Doppelbudget lernen wir aus der Ver­gangenheit, wir agieren in der Gegenwart, und wir sichern die Zukunft Österreichs nachhaltig und sozial gerecht. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung und lade Sie ein, diesen Weg gemein­sam für Österreich zu gehen! – Vielen Dank. (Anhaltender lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: So schlimm war es noch nie! – Abg. Dr. Fischer: Deprimie­rend! – Präsident Dr. Khol: Karl-Heinz! Das war eine brillante Rede!)

10.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundesminister für Finanzen für seine Aus­führungen.

2. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (38 der Beilagen): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über nationale Emissionshöchstmengen für be­stimmte Luftschadstoffe (Emissionshöchstmengengesetz-Luft, EG-L) erlassen sowie das Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (66 der Beilagen)


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Kopf. Wunschgemäß wird er 10 Mi­nuten zu uns sprechen. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

10.20


Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat mit seinem Konzept der öko-sozialen Marktwirtschaft einen erfolgreichen Weg beschritten und hat sich damit zur Nummer eins in Europa, in der EU in Sachen Umweltschutz vorgekämpft und vorgearbeitet. Dabei war uns besonders das Thema Luftreinhaltung, saubere Luft ein zentrales Anliegen. Wir haben daher auch der Verwirklichung des Kyoto-Zieles und der Umsetzung der Kyoto-Maßnah­men einen besonderen Stellenwert eingeräumt. Mit dem neuen Emissionshöchstmengenge­setz-Luft und den Novellen zum Ozongesetz und zum Immissionsschutzgesetz-Luft machen wir einen weiteren wichtigen umweltpolitischen Schritt.

Wir sind bereits in den letzten Jahren bei der Reduktion der Luftschadstoffe erfolgreich gewe­sen. So sind zum Beispiel die Schwefeldioxidemissionen in den letzten zehn Jahren um mehr als 50 Prozent gesunken. Aber ich sage gleich dazu: Es sind weitere Anstrengungen nötig, zum Beispiel bei den Ozonvorläufersubstanzen, bei den Stickoxiden oder auch bei den flüchtigen organischen Verbindungen.


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Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine umfassende Strategie für saubere Luft. Das Regierungsprogramm enthält diese Strategie. Ein wichtiger Teil dieser Strategie ist dieses Luftreinhaltepaket, das nun neue nationale Höchstmengen für bestimmte Schadstoffe festlegt, das vorsieht, dass die Bevölkerung über die Ozonbelastung früher informiert wird, und das auch zum Inhalt hat, dass weitere Effizienzsteigerungen im Vollzug erreicht werden.

Zu den drei Gesetzen beziehungsweise Novellen einige Bemerkungen: Das Emissionshöchst­mengengesetz-Luft setzt EU-Recht um. Es schafft nationale Emissionshöchstgrenzen, die jetzt verbindlich fixiert wurden und ab 2010 einzuhalten sein werden, und es bringt – das ist auch wichtig – eine Verbesserung der Datenlage durch eine jährliche Inventur mit sich.

Die Novelle zum Ozongesetz setzt ebenfalls eine EU-Richtlinie um. Meine Damen und Herren! Sie bringt eine weitere Verringerung der Ozonbelastung und eine Verbesserung des Frühwarn­systems für unsere Bevölkerung mit sich.

Schließlich bereinigt die Novelle zum Immissionsschutzgesetz-Luft dieses Gesetz. Es wird das Thema „Ozon“ nun endgültig im Ozongesetz geregelt. Sie bringt ebenfalls eine Effizienzsteige­rung im Vollzug, mehr Transparenz, leichtere Kundmachungsbestimmungen und Ähnliches mit sich.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend kann man zu diesem Gesetz und zu diesen Novellen sagen: Österreich hat in den letzten Jahren bereits enorm viel für den Erhalt und für die Reparatur unserer Umwelt getan, aber das vorliegende Konzept ist ein weiterer Beweis da­für, dass wir auch in Hinkunft europaweit Vorbild sein werden und bleiben wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die einstimmige Beschlussfassung im Ausschuss hat auch eindrucksvoll bewiesen, dass dieser Weg der richtige ist.

Meine Damen und Herren! Unsere Politik, die Politik dieser Koalition, ist geprägt von Reformbe­reitschaft, von Reformkraft und Verantwortung auch für die künftigen Generationen. Diese Bun­desregierung und diese Koalition betreiben nachhaltige Politik, und zwar nicht nur, wie Sie sehen können, bei der notwendigen Pensionssicherungsreform. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Sima. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.25


Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein kurzer Satz sei mir an Ihre Adresse, Herr Präsident Dr. Khol, gestattet: Ich fand es sehr be­fremdlich, dass Sie nach Abschluss der Rede des Finanzministers die Bemerkung: „Karl-Heinz! Das war eine brillante Rede!“ ins Mikrophon posaunten. Ich erwarte mir schon vom Präsidenten des Nationalrates, dass er überparteilich agiert – und nicht solche Lobspendungen via Saal­mikrophon nach einer Rede von sich gibt! Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wenn Sie jetzt eine brillante Rede halten, sagen wir das auch, aber wir warten noch!)

Ich glaube, dass es nicht zu viel verlangt ist, dass der Präsident des Nationalrates überparteilich agiert – und nicht Lobspenden an einzelne Minister verteilt. Ich glaube, da werden Sie mir beipflichten, denn Sie würden sich auch nicht wünschen, dass es umgekehrt so wäre.

Meine Damen und Herren! Wir begrüßen die Umsetzung dieser Ozon-Richtlinie, die uns die EU vorgegeben hat. Ein entsprechendes Verfahren, weil Österreich in diesem Bereich säumig war, ist bereits eingeleitet worden. Was ich bedauerlich finde, obwohl wir der Vorlage zustimmen werden und auch im Umweltausschuss zugestimmt haben, ist, dass über die Vorgaben der Europäischen Union nicht mehr hinausgegangen wird. Das scheint jetzt ein Prinzip in der Umweltgesetzgebung zu sein, dass man über die Vorlagen der EU nicht mehr hinausgeht.


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Für das angebliche Umweltmusterland Österreich ist das eine ein bisschen matte Performance, muss ich sagen. Vor allem kommen in letzter Zeit sämtliche Vorgaben für Umweltgesetze hauptsächlich aus dem Bereich der Europäischen Union. Das heißt, es gibt in diesem Bereich wenig Ambitionen, selbst tätig zu werden. Man setzt hauptsächlich Richtlinien um, die von Seiten der EU vorgegeben werden. Das ist für eine ambitionierte Umweltpolitik, Herr Umwelt­minister, halt leider ein bisschen zu wenig. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Umsetzung dieser Richtlinie bedeutet eine Verbesserung für Österreich. Wir werden ein bundesweites nationales Programm zur Verminderung der Emissionen und zur Reduktion der Vorläufersubstanzen im Ozonbereich haben. Es wird Alarmpläne geben, es wird Sanierungs­pläne in diesem Bereich geben, und es wird eine Herabsetzung der Informationsschwelle, also der Vorwarnstufe, geben. Das heißt, das sind durchaus positive Maßnahmen, die wir jetzt mit diesem Gesetz umsetzen.

Die Grenzwerte werden ebenfalls herabgesetzt. Es wird an weniger Messstellen, also nur noch an einer Messstelle, für eine Stunde eine Grenzwertüberschreitung geben müssen, damit die Vorwarnstufe im Ozonbereich ausgelöst wird.

Herr Bundesminister! Aber wie wirksam dieses Gesetz jetzt tatsächlich wird, das wird auch sehr stark von der Umsetzung abhängen. Bleibt es jetzt ein Papiertiger, oder wird es tatsächlich Maßnahmen geben? – Es muss uns schon klar sein, dass jetzt mit dieser Umsetzung auch öfter diese so genannte Informationsstufe erreicht werden wird, das heißt, dass öfter die Vorwarn­stufe im Ozonbereich gegeben sein wird. Dann wird man Maßnahmen setzen müssen, die nicht so populär sind. Das werden dann teilweise Einschränkungen im Verkehrsbereich sein und so weiter. Es wird jetzt davon abhängen, welche konkreten Maßnahmen es von Seiten der Länder, aber auch von Seiten des Bundes geben wird, um diese Aufgabenstellungen zu erfüllen.

Da wir sonst keine Gelegenheit haben, über dieses Thema zu reden, möchte ich abschließend, da mir das ein Anliegen ist, ein paar Worte zum Umweltausschuss und zur Vorgangsweise im Umweltausschuss sagen. Es gab drei Anträge der Opposition, deren Behandlung von den Regierungsparteien auch dieses Mal wieder vertagt wurde. Das ist eine Vorgangsweise, die – ich will nicht sagen: in den letzten Jahren – System hat. Der Grund dafür ist, dass man offen­sichtlich von Seiten der Regierungsparteien nicht will, dass Anträge der Opposition im Plenum diskutiert werden.

Ich möchte an Sie appellieren, wenn Sie an einer konstruktiven Zusammenarbeit im Umwelt­ausschuss interessiert sind – wir sind daran interessiert –, dann wenigstens so fair und demo­kratisch zu sein, über unsere Anträge zumindest abzustimmen. Die dauernden Vertagungen führen dazu, dass wir nie die Gelegenheit haben werden, unsere Anträge im Plenum zu disku­tieren. Ich halte es schlicht und einfach für undemokratisch, wenn wir diese Möglichkeit nicht bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass Sie mit den Mehrheitsverhältnissen, wie sie nunmehr sind, einfach so agieren, dass diese Anträge permanent vertagt werden, aber nie darüber abgestimmt wird, ist eine neue Praxis, die es in vielen Ausschüssen gibt. Diese Praxis lehne ich vehement ab. Ich möchte daher noch einmal an Sie appellieren: Wenn Sie konstruktiv zusammenarbeiten wollen, dann seien Sie wenigstens so fair, dass Sie über unsere Anträge zumindest abstimmen, dann haben Sie wenigstens die Stirn, unsere Anträge abzulehnen, wenn Sie nicht unserer Meinung sind, aber hören Sie endlich damit auf, alles zu vertagen, um damit einer Debatte hier im Plenum aus dem Weg zu gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Wittauer. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.30


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Sima, Ihre Empfindlichkeiten in allen Ehren – aber das war eine gute Budgetrede. Ich möchte ein Lob aussprechen: Ehre, wem Ehre gebührt! Ich glaube ... (Abg. Parnigoni: Und


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die Parteilichkeit des Präsidenten! Das ist ein starkes Stück!) Ich glaube, dass es nicht not­wendig ist, Frau Kollegin, das hier am Rednerpult zu sagen.

Da wir schon beim Loben sind: Gerade diese Gesetzesvorlage, die heute zur Beschlussfassung ansteht, haben wir unserem Minister Gorbach und Minister Pröll zu verdanken. Die Umsetzung dieser Gesetzesvorlage erfolgt in sehr kurzer Zeit. Ich bedanke mich noch einmal dafür, denn das war ein Herzensanliegen der Freiheitlichen. Lob an der richtigen Stelle ist immer ange­bracht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Oberhaidinger: Herr Kollege Wittauer! Das habt ihr der EU zu verdanken! Nichts gemacht!)

Ich weiß schon, die Empfindlichkeiten, aber auf das, was wir Ihnen von den Sozialdemokraten heute zu verdanken haben, werde ich schon noch zurückkommen – wie den Transitvertrag, durch den wir quasi geknebelt sind. Mit dem IG-Luft werden wir einige Dinge erreichen, die für unser Land gut sind. Deshalb stehe ich hier und bin stolz darauf, dass wir diese Gesetzesvor­lage haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Scheibner: Dicke Luft in der SPÖ!)

Aber auch für mich als Freiheitlichen – ich komme jetzt wieder auf den eigentlichen Inhalt zurück – ist es ein Lob, wenn die Sozialdemokraten hier schimpfen, denn dann weiß ich, dass ich eine gute Politik gemacht habe. (Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Das Gesetzesvorhaben, das heute vorliegt, ist ein Fortschritt in der Umweltpolitik und ein Fort­schritt auf dem Weg, die Schadstoffbelastung in Österreich weiter zu minimieren. Wir haben hier in diesem Hohen Hause über das Kyoto-Protokoll diskutiert, wir haben über Nachhaltigkeit im Umweltbereich diskutiert, wir lesen Berichte darüber, dass Grenzwerte überschritten werden, und sehen Nachrichten über die zunehmende Verkehrsbelastung. Die Bevölkerung fragt sich: Was macht die Bundesregierung? Was machen die Abgeordneten im Parlament? – Die Antwort liegt vor uns: Durch die EU-Osterweiterung wird es zu einer Erhöhung des Verkehrsaufkom­mens in Ostösterreich kommen, Wien wird mit der Tangente ebenso betroffen sein wie die Haupttransitrouten, die von Osten nach Westen oder in den Süden verlaufen.

Dennoch sei mir als Tiroler gestattet, zunächst hauptsächlich über die Situation in meinem Bun­desland zu sprechen. „Dank“ der falschen Zahlen des früheren Landeshauptmannes Wein­gartner und des Ex-Ministers Streicher von den Sozialdemokraten haben wir einen Transitver­trag, der Österreich wirklich Schaden zugefügt hat. (Abg. Reheis: Und was haben wir jetzt? Gar nichts!)

„Dank“ der Verkehrszunahme ist der Alpentransit eine der größten gesundheitlichen Gefahren für die Tiroler Bevölkerung. Fritz Gurgiser vom Transitforum geht regelmäßig mit neuen Tabellen und Daten an die Öffentlichkeit, und die Bevölkerung will, dass wir etwas gegen den Transit unternehmen. Selbst ernannte Chefverhandler mit besonderen europäischen Kontakten, wie Herwig van Staa, poltern gegen die EU, drohen mit ihrem Veto, um dann wenig später klein­laut aufzutreten und zu sagen, wie wertvoll der europäische Gedanke sei und man eigentlich so gut wie gar nichts tun könne.

Wir wissen aber, dass dem nicht ganz so ist. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit eines Nacht­fahrverbotes, um den Verkehr und die Emissionen einzuschränken. Wir haben die Alpenkon­vention beschlossen und damit ein Zeichen gesetzt, dass es neben Steinen und Bergen auch Menschen in Tirol gibt. Es gilt, den Lebensraum zu schützen, denn für die Bevölkerung ist die Natur sowohl in der Landwirtschaft als auch im Tourismus Lebensgrundlage.

Jetzt haben wir eine weitere Etappe auf dem Weg zur Emissionssenkung, zur Steigerung der Luftgüte und zur Hebung der Lebensqualität zurückgelegt. Mit dieser Gesetzesvorlage wird nämlich nicht nur der europäischen Entwicklung Rechnung getragen, sondern es finden sich darin auch zahlreiche Verschärfungen zur bisherigen Gesetzeslage.

Einige Beispiele möchte ich dazu schon anführen: Wenn es heute zu einer Überschreitung von einem Grenzwert kommt, dann ist ein Landeshauptmann – früher war es so, dass es den Lan­deshauptleuten hat egal sein können – dazu gezwungen, nach einer Statuserhebung innerhalb


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von 15 Monaten ein Maßnahmenpaket vorzulegen und dieses auch umzusetzen. Ich glaube, das ist ein Fortschritt; früher war es eine Kann-Bestimmung, heute ist es eine Muss-Bestim­mung.

Bei Fahrverboten, die immer mit Ausnahmeregelungen gespickt waren, ist es heute so, dass es eine Grenze von zwölf Monaten gibt. Ich meine, auch das ist ein Fortschritt. Der Landeshaupt­mann kann nicht mehr einfach das tun, was er will, sondern er muss dieses Maßnahmenpaket auch umsetzen. Durch die Einführung von fristennäheren Vorschreibungen und Vereinfachun­gen dort, wo der bürokratische Amtsschimmel kräftig wiehert, haben wir versucht, umweltpoliti­schen Beliebigkeiten den Kampf anzusagen und Nachlässigkeiten zu unterbinden.

Jeder kleine Vorstoß ist wichtig, um unseren Lebensraum durch diese Gesetzesvorlage zu schützen. Natürlich kann sich auch jemand von der Opposition hier herstellen und sagen: Es ist viel zu wenig. – Natürlich ist es zu wenig! Beim Schutz unseres Lebensraumes gilt selbstver­ständlich der Grundsatz: Genug ist nie genug. Man kann immer noch bessere Gesetze, noch strengere Regeln beschließen; wie ich aber bereits sagte, haben wir es hier mit einer Etappe zu tun, und jeder Schritt in diese Richtung ist ein richtiger Schritt.

Hinter dem Immissionsschutzgesetz-Luft, kurz IG-Luft, steht eine längerfristige Strategie. Egal, welche Bundesregierung gerade im Amt ist: Es sollte sich die Richtung, in die sich umweltpoli­tische Dinge bewegen, nicht ändern. Die Spielregeln sind klar, die Richtung ist definiert: Wir wollen ein Österreich mit niedrigen Schadstoffbelastungen, mit möglichst wenig Verschmutzung und einer möglichst hohen Lebensqualität.

Den Verrat an Tirol, wie es bei uns in Tirol heißt, durch die Regierung Vranitzky mit ihrem unzu­reichenden Transitvertrag können wir nicht mehr korrigieren. Der Karren ist festgefahren, Zeit­reisen sind nicht möglich, um etwas zu verändern. Heute können wir nur Maßnahmen setzen, die nicht im Widerspruch zu den Gesetzen und Vorschriften der Europäischen Union stehen. Das heißt, dass wir gerade auch in Tirol bei jeder Maßnahme aufpassen müssen, dass sie nicht als einseitige Maßnahme empfunden wird, die dazu dient, den freien Warenverkehr zu behin­dern.

Auf EU-Ebene kann man nicht damit argumentieren, dass wir die Interessen Tirols oder die Interessen Österreichs schützen wollen. Wenn wir mit der Europäischen Union sprechen, muss klar sein, dass nicht der Staat das abgrenzende Territorium ist, sondern die Interessen der Men­schen – sowohl die der Urlaubenden als auch die der Einheimischen – im Mittelpunkt zu stehen haben.

Meine Damen und Herren! Das Prinzip der Umweltpolitik muss heißen, dass es keine Grenzen gibt. Wenn Europapolitiker sagen, die Belastung in Tirol sei nicht so schlimm, es gebe in ande­ren europäischen Staaten genug andere oder gleiche Belastungen, so fordere ich auch diese Politiker auf, Maßnahmen zu setzen, die unseren gleichen.

Umweltschutz kennt keine Grenzen, Schadstoffe halten sich nicht an Abkommen, sie beeinflus­sen das Klima, die Gesundheit, damit den Sozialstaat, die Länder und Gemeinden. Da wir uns dessen bewusst sind, haben wir uns am globalen Kampf gegen Umweltverschmutzung und Naturzerstörung als kleines Land beteiligt – Stichwort Kyoto-Protokoll, Toronto-Ziel und Rio-Konferenz. Auch wenn sich die USA beharrlich weigern, auf die Vernunft des Lebens zu hören – wir leisten unseren Beitrag zum weltweiten Klimaschutz, wir leisten unseren Beitrag zur Reduktion der Schadstoffe und versuchen mit Schärfe und Härte, jene aufzuhalten, die sich nicht an diese Ziele halten.

Konkret bedeutet das, die Verursacher zu bekämpfen, die mit ihren Schadstoffen die Luftquali­tät in Tirol und auch in Österreich verschlechtern. In Tirol leiden die Menschen unter der Schadstoffbelastung, sie leiden aber genauso unter dem Lärm des Transits. Ich gehöre nicht zu jenen Politikern, die durch diese Belastung schwerhörig geworden sind, sondern ich höre auf die Österreicher, ich höre auf die Tiroler. Deswegen ist es mir wichtig, dass dieses Gesetz heute zur Umsetzung gelangt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich glaube nicht, dass sofort eine Wirkung eintritt. Aber dieser Schritt bringt ein Gesetz zum Tragen, das tatsächliche eine Umsetzung gewährleistet, und das ist mir wichtig. Ich bitte trotz allem die Opposition, dieser Gesetzesvorlage zuzustimmen, mit uns gemeinsam diesen Weg in der Umweltpolitik zu gehen und weiter konsequent diesen Weg zu beschreiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 8 Minuten ein. – Bitte.

10.39


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Grünen werden dem vorliegenden Gesetzespaket zur Luftreinhaltung zustimmen, allerdings ist das eine gute Gelegenheit, einmal zu thematisie­ren, wie lange Österreich immer braucht, um EU-Vorlagen, EU-Richtlinien umzusetzen und auch darüber zu reden, in welcher Qualität es das macht.

Österreich ist im Jahre 1995 der Europäischen Union mit einer großen Vision beigetreten, nämlich mit dem Vorhaben, Umweltvorreiter, Umweltmusterland, ein Motor innerhalb der Euro­päischen Union zu sein, Umweltstandards voranzutreiben und weiterzuentwickeln. Wir hatten auch in einigen Bereichen bessere Standards. Das hat sich jedoch mittlerweile ins Gegenteil verkehrt. Gerade an dieser Richtlinienumsetzung sieht man das sehr deutlich: Österreich ist zum Nachzügler geworden.

Die EU-Richtlinie, die wir nun hinsichtlich der Emissionshöchstmengenbegrenzung für die Zu­kunft umsetzen, wäre schon letztes Jahr umzusetzen gewesen. Bereits im Oktober letzten Jahres wäre das entsprechende Aktionsprogramm nach Brüssel zu melden gewesen. Das ist aber kein Einzelfall.

Das Ozongesetz – als zweites Beispiel –, das wir heute hier ebenfalls novellieren und verbes­sern, enthält Forderungen, die Umweltorganisationen seit – sage und schreibe! – zehn Jahren stellen. Ich kann mich selbst noch an eine Pressekonferenz im Jahre 1993 erinnern, in der es genau um die Problematik ging, dass Österreich bei der Ozonvorsorge, bei der Ozonwarnung weit hinter den EU-Standards liegt mit dem Dreistundenmittelwert, mit dem höheren Grenzwert und so weiter.

Mittlerweile hat es hier ein Verfahren gegeben, denn die Kommission hat Österreich geklagt. Der letzte Umweltminister hat es noch als Wortklauberei bezeichnet, als wir darauf gedrängt haben, anhand dieses Verfahrens endlich EU-Recht umzusetzen, die Defizite einzubekennen und auf das bessere EU-System umzustellen. Nun tun wir es endlich. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir im EU-Umweltrecht nicht mehr Nachzügler sind, sondern dass wir diese Dinge offensiv angehen, dass wir Vorreiter sein wollen und es auch wieder werden, dass wir das mutig machen und dass wir daraus auch wirtschaftliche Vorteile schöpfen, wie es in der Vergangen­heit im Bereich Luftreinhaltung schon oft der Fall war. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Betreffend Ozon gibt es ein großes Problem: Die Grenzwerte werden in Österreich teilweise er­heblich überschritten. Man hat in den letzten 15 Jahren im Wesentlichen keine Erfolge ge­schafft; das ist ein Bereich, in dem auch, wie bereits erwähnt, unter Umständen sehr drastische Maßnahmen etwa auch im Verkehrsbereich notwendig sind. Auch da wird sich zeigen, wie mutig der neue Umweltminister ist bei der Aufgabe, die Umsetzung dieser behäbigen Gesetze, bei welchen es teilweise zehn bis 15 Jahre dauert, bis sie Wirksamkeit entfalten, zu beschleunigen und sie effizienter zu machen.

Wir laufen aber leider auch in einem anderen sehr wichtigen Bereich sehenden Auges Gefahr, EU-Nachzügler zu werden. Da mein Vorredner gesagt hat, dass sich Luftschadstoffe, Ver­schmutzungen und Luftverschmutzung nicht an Abkommen halten, so muss ich feststellen, dass sich Österreich auch nicht an Abkommen hält. Wenn Österreich beim Kyoto-Protokoll, das wir unterzeichnet haben, das die USA hingegen leider nicht unterzeichnet haben, so weiter-


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macht, dann haben wir überhaupt keine Chance mehr, die Ziele bis zum Jahr 2008/2010 zu erreichen.

In diesem Zusammenhang ist mir heute in der Budgetrede Folgendes aufgefallen: Finanzminis­ter Grasser hat gemeint, Umweltschutz sei der Regierung wichtig, und er hat auf die Budget­mittel verwiesen, die für Klimaschutz zur Verfügung stehen. Wir haben diese mit jenen Budget­mitteln verglichen, die der blau-schwarze Ministerrat, Kabinett Schüssel I, letztes Jahr zur Verfügung gestellt hat. Zur großen Überraschung mussten wir feststellen: Es ist diesmal weni­ger! Im neuen Budget ist weniger vorgesehen, als es das blau-schwarze Kabinett Schüssel I letztes Jahr im Ministerrat beschlossen hat. Der neue Umweltminister hat weniger Geld zur Verfügung, als es der alte noch gehabt hätte, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Ich meine, dass ist eine sehr, sehr traurige Entwicklung. Ich frage mich, warum Sie sich bei den Verhandlungen gegenüber dem Finanzminister nicht durchgesetzt haben und warum es jetzt im Gesamtausmaß von 43 Millionen € – auf die gesamte Legislaturperiode gerechnet – weniger an Geld gibt, als das noch zum Schluss der Fall war.

Wir haben schon damals kritisiert, dass das zu wenig ist. Wir wollten endlich die volle Finanzie­rung von den 90 Millionen €, die notwendig sind, die eine Frischzellenkur für die österreichische Wirtschaft darstellen – wie es viele Ökonomen auch immer sagen. Aber das ist jetzt wirklich der Gipfel: Schüssel I war besser als Schüssel II im Bereich Umweltschutz und Klimaschutz. (Abg. Mag. Molterer: So wie mit Ihnen vereinbart!)

Sie halten mich, glaube ich, für nicht ganz intelligent, Herr Molterer, wenn Sie sagen, dass das mit uns so vereinbart war. Im Gegenteil: Sie wissen genau, dass wir viel bessere Zahlen verein­bart hatten! Sie halten mich wohl wirklich für blöd! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molte­rer: Soll ich es Ihnen zeigen? Frau Glawischnig! Ein kurzes Gedächtnis!)

Es ist nicht nachvollziehbar, wie sich diese Faktenlage vom letzten Jahr auf heuer so ver­schlechtern konnte; und das auch angesichts der dramatischen Umweltkatastrophe, die es letztes Jahr in Österreich gab. Ich finde es zynisch, wenn sich ein Finanzminister bei der Bevöl­kerung für deren Spendenbereitschaft bedankt, aber in dem Bereich, in dem er etwas tun könnte, nämlich Finanzspritzen für den Klimaschutz zu geben und damit natürliche Vorsorge gegen solche Katastrophen zu betreiben, nichts tut. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grüne bringen deswegen betreffend Klimaschutz, damit wir auch da nicht zum EU-Nach­zügler werden, was wir im Moment schon sind, einen Entschließungsantrag ein, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde betreffend unzu­reichende Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen in Öster­reich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Um­welt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, durch Verhandlungen mit dem Bundesminister für Finanzen sicherzustellen, dass die zur Erreichung des österreichischen Kyoto-Reduktionsziels im Bereich treibhausrelevanter Emissionen notwendigen Finanzmittel bereits ab dem Jahr 2003 zumindest in der laut Stufenplan des Ministerrates vom 17. Juni 2002 festgelegten Höhe zur Verfügung stehen und dies auch im Budget 2003 festgeschrieben wird.

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Um­welt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, Klimaschutzmaßnahmen im Inland zu priorisieren und dafür zumindest die laut Stufenplan des Ministerrates vom 17. Juni 2002 vorgesehene


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Steigerung der Mittel um je 11 Mio. € gegenüber dem Vorjahr für die Umweltförderung im Inland als Zusicherungsrahmen im Wege der Verhandlungen mit dem BMF budgetär sicherzustellen.

*****

Schadstoffe kennen keine Grenzen. Österreich sollte, was das Thema Umweltvorreiter, Umwelt­schutz und den wirklich progressiven, intelligenten Einsatz von solchen Instrumenten betrifft, auch keine Grenzen kennen und das zumindest in diesem Budget, wenn man sich schon verbal erstmals so offensiv zum Klimaschutz und zur ökosozialen Marktwirtschaft bekennt, in irgend­einer Weise auch sichtbar machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Gahr. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 8 Mi­nuten. – Bitte.

10.46


Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Herausforderung der Zukunft für uns alle wird sein, wie wir Umweltinteressen und Wirtschaftsinteressen gemeinsam im Dialog bewältigen können.

Es gilt, dabei drei Grundsätze zu beachten: Eine intakte Umwelt, orientiert an ökologischen Grundsätzen, ist unser oberstes Prinzip, und wir müssen ökonomische Prinzipien geschickt einset­zen. Wir brauchen eine intakte Umwelt, um eine Grundlage für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus zu haben.

Ein weiterer Grundsatz muss sein, unsere Bürger zu schützen, damit wir Vorsorge bei der Ge­sundheit betreiben und nicht Nachsorge teuer bezahlen müssen.

Aber ebenso wichtig für die Zukunft ist es, dass wir für unsere Wirtschaft Rahmenbedingun­gen schaffen, die es ermöglichen, sichere Arbeitsplätze zu gewährleisten, die Wettbewerbs­fähigkeit zu stärken und Perspektiven für den Wirtschaftsstandort Österreich zu haben.

Die Situation im Bereich Umwelt und Luftgüte hat sich in den letzten Jahren leider verschlech­tert. Es gibt eben regional Überschreitungen der Grenzwerte, die natürlich durch die Lage bedingt sind. Als Tiroler Abgeordneter darf ich hier schon feststellen, dass es einen Unterschied macht, ob man in der Ebene oder in einem V-Tal wohnt, wo viele Tiroler Bürger leben müssen.

Es gibt aber, um etwas objektiver zu sein, auch mehrere Gründe dafür, warum die Luftqualität beeinträchtigt wird. Das geschieht erstens natürlich durch den Transit. Das ist zweitens aber auch auf die steigende Wirtschaftsentwicklung zurückzuführen: mehr Betriebe, mehr Arbeits­plätze. Es ist aber drittens auch der eigene Verkehr schuld; und da ist jeder von uns gefordert, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen.

Leider ist es auch so, dass in Österreich die Bahn, was den Güter- und Warenverkehr betrifft, an Kapazität verliert und der Verkehr auf der Straße zunimmt. Daher bin ich den Bundes­ministern Pröll und Gorbach für die rasche Umsetzung der EU-Vorlage mit dem neuen Immis­sionsschutzgesetz-Luft dankbar.

Diese Novelle bringt eigentlich drei Schwerpunkte: erstens eine Bereinigung im Ozonbereich, die im Ozongesetz geregelt wird. Zweitens bringt sie eine Klarstellung beim Vollzug der Ver­kehrsmaßnahmen. Es gibt zeitliche Beschränkungen für Ausnahmen, es gibt Zwangsmaßnah­men bei Verstoß gegen Fahrverbote, und es gibt die erleichterte Kundmachung. Aber wichtig ist


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drittens auch die Schließung einer Rechtslücke, weil die Luftreinhaltung Bundeskompetenz ist und es den Ländern nur beschränkt möglich war, hier Maßnahmen zu setzen.

Für die Praxis heißt das – und gerade wir Tiroler haben ja schon Maßnahmen umsetzen können und sind, so glaube ich, Vorreiter –, wir müssen sogar Vorreiter sein, um unsere Bürger zu schützen, damit es bei Luftschadstoffüberschreitungen generelle Ausnahmeverbote gibt. Aus­nahmeregelungen sind ab nun auf zwölf Monate begrenzt und müssen danach einer Überprü­fung zugeführt werden. Eine so genannte Statuserhebung muss innerhalb von neun Monaten abgeschlossen sein, und innerhalb von sechs Monaten – also maximal insgesamt nach 15 Mo­naten – muss der Landeshauptmann bei Überschreitungen einen Maßnahmenkatalog erlassen.

Wir sind insgesamt alle von Lärm, Staub und Abgasen betroffen. Die laufenden Schadstoffüber­schreitungen haben es – ich habe es schon vorhin eingehend dargestellt – gerade in Tirol not­wendig gemacht, ein Maßnahmenpaket zu schnüren. Dieses gibt jetzt auch unserem Landes­hauptmann, der initiativ war, und der gesamten Tiroler Landesregierung die Möglichkeit, dass in diesem Bereich Maßnahmen mit einem Nachtfahrverbot zwischen 22 Uhr und 5 Uhr, das mit 1. Juni auf das ganze Jahr ausgedehnt wird, gesetzt werden.

Es gibt auch ein sektorales Fahrverbot, das mit 1. August in Kraft tritt, um Güter wie Abfälle, Rundholz, Getreide und Eisenerz auf die Schiene zu verlagern.

Es gibt aber zum Glück auch – und das ist für die heimische Wirtschaft wichtig – Ausnahmen für den Ziel- und Quellverkehr, um den Wirtschaftsstandort nicht zu gefährden. Ziel dieser Maßnahme des Landes Tirol ist es, die LKW-Zahl um 200 000 zu verringern, weil wir natürlich auch wissen, dass wir gerade im freien Warenverkehr in der EU einem internationalen Druck ausgesetzt sind.

Ich bin durchaus auch dankbar dafür, dass wir nicht nur Nachsorge betreiben, sondern unser Bundesminister Pröll gerade im letzten Umweltausschuss auch präventive Maßnahmen ange­kündigt hat und diese in diesem Jahr sukzessive umgesetzt werden. Es gibt ein Fünf-Punkte-Programm unseres Bundesministers, durch das die Schadstoffemissionen im Verkehr reduziert werden sollen:

Erstens soll die Einführung bleifreier Treibstoffe mit 1. Jänner 2004 erfolgen. Blei als Umweltgift Nummer eins muss aus dem Treibstoff herausgenommen werden.

Zweitens gibt es politische Initiativen auf EU-Ebene. Da sei an erster Stelle der Dieselpartikel­filter erwähnt. Wir versuchen derzeit intensiv, dafür Verbündete auf EU-Ebene zu finden.

Als dritte Maßnahme ist die Forcierung alternativer Treibstoffe zu erwähnen. Ich glaube, darin liegt durchaus eine Chance für die heimische Landwirtschaft.

Der vierte Punkt sind nationale Maßnahmen wie die Stärkung der Infrastruktur – neue Verkehrs­konzepte, moderne Verkehrskonzepte – und auch eine Optimierung in der Logistikfrage.

Fünftens sind gesetzliche Initiativen, wie wir sie heute hinsichtlich des IG-Luft beschließen, wichtig.

Diese Novelle bringt insgesamt eine Beschleunigung der Verfahrensabläufe. Es gilt, mehr Flexi­bilität regional zu beschränken und lokal zu lenken.

Wir können dem internationalen Druck entgegenwirken, welcher, bedingt durch den freien Warenverkehr, ganz Europa betrifft und durch die Osterweiterung nicht weniger werden wird. Wir können einen Beitrag dazu leisten, die Lebensqualität zu sichern. Da sind wir alle gefordert. Auch das schwer erreichbare Kyoto-Ziel muss immer im Mittelpunkt unserer Bestrebungen stehen; diese Novelle ist ein Beitrag dazu.

Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar für die breite Zustimmung hier im Hohen Haus. Eine Maßnahme allein ist zu wenig, es gibt noch viel für unsere Umwelt zu tun. Wir alle sind gefor-


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dert, unseren Beitrag zu leisten. Die Umwelt braucht es. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Bayr. Ihre Redezeit beträgt wunschgemäß 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.53


Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Mit dieser Novelle – das ist schon oft gesagt worden – wird eine EU-Richtlinie umgesetzt. Spät, aber doch! Ich wage auch zu behaupten, man merkt, dass es eine EU-Richtlinie ist, die umge­setzt wird, denn es ist ein bisschen lieblos, was da passiert. Diese Novelle ist Pflichtprogramm und ganz sicher nicht die Kür. Es hätte wesentlich mehr Ideen geben können, es hätte wesent­lich mehr Emotion und Ansätze für dieses Gesetz geben können.

Lassen Sie mich auf einige Kritikpunkte konkret betreffend Ozongesetz eingehen! Da ist zum einen § 13 Abs. 1, der für jene Ozon-Überwachungsgebiete, in denen es zu einer Überschrei­tung eines Zielwerts kommt, Programme vorsieht. Bezüglich dieser Programme werden die Landeshauptleute ersucht, Vorschläge für Maßnahmen zu machen. – Jetzt denke ich, es wäre doch durchaus möglich gewesen, da die Bundesländer etwas mehr in die Pflicht zu nehmen. (Abg. Großruck: Das ist österreichische Höflichkeit! Sie kennen den Föderalismus nicht! Lan­deshauptmänner lassen sich nichts anschaffen! – Abg. Gradwohl: Leider!) Ich glaube, dass es sehr schlau gewesen wäre, zu einem wirklich konkreten Mechanismus zu kommen, wie der Bund und die Länder miteinander arbeiten können, weil eine verbindliche Kooperation für einen sinnvollen und funktionierenden Ozonschutz durchaus notwendig ist. Ein reines Ersuchen ist meiner Meinung nach auch legistisch eine zu schwache Basis. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Zweiten, zu § 15 Abs. 1, der einen Aktionsplan für Sofortmaßnahmen vorsieht, der auch entfallen kann, und zwar dann, wenn die Maßnahmen kein nennenswertes Potential besitzen. – Jetzt bin ich schon dafür und halte es für politisch durchaus richtig – auch im Sinne der Kosten für richtig –, dass es eine Verhältnismäßigkeit auf der einen Seite zwischen den Mitteln und auf der anderen Seite zwischen den Effekten gibt. Das ist gar keine Frage. Die Frage ist nur – und diese habe ich auch im Ausschuss gestellt –: Wer legt diese Verhältnismäßigkeit eigentlich fest? Darauf habe ich zur Antwort bekommen: Man wird eine Studie in Auftrag geben, und auf Basis dieser Studie können dann die Landeshauptleute entscheiden.

Ich bezweifle, dass es möglich ist, eine Studie zu erstellen, die für alle Eventualitäten, nämlich wann, wie oder wo Sofortmaßnahmen zu setzen sind, immer an einer klaren Richtlinie ablesbar macht, was denn verhältnismäßig ist und was nicht. Was ich weiters noch viel mehr bezweifle, ist, dass es möglich ist, immer dann, wenn es notwendig ist, eine Sofortmaßnahme zu setzen, eine Studie in Auftrag zu geben, denn das würde zu lange dauern. Es geht ja um Sofortmaß­nahmen, etwas, was Studien eigentlich nicht an sich haben.

Ich bin nicht gegen Studien – überhaupt nicht! –, ich halte diese für sehr sinnvoll, für eine gute Grundlage, aber ich glaube nur, dass in diesem Gesetz eine Klarheit bezüglich Verhältnis­mäßigkeit gänzlich fehlt – und das ist schade. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Dritten, zu § 15 Abs. 4: Dieser regelt die Möglichkeit einer Verordnung für Fahrverbote des motorisierten Individualverkehrs als Maßnahme und regelt auch gleichzeitig die Möglichkeit für Ausnahmen, nämlich Ausnahmen von Kraftfahrzeugen mit besonders niedrigen Luftschadstoff­emissionen. – Besonders niedrige Luftschadstoffemissionen, steht da. Da kann man fragen: Was ist das? Mir ist Folgendes eingefallen, ich habe damit Elektroauto assoziiert. Auf die Frage, was denn mit einem Kfz mit besonders niedrigen Luftschadstoffemissionen gemeint ist, habe ich zur Antwort bekommen: Das sind Euro-4-Lkw. – Das finde ich sehr spannend, dass das Kfz mit niedrigen Luftschadstoffemissionen sein sollen! Das heißt, wir legen den Level für die Ausnahmen so hoch, dass wir sie so gut wie nie überschreiten werden, und das heißt auch, dass es zu kaum irgendwelchen nennenswerten relevanten Verkehrseinschränkungen bei Ozonproblemen kommen wird.


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Wir alle wissen, dass genau dieser motorisierte Individualverkehr aber gleichzeitig der Haupt­verursacher für alle klimarelevanten Schadstoffe ist. Das ist schade, und noch mehr schade ist, dass konkrete Anreize im Gesetz fehlen – Anreize, bei denen es darum geht, auf den öffent­lichen Verkehr umzusteigen. Dazu wird Kollegin Scharer nach mir noch einiges sagen.

Auch wenn es nur die Umsetzung einer EU-Richtlinie ist, hätte es, so meine ich, weitaus bessere Regelungen für die Luft und für die Umwelt geben können. Ich denke dabei an den Staub und an lungengängige Dieselpartikel, was man wesentlich besser hätte regeln können.

Ich finde es schade, dass der Herr Umweltminister mit dieser Vorlage eine Chance verpasst hat, nämlich die Chance, wirklich konsequent für den Umweltschutz in Österreich einzutreten. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

10.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.58


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.‑Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist in Europa punkto Umweltpolitik und punkto Umweltstandards Nummer eins. Das wäre nicht möglich, wenn wir nur immer eins zu eins Umweltvorgaben aus Europa um­setzten, sondern wir haben uns darüber hinaus in der Vergangenheit engagiert und werden das auch in Zukunft tun. Dieser Vorwurf geht also schlicht und einfach ins Leere, sonst hätten wir diesen Platz niemals erreichen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das sehen Sie auch am zentralen Thema „Klimaschutzpolitik“. Während in Europa minus 8 Pro­zent als Ziel angepeilt werden, hat sich Österreich auf Basis des Jahres 1990 ein Reduktions­ziel von minus 13 Prozent gesetzt. Auch das ist ein ambitionierteres Ziel, als es sich Europa im Schnitt vorgenommen hat. Wir werden mit den Maßnahmen, die wir setzen, und mit unserer Klimaschutzoffensive dieses Ziel zwischen 2008 und 2012 auch erreichen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben dafür den Einsatz von Budgetmitteln in der Höhe von 30, 60 und 90 Millionen € bis ins Jahr 2006 vorgesehen. Sehr geehrte Frau Abgeord­nete Glawischnig! Wenn Sie den Ministerratsvortrag 2003 (Abg. Dr. Glawischnig: 2002!), ich korrigiere: den Ministerratsvortrag 2002 zitieren, dann muss ich sagen: Sie haben vergessen, dass als Budgetziel für die 90 Millionen € das Jahr 2008 eingesetzt wurde. Wir werden diese Summe aber schon 2006 umsetzen – wie Sie das auch immer selbst angestrebt haben – und werden damit auch einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz und zur Erreichung dieses Zieles leisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die österreichische Bundesregierung hat es sich zum zentralen Anliegen gemacht, ein Aktions­programm „saubere Luft“ umzusetzen. Dieses besteht aus einem Mix von Maßnahmen. Ich selbst habe die Initiative dazu ergriffen, und wir werden ab 1. Jänner 2004 schwefel­freien Treibstoff auf freiwilliger Basis gemeinsam mit der OMV flächendeckend in Österreich an­bieten. Das wird zu einer schlagartigen Verbesserung der Luftqualität führen, und zwar vor allem in den urbanen Räumen unseres Landes.

Wir haben in der Vergangenheit die Schwefeldioxidemissionen schon um 50 Prozent senken können und werden weiterhin alle Anstrengungen unternehmen – und zwar werden wir im Rahmen europäischer Initiativen zum Beispiel mittels Dieselpartikelfilter für Dieselkraftfahrzeuge noch einen zusätzlichen Schritt setzen –, um die gewünschten hohen Standards auch zu erreichen. Wir werden dieses unser Programm effizient umsetzen.

Um dieses Aktionsprogramm „saubere Luft“ durchsetzen zu können, haben wir nun dieses Ge­setzespaket dem Parlament vorgelegt. Es besteht aus folgenden drei Gesetzen: Emissions­höchstmengengesetz-Luft, Novelle zum Ozongesetz und Immissionsschutzgesetz-Luft.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den einzelnen Gesetzen möchte ich Folgendes festhalten: Wir legen mit dem Emissionshöchstmengengesetz-Luft nationale Höchstgrenzen fest. Wir müssen diese Grenzen bis 2010 erreichen und ab dann einhalten. Wir wollen damit die negativen Auswirkungen der Versauerung, der Überdüngung und des bodennahen Ozons europaweit verringern. Österreich wird daran konsequent arbeiten.

Sehr geehrte Frau Kollegin Sima, Sie haben von mir eingefordert, nicht nur „blumige“ Gesetze vorzulegen, sondern auch Maßnahmen zu setzen, um die erwünschten Ziele zu erreichen. Sie können davon ausgehen, dass diese Bundesregierung die Ziele, die sie definiert, auch wirklich angeht und auch die notwendigen Maßnahmen setzt, um diese Ziele zu erreichen. Das trifft auch für die Umweltpolitik zu. (Abg. Mag. Sima: Wir werden Sie daran erinnern!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Emissionshöchstmengengesetz-Luft schaffen wir auch eine verbesserte Datenlage. Wir werden jährlich Emissionsinventuren durchführen, um die Schadstoffe zu lokalisieren und daraus dann die entsprechenden Maßnahmen abzuleiten.

Nun zur Novelle zum Ozongesetz: Wir werden damit dazu beitragen, die Ozonbelastung insgesamt zu verringern. Mit dieser Novelle werden die Zielwerte für 2010 hinsichtlich der Ozonkonzentration in der Luft festgelegt.

Wir werden Maßnahmenpläne erstellen, und auch diese werden konsequent umgesetzt werden. Die Bevölkerung wird in Zukunft früher gewarnt, als es in der Vergangenheit der Fall war. Wir hatten bis jetzt drei Schwellenwerte, und wir werden diese auf zwei reduzieren. Diese sind: Informationsschwelle und Alarmschwelle. Wir werden damit die Bevölkerung vor der Ozonbe­lastung zeitgerechter und effizienter schützen können.

Nun zum dritten Teil des Gesetzespakets, zur Novelle zum Immissionschutzgesetz-Luft: Wir setzen – das ist schon ein paar Mal angeklungen – vor allem für die sensiblen Zonen neue Maßnahmen. Da sind die Landeshauptleute angesprochen. Es erfolgt eine Klarstellung beim Vollzug von Verkehrsmaßnahmen, zum Beispiel eine zeitliche Beschränkung der Ausnahmege­nehmigungen. Wir erhöhen das Potential für Zwangsmaßnahmen für die Exekutive beim Ver­stoß gegen Fahrverbote, und wir erleichtern die Kundmachung dieser Verbote. Das ist vor allem für die sensiblen Regionen ein entscheidender Qualitätsvorsprung und trägt wesentlich zur Reduktion der Schadstoffe in diesen Regionen bei.

Durch die Fristverkürzung bei Statuserhebungen im Rahmen des Maßnahmenplans auf 15 Mo­nate erhöhen wir erstmals den Zugzwang. Damit steigern wird die Effizienz der Möglichkeiten, hinsichtlich des Schutzes der Bevölkerung tatsächlich rasch Maßnahmen setzen zu können.

Ich glaube, dass wir mit dem Aktionsprogramm „saubere Luft“, mit der Entschwefelung der Treibstoffe und mit den vorliegenden Gesetzesmaterien, nämlich dem Emissions­höchstmen­gengesetz-Luft, dem Ozongesetz und dem Immissionsschutzgesetz-Luft, einen entscheidenden Beitrag zu einer besseren Umweltqualität in unserem Land leisten und damit die Lebensqualität in Österreich erhöhen. Daher bin ich froh darüber, dass im Ausschuss dies­bezüglich Ein­stimmigkeit gegeben war und dass sich auch die Opposition diesem ge­meinsamen Ziel ange­schlossen hat. Wir sind jedenfalls bereit – davon können Sie ausgehen –, diese Vorhaben sukzessive und konsequent umzusetzen, und wir sind zuversichtlich, dass wir das bis 2010 erreichen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.04


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

11.04


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Einleitend ein Gedanke: Ich glaube, wir hätten uns sehr viel an Diskussion in der Umweltpolitik und auch in der Transit­problematik, in all diesen Dingen erspart, wenn wir zum Zeitpunkt des EU-Beitrittes einen ver­nünftigen Transitvertrag ausverhandelt hätten, wenn zur Zeit der SPÖ-Regierungsbeteiligung


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die in diesem Bereich notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen worden wären, für die wir jetzt sozu­sagen kämpfen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Ihr habt in der Transitpolitik nichts zusammengebracht! Absolut nichts!)

Wir sprechen heute über das Emissionshöchstmengengesetz-Luft. Frau Kollegin Sima! Ich finde, es ist total komisch, und ich habe überhaupt noch nie erlebt, dass ein Abgeordneter sich wünscht, dass seine Anträge abgelehnt werden. Ich finde es „faszinierend“, dass Sie hier heraußen quasi sagen: Bitte lehnen Sie meine Anträge ab! – Irgendetwas kann da nicht ganz in Ordnung sein! (Zwischenruf der Abg. Mag. Sima.) Sie müssen Ihre Anträge – das habe ich Ihnen auch im Ausschuss gesagt – formal richtig stellen und mit einem guten Inhalt füllen, dann werden die Freiheitlichen bereit sein, Ideen von Ihnen zu unterstützen und auch mitzutragen. (Abg. Mag. Wurm: In Tirol erstickt man am Lärm und an den Abgasen!)

Hier erstickt man Gott sei Dank nicht am Lärm, weil die Reihen der SPÖ so geleert sind, dass es gar nicht so laut sein kann. (Abg. Reheis: Fällt Ihnen etwas Gescheites auch ein? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Danke.

Aber nun zur vorliegenden Gesetzesmaterie: Ich bin davon überzeugt, dass dieses Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich teile auch die Meinung der Opposition, dass noch mehr in diesem Bereich zu geschehen hat. Es ist aber oft so, dass man eben einmal einen Schritt in die richtige Richtung setzt, dem noch viele Schritte folgen müssen.

Gerade damit, dass wir mit diesem Gesetz eine Kompetenzerweiterung für die Landes­haupt­leute schaffen, aber sie auch zum Handeln zwingen, werden, so glaube ich, sowohl unseren Kolleginnen und Kollegen als auch den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ jede Menge Frei­heiten gegeben, in ihren Ländern mit ihren Organisationen dafür zu sorgen, dass diese Richt­linie so umgesetzt wird, dass sie auch ihren Zweck erfüllt und dazu beiträgt, unser Land in der Umweltpolitik sozusagen zum Besseren zu bringen.

Eines ist klar: Es muss im Interesse der Gesamtbevölkerung liegen, dass wir eine intakte Natur haben, dass wir eine gesunde Umwelt haben und dass wir ein lebenswertes Land nicht schaffen, sondern erhalten. Ich möchte auch bitten – bei all der berechtigten Kritik, die von Seiten der Opposition kommt –, doch zuzugeben: So schlecht ist die Umweltpolitik in unserem Lande nicht! So kaputt ist die Natur in unserem Lande nicht, wie es oft dargestellt wird! Glauben Sie mir: Wir sollten wirklich lieber konstruktiv daran arbeiten, die Dinge weiter zu verändern und zu verbessern, statt in den Ausschüssen destruktiv zu agieren und nicht dazu beizutragen, dass diese Veränderungen vonstatten gehen.

Es sei mir auch erlaubt, dass ich in diesem Zusammenhang noch ein paar Worte zu dem zuständigen Ausschuss als solchem verliere. Dieser Ausschuss ist, so glaube ich, ein sehr wichtiger Ausschuss, denn die Umweltpolitik wird immer mehr eine zentrale Rolle spielen. Der Umweltminister wird in den nächsten Jahren sicherlich sehr gefordert sein, und es ist ganz klar, dass in diesem Ausschuss wichtige Weichenstellungen erfolgen werden, weil die Umwelt­politik sehr viele andere Bereiche, die direkt oder indirekt davon betroffen sind, beeinflusst.

In diesem Ausschuss hat es auch eine Diskussion über die Atompolitik gegeben. Ich begrüße – das möchte ich ausdrücklich hier sagen – den Vorschlag von Frau Kollegin Glawischnig, uns im Ausschuss wieder mit einem Vier-Parteien-Antrag klar zur Atompolitik zu positionieren. Gar keine Frage! Wir werden uns dazu positionieren. Es war und ist immer die freiheitliche Haltung gewesen, einen Ausstieg aus der Atompolitik mitzutragen, dafür zu sorgen, dass Österreich atomkraftfrei bleibt und dass Europa atomkraftfrei wird, und das werden wir mittragen. Wir werden hier auch einmal Seite an Seite dafür kämpfen, gemeinsam mit unseren Kollegen von der Regierungspartnerpartei, dass wir das, was wir fordern, auch umsetzen.

Ich möchte Sie daher noch einmal bitten – das ist das, was ich Ihnen mit auf den Weg geben möchte –, hier konstruktiv daran zu arbeiten und nicht Polemik zu betreiben, denn mit Polemik ist keinem von uns geholfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Abschließend – die Vorredner aus meiner Fraktion haben es bereits gesagt –: Wir unterstützen diesen Gesetzentwurf. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Es gibt in Bezug auf diese Gesetzesmaterie einen breiten Konsens, den ich sehr begrüße. Ich glaube, wir sollten auf diesem Weg bleiben beziehungsweise diesen Weg nicht verlassen und in Zukunft darauf achten, dass wir mehr und schnellere Schritte setzen, damit die Umweltpolitik in Österreich jenen Stellenwert behält, den sie momentan hat. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.10


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte.

11.10


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Geschätztes Hohes Haus! Die Bestimmungen des Emissionshöchstmengengesetzes-Luft gehen auf das Göteborg-Protokoll zur Bekämpfung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon zurück. Damit werden innerstaatlich die Emissionshöchstmengen bei Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, flüchtigen organischen Stoffen und Ammoniak festgesetzt, die laut EU-Richtlinie bis Ende 2010 einzuhalten sind.

Die Grünen haben dazu auch eine Anfrage bezüglich Ammoniak gestellt. Die Belastung mit Am­moniak wird – eine grobe Schätzung – mit 68 Kilo-Tonnen pro Jahr angenommen, sollte aber eigentlich bei 66 Kilo-Tonnen pro Jahr liegen. Das hat uns dazu gebracht, ganz konkrete Maßnahmen ins Auge zu fassen, Maßnahmen, die jedoch zum Teil hier im Hohen Hause ziem­lich inkompetent kommentiert wurden.

Das heißt, wir haben das Problem, dass zwar erkannt wird, was zu tun ist, aber es gibt dazu keine konkreten Vorschläge. Das Gesetz enthält ja keine neuen Instrumente zur Reduktion von Luftschadstoffen, sondern stellt sozusagen eine Wiedergabe der EU-Richtlinie dar, eine Richt­linie, die jedoch – wie schon meine Kollegin vorhin gesagt hat – nicht gerade „berauschend“ ist, was neue Ansätze anlangt. Sie dient lediglich der Emissionserfassung und der Dokumentation von Maßnahmen, was immerhin etwas ist, aber die Sinnhaftigkeit steht und fällt mit der Ge­nauigkeit der Emissionsinventare.

Bei den Neuerungen bewerten wir es als positiv, dass die Sanktionen bei Zuwiderhandeln gegen die Maßnahmenkataloge verschärft werden, denn sonst nützt das ganze Instrument nichts. Die Frist für die Erstellung der Statuserhebung wird verkürzt; auch das ist positiv zu be­werten. Und jene IPPC-Anlagen, die noch keiner bundesgesetzlichen Bewilligungspflicht unter­liegen, werden bewilligungspflichtig.

Die Neuerungen sind also im Großen und Ganzen positiv zu beurteilen. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Vollzug des Gesetzes bisher sehr mangelhaft war. Obwohl es weit mehr als zehn luftschadstoffbelastete Gebiete in Österreich gibt, wurde bis dato erst ein einziger Maßnahmenkatalog erlassen.

Schon im Umweltausschuss ist die besondere Fähigkeit unseres Ministers, dass er sehr zuver­sichtlich ist, hervorgekommen; das finde ich schön. Zuversicht darf aber nicht mit Blauäugigkeit verwechselt werden. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt!) Er ist zuversichtlich, dass wir das Ziel bei der Reduktion der CO2-Emissionen erreichen werden. Das heißt, er ist zuversichtlich, dass wir von einem angenommenen Wert von 86 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent auf den ange­nommenen Wert von 68 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent herunterkommen, also eine Re­duktion von 18 Millionen Tonnen erreichen werden, und das mit wenig Geld, denn die ange­nommene Unterstützung durch den Bundeshaushalt in der Höhe von 540 Millionen € ist ja auf 180 Millionen € zusammengeschrumpft, was ich erbärmlich finde. Damit sind wir wieder bei dem Problem, dass offensichtlich viele Leute in der Regierung davon ausgehen, dass Um­weltschutz eine Art Orchideenthema ist, das heißt, dass Umweltschutz etwas ist, was zwar ganz nett ist, aber nichts kosten darf. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ha­ben Sie sich das Budget angeschaut?)


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Die Grünen haben im Ausschuss für das Gesetz gestimmt, weil es unter dem Strich Ver­bes­serungen des rechtlichen Rahmens für die Luftreinhaltung bringt. Das ändert aber nichts an der Kritik der Grünen, dass die Umsetzung des Ozongesetzes bisher mehr als mangelhaft war. Auch die Novellierung des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen und damit für Maßnahmen für Großfeuerungsanlagen stehen schon lange aus.

Luft ist ja ein flüchtiger Stoff, den man nicht sieht, und da setzt sich offensichtlich das Sprichwort durch: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!“ – Heiß nicht, aber krank! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.15


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Gorbach. – Bitte.

11.15


Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, ich habe mich spontan zu Wort gemeldet, weil das Wort „Transit“ doch einige Male gefallen ist. Natürlich haben der Transit und dessen Entwicklung sehr viel mit dem Umweltschutz und mit der Schadstoff­belastung unserer Luft zu tun. Ich habe mich vor allem deshalb zu Wort gemeldet, weil aus den Reihen der Opposition ein Zuruf im Zusammenhang mit dem Transitvertrag gekommen ist, mit dem Vorwurf: Jetzt haben wir gar nichts!

Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu nützen, festzustellen, dass es wirklich ein Fehler war, dass man beim Verhandeln des Transitvertrages vor dem Beitritt zur EU, also vor mehr als zehn Jahren, vergessen hat – und ich möchte jetzt nicht auf die politische Verantwortlichkeit von damals eingehen –, dafür Sorge zu tragen, dass für den Transitvertrag, wenn er nach zehn Jahren ausläuft, eine Ersatzlösung beschlossen wird.

Es wurde zwar von der EU versprochen, dass es bis dahin eine Wegekostenrichtlinie geben wird, die die Möglichkeit bieten wird, den Transit zu beschränken, aber man hat vergessen, in diesen Vertrag die Eventualität einzubauen, dass die Wegekostenrichtlinie bis zum Auslaufen des Transitvertrages vielleicht nicht da ist. Genau dieser Fall ist jetzt eingetreten.

Ich habe deshalb in den wenigen Wochen meiner Amtszeit nichts unterlassen, um erstens für eine taugliche Übergangslösung zu werben, was den Transitvertrag betrifft, eine Übergangs­lösung, die zumindest halbwegs das enthält, was man uns versprochen hat, was aber nicht ge­halten wurde – ich komme später noch kurz darauf zu sprechen –, und zweitens zu erreichen, dass die zuständige EU-Kommissarin De Palacio die Wegekostenrichtlinie rasch zur Diskussion auf den Tisch legt.

Meine Bemühungen zeitigten auch einen Erfolg, denn sie hat mir gestern in Brüssel mitgeteilt, dass sie noch vor dem Sommer den Entwurf für eine solche Richtlinie auf den Tisch legen und diskutieren will. Es hat also dieses Drängen von Seiten Österreichs sehr wohl genützt.

Meine Damen und Herren! Natürlich habe ich auch in den vielen Gesprächen, die ich über Parteigrenzen hinweg mit verschiedenen Mitgliedern des Europäischen Parlaments geführt habe – ob das mit Caveri war, ob das mit Echerer von den Grünen war, ob das mit Swoboda war, ob das gestern mit Simpson von den Sozialisten war oder ob das mit Peijs von den Kon­ser­va­tiven in Europa war –, immer betont, wissend, dass es einige Leute gibt, die am liebsten keinen Transitvertrag hätten, um den unbeschränkten Transitverkehr gewährleisten zu können: Wenn wir keine Lösung finden, dann wird Österreich von nationalen und regionalen Mög­lichkeiten selbstverständlich Gebrauch machen! – Dabei habe ich immer Tirol als Beispiel herangezogen.

Ich bin sehr dafür, dass man jetzt in dieser Hinsicht auch die gesetzlichen Bedingungen dafür schafft, dass Landeshauptleute nach dem Subsidiaritätsprinzip die Möglichkeit haben, der Schad­stoffbelastung Einhalt zu gebieten, wenn es erforderlich ist. Ich halte das für etwas sehr Positives. Davon soll man in Europa auch reden, ohne dabei gleich zu drohen.


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Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen noch etwas sehr deutlich: Es wird nicht gut sein, jetzt mit Schuldzuweisungen dahin gehend zu agieren, wer denn die Sache Transitvertrag verbockt hat, worin die Ursache für diese schlechte Situation, in der wir uns jetzt befinden, liegt. Ich darf in Erinnerung rufen, dass mit dem Transitvertrag, der vor dem Beitritt Österreichs zur EU ausver­handelt wurde, im Wesentlichen zwei Dinge versprochen wurden: Erstens, dass nicht grenzenlos transitiert wird, dass es Möglichkeiten geben wird, mittels Ökopunkteregelung die Zahl der LKWs, die durch Österreich fahren, zu begrenzen. Zweitens, dass die Schad­stoff­belastung um 60 Prozent reduziert wird, und zwar nachhaltig, über den Transitvertrag hinaus. Diese Nachhaltigkeit endet ja nicht mit dem 31. Dezember 2003.

Beides ist nicht erfolgt. Beides wurde nicht eingehalten. Die Reduktion um 60 Prozent wurde bisher von der EU nicht eingehalten, und die Wegekostenrichtlinie liegt auch noch nicht auf dem Tisch. Wir sind jetzt in der schlechten Situation, für eine Übergangslösung für drei Jahre kämpfen zu müssen, obwohl wir eigentlich etwas Versprochenes nicht bekommen haben. Das möchte ich schon in Erinnerung rufen!

Ich möchte deshalb an alle Fraktionen appellieren, mich und uns alle in der Regierung dabei zu unterstützen, dass wir auf europäischer Ebene doch noch eine vernünftige Lösung finden, eine Lösung, die aber nicht Caveri-Bericht heißen kann, sondern die zumindest in Richtung „Silvester-Kompromiss“, Dänemark-Kompromiss geht.

In diesem Zusammenhang darf ich auch noch zur Technik ganz kurz etwas sagen: Die Euro-3-Modelle – laut Caveri-Bericht und einigen anderen wäre der freie Warenverkehr behindert, wenn die Euro-3-LKW weiterhin ökopunktepflichtig sind – dürfen keinesfalls liberalisiert werden, weil dann nach unseren Berechnungen 80 Prozent des gesamten Transitverkehrs liberalisiert wären. Das kann es ja wirklich nicht sein!

Im Übrigen verweise ich bei dieser Gelegenheit auf die so genannte Artemis-Studie, eine Studie von der TU-Graz, die von der Europäischen Union in Auftrag gegeben wurde und die auch klar beweist, dass diese Euro-2- und Euro-3-Modelle im Sinne Schadstoffreduktion, im Sinne schadstoffarme LKWs nicht das gebracht haben, was in der Theorie, was in den Prüfberichten vesprochen wurde. Das heißt, die Schadstoffreduktion wird maximal beim Einsatz der so genannten Euro-4-Modelle erfolgen. Deshalb kann man diese durchaus liberalisieren, aber sie werden erst ab 2005 auf dem Markt, im Handel sein. Wir müssen daher alles tun, um die Euro-3-Modelle wieder in die Ökopunkteregelung hineinzubringen.

Ich glaube daher, Herr Kollege von der SPÖ, es ist müßig, hier Zwischenrufe zu machen, sondern wir sollten gemeinsam alles tun, um eine Übergangslösung zu finden, die der Umwelt dient, die der Schadstoffreduktion dient und die Druck in Richtung einer Wegekostenrichtlinie macht, die auch Fleisch auf dem Knochen hat, wenn man so sagen will, nämlich, die auch Querfinanzierungen in Richtung Schiene möglich macht, die auch sektorale Fahrverbote möglich macht, die auch externe Kostenberechnung für die Maut-Berechnung und Ähnliches mehr möglich macht. Ich bitte dabei um Ihre Unterstützung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.21


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

11.21


Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Umsetzung von zwei EU-Richtlinien im Bundesgesetz, mit dem ein Emissionshöchstmengengesetz-Luft, ein Bundes­gesetz über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe, erlassen sowie das Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden, wird in Österreich zur weiteren Ver­bes­serung der Luftqualität beitragen.

Zur Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon wurde eine Strategie entworfen, die es ermöglichen soll, auf europäischer Ebene eine Reduktion in allen drei


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Problem­bereichen zu erzielen. Es wurden deshalb nationale Emissionshöchstmengen für Luft­schad­stoffe – Schwefeldioxid, Stickoxide, flüchtige organische Verbindungen und Ammoniak – festgelegt, die ab dem Jahre 2010 nicht mehr überschritten werden dürfen – eine Thematik, die einem sehr chemisch-technokratisch vorkommen mag; ein Eindruck, der täuscht.

Es ist nämlich so, dass wir davon permanent und hautnah betroffen sind. Die negativen Auswirkungen der Luftverschmutzung sind sichtbar und spürbar. Wir erinnern uns alle an die Bilder von abgestorbenen Wäldern aus dem Erzgebirge aus den vergangenen Jahren, sehen Schäden an Objekten und Denkmälern. Wir müssen allerdings auch zur Kenntnis nehmen, dass es direkte Auswirkungen auf den Menschen gibt, wie Studien beweisen.

Dieses Bundesgesetz ist eine sehr wichtige ordnungspolitische Maßnahme im europäischen Kontext. Genauso wichtig scheint es mir zu sein, das Problembewusstsein aller zu schärfen, um die notwendige Akzeptanz für Umsetzungsschritte zu erhöhen.

Zwei Themenbereiche sind es, denen in Bezug auf die Thematik Luftschadstoffe besondere Bedeutung zukommt:

Zum Ersten ist es die Raumwärme, und zum Zweiten ist es der Verkehr. Im Bereich Raum­wärme wurden in den letzten Jahren viele zukunftsweisende Maßnahmen umgesetzt. Öster­reich liegt im Bereich erneuerbare Energie für Heizzwecke und Warmwasserproduktion in Euro­pa im absoluten Spitzenfeld. Hunderte Fernwärmewerke auf Biomassebasis und Zigtausende Hackgutheizungen und Pelletsöfen stellen dies unter Beweis.

Was die bessere Nutzung der Raumwärme betrifft, so haben nahezu alle Bundesländer die Eckpunkte der Klimastrategie umgesetzt und eine Vielzahl von Projekten sowohl im Bereich der Althaussanierung als auch im Neubau von Niedrigenergiehäusern verwirklicht.

Einen sehr positiven Beitrag können hier objektive Beratungseinrichtungen liefern, wie dies etwa die „energie-agentur waldviertel“ darstellt. Summarisch kann festgestellt werden: Wir sind auf dem richtigen Weg!

Schwieriger stellt sich die Situation im Verkehrsbereich dar: Immer mehr Fahrzeuge, höhere Kilometerleistungen und das Hinzukommen von zusätzlichen Verkehrsströmen durch die Wiedervereinigung Europas stellen eine beachtliche Herausforderung dar.

Um die Luftschadstoffe aus dem Verkehrsbereich zu reduzieren, hat unser Umweltminister Dipl.-Ing. Josef Pröll, dessen Blauäugigkeit im Umweltbereich sich lediglich auf seine Augen­farbe beschränkt (Beifall bei der ÖVP), als eine seiner ersten Maßnahmen eine Vereinbarung mit der OMV unterzeichnet, die eine flächendeckende Verfügbarkeit von schwefelfreien Kraft­stoffen sowohl für den Otto- als auch für den Dieselmotor vorsieht. Dies soll ab 1. Jänner 2004 sichergestellt sein. Weniger Feinpartikel aus den Dieselmotoren und weniger bodennahes Ozon sind das wichtigste Ziel.

Der nächste Schritt muss der vermehrte Einsatz von biogenen Kraftstoffen sein. Der Einsatz von Biodiesel reduziert in Relation zum herkömmlichen Dieselkraftstoff die Schadstoffbelastung in beeindruckenden Dimensionen. Biodiesel stößt 46 Prozent weniger Kohlenwasserstoffe, 52 Prozent weniger Russ und 36 Prozent weniger Partikel aus. Und Biodiesel setzt nur jenes CO2 frei, das vorher von der Pflanze aufgenommen wurde.

Die Wiedervereinigung Europas bringt ein Mehr an Verkehrsströmen, aber beachtliche Vorteile. Die neuen Länder in der EU haben ihre Schadstoffbelastungen beachtlich reduziert. Dies ist teilweise auch mit hochwertigen österreichischen Produkten erfolgt – eine Tatsache, die speziell die Menschen der Grenzregion, wie etwa die Waldviertler, freut.

Die Wiedervereinigung ermöglicht aber auch, dass Schienenstränge, die durch den Eisernen Vorhang getrennt gewesen sind, wiederhergestellt werden. Dies ist etwa bei der Strecke Zwettl–Waidhofen–Zlabings–Iglau der Fall.


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Geschätzte Damen und Herren! Der Finanzminister hat heute in diesem Saal bestätigt, dass Herr Bundesminister Molterer dafür Sorge getragen hat, dass im Zeitraum 2004 bis 2006 zusätzliche Beträge – von 30 auf 90 Milliarden steigend – zur Verfügung stehen, um umwelt­relevante Projekte in unserem Heimatland Österreich effizient umzusetzen.

Dieses Bundesgesetz ist ein sinnvolles und effizientes Gesetz. Geschätzte Damen und Herren, ich bitte um Ihre Zustimmung! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.27


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr.  Bauer. – Bitte.

11.27


Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Zuerst einmal möchte ich sagen, dass es mich freut, dass die Feststellung, Österreich ist in Europa das Umweltland Nummer eins, getroffen wurde, weil das auf die Arbeit, die in den letzten Jahrzehnten geleistet wurde, zurückzuführen ist. Leider muss ich aber auch sagen, dass diese Vorreiterfunktion in den letzten Jahren tatsächlich verloren gegangen ist.

Ich erinnere mich noch an die großen Diskussionen, wo die Umweltpolitik noch nicht so selbstverständlich war, wo der Umweltpolitik noch sehr viel Skepsis entgegengebracht wurde. Das Positive an all diesen Diskussionen ist, dass man heute Umweltpolitik allgemein als einen hohen Wert betrachtet. Ich stehe nicht an, auch Fortschritte festzustellen, wie zum Beispiel die Maßnahme, dass ab 1. Jänner 2004 in Österreich schwefelfreier Treibstoff angeboten werden soll.

Was den Transitvertrag betrifft, Herr Bundesminister Gorbach, so möchte ich feststellen, dass natürlich die EU säumig ist, was die Wegekostenrichtlinie betrifft, dass es aber auf der anderen Seite doch drei Jahre Zeit gegeben hat, um über eine Übergangsregelung zu verhandeln. Solange in Europa keine Wegekostenrichtlinie existiert, so lange muss man praktisch alles daransetzen, um eine Übergangsregelung zu bekommen. Ich wünsche uns und auch Ihnen viel Erfolg bei der Erlangung einer entsprechenden Übergangsregelung.

Weiters möchte ich die Feststellung treffen – fast jeder Redner hat darauf hingewiesen –, dass nun die zwingende Umsetzung der EU-Richtlinien erfolgt. Es liegt allerdings die Betonung auf den Worten „zwingende Umsetzung“. Eine gewisse Säumigkeit kommt dadurch zum Ausdruck. Trotzdem glaube ich, es ist wichtig, alles zu tun, um die nationalen Umweltbelastungen zu reduzieren, entsprechende Programme vorzubereiten und auch Berichte darüber zu liefern.

Allerdings ist auch jetzt nicht klar, zu welchem Datum dies zu geschehen hat. Es wird zwar der Hinweis gegeben, dass mit 1. Oktober 2006 dieser positive Beitrag gemessen werden soll, aber es wird nicht zwingend danach gehandelt.

In diesem Gesetz – das möchte ich schon kritisch anmerken – wird doch mehr der Tradition gefrönt, eine breite Palette von Grenzwerten, Zielwerten, Warnwerten, Alarmwerten, Versor­gungs­werten und Informationswerten anzugeben, ohne dafür zu sorgen, dass die Vollzugs­organe auch in der Lage sind, die Einhaltung all dessen entsprechend durchzusetzen.

Das ist meine Hauptkritik: dass es bei der Umsetzung doch Mängel gibt, weil man die Maß­nahmen, die die Länder zu ergreifen haben, bisher nicht wirklich erlebt hat, auch wenn es eine gewisse Verbesserung gegeben hat und es bisher auch zu keinen Alarmierungen gekommen ist.

Ich möchte auch auf eine Bemerkung des Tiroler Kollegen eingehen, der das stark heraus­gearbeitet hat. Ich möchte wissen, ob in Tirol zum Beispiel die Bereitschaft besteht, wenn etwa um eine Genehmigung für einen neuen Industriebetrieb angesucht wurde, auf Grund der Ozon­belastung in dieser Region tatsächlich die Zustimmung zur Neuerrichtung, zur Betriebser­öffnung zu verweigern. Das ist ja die Nagelprobe bei der Umsetzung!


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Es geht eben nicht nur darum, Werte vorzuschreiben, sondern es geht darum, dass man diese in der Konsequenz auch umsetzt. Das ist sehr wichtig bei der Bekämpfung der Ozonbelastung: dass die entsprechenden Maßnahmen von den Ländern auch wirklich eingefordert werden.

Ich halte die Zusammenarbeit zwischen den Ländern, durch die spezifische, regionale Erfor­dernisse Berück­sichtigung finden, für sehr wichtig. Es geht auch um die Zusammenarbeit bei der Frage, was zu geschehen hat, wenn eine Überschreitung der Grenzwerte gegeben ist. Darauf kommt es ja eigentlich an. Es geht dabei nicht nur um ein Vorschlagsrecht, sondern um die Zusam­menarbeit mit den Ländern und dann letztlich auch um die Frage der tatsächlichen Vor­gangsweise, im konkreten Fall bei den Aktionsprogrammen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.32


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

11.33


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! In Salzburg wird im Sommer an 90 Prozent aller Tage beim Ozon der Vorsorgewert für menschliche Gesundheit überschritten. Das gibt der Leiter des Messnetzes für die Salzburger Luftinformation bekannt.

Laut Ozonbericht 2002 ergibt die Auswertung der Ozondaten von 1999 bis 2001, dass die Zielwerte zum Schutz der Gesundheit an 66 Prozent der Messstellen überschritten werden. Und Ozon ist wahrlich kein abstraktes Wort! Es schränkt unsere Gesundheit ganz massiv ein und wirkt sich stark auf diese aus.

Hauptverantwortlich für die Verschärfung der Luftsituation ist in erster Linie das rasch wachsende Verkehrsaufkommen, und dieses Aufkommen wird auch in Zukunft drastisch weiter zunehmen. Es liegt daher klar auf der Hand, dass Anstrengungen für eine saubere Luft unbe­dingt notwendig sind.

Hohes Haus! Das vorliegende Gesetz ist ein weiterer Schritt, um EU-weit und natürlich ins­besondere österreichweit die Belastung mit Luftschadstoffen zu verringern und die Luftgüte zu verbessern. Dadurch wird ein großer Beitrag zum Schutz der Umwelt und insbesondere für die Gesundheit der Menschen geleistet, denn durch die Festlegung von nationalen Emissions­höchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe sollen die Versauerung, das bodennahe Ozon und die Überdüngung verringert werden.

Da die Luftschadstoffe an den Landesgrenzen nicht Halt machen, wird Österreich von der europaweiten Richtlinie profitieren, weil ja eine beachtliche Menge an Schadstoffen aus den benachbarten Ländern nach Österreich importiert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Nachhaltigkeit im Umweltbereich ist besonders wichtig, dass nicht nur Belastungswerte festgestellt, sondern auch verbindliche, konkrete Maß­nahmen gesetzt werden. Und genau diese Verpflichtung sieht das vorliegende Gesetz vor, denn die Regierung wird und muss Programme erstellen, um die laufende Verminderung der Emissionen voranzutreiben. Man muss auch das Ziel, dass ab 2010 die festgesetzten Emis­sionswerte nicht mehr überschritten werden, laufend kontrollieren. Wir setzen diesbe­züglich sehr große Erwartungen in Herrn Bundesminister Pröll.

Laufende Überprüfungen der Maßnahmen sind ebenfalls in dem Gesetz verankert, da jährliche Emissionsinventuren an die Europäische Kommission übermittelt werden müssen.

Im zweiten Teil des vorliegenden Gesetzes, in der Novellierung des Ozongesetzes, wird als Schwerpunkt die klare Definition von Zielen und Maßnahmen dargestellt. Die Richtlinie enthält Zielwerte und langfristige Ziele zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Vegetation. Auch da ist die Bundesregierung wiederum dazu verpflichtet, Programme zu erarbeiten, damit die Zielwerte ab 2010 eingehalten werden können.


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Zusätzlich sind auch noch die Landeshauptleute gefordert, Aktionspläne für Sofortmaßnahmen zu erstellen und auch die notwendigen Kriterien dafür konkret umzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist sicherlich ein ent­scheidender Beitrag in der Umweltpolitik, da im Sinne der Umwelt konkrete Programme erar­beitet und Maßnahmen getroffen werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dipl.-Ing. Regler.)

11.37


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

11.37


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Debatte ist vielfach die Ansicht vertreten worden, dass sich mit der Beschlussfassung dieses Gesetzes quasi automatisch die Umweltsituation im Bereich der Luftschadstoffe verbessern werde. – Meine Damen und Herren! Das ist mitnichten der Fall! Abhängig wird die Situation immer davon sein, wie, auf welche Art und mit welchen konkreten, zielführenden Maßnahmen in den jeweils betroffenen Gebieten Schritte gesetzt werden.

Ich darf Ihnen aus dem Jahresbericht der Luftgütemessungen in Österreich die Liste all jener Grenzwertüberschreitungen vorlesen, die für das Jahr 2000 veröffentlicht wurden. Das ist die erste Liste, die sozusagen auf dem Papier vorliegt. Da ich das aber auch online verfolge, kann ich feststellen, dass die Überschreitungen in den beiden vergangenen Jahren, vor allem in den vergangenen Sommern, leider deutlich zugenommen haben.

In Kärnten in Wolfsberg, St. Andrä, Klagenfurt und Völkermarkt, in Niederösterreich in St. Valentin, in Oberösterreich in Linz, in der Steiermark in Weiz, Hartberg und Köflach, in Graz praktisch im gesamten Stadtgebiet, in Tirol in Innsbruck, in Oberösterreich in Braunau, in Salz­burg am Mirabellplatz, in Wien am Hietzinger Kai und in der Taborstraße gab es schon noto­rische Überschreitungen, die zu Maßnahmen veranlassen müssten. (Abg. Wattaul: Ist das alles vom Hausbrand?)

Meine Damen und Herren! Haben Sie von irgendwelchen Maßnahmen gehört? – Die heiß um­strittenen Maßnahmenkataloge waren jene in Tirol in Bezug auf das Nachtfahrverbot und jetzt das in Diskussion befindliche sektorale Fahrverbot, das wir machen müssen, um die Be­lastungssituationen in unseren Bergtälern zu vermindern. (Abg. Wattaul: Völliger Unsinn! Sie müssen sie bei Nacht fahren lassen, die Belastung kommt nur durch den Stau ...!)

Wir sind hier vom Gesetz gefordert, und ich bin sehr zufrieden, dass diese Novelle jetzt auch eine Verkürzung der Zeiträume beinhaltet. (Abg. Wattaul: Sie müssen sie in der Nacht fahren lassen!)

Der Mechanismus war ja extrem schwerfällig angesichts der nicht vorhandenen Befristungen für die Maßnahmenkataloge und einer sehr, sehr großzügigen Befristung für den Vorlauf.

Meine Damen und Herren! Mit diesen Befristungen ist klar geworden, dass man schneller reagieren muss, und das geschieht jetzt auch. Aber wir haben noch immer das Problem, was denn konkret geschieht. Sie sehen an diesen Überschreitungen – und die Analysen der Daten zeigen es auch ganz klar –: Der Verursacher ist in erster Linie der Verkehr, und dabei natürlich der Schwerverkehr. (Abg. Wattaul: 5 000 LKW am Brenner am Tag! – Abg. Neudeck: Sie können schon gehen, nur die Füße tun halt weh!)

Herr Kollege Wattaul! Der Hausbrand ist eine billige Ausrede, das sieht man, wenn man sich die Schadstoffverläufe anschaut. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Herr Kollege, ich kann es Ihnen im Detail dann privat erklären.

Wenn Sie die Schadstoffverläufe an den Messstellen mit den Durchfahrzahlen von Schwer­fahrzeugen vergleichen, dann sehen Sie eine parallele Schwankung. Vielleicht werden auch


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Sie, Herr Kollege Wattaul, als Freund des Schwerverkehrs verstehen, dass man hier Maß­nahmen wird setzen müssen (Beifall bei den Grünen), und zwar gezielt auf den Verursacher bezogen. Ich kann ja auch nicht zum Zahnarzt gehen, wenn mir die Schuhe weh tun! (Abg. Wattaul: Sie wollen nur ein Feindbild schaffen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege, wir werden verursachergerecht arbeiten müssen. Auch Sie werden einsehen müssen, dass man konkrete Maßnahmen setzen wird müssen. Nur diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, werden uns zu dem Ziel bringen, das vom Bundesminister sowie auch von freiheitlichen Abgeordneten genannt wurde, nämlich wirklich zu einer Reduktion der Schad­stoff­belastung zu kommen.

Meine Damen und Herren! Es wurde angefangen vom Transitvertrag bis zu anderen Maßnahmen – etwa in Bezug auf den Hausbrand – alles Mögliche zitiert. Natürlich werden die Maßnahmen im Rahmen der Emissionskataster nicht ausreichen, um die Situation langfristig zu lösen. Das heißt, die Frage der Kosten des Verkehrs – und das betrifft wieder Sie, Herr Kollege Wattaul – werden wir lösen müssen! Aber da darf man halt nicht Angst vor der eigenen Courage haben und insgeheim ganz, ganz froh sein, wenn wir eine Ausrede benützen können, die uns die Europäische Union bietet. (Abg. Wattaul: Ich habe gar nicht gewusst, dass das eine Verkehrsdebatte ist!)

Im Klartext: Innerösterreichische Maßnahmen werden wir in verschiedensten Bereichen treffen müssen (Zwischenruf des Abg. Wattaul), und das Vorliegen einer Liste von Schadstoffüber­schreitungen ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wattaul.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Wattaul, darf ich Sie in die Rednerliste eintragen? (Abg. Wattaul: Nein!) – Nein? Okay.

Bitte, Frau Abgeordnete, setzen Sie fort!


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Meine Herren Kollegen! Da Sie sich offensichtlich über das Thema amüsieren: Es gibt eine Liste von Grenzwertüberschreitungen in dieser Länge (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe), und ich kann Ihnen sagen, die für die Jahre 2002 und 2003 wird leider noch länger sein. Das muss für uns eine Aufforderung sein, nicht nur auf das Pferd der IG-Luft-Regelungen zu setzen, sondern zusätzlich weitere Maß­nahmen, zum Beispiel im Bereich der Kosten Schiene/Straße zu setzen. (Abg. Scheibner: Aber die Pferde sind keine Alternative! Da kommen dann die Tierschützer! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Darum werden wir nicht herumkommen. Der Herr Minister hat ja sehr optimistisch gesagt, er werde um die Quersubventionierung kämpfen. Ich hoffe, er wird sich dabei auch gegen die ASFINAG durchsetzen, die ja keine große Begeisterung dafür hegt. Ich kann diese Maßnahme natürlich nur unterstützen. Wir fordern sie auch nachdrücklich, und ich bin sehr froh, dass einige unserer Forderungen langsam, aber sicher, doch Eingang in Programme finden. (Beifall bei den Grünen.)

11.44


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

11.44


Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einer der sensibelsten und lebensnot­wendigsten Bereiche im Umweltschutz ist die Luftreinhaltung. Zur Verbesserung ebendieser werden zwei Richtlinien der Europäischen Union heute in unsere nationale Gesetzgebung übernommen.

Österreich ist in der Europäischen Union die Nummer eins im Umweltschutz. Wir setzen diesen erfolgreichen Weg fort. Wir stocken die Budgetmittel für die Luftreinhaltung um je 30 Millionen € von 2004 bis 2006 auf, um das Kyoto-Ziel zu erreichen. Weiters werden nationale Emissions­höchstmengen festgesetzt, die die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und boden-


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nahem Ozon nicht nur innerhalb der österreichischen Grenzen, sondern erstmals auf gesamt­europäischer Ebene zum Ziele haben.

Das ist ein bedeutender Schritt, denn dadurch werden die Luftreinhalte-Richtlinien in der EU auf einen gemeinsamen Standard gesetzt. Die Höchstmengen betreffen die Luftschadstoffe Schwe­fel­dioxid, Stickstoffoxide, flüchtige organische Verbindungen sowie Ammoniak, deren Grenz­werte ab dem Jahr 2010 nicht mehr überschritten werden dürfen.

Weiters hat die Bundesregierung unter der Koordination des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ein Programm zur Emissionsreduktion zu erstellen und der Europäischen Kommission vorzulegen. Durch diesen Maßnahmenplan soll der Fahrplan zur Erreichung unserer Kyoto-Ziele garantiert werden.

Andererseits werden im Zuge der Ozonrichtlinie neue Schwellenwerte und eine neue Syste­matik hinsichtlich der Information und Warnung der Bevölkerung eingeführt. Neu sind auch die Zielwerte und die langfristigen Ziele gemäß Ozonrichtlinie, für deren Einhaltung ein Programm zu erstellen sein wird.

Zudem sind spezifische Maßnahmen für den Verkehrsbereich in die Novelle zum Immissions­schutzgesetz-Luft aufgenommen worden, denn laut wissenschaftlichen Studien, die unter ande­rem auch in der „Österreichischen Gemeinde-Zeitung“ veröffentlicht worden sind, ist der Verkehr derzeit der Hauptverursacher des Schadstoffausstoßes und wird dies höchstwahr­scheinlich auch in Zukunft sein.

Gerade deshalb ist es wichtig, dieser Entwicklung mit Nachdruck entgegenzuwirken – und in diesem Zusammenhang möchte ich auch die gestrigen Streiks erwähnen. Die Öster­reiche­rinnen und Österreicher haben besonnen und klug auf diese Streiks reagiert! Viele haben Fahr­gemeinschaften gebildet, andere sind auf das Fahrrad umgestiegen oder zu Fuß in die Arbeit gelangt. Wie jeder gestern in den Nachrichten hören konnte, wurde Wien zur „Fahrrad­haupt­stadt“ Europas. Einer Umfrage zufolge gaben die Befragten an, auch in Zukunft vermehrt auf das Auto verzichten zu wollen. (Abg. Öllinger: Das ist positiv! Öfter eine Arbeits­niederlegung! – Heiterkeit.)

Genau diese Haltung muss man fördern! Damit würden vor allem im städtischen Bereich die Verkehrsstaus gemildert und damit die Ozongefahr verringert. (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist aber auch der einzige positive Aspekt des gestrigen politischen Streiks.

Wir sollten die parlamentarische Diskussion dafür nützen, die Erhaltung der natürlichen Zu­sammensetzung der Luft in ihrer umfassenden Bedeutung zu erkennen. Rechtlich findet mit diesem Gesetz eine Angleichung an die europäische Richtlinie statt. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen, aber auch das Leben der Pflanzen und der Tiere hängen davon ab, ob wir unsere Luft ausreichend vor Verunreinigung schützen.

Unsere Aufgabe ist es, das Leben und die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher zu schützen und die moderne Umweltpolitik unserer Bundesregierung in diesem Sinne voll zu unterstützen.

Lieber Herr Bundesminister Pröll! Deinen Vorgänger haben wir auf Grund seiner hervor­ragenden Arbeit zum „Lebensminister“ für alle Österreicherinnen und Österreicher ernannt. Da du seine Nachfolge angetreten hast, übertrage ich dir hiermit dieses Prädikat! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Müssen wir ihn angeloben? Nein!)

Das Bemühen und die Verantwortung zur Erreichung des Kyoto-Ziels waren bei Willi Molterer in genauso guten Händen, wie sie es bei dir sein werden. Daher stimme ich dieser Gesetzes­vorlage gerne zu! (Beifall bei der ÖVP.)

11.48



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

11.49


Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister und Staatssekretäre! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich freue mich, meine erste Rede in diesem Hohen Haus einem Thema widmen zu können, das für uns alle ein ganz wichtiges Lebenselixier darstellt, nämlich der Luft. Konkret geht es um das Emissionshöchst­mengen­gesetz-Luft, die Änderung des Ozongesetzes und die Novellierung des Immissions­schutz­gesetzes-Luft.

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben zu den wesentlichsten Inhalten des Luftpakets schon ausführlich Stellung genommen. Ich möchte mich daher auf folgende drei Punkte konzentrieren.

Erstens: Wir Sozialdemokraten stehen dem Gesetzentwurf grundsätzlich positiv gegenüber. Er stellt im Wesentlichen die Umsetzung von EU-Richtlinien dar und könnte zu einer Verbesserung der rechtlichen Basis zur Luftreinhaltung beitragen. Ich verwende hier aber ganz bewusst den Konjunktiv, denn einige wesentliche Fragen sind dabei noch offen geblieben. Erst die zukünftige Entwicklung wird zeigen, ob die Bundesregierung ihr Bekenntnis zur Verbesserung der Luft­qualität tatsächlich ernst meint und entsprechende Maßnahmen setzen wird.

Eine dieser offenen Fragen betrifft beispielsweise das nationale Programm, das im Emis­sionshöchstmengengesetz-Luft vorgesehen ist.

Der Umweltminister hat ein Programm zu erstellen, damit die Emissionshöchstmengen für Stickstoffoxid, Schwefeldioxid, flüchtige organische Verbindungen und Ammoniak bis 2010 eingehalten beziehungsweise sogar unterschritten werden können.

Im Paket Luft findet sich aber interessanterweise keine Festlegung, bis zu welchem Zeitpunkt dieses Programm fertig gestellt sein muss. Und das, obwohl damit ja immerhin die interessierte Öffentlichkeit – sprich: unsere Bürgerinnen und Bürger – über Ziele und Erfolge informiert werden soll.

Es wird nur definiert, wann die Aktualisierung dieses nationalen Programms erfolgen muss, nämlich bis 1. Oktober 2006. Dass man sich um den Termin für die Erstpräsentation drückt, weckt schon vorab unangenehme Assoziationen und ist umso erstaunlicher, als nach EU-Vorgabe ein derartiges nationales Programm bereits Ende 2002 hätte erstellt werden müssen.

Zweitens: Herr Bundesminister Pröll hat im Umweltausschuss darüber gesprochen, dass die dynamische Entwicklung des Verkehrs ein großes Problem im Rahmen des Klimaschutzes darstelle. – Der motorisierte Straßenverkehr verursacht hohe externe Kosten, die in Form von Gesundheits- und Unfallkosten, aber insbesondere bei Umweltschäden der gesamten Gesell­schaft aufgebürdet werden.

Wenn man die Rolle des Verkehrs als Umweltbelaster ernst nimmt, dann wäre neben klassischen Themen wie CO2 und Ozon auch die Frage der Partikel-Emissionen und der Fein­stäube aufzugreifen. Gerade in diesem Bereich ist die Belastungstendenz in den letzten Jahren steigend. Feinstäube in der Luft können Atemwegs-, Herz- und Kreislauferkrankungen verur­sachen.

Dieselmotoren, deren Zahl vor allem bei den PKW ständig zunimmt, tragen zur Luftver­schmutzung wesentlich bei. In Großstädten kommt es durch Dieselpartikel in Kombination mit Staubpartikeln immer wieder zu gesundheitsgefährdenden Belastungen. Der Einsatz neuer Technologien, wie zum Beispiel Rußpartikel-Filter, und die Verschärfung der Abgasgrenzwerte für Partikel könnten einen Beitrag zur Entlastung darstellen.


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Zu diesem Thema ist die Bundesregierung bisher konkrete Initiativen schuldig geblieben. Umso genauer werden wir beobachten, ob, wann und wie der Herr Bundesminister seine An­kündigung umsetzt, eine Initiative für Dieselpartikel-Filter zu terminisieren.

Drittens, und damit komme ich schon zum Schluss: Der Herr Bundesminister hat im Umwelt­ausschuss auch erklärt, sich positive Effekte für die Umwelt von der LKW-Bemautung zu er­warten, die ab 1. Jänner 2004 in Kraft treten soll.

Ich und alle Österreicherinnen und Österreicher auch, sofern die LKW-Maut tatsächlich endlich eingeführt wird. Diese Einführung ist mittlerweile schon eine „un­endliche Geschichte“. Sie war ursprünglich für 1998 geplant, wurde aber x-mal verschoben.

Da wir alle realistischerweise nicht davon ausgehen können, dass durch den größer werdenden EU-Binnenmarkt der Güterverkehr zurückgehen wird, sondern eher mit mehr Schwerverkehr zu rechnen ist, ist es höchste Zeit, diese Maßnahme zu realisieren.

Die Effekte wären mehr Kostenwahrheit im Verkehr, aber auch mehr Ertrag für unsere Umwelt. Wir müssen dem prognostizierten massiven Anstieg des LKW-Transitverkehrs vor allem in Ostösterreich durch wirksame Maßnahmen begegnen. Möglichst viel Schwerverkehr muss von der Straße auf die Schiene verlagert werden, damit unsere Umwelt lebenswert bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Allerdings erwecken die vielen offenen Fragen der Finanzierung diverser Projekte des Generalverkehrsplans wenig Hoffnung auf rasche und wirksame Aktivitäten. Ich darf in diesem Zusammenhang an eine Berechnung der Arbeiter­kammer erinnern, wonach der Einnahmenausfall aus der Nichteinführung der LKW-Maut seit 1998 mit rund 1,5 Milliarden € beziffert wird. Wenn auf diese Mittel bisher nicht verzichtet worden wäre, dann wären wir beim notwendigen Lückenschluss im Autobahnnetz und vor allem beim Ausbau und bei der Verbesserung der Infrastruktur der Bahn bereits wesentlich weiter.

Abschließend weise ich noch einmal darauf hin, dass wir von der SPÖ dieser Regierungs­vorlage zustimmen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.55


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

11.55


Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Da auch ich heute zum ersten Mal hier stehen darf, möchte ich die Gelegenheit auch dazu nützen, um mich kurz vorzustellen. Ich bin Unternehmensberater, 44 Jahre alt und komme aus Leoben. Damit haben wir, glaube ich, einen guten Bezug zum Thema „gute Luft“. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Verheiratet? Kinder?)

Es ist nämlich noch nicht allzu lange her, da war die Stahl- und Eisenindustrie in der Ober­steiermark eher dafür berühmt, dreckige Luft zu produzieren, und ich kann mich noch gut an den Spruch erinnern: „Wenn die Kamine rauchen, dann haben die Menschen in der Ober­steiermark Arbeit!“ (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sind Sie verheiratet? Wie viele Kinder?)

Wenn Sie heute in die Obersteiermark kommen, dann sehen Sie direkt neben den Stahlwerken toll entwickelte städtische Zentren und ein toll entwickeltes Umfeld. Ich gebe Herrn Kollegen Bauer schon Recht: Um die Umweltpolitik und die Ergebnisse der Umweltpolitik zu bewerten, müssen wir uns das in einem weiteren Zeitraum anschauen. Wir haben heute in der Ober­steiermark die Situation, dass es neben einem Stahlwerk einen Nationalpark gibt, und ich glaube, das ist der beste Beweis für eine gute Umweltpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Richtige Umweltpolitik kann nur mit Partnern stattfinden, und ein wesentlicher Partner für eine gute österreichische Umweltpolitik sind die Länder. Dafür möchte ich ein Beispiel anführen.


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Die Umstellung der Wohnbauförderung in der Steiermark hat einen Boom in Richtung Bio­masse-Heizungen ausgelöst, die vor allem in den ländlichen Gemeinden sehr gut genützt werden.

Frau Kollegin Sima, wo wir mit den Heizkraftwerken noch ein Problem haben, das sind die mittleren Gemeinden und in den städtischen Kontexten. Ich würde Sie gerne einmal in die Obersteiermark einladen. Fahren wir in die Städte von Mürzzuschlag bis Judenburg! Dort sind überall Bürgermeister, die Ihnen nicht fremd sein dürften. Reden wir mit ihnen! Vielleicht können wir sie davon überzeugen, nicht Gasanschlüsse zu fördern, sondern verstärkt in erneuerbare Energien zu investieren und unsere eigenen Ressourcen zu nützen.

Es gibt einen zweiten Aspekt, den ich noch einbringen möchte. Darüber kann ich Ihnen aus meinem beruflichen Kontext erzählen. In meinem Klientenbereich sind relativ viele Unter­nehmen, die sich mit Umwelttechnologie beschäftigen. Es gibt eine erstaunliche Dynamik in diesen Unternehmensentwicklungen. Es werden sehr viele Arbeitsplätze geschaffen, das möchte ich konkret betonen, und die Dynamik erinnert mich sehr an jene, die wir vor ein paar Jahren im IT-Bereich gehabt haben.

Im Gegensatz zur IT-Branche glaube ich aber, in diesem Bereich feststellen zu können, dass wir stärker an Produkten orientiert sind und dass auch die Universitäten stärker in die Ver­fahrensentwicklung und in die Produktentwicklung eingebunden sind.

Ein wesentlicher Partner, auch das muss man sagen, ist die Industrie selbst. Wenn wir uns heute in der Obersteiermark umsehen – Kollege Dobnigg weiß das noch viel besser als ich; er ist ja Betriebsrat in der VA-Stahl –, dann sehen wir, es sind dort große Investitionen im Um­weltschutzbereich getätigt worden. Ich denke etwa an die VA-Stahl, ich denke aber auch an Böhler-Uddeholm, und wir können durchaus mit Stolz vermelden, dass die saubersten und modernsten Stahlwerke der Welt heute in Österreich, in der Obersteiermark stehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluss. Ich glaube, wir sollten das nicht zerreden: Österreich ist das Um­welt­land Nummer eins, das muss man einmal sehr klar sagen. Das sollten wir nicht zerreden und nicht zu Tode kritisieren. Das Ziel ist ganz klar: Die Kyoto-Ziele sind zu erreichen. Die Maß­nahmen – nicht nur die geplanten, sondern auch jene, die schon in Umsetzung begriffen sind – sind weiter konsequent fortzuführen.

Ich bin zuversichtlich, dass das „Lebensministerium“ bei Bundesminister Sepp Pröll in guten Händen ist, und werde dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.00


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. – Bitte.

12.00


Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich bin neu im Nationalrat und somit auch neu im Umwelt­aus­schuss. Ich komme aus einer touristischen Region, nämlich aus der Europa-Sportregion, aus dem Pinzgau. Erlauben Sie mir, etwas Persönliches zu sagen, etwas über mein Gefühl, über meinen Eindruck, den ich in der Sitzung des Umweltausschusses gewonnen habe. Es hat mich sehr erstaunt, dass sämtliche Anträge der Oppositionsparteien mehr oder weniger ignoriert wurden, dass man die Probleme, die auf uns zukommen werden, zum Beispiel mit den Ein­weggebinden und speziell in unseren touristischen Regionen, beiseite schiebt. Das erweckt für mich den Eindruck – und das sehe ich auch bei dem nun vorliegenden Gesetzentwurf so –, dass man zwar reagiert, weil es Vorgaben der EU gibt, aber nicht agiert. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Umweltpolitik, das Thema Umwelt scheint derzeit eher ein politisches Randthema zu sein. Herr Finanzminister Grasser hat zwar dargestellt, dass mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, aber wir sind schon gespannt darauf, in welchen Bereichen wir diese finden werden. (Abg. Mag. Molterer: Klimaschutz!)


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Natürlich sind die Umweltprobleme für die Menschen heute nicht mehr so sichtbar. Wir haben weitgehend keine schmutzigen Seen und Flüsse mehr, die Ballungszentren und Industrie­zentren sind nicht mehr von dicken Smogwolken umhüllt, und auch Giftmüll kann nicht mehr so einfach vergraben werden, aber für die Menschen, für die Natur, für unsere Pflanzen sind diese unsichtbaren Gefahren sehr bedrohlich. Die WHO macht die Autoabgase für rund 2 400 To­desfälle pro Jahr in Österreich verantwortlich. Es gibt 20 000 an Bronchitis Erkrankte bei Kindern und 40 000 an Asthma Erkrankte bei Erwachsenen, was allein auf Schad­stoff­emis­sionen im Straßenverkehr zurückzuführen ist. Man muss bedenken, dass die Folgekosten auf Grund der Gesundheitsschädigung durch den Straßenverkehr allein in Österreich rund 2,9 Milliarden € ausmachen – und das Verkehrsaufkommen auf der Straße steigt rapide an.

Durch die Einführung des Katalysators in den neunziger Jahren konnten in Österreich sehr gute Erfolge erzielt werden, die aber die Entwicklung auch in der Autoindustrie derzeit be­dauerlicherweise wieder zunichte macht. Bedenken Sie, dass in Österreich jährlich rund 100 000 PKW neu zugelassen werden, und auf Grund der besonderen finanziellen Förde­rungen sind davon immerhin zwei Drittel Dieselautos. – Die Belastung durch Rußpartikel ist in Österreich dreimal so hoch wie in der Schweiz, weshalb in diesen Bereichen Maßnahmen dringend erforderlich sind.

Ebenso anzuführen sind die hohen Zuwachsraten zum Beispiel im Straßengüterverkehr. Innerhalb der letzten zehn Jahre ist in Österreich die Transportleistung auf der Straße um fast 120 Prozent gestiegen. In Salzburg zum Beispiel nahm der LKW-Transitverkehr in den Jahren 1988 bis 2000 jährlich um 14 Prozent zu. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir geeignete Maßnahmen setzen. Tempolimits, zeitliche und räumliche Verkehrseinschränkungen, Nachtfahrverbote und so weiter werden nicht ausreichen, um die Schadstoffbelastungen zu verringern. Wir sind gefordert, uns ehrgeizigere Ziele zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt, die Autoindustrie muss gefordert werden, durchgängige technische Voraussetzungen für weniger Abgasbelastungen durch LKW und PKW zu schaffen. Um den Güterverkehr von der Straße vermehrt auf die Schiene zu verlagern, müssen kostengünstigere und vor allem raschere Beförderungsmöglichkeiten geschaffen werden. Außerdem muss eine Entlastung im Individualverkehr speziell in den ländlichen Regionen erfolgen. Wir brauchen in den ländlichen Regionen ein besser ausgebautes, ein besser organisiertes öffentliches Verkehrsnetz. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen den Mut haben, ausgetretene Pfade zu verlassen. Wir müssen zu klären ver­suchen, weshalb die öffentlichen Verkehrsmittel so wenig angenommen werden. An dieser Stelle ein Paradoxon zum Abschluss: Sehr viele, auch Kollegen hier, fahren mit dem PKW nach Salzburg und dann mit der Bahn nach Wien, weil sie nämlich spätabends die ländlichen Regionen mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr erreichen können. Wir brauchen attraktive Alternativen speziell in den für den Tourismus wichtigen ländlichen Regionen zum Schutz der Bevölkerung, für die Gesundheit unserer Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Diese Maßnahmen müssen jetzt gesetzt werden und nicht erst dann, wenn uns die EU darauf aufmerksam macht! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.07


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

12.08


Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe den Beitrag des Kollegen Kopf zu Beginn dieser Debatte gehört (Abg. Dr. Trinkl: Ein guter Beitrag!), und ich muss sagen, ich kann seinen Lobgesang auf die Bundesregierung, auf die beiden zuständigen Minister in keiner Weise nachvollziehen (Beifall bei der SPÖ), denn diese haben im Grunde genommen einfach nur EU-Richtlinien nachvollzogen – und das mit halbjähriger Verspätung. Also was an dieser Leistung so besonders sein soll, frage ich mich wirklich. (Beifall bei der SPÖ.)


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Die eigentliche Herausforderung für den jetzigen Umwelt- beziehungsweise Landwirtschafts­minister wird sich erst dann stellen, meine Damen und Herren, wenn wir die Informationsstufe mit dieser Regierungsvorlage absenken, denn dann gibt es einen neuen Rahmen, und dieser neue Rahmen wird eine Reihe weiterer Maßnahmen erforderlich machen.

Eine dieser Maßnahmen – das habe ich auch schon im Bundesvoranschlag nachgelesen – sollte die Einführung schwefelärmster Treibstoffe mit 1. Jänner 2004 sein. – Die Botschaft hör ich wohl, meine Damen und Herren, allein mir fehlt der Glaube. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich flächendeckend mit 1. Jänner 2004 umgesetzt werden kann. Aber selbst wenn es gelingt, muss ich sagen: Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Sommer!) Okay, Sommer. Ob wir den angesichts der auf uns zukommenden Ozonbelastung noch erleben, werden wir erst sehen.

Meine Damen und Herren! Schon jetzt gibt es Regionen, die in der heißen Jahreszeit eine derart hohe Ozonkonzentration aufweisen, dass nicht einmal mehr die Ansiedelung neuer In­dustriebetriebe genehmigt wird; ich denke hier vor allem an das Unterinntal. Es ist bedauerlich, dass in einer Zeit, in der das möglich gewesen wäre, nämlich in der letzten Gesetz­gebungs­periode, keine weiteren Maßnahmen zur Verringerung von Vorläufersubstanzen gesetzt worden sind – das trifft nicht Sie (in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll), aber Ihren Vorgänger; er sitzt hier, meine Damen und Herren (auf Abg. Mag. Molterer weisend) –, obwohl das bestehende Ozongesetz dies durchaus ermöglicht hätte. – So viel zur Regierungsvorlage.

Nun einige Bemerkungen zur letzten Sitzung des Umweltausschusses, die mir vom Verlauf her überhaupt nicht gefallen hat. Ich finde es sehr schade, dass der Antrag der Grünen, mit dem bestimmte landwirtschaftliche Sonderstellungen im Umweltschutz beseitigt werden sollten, leider Gottes vertagt wurde. Auch der SP-Antrag, konkret von Kollegin Sima, in dem es darum ging, die Einwegpfänder beziehungsweise die Einwegabgaben einzuführen, um in Hinkunft noch mehr Verpackungsabfall zu vermeiden, wurde auf die lange Bank geschoben, sprich ver­tagt. Kollege Scheuch von den Freiheitlichen hat uns gefragt, weshalb uns eine Ablehnung lieber sei als eine Vertagung. – Eine Vertagung ist noch schlimmer, denn sie bedeutet, dass das Thema ohnehin nicht mehr auf die Tagesordnung kommt beziehungsweise erst dann, wenn es unter Umständen nicht mehr aktuell ist.

Die Regierungsparteien verstehen sich darauf zu beobachten. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wie lange wollen Sie beobachten? So lange, bis wir in Österreich im Müll versinken? – Ich werde die dafür notwendige Geduld sicher nicht aufbringen, auch meine Fraktion nicht und, wie ich glaube, die Bevölkerung umso weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Antrag der sozialdemokratischen Fraktion hatte die Aufstockung des EuratoM-Kreditrahmens zum Inhalt. Geplant ist, wie Sie alle wissen, eine Aufstockung von 4 auf 6 Mil­liarden €. Mit diesen Mitteln – wie wir ebenfalls aus Brüssel wissen, meine Damen und Herren – sollen nicht unsichere Reaktoren geschlossen werden, wie das eigentlich in unserem Sinne wäre, sondern es werden voraussichtlich unsichere Reaktoren saniert, deren Lebensdauer wird verlängert, und es werden bevorzugt in den östlichen Ländern Europas neue Reaktoren gebaut. – Dem können wir doch nicht zustimmen! Daher wollten wir gemeinsam mit Ihnen und der kleineren Oppositionspartei der Bundesregierung den klaren Auftrag erteilen, dieser Auf­stockung in Brüssel nicht zuzustimmen.

Weshalb wurde dieser Antrag vertagt? Wollen wir vielleicht erst dann darüber reden, wenn bereits alles beschlossen ist und die Umsetzung in der Form erfolgt, wie wir sie nicht wollen? –Ich denke, meine Damen und Herren, wir sollten dieser Unsitte des Vertagens, die nun auch im Umweltausschuss immer mehr um sich greift, ein Ende bereiten. (Beifall bei der SPÖ.) Reden wir im Plenum über diese Themen, Sie können es ja ohnehin nicht verhindern!


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Ich halte Ihre Vorgangsweise, gerade im Parlament Themen auszuklammern, über die Sie als Re­gierungsparteien nicht reden, sondern die Sie nur beobachten oder denen Sie zuschauen wollen, demo­kratiepolitisch für sehr, sehr bedenklich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.13


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf und über den eingebrachten Ent­schließungsantrag.

Ich lasse zunächst über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 66 der Beilagen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Vorlage in 66 der Beilagen ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Daher kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass auch in dritter Lesung Einstimmigkeit vorliegt. Damit ist die Vorlage beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gla­wischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Finanzierung von Maß­nahmen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag hat nicht die Mehrheit gefunden. Er ist daher abgelehnt.

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

3. Punkt

Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Grundlagen eines modernen Österreichischen Bundestierschutzgesetzes“ (54 und Zu 54 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Als erste Pro-Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 12 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.16


Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns am 10. April hier in diesem Saale mit über 100 Teilnehmern den ganzen Tag über mit dem Thema „Tierschutz“ beschäftigt. Von 9 Uhr bis 17 Uhr erfolgte eine außerordentlich interessante, eingehende und auch viel­fältige Aufarbeitung des Themas „Tierschutz“. Ich war sehr erfreut, an solch einer interessanten Materie in diesem angenehmen, konstruktiven Klima hier in diesem Raum mitarbeiten zu können.

Festzustellen war, dass Tierschutz, wie wir ohnedies alle wissen, vielen Menschen tatsächlich ein Herzensanliegen ist. Ich denke, daraus ergibt sich für uns die Pflicht, mit diesem Thema sorgsam umzugehen, und ich wünsche mir und hoffe, dass es uns gelingt, hier nicht in Polemik und gegenseitige Schuldzuweisungen zu verfallen. Angesichts des positiven Verlaufs der En-


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quete-Kommission gehe ich aber davon aus, dass auch die weiteren Verhandlungen ebenso gut verlaufen werden.

Wir möchten mit allen Fraktionen, auch mit den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, gemeinsam ein modernes Bundestierschutzgesetz schaffen. Wir wollen ein vernünftiges und vor allem auch ein administrierbares Gesetz, und – ich habe es damals bei der Enquete-Kommission gesagt, ich sage es heute wieder; wir stehen dazu – wir wollen eine tiergerechte und nachhaltige Tierhaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Tierschutz ist auch mehr und mehr Thema in der Europäischen Union. Es wäre natürlich auch ein sehr starkes Signal für den Tierschutz, auch ein sehr starkes Signal für das Engagement Österreichs, wenn wir eine ge­meinsame Vorgangsweise für ein Bundestierschutzgesetz schaffen.

Ich greife einige inhaltliche Dinge, die bei dieser Enquete-Kommission diskutiert wurden, heraus, so zum Beispiel die Frage der Bundeskompetenz für den Tierschutz. Professor Raschauer hat sehr eingehend Auskunft darüber gegeben, welche Möglichkeiten bestehen, wie Bundestierschutz in der Verfassung verankert werden kann; angefangen von Artikel 10, 11 oder 12 bis hin zu eigenen Verfassungsbestimmungen. Artikel 10 etwa bedeutet, Gesetzgebung und Vollziehung sind Bundessache, Artikel 11 – wie Sie alle wissen –: Gesetzgebung Bundessache, Vollziehung Landessache. Wir sind in dieser Sache nicht festgelegt. Die einzige Einschränkung, die ich machen möchte, ist, dass wir uns nicht vorstellen können, eine Artikel-10-Materie daraus zu machen. Ich denke, Artikel 11 oder alle anderen Möglichkeiten wären für uns eine gute Vorgangsweise.

Eine weitere Idee, die ich aufgreifen möchte, die mir auch sehr gut gefallen hat, kam von Direktor Pechlaner, nämlich die Idee des Tierschutzbeirates. Ich denke, das ist verfolgenswert. Wenn wir für Tiere etwas machen wollen und uns nicht in gegenseitigen Blockaden einengen wollen, werden wir hier vielleicht weiterkommen. Das wäre für uns ein großes Anliegen.

Der dritte Punkt, den ich herausgreifen möchte, liegt im Bereich der Heimtierhaltung, nämlich eine Kennzeichnungspflicht vor allem für Hunde, sie kann aber auch für Katzen gelten. Ein Experte, der sich vor allem für die Heimtierhaltung als zuständig erklärt hat, hat uns das nahe gelegt. Wir haben das, wenn Sie sich erinnern, schon in früheren Verhandlungen, als es um das Thema „gefährliche Hunde“ gegangen ist, als eine mögliche Lösung angesehen. Ich denke, das ist ein sehr verfolgenswerter Vorschlag.

Es gab natürlich noch eine Fülle von weiteren Anregungen. Ich denke – es waren ja auch die Kolleginnen und Kollegen der Ressorts anwesend –, dass diese in die legistischen Beratungen einfließen werden. Sie werden auch bei der Erarbeitung des Bundesgesetzes zu beachten und zu bewerten sein. Es war ja ziemlich eindeutig, wohin der Tenor der Gesamtveranstaltung gewiesen hat.

Diese Arbeitsgruppe aus Vertretern aller beteiligten Bundesministerien hat bereits ihre Arbeit aufgenommen und ist dabei, eine Regierungsvorlage zu erarbeiten. Die Ergebnisse werden uns voraussichtlich im Herbst 2003 übermittelt werden, und ich nehme an, wir werden dann hier eine eingehende Debatte darüber führen.

Wir haben versucht, die Zustimmung der Oppositionsfraktionen zu einem Entschließungs­antrag zu bekommen. Das ist uns leider nicht gelungen, ich bringe ihn dennoch ein. Ich möchte ihn in seinen Kernpunkten erläutern und den Herrn Präsidenten ersuchen, diesen Ent­schließungsantrag im Sinne des § 55 Abs. 3 in Verbindung mit § 53 Abs. 5 der Geschäfts­ordnung zu vervielfältigen und auch für die Verteilung zu sorgen.

Die Kernpunkte sind folgende:

Wir begrüßen die Einrichtung der Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt unter Einbeziehung aller betroffenen Ressorts und auch – das ist uns wichtig – der Bundesländer. Wir ersuchen darum, dass diese Arbeitsgruppe bis Herbst 2003 dem Nationalrat einen ersten Vorschlag in Form einer Regierungsvorlage zuleiten wird und eine Beschlussfassung im Herbst 2004 möglich sein wird.


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Wir wünschen uns, dass das Bundestierschutzgesetz alle Tiere erfassen soll, die von Men­schen gehalten werden, das heißt Heimtiere und Nutztiere, aber auch sonstige Tiere, die von Menschen gehalten werden, wie zum Beispiel Begleittiere, Sporttiere, Brieftauben et cetera. Weiters sollen auch die Tierhaltung in Zoos, Tierparks und im Rahmen von Zirkussen sowie die gewerbliche Tierhaltung erfasst sein.

Ziel sind klare bundesgesetzliche Bestimmungen für einen einheitlichen und effizienten Vollzug auf Landesebene, um eine EU-rechtskonforme Umsetzung zu gewährleisten.

Bei der Kodifikation des Bundestierschutzgesetzes sollen auch Fragen der Tiergesundheit, des Verbraucherschutzes und der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit besonders zu berück­sichtigen sein. Wir wünschen uns auch Anreizsysteme und Investitionsförderungen für tier­freundliche Haltungsformen.

Um Übertretungen – das ist auch ein wichtiger Punkt – der Tierschutzvorschriften wirksam zu verhindern, sind die bestehenden Kontrollsysteme zu stärken und zu verbessern. Wir wollen im Sinne der Verwaltungsreform aber keine zusätzlichen bürokratischen Einrichtungen; allerdings ist es uns ein Anliegen, das Verantwortungsbewusstsein der Tierhalter vor allem durch Ausbildungsmaßnahmen und Informationsoffensiven zu erhöhen.

Wesentlich ist auch, dass die Konstruktion des Bundestierschutzgesetzes so sein soll, dass die Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht möglichst rasch und ohne Verzögerung erfolgen kann. – So weit die Kernpunkte dieses Entschließungsantrages. Es tut mir – wie gesagt – außerordentlich Leid, dass die Oppositionsfraktionen nicht zustimmen konnten.

Ich möchte an dieser Stelle einen Appell an alle KollegInnen von den Oppositionsparteien richten: dass wir gemeinsam versuchen, lösungsorientiert zu arbeiten, dass wir so arbeiten, dass alle mitwirken können. Ich halte überhaupt nichts davon – ich ersuche Sie auch, darauf zu achten, das nicht zu tun –, Forderungen aufzustellen, die viele Beteiligte überfordern. Aber so, wie ich Sie kenne, Frau Kollegin Sima, kann ich sagen, Sie sind sicher nicht der Typ, der derart vorgehen wird.

Uns allen ist der Tierschutz ein großes Anliegen. Wenn wir einander blockieren, haben die Tiere und auch die Menschen, die mit und von ihnen leben, überhaupt nichts davon. – Danke viel­mals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.23


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend Ausarbeitung und Über­mittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Bundestierschutzgesetz an den Nationalrat ist ordnungsgemäß eingebracht, wird vervielfältigt und steht dann zur Abstimmung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer, Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aus­arbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Bundestierschutzgesetz an den Nationalrat

eingebracht im Zuge der Debatte zu Punkt 3 der NR-Sitzung am 7. Mai 2003

Das Bekenntnis zum umfassenden Tierschutz beruht in Österreich auf einem breiten gesell­schaftlichen Konsens. Die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes ist allen Fraktionen des Nationalrates ein besonderes Anliegen. Dies wurde insbesondere durch die am 10. April 2003 tagende Enquete-Kommission unter Beweis gestellt.

Die Regierungsparteien sprechen sich für die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes aus, da


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1. es ein klares Bekenntnis zu einer nachhaltigen, tiergerechten und qualitätsorientierten Tier­haltung gibt;

2. es eine konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung des Tierschutzes auf der Basis ein­heitlicher, hoher europäischer Standards sicherstellt;

3. es im Sinne eines effizienten Verbraucherschutzes (Lebensmittelsicherheit und Lebens­mittelqualität) bei der EU-Erweiterung die Schaffung einer europaweiten Tierschutzzone unterstützt.

Die Antragsteller sind überzeugt, dass mit dem geplanten Bundestierschutzgesetz ein wichtiges Signal für das Engagement Österreichs in Tierschutzangelegenheiten auf europäischer Ebene gesetzt wird.

Die Regierungsfraktionen sind daher gerne bereit, gemeinsam im Sinne des Tierschutzes an einer solchen neuen Gesetzesmaterie mitzuwirken.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nunmehr folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat begrüßt, dass im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung des BMSGK, des BMLFUW, des BMGF, des BMI und der Verbindungsstelle der Bundesländer zur Erarbeitung eines Bundestierschutzgesetzes eingerichtet wurde. Die Bundesregierung wird ersucht, die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe bis Herbst 2003 dem Nationalrat in Form einer Re­gie­rungsvorlage zuzuleiten, sodass eine Beschlussfassung im Jahr 2004 möglich ist. Die Bundesregierung wird weiters ersucht, die im Nationalrat vertretenen Fraktionen über die Arbeiten dieser Arbeitsgruppe zu informieren.

Zielsetzungen dabei sollen sein:

Das Bundestierschutzgesetz soll alle Tiere erfassen, die vom Menschen gehalten werden, das heißt die Haltung von Heimtieren, Nutztieren (inklusive nichtlandwirtschaftlicher Nutztiere wie z. B. Pelztiere), sonstigen Tiere, die vom Menschen gehalten werden wie

Begleittieren (z. B. Blindenhunde, Diensthunde)

Sporttieren (z. B. Sportpferde)

Brieftauben etc.

Weiters sollen die Tierhaltung in Zoos, Tierparks und im Rahmen von Zirkussen sowie die gewerbliche Tierhaltung erfasst sein.

Ziel dabei sind klare bundesgesetzliche Bestimmungen für einen einheitlichen und effizienten Vollzug auf Landesebene, um eine EU-rechtskonforme Umsetzung zu gewährleisten.

Weiters sind bei der Kodifikation des Bundestierschutzgesetzes Fragen der Tiergesundheit, des Verbraucherschutzes und der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit besonders zu berück­sichtigen. Für besonders tierfreundliche Haltungsformen sind Anreizsysteme und zusätzliche Investitionsförderungen zur Sicherung einer familienbetrieblich strukturierten Landwirtschaft vorzusehen.

Um Übertretungen der Tierschutzvorschriften wirksam zu verhindern, sind jedenfalls die bestehenden Kontrollsysteme und Kontrollmaßnahmen der Veterinärbehörden zu stärken und zu verbessern. Zusätzliche bürokratische Einrichtungen sollen grundsätzlich verhindert werden.


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Gleichzeitig ist das Verantwortungsbewusstsein der Tierhalter durch gezielte Ausbildungs­maßnahmen bzw. eine Informationsoffensive zu erhöhen.

Die Konstruktion des Bundestierschutzgesetzes muss so gestaltet sein, dass die Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht möglichst rasch und ohne Verzögerungen erfolgen kann. Auf Ebene der Europäischen Union werden hohe Standards in den Bereichen Tiertransporte und Tierversuche angestrebt.“

*****

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.

12.24


Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, Ihren Appell höre ich wohl, aber das Wort „blockieren“ löst bei mir ganz andere Erinnerungen aus. Es gibt nämlich nur eine Fraktion, die seit vielen, vielen Jahren den Tierschutz in diesem Haus blockiert, und das ist Ihre Fraktion. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Grillitsch: Schauen Sie nicht in die Ver­gangenheit! Schauen Sie in die Zukunft!) – Ich schaue in die Zukunft, Herr Kollege, aber das Problem ist, dass das, was wir in der Vergangenheit im Tierschutzbereich erlebt haben, wirklich so deprimierend war, dass ich auch für die Zukunft nicht besonders große Hoffnungen habe, dass wir hier wirklich etwas weiterbringen. (Abg. Grillitsch: Sie reden doch ständig von der Vergangenheit! Sie sind noch zu jung, um von der Vergangenheit zu reden!) – Ich glaube, Sie kommen auch noch zu Wort (Abg. Grillitsch: Ja, so ist es!), dann können Sie ja ein bisschen von der Zukunft reden, wie Sie sich das vorstellen. Können wir uns jetzt darauf einigen?

Ich habe in Vorbereitung auf die Enquete-Kommission nachgesehen – Stichwort Vergangen­heit –, wie viele Hearings, Enqueten, Ausschüsse, Unterausschüsse, Debatten es zum Thema „Tierschutz“ in diesem Haus bereits gegeben hat, und ich kann Ihnen sagen, die Liste war sehr, sehr lang. – Was wir aber immer noch nicht haben, ist ein einheitliches Bundestierschutzgesetz. Es ist mir eigentlich unverständlich, weshalb wir immer noch diskutieren müssen und weshalb dieses Gesetz noch immer nicht vorliegt. (Abg. Grillitsch: Aber jetzt kommt es!) – Ja, Herr Kollege, das sagen Sie uns schon länger. Ich warte darauf, dass es kommt. Ich möchte es aber zuerst einmal sehen, bevor ich mich dann wirklich darüber freue.

Ganz im Gegenteil! Die Zersplitterung der Tierschutzgesetzgebung in zahllose Bundes- und Landesgesetze schreitet immer weiter fort, sie wird immer detaillierter. Allein die Liste der aktuellen Gesetze und Verordnungen, die den Tierschutz betreffen, ist mittlerweile bereits sechs Seiten lang; das sind aber wirklich nur die Überschriften. Auf Grund dieses unübersichtlichen und uneinheitlichen Konvoluts an Vorschriften ist Österreich von einem modernen Tierschutz derzeit leider sehr weit entfernt.

Die Frage lautet daher: Weshalb gibt es noch immer kein Bundestierschutzgesetz? Das haben wir unter anderem auch bei dieser Enquete zu erörtern versucht. Ich habe es eingangs schon gesagt: Die Schaffung eines entsprechenden Gesetzes ist am hartnäckigen Widerstand einer Partei gescheitert. Wir haben lange Zeit die absurde Situation gehabt, dass es in diesem Haus eine klare Mehrheit für ein Bundestierschutzgesetz gegeben hätte, es aber von einer Partei verhindert worden ist. Kurz vor den Wahlen gab es einen Schwenk in der ÖVP, den ich sehr erfreut zur Kenntnis genommen habe, nur bin ich, ehrlich gesagt, noch etwas skeptisch, was die tatsächliche Umsetzung betrifft. Untermauert wird meine Skepsis dadurch, dass es von den Regierungsparteien bisher keinen Vorschlag gibt. Die Wahl fand letztes Jahr statt, mittlerweile sind einige Monate verstrichen, aber es gibt noch nicht einmal so etwas wie eine Diskus­sionsgrundlage von Ihrer Seite.

Von SPÖ und Grünen liegt jetzt schon seit mehreren Jahren ein, wie ich glaube, sehr brauch­barer Antrag vor, den wir mit sehr vielen Experten und Tierschutzorganisationen diskutiert haben. Es gab einen Unterausschuss. – Es ist eine wirklich sehr lange Geschichte, die das Thema „Tierschutz“ jetzt schon schreibt. (Abg. Grillitsch: Außer Spesen nichts ge­wesen!)


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Bisher sind Sie nicht einmal dazu bereit gewesen, mit uns darüber zu diskutieren; ab­gesehen von dieser Enquete-Kommission. Es war nicht einmal möglich, Termine für Sitzungen dieses Unterausschusses festzulegen. Daher möchte ich jetzt wirklich sehr gerne wissen: Wann wird es eine Regierungsvorlage geben?

In Ihrem Antrag – und das ist auch mit ein Grund dafür, dass wir diesem Antrag nicht zu­stimmen konnten – steht, es werde eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Das kommt mir irgendwie bekannt vor: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis. (Abg. Scheibner: Das ist aber keine Gruppe!) Dieses Wahlversprechen ist im September oder Oktober letzten Jahres gegeben worden, und jetzt haben wir Mai. Jetzt im Mai fällt Ihnen ein, dass Sie eine Arbeitsgruppe einsetzen, die jetzt tagt und angeblich eventuell im Herbst etwas vorlegen wird?! Ich finde, das ist wirklich eine sehr matte Ansage. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Offensichtlich gibt es für diese Bundesregierung zwei Geschwindigkeiten. Wenn es darum geht, die Pensionen zu kürzen, legen Sie eine affenartige Geschwindigkeit vor. Die Kürzungen in diesem Bereich sind rasant vonstatten gegangen, aber beim Tierschutz muss man warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. – Das ist das Problem. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich habe, ehrlich gesagt, wenig Vertrauen darauf, dass es im Herbst tatsächlich eine Regie­rungsvorlage geben wird – ich bin natürlich gerne bereit, mich überraschen zu lassen –, und das ist auch der Grund dafür, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können. Wir werden einen eigenen Antrag einbringen, denn wir meinen, dass zumindest bis Ende Juni eine Regie­rungsvorlage auf dem Tisch liegen sollte. Sie haben wirklich genügend Zeit gehabt, sich auf dieses Thema vorzubereiten. Ich rede jetzt nicht von den fünf oder sechs Jahren, die wir schon debattieren, sondern allein seit der letzten Wahl sind wirklich sehr viele Monate verstrichen. Bei anderen Themen schaffen Sie es ja auch im Rekordtempo, Vorlagen vorzulegen – ohne Be­gutachtung und ich weiß nicht was – und im Parlament zu beschließen. Nur beim Tierschutz bedarf es so langer Zeit? Wenn Sie in Ihrer Regierungsarbeit so weitermachen, dann haben wir wahrscheinlich Neuwahlen, bevor es eine Regierungsvorlage zum Tierschutz gibt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Trinkl: Das würden Sie sich wünschen!)

Für uns ist es wichtig, dass es ein Bundestierschutzgesetz mit hohen Standards gibt und dass dieses Bundestierschutzgesetz nicht dazu verwendet wird, dass man die Standards, die es in einzelnen Bundesländern teilweise schon gibt, irgendwie unterschreitet.

Unser Vorschlag, den Sie ja bereits kennen, weil er, wie gesagt, seit drei Jahren vorliegt, hat einige Kernpunkte vor allem im Nutztierbereich. Unser Konzept ist es, einen Tierge­rechtig­keitsindex einzuführen – das wurde von Wissenschaftlern entwickelt –, weil das gerade im Nutztierbereich die beste Art und Weise ist, vergleichend feststellen zu können, wie die Tiere behandelt werden. Er orientiert sich am Wohlbefinden des Tieres, es gibt einige Parameter und Faktoren – Stallklima, Bewegungsmöglichkeiten, Sozialkontakte, Bodenbeschaffenheit, Be­treuungsintensität; all das wurde von Wissenschaftlern von der BOKU erarbeitet –, und wir meinen, es ist ein sehr gutes Konzept. Es wird über ein Punktesystem festgelegt ... (Abg. Wittauer: Braucht man nur die Bauern fragen, die wissen es besser!) – Herr Kollege Wittauer, ich warte noch auf den Vorschlag der Regierungsparteien. Wenn er besser und strenger ist, sind wir gerne bereit, uns anzuschließen. Unser Vorschlag als Diskussionsgrundlage liegt schon lange auf dem Tisch, wir warten nur auf Ihren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Tiergerechtigkeitsindex funktioniert über ein Punktesystem: Man muss eine gewisse Mindestpunkteanzahl erreichen, um Tiere halten zu können. Ich glaube, dass das ein ganz gutes Konzept ist.

Ein zweiter für uns sehr wichtiger Punkt ist die Tieranwaltschaft. Wir waren sehr betrübt darüber, dass bei der Enquete von Seiten der ÖVP diesbezüglich so viel Ablehnung gekommen ist. Ich glaube, dass sich dieses Modell im Bereich der Umweltanwaltschaft sehr gut etabliert hat und dass es auch ein gutes Vorzeigemodell ist, das, wie man sieht, vielen Bürgern die Möglichkeit bietet, bei den Umweltanwälten, die auch sehr eng mit den betroffenen Landesräten zusammenarbeiten, einen Teil ihrer Probleme zu lösen. Ich habe nie ganz verstanden, warum


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eine Tieranwaltschaft so sehr abgelehnt wird. Es wurde das Argument vorgebracht: Nun ja, die Einrichtung einer Anwaltschaft, das bedeutet Misstrauen. – Das verstehe ich nicht. Ich würde sie als eine positive und massive Unterstützung der Tierschutzaktivitäten und auch der dafür zuständigen Landesräte sehen. Ich kann also nicht ganz nachvollziehen, warum Sie sich so sehr dagegen versperren.

Wir hätten auch gerne einen Tierschutzbeirat zur Beratung des zuständigen Regierungs­mitgliedes. Ich glaube, das wäre auch noch ein ganz wichtiger Punkt.

Das sind also die wichtigsten Punkte aus unserem Antrag, die Sie ja, wie gesagt, schon kennen. Ich glaube, dass es nach den langen Jahren des Wartens jetzt wirklich an der Zeit ist, endlich einmal konkrete Taten zu setzen. Man hat auch bei der Enquete relativ deutlich gesehen, und es ist auch immer wieder angeklungen, dass sich nicht nur unsere Geduld, sondern auch die Geduld der Tierschutzorganisationen schön langsam einem Ende nähert, wenn wir hier noch viel länger über dieses Thema diskutieren.

Deshalb bringe ich ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger, Gradwohl, Mag. Elisabeth Gross­mann, Dr. Kräuter, Heidrun Walther und KollegInnen betreffend rasche Vorlage eines Bundes­tierschutzgesetzes im Sinne des Volksbegehrens für ein Bundestierschutzgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert bis spätestens Ende Juni d. J. einen Ent­wurf für ein strenges und modernes Bundestierschutzgesetz dem Österreichischen National­rat vorzulegen.

In eine ausreichend langen Begutachtungsphase sind alle namhaften Tierschutzorganisationen, vor allem aber die ProponentInnen des Tierschutzvolksbegehrens mit einzubeziehen um eine ausführliche Debatte zu ermöglichen.

Inhaltlich ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass die wesentlichen Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens (Anerkennung des Tierschutzes als Rechtsgut im Verfassungsrang, Einrichtung einer Tieranwaltschaft, ideelle und finanzielle Förderung des Tierschutzes) Be­rücksichtigung finden und keine der bisher in den Bundesländern festgelegten Standards durch das Bundestierschutzgesetz unterschritten werden.

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.32


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der von Frau Abgeordneter Mag. Sima soeben vorgetragene Ent­schließungsantrag Mag. Sima, Mag. Weinzinger ist genügend unterstützt, steht in Verhand­lung und wird dann auch zur Abstimmung gelangen.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wittauer. Die Uhr ist auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

12.33


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! In dem heute von uns eingebrachten Entschließungsantrag wird das Ziel der Tierschutz-Enquete noch einmal unterstrichen. Deshalb begrüßen wir Frei­heitlichen diese Initiative, denn bei der damaligen Tierschutz-Enquete waren wir alle überrascht über das konstruktive Gesprächsklima, das zwischen allen Teilnehmern herrschte. Jeder von ihnen sah das Ziel darin, dass es endlich zu einer Umsetzung eines einheitlichen Tier­schutz-


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gesetzes kommt. Nicht nur den vier Parlamentsfraktionen, sondern allen Schichten unserer Gesellschaft ist dies ein Anliegen.

Ziel ist es, ein klares Bekenntnis zu einer nachhaltigen, tiergerechten und qualitätsorientierten Tierhaltung, wie sie von uns Freiheitlichen immer gefordert wurde, abzulegen, mit einer gezielten Förderung, die auf Tierschutz und natürlich auch auf Umweltschutz ausgerichtet sein muss.

In unserer Landwirtschaft schließt die Haltung von Nutztieren Tierschutz nicht aus. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin Landwirt und versuche das schon heute in der Praxis umzusetzen.

Was die Wirtschaftlichkeit unserer Landwirtschaft anlangt, so sind gleiche Wettbewerbs­bedin­gungen in Europa Voraussetzung, um überleben zu können. Um den Stellenwert unserer Land­wirtschaft noch einmal zu unterstreichen, möchte ich alle Fraktionen bitten, in gemeinsamer Arbeit ein einheitliches Tierschutzgesetz umzusetzen – zum Wohle von uns Menschen und zum Wohle unserer Tiere.

Es ist auch wichtig, dass, wenn wir Gesetze schaffen, für die einheimische Landwirtschaft und gerade für die kleinstrukturierte Landwirtschaft Maßnahmen gesetzt werden, dass sie unter­stützt werden und dass es eine Förderung beziehungsweise eine Investitionsförderung für diese Bereiche geben soll.

Mit einem einheitlichen Tierschutzgesetz werden der Verbraucherschutz, die Lebensmittel­sicherheit und Lebensmittelqualität weiter verbessert.

Die konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung des Tierschutzes soll nicht nur ein österreichisches Ziel sein, sondern Vorbildwirkung in ganz Europa im Hinblick auf die Schaffung eines einheitlichen europäischen Tierschutzgesetzes oder einheitlich hoher Standards haben. Nun haben wir die Gelegenheit, in Österreich ein Signal zu setzen, das es Europa vielleicht erleichtert, den Tierschutz ernst zu nehmen und darauf hinzuarbeiten, dass wir ein für ganz Europa einheitliches Tierschutzgesetz bekommen.

Die nächsten Monate werden entscheidend sein für die Ausarbeitung eines Tierschutzgesetzes, das den Namen „Tierschutzgesetz“ auch verdient. Die Arbeitsgruppe, die dafür eingesetzt wird, die Erarbeitung dieses Gesetzes bindet nicht nur die einzelnen Ministerien ein, sondern auch die Länder. Auf meinen Wunsch sollen dort alle Fraktionen mit eingebunden werden, und das wird auch umgesetzt.

Das Bundestierschutzgesetz soll alle Tiere erfassen, die von Menschen gehalten werden: Heimtiere, Nutztiere, Begleittiere, Sporttiere, auch die Tiere in Zoos, Tierparks sowie im Bereich der gewerblichen Tierhaltung.

Wichtig wird auch sein, die Fragen der Tiergesundheit und des Verbraucherschutzes zu regeln. Auch die Wirtschaftlichkeit wird eine Frage sein, die wir in diesem Zusammenhang ansprechen müssen. All das wurde in unserem Entschließungsantrag auch erwähnt und berücksichtigt.

Investitionsförderungen für tierfreundliche Haltungsformen, Schulungen, auch in Kindergärten und Schulen, sollten die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen unterstützen.

Auch die Kontrolle durch die verschiedenen Behörden muss effizienter und besser sein. Wichtig ist, dass diese Kontrolle und die Umsetzung in den Bundesländern verbleiben.

Begleitend würde ich auch vorschlagen, dass bewusst schwer tierquälerisches Verhalten unter strengere Strafe gestellt wird. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Tiere sind keine Sachen, keine Dinge, die hin- und hergeschoben werden, sondern Tiere sind Lebewesen mit Gefühlen, die unseres Schutzes bedürfen.

Ich begrüße es auch, dass in diesem Antrag ganz klare zeitliche Rahmenbedingungen vorgesehen sind. Bis zum Herbst 2003 wird es eine Regierungsvorlage geben, mit der sich die


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Ausschüsse ausreichend beschäftigen können. Die Hoffnung war noch nie so groß, dass ein Ziel, nämlich dieses nationale Tierschutzgesetz im Jahr 2004 umzusetzen, also seinen Be­schluss hier im Nationalrat zu erwirken, auch tatsächlich gemeinsam erreicht werden kann.

Ich weiß, dass die Opposition – und damit komme ich jetzt auf Sie zurück, Frau Abgeordnete Sima – anscheinend mit dem Zeitrahmen nicht zufrieden ist. Jetzt haben wir, wie Sie vorher gesagt haben, sechs Jahre lang gearbeitet und versucht, diesbezüglich etwas umzusetzen – und jetzt soll es daran scheitern, dass wir einen zeitlichen Rahmen von drei, vier Monaten vorsehen, um ein Tierschutzgesetz auch wirklich auszudiskutieren?! Auch Sie wissen ganz genau: Wir brauchen eine Verfassungsmehrheit. Und jetzt auf einmal wird dieses Vorhaben von Ihrer Fraktion boykottiert? – So sehe ich es zumindest. – Das ist nicht der richtige Weg! Mein persönlicher Wunsch ist es, dass es im Jahr 2003 eine Vorlage gibt und die Umsetzung im Jahr 2004 erfolgt. Diese Kriterien werden erfüllt. Es wundert mich daher, dass Sie den von uns eingebrachten Entschließungsantrag jetzt ablehnen.

Wenn ich mir Ihren Antrag, den Sie vorhin formuliert haben, ansehe, dann stelle ich fest, dass Sie zunächst einmal auf die ÖVP eingehen, die ein solches Gesetz sechs Jahre lang blockiert habe. „Leider liegt bis zum heutigen Tag ... kein Entwurf ... vor“, so heißt es da.

Da frage ich mich auch wiederum: Sie wissen doch, wie Gesetze entstehen und dass so etwas, gerade wenn es Änderungen in der Verfassung bedarf und wenn verschiedene Ministerien und auch die Länder eingebunden sind – derzeit ist ja der Tierschutz auf Landesebene gesetzlich geregelt –, nicht innerhalb von einigen Wochen zu machen ist, sondern das braucht einfach eine gewisse Zeit. Und ich kann Ihnen garantieren, dass es diese Vorlage auch tatsächlich im Jahr 2003 geben wird.

Wenn ein Gesetz, wie vorhin gesagt, einer Verfassungsmehrheit bedarf, dann wird auch diese Zeit notwendig sein, um ein Gesetz auszuarbeiten. Und dazu brauchen wir alle Fraktionen, dazu brauchen wir die Sozialdemokraten! Ich kann auch garantieren, dass die Freiheitlichen unter unserem Vizekanzler Haupt immer für ein Tierschutzgesetz gekämpft haben. Wenn die Sozialdemokraten das heute so locker vom Hocker besprechen, dann darf ich daran erinnern: Vor sechs Jahren waren nicht wir in der Regierung, sondern es waren die Sozialdemokraten, die in der Regierung waren – und die auch ein solches Gesetz nicht umgesetzt haben, obwohl es die Freiheitlichen immer gefordert haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Und jetzt auf einmal soll es wieder an formalen Dingen scheitern! Wiederum sagt die Sozialdemokratie hier: Wir brauchen ein Tierschutzgesetz, es ist wichtig und es soll endlich zur Umsetzung gelangen! – Sie von den Sozialdemokraten haben es versäumt, wir setzen es um. Und jetzt auf einmal wird das, was wir umsetzen wollen, von Ihrer Seite aus wieder blockiert! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Da muss ich schon sagen: Wenn das die Politik wäre, die die Zukunft unseres Landes bestimmt, dann bin ich froh, dass Sie nicht in der Regierung sind, sondern dass wir die Regierungsparteien sind! Und wir werden auch dieses Tierschutzgesetz so anlegen, dass die Bevölkerung es als einen großen Wurf und als ein gutes Gesetz empfinden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Als Abgeordneter, dem der Tierschutz sehr wichtig ist, wie man ja immer wieder hören kann, fordere ich oder wünsche ich mir, dass wir auf den Weg des Konsenses zurückfinden. Arbeiten wir gemeinsam an diesem wichtigen Gesetz, sodass wir tatsächlich dann im Jahr 2004 zu einer Entschließung gelangen und dieses Gesetz umgesetzt wird!

Ich würde es mir wünschen. Ich und meine Kollegen von der Freiheitlichen Partei, wir werden unseren Anteil an Arbeit dazu beitragen. Ich garantiere Ihnen auch: Diese Regierung mit Vizekanzler Haupt wird mit dieser Arbeitsgruppe auch dieses Tempo vorlegen. Ich wünsche mir daher, dass wir, wenn wir das nächste Mal über Tierschutz reden, auch konkret die Umsetzung


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und den Inhalt dieses Gesetzes diskutieren werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.41


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Weinzinger. – Bitte.

12.41


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die Humanität einer Gesellschaft lässt sich daran ablesen, wie sie mit dem – philosophisch gemeinten – jeweils Anderen umgeht, also mit dem, was nicht der eigenen Klasse, Kaste, Gruppe, wie immer Sie es nennen wollen, angehört. Im gegen­ständlichen Fall kann man mit Fug und Recht sagen – und das haben auch mehrere Fachleute bei der Enquete gesagt –: Die Humanität der Gesellschaft lässt sich daran ablesen, wie wir mit den Tieren umgehen, ob wir ihnen das Recht auf artgerechtes und tiergerechtes Leben zugestehen. Ob man dafür den Begriff „Würde“ wählen will oder nicht, ist dann Geschmacks­sache. (Abg. Dr. Brinek: Nein, ist nicht Geschmackssache! ... ein philosophisches Problem!)

Dass wir heute eine ganze Reihe von Missständen vorliegen haben, dürfte bekannt sein. Ich rätsle zwar noch immer, ob der heutige Ausspruch des Finanzministers „Weg mit dem Speck!“ ein Aufruf zur Beseitigung der Missstände in der Schweinehaltung war (Abg. Kopf: Der war nicht gut!), aber es gibt jedenfalls ganz klare Bedürfnisse, einen effizienten und bundes­einheitlichen Tierschutz zu gewährleisten. (Abg. Jakob Auer: Nehmen Sie diese Behauptung zurück?) Nur zur Erinnerung: Wir haben zurzeit 10 Gesetze, 36 Verordnungen, 600 Para­graphen (Abg. Jakob Auer: Nehmen Sie die Behauptung zurück, Frau Kollegin?) – wenn Sie nicht einmal zwischen einer Behauptung und einer Überlegung, die ich mit offenem Frage­zeichen anstelle (Abg. Jakob Auer: Nein, ... eine Behauptung!), unterscheiden können, sehe ich mich nicht veranlasst, irgendetwas zurückzunehmen! (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ – Abg. Dr. Fekter: ... eine Unterstellung! Das ist typisch!) – und eine Kompetenz auf acht Ministerien verteilt. Das ist absolut unbefriedigend!

Es war auch in der Enquete ganz klar, dass es eine ganze Reihe gemeinsamer Zielsetzungen und gemeinsamer Erkenntnisse gab bezüglich dessen, was es braucht: Es braucht Tierschutz im Verfassungsrang. Es braucht eine klare Interessenvertretung für den Tierschutz, die man zum Beispiel über eine Tieranwaltschaft, über die Möglichkeit einer Verbandsklage regeln könnte. Es braucht klare Vorschriften für die Tierhaltung in allen Bereichen, im landwirt­schaftlichen wie auch im nicht landwirtschaftlichen Bereich, und so weiter.

Ich bin daher mehr als verwundert über die Interpretation, die ich jetzt von Frau Abgeordneter Baumgartner-Gabitzer (Abg. Steibl: Das ist eine gescheite Frau! Die hat gut gesprochen!), aber auch von Abgeordnetem Wittauer gehört habe, was sie unter Konsens oder unter „alle sollen mitarbeiten“ verstehen. Wir haben einen Entschließungsantrag vorgelegt bekommen, zu dem die Grünen ihre Ideen beizusteuern versucht haben. In diesem Antrag ist einiges enthalten, was absolut brauchbar ist, aber auch anderes, bezüglich dessen wir gerne eine Veränderung besprochen hätten. Aber die Botschaft war: Kein Verhandlungsspielraum – wir reden nicht einmal darüber.

Dann zu sagen, das sei die Einladung, die Sache gemeinsam anzugehen, gemeinsam zu arbeiten, gemeinsam zu diskutieren, halte ich für einen leichten Fall von Zynismus. Dass gleichzeitig gesagt wird: Als Strafe dafür oder als Folge davon, dass die Opposition sich weigert, einen Antrag, den die Regierung vorlegt, auf Punkt und Beistrich einfach so zu über­nehmen und zuzustimmen, soll sie daher jetzt auch in der Arbeitsgruppe, die über das Tier­schutzgesetz berät, nicht mehr vertreten sein! – im Übrigen ganz genauso wenig wie die Ver­treterinnen und Vertreter des Tierschutz-Volksbegehrens selbst –, werte ich auch nicht gerade als eine Einladung zur Mitarbeit. Wenn Sie sich unter Mitarbeit vorstellen, dass die Opposition sagt: Ja, danke, wir ändern nicht einmal ein Komma, wir nehmen alles, wie es ist!, dann sind Sie eindeutig auf dem Holzweg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein paar Anmerkungen zu inhaltlichen Punkten, die man auch aus dem Entschließungsantrag schon herauslesen kann:


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Es ist ganz offensichtlich angedacht – und das war auch schon im Umfeld der Enquete festzustellen –, dass es keine Tieranwaltschaft geben soll. (Abg. Wittauer: Wer sagt denn das?) Sie haben erwähnt, dass das Klima in der Enquete-Kommission sehr konstruktiv war, und ich denke, das war sehr typisch für die gesamte Diskussion: Hier herunten im Plenarsaal war das Klima sehr konstruktiv – das lag zum Teil auch daran, dass sich die ÖVP jeglicher inhaltlicher Aussagen und Vorgaben enthalten hat –, aber schon auf der Galerie – und ich habe die gesamte Enquete vom Anfang bis zum Ende auf der Galerie mitverfolgt – war das Klima in dem Eck, wo ich saß, und da waren offensichtlich einige Vertreter und Vertreterinnen der Landwirtschaftskammern angesiedelt, nicht mehr ganz so unkontroversiell, um es vorsichtig zu formulieren.

Das heißt, im Hintergrund schaut die Sache ganz anders aus. Da gibt es massive Widerstände dagegen, Dinge, die schon längst fällig wären – und zwar sowohl im Interesse des Tierschutzes als auch im Interesse des Konsumentenschutzes als auch im Interesse des langfristigen Planungs- und Investitionsschutzes für die Landwirtinnen und Landwirte –, anzugehen. Ich nenne als ein Beispiel die Legehennenhaltung: Wenn Sie als Landwirtinnen und Landwirte vernünftig investieren wollen, kann ich niemandem raten, jetzt in die nächste Generation von Käfigsystemen einzusteigen, weil die diesbezüglichen Bestimmungen in der EU bald wieder novelliert werden. Das einzig Kluge, wirtschaftlich Kluge, was man machen kann, ist, aus der Käfighaltung auszusteigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie Tierschutz ernst nehmen wollen, dann müssen Sie eine Kontrollmöglichkeit und eine Möglichkeit zum Einfordern der Rechte des Tierschutzes einrichten. Das geht nicht dadurch, dass Sie sich auf dem Papier dazu bekennen, sondern das erfordert auch eine Umsetzungs­einrichtung. (Abg. Wittauer: Das erfordert eine Gesetzesvorlage!) Mir ist nicht verständlich, warum man zwar Umweltanwaltschaften als erfolgreich beurteilen, gleichzeitig aber von vorn­herein den Standpunkt vertreten kann, dass es eine Tieranwaltschaft nicht geben soll! (Abg. Wittauer: Wer sagt denn das?) Warum behandeln Sie Tierschutz auf der Umsetzungsebene anders, als Sie Umweltschutz behandeln? – Das müssen Sie einmal erklären! (Beifall bei den Grünen.)

Es sei denn, Sie achten nicht darauf, was im Sinne der Sache, nämlich im Sinne der Sache des Tierschutzes klug ist, sondern hören mehr auf Lobbyisten aus Interessenvertretungen, die ihre – meinetwegen legitimen – Interessen artikulieren (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das ist eine Unterstellung, Frau Kollegin!), die aber deswegen noch lange nicht Kernpunkt eines Tier­schutzgesetzes sein müssen. Nur zu sagen, Herr Abgeordneter Wittauer: Wir wollen ein Tier­schutzgesetz!, das ist zu kurz gegriffen. Vielmehr muss es heißen: Wir wollen ein Tier­schutz­gesetz, das a) diesen Namen verdient und b) klare umsetzungsorientierte Richtlinien vorgibt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: In meiner Rede habe ich das alles klar gesagt!) Und: Wir wollen, dass dabei alle mitarbeiten dürfen, die dazu eine Berechtigung beziehungsweise die dafür ein Interesse nachweisen.

Daher würde ich mir erwarten, dass wir erstens bald eine Regierungsvorlage auf den Tisch bekommen. Es ist schon von Abgeordneter Sima darauf hingewiesen worden: Sie können sehr rasch eine der größten Pensionsreformen der Zweiten Republik auf den Tisch legen, aber Sie schaffen es nicht – obwohl Sie seit Jahren die Meinungen von Expertinnen und Experten dazu gehört haben –, eine Vorlage für ein Tierschutzgesetz auf den Tisch zu legen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie schaffen es immerhin, eine Arbeitsgruppe einzurichten. Ich bin gespannt, ob Sie es auch schaffen, in die Arbeitsgruppe jene Leute einzuladen, die seit Jahren sehr engagiert und zum Teil sogar ehrenamtlich für den Tierschutz arbeiten und ein Tierschutz-Volksbegehren er­folgreich durchgeführt haben. Ich darf Sie daran erinnern: Wir bewegen uns hier nicht in einem inhaltlich luftleeren Raum, sondern wir haben ein massiv unterstütztes Volksbegehren vor uns liegen, das in keinem Punkt jemals abgearbeitet worden wäre. Wir haben eine Verpflichtung, dieses Volksbegehren aufzugreifen und seine Inhalte im Gesetz festzuschreiben.


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Wir haben schließlich auch eine Verantwortung: eine Verantwortung nicht nur gegenüber den Menschen, die das Volksbegehren unterschrieben haben, sondern eine Verantwortung auch gegenüber den Tieren, die wir nutzen, die wir halten, die wir in unserer Obhut haben und an deren Haltungsform wir unsere Humanität werden messen müssen.

Ich fordere Sie daher auf: Machen wir endlich – endlich! – Nägel mit Köpfen! Machen wir ein Tierschutzgesetz, das einen seriösen Tierschutz festschreibt, das sich auf modernem Standard bewegt, das sich in der EU sehen lassen kann, das die Niveaus der Bundesländer hält oder auf ein einheitliches hohes Niveau festschreibt – und nicht nach unten nivelliert, wie das vermutlich eine Intention Ihrerseits ist (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Wieder eine Unterstellung!) –, und lassen Sie Fachleute und Tierschützerinnen und Tierschützer mitreden und nicht nur Interes­sen­vertreter der Landwirtschaft! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.50


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte, Herr Staatssekretär. (Abg. Öllinger – in Richtung des Staatssekretärs Morak –: Sind Sie der Brieftauben-Experte?)

12.50


Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Auch der letzte Redebeitrag hat uns gezeigt, mit welchem Engagement, mit welchem sehr persönlichen Engagement gerade in dieser Materie um Positionen gerungen wird. Es ist eine sensible und sehr emotionale Materie. Ich glaube, wir tun gut daran, auch wir hier auf der Regierungsbank, kühlen Kopf zu bewahren, um dieses Problem, das uns so sehr bewegt, auch zu lösen.

Wie Sie wissen, hat der Herr Bundeskanzler noch vor den vergangenen Nationalratswahlen die Realisierung eines bundesweiten Tierschutzgesetzes in Aussicht gestellt, und diese Forderung hat auch Eingang in das Arbeitsprogramm der Bundesregierung gefunden. Von dem bereits vor der Bildung der Bundesregierung eingebrachten Initiativantrag der Abgeordneten Schüssel, Khol und Grillitsch als Basis ausgehend, hat der Nationalrat dieses Thema zu einem vor­rangigen Arbeitsschwerpunkt erklärt und in den vergangenen Monaten auch gemacht. Dafür sei den Abgeordneten dieses Hohen Hauses Dank gesagt.

Im Rahmen der Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 wurde die Ausarbeitung des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes kompetenzmäßig dem BKA, im Einvernehmen mit den fachlich betrauten Bundesministerien, zugeordnet. Damit wird die erhöhte Koordinierungs­kompetenz – auch hinsichtlich der Länder – des Bundeskanzleramtes berücksichtigt und betont. Die vorliegenden Ergebnisse der Enquete-Kommission bilden eine substantielle Grundlage für die nun folgende Ausarbeitung einer Regierungsvorlage. Zieldatum für dieses bundeseinheit­liche Tierschutzgesetz ist das Jahr 2004. Folgende Punkte werden dabei in der Regierungs­vorlage zentrale Berücksichtigung finden:

Erstens: die Regelung der verfassungsrechtlichen Grundlage für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz unter Beobachtung des Artikels 11 B-VG. Das heißt, die Gesetzgebung wird Bundessache sein, die Vollziehung bleibt Landessache.

Zweitens: Dem Zustand der Rechtszersplitterung und Unüberschaubarkeit soll mit dem neuen bundeseinheitlichen Gesetz ein Ende gesetzt werden. Wir wissen alle, dass momentan in diesem Bereich insgesamt zehn Landes-Tierschutzgesetze, zirka 35 Durchführungsver­ordnungen und zwei Ländervereinbarungen gemäß Artikel 15a bestehen. In Zukunft werden wir eine bundeseinheitliche Regelung haben, die selbstverständlich auch die europarechtlich ge­botenen Vorgaben berücksichtigen wird.

Drittens: Die genauen Inhalte des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes werden noch abzu­klären sein. Wir sind uns dessen bewusst, dass es diesbezüglich noch weitgehend divergie­rende Ansichten gibt, wie uns dies sowohl die Enquete-Kommission als auch die heutige Debatte bestätigt haben. Der Tierschutz in Österreich verfügt schon heute über einen hohen Standard, und ich möchte betonen, dass diese Standards, die heute schon auf Landesebene


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geregelt sind, auch in das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz aufgenommen werden sollen. Dort, wo dies den österreichischen Konsumenten, der österreichischen Landwirtschaft und der Lebensmittelsicherheit in unserem Land dient, soll es aber noch weitere Verbesserungen geben.

Es ist das erklärte Ziel dieser Bundesregierung, beim Tierschutz innerhalb der EU eine Vorreiterrolle zu übernehmen. In diesem Sinne bin ich zuversichtlich, dass es trotz der auch heute noch zu Tage getretenen teilweise extrem divergierenden Meinungsunterschiede schluss­endlich gelingen wird, ein qualitativ hochwertiges bundeseinheitliches Tierschutzgesetz hier in diesem Hause zu beschließen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.54


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

12.54


Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es gibt in Österreich ein klares Bekenntnis zum Tierschutz, und zwar ein umfassendes Bekenntnis mit einem breiten gesellschaftlichen Konsens.

Ich war tief beeindruckt vom konstruktiven Gesprächsklima anlässlich der Tierschutz-Enquete. Nachdem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel vor der letzten Wahl die Initiative ergriffen hat und die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes angekündigt hat, haben wir dann am 20. De­zember bei der Konstituierung des Nationalrates gemeinsam einen Antrag für ein bundes­einheitliches Tierschutzgesetz eingebracht. Und es waren dann auch wir, die ÖVP unter Wolfgang Schüssel, die die Initiative zur Durchführung einer Tierschutz-Enquete ergriffen haben, um das auch einmal klar zu sagen. (Abg. Gradwohl: Sechs Jahre zu spät!)

Nicht immer zurückschauen, sondern in die Zukunft blicken, lieber Heinz Gradwohl! Das würde auch dir einmal gut tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Umso enttäuschter bin ich, meine Damen und Herren Abgeordneten von der SPÖ und von den Grünen, wenn ich sehen muss, wie Sie heute hier agieren und Behauptungen, Pauschal­behauptungen in den Raum stellen, dass es Missstände in der Schweinewirtschaft gibt. Dann nennen Sie doch diese Missstände, wenn es sie gibt! Dann haben Sie doch den Mut, diese Missstände hier zu nennen, anstatt Pauschalverurteilungen vorzunehmen, die weder Hand noch Fuß haben! Ich bitte Sie darum! (Beifall bei der ÖVP.)

Kehren Sie ab von dieser polemischen Parteipolitik (Abg. Öllinger: Bitte? – Der Einzige, der polemisiert, sind Sie!), wie Sie sie wieder zu betreiben versuchen, weil Sie wissen, dass Ihnen die Felle und das Vertrauen bei der Bevölkerung davonschwimmen. Kehren Sie zurück zu einem konstruktiven Klima, denn es geht letztlich – und das ist oberstes Gebot, auch für uns – um Konsumentenschutz! Hier zu behaupten, dass Menschen, die mit Tieren zu tun haben, von vornherein Tierquäler wären (Ruf bei der SPÖ: Das behauptet ja niemand! – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Wer hat denn das gesagt, Kollege Grillitsch?) – manchmal habe ich auf Grund der Darstellungen so den Eindruck, als ob überall, ob in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung oder in der Heimtierhaltung, ausschließlich Tierquäler am Werk wären, meine Damen und Herren (Abg. Binder: Ist das jetzt Polemik, Herr Kollege?) –, das kann doch nicht der Weg sein, wie wir ein gemeinsames bundeseinheitliches Tierschutzgesetz zustande bringen!

Ich bin zwar noch nicht sehr lange im Nationalrat, aber eines weiß ich auch, Frau Abgeordnete Sima: Es ist wahrscheinlich wesentlich leichter, ein Bundesgesetz im Sinne einer Pensions­sicherungsreform zu ändern, als neun unterschiedliche Landes-Tierschutzgesetze in Bundes­kompetenz zu erheben. Das ist wahrscheinlich wesentlich schwieriger, als ein Bundesgesetz zu ändern, und daher glaube ich, dass der Vergleich, den Sie da gebracht haben, wirklich ein schlechter ist und kein guter.


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Ich habe daher – ich sage das ganz offen – immer mehr den Eindruck, dass Sie aus wahl­taktischen Gründen überhaupt kein Interesse am Zustandekommen eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Kehren Sie zurück, arbeiten Sie mit uns! Wir haben klar Kompetenzen aufgezeigt: die Heimtierhaltung, die Nutztierhaltung, Tiere in Zoos, für Demonstrationszwecke und dergleichen mehr. Wenn wir in diesem Sinne weiter vorgehen, dann werden wir auch in der nächsten Zeit, in den nächsten Wochen und Monaten, bis zum Herbst oder Winter einen entsprechenden Ge­setzestext vorliegen haben. Ich sage auch ganz offen: Ein bundeseinheitliches Tierschutz­gesetz kann nicht nur dazu führen, dass zusätzliche Kosten und zusätzliche Bürokratie ent­stehen, so wie dies teilweise, vor allem im Vorschlag der SPÖ, immer wieder zum Ausdruck kommt.

Daher: Kehren wir zurück zu diesem Konsens, zu diesem Dialog, wie wir ihn mit der Tierschutz-Enquete begonnen haben! Dann bin ich zuversichtlich, dass wir rasch ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz haben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

12.59


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Warum Kollege Grillitsch noch vom Wahl­kampffieber geschüttelt wird, das bleibt mir verschlossen und ist auch nicht meine Sache. (Abg. Grillitsch: ... dass Sie aus dem Wahlkampffieber wieder zurückkommen! Wir haben eh gesehen, wie die Wahl ausgegangen ist!) Ich möchte lieber in die Zeit vor den letzten Nationalratswahlen zurückblenden. Kollege Grillitsch, da gab es zwei ganz besonders heraus­ragende Ankündigungen von Bundeskanzler Schüssel: erstens, dass eine Wirtschafts­plattform die Abfangjäger finanziert, und zweitens, dass endlich ein Bundestierschutzgesetz kommt.

Wie die Sache mit der Wirtschaftsplattform ausschaut, das wissen wir ja inzwischen, Kollege Scheibner (Abg. Wittauer: Wir haben jetzt keine Abfangjäger-Debatte! Wir reden jetzt über das Tierschutzgesetz!), denn es gibt ein Bundesgesetz über den Nachkauf von Luftraumüber­wachungsflugzeugen, wonach einfach der Bundesminister für Finanzen für die Finanzierung zu sorgen hat. Und damit ist ja die Katze aus dem Sack (Abg. Scheibner: ... was das mit dem Tierschutzgesetz zu tun hat?): Es wird massive Kürzungen der Pensionen der Arbeitnehmer geben, brutal, rücksichtslos und ungerecht. (Abg. Jakob Auer: Zur Sache!) – So viel zur ersten Ankündigung des Herrn Bundeskanzlers. (Abg. Jakob Auer: Zur Sache!)

Zur zweiten Ankündigung – und das ist wirklich das Letzte –: Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben heute die Stirn, einen Entschließungsantrag für ein Bundes­tierschutzgesetz vorzulegen, durch den es auf das Jahr 2004 verschoben wird. (Abg. Wittauer: Das stimmt ja gar nicht! – Rufe bei der ÖVP: 2003!) Frau Kollegin Dr. Baumgartner-Gabitzer hat präzisiert und gesagt, der Herbst 2004 solle es sein. Herr Staatssekretär Morak sagt überhaupt, das Jahr 2004 sei eine Zielvorstellung. – Das, was Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, hier machen, ist ungeheuerlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Grillitsch! Es ist blanker Zynismus, wenn Sie sagen, dass die ÖVP da die Initiative ergriffen hätte, denn – und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich war Obmann des Unter­ausschusses – Sie haben Jahr für Jahr auch nur die kleinste parlamentarische Beratung ver­hindert. Der seinerzeitige Klubobmann und jetzige Präsident Khol hat sich damals in diesem Zu­sammenhang besonders hervorgetan. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich erinnere daran: Die Fraktionen hatten bereits am 18. September 2000 eine inhaltliche Sitzung vereinbart, zwei Tage später jedoch verhinderte der damalige ÖVP-Klubobmann Khol in der Präsidiale den Termin.


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Wenn man ein bisschen in die Schmankerl schaut, lässt das manchmal tief blicken. „Hohes Haus von innen“ in der „Kronen Zeitung“ vom 16. Februar 2003: Da geht es um die Laudatio für Herrn Klubdirektor Zögernitz, und da heißt es:

„Auch spinnende ,Feuerwehraktionen kamen vor: Wolfgang Schüssel hatte im Wahlkampf ein bundesweites Tierschutzgesetz angekündigt. Am späten Abend vor der ersten Nationalrats­sitzung im Dezember rief Andreas Khol seinen Klubdirektor an und wollte für den nächsten Morgen das Gesetz ausformuliert. ,Ich musste in der Nacht die Sachbearbeiter auftreiben, so Zögernitz.“

Wo ist dieses Papier, wo ist der Entwurf? Warum legen Sie dieses Papier nicht vor, meine Damen und Herren, das Khol angeblich in irgendeiner Nacht nach den Nationalratswahlen in Auftrag gegeben hat? (Abg. Wittauer: Weil wir einen breiten Konsens haben wollen! – Weitere Zwischenrufe.)

Zu Ihrem Zuruf, lieber Kollege. (Abg. Wittauer: Sie haben verweigert, in diese Arbeitsgruppe zu gehen ...!) Ihr seinerzeitiger Finanzminister Grasser hat bereits am 5. November 2001 gesagt (Abg. Wittauer: Wie viele Vorschläge brauchst du noch?), dass wir ein Bundestierschutzgesetz brauchen – im Jahr 2001! (Abg. Grillitsch: Wir machen es jetzt eh! Wir machen es eh!) Am 22. November 2001 sagte Erwin Pröll: Tierschutz geht vor Politik! (Abg. Scheibner: Na also!) – Sie reden von 2004, Pröll von 2001. (Abg. Scheibner: Sie haben 30 Jahre nichts zusam­menge­bracht!)

Herr Vizekanzler, am 24. Dezember 2001: keine halben Sachen. Sozialminister – damals – Herbert Haupt hält nichts von einem Alibi-Bundestierschutzgesetz.

Ich fasse zusammen: Meine Damen und Herren! Im Jahr 2000 haben ÖVP und FPÖ eine einzige Formalsitzung zugelassen. Im Jahr 2001 haben ÖVP und FPÖ wieder nur eine einzige Formalsitzung zugelassen. Im Jahr 2002 gab es die Wahlkampfansage des Bundeskanzlers, im Jahr 2003 ein Hearing, und das Jahr 2004 stellt für den Herrn Staatssekretär ein Zieldatum dar. – Das ist ungeheuerlich! Das, was Sie hier machen, ist einfach ungeheuerlich. (Abg. Wittauer: Wenn man in den Ausschüssen 2003 verhandelt, wird es auch zur Umsetzung kommen!)

Das Programm der ÖVP und FPÖ ist klar:

erstens: ein Marketinggag vor den Nationalratswahlen, um Stimmen zu fangen;

zweitens: Verschleppung, Verzögerung, Blockade (Abg. Scheibner: Was haben Sie in 30 Jahren Ihrer Regierungsbeteiligung gemacht beim Tierschutz?);

drittens: hinter den Kulissen wird längst überlegt, welche Methode es gibt, um unter dem Deckmantel Tierschutz weitere Förderungen für die Landwirtschaft zu lukrieren (Abg. Wittauer: Das ist wohl eine Unterstellung ...!);

viertens wird – da braucht man auch nicht lange zu prognostizieren – eine Werbekampagne geplant werden, und die ÖVP wird sich auf Kosten der Steuerzahler als Tierschutzpartei feiern lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Für dieses Programm, das Sie hier umsetzen wollen, werden Ihnen die Wählerin und der Wähler die Rechnung präsentieren – dieser Tag wird kommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das ist uns schon klar, dass die Sozialdemokraten für die Landwirtschaft noch nie etwas übrig gehabt haben!)


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13.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte. (Ruf bei den Freiheitlichen – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Scheuch –: Uwe, jetzt sag es ihnen! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich bin heute auf konziliant aus!)

13.04


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Schuldzu­weisungen, die hier in der Diskussion zwischen ÖVP und SPÖ vorgenommen werden, sind für mich, muss ich sagen, eigentlich beispielgebend für eine äußerst dubiose Vergangenheits­bewältigung im Hohen Haus. Denn mir ist es relativ Wurscht, sage ich ganz ehrlich, ob es jetzt die SPÖ als Regierung nie zusammengebracht hat oder ob die ÖVP jahrelang blockiert hat. Ich denke aber, es ist an der Zeit, hier wirklich etwas zu verändern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es steht außer Zweifel, dass es nicht die SPÖ war, die in der Zeit ihrer jahrzehntelangen Re­gierung beziehungsweise Regierungsbeteiligung etwas verändert hat – außer zum Schlechten. (Zwischenruf des Abg. Heinzl. – Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: 30 Jahre habt ihr nichts zusammengebracht!)

Es steht für mich auch außer Zweifel, dass es auch nicht Kanzler Schüssel war, der dieses Gesetz eingeläutet hat.

Für mich steht weiters ganz klar außer Zweifel, dass es unser Vizekanzler war, dass es Herbert Haupt war (Beifall bei den Freiheitlichen), der dieses bundeseinheitliche Tierschutz­gesetz gefordert und auch, meine geschätzten Damen und Herren, zur Koalitionsfrage erklärt hat. Vizekanzler Herbert Haupt hat in den Koalitionsverhandlungen gefordert, dass es be­schlossen und umgesetzt werden muss.

Meine lieben Kollegen von der SPÖ! Ich zitiere ungern, damit mir eben nicht auch so ein Fehler passiert wie Ihrem Kollegen, der den Frühling mit dem Sommer verwechselt hat, aber glauben Sie mir eines: Wer schreit, hat nicht Recht! – Es ist ein Faktum: Wer schreit, hat nicht Recht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sollten nun zur Enquete-Kommission zurückkommen. Ich selbst hatte die Ehre, bei dieser Sitzung eine Stunde den Vorsitz zu führen, und ich kann die Aussagen meiner Vorredner bestätigen: Es war eine kontroversielle, eine interessante und sicherlich produktive Diskussion. Es war aber auch eine Diskussion – das möchte ich hier noch einmal erwähnen –, in der zum Teil über das Ziel geschossen wurde. (Abg. Dr. Glawischnig: Ach so?)

Ich bin der Meinung, dass hier zum Teil mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, und darf nur zwei, drei Dinge herausnehmen. (Abg. Dr. Glawischnig: Beim Tierschutz wird nicht ge­schossen!) – Okay, Frau Kollegin.

So hat zum Beispiel Frau Dr. Licek davon gesprochen, dass der Stress der Aquariumsfische nicht mehr tragbar ist. – Seien Sie mir bitte nicht böse, aber da muss ich anfangen nachzudenken. (Abg. Dr. Glawischnig: Ein Fisch ist auch ein Vieh!) Wenn wir in einer Zeit, in der wir wirklich andere Probleme haben, über den Stress der Aquariumsfische diskutieren, dann weiß ich nicht, ob wir auf dem richtigen Weg sind.

Herr Buchner, der von den „Vier Pfoten“ nominiert wurde, hat die Bauern kritisiert – massiv kritisiert; jene von Ihnen, die nicht anwesend waren, können das nachlesen –, er hat gesagt, dass wir Bauern da nur wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellen. – No na, da geht es doch um unseren Beruf! Die Bauern müssen wirtschaftlich denken, sonst wird mir Herr Buchner erklären müssen, was er mit den mehr als 200 000 Bäuerinnen und Bauern machen wird, ob er sie dann bei „Vier Pfoten“ anstellen wird oder ob sie vielleicht – als einzige Aus­wegmöglichkeit – vom Kollegen Verzetnitsch als Bauernakkordanten als Lohnstreiker angestellt werden, um das Land zu verändern. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Der Verzetnitsch ist eh schon wieder streiken!)

Seien wir einmal ehrlich – ich bin jetzt der fünfte oder sechste Redner –: Es wollen doch alle das Gleiche. Alle wollen dieses Gesetz haben, alle wollen diese Veränderungen haben, der eine intensiver, der andere weniger; die Probleme greifen hier ineinander. Ich meine, wir sollten jetzt arbeiten und Standards schaffen.


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Ich habe mich in meiner Jungfernrede auch mit diesem Thema beschäftigt und habe schon damals gesagt: Ich glaube, es ist unfair, die Gesetze der einzelnen Länder herunterzumachen. Ich bin davon überzeugt, dass wir in den einzelnen Bundesländern gute Tierschutzgesetze haben, dass kein Tohuwabohu herrscht, sodass sich vor lauter Verordnungen und Entwürfen niemand mehr auskennt.

Ich meine, es sind gute Regelungen vorhanden, und wir müssen nun darangehen, das Ganze zu vereinen. Wir sollten dabei auch daran denken, geschätzte Damen und Herren, und dürfen niemals vergessen, dass das auch jemand zahlen muss. Wenn ich in diesem Zusammenhang wieder auf die Landwirtschaft zu sprechen kommen darf: Es ist natürlich leicht, zu fordern, Spaltenböden, die Anhängehaltung, die Käfighaltung zu verbieten – wir verbieten alles, okay, aber irgendjemand muss das auch zahlen. Faktum ist allerdings – es gibt sehr viele Markt­studien darüber, die auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition kennen –, dass über 80 Prozent der gekauften Eier, wenn wir bei den Legehennen bleiben, aus der Käfighaltung kommen. Selbst wenn man das andere Angebot verdoppeln würde, würden die Leute immer noch die billigen Eier aus Käfighaltung kaufen!

Ich warne davor, in dieser Diskussion päpstlicher als der Papst zu sein. Denn was machen unsere Bauer in der Zwischenzeit, wenn die EU es erst ab 2012 verbietet und bis dahin die Eier aus Slowenien, aus Ungarn oder aus irgendeinem anderen EU-Land oder künftigem EU-Land kommen? Wir werden diesbezüglich vorsichtig sein müssen und auch als Konsumenten – und wir alle sind Konsumenten – aufpassen müssen, dass wir hier nicht Wasser predigen und Wein trinken.

Ich fordere Sie alle daher auf, dass Sie wirklich dazu beitragen, dass wir schnell ein gutes und auch faires Gesetz bekommen.

Frau Mag. Weinzinger hat es, glaube ich, so treffend ins Kalkül gebracht: Sie fordert die Regierung und die Regierungsparteien auf, die anderen Organisationen, die NGOs und dergleichen mit einzubinden. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, nachdem ich Ihnen hier zugehört habe: Ich bin wirklich froh, dass Sie nicht in der Regierung sind! Denn es kann doch nicht sein ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Weinzinger.)

Frau Kollegin, es kann doch nicht sein, dass wir bei jeder Gesetzwerdung alle, die es betrifft, einladen. Da müssten wir, wenn Sie Regierungsverantwortung hätten, beim nächsten Tages­ordnungspunkt, bei dem wir über ein Sportgesetz sprechen, wahrscheinlich alle Fußballklubs Österreichs zur Diskussion einladen. – Das kann es nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sind gewählte Mandatare, und wir sind von unseren Parteien und Wählern hierher entsandt, um Gesetze zu machen und zu beschließen. Wir sollen natürlich trachten, unseren eigenen Kreis gut zu vertreten, aber im Endeffekt liegt es an uns.

Abschließend: Wenn – und ich betone: wenn – es irgendwann einmal die allzu extremen linken Lobbyisten eines sehr massiven Tierschutzgesetzes bis ins Parlament oder vielleicht sogar bis in die Regierung schaffen sollten, dann können sie gerne die Gesetze nach ihrem Gutdünken verändern. Solange wir hier demokratisch gewählt dafür verantwortlich sind, werden wir mit den Tiergesetzen, mit dem Tierschutz und mit allen anderen Dingen verantwortungsvoll umgehen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

13.12


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Vize­kanzler! Hohes Haus! Die Freiheitlichen haben sichtlich viele ihrer Prinzipien aufgegeben. (Bei­fall bei den Grünen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Nein!) Es hat einmal eine Zeit gegeben, da ha­ben die Freiheitlichen für sich in Anspruch genommen, für Menschen, für Gruppen, für Be-


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troffene zu stehen und zu sprechen. (Abg. Scheibner: Jetzt sprechen wir nicht nur davon, jetzt machen wir es auch!) Dass Sie sich jetzt hinstellen und kritisieren, dass man da jeden irgendwie einbinden soll, der betroffen ist, ist das Gegenteil dessen, was Sie immer vorgegeben haben zu sein, nämlich Volksvertreter. (Ruf bei der SPÖ: Wendehälse!)

Ich denke, es ist das Wichtigste überhaupt, den Kontakt zu den Gruppen, die bei der Ge­setzgebung betroffen sind, nicht zu verlieren – siehe jetzt die Pensionsreform. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Faire Pensionen für Fische!)

Bemerkenswert ist auch, Herr Uwe Scheuch, dass die angeblichen Vertreter der Bauern im Parlament sehr viel weniger Phantasie haben und sehr viel weniger offensiv und progressiv sind als die Bauern selbst.

Im heutigen „Standard“ ist ein sehr schöner Bericht über einen „Hightech-Schweinestall, in dem sich die Herde sauwohl fühlen soll“. „Österreichs größte Gruppenhaltung nimmt EU-Verordnung vorweg“. – Das ist interessant, weil hier oft argumentiert wird, dass das EU-Niveau das Maximum sei, was unsere Bauern machen dürfen, können, aus wirtschaftlichen Gründen. (Abg. Wittauer: Wir machen viel mehr!) Hier hat ein Schweinehalter, der massiv kritisiert worden ist, Hardegg, ein sehr großes gutes Projekt gemacht und nimmt eine EU-Verordnung vorweg. (Abg. Scheibner: Wie viele so große gibt es in Österreich?) Ich denke, Sie sollten das Argument einmal überdenken, überdenken, ob wirklich das EU-Mindestniveau der Maßstab für das Tierschutzgesetz sein soll. (Abg. Wittauer: Er macht es freiwillig, wir müssen ihn ja nicht zwingen!) Ihre Bauern sind teilweise schon besser als das, was Sie hier im Parlament vertreten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Warum kann das nicht ein Pilotprojekt für die Schweinehaltung in ganz Österreich werden? – Das ist mir ein Rätsel.

Sie sollten sich vielleicht einmal bei den Gruppen bedanken, die genau das ermöglicht haben. Da haben nämlich die „Vier Pfoten“, die Sie immer so kritisieren, mitgearbeitet. Das war ein gemeinsames Projekt von Tierschützern und einem Schweinehalter. Ich denke, das muss man einmal lobend erwähnen.

Lassen Sie die komische Frontstellung, die Sie da immer aufbauen, der Vergangenheit angehören, sie entspricht gar nicht mehr der Realität. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nun zum Entschließungsantrag: Ein bisschen lustig ist das schon, denn es heißt da: „Der Nationalrat begrüßt“ – und der Nationalrat ist der Gesetzgeber! –, „dass im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung“ von Parlamentariern eingerichtet wird. Und diese Parlamentarier sollen dann eine Regierungsvorlage erarbeiten. – Ich finde das wirklich be­merkenswert. Haben Sie sich einmal überlegt, dass wir auch ohne Bundeskanzler ein Gesetz erarbeiten könnten – einfach wir als Parlament, da wir ja der Gesetzgeber sind? (Beifall bei den Grünen.)

Wir könnten hier ganz einfach den Text des Tierschutz-Volksbegehrens, das von den Frei­heitlichen, den Grünen und von der SPÖ unterstützt wurde, das Sie dann zu einem Gesetz ausgearbeitet haben, als Basis nehmen für einen Initiativantrag. Und über diesen könnten wir dann in den Ausschüssen beraten. – Das ist Parlamentarismus, das ist Gesetzgebung! (Zwi­schenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Diese krausen Schüssel’schen Vorstellungen, im Bundeskanzleramt diese Arbeitsgruppe ein­zusetzen – wir könnten genauso die Bundesländer, NGOs und Experten einbeziehen, daran hindert uns niemand. Aber das wäre eigentlich, denke ich, noch eine alte FPÖ-Tradition im Parlament gewesen, oder? (Beifall bei den Grünen.) – Aber ich sehe es viel zu positiv, muss ich sagen.

Zum Inhalt dieses Entschließungsantrages (Abg. Wittauer: Aber so schlecht ist er nicht, oder?) und zur Enquete-Kommission selbst: Bei der Enquete-Kommission war es von der Stimmung her sehr seltsam: Es war im Gegensatz zu heute unglaublich konsensual, heute ist es schon


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wieder ein bisschen kontroversieller. Es war deswegen so konsensual, weil der Kern, die Inhalte vor allem von der ÖVP nicht auf den Tisch gelegt wurden, nicht gesagt wurde, was sie beim Tierschutzgesetz inhaltlich haben will. Es wurde sehr stark beschworen, dass ohnehin alle für den Tierschutz sind, aber wie sich das ganz konkret auswirken soll, das hat gefehlt.

Jetzt wird das schon ein bisschen sichtbarer, der Vorhang wird schon etwas weggezogen, und da kommen schon einige Hürden und kontroversielle Themen zum Vorschein. So heißt es im Antrag zum Beispiel:

„Zusätzliche bürokratische Einrichtungen sollen grundsätzlich verhindert werden.“

Was, bitte, sind „zusätzliche bürokratische Einrichtungen“? Was heißt denn das? Es lässt sich eigentlich nur so interpretieren, dass das, was im Positionspapier des Bauernbundes ganz dezidiert festgehalten ist, nämlich: Wir wollen keine Tieranwaltschaft!, hier schon vorweg­ge­nommen ist. Aber warum reden wir nicht einmal darüber, ob das vielleicht auch einen Sinn machen könnte? Im Umweltbereich hat das sehr viel Sinn gemacht, bei den Salzburgern hat es sehr viel Sinn gemacht, eine Tieranwaltschaft einzurichten. Warum sind Sie von vornherein schon so dagegen? Wovor fürchten Sie sich? – Ich verstehe das nicht, aber es wird zumindest klarer, dass Sie das nicht wollen.

Worum geht es noch? – Eine EU-rechtskonforme Umsetzung. Darüber habe ich schon ge­spro­chen. Warum sollen wir nicht EU-Richtlinien auch vorwegnehmen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber nicht gesetzlich!) Das ist ein Wettbewerbsvorteil! Je früher wir EU-Recht vorwegnehmen, desto besser sind wir im Wettbewerb gegenüber den anderen Staaten, die das erst machen müssen; das ist ja einleuchtend, oder? (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Wittauer. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt klatschen nicht einmal mehr die Roten, das ist bedenklich!)

First-move-advantage“ heißt das in der ökonomischen Fachsprache; dazu kann man vielleicht ein Seminar bei Herrn Professor Van der Bellen besuchen.

Zum Abschluss noch ein paar inhaltliche Punkte: Wir überlegen uns natürlich schon etwas – wir sind ja nicht nur die bösen Tierschützer, die den Zierfischstress ernst nehmen –, und ich muss schon sagen: Tierschutz betrifft nicht nur jene Tiere, die lieb ausschauen, die man streicheln kann, bei denen man in den Mähnen wühlen kann, wie Kollege Wattaul das letzte Mal von seinem Pferd berichtet hat (Abg. Wittauer: Aber das ist Tierquälerei, wenn Wattaul auf ein Pferd steigt!), sondern alle Tiere. Einen Zierfisch kann man nicht streicheln, das ist schon klar (Abg. Wittauer: Aber das Pferd vom Kollegen Wattaul!), aber gerade die Haltungsbedingungen von Tieren in Heimen und in den Haushalten der Menschen muss man auch ansprechen; das ist natürlich auch ein Thema. Auch wenn er ein Fisch ist, ist er ein Tier, oder? (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Ja, aber Sie reden ja auch immer von den Kanarienvögeln in den Käfigen. (Abg. Grillitsch: Na geh, das stimmt ja nicht!) – Doch!

Zum Schluss noch zur Landwirtschaft einen Vorschlag: Einer unserer Ansätze war immer, den Konsumentinnen und Konsumenten das Leben dadurch zu erleichtern, dass sie gut informiert werden. Wissen ist Macht – das sage ich sehr oft –, Wissen ist Macht, denn dann kann man sich bewusster entscheiden. Und einer der Vorschläge, die schon lange auf dem Tisch liegen, ist, die Kennzeichnung bei tierischen Produkten zu verbessern. Ich glaube, das ist ein ge­meinsames Interesse. Wir wollen, dass die Menschen bessere, artgerechtere Produkte kaufen, deswegen muss man die Kennzeichnung verbessern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Super! Okay!) Okay. Und deswegen brauchen wir so etwas wie einen Tiergerechtheitsindex oder ein Güte­siegel oder etwas, wo man mit fünf Eiern, mit drei Eiern, mit zwei Hennen, mit vier Hennen oder was auch immer kennzeichnet, wie tiergerecht dieser Betrieb arbeitet (Abg. Wittauer: Das ha­ben wir schon immer gefordert!), dieses Produkt hergestellt worden ist. Das fehlt. Wenn wir zumindest darin einig wären, hätten wir schon einen Konsens, der sowohl den KonsumentInnen als auch der Landwirtschaft enorm nützt.


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Aufklärungsarbeit über die Qualität, über die Schadstoffe von Billigimporten, all das kann man gemeinsam machen, all das sind wichtige Dinge.

Ein letzter Hinweis an den Bauernbund: Ich möchte Ihnen Folgendes zu überlegen geben: Im Lebensmittelbereich, das ist leider immer noch so, versorgen oft Frauen die Familien, kaufen Frauen ein. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gott sei Dank ist das so!) Sie sollten vielleicht auch bei Ihnen die Strukturen überdenken und Bäuerinnen in die höheren Funktionen lassen. Vielleicht kommen dann auch andere Ideen im Marketing. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf: Grillitsch, du schickst deine Frau ins Parlament! – Abg. Dr. Glawischnig: Es gibt eh keine Klubobfrau in der ÖVP, nur Männer!)

13.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte.

13.19


Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Werte Zuschauer beziehungsweise Zuhörer – es freut mich, dass vor allem sehr viele Jugend­liche darunter sind! Es ist dies meine erste Rede, und daher möchte ich mich ganz kurz vor­stellen und ein paar grundlegende Dinge zu diesem Thema anreißen, vielleicht auch die Ant­wort darauf finden, warum wir bisher noch kein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz haben beziehungsweise warum es noch nicht dazu gekommen ist.

Gerade das Thema Tierschutz berührt mich sehr, weil ich als Bauernsohn im Metnitztal in Kärnten auf einem Bauernhof mit vielen Tieren aufgewachsen bin. Wir haben heute ein bäuerliches Familienunternehmen mit einem zweiten Standbein, das die Forstwirtschaft ist. Das heißt, ich betreibe ein technisches Büro für Forstwirtschaft, bin also gelernter Forstmann. Ich habe mich über den Weg der Österreichischen Bundesforste und den Landesforstdienst selbständig gemacht, um meinen Zweitberuf, also jenen des Bauern, besser ausüben zu können.

Ich betreibe diesen Bauernhof gemeinsam mit meiner Familie, das heißt, ich habe eine Bäuerin geheiratet, und wir wohnen auf einem Biobergbauernhof auf 1 100 Meter Seehöhe – übrigens mit Kärntner-Blondvieh-Zucht; das ist eine Rinderrasse, die bereits vom Aussterben bedroht war, mittlerweile durch ein gezieltes Erhaltungsprogramm aber wieder im Aufbau befindlich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daneben haben wir natürlich – wie es sich für solch einen Bauernhof gehört – Pferde, Schweine, Ziegen, Hühner, Katzen, Hunde, Hasen, also allerlei Vieh. Sie können mir daher glauben, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich Erfahrung mit der Landwirtschaft und mit der Tierhaltung habe. Ich kann Ihnen versichern: Die Tiere haben es auf unserem Bauernhof gut, und wir wissen, wie wir mit ihnen umgehen und sie artgerecht halten müssen.

Die Nutztierhaltung ist wohl die wichtigste und umfassendste Tierhaltung, ohne die anderen Haltungsformen zu vernachlässigen. Ich behaupte ganz einfach: Wer mit Tieren aufwächst, der achtet sie, schützt sie und pflegt sie, ganz gleich, ob sie früher oder später einmal auch als Nahrungsmittel auf dem Speiseteller landen.

Wir haben eine ganz besondere, eine ganz eigene positive Einstellung und Beziehung zu den Tieren. Wir müssen aber bedenken, es leben nur noch 5 Prozent, sogar weniger als 5 Prozent der Bevölkerung als Bauern mit dem Vieh und vom Vieh, und sie sind gleichzeitig auch die Ernährer der gesamten restlichen Bevölkerung. Daher, meine ich, müssen wir bei der Diskussion des Themas Tierschutz auch über die Menschen und deren Verständnis im Umgang mit Tieren reden – das wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen. Aber etwa zwei Drittel der Jugendlichen kennen heute weder die Arbeit noch das Leben am Bauernhof.

Gleichzeitig haben die Schreckensmeldungen im Zusammenhang mit der BSE-Krise, Einzelfälle in der Massentierhaltung, bei Tiertransporten oder ähnlichen tierquälerischen Vorgängen, die


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aber wirklich nur Einzelfälle sind, die Bevölkerung verunsichert und natürlich auch das Bild in der Öffentlichkeit verfälscht.

Deshalb müssen wir, Hohes Haus, viel mehr Bewusstseinsbildung und Allgemeinbildung in diesem Themenbereich betreiben. Nur dann, wenn möglichst viele Menschen wieder ein direktes Verhältnis zur Natur und zu ihren Kreaturen, das heißt den Tieren, aufbauen, wird das Tier in unserer Gesellschaft wieder den richtigen Stellenwert einnehmen.

Eine der wesentlichen Feststellungen bei der Tierschutz-Enquete war, dass die Landesgesetze zwar unterschiedlich, jedoch durchaus gut sind, dass aber viele Defizite in der Vollziehung bestehen. Die Landesgesetzgebung im Bereich der Landwirtschaft, insbesondere im Bereich des Tierschutzes, hat daher auf jeden Fall ihre Berechtigung und ihren Sinn gehabt. Die Nutztierhaltung auf einem Kärntner Bergbauernhof funktioniert eben anders als zum Beispiel in Wien, und daher können wir nicht überall einheitliche Standards, die nicht den vielfältigen landwirtschaftlichen Gegebenheiten in den Gebieten und Regionen Österreichs entsprechen, einführen.

Als Regionalentwickler stimmt es mich obendrein immer nachdenklich, wenn Länderkom­petenzen beschnitten werden und die viel gepriesene so genannte Vielfalt der regionalen Eigenständigkeit im vereinten Europa oftmals zur Worthülse verkümmert. (Abg. Wittauer: Herr Abgeordneter, wir haben gemeinsam einen Entschließungsantrag!) Hier wünsche ich mir auch von unserem Koalitionspartner und von den anderen Fraktionen eine Zurücknahme der Forde­rungen bei weiteren Gesetzen. Ich weiß aber sehr wohl, dass gerade die EU-Normen nach einer bundeseinheitlichen Regelung verlangen, und die ÖVP mit Bundeskanzler Schüssel an der Spitze steht auch zu diesem Vorhaben.

Wir sollten bei jedem neuen Gesetz aber auch bedenken, dass wir im Grunde Ver­waltungs­vereinfachung wollen, damit der Vollzug besser gestaltet werden kann. Das heißt, wir brauchen auf der Vollzugsebene Menschen, die den artgemäßen Umgang mit Tieren verstehen. Es ist niemandem geholfen, wenn extreme Tierschützer etwa als Tieranwälte auf Bauern und Heimtierhalter gleichermaßen losgelassen werden. (Abg. Dr. Glawischnig: „Losgelassen“? – Abg. Grillitsch: „Losgelassen“ ist ein Kärntner Ausdruck!) Auch da sind Bewusstseinsbildung und gegenseitiges Aufeinanderzugehen enorm wichtig.

Aus den Expertengesprächen und Statements bei dieser Enquete-Kommission ist auch abzu­leiten, dass wir nicht unbedingt strengere Richtlinien brauchen. Österreich ist ohnehin in vielen Belangen ein Musterland, im Umwelt- und Naturschutz – auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen –, bei den Menschenrechten, in Fragen der Sicherheit, so auch bereits jetzt im Tierschutz. Wir dürfen bei einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz daher nicht voran­preschen, sondern müssen vor allem an jene denken, die von den Tieren und mit den Tieren leben, nämlich an unsere Bauern!

Ein allzu strenges Tierschutzgesetz führt zwangsläufig zu Wettbewerbsverzerrung auf dem internationalen Markt und ist schlichtweg auch existenzgefährdend. (Abg. Dr. Glawischnig: Stimmt ja gar nicht!) Es gibt bereits genügend Beispiele dafür, dass jenseits unserer Staats­grenze Betriebe entstehen, die keine dermaßen strengen Auflagen zu erfüllen haben und deren Waren auf unseren heimischen Märkten landen und von uns Österreichern gekauft werden. Es muss uns daher klar sein: Wir exportieren damit den Tierschutz und importieren Lebensmittel, von denen wir oftmals nicht einmal die Herkunft kennen. Und das haben unsere Bauern nicht verdient!

Die Spielregeln haben sich für unsere Bauern schon oft genug geändert und sind durchwegs härter geworden. (Abg. Dr. Glawischnig: Heute geht es ja um Tierschutz!) Die Bauern haben sich immer wieder angepasst und umgestellt, sie haben investiert und Einkommenseinbußen hinnehmen müssen; auch dann, wenn die Wirtschaftslage sie dazu gezwungen hat, ist das immer wieder passiert.


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Erlauben Sie mir an dieser Stelle auch einen kurzen Exkurs zur Pensionssicherungsreform. Da dürfen wir uns auch an den Bauern ein Beispiel nehmen: Wenn es Wirtschaftslage, Staats­haushalt et cetera erfordern, dann haben die Bauern immer wieder den Gürtel enger geschnallt. Die Bauern leben Nachhaltigkeit vor. Der Generationenvertrag ist für unsere Bauern durchaus selbstverständlich.

Abschließend fasse ich noch einmal zusammen: Der Bewusstseinsbildung und der Ausbildung oder Information im Zusammenhang mit einem neuen Tierschutzgesetz ist eine zentrale Bedeutung beizumessen. Damit meine ich Bewusstseinsbildung bei den Produzenten und bei den Konsumenten, aber auch bei den Kontrollorganen und – das ist ganz besonders wichtig – bei den Politikern, denn da liegt, glaube ich, das Defizit der vergangenen Jahre, dass es hier in manchen Köpfen zu wenig Bewusstseinsbildung gegeben hat beziehungsweise zu wenig Information vorhanden war, zu wenig aufeinander, auf die Probleme, auf die Sicht der Bauern eingegangen wurde.

Die Österreichische Volkspartei und ich als bäuerlicher Abgeordneter fordern daher ein ver­nünftiges und vollziehbares Gesetz mit dem Anspruch auf Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern und Gleichbehandlung aller Tierhalter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Also keines offensichtlich!)

13.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Walther. – Bitte.

13.28


Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! (Abg. Öllinger: Ich glaube, der Minister Haupt macht heute einen Bürostreik!) Auch für mich ist es hier die erste Rede, wiewohl ich schon bei der Tierschutz-Enquete einige Gedanken zum Ausdruck bringen durfte. Aber ich habe mit meinem Vorredner auch andere Gemeinsamkeiten: Auch ich bin auf einem Bauernhof aufge­wachsen, eine Bauerntochter aus der Südsteiermark. Mein Vater war zwar mehr ein Weinbauer, also der Hauptschwerpunkt unserer Landwirtschaft war der Weinbau, aber natürlich war es eine typische gemischte Landwirtschaft, wo es neben Kühen, Schweinen und Hühnern die Felder­wirtschaft gab, es wurde alles Mögliche, was man in den fünfziger und sechziger Jahren zum Leben brauchte, angebaut.

Heute habe auch ich Tiere und betreue Tiere im landwirtschaftlichen Nebenerwerb. Auch ich habe – wie mein Vorredner – eine aussterbende Haustierrasse, und zwar das Waldschaf. Es kommt aus dem Böhmerwald und aus dem Bayerischen Wald (Zwischenruf) – keine Heid­schnucken –, es gedeiht sehr prächtig, womit ich schon wieder zu einer sehr wichtigen Rolle unserer Bauern komme, zu der des Landschaftshegers und -pflegers, zu der Rolle im Zusam­menhang mit der Erhaltung der Landschaft, mit Umweltschutz und Förderung des Tourismus und des Fremdenverkehrs. In eine Landschaft, die verwildert ist und deren Schönheiten nicht mehr gepflegt werden, wird der Tourist nicht so gerne kommen. (Demonstrativer Beifall der Ab­geordneten Eßl und Steindl.)

Zurück zum bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz. Die Initiative für dieses bundeseinheitliche Tierschutzgesetz haben einige Leute hier im Hohen Haus und vor allem die vielen Tierschützer in unserem Land Österreich gesetzt, die, wie wir bei der Enquete-Kommission erfahren haben, auf eine über 100-jährige Tradition verweisen können. Sie haben sich dafür eingesetzt, und ich habe es sehr lähmend gefunden, dass es bei uns in puncto Tierschutz noch immer ver­schiedene Landesgesetze und verschiedene Standards gibt. Diese sind sehr unterschiedlich, gehen teilweise bis zur Tierquälerei – das muss man auch einmal sagen – und gehören vereinheitlicht und auf eine höhere Stufe gestellt, und zwar so, dass Österreich wirklich eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen kann. Die Forderungen, die, auch von Ihrer Seite, gestellt wurden, sind durchaus dazu angetan, dass wir eine solche Rolle spielen könnten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Wittauer: ... Sie unseren Entschließungs­antrag unterstützen!) – Dazu komme ich noch!


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Was ist eigentlich Sache? – Ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz – das ist offensichtlich außer Streit gestellt –, das dann auch höheren EU-Standards entspricht – das wird auch, glaube ich, außer Streit gestellt – und das nicht die niedrigsten Standards unserer Landes­gesetze und unserer Landesverordnungen enthält. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)

Was nicht Sache war, was leider nicht einheitlich ist, aber von den Tierschützern einheitlich gefordert wurde, war die Tieranwaltschaft. Es tut mir sehr Leid, dass diese offensichtlich und hörbar herausreklamiert und in der Arbeitsgruppe nicht mehr behandelt werden soll.

Ich bin überzeugt davon, dass wir mit der Verankerung dieser Standards inklusive einer Tieranwaltschaft den Wünschen einer breiten Bevölkerungsmehrheit folgen und, obwohl das abgestritten worden ist, ebenso den Wünschen der Jugend, die immer wieder neue Standards auch in der Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität fordert. Hinzufügen möchte ich, dass ich, sollte ein Verbot der Käfighaltung nicht außer Streit gestellt sein, das besonders traurig fände, denn das ist für mich Tierquälerei. Wenn die Käfighaltung jetzt wieder durch die Hintertür hineinkommen sollte, dann, muss ich sagen, wäre das nicht EU-konform und überdies ein Hohn für aufgeschlossene und moderne Menschen, die einerseits moderne und gute Lebensmittel konsumieren wollen und andererseits auch im Konkurrenzkampf mit den Er­weiterungsländern bestehen wollen.

Soll es so weit kommen, dass wir den niedrigsten Standards folgen, oder wollen wir Standards festlegen, die unsere Lebensmittelqualität und damit unsere Lebensqualität erhöhen? – Ich denke, wohl das Zweitere. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie der Abgeordneten Wittauer und Lentsch.)

Zur Auseinandersetzung mit den Erweiterungsländern: Mit Hilfe des Preises werden wir es nicht schaffen, nur mit einer hohen Qualität. Und es stimmt nicht, dass, wie einer meiner Vorredner behauptet hat, nach wie vor 80 Prozent der verkauften Eier aus Käfighaltung stammen. Das stimmt einfach nicht! Dieser Wert ist inzwischen auf 60 Prozent zurückgegangen.

Die vielen biologisch „landwirtschaftenden“ Bauern in unserem Land wären schlecht beraten gewesen, hätten sie nicht – trotz großen Drucks in Richtung Massentierhaltung – angefangen, biologisch zu wirtschaften. Und sie haben sich damit durchgesetzt! Sie alle wissen genauso gut wie ich, dass die großen Nahrungsmittelketten wie „Spar“ oder „Billa“ jetzt Bioprodukte wie „Ja natürlich“ und „Natur pur“ anbieten und damit auch noch ein gutes Geschäft machen. Die Land­wirtschaft ist meiner Ansicht nach daher gut beraten, wenn sie qualitätvoll arbeitet und qualitätsmäßig hohe Standards setzt – auch in der Tierhaltung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Wittauer.) Damit ist nämlich durchaus etwas zu verdienen.

Es hätte sich ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz nicht verdient, jetzt als Werbegag für die ÖVP – so nach dem Motto: die ÖVP hat es durchgesetzt! – herhalten zu müssen. (Beifall und Bravoruf des Abg. Reheis.) Damit komme ich zu meinen einleitenden Bemerkungen zurück: Das haben sich wohl die Tierschützer verdient und auch all diejenigen, die sie dabei unterstützt haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber zu Wort gemeldet. (Abg. Wittauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber –: Gemäßigt bleiben ...! – Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer in Richtung der Abg. Dr. Glawischnig.)

13.36


Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sie haben sich wohl darüber ge­wundert, Herr Kollege Molterer, dass artgerechte Tierhaltung auch in größeren Betrieben mög­lich ist. Das Beispiel, das Kollegin Glawischnig gebracht hat, zeigt, dass Tierschutz in allen Be­trieben in Österreich möglich ist, auch in größeren Betrieben. (Abg. Prinz: Das ist ein gutes Beispiel für die Struktur der österreichischen Betriebe!)


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Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Es ist bereits viel gesagt worden, und ich möchte auf einen Aspekt eingehen, den Kollege Grillitsch so beschworen hat, nämlich den Dialog. Er hat mehrfach dazu aufgefordert, wieder in einen Dialog einzutreten. Werte Kollegen von der ÖVP! Wer hat denn bitte fast ein Jahrzehnt lang diesen Dialog verweigert? – Das waren doch nicht die Parlamentsparteien auf dieser Seite (der Redner zeigt auf die linke Seite des Saales), sondern das waren Sie!

Verdrehen Sie also nicht die Tatsachen und versuchen Sie nicht, gleichzeitig mit dem Be­schwören des Dialogs – Kollege Grillitsch ist leider nicht anwesend, richten Sie ihm das bitte aus, er soll damit aufhören –, Vorwürfe gegenüber Grünen und Tierschützern zu formulieren, die sich immer um diesen Dialog bemüht haben und nach wie vor bemühen. Man kann einen Dialog doch nur dann sinnvoll führen, wenn man bereit ist zuzuhören! Und ich halte es jetzt für geboten, zuzuhören und auch auf das zu hören, was die Expertinnen und Experten im Rahmen der Enquete-Kommission formuliert haben. (Abg. Wittauer: Aber die Experten haben unter­schiedlich argumentiert!) – Das stimmt, Kollege Wittauer, sie haben verschiedene Positionen bezogen, aber zumindest in einem Punkt gab es eindeutig einen Konsens: Tiere sind leidensfähige Lebewesen, die artgerecht gehalten werden müssen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das unterschreibe ich! Ja! Das unterschreibe ich!)

Sie haben gewisse Eigenschaften und ein bestimmtes Verhalten. Die neuere Wissenschaft kann genau zeigen, wie dieses Verhalten zu unterstützen ist, welche Stalleinrichtungen zu entwickeln sind, damit dieses artgerechte Verhalten auch realisiert werden kann. Ich glaube daher, dass man das außer Streit stellen sollte.

Die Grünen haben gerade dafür immer ein sehr gutes Konzept verfolgt, nämlich ein öster­reichisches wissenschaftliches Konzept, den von den Kolleginnen bereits angesprochenen Tier­gerechtheitsindex. Das ist eine Möglichkeit, spezifisch die Artgerechtheit der Tierhaltung zu bewerten, gut auch für kleinere Betriebe, und zwar einfach deshalb, weil damit die soziale Betreuung der Tiere durch die Bäuerinnen und Bauern mit beurteilt wird. Die Ausgestaltung der entsprechenden Stalleinrichtungen, die Liegeplätze, das Sozialverhalten, all das kann damit beurteilt werden. Daher wäre dieser Tiergerechtheitsindex ein wirklich gutes Maß für den Tier­schutz.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Forderung, die auch im Rahmen dieser Enquete-Kommission von Experten mehrfach bekräftigt und bestätigt wurde, lautet daher: Es wäre als Folge dieser Diskussion sehr sinnvoll, eine Stelle einzurichten, die Stalleinrichtungen, Stall­systeme vorab auf ihre Artgerechtheit, auf ihre Tiergerechtheit prüft, damit Bauern und Bäuerin­nen nicht zu Tölpeln werden, die auf Fehlberatungen von Firmen hin Investitionen tätigen, die ihnen nachher auf den Kopf fallen. Das ist uns ein ganz wichtiges Anliegen. (Abg. Wittauer: Wenn es Förderungen geben soll, dann ist das ohnehin eine Voraussetzung!) – Kollege Wittauer! Es gibt bereits Investitionsförderungen für besonders artgerechte Tierhaltung, aber es fehlt die grundsätzliche Prüfung von Stalleinrichtungen. Das ist aus Sicht der Grünen ein ganz wichtiger Punkt!

Kollege Wittauer, Sie haben die Wettbewerbsbedingungen in Europa angesprochen. Gerade in dieser Hinsicht – das dürfen Sie nicht vergessen – ist ein Verbot der Käfighaltung und eine Umstellung in Richtung artgerechte Haltung der Legehennen ein Muss – ein Muss, weil gerade Nachbarländer Österreichs wie die Schweiz die Käfighaltung schon lange abgestellt haben. Auch in Deutschland wird die Käfighaltung ab 2007 verboten sein, nur für ausgestaltete Käfige gibt es eine Übergangsfrist bis 2012. Das sind derzeit die gesetzlichen Tatsachen in unserem größten Nachbarland.

Wenn Österreich im Bereich Ökologisierung der Landwirtschaft Vorreiter in Europa bleiben will, müssen wir hier nachziehen, müssen wir ein Tierschutzgesetz entwickeln, das diesen Standard ebenfalls einführt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: In Tirol haben wir schon die Käfighaltung verboten! In Tirol ist es schon Standard!) – Natürlich ist die Käfighaltung in Tirol und auch in anderen Bundesländern bereits verboten. Daher fordern wir ja zu Recht, dass diese Standards, die in einzelnen Bundesländern schon bestehen, nicht nach unten nivelliert werden


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dürfen, sondern dass nur das größte gemeinsame Vielfache das Ergebnis dieses Prozesses sein kann, Kollege Grillitsch!

Das größte gemeinsame Vielfache bedeutet, im Interesse der Wirtschaftlichkeit der Landwirt­schaft die höchstmöglichen Standards einzuführen. Das wurde mehrfach betont. Warum? – Weil letztlich ein wirklich gutes Stallregime, ein optimales Stallmanagement den Bauern die Verluste minimiert. Eine artgerechte Schweinehaltung führt zu wenig Medikamenteneinsatz, zu wenig Verlusten im Stall – also eine wirtschaftlich sinnvolle Perspektive.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es natürlich notwendig sein wird, auch besonders artgerechte Tierhaltungssysteme zu kennzeichnen, also ein Tierschutz-Gütesiegel einzuführen, damit diese bäuerlichen Betriebe Chancen auf dem Markt haben. Mit einem guten Tierschutzsiegel wäre das möglich. Damit wäre auch eine Aufwertung des AMA-Gütesiegels denkbar, das habe ich schon mehrfach angesprochen. Die Basis für diese Weiterentwicklung ist ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz. (Beifall bei den Grünen.)

Schlussendlich müssen auch die Träger der öffentlichen Einrichtungen, die öffentliche Hand im Rahmen des Beschaffungswesens auf diese Entwicklungen der bäuerlichen Produktion reagieren. So wie wir fordern, dass in derartigen Einrichtungen verstärkt Bioprodukte konsu­miert werden, muss es selbstverständlich zum Prinzip werden, dass für den öffentlichen Sektor nur Produkte aus artgerechter Tierhaltung eingekauft werden. Dann ist es auch den Bauern gut vermittelbar, Kollege Grillitsch, und dann ist ein Dialog möglich: wenn man zuhört, wenn man die Chancen nutzt und wenn man die Möglichkeiten, die die Wissenschaft und die Technik heute bieten, endlich auch für die Landwirtschaft voll nutzt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweis­gut zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.43


Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Herr Vizekanzler! Wir sind nun schon fast am Ende dieser zum Teil doch kontrovers geführten Diskussion hier im Plenum. Man sieht, dass, wenn es nicht um rein Sachliches geht, die politischen Fronten heftig aufeinander treffen und wieder mehr das politische Hickhack im Mittelpunkt steht. Mein Eindruck von der Enquete-Kommission war nämlich, dass das gemein­same Ziel, nämlich ein effizientes Gesetz, als Wunsch aller im Mittelpunkt stand. Auch die heutigen Ausführungen von Vertretern der verschiedenen Parteien, die sich damit befasst haben, haben ein einheitliches Ziel im Sinn gehabt.

Ich möchte ganz kurz auf zwei Wortmeldungen eingehen. Frau Sima hat gesagt, dass Öster­reich von einem modernen Tierschutz meilenweit entfernt sei. Diese Aussage ist, glaube ich, nicht richtig. Wir mögen zwar kein österreichisches Tierschutzgesetz haben, aber vom moder­nen Tierschutz sind wir nicht besonders weit entfernt, weil es in den Ländern bereits sehr effi­ziente und auch sehr gute Gesetze gibt, die im Sinne der Tiere sind und auch vollzogen wer­den.

Gestört hat mich auch, dass Frau Glawischnig dieses eine Beispiel eines Schweinehalters in den Vordergrund gestellt hat, der so perfekt ist, vielleicht nicht wissend, dass dort 2 500 Hektar von sechs Personen bewirtschaftet werden, zu denen gehören diese Schweine nämlich, viel­leicht auch nicht unterstellend, dass man ein perfektes Beispiel als Standard hernimmt – auch das kann es nicht sein. Gute Beispiele gibt es natürlich überall, aber sie deswegen als den Standard der Zukunft darzustellen, war, glaube ich, auch nicht ganz richtig.

Wir von der ÖVP wollen die unterschiedlichen Gesetze so vereinheitlichen, dass sie für ganz Österreich nachvollziehbar sind. Wir wissen, dass wir im Sinne des Tierschutzes das einzelne Tier in den Mittelpunkt stellen sollten und nicht Lobbyisten, nicht Vertreter von Organisationen, sondern das einzelne Tier soll vor Tierquälerei geschützt werden. Wenn man, auch im Sinne


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des Tierschutzgesetzes, auf diese Überlegungen wieder zurückkommt, fällt es vielleicht leichter, manche Standards einzuführen.

Auch die verschiedenen Forderungen nach Strafen und Kontrollen sind natürlich legitim. Jedes Gesetz ist nur so gut, wie es kontrolliert wird. Aber gerade im Bereich des Tierschutzes sollte man meiner Ansicht nach nicht unbedingt nur von Strafen und übermäßigen Kontrollen ausgehen, sondern in Zukunft auch die positive Motivation in den Mittelpunkt stellen, sprich: das Gesetz dahin gehend ausbauen, die Tierhalter – und damit meine ich nicht nur die Landwirt­schaft, sondern alle Tierhalter – durch motivierende Maßnahmen, Begleitmaßnahmen dazu zu bringen, Tierschutz im Sinne des Tieres zu realisieren.

Dass Österreich Vorreiter innerhalb der EU sein soll beziehungsweise in manchen Bereichen bereits ist, ist, glaube ich, eigentlich auch klar. Dass wir nicht die einzelnen Ländergesetze ver­wässern wollen, ist im Interesse von uns allen. Dass ein automatisches Übernehmen des jeweils höchsten Standards nicht anzustreben ist, ist auch leicht nachvollziehbar, da es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Grundvoraussetzungen gibt. Wir können die land­wirtschaftliche Haltung in Wien nicht mit einer bergbäuerlichen Haltung in Höfen, die mehrere Jahrhunderte alt sind, vergleichen. Da eine automatische Gleichstellung zu verankern, wäre auch nicht im Sinne der Tierhalter.

Sehr stark wurde etwas betont, was auch ich für sehr wichtig halte, nämlich dass nicht nur bauliche Maßnahmen, nicht nur die Gegebenheiten vor Ort wichtig sind, sondern dass die persönliche Betreuung eines Tieres, der persönliche Kontakt eines Tieres zum Menschen eine zentrale Forderung sein muss, etwas, was in Zukunft ebenfalls im Mittelpunkt stehen soll. Ich weiß aus meiner praktischen Erfahrung mit sehr vielen Tieren: Wenn das Tier den persönlichen Kontakt verliert, verliert es auch sehr viel an Lebensfreude. Das ist also ein sehr wichtiger Faktor, der berücksichtigt gehört.

Was wir wollen, sind strenge Regeln. Was wir wollen, ist ein gutes Gesetz. Was wir wollen, ist, dass wir es bis zum Herbst ausarbeiten – ein Zeitrahmen, der meiner Meinung nach durchaus im Bereich des Möglichen ist. Danach wird der Entwurf in die entsprechenden Gremien kommen. Der Vorwurf, dass 2004 viel zu weit entfernt ist, ist also nicht richtig, sondern 2004 als Termin für das In-Kraft-Treten des Gesetzes ist realistisch. Alles andere wäre unrealistisch.

Die ÖVP wird hinter einem guten, auf das Einzeltier ausgerichteten Tierschutzgesetz stehen. Wir werden diesbezüglich auch unsere Überlegungen einbringen, und es wird im Sinne des Tieres zu einem relativ schnellen Abschluss kommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.48


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Werter Präsident! Werte Regierungsmit­glieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als neue Abgeordnete habe ich mich bereits vor meiner Tätigkeit im Nationalrat mit dem Tierschutz in meinem Bundesland Steiermark und auch in ganz Österreich beschäftigt. Ich habe aber auch schon früher die Diskussionen um ein Bundestierschutzgesetz verfolgt, insbesondere jene um das Tierschutz-Volksbegehren 1996, welches immerhin von mehr als 460 000 besorgten und tierschutzbewegten Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet worden ist.

Will man die Chronologie der Ereignisse in Sachen Tierschutz in Österreich zusammenfassen, so kann man Folgendes feststellen: Das Hohe Haus hat, was von den Proponenten des Tierschutz-Volksbegehrens sehr honoriert worden ist, mit einem öffentlichen Hearing im Plenarsaal am 20. Dezember 1996 sehr ambitioniert begonnen. Nicht lange danach lagen zwei Entwürfe, nämlich von der SPÖ und den Grünen, für ein strenges und modernes Bundes­tierschutzgesetz vor, welche beide mit maßgeblichen Tierschutzorganisationen und deren Expertin­nen und Experten abgestimmt waren. – Herr Kollege Scheuch – er ist ja noch anwe-


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send –, es geht also doch! (Abg. Wittauer: Das war aber mit Ihrem Regierungspartner nicht abgesprochen!)

Aber spätestens ab diesem Zeitpunkt bis wenige Tage vor der Wahl 2002 war es einzig und allein die ÖVP, die einem Bundestierschutzgesetz nicht zustimmen wollte. (Abg. Wittauer: Die ÖVP war damals Ihr Regierungspartner!) Darüber hinaus versuchten Vertreter der ÖVP in den Jahren 1996 bis 2002 unentwegt, Gespräche und die Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen zu erschweren, zu verhindern, um so eine Entscheidung für die Anliegen des Tierschutz-Volksbegehrens zu hintertreiben. (Abg. Wittauer: Das ist jetzt eine Wiederholung!) Umso größer war daher dann die Überraschung für alle Tierfreundinnen und Tierfreunde in unserem Land, dass ausgerechnet der Bundeskanzler der ÖVP wenige Tage vor der Wahl mit dem Versprechen, einem Bundestierschutzgesetz zuzustimmen, an die Öffentlichkeit gegangen ist – das freilich mediengerecht dekoriert mit Hunderl und Katzerl.

Die Überraschung, meine Damen und Herren, dauerte allerdings nicht sehr lange. Wer gemeint hat, dass das Hohe Haus nun mit einem Entwurf für ein Bundestierschutzgesetz befasst wird, der seitens der Regierungsfraktionen eingebracht wurde, wird wiederum enttäuscht. (Zwi­schenruf des Abg. Wittauer.) Stattdessen fängt die Bundesregierung unter Führung der Öster­reichischen Volkspartei wieder beim Jahr 1996 an. Am 10. April dieses Jahres wurde eine Enquete-Kommission im österreichischen Nationalrat eingesetzt (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer), bei der wir – auch Sie, Herr Kollege – zahlreiche, hoch qualifizierte und enga­gierte Referate gehört haben. Nur die ÖVP/FPÖ-Regierung ... (Abg. Wittauer: Das wissen wir ja alle! ... 2003, Gesetz 2004!) – Sie waren ohnehin schon am Wort, ein bissel Geduld noch, ja? (Beifall bei der SPÖ.)

Die ÖVP/FPÖ-Regierung tritt aber nach wie vor auf der Stelle und denkt in Wirklichkeit gar nicht daran, diesen Zustand über Lippenbekenntnisse hinaus zu verändern. Also gestehen Sie das doch endlich einmal ein! Ich bin der festen Überzeugung, dass die ÖVP-Bauernbund­funktio­näre, die sich gerade sehr gut unterhalten (Abg. Grillitsch: Beim Reden kommen die Leut’ zusammen!), ihrer Klientel bei Gott nichts Gutes tun mit ihrer Hinhaltetaktik und ihrer Verweigerung. Viele Bauern haben von sich aus bereitwillig ihre Stalltüren geöffnet, und zwar nicht nur für Touristen, sondern auch für die Konsumentinnen und Konsumenten, und treten selbst ebenfalls für eine strengere und tierfreundlichere Tierschutzgesetzgebung ein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) – Das ist wirklich einen Applaus wert.

Auch in meiner Heimat Weststeiermark kann ich stolz auf einige solcher Beispiele verweisen. Wir dürfen einfach nicht vergessen oder übersehen, dass durch die Haltung von Nutztieren Lebensmittel produziert werden, die auch von uns Menschen verzehrt werden. Tierschutz ist damit aktiver Konsumentenschutz. (Abg. Wittauer: Das steht drin im Entschließungsantrag! Das kann man drin nachlesen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tierschutz ist für uns im Wesentlichen eine ethische, moralische Verpflichtung. In der Gesellschaft gibt es einen breiten Konsens über den Wert des Tierschutzes, und es wäre sehr schön, würde sich dieser Konsens auch in diesem Hohen Hause widerspiegeln. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Mag. Mainoni: 10 Minuten ist ein bisschen viel! – Abg. Wittauer: Verschone uns bitte mit Wiederholungen!)

13.53


Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Wittauer, ich verschone dich mit Wiederholungen, aber ich kann dich nicht verschonen mit einem Vorwurf, nämlich dem, dass auch du zur Kenntnis nehmen musst (Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt wird er gleich weinen!), dass sechsjähriges Erleben seine Narben und Wunden hinterlässt, und die kann man nicht einfach beiseite schieben und vergessen.


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Sechs Jahre dauert nun die Diskussion über ein einheitliches Tierschutzgesetz in diesem Haus bereits an. Und, Kollege Grillitsch, es war nicht Bundeskanzler Schüssel, von dem du so tief beeindruckt bist (Abg. Donabauer: Zu Recht!), auch von dessen Initiativen du so tief beeindruckt bist, sondern es waren die Österreicherinnen und Österreicher auf eine demo­kratische Art und Weise: Auf der Straße und in den Gemeindeämtern wurden Unterschriften gesammelt und ein Tierschutz-Volksbegehren in dieses Haus eingebracht, über das wir diskutiert haben, Kollege Grillitsch.

Herr Staatssekretär! Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Berichtigung von vorhin. Mein Zwischenruf war wirklich falsch. Kollege Grillitsch hat seit 1996 nicht in einer Kuckucksuhr, sondern in einer Pendeluhr geschlafen; das habe ich seiner Rede entnommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Bericht über die Enquete-Kommission ist zu sagen, dass wir eine hervorragende, spannende Diskussion gehabt haben. Ich hatte zwar nicht den Eindruck, dass der Konsens in den Teilbereichen groß war, aber in der Zielsetzung war der Konsens vorhanden.

In den Details haben wir – und das wurde in dieser Enquete-Kommission erwähnt – noch Diskussionsbedarf. Wir werden also noch diskutieren müssen, aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, wenn wir diskutieren wollen, dann sollten wir, glaube ich, selbstbewusst genug sein, diese Diskussionen hier im Parlament durchzuführen, aber nicht Hände ringend und womöglich auf Knien die Regierung ersuchen, sie möge uns in ihrer Arbeitsgruppe mitarbeiten lassen, sie möge uns doch die Möglichkeit geben, dort dabei sein zu dürfen, und sie bitten, sie möge uns dann das, was wir dort beraten beziehungsweise mitberaten durften, hier im Hohen Haus vorlegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein als Gesetz­geber dieser Republik! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Die Expertinnen und Experten in der Tierschutz-Enquete-Kommission haben uns die unter­schiedlichsten Thematiken dargestellt, haben uns Fingerzeige gegeben, wie dieses Gesetz beschaffen sein könnte und sollte.

Ich darf vielleicht als ein vom Tierschutzgesetz Betroffener noch eine Bemerkung einbringen, die nichts mit der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zu tun hat, Kollege Grillitsch. Ich bin seit einigen Jahren stolzer Besitzer eines reinrassigen Euroschäfermischlings, habe allerdings ein Problem: Wenn ich nämlich mit meinem Hund aus der Steiermark durch Niederösterreich nach Wien fahre, müsste ich eigentlich drei Tierschutzgesetze lesen, um zu wissen, in welchem Bundesland ich mich mit meinem Hund wie bewegen kann. Und das betrifft nicht nur mich, sondern 500 000 andere Hundehalterinnen und Hundehalter in Österreich, die das gleiche Problem haben. Diesbezüglich ist also Handlungsbedarf gegeben, und zwar schon seit Jahren und Jahrzehnten, Kollege Grillitsch, nicht erst seit gestern! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Hund kann nichts dafür, dass Sie solche Zwischenrufe machen, Herr Kollege Trinkl, wirklich nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist also Handlungsbedarf gegeben. Daher ersuche ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Entschließungsantrag, den Kollegin Sima eingebracht hat, zu unterstützen, denn in diesem Entschließungsantrag wird das Selbstbewusstsein des Hohen Hauses, der Parla­mentarierinnen und Parlamentarier, deutlich und den Zielsetzungen eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes entgegengekommen. Daher ersuche ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

Ich bin, wie ich am Ende der Enquete-Kommission gesagt habe, eigentlich ein grenzenloser Optimist, aber ich hoffe, es dauert nicht weitere sechs Jahre und dann beginnen wir wieder von vorne. Da Herrn Staatssekretär Morak dieses halbe Dutzend an Jahren noch nicht gereicht hat, ist noch ein Jahr dazugekommen. Das heißt, wir werden nach den Vorstellungen der Bun­desregierung sieben Jahre darüber zu diskutieren haben.

Da die Vorschläge bereits auf dem Tisch liegen und da hervorragende Unterlagen aus der Enquete-Kommission vorhanden sind, könnten wir meiner Überzeugung nach bereits heuer zu


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einer Beschlussfassung kommen – sofern die ÖVP es wollte und sofern Sie, Kollege Grillitsch, bereit wären, das umzusetzen, in dem Ihnen Ihre Bäuerinnen und Bauern schon weit voraus sind. Diese haben nämlich keine Angst vor einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz, die leben es Ihnen vor. Angst haben nur Sie als so genannter Interessenvertreter. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission samt Anlagen, 54 und Zu 54 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Bundestierschutzgesetz an den National­rat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen. (E 6.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Sima, Mag. Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Vorlage des Bundestierschutzgesetzes im Sinne des Volksbegehrens für ein Bundestierschutzgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 80/A (E) der Abgeordneten Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Beate Schasching, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungs­vorlage betreffend ein Berufssportgesetz an den Nationalrat (77 der Beilagen)


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Haubner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.00


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist unbestritten – in Relation zu seiner Größe und zu seiner Bevölkerung – ein absolut erfolgreiches Sportland. Einerseits be­weisen das die vielen internationalen Erfolge, olympische Medaillen, Weltmeister- und Euro­pameister-Titel und nicht zuletzt auch die Erfolge beim Behinderten-Sport, bei den Paralympics und den Special Olympics.

In den letzten Jahren hat auch eine professionelle Bewerbung für internationale Sportver­anstaltungen positiven Niederschlag gefunden: Österreich hat eine Reihe von Zuschlägen für internationale Sportveranstaltungen erhalten, so etwa die Fußball-EM 2008, die Rad-WM 2006


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oder die Europäischen Betriebssportspiele 2003 in Salzburg, um hier nur einige erfolgreiche Beispiele zu nennen.

Sowohl die Position des Sportes in Österreich als auch die Rolle Österreichs im internationalen Konzert wird durch diese internationalen Austragungen enorm gestärkt. Und wenn wir am 2. Juli dieses Jahres auch noch für Salzburg den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2010, dem größten Sportereignis der Welt erhalten, dann wird Österreich ein weiteres Mal im Mittel­punkt des Weltgeschehens stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In einem Bereich hinkt Österreich allerdings im EU-Vergleich noch nach, und zwar was die Rechtsgrundlagen für den Sport betrifft. Obwohl es in Österreich mindestens genauso viele Berufssportler wie Journalisten und Schauspieler gibt, haben wir noch kein Gesetz, mit dem die Agenden des Berufssportes geregelt werden. Genauso wie die bereits erwähnten Bewerbungen und die Durchführung von Wettbewerben brauchen wir auch in Österreich rechtliche Rahmen­bedingungen für unsere Berufssportler.

Auf Grund meiner persönlichen Erfahrungen sowohl im Bereich des Fußballnachwuchs-Sportes als auch im Bereich der Leichtathletik beschäftige ich mich bereits seit langer Zeit mit dieser Materie. In meiner früheren Funktion als Geschäftsführer eines Bundes-Nachwuchszentrums in Salzburg hatte ich immer wieder mit dem Problem der Abtrennung zwischen Berufs- und Amateursport zu tun. Klare diesbezügliche Regelungen hat es in der Vergangenheit nicht gegeben, was die tägliche Arbeit in den Vereinen sehr erschwert hat. Meistens war es so, dass Problemfälle als Einzelfälle abgehandelt wurden und nur mit großem persönlichen Einsatz und mit großem Aufwand an finanziellen Ressourcen durch die Beiziehung von Rechtsbeiständen oder Schiedsgerichten gelöst werden konnten.

Solche Fälle sind aber auch in Vereinen mit weniger Publizität aufgetreten, was ich in vielen persönlichen Gesprächen feststellen konnte, sodass es zu einer starken Verunsicherung von Funktionären einerseits und Sportlern andererseits gekommen ist.

Besonders für die Funktionäre hat in diesen Fällen die Haftungsfrage eine ganz entscheidende Rolle gespielt. So ist ein Berufssportgesetz für den gemeinnützigen Sport, der in Österreich eine tragende, flächendeckende Rolle in sozialen, pädagogischen und gesundheitspolitischen Be­reichen spielt, von immenser Bedeutung. Wenn es zu einer klaren Abgrenzung zwischen Berufssport und gemeinnützigem Sport kommt, dann haben auch die 300 000 ehrenamtlichen Mitarbeiter in den zirka 12 000 Vereinen in Österreich eine gesicherte Basis für ihre unent­behrliche Arbeit, und zwar ganz im Sinne des Sports.

Es kann doch nicht so sein, dass eine Gruppe, wie es nun einmal die Berufssportler sind, ohne gesetzliche Rahmenbedingungen leben müssen. Wir brauchen also so rasch wie möglich Rechtssicherheit – darüber herrscht seit Jahren Einigkeit – für unsere Sportler und Vereine.

Mit den zum jetzigen Zeitpunkt vorhandenen beziehungsweise eigentlich nicht vorhandenen Regelungen wird die Zukunft des professionellen Sportes nicht zu lösen sein. Der österreichische Spitzensport muss auch logistisch jenen Platz bekommen, den er heute bereits wirtschaftlich innehat.

Umso erfreulicher ist es, dass es nun – resultierend aus dieser langen Diskussionsphase – einen gemeinsamen Antrag zur Schaffung eines Berufssportgesetzes gibt, ein Antrag, der – was noch erfreulicher ist – mit einem Fristenlauf versehen ist.

Unbestritten ist jedoch, dass mit der bisherigen Rechtslage, wie ich bereits erwähnt habe, nicht das Auslangen gefunden werden kann. Es sind also Regelungen notwendig, die auf die Be­sonderheiten des Sports Rücksicht nehmen.

Die Einbindung der BSO ist daher sicherlich der richtige Weg, da damit gewährleistet ist, dass die Eigenheiten aller Sportarten bedacht werden und in die Gesetzesmaterie einfließen können.


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Basierend auf den Ergebnissen dieser Expertenrunde – bestehend aus Schrammel, Marhold, Tomandl und Grundei – um diese Experten namentlich zu nennen – muss unter Berück­sichtigung der besonderen Sporteigenheiten eben auch ein Gesetz für den Berufssport ge­schaffen werden.

Ich halte es für besonders wichtig, dass man dieses Gesetz nicht nur durch die Brille des Arbeitsrechtlers, sondern vor allem durch die Brille des Sportes sieht. Unter Berücksichtigung dessen haben wir ja bereits bei unserer Fachtagung am 7. April die, wie ich meine, richtige Richtung eingeschlagen.

Das Berufssportgesetz muss für alle Bereiche, die einen Berufssportler betreffen, Gültigkeit haben: sowohl für die Rechtsbereiche als auch für die Steuerrechtsbereiche, für die sozialver­sicherungsrechtlichen Bereiche, et cetera. Es sollen eben alle Bereiche abgedeckt werden.

Zusammenfassend: Wir brauchen eine klare Definition des Berufssportlers. Wir brauchen, wie ich bereits gesagt habe, ein Gesetz für den Berufssportler, das alle Querschnittmaterien abdeckt – und vor allem muss es ein Gesetz aus der Sicht des Sportes sein. Es muss dem Sport, den Vereinen und den Sportlern Rechtssicherheit bieten.

Ich bin der Überzeugung, dass der eingeschlagene Weg ein Garant dafür ist, dass dieser fehlende Ansatz der Professionalität im Berufssport binnen eines Jahres erfolgreich eliminiert sein wird. Nutznießer davon sind sicherlich unsere Sportler und Vereine.

In diesem Sinne: Es lebe der Sport! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

14.06


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Beim Berufssportgesetz handelt es sich um eine relativ unumstrittene Materie zwischen den Parteien, und ich hoffe daher, dass damit die Basis dafür geschaffen wird, dass wir zu einer umfassenden Regelung der Sportagenden kommen.

Die Bedenken, die wir bei diesem Gesetz haben, sind sicherlich die, dass es sich dabei nicht um ein Gesetz handeln darf, das ausschließlich die Interessen des Fußballsports widerspiegelt, der aber natürlich einer der Hauptbetreiber eines derartigen Gesetzes ist. Bedenken wir, dass ein Fußballer 3 bis 6 Millionen Schilling in der Bundesliga verdienen kann und bei ihm dann teilweise die verschiedensten Arbeitnehmer-Schutzbestimmungen oder auch sozialrechtlichen Bestimmungen angewandt oder eben nicht angewandt werden.

Die Schwierigkeit bei dieser Materie ist etwa auch, zu entscheiden, in welche Richtung sich das entwickeln soll: Soll in Zukunft der Fußballer, soll der Profisportler bei Ballsportarten, bei Mannschaftssportarten eher in Richtung Eigenunternehmer oder eher in Richtung Arbeitnehmer betrachtet werden? Diesen Interessenausgleich festzulegen, das wird vor allem auch für die kleinen Vereine wichtig sein, nämlich dahin gehend, inwieweit diese dann in ein derartiges Gesetz hineinfallen, wenn auch dort Zuwendungen an bestimmte Sportler getroffen werden.

Das heißt also, auf der einen Seite muss dieser von mir bereits angesprochene Interessen­ausgleich geschaffen werden – die Definition „Berufssportler“ wird daher eine der wichtigsten Aufgaben dieses Gesetzes sein –, auf der anderen Seite darf man aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und damit die kleinen Vereine sozusagen an den Rand des Ruins führen, wenn sie mit Regelungen konfrontiert werden, die letztendlich von ihrer Kleinstruktur her nicht zum Vereinsgefüge passen.

Ein weiterer Interessenausgleich, der bei diesem Gesetz zu beachten sein wird, ist, dass auch Berufssportler in Einzelsportarten natürlich Anrechte haben werden, wenn vor allem sozialversi-


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che­rungsrechtliche Leistungen geregelt werden. – Diese drei Säulen der Grundlage der Definition „Berufssportler“ werden wir also bei diesem Gesetz zu beachten haben.

Ich glaube, es wird sehr schwierig werden, eine Unterscheidung zwischen Mannschafts- und Einzelsportarten zu treffen, und es wird sehr schwierig werden, die Grenze zu ziehen, wann ein Sporttreibender ein Berufssportler ist beziehungsweise wann noch nicht. Das wird vor allem für kleine Vereine wichtig sein.

Ich meine aber, dass hier der richtige Weg ist, zu versuchen, dabei alle Sportverbände ein­zubinden und die Zusammenarbeit mit der BSO zu suchen, um eine Regelung im Sinne möglichst breit gestreuter Interessen zu finden.

In diesem Zusammenhang begrüße ich die gemeinschaftliche Vorgangsweise, und ich meine auch, dass wirklich Positives nur herauskommen kann, wenn jeder seine Erfahrungen einbringt.

Als ehemaliger Vereinsobmann weiß ich allerdings, wie schwierig es ist, in einem Verein einen derartigen Interessenausgleich herbeizuführen – und umso schwieriger ist das dann sicherlich auf der Ebene Einzel- beziehungsweise Vereinssportler.

Nichtsdestotrotz möchte ich hier aber folgende Kritik anbringen, eine, die man nicht vergessen darf – und ich bin da, glaube ich, sogar einer Meinung mit Herrn Sport-Staatssekretär Schweitzer –: Schade ist, dass der Herr Staatssekretär sein Gewicht als Regierungsmitglied da ein bisschen zu wenig einsetzt (Abg. Dr. Brinek: Mit dem Grabner kann er natürlich nicht mit­halten! – Heiterkeit bei der ÖVP), um diese Regelung zu verhindern, die in den jetzigen Budget­begleitgesetzen auftaucht, nämlich eine Freizeitunfallversicherung einzuheben, und zwar mit einem Ergänzungsbeitrag von 0,1 Prozent der Beitragsgrundlage. Mich wundert sehr, dass es da keinen Aufschrei des Herrn Sport-Staatssekretärs Schweitzer gibt, ist es doch gerade der Sport, der dem Gesundheitsbereich, eben auf Grund seiner präventiven Wirkung, Einsparungen in beachtlicher Höhe bringt.

Es gibt eine Studie, wonach bei Sportunfällen ein Schaden von rund 305 Millionen € entsteht. Aber letztendlich erspart man sich im Gesundheitswesen durch Präventionsmaßnahmen in Bezug auf den Gesundheitsbereich, durch den Sport eben, 552 Millionen €. Das heißt, im Wesentlichen steht ein Positivum von 255 Millionen € auf der Seite der Sportler. (Abg. Dr. Brinek: Es geht um Extremsportarten!)

Daher ist es unverständlich, warum man jetzt noch einen Ergänzungsbeitrag zur Krankenver­sicherung für Freizeitunfälle einführen will. (Abg. Dr. Brinek: Extremsportarten ...!) Davon würden natürlich 30 Prozent auf die Sportler entfallen, und da ist es wirklich nicht einzusehen, warum der Sport, der dem Gesundheitswesen rund 255 Millionen € erspart, mit einem Ergänzungsbeitrag zur Unfallversicherung noch einmal zur Kasse gebeten wird! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) – Nein, das zahlen alle! Diese Beiträge sind von allen Pflichtversicherten zu entrichten – und das ist ausschließlich als Freizeitunfallversicherung gedacht! Lesen Sie das doch in Ihrem eigenen Entwurf nach, bevor Sie sich in diese Diskussion einmischen! Lesen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das heißt, in Wirklichkeit bitten Sie den Sport, bitten Sie die Sporttreibenden zur Kasse, obwohl diese einen positiven Beitrag zur Krankenversicherung leisten, indem diese eben weniger durch Sporttreibende als durch Nicht-Sporttreibende in Anspruch genommen wird.

Es ist schade, dass Sie von ÖVP und Freiheitlichen praktisch eine „Strafsteuer“ für Sportler einführen; quasi im Vorbeigehen versuchen Sie noch schnell, das unterzubringen. Das müssen dann ohnehin alle zahlen! Ich finde das wirklich schade!

Dazu, meine Damen und Herren, gibt es eine APA-Aussendung des Herrn Sport-Staats­sekretärs Schweitzer, in der er sagt, dass er diese Freizeitunfallversicherung ablehne. – Herr Sport-Staatssekretär, ich hoffe, dass Sie mehr Gewicht in der Regierung bekommen, denn im Regierungsentwurf selbst ist Ihre Meinung nicht durchgedrungen. Es ist zwar sehr schön, sich


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hinzustellen und zu sagen: Nein, das will ich nicht!, wenn letztendlich doch das Gegenteil geschieht, nämlich das, was ausschließlich die Mehrheitspartei in dieser Koalition will.

Es ist schade, dass darauf nicht Rücksicht genommen wurde, und ich hoffe, dass wir das beim Berufssportgesetz besser machen und zu einer einheitlichen Regelung kommen können. Eine „Strafsteuer“ für Sportler finde ich kontraproduktiv! Man sollte sich noch einmal gründlich überlegen, ob das wirklich in die Letztfassung des Gesetzes einfließen soll.

In diesem Sinne hoffe ich auf ein gemeinsames und gutes Ergebnis rund um das Berufs­sportgesetz. (Beifall bei der SPÖ.)

14.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. – Bitte.

14.13


Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Sport-Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit diesem Entschließungsantrag, ein Berufssportgesetz zu schaffen, wird einem großen Anliegen des österreichischen Sports endlich Rechnung getragen. Ich halte es daher für wichtig und notwendig, dass seitens aller Fraktionen erkannt wird, wie unumgänglich es ist, neue Rahmenbedingungen für den österreichischen Sport zu schaffen.

Ich habe schon oft auf den Einfluss des Sports auf viele Lebensbereiche hingewiesen, möchte aber nochmals deponieren, dass Zeiten, in denen der Sport als die „schönste Nebensache der Welt“ galt, vorbei sind.

Ausgehend vom Spitzensport, meine Damen und Herren, der Vorbilder schafft und Interesse weckt, finden wir auch einen großen gesundheitlichen und pädagogischen Aspekt nicht nur im Jugendsport, sondern auch im Nachwuchssport, im Freizeitsport und vor allem auch im Breitensport.

Weil der Sport eine Wertschöpfung von 7,2 Milliarden € pro Jahr bedeutet und rund 100 000 Men­schen Arbeit bringt, wissen auch die Wirtschaft und die für den Tourismus Zu­ständigen um die Wichtigkeit des Sports – und in diesem Fall um die Wichtigkeit eines solchen Gesetzes.

Der moderne Sport ist mittlerweile so professionalisiert, dass Veranstaltungen, Verbände, verschiedene Institutionen sowie der einzelne Sportler selbst als Unternehmen zu betrachten sind. Nur fehlt in Österreich, wenn man das aus arbeitsrechtlicher Sicht betrachtet, leider das Berufsbild des Sportlers zur Gänze.

Daher, meine Damen und Herren, ist es unbedingt notwendig, durch ein Berufsportgesetz für einen Sportler Bedingungen zu schaffen, die ihn in mehrfacher Hinsicht absichern. Wir können erstmals in diesem Zusammenhang die Frage der Sozialversicherung, erstmals die der Kranken- und Pensionssicherung beantworten, da diese dadurch für einen Sportler einheitlich geregelt werden. Weiters gibt es erstmals eine fundierte Rechtsgrundlage für den Beruf des Sportlers – und die steuerliche Frage wird erstmals sozusagen auf eine einheitliche Linie gebracht.

In diesem Zusammenhang wurde ein Beirat eingerichtet, der, wie vorher bereits angesprochen, auch den Leistungsschutz für den Sportler, unter anderem auch das Verhältnis zwischen Sportler und Verein oder die allgemeine Regelung für Berufssportverträge in Betracht zieht. Im Moment sieht es ja so aus, dass es den Beruf „Sportler“ – bei den Künstlern gibt es dieselben Schwierigkeiten – vor dem Gesetz eigentlich gar nicht gibt.

Ein solches Gesetz betrachte ich jedenfalls als weiteren wichtigen und notwendigen Schritt. Österreich leidet ja in Bezug auf den Sport nicht etwa an einem Talentemangel. Nein!, wir


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haben sogar sehr viele junge, begabte Sportler – nur werden diesen einfach zu wenige Perspekti­ven geboten, den Profisport auszuüben.

Unter anderem soll mit diesem Gesetz die Möglichkeit geschaffen werden, einen Sportlehrling zu installieren, was ich für eine sehr gute Idee halte, denn das wird die Leute erstens leichter zum Sport bringen, diese haben eine berufliche Ausbildung und bleiben dann dem Sport letztendlich auch erhalten. Sehr viele Familien würden ihre Kinder ja gern in einem Sportberuf sehen, nur: Die meisten stehen mit 16 oder spätestens mit 18 Jahren vor der beruflichen Entscheidung beziehungsweise vor einer Ausbildungsentscheidung. Nur wenige haben die finanziellen Möglichkeiten, ihre Kinder weiter zu fördern beziehungsweise das finan­zielle Risiko des Leistungssportes zu tragen, denn wenn ein Jugendlicher zum Sport kommt, kann niemand wissen, ob er da auch bleiben beziehungsweise ob er damit auch Geld verdienen kann.

Ein anderes Problem ist, dass man fertig ausgebildete Sportler sozusagen günstig aus dem Ausland nach Österreich holen kann und so vielen unserer Jugendlichen die Chance ver­masselt, sich im Leistungssport zu etablieren. Ein bis jetzt fehlendes Berufssportgesetz ist meines Erachten auch eines der größten Hindernisse dafür, dass der Leistungssport in Österreich bei den Jugendlichen nicht gerade attraktiv ist.

Glauben Sie, meine Damen und Herren, dass zum Beispiel in Tschechien um so viel bessere Fuß­baller geboren werden, sodass diese unsere Nationalmannschaft mit einem 5 : 1 „panieren“?! So ist es doch nicht! Da steht ein System, eine Struktur dahinter, die sehr profes­sionell ist – und so etwas fehlt eben in Österreich. Das alles weiß ich aus eigener Erfahrung ganz ge­nau; ich könnte davon ein Lied singen. Wenn man da als Individuum keine Eigen­initiativen ergreift, kommt man bei uns im Sport zu nichts. Sinn des Sports ist doch auch, gewisse Strukturen zu schaffen, um für Menschen aus verschiedensten gesellschaftlichen Schichten gleiche Möglichkeiten und gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Was aus sportlich-unternehmerischer Sicht alles möglich ist, zeigt uns ja der Österreichische Skiverband, dem es immer wieder gelingt, neue Topstars hervorzubringen. – Solche positiven Rahmenbedingungen sollten eben auf die ganze Breite des österreichischen Sports ausge­weitet werden, damit allen solche Möglichkeiten geboten werden können.

Ich sehe die Sportler auch als Aushängeschilder, als Botschafter und ein bisschen auch – das getraue ich mich hier zu sagen – als Staatsdiener, denn jeder freut sich, wenn ein öster­reichischer Sportler sozusagen die Konkurrenz in Schach hält und Medaillen gewinnt; jeder entwickelt da eine gewisse Art von Patriotismus. Und viele sehen sportliche Leistung auch als Inspiration für eigene Aktivitäten. Daher freut es mich wirklich sehr, dass wir einer großen Bandbreite des österreichischen Sports hiermit neue Perspektiven bieten können.

Was mich am meisten freut, ist, dass wir uns gemeinsam der Sache annehmen und damit für den Sport wirklich etwas Gutes schaffen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

14.19


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Notwendigkeit, den Berufssport in Österreich in gewissen Bereichen zu normieren, ist eigentlich unbestritten. Ich glaube, dass momentan vieles in einem Graubereich abläuft, sodass es durchaus Sinn hat, sich zu überlegen, ob man dort nicht auch zu forma­lisierten Regelungen kommen soll.

Ein Beispiel dafür hat sich für mich in folgender Beobachtung gezeigt. Da ich eine Zeit lang in Kottingbrunn wohnte und dort den – mittlerweile nicht mehr stattfindenden – Aufstieg des örtlichen Fußballvereins miterleben durfte, habe ich gesehen, dass es eine skurrile Trennung gibt zwischen den Vereinen, die in der Regionalliga, sozusagen im Amateurbereich, spielen, und dem, was danach kommt und was auf einmal zum Profisport wird. Das hat dazu geführt,


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dass für Kottingbrunn, als es aus der Regionalliga – wo mit Spielern wie Willfurth ehemalige Nationalspieler gespielt hatten und sicherlich nicht gratis gespielt hatten – in die Bundesliga aufstieg, auf einmal völlig andere arbeitsrechtliche Bedingungen vorhanden waren, sodass dann Legionäre, die davor jahrelang in der Regionalliga gespielt hatten, in der Bundesliga nicht spielen durften.

Da denkt man sich, dass dieses System nicht ganz stimmen kann. Man weiß ja, dass es da um nicht gerade geringe Beträge geht; selbst in der Regionalliga werden Gehälter bezahlt, die bei weitem über dem liegen, was man in Österreich durchschnittlich im Berufsleben verdienen kann. Dass man sich einmal näher anschaut, wie solche Regelungen gestaltet werden sollen oder können, ist daher, glaube ich, in hohem Ausmaß sinnvoll und notwendig. In der gesamten Problematik der Abstellungen von Sportlern, Vereinssportlern, Einzelsportlern für die Natio­nalmannschaft gibt es einen Graubereich; etwa im Hinblick auf Haftungsfragen ist es notwendig, darüber nachzudenken. Das ist wohl unbestritten.

Auch die Frage, die bei der letzten Ski-WM wieder aufgetaucht ist, sollte man sich einmal näher anschauen: Wie sieht es mit Verknüpfungen aus? Skifahren ist letztlich ein Einzelsport. Wenn der Verbandspräsident gleichzeitig die Aufgaben eines Sportmanagers erfüllt und darüber ent­scheidet, wer an der WM teilnehmen darf, und dann zufälligerweise – oder auch nicht – seine Sportler, die er zusätzlich wirtschaftlich betreut, teilnehmen dürfen, hingegen andere, die woanders angesiedelt sind, nicht, dann zeigt das zumindest Problemlagen, mit denen man sich auseinander setzen sollte und für die es notwendig ist, genaue Regelungen zu installieren.

Ich möchte aber abgesehen davon, dass diese Notwendigkeit erkannt wird und dass allen bewusst ist, dass es nicht einfach sein wird, zu einem Berufssportgesetz zu kommen, auch in die aktuelle Debatte einsteigen, die sich durch den Wechsel im Sport-Staatssekretariat be­ziehungsweise durch den neuen Staatssekretär ergeben hat, und auf die Frage eingehen, wie die Budgeterhöhung im Bereich der Sportförderung gestaltet wird. Ich stehe nicht an, zu sagen, dass wir mit dem Staatssekretär darin in Übereinstimmung sind, dass es erstmals so sein wird, dass neue Mittel nicht automatisch nur in bestehende Strukturen kommen, sondern dass es hier auch neue Schwerpunkte geben wird. Ich möchte es insbesondere sehr begrüßen, dass geplant ist, dem Österreichischen Behindertensportverband erstmals eine Basisförderung zu­kommen zu lassen. Das ist eine langjährige Forderung der Grünen, und es wird uns freuen, wenn dies im Zuge der neuen Änderung zustande kommen wird. Da geht es um gar nicht so geringe Beträge, und es wird erstmals möglich sein, dass der Behindertensportverband auch außerhalb der normalen Strukturen zu Geld kommen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bin mir nicht ganz schlüssig darüber, wo da die Widerstände sind. Mir ist aufgefallen, dass, nachdem es zunächst eine Begutachtung gegeben hat, eine Stellungnahme der Stadt Wien dazu vorgelegen ist, die ich in hohem Maße beunruhigend finde. Darin spricht sich die Stadt Wien massiv gegen diese Neuregelung, dem Behindertensportverband auch Geld zukommen zu lassen, aus, und sie argumentiert, dass es viel besser wäre, das Geld weiterhin in die bestehenden Strukturen fließen zu lassen, statt den Behindertensportverband auszustatten.

Wir wissen gerade aus der Vergangenheit, wie schwierig es war, dass beispielsweise in der BSO der Behindertensportverband überhaupt anerkannt worden ist – die Anerkennung war mit einem Verzicht auf Geldmittel verbunden –, beziehungsweise wie schwierig es auch in den bestehenden Strukturen ist, generell die Möglichkeiten für den Behindertensport aufrechtzu­erhalten. Daher ist diese Stellungnahme der Stadt Wien für mich überhaupt nicht nachvoll­ziehbar. Ich werde mich, wie gesagt, freuen, wenn es gelingt, diesen Schritt in Österreich zu setzen. Letztlich handelt es sich um das Bemühen, neue Schwerpunkte zu setzen und beispiels­weise zu sagen: Wir setzen im Frauensport neue Mittel ein, um dort Projekte finanzieren zu können. Auch das freut uns.

Abschließend möchte ich zur Sportförderung generell Folgendes sagen. Ich habe im Ausschuss auch miterlebt, dass es eine Art Verteidigungshaltung gibt, die grundsätzlich ein bisschen mit dem Gefühl zu tun hat, es sollten weiterhin möglichst alle im gleichen Ausmaß bedient werden.


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Es gibt daher auf der einen Seite die Anforderungen des Breitensports, und da glaube ich, dass wir gerade im Schulbereich momentan vor Problemen stehen, und zwar auf Grund von Stun­den­kürzungen, vor allem aber auch dadurch, dass es im Grundschulbereich zu wenig adäquat ausgebildete LehrerInnen im Sportbereich gibt. Das ist in den höheren Schulen besser, aber im Grundschulbereich, das wissen wir alle, ist das teilweise ein Problem.

Es stellt sich außerdem die Frage, ob Misswirtschaft oder eine sehr gute Wirtschaft in einzelnen Fachverbänden eine Auswirkung haben sollte. Wenn man sich anschaut, dass jetzt beispiels­weise im Schwimmverband oder im Tischtennisverband relativ professionell und offenbar auch mit entsprechendem Erfolg gearbeitet wird, dies aber de facto auf die Finanzstruktur keine Auswirkungen hat, und dass es auf der anderen Seite in Verbänden wie dem Tennisverband momentan eigentlich überhaupt keine sinnvolle Jugendarbeit mehr gibt, dann sollte man, finde ich, schon die Frage stellen, ob denn nicht irgendwie auch das Ergebnis der Arbeit in den Verbänden einen Einfluss auf die Förderungsstrukturen haben sollte. Ich glaube, dass wir da eine Diskussion vor uns haben, die noch geführt werden muss. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Staatssekretär.

14.26


Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar für die sehr sachliche und konstruktive Diskussion.

Ich möchte bei Kollegem Brosz anschließen, der völlig zu Recht feststellt, dass es nicht ganz einzusehen ist, warum die Schwerpunktsetzung für den Behindertensport von anderen Sport­funktionären kritisiert wird. Es war für uns alle klar, das Jahr 2003, das Jahr der Behinderten, soll auch im Sport und in der Sportpolitik besondere Berücksichtigung finden. Deshalb war es für uns selbstverständlich, dass mehr an Förderungsmitteln insbesondere in den Behinderten­sport gegeben wird. Wir haben uns sehr bemüht und es geschafft, 527 000 € pro Jahr für den Behindertensportverband zusätzlich verfügbar zu machen und weitere Beträge für die Paralympics und Special Olympics zur Verfügung zu stellen – eine, wie ich glaube, gute In­vestition und nicht eine Investition, die man öffentlich kritisieren sollte mit der Argumentation: Damit bekommen andere Sportler weniger. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, dass es auch sehr vernünftig war, die Aufnahme der Behinderten in die Spitzen­sportförderung zu beschließen, weil jeder von uns, der die Behindertensportwettkämpfe verfolgt, sehen kann, dass es sich dabei um Spitzensport handelt und deshalb auch die Förderung aus dem Spitzensporttopf eine durchaus angebrachte ist. Es ist besonders wichtig auch für Sie, nicht nur zu wissen, sondern auch weiterzutransportieren, dass durch eine Einrichtung meiner Vorgängerin, nämlich die Rubbellos-Aktion, ein Fonds geschaffen werden konnte, aus dem jetzt jährlich 727 000 € in den Behindertensport fließen können, sodass damit endlich einmal eine langfristige Finanzierung des Behindertensports gesichert werden konnte. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

Ich möchte mich aber, bevor ich zum Berufssportgesetz komme, auch der Kritik des Abge­ordneten und Kollegen Wittmann stellen. Wir sollten, Herr Kollege Wittmann, eine offene Diskussion darüber führen, wie diese zusätzlichen Belastungen unseres Krankheitssystems finanziert werden sollen. Ob die Freizeitunfallversicherung in der Form, wie sie jetzt angedacht ist, die richtige Lösung ist, wage ich tatsächlich zu bezweifeln. Aber wenn wir darüber disku­tieren, dann sollten wir sehr differenziert darüber diskutieren. Ich glaube, es findet schon auch Ihre Zustimmung, wenn ich sage: Wer sich erhöhtem Risiko aussetzt, muss auch vermehrt damit rechnen, dass etwas passiert; und diejenigen, die sich erhöhtem Risiko aussetzen, sollten damit auch gegen allfällige daraus resultierende Schäden versichert werden.

Ich glaube auch, dass es nicht nur im Bereich des Sports Menschen gibt, die sich einem er­höhten Risiko aussetzen. Dort sind es die so genannten Extremsportler. Es ist auch leicht


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nachzuvollziehen, wo diese Unfälle tatsächlich passieren und woraus insbesondere hohe Behandlungskosten resultieren. In diesem Bereich ist eine Freizeitunfallversicherung durchaus gerechtfertigt.

Aber in diesem Zusammenhang muss man natürlich auch über andere Menschen in unserer Gesellschaft diskutieren, die sich ganz bewusst einem erhöhten Risiko aussetzen und die bisher nicht mit höheren Beitragsleistungen zur Kasse gebeten werden. Dann diskutieren wir das ganz offen! Wie ist es mit denjenigen, die ganz bewusst und gegen den Rat aller be­handelnden Ärzte gesundheitsgefährdendes Übergewicht in Kauf nehmen sowie die daraus resultierenden Krankheiten, die dann auch mit sehr viel Geld behandelt werden müssen? Ich glaube, Professor Grünewald könnte uns da als Fachmann einiges ... (Widerspruch bei der SPÖ.)

Wir müssen darüber diskutieren können, wenn es darum geht, Schäden, die aus unver­nünftigem, gegen besseren Rat geführten Lebenswandel resultieren. Darüber müssen wir disku­tieren, genauso wie über all diejenigen, die sich ganz bewusst extremem Alkoholgenuss hingeben und bei denen dann die Behandlung der daraus resultierenden Schäden von der Allgemeinheit zu tragen sind. Genauso gilt das beim Extremraucher. Auch da wissen wir, dass er sich persönlich diesem Risiko aussetzt und die Kosten dann der Allgemeinheit übertragen werden.

Führen wir also diese offene Diskussion! Das wird natürlich schwierig, aber wir haben als Verantwortliche für die Finanzierung der Leistungen, welche die Öffentlichkeit zu erbringen hat, eben die Aufgabe, auch darüber nachzudenken, wie das in Hinkunft gestaltet werden soll. Sie alle sind herzlich eingeladen, sich an dieser Diskussion zu beteiligen, und ich bin überzeugt davon, dass Sie alle Ihren konstruktiven Beitrag dazu leisten können.

Aber wenn diese Diskussion geführt wird, dann offen, umfassend und ohne irgendwelche Ein­schränkungen! Ich bin überzeugt davon, dass es eine lange Diskussion werden wird, doch wenn wir wollen, werden wir zu einem gemeinsamen Ergebnis für diese Gesellschaft kommen, und unter dem Strich steht ein durchschnittlich gesünderer Österreicher – davon bin ich über­zeugt –, weil er dann mehr Sport betreibt, vernünftig Sport betreibt und wahrscheinlich auch gesünder lebt, sich nicht mehr so dem Risiko des Übergewichts, des überhöhten Alkohol­genusses und des Extremrauchens aussetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Zum Berufssportgesetz – Herr Matznetter, es ist überhaupt kein Problem, wenn Sie glauben, dass Sie ein Recht darauf haben, zu rauchen, zu trinken oder Übergewicht zu haben. Dann teilen wir einfach Risikogruppen ein! Wer in diese Risikogruppe will, der zahlt eben den höheren Beitrag, weil er auf Grund der Daten, die dann bei diversen Gesundheitsuntersuchungen zur Verfügung stehen, einfach in eine Risikogruppe eingeteilt wird. Es bleibt ja dem Einzelnen überlassen, sich die Risikogruppe auszusuchen. Aber führen wir die Diskussion öffentlich! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zum Berufssportgesetz. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass wir hier Einstimmigkeit unter den Parteien erzielen konnten, sodass wir jetzt nicht nur darüber diskutieren, sondern endlich auch anfangen, Nägel mit Köpfen zu machen. Die Erarbeitung und Beschlussfassung eines Berufssportgesetzes ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.) – Herr Kolle­ge Bauer, womit haben Sie denn das Problem? Mit dem Übergewicht, mit zu viel Rauchen oder mit dem Alkoholgenuss? Extremsportler sind Sie ja nicht, wie ich weiß. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das Berufssportgesetz ist in Ausarbeitung und soll die Rahmenbedingungen für ein vereins­internes Disziplinarrecht, für die Schaffung von Sportgerichten und Sportgesellschaften ent­halten. Geregelt werden soll die Verwertung von Sportveranstaltungen. Der Leistungsschutz des Sportlers soll enthalten sein. Geregelt werden sollen das Verhältnis zwischen Sportler und Verein, das Ausbildungsverhältnis und die Ausbildungsentschädigung, die Kontrolle des Sport­lers, das Recht auf sportliche Betätigung, die Pflicht zur Teilnahme an Verbandswettkämpfen,


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die Arbeitskräfteüberlassung, allgemeine Regelungen für Berufssportverträge und der Schutz von Minderjährigen. – Herr Kollege Bauer, wenn Sie das interessiert, dann hören Sie mir zu.

Zur Erarbeitung der rechtlichen Grundlagen für das Berufssportgesetz ist bereits ein Beirat eingerichtet worden. Vertreter aller vier Parlamentsparteien sind Mitglieder in diesem Beirat, weiters der ÖFB, die Bundesliga, drei Arbeitsrechtsexperten, die BSO, der Tennis-, der Leicht­athletik-, der Handball-, der Volleyball-, der Ski- und der Basketballverband, die Spielerge­werkschaft und Vertreter der Verbindungsstelle der Bundesländer sowie das Bundesministerium für Justiz und das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten. Wir haben bereits eine Studie von Professor Schrammel erstellen lassen; diese liegt seit 27. August 2002 vor. Auf der Basis der bisherigen Fachtagungen und der Studie von Universitätsprofessor Dr. Schram­mel haben wir gemeinsam die weitere Vorgangsweise festgelegt. So wird jetzt dieser Gesetz­entwurf unter der Federführung und der laufenden Befassung des Beirates weiterentwickelt. Die BSO übernimmt die Koordinierung des autonomen Sports, der Beirat übernimmt die Funktion eines Lenkungsteams und wird laufend über die Ergebnisse von Professor Schrammel berichten. Der Gesetzentwurf wird bis 30. September 2003 zur Begutachtung vorliegen, und eine Beschluss­fassung wird es spätestens am 1. März 2004 geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit wird innerhalb kürzester Zeit ein wesentlicher Meilenstein gesetzt werden, und etwas, was die Ausübung des österreichischen Sports auf besondere Grundlagen stellt, wird vorgelegt werden. Ich bedanke mich heute schon für die gemeinsamen Vorarbeiten, die bisher völlig im Einklang aller Beteiligten abgelaufen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Bitte.

14.37


Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Jugend, die heute so zahlreich zu uns gekommen ist! Jetzt bin ich Unternehmerin und führe mit meinem Mann einen Produktionsbetrieb. Ich komme aus einem kleinen Familienunternehmen, einem typischen Klein- und Mittelbetrieb, und freue mich, heute zum Berufssportgesetz zu reden, da meine Jugendzeit vom Spitzensport ge­prägt war. Ich kann auf einige Landesmeistertitel in Torlauf, Riesentorlauf und Abfahrt zurückblicken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aus meiner persönlichen Erfahrung kenne ich daher beide Seiten, einmal die Seite des Sportlers und anderseits die des Arbeitgebers. Leistungssportler zu sein bedeutet wahrlich, einen anstrengenden Beruf auszuüben, einen Beruf, der als solcher noch nicht ausreichend definiert ist. Deshalb brauchen wir dieses Berufssportgesetz. Dazu müssen wir diesen Begriff einmal klar definieren. Dieser Vier-Parteien-Entschließungsantrag ist der Anfang eines parla­mentarischen Entwicklungsprozesses, und am Ende soll ein Gesetz herauskommen, das allen hilft und Rechtssicherheit für den Berufssportler schafft, in Fragen des Steuerrechts, des Sozialversicherungsrechts, und auch die spezifischen Probleme der Frauen müssen geklärt und in ein einheitliches Gesetz gegossen werden. Als ehemalige Spitzensportlerin und jetzige Unter­nehmerin bin ich bereit, mich einzubringen und meine Erfahrungen, positive wie negative, einfließen zu lassen.

Sport bedeutet Leistung, Mut, Einsatz und natürlich volle Konzentration auf das Ziel. Daher ist es ganz wichtig, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Sportlerinnen und Sportler sich voll und ganz auf ihre sportliche Ausübung konzentrieren können, damit der Sport im Vordergrund bleibt. Es geht daher jetzt darum, die Berufssportlerinnen und -sportler in einem unternehmerischen Rahmen zu etablieren und eine klare Regelung dafür zu finden, dass bei bezahlter Sportausübung im Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht eine Absicherung vorhanden ist. Andererseits geht es auch um die rechtliche Absicherung für Vereine und Verbände, also für die Arbeitgeberseite.


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Es muss uns sehr wichtig sein, die vielen gemeinnützigen Vereine mit ihren vielen freiwilligen Helfern abzusichern und zu unterstützen und auch für die Sportlerinnen und Sportler Rahmen­bedingungen zu schaffen, damit die Ausübenden mit ihren Vereinen gemein­same Ziele er­reichen können, um damit Erfolge für sich selbst und für unser Österreich ver­buchen zu können, sodass auch schöne Erfolge für die Tourismuswirtschaft in unserem Land möglich sind.

Der Sport hat in Österreich große wirtschaftliche Bedeutung. Die Zahlen sprechen eine deut­liche Sprache. Die Wertschöpfungseffekte gliedern sich in zwei große Bereiche: Zum einen in den Kernbereich, der von den Vereinen über den Schulsport bis hin zu den Sport­artikel­händlern reicht. Dieser umfasst laut einer Wirtschaftskammerstudie etwa 2,74 Milliarden €. Im zweiten Bereich, dem Sporttourismus, reden wir über 2,69 Milliarden €. Zusammen ergibt dies eine Wertschöpfung von 5,43 Milliarden €, das entspricht 2,9 Prozent des Bruttoinlandprodukts und einem Beschäftigtenanteil von 2,6 Prozent.

An diesen Zahlen kann man sehen, wie groß die wirtschaftliche Bedeutung des Sports in Österreich ist. Österreich ist das Land der Sportler und Vereine. Das ist eine große Chance, aber auch eine große Verantwortung. Für uns heißt das: Schaffen wir so rasch wie möglich ein Berufssportgesetz, damit wir die jungen Menschen bei der Ausübung ihrer sportlichen Tätigkeit schützen, die Nachwuchsarbeit in den Vereinen und Verbänden fördern und die selbständigen Berufssportlerinnen und -sportler unterstützen können.

Sportlerinnen und Sportler sind große Vorbilder, die bei der Jugend Freude und Lust am Sport wecken. Sport bedeutet Gesundheit, und Gesundheit bedeutet weniger Kosten im Sozial­system. Ein Sporteinstieg lohnt sich in jedem Alter, und zwar angemessen und richtig dosiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kennen Sie Power-Pausen? Power-Pausen sind Kurzübungen, die darauf abzielen, Geist und Körper wieder mehr konzentrieren zu können, sich mit einzubringen und gezielt auf ein Ziel loszugehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sind für uns die Dringlichen!)

Begeben Sie sich mit mir in die Startposition: Die Schistöcke nach vorne, die Zeit für das Berufssportgesetz läuft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

14.42


Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Dass mir diese blau-schwarze Regierung einen Teil meiner Pension wegnehmen will, ist schon eine traurige Sache, aber dass ich jetzt auch noch für mein bisschen Übergewicht Strafe zahlen soll, lieber Herr Staatssekretär, das ist ein weiterer Beweis eurer Geisteshaltung. (Abg. Dr. Rasinger: Nur ein bisschen?) Ich halte das für eine ganz arge Bevormundung.

Lieber Staatssekretär! So viel könnte ich gar nicht laufen, dass ich einmal so dünn und leichtgewichtig werde wie du. Aber vielleicht gehörst auch du zu einer Risikogruppe. Ich will da jetzt gar nicht ansprechen, dass der Bauer Johnny gesagt hat, du sollst mit ihm in den Ring steigen, denn dann gehörtest du ohnehin höher versichert. Ich denke jedoch auch, dass auf Grund deiner intensiven sportlichen Betätigung deine Knie einmal mehr leiden werden. Auch wenn du ohne Helm mit deinem Rad auf unbefestigten Mountainbike-Strecken im Burgenland herumfährst, bist du extrem gefährdet. – Ich bin also der Meinung, dass du gleich viel bezahlen musst wie ich. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.)

Lieber Herr Staatssekretär! Zurück zum Berufssportgesetz. Auch wenn das unumstritten ist – Kollege Lichtenegger ist jetzt zwar gerade nicht hier –, so stelle ich zunächst einmal grundsätzlich fest: Professionalität entsteht nicht nur durch dieses Berufssportgesetz. – Aha, Kollege Lichtenegger ist doch anwesend! – Ich meine, dass Professionalität sicherlich auch sehr stark vom Geld geprägt ist, von den Zuwendungen, die auf der einen Seite vom Bund


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kommen müssen und, das ist meine Meinung, auch verstärkt kommen müssen. Natürlich ist sie auch abhängig davon, wie stark die Wirtschaft und letztlich auch die Werbung auf einen Sportzweig zugeht.

Lieber Staatssekretär! Als Obmann von 20 Vereinen in einem mittleren Ort mit etwa 10 000 Einwohnern habe ich doch ein bisschen Angst vor einer sehr radikalen und rigiden Ausformung eines solchen Berufssportgesetzes, weil wir in Wirklichkeit in den unteren Ligen tätig sind. Ich habe also Angst vor Budgets, die explodieren, weil letztlich die öffentliche Hand und die Gemeinden diese Budgets nachbessern müssten. Gerade weil ich damit Erfahrung habe, habe ich auch Angst vor Verwaltungsagenden, die ganz massiv auf die Vereine zu­kommen werden. Ich habe Angst vor der Lohnverrechnung, ich habe vor den Steuerbe­ratungskosten Angst und letztlich auch vor den vielen Folgekosten der Arbeitnehmerverträge in diesen klein strukturierten Vereinen. Ich bitte also, auch darauf Rücksicht zu nehmen.

Ich habe aber auch – und dabei handelt es sich um einen großen emotionalen Faktor – ein bisschen Angst vor einer Demotivation der Spieler, die kostenlos spielen. – Kollege Lichten­egger oder Kollege Brosz haben das auch bereits gesagt. – Auf der anderen Seite gibt es dann nämlich Spieler, die aus oberen Ligen kommen und bezahlt werden müssen. Ich habe auch ein bisschen Angst vor der Demotivation der Funktionäre, die momentan unentgeltlich in den Vereinen, in den Dachverbänden arbeiten und eigentlich nur zusätzliche Arbeit aufgehalst bekommen.

Weil ich gerade bei den Dachverbänden bin: Lieber Staatssekretär! Wir haben im Ausschuss auch über die Dachverbände geredet, und ich gestatte mir ein Wort dazu. Wenn wir in der Vergangenheit von den Dach- oder Fachverbänden geredet haben, habe ich die Tendenz erkennen können, dass es euch, der Sportministerin, aber letztlich auch dir, nur vordergründig um Anliegen des Sportes gegangen ist. Unschwer zu erkennen war immer, dass sich die Sportministerin ihren parteipolitischen Zugang zum Sport gesucht hat. Und dies weiter zu betreiben, kann man dir, Herr Staatssekretär, auch nicht ganz absprechen, auch wenn du in der Sache sehr behutsam sprichst. Du redest nur von der großen Neuorganisation der Sportstruktur in Österreich, und du redest davon, dass viele neue Vereine in die Fachverbände aufge­nommen werden sollten.

Ich möchte dir folgende Antwort geben: Ich meine, du hast Recht, wenn du von gestiegenen Anforderungen an die Sportbudgets sprichst. Nicht Recht hast du jedoch sicherlich, wenn du meinst, dass die Fach- und Dachverbände, so wie sie derzeit organisiert sind, nur auf Grund von reaktionären Ansichten nicht verhandlungsbereit wären.

Die Lösung, Herr Staatssekretär, kann doch wohl nur die sein, dass den bestehenden Vereinen nichts weggenommen wird. Zusätzlich aufzunehmende Verbände brauchen zusätzliches Geld. Dein Finanzminister hat heute in seiner Budgetrede vollmundig davon gesprochen hat, wie er den österreichischen Sport fördern will. Fordere deinen gerechten Anteil von ihm ein! Fordere ein Sportbudget ähnlich dem Kulturbudget, fordere die Sportmilliarde ein! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

14.47


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuhörer! Die Zeiten ändern sich, die Mode und das Geld. Im Sport ist es ebenfalls so, und deswegen wird es auch notwendig sein, dass man die einzelnen Sport- und Fachverbände in Zukunft etwas durchforstet. Sind sie noch zeit­gemäß? Was sind die Kosten? Was sind die Ziele? Wie sieht es mit der Nachnutzung aus? Wie ist die Nachwuchsförderung zu gestalten?

Bei diesem Antrag auf Schaffung eines Berufssportgesetzes geht es darum, auf die Beson­derheiten des österreichischen Sports Rücksicht zu nehmen. Ich bin froh, dass es im Aus-


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schuss Konsens aller Fraktionen darüber gibt, daran mitzuarbeiten. Das drückt sich auch darin aus, dass es ein Vier-Parteien-Antrag ist. Es geht darum, in Zukunft optimale arbeits­rechtliche, sozialrechtliche, steuerrechtliche, aber auch haftungsrechtliche und vereinsrechtliche Rahmen­bedingungen zu schaffen und dabei auf die Besonderheiten des österreichischen Sports, auf mögliche EU-rechtliche Implikationen ebenso einzugehen wie auf den Schutz junger Menschen bei gleichzeitiger Sicherung der Nachwuchsarbeit und auf die Interessen der Berufssportler.

Es gibt selbstverständlich Unterschiede – und das ist heute bereits aufgezeigt worden – zwi­schen Berufssport und Amateursport, zwischen Spitzensport und Breitensport. Der Breiten­sportler wird jedoch durch Spitzensportler animiert, die Erfolge erzielen, und Gott sei Dank haben wir in Österreich etliche solche. Die meisten Sportler sind zunächst Amateursportler, werden dann Berufssportler und gehen dann unter Umständen wieder zurück in den Ama­teurbereich. Rahmenbedingungen dafür werden notwendig sein.

Wenn heute darüber diskutiert wird, dass es für Freizeitunfälle eine Versicherung gibt, so muss ich sagen, dass die meisten Freizeitunfälle, und das wissen wir alle, im Haushalt und weniger bei Sportausübung passieren, aber darüber kann man auf anderer Ebene diskutieren.

Unterschiede gibt es auch zwischen Mannschafts- und Einzelsportarten. Das ist ebenfalls zu berücksichtigen, und zwar vor allem im Hinblick auf die Sportler. Die sind nämlich derzeit weder Arbeitnehmer im herkömmlichen Sinn, noch sind sie neue Selbständige. Auf der anderen Seite gibt es auch etliche geringfügig Beschäftigte, vor allem natürlich in den Unterligen.

Es darf aber auf keinen Fall so sein – und in diesem Punkt gebe ich meinem Vorredner Recht –, dass das Ganze die kleinen Vereine belastet, sondern es soll in Zukunft ein Berufsbild entwickelt werden – das ist, wie ich meine, überhaupt das Wichtigste dabei –, ein Berufsbild für Berufssportler. Auf alle Fälle sollten die Grundlagen dafür erarbeitet werden, die Sportler in den bestehenden Sozialrahmen einzufügen. Heute ist ein Sportler nämlich weder Angestellter noch Arbeiter, und er ist auch nicht richtig sozialversichert oder krankenversichert.

Auf jeden Fall sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die Grundvoraussetzung ist aber sicherlich das Berufsbild Berufssportler. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

14.51


Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass mit der bisherigen Rechtslage im Berufssport nicht das Auslangen gefunden werden kann. Es sind dringend Regelungen notwendig, die auf die Besonderheiten des Sports Rücksicht nehmen. Nicht nur der Mann­schaftssport, sondern auch der Individualsport, der zumeist leider nicht so populär ist, benötigt diese Regelungen dringend. Nicht nur Sportlern wird dieses Gesetz Vorteile bringen, sondern auch Verbänden, Klubs und sicher ganz besonders auch den kleinen Vereinen.

Die Sportler und genauso die Vereine bewegen sich im Moment, wenn man es genau nimmt, eigentlich in einer Art Grauzone der Legalität. Ich möchte anhand von ein paar Beispielen die Notwendigkeit dieses Berufssportgesetzes kurz erläutern.

Wir alle kennen die immer wiederkehrenden Probleme, die es gibt, wenn Spielerverträge be­endet werden, speziell im Bereich Fußball. Kommt es zu einer durch den Sportler verschuldeten Auflösung des Vertrags, und wechselt er zu einem anderen Verein, so steht dem Arbeitgeber, also dem Verein, bloß eine Schadensersatzforderung gegenüber dem Sportler zu. Da jedoch der Mindererfolg eines Klubs im Mannschaftssport wie etwa beim Fußball, wo es elf Spieler gibt und noch mehr im Kader sind, von denen nun einer ausfällt, eigentlich nicht nachweisbar ist, stellt sich diese Schadenersatzforderung als eine zahnlose Sanktion dar.


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In den Verbandsregeln, aber auch in den Spielerverträgen ist stattdessen eine so genannte Stehzeit vorgesehen. Diese Regel besagt Folgendes: Löst ein Sportler seinen Vertrag frühzeitig auf, kann er für die restliche Vertragsdauer bei keinem anderen Verein angemeldet werden. – Eine derartige Sanktion mit rechtlichem Hintergrund wäre ein echter Anreiz für jeden Sportler, abgeschlossene Verträge auch wirklich einzuhalten. Das würde jedenfalls auch den Nachwuchs fördern.

Zweites Beispiel: Die derzeit bestehenden Beschränkungen der Höchstarbeitszeit und des Sonn- und Feiertagsruhegesetzes sind mit dem Sportbetrieb, weil Wettspiele überwiegend an Wochenenden und Feiertagen stattfinden, unvereinbar. Wer zum Beispiel vergangenes Wo­chen­ende das Bundesligaspiel gesehen hat, dem muss bewusst sein, dass die Spieler eigent­lich gesetzeswidrig gearbeitet haben. Es gibt unzählige Beispiele, wo man im Sport auf diese Grauzonen stößt, in denen eigentlich alles durch eine Art Gentlemen’s Agreement geregelt ist.

Aus meiner Sicht sollte das Gesetz auch Schutzbestimmungen für Minderjährige enthalten. Für Berufssportausbildungseinrichtungen sind erschwerte Bedingungen zu schaffen, wenn sie öffentlich anerkannt werden sollen. Es muss im Interesse des Sports liegen, dass junge Sportler eine duale Ausbildung erhalten, damit sie auch nach vorzeitigem Abbruch ihrer Karriere eine andere Tätigkeit ausüben können. Derartige Ausbildungseinrichtungen sind jedoch im Moment nicht dazu in der Lage, sich gegen vorzeitigen Schulaustritt zu schützen. Die Folge sind frühe Profiverträge der Jugendlichen mit langen Laufzeiten, die den Nachteil einer mangelnden Ausbildung mit sich bringen.

Wir alle lesen immer wieder von horrenden Summen, die es im Sportbereich gibt, wenn es zu Vertragsabschlüssen kommt, ganz speziell wiederum im Fußballbereich. Immer wieder werden Sportler von Sportvermittlern zu Provisionen veranlasst, die sie dann auch kassieren, oder aber der Sportvermittler fordert Exklusivverträge. Dem könnte man durch ein Berufssportgesetz ebenfalls etwas Einhalt gebieten.

Die Redezeit würde sogar noch reichen, um noch weitere Gründe aufzuzählen, aber ich denke, jeder ist sich dessen bewusst, wie notwendig ein solches Gesetz ist. Man kann diesen Antrag auf Ausarbeitung eines Berufssportgesetzes nur unterstützen, damit die erwähnten Grauzonen beseitigt werden und es zu einer weiteren Spezifizierung des Sports kommt. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

14.55


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst ganz kurz auf die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs eingehen, der im Hinblick auf die Finanzierung drei Risikogruppen von Nicht-Arbeitsunfällen, nennen wir sie einmal so, erwähnt hat. Es geht um Freizeitunfälle, Sportunfälle, aber auch um Haushaltsunfälle. Er hat gemeint, die Fetten seien ein Risikofaktor, die Raucher und die Säufer.

Werter Kollege Staatssekretär! Ich könnte das ergänzen, denn es gibt noch eine weitere Risikogruppe, nämlich die Profisportler und die Berufssportler selbst. Ich denke beispielsweise an ausgezehrte Marathonläufer. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke beispielsweise an Sportler in Österreich, die an Magersucht leiden, weil sie falsch ausgebildet wurden, beispielsweise an Skispringer. Ich meine, dass man natürlich auch diese Gruppe berücksichtigen müsste.

Noch ein Wort zur Ergänzungsabgabe, die jetzt jeder ASVG-Versicherte oder überhaupt Kran­ken­versicherte zu zahlen hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich um 104,6 Millionen €, 87,5 Millionen davon zahlen wiederum die ASVG-Versicherten und die Beamten. Sie haben bis heute noch kein Konzept vorgelegt, aus dem hervorgeht, wie Frei-


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zeitunfälle verhindert werden könnten. Aus diesem Grund ist Ihr Vorschlag mit allem Nachdruck abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mehrzahl der Nicht-Arbeitsunfälle sind Haus­haltsunfälle. Der Herr Staatssekretär hat gemeint: Wer sich einem erhöhten Risiko aussetzt, soll sich versichern! – Herr Staatssekretär! Wollen Sie jetzt verlangen, dass sich alle Hausfrauen versichern lassen? Nichts anderes können Sie mit Ihren Ausführungen gemeint haben. Daher kann ich nur sagen: Dieser Vorschlag, der von Ihnen kommt, ist abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Vorredner haben bereits die Notwendigkeit eines Berufssportgesetzes betont. Nach dem Bosman-Urteil stand die Sportwelt Kopf. Jeder hat gemeint, das dürfe wohl nicht sein, denn der Sport sei etwas Besonderes. Nehmen wir zur Kenntnis, dass Berufssportler genauso wie Vereine und Kapitalgesellschaften dem europäischen Recht unterliegen und auch dem natio­nalen Recht. Jetzt geht es darum, auf europäischer und nationaler Ebene Lücken zu schließen. Das sind die so genannten Grauzonen, ein Zustand, dem wir lange zugesehen haben.

Ich bekenne mich in diesem Zusammenhang zu einem strengen Lizenzierungsverfahren, aber nicht nur im Fußball, sondern bei allen Mannschaftssportarten. Ich bekenne mich dazu, dass auch entsprechend kontrolliert wird, denn ein Fall wie Innsbruck darf in Österreich nicht mehr passieren. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

In Innsbruck waren wir mit illegalen Praktiken, mit überzogenen Gehaltsforderungen von Sport­lern konfrontiert, auch damit, dass infolge einer steuerrechtlichen Konstruktion in der Bundes­republik Deutschland Steuern hinterzogen wurden. Mit einem Berufssportgesetz könnten wir klare Regelungen schaffen. Eine Voraussetzung dafür ist sicherlich die, dass Unternehmen, die im Sport auftreten, nicht mehr in Vereinsform auftreten können, sondern nur mehr als Kapitalgesellschaften. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die entscheidende Frage – und das möchte ich hier betonen – ist, wie der Status des Sportlers generell ausschaut. Es geht nicht nur um den Berufssportler, wobei es um die Frage geht: Selbstständiger oder Arbeitnehmer? Und ich frage, ob für jemanden, der 4, ja 5 Millionen € im Jahr verdient, der Arbeitnehmerstatus noch angemessen ist. Es geht aber auch um die Frage, ab wann bei einem Sportler, der bei einem kleinen Verein tätig ist und regelmäßig ein Gehalt oder Entgelt bezieht, generell die Sozialversicherungspflicht zum Tragen kommen soll be­ziehungsweise ob eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit vorliegt.

Seitens unserer Fraktion halte ich fest: Wir werden keiner Regelung zustimmen, die die kleinen Vereine benachteiligt!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für wesentlich halten wir auch noch die Frage der Eigentumsverhältnisse. Hier sind klare Worte zu sprechen. Es ist für uns nicht tragbar, dass in der höchsten Spielklasse ein Eigentümer über mehrere Gesellschaften verfügt und diese einsetzt. Wir schließen uns in diesem Punkt der Auffassung der UEFA an.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Salzburger darf ich Sie abschließend darum ersuchen, unserer Olympiabewerbung 2010 weiterhin wohlwollend gegenüberzustehen.


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): Wir haben ein hervorragendes Programm, haben einen hervorragenden Report vom IOC bekommen, und wir hoffen, dass wir am 2. Juli um 17.15 Uhr den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2010 bekommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über den Punkt 4 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Ge­schäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.


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Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“ (115/A) (E)


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 115/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Wortreich begründeten Kanzler und Vizekanzler am 29. April 2003 die Pensionsreformpläne der Regierung. Über neue Abfangjäger für das Bundesheer und die massive Belastung kranker Menschen durch unsoziale Selbstbehalte schwiegen sie beharrlich, obwohl sie im Ministerrat gerade den Kampfflugzeugkauf und „Krankenstrafsteuern“ mit dem Budgetbegleitgesetz beschlossen hatten.

Unter dem Motto: „Alle verlieren – niemand gewinnt“ hat die Regierung dem Nationalrat ein Pensionskürzungsprogramm zur Beschlussfassung vorgelegt. An der Kürzungstatsache ändern auch die so genannten „Abmilderungen“ der Regierung nichts. Die vorliegenden Pläne führen zum völligen Umbau unseres Pensionssystems. Ein Umbau, der für Personen mit 45 Bei­tragsjahren mindestens 18 Prozent weniger Pension bringt, für Schwerarbeiterinnen bis zu 2 Prozent weniger und für junge Leute von heute 25 Jahren bis zu rund 40 Prozent weniger.

Die Behauptung der Regierung, dass es für Menschen, die das ganze Leben gearbeitet haben und kurz vor der Pension stehen, zu keinen Kürzungen kommt, ist falsch. In Wahrheit bringen die so genannten Abmilderungen der Regierung gerade für jene, die unmittelbar vor der Pen­sion stehen (1. Halbjahr 2004) sogar noch eine Verschärfung. Auch von der so genannten „Hackler-Regelung“ profitieren nur rund zehn Prozent von allen, die wegen langer Ver­siche­rungsdauer in vorzeitige Alterspension gehen könnten.

Wirkliche „Hackler“, die ihr Leben lang schwer – etwa als Bauarbeiter, als Fach- und Hilfs­arbeiterInnen in Industrie- und Handwerksbetrieben oder als Arbeiter in Tourismus, Bergbau oder Forstbetrieben – gearbeitet haben, haben nichts von einer „Hackler-Regelung“ wie sie die Regierung versteht.

Gerade schwer arbeitende Menschen, die mit 15 Jahren zu arbeiten begonnen haben, können nach dem Willen dieser Regierung nicht mit 60 bzw. 55 Jahren in Pension gehen. In den meisten Fällen fehlen ihnen wegen Arbeitslosigkeit (Wintersaison im Bau und anderen Saison­branchen, Firma geht in Konkurs) oder auch längerer Krankenstände (auch aufgrund von Ar­beitsunfällen) die notwendigen Beitragsjahre.

Beispiele:

Mehr als 50 Jahre arbeiten, trotzdem 9 Prozent Pensionsverslust

Herr Sch., am 24.11.1948 geboren, arbeitete seit seinem 15. Lebensjahr; Lehre zum Elektro­installateur, Arbeiter, seit seinem 28. Lebensjahr im Außendienst einer großen Versicherung tätig. Verfügt mit 60 über 45,5 Beitragsjahre (inkl. Bundesheer).

Derzeitige Rechtslage: (Hackler-Regelung für Männer bis 30.9.1945 geboren)

Pensionsantritt mit 61 1/2 Jahren zum 1.6.2010 Vorzeitige Alterspension wegen langer Ver­sicherungsdauer

Pensionshöhe: 47 x 2 = 94% – 10,5%-Punkte = 83,5%-Punkte; Höchstens jedoch 80% der besten 16 Jahre und 4 Monate.


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Regierungsvorlage: Hackler-Regelung für Schwerarbeiter ist nicht anzuwenden

Pensionshöhe: 50,5 x 2 = 101% gedeckelt mit 80%. 80% der besten 25 Jahre; Durch­schnittlicher Durchrechnungsverlust 10%, 2% Anpassungsverlust; der Durchrechnungsverlust ist gedeckelt mit 7%.

Gesamtverlust 9%

Die von der Regierung vorgenommenen so genannten „Abfederungen“ sind für die meisten Be­troffenen nur Kosmetik:

Die Absenkung des Steigerungsbetrages von 2 auf 1,78 Jahre soll nunmehr in den nächsten drei Jahren erfolgen. Das bedeutet, dass es lediglich für drei Jahrgänge eine geringfügige Erleichterung geben wird. Ab 2007 beträgt der Verlust allein aus dieser Maßnahme in der Regel 11 Prozent. Da Frauenpensionen im Schnitt niedriger sind als die der Männer, sind derartige Kürzungen umso schmerzlicher.

Betroffen sind Frauen insbesondere auch durch die Ausweitung des Durch­rechnungszeit­raumes. Die Verkürzung des Durchrechnungszeitraums pro Kind um maximal drei Jahre ändert nichts daran, dass etwa Zeiträume der Teilzeitarbeit – weil Beruf und Familie nur schlecht vereinbar sind – mittel- und langfristig zu massiven Kürzungen bei den Frauenpensionen führen.

Weiteres Beispiel:

22% Verlust im Jahr 2018 trotz Deckelung des Durchrechnungsverlustes und zwei Kindern

Frau N., am 1958 geboren, Studium bis zum 25. Lebensjahr. Nach dem Studium findet sie eine gut bezahlte Stelle in einem internationalen Unternehmen. Mit 28 Jahren bekommt Frau N. ihr erstes Kind. Nach 3 Jahren Kindererziehung setzt sie ihre Beschäftigung in Teilzeit fort. Zwei Jahre später kommt das zweite Kind zur Welt. Frau G. widmet sich wieder 3 Jahre aus­schließlich der Kindererziehung.

Danach nimmt Frau G. wieder eine Teilzeitbeschäftigung an; jedoch schlechter bezahlt. Nach 2 Jahren Teilzeit steigt Frau G. wieder voll ins Berufsleben ein. Mit 58 Jahren erreicht sie die Höchstbeitragsgrundlage.

40 Versicherungsjahre: 34 Beitragsjahre, davon 4 Jahre Teilzeit, 8 Jahre Kindererziehung, davon decken sich 2 Jahre mit Beitragsjahren.

Pensionsantritt: Alterspension mit 60 Jahren im Jahr 2018

Geltendes Recht:

Prozentsatz: 40 x 2 = 80%

GBMG auf Basis der besten 15 Jahre: € 3.912

Pensionshöhe: € 3.912 x 80% = € 3.130,– Bruttopension

Regierungsvorlage:

Prozentsatz: 40 x 1,78 = 71,2%

GBMG der besten 24 Jahre: € 3.438; aber Deckel = € 3.912,– mal 90% = € 3.521,–

Pensionshöhe: € 3.521 x 71,2% = € 2.507,– Bruttopension = -20% + – 2% Anpassungsverlust.

Gesamtverlust 22%


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(Mitberücksichtigt dabei sind bis 2018 Inflation und reale Einkommenssteigerungen – daraus resultieren die hohen Werte.

Die heutigen Vergleichswerte würden rund € 1.841,– und € 1474,– betragen.)

Die Begründung der Regierung für all diese Maßnahmen ist, dass die Pensionen für die Jungen „gesichert“ werden müssen.

Diese Ansage lässt sich schon überhaupt nicht der Regierungsvorlage entnehmen:

Für alle, die 1968 oder später geboren sind, wird es zu dramatischen Pensionskürzungen bis zu 40 Prozent und mehr kommen. Als Ersatz für diesen Verlust zwingt die Regierung die Betroffenen zu Vorsorgemodellen, die zwar steuerbegünstigt, aber voll vom freien Spiel der Aktienmärkte abhängig sind.

Folgendes Beispiel:

Saison und Gastgewerbe, 43% Verlust im Jahr 2033

Sabine W., 1.7.1968 geboren. Beschäftigungsbeginn mit 16 Jahren in der Tourismusbranche (Winter- und Sommersaison), Einkommen: 10% über dem Mindestlohn. In der Zwischensaison Arbeitslosengeldbezug. Mit 26 Jahren Heirat, 1 Kind, nach 2 Jahren Karenz teilzeitbeschäftigt im Restaurant des Ehemannes; Einkommen: 10% über dem Mindestlohn. Mit 46 Jahren Scheidung. Nach der Scheidung Vollzeitbeschäftigung in einem großen Hotel; Einkommen: 30% über dem Mindestlohn. Mit 61 Kündigung und in der Folge arbeitslos bis 65.

Versicherungsjahre: 10 Jahre Saison (jedes Jahr 3 Monate Unterbrechung durch Arbeits­losigkeit; 7,5 Beitragsjahre; 2,5 Jahre ALG-Bezug), 2 Jahre Kindererziehungszeit, 19 Jahre Teilzeit, 15 Jahre Vollzeit, 3,5 Jahre arbeitslos und Notstandshilfe.

Pensionsantritt mit 65 am 1.7.2033

Geltendes Recht:

49,5 x 2 = 99% GBMGL (€ 3.914,–) höchstens 80% der besten 15 Jahre (€ 3.989,–);

= 3.191,–

Regierungsvorlage:

Prozentsatz: 49,5 x 1,78 = 88,11% GBMGL (€ 2.387,–); höchstens jedoch 80% der besten 37 Jahre, 1 Kind verkürzt den Durchrechnungszeitraum um 3 Jahre

(€ 2.353,–) = € 1.882,– minus 41%

zusätzlich minus 2% durch Entfall einer Anpassung

Gesamtverlust 43%

(Auch hier resultieren die hohen Werte daraus, dass bis 2033 Inflation und reale Einkom­menssteigerungen mitberücksichtigt wurden, was sich bei einem derart langen Zeitraum beträchtlich auswirkt.

Die heutigen Vergleichswerte betragen rund € 1.100,– und € 649,– .)

Dramatisch sind die Auswirkungen dieser Art von Reform auch auf den Arbeitsmarkt: Bis 2009 werden 400.000 Menschen teilweise deutlich länger arbeiten müssen. Woher diese zu­sätz­lichen Arbeitsplätze kommen sollen, kümmert die Regierung nicht. Diese Regierung rührt schon jetzt keinen Finger für die 276.000 Menschen, die Arbeit suchen. Im Gegenteil: Die Arbeits­losigkeit steigt, die aktive Beschäftigung sinkt.


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14. Sitzung / Seite 104

Die Arbeitslosigkeit bei den so genannten Älteren ist von 2001 auf 2002 laut WIFO um rund 42 Prozent am deutlichsten in allen Altersgruppen gestiegen – eine unmittelbare Folge der Pensionsreform 2000. Bis 2004 werden alleine deswegen 20.000 Menschen zusätzlich Arbeit brauchen.

Dazu kommt, dass die Regierung auch ohne Pensionsreform die Lage für Arbeitsuchende weiter verschärft: Bis 2006 werden wegen der EU-Erweiterung und weil die Regierung auf Zuruf der Wirtschaft noch mehr billige Saisoniers, Grenzgänger und Praktikanten ins Land holt, zu­sätzliche 70.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland in Österreich Arbeit suchen. Die so genannte Reform der Altersteilzeit bedeutet weitere 8000 ältere Arbeitsuchende bis 2006. Rund 4000 Men­schen werden aus demographischen Gründen bis 2006 zusätzlich auf den Arbeitsmarkt kommen.

Das bedeutet: Nur um zu verhindern, dass sich die Arbeitsmarktsituation nicht noch weiter verschlechtert – und in Österreich herrscht nach wie vor Rekordarbeitslosigkeit – müssten bis 2006 mehr als 120.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Wegen der schlechten Wirtschaftsentwicklung werden bis 2006, selbst unter den opti­mistischsten Annahmen, aber nur höchstens 43.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Das werden zudem praktisch ausschließlich Teilzeitjobs sein.

Statt für mehr Beschäftigung zu sorgen, treibt die Regierung mit ihren Plänen zusätzlich Menschen in eine chancenlose Konkurrenz um zu wenig Arbeitsplätze, nimmt Arbeitsuchenden die Chance auf einen Arbeitsplatz. Damit zerstört die Regierung den österreichischen Arbeits­markt ganz bewusst, raubt den Menschen die Hoffnung auf eine Pension von der sie leben können und gefährdet den sozialen Frieden in Österreich.

In dieser Situation ist es absolut unverständlich, dass Bundeskanzler Schüssel offensichtlich um jeden Preis am Ankauf von Kampfflugzeugen festzuhalten gedenkt.

Die militärische Notwendigkeit von Kampfflugzeugen ist umstritten, die Entscheidung für die teuerste Variante, die nur als Prototyp existiert, zusätzlich fragwürdig, die budgetäre Situation erlaubt derartige Ausgaben (noch dazu in Verbindung mit den dann zu erwartenden Folge­kosten) nicht und die österreichische Bevölkerung ist mit großer Mehrheit gegen den Ankauf von Kampfflugzeugen.

Der Kaufpreis wird mit "xx Millionen Euro" angegeben, für die finanzielle Bedeckung habe der Finanzminister zu sorgen, heißt es im Gesetzestext. Details zum Finanzierungs- wie auch zum Lieferplan werden erst bei Unterzeichnung des Kaufvertrages das Licht der Öffentlichkeit erblicken.

Die Regierung gibt grünes Licht zur Unterzeichnung des Kaufvertrages, ohne den Preis zu kennen! Die Angaben dazu schwanken beträchtlich. Als sich die Koalition im Juli 2002 prinzipiell für den Eurofighter – den Teuersten von drei zur Auswahl stehenden Flugzeugen – entschied, war von ca. 1,8 Mrd. Euro für 24 Stück die Rede. Dieser Preis verstand sich übrigens exklusive Ausbildung, Waffen, Logistik, Ersatzteile, Betriebs- und Finanzierungskosten.

Jetzt rechnen Experten mit Kosten von mehr als 2 Mrd. Euro für nunmehr 18 Stück.

Bundeskanzler Schüssel hat seine „Wahlkampfgaukelei“ – Österreich bekomme diese Kampf­flugzeuge eigentlich ohnehin von freundlichen Unternehmern geschenkt – in der Presse­stunde am 4.Mai 2003 schon selbst aufgedeckt, in dem er diese nur als Wahlkampf-Idee bezeichnete, um die Emotionen herauszunehmen.

Zwischenzeitig bewegt sich der Bundeskanzler bei den Gegengeschäften im Bereich der virtuellen Konten für die Gegengeschäfte, wo man ablesen könne „was genau an Gegen­geschäften hereingekommen ist“.

Das ist eine unverantwortliche Vorgangsweise, die von uns entschieden abgelehnt wird!


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Bereits vor knapp einem Jahr hat sich die Regierung zu Gunsten des teuren Eurofighters entschieden. In der Folge wurde Korruptionsverdacht laut. Der damalige Verteidigungsminister und heutige FPÖ-Klubchef Herbert Scheibner ersuchte daraufhin den Rechnungshof um Prüfung der Typenentscheidung. Dieser Bericht steht noch immer aus.

Die Hast, mit der im Sog der Pensionsreform nun auch die Abfangjäger und die massiven Be­lastungen kranker Menschen durch unsoziale Selbstbehalte durchgeboxt werden, lässt je­denfalls nichts Gutes erwarten.

Durch die von der Regierung gewählte Vorgangsweise, all diese Gesetze in einem Paket zusammenzufassen, verbunden mit einem unnötigen Zeitdruck, wird überdies versucht, eine gründliche Behandlung und Diskussion dieser Gesetze im Nationalrat zu verunmöglichen.

Es ist einmalig in der Geschichte des österreichischen Parlamentarismus, dass eine Regierung versucht, eine Pensionsreform am Sozialausschuss, eine Gesundheitsreform am Gesund­heits­ausschuss und militärische Ausgaben in Milliardenhöhe am Ausschuss für Landesverteidigung „vorbeizuschwindeln“.

Offenbar sollen „unverrückbare Tatsachen" geschaffen werden, ehe etwa der Rechnungshof mit seinem Bericht auf den Plan treten kann oder Klagen der anderen Anbieter auf dem Tisch liegen.

Im Lichte dessen, dass der Bundesminister für Landesverteidigung in nächster Zeit die Kauf­entscheidung für diese Kampfflugzeuge treffen wird, stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Budgetbegleitgesetz zurückzuziehen und bis zum 31. Oktober 2003 dem Nationalrat eine Regierungsvorlage basierend auf dem, von den Sozialpartnern bis dahin gemeinsam erarbeiteten Pensionsreformvorschlag zuzuleiten, die eine ausgewogene und sozial gerechte Pensionsreform enthält, die

ein gemeinsames Pensionssystem für alle ÖsterreicherInnen, in das schrittweise alle hinein­wachsen, sodass in 30 Jahren alle ÖsterreicherInnen nach dem gleichen Recht in Pension gehen und niemand mehr in der Pensionshöhe bevorzugt wird, und

ein Pensionssystem, das dauerhaft garantiert, dass am Ende der Reform nach 45 Jahren Arbeit und einem Pensionsalter von 65 Jahren 80% netto als Pension zusteht und so der Lebens­standard gesichert wird, schafft und

für Politiker die gleichen Änderungen vorsieht, wie für alle anderen.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, sofort alle Schritte zu setzen, um den Be­schaffungsvorgang für Kampfflugzeuge (Abfangjäger, Überwachungsflugzeuge) zu stoppen.“

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen, diesen Antrag gemäß §§ 74a Abs. 1 in Verbindung mit 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

*****


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Cap als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


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15.02


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns über diese Frage der Abfangjäger – oder heißt es jetzt Kriegsflugzeuge oder Luftraumüberwachungsflugzeuge? – zu unterhalten haben. Wer heute die Budgetrede des Herrn Finanzministers verfolgt hat, wird gesehen haben, wie ein liebevoller Blick des ehe­maligen Verteidigungsministers dem Finanzminister zugeworfen wurde (Abg. Scheibner: „Liebe­voll“ ist übertrieben! Aufmunternd!), und dieser liebevolle Blick wurde vom Finanzminister auch erwidert.

Überhaupt ist mir das ein bisschen wie bei einer Maturaveranstaltung vorgekommen, denn der Herr Finanzminister hat wirklich darauf geachtet, dass sein Mentor, sein Professor, der Vorsitzende der Matura-Kommission, Herr Dr. Schüssel, immer schön zufrieden ist mit dem, was er heute von sich gibt. Und er kann ja zufrieden sein – nicht mit dem Budget, aber mit dem, der dazu gesprochen hat – in seinem Sinn möglicherweise, denn der Finanzminister hat plötz­lich einen Wechsel vorgenommen: Er hat heute nicht von Kriegsflugzeugen gesprochen, sondern – gerade dass er nicht gesagt hat: Luftraumtaxi, das wäre aber zu wenig beschreibend ge­wesen (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen) – er hat sich verstiegen zu der Erwartungshaltung Luftraumüberwachungsflugzeuge, um das zu verharmlosen und um nicht den wahren Hintergrund dieser Überlegungen darzustellen. (Abg. Scheibner: Den habt ihr er­funden, den Begriff! Das ist eine Erfindung der SPÖ, Herr Kollege!)

Aber wie es so ist bei der Matura – jeder von uns wird sich daran erinnern –: Nicht nur der Blick zum Mentor ist wichtig, sondern es wird auch viel geschummelt bei einer Matura, damit man eben irgendwie durchkommt. (Widerspruch bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Ich hab’ nicht geschummelt! Ich weiß nicht, wie du die Matura gemacht hast!) So war das heute eigentlich auch. Ich hatte jedenfalls diesen Eindruck bei der Rede des Finanzministers. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe nicht geschummelt! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Habe ich Sie ertappt? Haben Sie alle geschummelt bei der Matura, weil Sie so nervös sind? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

So beurteile ich eben die Art und Weise, wie der Herr Finanzminister sich heute dazu geäußert hat.

Wenn ich mich jetzt zur Regierungsbank umdrehe (dort sitzen Bundeskanzler Dr. Schüssel und Bundesminister Dr. Bartenstein): Ich nehme an, zumindest diese beiden Regierungsmitglieder werden unseren Dringlichen Antrag genau studiert haben oder studieren lassen, vortragen lassen, sich Unterlagen geben lassen. Aber es ist die Anwesenheit dieser beiden Regierungs­mitglieder doch ein gewisses Signal: Erstens ist es Chefsache, Sache des Bundeskanzlers also – er ist ja geradezu fixiert auf dieses Projekt und will es durchziehen –, und neben ihm sitzt zweitens der Wirtschaftsminister, und damit soll auch irgendwie signalisiert werden, dass dieses Projekt irgendwo auch einen wirtschaftlichen Sinn hätte.

Nun kann ich mich erinnern – das hat ja alles schon eine längere Geschichte –, dass Herr Minister Bartenstein seinerzeit, als der Beschluss gefasst wurde, die Eurofighter anzukaufen, in seinem Ministerium eine Kommission einrichten musste, die genau kontrolliert, ob die Gegen­geschäfte auch wirklich Gegengeschäfte und nicht Schummelgeschäfte sind. Haben Sie, Herr Bundesminister, damals eigentlich nicht festgestellt: Drei Viertel der Gegengeschäfte, von denen wir alle in den Medien, im Radio und im Fernsehen, so locker vor uns hinplaudern, gibt es ja noch gar nicht! Also dürften wir nicht von Luftraumüberwachung sprechen, sondern korrekterweise müsste man hier von einem Luftgeschäft reden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.)

Nicht unzufrieden brummeln! Sie können nachher darauf eingehen, Herr Bundeskanzler, aber das war damals gewissermaßen die Begleitmusik, als das alles beschlossen wurde.

Jetzt hat offensichtlich eine Art „Schlaumeier-Virus“ zugeschlagen, denn nun kommen Budget­begleitgesetze, in die all das hineingepackt wird. Das ist wie auf einem Markt! Da finden sich 91 Novellierungen und weiß der Teufel, was da noch alles dazu kommt. Aber dass man quasi


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eine Ermächtigung geben möchte und bei der Summe „xxxx“ hinschreibt, das ist ganz etwas Besonderes.

Was ist „xxxx“? Herr Minister Grasser versuchte heute, eine Art Vorlesung zu halten über Haushalte und wie sie zu führen sind, darüber, wie Unternehmungen zu führen sind (Abg. Mag. Molterer: Hoffentlich hat es etwas genützt, Herr Cap!) oder Klubs zu führen sind, Herr Klubobmann Molterer. Er sprach darüber, was ordentliche Kaufleute alles zu machen haben, dass sie immer schauen müssen: Was ist auf der Einnahmenseite, was ist auf der Ausgaben­seite, und was ist der Preis? Was ist der Preis? Gehen Sie in das Autohaus Grasser (Abg. Mag. Posch: Das gibt’s ja nicht mehr!) und sagen Sie dort: Ich will jetzt ein Auto haben zum Preis xxxx? – Dort wird man Sie seltsam anschauen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Oder gehen Sie Computer für Ihren Klub einkaufen, damit der Klub ein bisschen moderner wird, Herr Klubobmann Molterer, und sagen Sie: Herr Klubsekretär! Kosten kann es xxxx!? – Das wird jetzt die neue xxxx-Formel, die das besondere wirtschaftliche Bewusstsein in dieser Regierung zum Ausdruck bringen soll.

Herr Bundeskanzler – und auch Herr Wirtschaftsminister, denn auch Sie sollten eigentlich ein ordentlicher Kaufmann sein, sonst dürften Sie gar nicht als Wirtschaftsminister da sitzen! Enträtseln Sie uns bitte diese „x“, und kommen Sie mir nicht mit XXXLutz, denn das ist ein Möbelhaus, das gilt nicht. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist Schleich­werbung! – Abg. Scheibner: Ihr nehmt alles sehr „ernst“!) Wir wollen wissen: Was ist „xxxx“? Welche Zahlen stehen da dahinter?

Sie haben natürlich Probleme mit Zahlen. Da erinnere ich mich schon wieder – ich habe heute ein tolles Langzeitgedächtnis! –: Sie haben einmal gesagt, diese Kriegsflugzeuge werden 1,8 Milliarden € kosten. Dann hat „Die Presse“, ein „sehr“ linksradikales Blatt, wie wir alle wissen, geschrieben: Moment, das ist ja nur das „nackte“ Flugzeug! Es gibt in der Fachsprache „nackte“ Flugzeuge, und es gibt Flugzeuge, die schon ein bisschen aufgerüstet sind. – Herr Ex-Verteidigungsminister! Da fangen Sie gleich zu strahlen an, was da möglich ist, was man da alles an diversen Raketen und sonstigen Vorrichtungen hineinmontieren kann. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Nein! Sie sind so ein Experte, da wundere ich mich nur!) Da kommt das Ganze dann plötzlich auf 2,3 und 2,4 Milliarden €!

Herr ordentlicher Kaufmann Bartenstein! Was ist schon eine halbe Milliarde €? Die sind irgend­wo verloren gegangen in den Papieren, die Sie erstellt haben. Sie werden sie schon wieder finden auf der letzten Seite, – Nein!, sage ich, so kann ein ordentlicher Kaufmann nicht agieren! Leider ist der Maturant jetzt nicht da, sonst könnte er sich dazu vielleicht wieder zu Wort melden.

Also: Wir müssen wissen, wie hoch der Preis ist. Aber was müssen wir noch wissen?

Wenn Sie den Klubsekretär – Sie müssen ja den Klub ein bisschen modernisieren – zu einer Computerfirma schicken, können Sie ja auch nicht sagen: Wir brauchen 20 Computer! Ach was, 25! Nein, ich glaube, wir brauchen nur 18! Wir brauchen nur 18 Computer. – Super! Also wieder xxxx, und zwar, was die Anzahl angeht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.)

Wieder ein nervöses Brummeln hinter mir auf der Regierungsbank. Was ist? Diskutieren Sie jetzt gerade die Zahl aus?

Was wollen wir also wissen? – Wir wollen wissen, wie viele Flugzeuge, welche Flugzeuge – im von mir aufgezeigten Beispiel: welche Computer? – und wie hoch der Preis ist. Das ist, so glaube ich, ein sehr berechtigtes Ansinnen, denn – das bitte an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die hier versammelt sind, an alle hier Anwesenden – wir alle müssen das bezahlen, und da wollen wir wissen, was es kostet.


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Jetzt sage ich etwas Grundsätzliches. Eigentlich wollen wir es nicht bezahlen und nicht bestellen – und eigentlich brauchen wir es gar nicht. Das ist überhaupt einmal der Einstieg! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Also: Wirtschaftlich – da ja auch drei Viertel der Gegengeschäfte in der Luft gehangen sind, kein Mensch weiß, wie das abläuft, Sie eine eigene Kontrollkommission einrichten müssen –, so glaube ich, ist das abgehandelt, auch wenn Sie sich dann zu Wort melden und in blumigen Worten wieder versuchen, das zu erklären. Ich sehe es von den Gegengeschäften her und auch wirtschaftlich nicht so wie Sie. Das muss man einmal feststellen. (Abg. Scheibner: Fragen Sie einmal Ihren Genossen Androsch!)

Für den Fall, dass doch ein Grund dahinter ist, haben wir einen Untersuchungsausschuss gefordert, und zwar bereits mehrfach. Mehrfach! Die Bereitschaft, der Opposition überhaupt das Recht zuzugestehen, Untersuchungsausschüsse einrichten zu können, diese Bereitschaft war enden wollend, denn – egal, ob das die Sondierungsgespräche oder ob das die Gespräche zwischen den Parteien waren – die Regierungsparteien haben immer gesagt: Wir wollen, dass es dieses Recht für die Opposition nicht gibt – Klammer auf: Wir wollen keinen Unter­suchungsausschuss zum Ankauf der Eurofighter!  Klammer geschlossen! Das war eigentlich die Botschaft, die Sie hier ausgesandt haben.

Daher muss ich mir als gelernter Österreicher die Frage stellen: Wieso sagen Sie das? Was haben Sie uns zu verbergen, dass Sie nicht sagen: Her mit dem Untersuchungsausschuss! Mich als Bundeskanzler und als Minister interessiert ja selbst, dass da Licht ins Dunkel kommt! – Nein, das sagen Sie nicht, Sie sagen das Gegenteil. Da scheint etwas nicht zu stimmen, deshalb auch hier noch einmal die Forderung: Es muss die Möglichkeit eröffnet werden, dass es Untersuchungsausschüsse gibt.

Sie sehen, jedes Argument ist eigentlich ein Argument für einen Beschaffungsstopp, und das ist eben der Zweck unseres Dringlichen Antrages, den Sie nachher unterstützen können.

Aber das allein ist es ja auch nicht. Ist es die Sicherheitspolitik? Was ist es eigentlich? Oder ist es schlicht und einfach diese – wie soll ich sagen? – aus dem Bundesheer stammende Meinung, uns gibt es zu Lande, zu Wasser und in der Luft? – Zu Wasser leider nicht mehr, weil in Pula und in Triest sind wir nicht mehr. Ja, wenn Sie jetzt auch Donau-Monitore und ein Unterseeboot für die Donau wollen, müssen Sie diesen Wunsch bitte einbringen und zur Diskussion stellen. Ich sehe da keinen Sinn mehr, denn seit dort Schleusen eingebaut sind, hätten Unterseeboote einen etwas engen Radius. (Abg. Scheibner: Fragen Sie den Abge­ordneten Gaál, der kennt sich besser aus als Sie!)

Jetzt wird es einige geben, die sagen: Nein, aber es muss nicht nur zu Lande, ein bisschen im Wasser, sondern auch in der Luft etwas weiter geben, denn die Waffengattungen hat es eben immer schon gegeben. – Ich sage: Mit dieser Geisteshaltung – nämlich: Das hat es immer schon gegeben! – ist auch damals viel zu spät vom Vorderlader zum Hinterlader gewechselt worden, und deswegen haben wir die Schlacht bei Königgrätz 1866 verloren. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) – Das ist meine Schlussfolgerung aus der Geistes­haltung, die es da immer schon gegeben hat. (Abg. Scheibner: Das war aber eher ein Argu­ment dafür, Herr Kollege!)

Daher sage ich Ihnen: Das kann eigentlich auch kein Argument sein.

Und sicherheitspolitisch? – Langsam umgeben von entweder NATO-Ländern oder EU-Mit­gliedsländern, Schengen-Ländern: Ich verstehe das Argument mit der Sicherheitspolitik nicht und warum plötzlich diese Kriegsflugzeuge angeschafft werden.

Jetzt kommt der Hauptpunkt – und das ist der Gipfel des Zynismus! –: Sie haben hier ein Budgetbegleitgesetz eingebracht – man könnte fast sagen: überfallsartig. Sie sagen dauernd: Das Parlament ist der Ort, wo das dann demokratisch zu verhandeln ist, aber wie es jetzt aus­schaut, soll das durchgepeitscht werden, und zwar möglichst rasch. Eine strukturelle Verhand­lungsbereitschaft gibt es auch nicht; aber das werden wir noch gesondert zu diskutieren haben.


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In diesem Budgetbegleitgesetz sind bitte Belastungen und Schröpfungen enthalten, die ihres­gleichen suchen.

Und das Zynische ist Folgendes: Dass Sie jetzt den Zusammenhang, den Sie immer geleugnet haben, herstellen in der Form, dass Sie zwischen 2004 und 2007 über diese Belastungen 2 Mil­liarden € hereinbringen wollen und zugleich der Bevölkerung signalisieren, die 2 Milliarden € aus den Pensionskürzungen und die 2 Milliarden € aus den Belastungen sollen schnurstracks in den Ankauf der Kriegsflugzeuge investiert werden.

Das sagen Sie den Österreichern, und dagegen sprechen wir uns aus. Eine solche Politik kann man doch der Bevölkerung gegenüber nicht vertreten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie wissen ja: Ihre Pensionskürzungen werden sich à la longue zwischen 18 und 40 Prozent bewegen, und besonders betroffen von diesen Kürzungen werden die Frauen sein. Wir haben in dem Dringlichen Antrag, den zu studieren Sie ja jetzt Zeit hatten, einzelne Fallbeispiele aufgezählt, damit auch für Sie plastischer sichtbar wird, was diese „Pensionsreform“ in Wirklichkeit ist, nämlich eine Pensionskürzung. (Abg. Scheibner: Reden Sie ein bisschen etwas über die Pensionsreform, Herr Kollege! Wir warten die ganze Zeit, dass Sie uns etwas über die Pensionsreform sagen! Erzählen Sie uns was über Ihr Konzept!)

Auf der einen Seite also diese Pensionskürzungen, auf der anderer Seite die Verweigerung der Steuersenkung. – Ich habe heute genau zugehört: Der Finanzminister hat gesagt: Unser Ziel ist es, 2005 eine Steuersenkung anzustreben. – Unser Ziel! Na klar, das ist relativ. So, wie alles beliebig und relativ ist, Herr Bundeskanzler, ist es ... (Abg. Dr. Fischer: Es war auch das Ziel, das Jahr 2003 zum Jahr der Ernte zu machen!)

Ja, wir arbeiten uns von Jahr zu Jahr immer höher hinauf, und dann wird es heißen: Doch 2006, und: Irgendwie geht es doch nicht, und: Jetzt bringen wir schon wieder nichts zusammen bei der Verwaltungsreform, und die Staatsreform geht auch nicht weiter, und da ersparen wir uns auch wieder kein Geld. Teufel, Teufel!, wir müssen die Steuersenkung wieder um ein Jährchen verschieben. – Es heißt also, das Ziel ist es, nicht, es wird 2005 sein. Es heißt, das Ziel ist es!

Und es kommt ja noch etwas dazu bei der Anschaffung dieser Kriegsflugzeuge: die Ausbildung der Piloten, der Ausbau der Flugplätze, Ersatzteile, die Wartung – das kostet ein Vermögen! Machen Sie sich doch einmal die Mühe, mit Experten aus dem Bundesheer darüber zu sprechen! Die werden nur den Kopf schütteln. Noch gibt es diese Solidarität zwischen den so genannten Waffengattungen, aber fragen Sie einmal diejenigen, die für den Transport, für die Kommunikation, für den Funk, für die Kasernen, für die Versorgung, für die Artillerie, für die Panzer zuständig sind, diejenigen, die mit den alten LEOPARD die Spargel im Marchfeld zer­quetschen! (Abg. Scheibner: „Alter LEOPARD“? Sie leben in der Vergangenheit! Das mo­dernste Gerät, das es gibt!) Fragen Sie einmal all jene, was sie dazu sagen, dass eine einzige Waffengattung – nur damit es uns weiter auch in der Luft gibt – so viel Geld kostet! Fragen Sie die einmal! – Unter der Hand werden diese Ihnen Sachen erzählen, dass Sie nur so den Kopf schütteln werden, Herr ehemaliger Verteidigungsminister! Herr Bundeskanzler, Sie wissen das sowieso, aber Ihnen ist das offensichtlich gleichgültig. – Ich zeige hier nur auf, welche Zusam­menhänge es hier noch gibt.

Ich rekapituliere: keine Steuersenkung, auch kein fixes Datum, Belastungen von 2004 bis 2007 in der Größenordnung von 2 Milliarden €, Pensionskürzungen wie noch nie in der Zweiten Republik – das erste Mal in dieser Form, wie sie sich jetzt darstellt –, und all das machen Sie primär, damit Sie diese Kriegsflugzeuge kaufen können. Und das noch dazu vor dem Hintergrund einer Rekordarbeitslosigkeit! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wo sind Ihre Maßnahmen zur Beschäftigung? Wo versuchen Sie, antizyklische Maßnahmen zu setzen? Wo setzen Sie sich ein, um Beschäftigungsimpulse zu setzen? Wo ist das? Was machen Sie da? – Nichts! Sie konzentrieren sich auf dieses eine Ziel, gemeinsam mit anderen Zielen, die eher dämpfend wirken, die die Beschäftigung nicht beleben, die das Wachstum nicht


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stimulieren. Darauf konzentrieren Sie sich! Und natürlich tun Sie eines, nämlich: kürzen, kürzen, kürzen!

Das wird auch Auswirkungen haben auf die Bereitschaft, in den Konsum zu gehen. (Abg. Großruck: Den „Konsum“ gibt es nicht mehr!) Sie verbreiten Ängste sondergleichen! Die Menschen haben Angst, weil sie nicht mehr ihr Leben planen können, weil sie sich auf Dinge verlassen haben, auf die sie sich jetzt nicht mehr verlassen können, weil der Vertrauensschutz für Sie nichts gilt. Erkundigen Sie sich in den Geschäften, in den Trafiken, in den Papier­hand­lungen, wo auch immer Sie sich herumtreiben (Ruf bei der ÖVP: Wir treiben uns nicht herum!): Wie ist die wirtschaftliche Situation? Und: Welche Auswirkungen hat das?

Die Äußerung des Herrn Finanzministers, ein „nicht Zuviel an Pessimismus“ war verräterisch. Was heißt das: ein nicht Zuviel an Pessimismus? – Im Teletext steht es jetzt noch einmal. – Das heißt: Wir in der Regierung sind alle pessimistisch, weil wir mittlerweile begriffen haben, welche Wirtschaftspolitik wir machen. (Abg. Dr. Trinkl: Eine sehr gute!) Tiefer Pessimismus also. Sie alle sollten gesenkten Hauptes, mit einem Trauerblick hier sitzen. Das wäre angemessen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und dann gibt der Finanzminister das sogar noch zu! Er sagt aber: nicht zu viel pessimistisch! Liebe Österreicherinnen und Österreicher, ein bisschen Blut, ein bisschen Schweiß, ein bisschen Tränen – schließlich ist ja gerade kein Weltkrieg, aber fast. – So ungefähr ist die Bot­schaft, die wir heute gehört haben.

Jetzt gehen Sie einmal inne – Sie alle, die Sie hier sitzen und freundlicherweise zuhören, und stellen Sie sich die Frage in Bezug ... (Abg. Scheibner: Inne kann man nur halten!) – Nein, nein! Sich im ÖVP-Klub und FPÖ-Klub gegenseitig zu erzählen, wie super Sie sind, ist keine Kunst! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Da kommt das allgemeine Nicken bei Ihnen – das ist keine Kunst! Gehen Sie hinaus in den Wahlkreis! Gehen Sie in Ihren Wahlkreis hinaus und stellen Sie sich dort einmal der Bevölkerung! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir haben versucht, reihenweise Veranstaltungen durchzuführen, zu denen wir auch Vertreter der ÖVP und der FPÖ – sprich: Nationalratsabgeordnete der ÖVP und der FPÖ – einladen, und ich sage Ihnen: Da stellt sich kein Einziger, keine Einzige der Bevölkerung!

Seien Sie endlich einmal mutig! Kommen Sie doch endlich einmal! Stellen Sie sich den Bür­gerversammlungen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Das machen Sie nicht. Sie verstecken sich in Ihrem politischen Reagenzglas (Abg. Steibl: Das ist eine Unter­stellung!), in Ihrem Rexglas unten im Klub, anstatt sich der Bevölkerung zu stellen und zu sa­gen: Jawohl, es ist wirklich eine Gemeinheit, was wir ihr zutrauen, aber wir stehen zu der sozialen Gemeinheit. Wir stehen zu der sozialen Unausgewogenheit. Wir stehen zu dem Schröpfen, das die Regierung vorhat. – Seien Sie auch im Wahlkreis loyal! Hüpfen Sie nicht ins Bett unter die Tuchent und sagen Sie nicht: Ich weiß nichts, ich sehe nichts, ich höre nichts! Das ist zu wenig! So kann man Politik letztendlich nicht machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie könnten natürlich Ihre persönliche Lage außerdem noch dadurch verbessern, dass Sie überhaupt unsere Bürgerinitiative zur Abhaltung einer Volksabstimmung unterstützen. Ich sage Ihnen etwas: In Ihrem Wahlkreis würde Ihnen das etwas bringen. Und vergessen Sie nicht: Der nächste Wahltag kommt bestimmt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es wird für Sie ein Zahltag sondergleichen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

In den ersten Reihen herrscht eher Stille. Ich kann Ihnen sagen, warum. – Die werden nach dem nächsten Wahltag sicher wieder hier sitzen. In den mittleren und oberen Rängen herrscht plötzlich so seltsame Aufregung. Ich kann Ihnen sagen, die Aufregung ist berechtigt, denn wenn diese Regierung so weitermacht, werden Sie da nicht mehr sitzen. Deswegen habe ich Ihnen gesagt, ich stehe Ihnen als Berater zur Verfügung. Verhindern Sie diese Politik! Stimmen Sie unserer Politik endlich einmal zu! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.22



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundes­kanzler gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundes­kanzler.

15.23


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel (mit Beifall durch die ÖVP begrüßt): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Dringliche Antrag, den Josef Cap formuliert hat, beschäftigt sich auf sechs von sieben Seiten mit dem angeblichen Pensionsraub und ist an die Bundes­regierung gerichtet. – Herr Abgeordneter! Sie werden daher verstehen, dass ich mich als Chef der Bundesregierung angesprochen fühle und meine, hier einige Fakten zurechtrücken zu müssen.

Sie haben Beispiele erwähnt, Sprachbilder gebraucht, die meiner Meinung nach mit der Realität nicht im Einklang stehen. Ich bin daher sehr dankbar dafür, dass ich die Chance habe, hier nach dem sehr erfolgreichen und heute dies auch zeigenden Finanzminister Karl-Heinz Grasser einige Themen und einige Prioritäten dieser Bundesregierung zu erläutern.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat in seiner Budgetrede heute eindrucksvoll bewiesen, dass sich diese Bundesregierung mit großer Umsicht, Energie und Sorgfalt den wirklichen Zukunfts­problemen des Landes zuwendet und widmet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir konsolidieren das Budget. Wir reduzieren die Verwaltungsausgaben und investieren gleich­zeitig in einer schwierigen Konjunktursituation in jene Bereiche, die besonders wichtig sind: Bildung und Forschung, Infrastruktur und viele andere Bereiche. Nur einige Zahlen gefällig, falls sie Ihnen beim Zuhören während der Budgetrede entgangen sind: Im Jahr 1999 wurden für Bildung insgesamt 7,5 Milliarden € ausgegeben. Im Jahr 2004 werden wir über 9 Milliarden € ausgeben. Das ist genau der richtige Impuls für Konjunktur, für Qualität und damit für Zukunfts­sicherung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden für Infrastruktur gegenüber dem Jahr 1999, in dem nicht ganz 1,7 Milliarden € ausgegeben wurden, 2,4 Milliarden € ausgeben. Das ist eine Steigerung für Schiene und Straße gerade im Sinne und im Lichte der Erweiterung der Europäischen Union um beinahe 50 Prozent! Das ist genau der Schwerpunkt, dessen es jetzt bedarf, um Österreich optimal auf die Erweiterung vorzubereiten, und der auch für die Beschäftigungs-, Konjunktur- und Arbeits­marktlage von großer Bedeutung ist.

Wir haben in schwerer Zeit eine Entlastung in diesem Budget angekündigt. Es gibt bereits zwei Konjunkturprogramme, und mit der jetzt wirkenden Steuerentlastung ab 1. Jänner 2004 und dem Entfall der 13. Umsatzsteuervoranmeldung haben wir dauerhaft eine Milliarde € an Entlastung und dazu einmalig über den Umsatzsteuerwegfall 1,7 Milliarden €. – Also genau das richtige Signal in dieser Situation, in dieser Zeit, um für die Menschen in der Wirtschaft, an den Arbeits­plätzen wirklich etwas zu tun. Wir geben den Menschen Hoffnung und machen ihnen nicht Angst so wie Sie, Josef Cap. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Ergebnis lässt sich auch sehen. Trotz der Schwierigkeiten, die wir haben, haben wir eigentlich eine sehr gute Beschäftigungslage. Vergessen Sie nicht: Am 1. Mai des Jahres 2003 – vielleicht ist Ihnen das bei den Maifeiern entgangen – hatten wir eine Rekord­be­schäftigung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Noch nie waren so viele Menschen, nämlich 3 166 Mil­lionen Menschen, in Arbeit wie an diesem 1. Mai 2003. Dafür danken wir der Wirt­schaft und der Innovationskraft der Mitarbeiter. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Wir haben zwar schwache Wachstumsraten, aber jedenfalls deutlich höhere als Deutschland, Italien, die Schweiz und die Niederlande. Das sind doch einige Länder, an denen wir uns sonst gerne gemessen haben. (Abg. Dr. Matznetter: Sie träumen!) – Das ist kein Traum, das ist Gott sei Dank gelebte Realität, Herr Abgeordneter, aufwachen! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)


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Genau das Gleiche gilt hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. So selbst­ver­ständlich ist es nicht, dass wir heute praktisch jeden zweiten Euro im internationalen Wett­bewerb hervorragend erwirtschaften können. Und zum ersten Mal seit 1945 haben wir einen Handelsbilanzüberschuss, haben wir einen Leistungsbilanzüberschuss, und das kommt nicht von selbst. Natürlich sind dafür primär die Wirtschaft und jene verantwortlich, die auf den Märkten diese Erfolge zustande bringen. Aber dazu gehören auch die Rahmenbedingungen, die in Österreich eben besser sind als in anderen europäischen Ländern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben ein Problem, und das ist der Generationenvertrag. Wissen Sie, ich bin dafür, dass wir versuchen, die Dinge mit Sachlichkeit auseinander zu klauben und einfach den Menschen das Problem zu schildern. Dieses Problem ist ja nicht politisch gewollt, um das auch einmal sehr klar zu sagen. (Ruf bei der SPÖ: Offenkundig!) – Herr Abgeordneter! Bitte hören Sie ein bisschen zu, dann können wir, wie ich meine, auch einen sachlichen Diskussionsprozess führen, den die Menschen auch von uns hier im Hohen Hause erwarten. Da soll nicht nur gestritten werden. Da sollen auch Argumente ausgetauscht werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben heute fünf Generationen, die gleichzeitig leben. Eine oder sogar etwas mehr als eine Generation ist in Ausbildung, zwei Generationen sind praktisch schon in Pension, und zwei Generationen sind im Arbeitsprozess. Wenn sich dieses Verhältnis noch weiter zu Lasten derer, die in der Arbeit sind, verschlechtert, ist der Generationenvertrag ernstlich in Gefahr.

Das Problem ist daher nicht so sehr, dass wir etwas tun, sondern wir hätten früher das Richtige tun müssen. Die Frage ist: Wie kann man das optimal machen? Und so weit sind wir ja gar nicht auseinander. Wenn Sie Ihr Konzept ehrlich hier vertreten – und ich habe es genauso kritisch und auch offen gelesen wie Sie wahrscheinlich unsere Konzepte –, dann muss ich sagen, wir wollen doch im Endausbau das Gleiche: ein System – nach Vereinheitlichung auch des Männer- und Frauenpensionsantrittsalters –, wonach beide Geschlechter mit 65 nach langen Übergangsfristen gemeinsam und gleichzeitig in die Rente gehen können. Das ist ein Vor­schlag, der, wie ich meine, außer Streit stehen sollte und auch steht.

Die zweite Frage ist, dass man, um 80 Prozent als Pension zu erhalten, gemessen am Lebensdurchschnittseinkommen 45 Versicherungsjahre brauchen soll. Darüber kann man jetzt diskutieren, wir sagen: 40 Jahre, die fünf schlechtesten Jahre sollen herausgerechnet werden, sollen wegfallen. Man könnte natürlich auch mit einer Aufwertung von bestimmten Zeiten in der Zukunft darauf antworten. Das sind Themen, die im Detail zu diskutieren sind.

Man soll sich für diese Lebensdurchrechnung Zeit nehmen. Wir machen das: 25 Jahre sind, wie ich meine, ein ausreichender Zeitraum.

Und dazu soll gesichert sein, dass mit einer zweiten und dritten Säule, die neben der erst­klassigen staatlichen Pension angeboten wird, die steuerlich begünstigt wird, eine zusätzliche Möglichkeit gegeben wird, damit jeder Einzelne oder jeder Betrieb für seine Mitarbeiter etwas zusätzlich tun kann. (Abg. Mag. Prammer: Sehen Sie, da sind die großen Unterschiede!) Ich finde, das ist eine Sache, die eigentlich absolut vernünftig ist. Jetzt geht es um die ent­schei­dende Frage, wann wir diese Systeme angleichen.

Da bin ich jetzt schon auch ein Zeitzeuge: Seit 1986 versuchten wir in nunmehr sechs Re­gierungsverhandlungen, diese Fragen immer wieder ehrlich zu diskutieren. Dies ist nie ganz weggeschoben worden, aber es ist eben nach Grillparzerscher Methode mit halbem Herzen auf halbem Weg mit halben Schrittlängen vorgegangen worden, es ist also zu wenig gemacht worden. Es ist nicht rechtzeitig das Notwendige geschehen.

Meiner Meinung nach sollten wir außer Streit stellen, dass wir nicht noch einmal zehn Jahre warten und die Dinge verschieben können, sondern jetzt handeln sollten, und zwar im Interesse der kommenden Generationen. Das haben die Sozialpartner früher auch genau gewusst. Herr Präsident Verzetnitsch kennt natürlich die Studie des Beirats für Sozial- und Wirtschaftsfragen


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aus dem Jahr 1991. Da steht im Wesentlichen nichts anderes drinnen, als dass das durch­schnittliche tatsächliche Pensionsantrittsalter um vier Jahre angehoben werden soll. – Bitte, nichts anderes machen wir. Wir erhöhen das Pensionsantrittsalter im Schnitt um in etwa diese dreieinhalb bis fünf Jahre in einem langfristigen Zeitraum.

Das ist übrigens auch ganz genau das, was die Europäische Union – auch hier diskutiert im Hohen Hause – gemeinsam als Ziel für 2010 vorgegeben hat, nämlich die tatsächliche Lebens­arbeitszeit bis 2010 um fünf Jahre auszudehnen. Das ist weder neu, noch ist das ein Überfall. Das sind Themen, die seit zwölf Jahren und länger diskutiert werden und die jetzt ent­scheidungsreif sind.

Noch etwas, was aus meiner Sicht dazugehört: Wir sollten auch auf Grund der gestrigen Diskussionen und der gestrigen Proteste die offenkundige Verunsicherung der Menschen sehr ernst nehmen. (Abg. Öllinger – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Mit dem, Herr Bun­deskanzler? Na servas! Wenn das eine Information ist!) Da bitte ich jetzt auch – und das sage ich jetzt noch nicht kritisch in eine Richtung, sondern ich meine, das ist ziemlich identisch mit der Information der Arbeiterkammer Vorarlberg –, Herr Abgeordneter Öllinger, mit den Worten etwas aufzupassen. Worte wie „Pensionsraub“, „Massenverelendung“ oder „Massenarmut“ tragen doch nicht zu weniger Verunsicherung bei! Sie sind unter Umständen, würde ich meinen, eher dazu angetan, dass sich noch mehr Menschen fürchten, als sie es vielleicht ohnedies schon auf Grund der gegebenen problematischen Generationen-, Vertrags- oder demographischen Lage tun müssen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Daher bitte auch Vorsicht bei der Sprache!

Wir sollten meiner Meinung nach mit Fakten antworten. Diese Fakten sind völlig klar und eindeutig: Österreich wird vor und nach der Reform das bestausgestattete Pensionssystem der Welt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir geben 14,5 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts für Pensionen aus, nach uns kommt Italien mit fast 14 Prozent, Griechenland mit 12,5, Frankreich mit 12, Deutschland mit 11,8 Pro­zent. Daran wird sich im Wesentlichen, einige Zehntelprozent auf oder ab, nichts ändern.

Daher tun wir doch nicht so, als ob plötzlich der Untergang unseres erfolgreichen Sozialsystems auf dem Programm stünde! Ganz im Gegenteil: Wenn wir jetzt handeln, dann sichern wir tatsächlich eine gute, solide Altersvorsorge, nicht nur für die jetzigen Generationen, sondern auch für die kommenden.

Die zehn Punkte, die ich hier nochmals ganz kurz darstellen will, die Eckpunkte dieser Reform sind, wie ich meine, bei den meisten Menschen unbestritten. (Ruf bei der SPÖ: Was ist mit den Abfangjägern?)

Erstens: Keine Eingriffe in die zwei Millionen bestehenden Pensionen. – Das ist, glaube ich, sehr wichtig, fair und gerecht! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Wer jetzt schon in Pension gehen könnte, aber lieber länger arbeiten will, wird durch diese Reform keinerlei Nachteile haben. Für den ändert sich gar nichts, keine Abschläge, keine erweiterten Durchrechnungszeiten, nichts.

Dritter Punkt – für die älteren Mitarbeiter sehr wichtig –: Die Altersteilzeit wird verlängert. Für die Zukunft erwarten wir allerdings, dass die Betriebe, die sie in Anspruch nehmen, auch wiederum Ersatzarbeitskräfte mit einstellen, was übrigens auch von den Sozialpartnern immer wieder gemeinsam angeregt wurde.

Vierter Punkt: Die Kinderbetreuungszeiten werden wesentlich besser als zuletzt anerkannt, und Frauen werden drei Jahre pro Kind bei der Durchrechnung abgezogen. Durch die Begrenzung der Verluste, Deckelungen, werden wirkliche Härtefälle vermieden. Die Verlängerung des Durchrechnungszeitraums erfolgt über 25 Jahre.


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Da sage ich jetzt noch etwas dazu, weil Ihr Beispiel wiederum die berühmten 40 oder 50 Pro­zent minus bringt: Herr Abgeordneter Cap, ich finde das intellektuell nicht redlich. Sie wissen genauso gut wie wir, dass wir mit dem neuen individuellen Pensionskonto ein neues System wollen, das dann nach dieser Übergangszeit für die Deckelungen in Kraft treten soll. Ich habe aber überhaupt kein Problem, das auch in das Gesetz so hineinzuschreiben. Da wird es keine Lücke geben zwischen 2028 und dem individuellen Pensionskonto. So ist es gemeint, und so wird es auch exekutiert. Daher hören Sie auf mit diesen Beispielen mit minus 40 und minus 50 Prozent! Diese sind unseriös und entsprechen nicht der Realität! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Fünftens: Die Frühpensionen laufen schrittweise in zehn Jahren bis 2013 aus, das heißt zehn Jahre Übergang, und die Erhöhung des Steigerungsbetrags, die ja auf einmal erfolgt ist, von 1,78 auf 2 Prozent, also eine Pensionserhöhung im Jahr 2000, die niemand honoriert hat und die auch nicht sinnvoll ist, wird jetzt in drei Jahren nach dieser Übergangsphase wiederum zurückgenommen.

Gleichzeitig – sechster Punkt – beschließen wir ein Maßnahmenpaket für ältere Arbeitnehmer mit einer massiven Verbilligung der Lohnnebenkosten für Ältere: 6 Prozent, wenn eine Frau über 56 oder ein Mann über 58 Jahre alt ist, und für über 60-Jährige sogar 12 Prozent. Alle über 50-Jährigen erhalten einen Rechtsanspruch auf Schulung. Die Altersteilzeit – schon erwähnt – besteht weiter.

Siebentens: Wer bis 2007 40 oder 45 Beitragsjahre hat, kann weiterhin mit 55 oder 60 Jahren in Pension gehen. Ab 2007 wird es für Schwerarbeiter in diesem Bereich sogar ein Dauerrecht geben. (Abg. Öllinger: Nein, das können Sie gar nicht!) Ich halte das für eine großartige Idee, die der Vizekanzler entwickelt hat, zu der wir zu 100 Prozent stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: Mit der Vorbereitung der Zusammenführung der verschiedenen Pensions­systeme wurde bereits begonnen. Das wird ein Hauptthema im Herbst sein. Sie sind herzlich dazu eingeladen, hier mitzuarbeiten. Und es wird nicht verdrängt oder verschoben, sondern das ist uns ein absolut wichtiges Anliegen.

Und zehntens: Alle Maßnahmen werden eins zu eins plus einen spürbaren Solidaritätsbeitrag auch auf Politikerpensionen angewandt.

Ich glaube, dieses Zehn-Punkte-Programm ist eines, über das man fair und offen hier im Hohen Haus diskutieren kann und diskutieren soll, meine Damen und Herren. (Ruf bei der SPÖ: Soll!) – Ja, soll, selbstverständlich. Daher bitte auch herauszukommen und hier zu reden!

Wir brauchen uns nicht gegenseitig zu beschimpfen. Das ist nicht der Stil, und das hat auch gar keinen Sinn. Aber ganz konkrete Argumente sind hier jederzeit willkommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt ja viele Experten, die sich in diesen Tagen zu Wort melden. Einer ist ganz interessant, nämlich Christopher Prinz, der innerhalb der OECD in Paris einer der Spitzenexperten für das Pensionsrecht ist. Er hat in diesen Tagen diese Reform, die ich gerade skizziert habe, be­schrieben. Er sagt: Man sollte „nicht länger zuwarten, weil die bestehenden Regelungen selbst die extrem niedrigen Erwerbsquoten von Personen über fünfzig Jahren wesentlich mit be­dingen.“ Vielfach werden die kurzen Übergangsfristen kritisiert. Er sagt aber, diese Fristen seien „durchaus zumutbar“. „Denn es gilt: Je rascher die Reformmaßnahmen greifen, desto fairer wäre die Behandlung unterschiedlicher Generationen und desto geringer die übermäßige Be­lastung für die heute unter 35-Jährigen.“ Er sagt weiters: „Die Ausdehnung der Durchrechnung von 15 auf vierzig Jahre ist das eigentliche Kernstück der Reform – und eine jahrelange Forde­rung praktisch aller Experten.“

Ich glaube, dass man auf einer solchen Basis durchaus diskutieren kann, und man wird draufkommen, dass eigentlich viele Beispiele, viele Befürchtungen, die Sie hier gebracht haben, einfach der Realität, dem Realitätscheck, dem Realitätstest nicht entsprechen.


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Meine Damen und Herren! Wir sehen aber – das ist gegenüber den vergangenen drei Jahren interessant – jetzt schon, dass die Maßnahmen, die wir im Jahr 2000 ergriffen haben, wirken, und zwar nicht, wie Sie behauptet haben, indem wir eine Rekordarbeitslosigkeit haben. Josef Cap, ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang die Zahlen in Erinnerung rufen:

Wir hatten am 1. Mai 2003 immerhin um 300 Arbeitslose weniger als im Jahr 1999. Von einer Rekordarbeitslosigkeit kann daher nicht die Rede sein.

Wir hatten in den Jahren 1996 bis 1999 immer höhere Arbeitslosenraten als derzeit. Es gibt ins­gesamt derzeit sogar 90 000 Arbeitsplätze mehr als im Jahr 1999. (Abg. Gradwohl: McJobs!)

Wenn Sie jetzt die älteren Mitarbeiter hernehmen – das war Ihre Befürchtung –, dann darf ich Ihnen sagen, wir haben heute um 26 000 Menschen, die über 55 Jahre alt sind, mehr in Be­schäftigung als im Jahr 1999. Die Zahl der Arbeitslosen ist aber nur um 2 000 höher. Das heißt, auch da zeigt sich sehr deutlich, dass die Maßnahmen, die zu einer stärkeren Erwerbsfähigkeit Älterer geführt haben, absolut sinnvoll sind. Wir wissen auch, dass laut Studien des Wirt­schaftsforschungsinstituts ein Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften in den nächsten Jahren entstehen wird.

Meine Damen und Herren! Eines möchte ich hier in aller Deutlichkeit klarstellen: Wir werden mit der Pensionssicherungsreform nicht 2 Milliarden € einsparen, wie Sie behaupten, es werden bestenfalls 500 bis 600 Millionen netto gerechnet sein. Daher ist es schon einmal von der Zahl her absurd, dass man irgendetwas, das 2 Milliarden kosten würde, damit finanzieren kann.

Ich garantiere aber, dass kein einziger Euro aus einem Sozialbudget etwa für die notwendigen Sicherungsaufgaben im Bereich des Bundesheeres oder der Exekutive verwendet werden wird. Das ist doch gar keine Frage, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Eines geht nicht, dass man sich nämlich von der Geschichte derartig schnell verabschiedet. Mein Amtsvorgänger, Bundeskanzler Klima – er wird Ihnen nicht ganz fremd sein, selbst wenn er jetzt weit weg von Österreich ist –, hat immerhin in einer Sitzung des Landes­ver­teidi­gungsrates im November 1998 öffentlich erklärt: Ja, die Nachfolgeentscheidung für die Luft­raumüberwachungsflugzeuge – der Begriff stammt nicht von mir, sondern vom Altkanzler Alfred Sinowatz und seinen Nachfolgern – wird Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein.

Wir hatten in der vergangenen Legislaturperiode einen zwar nicht von allen unterschriebenen, aber gemeinsam ausverhandelten Vertrag, dass wir die Luftraumüberwachung ernst nehmen. Die vorige Bundesregierung hat diese Aufgabe gemacht. Der Rechnungshof hat zwei Teile der Überprüfung angeordnet. Die erste Überprüfung liegt bereits vor, dabei ging es um die Frage der Ausschreibung und um die Frage der Planung. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass die Ausschreibung gelenkt gewesen wäre, so sagte Rechnungshof-Präsident Fiedler am 1. Oktober 2002

Ich sage auch dazu: Im Lichte der Irak-Krise hat es sich geradezu (Ruf bei der SPÖ: Ist vorbei!) am Modellfall gezeigt, wie wichtig es ist, dass ein Land wie Österreich immerhin noch eine funktionierende Luftabwehr und Luftraumüberwachung hat. – Wir hatten seit dem 11. Septem­ber 2001 84 Mal Alarm, es wurden viele Überwachungs- und Identifikationsflüge durchgeführt, die dringend notwendig waren.

Ich glaube daher, wir sollten uns selbst nicht unterfordern. Es ist Aufgabe einer umfassenden Politik, darzustellen, dass wir viele Dinge gleichzeitig bewältigen können. Erstklassige Aus­bildung für unsere Jugend, sichere Arbeitsplätze durch vernünftige Investitionen und Rahmen­bedingungen für die Wirtschaft, Sicherheitsmaßnahmen für Exekutive und Bundesheer, ein gutes Gesundheits- und Pensionssicherungssystem gehören dazu. Man soll nicht das eine gegen das andere ausspielen. Gute Politik muss überall erfolgreich sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Zum Abschluss kommend: Ich meine, dass es auch richtig gewesen ist, dem Hohen Haus ein Trägergesetz vorzulegen, dass erst dann vom Nationalrat verabschiedet werden kann, wenn die Vertragsverhandlungen sowohl mit EADS als auch mit den wirtschaftlichen Gruppen, die die Gegengeschäfte offerieren, abgeschlossen sind, sonst könnten nämlich die zuständigen Minister für Verteidigung und Wirtschaft gar keine entsprechenden Verträge abschließen.

Das Hohe Haus wird selbstverständlich korrekt, umfassend und transparent über alle Vorgänge informiert werden, und es ist auch klar, dass eine solche Entscheidung vor dem Sommer fallen muss, denn – das wurde auch gesagt – die Preisangebote gelten bis zum 30. Juni. Ein weiteres Zuwarten ließe jedenfalls Schaden für den österreichischen Steuerzahler und damit für den Staat entstehen.

Ich bin der Ansicht, dass der Vorgang richtig ist. Sobald die Verträge unterschriftsreif sind, wird der Nationalrat oder der Landesverteidigungsrat informiert werden. Sie bekommen alle relevanten Informationen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Silhavy. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 6 Minuten ein. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.46


Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, wir sollen das eine nicht gegen das andere ausspielen. Aber genau das ist die Politik, die Sie machen, Sie spielen nämlich immer die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Lasten anderer Interessen aus. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Es kommt mir so vor – nicht nur, weil Sie hier erhöht sitzen oder vorher gestanden sind –, als wären Sie auf einer Bühne, denn Sie spüren die Realität und die Betroffenheit der Menschen nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie sprechen von Umsicht, von zukunftsorientiert und von Dialog. Sie führen weder den Dialog mit den Sozialpartnern noch mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes (Abg. Dr. Trinkl: Weil sie nicht kommen!), wenn Ihre E-Mails als „ungelesen gelöscht“ zurückkommen.

Herr Bundeskanzler! Ähnlich ist es auch hier im Haus, wenn wir vom Austausch der Argumente reden. Eine Pensionssicherungsreform, wie Sie sie wortgewaltig nennen, wird in einem Budgetbegleitgesetz behandelt und nicht einmal im dafür zuständigen Ausschuss. So seriös sehen Sie also den Dialog, so seriös ist der Austausch der Argumente aus Ihrer Sicht. – Herr Bundeskanzler! Das ist nicht unsere Politik. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie haben gesagt, genau das sei das richtige Signal, und gemeint, dass nun Impulse gesetzt würden. Wir fordern das seit Monaten. Wir haben während Ihrer Bundeskanzlerschaft die höchsten Arbeitslosenzahlen in Österreich. Wir haben im Jahresdurchschnitt des vergangenen Jahres um 40 000 arbeitslose Menschen mehr. Sie haben nichts getan, Sie haben zugeschaut, Sie haben keine Maßnahmen gesetzt. Sie bedrohen die arbeitslosen Menschen mit Ihrem Regierungsprogramm, indem Sie sagen, die Notstandshilfe werde in Zukunft abgeschafft.

Herr Bundeskanzler! Das ist blanker Zynismus, und das ist keine zukunftsorientierte Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wer sagt, dass die Notstandshilfe abgeschafft wird, Frau Kollegin? Wer sagt das?)


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Herr Bundeskanzler! Sie sprechen immer von Zukunft und vom Bereich Forschung und Bildung. (Abg. Scheibner: Das ist wirklich Angstmache, was Sie da betreiben! Sie wissen genau, dass das nicht stimmt, was Sie hier sagen!) Die Beamten sind auf einmal im Budget für Bildung und Forschung enthalten. (Abg. Scheibner: Sie verunsichern die Bevölkerung mit Ihren falschen Argumenten!)

Das sind keine Mehrkosten für Bildung und Forschung, sondern die Beamten sind in diesem Budget enthalten. Das ist wieder eine Mogelpackung, Herr Bundeskanzler! Das lassen wir so nicht im Raum stehen, das zeigen wir auf! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Es ist nicht nur eine Provokation, wenn Sie zeitgleich mit dem massivsten Sozialabbau in dieser Zweiten Republik betreffend die Pensionen und das Gesundheitswesen den Ankauf von sündteuren Abfangjägern beschließen, sondern das ist eine völlig abgehobene, eiskalte und menschenverachtende Politik. Dagegen wehren wir uns und mit uns auch viele Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben wieder schönzureden versucht. Sie wissen ganz genau, die so genannte Hackler-Regelung – der Ausdruck gefällt uns nicht, aber der ist offensichtlich von der FPÖ geprägt (Zwischenruf des Abg. Zweytick) – hält bis 2006, ab 2007 gelten dann 56,5 beziehungsweise 61,5 Jahre. Ab dem Jahre 2007 kommen durch die Änderung des Steige­rungsbetrages 11 Prozent und durch die Erhöhung der Abschläge auf 4,2 Prozent jedenfalls Verluste hinzu. (Abg. Scheibner: Dass das eine Dauerregelung ist, die „Hackler-Regelung“, das vergessen Sie!) All das ist eine Mogelpackung, Herr Bundeskanzler! Das sagen sogar Ihre eigenen Vertreter von ÖAAB und FCG. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Die Frauen werden von Ihnen überhaupt verschaukelt. Da heißt es großartig, die Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten wird bis 2028 um 150 Prozent angehoben. Ja, was heißt das? (Abg. Scheibner: Auf 150!) – Auf 150 Prozent, genau, noch besser! Genau das ist der wahre Grund. Es heißt nicht um 150, sondern nur auf 150 Prozent. Da sind wir bei ungefähr 1 000 € im Jahr 2028. (Abg. Scheibner: Wir wollen exakt sein, Frau Kollegin!) Dann sind wir genau bei dem Wert, den wir heute haben. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.) Das bewerten Sie als Verbesserung? – Das ist ungerecht, unfair und unsozial, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade junge Menschen verlieren dramatisch wegen der unsozialen Durchrechnung. Wenn Sie sagen, im Jahr 2028 werde es das neue Pensionssystem geben, dann frage ich Sie, meine Damen und Herren (Abg. Neudeck: Da braucht man eine Stunde für die tatsächliche Berichtigung!), die Sie hier das offensichtlich beschließen wollen: Warum beschließen wir nicht im Herbst ein System, das gleich eine gesamte Pensionsreform ist, wenn die Maßnahmen ohnedies erst ab 2004 zum Tragen kommen? (Abg. Scheibner: Das können wir machen!) Wir hätten Zeit dazu. Aber Sie wollen es nicht. Warum wollen Sie es nicht? – Weil Sie das Geld aus dem ASVG-Bereich für Ihr Budget und die Abfangjäger brauchen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Hören Sie einmal zu, wenn etwas gesagt wird! – Zwischenrufe der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Meine Damen und Herren! Sie schaffen die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit ab. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) 12 000 Menschen sind davon betroffen. Sie machen nichts! (Abg. Scheibner: Welcher Sekretär hat Ihnen das aufgeschrieben? Das soll ein Diskurs sein?!) Sie schaffen ein Altersarbeitsübergangsgeld. Das Altersarbeitsüber­gangs­geld ist keine Ersatzlösung, das wissen Sie ganz genau. Sie lassen diese Menschen im Stich, für die Sie vorher schon nichts getan haben. Das ist keine zukunftsorientierte Politik, und diese lehnen wir daher ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Menschen spüren die Absicht, die hinter Ihrer Politik steht. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Wurm und Scheibner.) Es geht nicht um Pensionssicherung, sondern um Sozialdemontage. Sie verabschieden sich zunehmend vom Sozialstaat, stattdessen investieren Sie in Kampfflugzeuge. Das ist Zynismus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Bundeskanzler! Da helfen Ihnen die schönsten Wortkreationen nicht. Da helfen Ihnen – wahrscheinlich auch wieder von den Steuerzahlern bezahlte – Prospekte überhaupt nichts.

Ich möchte mit einem Zitat enden, das nicht von mir stammt, sondern von Herrn Erwin Zankel von der „Kleinen Zeitung“, die nicht als uns besonders nahe stehend gilt:

Dem Bundeskanzler wurde vor Augen und Ohren geführt, dass er seine Grenze erreicht und diese auch schon überschritten hat. So kaltschnäuzig kann man mit großen Teilen der Bevölkerung nicht umgehen. – Zitatende.

Wie wahr, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Kopf. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 8 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.53


Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap, der nächste Wahltag kommt bestimmt! (Abg. Mag. Wurm: Für Sie!) Aber das Wahlverhalten der Menschen wird von einem ganz besonders bestimmt werden, nämlich vom Faktor Vertrauen. Ich sage Ihnen: Vertrauen. (Ja-Ruf und demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Wurm.)

Sie haben vielleicht dem Herrn Finanzminister heute zugehört. Er hat in seiner hervorragenden Budgetrede (Abg. Öllinger: Ja, Grasser-Schüler! Sie können sich schon wieder setzen!) neben vielen anderen richtigen Punkten einen guten Satz geprägt, als er gesagt hat: „Vertrauen ist ungeheuer wichtig – im gesellschaftlichen, im wirtschaftlichen und im politischen Miteinander.“ (Abg. Öllinger: Wunderbar, schön, wiederholen!) „Vertrauen erwirbt man durch Handeln, wenn Handlungsbedarf besteht, und durch Festhalten an den gesteckten Zielen – manchmal auch gegen Widerstände.“ (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Wunderbar!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie immer noch zu denen gehören, die glauben, dass wir keinen Handlungsbedarf haben (Abg. Dr. Wittmann: Sehr spärlich!), dann sei Ihnen noch einmal ganz kurz Folgendes in Erinnerung gerufen: Die Geburtenzahlen sind gesunken, nicht zuletzt in der Zeit, in der Sie Bundeskanzler und Sozialminister gestellt haben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Die Geburtenzahlen stagnieren und steigen erst wieder ganz leicht an, seitdem wir von ÖVP und FPÖ Familienpolitik machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Die Lebensarbeitszeit beträgt inzwischen 37 Jahre, früher waren es 42 Jahre. (Abg. Dr. Matznetter: Daran sind wir auch schuld!) Die Pensionsbezugsdauer ist von 8,3 Jahre auf 20 Jahre gestiegen. Beim Pensionsantrittsalter sind wir inzwischen so weit, dass nur noch 3 Prozent der Bevölkerung überhaupt im Regelpensionsalter, zum gesetzlichen Pensionsalter von 65 oder 60 Jahren in Pension gehen. (Abg. Dobnigg: Jeder Zweite geht von der Arbeits­lose oder vom Notstand in die Pension!)

Wir sind inzwischen bei 32 Milliarden Gesamtaufwand für unsere Pensionen. Das sind 15 Pro­zent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist Weltrekord, meine Damen und Herren!

Wir müssen auch – das müssen wir uns eingestehen – inzwischen 5,5 Prozent des Brutto­sozialprodukts aus dem Budgettopf nehmen (Abg. Verzetnitsch: Für wen?) als Kofinanzierung, als Zuzahlung zu den Pensionen. Auch dieser Wert ist zumindest in Europa Rekord. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Was machen Sie, meine Damen und Herren? – Sie glauben, Vertrauen erringen zu können bei den Menschen, indem Sie diese Probleme verdrängen? Denken Sie nicht auch an die Folgen, die wir in zehn, in 20, in 25 Jahren auf Grund des Verdrängens und Nichthandelns zu tragen hätten? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)


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Wir können es uns aussuchen, Herr Matznetter: Entweder verdoppelt sich der Bundeszuschuss bis 2030 oder die Beitragssätze steigen um 50 Prozent, oder die Pensionen sind um 45 Prozent zu kürzen, oder das Antrittsalter ist um elf Jahre anzuheben. Wollen Sie das? (Abg. Eder: Das ist lauter Unsinn!)

Ich könnte aber noch damit leben, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie nur das Problem verdrängen wollten und uns unsere Arbeit machen ließen. Aber Sie konterkarieren das, was wir zu tun haben, nämlich bei gegebenem Handlungsbedarf auch zu handeln, noch dadurch (Zwischenrufe bei der SPÖ), dass Sie Unwahrheiten verbreiten, den Menschen Angst machen, dass Sie den Wirtschaftsstandort schädigen und politische Streiks anzetteln und dass Sie auf sehr populistische Art und Weise polemisch einen Verteilungskampf um begrenzte Budgetmittel anzetteln.

Da Sie es mir nicht glauben, bringe ich erstens einige Beispiele zu Unwahrheiten. Auf Seite eins Ihres Dringlichen Antrages behaupten Sie, dass die Pensionssicherungsreform für Personen mit 45 Beitragsjahren mindestens 18 Prozent weniger Pension bringe. Auf Seite zwei widerlegen Sie das selbst, da Sie ein Beispiel anführen, wonach jemand mit 45,5 Beitragsjahren nur 9 Pro­zent verliert. Ja, was stimmt jetzt? – Vermutlich beides nicht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.)

Zum Zweiten, meine Damen und Herren: Kollegin Silhavy behauptete vorhin, wir wollen die Notstandshilfe abschaffen. – Das ist eine Halbwahrheit! Tatsache ist, dass im Regierungs­programm steht, dass sie umgewandelt werden soll. Tatsache ist aber auch, dass sie ohne materielle Verschlechterung für die Betroffenen umgewandelt werden soll. (Abg. Mag. Pram­mer: Das steht nicht drinnen! – Abg. Gradwohl: Wo steht das?)

Das ist eine bewusst verwendete Halbwahrheit, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Ihr macht aus einer Versicherungsleistung eine Bittsteller­leistung!)

Weiters zur Schädigung des Wirtschaftsstandortes durch Streiks: Sie nehmen Unbeteiligte, in diesem Fall die Wirtschaft, die Unternehmer als Geiseln, zetteln einen Streik an, der inzwischen unsere Volkswirtschaft 100 Millionen € gekostet hat und kündigen jetzt sogar noch – Kollege Bittner von der Druckergewerkschaft meinte das – an: Wenn das alles nichts nützt, dann werden wir bei den Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst mögliche Verluste der Pen­sionisten einfordern.

Das heißt, Sie gehen sogar noch her und sagen, wenn der, von dem ich das Lösegeld fordere, nicht bezahlt, dann verlange ich es von der Geisel. Das ist eine Unverschämtheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie gehen sogar noch weiter: Sie blockieren den Betrieb einer Abgeordnetenkollegin dieses Hohen Hauses mit dem Hinweis darauf, sie sei Mitglied einer Regierungspartei und vertrete diese Pensionsreform. Sie machen wirtschaftlichen Druck auf frei gewählte Abgeordnete. Das ist ein demokratiepolitischer Skandal ersten Ranges! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Ungeheuerlich!)

Meine Damen und Herren, nun zur populistischen Agitation in einem Verteilungskampf. Budget­mittel, die wir dem Pensionssystem zuschießen, sind Steuermittel. Steuermittel müssen erwirt­schaftet, verdient werden, vor allem in der Wirtschaft. Aber wir haben auch andere Aufgaben in unserem Staats­system: Bildung, Infrastruktur, Forschung und Entwicklung, Sicherheit. Für alles bräuchten wir in Wirklichkeit mehr Geld.

Sie stellen jetzt einen Dringlichen Antrag und betiteln ihn mit „Pensionsraub für Abfangjäger“.

Meine Damen und Herren! Zunächst: Mit dem Wort „Pensionsraub“ kann ich nichts anfangen, ich werde in der Folge das Wort „Pensionsreform“ verwenden.


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Es gibt natürlich unterschiedlich populäre Staatsaufgaben, das gebe ich gerne zu. Die Ver­teidigung und die Sicherheitsaufgaben mögen nicht zu den populärsten, aber mit zu den not­wendigsten gehören. Abgewandelt könnten Sie den Titel Ihres Dringlichen Antrags genauso gut „Pensionsreform für Bildung“, „Pensionsreform für Forschung“ oder „Pensionsreform für In­frastruktur“ nennen. Sie spielen damit notwendige Staatsaufgaben gegeneinander aus, und ich sage Ihnen Folgendes: Wir machen diese Pensionsreform nicht für Bildung, nicht für Ab­fangjäger, nicht für Infrastruktur, sondern für die Sicherheit der Pensionen. – Das ist es, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss noch einmal einen Teil des erwähnten Zitats von Finanzminister Grasser: „Vertrauen erwirbt man durch Handeln, wenn Handlungsbedarf besteht.“ – Wir halten uns daran! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

16.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 10 Minuten. – Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort.

16.01


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe schon sehr viele Dringliche Anträge in diesem Haus gehört, aber einen, der so unsachlich ist, der von solchen Falschinformationen unterlegt ist und der so aufhetzerisch ist, habe ich in diesem Haus noch nicht erlebt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Begründung des Antragstellers erfolgt dann auch noch in einer kabarettreifen Weise, die lustig sein soll, über die aber niemand lachen kann – pflichtgemäß lachen und applaudieren die Sozialdemokraten, aber sonst kann wirklich niemand lachen, denn mit einer derartigen Begründung verhöhnen Sie das Parlament und stellen selbst Ihren eigenen Antrag in Frage, Herr Abgeordneter Cap! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Zuerst einmal möchte ich mich damit auseinander setzen, dass Sie in Ihrem Antrag – und das tun Sie ja auch in der politischen Argumentation – immer wieder den Kauf beziehungsweise den beabsichtigten Kauf von Abfangjägern der Pensionsreform beziehungsweise dem Pensions­recht gegenüberzustellen. Dazu möchte ich Ihnen sagen: Egal, wie man zu den Abfangjägern steht, ob man glaubt, Österreich braucht sie oder Österreich braucht sie nicht, diese gegen­seitige Aufrechnung ist ganz einfach politisch unzulässig.

Der Staat, die Regierung hat verschiedene Aufgaben, unter anderem die Verteidigung, die Bildung, das Soziale und so weiter. Es geht ja auch nicht, dass morgen plötzlich jemand kommt und sagt, wir brauchen die Kultur nicht, wir brauchen die Staatsoper nicht, ersparen wir uns doch täglich eine Million Zuschuss an die Staatsoper und nehmen wir das Geld, um Sozial­belange oder sonst irgendetwas zu finanzieren! Lassen Sie das gegenseitige Aufrechnen bitte bleiben, es ist ganz einfach unseriös! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Übrigen geht es ja bei der beabsichtigten Pensionsreform nicht darum, dass für irgend­welche Staatsausgaben das Geld zusammengekratzt wird, sondern es geht darum, das Budget und die Pensionen zu konsolidieren, weil sich herausgestellt hat, dass es mit dem alten System nicht möglich ist, eine langfristige Absicherung der Pensionen zu regeln.

Ich meine, das müssen Sie sich doch auch einmal vor Augen führen! Aber Sie wissen es ja ohnehin, nur Sie glauben, dass Sie mit dieser permanenten Verunsicherung der Bevölkerung politisches Kleingeld schlagen können.

Mir ist eigentlich nicht ganz klar, warum Sie von der SPÖ mit aller Macht die Bevölkerung ver­unsichern. Entweder ist es deshalb, weil Sie es jahrzehntelang verabsäumt haben, diese Pensions­reform durchzuführen, die jetzt in Angriff genommen werden muss, weil Sie selbst sie verschleppt haben, als Sie noch Bundeskanzler und Sozialminister gestellt haben, oder, weil


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Sie ganz einfach politisches Kleingeld aus dieser Pensionssicherungsmaßnahme schlagen wollen, die für die Bevölkerung zwar schmerzhaft, aber notwendig ist. – Aber wahrscheinlich stimmt beides, und beides ist ganz einfach gleich verwerflich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben – so wie wir alle – vom Finanzminister gehört, was ohnehin jeder weiß, was ei­gentlich eine Binsenweisheit ist: Niemand kann auf Dauer mehr ausgeben als einnehmen. Das gilt natürlich auch für den Staat. Was jeder für den privaten Haushalt weiß, das soll plötz­lich für den Staat nicht mehr gelten? – Das muss man der Bevölkerung auch klarmachen. Ich bin überzeugt davon, dass das jeder versteht. Herr Abgeordneter Cap hat gesagt, wir sollen zu der Bevölkerung gehen und mit den Leuten reden. – Das tun wir ja auch, und die Leute sehen ein, dass es notwendig ist, einschneidende Maßnahmen zu treffen, weil sie während der letzten 20 Jahre nicht getroffen wurden. (Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Ihr habt euch zehn Jahre versteckt vor der Bevölkerung!)

Es ist schon angeschnitten worden: Österreich hat das teuerste Pensionssystem der Welt und leider ein System, durch das die Pensionen bis ins Jahr 2020 oder 2030 nicht gesichert sind. Selbst unverdächtige Sachverständige, zum Beispiel aus der Arbeiterkammer, haben fest­ge­stellt, dass innerhalb der nächsten 40 Jahre entweder die Beiträge um 53 Prozent erhöht wer­den müssten oder die Pensionen um 45 Prozent gesenkt oder das Pensionsantrittsalter um zehn Jahre erhöht, wenn die Pensionsreform nicht durchgeführt wird.

Was glauben Sie, wie lange das gut geht? Wie lange, glauben Sie, werden sich die dann arbeitenden Menschen das gefallen lassen, dass sie die Hälfte ihres Einkommens abliefern müssen, damit die Pensionisten zu ihrer Pension kommen? Dann wird der Generationenvertrag sicher auseinander brechen, und das wollen wir verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir wollen keine Politik machen, die gerade von heute auf morgen hält, sondern wir wollen eine Politik machen, durch die die jungen Menschen, die heute ins Arbeitsleben eintreten, auch noch mit einem gewissen Vertrauen auf ihren Lebensabend schauen können und wissen, dass diese Generation, die jetzt in der Regierung ist, auch dafür Verantwortung getragen hat, dass es ihnen auch noch gelingt, zu einer Pension zu kommen.

Die heutige Generation, die eben die Regierung stellt, muss den nötigen Weitblick haben und muss auch alles Mögliche tun, damit die heute jungen Menschen auch noch im Jahr 2020 und im Jahr 2030 einen Pensionsanspruch haben.

Wie unseriös Ihr Dringlicher Antrag ist, das geht auch schon aus dem ersten Satz hervor. Sie schreiben, es werde eine massive Belastung für kranke Menschen geben, durch unsoziale Selbstbehalte. Das einzig Richtige an diesem Satz ist, dass es eine Ermächtigung für den Hauptverband der Sozialversicherungsträger gibt, einen Selbstbehalt einzuführen. Wie hoch er ist, in welcher Form er kommt, das steht überhaupt noch nicht fest (Abg. Mag. Kogler: Das Einzige, was feststeht, sind die Abfangjäger!), und Sie behaupten bereits jetzt, dass er unsozial sein wird, dass die kranken Menschen massiv belastet werden.

Das ist Ihre Erfindung, und ich finde das eigentlich schäbig – ich weiß nicht, ob ich dafür einen Ordnungsruf erhalte, aber ich bekenne mich zu dieser Formulierung –, dass Sie eine derartige Verunsicherung hier im Parlament betreiben und das auch noch hinaustragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Schon jetzt ist sichergestellt, dass die chronisch Kranken, die sozial Schwachen und die Kinder nicht unter diesen Selbstbehalt fallen. Nehmen Sie das doch wirklich zur Kenntnis und verbreiten Sie nicht weiterhin solche unwahren Behauptungen!

Wissen Sie, das erinnert mich an Folgendes: Als das Kabinett „Schüssel I“ ins Amt getreten ist, war auch von Selbstbehalten die Rede, und Herr Kostelka, damals Klubobmann der Sozialdemokratischen Partei, hat im Fernsehen in der Sendung „Offen gesagt“ behauptet, jeder


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Österreicher müsste bei einer Operation einen Selbstbehalt leisten. (Ruf bei den Freiheitlichen: Pfui!) – Kein Wort davon war wahr! Eine reine Erfindung! Nichts davon ist eingetreten. Herr Kostelka ist nicht davor zurückgeschreckt, die Bevölkerung derartig zu verunsichern. (Abg. Dr. Matznetter: Er hat sie richtig informiert!) Das ist wirklich absolut unseriös.

Sie haben es seit damals beibehalten, falsch zu informieren. Wahrscheinlich stimmt das, was Herr Abgeordneter Cap gesagt: Man schwindelt sich durch bis zur Matura. Er hat es wahr­scheinlich getan, die sozialdemokratischen Kollegen ebenfalls, deshalb stehen Sie dazu, dass man auch weiterhin die Bevölkerung anschwindelt, nur weil es einem halt in den Kram passt. Ihre politische Strategie ist es offensichtlich, die Bevölkerung zu verunsichern, aber weit sind Sie damit nicht gekommen, denn Ihre Oppositionspolitik wird nirgendwo gelobt. Jeder prangert sogar an, dass Sie eine schlechte Oppositionspolitik machen, was mich nicht wundert, weil Sie nie­mals mit einem konstruktiven Plan kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Muttonen: Unterstellung!)

Sie legen ja niemals etwas in der Form vor, dass Sie sagen, so sollte man das machen!

Dann möchte ich noch etwas zur „Hackler-Regelung“ sagen (Abg. Gaál: Es gibt keine „Hackler-Regelung“!): In Ihrem Dringlichen Antrag haben Sie gerade das ungünstigste Beispiel heraus­gepickt, das jetzt schon zu Ungerechtigkeiten beziehungsweise zu einschneidenden Maß­nahmen führt, und jetzt behaupten Sie, generell würde die „Hackler-Regelung“ verschlechtert. – Bis 2007 gibt es diese „Hackler-Regelung“ unverändert, und dann gibt es eine Dauerregelung für Menschen, die wirklich schwer arbeiten. Das ist, finde ich, auch richtig. (Abg. Silhavy: Der Dolinschek hat gesagt, es ist ihm zu kurz bis 2007! – Abg. Dr. Bösch: Das ist ja zulässig!) Die Menschen, die schwer arbeiten, sollen auch pensionsrechtlich besser gestellt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die größte Unverfrorenheit aber sehe ich darin, dass Sie der Regierung den Vorwurf machen, sie hätte jetzt kein gemeinsames Pensionsrecht durchgebracht. 50 Jahre lang haben die Sozialdemokraten fast durchwegs den Sozialminister gestellt – und sie haben es nicht zu Wege gebracht, da eine Harmonisierung durchzuführen! (Abg. Mag. Mainoni: Nichts zusammengebracht!) Und jetzt verlangen sie das von uns.

Sogar Herr Kollege Verzetnitsch hat zugeschaut, wie die ÖBB-Angestellten und -Arbeiter mit 54 Jahren in Pension gehen – und Sie haben alle während der letzten 50 Jahre nichts unter­nommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Verzetnitsch: Jetzt reduzieren sie es auf 52!) Und wir sollen jetzt in drei Jahren das komplette System reformieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spielen Sie sich bitte nicht so auf, als ob Sie die Bevölkerung schützen würden! (Abg. Gaál: Wir haben es getan!) In Wirklichkeit gehört die Bevölkerung vor Ihrer Verunsicherungskampagne geschützt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich erinnere an die Bestim­mungen der Geschäftsordnung: In 2 Minuten soll der zu berichtigende Sachverhalt dargestellt werden – und dann der richtige. Bitte keine politische Grundsatzrede. – Bitte.

16.12


Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kopf hat gerade vorhin behauptet, der Kauf von Abfangjägern sei eine notwendige Staatsaufgabe. – Diese Behauptung ist unrichtig! (Abg. Scheibner: Das ist doch keine tatsächliche Berichtigung! Das ist ungeheuerlich! Missbrauch der Geschäftsordnung!)

Richtig ist, dass die notwendigen Staatsaufgaben in der Bundesverfassung abschließend geregelt sind. Der Kauf von Abfangjägern ist in der Bundesverfassung mit keinem Wort er­wähnt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mainoni: Ein Unjurist! – Abg.


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Scheibner – in Richtung des das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Puswald –: Jetzt werden Sie nie nach vorne rücken! So bleiben Sie immer in der letzten Reihe sitzen!)

16.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, das war sicherlich keine tatsächliche Berichtigung. Das nächste Mal werde ich in so einem Fall einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Öllinger. Wunschgemäß spricht er 7 Minuten. – Bitte.

16.13


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bemerkenswert bei der Rede des Herrn Bundeskanzlers habe ich gefunden, dass er sich – wörtlich – als „Zeitzeuge“ zur Ver­fügung gestellt hat: als Zeitzeuge für das Scheitern aller bisherigen Bundesregierungen seit 1986, wenn es um eine Pensionsreform gegangen ist. Das ist insofern bemerkenswert, als es schon eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand ist, als man meinen hätte können, die ÖVP sei offensichtlich überhaupt nicht in der Bundesregierung gewesen.

Sie, Herr Bundeskanzler, sind wenigstens als Zeitzeuge bei der Bundesregierung und deren Scheitern in Bezug auf die Pensionsreform tätig gewesen. Aber ich hätte mir schon etwas mehr Ehrlichkeit erwartet, Herr Bundeskanzler, auch was die Haltung der ÖVP in diesen Jahren betrifft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Ich kann mich noch sehr gut an die Pensionsreform von 1997 erinnern. Da hat man von Seiten der Bundesregierung, aber vor allem von Seiten der ÖVP so getan, als ob mit dieser Pen­sionsreform den Beamten ihr eigenständiges Pensionssystem durch den höheren Beitrag gesichert wäre. Die Beamten konnten zu Recht davon ausgehen, dass die Versprechen, die die Bundesregierung gemacht hat, auch eingehalten werden. Nur: Dem war nicht so!

Dann kam eine Pensionsreform 2000, und jetzt kommt eine Pensionsreform 2003, wo noch immer diese Frage der Harmonisierung offen ist. Sie beschließen jetzt eine Pensions­sicherungsreform, und die Bundesregierung sagt: Liebe Opposition, wo sind denn eure Kon­zepte? – Aber Sie selbst liefern kein Konzept ab, wie denn tatsächlich die Harmonisierung der Pensionssysteme aussehen soll.

Ja wo ist denn Ihr Konzept? Wo liegt denn Ihr Konzept über ein Pensionskonto vor? – Ich habe noch nichts von dem gesehen und gelesen, was Ihre Vorstellungen ab 2028 sind! (Abg. Dr. Fasslabend: Sicher! – Abg. Kopf: Ist schon vorgestellt! – Abg. Mag. Molterer: Jetzt haben Sie es noch immer nicht gelesen!?) Sie glauben doch wohl selbst nicht, dass das, was Sie jetzt mit dieser Pensionssicherungsreform beschreiben, bereits das Pensionskonto der Zukunft ist! Das schaut anders aus, und das müssen Sie auch sauber vorbereiten, meine Damen und Herren! Genau das tun Sie aber mit dieser Reform nicht! Das ist keine saubere Reform, sondern das ist eine Abzockerpartie! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, zweiter Punkt: Sie zitieren in Ihrer Stellungnahme Herrn Christopher Prinz, einen Pensionsexperten, der viele Expertisen gemeinsam mit Herrn Marin gemacht hat, und Sie zitieren ihn positiv, als Ihren Zeitzeugen beziehungsweise Kronzeugen. (Abg. Dr. Fasslabend: Der Marin!) Nur: Das ist auch nicht ganz sauber, denn der Kommentar im „Falter“, den Herr Prinz geschrieben hat, ist durchaus ambivalent. Er schreibt das auch so, der Herr Prinz – ich zitiere –:

„Eine Bewertung der Regierungsvorlage zur Pensionsreform muss ambivalent ausfallen.“ – Das heißt soviel wie „doppeldeutig“: einerseits, andererseits. (Abg. Mag. Molterer: Das ist nicht korrekt übersetzt! „Ambivalent“ heißt etwas anderes!) – Herr Molterer! „Ambivalent“, doppel­wertig. Sind Sie zufrieden damit? (Abg. Mag. Molterer: Das ist schon etwas anderes!) – Aber das ist noch nicht exakt, und darum, glauben Sie mir, ich kann auch Latein ... (Abg. Mag. Molterer: Ich habe es nicht gelernt, aber ich kann’s!)


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Ich halte es jetzt mit Christopher Prinz und sage: Der wesentliche Punkt in seiner Stellung­nahme ist doch, was im Schlussabsatz steht. Dort heißt es – ich zitiere –: „Das wesentlichste Versäumnis der Reform ist die weitgehende Ausblendung der Situation von Frauen.“ – Diesen Befund erstellt Prinz aber nach den  kosmetischen Nachbesse­rungs­maß­nahmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der Punkt (Abg. Mag. Mainoni: Dramatisch! Die Stimme wird gesenkt, die Spannung steigt!): Sie trauen sich, hier zu behaupten, wir liefern eine saubere Reform, obwohl diese Reform für die jüngeren Menschen ab 2028 keine Ab­federungen mehr enthält! In der Ministerratsvorlage war noch enthalten: durchschnittlich 25 Pro­zent Verlust aus der Pension nach 2028. – Den Satz haben Sie herausgestrichen. (Abg. Dr. Fasslabend: Weil er falsch ist!) Sie haben aber das Ergebnis nicht herausstreichen können: 25 Prozent Verlust. Sie glauben wohl, durch das Herausstreichen von Sätzen diese Reform kaschieren zu können, die für die jüngeren Menschen, aber vor allem für die Frauen eine einzige Sauerei ist! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist der Stil! – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.)

Pensionen im Endausbau dieser Pensionsreform um bis zu 40 Prozent zu kürzen, das verträgt sich nicht einmal mehr mit dem Rest an sozialem Gewissen, das ich doch noch immer auch bei einer ÖVP vermute.


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, „Abzockerpartie“ war schon am Rande, „Sauerei“ ist auch am Rande. Würden Sie das bitte relativieren! (Abg. Dr. Partik-Pablé: „Sauerei“ ist nicht am Rande!)


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Schweinerei. – Mir fällt nichts anderes ein.


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen den ersten Ordnungsruf dieser Legislaturperiode. (Demonstrativer Beifall des Abg. Brosz.)


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Sie haben schon ver­standen, worum es bei dieser Pensionsreform geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Der Redner hält ein Informationsblatt der Regierung zum Thema Pensionsreform in die Höhe.) Wenn Sie von den Regierungsparteien noch dazu glauben, mit diesem Blättchen, in dem eines ums andere der gebrachten Beispiele falsch ist und das keineswegs eine Informationskampagne darstellt, die Leute in den nächsten Wochen tat­sächlich verunsichern und einlullen zu können, dann haben Sie sich getäuscht!

Ich bringe Ihnen eines Ihrer so genannten Beispiele. Während die Beispiele der SPÖ – und ich habe sie überprüft, ich bin bei jedem Beispiel misstrauisch – korrekt gerechnet waren, stimmen Ihre Beispiele hinten und vorne nicht. Da nehmen Sie einen Akademiker her, geboren 1961, mit 43 Beitragsjahren. Rechnen Sie doch bitte! Wenn der Akademiker schnell studiert hat, dann ist er mit 24 Jahren mit dem Präsenzdienst und dem Studium fertig. Da war er aber sehr schnell. Und „43 Beitragsjahre“ bedeutet, dass er bis 67 arbeiten muss. – Das bringen Sie als Beispiel dafür, dass jemand mit 65 nur knappe Nachteile hat?! Wissen Sie, dass Sie die Leute mit derartigen Unterlagen wirklich verschaukeln? Da stimmt ja hinten und vorne nichts! Das sind Ihre Beispiele. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Partik-Pablé, auch Sie haben den Fehler gemacht und daraus zitiert, so wie Herr Grasser offensichtlich daraus zitiert hat: Er hat sich auf ein Flugblatt der Arbeiterkammer Vorarlberg bezogen, das irgendwann einmal ein Flugblatt war und sich auf eine Studie der EU-Kommission bezieht, die irgendwann einmal eine Studie war, nämlich genau im Jahr 1991. Bei diesen Angaben wurde in Bezug auf Beitragssätze noch um 53 Prozent erhöht be­ziehungs­weise wurden Pensionen um 45 Prozent gekürzt oder wurde das Pensionsantrittsalter um elf Jahre erhöht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Situation hat sich aber nicht gebessert!)

Wenn Sie so vorgegangen sind, dann sollten Sie wissen, dass wir das, was von den Mitgliedern der Bundesregierung immer vorgeschlagen wird, dass nämlich die Berichte der Pensions-


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reformkommission studiert werden sollten, getan haben. – Darin kommt allerdings nichts davon vor! Darin wurde eigenständig die Entwicklung der Alterspensionen, Pensionslastquote et cete­ra gerechnet, und man kommt zu ganz anderen Ergebnissen als das alte Flugblatt, das sich auf eine Studie aus dem Jahr 1991 bezieht und mit dem Sie hausieren gehen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es hat sich an den Bedingungen ja nichts geändert!)

Die Pensionsreformkommission sagt: Im schlimmsten Fall müsste der implizite Beitragssatz – also Beiträge plus Bundesbeitrag – von derzeit 31,3 Prozent auf 44,4 Prozent angehoben wer­den. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht einmal Sie wissen das, Frau Kollegin Silhavy!)

Aber: Bei der Variante, die uns Bundesminister Grasser vorgibt, dass nämlich die Erwerbs­quote, die uns die EU vorgibt, steigen soll, trifft eher das zu, was die Pensionsreform­kom­mission als durchaus realistisches und anstrebenswertes Szenario bezeichnet hat: Bei einer wachsenden Bevölkerung und einer Erwerbsquote von über 80 Prozent steigt der Beitrags­satz – beides: Bundesbeitrag plus Beiträge der Versicherten – auf rund 32,6 Prozent, und das ist ein Plus von 3,6 Prozent.

Sie wissen genauso gut wie ich, dass es genügend Wifo-Studien dazu gibt, Sie ignorieren je­doch dieses Wissen genauso wie alle Zurufe aus der Bevölkerung: Lasst uns über diese Pen­sionsreform nachdenken! Lasst uns Zeit nehmen! Lasst uns miteinander diskutieren! (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Darum sage ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung: Zurück an den Start mit Ihnen im Hinblick auf diese Pensionsreform! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Eine Bitte hätte ich abschließend noch an Sie, Herr Bundeskanzler: Wenn Sie vom „Druck der Straße“ sprechen, dann bedenken Sie bitte, dass die Menschen, die auf der Straße sind, der Souverän sind, den Sie vor Wahlen immer beschwören – und nach den Wahlen ganz offen­sichtlich vergessen und nur mehr als „Pöbel“ bezeichnen wollen!

Das finde ich wirklich extrem! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Gaál. 6 Mi­nuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie gelangen zu Wort. (Bundeskanzler Dr. Schüs­sel: Öllinger redet von „Pöbel“ – und mir unterstellt er das! Das ist eine unglaubliche Zumutung!)

16.24


Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! (Abg. Neugebauer: Wann ist das Wort „Pöbel“ vom Herrn Bundeskanzler gefallen? Bitte um Auskunft! Das ist keine angemessene Sprache! – Anhaltende lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Am Wort ist der Redner!


Abgeordneter Anton Gaál (fortsetzend): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Partik-Pablé, ich will Sie jetzt nicht so fundamental angreifen, wie Sie es gerade uns gegenüber getan haben. Aber ich darf schon darauf hinweisen: Hier wird kein politisches Kleingeld gewechselt! Wir wollen niemanden verunsichern, das überlassen wir Ihrer Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind wirklich arm, dass die SPÖ Sie jetzt zum Rednerpult geschickt hat! Sie sind ja ein seriöser Politiker!)

In diesem Zusammenhang, Frau Dr. Partik-Pablé, darf ich vielleicht an Herrn Dr. Haider erin­nern, der am 7. Mai, also am heutigen Tag, dem „Kurier“ gegenüber gesagt hat:


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Wenn es sich um elementare Fragen wie die Pensionsreform handelt und Hunderttausenden Menschen Unrecht getan werden könnte, muss im Zweifelsfall die Entscheidung zu Gunsten der Bürger und gegen die Existenz einer Regierung getroffen werden.“ (Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Gerade das, Frau Dr. Partik-Pablé, bezwecken auch wir mit unserem Dringlichen Antrag! Auch wir wollen nämlich, dass die Menschen in Würde und Sicherheit leben können. Sie aber gefährden mit Ihrer Politik den sozialen Frieden in diesem Land, und da haben Sie mit unserem Widerstand zu rechnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Zu Ihren Ausführungen ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer hat Ihnen denn diese Rede aufgesetzt? – Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Nein! Ich habe Dr. Haider aus dem „Kurier“ zitiert. (Abg. Scheibner: Aber applaudiert habt ihr zu einem Zitat von Haider noch nie!) Wenn er Recht hat, hat er Recht, Herr Kollege Scheibner! Ich habe wiederholt dich als positives Beispiel in der Verteidigungspolitik zitiert, und ich werde es im Zuge des Budgets noch einmal tun, denn ich bin bemüht, der Wahrheit die Ehre zu geben, lieber Freund, im Gegensatz zu eurer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben in Ihren Ausführungen heute wieder einmal bestätigt, dass Sie weiter an dieser teuersten Fehlentscheidung der Republik festhalten! – Es ist dies eine Entscheidung, die gegen die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung gerichtet ist!

Zu Ihrer Argumentation, dass wir aus staatspolitischen Gründen zur Luftraumüberwachung diese Eurofighter brauchen: Herr Bundeskanzler! Was Sie hier kaufen, hat nichts mit Luft­raumüberwachung und schon gar nichts mit staatspolitischer Räson zu tun, denn diese Kampf­flugzeuge sind für den Luftkampf konzipiert, und niemand in Österreich und in Europa braucht diese sündteuren Luxuskampfjets! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dieser Prototyp wurde nirgendwo erprobt und steht nirgendwo in Verwendung! (Zwischenruf des Abg. Zweytick.) Von einer Serienreife sind wir meilenweit entfernt. All das aber verlangen die Vergaberichtlinien. Die Ausschreibungskriterien und Vergaberichtlinien wurden diesfalls um­gangen. (Abg. Scheibner: Das ist alles falsch!) Muss-Forderungen wurden nicht erfüllt, und das ist eine schwere Missachtung der Sorgfaltspflicht dieser Bundesregierung.

Herr Bundeskanzler! Wir werden in diesem Zusammenhang sicherlich mit Klagen zu rechnen haben. Die Gerichte werden sich mit dieser Sache zu beschäftigen haben. Es wird gewiss eine jahrelanger Rechtsstreit zu erwarten sein, und zwar zum Schaden der Republik und letztlich auch des österreichischen Bundesheers. Und daher sagen wir ein Nein zu diesem Be­schaffungsvorgang. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich darf daran erinnern – und Kollege Scheibner wird mir das bestätigen –: Die höchsten militärischen Entscheidungsträger haben sich gegen den Kauf dieser Eurofighter ausgesprochen, und sie werden sich wohl etwas dabei gedacht haben. Dieser Entscheidung, Herr Ex-Bundesminister Scheibner, haben Sie sich damals in Ihrer Funktion als Verteidi­gungsminister angeschlossen. Sie fanden jedoch im Ministerrat keine Zustimmung mehr. Sie haben das aus Verantwortung gegenüber dem österreichischen Bundesheer getan und haben genau gewusst, dass die notwendigen Budgetmittel hiefür nicht zur Verfügung stehen.

Herr Bundeskanzler! Sie kaufen etwas, was es nicht gibt, und kennen nicht einmal den Kaufpreis! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wollen diesen Kauf mit Gegengeschäften finanzieren. Diese Gegengeschäfte allerdings sind wirklich Luftgeschäfte, Herr Bundeskanzler! Sie haben keine Angebotsgarantie eingeholt, wie es international üblich ist. Es handelt sich hiebei lediglich um Absichtserklärungen, da gibt es keine Haftungen und keine Verpflichtungen zur hundertprozentigen Erfüllung des schriftlichen Angebotes.


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Österreich hat keine Garantie für den Wahrheitsgehalt des Angebotes. Der Unseriosität ist hier Tür und Tor geöffnet. Das ist Traumdeuterei, und dazu gibt es ein entschiedenes Nein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Bundesminister Dr. Barten­stein. Entsprechend der Geschäftsordnung hat er maximal 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Bundesminister.

16.29


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Der sehr geehrte Herr Abgeordnete Gaál hat seine Wortmeldung mit der Behauptung eingeleitet, er und seine Kollegen wollten die Österreicher nicht ver­unsichern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt sage ich Ihnen: Wer Worte wie „Pensionsraub“ in den Mund nimmt und entsprechende Formulierungen trifft – es ist dies Teil des Titels des Dringlichen Antrages – oder wie Herr Abgeordneter Öllinger nicht nur von einer „Sauerei“ spricht, sondern dem Bundeskanzler auch unterstellt, von einem „Pöbel“ auf der Straße gesprochen zu haben – und das haben Sie getan –, der verunsichert nicht nur, sondern der verwendet eine Sprache, die dieses Hohen Hauses aus meiner Sicht nicht würdig ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister! Ich habe gerade veranlasst, dass das Protokoll dieser Äußerung des Herrn Abgeordneten Öllinger beigeschafft wird, und ich behalte mir noch entsprechende geschäftsordnungsmäßige Maßnahmen vor. – Bitte, Herr Bundes­minister.


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion rund um diesen Dringlichen Antrag ist gekenn­zeichnet von Kritik, Kritik und Kritik an der Pensionssicherungsreform dieser Bundesregierung, ohne dass aber auch nur die Spur einer Alternative aufgezeigt wird. (Zwischenruf des Abg. Faul.)

Wir wissen jedoch, dass wir ohne Pensionssicherungsreform nicht auskommen und dass wir, wenn wir vernünftig sind, heute und in den nächsten Wochen diese Sicherungsreform be­schließen, denn ein Verschieben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag brächte wenig.

Diejenigen, die sagen: Nehmen wir uns Zeit!, setzen in Wirklichkeit auf Zeitgewinn und auf Verzögern, Verwässern, Verhindern. – Das aber kann nicht das Prinzip in diesem Land sein und werden! Das ist nicht das Arbeitsprinzip der Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Dabei liegt die Notwendigkeit der Pensionssicherungsreform so klar auf der Hand. – Ich sage nur: Drei, sechs, zwölf. Im Vergleich zum Jahre 1970 gehen Österreicher drei Jahre später ins Berufsleben, konsumieren also als junge Menschen in irgendeiner Form vom Staate Leistun­gen, sind sechs Jahre weniger im Erwerbsleben tätig, das heißt, leisten um sechs Jahre weniger lang als im Jahr 1970 Beiträge zur Pensionsversicherung, und sind Gott sei Dank auch auf Grund der gestiegenen Lebenserwartung zwölf Jahre länger in Pension.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wem immer diese Zahlen erläutert werden, der- oder diejenige weiß dann, dass sich das nicht ausgehen kann. Das muss sich also ändern, wenn wir die Pensionen auch für die jungen Menschen dieses Landes sichern wollen.

Ein zweiter Vergleich, weil der Herr Bundeskanzler richtigerweise auf die Bedeutung der Er­werbsquote älterer Menschen für die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes Bezug genommen hat: Wir können es uns nicht leisten, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir mit 28 Prozent Erwerbsquote unter den 55- bis 64-Jährigen quasi Schlusslicht in Europa sind. Selbst die Deutschen liegen bei 38 Prozent, der EU-Schnitt beträgt 38 Prozent, und das vor


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allem von sozialdemokratischer Seite immer wieder zum Teil zu Recht gelobte Schweden liegt bei 67 Prozent in diesem Bereich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was Sie heute und in den Diskussionen dieser Tage an Horrorziffern gebracht haben, das entlarvt sich zum Teil selbst! Ich bin Karlheinz Kopf sehr dankbar, dass er die mangelnde Ernsthaftigkeit Ihrer Arbeit insofern aufgedeckt hat, als er Ihnen durch einen Vergleich von Seite 1 und Seite 2 Ihres Dringlichen Antrages bewiesen hat, dass Sie einmal von mindestens 18 Prozent weniger Pension für jemanden mit 45 Beitrags­jahren reden, auf Seite 2 jedoch wiederum ein Beispiel anführen, bei dem es um 9 Prozent geht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

9 Prozent Gesamtverlust ist auch nicht wenig! Es ist nicht einfach, den Menschen zu erklären, dass, wenn sie in den nächsten Jahren in Pension gehen, im Vergleich zum Status quo mit 5 bis 10 Prozent oder vielleicht auch mit etwas mehr Verlust rechnen müssen. Aber in diesem Rahmen wird es sich bewegen. Das ist verantwortbar. Und diesen Weg gehen wir, um die Pensionen dieses Landes langfristig zu sichern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Besonders bemerkenswert finde ich, dass Sie die Jahre 2028 und 2030 hier quasi „an die Wand malen“, ganz abgesehen davon, dass der Bundeskanzler klargestellt hat, dass wir bis dahin auf dem Weg zu einem einheitlichen Pensionsrecht sind und es bis dahin das einheitliche Pensionskonto auch direkt anwendbar geben wird. Aber wer von Ihnen hat angeführt, was geschieht, wenn wir bis 2028 nichts täten? – Der große Crash kommt nicht in den Jahren 2004, 2005 oder 2006, wenn wir nichts tun und keine Pensionssicherungsreform umsetzen. (Zwi­schenruf des Abg. Gradwohl.) Im Jahr 2028 ist dieses System jedoch längst nicht mehr finan­zierbar, wenn man so ignorant vorginge, wie Sie es vorschlagen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Von 32 Milliarden € Gesamtpensionsaufwand hat der Finanzminister heute Vormittag in seiner beeindruckenden Budgetrede gesprochen. (Abg. Silhavy: Wirklich nicht beeindruckend!) Von 700 Millionen € an Einsparungsvolumen brutto sprechen wir per 2006. Von 500 bis 600 Mil­lionen netto hat der Herr Bundeskanzler vor einigen Minuten gesprochen. Das sind gerade einmal 2 Prozent dieser Summe!

Wie kann ich den diese 2 Prozent mit den von Ihnen in den Raum gestellten Horrorziffern von 30 bis 40 Prozent Pensionskürzung vereinbaren? – Das geht nicht, das wissen Sie! (Abg. Silhavy: Sie müssen nur rechnen!) Ich bitte Sie also im Interesse der Menschen in diesem Land um mehr Ernsthaftigkeit!

Vergessen Sie auch nicht, dass Sie sich auch dann in die Gefahr des Anstellens einer Milchmädchenrechnung begeben, wenn Sie bei all Ihren Berechnungen das Nummer-eins-Motiv unserer Pensionssicherungsreform, nämlich Menschen in diesem Land länger als bisher in Beschäftigung zu halten, völlig außer Acht lassen. – Ja, wir bekennen uns dazu! Ein Pen­sionsantrittsalter von 58 Jahren für Männer und 57 Jahren für Frauen können wir uns nicht länger leisten. Wir bekennen uns zu dem Ziel, dass wir uns langfristig in Richtung 65 Jahre Pensionsantrittsalter für Männer und 60 Jahre für Frauen bewegen wollen, und wir bekommen da volle Unterstützung von Pensionsexperten wie Professor Marin oder Professor Tomandl. Manchen von ihnen sind die Übergangsfristen von zehn Jahren für die Anhebung des vor­zeitigen Pensionsantrittsalters und von 25 Jahren für die Einführung eines Durchrechnungs­zeitraums von 40 Jahren fast zu lange.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss kommen und zum Thema Überführung der Notstandshilfe in eine „Sozialhilfe neu“ etwas sagen, weil Sie, Frau Abgeordnete Silhavy, so lapidar in den Raum geworfen haben, dass wir das abschaffen wollen. – Das stimmt überhaupt nicht! (Abg. Silhavy: Das steht im Regierungsübereinkommen!)

Das stimmt doch überhaupt nicht! Lesen Sie die Koalitionsvereinbarung! Da helfen auch Zwischenrufe nichts! Da steht ausdrücklich, dass wir die Möglichkeit prüfen wollen, die Not-


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standshilfe von der Zuständigkeit des AMS in die Sozialhilfe der Länder zu verlagern. Wesent­liche Voraussetzung dafür ist eine durch ein Sozialhilfegrundsatzgesetz oder eine Artikel 15a-Vereinbarung harmonisierte Regelung der gesamten „Sozialhilfe neu“.

Gerade von Ihnen habe ich oft gehört, was an Kritik zum Beispiel an den unterschiedlichen Höhen der Sozialhilfe der Länder zu üben ist. – Da bin ich ganz bei Ihnen! Schauen Sie nach Deutschland: Wir haben heute drei Leistungskategorien, das Arbeitslosengeld, die Not­stands­hilfe und die Sozialhilfe. In Deutschland gibt es heute zwei Kategorien, die Deutschen unter Rot-Grün wollen das aber zu einer Leistungskategorie zusammenführen.

Apropos Deutschland, und damit schließe ich, um auch Ihnen zu zeigen, in welcher ver­hältnismäßig guten Verfassung sich unser Arbeitsmarkt befindet: Der Herr Bundeskanzler hat heute schon erwähnt, dass wir per Ende April zum 1. Mai dieses Jahres nicht nur eine historisch absolute Rekordbeschäftigung aufzuweisen hatten, sondern dass wir Gott sei Dank nach zwei Jahren erstmals keine steigende, sondern eine gleich bleibende Arbeitslosigkeit zu verzeichnen hatten. Rot-Grün in Deutschland hat im selben Zeitraum eine im Jahresabstand gestiegene Arbeitslosigkeit von nicht weniger als 470 000 Arbeitslosen zu verantworten.

Meine Damen und Herren! Der Vergleich macht uns sicher! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Murauer, der 6 Minuten zu uns sprechen möchte. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.38


Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Freund Anton Gaál! Je öfter ich – und das fällt mir jetzt direkt ein bisserl schwer – deine Artikel in der Zeitung gegen die Abfangjäger und gegen die Luftraum­über­wachung lese, um so schwieriger wird es für mich, daran zu glauben, dass du Wehrsprecher bist. (Abg. Gaál: Ich bin gegen die Kampfflugzeuge!) Aber ich muss es leider Gottes zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Den Damen und Herren von der Opposition, von den Grünen und den Sozialisten, ist an­scheinend jedes Mittel recht, um die Pensionssicherungsreform schlecht zu machen, die Men­schen in unserem Land zu verunsichern und sie mit falschen Berechnungen, mit der Wahrheit sorglos umgehend und mit persönlichen Angriffen falsch zu informieren und zu sagen, dass wir sie der Pension berauben. – Dabei wird alles daran gesetzt, in diesem Staat die Pensionen zu sichern. Damit die Bundesbahnpensionisten zwar nicht weiterhin, aber jetzt ab 50 in Pension bleiben können, sind wir bereit, länger zu arbeiten. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sicherheit ist keine Frage des Entweder-oder: Entweder wir sichern die Pensionen, oder wir haben irgendwelche Sozialsysteme nicht. Entweder wir sichern die Pensionen, oder an irgendeiner anderen Stelle, geschätzte Bürger dieses Landes, wird Fürchterliches über euch hereinbrechen.

Diese Regierung unter Bundeskanzler Schüssel hat gezeigt, dass Sicherheit eine Rolle spielt – ob sie im Moment populär oder unpopulär ist.

Herr Dr. Cap, ich verstehe Sie in Ihrer Argumentation sicher nicht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Sicherheit bedeutet für diese Bundesregierung, dass das Gesundheitssystem, dass die Ausbildung gesichert und dass der Arbeitsplatz gesichert ist. Wir haben gehört, dass wir Gott sei Dank eine hohe Beschäftigungsrate haben, dass die innere und äußere Sicherheit gewährleistet ist und dass wir in Frieden und in Freiheit leben können. Dazu ist es auch notwendig, Kollege Gaál, dass wir uns um die äußere Sicherheit kümmern.

Da Kollege Puswald heute großspurig von der Verfassung gesprochen und diese persönlich interpretiert hat, so möchte ich ihn darauf aufmerksam machen, dass die Verfassung die


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Sicherheit nicht nur am Boden, sondern auch in der Luft vorsieht. Wir haben uns auch in Fragen der Sicherheit nach dieser Verfassung zu richten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Kampfflugzeuge!)

Meine Damen und Herren! Die Frage ist nicht: Sollen wir uns die Luftraumsicherung leisten? Sollen wir überlegen, ob wir überhaupt in der Lage sein sollen, das, was in unserem Luftraum geschieht, zu überprüfen? Sondern die Frage ist: Können wir es uns leisten, dass dieser unser eigenstaatlicher, souveräner Luftraum nicht gesichert ist, meine Damen und Herren und Kollege Gaál? Das ist die Frage! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Können wir es uns leisten, dass die Pensionen nicht gesichert sind, dass unser Land in Zukunft nicht gesichert ist? (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Ich bedanke mich beim Bundeskanzler und bei der Bundesregierung, dass sie diese zurzeit wirklich nicht so populäre Frage ebenso angeht wie die Pensionssicherung und andere Sicher­heitselemente unseres Landes.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass sich alle Staaten dieser Welt, insbesondere aber Europas und jene, die Nachbarstaaten sind, speziell und vermehrt um die Sicherung des Luftraumes bemühen. – Herr Präsident Fischer! Sie wissen besser als ich, dass sich gerade die neutrale Schweiz besonders um den Luftraum bemüht, wesentlich mehr Flugzeuge und auch Flugzeuge zur Sicherung internationaler Konferenzen zur Verfügung hat, und zwar permanent und nicht nur sporadisch. Ich denke, das wäre auch ein Beispiel für Sie, diese Überlegung mit einzubeziehen.

Wir wissen auch, dass die Gegengeschäfte natürlich keine einfache Sache sind, aber das Angebot des Wirtschaftsministers, in dieser Frage entsprechend transparent vorzugehen, ist da. Selbstverständlich gibt es auch die Verpflichtung, dass der Rechnungshof das überprüft. Wir sind alle in Sitzungen des Rechnungshofausschusses gewesen und wissen, dass diese Über­prüfungen stattgefunden haben und auch in Zukunft stattfinden werden. (Abg. Mag. Kogler: Sie können das gar nicht wissen, weil ...!) Sie dienen zu einem Teil unserer Wirtschaft, der Arbeits­platzsicherung sowie der Forschung und Entwicklung.

Persönlich meine ich, wir sollten unsere Grenzen sichern (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler), sowohl am Boden – wie wir es selbstverständlich tun, Kollege Kogler – als auch in der Luft. Auch wenn Sie nicht einverstanden sind, sage ich, wir, die ÖVP, sind für die Sicherheit unseres Landes, und davon lassen wir uns nicht abbringen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn vom sozialen Frieden gesprochen wird, so muss ich sagen: Der Generationskonflikt ist programmiert, wenn ein Arbeitnehmer, ein Berufstätiger einem Pensionisten die Pension zu zahlen hat, wenn also das Verhältnis 1 : 1 ist. (Abg. Eder: Ver­unsicherung!) Professor Marin, der sicher kein Mitarbeiter der Österreichischen Volkspartei ist, sagt, man werde die Pensionen selbstverständlich immer zahlen können, man könne dann eben andere Dinge nicht mehr bezahlen. Wir können dann keine Infrastrukturmaßnahmen (Zwischenrufe bei der SPÖ), keine Umweltförderungsmaßnahmen, keine Sozialmaßnahmen zusätzlich unterstützen (Abg. Gradwohl: Keine Kampfjets, Herr Kollege Murauer!), sondern haben ausschließlich oder mehrheitlich die Finanzmittel für die Pensionen aufzuwenden.

Mein Gott, dass Sie das nicht verstehen, dafür habe ich eigentlich Verständnis! Aber es wundert mich, dass das der Fall ist. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: ... 1959!)

Meine Damen und Herren! Abschließend mein Ersuchen an Sie: Da Sie, geschätzte Damen und Herren der Sozialdemokratie, sicher bei den Pensionssicherungsdiskussionen der Ver­gangenheit mit dabei waren und wissen, dass das Problem, dass unsere Pensionen zu sichern sind, nicht erst gestern aufgetaucht ist, darf ich Sie darum ersuchen, dass Sie die Aktionen der Verunsicherungen einstellen, diese Zeit sinnvoll nützen und konstruktive Vorschläge machen. Es ist Zeit dazu, und es besteht die Möglichkeit, wenn man es will.


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Ein wenig mehr Seriosität in der Sicherheitspolitik würde uns allen miteinander nicht schaden. Stellen Sie in der Sicherheitspolitik Ihre populistischen Interessen in den Hintergrund! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich Herrn Abgeordnetem Dr. Bösch das Wort erteile, darf ich darauf hinweisen, dass ich nunmehr auf Wunsch von Klubobmann Mag. Molterer das vorläufige Protokoll des Redeendes des Abgeordneten Öllinger in Händen habe.

Er hat wörtlich gesagt: „ ..., Herr Bundeskanzler: Wenn Sie vom ,Druck der Straße sprechen, dann bedenken Sie bitte, dass die Menschen, die auf der Straße sind, der Souverän sind, den Sie vor Wahlen immer beschwören – und nach den Wahlen ganz offensichtlich vergessen und nur mehr als ‚Pöbel bezeichnen wollen!“

Für diese Unterstellung erteile ich Ihnen einen zweiten Ordnungsruf. (Abg. Öllinger: Das darf ja nicht wahr sein! – Ruf bei der ÖVP – in Richtung Grüne –: Überlegen Sie sich, was Sie sagen!)

Zu Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Bösch gemeldet. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

16.47


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat sich, seit wir Freiheitlichen im Jahr 2000 in sie eingetreten sind, klare Prioritäten gegeben.

Erstens: Sie saniert den Bundeshaushalt – das tut diese Regierung.

Zweitens: Sie entlastet die Bürger – das tut sie auch. Wir sind mit der Steuerentlastung auf gutem Wege.

Drittens: Sie sichert die Pensionen – das tut diese Regierung ebenfalls.

Und letztens: Sie füllt die Lücken, die wir von Ihnen übernehmen haben müssen, meine Damen und Herren vor allem von Seiten der SPÖ.

Da Sie, Herr Kollege Cap, in diesem Zusammenhang das Wort „schummeln“ im Hinblick auf die Bundesregierung verwendet haben, so muss ich Ihnen dieses Wort leider Gottes zurückgeben, denn gerade die SPÖ ist es, die in der Frage der Luftraumüberwachung im Laufe der Jahr­zehnte immer eine unklare Haltung eingenommen hat.

Herr Kollege Gaál, Sie wissen, dass Ihre Partei in all den Jahrzehnten, die hinter uns liegen, in all den Jahren, in denen Sie die Bundeskanzler, in denen Sie sogar die Verteidigungsminister gestellt haben, alle Beschlüsse in Bezug auf die Luftraumüberwachung nicht nur initiiert, sondern sogar mitgetragen hat – bis 1998/1999 herauf. Der Herr Bundeskanzler hat seinen Vorgänger ja zitieren können.

Meine Damen und Herren der SPÖ! Ihre Bundeskanzler, Ihre Verteidigungsminister, Ihre Abgeordneten hier im Parlament haben alle diese Beschlüsse mitgetragen. Sie waren ihrer Ansicht nach richtig. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es auch der Abgeordnete Parnigoni, der jetzt Sicherheitssprecher ist, einmal auf den Punkt gebracht und treffend in einer Debatte vermerkt hat, dass er die Ankündigung des Ministers Krünes begrüße, die gelieferten Luftraum­über­wachungsflugzeuge genauestens nach dem letzten Stand der Technik zu überprüfen, weil man den Vergleich nicht scheuen müsse und weil damit auch sichergestellt sei, dass unsere Solda­ten zur Erfüllung ihrer Aufgaben taugliche Fluggeräte zur Verfügung haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Scheibner: Bravo, Parnigoni!)

Dieser wahren Aussage des Kollegen Parnigoni ist nichts mehr hinzuzufügen, meine Damen und Herren. (Abg. Gradwohl: Sie müssen noch dazusagen, aus welchem Jahr und um welches Fluggerät es sich gehandelt hat! Um was ist es gegangen? Um Abfangjäger oder um ...?) – Ja, das sage ich Ihnen ganz gerne. Das war im Jahr 1986 und das unterstützt meine Behauptung,


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dass die SPÖ damals noch eine staatstragende Partei war. Heute ist sie das nicht mehr, heute spielt sie gerne Opposition und auch mit der Sicherheit der Bevölkerung dieses Landes, Herr Kollege. Das muss ich Ihnen leider sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Beschluss, der jetzt im Budgetbegleitgesetz enthalten ist, ist eine rein formale Notwendigkeit, um überhaupt die weiteren Schritte setzen zu können. (Abg. Gradwohl: Nicht einmal die formalen Voraussetzungen sind erfüllt!) Sichergestellt ist, dass im Laufe dieser Legislaturperiode kein einziger Budget-Schilling in diese Anschaffung fließen wird. (Abg. Mag. Kogler: Die können eh nicht liefern!)

Meine Damen und Herren! Die Verhandlungen mit dem Hersteller sind noch nicht abge­schlossen. Der Herr Bundesminister wird das erst tun, und wir werden das im Rahmen der parla­mentarischen Debatte auch begleiten können. Es hat ja einen Prüfbericht des Rechnungs­hofes gegeben, Herr Kollege Kogler, den wir schon auf dem Tisch liegen haben, und es ist ein Prüfbericht im Werden, den wir auch bald auf dem Tisch liegen haben werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Sie als Obmann des Rechnungshofausschusses werden das ja hoffentlich rechtzeitig tun. Wir sind gespannt darauf, wie wir das dann im Rahmen der Debatten im Ausschuss und auch hier im Plenum diskutieren können.

Meine Damen und Herren! Dieser Beschluss, den die Regierung in Bezug auf die Sanierung der Pensionen und auch in Bezug auf die Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge gefasst hat, ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Die österreichische Bundes­ver­fassung – und das können Sie Ihrem Kollegen mitteilen – beinhaltet eindeutig die Ver­pflichtung des Staates zur Landesverteidigung. Ein wesentlicher Faktor der Erfüllung dieses Auftrages ist nun einmal auch die Sicherung des Luftraumes.

Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete der Grünen Pilz war es, der den Nationalen Sicherheitsrat hat tagen lassen, um die Frage an die Bundesregierung zu stellen, was sie denn gegen die illegalen Überflüge der US-Amerikaner im Laufe des Irak-Krieges befugt sei zu tun. – Ja, meine Damen und Herren, das ist doch unglaubwürdig par excellence! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was soll eine Bundesregierung gegen illegale Überflüge anderes tun, als sich luftpolizeilich einzusetzen? – Sie widersprechen sich in Ihrer Argumentation, meine Damen und Herren der Oppositionsparteien, Sie von der SPÖ seit Jahrzehnten und Sie von den Grünen seit geraumer Zeit! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Wichtig ist uns Freiheitlichen, dass diese beiden Themen nicht populistisch und ungerechtfertigt verknüpft werden. Wir weisen Ihre Vorschläge, die Sie auch im Rahmen dieses Dringlichen Antrages gemacht haben, zurück und werden die Regierung in beiden Bereichen unterstützen, nämlich sowohl in der Sicherung der Pensionen als auch in der Sicherung der Lufthoheit sowie der äußeren Situation Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.52


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Wirtschaftsminister! Geschätzte KollegInnen! Eine Anmerkung zur Ordnungsrufpraxis kann ich mir jetzt nicht verkneifen: Ein anderer Präsident als Sie, geschätzter Kollege Khol, hat es nicht für wert befunden, einen Ordnungsruf für die Aussage in Richtung Grüne zu erteilen, dass „die dort“ – nämlich sowieso auf Kollegen Öllinger, wenn wir schon dabei sind, zielend – nur dazu sprechen sollen und er nur dazu sprechen solle, wovon er etwas verstehe, nämlich vom Steine werfen. – Das ist als nicht ordnungsrufwürdig eingestuft worden.


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Ich würde ja sowieso bei dieser Praxis der Ordnungsruferteilung dazu einladen, das alles nicht mehr ganz so ernst zu nehmen (Abg. Öllinger: Da waren noch einige andere Bemerkungen!), denn es erscheint mir einfach überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, nach welchen Kriterien hier vorgegangen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Rechtfertigen Sie Öllinger?)

Aber andererseits: Der Präsident hat die Hoheit über die Ordnungsruferteilung; das muss man anerkennen. Ich sehe nur dieses Instrument eben letztlich mit dieser Art von Doppel­be­handlung ... (Ruf bei der SPÖ: Missbraucht!) – Nein, ich sage nicht „missbraucht“, ich sage einfach: irgendwie entwertet. – Wie dem auch sei. (Abg. Mag. Molterer: Sie distanzieren sich nicht von Öllinger? Gut!)

Der Herr Bundeskanzler hat ja darüber gesprochen, dass im Zusammenhang mit der Be­schaffung der Abfangjäger alle relevanten Informationen demnächst zur Verfügung stehen werden. Ich frage mich, wann das sein wird. Momentan ist ein Budgetbegleitgesetz mit dem Auftrag an den Finanzminister relevant, „xx Millionen €“ bereitzustellen. – Pikanterie am Rande: Man ist ja nicht einmal couragiert genug, vier x hinzuschreiben, weil es ja sicher ein vierstelliger Millionenbetrag und kein zweistelliger ist, aber sei es drum.

Konzentrieren wir uns auf ein paar wenige Dinge, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen! Ich muss Sie schon darauf hinweisen, liebe KollegInnen von der ÖVP und von der FPÖ, dass ein paar Dinge zumindest einmal in Frage zu stellen sind. Gehen wir einige Punkte in dieser Fragestellung hinsichtlich der Finanzverantwortung bei dieser Abfangjägerbeschaffung miteinander durch! Ich habe nämlich den grausamen Verdacht, dass das, was von der Regierungsbank aus verkündet wird, wirklich geglaubt wird. Sonst haben Sie ein Problem in Ihrer Verantwortung als Abgeordnete.

Das Informationsdefizit geht sogar schon so weit, dass Kollege Murauer, aber auch der geschätzte Kollege Bösch gemeint haben, es sei dem Haus ein Rechnungshofbericht zugestellt worden, der da jetzt vor allem irgendetwas freisprechen würde. – Ich darf Sie darauf auf­merk­sam machen, dass während des Wahlkampfs ein Rechnungshofbericht veröffentlicht wurde, aber nie – nie! – gültig als Gegenstand ins Haus eingelangt ist, weil nämlich die Legisla­turperiode zu Ende war. Deshalb konnte dieser Bericht nie im Ausschuss diskutiert werden. Ich werde mich aber darum bemühen, dass es eine Wiedervorlage, wie das heißt, an das Haus geben wird, dann können wir im Ausschuss darüber diskutieren.

Ich würde mich sehr darüber freuen, denn bis jetzt zeichnet sich ja das Gegenteil ab: Man muss sehr viel Druck machen, dass der Herr Verteidigungsminister überhaupt einmal im Rechnungs­hofausschuss, diese Sache betreffend, erscheint. Dankenswerterweise ist das jetzt gelungen. Kollege Khol hat hier mäßigend eingewirkt, das darf man ruhig erzählen.

Aber da gibt es sehr viele Informationsdefizite, scheint mir, und deshalb würde ich Sie einladen, ein paar Fragen quasi mitzunehmen. Diese besagte Überprüfung durch den Rechnungshof zum Beispiel betreffend: Richtig ist, dass drinnen steht, es sei keine Manipulation nachweisbar; diesen Vorwurf hat es ja einmal gegeben. – Das stimmt schon, nur was die Frage der Kosten betrifft, verheißt uns dieser Bericht überhaupt nichts Gutes. Und was die Frage der Gegengeschäfte betrifft, hat man sich in selbigem Bericht äußerst kritisch – äußerst kritisch! – geäußert.

Sie erzählen uns ja immer, es gebe eine Wirtschaftsplattform, eine Finanzierungsplattform, die das Ganze viel billiger macht. – Heute hat es der Herr Wirtschaftsminister nicht für wert befunden, darauf einzugehen, auch Sie, Herr Bundeskanzler, sind jetzt überraschend ruhig in dieser Frage. Das war ja noch ein Wahlkampf-Renner, wie wir uns erinnern. Von dieser Finanzierungsplattform durch Private ist – no na net! – relativ wenig übrig geblieben.

Dieses Kostendeckungsargument können Sie also einmal beiseite schieben. Diese Art von Gegengeschäften, die so gestaltet sind, dass uns die Abfangjäger, wie Sie neulich erwähnt haben, praktisch nur mehr zwei Drittel oder im günstigsten Fall gar nichts kosten, müssen Sie


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wirklich einmal darstellen. (Abg. Großruck: Sag das der Firma FACC in Ried! Tun Sie etwas für die Arbeiter!) Das ist wirklich eine Bringschuld und keine Holschuld der Abgeordneten, deshalb wären auch Sie gut beraten, Herr Kollege Großruck, das einzufordern, damit Sie dann in Ihrem Wahlkreis Rede und Antwort stehen können und Ihnen nicht derselbe Lapsus passiert wie eben Kollegem Murauer. (Abg. Großruck: Ihr lebt nur von dem, was andere verdienen!)

Informieren Sie sich, dann reden wir über Kosten- und Finanzargumente! Jetzt komme ich schon zu dem Zusammenhang zwischen Pensionsreform, Sozialstaat und Abfangjägern. Geld hat eben kein Mascherl! Natürlich versteige ich mich nicht dazu, eine einmalige Investition – die Beschaffungskosten der Abfangjäger – mit einer laufenden Ausgabenstützung zu vergleichen, wie sie für das Pensionssystem gegeben ist – überhaupt nicht! –, aber Sie dürfen nicht ver­schweigen, zu welcher Explosion der Anschaffungskosten es bereits gekommen ist, und zwar bei den Eurofightern – bei den anderen Produkten ja weniger, eigentlich kaum –, genau bei dem Produkt, das Sie beschaffen.

Die ganze Geschichte – die Reduktion von 24 auf 18 Abfangjägern im Sommer; merken Sie sich das, Herr Kollege! – hatte einen Zweck. Ich darf zitieren, und man könnte gutwillig meinen, dass derjenige das so ernst gemeint hat: Es handle sich um einen Missbrauch der Hoch­wasseropfer. – Ich kann das verstehen, denn wenn sich nämlich nachher herausstellt, dass 18 Abfangjäger gleich viel kosten wie vorher 24, dann stimmt doch etwas nicht! Sehen Sie: Das sollte Ihnen zu denken geben!

Das ist doch ein Riesenproblem. Die Kosten für diese Eurofighter explodieren ständig, und zwar bereits die Anschaffungskosten! Warten Sie auf die Betriebskosten! Wenn Sie dann noch Abgeordneter sein sollten, dann werden Sie sich an unsere Worte hier erinnern. (Abg. Großruck: Jedes Jahr können wir uns vom Defizit der Bahn 48 kaufen!)

Nächster Punkt: Die so genannte Übergangslösung ist „hinausramponiert“ worden. Warum? – Weil sie der Anbieter Eurofighter überhaupt nicht leisten kann! Es ist ja leicht, sich hinzustellen und zu sagen: Ab 2007 wird finanziert und nicht jetzt. Wissen Sie, warum? – Weil vorher überhaupt kein Abfangjäger dieses Typs zur Verfügung steht! Sollen wir jetzt voraus­zahlen, die Bundeswohnungen aus diesem Titel privatisieren, wie man in den Medien lesen darf? – Ich glaube, all das sind keine Finanzierungskonzepte für diese Sache.

Wenn Sie uns dauernd erklären, dass Luftraumüberwachung nicht einen Meter über dem Boden aufhören darf – das kann ich schon nicht mehr hören, aber der Finanzminister hat es wieder gesagt –, dann ist das keine Legitimation dafür, dass finanzpolitische Verantwortung einen Meter unter die Erde vergraben wird. Das sollten Sie sich einmal merken! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dabei geht es überhaupt nicht um pro oder kontra Abfangjäger, ich rede jetzt nur noch von Differenzkosten – Differenzkosten zwischen billigeren Lösungen und teureren Lösungen. Dass wir Grüne überhaupt gegen Abfangjäger sind, ist Ihnen ja hoffentlich nicht entgangen. Und ich sage Ihnen Folgendes: Es grenzt an Zynismus, es ist jedenfalls Spott und Hohn, was hier gleichsam über die Bevölkerung geschüttet wird, wenn diese Dinge nebeneinander in der Art und Weise abgewickelt werden. Ihnen explodieren die Anschaffungskosten – dieses Beispiel habe ich versucht auszuführen –, die Betriebskosten sind nicht einmal kalkulierbar – das gibt der Hersteller zu – und Gegengeschäfte gibt es kaum. – Das ist Ihr Modell! Gratuliere!

Ich habe das Ende meiner Redezeit erreicht, ich habe versprochen, nicht länger zu reden. (Abg. Großruck: Das ist eh gut! Der Herrgott ist gerecht!)

Herr Kollege Grillitsch! Sie können jetzt meine Wette mit Ihnen einlösen. Wo ist er denn? – Da ist er! Sehen Sie, Sie haben auch nicht aufgepasst! Dann müssen Sie im Wahlkreis wieder mit mir streiten, warum Sie diese unverantwortliche Entscheidung getroffen haben, und das ist nicht gut. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.00



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. Sie will 6 Minuten sprechen. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

17.00


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Der Ministerrat vom 29. April hat wieder einmal sichtbar gemacht, wie egal Bundeskanzler Schüssel, wie egal dieser Regierung, wie egal ÖVP und FPÖ, wie egal Ihnen die Menschen in Österreich sind. (Abg. Ellmauer: Falsch! Völlig falsch!)

Gerade die Debatten um die Pensionsreform und den Ankauf von Abfangjägern haben wirklich ganz eindrucksvoll bewiesen, wie die Bevölkerung ihre Stimme erhebt. (Abg. Großruck: Uns sind alle Menschen gleich!) Ich erinnere Sie nur an den gestrigen Tag, an dem über 500 000 Menschen auf die Straße gegangen sind, um ihren Unmut zu zeigen. Ich erinnere Sie aber auch an das Volksbegehren gegen den Ankauf von Abfangjägern, das über 600 000 Menschen in Österreich unterschrieben haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Doch was machen Sie daraus? Wie gehen Sie damit um? – Sie fahren drüber! Sie nehmen die Menschen einfach nicht ernst! Und vor allem: Sie, Herr Bundeskanzler, tragen die Verant­wortung für die sozialen Spannungen in Österreich. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Sie nehmen den Menschen ihre soziale Sicherheit weg, um damit in die militärische „Sicher­heit“ – unter Anführungszeichen – zu investieren. Ich sage jetzt ganz ausdrücklich: Unsere Kritik richtet sich gegen den Ankauf von Abfangjägern, von Kampfjets, von Kriegsgerät! Das ist nämlich die richtige Bezeichnung dafür und nicht, wie es jetzt auf einmal verharmlosend heißt: Luftraumüberwachungsflugzeuge. Es sind Abfangjäger, es ist Kriegsgerät – das ist der richtige Ausdruck. (Beifall bei der SPÖ.)

Nennen Sie die Dinge beim Namen! Und wenn Sie es nicht tun, wir machen es.

Herr Kanzler Schüssel! Sie haben soeben eine Garantie abgegeben, dass für die Abfangjäger kein einziger Euro aus dem Bereich der Pensionsreform genommen wird. Herr Kanzler! Wie können wir Sie denn da beim Wort nehmen? Ist das die gleiche Garantie, die Sie für die private Beschaffungsplattform der Wirtschaft, die es bis heute nicht gibt, abgegeben haben? Gilt da Ihr Wort wie in diesem Fall?

Neben der fraglichen Finanzierung ist noch eine weitere Frage bei den Abfangjägern offen. Ich habe noch nie ein Argument gehört, das mich wirklich überzeugt hat, dass wir die Abfangjäger brauchen. Ich habe ganz aufmerksam die Zeitschrift der Österreichischen Offiziersgesellschaft „Der Offizier“ gelesen und habe mir gedacht, dass darin vielleicht Stellungnahmen der Experten zu finden sein werden, die mir erklären können, warum wir denn die Abfangjäger brauchen. Ich war gespannt, ob ich darin Argumente finde. Doch was musste ich lesen? – Zuerst las ich eine Überschrift, die mich noch sehr positiv stimmte, und diese lautet: „Ein Beitrag zur Ver­sachlichung der Abfangjägerdiskussion.“

Das ist löblich! Nur: Dann las ich Folgendes weiter: „Der Großteil der in Österreich gegen die Beschaffung von Abfangjägern ins Spiel gebrachten Argumente leitet sich nicht aus neuen europäischen Bedrohungsanalysen oder Sicherheitskonzepten ab, sondern aus der generellen Ablehnung der verfassungsmäßig verankerten militärischen Landesverteidigung.“

Na super! (Abg. Mag. Tancsits: Sehr sachlich!) Eben, sehr sachlich. Das würde ich auch sagen. Also kein einziges Argument! Da wird auch nur mit Unterstellungen gearbeitet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte hier an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass sich die SPÖ – hören Sie ganz genau zu, vor allem der Kollege Murauer, der das wieder in den Raum gestellt hat – eindeutig zur Lan­desverteidigung bekennt. (Abg. Scheibner: Aber nur, wenn sie nichts kostet!) Ein Nein zu diesen Abfangjägern bedeutet nicht ein Nein zur Landesverteidigung. Das möchte ich Ihnen


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endlich einmal ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei der SPÖ.) Aber auch da gilt wie in allen anderen Bereichen ein vernünftiger Einsatz der Ressourcen.

Vor allem eines finde ich pikant bei der Österreichischen Offiziersgesellschaft, und zwar: Der ehemalige Erste Vizepräsident der Offiziersgesellschaft, Herr Brigadier Bauer, ist jetzt bekanntlich der Kabinettchef von Bundesminister Platter. Er hat zwar seine Funktion ruhend gestellt, aber man kann nicht wirklich Gedanken und Einstellungen ruhend stellen. Ich hoffe doch, dass dieses Negativbeispiel aus dieser Zeitung nicht in das Landes­ver­teidi­gungs­mi­nisterium einzieht.

Nun komme ich zum Thema „Pensionen“. Apropos – Kind beim Namen nennen wie bei den Abfangjägern! Herr Kanzler! Sagen Sie doch den Menschen ehrlich, was Sie wollen! Sagen Sie doch, dass es dabei um eine Systemumstellung geht: weg von der staatlich garantierten Pension hin zu einer privaten Vorsorge für diejenigen, die es sich leisten können! Das wäre ehrlich, und da würde das Kind beim Namen genannt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wollten auch noch Änderungsvorschläge haben. Sie wollten konkrete Vorschläge haben. Bitte schön! Erster Vorschlag: Verlängerung des Durchrechnungszeitraums. Frauen haben ge­nerell eine weniger anrechenbare Erwerbszeit, und viele Frauen arbeiten Teilzeit wegen fehlender Kinderbetreuungseinrichtungen, weil sie zu wenig Unterstützung des Vaters haben oder weil die rechtliche Absicherung für die Väter fehlt, aber nicht nur deshalb, weil sie das wählen, sondern weil Ihnen ganz einfach nichts anderes übrig bleibt.

Daher der Vorschlag: Nehmen Sie die Anliegen der Frauen ernst! Respektieren Sie die Tat­sachen des Lebens! Schaffen Sie Kinderbetreuungseinrichtungen! Werten Sie länger zu­rückliegende Zeiten auf! Geben Sie Frauen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt, und zwar nicht nur mit Teilzeitarbeitsplätzen, wo Sie immer wieder vorgaukeln, es wären so viele neue zu­sätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden. Schaffen Sie auch echte, bei denen man wirklich ein Einkommen hat, mit dem es auch ein Auskommen gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die einzige Verbesserung, die Sie so großartig angekündigt haben, sind die höheren Be­messungsgrundlagen für die Kindererziehung. Das wird allerdings erst 2028 wirksam. (Abg. Mag. Molterer: Voll wirksam!) Das heißt, da gilt sehr wohl der Grundsatz: lange Über­gangs­zeiten, schrittweise Hinaufsetzung, bloß nicht zu schnell. Das heißt, Frauen können in diesem Fall schon sicher sein, dass die kleinste Verbesserung erst in 20 bis 30 Jahren wirksam wird. Aber die Verschlechterungen werden sofort wirksam, die kommen bereits nächstes Jahr. Da sind sie nicht so zimperlich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gebe die Hoffnung trotzdem nicht auf, dass der eine oder die andere Abgeordnete von der ÖVP und von der FPÖ ein soziales Gewissen hat und das auch zeigt. Herr Kollege Neugebauer! Herr Kollege Walch! Wie wär’s? Sie hätten jetzt die Möglichkeit: Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.07


Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort erhält als nächster Redner Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.07


Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! In Wahrheit müsste man jetzt eine tat­sächliche Berichtigung machen, denn das, was Sie, Frau Kollegin Stadlbauer, jetzt gesagt ha­ben, geht wirklich weit an der Realität, an der Wahrheit oder der Vorgabe vorbei. Das entspricht nicht dem, was vorliegt, sondern das ist vielleicht etwas, was Sie in schlimmen Stunden ge­träumt haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber mir geht es um etwas anderes: Wir führen hier in einer sehr ernst zu nehmenden Situation eine Diskussion, in welcher wir uns mit einer Dringlichen Anfrage der SPÖ befassen, aber der Antragsteller Dr. Cap ist beim Großteil der Debatte nicht anwesend. (Ruf bei der SPÖ: O ja!)


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Wo ist er? (Abg. Dr. Cap, der in der letzten Reihe des SPÖ-Sektors sitzt, erhebt sich und hebt die Hand.) Ach Gott! Gut. (Abg. Neugebauer: Der hat Deckung notwendig!)

Lieber Herr Kollege Cap! Ich darf Ihnen sagen: Wenn Sie glauben, dass Sie mit Ihren kaba­rettistischen Auftritten hier staatspolitische Beiträge leisten, dann irren Sie! Das ist bereits eine Feststellung, die die Bürgerschaft draußen sehr deutlich macht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten: Sie unterstellen uns hier, dass wir uns nicht der Diskussion draußen stellen. – Herr Kollege Cap, ich lade Sie ein, Sie können mit mir mitfahren! Fast jeden Abend bin ich draußen bei den Bürgern und diskutiere die Pensionssicherungsreform und das Budget und die Budgetbegleitgesetze, und die Leute haben Verständnis. Viele Leute sagen: Wir sind dankbar, dass wir nicht nur einseitig informiert werden, sondern dass wir auch eine ausgewogene, sachliche, inhaltlich klare Berichterstattung bekommen! – Das ist die Wahrheit, und darüber muss man reden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Cap! Sie haben in Ihren Antrag allerlei verpackt, vor allem haben Sie sich sehr lange mit der Frage der Abfangjäger beschäftigt. Ich habe gemerkt, wie schwer dieses Thema auch bei Ihnen aufgenommen und beurteilt wurde. Es gab einige, die kaum applaudieren konnten. Ich verstehe das auch. Vielleicht darf ich Ihnen weiterhelfen.

Lieber Herr Dr. Cap! Schon 1985 gab es unter Bundeskanzler Dr. Sinowatz den Draken-Doppelbeschluss, und dieser hatte zum Inhalt, dass neben dem Draken-Ankauf gleichzeitig der Grundsatzbeschluss für die Anschaffung von Nachfolgemodellen gefasst wurde. Das ist die Wahrheit!

Weiters: Der damalige Finanzminister Dr. Vranitzky sagte, dass das eine „unbestrittene militärische Notwendigkeit“ ist. – Dem noch lange nicht genug!

Es gibt in diesem Plenarsaal den Herrn Abgeordneten Gaál, und er sagte zu dieser Zeit: „Es gibt keine Alternative zum Ankauf neuer Jets. Eine Lösung mit gebrauchten Maschinen ist ab­zulehnen. Wir bekennen uns zu einer umfassenden Landesverteidigung, und dazu gehört auch die Luftraumüberwachung.“ – Das hat Abgeordneter Gaál zu dieser Zeit klar gesagt. Ich be­danke mich bei ihm. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Abgeordneter Gaál hat heute hier die Wahrheit eingemahnt. Ich weiß, wie er denkt. Wir haben schon viele Gespräche miteinander geführt. Ich weiß, dass du in dieser Sache, Herr Kollege, eine sehr klare und für die Sache positive Betrachtungsweise hast. Ich weiß aber auch, dass du es sehr schwer in deiner Gruppe hast. – Aber dem nicht genug! Es gibt derlei noch mehr zu berichten.

Bereits im Jahre 1988 wurde diese Diskussion in unserem Land auch sehr lebhaft geführt. Damals sagte Herr Bundeskanzler Dr. Vranitzky Folgendes – er kam aus Ihrer Gruppe –: „..., aber wir können nicht in einer Umgebung, in der alle Länder die Landesverteidigung ernst nehmen, diese“ nicht ernst nehmen, „die einzige wirkliche Folge dessen wäre, dass wir dann als Staat mit unserer Landesverteidigung in ganz Europa nicht ernst genommen werden würden, und dafür stehe ich nicht zur Verfügung!“ – Zitat von Dr. Vranitzky aus dem Jahre 1988.

Meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit! Mit dieser Frage sollten Sie sich wirklich einmal auseinander setzen! Sie sollten diese Dinge auch manchmal von dieser Seite her sehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Ihnen das alles zu viel Vergangenheit ist, dann möchte ich Ihnen nur sagen: Häupl, Ihr Wiener Bürgermeister, hat von den Plakaten im Jahr 2002 gesagt: „Ich will seriös bleiben, und da muss man schon sagen, dass Abfangjäger weder etwas mit der Steuersenkung noch mit der Hochwasserhilfe etwas zu tun haben.“ – Also Häupl bekennt sich klar dazu, und ich denke: Das ist Staatspolitik, und daran sollten Sie sich orientieren!


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Nun zu Ihrem Dringlichen Antrag. Wenn darin geschrieben wird, dass es eine „massive Belastung von kranken Menschen durch unsoziale Selbstbehalte“ gibt, dann bitte ich Sie, Ihre Erinnerungen wachzurufen: Alle Selbstbehalte, bis auf die Ambulanzgebühr, haben Sie einge­führt! Es sind dies Belastungen in der Größenordnung von 1,1 Milliarden €. Das haben Sie eingeführt! Natürlich waren die jeweiligen Koalitionsparteien mit dabei, aber in Anbetracht dessen sollten Sie der heutigen Regierung nicht unterstellen, dass sie hier eine unsoziale Maß­nahme setzt. Als die Ambulanzgebühren diskutiert wurden, habe ich von Ihnen kein einziges Mal erlebt, dass Sie diejenigen in Schutz genommen haben, die schon immer Ambulanzgebühr bezahlt haben. Sie haben dieses Thema nur nebensächlich behandelt. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Nun möchte ich auf die Pensionsreform zu sprechen kommen. Ich glaube, Sie sollten das zur Kenntnis nehmen, worauf heute hingewiesen wurde: die fehlenden Kinder, die verkürzte Arbeits­zeit und die Zweckentfremdung des Pensionssystems. Das hat auch der ehemalige ÖGB-Präsident Olah sehr deutlich gesagt.

Wenn Herr Dr. Gusenbauer meint, die Pensionssicherungsreform solle dann gemacht werden, wenn wir beschäftigungspolitisch gut unterwegs sind, dann darf ich ihm erwidern: Wir sind es! Heute wurde es gesagt: 3 160 000 Menschen stehen in einem Arbeitsverhältnis – so viele wie noch nie in dieser Republik! Daher glaube ich, dass dieser Zeitpunkt der richtige ist. Wir haben eine verantwortungsbewusste und klare Entscheidung vorgegeben, und wir werden diese auch in dieser Form in der nächsten Zeit mit Ihnen diskutieren und, wie ich hoffe, gemeinsam be­schließen.

Hören Sie auf, so zu kämpfen! Sie schaden damit dem Staat, Sie schaden damit der Jugend, und Sie leisten damit keinen guten Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit, die von den Menschen auch morgen noch erwartet und von der Politik auch eingefordert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.13


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolin­schek – Aussprache habe ich schon gelernt. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

17.14


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Wege führen nach Rom. Tatsache ist aber, dass ... (Ruf bei der SPÖ: Dem ist nichts hinzuzufügen! Danke!) Wohl, wir haben schon etwas hinzuzufügen, Herr Kollege!

Tatsache ist aber, dass bei den Pensionen irgendetwas getan werden muss. Das Schlimmste ist, wenn nichts getan wird. Wenn wir alles so lassen, wie es ist, dann sind die Pensionen in zwei Jahrzehnten nicht mehr finanzierbar. Das ist die Wahrheit!

Die Opposition kritisiert die Pläne der Bundesregierung und spricht von einem „Pensionsraub“, sagt, dass alle etwas verlieren und niemand etwas gewinnen wird. Auch ich muss sagen: Wenn ich hergehen und sagen würde, dass es durch diese Pensionsreform möglich ist, dass irgendjemand etwas gewinnt, dann würde ich nicht die Wahrheit sagen, aber wir alle wissen, dass es in der jetzigen Situation notwendig ist, Pläne zu machen, wie die derzeitigen Pensionen zu sichern und wie zukünftige Pensionen zu garantieren sind. – Das wissen Sie genauso gut wie wir, geschätzte Kollegen von den Sozialdemokraten und von den Grünen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe mir Ihren Dringlichen Antrag durchgelesen und die darin angeführten Beispiele genau studiert, und ich muss sagen: Diese Rechenbeispiele sind ähnlich jenen der Arbeiterkammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, sie entsprechen dem Entwurf, der seinerzeit aus­gegeben worden ist. Sie sind eine Was-wäre-wenn-Rechnung.

Geschätzte Damen und Herren! Sie sprechen davon, dass dieser Pensionsumbau für Pen­sionisten mit 45 Beitragsjahren mindestens 18 Prozent weniger Pension zur Folge hat, für


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SchwerarbeiterInnen bis zu 24 Prozent weniger und für junge Leute von heute in 25 Jahren bis zu 40 Prozent weniger. Dazu ist zu sagen: Das würde geschehen, würde nichts unternommen werden. Wir arbeiten daran, dass diese Pensionsreform die Pensionen auch in Zukunft sichert. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin Silhavy, Sie schreiben in Ihrem Dringlichen Antrag, bei der „Hackler-Regelung“ würden von denjenigen, die wegen langer Versicherungsdauer in die vorzeitige Alterspension gehen können, nur rund 10 Prozent profitieren. Wir haben eine bestimmte Vorstellung von der „Hackler-Regelung“, und wir werden diese Materie noch weiter verhandeln. Ich bin Parla­mentarier und bin es gewohnt, so lange zu verhandeln, bis es zu einer Beschlussfassung kommt, und wir werden bis zum 4. Juni verhandeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde mir das genau anschauen. Die Freiheitlichen haben eine bestimmte Vorstellung, und wir haben mit den Vertretern der ÖVP schon darüber gesprochen, dass wir Änderungen be­ziehungsweise weitere Verbesserungen bei der „Hackler-Regelung“ haben wollen. Wir wollen nicht, dass bei der „Hackler-Regelung“ von der Bruttopension abgerechnet wird, sondern wir wollen, dass jemand dann, wenn er oder sie 45 oder 40 Versicherungsjahre – dies gilt für Frauen – erreicht hat, ohne Abschläge, egal wie alt er oder sie ist, in Pension gehen kann (Bei­fall bei den Freiheitlichen), weil die Ausbildungszeit immer länger wird. Das durchschnittliche Ende der Ausbildungszeit liegt heute, wie Sie wissen, bei 21 Jahren. 21 plus 45 ergibt 66. Also können wir uns diesen Schmus sparen. Es ist begreifbar, für jeden verständlich: Hackler sollen mit 45 Versicherungsjahren oder, für Frauen geltend, mit 40 Versicherungsjahren ohne Abschläge in Pension gehen können. Das werden wir in Verhandlungen, in Gesprächen mit der ÖVP durchsetzen. Dann steht einem solchen Beschluss nichts mehr im Wege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben in Ihrem Dringlichen Antrag Berechnungen drinnen, die nicht stimmen. Ich gebe Ihnen aber Recht, wenn Sie bekritteln, dass ohne Abfederungsmaßnahmen ein Absenken des Steigerungsbetrages von 2 auf 1,78 Prozent sofort eine Reduktion der Pensionen bewirkt. Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Wenn Sie sagen, dass im Jahr 2007 der Verlust auf Grund dieser Maßnahmen zirka 10, 11 Prozent betragen wird, dann gebe ich Ihnen völlig Recht – wenn nichts geschieht, aber einen entsprechenden Vorschlag dazu habe ich schon gemacht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin Silhavy! Ich habe nicht so viel Zeit, um auf Ihre Zwischenrufe einzugehen. Hören Sie mir zu!

Nun zu den schlechten Aufwertungsfaktoren in der Vergangenheit – und da waren die Sozialdemokraten gemeinsam mit der ÖVP in der Regierung –: Sie haben es verabsäumt, die schlechten Aufwertungsfaktoren bei den lang zurückliegenden Versicherungszeiten durch bessere Aufwertungsfaktoren zu ersetzen. Wenn wir diese schlechten Aufwertungsfaktoren, die nur zirka 60 Prozent des Tatsächlichen ausmachen, auf den Tariflohnindex erhöhen, dann verliert bei einer längeren Durchrechnung niemand etwas, sondern es profitieren die Arbeiter und die Frauen. Warum? (Abg. Mag. Prammer: Sie machen es ja nicht!) – Weil jemand mit 20 bis 35 Versicherungsjahren innerhalb dieser 15 Jahre fest gearbeitet und hohe Beiträge in der Hochkonjunktur gezahlt hat. Diese Gruppen sind auch durch das heutige System benachteiligt, weil sie nicht so bewertet werden, geschätzte Damen und Herren! In diese Richtung werden wir arbeiten. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Wichtig ist aber eine Harmonisierung der Pensionssysteme, ein Abbau der Privilegien, denn niemand wird es verstehen, dass es Leute gibt, die eine Ministerpension und nebenbei einen Abgeordnetenbezug kassieren. Das wird niemand verstehen! (Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen.)

Dort müssen wir anfangen! Ich bin völlig Ihrer Meinung, dass es da rigorose Maßnahmen und auch einen Solidaritätsbeitrag von jenen geben muss, die heute in Pension sind und eine Pension, die über der ASVG-Höchstpension liegt, erreichen. (Jawohl-Rufe und demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Daran werden wir arbeiten! Wir werden unser Möglichstes tun. Sonst gibt es hier keine Zustimmung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.19


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

17.20


Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte, obwohl Herr Präsident Khol nicht mehr anwesend ist, noch ein Wort zu diesem letzten Ordnungsruf für Herrn Kollegen Öllinger sagen, weil ich fürchte, er ist einfach falsch interpretiert worden. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Gemeint war aus meiner Sicht einfach, dass die Regierung mit ihren ständigen Bemerkungen, dass sie dem Druck der Straße nicht nachgeben würde, die Menschen, die auf der Straße ihrer Sorge Ausdruck geben, verächtlich macht, nachdem sie ihnen vorher, vor den Wahlen, das Blaue vom Himmel versprochen hat. – Ich glaube, das war gemeint, so war das zu inter­pretieren, und ich persönlich finde diesen Ordnungsruf zumindest ungerecht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

„Wer sich erhöhtem Risiko aussetzt, muss auch vermehrt damit rechnen, dass etwas passiert.“ – Das hat Herr Staatssekretär Schweitzer heute gesagt, und zwar in Bezug auf die Freizeitabgabe. Aber auf kaum ein anderes aktuelles Thema passt das so gut wie auf die so genannte Pensionsreform: Wer ein höheres Risiko eingeht, muss auch damit rechnen, dass ihm etwas passiert. – Dieses Risiko zwingt uns die Regierung momentan auf. Denn eines ist ganz sicher: Aus einem relativ sicheren Umlagesystem wird ein äußerst unsicheres, ein hochgradig krisenanfälliges Drei-Säulen-Modell.

Während Sie also auf der einen Seite eine Freizeitabgabe wegen hohen Risikos einführen, zwingen Sie uns auf der anderen Seite eine so genannte Pensionsreform auf, im Vergleich zu der jeder Hochrisikosport ein gemütlicher Spaziergang ist! (Beifall bei den Grünen.)

Minister Grasser hat heute gesagt, dass diese Pensionsreform eine Chance für die nächste Generation sei. – Ich weiß nicht genau, wer für Minister Grasser die nächste Generation ist; der Altersunterschied zwischen uns beträgt doch ein paar Jahre. Faktum ist nur, dass alle Menschen, die heute 35 Jahre oder jünger sind, durch diese Pensionsreform sehr große Einbußen haben werden.

Zum Ersten ist das der Fall durch die abrupte Abschaffung der Frühpension, weil sie dadurch – so wie ältere MitarbeiterInnen – von der steigenden Arbeitslosigkeit betroffen sein werden.

Zum Zweiten sind sie spätestens ab dem Jahr 2028 noch einmal betroffen, denn entweder wird der Durchrechnungszeitraum von 40 Jahren dann komplett schlagend, oder, sollte es wie angekündigt ein anderes System geben, dann wird das auch keine Verbesserung bringen, denn es wird wohl niemand glauben, dass sie deswegen mehr Pension bekommen. Es wird nur ein anderes System sein.

Das heißt, die jungen Leute sind die Verlierer bei dieser Pensionsreform – ebenso wie die Frauen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Das ist falsch!)

Was die Zahlen betrifft, möchte ich fragen: Wo sind denn eigentlich die Zahlen hingekommen, die in dem zur Begutachtung ausgesandten Entwurf noch drinnen waren? Darin hatte die Regierung selbst beschrieben, welch negative Auswirkungen diese Pensionsreform haben wird. Es waren in diesem Begutachtungsentwurf bei den Erläuterungen jede Menge Zahlen ent­halten, es gab Tabellen, aus denen zu ersehen war, wie sich die Pensionsreform auswirkt, wer wie viel verliert.

Diese Zahlen sind eigenartigerweise verschwunden, sind in der Regierungsvorlage nicht enthalten, und man fragt sich natürlich, warum nicht. Gibt es irgendetwas zu verbergen? – Der­zeit sieht es so aus, dass man sich gegenseitig Zahlen an den Kopf wirft. Die Regierung hätte


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es sehr leicht gehabt, in den neuen Erläuterungen wiederum Beispiele zu bringen, so wie im Begutachtungsverfahren. Warum haben Sie das nicht gemacht? Dann könnten wir uns an etwas orientieren.

Das Zweite, was auch nicht gerade das Vertrauen stärkt, von dem Sie immer so großartig reden: Der Herr Bundeskanzler hat heute aus einem Artikel von Christopher Prinz zitiert. Es ist heute schon einmal darauf eingegangen worden. Ich möchte ebenfalls daraus zitieren, und zwar, um zu zeigen, wie willkürlich man aus solchen Texten zitieren kann und wie der Herr Bundeskanzler das heute gemacht hat.

Christopher Prinz schreibt im gleichen Artikel auch: Die Regierung hat durch die geplante Nichtanhebung der Aufwertungsfaktoren eine weit reichende, von den Vorschlägen der Re­formkommission abweichende Änderung vorgenommen, wodurch die Pensionsansprüche lang­fristig radikal gekürzt werden. Eine Kürzung in diesem Ausmaß ist aber nicht erforderlich, es sei denn, man möchte den Bundeszuschuss auf nahe Null reduzieren. – Zitatende.

Anscheinend ist es das, was Sie wollen, den Bundeszuschuss auf nahe Null zu reduzieren, sonst wäre das laut Ihrer, auch von Ihnen geschätzten Reformkommission nicht notwendig. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben vorhin gesagt: Wir geben den Leuten Hoffnung!, nämlich Sie von der Regierung. – Das werden, wie ich glaube, die meisten Menschen anders empfinden, wenn Sie mit falschen Zahlen, mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten die Menschen zusätzlich verunsichern. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Regierung predigt das Risiko! Wir haben das heute schon in dieser so oft gelobten Rede von Herrn Minister Grasser gehört, in der immer wieder vorkommt, wie „toll“ das Risiko ist. Die Regierung predigt dieses Risiko, als ob es ein Mantra, ein Gebet, wäre. Das Problem ist nur, dass sie von einem Risiko redet, das sie nicht selbst eingeht. Denn das Schlimmste, was den Regierungsmitgliedern passieren kann, ist, dass sie abgewählt werden und in wenigen Jahren – bei den meisten sind es nur mehr wenige Jahre – eine sehr gute Politikerpension bekommen.

Das Risiko, das Sie der Bevölkerung aufzwingen, ist aber ein ganz anderes, weil sehr viele Menschen in vielen Fällen eine nicht mehr existenzsichernde Pension haben. (Beifall bei den Grünen.)

17.26


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. Die Gesamtredezeit des SPÖ-Klubs ist 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.27


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor ungefähr neun Monaten war in der Zeit­schrift „Format“ ein kleiner Absatz zu finden, in dem zu lesen war, dass Saudi-Arabien die gleichen Kampfjets, die wir zu kaufen gedenken, zum angeblich halben Preis, den wir zahlen sollten, angeboten bekommen hat.

Ich habe damals dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung einen Brief geschrieben, ihm diesen Ausschnitt mitgeschickt, aber keine Antwort bekommen. Das hat mich weiters nicht verwundert. Als allerdings etwa im Jänner klar wurde, dass die Regierung nicht davon abzubringen ist, die teuren Kampfflugzeuge zu kaufen, habe ich dem Herrn Bundesminister für Finanzen, dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung und dem Herrn Bundeskanzler noch einmal die Recherchen des „Observer“ übermittelt, mit der Frage, was sie zu tun gedenken, welche Schlüsse sie daraus ziehen, für etwas das Doppelte zahlen zu müssen, was andere um die Hälfte bekommen können, noch dazu, wenn man es sich nicht leisten kann.

Die Antworten waren phänomenal – ich darf das so sagen. Die ehrlichste kam vom Finanz­minister – ich zitiere –:


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„Dem Bundesministerium für Finanzen ist nicht bekannt, ob, zu welchem Preis und mit welcher technischen Ausstattung Saudi-Arabien Eurofighter kauft oder zu kaufen gedenkt.“ Uns fehlt „Kenntnis jedweder Preisberechnungsbasis (z. B. erworbene Stückzahl, Ausstattung, Logistik, Ausbildungskosten, technische Dokumentation, Bestückung mit Waffen, etc)“.

Jetzt unterstelle ich ihm wohlwollend, mit „et cetera“ hat er vielleicht die Gegengeschäfte gemeint. Es kann nämlich ohne weiteres sein, dass Saudi-Arabien keine Gegengeschäfte vereinbart hat und daher diesen Flieger um die Hälfte bekommt. Das würde aber bedeuten, dass wir sie berappen müssten.

Der Herr Bundesminister für Landesverteidigung hat mir mitgeteilt – ich zitiere –: „Die in der Anfrage aufgestellte Behauptung“ – ich betone, ich hatte nichts behauptet, nur aus einer an­gesehenen Zeitung zitiert, die von EADS unbeanstandet zitiert hatte –, „,dass die von der Bun­desregierung beschlossenen Eurofighter doppelt so viel‘ kosten ,wie jene vergleichbaren Euro­fighter, die nach Saudi-Arabien geliefert werden sollen‘, lässt sich im Lichte der dem Bun­desministerium für Landesverteidigung vorliegenden Fakten nicht nachvollziehen.“ Und der Herr Bundeskanzler schreibt: „Mir ist weder der Preis noch der technische Umfang, zu dem Saudi-Arabien die Eurofighter beschafft, bekannt.“

„Ich verweise auf die Beantwortung des Bundesministers für Landesverteidigung.“ – Der wiede­rum sagt: Ich verweise auf die „mehrfach durch mich ... gegebene Auskunft.“ – Ich frage mich nur, wann Herr Bundesminister für Landesverteidigung Platter dem Parlament jemals über den anstehenden Kauf von Eurofightern Auskunft gegeben hat!

Meine Damen und Herren! Ich betone, und das möchte ich ausdrücklich festhalten, dass möglicherweise Indizien nicht nachgegangen wurde, die darauf hinweisen, dass hier der Steuerzahler vielleicht nicht so vertreten worden ist, wie er es sich verdient hätte.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass der Kauf der Abfangjäger beschlossen wurde. Ich darf aus der Zeitschrift „Die Presse“ zitieren – kein rotes Kampfblatt, wie Sie wissen. Darin steht:

„Abfangjäger-Kauf beschlossen“.

„Dies, obwohl der Endbericht der Kommission des Bundesheeres gegenüber dem Berichts­entwurf ,geschönt‘ wurde. Kritische Bemerkungen zum Eurofighter, etwa dass er noch über keine Truppenreife verfüge und daher mit ,Kinderkrankheiten‘ und Problemen zu rechnen sei, wurden aus dem Papier beseitigt.“

Und weiters: „Als Flugzeug für reine Luftraumüberwachungsaufgaben ist der Eurofighter laut Expertenansicht ,deutlich überqualifiziert‘. Der Kauf des Eurofighters mache einzig dann Sinn, wenn Österreich zur NATO beitrete und österreichische Piloten auch internationale Kampf­ein­sätze fliegen müssen.“

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Für dieses Ansinnen werden Sie die Sozialdemokraten nie bewegen können, das darf ich Ihnen hier garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man den Ausführungen des Kollegen Murauer gefolgt ist – und ich habe mich bemüht, ihm zuzuhören –, dann musste man schon froh sein, dass er auf Grund der Auslegung der gesetzlichen Lage der Verfassung, wie er den Luftraum verteidigen will, nicht noch auf die Idee gekommen ist, Patriot-Raketen anzuschaffen, denn gegen Inter-Continental-Raketen ist auch der Eurofighter chancenlos, meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Das wäre nicht so dumm, Herr Kollege!)

Wir haben heute die Frage gehört, und gestern hat sie auch Herr Bundesminister Bartenstein bei einer Diskussion im ORF hören müssen, als er gefragt wurde, ob er sich denn nichts dabei denke, wenn man sich keinen Rolls-Royce leisten könnte, ob man dann nicht statt dessen einen


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gebrauchten Vectra oder Passat kaufen sollte. Aber er hat das Argument einfach vom Tisch gewischt.

Meine Damen und Herren! Wir haben heute bei der Budgetrede des Bundesministers für Finanzen einige Aufschlüsse erhalten. Ich habe auch gehört, dass der Herr Präsident des Nationalrates und der Herr Bundeskanzler die Ausführungen des Finanzministers ausdrücklich gelobt haben. Dabei unterstelle ich ihnen noch einmal wohlwollend, vielleicht doch nicht genau aufgepasst zu haben.

Die zitierten Aussagen zweier Herren – zum einen Schumpeter, der, wie wir wissen, ein gescheiterter Finanzminister war, der sich dann schmollend nach Graz zurückgezogen hat, zum anderen F. A. von Hayek, der 10 Prozent Arbeitslosigkeit in Kauf genommen hat, um die Wirtschaft in Schwung zu halten – haben gezeigt, was uns von dieser Regierung trennt (Beifall bei der SPÖ und den Grünen), nämlich die Sorge, dass die Menschen in diesem Land Beschäftigung haben und dass der soziale Friede gewährleistet ist.

Ein Politiker, der jenem Ansinnen Folge leistet, das F. A. von Hayek formuliert hat, ist aus meiner Sicht der größte demokratiepolitische Irrtum der Zweiten Republik. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.32


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Er hat das Wort.

17.33


Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Frau Minister! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Eines ist bei diesem Dringlichen Antrag schon interessant: Ich hätte mir zumindest erhofft, dass die Oppo­sition heute hier am Rednerpult steht und einmal sagt, wie es geht. Sie sagen immer, wie es nicht geht. Sagen Sie einmal, wie es geht in dieser Situation! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich frage mich das wirklich. Wie ich jetzt erfahren habe – da ich erst ganz kurz im Parlament bin –, hat es eine Pensionsreform-Kommission gegeben, und da sind angeblich auch die Arbeiterkammer und der ÖGB mit einbezogen gewesen. (Abg. Mag. Molterer: „Angeblich?“ – Die waren dabei!) – Die waren dabei! Jetzt frage ich mich: Reden eure Juristen überhaupt mit euch? Oder hat euch vorher nicht interessiert, was dort ausgehandelt worden ist? – Das würde mich sehr interessieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn sich heute Herr Kollege Cap hier herausstellt (Zwischenruf des Abg. Schopf) – Walter, du kommst auch gleich dran! – und erklärt, dass wir in Österreich eine Rekordarbeitslosigkeit haben, dann muss ich sagen: Erinnert euch einmal zurück, als ihr den Bundeskanzler gestellt habt! Ich kann mich noch sehr gut erinnern, da haben wir in Österreich nicht 300 000 Ar­beitslose gehabt, sondern 360 000 bis 370 000! Für mich ist jeder Arbeitslose einer zu viel. Aber man kann sich nicht hier heraus ans Rednerpult stellen und mit Steinen werfen und dabei selbst im Glashaus sitzen. Da würde ich an Ihrer Stelle einmal vorsichtig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf auch ganz kurz auf die Demonstrationen zu sprechen kommen. Werte Kolleginnen und Kollegen! Eines möchte ich euch wirklich sagen: Ich glaube, wir im Parlament sind nicht dazu da, die Bevölkerung zu beunruhigen, ihr nicht die Wahrheit zu sagen, Demonstrationen zu machen, auf die Straße zu gehen, statt herzugehen und in diesem Haus gemeinsam – auch mit der Opposition – dieses Papier zu erarbeiten, Reformvorschläge einzubringen und durch­zudiskutieren, so wie das die Freiheitlichen machen. (Abg. Öllinger – ein Inserat der Regierung in die Höhe haltend –: Ist das die Wahrheit?!)

Ihr haltet uns vor, wir trauen uns nicht zu den Leuten hinaus. – Ich war gestern bei der Demonstration. Ich habe mit den Jugendlichen diskutiert. Wisst ihr, was die mir erzählt haben? Sie haben mir erzählt, dass sie in eurem Auftrag hingehen und dort demonstrieren, weil sie


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keine Pension mehr bekommen. Ich habe gesagt: Nein, das ist nicht so! Damit ihr eine Pension bekommt, müssen wir eine Reform machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt noch viele Probleme. Und ich muss mich jetzt wirklich an die Opposition wenden: Ihr seid hauptmitschuldig! Wer hat dieses System in Österreich geschaffen? Wenn ihr schreibt „Kein Pensionsraub!“, dann muss ich euch fragen: Was habt ihr denn in den letzten Jahr­zehnten mit den ASVGlern gemacht? Wer hat denn drei unterschiedliche Pensionssysteme in Österreich eingeführt? Wer hat Privilegierte und Nicht-Privilegierte eingeführt?

Da kann man sich jetzt nicht hier herausstellen und sagen: Ihr Bösen, was ihr da macht! – Ihr seid hundertprozentig mitverantwortlich für dieses System! (Abg. Öllinger: Wir? – Sie haben keine Ahnung!) Ich erinnere euch an eure Pflicht: Helft mit, dieses den ASVGlern gegenüber ungerechte System in Österreich in ein gerechtes umzuwandeln! (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Abg. Öllinger: Wo man noch weniger bekommt als in der ASVG!)

Wenn ich mir diesen Begutachtungsvorschlag ansehe, dann erkenne ich, wie viele Ände­rungsvorschläge wir Freiheitlichen bereits eingebaut haben. Es ist traurig, ihr wollt das einfach nicht wahrhaben. Ich habe aber keinen einzigen Vorschlag von der SPÖ gehört. Der ÖGB macht ab und zu Vorschläge.

Ich muss sagen, was in den letzten Tagen passiert ist, ist beunruhigend. Es ist nicht gut, wenn man hergeht und Arbeitnehmer in den Betrieben aufhetzt, die Arbeit niederzulegen, wenn man genau weiß, welche Folgen das hat. Ich bin nur neugierig, wo dann die Vertretung ist, wenn einer arbeitsrechtliche Probleme bekommt, wenn er Lohneinbußen hat und vieles mehr. Wird dann auch Schützenhilfe gegeben werden? Darauf bin ich wirklich neugierig, ob das dann wirklich so stattfindet.

Ich bin für alles startbereit, wenn es einen Sinn hat. Aber ich glaube, es wäre wichtiger und sinnvoller gewesen – auch von Seiten des ÖGB, in dem ich selbst langjähriges Mitglied und Betriebsrat bin; 34 Jahre! –, zu sagen: Zuerst verhandeln wir, zuerst stellen wir uns der Chefität oder dem Partner und verhandeln sinnvoll, wenn nichts dabei herauskommt, dann können wir über alles reden. Dann werdet ihr den Max Walch auch dafür gewinnen.

Wir sind aber schon so weit, dass wir mit dieser Reform im Endstadium sind und jetzt nur noch einen kleinen Schliff machen müssen. Daher ersuche ich euch wirklich, nicht zu polemisieren. Wir sagen im Mühlviertel: Spucken wir in die Hände, gehen wir es an! Schaffen wir ein System, damit alle in Österreich, sowohl die vor der Pension Stehenden, aber auch die Jugendlichen, ein gesichertes Pensionssystem haben! – Danke. (Bravorufe und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.38


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

17.39


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Hohes Haus! Wir haben heute am Vormittag von Finanzminister Grasser gehört, es gibt zwei große, ausgestreckte Hände in dieser Pensions­diskussion. – Ich habe in der ganzen Debatte nicht einmal einen ausgestreckten kleinen Finger bemerkt. (Beifall bei den Grünen.)

Die parlamentarische Behandlung dieser großen Reform ist ein Witz! Das gibt es in keinem europäischen Land, dass eine so große Reform in solch einem Tempo durchgepeitscht wird! „Speed kills“ hat Österreich schon viel Schaden gebracht. Ich hoffe, dass in diesem Fall noch einmal die Vernunft einkehrt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.39


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.


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Wir kommen zur Abstimmung, und zwar wird abgestimmt über den Selbständigen Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die diesem Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen ihre Zustimmung erteilen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Damit ist die Aussprache über den Dringlichen Antrag beendet.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 152/AB


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Kurzdebatte über die Anfragebeant­wor­tung 152/AB der Frau Bundesministerin Gehrer.

Die genannte Anfragebeantwortung ist im Sitzungssaal als Schriftstück verteilt worden, eine Verlesung durch einen Schriftführer ist daher nicht erforderlich.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass der Erstredner eine Redezeit von 10 Minuten hat und die Abgeordneten in der weiteren Debatte eine Redezeit von 5 Minuten haben. Wenn ein Mitglied der Bundesregierung Stellung nimmt, dann soll die Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten.

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Grünewald, Sie haben das Wort.

17.41


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Gäste im Publikum! Fragestunden haben es oft in sich; was ich schon alles erlebt habe, war nicht immer erfreulich. Ich meine, sowohl Frage­stunden als auch parlamentarische Anfragen sollten nicht zu Spiel und Ritual verkommen.

Frau Bundesminister! Sie werden als Bildungsressortchefin wissen, dass Neugierde und der Wunsch nach mehr Wissen und etwas besser zu verstehen, insbesondere die Entscheidungen der Bundesregierung, an und für sich zur Natur des Menschen gehören und letztlich auch Ausgangspunkte der Wissenschaft sind. Daher erinnere ich Sie daran, dass die Bestellung von Universitätsrätinnen und -räten wie des Universitätsrates selbst, der übermächtig ist, an den Universitäten immer die Sorge hervorgerufen hat, dass parteipolitischer Einfluss zunimmt und letztlich die Universitätspolitik auch beeinflusst und bestimmt.

Diese Sorgen und Klagen seitens der Universitäten habe ich zum Anlass genommen, Ihnen einige Fragen zu stellen. Ich habe Sie nicht gefragt: Warum ist die Banane krumm?, sondern ich habe Sie ganz konkret danach gefragt, weshalb der Großteil der nominierten Universitäts­rätinnen und Universitätsräte durch eine besondere Nähe zu Ihrer Partei, zur ÖVP, bekannt ist.

Ich habe Sie gefragt, weshalb acht Personen, die nominiert worden sind, dem Personenkomitee für Wolfgang Schüssel im letzten Nationalrats-Wahlkampf angehörten.

Ich habe Sie auch gefragt, wie Sie die Nominierung von Mitgliedern schlagender Burschen­schaften begründen können und ob Sie bei der Nominierung von einigen Personen an der Innsbrucker Universität nicht Unvereinbarkeiten darin sehen, dass diese nicht nur in einem Naheverhältnis zum Anstaltsträger des Landeskrankenhauses, ja sogar in einem Dienst­ver­hältnis zu ihm stehen. Ist nicht schon allein dadurch eine Inbalance gegeben, dass Leute der zukünftigen Medizinuniversität Innsbruck diesem Rat nicht angehören dürfen, jene der Holding, die in einem natürlichen Konkurrenzverhältnis zur Universität steht, aber – nach Ihren Hand­lungen – sehr wohl?

Frau Bundesminister! Ich weiß, dass Sie bestimmte Allergien erworben haben in Bezug auf das Wort „Problem“. Sie wollen es nicht mehr hören, haben gesagt, es sei nicht gewünscht, es im


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Ministerium in Ihrer Gegenwart in den Mund zu nehmen, und wollten es ersetzt haben durch „Herausforderung“. – Jetzt habe ich Sie herausgefordert mit zehn Fragen, und Sie scheinen damit ein Problem zu haben (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), weil Sie diese nicht sehr konkret, teilweise sehr oberflächlich beantwortet haben. Auf Grund dessen muss ich mich jetzt herausgefordert fühlen, und nun beißt sich die Katze in den Schwanz. Ich hoffe, dass wir das auflösen können.

Soll es wirklich heißen: Geh zu Jubiläumsfeiern der Bundesregierung, geh in das Personen­komitee für Schüssel, dann wirst du für einen Menschen der österreichischen Gesellschaft gehalten, der in verantwortungsvoller Position steht, und das ist ein Grund dafür, dass man dich nominieren kann!?

Glauben Sie wirklich, dass man durch die Teilnahme an diesen Feiern schon den wissen­schaftlichen Blick geschärft hat, Wahlwerbung zu betreiben? Gibt es auch außerhalb des Personenkomitees von Schüssel anständige – sage ich jetzt den Freiheitlichen zuliebe –, tüchtige und kluge Menschen? Gibt es auch außerhalb des Raiffeisensektors Bankdirektoren, die man nominieren könnte? – Anscheinend nein.

Gibt es MedienspezialistInnen, die nicht dem unabhängigen ORF vorstehen und dann in den Rat nominiert werden? Gibt es Medienspezialisten, die gut sind, die nicht von der ÖVP in den Publikumsrat des unabhängigen ORF nominiert und dann Universitätsräte wurden? Wie steht es mit Lindner und dem unabhängigen ORF?

Wodurch haben sich Mitarbeiter von Haupt und Reichhold qualifiziert, Universitätsräte zu werden? Behandeln sie dort die Sektoren Pensionen, Weltraumforschung oder Ambulanz­gebühren? Ich weiß es nicht.

Wie konnte man die verärgerte FPÖ trösten, nachdem so viele ÖVPler und ÖVPlerinnen oder der ÖVP nahe stehende Personen nominiert wurden? Wirklich nur durch die Nominierung von Mitgliedern schlagender Burschenschaften? Ich weiß nicht, wie sehr Säbelschläge ins Gesicht und auf das Haupt das Denkvermögen erhöhen. Ich glaube eher, dass sie den zerebralen Stoffwechsel in den Keller fahren, und das halte ich nicht für günstig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nun komme ich zu den erwähnten „Olympioniken“. Der ehemalige Wissenschaftssprecher der FPÖ und Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im Parlament Graf ist „Olympionike“ und hat auch, scheint mir – ich habe so etwas nicht nur läuten gehört; es war zumindest in der Stärke einer Pummerin –, Vorschläge gemacht. Graf wird im „Spiegel“ zitiert:

„Die heutigen Staatsgrenzen sind willkürlich gezogen; das deutsche Volkstum muß sich frei in Europa entfalten können.“

Das wird der Reputation der österreichischen Universitäten im internationalen Kontext „unge­heuer“ gut tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Oder ist es ein freiheitlicher Beitrag zur Südosterweiterung der EU? – Ich weiß es nicht, ich glaube aber nicht.

Wer sich unter Burschenschaftern bewährt hat, wird Graf im „Spiegel“ zitiert, der wird es auch in der Politik schaffen. – Sie (in Richtung der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Gehrer) geben ihm Recht, Sie haben es in der Politik geschafft.

Jetzt werde ich Ihnen ganz kurz noch etwas über die „Olympia“ sagen. In einem Einla­dungsflugblatt steht geschrieben – jetzt versuche ich, schnell zu lesen, denn davon sollten Sie sich keinen Satz entgehen lassen (Abg. Dr. Van der Bellen: Langsam!), ja, langsam schnell –:

„Jede Menge Sturm und Bier, solang die Kehle kann.“ – Das ist fast schon ein Jambus. – „Musikberieselung ohne den geringsten Anspruch auf Botschaft und Kunst. Spaß mit rassistischen oder wenigstens unappetitlichen Männerwitzen. Vitamin- und ballaststoffarme


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Hausmannskost, fett und füllend. Entspannend oberflächliche Unterhaltung unreflektierter Vor­urteile voll. Selbstlob, Schulterklopfen, Lebensfreude. Kein Mitgefühl mit Würmern.“ – Aha, wen meint er mit Würmern? Ich denke es mir.

Weiters: „Niveauvolles Geplauder, zwar akademisch, doch mit Herz. ... Wir sind normal geblieben unter dem Schutt der Zeit. An uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast spurlos vorübergegangen.“ – Na bravo, das legitimiert.

Dann kommt es: „Bist Du häßlich, fett, krank oder fremd im Lande, bist Du von Sorgenfalten, Weltschmerz oder linksliberaler Gesinnung gepeinigt, trägst Du alternative Schicki-Kleidung oder gar ein Flinserl im Ohr, studierst Du Publizistik“ – das hat doch irgendetwas mit der Universität zu tun –, „Politologie oder Theologie“ – das sind ja Fächer der Universitäten, damit wird sich der Rat beschäftigen müssen – „oder gar nicht, hast Du den Wehrdienst verweigert oder eine Freundin, die weder schön noch still ist, kurz: bist Du auf irgendeine Weise abnormal oder unfröhlich, dann bleib lieber zu Hause, Du würdest sowieso nicht eingelassen werden.“

Frau Minister Gehrer! Die Bundesregierung hat sich mit diesen Leuten eingelassen und sie eingelassen in die Universitäten und in die Räte. Die Universitäten haben protestiert, auch voran der Präsident der Rektorenkonferenz, auch die Forschungsfonds-Präsidenten haben gemeint, das werde unserer Reputation im Ausland nicht gut tun. – Wie weit wollen Sie noch gehen? Wie weit können Sie sich treu bleiben in einer Bundesregierung, die solche Türen aufstößt, die nicht so schnell wieder geschlossen werden können? Diese Räte sind nämlich für fünf Jahre nominiert, können Rektoren wählen, sie auch wieder absetzen und werden Ihre Legislaturperiode überdauern. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.49


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll bitte 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin. (Abg. Dr. Jarolim: Jetzt besteht Erklärungsbedarf!)

17.50


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Stellungnahme des Herrn Abgeordneten Grünewald hat sich ausschließlich darauf bezogen, Menschen ob ihrer politischen Gesinnung in Misskredit zu bringen (Abg. Öllinger: Die haben sich selbst in Misskredit gebracht! – Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine schwache Antwort! – Abg. Dr. Trinkl: Jarolim, ...! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen), hat sich ausschließlich darauf bezogen, jenen Menschen, die sich zu einer politischen Gesinnungsgemeinschaft bekennen, abzusprechen, dass sie im Universitätsbereich tätig sein können, dass sie als Universitätsräte tätig sein können. (Abg. Dr. Lichtenberger: Von der Aus­schließlichkeit reden wir!) Ich lehne diese Meinung vehement ab. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte es für einen Vorzug in unserer Bürgergesellschaft, wenn Menschen bereit sind, sich zu engagieren, wenn Menschen bereit sind, sich für etwas einzusetzen. Ich würde mir von Ihnen wünschen, dass Sie mit genau derselben Akribie jene Universitätsräte überprüfen, die von den Universitäten benannt wurden, wie viele davon anderen Parteien als jenen, die Sie jetzt genannt haben, nahe stehen; da gibt es auch etliche. Ich hätte mir gerade von einem Grünen mehr Toleranz erwartet, wo sie doch immer von Frieden in unserer Gesellschaft reden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben auch moniert, Herr Abgeordneter Grünewald, dass das Wort „Problem“ in meiner Gegenwart nicht erwähnt werden dürfe. Sie dürfen es erwähnen, so oft Sie wollen. Meine Mitarbeiter sind positive Menschen, sie denken in Herausforderungen und nicht in Problemen, aber Sie können das Wort „Problem“ in den Mund nehmen, so oft Sie wollen, das bleibt Ihnen völlig unbelassen.

Wir haben Ihnen auf Ihre Fragen ganz sachliche und ganz nüchterne Antworten gegeben. Die Kriterien sind vollkommen klar. Es müssen Menschen sein, die „in verantwortungsvollen


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Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, der Kultur und der Wirtschaft, tätig sind oder waren und auf Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten können“. (Abg. Mag. Posch: Sie sollen auch Gedichte schreiben!)

Dies ist die Zielsetzung bei der Auswahl der Universitätsräte. Ich habe mich noch dazu sehr bemüht – und habe dies auch geschafft – von 59 Universitätsräten 30 Frauen zu benennen. Die Grünen, die immer für Gender Mainstreaming sind, haben das mit keinem Wort gewürdigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, hinter dem heutigen Wunsch nach der kurzen Bespre­chung dieser Anfragebeantwortung steckt etwas ganz anderes. Es sind Hochschüler­schafts­wahlen, Sie wollen dieses Thema wieder einmal zur Sprache bringen, und außerdem ist es Ihnen nicht Recht, dass die Universitätsreform so gut funktioniert. (Abg. Dr. Grünewald: Was sagt der Rektor Winckler dazu? – Abg. Dr. Brinek: Das werden Sie schon sehen mit der Reform!)

Ich kann Ihnen nämlich mitteilen: Die Universitätsräte arbeiten bestens, die Universitätsräte sind eine große Stütze für die Universitäten. Die Gründungskonvente sind von den Universitäten zeitgerecht bestellt worden. Die Universitätsräte sind zeitgerecht bestellt worden. Die Rektoren werden bereits gewählt; 10 von 21 Rektoren sind bereits gewählt. Das heißt, die Umsetzung der Universitätsreform funktioniert sehr gut, die Universitäten engagieren sich, arbeiten positiv mit. Das, was Sie wirklich stört, meine Damen und Herren von der Opposition, ist, dass das Universitätsgesetz 2002 europaweit und international Anerkennung findet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen eine ganze Liste zeigen, von wem unsere Vertreter zu Referaten eingeladen werden. Ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“:

„Neidvoll blicken deutsche Reformer nach Österreich, wo ein neues Gesetz die Hochschulen in die Freiheit entlässt.“

Ich darf Ihnen auch mitteilen, dass die SPD-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen, die Ministerin für Wissenschaft und Forschung, Frau Kraft, unsere Vertreter eingeladen hat, um mehr über unser Universitätsgesetz, die Implementierung und die Umsetzung zu erfahren.

Das Universitätsgesetz funktioniert, die Universitäten arbeiten bestens, und ich danke allen, die sich positiv engagieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.54


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen die Debatte fort. Jede Fraktion hat 5 Minuten Redezeit. Beginn: Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

17.55


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzter Herr Kollege Grünewald, ich darf eines frei heraus sagen: Ihrer Anfrage liegt ein sehr spezifisches Verständnis von Demokratie zugrunde. Dieses ist geprägt von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber den Parteien, obwohl Sie selbst auch nominiert sind von einer politischen Partei, die genauso anerkannt ist wie die hier in Diskussion stehende. – Nehmen Sie die repräsentative Demokratie ernst oder verabschieden Sie sich davon, aber dann verabschieden Sie sich auch bitte konsequent davon! (Beifall bei der ÖVP.)

Mit welchem Recht, Herr Abgeordneter Grünewald, sagen Sie, die Kollegen aus dem Bereich der Universitäten seien weniger geeignet, weil sie das Kanzlerteam unterstützt haben, den Kanzler unterstützt haben, der ÖVP nahe stehen? Ist diesen Personen jetzt die Qualifikation abgesprochen? Wären sie bessere Universitätsräte, wenn sie im Team von Gusenbauer mitgearbeitet hätten? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Was sagen Sie, Herr Abgeordneter Grünewald? Sind denn die in der ersten Runde der Konstituierung des Fachhochschulrates von der SPÖ nominierten Räte weniger wert gewesen, weniger qualifiziert gewesen, weil sie der SPÖ nahe gestanden sind? (Abg. Dr. Grünewald: Haben Sie das gehört?) Ja, das habe ich in den Protokollen nachgelesen. Sie unterstellen den Personen, sie seien, nur weil sie ein Naheverhältnis zu einer legitimierten Partei, vertreten im österreichischen Parlament, hätten, nicht qualifiziert. (Abg. Mag. Prammer: Das hat er aber nicht gesagt! – Abg. Öllinger: Das hat er nicht gesagt!)

Ich lese Ihnen Ihre eigene Anfrage vor, ich habe sie vor mir liegen: „Wie erklären Sie die Tatsache, dass ein Großteil der von der Bundesregierung nominierten Universitätsräte durch ihre Nähe zur ÖVP bekannt sind?“

Allein das Ergebnis vom 24. November 2002 zeigt, dass wahrscheinlich mehr Menschen der ÖVP nahe stehen als den Grünen. (Beifall bei der ÖVP.) Es wird daher auch nicht so viele grüne Räte geben.

Herr Kollege, das zeigt Ihr problematisches Verhältnis zur Parteiendemokratie. Wenn Sie den Personen mangelnde Qualifikation vorwerfen, dann nennen Sie die Dinge beim Namen! Wenn Sie andere Vorwürfe vorzubringen haben, dann gehen Sie den Rechtsweg! Aber sprechen Sie ihnen nicht auf Grund ihrer Nähe zu einer Partei ihre Qualifikation ab! (Zwischenruf des Abg. Dr. Grünewald.) Hier steht es in Ihrer Anfrage.

Ich habe noch eine Frage an Sie, Herr Abgeordneter Grünewald! Sie sagen sinngemäß, ein von der FPÖ nominierter Experte im Rahmen der parlamentarischen Enquete zur Uni-Reform wäre für weitere Funktionen eigentlich nicht mehr geeignet, denn er wäre punziert. (Abg. Dr. Grüne­wald: Nein! Haben Sie seine Wortmeldung gehört?) – Herr Kollege Grünewald! Warum punzieren Sie denn damit den von Ihnen nominierten Experten Professor Schmidt-Dengler? (Abg. Dr. Grünewald: Er hat klüger gesprochen!) Sollte ihm auch – weil er von den Grünen no­miniert wurde – ein für alle Mal die Qualifikation für eine Funktion im Rahmen der universitären Selbstverwaltung abgesprochen werden? Warum diskriminieren Sie, warum verunglimpfen Sie jene Personen, die sich der Regierung und dem Parlament mit ihren Expertisen zur Verfügung stellen, ohne qualitative Mängel anführen zu können? (Abg. Dr. Grünewald: Weil ich sie gehört habe!) Das ist Ihr eigenes Urteil, aber bitte begründen Sie auch, weshalb das eine schlechte oder nicht ausreichende Qualifikation sein soll! (Abg. Dr. Lichtenberger: In Ihrer Welt darf man nicht einmal mehr Fragen stellen!)

Sollte es ein Fall für die Justiz sein – bitte, treten Sie heraus und sagen Sie das! Ich habe keine Klagen von meiner Universität gehört – als es um die Wahl des „ungraden“ Unirats-Mitgliedes Kothbauer gegangen ist –, dass sich das von Ihnen zitierte Mitglied – ich nenne keinen Namen – nicht demokratisch oder vielleicht anderswie problematisch verhalten hätte.

Herr Kollege Grünewald, überprüfen Sie Ihr Verhältnis zur repräsentativen Demokratie, wenden Sie reziprok dieselben Thesen an, die Sie auch hier angewendet haben, überprüfen Sie, ob Sie hier nicht Ihre Vorbehalte gegen das Universitätsgesetz insgesamt zugrunde legen, und hören Sie auf, die erfolgreiche Implementierung zu blockieren! Lassen Sie in der Bürgergesellschaft mehrere Parteien und die mehreren Parteien nahe stehenden Personen zu! Wenn Sie an deren Qualität etwas auszusetzen haben, dann zeigen Sie das auf!

Unterstellungen und Missbrauch im Sinne des ÖH-Wahlkampfes haben hier im Parlament eigentlich nichts zu suchen. An Ihrer Aufregung sehe ich – wie hat es heute geheißen? –: Wer schreit, hat Unrecht! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.00


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.

18.00


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! In Ihrer Anfrage haben Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, hinein-


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zuschreiben vergessen, dass der Frauenanteil bei den von der Universität zur Verfügung ge­stellten Mitgliedern nur 10 von 59 betragen hat. (Abg. Öllinger: Schreiben Sie uns jetzt auch schon die Anfragen vor?) Das ist ja das, was für Sie sonst immer so wichtig ist! – Das haben Sie in diesem Fall aber übersehen. Das hat Sie anscheinend nicht so sehr interessiert wie ande­re Dinge, die für Sie nur ideologisch ausgerichtet sind. (Abg. Sburny: Da kann die Ministe­rin ausnahmsweise nichts dafür!) Ah, da kann die Ministerin nichts dafür. Aber sie hat das, was da an den Universitäten sozusagen passiert ist, nämlich dass die Frauen hier nicht be­rück­sichtigt wurden, ausgeglichen, indem eben durch sie von 59 Personen immerhin 30 Frauen nominiert wurden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dafür gab es nicht einmal ein lobendes Wort von Ihrer Seite. Das war ja auch nicht interessant, denn was die Universitäten betrifft, so interessiert Sie ja nur, dass man ein solches Gremium möglichst gut ideologisch auch von Ihrer Seite her besetzen kann. Da interessiert Sie nicht, dass es Kompetenz und Qualität gibt (Abg. Dr. Grünewald: Das interessiert uns sehr!) und dass diese auch für Besetzungen ausschlaggebend sein müssen. Für die linke Seite ist es nämlich undenkbar, dass es andere Persönlichkeiten gibt, die Kompetenz und fachliche Qualität haben, die nicht ihrer Ideologie angehören, denn das darf nicht sein – und schon gar nicht an den Universitäten! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie wollten sogar, dass die Landeshauptleute die Universitätsräte nominieren lassen (Zwi­schen­ruf bei den Grünen) – das war vielleicht nicht Ihr Vorschlag, aber ein Vorschlag der SPÖ –, um da eben auch wieder eine Einflussmöglichkeit zu haben.

Da Sie den Präsidenten der Rektorenkonferenz erwähnt haben, sage auch ich Ihnen etwas, und zwar zum Thema Demokratie an den Universitäten: Es wurde von Seiten des Ringes Freiheitlicher Studenten immer wieder um die Möglichkeit angesucht, Veranstaltungen ab­zu­halten. Im konkreten Fall war eine Veranstaltung anlässlich der Präsentation des Buches „Vom Liberalismus zur Anarchie“ des Historikers Rudolf Graf Czernin im Hörsaal 33 der Uni Wien geplant.

Was ist passiert mit dieser ordnungsgemäß angemeldeten Veranstaltung – geplant von einer nicht linksgerichteten Organisation, die eben auch bei den Hochschülerschaftswahlen kan­didiert –, die da auf universitärem Boden hätte stattfinden sollen? – Auf Grund einer be­fürchteten Gegenveranstaltung hat man hier, so hieß es, die Sicherheit nicht mehr garantieren können, und deshalb wurde diese Veranstaltung abgesagt!

Meine Damen und Herren! Wenn das das Demokratieverständnis ist, das an der Universität herrscht, dann sage ich: Danke schön! – So darf es doch wohl wirklich nicht sein, dass nur deshalb, weil linke Demonstrationen gegen eine Veranstaltung einer Organisation, die man nicht haben will, angesagt sind, diese Veranstaltungen abgesagt werden – nur deshalb, weil De­monstrationen befürchtet werden! Das, bitte, ist traurig für die Universität in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Wer hat sie abgesagt? – Abg. Scheibner: Welche sind die Organisationen, die die Sicherheit gefährden?)

Der Universitätsrektor, Herr Professor Winckler, hat sie abgesagt. Ja, aber die Demonstrationen wurden von Ihrer Gruppierung auf der Universität, von Ihrer Vorfeldorganisation angesagt, das ist der Punkt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ach, diese kennen Sie nicht? – Entschuldigung, Ihre Studentenorganisationen kennen Sie nicht einmal! Ich kenne den Ring Freiheitlicher Studenten schon, und ich bin sehr wohl der Meinung: Wenn eine Veranstaltung geplant ist, dann sollte die Gruppierung, egal welcher ideologischen Ausrichtung, die Möglichkeit haben, diese Veran­staltung stattfinden zu lassen! Jede Gruppierung sollte in einer Demokratie die Möglichkeit haben, auch den entsprechenden Schutz zu erhalten, um diese Veranstaltung stattfinden zu lassen. (Abg. Öllinger: Nicht jede!) Dem RFS hat man ja nicht untersagt, aktiv zu sein, als Verein Veranstaltungen auf der Uni stattfinden zu lassen. Für mich zeugt die Vorgangsweise in diesem Fall daher wirklich von einem falschen Demokratieverständnis.

Deshalb gelten für mich auch nicht die Aussagen des Rektors, des Herrn Professors Winckler, der bei einigen Uni-Räten sehr wohl auch Probleme hat, wenn jemand solch ein Demo-


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kratieverständnis hat, dass er einerseits Veranstaltungen auf Grund befürchteter Demonstra­tionen absagt und andererseits – so wie andere Personen hier in diesem Haus – Angst davor hat, dass es fachlich kompetente Persönlichkeiten an den Universitäten gibt, die nicht ihrer linkslinken Ideologie entsprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.05


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Gleiche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

18.05


Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Nicht nur, wer laut spricht, hat Unrecht, man kann auch leise reden und nicht sehr Recht haben. Ich jedenfalls habe Frau Dr. Brinek einmal auf der Straße vor dem parla­mentarischen Haus in der Schenkenstraße getroffen und sie gebeten, doch nicht auf jede meiner Aussendungen die Wahl einiger Universitätsräte betreffend mit inhaltsarmen Pflicht­aussendungen zu antworten. Sie sagte: Wären Sie mit uns in einer Regierung, dann gäbe es andere Uni-Räte! – Da muss ich sagen: Es wäre es fast wert gewesen, wenn ich mir einige der Uni-Räte anschaue, die Sie bestellt haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben Frau Bundesminister Gehrer schon vor Monaten auf schwere Fehler bei der Bestellung der Universitätsräte, einiger Universitätsräte, hingewiesen, aber Frau Gehrer hat es vorgezogen, auf diese berechtigten Einwände nicht zu achten.

Unser erster Einwand betraf Herrn Dr. Friedrich Stefan, einen bekennenden Burschenschafter, der heute noch uns Österreicher zum deutschen Volk zählt. Ich persönlich habe da angesichts meines Familiennamens die gleichen Probleme wie etwa eine Million anderer Österreicher.

Herr Dr. Stefan schwärmt auch noch Jahrzehnte nach 1945 – ich lese es Ihnen kurz vor – wörtlich von einer „eindrucksvollen Feier im Konzerthaus anlässlich der Überführung der waffenstudentischen Korporationen“ – einer gehört er an, nämlich der heute schon mehrmals zitierten „Olympia“ – „in die Gliederungen der NSDAP“. (Ruf bei der SPÖ: Ein Skandal!)

Herr Dr. Stefan spricht auch Jahrzehnte nach 1945 immer noch davon, dass wir alle uns „in der Gewalt der Siegermächte“ befänden, und er spricht von „Umerziehern und ihren deutschen Helfern“.

Ich, Frau Bundesminister, fühle mich nicht umerzogen, wenn mir die Verbrechen des Natio­nalsozialismus als Verbrechen dargestellt werden. Und ich will nicht glauben, dass wir hier im Parlament mit zweierlei Maß messen: dass wir an einem Tag applaudieren, wenn der Vor­sitzende des Bundesrates, Herr Hösele, sagt: „Wehret den Anfängen!“, und zwei Tage später zusehen sollen, wie die Bundesregierung Menschen in öffentliche Ämter bringt, die die Anfänge des Nationalsozialismus in Österreich als „eindrucksvoll“ empfinden, auch heute noch. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber was, Frau Bundesminister, haben Sie dazu gesagt? – Sie haben gemeint, Herr Stefan sei unbescholten und das genüge.

Zufriedenheit ist bekanntlich eine Frage des Anspruches. Unser Anspruch, Frau Bun­desminister, greift tiefer: Wir wollen nicht, dass Menschen, die im Alter von mehr als 60 Jahren immer noch haarscharf am NS-Verbotsgesetz vorbeischrammen, von Ihnen in öffentliche Ämter an den Universitäten geholt werden, in denen sie an der Ausbildung der Jugend mitwirken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber ich gehe davon aus und ich konzediere Ihnen, dass Herr Stefan nicht Ihr Wunschkandidat war, sondern der Ihres FPÖ-Gesprächspartners in dieser Frage, Martin Graf. Dieser hat Ihnen freilich mehr als ein Kuckucksei gelegt: Er hat Ihnen zum Beispiel für die Linzer Kunstuniversität


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den Verleger Peter Weiß vorgeschlagen, der Autoren beschäftigt, die sich selbst als Faschisten bezeichnen.

Sie und die Beamten Ihres Hauses hätten das nicht gewusst, sagten Sie in Ihrer Antwort an meine Kollegin Bettina Stadlbauer. Das mag sein; Herr Graf wird Ihnen das schon ver­schwiegen haben. Aber jetzt wissen Sie es, und damit wird aus dem Fall Weiß der Fall Gehrer.

In einem dritten Fall, dem des früheren FPÖ-Ministers Helmut Krünes, sehe ich überhaupt nicht, wie Sie es gegenüber dem Nationalrat vertreten können, dass Krünes immer noch als Uni-Rat der Technischen Universität im Amt ist. Was besagt das Universitätsgesetz 2002? – Es besagt: Universitätsrat darf nicht werden, wer in den letzten vier Jahren eine Funktion – keine leitende Funktion, sondern eine Funktion – in einer politischen Partei ausgeübt hat.

Nun wissen alle interessierten Menschen in Österreich, dass Herr Krünes bis zum März 2002 stellvertretender Obmann der FPÖ-Niederösterreich war. (Abg. Dr. Bleckmann: Fragen Sie einmal die anderen Universitätsräte! Die wollten das alle!) – Also wenn wir jetzt in Österreich in einem Land sind, wo wir die Gesetze außer Kraft setzen, Frau Dr. Bleckmann, nur weil ein paar Leute das wollen, dann gute Nacht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie wissen, Frau Dr. Bleckmann, dass Ihre Zwischenrufe nicht immer mit Hochachtung ent­gegengenommen werden. Ich bin aber ein so höflicher Mensch, das nicht zu qualifizieren, wiederhole aber gerne mein Argument: Das von Ihren Parteien beschlossene Gesetz verbietet, dass jemand, der in den letzten vier Jahren eine politische Funktion innehatte, Universitätsrat wird. – Haben Sie mich verstanden? – Können Sie sich daran erinnern, dass Herr Krünes bis März 2002 sogar eine leitende Funktion in Ihrer Partei innehatte? Er war stellvertretender Obmann der FPÖ-Niederösterreich.

Was aber sagt Frau Gehrer, konfrontiert mit dieser Sache, dazu? – Sie sagt uns: Das stimmt schon, aber er hat bei keiner Sitzung den Obmann vertreten. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Scheibner: Die Redezeit gilt für Sie auch!) Er hat die Funktion sozusagen nicht ausgeübt.


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den Schlusssatz!


Abgeordneter Josef Broukal (fortsetzend): Das wäre so, als würde man sagen: Herr Haupt ist nicht Vizekanzler, weil bisher immer Herr Schüssel den Vorsitz im Ministerrat geführt hat. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.11


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brosz. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

18.11


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Die Anfrage­beantwortungen aus dem Bildungsministerium haben ja mittlerweile einen gewissen Ruf erlangt. Es gibt kaum ein Ministerium, bei dem es dermaßen oft vorkommt, dass man nichts sagende Antworten erhält. Ich kann mich erinnern, wir haben das voriges Jahr einmal bei einer Be­sprechung einer Anfragebeantwortung gehabt. Damals ist der jetzige Präsident Khol lachend zu den Grünen herübergekommen und hat mit einem Schmunzeln gesagt: Gelt, eigentlich könnte draufsteh’n: Schmeck’s, Kropferter! – So würde man das in Tirol sagen. Irgendwie wundert es mich auch gar nicht, dass das diesmal quasi auch formal in dieser Anfragebeantwortung drin­nen steht, denn auf die ersten acht Fragen, die genau nach diesen parteipolitischen Be­setzungen fragen, geben Sie überhaupt keine Antwort, Frau Bundesministerin, Sie gehen nicht einmal auf die Fragen ein. – Eine typische Antwort aus dem Hause Gehrer!

Frau Bundesministerin! Kollege Broukal hat das jetzt schon ausgeführt, aber die Argumentation, die Sie und die Abgeordneten der Regierungsparteien hier aufziehen, ist schon bemerkenswert. Ich habe mir gedacht, dass in diesem Gesetz deshalb drinnen steht, dass keine Funktionäre von politischen Parteien, dass keine Abgeordneten, keine Regierungsmitglieder oder auch nie-


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mand aus dem Ministerium in den Uni-Räten sitzen soll, weil man eine gewisse Unabhängigkeit gewährleisten wollte. Jetzt geht es gar nicht darum, dass das ein völlig politleerer Raum sein soll, aber Sie stellen sich tatsächlich hierher und argumentieren mit allem Enthusiasmus, dass es besonders sinnvoll ist, dass jemand, der aus dem Umkreis der ÖVP oder der FPÖ kommt, in diesen Uni-Räten drinnen sitzt. Und dann frage ich mich ... (Abg. Dr. Brinek: ...! Wie hätte denn eine andere Regierung gehandelt?)

Frau Kollegin Brinek! Ich möchte die bekannte Wissenschaftssprecherin der ÖVP zitieren. Diese hat vor fünf Minuten hier gesagt: „Wer schreit, hat Unrecht!“ – Vielleicht können wir das jetzt auch aufrechterhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vielleicht können Sie einmal erklären, warum niemand von diesen 53 Nominierten irgendein distanziertes Verhältnis zu dieser Regierung hat! Heißt das, dass jeder, der in diesem Land die Regierung kritisiert, ungeeignet dafür ist, in einer Funktion als Uni-Rat tätig zu sein? – Das ist ja die Frage, die sich hier auftut. (Abg. Dr. Brinek: Wieso wissen Sie über die Haltung der Menschen so gut Bescheid?)

Soll ich Sie noch einmal zitieren, oder gilt das, was Sie gesagt haben, nur dann, wenn jemand anderer redet? – Offenbar haben Ihre Zwischenrufe Ihrer Ansicht nach einen anderen Charakter. (Abg. Dr. Brinek: Sie machen auch Zwischenrufe! Wer waren die Zwischenrufer von den Grünen?)

Frau Bildungsministerin! Sie haben vorher auch zur „hervorragenden“ Universitätsreform Stel­lung genommen. Ich erlaube mir jetzt auch noch eine Anmerkung zu den Ausführungen von heute Vormittag zu machen, in denen es darum ging, dass das Bildungsbudget in Summe und insbesondere das Wissenschaftsbudget in den nächsten Jahren, bis zum Jahr 2004, um sage und schreibe 800 Millionen € de facto auf über 9 Milliarden € steigen würde. Jetzt haben wir uns in der Opposition alle gefragt, wie denn das sein kann, weil sich niemand vorstellen kann, dass da wirklich 10 bis 15 Milliarden Schilling – 1,1 Milliarden € – in den nächsten zwei Jahren zu­sätzlich ins Budget fließen werden, weil wir nicht gewusst haben, woher das kommen soll.

Herr Minister Grasser hat Sie dafür gelobt, dass Sie das Budget fast verdoppelt haben. Und zum Beweis oder als Beleg dafür, wie ehrlich Sie hier Politik machen, haben wir dann im Budget nachgeschaut: Faktum ist, dass diese Erhöhung einzig und allein daraus resultiert, dass im Jahr 2004 die Globalbudgets kommen und es zu einer Ausgliederung der beamteten Uni­versitätsbediensteten kommt.

Das heißt also: Man nimmt aus den Globalbudgets die Ausgaben für die Beamten heraus, bucht sie um als Einnahmen und weist sie gleichzeitig bei den Ämtern wieder als Ausgaben aus. Ein Nullsummenspiel! 733 Millionen € als Nullsummenspiel, die Minister Grasser als zusätzliche Ausgaben für die Universitäten benennt! Und Sie lassen sich dafür feiern! – Ich finde es schön langsam wirklich beschämend, wie Sie Universitätspolitik betreiben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.15


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet und kann auch niemand mehr gemeldet sein. Daher schließe ich diese Debatte und kehre zurück zur eigentlichen Tagesordnung; wir sind bei Punkt 4.

Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Debatte zu Punkt 4 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

18.15


Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Hohes Haus! Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Start. Sie sehen das Ziel in einem


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mehr oder weniger großen Abstand vor sich. Sie wissen, Sie haben trainiert und gehen gut vor­bereitet mit einer guten Basis an die Arbeit.

Auch ich stehe in meiner parlamentarischen Arbeit am Start, und ich gehe meiner Meinung nach mit einer guten Basis an Werten, Kreativität und konstruktiver Kritikfähigkeit an meine Aufgabe heran. (Beifall bei der ÖVP.)

Beim Berufssportgesetz sind wir uns der Wichtigkeit voll bewusst, sind doch diese ambi­tio­nierten Menschen auch für viele von uns Vorbilder. Das ist gerade in Zeiten wie diesen wertvoll für alle Menschen, insbesondere für unsere Jugendlichen. Ich bin Mutter von vier Kindern und be­merke das Interesse meiner Jugendlichen am Sport. Gerade diese jungen Menschen brauchen Erfolg, Bestätigung, Gemeinschaft und Teamgeist – und nicht Aktionismus und Streiks! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Viel zu lange schon wird dieses Thema sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene diskutiert. Untersuchungen wie zum Beispiel das Gutachten von Dr. Schrammel zeigen die Dringlichkeit dieser Thematik. Ein vergleichbares Beispiel fällt mir da aus den fünfziger Jahren ein: In Studien verschiedenster Wissenschafter wurde damals aufgezeigt, dass es physisch nicht möglich ist, die Meile unter 4 Minuten zu laufen. Dann kam 1954 Roger Bannister, der es der Welt zeigen wollte, dass es doch möglich ist. Er lief mit 3 Minuten und 59 Sekunden durch das Ziel – als Erster.

Auf die Frage, wie er das geschafft habe, antwortete er: Nicht mit den Füßen, nur mit dem Kopf! – Vor ihm hat es keiner geschafft. Im Jahr darauf waren es bereits sage und schreibe 32!

Deshalb freut es mich persönlich sehr, dass wir, wie es im Regierungsprogramm verankert ist, als erstes Land in Europa im Sinne von Roger Bannister die Hemmschwelle überwinden. Hoffentlich folgen uns viele Länder nach.

Unsere Berufssportler sollen im Arbeits- und Steuerrecht ebenso wie im Bereich der Sozial­versicherung in ihrer täglichen Arbeit abgesichert werden. In der Ausarbeitung dieser Vorlage soll von der Expertengruppe vor allem auf die Bedürfnisse der Mannschaftssportler, aber auch auf die Einzelsportler eingegangen werden. Für die Mannschaftssportler werden andere Eck­punkte relevant sein als für den Einzelsportler, der in vielerlei Hinsicht einen sehr einsamen Weg beschreitet.

Die Bundes-Sportorganisation, in der die Fachverbände vertreten sind, ist in diese Exper­tengruppe eingebunden. Das soll garantieren, dass alle diese Interessen berücksichtigt werden.

Meine Damen und Herren! Der Sport verbindet. Er verbindet Menschen und Länder. Ideolo­gische oder gesellschaftliche Unterschiede, das Alter oder die Gesellschaftsschicht sind unwe­sentlich. In diesem Sinne dürfen wir, wenn wir schließlich gemeinsam nach konstruktivem Dialog am 1. März 2004 dieses Gesetz vorlegen und über die Ziellinie laufen, hoffentlich tief Luft holen, ausatmen und stolz sein auf unsere Leistung! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.20


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

18.20


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist für mich erfreulich, bei meiner ersten Rede hier im Hohen Haus ein Thema ansprechen zu dürfen, bei dem offensichtlich alle vier Parteien an einem Strang ziehen. – Lassen Sie mich an diesen Strang anknüpfen: Ich hoffe, dass bis zum Ende, bis zur Finalisierung des Gesetzes alle am selben Ende des Stranges ziehen und dass wir zu einem positiven Ende kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es stimmt mich auch sehr zuversichtlich, dass wir einen Sportstaatssekretär haben, der offen­sichtlich als begeisterter Sportler als Motor – ich weiß, er ist ein guter Läufer, und spätestens


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seit gestern weiß ich auch, dass er ein ziemlich guter Fußballspieler ist – bei diesem Gesetz maßgeblich mitwirken wird und mit Sicherheit eine Triebfeder sein wird, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen.

Meine Damen und Herren! Wir Österreicher haben schon oft unsere Kompetenz beim Ausrichten von großen Sportveranstaltungen unter Beweis gestellt, international anerkannt. Wir haben sehr gute Sportler, die Österreich im Ausland repräsentieren und unser schönes Land nach außen tragen. Das Einzige, was für die Berufssportler noch fehlt, ist ein Berufs­sportgesetz.

Ohne Zweifel war und ist der Sport ein wichtiger Bereich unserer Gesellschaft, der Gesundheit und der Wirtschaft, wie viele meiner Vorredner schon erwähnt haben. Es sind viele Beson­derheiten und Interessen zu berücksichtigen, weshalb es für uns besonders wichtig ist, alle Verbände, Interessenvertretungen, Experten und auch Praktiker in die Gesprächsrunden ein­zubinden. Ich weiß, dass erste Schritte in diese Richtung erfreulicherweise bereits getätigt wurden.

Wir müssen den Dachverbänden und Vereinen eine gute finanzielle Basis und die notwendige Freiheit für eigenständiges Entscheiden ermöglichen – im Interesse ihrer Sportlerinnen und Sportler. Daher wäre es sehr vernünftig, in Zukunft im Bereich der Sportförderung längerfristiger und nachhaltiger zu planen, als dies derzeit der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen teile ich die Meinung des Herrn Staatssekretärs, der heute schon ausgeführt hat, dass die Einhebung der – ich nenne es einmal so – neuen Freizeit-Unfallsteuer nicht der Weisheit letzter Schluss ist und wirklich kein großer Wurf war, Herr Finanzminister. Betroffen sind davon natürlich hauptsächlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Pensionisten, und das ist abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gemeinsames Arbeiten ist angesagt – ausgestreckte Hände, die dann, wie wir heute schon gehört haben, beliebig zurückgezogen werden oder zurückgezogen werden können, wie man dies in den letzten Tagen etwa im Zusammenhang mit der „Pensionsverunsicherungsreform“ ge­hört hat, können nicht nur im Sport fatale Folgen haben.

Geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einen persönlichen Wunsch als Prä­sident des oberösterreichischen Amateurringerverbandes – eine Randsportart, die nicht unbe­dingt mit großem Geld und großer Sponsorentätigkeit gesegnet ist, vor allem aber mit viel ehr­lichem Schweiß verbunden ist.

Es würde mich freuen, wenn wir im Zuge eines Berufssportgesetzes auch einmal darüber disku­tieren könnten, wie man jenen Sportlern helfen kann, die zwar grundsätzlich die Voraus­setzungen für den Spitzensport haben, diesen aber einfach deshalb nicht ausüben können, weil das Geld fehlt oder sie aus beruflichen Gründen keine Möglichkeit haben, ausreichend jeden Tag zu trainieren, weshalb sie nicht an die Spitze herangeführt werden können. Vielleicht können wir im Zuge einer allgemeinen Diskussion auch darüber einmal sprechen.

Denken wir nicht nur an die Oberliga des österreichischen Sports, sondern auch an jene Sportlerinnen und Sportler, die sich auf dem Weg zum Spitzen-, sprich Berufssport bewegen, sich dorthin entwickeln. Erarbeiten wir gemeinsam ein vorbildliches Berufssportgesetz, es ist höchst an der Zeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.25


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

18.25


Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich ist ein anerkanntes und sehr traditionelles Sportland, und es ist erfreulich, dass es dem Bundeskanzler und seinem


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Sportstaatssekretär gelungen ist, das jährliche Sportbudget um 1,5 Millionen zu erhöhen. Dafür gilt unser Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Also keine Kürzungen, sondern richtige, zukunftsweisende Maßnahmen. Auch wenn es nicht der große Wurf ist, so ist es doch ein bedeutender Beitrag, den Sport zu unterstützen, für die Menschen Wichtiges zu tun.

Heuer, 2003, kommt dieser Mehrbetrag insbesondere dem Behindertensport zu Gute, im nächsten Jahr wird er für den Schulbereich verwendet werden, unter dem Motto „Erziehung durch Sport“ beziehungsweise „Spaß durch Sport“; richtungweisend für die Zukunft unserer jungen Mitbürger.

In diesem Zusammenhang darf ich eine sehr sinnvolle Anregung vorbringen: Es sollte uns ge­lingen, dass in Zukunft jede Schule einen ausgebildeten Sportlehrer fix verpflichtet. Das wäre eine wichtige Maßnahme, um für später – vorbeugend für die eigene Gesundheit – die richtige Ausübung des Sports zu gewährleisten.

Mein besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang der Sport- und Freizeit­unfall­ver­sicherung, wie sie so schön heißt, die keine Strafsteuer ist – das möchte ich gleich vorweg festhalten, da mein Kollege Peter Wittmann dies sagte. Eine Versicherung bedeutet einfach, für den Notfall gerüstet zu sein. Sie ist also keine Strafsteuer (Abg. Gradwohl: Ganz so kann es nicht sein!), sondern ein notwendiges Regulativ der Eigenverantwortung, insbesondere jenen gegenüber, die im Sport verantwortungsvoll vorgehen; nämlich gegenüber jenen, die ohne Rücksicht übertreiben und der Allgemeinheit zur Last fallen.

Man muss auch im Sport verantwortungsvoll umgehen, und diese Freizeitunfallversicherung schafft ein bewusstseinsbildendes Element, um das man sich in den letzten Jahrzehnten keine Sorgen oder Gedanken machen musste. Dass übertriebene Sportausübung zu gewaltigen Mehrkosten bei der Behandlung von Verletzungen führte und uns letztlich auch die Grenzen aufzeigte, ist ein Faktum, und es ist wichtig, hier rechtzeitig zu reagieren, andererseits aber auch bewusst an die Eigenverantwortung zu appellieren. Dieses Regulativ der 0,1-prozentigen Versicherung ist, wie ich glaube, eine zeitgemäße, richtige Maßnahme im Interesse des Sports, aber viel mehr noch im Interesse der Sportler selbst.

Ich kann Ihnen auch sagen, wie viel das im Jahr ausmacht: durchschnittlich 19 €. – Meine Damen und Herren! Wenn Sie schauen, welche Produkte es auf dem Sportgerätemarkt um 19 € gibt, werden Sie feststellen, dass es zu diesem Preis noch keine Sportgeräte und -artikel gibt – ich kenne keine! –, die sind alle teurer. (Abg. Dr. Kräuter: Ein Tischtennisball ist billiger!) Daher ist es, denke ich, gerechtfertigt – auch im Interesse des Sportlers –, diesen Betrag einzuheben, um auch künftig im Notfall – mit welchem Sportgerät auch immer ein Unfall geschehen mag – versorgt zu sein.

Wir kennen den übertriebenen Ehrgeiz gerade im Sport, das geht von den Tourengehern bis zu den Lawinenunfällen, von Extremen wie Paragleiten, aber auch bis hin zum Radfahren, das zunimmt und boomt, Gott sei Dank. Wir haben sehr viele hervorragende Radstrecken, Mountainbike-Strecken in Österreich, 16 000 Kilometer sind ausgewiesen, die nicht einmal von allen in Anspruch genommen werden, aber das ist auch ein Beitrag für den Sport und für die Freizeitgestaltung in unserem Land. Ich meine, dass diese Leute in Zukunft gesichert werden müssen, liegt in unserer Verantwortung den Sportlern gegenüber.

Zum Berufssportgesetz wurde viel gesagt, es ist einfach ganz wichtig. Es wird zwar in Zukunft keine Pleiten von Vereinen verhindern, aber es schafft einfach mehr Transparenz in den Vereinen. Vereine sind einfach kleine und mittlere Unternehmer und unterliegen in Wirklichkeit auch denselben Kriterien wie in der Wirtschaft.

Wir werden noch viele Gespräche führen müssen. Es gibt noch viele Fragen, es gibt her­vorragende Gutachten, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass es in – ich schätze einmal – baldi­ger Zeit ein Berufssportgesetz in Österreich geben wird.


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Den Sportverantwortlichen unserer Regierung – allen voran unserem Bundeskanzler, aber auch unserem Staatssekretär – wünsche ich für ihre Arbeit alles Gute, aber besonders: viel Erfolg für den Sport und die Bevölkerung in unserem Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.31


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

18.31


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist angenehm, über eine Sache zu diskutieren, von der man weiß, dass ein Vier-Parteien-Konsens im Raum steht und man wirklich sachlich und vor allem rechtzeitig diskutieren kann. Es ist nämlich in der letzten Zeit öfter passiert, dass Gesetzesmaterien als diskussionswürdig dargestellt wurden, die aber schon beschlossene Sache waren. Dieses Mal hat man das Gefühl, dass man noch beizeiten Ideen mit einbringen kann. Das macht das Ganze interessant und wert, dass man mit entsprechendem Ernst an die Sache herangeht.

Herr Staatssekretär! Du hast es heute geschafft, aus mir, der eigentlich stolz war, ein militanter Nichtraucher zu sein, einen Menschen mit schlechtem Gewissen zu machen, weil ich als extremer Mitraucher dem Herrn Finanzminister die Tabaksteuer vorenthalte. Was ich sagen möchte, ist Folgendes: Es wird nicht immer leicht sein, die Ursachen für irgendwelche Un­pässlichkeiten, Krankheiten und Verletzungen, die letztendlich zu einer ärztlichen Versorgung führen, zu eruieren. Ich würde also wirklich darum bitten, damit sehr sorgfältig umzugehen.

Was oder wer ist ein Berufssportler? – Der Spagat reicht vom Sportler, der Einnahmen in Millionenhöhe hat, bis zu jenem, der, wie wir sagen, Handgeld in der Höhe von 350, 400 € bekommt, in Vereinen ab der Landesliga – ich denke jetzt einmal an Fußball, so etwas gibt es aber auch in anderen Sportarten bis hin zum Tischtennis. Wenn man gleichzeitig weiß, dass geringfügig Beschäftigte anzuführen haben, was sie verdienen, und über eine entsprechende Summe hinaus steuerpflichtig sind, sozialversicherungspflichtig sind – wenn es auch nur Pauschalen sind –, dann kann man natürlich bei solchen Angelegenheiten im Sport die Augen nicht ver­schließen. Auf der anderen Seite aber sollte man das Kinde nicht mit dem Bad ausschütten und Vereine vor Tatsachen stellen, denen sie nicht gerecht werden können.

Die Vereine erfüllen in ihrer Breite aus meiner Sicht eine gewaltige Aufgabe. Sie ziehen die Jugend zu jungen Sportlern heran, sie listen auf, sie schauen: Wo sind geeignete Talente?, und führen diese heran – die werden dann spezifisch weiterbetreut. Sie haben aber auch noch eine andere Aufgabe, nämlich gleichzeitig dafür zu sorgen, ein Betätigungsfeld für die Jugend zu sein, sie von Dummheiten abzuhalten – ich sage das ganz bewusst so.

Damit einhergehend sollte bereits in jungen Jahren eine entsprechende Ausbildung erfolgen. Es darf nicht so sein, dass jemand mit 15, 16 oder 17 Jahren das Gymnasium „schmeißt“, in der Hoffnung, ein hervorragender Sportler zu werden, es möglicherweise dann nicht schafft – das passiert oft, wie wir wissen, sei es durch Verletzung oder man ist dann doch nicht gut genug – und mit 20, 22 Jahren am Anfang einer Berufsausbildung steht. Man hat also auf etwas gesetzt, das nicht zum Erfolg geführt hat. Die Politik ist dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, dass es für solche Sportlerinnen und Sportler Zukunftschancen gibt.

Ob jetzt das Berufsbild eines Sportlehrlings die richtige Antwort ist, das mag ausdiskutiert werden. Ich sehe da ein großes Problem auf uns zukommen, denn wer möchte schon als Trainer, als Ausbildner einen gescheiterten Sportler haben? Es sollte eher jemand sein, der Reputation vorweisen kann. Daher müssen wir beizeiten danach trachten, dass die Grund­ausbildung unserer Sportlerinnen und Sportler professionell erfolgt, sodass sie sich später, wenn sie es im Sport nicht schaffen, in einen normalen Betrieb oder in einen Beruf eingliedern können.

Meine Damen und Herren! Wir müssen es auch schaffen, den – gemeindeeigenen, hätte ich beinahe gesagt – in der Gemeinde tätigen Sportvereinen die Möglichkeit der Eigenmittelbe­schaffung zu geben; nicht nur ein Bierzelt, bei dem man dann streitet, ob es besteuert wird oder


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nicht. Das meine ich damit nicht. Ich glaube, man sollte den Fachverbänden die Chance geben, Sponsoren zu lukrieren, aber diesen Sponsoren auch etwas bieten zu können – die Eintritte allein sind zu wenig, die Werbetafel allein ist zu wenig. Vielmehr sollte man den Sportlern darüber hinaus die Chance geben, auch medial auftreten zu können.

Da der ORF sehr restriktiv entscheidet, wer in seinen Sportsendungen auftreten kann, mit derartigen Auftritten aber der Verband in der Lage ist, werbemäßig etwas zu verkaufen, sollte man noch einmal auf TW 1 zurückkommen. Dort könnte man den Randsportarten die Chance geben, medial in Erscheinung zu treten. Zeitungen, die Presseförderung bekommen, könnte man zwingen, diese Veranstaltungen anzukündigen. So bekämen Vereine und Sportverbände die Chance, für ihre Tätigkeit Sponsoren zu finden, und der Staat würde finanziell entlastet.

Letztendlich dient so etwas dazu, den Vereinen die Möglichkeit zu geben, die Sportler heranzuziehen, vorzubilden, um dann den Spezialisten, den guten Trainern, die Möglichkeit zu geben, hervorragende Sportler, von denen einige Mitglieder unseres Parlaments sind, zu formen – zum Stolze Österreichs! (Beifall bei der SPÖ.)

18.36


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte. (Abg. Schasching begibt sich zum Rednerpult und legt dort einen Football vor sich auf das Redner­pult.)

18.36


Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich habe Ihnen hier einen Football mitgebracht, ganz bewusst, und zwar deshalb, weil wir heute das Berufssportgesetz diskutieren und weil ich (Abg. Kopf hält die Hände in Fanghaltung hoch) – Sie können ihn fangen? Das probieren wir nachher aus! Ich weiß nicht, ob der Herr Präsident damit einverstanden ist.


Präsident Dr. Heinz Fischer: Absolut nicht! (Allgemeine Heiterkeit.)


Abgeordnete Beate Schasching (fortsetzend): Na eben! Ich würde mich zwar freuen, wenn es hier im Hohen Haus ein wenig sportlicher zuginge, aber das riskiere ich nicht, Herr Präsident. (Abg. Scheibner: Das steht nicht in der Geschäftsordnung!) Vielleicht dann anschließend draußen, Herr Kollege Kopf. (Abg. Neudeck: Das ist ein Kopf-Ball!)

Aber, Herr Kollege Kopf, gerade deshalb freut es mich, dass Sie so gezeigt haben (die Rednerin ahmt die oben beschriebene Handbewegung des Abg. Kopf nach), denn das Berufs­sportgesetz, das wir heute auf Antrag aller vier Parteien diskutieren, soll nämlich kein Fußballer-Gesetz werden (Abg. Neudeck: Aber Football ist nicht Fußball!), sondern ein Gesetz, das allen österreichischen Sportlerinnen und Sportlern und allen Sportarten gerecht wird. Daher bitte ich dich, Herr Staatssekretär, dein ganzes Gewicht – das heute schon ein paar Mal angesprochen wurde (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Das ist wenig!) – in die Waagschale zu werfen (Abg. Parnigoni: Leichtgewichtig!), damit die Arbeitsgruppe auch dahin gehend tätig wird und tat­sächlich auf alle Bedürfnisse und alle Sportarten entsprechend Rücksicht nimmt.

Es gibt in Österreich über 50 anerkannte Sportarten. Das vorliegende Gesetz soll auf alle Fälle eines nicht, nämlich gegen den Sport und gegen die Sportler gerichtet sein. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu bedenken, dass es diesbezüglich noch einiges an Gefahrenpotential in dieser Diskussion gibt und großes Augenmerk auf alle Bereiche gelegt werden muss.

Das Berufssportgesetz, das wir brauchen, soll nämlich nicht, wie ich schon gesagt habe, gegen die Sportler gerichtet sein. Ich muss darauf hinweisen, dass genau das in der vergangenen Gesetzgebungsperiode leider passiert ist: Sie haben nämlich sehr wohl, möglicherweise im guten Glauben, Positives zu tun, Gesetze geschaffen, die sich gegen die Sport Ausübenden richten und jetzt mit Ihrer Hilfe vielleicht wieder bereinigt werden können.


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Ich möchte daher darauf hinweisen, dass ich heute im Rahmen dieser Sitzung einen Antrag mit dem Titel „Soforthilfeprogramm für österreichische Sportvereine“ eingebracht habe. Es geht dabei um eine kleine, aber sehr wichtige Reparatur in den Vereinsrichtlinien.

Geschätzte Damen und Herren! Viele Vereine können im Rahmen ihrer Tätigkeit, auch wenn sie nicht nicht gemeinnützig agieren, in ihren Statuten aber noch reparaturbedürftige Teile enthalten sind, die Gemeinnützigkeit verlieren. Im Falle eines solchen Verlustes der Gemein­nützigkeit ist laut Verordnung des Finanzministeriums Unverzüglichkeit angesagt. All diejenigen unter Ihnen, die mit Vereinen und Vereinswesen zu tun haben, wissen, was das für einen Verein bedeutet, nämlich dass er unverzüglich eine Generalversammlung einberufen muss. Das bedeutet wiederum zusätzlichen bürokratischen Aufwand, zusätzliche Kosten. Für viele ist das in dieser Kürze schlicht und einfach nicht zu schaffen.

Ich stelle daher meinen Antrag, der darauf abzielt, umgehend die Vereinsrichtlinien 2001 dahin gehend zu ändern, dass gemeinnützige Vereine, deren Statuten in einzelnen Punkten gegen diese Vereinsrichtlinie verstoßen, diese, längstens bis 30. Juni 2004, zu ändern haben. Bis zu diesem Zeitpunkt verlieren sie nicht die Gemeinnützigkeit, wenn sie sich ansonsten gemein­nützig verhalten und die beanstandeten und zu beanstandenden Punkte der Statuten dieses Vereines nicht gelebt werden.

Ich ersuche jetzt schon, im Sport- und im Finanzausschuss diesem Antrag zuzustimmen.

Warum ich aber jetzt noch um das Gewicht des Herrn Staatssekretärs Schweitzer zusätzlich bitten und worauf ich hinweisen möchte: Wir haben heute – unter anderem bei der Budgetrede des Herrn Finanzministers – gehört, dass es auch um die finanzielle Dotierung des Sportes geht. Und was die finanzielle Dotierung des Sportes anlangt, möchte ich schon daran erinnern, dass es in Österreich vor den Wahlen von allen Parteien die Zusage gegeben hat, den Sport höher dotieren zu wollen. – Das ist de facto nicht der Fall! Wir wissen alle, wovon wir reden.

Herr Schweitzer, wir wissen’s ganz genau: Eine höhere Dotierung für den gesamten Sport gibt es nicht – und das ist schade! Heute wurde hier ja unter anderem in der Diskussion über den Dringlichen Antrag auch eine Abfangjägerdebatte geführt (Abg. Scheibner: Debatte war das keine, das war ein ...!), und in dieser konnten wir hören, dass es da so genannte Kompen­sations-, also Gegengeschäfte geben soll. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Ich kann Ihnen sagen – der Herr Finanzminister ist jetzt leider nicht mehr anwesend –: Diese Gegengeschäfte stehen in den Sternen, sind vielleicht ein Märchen – aber vielleicht sind sie es auch nicht. (Abg. Murauer: Sie kennen sich aber gut aus bei den Gegengeschäften!) Was aber sicher ist, ist, dass jeder Euro, den der Finanzminister für den Sportbereich zur Verfügung stellt, doppelt zurückkommt: durch die Wirtschaft, durch den Tourismus und durch die Gesund­heits­förderung der Bevölkerung. Und dazu, meine Damen und Herren, gibt es wissenschaftliche Unter­suchungen. All das ist wissenschaftlich belegt – im Gegensatz zu den Gegengeschäften im Zusammenhang mit dem Abfangjägerkauf! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grüne­wald. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Schluss kommend möchte ich Sie, Herr Staatssekretär Schweitzer, noch einmal auf­fordern, Ihr Gewicht dort in die Waagschale zu werfen, wo es notwendig ist, nämlich bei der höheren finanziellen Dotierung des Sportes, ebenso bei Frau Bundesministerin Gehrer, die ja zu Beginn dieser Debatte noch kurz anwesend war, um auch ihr zu sagen, wie wichtig der Sport in der Schule ist und dass es keinen Sinn macht, Sportstunden zu kürzen, auch nicht im BMHS-Bereich.

Auf alle Fälle sollten Sie, Herr Staatssekretär Schweitzer, sich mit Ihrem Gewicht dort ein­setzen, wo es darum geht, ein faires, ein gerechtes und für alle brauchbares Berufssportgesetz zu initiieren. Da werden wir gerne mit dabei sein.

In diesem Sinne wünsche ich uns, dass es ein positives Gesetz für die SportlerInnen in Österreich wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schasching überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Mag. Schweitzer


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den Football. – Dieser wirft ihn zu Abg. Kopf, welcher ihn auffängt. – Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Brinek.)

18.43


Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Schasching, habe ich Sie richtig verstanden, dass der Antrag, von dem Sie gesprochen haben, ein selbständiger ist, der jetzt nicht zur Abstimmung gelangt? (Abg. Schasching bejaht dies.) – Okay.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte. (Abg. Murauer: Die Gegen­geschäfte hat sie drin ...!)

18.43


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Als mein Kollege Kurt Grünewald zuerst bei der Anfragebesprechung von den „Olympioniken“ sprach, dachte ich, er ist in der falschen „Besprechung“, beim falschen Thema. Als ich dann drauf kam, dass er nicht die Teilnehmer der Sportolympiade meinte, son­dern die der Burschenschaft „Olympia“, war ich wieder beruhigt, denn zum Glück ist Mensur-Fechten keine olympische Disziplin – und wird es wohl auch in Zukunft nicht sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Aber Steine-Werfen auch nicht!)

Aber als Freizeitunfall sind Mensur-Fechtereien vielleicht schon zu bezeichnen, denn schließ­lich gehen jene Männer, die das freiwillig tun, voll der Kenntnis des Risikos und in voller Eigen­verantwortung in dieses Fechten. Und wenn sie dann verletzt sind, mit diesen Schmissen, ist es doch so, dass sie sich nicht immer selber verarzten, sondern sehr wohl das Krankenhaus aufsuchen müssen und dort verarztet werden, und zwar auf Allgemeinkosten. – Also, Herr Staatssekretär, ich würde Ihnen vorschlagen, dass man in den Kontext der Freizeit-Unfall­versicherungen auch die Mitglieder von schlagenden Verbindungen hineinnimmt und diese auf­fordert, ebenfalls solche Versicherungen abzuschließen. Das wäre doch eine sinnvolle Maß­nahme, um die Kosten in den Spitälern zu reduzieren.

Aber kommen wir nun zum Berufssportgesetz und zur Frage, wie diese Gesetzesvorlage behandelt werden soll. Wir sind auch der Meinung, dass das grundsätzlich eine gute Initiative ist; es ist ja ein Vier-Parteien-Antrag. Es gibt einige offene Fragen, die wir in den Aus­schuss­sitzungen dann wohl klären werden.

Herr Staatssekretär Schweitzer, ich möchte einen Punkt ansprechen, wo Sportler, und zwar sowohl Profis als auch AmateurInnen, gemeinsam aktiv sind, nämlich bei den diversen Laufsportarten, bei den Marathons etwa. Sie selbst, Herr Staatssekretär, sind ja auch ein Läufer und wissen, wie das ist, wenn SpitzensportlerInnen und AmateurInnen gemeinsam laufen.

Etwas, was ich Sie, Herr Staatssekretär, fragen möchte, ist, ob Ihnen schon einmal aufgefallen ist, dass gerade die Spitzensportlerinnen da ziemlich benachteiligt sind. Es gibt Marathons, bei denen das Preisgeld für Frauen, für Spitzensportlerinnen um einiges geringer als das für die männlichen Spitzensportler ist. Beim Wien-Marathon sind das, glaube ich, an die 4 000 €, um die die Spitzensportlerinnen weniger bekommen als die Männer. (Abg. Großruck: Wenn sie gewinnen, kriegen sie es auch!) Und dieser Unterschied sollte ausgeglichen werden!

Mir ist schon klar, dass die Veranstalter dieser Marathons keine staatlichen Organisationen sind, aber: Für Sie als Staatssekretär für Sportangelegenheiten wäre es doch etwas, wenn Sie einmal ein Schreiben an alle Veranstalter richten und diese auffordern würden, gleich hohe Preisgelder für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler zu zahlen. Und es ist nicht so, dass das noch nirgends üblich wäre, sogar in Österreich: Beim Wachau-Marathon ist das Preisgeld für Männer und Frauen gleich hoch. Bei den großen Marathons in New York, in Chicago, in Boston oder auch in Honolulu erhalten Siegerinnen und Sieger das gleiche Preisgeld – nur in Wien noch nicht!

Also, Herr Staatssekretär: Ich fordere Sie auf, das einmal öffentlich kundzutun und eine Aufforderung an alle VeranstalterInnen zu richten, alle gleich zu behandeln und Männern und


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Frauen das gleiche Geld für die Leistung im Marathon-Sport zu zahlen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein zweiter Punkt. Es ist immer wieder so, dass bei allen Spitzensportarten die Männer viel stärker in den Medien präsent sind. Männer, das sind die, die die ganz tollen Leistungen bringen. – Für Spitzensportlerinnen hingegen ist immer viel weniger Platz, und das heißt weniger und kleinere Fotos, weniger Öffentlichkeit. Auch bei den Marathons ist es so.

Es gäbe aber eine Möglichkeit, um die Situation im Laufsport für Elitesportlerinnen zu ver­bessern, nämlich mit dem versetzten Start: dass die Top-Läuferinnen zuerst laufen, die Männer und das Hauptfeld erst dann weiter hinten. Das ist sehr kontrovers, und es wird dann oft gesagt, da seien die Männer benachteiligt. Es gibt jedoch Marathons, meine Damen und Herren, wo das so gehandhabt wird: in London beispielsweise oder in New York. Die Frauen starten davor, dann die Männer und das Hauptfeld. Das führt nämlich dazu, dass die Siegerinnen auch als Erste einlaufen – und nicht sozusagen in der Masse aller anderen untergehen und die Männer vorne gefeiert werden. Also in London und New York ist es so.

Gerade weil es so ist, dass die Leistungen der Frauen auch im Spitzensport immer noch nicht dieselbe Anerkennung erhalten wie die der Männer, wäre das doch ein Betätigungsfeld für Sie, Herr Staatssekretär Schweitzer! Ich fordere Sie daher auf, diesbezüglich aktiv zu werden, gerade was die Marathons betrifft, an denen ja auch Sie persönlich teilnehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Staatssekretär Mag. Schweitzer – in Richtung des Präsidenten Dr. Fischer –: Einen Satz!)

18.48


Präsident Dr. Heinz Fischer: Einen Satz für den Herrn Staatssekretär. – Bitte.

18.48


Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Frau Kollegin Lunacek, Sie sind zum Teil informiert und zum Teil nicht informiert, und deswegen erlaube ich mir, zwei Sätze dazu zu sagen.

In Wien ist der Veranstalter des am 25. Mai stattfindenden Marathonlaufs Herr Wolfgang Kon­rad. Dieser organisiert das gemeinsam mit den Sportverantwortlichen der Stadt Wien, die auch für die Preisgelder verantwortlich sind. (Abg. Mag. Lunacek: Ich habe gesagt, Sie sollen sie auf­fordern!) Das ist ein sozusagen Allgegenwärtiger im Wiener Sport, der über alles verfügt: Herr Podkowicz, gemeinsam mit Frau Vizebürgermeisterin Laska. (Abg. Mag. Lunacek: For­dern Sie sie auf, dass sie das ändern!) Wenn wir uns bemühen, positiven Einfluss zu nehmen, wird uns gesagt: Das ist alles Sache des Veranstalters, gemeinsam mit den Sport­ver­ant­wortlichen der Stadt Wien. (Abg. Mag. Gaßner: Haben Sie sich schon bemüht?)

Sie haben schon Recht, Frau Abgeordnete: Auch in Wien wäre es richtig, Männern und Frauen ein gleich hohes Preisgeld zukommen zu lassen, wie bei anderen Marathonläufen dieser Welt auch, beispielsweise eben in New York oder in Boston.

Aber ich darf Ihnen Folgendes dazu sagen – da ich auch schon in New York und in London gelaufen bin –: Auch dort starten Männer und Frauen gleichzeitig, eben nur anfangs auf zwei verschiedenen Bahnen, und deshalb gibt es da getrennte Bilder. Aber es ist noch immer so, dass der Schnellste auch als Erster im Ziel ist: egal, ob Mann oder Frau. Paula Radcliffe wird unter Umständen demnächst schneller sein als die schnellsten Männer – und dann wird eben eine Frau zuerst im Ziel sein. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.) – Paula Radcliffe bekommt übrigens – egal, ob sie in London gewinnt oder in New York – gleich viel wie die Männer. (Rufe bei der SPÖ: Ein Satz!)

Ich habe mich, sowohl was die Teilnahme der Behinderten am Wien-Marathon betrifft als auch was das Preisgeld betrifft, an die Verantwortlichen gewandt. Aber solange das die Wiener Sozialdemokratie gemeinsam mit dem Herrn Veranstalter nicht machen will, kann ich leider nicht mehr tun, als einmal mehr zu sagen: Es wäre schon gut, wenn man internationalen


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Vorbildern nacheifern würde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Lunacek: Es gibt auch andere Marathons in Österreich, bei denen das nicht so ist!)

18.51


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, der nicht ein Gesetzentwurf zugrunde liegt, sondern ein Ent­schließungsantrag.

Wir stimmen ab über die dem Ausschussbericht 77 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 7.)

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

5. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9eE Vr 9391/01, 095 Hv 5160/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Alfred Brader (75 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wortmeldungen liegen nicht vor. Daher findet auch keine Debatte statt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 75 der Beilagen.

Der Nationalrat möge Folgendes beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. März 2003 ... um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Alfred Brader wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass – ratione temporis – kein Zusammenhang zwischen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Brader besteht.“

Dies ist der Antrag des Immunitätsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Antrag des Immunitätsausschusses ist einstimmig angenommen.

Damit haben wir den 5. Punkt erledigt.

6. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geän­dert wird (77/A)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein, und ich erteile als Erstem dem Antragsteller, Herrn Abgeordnetem Oberhaidinger, das Wort. Er wird voraussichtlich 10 Minuten sprechen. – Bitte.

18.54


Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister – es freut mich, dass du bei der ersten Lesung dieses Antrags anwesend bist! Meine Damen und Herren!


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Es ist – das, glaube ich, wissen wir alle – nichts so gut, dass es nicht verbessert werden könnte. Damit ich nicht so wie in der letzten Wirtschaftsausschusssitzung missverstanden werde, möchte ich im Vorhinein betonen, dass ich mich voll und ganz zu den Gesetzen bekenne, die wir im Energiebereich überwiegend mehrheitlich, mit den Stimmen aller Parteien in diesem Hause, beschlossen haben. Es muss jedoch erlaubt sein, im Lichte der mittlerweile ge­wonnenen Erfahrungen über Änderungen und Verbesserungen nachzudenken und diese auch anzusprechen.

Vieles von dem, was wir heute wissen, wussten wir vor Jahren noch nicht, oder es war nicht möglich, sich darauf zu einigen, oder wir haben es – und das kann ja auch passiert sein in der Hektik, in der diese Gesetze manchmal zustande kommen – schlicht und einfach übersehen. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob die Regelung, die ich heute anspreche, übersehen wurde oder ob es dazu keine Einigung gab.

Auf alle Fälle möchte ich mich gleich zu Beginn für einen Schreibfehler im vorliegenden Antrag entschuldigen. Es muss natürlich heißen: „ernannte Mitglieder anzugehören“ und nicht „... aus­zugehören“. Ich habe auf eine Korrektur nicht mehr bestanden, weil das mit Zeitverlust ver­bunden gewesen wäre – wir hätten diesen Antrag neuerlich einbringen müssen –, und habe darauf vertraut, dass Sie Verständnis dafür haben, dass, wo Menschen arbeiten, auch Fehler passieren können.

Meine Damen und Herren! Im Sinne eines funktionierenden Energie-Gasbeirates darf ich Sie bitten, diesen Antrag im Wirtschaftsausschuss positiv zu diskutieren und entsprechend positiv zu beschließen. Momentan ist es so, dass dieser Energie-Gasbeirat nicht voll funktionsfähig ist, weil die Vereinbarkeit nicht zur Gänze gegeben ist. Es sind Firmenvertreter in diesem Energie-Gasbeirat vertreten, sodass sich andere Firmen oder Unternehmen einfach nicht bereit erklären, dort ihre Daten vorzulegen, wenn sie von der Konkurrenz in dieser Form eingesehen werden können. – Das ist mein dringendes Anliegen zu diesem Antrag.

Ich möchte die Gelegenheit auch nützen, um zwei Probleme anzusprechen, die seit längerem anhängig sind. Herr Bundesminister, wir haben den letzten Energiebericht im Jahre 1996, glaube ich, in dieses Haus bekommen, und seither wurde, obwohl sich in unserem Lande im Energiebereich so viel verändert hat, die Energiesituation nie mehr evaluiert. Wir wissen momentan eigentlich nicht, wohin der Zug fährt und ob er überhaupt in die richtige Richtung fährt: Setzen wir die richtigen Maßnahmen? Bereiten wir die richtigen gesetzlichen Änderungen vor? – Es wäre wirklich höchste Zeit, den Energiebericht für das Haus vorzubereiten und einzubringen. Ich habe dazu vor zirka einem Jahr einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht.

Ein weiteres Problem, das ebenfalls im Zusammenhang mit dem leider nicht vorliegenden Energiebericht gesehen werden kann, ist der § 25 des ElWOG, in dem vorgesehen ist, dass für die Festlegung der Regulierungsbehörde, die mittlerweile nahezu ein Jahr arbeitet, der Bun­desminister eine entsprechende Verordnung erlässt, sodass ein halbwegs verlässlicher Rah­men für die Vorgangsweise der Regulierungsbehörde gegeben ist. Da kann ich mir durchaus vorstellen, dass es zur damaligen Zeit vielleicht gescheit war, dass man keine Verordnung erlassen, sondern gesagt hat: Okay, wir installieren die Regulierungsbehörde – in etwa gibt das Gesetz ja vor, wie es funktionieren sollte – und lassen sie einmal arbeiten, ohne sie zu sehr einzuengen.

Mittlerweile entwickelte sich die Situation so, dass sich auch die Landeshauptleute in der Landeshauptleutekonferenz – nach vorliegendem Papier war das am 30. April – damit be­schäftigt haben. Da wurde die Problematik in der Diskussion schon angesprochen: Als Erstes müsste es einen Energiebericht der Bundesregierung geben, damit klar wird, wohin die Regie­rung in energiepolitischen Fragen steuert – wie gesagt, es ist momentan eher nicht festzu­machen, wohin sie steuert –, als Zweites die Grundsatzverordnung des Bundesministers, damit dieser die politische Verantwortung für die Ziele der Netzregulierung übernimmt, und dann erst das Projekt von der E-Control. Im konkret vorliegenden Text lautet der einstimmige Beschluss der Landeshauptleutekonferenz so:


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Die Landeshauptleutekonferenz erwartet eine gänzliche Neuverhandlung des Regulierungs­ansatzes­ auf der Basis einer ausgewogenen, sachlich und rechtlich sowie betriebs- und volks­wirtschaftlich angemessenen Betrachtungsweise mit dem Ziel einer stärkeren Berücksichtigung der Versorgungssicherheit für Wirtschaft und Energiekunden. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie, und zwar auch die Regierungsparteien, bitten, uns bei diesem Anliegen zu unterstützen. Wenn im Wirtschaftsausschuss die Meinung vertreten werden sollte, es müsste mehr zusammenkommen und wir sollten ein größeres Paket schnüren, wenn wir verändern und novellieren: Ich bin gerne dazu bereit!

An Sie möchte ich appellieren: Nehmen Sie die Probleme, in der sich zurzeit die E-Wirtschaft und im Besonderen die Netzbetriebe befinden, nicht auf die leichte Schulter! Korrigieren wir, was uns vor einem Jahr oder noch früher nicht einsichtig oder einfach noch nicht möglich war! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.01


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Die Uhr ist wunsch­gemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

19.01


Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Oberhaidinger, ich glaube in der Tat, dass das, was du zum Erdgas­beirat angesprochen hast, für uns ein Thema sein sollte. Wir haben hier – im Gegensatz zum Elektrizitätsbeirat – auch Vertreter der Bundesländer, des Städtebundes, des Gemeindebundes mit in dieses Gremium entsandt. Das ist per se nichts Schlechtes oder Nachteiliges. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Aber du, Kollege Oberhaidinger, hast Recht: Manche Bundesländer entsenden statt eines unabhängigen Vertreters des Bundeslandes oder der Landesregierung tatsächlich Vertreter aus den den Ländern ja nicht sehr fern stehenden, aber doch auf dem Markt agierenden Gasge­sellschaften. Das ist natürlich ein Problem, wenn es um die Vorlage von Unterlagen aus einzelnen Unternehmungen geht. Ich denke, dass wir darüber reden sollten, und wir sollten uns darüber auch verständigen können. Da aber ohnedies eine Energiebinnenmarktrichtlinie be­ziehungsweise deren Umsetzung, also eine Novellierung, von Brüssel her auf uns zukommt, und da es wahrscheinlich schon im Herbst soweit sein wird, dass wir uns damit beschäftigen müs­sen, denke ich, dass wir das zu gegebener Zeit wahrscheinlich in einem erledigen können sollten.

Prinzipiell muss man in diesem Zusammenhang auch darauf verweisen, warum das Ganze problematisch ist. Die WIENGAS beispielsweise hat in den letzten Tagen an 700 000 Kunden ein Schreiben über eine Preiserhöhung per 1. Juni 2003 versandt und diese mit etwas frag­würdigen Argumenten begründet, nämlich: Die fast hundertprozentige Erhöhung des Grund­preises sei durch die Liberalisierung begründet. – Das scheint mir eine etwas missbräuchliche Kundeninformation zu sein. Allein schon aus diesem Grund glaube ich, dass in einem auch für Preisfragen zuständigen Beirat Ländervertreter – in diesem Fall sogar Unternehmensvertreter – tatsächlich in einer etwas zweifelhaften Position sind, weil unter Umständen Informationen aus anderen Unternehmen letzten Endes zu einem Missbrauch dieser Marktposition führen könnten.

Kurzum: Ich glaube, darüber kann man reden. Es ist meines Erachtens jetzt nicht besonders vordringlich, wir können es sicherlich mit den anderen von dir, Kollege Oberhaidinger, ange­schnittenen Fragen in einem besprechen und möglicherweise gegen Jahresende zu einer Lösung kommen. Ich glaube, das gehört im Paket mit ein paar anderen Fragen mitbehandelt. Unsere Gesprächsbereitschaft ist an sich gegeben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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19.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

19.04


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Kollege Oberhaidinger, die Gesprächsbereitschaft unsererseits ist in diesem Punkt sicherlich gegeben, das ist keine Frage. Die Zusammenarbeit hat ja auch bei den Energiegesetzen gut funktioniert. Ich denke, wenn man erkennt, dass Korrekturen erforderlich sind, dann sollte man diese auch durchführen.

Im konkreten Fall geht es um den Gasbeirat, der eine andere Zusammensetzung als der Elektrizitätsbeirat hat. Wenn ich die „Parlamentskorrespondenz“ betrachte: Es geht eben darum, dass der Gasbeirat nach den gleichen Grundsätzen wie der Elektrizitätsbeirat arbeiten soll, wobei das – und ich nehme an, dass das so stimmt – aus meiner Sicht schon zu hinterfragen ist. Ich glaube, darüber wird man diskutieren können.

Hier ist angesprochen, dass die betroffenen Ministerien und die Vertreter der Sozialpartner vertreten sein sollten, aber nicht mehr die Länder- und Gemeindevertreter sowie die Vertreter der Industriellenvereinigung. Ich denke, es ist sinnvoll, darüber zu diskutieren, wie und in welcher Zusammensetzung es Sinn macht. Es kommt nicht unbedingt auf die Übertragung oder die Gleichstellung mit dem Elektrizitätsbeirat an, um nach diesen Grundsätzen vorzugehen. Ich greife da beispielhaft die Industriellenvereinigung heraus, deren Unternehmungen bei immerhin 45 bis 50 Prozent des gesamten Erdgasbedarfs in Österreich liegen. Ich glaube, dass es durchaus Sinn macht, wenn diese dort mit dabei sind.

Was die Argumente betrifft, die hier in Bezug auf das Offenlegen von Zahlen eines Unter­nehmens gegenüber dem Mitbewerber in diesem Beirat vorgebracht wurden: Das bereitet sicherlich Probleme, und wir werden uns da, wie ich meine, durchaus verständigen können, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.

Hinsichtlich der zeitlichen Abfolge glaube ich, dass nach einem bestimmten Beobachtungs­zeitraum eine Nachjustierung, eine Abänderung dort, wo wir die Erkenntnis gewinnen, dass Änderungen Sinn machen, durchaus angebracht ist und wir dann insgesamt eine Erledigung vornehmen sollten. Damit ist nicht gemeint, dass das am Sankt-Nimmerleins-Tag der Fall sein wird, sondern tatsächlich in absehbarer Zeit. Aber wir werden diesbezüglich sicherlich noch Ge­spräche führen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

19.07


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zur vor­liegenden Gesetzesvorlage, die jetzt in erster Lesung von der SPÖ eingebracht worden ist: Wir würden es sehr begrüßen, wenn im Zuge dieser kleinen Novelle, die wir gern ausführlich diskutieren würden, auch die großen Fragen, die insgesamt anstehen, in einem Paket diskutiert werden könnten.

Es geht im Wesentlichen erstens um den Energiebericht, den ich für essenziell halte. Auch in einem liberalisierten Markt ist es notwendig, Grundsteine von Planung nach wie vor im Auge zu behalten, auch als Gesetzgeber. Dazu einen Bericht zumindest zweijährlich im Parlament zu haben, ist jedenfalls eine sehr gute Unterstützung. (Demonstrativer Beifall des Abg. Ober­haidinger.) Auch andere Länder, so zum Beispiel die Tschechische Republik, arbeiten im Moment an einem Energiekonzept, an einem Energieplan. Das ist auch sehr stark parlamen­tarisch abgesichert, und ich denke, das könnte für uns ein Vorbild sein. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Oberhaidinger.)

Das Zweite, was in diesem Zusammenhang wichtig ist: Wir haben letztes Jahr das Öko­stromgesetz verabschiedet. Auch da wäre einmal eine Evaluierung durchzuführen: mit der ge­meinsamen Zielsetzung, die bestehenden Ansätze noch deutlich zu verbessern. Es gibt Be­rechnungen, dass wir mit dem stehenden Instrumentarium die Ziele nicht erreichen werden und


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nicht erreichen können. Dafür ist hauptsächlich das Stromwachstum verantwortlich, und das Stromwachstum ist kein „Naturgesetz“.

Ich würde mir wünschen, dass die großen Bausteine einer alternativen Energiepolitik auch im Rahmen eines solchen Energiekonzeptes einfließen könnten, nämlich: Energieeffizienz, der weitgehende Umstieg auf erneuerbare Energieträger, und vor allem, dezentrale Versorgungs­anlagen zu unterstützen und zu fördern. (Beifall bei den Grünen.) Wir haben dies schon lange als Bausteine von grüner Energiepolitik formuliert, aber ich kenne auch einige in den Reihen von ÖVP und FPÖ, denen das ein Anliegen ist.

Ein dritter Gedanke, der in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielt und auch wichtiger genommen werden muss, betrifft das Einbringen österreichischer Positionen im europäischen Energiediskurs. Da sind einige sehr heikle Entscheidungen ausständig. Ich nenne in diesem Zusammenhang den Fall vor dem Europäischen Gerichtshof, in dem derzeit über die Frage der Beihilfen sehr intensiv diskutiert wird, wobei es vor allem um die Frage der Grundversorgung geht und auch die Beihilfen im Zusammenhang mit entlegener Versorgung, im Daseinsvor­sorgebereich, unter Umständen zur Disposition stehen.

Österreich sollte sich bei diesen Liberalisierungsfragen auf der europäischen Ebene sehr intensiv und mit einer guten Position einbringen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.10



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Wirtschaftsminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

19.10


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller Kürze zu diesem Antrag zum Energie-Regu­lie­rungsbehördengesetz: Ich anerkenne das Problem. Den vorgeschlagenen Weg des Abge­ordneten Oberhaidinger kann ich nicht oder jedenfalls noch nicht nachvollziehen, nämlich dass die Antwort auf dieses „Conflict of Interest“-Problem, das es aus meiner Sicht offensichtlich ist und das sich nicht unbedingt auf Grund des Gesetzes ergibt, sondern auf Grund der von den Ländern vorgenommenen Nominierungen und der Personen, die dort nominiert wurden, sowie der Verantwortlichkeiten, die diese Personen in Energiegesellschaften haben – dass die Ant­wort darauf der Entfall der Nominierungsrechte sein müsse. Lassen Sie uns hier offen und breiter diskutieren, lassen Sie uns sicherstellen, dass die derzeit aus meiner Sicht proble­matische „Conflict of Interest“-Situation bereinigt wird. Das müsste aus meiner Sicht das Ziel sein.

Herr Abgeordneter Oberhaidinger, du hast auch das Thema Energiebericht angeschnitten, ebenso Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Ein solcher Energiebericht ist in Ausarbeitung. Ich gehe davon aus, dass es noch im Jahre 2003, also im laufenden Kalenderjahr, möglich sein wird, dem Hohen Haus, wie gewünscht, einen Energiebericht als Diskussionsgrundlage für vieles zuzuleiten. (Abg. Dr. Glawischnig: Gut! Sehr gut!)

Lassen Sie mich noch auf das eingehen, was Herr Abgeordneter Kopf gesagt hat, weil es eine gewisse Aktualität besitzt: Die Grundpreiserhöhung der WIEN ENERGIE für Gas um fast 100 Prozent, das heißt eine Verdoppelung des Grundpreises, ist an und für sich schon eine Sache, die sehr kritisch zu sehen ist.

Was mich noch mehr stört als diese Verdoppelung des Grundpreises, die im Übrigen auf der Wiener politischen Ebene bisher keinerlei Konsequenzen gehabt hat – das ist vielleicht auch ein Hinweis an die Abgeordneten, die aus der Bundeshauptstadt stammen –, ist, dass die Begrün­dung, die Liberalisierung sei der Grund für die notwendige Erhöhung des Grundpreises, eine absolut missbräuchliche Kundeninformation darstellt. Das wird von mir in aller Deutlichkeit und Schärfe zurückgewiesen! Mit der Liberalisierung des Erdgasmarktes hat das aber schon überhaupt nichts zu tun, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt ist erschöpft; es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet.

Ich weise den Antrag 77/A dem Wirtschaftsausschuss zu.

7. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (93/A)


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein. Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

19.13


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein sehr verehrter Herr! Es gab gute Gründe für die SPÖ, bei der Novelle zum Meldegesetz der Regierungsvor­lage nicht zuzustimmen. Es gab erhebliche Bedenken der österreichischen Datenschützer und Konsumentenschützer insbesondere gegen die Regelung, dass sonstige Abfrageberechti­gungen durch das Innenministerium verteilt werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Befürchtungen von damals haben sich bestätigt. Wie sich aus der Diskussion der letzten Monate ergeben hat, wurden durch das Innen­ministerium Abfrageberechtigungen an Personen vergeben, wobei jeweils nicht die ge­setzlichen Voraussetzungen nach § 16a Abs. 5 Meldegesetz vorgelegen sind. Diese Regelung ist sehr eindeutig: Personen, die regelmäßig Meldeauskünfte zur erwerbsmäßigen Geltend­machung oder Durchsetzung von Rechten oder Ansprüchen benötigen, dürfen eine derartige Abfrageberechtigung bekommen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen jetzt, dass derartige Online-Abfrageberechtigungen an das Sicherheitsgewerbe vergeben wurden. Jetzt frage ich mich wirklich: Was steht eigentlich in der Gewerbeordnung? Was ist Aufgabe des Sicherheitsge­werbes? – Ich glaube, niemand von Ihnen kann mir erklären, dass die Voraussetzungen des § 16a Abs. 5 tatsächlich auf Berufsdetektive zutreffen. Oder sind Sie der Meinung, dass Berufsdetektive zur Durchsetzung von Rechten oder Ansprüchen berechtigt sind?

Ein weiteres Beispiel sind Inkassobüros. Inkassobüros haben ebenfalls einen Online-Zugang zum Zentralen Melderegister. Ich erinnere an die Gewerbeordnung: Niemandem von uns ist bekannt – auch keinem Mitglied des Justizausschusses –, dass Inkassobüros Rechte und Forderungen durchsetzen können.

Aber all diese Abfrageberechtigungen wurden vom Innenminister rechtswidrigerweise – ich betone das – vergeben!

Dasselbe trifft auf das Gewerbe der Auskunfteien zu. Da soll mir wieder jemand erklären, ob nach der Gewerbeordnung Auskunfteien befugt sind, Ansprüche und Rechte durchzusetzen oder auch diese Rechte geltend zu machen.

Jetzt stellen Sie sich Folgendes vor: Ein Beamter, der behördlich tätig wird – nehmen wir einen aus dem Innenministerium her, der einen Zugriff auf das Zentrale Melderegister benötigt –, hat diesen Vorgang im Einzelfall zu dokumentieren, dieser Zugriff muss nachvollziehbar sein; Beamte haben keinen unkontrollierten Online-Zugriff. – Aber diese Gewerbetreibenden, denen rechts­widrigerweise diese Berechtigung zuerkannt wurde, haben einen solchen Zugriff!

Was uns Sozialdemokraten schon etwas nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass nun in einer Vorlage zur Änderung des KFG wiederum ausdrücklich geregelt ist, dass bei einer Abfrage nach dem Kennzeichen das rechtliche Interesse nachzuweisen ist. Jetzt frage ich Sie:


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Warum ist nach dem § 22 KFG der Vorlage das rechtliche Interesse nachzuweisen, und warum nicht auch im Zentralen Melderegister, obwohl wir wissen, dass da der Missbrauch viel größer sein kann?

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass, nicht kontrollierbar durch die zuständige Meldebehörde, Abfragen aus dem Ausland durchgeführt werden können, weil man damals, als das Gesetz entstanden ist, vergessen hat, die Berechtigung für Abfragen auf Inländer einzuschränken. Sie können ins Netz gehen und aus Kroatien, aus Bosnien, aus Russland online ins österreichische Zentrale Melderegister gelangen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann nicht sinnvoll sein!

Daher ist es unser Vorschlag – und Sie haben die Vorlage –, dass bei zukünftigen Abfragen im Zentralen Melderegister in jedem Einzelfall das rechtliche Interesse nachzuweisen ist. Ich ersuche Sie, diesen Antrag ohne Emotionen zu diskutieren, insbesondere unter dem Aspekt, ob seitens des Innenministeriums diese Abfrageberechtigungen rechtskonform vergeben wurden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

19.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

19.19


Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir diskutieren in erster Lesung einen Gesetzesantrag der SPÖ, mit dem das Meldegesetz geändert werden soll.

Was ist Sache? – Wir haben im Jahre 2001 unser Meldegesetz novelliert. Seitdem steht uns ein modernes, zukunftsorientiertes, service- und bürgerorientiertes Meldegesetz zur Verfügung. Ich möchte mich von dieser Stelle aus bei allen bedanken, die an der Erarbeitung dieses modernen Meldegesetzes mitgewirkt haben: vom Bundesminister über die Datenschutzkommission bis hin zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium.

Geschätzte Damen und Herren von der SPÖ! Der Antrag, den Sie gestellt haben, zeigt keine legistische Sternstunde an. Es gibt nämlich überhaupt keinen Grund, die Effizienz und die Datensicherheit unseres Meldegesetzes in Frage zu stellen. Die Bundesregierung nimmt die Bürger, den Datenschutz und die persönlichen Rechte sehr ernst, und sie steht gleichzeitig für eine moderne und leistungsorientierte Verwaltung. Mit diesem Antrag, der hier eingebracht worden ist, soll mit aller Kraft verhindert werden, dass eine leistungsorientierte und unbüro­kratische Verwaltung in diesem Bereich möglich ist.

Es gibt nur wenige Gesetze, die draußen bei den Bediensteten vor Ort, die das Gesetz voll­ziehen müssen, auf eine derart große Akzeptanz stoßen wie eben das Meldegesetz. Die da­maligen Bedenken und Unkenrufe, dass mit diesem Gesetz dem Missbrauch Tor und Tür geöffnet werde, der „gläserne Mensch“ eingeführt werde, ein Anschlag auf die Privatsphäre stattfinde und die Grundrechte verletzt würden, diese Angstmacherei, geschätzte Damen und Herren, ist ins Leere gegangen. Eines allerdings muss jedem klar sein: Wenn da jemand unbedingt einen Missbrauch begehen möchte – da können wir Gesetze schaffen, so viele wir wollen –, dann ist das sicherlich in keiner Weise zu verhindern.

Worum geht es beim Zentralen Melderegister? – Es geht darum, dass die Behörden Bürger­anliegen wie zum Beispiel die Hauptwohnsitzmeldung jetzt schneller und besser behandeln können. Diese geht jetzt unbürokratisch und schnell vor sich – und kann auch über das Internet erfolgen. Behördenfremde, so genannte Business-Partner, wie sie im Antrag angeführt sind, können nur dann auf diese Daten über das Internet elektronisch zugreifen – übrigens genauso wie jeder andere –, wenn eine Abfragegenehmigung erteilt worden ist, und dafür müssen die Bewerber den angestrebten Zweck der Nutzung des Zentralen Melderegisters angeben. Wenn jemand eine Abfragegenehmigung bekommt und das Zentrale Melderegister benutzt, dann muss er genauso wie jeder andere den Vornamen, den Zunamen, das Geburtsdatum und ein


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zusätzliches Merkmal wie zum Beispiel den Geburtsort angeben. Wenn diese Daten aber vorhanden sind, dann gibt es eigentlich keine Verletzung des Datenschutzes mehr.

Geschätzte Damen und Herren, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen. Man kann das Ganze drehen und wenden, wie man will: Wir haben ein modernes Meldegesetz, und es steht überhaupt nicht zur Diskussion, bei diesem Meldegesetz irgendeine Änderung herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

19.24


Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Arbeiterkammer und der Konsumentenschutz haben zwar sicherlich, wie das auch Abgeordneter Maier gesagt hat, da oder dort sehr verdienstvolle Leistungen erbracht. Im gegenständlichen Fall ist aber genau das Gegenteil der Fall.

Wenn ein Praktiker wie Abgeordneter Kößl sagt, dass das Gesetz gut zu handhaben ist, dass der Datenschutz im Wesentlichen nicht gefährdet ist, so sagt das jemand, der genau weiß, wovon er spricht. (Abg. Mag. Johann Maier: Und was ist mit dem Datenschutzrat?) Ich bin nicht der Meinung, dass in den Bürotürmen des Konsumentenschutzes und der Arbeiterkammer die Situationen, wie sie sich in der Praxis abspielen, tatsächlich genau nachvollzogen werden können.

Dieses Gesetz ist auch gut abgesichert: Es gibt kein generelles berechtigtes Interesse, son­dern es muss auch ein Einzelinteresse vorliegen. Jede Art von Anfrage wird protokolliert. Das System speichert alles. Herr Abgeordneter Maier, so ist es im Großen und Ganzen unmöglich, den Datenschutz zu verletzen.

Natürlich, wenn man etwas finden will, so kann man immer etwas behaupten. Ich beziehe mich jetzt auf eine andere gesetzliche Regelung, die von der Arbeiterkammer, vom Konsumenten­schutz auch schon einige Male moniert wurde: Es ist diese Abfrage bei der Exekutive nach § 130 der Gewerbeordnung. Und weil gerade auch die privaten Sicherheitsunternehmen ange­sprochen wurden: Ja bitte, das ist doch eminent wichtig, dass Mitarbeiter von privaten Si­cherheitsunternehmen durchleuchtet werden, ob sie tatsächlich geeignet sind, diese Tätigkeit auszuüben. Es wäre doch unvorstellbar, wenn das World Economic Forum tagt und ein privates Sicherheitsunternehmen seine Leute dorthin entsendet, dass nicht gewährleistet ist, dass die wirklich für diese Tätigkeit geeignet sind, dass Vorstrafen, auch wenn sie schon getilgt sind, nicht angezeigt werden. Dasselbe gilt für Botschaftsbewachungen oder auch Geldtransporte.

Auch hierüber hat es von Seiten der SPÖ Beschwerden gegeben. Es ist jedoch eine Not­wendigkeit, genauso wie es sich als Notwendigkeit herausgestellt hat, das Meldegesetz auf den aktuellen Stand zu bringen. Es ist unbürokratisch, es ist ein gutes Gesetz, es ist ein modernes Gesetz, und es ist auch ein transparentes Gesetz.

Deshalb gibt es aus unserer Sicht auch überhaupt keinen Grund, diesem Antrag der So­zialdemokraten in dieser ersten Lesung beizutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

19.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

19.27


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rein technisch – von der Abwicklung, vom Verfahren, von der „Bequemlichkeit“ für die damit befassten Beamten beziehungsweise auch die entsprechenden Interessierten aus der


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Bevölkerung her – ist das Gesetz tatsächlich unproblematisch. Das neue Meldegesetz ist unbürokratischer, teilweise kundenfreundlicher und sicherlich auch effizienter. Keine Frage! Allerdings gab es bereits bei der Verabschiedung, bei der Diskussion dieses neuen Melde­gesetzes Bedenken im Hinblick auf den Datenschutz.

Nun haben wir Erfahrungswerte. Zwei Jahre sind vorübergegangen, und die Bedenken in Bezug auf den Datenschutz haben sich als berechtigt herausgestellt. Da ist es doch ganz natürlich und ganz selbstverständlich, angesichts dieser solcher Bedenken eine Novellierung vorzunehmen. Es geht darum, die Effizienz der Abwicklung und – auch darauf kommt es mir an – die Garantie des Datenschutzes miteinander zu koppeln. Nichts anderes will dieser Vorstoß, und ich unterstütze ihn deshalb.

Ich finde, wir sollten bald darüber beraten, denn es ist gerade in einer Zeit, in der elektronische Medien immer mehr vernetzt werden, in der Zugriffe und Abfragen immer leichter möglich werden, notwendig, Datenschutzaspekte immer mehr zu betonen, in den Vordergrund zu stellen und auch rechtlich zu verankern. Darauf kommt es an! Wir wollen mit dem neuen Meldegesetz datenschutzmäßig genauso sicher unterwegs sein, wie wir es mit dem alten waren. Diesen Status gilt es, wieder herzustellen, und daher unterstütze ich dieses Anliegen. Ich hoffe, dass wir bald darüber beraten werden. (Beifall bei den Grünen.)

19.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

19.29


Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Kößl und Kollege Mainoni haben eigentlich zur Grundfrage, die Kollege Maier angesprochen hat, nicht Stellung genommen. Kollege Kößl hat von einem modernen Gesetz gesprochen, für das Dank gebühre und bei dem es keinen Grund zu einer Änderung gebe, hat von Angstmacherei und derlei mehr gesprochen. Er hat also sozusagen die erste Lesung genützt, um ein wenig zu polemisieren.

Kollege Kößl, es geht doch in Wirklichkeit darum, dass der § 16a Abs. 5 Detekteien oder Inkassobüros nicht ermöglicht, eine Anfrageberechtigung zu bekommen. Das ist doch der Punkt der ganzen Geschichte, und daher wollen wir mit unserem Antrag eine Änderung er­reichen, und zwar in dem Sinn, dass bei jeder Anfrage ein berechtigtes rechtliches Interesse eindeutig glaubhaft gemacht werden muss.

Meine Damen und Herren! Es ist nicht einzusehen, dass ein Beamter sehr genau doku­mentieren muss, nicht nur wie er heißt, seine Dienstnummer und was weiß ich noch alles, also seine Identität preisgeben muss, sondern auch dokumentieren muss, warum und auf welche Art und Weise er die Erhebung durchführt und wofür er die Daten eigentlich ganz genau benötigt. (Abg. Kopf: Das gilt auch für Private!) Für Inkassobüros oder auch für Berufs­detekteien und andere, die online zugreifen – da wird zwar auch der Name erhoben, aber auch wenn der Betreffende derlei Daten zum Teil nicht angibt, kann er trotzdem ins System hinein –, gilt das jedoch nicht. Vor allem muss kein rechtliches Interesse nachgewiesen werden, und genau das ist der Punkt.

Daher hat ja auch der Datenschutzrat – und das ist die Anknüpfung, ich will da jetzt ja nicht streiten, sondern wir wollen das in Diskussion bringen – deutlich gemacht, dass er gegen diese Meldegesetz-Novelle ist. Er hat festgestellt, dass es ein rechtliches Problem gibt, weil es keinen Anspruch gibt. Und genau darum geht es!

Meine Damen und Herren! Es kann doch nicht das Interesse sein, dass ein Ministerium, das der Innenminister sozusagen zum größten Datenhändler wird. Man hat da schon manches Mal den Eindruck, dass der eigentliche Hintergrund ist, dass der Innenminister damit Geld machen will. Das geht aber zu Lasten des Personen-, des Persönlichkeitsschutzes – und das geht zu Lasten der Rechtsstaatlichkeit. Und das sollte nicht sein!


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Kollege Mainoni, bei Ihnen sehe ich das ganz locker: Sie haben natürlich ein gewisses persönliches Interesse, dass diese Berufsgruppen Zugang erhalten. (Abg. Mag. Mainoni: Aus der Praxis!) Ich verstehe das, und das ist auch nichts Negatives, allerdings muss es dann im Gesetz auch rechtlich gedeckt sein. Unser Vorwurf ist, dass das nicht rechtlich gedeckt ist. Wenn man das jedoch will, dann muss man es rechtlich absichern. Darum geht es in dieser Diskussion. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzte Rednerin dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

19.32


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Maier veranlassen mich, noch ein paar Worte zu diesem Thema zu sagen. Ich bin auch dafür, wirklich darauf zu schauen, dass es zu keinen Missbräuchen bei der Einsichtnahme ins Melderegister kommt. – Sie von der SPÖ stellen das allerdings so dar, als ob jeder rein könnte: sei es aus Russland, sei es aus Kroatien. Das haben Sie jedenfalls erwähnt, und ich weiß nicht, auf welche Fälle Sie sich noch bezogen haben. So ist es aber auch wieder nicht. Es kann sich nicht jeder an den Computer setzen und seine Abfragen hineintippen, sondern derjenige muss eine generelle Berechtigung besitzen, die auf einem rechtlichen Interesse beruht. Diese Berechtigung muss ihm vom Innenministerium erteilt werden. – Ich meine, das muss man schon dazu sagen, damit das auch klar wird.

Herr Abgeordneter Maier! Ob nun der Herr Innenminister Berechtigungen vergeben hat, die nicht in Ordnung waren, das können wir hier nicht beurteilen, sondern da muss man eine Anfrage an den Innenminister richten oder man muss Gespräche führen oder wie auch immer versuchen, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Ich weiß, dass es Missbräuche gegeben hat. Seitens des Innenministeriums ist man diesen Missbräuchen auch nachgegangen, und diese – ich glaube, es hat sich um zwei Fälle gehandelt – zwei Personen oder Firmen haben ihre Berechtigung verloren. Das heißt also, dass sie diese Abfragen jetzt nicht mehr durchführen können.

Im Übrigen möchte ich auch noch darauf aufmerksam machen, dass das Melderegister als öffentliches Register in Wirklichkeit für jeden zugänglich ist. Wenn Sie, als es noch keine Online-Verbindung gab, in Wien in die Rossauer Kaserne gegangen sind und eine Melde­auskunft verlangt haben, dann haben Sie diese bekommen, ohne dass Sie irgendein rechtliches Interesse nachweisen mussten. Das heißt also, dass der Schutz jetzt sozusagen ohnehin schon etwas verbessert worden ist, und zwar dadurch, dass man wenigstens diese generelle Berechtigung braucht.

Aber, wie gesagt: Ich bin durchaus gerne bereit, auch einmal mit dem Herrn Innenminister zu reden, ob er Berechtigungen nicht zu Unrecht vergeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 93/A dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.

8. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrenge­setz, das Volks­befragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenz­gesetz geändert werden (95/A)


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9. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volks­befragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (96/A)


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun gelangen wir zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Die Uhr wird wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt, Herr Abgeordneter. (Abg. Scheibner – in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Dr. Wittmann –: Wollen Sie wirklich 10 Minuten lang sprechen? – Abg. Dr. Wittmann: Das ist nicht geplant! Man wird sehen, wie sich die Diskussion entwickelt! – Abg. Scheibner: Wir werden keine Zwischenrufe machen!)

19.35


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesen Anträgen geht es im Wesentlichen darum, dass wir eigentlich auf Grund der technischen Entwicklung durchaus in der Lage wären, den Wahltag als Stichtag für das Erreichen des Wahlalters zu nehmen und nicht den Jahresbeginn, sodass es nicht wie bei der letzten Nationalratswahl zu Diskrepanzen zwischen Stichtag und Wahltag von fast elf Monaten kommt und zigtausende Jugendliche so nicht in der Lage waren, von ihrem Wahlrecht Ge­brauch zu machen. Im Zeitalter einer computermäßigen Erfassung der Geburtsdaten und ande­rer Daten und der amtswegigen Erfassung in den entsprechenden Registern sollte es eigentlich möglich sein, den Stichtag auf den Wahltag zu legen. Ich denke, dass das eine sinnvolle und vernünftige Regelung wäre.

Der zweite Teil dieser Anträge setzt sich damit auseinander, dass in den verschiedensten Berufsgruppen und Interessenvereinigungen auch für jene Berufsausübenden, insbesondere Gewerbetreibende und Freiberufler, das aktive und passive Wahlrecht gegeben sein sollte, die nicht österreichische Staatsbürger sind, weil nicht einsichtig ist, dass jemand, der einen Beruf ausübt, seine Interessen nicht genauso vertreten können soll wie jemand anderer. Das müsste man an eine bestimmte Dauer der Berufstätigkeit binden. Ich denke, es wäre vernünftig, nicht-österreichischen Staatsbürgern sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht in allen Interessenvereinigungen nach fünfjähriger Aufenthaltsdauer zuzugestehen.

Ein weiterer Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, ist die Senkung des Wahlalters auf das vollendete 16. Lebensjahr – dies insbesondere auch deswegen, weil die Erfahrung, die man sowohl bei den burgenländischen als auch bei den Kärntner und steiermärkischen Kom­munalwahlen gewonnen hat, die ist, dass die Jugendlichen von ihrem Wahlrecht sehr massiv Gebrauch gemacht haben. Bei einer stichprobeweisen Überprüfung im Burgenland ist man bei den jungen Menschen auf eine Wahlbeteiligung von 87 Prozent gekommen. Das heißt, die Jugendlichen nehmen sehr wohl ihre Rechte wahr, wenn man sie ihnen zugesteht. Und es ist nicht einsichtig, dass man ihnen diese Rechte vorenthält. Die Jugendlichen sind sozial mehr eingebunden als früher, sie entscheiden über ihren Lebensweg selbständiger und früher selbständig. Ich meine, es wäre sinnvoll, auf Grund der gestiegenen Verantwortung auch die entsprechenden Rechte einzuräumen. Man hat damit im Burgenland gute Erfahrungen gemacht, man hat in Wien gute Erfahrungen gemacht, man hat in Kärnten gute Erfahrungen gemacht, und man hat in der Steiermark gute Erfahrungen gemacht: in Kärnten, Burgenland und Steiermark bei den Kommunalwahlen und in Wien auch darüber hinaus. Man hat auch in deutschen Bundesländern wie etwa Nordrhein-Westfalen mit der Herabsetzung des Wahlalters eine nicht unattraktive Erfahrung gemacht, sodass es also durchaus möglich wäre, das Recht der entsprechenden Verantwortung folgen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Kurzer Rede langer Sinn: Es wäre zweckdienlich, das Wahlalter zu senken. Es wäre auch zweck­mäßig, den Stichtag anzupassen, und es wäre durchaus auch eine gerechte Vorgangs­weise, den Ausländern das aktive und passive Wahlrecht in den Interessenvereinigungen zuzu­gestehen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

19.39


Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wie Herr Kollege Wittmann ausgeführt hat, liegen zwei Anträge der SPÖ vor. Der eine betrifft die Zusammenführung des Wahlalters mit dem Stichtag, wer also das 18. Lebensjahr vollendet hat, soll auch mit 18 wählen können (95/A), und der zweite betrifft die Senkung des Wahlalters. Mit dem ersten Antrag wird sich meine Kollegin Silvia Fuhrmann beschäftigen. Ich denke, es ist gut, wenn sie das hier als jüngste Abgeordnete aus ihrer Sicht tun kann.

Zum zweiten Antrag möchte ich sagen, dass der meiner Meinung nach ein wenig dem ersten Antrag widerspricht: Auf der einen Seite wollen Sie für das 18. Lebensjahr den Stichtag und den Wahltag synchronisieren, und auf der anderen Seite wollen Sie die Senkung des Wahlalters auf 16. – Mir ist nicht ganz klar, was Sie wirklich wollen.

Beim ersten Antrag sind wir etwas milder, beim zweiten Antrag, der Senkung des Wahlalters, sehen wir das anders. Zweifellos wird sich der Ausschuss damit befassen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Herr Kollege Brosz, ich habe mir gedacht, Sie möchten keine Zwischenrufe, denn Sie haben das gerade bei meiner Kollegin Brinek gegeißelt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweifellos wird sich der Ausschuss mit dem Pro und Kontra der Frage der Senkung des Wahlalters intensiv beschäftigen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir in der vergangenen Gesetzgebungsperiode – es ist ja kein neuer Antrag – dagegen waren und auch jetzt auf Bundesebene dagegen sind, und es geht um die Bundesebene, denn darauf bezieht sich der Antrag.

Ich habe auch nachgegraben und nirgends ein Land gefunden, weder in Europa noch im außereuropäischen Raum, das bei Bundeswahlen ein Wahlalter unter 18 hätte. Österreich wäre da also der absolut erste Staat, der in dieser Frage vorprescht, wofür ich jedoch keinerlei Notwendigkeit sehe. (Abg. Mag. Wurm: Wir könnten auch einmal Vorreiter sein!)

Herr Kollege Wittmann, ganz im Gegensatz dazu sehe ich die Notwendigkeit sehr wohl als gegeben an – und ich erwarte und erhoffe konstruktive Gespräche dazu –, endlich all den­jenigen die Wahlmöglichkeit zuzugestehen, die laut Gesetz derzeit schon das Wahlrecht haben, und zwar durch die Briefwahl. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Bravo!)

Das ist etwas, was wir schon lange fordern, was überfällig ist und wozu ich Sie sehr herzlich einlade. Ohne auf Ausweitungen abzuzielen, wäre das mit ganz einfachen Maßnahmen zu ermöglichen. (Abg. Brosz: Was ist das Schlechte an Ausweitungen?)

In diesem Punkt, Herr Kollege Wittmann, sind wir europäisch gesehen Steinzeit. Bei der Mehr­heit der europäischen Länder gibt es bereits die Möglichkeit zur Briefwahl, und es kommt auch den modernen Menschen, der Globalisierung, dem Reisebedürfnis der Leute wesentlich mehr entgegen, dass sie am Wahltag ganz einfach in Form der Briefwahl von ihrer Wahlmöglichkeit Gebrauch machen können. Ich empfehle Ihnen und appelliere an Sie, uns bei der Einführung der Briefwahl zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.


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19.43


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Gleiche Pflichten, gleiche Rechte – darunter kann man unseren zweiten, die Senkung des Wahlalters betreffenden Antrag subsumieren. Wir leben in einem System, in dem wir mit sechs Jahren in die Schule kommen. Nach neun Pflichtschuljahren kann man arbeiten gehen, ist man alt genug, um Steuern zu zahlen – und da sollte man eigentlich auch alt genug sein, mitbestimmen zu können, was mit den Steuern geschieht und was mit dem Geld geschieht, das man in soziale Versicherungs­systeme einbezahlt, et cetera. Wenn ich 6, 6,5 und 9 zusammenrechne, ergibt das 15, 15½. Dann wäre also 16 der Zeitpunkt, zu dem in unserem Land jeder vom Gesetz her arbeiten gehen könnte und zu dem in der Regel auch sehr viele arbeiten gehen und damit auch weit reichende ... (Abg. Neudeck: Wollen Sie vielleicht die Kinderarbeit, damit die früher wählen gehen können?)

Also bei 16-Jährigen reden wir nicht mehr von Kindern, da reden wir von jungen Erwachsenen. Wenn 16-Jährige alt genug sind, um arbeiten zu gehen, müssen sie auch alt genug sein, um wählen zu dürfen und mitzubestimmen, was geschieht.

Die Erfahrungen, die wir im Burgenland, aber auch in Graz gemacht haben, waren sehr positiv: eine sehr hohe Wahlbeteiligung bei den Jungen, eine sehr kritische Auseinandersetzung mit den Inhalten aller Parteien im Vorfeld der Wahl. Insofern ist es ein wesentlicher Punkt, dass wir das auch umsetzen.

Zum zweiten Punkt des zweiten Antrags: Genauso sollten auch ausländische Staatsbürger bei gleichen Pflichten gleiche Rechte erhalten, also auch das Wahlrecht in allen ihren Interes­senvertretungen haben, und zwar sowohl aktiv als auch passiv. Das ist auch ein Punkt, der schon lange eingefordert wird und wo es endlich an der Zeit ist, das zu tun.

Wenn man hört, dass die Leute mitunter nicht reif genug dafür seien, so gibt es dazu zwei Dinge zu sagen: Erstens haben wir in Österreich keine Wahlpflicht, sondern ein Wahlrecht, das heißt, wenn jemand der Meinung ist, er ist mit 16, 17 noch nicht reif genug, persönlich diese Entscheidung zu treffen, dann zwingt ihn ja keiner, zur Wahl zu gehen, denn es ist ein Recht und keine Pflicht. Diejenigen jedoch, die der Meinung sind, sie können und wollen diese Entscheidung treffen, sollten auch die Möglichkeit haben, diese Entscheidung zu treffen.

Das ist natürlich auch eine Frage der Reife. Wenn Sie sagen, Sie hätten kein Land gefunden, in dem das möglich ist: Vor etwas mehr als 100 Jahren hätten Sie auch kein Land gefunden, in dem Frauen wählen hätten dürfen. Vielleicht war das damals auch ein Argument, das in der Diskussion vorgebracht wurde. Aber es hat sich dann doch gezeigt, dass da ein Land eben einmal vorangegangen ist, und es hat dann noch bis 1970 gedauert, bis auch die Schweiz in diesem Punkt nachgezogen hat. Ich weiß nicht, ob wir in dieser Frage Vorreiter sein wollen, ein Vorreiter in Sachen Demokratie – oder ein Nachzügler. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das ist keine Frage der Demokratie!)

Die Frage ist weniger, ob die 16- und 17-Jährigen reif genug sind, um solche Entscheidungen zu treffen, sondern ob Sie reif genug sind, ihnen heute bereits diese Möglichkeit zu geben – oder ob wir noch ein paar Jahre warten müssen, bis auch Sie das einsehen und bereit sind, in diesem Punkt nachzugeben. Das wird kommen. Und wenn Sie heute noch nicht reif genug dafür sind – wir sind es! –, dann werden Sie es vielleicht in ein paar Jahren sein. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Murauer: Und wie ist es bei der Briefwahl?)

Zum ersten Antrag: Zehntausende Jugendliche, noch dazu Volljährige, durften bei der letzten Nationalratswahl nicht wählen, und zwar deswegen nicht, weil der Stichtag immer der 1. Jänner des Wahljahres ist. Das ist vor zirka zehn Jahren so eingeführt worden; das hatte auch mit Administrierbarkeit zu tun. Für mich ist das allerdings ein Rätsel. Vor zehn Jahren, als die Wählerverzeichnisse noch auf Karteikarten geführt wurden, war eine Stichtagsregelung mög­lich, die ihn zirka 60 Tage vor einer Wahl festlegte. Und jetzt im Zeitalter der EDV kann das nur noch einmal im Jahr gemacht werden?! – Das ist lächerlich!


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Jeder Stichtag beinhaltet natürlich eine gewisse Ungerechtigkeit, denn jemand kann am Stichtag geboren sein und jemand am Tag danach. Es gibt aber einen Tag, der sich von selber erklärt, und das ist der Wahltag. Wenn du am Wahltag 18 Jahre alt bist, dann sollst du wählen dürfen. Bist du am Wahltag nicht 18, kannst du leider nicht wählen, bist du es am Tag danach, hast du eben Pech gehabt. Das versteht jeder Mensch und das ist absolut einfach. Ich denke mir, wir sollten auch in dieser Frage einfach die Gesetze für die Bürger machen, in dem Fall für die 18-Jährigen – und nicht für die Administrierbarkeit durch die Bürokratie, die im Übrigen überhaupt kein Problem darstellt, weil es nur eines Tastendrucks bedarf, um ein Wähler­verzeichnis für einen bestimmten Wahltag zu erstellen.

Weil auch immer wieder die Frage aufgeworfen wird, wie prognostiziert werden kann, wer 18 sein wird, wenn der Tag der Ermittlung der Verhältnisse am Stichtag vor diesem liegt: So schwierig ist es auch nicht, das zu prognostizieren, und die Trefferquote liegt bei zirka 100 Prozent. Auch beim jetzigen System gibt es das nämlich. Wenn Sie sich erinnern, hatten wir am 23. Jänner in Graz die Gemeinderatswahl. Der Tag, an dem festgelegt wurde, wer wahlberechtigt ist und wer nicht, war der 12. November. Auch da musste also prognostiziert werden, wer am 1. Jänner bereits 16 sein wird – und siehe da, es war möglich, und es war überhaupt kein Problem!

Der erste Antrag ist also für jene gedacht, die noch nicht die Reife haben, die ganzen zwei Schritte auf einmal zu machen. Ihnen soll es zumindest leichter gemacht werden, ein bisschen über den eigenen Schatten zu springen, indem sie wenigstens dem ersten Antrag zustimmen. Ich denke, es gibt in Wirklichkeit überhaupt nichts dagegen zu sagen, dass der Stichtag so geregelt wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

19.48


Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege, ich glaube, gerade in einer ersten Lesung sollte es zulässig sein, ganz offen verschiedene Meinungen auszutauschen und nicht davon zu sprechen, gerade wenn man sich noch dazu in einer Debatte über das Wahlrecht befindet, dass jemand möglicherweise noch nicht reif ist, irgendeiner Vorlage, die Sie sich wünschen, zuzustimmen. – Ich denke, das ist keine Frage der Reife, sondern der politischen Meinung, und das sollten Sie, so meine ich, auch zur Kenntnis nehmen, auch seitens der Sozialdemokraten, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auf der anderen Seite kann ich Ihrem Begehren, das Wahlalter oder die Wahlberechtigung nicht vom Kalender, also vom 1. Jänner des jeweiligen Jahres abhängig zu machen, durchaus einiges abgewinnen.

In unserer Rechtsordnung ist fixiert, dass das Wahlalter für Bundeswahlen 18 Jahre ist. Da stellt sich sogar die Frage, ob man dieser Bestimmung gerecht werden kann, wenn, bei einem Stichtag für das Wahlrecht zu Jahresbeginn, der konkrete Wahltag irgendwann im Dezember ist und dann das Wahlalter de facto fast bei 19 Jahren liegt. Es stellt sich die Frage, ob hier nicht sogar eine dem Gesetz widersprechende Regelung materiell verordnet oder fixiert wurde.

Ich weiß nur nicht, ob es gescheit ist, den Wahltag wirklich auch als Stichtag für das Wahlalter zu nehmen – oder ob es nicht besser wäre, auf die ursprüngliche Regelung zurückzugreifen, die, glaube ich, bis 1992 gegolten hat, den Stichtag für die Wahl auch als Stichtag für das Wahlalter zu nehmen, um merkwürdige bürokratische Vorgänge zu vermeiden, dann auch noch überlegen zu müssen, wer denn im Laufe der nächsten zwei Monate bis zur Wahl noch wahlberechtigt wird, weil er dann das Wahlalter noch erreicht.

Aber darüber können wir ja dann im Ausschuss diskutieren. Das wäre auch eine Frage für den Verfassungskonvent, der sich jetzt konstituiert. Auch meine Fraktion wäre sehr daran interes­siert, das Wahlrecht für die Auslandsösterreicher endlich auch im Rahmen der Briefwahl zu


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erleichtern, nämlich so, dass bürokratische Hemmnisse dem Wahlrecht für alle österreichischen Staatsbürger wirklich nicht entgegenstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bezüglich des Wahlalters bin ich sehr dafür, dass man junge Menschen mit 16 Jahren auf kommunaler Ebene wählen lässt. Ich bin sehr dafür, dass man ihnen auch den Zugang zu Instrumenten der direkten Demokratie wie etwa Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volks­befragungen ermöglicht. Das ist ja jetzt auch auf Bundesebene an das Wahlalter gebunden. Darüber sollte man auf jeden Fall diskutieren, weil wir sehen, dass gerade junge Menschen besonderes Interesse haben, an diesen Bürgerinitiativen, an diesen Volksinitiativen teilzu­nehmen.

Dafür, das Wahlrecht auf Bundesebene auf 16 Jahre zu reduzieren, habe ich persönlich durchaus Sympathie, schon seit meiner Zeit als Obmann unserer Jugendorganisation. Hier gibt es aber auch durchaus ernst zu nehmende Meinungen, dass das für die Bundesebene mög­licherweise zu früh ist. Ich sage nicht, dass Leute, die das einwenden, „zu wenig reif“ sind, sondern ich möchte gerade auch mit diesen Menschen einen intensiven Diskurs eingehen, ob es sinnvoll ist, das Wahlrecht auf Bundesebene dahin gehend zu korrigieren. – Ich persönlich bin dafür offen, aber ich gehe davon aus, dass im Ausschuss und auch im Verfassungs-Konvent, den wir ja für solch grundlegende Fragen gegründet haben, ausreichend Gelegenheit besteht, eine umfassende positive Änderung des Wahlrechts in diese Richtung zu beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

19.53


Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Vorab möchte ich sagen: Natürlich unterstützen wir, dass das Wahlrecht für Wahlen zu den Vertre­tungskörpern für nicht-österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger kommen soll, kommen muss. Ein erster Erfolg in diese Richtung ist ja von der Liste „Gemeinsam“ in Vorarl­berg schon erzielt worden, die beeinsprucht hat, dass türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu den Arbeiterkammerwahlen in Vorarlberg nicht kandidieren durften. – Da gibt es ja mittler­weile einen Entscheid des EU-Gerichtshofes: sie dürfen! Ich denke, das ist ein Weg in die richtige Richtung, den wir auf jeden Fall auch unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Frage der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre: Das ist natürlich ein Dauerbrenner. Diese Frage begleitet mich, seit ich politisch aktiv bin. Herr Kollege Scheibner, es ist sehr wohl Bewegung in diese Frage und Debatte gekommen, obwohl sich zu Beginn nur die Grünen vehement dafür eingesetzt haben.

Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind gefolgt (Zwischenruf der Abg. Binder) – und erfreulicherweise auch etliche Mitglieder der FPÖ. Es gibt ja viele Landesorganisationen – so auch in Vorarlberg –, die das Wahlalter 16 durchaus aktiv unterstützen. Man kann sehr wohl davon sprechen – auch wenn man es nicht „Zeit der Reife“ nennen will –, dass da ein politischer Prozess im Gange ist, der hoffentlich in diese Richtung weitergeführt wird.

Derzeit ist es so, dass 16-Jährige, so unterschiedlich sie in ihrer Entwicklung sein mögen, de facto sehr große Entscheidungen selbst fällen. Sie treffen Entscheidungen, was ihre Ausbildung betrifft. Sie haben zum Beispiel die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, ob sie medizinisch behandelt werden wollen oder nicht und wie. Sie können Moped fahren, ab 17 Jahren Auto fahren. – All das billigt man ihnen zu. In diesen Bereichen sollen sie die Verantwortung über­nehmen.

Wir glauben, dass sie sehr wohl auch reif und bereit für die Verantwortung sind, das Wahlrecht wahrzunehmen. Ich denke, sie verdienen dieses Vertrauen, sie verdienen es, dass man ihnen das zutraut. Wir muten ihnen zum Teil sehr viel zu, und wir sollten ihnen daher auch zutrauen, dass sie diesen Weg gehen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ein sehr wichtiges Argument, das heute noch nicht gefallen ist, ist die Bevölkerungsentwicklung, vor der wir stehen. Wir alle wissen, dass sich die Bevölkerungspyramide so entwickelt, dass es künftig immer mehr ältere und alte Menschen geben wird, die wahlberechtigt sind – und immer weniger jüngere. Ich meine, auch in diesem Sinne ist es sehr wichtig, einen Gegenpol zu setzen, da wir doch dazu verpflichtet sind, Politik gerade auch für jüngere und junge Menschen zu machen, sie anzusprechen, in ihrem Sinne politisch tätig zu sein und Weichen zu stellen.

Ich denke da gerade an den Sozialbereich, aber auch an den Umweltbereich. Wir dürfen diese Herausforderung nicht scheuen. Lassen Sie sich darauf ein! Es wäre sehr schön, wenn im Ausschuss eine einstimmige Beschlussfassung für das Wahlalter 16 erfolgen kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Fuhrmann. Bitte.

19.57


Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte einen Aspekt in die Diskussion einbringen, der bis jetzt noch nicht eingebracht wurde, und zwar die aktive Jugendmitbestimmung an sich, die mir als junge Politikerin am Herzen liegt.

Es geht einfach darum, junge Menschen nicht nur wählen zu lassen, um um ihre Wahlstimmen werben zu können, sondern: Echte Jugendmitbestimmung beginnt damit, dass man bei Ge­meinderatswahlen, bei Landtagswahlen, aber auch bei Nationalratswahlen darauf Rücksicht nimmt, jungen Menschen Verantwortung zu übertragen und ihnen auch Vertrauen entgegen­zubringen. Das ist gelebte und tatsächliche Einbindung der Jugend – und nur so kann auch die Sicht der Jugend mit eingebracht werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Gelebte Jugendpolitik beginnt auch damit, Demokratie erlernbar zu machen. Ich kann mich selbst noch sehr gut daran erinnern, dass man mir in der Schule als Schulsprecherin gesagt hat, wenn du im Schulgemeinschaftsausschuss gegen deinen Lehrervertreter der zufällig mein Mathematiklehrer war – etwas Negatives sagst, dann schaut der deine Schularbeit nicht nur einmal, sondern zweimal an, und wenn du „blöd“ bist, dann bekommst du eine schlechtere Note.

Ich glaube, dass da der Ansatz von gelebter Demokratie zu suchen ist, und nicht nur – aber auch – bei der Senkung des Wahlalters. Da stimme ich meiner Vorrednerin völlig zu, dass schon allein das demographische Argument eines ist, das es zu berücksichtigen gilt. Bei allen Wahlkämpfen wird aus meiner Sicht sowieso viel zu viel auf Pensionisten Rücksicht ge­nommen. Man sieht es auch jetzt bei der Pensionsdiskussion wieder – klar, weil jede Partei schaut, wer ihre größte Zielgruppe ist. Das sind demographisch gesehen die Pensionisten. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie sagen das! Abg. Öllinger: Die ÖVP hat das gesagt!) Dem­entsprechend versucht man, hier Zuckerln zu streuen, und bei den Jungen wird immer etwas abgeschnitten. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber wir sind jetzt bei der Wahlalterdiskussion und bei der Diskussion der Frage, ob der Wahltag der Stichtag sein soll. Ich möchte bitten, sich darauf zu konzentrieren. Dazu möchte ich sagen, dass die ÖVP die Wahlaltersenkung auf kommunaler Ebene nicht nur angedacht hat, sondern sie in vielen Bundesländern von uns ausgehend bereits auch umgesetzt wurde. Das Burgenland – ich selbst bin Burgenländerin – ist ein positives Beispiel mit 80 Prozent Wahlbe­teiligung. – Das ist etwas Großartiges.

Die Erfahrungswerte sind jene, dass die jungen Menschen deshalb zur Wahl gegangen sind, weil man darauf geachtet hat, Jugendkandidaten aufzustellen, weil man ihnen in vielen von uns geführten Gemeinden versprochen hat – und das ist auch eingelöst worden –, einen Jugend-


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ausschuss einzurichten, und weil handelnde Politiker natürlich dort auch bekannt sind und die Materie eine ist, die sozusagen vor der Haustür stattfindet.

Trotzdem und vor allem deshalb glaube ich, dass man diese flächendeckende Herabsetzung des Wahlalters auf Gemeindeebene in allen Bundesländern in Angriff nehmen sollte. (Zwi­schen­ruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sofern das umgesetzt ist, kann man es evaluieren und darüber diskutieren, wie es auf Landes- und Bundesebene ausschaut. (Abg. Eder: In Wien gibt’s das schon, da war aber die ÖVP dagegen!)

Ich möchte noch eine eigene Studie der AKS – das ist die sozialistische Jugend- be­ziehungs­weise Schülerorganisation zitieren, die ein Ergebnis herausbringt, in dem 63 Prozent der AHS-, BHS- und Berufsschüler die Senkung des Wahlalters ablehnen. Ich glaube, dass man Be­dürfnisse junger Menschen schon auch berücksichtigen muss. Das ist eine von Ihnen in Auftrag gegebene Studie. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, das stimmt doch überhaupt nicht!) – Ich zitiere eine OTS-Meldung vom 14. Feber von der AKS.

Bezüglich „Stichtag gleich Wahltag“ kann ich nur sagen, dass das bereits eine Regelung war, auf die sich im Wahlkampf mündlich alle vier Parteien geeinigt haben. Dementsprechend sehe ich einer positiven Behandlung im Sinne der Jugend für Österreich nichts im Wege stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.01


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20.01


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Fuhrmann hat aus ihrem Erfahrungsschatz von der Mitbe­stimmung an den Schulen gesprochen. Ich glaube auch, dass da einiges ausgebaut werden sollte. Andererseits hat es mich in der vergangenen Legislaturperiode nicht nur einmal geärgert, dass genau dort, wo wir ein sehr gutes Mitbestimmungsrecht haben, nämlich an den Uni­versitäten bei der Österreichischen Hochschülerschaft mit nahezu Drittelparität –, mit allen Mitteln versucht wurde, eben diese Mitbestimmungsmöglichkeiten zu beschneiden. Da haben Sie in Ihrer Partei noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Klubobmann Scheibner hat zu vielen dieser Punkte Zustimmung und Gesprächsbereitschaft signalisiert. Ich meine auch, dass es viele vernünftige Punkte sind, die hier angesprochen wurden, vor allen Dingen – und da könnte ich mich auch mit dem Vorschlag anfreunden, den Sie ergänzend gemacht haben –, dass man in Bezug auf den Stichtag auf die Regelung von 1992 zurückgreift, damit es nicht mehr wie bei den Wahlen im November ver­gangenen Jahres vorkommen kann, dass gewisse junge Erwachsene im schlimmsten Fall 18 Jahre und elf Monate alt sind – und dann doch nicht zur Wahl gehen können.

Es ist heute schon öfter angesprochen worden, dass junge Menschen für sehr viele Geschäfte zum Beispiel im zivilrechtlichen Sinn Verantwortung tragen, dass sie andererseits auch heiraten können – einer der massivsten Verträge, die man schließen kann. Da wird man doch mit 18 Jahren auch wählen können!

Zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre möchte ich mich äußern, weil auch ich als Vor­sitzende des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen einen Antrag eingebracht habe, damit auch Bürgerinitiativen schon mit 16 Jahren eingebracht werden können, denn es ist sehr wichtig, dass die jugendliche Bevölkerung in unserem Land die Möglichkeit hat, dort, wo es sie betrifft, mitzugestalten. Das ist gelebte Staatsbürgerschaftslehre, das ist gelebte Demokratie, und das würde auch zur Harmonisierung beitragen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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14. Sitzung / Seite 179

Dann bestünde für Jugendliche die Möglichkeit der Bürgerinitiativen, die eingebracht werden können, der Volksabstimmungen, der Volksbefragungen und, gerne auch nach Rücksprache mit Expertinnen und Experten wie etwa Herrn Friedrich vielleicht, die Möglichkeit auf die Wahlaltersenkung – auch für Bundeswahlen – auf 16 Jahre.

Zum letzten Punkt: Dass es eines Entscheides des Europäischen Gerichtshofes bedurft hat, dass das aktive und passive Wahlrecht zumindest für EU-Inländer, und wenn sie dem As­soziierungsübereinkommen der Türkei angehören, durchgesetzt wurde, ist beschämend. Ich bin dafür, dass alle Ausländer und Ausländerinnen Interessenvertretungen wählen und auch für sie kandidieren dürfen, wenn sie zum Beispiel hier in Österreich arbeiten. Das ist höchst an der Zeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch eine Bemerkung an Sie richten, Herr Klubobmann Scheibner. Sie haben ja auch schon das letzte Mal, als wir den Antrag bezüglich Bürgerinitiativen und Rechte der Volksanwaltschaft in erster Lesung diskutiert haben, Bezug auf den Konvent genommen und gesagt, wir sollten das dort behandeln. Bei einigen Gesetzesvorlagen könnten wir jedoch gleich handeln, zum Beispiel bei der Stichtagregelung, bei der es mehr oder weniger Konsens gibt, oder bei Bürgerinitiativen, bei Volksbefragungen und bei Volksabstimmungen. Da bräuchten wir nicht so lange zu warten, und dieser Konvent würde auch nicht so überladen. Wir könnten das gleich beschließen und würden den Bürgerinnen und Bürgern einen Dienst erweisen – und der direkten Demokratie auch. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Brosz. – Bitte.

20.05


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mir ist es wichtig, abschließend darauf aufmerksam zu machen, dass wir schon vor der National­rats­wahl bei diversen Diskussionen der damaligen Jugendsprecher Konsens darüber erzielt hatten, dass die Stichtagregelung angepasst werden soll.

Es ist angekündigt worden, dass Frau Kollegin Fuhrmann klar dazu Stellung nimmt. – Ich habe es nicht vernommen, ob das ein Konsens ist, dass diese Stichtagsregelung  wie immer das technisch ausschaut – so angepasst werden soll, dass die Ungerechtigkeit der letzten Wahl nicht mehr vorkommt.

Es wäre mir wichtig, festzuhalten: Diesen Konsens gab es vor der Wahl – und ich hoffe, dass das nach wie vor gilt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise die Anträge 95/A und 96/A dem Verfassungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 115/A bis 126/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 373/J bis 385/J eingelangt.

*****


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14. Sitzung / Seite 180

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 8. Mai 2003, 9 Uhr ein. – Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Diese Sitzung wird mit einer Aktuellen Stunde eingeleitet werden.

Die heutige Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.07 Uhr

 

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