Stenographisches Protokoll
14.
Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode
Mittwoch, 7. Mai 2003
Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier
14. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 7. Mai 2003
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 7. Mai 2003: 9.00 – 20.07 Uhr
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Tagesordnung
1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen
2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (Emissionshöchstmengengesetz-Luft, EG-L) erlassen sowie das Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden
3. Punkt: Bericht zum Thema „Grundlagen eines modernen Österreichischen Bundestierschutzgesetzes“
4. Punkt: Bericht über den Antrag 80/A (E) der Abgeordneten Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Beate Schasching, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Berufssportgesetz an den Nationalrat
5. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9eE Vr 9391/01, 095 Hv 5160/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Alfred Brader
6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (77/A)
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (93/A)
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (95/A)
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und
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Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (96/A)
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen ............................................................................................... 11
Ordnungsrufe ........................................................................................ 124, 131
Geschäftsbehandlung
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 152/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 13
Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 145
Redner:
Dr. Kurt Grünewald ................................................................................. 145
Bundesministerin Elisabeth Gehrer ......................................................... 147
Dr. Gertrude Brinek ................................................................................. 148
Mag. Dr. Magda Bleckmann .................................................................... 149
Josef Broukal .......................................................................................... 151
Dieter Brosz ............................................................................................ 152
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen (60 und 61 d. B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme ................................................................................... 13, 13
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 13
Unterbrechung der Sitzung ............................................................................. 23
Bundesregierung
Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Amtsenthebung der Bundesministerin ohne Portefeuille Maria Rauch-Kallat und Ernennung derselben zur Bundesministerin für Gesundheit und Frauen sowie Amtsenthebung des zum Staatssekretär ernannten und zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung der Bundesministerin ohne Portefeuille Maria Rauch-Kallat beigegebenen Univ.-Prof. Dr. Reinhart Waneck und Ernennung desselben zum Staatssekretär und zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen beigegeben .................................................................. 12
Ausschüsse
Zuweisungen ............................................................................ 12, 167, 171, 179
Dringlicher
Antrag
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“ (115/A) (E) ....................................................... 101
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Begründung: Dr. Josef Cap ............................................................................ 106
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ........................................................ 111
Debatte:
Heidrun Silhavy ...................................................................................... 116
Karlheinz Kopf ........................................................................................ 118
Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................... 120
Dr. Christian Puswald
(tatsächliche Berichtigung) ...................................... 122
Karl Öllinger ........................................................................................... 123
Anton Gaál ............................................................................................. 125
Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................... 127
Walter Murauer ....................................................................................... 129
Dr. Reinhard Eugen Bösch ...................................................................... 131
Mag. Werner Kogler ................................................................................ 132
Bettina Stadlbauer .................................................................................. 135
Karl Donabauer ....................................................................................... 136
Sigisbert Dolinschek ............................................................................... 138
Michaela Sburny ..................................................................................... 140
Stefan Prähauser ..................................................................................... 141
Maximilian Walch ................................................................................... 143
Dr. Eva Glawischnig ................................................................................ 144
Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 115/A (E) ...................... 145
Verhandlungen
1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen – Beschluss auf erste Lesung 13, 13
2. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (38 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (Emissionshöchstmengengesetz-Luft, EG-L) erlassen sowie das Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (66 d. B.) ............................................................................................. 31
Redner:
Karlheinz Kopf .......................................................................................... 31
Mag. Ulrike
Sima ...................................................................................... 32
Klaus Wittauer .......................................................................................... 33
Dr. Eva Glawischnig ................................................................................. 36
Hermann Gahr .......................................................................................... 38
Petra Bayr ................................................................................................. 40
Bundesminister
Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................ 41
Dipl.-Ing. Uwe
Scheuch ............................................................................. 42
Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................... 44
Bundesminister Hubert Gorbach ............................................................... 45
Erwin Hornek ........................................................................................... 46
Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................ 48
Dipl.-Ing. Elke Achleitner .......................................................................... 49
Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................... 50
Matthias Ellmauer ..................................................................................... 51
Gerhard Steier .......................................................................................... 53
Dipl.-Ing. Hannes Missethon ...................................................................... 54
Erika Scharer ........................................................................................... 55
Georg
Oberhaidinger ................................................................................ 56
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Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen in Österreich – Ablehnung ................................................................................................ 37, 58
Annahme des Gesetzentwurfes ........................................................................ 58
3. Punkt: Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Grundlagen eines modernen Österreichischen Bundestierschutzgesetzes“ (54 und Zu 54 d. B.) ....................... 58
Redner:
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................... 58
Mag. Ulrike Sima ...................................................................................... 62
Klaus Wittauer .......................................................................................... 64
Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................ 67
Staatssekretär Franz Morak ...................................................................... 69
Fritz Grillitsch ........................................................................................... 70
Dr. Günther Kräuter .................................................................................. 71
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................. 73
Dr. Eva Glawischnig ................................................................................. 74
Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................... 77
Heidrun Walther ....................................................................................... 79
Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................. 80
Johannes Schweisgut ............................................................................... 82
Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................... 83
Heinz Gradwohl ........................................................................................ 84
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Bundestierschutzgesetz an den Nationalrat – Annahme (E 6) ....................................... 60, 86
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Vorlage eines Bundestierschutzgesetzes im Sinne des Volksbegehrens für ein Bundestierschutzgesetz – Ablehnung ......................................................... 64, 86
Kenntnisnahme des Berichtes der parlamentarischen Enquete-Kommission ........ 86
4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 80/A (E) der Abgeordneten Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Beate Schasching, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Berufssportgesetz an den Nationalrat (77 d. B.) ........................................................................................................ 86
Redner:
Peter Haubner ........................................................................................... 86
Dr. Peter Wittmann ................................................................................... 88
Elmar Lichtenegger .................................................................................. 90
Dieter Brosz .............................................................................................. 91
Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer ................................................. 93, 161
Herta Mikesch ........................................................................................... 95
Christian Faul ........................................................................................... 96
Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 97
Jochen Pack ............................................................................................. 98
Mag. Johann Maier ................................................................................... 99
Notburga Schiefermair ............................................................................ 153
Hermann Krist ......................................................................................... 154
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 5 |
Johannes Zweytick ................................................................................. 155
Stefan Prähauser ..................................................................................... 157
Beate Schasching ................................................................................... 158
Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................... 160
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 77 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein Berufssportgesetz an den Nationalrat (E 7) ............................................................................................................. 162
5. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9eE Vr 9391/01, 095 Hv 5160/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Alfred Brader (75 d. B.) ........................................................ 162
Annahme des Ausschussantrages .................................................................. 162
6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (77/A) ........................................................................................................... 162
Redner:
Georg Oberhaidinger .............................................................................. 162
Karlheinz Kopf ........................................................................................ 164
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................ 165
Dr. Eva Glawischnig ................................................................................ 165
Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................... 166
Zuweisung des Antrages 77/A an den Wirtschaftsausschuss ............................ 167
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (93/A) ............ 167
Redner:
Mag. Johann Maier ................................................................................. 167
Günter Kößl ............................................................................................ 168
Mag. Eduard Mainoni ............................................................................. 169
Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 169
Rudolf Parnigoni ..................................................................................... 170
Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................... 171
Zuweisung des Antrages
93/A an den Ausschuss für innere Angelegenheiten ..... 171
Gemeinsame Beratung über
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (95/A) .................................................. 171
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz,
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das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (96/A) .................................................. 172
Redner:
Dr. Peter Wittmann .................................................................................. 172
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................. 173
Kai Jan Krainer ....................................................................................... 174
Herbert Scheibner ................................................................................... 175
Sabine Mandak ....................................................................................... 176
Silvia Fuhrmann ..................................................................................... 177
Mag. Gisela Wurm .................................................................................. 178
Dieter Brosz ............................................................................................ 179
Zuweisung des Antrages
95/A an den Verfassungsausschuss ........................... 179
Zuweisung des Antrages
96/A an den Verfassungsausschuss ........................... 179
Eingebracht wurden
Regierungsvorlagen ..................................................................................... 11
52: Bundesgesetz,
mit dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das
Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen
sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz)
geändert wird
60:
Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2003 samt Anlagen
61:
Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2004 samt Anlagen
69: Bundesgesetz,
mit dem das EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert
wird
70: Bundesgesetz,
mit dem das EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert
wird
71: Bundesgesetz,
mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die
Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste
geändert werden (GuKG-Novelle 2003)
72: Bundesgesetz,
mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen
medizinisch-technischen Dienste geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2003)
78: Bundesgesetz
betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften
79: Bundesgesetz
über österreichische Beiträge zu internationalen Finanzinstitutionen
(IFI-Beitragsgesetz 2003)
80: Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden
Anträge
der Abgeordneten
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesregierung betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“ (115/A) (E)
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Mag. Ulrike
Lunacek,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung der österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit (116/A) (E)
Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Soforthilfeprogramm für die österreichischen Sportvereine (117/A) (E)
Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Soforthilfeprogramm für die österreichischen Sportvereine (118/A) (E)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994
geändert wird (119/A)
Mag. Johann
Maier,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die
Gewerbeordnung 1994 geändert wird (120/A)
Dr. Kurt
Grünewald,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Auswirkungen der Studiengebühren auf die Studienbeteiligung
und das Studierverhalten (121/A) (E)
Dr. Evelin
Lichtenberger,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Masterplan Rad zur Förderung des
Radverkehrs in Österreich (122/A) (E)
Dr. Evelin
Lichtenberger,
Kolleginnen und Kollegen betreffend die Besteuerung von Flugtreibstoff/Kerosin
und die Beendigung weiterer ungerechtfertigter Steuerprivilegien der Luftfahrt
(123/A) (E)
Dr. Evelin
Lichtenberger,
Kolleginnen und Kollegen betreffend § 78 StVO und vermeintliche
Behinderungen des FußgängerInnenverkehrs (124/A) (E)
Dr. Alfred
Gusenbauer,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionen, die fair, sicher und gerecht
sind (125/A) (E)
Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt ergänzt wird (126/A)
Anfragen
der Abgeordneten
Dr. Günther
Kräuter,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend
Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1.1.2002 (359/J)
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Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie
sie im Regierungsprogramm formuliert sind (360/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Umsetzung der
„Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind
(361/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Umsetzung
der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert
sind (362/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend die Umsetzung der
„Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind
(363/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Umsetzung der
„Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind
(364/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend die Umsetzung der
„Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind
(365/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend die Umsetzung der
„Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind
(366/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Umsetzung der
„Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind
(367/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im
Regierungsprogramm formuliert sind (368/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend die Umsetzung der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im
Regierungsprogramm formuliert sind (369/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Umsetzung
der „Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert
sind (370/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Umsetzung der
„Gender-Mainstreaming-Anliegen“, wie sie im Regierungsprogramm formuliert sind
(371/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend die Errichtung einer
Bundesbeschaffung GmbH (372/J)
Mag. Dietmar
Hoscher,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Bundesimmobiliengesellschaft (373/J)
Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend EURO 2008 (374/J)
Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Fertigstellung eines neuen
Energieberichts der österreichischen Bundesregierung (375/J)
Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Optimierung der
Netzkosten in Österreich (376/J)
Karl Freund, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Gefahr von
Hepatitis-C-Infektionen durch mobile Tätowier-Studios auf Festveranstaltungen
(377/J)
Dr. Evelin
Lichtenberger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend eine dritte Autobahn-Anschlussstelle für Hall in Tirol
(378/J)
Mag. Brigid
Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Behebung der Vollzugsdefizite im
Tierschutz (379/J)
Mag. Brigid
Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Behebung der
Vollzugsdefizite im Tierschutz (380/J)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 9 |
Mag. Brigid
Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz betreffend Amtsaufwandsevaluierung von
AmtstierärztInnen und Behebung der Vollzugsdefizite im Tierschutz (381/J)
Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Weiterleitung
falscher Daten über die Unterrichtsstunden der SchülerInnen in Österreich an
die OECD (382/J)
Dr. Gabriela
Moser,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend österreichische Strategie beim Einsatz
von Pestiziden (383/J)
Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister
für Inneres betreffend Fortschritte beim Projekt „ADONIS“ (384/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend weltweites totales USA-Überwachungsprojekt „Information Awareness Office“ (IAO) – Auswirkungen auf Österreich und Europa (385/J)
Anfragebeantwortungen
der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (169/AB zu 164/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (170/AB zu 196/J)
des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (171/AB zu 161/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (172/AB zu 176/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (173/AB zu 235/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (174/AB zu 159/J)
des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (175/AB zu 169/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (176/AB zu 160/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (177/AB zu 170/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (178/AB zu 172/J)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 10 |
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (179/AB zu 156/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (180/AB zu 157/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (181/AB zu 162/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (182/AB zu 179/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (183/AB zu 180/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen (184/AB zu 171/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen (185/AB zu 181/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (186/AB zu 183/J)
des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (187/AB zu 166/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (188/AB zu 229/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (189/AB zu 167/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (190/AB zu 168/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (191/AB zu 174/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (192/AB zu 163/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (193/AB zu 177/J)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 11 |
Beginn der Sitzung: 9 Uhr
Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol,
Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol:
Meine Damen und
Herren! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich bitte Sie, Platz zu nehmen und begrüße Sie alle herzlich. Besonders
herzlich begrüße ich Herrn Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil, der, wie
es Tradition ist, der Budgetrede des Finanzministers beiwohnt. Herzlich
willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Die Amtlichen
Protokolle der 12. und 13. Sitzung vom 29. April 2003 sind in
der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.
Als verhindert gemeldet sind die
Abgeordneten Machne, Pfeffer und Schieder.
Einlauf und
Zuweisungen
Präsident Dr. Andreas Khol:
Hinsichtlich der
eingelangten Verhandlungsgegenstände
und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der
Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die
schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A) Eingelangte
Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 359/J bis 372/J.
2. Anfragebeantwortungen: 169/AB bis 193/AB.
3. Regierungsvorlagen:
Bundesgesetz, mit
dem – in Umsetzung der Richtlinie 2001/37/EG – das Bundesgesetz
über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die
Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert
wird (52 der Beilagen),
Bundesfinanzgesetz für
das Jahr 2003 samt Anlagen (60 der Beilagen),
Bundesfinanzgesetz für
das Jahr 2004 samt Anlagen (61 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem das
EWR-Psychotherapiegesetz, BGBl. I Nr. 114/1999, geändert wird
(69 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem das
EWR-Psychologengesetz, BGBl. I Nr. 113/1999, geändert wird
(70 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem das
Gesundheits- und Krankenpflegegesetz und das Bundesgesetz über die Regelung des
medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste geändert
werden (GuKG-Novelle 2003) (71 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste
geändert wird (MTD-Gesetz-Novelle 2003) (72 der Beilagen),
Bundesgesetz betreffend
Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften (78 der Beilagen),
Bundesgesetz über
österreichische Beiträge zu internationalen Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2003)
(79 der Beilagen),
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 12 |
Bundesgesetz,
mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994,
das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert
werden (80 der Beilagen).
B) Zuweisungen
in dieser Sitzung:
zur
Vorberatung:
Gesundheitsausschuss:
Bundesgesetz,
mit dem das Apothekengesetz und das Gehaltskassengesetz 2002 geändert
werden (41 der Beilagen);
Umweltausschuss:
Bundesgesetz,
mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 2003)
(74 der Beilagen).
*****
Einlauf
Präsident Dr. Andreas Khol:
Es liegt mir ein
Schreiben des Herrn Bundeskanzlers mit folgendem Wortlaut vor:
„Sehr geehrter Herr Präsident! Der Herr Bundespräsident hat mit
Entschließung vom 30. April 2003 ... die Bundesministerin ohne
Portefeuille Maria Rauch-Kallat gemäß Artikel 70
Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz mit Wirksamkeit vom
1. Mai 2003 vom Amte enthoben und sie gleichzeitig gemäß
Artikel 70 Absatz 1 zur Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
ernannt.
Mit gleicher Entschließung hat der Herr Bundespräsident den zum
Staatssekretär ernannten und zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur
parlamentarischen Vertretung der Bundesministerin ohne Portefeuille Maria
Rauch-Kallat beigegebenen Universitätsprofessor Dr. Reinhart Waneck mit
Wirksamkeit vom 1. Mai 2003 gemäß Artikel 70 Absatz 1
in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz des
Amtes enthoben und ihn gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit
Artikel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz zum Staatssekretär
ernannt und ihn zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen
Vertretung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen beigegeben.
Hievon beehre ich mich Mitteilung zu machen.
Wolfgang Schüssel“
*****
Ankündigung eines
Dringlichen Antrages
Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Dr. Cap,
Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen
gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen
Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“ dringlich zu
behandeln.
Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 13 |
Verlangen auf
Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 152/AB
Präsident Dr. Andreas Khol:
Weiters teile ich
mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen
vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 152/AB der
Anfrage 132/J der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und
Kollegen betreffend Bestellung der Universitätsräte durch die Frau
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur abzuhalten.
Da für die heutige
Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die
kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.
Antrag gemäß
§ 69 Abs. 3 GOG
Präsident Dr. Andreas Khol:
Es liegt mir der
Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, die
Regierungsvorlagen betreffend die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003
und 2004 samt Anlagen, 60 und 61 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. –
Das ist einstimmig angenommen.
Behandlung der
Tagesordnung
Präsident Dr. Andreas Khol:
Es ist
vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung
zusammenzufassen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der
Fall.
Wir gehen daher in
die Tagesordnung ein, und ich bitte alle Damen und Herren Abgeordneten, die
Handys auszuschalten.
Redezeitbeschränkung
Präsident Dr. Andreas Khol:
In der
Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten
erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart,
sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 157,5 Minuten,
Freiheitliche 108 Minuten sowie Grüne 117 Minuten.
Wir kommen
sogleich zur Abstimmung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches
Zeichen. – Damit ist dieser Vorschlag einstimmig angenommen.
1. Punkt
Erklärung des
Bundesministers für Finanzen zu den Regierungsvorlagen betreffend die
Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2003 und 2004 samt Anlagen
Präsident Dr. Andreas Khol:
Wir gelangen nun
zum 1. Punkt der Tagesordnung: Erklärung des Bundesministers für Finanzen.
Ich erteile nun dem Herrn Bundesminister für Finanzen zur Abgabe dieser
Erklärung das Wort. – Bitte.
9.05
Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Hochverehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates! Werter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Regierungskolleginnen und -kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Gouverneur! Hohes Haus! Wir stehen am Anfang einer neuen Legislaturperiode, und nach nur etwas mehr als zwei Monaten ist es Alfred Finz und mir möglich,
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 14 |
Ihnen das Doppelbudget für die Jahre 2003 und
2004 zu präsentieren. (Abg. Öllinger:
Tatsächlich?) In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei den
Regierungskolleginnen und -kollegen sehr herzlich für die sehr erfolgreichen
und sehr konstruktiven Budgetverhandlungen bedanken.
Meine Damen und
Herren! Das Doppelbudget 2003 und 2004 ist ein Zukunftsbudget, es ist ein
Reformbudget, und es ist ein entlastendes
Budget. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Wir werden mit
diesem Budget in die Zukunft unseres Landes investieren; wir werden Reformen
zur nachhaltigen Sicherung unserer Sozialsysteme umsetzen; wir werden die
Verwaltungsreform fortsetzen und die Steuerbelastung deutlich senken. Nur das
ist der richtige Weg, um einen wirtschaftlichen Aufschwung aus eigener Kraft zu
schaffen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Das
wirtschaftliche Umfeld stellt für die Budgeterstellung eine große
Herausforderung dar – aber erst bei Gegenwind zeigt sich die
Standfestigkeit.
Führen wir uns
einige der Ereignisse mit bedeutenden Auswirkungen auf die weltwirtschaftliche
Entwicklung der letzten Jahre vor Augen: Auf der sicherheitspolitischen Seite
ist da zunächst der grauenhafte Terroranschlag des
11. September 2001, dann der weltweite Kampf gegen den Terrorismus,
der Krieg in Afghanistan, dann der Krieg im Irak, und auf der
wirtschaftspolitischen Seite gibt es gleichzeitig massive Vertrauensverluste
der Investoren und der Anleger durch Buchhaltungsskandale wie im Falle Enron. (Abg.
Öllinger: „Buchhaltungsskandale“? –
Das sind Wirtschaftsskandale!)
All das hat
natürlich tiefe Spuren in der Weltwirtschaft hinterlassen. Hohe Rohölpreise,
dramatische Einbrüche auf den Aktienmärkten und steigende Arbeitslosigkeit
haben in den letzten zwei Jahren Investoren und Konsumenten verunsichert.
In den USA wirkt
zwar die Geldpolitik und die Fiskalpolitik expansiv, dafür baut sich aber
dort – vor allem mittelfristig problematisch – ein Doppeldefizit im
Staatshaushalt und in der Leistungsbilanz auf. Japan findet nicht aus der
Deflation heraus, Europa kämpft mit seinen strukturellen Problemen. Dabei ist
sicherlich die Arbeitsmarktstarrheit
die Achillesferse des Alten Kontinents. Das aktuelle Wirtschaftswachstum bleibt
angesichts dieser Entwicklungen in allen Mitgliedstaaten dieser Triade
deutlich unter dem längerfristigen Trend.
Gegenwärtig gibt
es nur wenige Wachstumspole in der Weltwirtschaft: China, Indien, Thailand,
also „Emerging Asia“, gehören dazu, Russland und – erfreulicherweise für
Österreich und für die Strategie vieler österreichischer Unternehmen –
auch Osteuropa, mit dem wir ja mittlerweile bereits 17,5 Prozent der
gesamten Exporte abwickeln. Klar – und gut für Österreich – ist auch,
dass diese Länder auch in den kommenden Jahren ein überdurchschnittliches
Wachstum aufweisen werden.
Mittlerweile hat
das rasche Kriegsende im Irak zu deutlich niedrigeren Erdölpreisen und auch
einem gewissen Optimismus an den Börsen geführt. Allein der Rückgang der
Erdölpreise um rund 10 US-Dollar – man sieht das auch an den
fallenden Treibstoffpreisen in Österreich – sollte die Weltwirtschaft in
diesem Jahr um einen halben Prozentpunkt rascher wachsen lassen. Auch dauert
der internationale Konjunkturabschwung mittlerweile schon fast drei Jahre, was
ein ungewöhnlich langer Zeitraum für eine konjunkturelle Abschwächung ist.
Das heißt, die Chancen
für einen baldigen Aufschwung sollten daher steigen. Dennoch, muss man sagen,
bleibt die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft groß,
der weltwirtschaftliche Rahmen ist nach wie vor fragil.
Wir leben in
Österreich auch nicht auf einer „Insel der Seligen“ – ich denke, das ist
uns allen bewusst. Dennoch müssen wir sagen: Ein Zuviel an Pessimismus wäre
unangebracht, denn Österreich hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt.
Wir können daher mit Selbstvertrauen und einem realistischen Optimismus in die
Zukunft blicken.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 15 |
Wenn wir aber
dieses Potential für einen Aufschwung – und damit für mehr Wohlstand, für
mehr Arbeitsplätze – heben wollen, dann ist gerade jetzt Gemeinsamkeit gefragt. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Wirtschaft – das müssen wir wissen – ist vor allem auch eine
Frage der Psychologie. Und daher sollten wir alle in diesem Hohen Haus an die
Repräsentanten der Gewerkschaft appellieren: Beendet eure Streiks gegen die
Bundesregierung! Beschädigt nicht die gute wirtschaftliche Basis, die wir uns
erarbeitet haben! Es ist unverantwortlich! (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Frechheit!)
Es ist
unverantwortlich, den Unternehmern und den Arbeitnehmern unseres Landes in
einer schwierigen Situation zu schaden. (Abg. Öllinger: Nehmen Sie lieber Ihre Verantwortung wahr!) Kehren
Sie – das ist mein Appell – zum Dialog und an den Verhandlungstisch
zurück! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Wenn
die USA, wenn Japan, wenn Europa in einen Konjunkturabschwung geraten, dann
bleibt natürlich auch Österreich davon nicht verschont. Das heimische
Wirtschaftswachstum entwickelte sich seit dem letzten
Hochkonjunkturjahr 2000 deutlich schwächer, als auch von den
Wirtschaftsforschern erwartet wurde. Der Zeitpunkt des prognostizierten Aufschwungs
hat sich immer wieder verzögert, das hat die Lage auf dem Arbeitsmarkt belastet
und die Einhaltung der Budgetziele erschwert.
Dennoch – und
das möchte ich betonen – hat die Bundesregierung immer diesen kleinen
nationalen Spielraum, der der Wirtschaftspolitik in einer globalisierten Welt
verbleibt, genutzt, um vernünftige Impulse und Anreize zu setzen – nicht
durch große, schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme, sondern durch strukturell
sinnvolle Konjunkturprogramme. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Welche?)
Bereits zu Beginn
des konjunkturellen Abschwungs haben wir im Herbst 2001 das erste Konjunkturpaket
verabschiedet. Damit haben wir Schwerpunkte gesetzt für Forschung und Entwicklung,
für Ausbildungs- und Höherqualifizierungsmaßnahmen und Unternehmensgründungen
erleichtert. Ein Jahr später haben wir mit der Umsetzung des zweiten
Konjunkturpakets weitere Wachstums- und Beschäftigungsimpulse für die
Jugendbeschäftigung und für Investitionen gegeben.
Beide
Konjunkturpakete – das möchte ich betonen - entlasten die Wirtschaft heuer und
in den Folgejahren nachhaltig um mehr als 500 Millionen € pro Jahr
und sind damit eine ganz wichtige Belebung der Konjunktur.
Schließlich war es
nach der Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr auch sehr wichtig, rasch und
unbürokratisch ein Hilfs- und ein Wiederaufbauprogramm mit einem Volumen von
gut 1 Milliarde € ins Leben zu rufen.
Ich möchte diese
Gelegenheit auch nutzen, um mich bei den vielen Österreicherinnen und
Österreichern, bei den Hilfsorganisationen für ihre große, ja ich glaube, wir
müssen wirklich sagen: für ihre sensationelle
Spendenbereitschaft für die Opfer der Flutkatastrophe zu bedanken. Ich
möchte mich bei den Ländern und Gemeinden für die gute Zusammenarbeit bei der
Abwicklung dieser Hilfsprogramme bedanken. Wir haben bisher mehr als
210 Millionen € an Zuschüssen ausgezahlt. Wir konnten gemeinsam mehr
als 30 000 Familien helfen. Man sieht: Im Notfall stehen wir
zusammen! Die Initiative wurde von allen
Fraktionen des Hohen Hauses unterstützt. Das
ist Österreich! Das
ist gelebte Solidarität! Wir sollten bei anderen Themen genauso vorgehen! (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Trotz
dieser schwierigen internationalen Rahmenbedingungen und im Hinblick darauf,
dass wir die richtigen Reformen eingeleitet und gegengesteuert haben, halte ich
fest, dass Österreich
mit 4,1 Prozent die niedrigste Arbeitslosenrate ... (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht! – Abg. Eder: Das stimmt wahrscheinlich überhaupt nicht, was da steht!), die drittniedrigste Arbeits-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 16 |
losenrate in der Europäischen Union – das war ein schöner Versprecher
vorhin; vielleicht kommen wir noch zur niedrigsten – und eine
Rekordbeschäftigung von zuletzt 3 155 000 Beschäftigten im
Jahresdurchschnitt 2002 aufweist,
mit einem
Pro-Kopf-Sozialprodukt von 26 700 € den EU-Durchschnitt um etwa
15 Prozent übertrifft,
sowohl 2002 als
auch 2003 rascher wächst als die Euro-Zone, rascher wächst als beispielsweise
Deutschland, Italien, die Niederlande, die Schweiz,
mit
1,7 Prozent die drittniedrigste Inflationsrate in der Europäischen Union
hat,
dass die
Exportleistungen unserer Unternehmen im Vorjahr mit 113 Milliarden €
einen neuen Rekordwert erreicht haben (Abg. Eder: Da können Sie
nichts dafür!),
das Exportwachstum
mit 4,1 Prozent deutlich über dem Wert der Euro-Zone von nur 2,4 Prozent
lag,
die Handelsbilanz
erstmals seit Bestehen der Zweiten Republik einen Überschuss von 3,5 Milliarden €
erbrachte,
die
Leistungsbilanz mit 1,6 Milliarden € erstmals seit dem Jahr 1990
einen Überschuss aufwies und
wir mit knapp
28 000 neu gegründeten Unternehmen im letzten Jahr wiederum einen Rekordwert
erreichen konnten.
Meine Damen und
Herren! Das ist eine hervorragende Leistungsbilanz in einer schwierigen wirtschaftlichen
Zeit (Abg. Öllinger: Firmenpleiten!),
und ich möchte den tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den
Unternehmerinnen und Unternehmern ganz herzlich danken und ihnen zu diesen
herausragenden Leistungen gratulieren. So schnell macht uns das niemand nach! (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Die heimischen Wirtschaftsforscher gehen zurzeit davon aus, dass das
Wirtschaftswachstum in der ersten Jahreshälfte 2003 noch schwach bleibt.
Für die zweite Jahreshälfte wird allerdings wiederum ein leichter Konjunkturaufschwung
erwartet, der sich dann im Jahr 2004 deutlich beschleunigen sollte. (Abg.
Eder: Das haben Sie vor zwei Jahren
auch erzählt!)
Bei der Erstellung
dieses Doppelbudgets 2003 und 2004 nehmen wir an, dass, entsprechend der
Prognose des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Österreich
heuer ein Wachstum von 1,1 Prozent real beziehungsweise 2,4 Prozent
nominell und im nächsten Jahr, 2004, ein deutlich höheres Wachstum von
1,7 Prozent real beziehungsweise 3,5 Prozent nominell erreichen wird.
Das ist vorsichtig
geplant. Die Wirtschaftsprognosen des Instituts für Höhere Studien, des Internationalen
Währungsfonds und der OECD liegen vor allem für das Jahr 2004 deutlich
höher.
Meine Damen und
Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass nur eine leistungsstarke
Wirtschaft Wohlstand und Arbeit schaffen und erhalten kann. Das bedeutet, dass
wir unsere Wirtschaftspolitik an den Prinzipien der wirtschaftlichen Freiheit,
der Leistung, des Wettbewerbs, der Nachhaltigkeit, aber natürlich auch an der
sozialen Verantwortung orientieren. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und
den Grünen.) Nur eine starke Wirtschaft, meine Damen und Herren, sichert
den sozialen Zusammenhalt auf Dauer, denn – um mit Friedrich August von
Hayek zu sprechen – „es ist eine grundlegende Illusion des Sozialismus,
daß sich Armut durch Umverteilung des bestehenden Wohlstands beseitigen läßt“.
Wer Armut wirksam bekämpfen will – und wir wollen das –, der muss unsere Unternehmen von Fesseln und Belastungen befreien, der muss ein Klima schaffen, in dem sich Leistung für den
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 17 |
Einzelnen wieder lohnt. Wir wollen daher weniger Staatseinfluss und
mehr Markt. Wir wollen weniger Bürokratie und mehr Freiheit für den Einzelnen.
Wir wollen weniger Arbeitslose und mehr Beschäftigung. Wir wollen eine
nachhaltige Steuerentlastung – und damit mehr Chancen für Österreich! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Immer mehr Arbeitslose!)
Da sich unsere
Politik an liberalen und an sozialen Grundsätzen orientiert und Reformen rasch
umsetzt, hat sich die Attraktivität des Standorts Österreich in den letzten
Jahren deutlich verbessert. Im World Competitiveness Scoreboard war Österreich
1999 noch auf Platz 18. Inzwischen sind wir auf Platz 13
vorgerückt, also sind wir weltweit der dreizehntwettbewerbsfähigste
Wirtschaftsstandort. Im Institutional Investor lagen wir 1999 auf
Platz 16, jetzt nehmen wir Platz 9 ein. Im Ranking der EU-Indikatoren
belegen wir bereits den beachtlichen 5. Platz. Wir wissen, was wir wollen –
und das zahlt sich aus für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Man sieht, wir haben viel erreicht! Österreich ist gut gerüstet, aber
wir wollen noch mehr. (Rufe bei der SPÖ: Abfangjäger!) – Ich komme
später dazu. – Die Bundesregierung hat vor kurzem eine Offensive
gestartet, damit Österreich unter die drei besten Standorte in Europa
aufsteigen kann. Wir haben also ein ganz klares Ziel: Wir wollen
Top-3-Wirtschafts- und Arbeitsstandort in Europa werden, weil wir wissen, dass
Standortsvorteile mehr Investitionen bringen. Investitionen sind Arbeitsplätze,
Arbeitsplätze sind Einkommen, und Einkommen bedeutet Sicherheit und
Lebenschancen für die Österreicherinnen und Österreicher. Und genau das wollen
wir! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Ein
Eckpfeiler der österreichischen Wirtschaftspolitik ist unsere stabilitätsorientierte
Budgetpolitik – eine grundvernünftige Budgetpolitik, die sich mit dem
Nulldefizit, mit dem ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus ein sehr
ambitioniertes Ziel gesetzt hat. Wir wollten das für die Bevölkerung
nachvollziehbar und überprüfbar machen. Wir haben vor allem die Staatsausgaben
deutlich reduziert und trotz schwieriger konjunktureller Lage erstmals seit
mehr als 30 Jahren das Nulldefizit im Jahr 2001 erreicht. Diese
Politik ist notwendig, sie ist erfolgreich, und wir werden sie auch in den
nächsten Jahren fortsetzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Man hat uns dabei
vielfach vorgeworfen, dass die Budgetkonsolidierung, dass das Nulldefizit vor
allem durch höhere Einnahmen erreicht worden sei. Daher ist es mir ein
Anliegen, darzustellen, wie es wirklich ausschaut, meine Damen und Herren.
Vergleichen wir
das Jahr 1999 und das Jahr 2002: Bei meinem Amtsantritt als
Finanzminister im Februar 2000 musste ich ein gesamtstaatliches Defizit
von 2,3 Prozent aus dem Jahr 1999 übernehmen; die Abgabenquote lag
damals bei 44,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. – Trotz schwacher
konjunktureller Entwicklung haben wir im vergangenen Jahr, also 2002, ein
Defizit von 0,6 Prozent erreicht – ein international hervorragender
Wert. Gleichzeitig ist die Abgabenquote auf 44,6 Prozent, also nur ganz leicht,
angestiegen. Das heißt, wir haben das Defizit von 2,3 auf 0,6 Prozent
reduziert, haben konsolidiert, und zwar um 1,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Nur 0,2 Prozent davon sind auf eine steigende Abgabenquote zurückzuführen,
1,5 Prozent, meine Damen und Herren, waren ausgabenseitig
konsolidiert – und damit ist der überwiegende Teil der Defizitverbesserung
ausgabenseitige Konsolidierung.
Und diesen Weg, den wir von Beginn an angestrebt haben, werden wir fortsetzen! (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Widerspruch bei der
SPÖ.)
Entgegen den
Beispielen anderer Länder – auch entgegen den Vorschlägen der
Opposition – hat diese Bundesregierung ihren Kurs der stabilitäts- und
reformorientierten Wirtschaftspolitik nie verlassen. Diese transparente und
mutige Politik hat uns wirtschaftspolitisch Anerkennung gebracht: beim
Internationalen Währungsfonds, bei der OECD, bei der Kommission der Europäischen
Union, bei internationalen Rating-Agenturen, bei den Finanzmärkten, vor allem aber,
meine Damen und Herren, bei der österreichischen Bevölkerung. (Ironische
Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 18 |
Die
Österreicherinnen und Österreicher haben ganz klar erkannt, dass diese seriöse
und stabilitätsorientierte Finanzpolitik wichtig für unser Land ist, weil sie
eben wissen, dass solide Staatsfinanzen die notwendige Voraussetzung für eine
nachhaltige und sozial gerechte Wirtschaftpolitik sind. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Jeder Haushalt,
jedes Unternehmen hat eine Budgetbeschränkung. Niemand kann auf Dauer mehr Geld
ausgeben als er einnimmt – das gilt selbstverständlich auch für die
Republik Österreich. (Abg. Öllinger:
O Gott, jetzt kommt das auch noch!) Dauerhafte Defizite, meine Damen und
Herren – das hat sich immer wieder gezeigt –, führen zu höheren
Staatsschulden. Höhere Staatsschulden führen zu höheren Zinsen auf diese
Staatsschuld – und wir alle müssen diese Zinsen über höhere Steuern und
Abgaben finanzieren. Das führt weiters zu weniger Investitionen, zu
langsamerem Strukturwandel, zu geringerer internationaler Wettbewerbsfähigkeit
und damit letztlich zu geringerem Wirtschaftswachstum bei steigender
Arbeitslosigkeit. (Abg. Dr. Fischer:
Darum macht er Schulden! – Abg. Öllinger:
Ihre Politik schafft Arbeitslose!) Das ist das Modell der rot-grünen
Koalition in Deutschland – und genau das Gegenteil ist unser Ziel! Wir
wollen mehr Investitionen, mehr Wachstum, mehr Beschäftigung. Daher ist ein
über den Zyklus ausgeglichenes Budget, das Nulldefizit, nicht numerisches
Dogma, sondern ein grundvernünftiges wirtschaftspolitisches Konzept.
Mit dem heute
vorgelegten Doppelbudget werden wir diesen Weg mit aller Konsequenz weitergehen.
(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Der
Entwurf für den Bundesvoranschlag 2003 und 2004 sieht Einnahmen in der Höhe von 57,5 Milliarden € für
das Jahr 2003 beziehungsweise 59,1 Milliarden € für das
Jahr 2004 vor, Ausgaben
in der Höhe von 61,5 Milliarden € für das Jahr 2003
beziehungsweise 62,6 Milliarden € für das Jahr 2004. Das Maastricht-Defizit des Bundes
wird heuer 3,95 Milliarden € beziehungsweise 1,8 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes und im kommenden Jahr 3,28 Milliarden €
beziehungsweise 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.
Bei den Ländern,
Städten und Gemeinden gehen wir im Sinne des innerösterreichischen Stabilitätspaktes
2003 von Gebarungsüberschüssen von 0,5 Prozent beziehungsweise 2004 von
0,7 Prozent aus. Das für die Finanz- und Wirtschaftspolitik relevante und
wichtige gesamtstaatliche
Defizit beträgt daher heuer 1,3 Prozent und im Jahr 2004 bereits sehr
gute und international mehr als herzeigbare 0,7 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes. (Abg. Eder: Das
sollen die Länder und Gemeinden zahlen!)
An dieser Stelle,
meine Damen und Herren, möchte ich betonen, dass in einer schwächeren
konjunkturellen Phase, wie wir sie derzeit in Österreich haben, Defizite im
Staatshaushalt durchaus sinnvoll sind (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und
den Grünen), denn sie entstehen in erster Linie durch höhere Ausgaben für
die steigende Zahl der Arbeitslosen sowie durch geringere Steuerleistungen der
Betriebe. (Abg. Mag. Wurm:
Eine neue Rechnung!)
Diese Defizite
stabilisieren vorübergehend die Konsum- und die Investitionsnachfrage, ohne
dass sie – und das ist uns wichtig! – langfristig zu einem Anstieg
der Staatsverschuldung führen. Entscheidend ist dabei allerdings, dass
Defiziten in schwacher Konjunktur eben Überschüsse in guten Zeiten, in
hochkonjunktureller Zeit folgen. Genau das ist der Unterschied, meine Damen und
Herren, zwischen der Defizitpolitik der letzten 30 Jahre und der von uns
erreichten neuen stabilitätsorientierten Finanzpolitik – und genauso
werden wir weitergehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Österreich hält
mit seiner Fiskalpolitik mittlerweile auch jedem internationalen Vergleich
stand. Als Schlusslicht der Europäischen Union sind wir da im Jahr 2000
gestartet – und wir sind mit einem gesamtstaatlichen Defizit von
1,3 Prozent für das Jahr 2003 bereits deutlich besser als der
EU-Durchschnitt. Der EU-Durchschnitt liegt 2003 bei 2,3 Prozent.
Im Jahr 2004, meine Damen und Herren, wird Österreich 0,7 Prozent gesamtstaatliches Defizit haben. Der Durchschnitt der Europäischen Union liegt bei 2,2 Prozent. Österreich wird 2004 das sechstbeste Land sein, was die Finanzpolitik in der Europäischen Union betrifft. Deutsch-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 19 |
land, Frankreich,
Portugal und wahrscheinlich auch Italien weisen heuer ein übermäßiges Defizit,
also eines von über 3 Prozent auf und verletzen damit die Regeln des
Stabilitäts- und Wachstumspaktes.
In den ersten drei
genannten Ländern sind – trotz hoher Defizite – die Arbeitslosenraten
weit höher und stärker ansteigend als in Österreich. Das heißt, man macht
massiv Schulden, man gibt sehr viel Geld diskretionär aus, trotzdem:
Arbeitslosenraten viel höher, Wachstum schwächer als in Österreich. Insgesamt
erhöhen diese drei Länder, die ich soeben genannt habe, ihren Schuldenstand
allein im Jahr 2003 um mehr als 100 Milliarden €. Auch daran
erkennt man, dass es gut war, dass wir rechtzeitig eine Wende in der Finanzpolitik
erreicht haben. Ein verlässlicher Weg – und jeder weiß, woran er ist, und:
Es zahlt sich aus für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Wenn
man die Ausgabenseite der
vorgelegten Budgets für die Jahre 2003 und 2004 näher betrachtet, sieht
man, dass sich darin zwei Schwerpunkte dieser Bundesregierung spiegeln.
Erstens: Wir wollen passive Ausgabenkategorien, also Verwaltungskosten,
Subventionen, Zinszahlungen verringern. Zweitens: Wir wollen
zukunftsorientierte Ausgaben, wie etwa für Ausbildung, Forschung, Entwicklung,
Höherqualifizierung, Technologieorientierung, Infrastruktur (Abg. Öllinger: Bildung?!), Bildung (ironische
Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen) selbstverständlich
erhöhen.
Dahinter, meine
Damen und Herren, steht das Faktum, dass die richtige Prioritätensetzung bei
der Verwendung öffentlicher Mittel mit entscheidend dafür ist, dass die
langfristigen Wachstumschancen unseres Landes verbessert werden können.
Österreich
braucht – wie es der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung
betont hat – helle Köpfe. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Mit dem
Übergang von der hierarchisch-strukturierten Industrie zur
vernetzt-strukturierten Informationsgesellschaft entstehen völlig veränderte
Anforderungen an die Qualifikationsmuster unserer Gesellschaft.
Die Stärkung von
Bildung und Ausbildung, die Stärkung von Wissenschaft und Forschung ist uns
daher ein wirklich großes Anliegen. An deren Quantität, aber noch viel mehr an
deren Qualität entscheidet sich unser aller volkswirtschaftlicher Wohlstand,
entscheiden sich aber auch individuelle Schicksale und Lebensmuster.
Wir müssen daher
eine Politik verfolgen, die das Angebot für Bildung und Ausbildung laufend
verbessert. Freiheit und Eigenverantwortung, meine Damen und Herren, bedeuten,
dass die Menschen diese Chancen selbst nützen müssen. Unsere Aufgabe hingegen
ist es, diese Chancen zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Genau da setzen
wir mit den beiden vorliegenden Budgets ganz klare Prioritäten: Wir sehen für
den Bundesvoranschlag 2003 über 8,2 Milliarden € für Bildung und
Wissenschaft vor; 2004 werden diese Ausgaben sogar auf über
9 Milliarden € ansteigen. – Im Jahr 1999 waren das noch
recht bescheidene 7,5 Milliarden €. Bundesministerin Gehrer hat damit
erreicht, dass die Ausgaben für Universitäten und wissenschaftliche
Einrichtungen zwischen 1999 und 2004 fast verdoppelt werden. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Durch ein bereits jetzt für die Jahre 2004 bis 2006 gesetzlich
festgelegtes Budget für die Universitäten besteht hier auch etwas, was bisher
nicht gegeben war, nämlich mittelfristig Planungssicherheit – ein
wichtiger Fortschritt für die Universitäten. Die Ausgaben für die
Fachhochschulen – das möchte ich besonders betonen – erhöhen wir für die
beiden kommenden Jahre auf 107 Millionen €. Das ist im Vergleich zu
1999 mehr als eine Verdoppelung der Mittel, die wir für die Fachhochschulen
einsetzen. Noch nie wurde finanziell so viel für den Bildungs- und
Wissenschaftsbereich geleistet wie in diesen beiden Budgets. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Forschung und Entwicklung, das Stimulieren von Innovationen ist für das Wachstum unseres Landes von ganz entscheidender Bedeutung. Daher setzen wir auch unser Offensivprogramm für Forschung und Entwicklung, das wir in der letzten Gesetzgebungsperiode begonnen haben,
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 20 |
natürlich fort, mit zusätzlichen Ausgaben
in den Jahren 2004 bis 2006 von 600 Millionen €. Die
forschungswirksamen Ausgaben des Bundes werden insgesamt auf
1 560 Millionen € im Jahr 2004 ansteigen. Im Vergleich zu
1999 ist das eine sehr beträchtliche Steigerung um 24 Prozent.
Erstmals machen
wir Ausgaben für zukunftsträchtige Breitbandtechnologien und auch Studienbeiträge
für Berufstätige steuerlich absetzbar.
All das sind
wichtige Impulse. Sie können sicher sein: Wir werden alles tun, um unser
wirklich ehrgeiziges Ziel, die Forschungsquote auf 2,5 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes anzuheben, auch tatsächlich zu erreichen.
Wir werden unsere
Wissenschaftsministerin Liesl Gehrer, wir werden unseren Forschungsminister
Hubert Gorbach, wir werden unseren Wirtschaftsminister Martin Bartenstein
unterstützen, damit dieser Weg möglich wird. Das sind Investitionen in die
Zukunft unseres Landes, für mehr Wachstum, für mehr Innovation, für mehr
Beschäftigung in Österreich – unsere gemeinsamen Ziele, meine Damen und
Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Auch der Ausbau
von Straße und Schiene – vor allem vor dem Hintergrund der bevorstehenden
Osterweiterung – ist uns wichtig. Die Mittel für das hochrangige
Straßennetz wurden daher von 658 Millionen € im Jahr 1999 auf
1 194 Millionen € im Jahr 2003 und
1 319 Millionen €, also sehr signifikant, im nächsten Jahr
angehoben.
Natürlich
investieren wir auch in die Schiene: Ausgehend von weniger als
900 Millionen € im Jahr 1999 werden wir heuer und auch nächstes
Jahr jeweils mehr als 1,1 Milliarden € bereitstellen. Noch nie wurde
für den Bereich Infrastruktur so viel geleistet! Das sind Investitionen in die
Zukunft unseres Landes, für mehr Wachstum, für mehr Beschäftigung, für bessere
Lebensqualität und für bessere Umweltbedingungen in Österreich.
Es gibt aber
natürlich auch noch weitere Schwerpunkte, die wir in diesem Bundeshaushalt
setzen, Schwerpunkte, die der Bundesregierung und sicher auch dem Hohen Haus
ein ganz besonderes Anliegen sind. Der Vizekanzler und Sozialminister wird für
die behinderten Menschen in Österreich heuer im Jahr der Behinderten mit
72 Millionen € deutlich mehr ausgeben als in den letzten Jahren. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Außerdem hat der
Vizekanzler und Sozialminister eine wichtige Initiative gesetzt, indem wir das
Pflegegeld für besonders pflegebedürftige Personen heuer um
10 Millionen € erhöhen.
Meine Damen und
Herren! Wir werden die familienpolitischen Leistungen heuer mit
4,8 Milliarden € dotieren. Das Kinderbetreuungsgeld ist ein großer
Erfolg. Die familienpolitischen Leistungen sind dem Bundeskanzler, sind dem
Vizekanzler, sind Staatssekretärin Haubner, ja uns allen ein wichtiges
Anliegen. Österreich wird daher auch in Zukunft das familienfreundlichste Land
Europas bleiben. Wir sind stolz darauf. Die Kinder repräsentieren zwar nur
20 Prozent der Bevölkerung, aber sie repräsentieren 100 Prozent der
Zukunft unseres Landes. Es ist der richtige Weg, in die Familien und Kinder zu
investieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Wir werden die
Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit – ein echtes Anliegen von
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner – deutlich anheben, und wir werden
in Österreich erstmals das international wichtige Ziel von 0,33 Prozent
des Bruttoinlandsproduktes in dieser Legislaturperiode erreichen.
Wir stocken unser
Budget für Sport kräftig auf, der Staatssekretär Karl Schweitzer ein besonderes
Anliegen ist. Wir tragen die Fußball-Europameisterschaft aus. Wir kämpfen
gemeinsam, der Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung, für die
Austragung von Olympischen Spielen in Österreich.
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Im Kulturbereich,
im Kunstbereich setzt Franz Morak eine Filmförderungsinitiative in Österreich,
eine wichtige Digitalisierungsoffensive im Rundfunkbereich.
Zur
Landwirtschaft: Sepp Pröll hat das im Regierungsprogramm vorgesehene 3-Milliarden-€-Paket
für die Landwirtschaft voll und ganz umgesetzt. Das ist wichtig, um die
bodenverbundene kleinbetriebliche Landwirtschaft in Österreich zu unterstützen
und die hohe Qualität ihrer Produkte auch tatsächlich zu erhalten. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Bei Sepp Pröll höre ich auf, bei Sepp Pröll fange ich an: Unser
Umweltminister wird in den Jahren 2004 bis 2006, auch was die Erreichung
des Kyoto-Ziels betrifft, ganz wichtige Signale und Initiativen setzen. Die
Budgetmittel werden um 30 Millionen € im Jahr 2004, um
60 Millionen € 2005 und um 90 Millionen € zusätzlich im
Jahr 2006 aufgestockt. Sie sehen, Umweltschutz, Ökologie sind uns ein
großes Anliegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren!
Das sind Zahlen, die sich sehen lassen können.
Österreich ist ein
sicheres Land. Wir sind stolz darauf. So soll es auch bleiben. Wir geben daher
für die innere und äußere Sicherheit und für die Justiz zusammen rund
4,4 Milliarden € aus. Unser Sicherheitsminister Ernst Strasser,
Günther Platter und Dieter Böhmdorfer haben eine eminent wichtige Aufgabe,
nämlich gerade in einem offenen Land, in dem der Warenexport, in dem der
Tourismus, in dem ausländische Direktinvestitionen eine wichtige Rolle spielen,
in die Sicherheit zu investieren. Wir haben wichtige Reformvorhaben in diesen
Bereichen. Ein Wachkörper,
mehr Effizienz, mehr Sicherheit für die Bevölkerung werden das Ergebnis sein.
Ich möchte bei
dieser Gelegenheit auch sagen: Uns ist bewusst, dass die Sicherheit unserer
Bürger und unseres Landes nicht wenige Meter über dem Boden enden kann. Daher
werden wir den im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Ankauf von
Luftraumüberwachungsflugzeugen auch durchführen. (Abg. Mag. Kogler: Kriegsflugzeuge, Herr
Minister!) Ich darf Ihnen versichern, wir werden mit unseren
Vertragspartnern hart und gut verhandeln, und die daraus entstehenden
Gegengeschäfte werden wiederum wichtige Impulse für Forschung und Entwicklung
bringen und werden für die Industrie, für die Klein- und Mittelbetriebe unseres
Landes, für die Beschäftigung ganz wichtige Signale setzen. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Hohes Haus! Das
Ziel unserer Wirtschaftspolitik ist die Vollbeschäftigung, denn Vollbeschäftigung
ist das beste Mittel für möglichst hohen sozialen Zusammenhalt. Dabei sollte
man sich aber natürlich im Klaren sein, dass nicht die Politik, sondern nur
eine funktionierende Wirtschaft Arbeitsplätze auf die Dauer schaffen kann.
Österreichs Arbeitsmarktdaten sind hervorragend. Die Arbeitslosenrate ist die
drittniedrigste der Europäischen Union. Die Jugendarbeitslosigkeit ist deutlich
geringer als im Rest Europas.
Meine Damen und
Herren! Der 1. Mai hat auch die Beschäftigtenzahlen des April gebracht. Im
April haben wir 3 166 345 Beschäftigte in Österreich
gehabt – im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um
38 000 Beschäftigte (Abg. Mag. Wurm: Geringfügig Beschäftigte!), ein absoluter Rekord in der
Geschichte der Zweiten Republik, was beschäftigte Menschen betrifft. Wir haben
die Arbeitslosigkeit leicht zurückführen können. Das sind Zahlen, zu denen ich
Arbeitsminister Martin Bartenstein nur ganz herzlich gratulieren kann, auch
international gesehen hervorragende Werte der Beschäftigung. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Genau dieser Verantwortung für den Arbeitsmarkt sind wir uns voll bewusst, und wir setzen daher auf mehreren Handlungsebenen an: aktive Arbeitsmarktpolitik forcieren, Effizienz der Arbeitsvermittlung steigern, kundenfreundliche Strukturen in der Arbeitsmarktpolitik schaffen, arbeitsnahe, bedarfsorientierte Qualifizierung fördern und eine Qualifizierungsoffensive für ältere Arbeitnehmer vorantreiben. Wir investieren heuer insgesamt mehr als 4 Milliarden € in wichtige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik werden heuer auf 783 Millionen € angehoben. Das ist ein absoluter Höchststand in
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den
letzten zehn Jahren. Das sind mehr als 25 Prozent zusätzlich im Vergleich
zum Jahr 1999. (Abg. Mag. Wurm:
Hunderttausende Arbeitslose!)
Über eine Reform
des Arbeitsmarktservice werden wir sicherstellen, dass wir Arbeitslose noch
besser und noch schneller vermitteln können. Niemand, der arbeitslos ist, soll
künftig im Durchschnitt länger als 90 Tage auf einen neuen Job warten.
Über 50-Jährigen und unter 25-Jährigen geben wir einen Rechtsanspruch auf
Weiterbildung, wenn innerhalb von drei Monaten keine Jobvermittlung gelingt,
weil wir wissen, meine Damen und Herren, dass die Qualifizierung von
Arbeitslosen der Schlüssel zum Abbau der Arbeitslosigkeit ist. Wir können
optimistisch sein. Die April-Zahlen zeigen uns, dass uns die Trendwende auf dem
Arbeitsmarkt gelingen wird, ja vielleicht schon gelungen ist. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Die
Gesamtausgaben des Bundesbudgets 2003 werden trotz eindeutiger Schwerpunktsetzungen
bei Bildung, bei Forschung, bei Infrastruktur, bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik,
bei der Familie und bei der Sicherheit mit 61,5 Milliarden €
gegenüber dem Vorjahr um 0,6 Prozent abnehmen und im nächsten Jahr um nur
1,8 Prozent zunehmen, was wesentlich weniger ist als das Wachstum des
nominellen Bruttoinlandsprodukts. Das Verhältnis der Staatsausgaben zum
Bruttoinlandsprodukt sinkt daher von 28,5 Prozent im Jahr 2002 auf
27,7 Prozent 2003 und auf 27,2 Prozent im Jahr 2004. Meine Damen
und Herren! Das beweist: Wir setzen diesen Weg der ausgabenseitigen
Konsolidierung fort. Wir stärken die Qualität der öffentlichen Finanzen, und
wir eröffnen damit auch gleichzeitig Spielräume für die Zukunft, Spielräume der
Entlastung, die uns eben so wichtig sind.
Hohes Haus! Die
Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf effiziente und zeitgemäße
öffentliche Dienstleistungen. Sie sind nicht nur der Souverän dieses Staates,
sie sind auch seine Kundschaft. Daher müssen wir uns immer wieder die ganz
zentrale Frage stellen: Ist das gegenwärtige Leistungsangebot des Staates das
Geld eigentlich wert, das vom Bürger dafür bezahlt wird? Bekommt der Bürger
einen fairen Gegenwert für seine Steuern und Abgaben? – Und um ehrlich zu
sein, ich glaube, nein! Wir müssen da grundlegende Verbesserungen so wie in
der letzten Legislaturperiode auch in diesen vier Jahren erreichen.
Gerade in diesem
Bereich können wir auch jetzt die einmalige Chance – und darum ersuche ich
Sie – einer parteiübergreifenden, einer gemeinsam getragenen
Reformkoalition ergreifen. Deswegen haben wir den Österreich-Konvent –
Präsident Khol, Präsident Fischer, Präsident Prinzhorn, Präsident Fiedler, der
ihm vorstehen wird – mit dem Ziel eingerichtet, den Behördenaufbau zu
überprüfen und eine neue Aufgabenteilung zwischen Europäischer Union und Bund,
Ländern und Gemeinden in einer Verfassungsreform gemeinsam festzulegen.
Bestehende Aufgaben sollen kritisch hinterfragt werden, teure
Doppelgleisigkeiten sollen abgeschafft werden, Prozesse vereinfacht und
beschleunigt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Die Aufgaben und
Ausgaben der Verwaltung sind immer wieder aufs Neue zu hinterfragen und radikal
neu zu beurteilen. Die Bundesregierung hat sich daher für diese
Legislaturperiode unter anderem vorgenommen, die mittelbare Bundesverwaltung
abzuschaffen, die Bezirksverwaltungsbehörden als zentrale
dienstleistungsorientierte Anlaufstellen für die Bevölkerung weiter auszubauen,
den zweistufigen Instanzenzug strikt umzusetzen und damit Verfahren zu verkürzen,
die Steuerhoheit der Länder zu stärken und 10 000 Planstellen beim
Bund abzubauen. Ich bin optimistisch und überzeugt davon, dass bei
vergleichbaren Anstrengungen wie beim Bund auch bei den Ländern, Städten und
Gemeinden signifikante Einsparungspotentiale bis 2006 erreicht werden können.
Außerdem, meine
Damen und Herren, muss es uns ein großes Anliegen sein, die Österreichischen
Bundesbahnen grundlegend zu reformieren. Das Motto muss da lauten: Weniger
Streik, mehr Effizienz und weniger Steuergeld! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wir werden den
Verwaltungsstaat alter Prägung in ein modernes Dienstleistungsunternehmen
umwandeln. Meine Damen und Herren! Weg mit dem Speck! – Das ist unser Ziel
in dieser Legislaturperiode. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
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Wir wollen allein
in der Bundesverwaltung in Summe 3,2 Milliarden € einsparen. Ich
glaube, das ist auch unsere Verpflichtung, meine Damen und Herren: Weg mit dem
Speck! 3,2 Milliarden € einsparen. Damit wird es uns gelingen, die
Steuerzahler zu entlasten und die unternehmerischen Kräfte zu befreien.
Hohes Haus! Ein
wichtiges Thema: Österreich hat eines der besten staatlichen Pensionssysteme,
eines der besten Pensionssysteme der Welt, zugleich aber auch eines der
teuersten Pensionssysteme der Welt. Unser Pensionssystem, meine Damen und
Herren, ... (Unter dem Beifall ihrer Fraktionskollegen entrollen
SPÖ-Abgeordnete ein Transparent mit den Worten „SPÖ: Kein Pensionsraub für Abfangjäger“.)
Präsident Dr. Andreas Khol:
Ich unterbreche die Sitzung und fordere
die Abgeordneten auf, nachdem sie ihre Demonstration gemacht haben, das
Transparent entsprechend unserer Praxis wieder wegzuräumen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
(Die Sitzung
wird um 9.45 Uhr unterbrochen und
um 9.46 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsident Dr. Andreas Khol:
Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte, jetzt die
Banderole entsprechend unserer ständigen Praxis einzurollen. (Das
Transparent wird eingerollt.)
Am Wort ist Herr
Bundesminister Mag. Grasser.
Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Meine sehr
geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sie haben mir mit dem Hinweis auf das
staatliche Pensionssystem ein Stichwort gegeben. Österreich hat – und
darauf sind wir stolz – eines der besten staatlichen Pensionssysteme der
Welt, zugleich aber auch eines der teuersten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Unser
Pensionssystem kostet derzeit in Summe etwa 32 Milliarden €. Das sind
knapp 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit sind die
Pensionsausgaben in Österreich mit Abstand am höchsten in der gesamten
Europäischen Union. Die durchschnittlichen Pensionsausgaben in der Union
belaufen sich auf 10,4 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts, in
Österreich eben auf knapp 15 Prozent.
Österreich verfügt
mittlerweile über die ältesten Studenten und über die jüngsten Pensionisten,
und das sollte uns zu denken geben.
Ich möchte dabei
betonen, meine Damen und Herren, das ist uns wichtig: Wir wollen die erste
Säule der staatlichen Altersvorsorge auch für die Zukunft garantieren. Da das
ernst gemeint ist, müssen wir auch deren Finanzierbarkeit sicherstellen. Aus
einer Broschüre der Arbeiterkammer Vorarlberg geht hervor, dass wir ohne
Pensionssicherungsreform innerhalb der nächsten 40 Jahre – schreibt
die Arbeiterkammer – die Beiträge um 53 Prozent anheben, die
Pensionen um 45 Prozent kürzen oder das Pensionsantrittsalter um zehn
Jahre erhöhen müssten.
Meine Damen und
Herren! Wir wollen diesen Weg nicht gehen, wir werden diese Maßnahme
selbstverständlich nicht setzen, aber genau deshalb muss eine
verantwortungsvolle Bundesregierung jetzt eine große, grundlegende
Pensionsreform umsetzen. Da gibt es keine Alternative. Wir müssen jetzt handeln. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Ich möchte schon beleuchten, wovon wir eigentlich sprechen. Ohne grundlegende Pensionsreform würde sich der über die Versicherungsbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hinausgehende Pensionszuschuss aus dem Budget von unser aller Steuergeld allein in dieser Legislaturperiode um 3,2 Milliarden € erhöhen. Zu den 32 Milliarden €, die jetzt schon ausgegeben werden, 3,2 Milliarden € zusätzlich! (Abg. Mag. Wurm: Schämen Sie sich!) Was wir mit unserer Pensionsreform jetzt tun, ist nichts anderes, als zu verhindern, dass dieses zusätzliche Geld, das allein in dieser Legislaturperiode notwendig wäre – also zusätzlich 3,2 Milliarden € –, ausgegeben werden muss. Wir tun damit nichts anderes, als das Wachstum der Ausgaben abzuschwächen und nicht 3,2 Milliarden € zusätzlich auszu-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 24 |
geben,
sondern „nur“ – unter Anführungszeichen – 2,6 Milliarden €
oben draufzugeben. (Abg. Öllinger: Das
ist ja ein Schmäh! Das stimmt alles nicht!) Das heißt, meine Damen und
Herren, wir reden nicht von einer Kürzung, sondern von einer Schwächung der
zusätzlichen Ausgaben, und wir reden von 600 Millionen € weniger an
zusätzlichen Ausgaben in einer Periode bei Gesamtausgaben von
32 Milliarden €. (Abg. Öllinger:
Das stimmt nicht!) Meine Damen und Herren! Wir reden über
2 Prozent der gesamten Pensionsaufwendungen. (Beifall bei der ÖVP und
den Freiheitlichen.)
Ich sage Ihnen
ehrlich: Uns geht es hier auch um die Glaubwürdigkeit der Politik. (Ironische
Heiterkeit bei der SPÖ.) Schon viel zu oft hat man gerade in dieser
sensiblen Frage das Vertrauen der Bevölkerung missbraucht. Es geht um die
Aufrechterhaltung des Generationenvertrags. Es geht um eine faire Verteilung
der Lasten zwischen Generationen. So wie die Großeltern und Eltern immer nur
das Beste für ihre Kinder und Enkelkinder wollen, genau so müssen wir für die
junge Generation auch handeln. Wir dürfen die jungen Menschen von heute nicht
überfordern. Warum sollen sie für die hohen Schulden, die man ihnen
hinterlässt, und für unsere
Pensionen geradestehen müssen? Entweder Schulden oder Pensionen, aber nicht
beides. Wir müssen diese Politik der ungedeckten Schecks auf die Zukunft und
der Belastung der nächsten Generationen beenden. Der Generationenvertrag ist
abzusichern und wiederherzustellen. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Die Pensionsreformkommission, der auch die Sozialpartner angehören, wo
die Gewerkschaft ebenso wie die Wirtschaftskammer in vielen Sitzungen mit dabei
war, hat bereits drei Jahre lang getagt. Sie hat im Wesentlichen auch
Einvernehmen sowohl über die Notwendigkeit als auch über die wichtigsten
Eckpfeiler der Pensionssicherungsreform erzielt.
Man hat im
Wesentlichen Einigung erzielt über die schrittweise Anhebung des Frühpensionsalters
auf 65 Jahre bei Männern, auf 60 Jahre bei Frauen, über die schrittweise
Einführung eines lebenslangen Durchrechnungszeitraumes von 40 Jahren, über
den Grundsatz, dass 45 Versicherungs- und Beitragsjahre eine
Nettoersatzrate von 80 Prozent der Lebenseinkommenssumme für die Pension
garantieren sollen, und über eine verbesserte Anrechnung von
Kindererziehungszeiten.
Sehr wichtig für
unsere politische Debatte in diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Frage:
In welchem Zeitraum, mit welchen Übergangsfristen, mit welchen konkreten
Schritten kommen wir zu diesem Ziel? Vor allem: Welche Schritte sind den
Menschen auch zumutbar?
Mit unserem
Beschluss im Ministerrat haben wir eine 25-jährige Übergangsfrist für die Ausdehnung
des Durchrechnungszeitraumes vorgesehen, eine Deckelung der möglichen Durchrechnungsverluste
mit 3,5 Prozent bis 2007, mit 7 Prozent bis 2015 und mit
10 Prozent darüber hinaus, eine zehnjährige Übergangsfrist für das
Auslaufen der Frühpensionen, eine Deckelung bei den Abschlägen, eine
dreijährige Übergangsfrist, um mit 45 statt mit 40 Beitragsjahren
80 Prozent Pension zu erhalten, so wie es 50 Jahre lang in Österreich
auch rechtliches Faktum war.
Über die
Fortschreibung der „Hackler-Regelung“ und die Schaffung eines neuen Dauerrechts
für besonders schwer arbeitende Berufsgruppen haben wir ebenso Konsens erzielt (Zwischenrufe
bei der SPÖ); ein neues Dauerrecht für schwer arbeitende Berufsgruppen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Das ist – ich bin wirklich davon überzeugt – ein
vernünftiges, ein faires, ein in hohem Maße sozial verantwortliches Konzept.
Der Beweis für diese soziale Kompetenz der Bundesregierung ist auch, dass wir in bestehende Pensionen nicht eingreifen. Keiner der mehr als 2 Millionen derzeitiger Pensionisten hat irgendetwas zu befürchten, egal, ob er Angestellter, Arbeiter, Bauer, Gewerbetreibender oder Beamter war – mit Ausnahme des kleinen Pensionssicherungsbeitrages von 1 Prozent –, wir garantieren
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 25 |
diese Pensionen. Das ist unser Verständnis von sozialer Gerechtigkeit: kein
Eingriff in bestehende Pensionen! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Die
Gleichbehandlung der ASVG-Versicherten und der Beamten ist natürlich
sicherzustellen. Das Vorangehen der Politik mit gutem Beispiel im Bereich der
Politikerpensionen ist unbedingt notwendig. Es darf in Zukunft keine
Besserstellung, in welcher Form auch immer, geben.
In einem zweiten
Schritt wird die Bundesregierung – und wir ersuchen darum – unter
Einbindung der Sozialpartner, unter Einbindung der Länder, unter Einbindung
der Pensionssicherungsreformkommission dem Parlament bis zum 1. Jänner
nächsten Jahres einen budgetneutralen Entwurf für ein einheitliches
Pensionsrecht für alle zuleiten und umsetzen. (Abg. Scheibner – auf die Reihen der SPÖ weisend –: Da wird es
gleich leiser da drüben!)
Meine Damen und
Herren! Das ist eine ganz wichtige Strukturreform! Über 50 Jahre hat es
niemand geschafft, ein einheitliches Pensionsrecht für alle vorzulegen. Wir
werden es umsetzen: ein Pensionsrecht für alle, weil es mehr Gerechtigkeit,
mehr Fairness für unsere Bevölkerung bringt. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Hohes Haus!
Nächste Herausforderung: Gesundheitssystem. Wir wollen natürlich auch unser
gutes und unser bewährtes Gesundheitssystem erhalten und weiter verbessern. Die
Menschen werden älter, der medizinische Fortschritt steigt, die Behandlungen
werden besser, aber auch teurer. Zurzeit ist die nachhaltige Finanzierbarkeit
der Krankenversicherung sicherlich vor eine große Herausforderung gestellt. Der
Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat uns bekannt gegeben, dass bis
2006 ein Defizit von knapp 1 Milliarde € entstehen würde, wenn man so
weitermachte wie bisher. Wir wissen, dass die Krankenversicherungen seit
Jahrzehnten in Selbstverwaltung, in Verantwortung von den Sozialpartnern in
Österreich geführt werden.
Meine Damen und
Herren! Wir haben unseren Beitrag geleistet, indem wir mit den Budgetbegleitgesetzen
die Sozialversicherungsträger ermächtigen, von allen Versicherten einen sozial
gestalteten Selbstbehalt einzuheben. Jetzt sind die Versicherungsträger, jetzt
sind die Sozialpartner am Zug. Wir müssen außerdem natürlich die Effizienz und
die Wirtschaftlichkeit steigern. Nur so wird es gelingen, die hoch stehende
medizinische Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig vom
Einkommen weiter zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Unsere
Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat hat mit ihrem Staatssekretär wichtige
Initiativen gesetzt. Die Ambulanzgebühr wird mit diesen Budgetbegleitgesetzen
abgeschafft, die Krankenscheingebühr wird mit dem sozial gerechten
Selbstbehalt abgeschafft. (Abg. Eder:
Wer hat das alles eingeführt? – Das waren Sie, Herr Minister!) Ich
bin sehr zuversichtlich, dass es gemeinsam gelingen wird, die hohe Qualität
unseres Gesundheitssystems zu sichern und die Finanzierbarkeit nachhaltig
sicherzustellen.
Meine Damen und
Herren! Vertrauen ist ungeheuer wichtig, im gesellschaftlichen, im wirtschaftlichen,
im politischen Miteinander. Vertrauen erwirbt man durch Handeln, wenn
Handlungsbedarf besteht, und durch Festhalten an den gesteckten Zielen –
manchmal auch gegen Widerstände.
Der Bundeskanzler
und der Vizekanzler haben die Sozialpartner und die Opposition mehrfach
eingeladen, an den wichtigen Reformen unserer Sozialsysteme mitzuarbeiten. Wir
alle wissen, dass politische Entscheidungen im Parlament fallen müssen. Dort
ist in einer Demokratie der Platz, wo man sich einbringen sollte, und nicht auf
der Straße. (Abg. Öllinger: Sie
haben eine Straßenphobie!) Das ist auch eine gute Tradition in Österreich,
und wir wünschen uns nichts mehr, als dass diese Tradition auch in Zukunft
fortgesetzt werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Gerade weil der
Bundesregierung der soziale Frieden wirklich ein großes Anliegen ist, möchte
ich betonen, dass wir erstens dem Druck der Straße nicht nachgeben werden und
ich zweitens absolut kein Verständnis für die gestrigen politischen Streiks
habe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sie haben eine Straßenphobie!)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 26 |
Dieser Streik
gegen die österreichische Bundesregierung hat Österreich schwer geschadet. Mit
dem Streik gefährdet die Gewerkschaft selbst Arbeitsplätze und verursacht
zusätzliche Unsicherheit in einer wirtschaftlich ohnehin schwierigen Situation.
(Zwischenrufe bei der SPÖ.) Allein gestern wurden durch den Streik
Verluste an heimischer Wertschöpfung von schätzungsweise
100 Millionen € verursacht.
Die Gewerkschaft
trifft mit diesen Streiks ja auch nicht ihr eigentliches Ziel. Die Gewerkschaft
will eigentlich die Bundesregierung treffen, sie trifft aber österreichische
Unternehmen, sie trifft österreichische Beschäftigte, sie trifft auch ärmere
Menschen, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind.
Ich möchte bei
dieser Gelegenheit einen ehemaligen Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes
zitieren. Präsident Franz Olah hat in einem Interview in der „Kleinen Zeitung“
am Sonntag etwas für mich sehr Wichtiges gesagt, ein Präsident des
Gewerkschaftsbundes, der sehr Wichtiges in schwierigsten Zeiten für Österreich
geleistet hat:
„Streiks dürfen
sein in einer Demokratie, aber sie lösen das Problem nicht und das Problem
lautet: zu wenig Kinder, zu wenig Einzahler, zu viel Herausnehmer. Dann die
hohe Lebenserwartung.“
Die Frage, die von
der „Kleinen Zeitung“ gestellt wurde, lautete: „Wer kann was dafür?“
Franz Olah sagt:
„Die Ursünde wurde in den 80ern und 90ern begangen, als die Politiker die
Schleusen geöffnet haben und die Krise der Verstaatlichten beheben wollten,
indem sie Massen in die Frühpension geschickt haben. Eine Narretei! Dann die
Feigheit, den Leuten nicht die Wahrheit zu sagen, dass das Fass überläuft.
Damals hätte man noch korrigieren können.“ (Abg. Parnigoni: Zwangspensionierungen!)
Und dann auch eine
entscheidende Frage der „Kleinen Zeitung“: „Wie hätten Sie als ÖGB-Präsident
gehandelt?“
Franz Olah sagt:
„Ich hätte mich bemüht, dass es nicht so weit kommt. Mit Streik kann man nicht
Pensionen erhöhen.“
Und Olah schließt
dann und sagt: „Die Korrektur politischer Machtverhältnisse kann nicht über die
Straße erfolgen, das wär die Analogie zum 50er-Jahr.“
Meine Damen und
Herren! Ein großer Österreicher, der große Einsicht und viel Verständnis für
die Probleme unserer Zeit aufbringt. Deswegen möchte ich im Interesse Österreichs,
im Interesse unseres Arbeits- und Wirtschaftsstandorts noch einmal an die
Repräsentanten der Gewerkschaften appellieren: Beenden Sie diese Streiks gegen
die Bundesregierung! Arbeiten Sie mit! Kehren Sie zum Verhandlungstisch zurück!
Wir reichen Ihnen beide Hände zum Dialog! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Beenden Sie Ihre Rede, dann
geht es uns wieder besser!)
Hohes Haus!
Dynamischen Unternehmen ohne vernünftige Rahmenbedingungen ergeht es wie
Fischen ohne Wasser. Eine Volkswirtschaft ohne dynamische Unternehmer ist
allerdings wie ein Wasser ohne Fische, sie ist leblos und der langsamen
Verödung preisgegeben.
Unternehmer sein,
selbständig sein, ist eine eigene Kultur! Unternehmerisches Handeln ist immer
Handeln unter Unsicherheit. Man nimmt ganz bewusst Risiko in Kauf. Man trifft
viele Entscheidungen, von denen man nicht mit Sicherheit weiß, wie sie sich in
den nächsten Monaten und Jahren auswirken werden. Nur eine Gesellschaft, die noch
willens ist, Risiken in Kauf zu nehmen, kann auch den Wachstumspfad nach oben
beschreiten. (Abg. Öllinger: Das ist so banal!)
Dahinter steht nämlich ein unbändiger Optimismus für die Zukunft. Es steht dahinter die Einstellung, Wandel und Veränderung als Chance zu begreifen. Wandel heißt, meine Damen und Herren, bereit sein (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm), den Status quo in Frage zu stellen,
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heißt, Produkte oder Verfahren, mit
denen man bereits seit Jahren gut gelebt hat, in Frage zu stellen; heißt, Altes,
Bewährtes aufzugeben und Neues, Ungewisses zu wagen, heißt, Veränderung als
gelebte Chance zu betrachten und nicht als erlittene Bedrohung.
Ich sage das
deshalb, weil ich zutiefst überzeugt davon bin: Wir brauchen in unserem Land
mehr unternehmerische, also Chancen suchende und Chancen nutzende Kultur: die
Osterweiterung als Chance, meine Damen und Herren, Steuersenkungen als Chance
für eine große Mittelstandsoffensive, Wettbewerb als Chance für neue Produkte
und Geschäftsfelder, ein flexibler Arbeitsmarkt als Chance für zusätzliche
Beschäftigung und eine Pensionsreform als Chance für die nächste Generation. (Abg. Öllinger:
... zu verändern die Pensionsreform!)
Unternehmertum ist
dabei untrennbar mit Wettbewerb verbunden! Wettbewerb ist nichts anderes als
ein Entdeckungsverfahren für bessere und innovativere Lösungen! (Abg. Parnigoni:
Die Regierung Schüssel – eine Chance für Österreich!) Unternehmer
sichern durch diesen ständigen Wettbewerb die Innovationskraft ihres Landes.
Durch diesen Wettbewerb und durch die Innovationen schaffen sie Arbeitsplätze
mit einem attraktiven Lohnniveau, und sie sichern damit auch die Kaufkraft
unserer Bevölkerung.
Wir brauchen
dieses innovative Unternehmertum. Deswegen, meine Damen und Herren, wollen wir
diese Haltung fördern, und wir werden sie an den Schulen, an den
Fachhochschulen und an den Universitäten fördern. Unsere Politik steht für
diese Kultur: Veränderung als Chance, Chancen, die der Einzelne ergreifen kann,
Chancen, die die Politik ermöglichen muss. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Ich
glaube, dass Österreich auf seine Unternehmen stolz sein kann! Ich denke, es
ist uns allen bewusst, dass die Klein- und Mittelbetriebe das Rückgrat der
österreichischen Wirtschaft darstellen. (Zwischenruf der
Abg. Mag. Wurm.) Auf sie entfallen 99,5 Prozent der
Unternehmen des Produktions- und Dienstleistungsbereichs. Es sind die Klein-
und Mittelbetriebe, die – das ist ganz wichtig – 1,5 Millionen
Arbeitsplätze in unserem Land sichern. Sie erwirtschaften 60 Prozent der
Wertschöpfung und einen großen Teil des Ertragsteueraufkommens.
Unsere
industriellen Betriebe sind die Leistungsträger im Export und bei den
Direktinvestitionen im Ausland. Österreich erwirtschaftet mittlerweile bereits
53 Prozent seines Sozialproduktes aus dem Export. Eine Million
Arbeitsplätze hängen direkt, eine weitere Million indirekt vom Export ab. Die
Exportförderung ist daher im Rahmen der Standortpolitik von besonders großer
Bedeutung. Mit aller Konsequenz wollen wir daher auch diesen gerade für eine
kleine offene Volkswirtschaft erfolgreichen Weg fortsetzen. Die Haftungen der
Republik für die Ausfuhrförderung betragen zurzeit 48 Milliarden €.
In den Budgets 2003/04 haben wir jeweils 25 Millionen € für eine
weitere Exportoffensive dotiert, die Martin Barteinstein gemeinsam mit der
Wirtschaftskammer Österreich umsetzen wird. So können wir Arbeitsplätze
nachhaltig sichern, meine Damen und Herren!
Diese Erfolge im
Export haben auch viel mit der unmittelbar bevorstehenden Erweiterung der
Europäischen Union zu tun. Es war immer die ganz klare Strategie dieser
Bundesregierung, Österreich als Brückenkopf zu den mittel- und osteuropäischen
Beitrittsstaaten zu etablieren. Österreichs Unternehmer haben diese Brücke
genützt, und es hat sich ausgezahlt. Wir profitieren bereits jetzt durch
höheren Export, durch mehr Direktinvestitionen, durch mehr Beschäftigung und
durch mehr Wachstum.
Über diese
wirtschaftlichen Vorteile für beide Seiten hinaus ist die Erweiterung der Union
für den Kontinent einfach auch ein wirklich historischer Moment! Unser Land
rückt von einer Randlage Europas in das Zentrum Europas. Es ist einfach ein
visionäres Konzept mit einer ungeheuren Kraft eines vereinigten, eines
friedlichen Europas. Dieses Konzept wird Wirklichkeit; ich denke, das sind
viele gute Gründe, um die neuen Mitgliedstaaten mit großer Begeisterung in der
Europäischen Union herzlich willkommen zu heißen. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 28 |
Meine Damen und
Herren! Wir haben immer gesagt, der Staat ist ein schlechter Unternehmer. Das
hat die Geschichte der verstaatlichten Industrie in Österreich gezeigt. Wir
haben daher in der letzten Legislaturperiode ein sehr gutes, sehr
ambitioniertes und ehrgeiziges Privatisierungsprogramm umgesetzt. (Abg. Dobnigg:
Verscherbeln!)
Bei meinem
Amtsantritt im Jahre 2000 betrug der Schuldenstand der ÖIAG mehr als
6 Milliarden €. Die daraus entstehenden Zinsbelastungen konnten von
der ÖIAG nicht vollständig getragen werden. Wir mussten daher über die
Zinszahlungen, die von der ÖIAG geleistet wurden, aus dem Budget zusätzlich
Geld, Steuergelder für die Bedienung des Zinsendienstes aufbringen.
Heute, meine Damen
und Herren, ist die ÖIAG in der Lage, neben der Bedienung des Zinsendienstes
auch noch Dividenden an das Budget auszuschütten: immerhin
200 Millionen € heuer und 100 Millionen € im
Jahre 2004. Wir haben, meine Damen und Herren, die ÖIAG saniert! Das ist
eine erfolgreiche Privatisierungspolitik, von der nicht nur der Eigentümer,
nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch die Mitarbeiter dieser
Unternehmen und auch die vielen österreichischen Kleinaktionäre profitieren.
Wir setzen diese Politik fort.
Wir haben wiederum
für diese Periode ein ambitioniertes Privatisierungsprogramm. Die Ziele sind
klar. Wir werden im österreichischen Interesse privatisieren. (Abg. Eder:
In Ihrem Interesse!) Die Firmenzentralen und Forschungseinrichtungen
sollen in Österreich bleiben, der Kapitalmarkt soll gestärkt werden, und wir
werden es gegen Ende dieser Legislaturperiode schaffen, die ÖIAG aufzulösen und
damit ein weithin sichtbares Zeichen für das Ende der Ära der verstaatlichten
Industrie in Österreich zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Die
Steuern- und Abgabenbelastung der österreichischen Unternehmen und Erwerbstätigen
ist mit 44,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes deutlich zu hoch! Das
müssen wir ändern! Hohe Steuern sind das Zeichen eines Wohlfahrtsstaates alter
Prägung, wir aber wollen die Verfügungsgewalt der Menschen über ihr
erarbeitetes Geld wieder erhöhen. Wir wollen die Zwangsbeglückung mit
öffentlichen Gütern auf das zurückführen, was in einer modernen und
solidarischen Gesellschaft notwendig ist. (Abg. Brosz: Zwangsbeglückung
mit Pensionen reduzieren!) Darum heißt Steuern senken, Freiheit schenken! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Keine
Zwangsbeglückung!)
Hohe Steuern,
meine Damen und Herren, führen in einer globalisierten Welt zu Standortnachteilen.
(Abg. Öllinger: Das ist kein neoliberales Programm!) Unternehmen
investieren dort, wo die Kostenbelastung gering ist. Steuern sind natürlich
Bestandteil der Kosten. Hochqualifizierte, mobile Arbeitskräfte suchen dort
Beschäftigung, wo ihre Leistungen und Verdienstmöglichkeiten nicht durch hohe
Grenzsteuersätze beeinträchtigt werden. (Abg. Öllinger: Das ist
ziemlich banal!) Auch im Steuerwettbewerb siegen die Schnellen und Guten
über die Langsamen und Konzeptlosen.
Unser Motto ist
daher: Leistung muss sich wieder lohnen, wir müssen den Menschen neue Perspektiven
aufmachen, neue Chancen geben. Wir müssen Signale setzen, meine Damen und
Herren: Es zahlt sich aus, in Österreich zu investieren! Einsatz und
Leistungsbereitschaft zahlen sich aus. Menschen müssen wissen, wofür sie
arbeiten. Es muss größere Anreize geben! (Abg. Öllinger: Der
Bürger soll sich das anhören!) Wir müssen eine neue und faire Verteilung
von Steuern und Einkommen schaffen. Es muss den Menschen in ihren Brieftaschen
mehr übrig bleiben. Das ist unser Ziel für diese
Legislaturperiode! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. –
Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wenn wir das erreichen wollen, meine Damen und Herren, dann braucht es eine Systemveränderung, dann geht es nicht um kleine kosmetische Eingriffe in einem bestehenden System, sondern dann ist ein großer Wurf notwendig! Es geht um eine mittelfristige Konzeption großer, nachhaltiger, aber auch leistbarer Entlastung. Es geht nicht um die Fortsetzung des alten Wechselspiels – das möchte ich betonen! –: heute Sparpaket, morgen Steuerreform und übermorgen wieder ein Sparpaket. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren,
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 29 |
das war Ihre Politik – das dürfen Sie
getrost mitnehmen! Die Menschen müssen darauf vertrauen können, sie müssen
sich darauf verlassen können, dass wir diese große Entlastung in mehreren
Schritten ganz konsequent, Schritt für Schritt auch tatsächlich erreichen
werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Diese Entlastung,
meine Damen und Herren, ist für die Zukunft unseres Landes ungeheuer wichtig.
Sie wird Österreichs Standortattraktivität für Investitionen verbessern, sie
wird die Kosten des Faktors Arbeit senken, sie wird umweltschonende Anreize
geben, sie wird die Eigenkapitalbasis der Betriebe verbessern, sie wird das
Steuersystem vereinfachen (Abg. Mag. Wurm: Märchen-Heinzi!), und
sie wird unser Wachstumspotential erhöhen. Nicht mehr und nicht weniger als die
größte Entlastung in der Geschichte der Zweiten Republik werden wir daher
verwirklichen!
Meine Damen und
Herren! Wir senken die Steuern und Abgaben in zwei Schritten um 3 Milliarden €,
und wir werden diesen Weg fortsetzen, bis wir 2010 eine Abgabenquote von
40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht haben. Wir wollen damit
bereits in dieser Legislaturperiode jedem Haushalt in Österreich im Durchschnitt
1 000 € pro Jahr mehr an Kaufkraft geben, und dabei werden wir unsere
Politik des ausgeglichenen Haushalts über den Konjunkturzyklus beibehalten.
Das ist ein sehr ehrgeiziger Weg. Wir werden ihn aber realisieren! Wir bekennen
uns dazu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wichtig ist uns,
meine Damen und Herren, dass diese größte Steuerreform in der Geschichte der
Zweiten Republik nicht irgendwann einmal in der Zukunft umgesetzt wird, sondern
wir beginnen jetzt damit. Der erste Schritt ist bereits
Bestandteil unserer Budgetbegleitgesetze und wird mit 1. Jänner 2004
in Kraft treten.
Besonders wichtig
ist uns dabei die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Steuerpflichtige
mit einem Bruttojahreseinkommen in der Höhe von bis zu 14 500 €
werden in Zukunft in Österreich keine Steuern mehr zahlen müssen. Damit werden
mehr als 200 000 Österreicherinnen und Österreicher, die heute noch
Steuern zahlen, morgen jeden Euro ihres Einkommens behalten können. Damit
werden mehr als 1,650 Millionen Arbeitnehmer,
730 000 Pensionisten, 60 000 Selbständige und Bauern, also
in Summe mehr als 2,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher von
dieser Maßnahme profitieren. Das erhöht die Kaufkraft vieler, vor allem aber
der kleinen Einkommen und stützt die Wirtschaft zum richtigen Zeitpunkt. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Ausreichendes Eigenkapital ist der Schlüssel (Abg. Mag. Wurm:
Lesen Sie den Armutsbericht!) und die Voraussetzung für eine neue
Dynamik und eine Offensive unserer Klein- und Mittelbetriebe.
Eigenkapitalmangel ist nach wie vor die Insolvenzursache Nummer eins bei
vielen Betrieben. Gleichzeitig ist eine ausreichende Eigenkapitalausstattung
Grundvoraussetzung für eine rasches Unternehmenswachstum und damit auch für
mehr Beschäftigung. Eigenkapital ist bisher gegenüber Fremdkapital in
Österreich diskriminiert. Das hat auch zu einer unterdurchschnittlichen
Eigenkapitalausstattung unserer Wirtschaft geführt.
Deswegen, meine
Damen und Herren, schlagen wir vor, dass erstmals ab Jänner 2004 nicht
entnommene Gewinne in Österreich zum halben Durchschnittsteuersatz besteuert
werden. Davon werden mehr als 200 000 Einzelunternehmer und
Personengesellschaften profitieren. Es ist dies die massivste
Eigenkapitalförderungsmaßnahme, die es bislang in Österreich gegeben hat. Sie
wird Verbesserungen des ausgewiesenen Eigenkapitals von bis zu 10 Prozent
in nur fünf Jahren ermöglichen. Damit stärken wir die Krisenfestigkeit dieser
Unternehmen, wir erhöhen ihre Bereitschaft zu investieren, und wir lösen einen
Wachstumsschub aus. Wir wollen Arbeitsplätze schaffen und stärken so die
Wirtschaft zum richtigen Zeitpunkt. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Der dritte Punkt, meine Damen und Herren, ist eine Frage der Gerechtigkeit. Auch in Österreich hat das Jahr nur zwölf Monate. Ich habe es immer für unvertretbar gehalten, dass Finanzminister, nur um ihre Budgets kosmetisch zu verschönern, der Wirtschaft eine 13. Umsatzsteuervor-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 30 |
auszahlung abverlangt haben. Das war
eine gewaltige Belastung der Liquidität mit 1,7 Milliarden €. (Abg. Oberhaidinger:
Das ist eine reife Leistung! Genau recherchiert!) Wir haben mehrmals
angekündigt, dass wir diese Ungerechtigkeit abschaffen werden, ich bin daher
sehr glücklich, dass, wenn Sie unserem Vorschlag folgen, im Dezember 2002
diese 13. Umsatzsteuervorauszahlung das letzte Mal geleistet wurde. Schon
heuer soll es also diese 13. Umsatzsteuervorauszahlung nicht mehr geben.
Wir stärken damit die Wirtschaft zum richtigen Zeitpunkt! (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.)
Schon lange Zeit
reden wir über eine Ökologisierung unseres Steuersystems. Wir setzen sie im
europäischen Gleichklang um. Wir beginnen mit einer Erhöhung der Besteuerung
des Energieverbrauchs. Gleichzeitig senken wir die Lohnnebenkosten für ältere
Arbeitnehmer. Das gibt wichtige Anreize für deren Beschäftigung. Die Belastung
des Verbrauchs natürlicher Ressourcen und die Entlastung der menschlichen
Arbeitskraft schaffen Arbeitsplätze und entsprechen den ökosozialen Zielen der
Europäischen Union. Sie sehen, Umwelt, Ökologie ist uns sehr wichtig. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Diese
erste Etappe der Steuerreform wird ein Volumen von etwa
950 Millionen € bewegen. Sie wird zu einer Nettoentlastung von
500 Millionen € führen. Zusammen mit den beiden Konjunkturbelebungspaketen
belaufen sich die Entlastungseffekte sogar auf 1 Milliarde €. Das
sind substanzielle erste Schritte einer Entlastung. Die Entlastung kommt!
Informieren wir die Bevölkerung umfassend und gemeinsam. Das sind wichtige
Impulse, um auch die Stimmung zu heben. So stärken wir die
Wirtschaft und tragen zu einer Erhöhung der Beschäftigung bei! (Zwischenruf
der Abg. Mag. Wurm.)
Nach den sicher
umfassenden Diskussionen und den Beschlüssen, die wir zu den Bundesvoranschlägen
2003 und 2004 und zu den Budgetbegleitgesetzen fassen werden, werden wir an die
Erarbeitung des nächsten Entlastungsschrittes gehen. Es ist unser Ziel, mit
1. Jänner 2005 die zweite große Etappe der Steuerreform mit einem
Nettoentlastungsvolumen von 2,5 Milliarden € in Kraft zu setzen. Eine
große Tarifreform bei der Einkommensteuer beziehungsweise bei der Lohnsteuer
wird deutliche Entlastungen für alle Erwerbstätigen, für die Beschäftigten, für
die Arbeitnehmer, für die Angestellten bringen. (Abg. Mag. Wurm: Flat-Tax!)
Wir werden die nächsten
großen Reformen in der Unternehmensbesteuerung angehen müssen. Eine Senkung des
Körperschaftsteuersatzes um mindestens 3 Prozent ist notwendig, um die
Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes Österreich für die
nächsten Jahre zu gewährleisten. Die Fortsetzung der Ökologisierung des
Steuersystems bei gleichzeitiger Kompensation durch Lohnnebenkostensenkungen
genauso wie massive Vereinfachungen des sehr komplexen Steuersystems sind
wichtig. – All das steht auf unserer Reformagenda.
Meine Damen und
Herren! Diese Steuerreform wird Österreich Flügel verleihen: Sie wird den
privaten Konsum beflügeln, sie wird die Investitionen beflügeln, und sie wird
das Innovations- und Wachstumstempo unserer Wirtschaft beflügeln. (Abg. Öllinger:
Aber nicht Sie!) Wir wollen die notwendige Entlastung für eine gute und
sichere Zukunft Österreichs gerecht und nachhaltig umsetzen. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Hohes Haus!
Abschließend: Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die Wachstumsschwäche der
Vergangenheit zu überwinden. Wir wollen daher erstens einen ausgeglichenen
Staatshaushalt über den Konjunkturzyklus. Hohe Schulden ersticken die Dynamik
der Wirtschaft, Schuldenabbau und sparsames Wirtschaften befreien uns.
Österreich hat den Kurswechsel geschafft. Er wird uns neue Handlungsspielräume
eröffnen.
Zweitens: Wir
müssen das Wachstum erhöhen, in die Zukunft investieren. Österreich gibt mehr
Geld aus für Bildung, Forschung und Infrastruktur als je zuvor. Dadurch werden
wir unsere Innovationskraft stärken, unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern und
unser Wachstumspotential erhöhen.
Drittens: Weitere Liberalisierung, Deregulierung, Privatisierung und flexiblere Rahmenbedingungen auf den Märkten stärken privates Unternehmertum und den Wettbewerb und erhöhen die
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 31 |
Standortattraktivität. (Abg. Öllinger: Das ist nicht
neoliberal! Das ist ziemlich banal!) Das fördert Investitionen und bringt
Beschäftigung, meine Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Banal und
neoliberal!)
Viertens:
Steuersenkung. Das gibt den Bürgern mehr Kaufkraft, das erhöht die
Investitionsbereitschaft der Unternehmen, fördert die Eigenkapitalstärkung und
ermöglicht, Innovations- und Forschungsrisiken zu übernehmen. Sie ist der
Schlüssel zu einer Neubelebung der Wirtschaft und bringt breiteren
Bevölkerungsschichten mehr Wohlstand.
Fünftens –
das ist wichtig –: Unsere Politik zielt ab auf bessere Chancen für die
Jugend (Abg. Mag. Wurm: Bla bla bla!), auf mehr
Unterstützung für die Familie, auf bessere Absicherung der wirklich Bedürftigen
und der Behinderten, auf höhere Fairness zwischen den Generationen und damit
insgesamt auf mehr soziale Gerechtigkeit. Dadurch stärken wir die soziale
Verantwortung und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Hohes Haus! Das
sind die Eckpfeiler unseres österreichischen Erfolgmodells. Mit diesem wirtschaftspolitischen
Programm und dem heute vorgelegten Doppelbudget lernen wir aus der Vergangenheit,
wir agieren in der Gegenwart, und wir sichern die Zukunft Österreichs
nachhaltig und sozial gerecht. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung und lade Sie
ein, diesen Weg gemeinsam für Österreich zu gehen! – Vielen Dank. (Anhaltender
lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger:
So schlimm war es noch nie! – Abg. Dr. Fischer: Deprimierend! –
Präsident Dr. Khol: Karl-Heinz! Das war eine brillante Rede!)
10.19
Präsident Dr. Andreas Khol:
Ich danke dem Herrn
Bundesminister für Finanzen für seine Ausführungen.
2. Punkt
Bericht des Umweltausschusses
über die Regierungsvorlage (38 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein
Bundesgesetz über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte
Luftschadstoffe (Emissionshöchstmengengesetz-Luft, EG-L) erlassen sowie das
Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (66 der
Beilagen)
Präsident Dr. Andreas Khol:
Wir gelangen nun
zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche
Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet
hat sich als Erster Herr Abgeordneter Kopf. Wunschgemäß wird er 10 Minuten
zu uns sprechen. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.
10.20
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat mit seinem Konzept der
öko-sozialen Marktwirtschaft einen erfolgreichen Weg beschritten und hat sich
damit zur Nummer eins in Europa, in der EU in Sachen Umweltschutz vorgekämpft
und vorgearbeitet. Dabei war uns besonders das Thema Luftreinhaltung, saubere
Luft ein zentrales Anliegen. Wir haben daher auch der Verwirklichung des
Kyoto-Zieles und der Umsetzung der Kyoto-Maßnahmen einen besonderen
Stellenwert eingeräumt. Mit dem neuen Emissionshöchstmengengesetz-Luft und den
Novellen zum Ozongesetz und zum Immissionsschutzgesetz-Luft machen wir einen
weiteren wichtigen umweltpolitischen Schritt.
Wir sind bereits in den letzten Jahren bei der
Reduktion der Luftschadstoffe erfolgreich gewesen. So sind zum Beispiel die
Schwefeldioxidemissionen in den letzten zehn Jahren um mehr als 50 Prozent
gesunken. Aber ich sage gleich dazu: Es sind weitere Anstrengungen nötig, zum
Beispiel bei den Ozonvorläufersubstanzen, bei den Stickoxiden oder auch bei den
flüchtigen organischen Verbindungen.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 32 |
Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine umfassende
Strategie für saubere Luft. Das Regierungsprogramm enthält diese Strategie. Ein
wichtiger Teil dieser Strategie ist dieses Luftreinhaltepaket, das nun neue
nationale Höchstmengen für bestimmte Schadstoffe festlegt, das vorsieht, dass
die Bevölkerung über die Ozonbelastung früher informiert wird, und das auch zum
Inhalt hat, dass weitere Effizienzsteigerungen im Vollzug erreicht werden.
Zu den drei Gesetzen beziehungsweise Novellen einige
Bemerkungen: Das Emissionshöchstmengengesetz-Luft setzt EU-Recht um. Es
schafft nationale Emissionshöchstgrenzen, die jetzt verbindlich fixiert wurden
und ab 2010 einzuhalten sein werden, und es bringt – das ist auch
wichtig – eine Verbesserung der Datenlage durch eine jährliche Inventur
mit sich.
Die Novelle zum Ozongesetz setzt ebenfalls eine
EU-Richtlinie um. Meine Damen und Herren! Sie bringt eine weitere Verringerung
der Ozonbelastung und eine Verbesserung des Frühwarnsystems für unsere
Bevölkerung mit sich.
Schließlich bereinigt die Novelle zum Immissionsschutzgesetz-Luft
dieses Gesetz. Es wird das Thema „Ozon“ nun endgültig im Ozongesetz geregelt.
Sie bringt ebenfalls eine Effizienzsteigerung im Vollzug, mehr Transparenz,
leichtere Kundmachungsbestimmungen und Ähnliches mit sich.
Meine Damen und Herren! Zusammenfassend kann man zu
diesem Gesetz und zu diesen Novellen sagen: Österreich hat in den letzten
Jahren bereits enorm viel für den Erhalt und für die Reparatur unserer Umwelt
getan, aber das vorliegende Konzept ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir
auch in Hinkunft europaweit Vorbild sein werden und bleiben wollen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Die einstimmige Beschlussfassung im Ausschuss hat auch
eindrucksvoll bewiesen, dass dieser Weg der richtige ist.
Meine Damen und Herren! Unsere Politik, die Politik
dieser Koalition, ist geprägt von Reformbereitschaft, von Reformkraft und
Verantwortung auch für die künftigen Generationen. Diese Bundesregierung und
diese Koalition betreiben nachhaltige Politik, und zwar nicht nur, wie Sie
sehen können, bei der notwendigen Pensionssicherungsreform. – Danke. (Beifall
bei der ÖVP.)
10.25
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Sima. Die Uhr ist wunschgemäß auf
10 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.
10.25
Abgeordnete Mag. Ulrike Sima
(SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein kurzer Satz sei mir
an Ihre Adresse, Herr Präsident Dr. Khol, gestattet: Ich fand es sehr befremdlich,
dass Sie nach Abschluss der Rede des Finanzministers die Bemerkung:
„Karl-Heinz! Das war eine brillante Rede!“ ins Mikrophon posaunten. Ich erwarte
mir schon vom Präsidenten des Nationalrates, dass er überparteilich
agiert – und nicht solche Lobspendungen via Saalmikrophon nach einer Rede
von sich gibt! Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen! (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Scheibner: Wenn
Sie jetzt eine brillante Rede halten, sagen wir das auch, aber wir warten
noch!)
Ich glaube, dass
es nicht zu viel verlangt ist, dass der Präsident des Nationalrates
überparteilich agiert – und nicht Lobspenden an einzelne Minister
verteilt. Ich glaube, da werden Sie mir beipflichten, denn Sie würden sich auch
nicht wünschen, dass es umgekehrt so wäre.
Meine Damen und
Herren! Wir begrüßen die Umsetzung dieser Ozon-Richtlinie, die uns die EU
vorgegeben hat. Ein entsprechendes Verfahren, weil Österreich in diesem Bereich
säumig war, ist bereits eingeleitet worden. Was ich bedauerlich finde, obwohl
wir der Vorlage zustimmen werden und auch im Umweltausschuss zugestimmt haben,
ist, dass über die Vorgaben der Europäischen Union nicht mehr hinausgegangen
wird. Das scheint jetzt ein Prinzip in der Umweltgesetzgebung zu sein, dass man
über die Vorlagen der EU nicht mehr hinausgeht.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 33 |
Für das angebliche
Umweltmusterland Österreich ist das eine ein bisschen matte Performance, muss
ich sagen. Vor allem kommen in letzter Zeit sämtliche Vorgaben für
Umweltgesetze hauptsächlich aus dem Bereich der Europäischen Union. Das heißt,
es gibt in diesem Bereich wenig Ambitionen, selbst tätig zu werden. Man setzt
hauptsächlich Richtlinien um, die von Seiten der EU vorgegeben werden. Das ist
für eine ambitionierte Umweltpolitik, Herr Umweltminister, halt leider ein
bisschen zu wenig. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Umsetzung
dieser Richtlinie bedeutet eine Verbesserung für Österreich. Wir werden ein
bundesweites nationales Programm zur Verminderung der Emissionen und zur
Reduktion der Vorläufersubstanzen im Ozonbereich haben. Es wird Alarmpläne
geben, es wird Sanierungspläne in diesem Bereich geben, und es wird eine
Herabsetzung der Informationsschwelle, also der Vorwarnstufe, geben. Das heißt,
das sind durchaus positive Maßnahmen, die wir jetzt mit diesem Gesetz umsetzen.
Die Grenzwerte
werden ebenfalls herabgesetzt. Es wird an weniger Messstellen, also nur noch an
einer Messstelle, für eine Stunde eine Grenzwertüberschreitung geben müssen,
damit die Vorwarnstufe im Ozonbereich ausgelöst wird.
Herr
Bundesminister! Aber wie wirksam dieses Gesetz jetzt tatsächlich wird, das wird
auch sehr stark von der Umsetzung abhängen. Bleibt es jetzt ein Papiertiger,
oder wird es tatsächlich Maßnahmen geben? – Es muss uns schon klar sein,
dass jetzt mit dieser Umsetzung auch öfter diese so genannte Informationsstufe
erreicht werden wird, das heißt, dass öfter die Vorwarnstufe im Ozonbereich
gegeben sein wird. Dann wird man Maßnahmen setzen müssen, die nicht so populär
sind. Das werden dann teilweise Einschränkungen im Verkehrsbereich sein und so
weiter. Es wird jetzt davon abhängen, welche konkreten Maßnahmen es von Seiten
der Länder, aber auch von Seiten des Bundes geben wird, um diese
Aufgabenstellungen zu erfüllen.
Da wir sonst keine
Gelegenheit haben, über dieses Thema zu reden, möchte ich abschließend, da mir
das ein Anliegen ist, ein paar Worte zum Umweltausschuss und zur Vorgangsweise
im Umweltausschuss sagen. Es gab drei Anträge der Opposition, deren Behandlung
von den Regierungsparteien auch dieses Mal wieder vertagt wurde. Das ist eine
Vorgangsweise, die – ich will nicht sagen: in den letzten Jahren –
System hat. Der Grund dafür ist, dass man offensichtlich von Seiten der
Regierungsparteien nicht will, dass Anträge der Opposition im Plenum diskutiert
werden.
Ich möchte an Sie
appellieren, wenn Sie an einer konstruktiven Zusammenarbeit im Umweltausschuss
interessiert sind – wir sind daran interessiert –, dann wenigstens so
fair und demokratisch zu sein, über unsere Anträge zumindest abzustimmen. Die
dauernden Vertagungen führen dazu, dass wir nie die Gelegenheit haben werden,
unsere Anträge im Plenum zu diskutieren. Ich halte es schlicht und einfach für
undemokratisch, wenn wir diese Möglichkeit nicht bekommen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Dass Sie mit den
Mehrheitsverhältnissen, wie sie nunmehr sind, einfach so agieren, dass diese
Anträge permanent vertagt werden, aber nie darüber abgestimmt wird, ist eine
neue Praxis, die es in vielen Ausschüssen gibt. Diese Praxis lehne ich vehement
ab. Ich möchte daher noch einmal an Sie appellieren: Wenn Sie konstruktiv
zusammenarbeiten wollen, dann seien Sie wenigstens so fair, dass Sie über
unsere Anträge zumindest abstimmen, dann haben Sie wenigstens die Stirn, unsere
Anträge abzulehnen, wenn Sie nicht unserer Meinung sind, aber hören Sie endlich
damit auf, alles zu vertagen, um damit einer Debatte hier im Plenum aus dem Weg
zu gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
10.30
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist als Nächster Herr Abgeordneter Wittauer. Redezeit: 10 Minuten. –
Bitte, Herr Abgeordneter.
10.30
Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Sima, Ihre Empfindlichkeiten in allen Ehren – aber das war eine gute Budgetrede. Ich möchte ein Lob aussprechen: Ehre, wem Ehre gebührt! Ich glaube ... (Abg. Parnigoni: Und
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 34 |
die Parteilichkeit des Präsidenten! Das ist ein starkes Stück!) Ich
glaube, dass es nicht notwendig ist, Frau Kollegin, das hier am Rednerpult zu
sagen.
Da wir schon beim
Loben sind: Gerade diese Gesetzesvorlage, die heute zur Beschlussfassung
ansteht, haben wir unserem Minister Gorbach und Minister Pröll zu verdanken.
Die Umsetzung dieser Gesetzesvorlage erfolgt in sehr kurzer Zeit. Ich bedanke
mich noch einmal dafür, denn das war ein Herzensanliegen der Freiheitlichen.
Lob an der richtigen Stelle ist immer angebracht. (Beifall bei den
Freiheitlichen. – Abg. Oberhaidinger: Herr Kollege Wittauer! Das
habt ihr der EU zu verdanken! Nichts gemacht!)
Ich weiß schon,
die Empfindlichkeiten, aber auf das, was wir Ihnen von den Sozialdemokraten
heute zu verdanken haben, werde ich schon noch zurückkommen – wie den
Transitvertrag, durch den wir quasi geknebelt sind. Mit dem IG-Luft werden wir
einige Dinge erreichen, die für unser Land gut sind. Deshalb stehe ich hier und
bin stolz darauf, dass wir diese Gesetzesvorlage haben. (Beifall bei den
Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Scheibner: Dicke Luft in der
SPÖ!)
Aber auch für mich
als Freiheitlichen – ich komme jetzt wieder auf den eigentlichen Inhalt
zurück – ist es ein Lob, wenn die Sozialdemokraten hier schimpfen, denn
dann weiß ich, dass ich eine gute Politik gemacht habe. (Zwischenruf des
Abg. Reheis.)
Das
Gesetzesvorhaben, das heute vorliegt, ist ein Fortschritt in der Umweltpolitik
und ein Fortschritt auf dem Weg, die Schadstoffbelastung in Österreich weiter
zu minimieren. Wir haben hier in diesem Hohen Hause über das Kyoto-Protokoll
diskutiert, wir haben über Nachhaltigkeit im Umweltbereich diskutiert, wir
lesen Berichte darüber, dass Grenzwerte überschritten werden, und sehen
Nachrichten über die zunehmende Verkehrsbelastung. Die Bevölkerung fragt sich:
Was macht die Bundesregierung? Was machen die Abgeordneten im Parlament? –
Die Antwort liegt vor uns: Durch die EU-Osterweiterung wird es zu einer
Erhöhung des Verkehrsaufkommens in Ostösterreich kommen, Wien wird mit der
Tangente ebenso betroffen sein wie die Haupttransitrouten, die von Osten nach
Westen oder in den Süden verlaufen.
Dennoch sei mir
als Tiroler gestattet, zunächst hauptsächlich über die Situation in meinem Bundesland
zu sprechen. „Dank“ der falschen Zahlen des früheren Landeshauptmannes Weingartner
und des Ex-Ministers Streicher von den Sozialdemokraten haben wir einen
Transitvertrag, der Österreich wirklich Schaden zugefügt hat. (Abg. Reheis:
Und was haben wir jetzt? Gar nichts!)
„Dank“ der
Verkehrszunahme ist der Alpentransit eine der größten gesundheitlichen Gefahren
für die Tiroler Bevölkerung. Fritz Gurgiser vom Transitforum geht regelmäßig
mit neuen Tabellen und Daten an die Öffentlichkeit, und die Bevölkerung will,
dass wir etwas gegen den Transit unternehmen. Selbst ernannte Chefverhandler
mit besonderen europäischen Kontakten, wie Herwig van Staa, poltern gegen die
EU, drohen mit ihrem Veto, um dann wenig später kleinlaut aufzutreten und zu
sagen, wie wertvoll der europäische Gedanke sei und man eigentlich so gut wie
gar nichts tun könne.
Wir wissen aber,
dass dem nicht ganz so ist. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit eines Nachtfahrverbotes,
um den Verkehr und die Emissionen einzuschränken. Wir haben die Alpenkonvention
beschlossen und damit ein Zeichen gesetzt, dass es neben Steinen und Bergen
auch Menschen in Tirol gibt. Es gilt, den Lebensraum zu schützen, denn für die
Bevölkerung ist die Natur sowohl in der Landwirtschaft als auch im Tourismus
Lebensgrundlage.
Jetzt haben wir
eine weitere Etappe auf dem Weg zur Emissionssenkung, zur Steigerung der
Luftgüte und zur Hebung der Lebensqualität zurückgelegt. Mit dieser
Gesetzesvorlage wird nämlich nicht nur der europäischen Entwicklung Rechnung
getragen, sondern es finden sich darin auch zahlreiche Verschärfungen zur
bisherigen Gesetzeslage.
Einige Beispiele möchte ich dazu schon anführen: Wenn es heute zu einer Überschreitung von einem Grenzwert kommt, dann ist ein Landeshauptmann – früher war es so, dass es den Landeshauptleuten hat egal sein können – dazu gezwungen, nach einer Statuserhebung innerhalb
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 35 |
von 15 Monaten ein Maßnahmenpaket vorzulegen und
dieses auch umzusetzen. Ich glaube, das ist ein Fortschritt; früher war es eine
Kann-Bestimmung, heute ist es eine Muss-Bestimmung.
Bei Fahrverboten,
die immer mit Ausnahmeregelungen gespickt waren, ist es heute so, dass es eine
Grenze von zwölf Monaten gibt. Ich meine, auch das ist ein Fortschritt. Der
Landeshauptmann kann nicht mehr einfach das tun, was er will, sondern er muss
dieses Maßnahmenpaket auch umsetzen. Durch die Einführung von fristennäheren
Vorschreibungen und Vereinfachungen dort, wo der bürokratische Amtsschimmel
kräftig wiehert, haben wir versucht, umweltpolitischen Beliebigkeiten den
Kampf anzusagen und Nachlässigkeiten zu unterbinden.
Jeder kleine
Vorstoß ist wichtig, um unseren Lebensraum durch diese Gesetzesvorlage zu
schützen. Natürlich kann sich auch jemand von der Opposition hier herstellen
und sagen: Es ist viel zu wenig. – Natürlich ist es zu wenig! Beim Schutz
unseres Lebensraumes gilt selbstverständlich der Grundsatz: Genug ist nie
genug. Man kann immer noch bessere Gesetze, noch strengere Regeln beschließen;
wie ich aber bereits sagte, haben wir es hier mit einer Etappe zu tun, und
jeder Schritt in diese Richtung ist ein richtiger Schritt.
Hinter dem
Immissionsschutzgesetz-Luft, kurz IG-Luft, steht eine längerfristige Strategie.
Egal, welche Bundesregierung gerade im Amt ist: Es sollte sich die Richtung, in
die sich umweltpolitische Dinge bewegen, nicht ändern. Die Spielregeln sind
klar, die Richtung ist definiert: Wir wollen ein Österreich mit niedrigen
Schadstoffbelastungen, mit möglichst wenig Verschmutzung und einer möglichst
hohen Lebensqualität.
Den Verrat an
Tirol, wie es bei uns in Tirol heißt, durch die Regierung Vranitzky mit ihrem
unzureichenden Transitvertrag können wir nicht mehr korrigieren. Der Karren
ist festgefahren, Zeitreisen sind nicht möglich, um etwas zu verändern. Heute
können wir nur Maßnahmen setzen, die nicht im Widerspruch zu den Gesetzen und
Vorschriften der Europäischen Union stehen. Das heißt, dass wir gerade auch in
Tirol bei jeder Maßnahme aufpassen müssen, dass sie nicht als einseitige
Maßnahme empfunden wird, die dazu dient, den freien Warenverkehr zu behindern.
Auf EU-Ebene kann
man nicht damit argumentieren, dass wir die Interessen Tirols oder die
Interessen Österreichs schützen wollen. Wenn wir mit der Europäischen Union
sprechen, muss klar sein, dass nicht der Staat das abgrenzende Territorium ist,
sondern die Interessen der Menschen – sowohl die der Urlaubenden als auch
die der Einheimischen – im Mittelpunkt zu stehen haben.
Meine Damen und
Herren! Das Prinzip der Umweltpolitik muss heißen, dass es keine Grenzen gibt.
Wenn Europapolitiker sagen, die Belastung in Tirol sei nicht so schlimm, es
gebe in anderen europäischen Staaten genug andere oder gleiche Belastungen, so
fordere ich auch diese Politiker auf, Maßnahmen zu setzen, die unseren
gleichen.
Umweltschutz kennt
keine Grenzen, Schadstoffe halten sich nicht an Abkommen, sie beeinflussen das
Klima, die Gesundheit, damit den Sozialstaat, die Länder und Gemeinden. Da wir
uns dessen bewusst sind, haben wir uns am globalen Kampf gegen
Umweltverschmutzung und Naturzerstörung als kleines Land beteiligt –
Stichwort Kyoto-Protokoll, Toronto-Ziel und Rio-Konferenz. Auch wenn sich die
USA beharrlich weigern, auf die Vernunft des Lebens zu hören – wir leisten
unseren Beitrag zum weltweiten Klimaschutz, wir leisten unseren Beitrag zur
Reduktion der Schadstoffe und versuchen mit Schärfe und Härte, jene
aufzuhalten, die sich nicht an diese Ziele halten.
Konkret bedeutet
das, die Verursacher zu bekämpfen, die mit ihren Schadstoffen die Luftqualität
in Tirol und auch in Österreich verschlechtern. In Tirol leiden die Menschen
unter der Schadstoffbelastung, sie leiden aber genauso unter dem Lärm des
Transits. Ich gehöre nicht zu jenen Politikern, die durch diese Belastung
schwerhörig geworden sind, sondern ich höre auf die Österreicher, ich höre auf
die Tiroler. Deswegen ist es mir wichtig, dass dieses Gesetz heute zur Umsetzung
gelangt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 36 |
Ich glaube nicht,
dass sofort eine Wirkung eintritt. Aber dieser Schritt bringt ein Gesetz zum
Tragen, das tatsächliche eine Umsetzung gewährleistet, und das ist mir wichtig.
Ich bitte trotz allem die Opposition, dieser Gesetzesvorlage zuzustimmen, mit
uns gemeinsam diesen Weg in der Umweltpolitik zu gehen und weiter konsequent
diesen Weg zu beschreiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
10.39
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gelangt
nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Wunschgemäß stelle ich die Uhr
auf 8 Minuten ein. – Bitte.
10.39
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und
Herren Abgeordneten! Die Grünen werden dem vorliegenden Gesetzespaket zur
Luftreinhaltung zustimmen, allerdings ist das eine gute Gelegenheit, einmal zu
thematisieren, wie lange Österreich immer braucht, um EU-Vorlagen,
EU-Richtlinien umzusetzen und auch darüber zu reden, in welcher Qualität es das
macht.
Österreich ist im
Jahre 1995 der Europäischen Union mit einer großen Vision beigetreten,
nämlich mit dem Vorhaben, Umweltvorreiter, Umweltmusterland, ein Motor
innerhalb der Europäischen Union zu sein, Umweltstandards voranzutreiben und
weiterzuentwickeln. Wir hatten auch in einigen Bereichen bessere Standards. Das
hat sich jedoch mittlerweile ins Gegenteil verkehrt. Gerade an dieser
Richtlinienumsetzung sieht man das sehr deutlich: Österreich ist zum Nachzügler
geworden.
Die EU-Richtlinie,
die wir nun hinsichtlich der Emissionshöchstmengenbegrenzung für die Zukunft
umsetzen, wäre schon letztes Jahr umzusetzen gewesen. Bereits im Oktober
letzten Jahres wäre das entsprechende Aktionsprogramm nach Brüssel zu melden
gewesen. Das ist aber kein Einzelfall.
Das
Ozongesetz – als zweites Beispiel –, das wir heute hier ebenfalls
novellieren und verbessern, enthält Forderungen, die Umweltorganisationen
seit – sage und schreibe! – zehn Jahren stellen. Ich kann mich selbst
noch an eine Pressekonferenz im Jahre 1993 erinnern, in der es genau um
die Problematik ging, dass Österreich bei der Ozonvorsorge, bei der Ozonwarnung
weit hinter den EU-Standards liegt mit dem Dreistundenmittelwert, mit dem
höheren Grenzwert und so weiter.
Mittlerweile hat
es hier ein Verfahren gegeben, denn die Kommission hat Österreich geklagt. Der
letzte Umweltminister hat es noch als Wortklauberei bezeichnet, als wir darauf
gedrängt haben, anhand dieses Verfahrens endlich EU-Recht umzusetzen, die Defizite
einzubekennen und auf das bessere EU-System umzustellen. Nun tun wir es
endlich. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir im EU-Umweltrecht nicht mehr
Nachzügler sind, sondern dass wir diese Dinge offensiv angehen, dass wir
Vorreiter sein wollen und es auch wieder werden, dass wir das mutig machen und
dass wir daraus auch wirtschaftliche Vorteile schöpfen, wie es in der Vergangenheit
im Bereich Luftreinhaltung schon oft der Fall war. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Betreffend Ozon
gibt es ein großes Problem: Die Grenzwerte werden in Österreich teilweise erheblich überschritten. Man hat in den letzten
15 Jahren im Wesentlichen keine Erfolge geschafft; das ist ein Bereich,
in dem auch, wie bereits erwähnt, unter Umständen sehr drastische Maßnahmen
etwa auch im Verkehrsbereich notwendig sind. Auch da wird sich zeigen, wie
mutig der neue Umweltminister ist bei der Aufgabe, die Umsetzung dieser
behäbigen Gesetze, bei welchen es teilweise zehn bis 15 Jahre dauert, bis
sie Wirksamkeit entfalten, zu beschleunigen und sie effizienter zu machen.
Wir laufen aber leider auch in einem anderen sehr wichtigen Bereich sehenden Auges Gefahr, EU-Nachzügler zu werden. Da mein Vorredner gesagt hat, dass sich Luftschadstoffe, Verschmutzungen und Luftverschmutzung nicht an Abkommen halten, so muss ich feststellen, dass sich Österreich auch nicht an Abkommen hält. Wenn Österreich beim Kyoto-Protokoll, das wir unterzeichnet haben, das die USA hingegen leider nicht unterzeichnet haben, so weiter-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 37 |
macht, dann haben
wir überhaupt keine Chance mehr, die Ziele bis zum Jahr 2008/2010 zu
erreichen.
In diesem
Zusammenhang ist mir heute in der Budgetrede Folgendes aufgefallen: Finanzminister
Grasser hat gemeint, Umweltschutz sei der Regierung wichtig, und er hat auf die
Budgetmittel verwiesen, die für Klimaschutz zur Verfügung stehen. Wir haben
diese mit jenen Budgetmitteln verglichen, die der blau-schwarze Ministerrat,
Kabinett Schüssel I, letztes Jahr zur Verfügung gestellt hat. Zur großen
Überraschung mussten wir feststellen: Es ist diesmal weniger! Im neuen Budget
ist weniger vorgesehen, als es das blau-schwarze Kabinett Schüssel I letztes
Jahr im Ministerrat beschlossen hat. Der neue Umweltminister hat weniger Geld
zur Verfügung, als es der alte noch gehabt hätte, um die Klimaschutzziele zu
erreichen.
Ich meine, dass ist eine sehr, sehr traurige Entwicklung. Ich frage
mich, warum Sie sich bei den Verhandlungen gegenüber dem Finanzminister nicht
durchgesetzt haben und warum es jetzt im Gesamtausmaß von
43 Millionen € – auf die gesamte Legislaturperiode
gerechnet – weniger an Geld gibt, als das noch zum Schluss der Fall war.
Wir haben schon damals kritisiert, dass das zu wenig ist. Wir wollten
endlich die volle Finanzierung von den 90 Millionen €, die notwendig
sind, die eine Frischzellenkur für die österreichische Wirtschaft
darstellen – wie es viele Ökonomen auch immer sagen. Aber das ist jetzt
wirklich der Gipfel: Schüssel I war besser als Schüssel II im Bereich
Umweltschutz und Klimaschutz. (Abg. Mag. Molterer: So wie mit
Ihnen vereinbart!)
Sie halten mich, glaube ich, für nicht ganz intelligent, Herr Molterer,
wenn Sie sagen, dass das mit uns so vereinbart war. Im Gegenteil: Sie wissen
genau, dass wir viel bessere Zahlen vereinbart hatten! Sie halten mich wohl
wirklich für blöd! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer:
Soll ich es Ihnen zeigen? Frau Glawischnig! Ein kurzes Gedächtnis!)
Es ist nicht nachvollziehbar, wie sich diese Faktenlage vom letzten Jahr
auf heuer so verschlechtern konnte; und das auch angesichts der dramatischen
Umweltkatastrophe, die es letztes Jahr in Österreich gab. Ich finde es zynisch,
wenn sich ein Finanzminister bei der Bevölkerung für deren Spendenbereitschaft
bedankt, aber in dem Bereich, in dem er etwas tun könnte, nämlich
Finanzspritzen für den Klimaschutz zu geben und damit natürliche Vorsorge gegen
solche Katastrophen zu betreiben, nichts tut. (Beifall bei den Grünen.)
Wir Grüne bringen deswegen betreffend Klimaschutz, damit wir auch da
nicht zum EU-Nachzügler werden, was wir im Moment schon sind, einen
Entschließungsantrag ein, der lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Rest-Hinterseer, Freundinnen und
Freunde betreffend unzureichende Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion von
Treibhausgas-Emissionen in Österreich
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, durch
Verhandlungen mit dem Bundesminister für Finanzen sicherzustellen, dass die zur
Erreichung des österreichischen Kyoto-Reduktionsziels im Bereich
treibhausrelevanter Emissionen notwendigen Finanzmittel bereits ab dem
Jahr 2003 zumindest in der laut Stufenplan des Ministerrates vom
17. Juni 2002 festgelegten Höhe zur Verfügung stehen und dies auch im
Budget 2003 festgeschrieben wird.
Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, Klimaschutzmaßnahmen im Inland zu priorisieren und dafür zumindest die laut Stufenplan des Ministerrates vom 17. Juni 2002 vorgesehene
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 38 |
Steigerung der
Mittel um je 11 Mio. € gegenüber dem Vorjahr für die Umweltförderung
im Inland als Zusicherungsrahmen im Wege der Verhandlungen mit dem BMF budgetär
sicherzustellen.
*****
Schadstoffe kennen
keine Grenzen. Österreich sollte, was das Thema Umweltvorreiter, Umweltschutz
und den wirklich progressiven, intelligenten Einsatz von solchen Instrumenten
betrifft, auch keine Grenzen kennen und das zumindest in diesem Budget, wenn
man sich schon verbal erstmals so offensiv zum Klimaschutz und zur ökosozialen
Marktwirtschaft bekennt, in irgendeiner Weise auch sichtbar machen. –
Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
10.46
Präsident
Dr. Andreas Khol: Der von der Abgeordneten
Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte
Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Gahr. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 8 Minuten. –
Bitte.
10.46
Abgeordneter
Hermann Gahr (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident!
Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die
Herausforderung der Zukunft für uns alle wird sein, wie wir Umweltinteressen
und Wirtschaftsinteressen gemeinsam im Dialog bewältigen können.
Es gilt, dabei
drei Grundsätze zu beachten: Eine intakte Umwelt, orientiert an
ökologischen Grundsätzen, ist unser oberstes Prinzip, und wir müssen
ökonomische Prinzipien geschickt einsetzen. Wir brauchen eine intakte Umwelt,
um eine Grundlage für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus zu haben.
Ein weiterer
Grundsatz muss sein, unsere Bürger zu schützen, damit wir Vorsorge bei
der Gesundheit betreiben und nicht Nachsorge teuer bezahlen müssen.
Aber ebenso
wichtig für die Zukunft ist es, dass wir für unsere Wirtschaft
Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen, sichere Arbeitsplätze
zu gewährleisten, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und Perspektiven für den
Wirtschaftsstandort Österreich zu haben.
Die Situation im
Bereich Umwelt und Luftgüte hat sich in den letzten Jahren leider verschlechtert.
Es gibt eben regional Überschreitungen der Grenzwerte, die natürlich durch die
Lage bedingt sind. Als Tiroler Abgeordneter darf ich hier schon feststellen,
dass es einen Unterschied macht, ob man in der Ebene oder in einem V-Tal wohnt,
wo viele Tiroler Bürger leben müssen.
Es gibt aber, um
etwas objektiver zu sein, auch mehrere Gründe dafür, warum die Luftqualität
beeinträchtigt wird. Das geschieht erstens natürlich durch den Transit. Das ist
zweitens aber auch auf die steigende Wirtschaftsentwicklung zurückzuführen:
mehr Betriebe, mehr Arbeitsplätze. Es ist aber drittens auch der eigene
Verkehr schuld; und da ist jeder von uns gefordert, selbst mit gutem Beispiel
voranzugehen.
Leider ist es auch
so, dass in Österreich die Bahn, was den Güter- und Warenverkehr betrifft, an
Kapazität verliert und der Verkehr auf der Straße zunimmt. Daher bin ich den
Bundesministern Pröll und Gorbach für die rasche Umsetzung der EU-Vorlage mit
dem neuen Immissionsschutzgesetz-Luft dankbar.
Diese Novelle bringt eigentlich drei Schwerpunkte: erstens eine Bereinigung im Ozonbereich, die im Ozongesetz geregelt wird. Zweitens bringt sie eine Klarstellung beim Vollzug der Verkehrsmaßnahmen. Es gibt zeitliche Beschränkungen für Ausnahmen, es gibt Zwangsmaßnahmen bei Verstoß gegen Fahrverbote, und es gibt die erleichterte Kundmachung. Aber wichtig ist
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 39 |
drittens auch die Schließung einer Rechtslücke,
weil die Luftreinhaltung Bundeskompetenz ist und es den Ländern nur beschränkt
möglich war, hier Maßnahmen zu setzen.
Für die Praxis
heißt das – und gerade wir Tiroler haben ja schon Maßnahmen umsetzen
können und sind, so glaube ich, Vorreiter –, wir müssen sogar Vorreiter
sein, um unsere Bürger zu schützen, damit es bei Luftschadstoffüberschreitungen
generelle Ausnahmeverbote gibt. Ausnahmeregelungen sind ab nun auf zwölf
Monate begrenzt und müssen danach einer Überprüfung zugeführt werden. Eine so
genannte Statuserhebung muss innerhalb von neun Monaten abgeschlossen sein, und
innerhalb von sechs Monaten – also maximal insgesamt nach 15 Monaten –
muss der Landeshauptmann bei Überschreitungen einen Maßnahmenkatalog erlassen.
Wir sind insgesamt
alle von Lärm, Staub und Abgasen betroffen. Die laufenden Schadstoffüberschreitungen
haben es – ich habe es schon vorhin eingehend dargestellt – gerade in
Tirol notwendig gemacht, ein Maßnahmenpaket zu schnüren. Dieses gibt jetzt
auch unserem Landeshauptmann, der initiativ war, und der gesamten Tiroler
Landesregierung die Möglichkeit, dass in diesem Bereich Maßnahmen mit einem
Nachtfahrverbot zwischen 22 Uhr und 5 Uhr, das mit 1. Juni auf
das ganze Jahr ausgedehnt wird, gesetzt werden.
Es gibt auch ein
sektorales Fahrverbot, das mit 1. August in Kraft tritt, um Güter wie
Abfälle, Rundholz, Getreide und Eisenerz auf die Schiene zu verlagern.
Es gibt aber zum
Glück auch – und das ist für die heimische Wirtschaft wichtig –
Ausnahmen für den Ziel- und Quellverkehr, um den Wirtschaftsstandort nicht zu
gefährden. Ziel dieser Maßnahme des Landes Tirol ist es, die LKW-Zahl um
200 000 zu verringern, weil wir natürlich auch wissen, dass wir gerade im
freien Warenverkehr in der EU einem internationalen Druck ausgesetzt sind.
Ich bin durchaus
auch dankbar dafür, dass wir nicht nur Nachsorge betreiben, sondern unser
Bundesminister Pröll gerade im letzten Umweltausschuss auch präventive
Maßnahmen angekündigt hat und diese in diesem Jahr sukzessive umgesetzt
werden. Es gibt ein Fünf-Punkte-Programm unseres Bundesministers, durch das die
Schadstoffemissionen im Verkehr reduziert werden sollen:
Erstens soll die
Einführung bleifreier Treibstoffe mit 1. Jänner 2004 erfolgen. Blei als
Umweltgift Nummer eins muss aus dem Treibstoff herausgenommen werden.
Zweitens gibt es
politische Initiativen auf EU-Ebene. Da sei an erster Stelle der Dieselpartikelfilter
erwähnt. Wir versuchen derzeit intensiv, dafür Verbündete auf EU-Ebene zu
finden.
Als dritte
Maßnahme ist die Forcierung alternativer Treibstoffe zu erwähnen. Ich glaube,
darin liegt durchaus eine Chance für die heimische Landwirtschaft.
Der vierte Punkt
sind nationale Maßnahmen wie die Stärkung der Infrastruktur – neue
Verkehrskonzepte, moderne Verkehrskonzepte – und auch eine Optimierung in
der Logistikfrage.
Fünftens sind
gesetzliche Initiativen, wie wir sie heute hinsichtlich des IG-Luft
beschließen, wichtig.
Diese Novelle
bringt insgesamt eine Beschleunigung der Verfahrensabläufe. Es gilt, mehr Flexibilität
regional zu beschränken und lokal zu lenken.
Wir können dem
internationalen Druck entgegenwirken, welcher, bedingt durch den freien
Warenverkehr, ganz Europa betrifft und durch die Osterweiterung nicht weniger
werden wird. Wir können einen Beitrag dazu leisten, die Lebensqualität zu
sichern. Da sind wir alle gefordert. Auch das schwer erreichbare Kyoto-Ziel
muss immer im Mittelpunkt unserer Bestrebungen stehen; diese Novelle ist ein
Beitrag dazu.
Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar für die breite Zustimmung hier im Hohen Haus. Eine Maßnahme allein ist zu wenig, es gibt noch viel für unsere Umwelt zu tun. Wir alle sind gefor-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 40 |
dert, unseren Beitrag zu leisten. Die Umwelt braucht es. –
Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
10.53
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächste
Frau Abgeordnete Bayr. Ihre Redezeit beträgt wunschgemäß 5 Minuten. –
Bitte, Frau Abgeordnete.
10.53
Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Minister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Mit dieser Novelle – das ist schon oft
gesagt worden – wird eine EU-Richtlinie umgesetzt. Spät, aber doch! Ich
wage auch zu behaupten, man merkt, dass es eine EU-Richtlinie ist, die umgesetzt
wird, denn es ist ein bisschen lieblos, was da passiert. Diese Novelle ist
Pflichtprogramm und ganz sicher nicht die Kür. Es hätte wesentlich mehr Ideen
geben können, es hätte wesentlich mehr Emotion und Ansätze für dieses Gesetz
geben können.
Lassen Sie mich
auf einige Kritikpunkte konkret betreffend Ozongesetz eingehen! Da ist zum
einen § 13 Abs. 1, der für jene Ozon-Überwachungsgebiete, in denen es
zu einer Überschreitung eines Zielwerts kommt, Programme vorsieht. Bezüglich
dieser Programme werden die Landeshauptleute ersucht, Vorschläge
für Maßnahmen zu machen. – Jetzt denke ich, es wäre doch durchaus möglich
gewesen, da die Bundesländer etwas mehr in die Pflicht zu nehmen. (Abg. Großruck:
Das ist österreichische Höflichkeit! Sie kennen den Föderalismus nicht! Landeshauptmänner
lassen sich nichts anschaffen! – Abg. Gradwohl: Leider!) Ich
glaube, dass es sehr schlau gewesen wäre, zu einem wirklich konkreten
Mechanismus zu kommen, wie der Bund und die Länder miteinander arbeiten können,
weil eine verbindliche Kooperation für einen sinnvollen und funktionierenden
Ozonschutz durchaus notwendig ist. Ein reines Ersuchen ist meiner Meinung nach
auch legistisch eine zu schwache Basis. (Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der Grünen.)
Zum Zweiten, zu
§ 15 Abs. 1, der einen Aktionsplan für Sofortmaßnahmen vorsieht, der
auch entfallen kann, und zwar dann, wenn die Maßnahmen kein nennenswertes
Potential besitzen. – Jetzt bin ich schon dafür und halte es für politisch
durchaus richtig – auch im Sinne der Kosten für richtig –, dass es
eine Verhältnismäßigkeit auf der einen Seite zwischen den Mitteln und auf der
anderen Seite zwischen den Effekten gibt. Das ist gar keine Frage. Die Frage
ist nur – und diese habe ich auch im Ausschuss gestellt –: Wer legt
diese Verhältnismäßigkeit eigentlich fest? Darauf habe ich zur Antwort
bekommen: Man wird eine Studie in Auftrag geben, und auf Basis dieser Studie
können dann die Landeshauptleute entscheiden.
Ich bezweifle,
dass es möglich ist, eine Studie zu erstellen, die für alle Eventualitäten,
nämlich wann, wie oder wo Sofortmaßnahmen zu setzen sind, immer an einer klaren
Richtlinie ablesbar macht, was denn verhältnismäßig ist und was nicht. Was ich
weiters noch viel mehr bezweifle, ist, dass es möglich ist, immer dann, wenn es
notwendig ist, eine Sofortmaßnahme zu setzen, eine Studie in Auftrag zu geben,
denn das würde zu lange dauern. Es geht ja um Sofortmaßnahmen, etwas, was
Studien eigentlich nicht an sich haben.
Ich bin nicht
gegen Studien – überhaupt nicht! –, ich halte diese für sehr
sinnvoll, für eine gute Grundlage, aber ich glaube nur, dass in diesem Gesetz
eine Klarheit bezüglich Verhältnismäßigkeit gänzlich fehlt – und das ist
schade. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Dritten, zu
§ 15 Abs. 4: Dieser regelt die Möglichkeit einer Verordnung für
Fahrverbote des motorisierten Individualverkehrs als Maßnahme und regelt auch
gleichzeitig die Möglichkeit für Ausnahmen, nämlich Ausnahmen von
Kraftfahrzeugen mit besonders niedrigen Luftschadstoffemissionen. –
Besonders niedrige Luftschadstoffemissionen, steht da. Da kann man fragen: Was
ist das? Mir ist Folgendes eingefallen, ich habe damit Elektroauto assoziiert.
Auf die Frage, was denn mit einem Kfz mit besonders niedrigen
Luftschadstoffemissionen gemeint ist, habe ich zur Antwort bekommen: Das sind
Euro-4-Lkw. – Das finde ich sehr spannend, dass das Kfz mit
niedrigen Luftschadstoffemissionen sein sollen! Das heißt, wir legen den Level
für die Ausnahmen so hoch, dass wir sie so gut wie nie überschreiten werden,
und das heißt auch, dass es zu kaum irgendwelchen nennenswerten relevanten
Verkehrseinschränkungen bei Ozonproblemen kommen wird.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 41 |
Wir alle wissen,
dass genau dieser motorisierte Individualverkehr aber gleichzeitig der Hauptverursacher
für alle klimarelevanten Schadstoffe ist. Das ist schade, und noch mehr schade
ist, dass konkrete Anreize im Gesetz fehlen – Anreize, bei denen es darum geht,
auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Dazu wird Kollegin Scharer nach mir
noch einiges sagen.
Auch wenn es nur
die Umsetzung einer EU-Richtlinie ist, hätte es, so meine ich, weitaus bessere
Regelungen für die Luft und für die Umwelt geben können. Ich denke dabei an den
Staub und an lungengängige Dieselpartikel, was man wesentlich besser hätte
regeln können.
Ich finde es
schade, dass der Herr Umweltminister mit dieser Vorlage eine Chance verpasst
hat, nämlich die Chance, wirklich konsequent für den Umweltschutz in Österreich
einzutreten. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
10.58
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gelangt nun
Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte, Herr Bundesminister.
10.58
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft Dipl.‑Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Österreich ist in Europa punkto Umweltpolitik und punkto
Umweltstandards Nummer eins. Das wäre nicht möglich, wenn wir nur immer eins zu
eins Umweltvorgaben aus Europa umsetzten, sondern wir haben uns darüber hinaus
in der Vergangenheit engagiert und werden das auch in Zukunft tun. Dieser
Vorwurf geht also schlicht und einfach ins Leere, sonst hätten wir diesen Platz
niemals erreichen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Das sehen Sie auch
am zentralen Thema „Klimaschutzpolitik“. Während in Europa minus 8 Prozent
als Ziel angepeilt werden, hat sich Österreich auf Basis des Jahres 1990 ein
Reduktionsziel von minus 13 Prozent gesetzt. Auch das ist ein
ambitionierteres Ziel, als es sich Europa im Schnitt vorgenommen hat. Wir
werden mit den Maßnahmen, die wir setzen, und mit unserer Klimaschutzoffensive
dieses Ziel zwischen 2008 und 2012 auch erreichen. (Präsident Dr. Fischer
übernimmt den Vorsitz.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Wir haben dafür den Einsatz von Budgetmitteln in der
Höhe von 30, 60 und 90 Millionen € bis ins Jahr 2006 vorgesehen. Sehr
geehrte Frau Abgeordnete Glawischnig! Wenn Sie den Ministerratsvortrag 2003 (Abg.
Dr. Glawischnig: 2002!),
ich korrigiere: den Ministerratsvortrag 2002 zitieren, dann muss ich sagen: Sie
haben vergessen, dass als Budgetziel für die 90 Millionen € das
Jahr 2008 eingesetzt wurde. Wir werden diese Summe aber schon 2006
umsetzen – wie Sie das auch immer selbst angestrebt haben – und
werden damit auch einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz und zur
Erreichung dieses Zieles leisten. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Die
österreichische Bundesregierung hat es sich zum zentralen Anliegen gemacht, ein
Aktionsprogramm „saubere Luft“ umzusetzen. Dieses besteht aus einem Mix von
Maßnahmen. Ich selbst habe die Initiative dazu ergriffen, und wir werden ab
1. Jänner 2004 schwefelfreien Treibstoff auf freiwilliger Basis gemeinsam
mit der OMV flächendeckend in Österreich anbieten. Das wird zu einer
schlagartigen Verbesserung der Luftqualität führen, und zwar vor allem in den
urbanen Räumen unseres Landes.
Wir haben in der
Vergangenheit die Schwefeldioxidemissionen schon um 50 Prozent senken
können und werden weiterhin alle Anstrengungen unternehmen – und zwar
werden wir im Rahmen europäischer Initiativen zum Beispiel mittels
Dieselpartikelfilter für Dieselkraftfahrzeuge noch einen zusätzlichen Schritt
setzen –, um die gewünschten hohen Standards auch zu erreichen. Wir werden
dieses unser Programm effizient umsetzen.
Um dieses
Aktionsprogramm „saubere Luft“ durchsetzen zu können, haben wir nun dieses Gesetzespaket
dem Parlament vorgelegt. Es besteht aus folgenden drei Gesetzen: Emissionshöchstmengengesetz-Luft,
Novelle zum Ozongesetz und Immissionsschutzgesetz-Luft.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 42 |
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Zu den einzelnen Gesetzen möchte ich Folgendes
festhalten: Wir legen mit dem Emissionshöchstmengengesetz-Luft nationale
Höchstgrenzen fest. Wir müssen diese Grenzen bis 2010 erreichen und ab dann
einhalten. Wir wollen damit die negativen Auswirkungen der Versauerung, der
Überdüngung und des bodennahen Ozons europaweit verringern. Österreich wird
daran konsequent arbeiten.
Sehr geehrte Frau
Kollegin Sima, Sie haben von mir eingefordert, nicht nur „blumige“ Gesetze
vorzulegen, sondern auch Maßnahmen zu setzen, um die erwünschten Ziele zu
erreichen. Sie können davon ausgehen, dass diese Bundesregierung die Ziele, die
sie definiert, auch wirklich angeht und auch die notwendigen Maßnahmen setzt,
um diese Ziele zu erreichen. Das trifft auch für die Umweltpolitik zu. (Abg. Mag. Sima: Wir werden Sie
daran erinnern!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Mit dem Emissionshöchstmengengesetz-Luft schaffen
wir auch eine verbesserte Datenlage. Wir werden jährlich Emissionsinventuren
durchführen, um die Schadstoffe zu lokalisieren und daraus dann die
entsprechenden Maßnahmen abzuleiten.
Nun zur Novelle
zum Ozongesetz: Wir werden damit dazu beitragen, die Ozonbelastung insgesamt zu
verringern. Mit dieser Novelle werden die Zielwerte für 2010 hinsichtlich der
Ozonkonzentration in der Luft festgelegt.
Wir werden
Maßnahmenpläne erstellen, und auch diese werden konsequent umgesetzt werden.
Die Bevölkerung wird in Zukunft früher gewarnt, als es in der Vergangenheit der
Fall war. Wir hatten bis jetzt drei Schwellenwerte, und wir werden diese auf
zwei reduzieren. Diese sind: Informationsschwelle und Alarmschwelle. Wir werden
damit die Bevölkerung vor der Ozonbelastung zeitgerechter und effizienter
schützen können.
Nun zum dritten
Teil des Gesetzespakets, zur Novelle zum Immissionschutzgesetz-Luft: Wir
setzen – das ist schon ein paar Mal angeklungen – vor allem für die
sensiblen Zonen neue Maßnahmen. Da sind die Landeshauptleute angesprochen. Es
erfolgt eine Klarstellung beim Vollzug von Verkehrsmaßnahmen, zum Beispiel eine
zeitliche Beschränkung der Ausnahmegenehmigungen. Wir erhöhen das Potential
für Zwangsmaßnahmen für die Exekutive beim Verstoß gegen Fahrverbote, und wir
erleichtern die Kundmachung dieser Verbote. Das ist vor allem für die sensiblen
Regionen ein entscheidender Qualitätsvorsprung und trägt wesentlich zur
Reduktion der Schadstoffe in diesen Regionen bei.
Durch die Fristverkürzung
bei Statuserhebungen im Rahmen des Maßnahmenplans auf 15 Monate erhöhen
wir erstmals den Zugzwang. Damit steigern wird die Effizienz der Möglichkeiten,
hinsichtlich des Schutzes der Bevölkerung tatsächlich rasch Maßnahmen setzen zu
können.
Ich glaube, dass
wir mit dem Aktionsprogramm „saubere Luft“, mit der Entschwefelung der
Treibstoffe und mit den vorliegenden Gesetzesmaterien, nämlich dem Emissionshöchstmengengesetz-Luft,
dem Ozongesetz und dem Immissionsschutzgesetz-Luft, einen entscheidenden
Beitrag zu einer besseren Umweltqualität in unserem Land leisten und damit die
Lebensqualität in Österreich erhöhen. Daher bin ich froh darüber, dass im
Ausschuss diesbezüglich Einstimmigkeit gegeben war und dass sich auch die
Opposition diesem gemeinsamen Ziel angeschlossen hat. Wir sind jedenfalls
bereit – davon können Sie ausgehen –, diese Vorhaben sukzessive und
konsequent umzusetzen, und wir sind zuversichtlich, dass wir das bis 2010
erreichen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
11.04
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.
11.04
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Einleitend ein Gedanke: Ich glaube, wir hätten uns sehr viel an Diskussion in der Umweltpolitik und auch in der Transitproblematik, in all diesen Dingen erspart, wenn wir zum Zeitpunkt des EU-Beitrittes einen vernünftigen Transitvertrag ausverhandelt hätten, wenn zur Zeit der SPÖ-Regierungsbeteiligung
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 43 |
die in diesem Bereich notwendigen
Rahmenbedingungen geschaffen worden wären, für die wir jetzt sozusagen kämpfen
müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig:
Ihr habt in der Transitpolitik nichts zusammengebracht! Absolut nichts!)
Wir sprechen heute
über das Emissionshöchstmengengesetz-Luft. Frau Kollegin Sima! Ich finde, es ist total komisch, und
ich habe überhaupt noch nie erlebt, dass ein Abgeordneter sich wünscht, dass
seine Anträge abgelehnt werden. Ich finde es „faszinierend“, dass Sie hier
heraußen quasi sagen: Bitte lehnen Sie meine Anträge ab! – Irgendetwas kann da
nicht ganz in Ordnung sein! (Zwischenruf
der Abg. Mag. Sima.) Sie müssen Ihre Anträge – das habe
ich Ihnen auch im Ausschuss gesagt – formal richtig stellen und mit einem
guten Inhalt füllen, dann werden die Freiheitlichen bereit sein, Ideen von
Ihnen zu unterstützen und auch mitzutragen. (Abg. Mag. Wurm: In
Tirol erstickt man am Lärm und an den Abgasen!)
Hier erstickt man
Gott sei Dank nicht am Lärm, weil die Reihen der SPÖ so geleert sind, dass es
gar nicht so laut sein kann. (Abg. Reheis:
Fällt Ihnen etwas Gescheites auch ein? – Weitere Zwischenrufe bei der
SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) –
Danke.
Aber nun zur
vorliegenden Gesetzesmaterie: Ich bin davon überzeugt, dass dieses Gesetz ein
Schritt in die richtige Richtung ist. Ich teile auch die Meinung der
Opposition, dass noch mehr in diesem Bereich zu geschehen hat. Es ist aber oft
so, dass man eben einmal einen Schritt in die richtige Richtung setzt, dem noch
viele Schritte folgen müssen.
Gerade damit, dass
wir mit diesem Gesetz eine Kompetenzerweiterung für die Landeshauptleute
schaffen, aber sie auch zum Handeln zwingen, werden, so glaube ich, sowohl
unseren Kolleginnen und Kollegen als auch den Kolleginnen und Kollegen der SPÖ
jede Menge Freiheiten gegeben, in ihren Ländern mit ihren Organisationen dafür
zu sorgen, dass diese Richtlinie so umgesetzt wird, dass sie auch ihren Zweck
erfüllt und dazu beiträgt, unser Land in der Umweltpolitik sozusagen zum
Besseren zu bringen.
Eines ist klar: Es
muss im Interesse der Gesamtbevölkerung liegen, dass wir eine intakte Natur
haben, dass wir eine gesunde Umwelt haben und dass wir ein lebenswertes Land
nicht schaffen, sondern erhalten. Ich möchte auch bitten –
bei all der berechtigten Kritik, die von Seiten der Opposition kommt –,
doch zuzugeben: So schlecht ist die Umweltpolitik in unserem Lande nicht! So
kaputt ist die Natur in unserem Lande nicht, wie es oft dargestellt wird!
Glauben Sie mir: Wir sollten wirklich lieber konstruktiv daran arbeiten, die
Dinge weiter zu verändern und zu verbessern, statt in den Ausschüssen
destruktiv zu agieren und nicht dazu beizutragen, dass diese Veränderungen
vonstatten gehen.
Es sei mir auch
erlaubt, dass ich in diesem Zusammenhang noch ein paar Worte zu dem zuständigen
Ausschuss als solchem verliere. Dieser Ausschuss ist, so glaube ich, ein sehr
wichtiger Ausschuss, denn die Umweltpolitik wird immer mehr eine zentrale Rolle
spielen. Der Umweltminister wird in den nächsten Jahren sicherlich sehr
gefordert sein, und es ist ganz klar, dass in diesem Ausschuss wichtige
Weichenstellungen erfolgen werden, weil die Umweltpolitik sehr viele andere
Bereiche, die direkt oder indirekt davon betroffen sind, beeinflusst.
In diesem
Ausschuss hat es auch eine Diskussion über die Atompolitik gegeben. Ich
begrüße – das möchte ich ausdrücklich hier sagen – den Vorschlag von
Frau Kollegin Glawischnig, uns im Ausschuss wieder mit einem
Vier-Parteien-Antrag klar zur Atompolitik zu positionieren. Gar keine Frage!
Wir werden uns dazu positionieren. Es war und ist immer die freiheitliche
Haltung gewesen, einen Ausstieg aus der Atompolitik mitzutragen, dafür zu
sorgen, dass Österreich atomkraftfrei bleibt und dass Europa atomkraftfrei
wird, und das werden wir mittragen. Wir werden hier auch einmal Seite an Seite
dafür kämpfen, gemeinsam mit unseren Kollegen von der Regierungspartnerpartei,
dass wir das, was wir fordern, auch umsetzen.
Ich möchte Sie
daher noch einmal bitten – das ist das, was ich Ihnen mit auf den Weg
geben möchte –, hier konstruktiv daran zu arbeiten und nicht Polemik zu
betreiben, denn mit Polemik ist keinem von uns geholfen. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 44 |
Abschließend –
die Vorredner aus meiner Fraktion haben es bereits gesagt –: Wir
unterstützen diesen Gesetzentwurf. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Es
gibt in Bezug auf diese Gesetzesmaterie einen breiten Konsens, den ich sehr
begrüße. Ich glaube, wir sollten auf diesem Weg bleiben beziehungsweise diesen
Weg nicht verlassen und in Zukunft darauf achten, dass wir mehr und schnellere
Schritte setzen, damit die Umweltpolitik in Österreich jenen Stellenwert
behält, den sie momentan hat. – Danke schön. (Beifall bei den
Freiheitlichen und der ÖVP.)
11.10
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist
Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte.
11.10
Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Geschätztes
Hohes Haus! Die Bestimmungen des Emissionshöchstmengengesetzes-Luft gehen auf
das Göteborg-Protokoll zur Bekämpfung von Versauerung, Eutrophierung und
bodennahem Ozon zurück. Damit werden innerstaatlich die Emissionshöchstmengen
bei Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, flüchtigen organischen Stoffen und Ammoniak
festgesetzt, die laut EU-Richtlinie bis Ende 2010 einzuhalten sind.
Die Grünen haben
dazu auch eine Anfrage bezüglich Ammoniak gestellt. Die Belastung mit Ammoniak
wird – eine grobe Schätzung – mit 68 Kilo-Tonnen pro Jahr
angenommen, sollte aber eigentlich bei 66 Kilo-Tonnen pro Jahr liegen. Das
hat uns dazu gebracht, ganz konkrete Maßnahmen ins Auge zu fassen, Maßnahmen,
die jedoch zum Teil hier im Hohen Hause ziemlich inkompetent kommentiert
wurden.
Das heißt, wir
haben das Problem, dass zwar erkannt wird, was zu tun ist, aber es gibt dazu
keine konkreten Vorschläge. Das Gesetz enthält ja keine neuen Instrumente zur
Reduktion von Luftschadstoffen, sondern stellt sozusagen eine Wiedergabe der EU-Richtlinie
dar, eine Richtlinie, die jedoch – wie schon meine Kollegin vorhin gesagt
hat – nicht gerade „berauschend“ ist, was neue Ansätze anlangt. Sie dient
lediglich der Emissionserfassung und der Dokumentation von Maßnahmen, was
immerhin etwas ist, aber die Sinnhaftigkeit steht und fällt mit der Genauigkeit
der Emissionsinventare.
Bei den Neuerungen
bewerten wir es als positiv, dass die Sanktionen bei Zuwiderhandeln gegen die
Maßnahmenkataloge verschärft werden, denn sonst nützt das ganze Instrument
nichts. Die Frist für die Erstellung der Statuserhebung wird verkürzt; auch das
ist positiv zu bewerten. Und jene IPPC-Anlagen, die noch keiner
bundesgesetzlichen Bewilligungspflicht unterliegen, werden
bewilligungspflichtig.
Die Neuerungen
sind also im Großen und Ganzen positiv zu beurteilen. Das soll aber nicht
darüber hinwegtäuschen, dass der Vollzug des Gesetzes bisher sehr mangelhaft
war. Obwohl es weit mehr als zehn luftschadstoffbelastete Gebiete in Österreich
gibt, wurde bis dato erst ein einziger Maßnahmenkatalog erlassen.
Schon im
Umweltausschuss ist die besondere Fähigkeit unseres Ministers, dass er sehr
zuversichtlich ist, hervorgekommen; das finde ich schön. Zuversicht darf aber
nicht mit Blauäugigkeit verwechselt werden. (Abg.
Mag. Molterer: Das stimmt!) Er ist zuversichtlich, dass wir das
Ziel bei der Reduktion der CO2-Emissionen erreichen werden. Das
heißt, er ist zuversichtlich, dass wir von einem angenommenen Wert von
86 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent auf den angenommenen Wert
von 68 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent herunterkommen, also
eine Reduktion von 18 Millionen Tonnen erreichen werden, und das mit
wenig Geld, denn die angenommene Unterstützung durch den Bundeshaushalt in der
Höhe von 540 Millionen € ist ja auf 180 Millionen €
zusammengeschrumpft, was ich erbärmlich finde. Damit sind wir wieder bei dem
Problem, dass offensichtlich viele Leute in der Regierung davon ausgehen, dass
Umweltschutz eine Art Orchideenthema ist, das heißt, dass Umweltschutz etwas
ist, was zwar ganz nett ist, aber nichts kosten darf. (Beifall bei den
Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Haben Sie sich das
Budget angeschaut?)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 45 |
Die Grünen haben
im Ausschuss für das Gesetz gestimmt, weil es unter dem Strich Verbesserungen
des rechtlichen Rahmens für die Luftreinhaltung bringt. Das ändert aber nichts
an der Kritik der Grünen, dass die Umsetzung des Ozongesetzes bisher mehr als
mangelhaft war. Auch die Novellierung des Luftreinhaltegesetzes für
Kesselanlagen und damit für Maßnahmen für Großfeuerungsanlagen stehen schon lange
aus.
Luft ist ja ein
flüchtiger Stoff, den man nicht sieht, und da setzt sich offensichtlich das
Sprichwort durch: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!“ – Heiß
nicht, aber krank! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
11.15
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr
Bundesminister Gorbach. – Bitte.
11.15
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine
Damen und Herren! Herr Kollege, ich habe mich spontan zu Wort gemeldet, weil
das Wort „Transit“ doch einige Male gefallen ist. Natürlich haben der Transit
und dessen Entwicklung sehr viel mit dem Umweltschutz und mit der Schadstoffbelastung
unserer Luft zu tun. Ich habe mich vor allem deshalb zu Wort gemeldet, weil aus
den Reihen der Opposition ein Zuruf im Zusammenhang mit dem Transitvertrag
gekommen ist, mit dem Vorwurf: Jetzt haben wir gar nichts!
Ich möchte diese
Gelegenheit auch dazu nützen, festzustellen, dass es wirklich ein Fehler war,
dass man beim Verhandeln des Transitvertrages vor dem Beitritt zur EU, also vor
mehr als zehn Jahren, vergessen hat – und ich möchte jetzt nicht auf die
politische Verantwortlichkeit von damals eingehen –, dafür Sorge zu
tragen, dass für den Transitvertrag, wenn er nach zehn Jahren ausläuft, eine
Ersatzlösung beschlossen wird.
Es wurde zwar von
der EU versprochen, dass es bis dahin eine Wegekostenrichtlinie geben wird, die
die Möglichkeit bieten wird, den Transit zu beschränken, aber man hat vergessen,
in diesen Vertrag die Eventualität einzubauen, dass die Wegekostenrichtlinie
bis zum Auslaufen des Transitvertrages vielleicht nicht da ist. Genau dieser
Fall ist jetzt eingetreten.
Ich habe deshalb
in den wenigen Wochen meiner Amtszeit nichts unterlassen, um erstens für eine
taugliche Übergangslösung zu werben, was den Transitvertrag betrifft, eine
Übergangslösung, die zumindest halbwegs das enthält, was man uns versprochen
hat, was aber nicht gehalten wurde – ich komme später noch kurz darauf zu
sprechen –, und zweitens zu erreichen, dass die zuständige EU-Kommissarin
De Palacio die Wegekostenrichtlinie rasch zur Diskussion auf den Tisch legt.
Meine Bemühungen
zeitigten auch einen Erfolg, denn sie hat mir gestern in Brüssel mitgeteilt,
dass sie noch vor dem Sommer den Entwurf für eine solche Richtlinie auf den
Tisch legen und diskutieren will. Es hat also dieses Drängen von Seiten
Österreichs sehr wohl genützt.
Meine Damen und
Herren! Natürlich habe ich auch in den vielen Gesprächen, die ich über Parteigrenzen
hinweg mit verschiedenen Mitgliedern des Europäischen Parlaments geführt
habe – ob das mit Caveri war, ob das mit Echerer von den Grünen war, ob
das mit Swoboda war, ob das gestern mit Simpson von den Sozialisten war oder ob
das mit Peijs von den Konservativen in Europa war –, immer betont,
wissend, dass es einige Leute gibt, die am liebsten keinen
Transitvertrag hätten, um den unbeschränkten Transitverkehr gewährleisten zu
können: Wenn wir keine Lösung finden, dann wird Österreich von nationalen und
regionalen Möglichkeiten selbstverständlich Gebrauch machen! – Dabei habe
ich immer Tirol als Beispiel herangezogen.
Ich bin sehr
dafür, dass man jetzt in dieser Hinsicht auch die gesetzlichen Bedingungen
dafür schafft, dass Landeshauptleute nach dem Subsidiaritätsprinzip die
Möglichkeit haben, der Schadstoffbelastung Einhalt zu gebieten, wenn es
erforderlich ist. Ich halte das für etwas sehr Positives. Davon soll man in
Europa auch reden, ohne dabei gleich zu drohen.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 46 |
Meine Damen und
Herren! Ich sage Ihnen noch etwas sehr deutlich: Es wird nicht gut sein, jetzt
mit Schuldzuweisungen dahin gehend zu agieren, wer denn die Sache
Transitvertrag verbockt hat, worin die Ursache für diese schlechte Situation,
in der wir uns jetzt befinden, liegt. Ich darf in Erinnerung rufen, dass mit
dem Transitvertrag, der vor dem Beitritt Österreichs zur EU ausverhandelt
wurde, im Wesentlichen zwei Dinge versprochen wurden: Erstens, dass nicht
grenzenlos transitiert wird, dass es Möglichkeiten geben wird, mittels Ökopunkteregelung
die Zahl der LKWs, die durch Österreich fahren, zu begrenzen. Zweitens, dass
die Schadstoffbelastung um 60 Prozent reduziert wird, und zwar
nachhaltig, über den Transitvertrag hinaus. Diese Nachhaltigkeit endet ja nicht
mit dem 31. Dezember 2003.
Beides ist nicht
erfolgt. Beides wurde nicht eingehalten. Die Reduktion um 60 Prozent wurde
bisher von der EU nicht eingehalten, und die Wegekostenrichtlinie liegt auch
noch nicht auf dem Tisch. Wir sind jetzt in der schlechten Situation, für eine
Übergangslösung für drei Jahre kämpfen zu müssen, obwohl wir eigentlich etwas
Versprochenes nicht bekommen haben. Das möchte ich schon in Erinnerung rufen!
Ich möchte deshalb
an alle Fraktionen appellieren, mich und uns alle in der Regierung dabei zu unterstützen,
dass wir auf europäischer Ebene doch noch eine vernünftige Lösung finden, eine
Lösung, die aber nicht Caveri-Bericht heißen kann, sondern die zumindest in
Richtung „Silvester-Kompromiss“, Dänemark-Kompromiss geht.
In diesem
Zusammenhang darf ich auch noch zur Technik ganz kurz etwas sagen: Die
Euro-3-Modelle – laut Caveri-Bericht und einigen anderen wäre der freie
Warenverkehr behindert, wenn die Euro-3-LKW weiterhin ökopunktepflichtig
sind – dürfen keinesfalls liberalisiert werden, weil dann nach unseren
Berechnungen 80 Prozent des gesamten Transitverkehrs liberalisiert wären.
Das kann es ja wirklich nicht sein!
Im Übrigen
verweise ich bei dieser Gelegenheit auf die so genannte Artemis-Studie, eine
Studie von der TU-Graz, die von der Europäischen Union in Auftrag gegeben wurde
und die auch klar beweist, dass diese Euro-2- und Euro-3-Modelle im Sinne
Schadstoffreduktion, im Sinne schadstoffarme LKWs nicht das gebracht haben, was
in der Theorie, was in den Prüfberichten vesprochen wurde. Das heißt, die
Schadstoffreduktion wird maximal beim Einsatz der so genannten Euro-4-Modelle
erfolgen. Deshalb kann man diese durchaus liberalisieren, aber sie werden erst
ab 2005 auf dem Markt, im Handel sein. Wir müssen daher alles tun, um die
Euro-3-Modelle wieder in die Ökopunkteregelung hineinzubringen.
Ich glaube daher,
Herr Kollege von der SPÖ, es ist müßig, hier Zwischenrufe zu machen, sondern
wir sollten gemeinsam alles tun, um eine Übergangslösung zu finden, die der
Umwelt dient, die der Schadstoffreduktion dient und die Druck in Richtung einer
Wegekostenrichtlinie macht, die auch Fleisch auf dem Knochen hat, wenn man so
sagen will, nämlich, die auch Querfinanzierungen in Richtung Schiene möglich
macht, die auch sektorale Fahrverbote möglich macht, die auch externe
Kostenberechnung für die Maut-Berechnung und Ähnliches mehr möglich macht. Ich
bitte dabei um Ihre Unterstützung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
11.21
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Hornek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.
11.21
Abgeordneter
Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Hohes Haus! Die Umsetzung von zwei EU-Richtlinien im Bundesgesetz, mit dem ein
Emissionshöchstmengengesetz-Luft, ein Bundesgesetz über nationale
Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe, erlassen sowie das
Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden, wird in
Österreich zur weiteren Verbesserung der Luftqualität beitragen.
Zur Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon wurde eine Strategie entworfen, die es ermöglichen soll, auf europäischer Ebene eine Reduktion in allen drei
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 47 |
Problembereichen zu erzielen. Es wurden deshalb nationale
Emissionshöchstmengen für Luftschadstoffe – Schwefeldioxid, Stickoxide,
flüchtige organische Verbindungen und Ammoniak – festgelegt, die ab dem
Jahre 2010 nicht mehr überschritten werden dürfen – eine Thematik,
die einem sehr chemisch-technokratisch vorkommen mag; ein Eindruck, der
täuscht.
Es ist nämlich so,
dass wir davon permanent und hautnah betroffen sind. Die negativen Auswirkungen
der Luftverschmutzung sind sichtbar und spürbar. Wir erinnern uns alle an die
Bilder von abgestorbenen Wäldern aus dem Erzgebirge aus den vergangenen Jahren,
sehen Schäden an Objekten und Denkmälern. Wir müssen allerdings auch zur
Kenntnis nehmen, dass es direkte Auswirkungen auf den Menschen gibt, wie
Studien beweisen.
Dieses
Bundesgesetz ist eine sehr wichtige ordnungspolitische Maßnahme im europäischen
Kontext. Genauso wichtig scheint es mir zu sein, das Problembewusstsein aller
zu schärfen, um die notwendige Akzeptanz für Umsetzungsschritte zu erhöhen.
Zwei
Themenbereiche sind es, denen in Bezug auf die Thematik Luftschadstoffe
besondere Bedeutung zukommt:
Zum Ersten ist es
die Raumwärme, und zum Zweiten ist es der Verkehr. Im Bereich Raumwärme wurden
in den letzten Jahren viele zukunftsweisende Maßnahmen umgesetzt. Österreich
liegt im Bereich erneuerbare Energie für Heizzwecke und Warmwasserproduktion in
Europa im absoluten Spitzenfeld. Hunderte Fernwärmewerke auf Biomassebasis und
Zigtausende Hackgutheizungen und Pelletsöfen stellen dies unter Beweis.
Was die bessere
Nutzung der Raumwärme betrifft, so haben nahezu alle Bundesländer die Eckpunkte
der Klimastrategie umgesetzt und eine Vielzahl von Projekten sowohl im Bereich
der Althaussanierung als auch im Neubau von Niedrigenergiehäusern verwirklicht.
Einen sehr
positiven Beitrag können hier objektive Beratungseinrichtungen liefern, wie
dies etwa die „energie-agentur waldviertel“ darstellt. Summarisch kann
festgestellt werden: Wir sind auf dem richtigen Weg!
Schwieriger stellt
sich die Situation im Verkehrsbereich dar: Immer mehr Fahrzeuge, höhere
Kilometerleistungen und das Hinzukommen von zusätzlichen Verkehrsströmen durch
die Wiedervereinigung Europas stellen eine beachtliche Herausforderung dar.
Um die
Luftschadstoffe aus dem Verkehrsbereich zu reduzieren, hat unser Umweltminister
Dipl.-Ing. Josef Pröll, dessen Blauäugigkeit im Umweltbereich sich
lediglich auf seine Augenfarbe beschränkt (Beifall bei der
ÖVP), als eine seiner ersten Maßnahmen eine Vereinbarung mit der OMV
unterzeichnet, die eine flächendeckende Verfügbarkeit von schwefelfreien Kraftstoffen
sowohl für den Otto- als auch für den Dieselmotor vorsieht. Dies soll ab
1. Jänner 2004 sichergestellt sein. Weniger Feinpartikel aus den
Dieselmotoren und weniger bodennahes Ozon sind das wichtigste Ziel.
Der nächste
Schritt muss der vermehrte Einsatz von biogenen Kraftstoffen sein. Der Einsatz
von Biodiesel reduziert in Relation zum herkömmlichen Dieselkraftstoff die
Schadstoffbelastung in beeindruckenden Dimensionen. Biodiesel stößt
46 Prozent weniger Kohlenwasserstoffe, 52 Prozent weniger Russ und
36 Prozent weniger Partikel aus. Und Biodiesel setzt nur jenes CO2
frei, das vorher von der Pflanze aufgenommen wurde.
Die
Wiedervereinigung Europas bringt ein Mehr an Verkehrsströmen, aber beachtliche
Vorteile. Die neuen Länder in der EU haben ihre Schadstoffbelastungen
beachtlich reduziert. Dies ist teilweise auch mit hochwertigen österreichischen
Produkten erfolgt – eine Tatsache, die speziell die Menschen der
Grenzregion, wie etwa die Waldviertler, freut.
Die
Wiedervereinigung ermöglicht aber auch, dass Schienenstränge, die durch den
Eisernen Vorhang getrennt gewesen sind, wiederhergestellt werden. Dies ist etwa
bei der Strecke Zwettl–Waidhofen–Zlabings–Iglau der Fall.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 48 |
Geschätzte Damen
und Herren! Der Finanzminister hat heute in diesem Saal bestätigt, dass Herr
Bundesminister Molterer dafür Sorge getragen hat, dass im Zeitraum 2004 bis
2006 zusätzliche Beträge – von 30 auf 90 Milliarden steigend –
zur Verfügung stehen, um umweltrelevante Projekte in unserem Heimatland
Österreich effizient umzusetzen.
Dieses
Bundesgesetz ist ein sinnvolles und effizientes Gesetz. Geschätzte Damen und
Herren, ich bitte um Ihre Zustimmung! – Danke schön. (Beifall bei der
ÖVP.)
11.27
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.
11.27
Abgeordneter
Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren
Minister! Zuerst einmal möchte ich sagen, dass es mich freut, dass die
Feststellung, Österreich ist in Europa das Umweltland Nummer eins, getroffen
wurde, weil das auf die Arbeit, die in den letzten Jahrzehnten geleistet wurde,
zurückzuführen ist. Leider muss ich aber auch sagen, dass diese
Vorreiterfunktion in den letzten Jahren tatsächlich verloren gegangen ist.
Ich erinnere mich
noch an die großen Diskussionen, wo die Umweltpolitik noch nicht so
selbstverständlich war, wo der Umweltpolitik noch sehr viel Skepsis
entgegengebracht wurde. Das Positive an all diesen Diskussionen ist, dass man
heute Umweltpolitik allgemein als einen hohen Wert betrachtet. Ich stehe nicht
an, auch Fortschritte festzustellen, wie zum Beispiel die Maßnahme, dass ab
1. Jänner 2004 in Österreich schwefelfreier Treibstoff angeboten
werden soll.
Was den
Transitvertrag betrifft, Herr Bundesminister Gorbach, so möchte ich
feststellen, dass natürlich die EU säumig ist, was die Wegekostenrichtlinie
betrifft, dass es aber auf der anderen Seite doch drei Jahre Zeit gegeben hat,
um über eine Übergangsregelung zu verhandeln. Solange in Europa keine
Wegekostenrichtlinie existiert, so lange muss man praktisch alles daransetzen,
um eine Übergangsregelung zu bekommen. Ich wünsche uns und auch Ihnen viel
Erfolg bei der Erlangung einer entsprechenden Übergangsregelung.
Weiters möchte ich
die Feststellung treffen – fast jeder Redner hat darauf hingewiesen –,
dass nun die zwingende Umsetzung der EU-Richtlinien erfolgt. Es liegt
allerdings die Betonung auf den Worten „zwingende Umsetzung“. Eine gewisse
Säumigkeit kommt dadurch zum Ausdruck. Trotzdem glaube ich, es ist wichtig,
alles zu tun, um die nationalen Umweltbelastungen zu reduzieren, entsprechende
Programme vorzubereiten und auch Berichte darüber zu liefern.
Allerdings ist
auch jetzt nicht klar, zu welchem Datum dies zu geschehen hat. Es wird zwar der
Hinweis gegeben, dass mit 1. Oktober 2006 dieser positive Beitrag gemessen
werden soll, aber es wird nicht zwingend danach gehandelt.
In diesem
Gesetz – das möchte ich schon kritisch anmerken – wird doch mehr der
Tradition gefrönt, eine breite Palette von Grenzwerten, Zielwerten, Warnwerten,
Alarmwerten, Versorgungswerten und Informationswerten anzugeben, ohne dafür
zu sorgen, dass die Vollzugsorgane auch in der Lage sind, die Einhaltung all
dessen entsprechend durchzusetzen.
Das ist meine
Hauptkritik: dass es bei der Umsetzung doch Mängel gibt, weil man die Maßnahmen,
die die Länder zu ergreifen haben, bisher nicht wirklich erlebt hat, auch wenn
es eine gewisse Verbesserung gegeben hat und es bisher auch zu keinen
Alarmierungen gekommen ist.
Ich möchte auch
auf eine Bemerkung des Tiroler Kollegen eingehen, der das stark herausgearbeitet
hat. Ich möchte wissen, ob in Tirol zum Beispiel die Bereitschaft besteht, wenn
etwa um eine Genehmigung für einen neuen Industriebetrieb angesucht wurde, auf
Grund der Ozonbelastung in dieser Region tatsächlich die Zustimmung zur
Neuerrichtung, zur Betriebseröffnung zu verweigern. Das ist ja die Nagelprobe
bei der Umsetzung!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 49 |
Es geht eben nicht
nur darum, Werte vorzuschreiben, sondern es geht darum, dass man diese in der
Konsequenz auch umsetzt. Das ist sehr wichtig bei der Bekämpfung der
Ozonbelastung: dass die entsprechenden Maßnahmen von den Ländern auch wirklich
eingefordert werden.
Ich halte die
Zusammenarbeit zwischen den Ländern, durch die spezifische, regionale Erfordernisse
Berücksichtigung finden, für sehr wichtig. Es geht auch um die Zusammenarbeit
bei der Frage, was zu geschehen hat, wenn eine Überschreitung der Grenzwerte
gegeben ist. Darauf kommt es ja eigentlich an. Es geht dabei nicht nur um ein
Vorschlagsrecht, sondern um die Zusammenarbeit mit den Ländern und dann
letztlich auch um die Frage der tatsächlichen Vorgangsweise, im konkreten Fall
bei den Aktionsprogrammen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
11.32
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete
Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.
11.33
Abgeordnete
Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! In Salzburg wird im Sommer
an 90 Prozent aller Tage beim Ozon der Vorsorgewert für menschliche
Gesundheit überschritten. Das gibt der Leiter des Messnetzes für die Salzburger
Luftinformation bekannt.
Laut Ozonbericht
2002 ergibt die Auswertung der Ozondaten von 1999 bis 2001, dass die Zielwerte
zum Schutz der Gesundheit an 66 Prozent der Messstellen überschritten werden.
Und Ozon ist wahrlich kein abstraktes Wort! Es schränkt unsere Gesundheit ganz
massiv ein und wirkt sich stark auf diese aus.
Hauptverantwortlich
für die Verschärfung der Luftsituation ist in erster Linie das rasch wachsende
Verkehrsaufkommen, und dieses Aufkommen wird auch in Zukunft drastisch weiter
zunehmen. Es liegt daher klar auf der Hand, dass Anstrengungen für eine saubere
Luft unbedingt notwendig sind.
Hohes Haus! Das
vorliegende Gesetz ist ein weiterer Schritt, um EU-weit und natürlich insbesondere
österreichweit die Belastung mit Luftschadstoffen zu verringern und die
Luftgüte zu verbessern. Dadurch wird ein großer Beitrag zum Schutz der Umwelt
und insbesondere für die Gesundheit der Menschen geleistet, denn durch die
Festlegung von nationalen Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe
sollen die Versauerung, das bodennahe Ozon und die Überdüngung verringert
werden.
Da die
Luftschadstoffe an den Landesgrenzen nicht Halt machen, wird Österreich von der
europaweiten Richtlinie profitieren, weil ja eine beachtliche Menge an
Schadstoffen aus den benachbarten Ländern nach Österreich importiert wird. (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Sehr geehrte Damen
und Herren! Für die Nachhaltigkeit im Umweltbereich ist besonders wichtig, dass
nicht nur Belastungswerte festgestellt, sondern auch verbindliche, konkrete Maßnahmen
gesetzt werden. Und genau diese Verpflichtung sieht das vorliegende Gesetz vor,
denn die Regierung wird und muss Programme erstellen, um die laufende
Verminderung der Emissionen voranzutreiben. Man muss auch das Ziel, dass ab
2010 die festgesetzten Emissionswerte nicht mehr überschritten werden, laufend
kontrollieren. Wir setzen diesbezüglich sehr große Erwartungen in Herrn
Bundesminister Pröll.
Laufende
Überprüfungen der Maßnahmen sind ebenfalls in dem Gesetz verankert, da
jährliche Emissionsinventuren an die Europäische Kommission übermittelt werden
müssen.
Im zweiten Teil
des vorliegenden Gesetzes, in der Novellierung des Ozongesetzes, wird als
Schwerpunkt die klare Definition von Zielen und Maßnahmen dargestellt. Die
Richtlinie enthält Zielwerte und langfristige Ziele zum Schutz der menschlichen
Gesundheit und der Vegetation. Auch da ist die Bundesregierung wiederum dazu
verpflichtet, Programme zu erarbeiten, damit die Zielwerte ab 2010 eingehalten
werden können.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 50 |
Zusätzlich sind
auch noch die Landeshauptleute gefordert, Aktionspläne für Sofortmaßnahmen zu
erstellen und auch die notwendigen Kriterien dafür konkret umzusetzen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist sicherlich ein entscheidender
Beitrag in der Umweltpolitik, da im Sinne der Umwelt konkrete Programme erarbeitet
und Maßnahmen getroffen werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie
des Abg. Dipl.-Ing. Regler.)
11.37
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.
11.37
Abgeordnete
Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und
Herren! In dieser Debatte ist vielfach die Ansicht vertreten worden, dass sich
mit der Beschlussfassung dieses Gesetzes quasi automatisch die Umweltsituation
im Bereich der Luftschadstoffe verbessern werde. – Meine Damen und Herren!
Das ist mitnichten der Fall! Abhängig wird die Situation
immer davon sein, wie, auf welche Art und mit welchen konkreten, zielführenden
Maßnahmen in den jeweils betroffenen Gebieten Schritte gesetzt werden.
Ich darf Ihnen aus
dem Jahresbericht der Luftgütemessungen in Österreich die Liste all jener
Grenzwertüberschreitungen vorlesen, die für das Jahr 2000 veröffentlicht
wurden. Das ist die erste Liste, die sozusagen auf dem Papier vorliegt. Da ich
das aber auch online verfolge, kann ich feststellen, dass die Überschreitungen
in den beiden vergangenen Jahren, vor allem in den vergangenen Sommern, leider
deutlich zugenommen haben.
In Kärnten in
Wolfsberg, St. Andrä, Klagenfurt und Völkermarkt, in Niederösterreich in
St. Valentin, in Oberösterreich in Linz, in der Steiermark in Weiz,
Hartberg und Köflach, in Graz praktisch im gesamten Stadtgebiet, in Tirol in
Innsbruck, in Oberösterreich in Braunau, in Salzburg am Mirabellplatz, in Wien
am Hietzinger Kai und in der Taborstraße gab es schon notorische
Überschreitungen, die zu Maßnahmen veranlassen müssten. (Abg. Wattaul:
Ist das alles vom Hausbrand?)
Meine Damen und
Herren! Haben Sie von irgendwelchen Maßnahmen gehört? – Die heiß umstrittenen
Maßnahmenkataloge waren jene in Tirol in Bezug auf das Nachtfahrverbot und
jetzt das in Diskussion befindliche sektorale Fahrverbot, das wir machen
müssen, um die Belastungssituationen in unseren Bergtälern zu vermindern. (Abg.
Wattaul: Völliger Unsinn! Sie müssen sie bei Nacht fahren lassen, die
Belastung kommt nur durch den Stau ...!)
Wir sind hier vom
Gesetz gefordert, und ich bin sehr zufrieden, dass diese Novelle jetzt auch
eine Verkürzung der Zeiträume beinhaltet. (Abg. Wattaul: Sie müssen
sie in der Nacht fahren lassen!)
Der Mechanismus
war ja extrem schwerfällig angesichts der nicht vorhandenen Befristungen für
die Maßnahmenkataloge und einer sehr, sehr großzügigen Befristung für den
Vorlauf.
Meine Damen und
Herren! Mit diesen Befristungen ist klar geworden, dass man schneller reagieren
muss, und das geschieht jetzt auch. Aber wir haben noch immer das Problem, was
denn konkret geschieht. Sie sehen an diesen Überschreitungen – und die
Analysen der Daten zeigen es auch ganz klar –: Der Verursacher ist in
erster Linie der Verkehr, und dabei natürlich der Schwerverkehr. (Abg. Wattaul:
5 000 LKW am Brenner am Tag! – Abg. Neudeck: Sie können
schon gehen, nur die Füße tun halt weh!)
Herr Kollege
Wattaul! Der Hausbrand ist eine billige Ausrede, das sieht man, wenn man sich
die Schadstoffverläufe anschaut. (Neuerliche Zwischenrufe bei den
Freiheitlichen.) – Herr Kollege, ich kann es Ihnen im Detail dann
privat erklären.
Wenn Sie die Schadstoffverläufe an den Messstellen mit den Durchfahrzahlen von Schwerfahrzeugen vergleichen, dann sehen Sie eine parallele Schwankung. Vielleicht werden auch
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 51 |
Sie, Herr Kollege Wattaul, als Freund des Schwerverkehrs verstehen, dass man
hier Maßnahmen wird setzen müssen (Beifall bei den Grünen), und zwar
gezielt auf den Verursacher bezogen. Ich kann ja auch nicht zum Zahnarzt gehen,
wenn mir die Schuhe weh tun! (Abg. Wattaul: Sie wollen nur ein
Feindbild schaffen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)
Herr Kollege, wir
werden verursachergerecht arbeiten müssen. Auch Sie werden einsehen müssen,
dass man konkrete Maßnahmen setzen wird müssen. Nur diese Maßnahmen, meine
Damen und Herren, werden uns zu dem Ziel bringen, das vom Bundesminister sowie
auch von freiheitlichen Abgeordneten genannt wurde, nämlich wirklich zu einer Reduktion
der Schadstoffbelastung zu kommen.
Meine Damen und
Herren! Es wurde angefangen vom Transitvertrag bis zu anderen Maßnahmen –
etwa in Bezug auf den Hausbrand – alles Mögliche zitiert. Natürlich werden
die Maßnahmen im Rahmen der Emissionskataster nicht ausreichen,
um die Situation langfristig zu lösen. Das heißt, die Frage der Kosten des
Verkehrs – und das betrifft wieder Sie, Herr Kollege Wattaul – werden
wir lösen müssen! Aber da darf man halt nicht Angst vor der
eigenen Courage haben und insgeheim ganz, ganz froh sein, wenn wir eine Ausrede
benützen können, die uns die Europäische Union bietet. (Abg. Wattaul:
Ich habe gar nicht gewusst, dass das eine Verkehrsdebatte ist!)
Im Klartext:
Innerösterreichische Maßnahmen werden wir in verschiedensten Bereichen treffen
müssen (Zwischenruf des Abg. Wattaul), und das Vorliegen einer
Liste von Schadstoffüberschreitungen ... (Neuerlicher Zwischenruf des
Abg. Wattaul.)
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Kollege Wattaul, darf ich Sie in
die Rednerliste eintragen? (Abg. Wattaul: Nein!) – Nein?
Okay.
Bitte, Frau
Abgeordnete, setzen Sie fort!
Abgeordnete
Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Meine Herren
Kollegen! Da Sie sich offensichtlich über das Thema amüsieren: Es gibt eine
Liste von Grenzwertüberschreitungen in dieser Länge (die
Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe), und ich kann Ihnen sagen, die
für die Jahre 2002 und 2003 wird leider noch länger sein. Das muss für uns
eine Aufforderung sein, nicht nur auf das Pferd der IG-Luft-Regelungen zu
setzen, sondern zusätzlich weitere Maßnahmen, zum Beispiel im Bereich der
Kosten Schiene/Straße zu setzen. (Abg. Scheibner: Aber die Pferde
sind keine Alternative! Da kommen dann die Tierschützer! – Weitere
Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)
Darum werden wir
nicht herumkommen. Der Herr Minister hat ja sehr optimistisch gesagt, er werde
um die Quersubventionierung kämpfen. Ich hoffe, er wird sich dabei auch gegen
die ASFINAG durchsetzen, die ja keine große Begeisterung dafür hegt. Ich kann
diese Maßnahme natürlich nur unterstützen. Wir fordern sie auch nachdrücklich,
und ich bin sehr froh, dass einige unserer Forderungen langsam, aber sicher,
doch Eingang in Programme finden. (Beifall bei den Grünen.)
11.44
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter
Ellmauer. – Bitte.
11.44
Abgeordneter
Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Einer der sensibelsten und lebensnotwendigsten Bereiche im Umweltschutz ist
die Luftreinhaltung. Zur Verbesserung ebendieser werden zwei Richtlinien der
Europäischen Union heute in unsere nationale Gesetzgebung übernommen.
Österreich ist in der Europäischen Union die Nummer eins im Umweltschutz. Wir setzen diesen erfolgreichen Weg fort. Wir stocken die Budgetmittel für die Luftreinhaltung um je 30 Millionen € von 2004 bis 2006 auf, um das Kyoto-Ziel zu erreichen. Weiters werden nationale Emissionshöchstmengen festgesetzt, die die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und boden-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 52 |
nahem Ozon nicht nur
innerhalb der österreichischen Grenzen, sondern erstmals auf gesamteuropäischer
Ebene zum Ziele haben.
Das ist ein bedeutender Schritt, denn dadurch werden die
Luftreinhalte-Richtlinien in der EU auf einen gemeinsamen Standard gesetzt. Die
Höchstmengen betreffen die Luftschadstoffe Schwefeldioxid, Stickstoffoxide,
flüchtige organische Verbindungen sowie Ammoniak, deren Grenzwerte ab dem
Jahr 2010 nicht mehr überschritten werden dürfen.
Weiters hat die Bundesregierung unter der Koordination des
Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
ein Programm zur Emissionsreduktion zu erstellen und der Europäischen
Kommission vorzulegen. Durch diesen Maßnahmenplan soll der Fahrplan zur
Erreichung unserer Kyoto-Ziele garantiert werden.
Andererseits werden im Zuge der Ozonrichtlinie neue Schwellenwerte und
eine neue Systematik hinsichtlich der Information und Warnung der Bevölkerung
eingeführt. Neu sind auch die Zielwerte und die langfristigen Ziele gemäß
Ozonrichtlinie, für deren Einhaltung ein Programm zu erstellen sein wird.
Zudem sind spezifische Maßnahmen für den Verkehrsbereich in die Novelle
zum Immissionsschutzgesetz-Luft aufgenommen worden, denn laut wissenschaftlichen
Studien, die unter anderem auch in der „Österreichischen Gemeinde-Zeitung“
veröffentlicht worden sind, ist der Verkehr derzeit der Hauptverursacher des
Schadstoffausstoßes und wird dies höchstwahrscheinlich auch in Zukunft sein.
Gerade deshalb ist es wichtig, dieser Entwicklung mit Nachdruck
entgegenzuwirken – und in diesem Zusammenhang möchte ich auch die
gestrigen Streiks erwähnen. Die Österreicherinnen und Österreicher haben
besonnen und klug auf diese Streiks reagiert! Viele haben Fahrgemeinschaften
gebildet, andere sind auf das Fahrrad umgestiegen oder zu Fuß in die Arbeit
gelangt. Wie jeder gestern in den Nachrichten hören konnte, wurde Wien zur
„Fahrradhauptstadt“ Europas. Einer Umfrage zufolge gaben die Befragten an,
auch in Zukunft vermehrt auf das Auto verzichten zu wollen. (Abg. Öllinger: Das ist positiv! Öfter eine
Arbeitsniederlegung! – Heiterkeit.)
Genau diese Haltung muss man fördern! Damit würden vor allem im
städtischen Bereich die Verkehrsstaus gemildert und damit die Ozongefahr
verringert. (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Dies ist aber auch der einzige
positive Aspekt des gestrigen politischen Streiks.
Wir sollten die parlamentarische Diskussion dafür nützen, die Erhaltung
der natürlichen Zusammensetzung der Luft in ihrer umfassenden Bedeutung zu
erkennen. Rechtlich findet mit diesem Gesetz eine Angleichung an die
europäische Richtlinie statt. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen,
aber auch das Leben der Pflanzen und der Tiere hängen davon ab, ob wir unsere
Luft ausreichend vor Verunreinigung schützen.
Unsere Aufgabe ist es, das Leben und die Gesundheit der
Österreicherinnen und Österreicher zu schützen und die moderne Umweltpolitik
unserer Bundesregierung in diesem Sinne voll zu unterstützen.
Lieber Herr Bundesminister Pröll! Deinen Vorgänger haben wir auf Grund
seiner hervorragenden Arbeit zum „Lebensminister“ für alle Österreicherinnen
und Österreicher ernannt. Da du seine Nachfolge angetreten hast, übertrage ich
dir hiermit dieses Prädikat! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Müssen wir ihn angeloben?
Nein!)
Das Bemühen und die Verantwortung zur Erreichung des Kyoto-Ziels waren
bei Willi Molterer in genauso guten Händen, wie sie es bei dir sein werden.
Daher stimme ich dieser Gesetzesvorlage gerne zu! (Beifall bei der ÖVP.)
11.48
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 53 |
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Steier. – Bitte.
11.49
Abgeordneter
Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Herren Minister und Staatssekretäre! Meine geschätzten Damen
und Herren! Ich freue mich, meine erste Rede in diesem Hohen Haus einem Thema
widmen zu können, das für uns alle ein ganz wichtiges Lebenselixier darstellt,
nämlich der Luft. Konkret geht es um das Emissionshöchstmengengesetz-Luft,
die Änderung des Ozongesetzes und die Novellierung des Immissionsschutzgesetzes-Luft.
Meine
Vorrednerinnen und Vorredner haben zu den wesentlichsten Inhalten des
Luftpakets schon ausführlich Stellung genommen. Ich möchte mich daher auf
folgende drei Punkte konzentrieren.
Erstens: Wir
Sozialdemokraten stehen dem Gesetzentwurf grundsätzlich positiv gegenüber. Er
stellt im Wesentlichen die Umsetzung von EU-Richtlinien dar und könnte zu einer
Verbesserung der rechtlichen Basis zur Luftreinhaltung beitragen. Ich verwende
hier aber ganz bewusst den Konjunktiv, denn einige wesentliche Fragen sind
dabei noch offen geblieben. Erst die zukünftige Entwicklung wird zeigen, ob die
Bundesregierung ihr Bekenntnis zur Verbesserung der Luftqualität tatsächlich
ernst meint und entsprechende Maßnahmen setzen wird.
Eine dieser
offenen Fragen betrifft beispielsweise das nationale Programm, das im Emissionshöchstmengengesetz-Luft
vorgesehen ist.
Der Umweltminister
hat ein Programm zu erstellen, damit die Emissionshöchstmengen für
Stickstoffoxid, Schwefeldioxid, flüchtige organische Verbindungen und Ammoniak
bis 2010 eingehalten beziehungsweise sogar unterschritten werden können.
Im Paket Luft
findet sich aber interessanterweise keine Festlegung, bis zu welchem Zeitpunkt
dieses Programm fertig gestellt sein muss. Und das, obwohl damit ja immerhin
die interessierte Öffentlichkeit – sprich: unsere Bürgerinnen und
Bürger – über Ziele und Erfolge informiert werden soll.
Es wird nur
definiert, wann die Aktualisierung dieses nationalen Programms erfolgen muss,
nämlich bis 1. Oktober 2006. Dass man sich um den Termin für die
Erstpräsentation drückt, weckt schon vorab unangenehme Assoziationen und ist
umso erstaunlicher, als nach EU-Vorgabe ein derartiges nationales Programm bereits
Ende 2002 hätte erstellt werden müssen.
Zweitens: Herr
Bundesminister Pröll hat im Umweltausschuss darüber gesprochen, dass die
dynamische Entwicklung des Verkehrs ein großes Problem im Rahmen des
Klimaschutzes darstelle. – Der motorisierte Straßenverkehr verursacht hohe
externe Kosten, die in Form von Gesundheits- und Unfallkosten, aber
insbesondere bei Umweltschäden der gesamten Gesellschaft aufgebürdet werden.
Wenn man die Rolle
des Verkehrs als Umweltbelaster ernst nimmt, dann wäre neben klassischen Themen
wie CO2 und Ozon auch die Frage der Partikel-Emissionen und der Feinstäube
aufzugreifen. Gerade in diesem Bereich ist die Belastungstendenz in den letzten
Jahren steigend. Feinstäube in der Luft können Atemwegs-, Herz- und
Kreislauferkrankungen verursachen.
Dieselmotoren,
deren Zahl vor allem bei den PKW ständig zunimmt, tragen zur Luftverschmutzung
wesentlich bei. In Großstädten kommt es durch Dieselpartikel in Kombination mit
Staubpartikeln immer wieder zu gesundheitsgefährdenden Belastungen. Der Einsatz
neuer Technologien, wie zum Beispiel Rußpartikel-Filter, und die Verschärfung
der Abgasgrenzwerte für Partikel könnten einen Beitrag zur Entlastung
darstellen.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 54 |
Zu diesem Thema
ist die Bundesregierung bisher konkrete Initiativen schuldig geblieben. Umso
genauer werden wir beobachten, ob, wann und wie der Herr Bundesminister seine
Ankündigung umsetzt, eine Initiative für Dieselpartikel-Filter zu
terminisieren.
Drittens, und
damit komme ich schon zum Schluss: Der Herr Bundesminister hat im Umweltausschuss
auch erklärt, sich positive Effekte für die Umwelt von der LKW-Bemautung zu erwarten,
die ab 1. Jänner 2004 in Kraft treten soll.
Ich und alle
Österreicherinnen und Österreicher auch, sofern die LKW-Maut tatsächlich
endlich eingeführt wird. Diese Einführung ist mittlerweile schon eine „unendliche
Geschichte“. Sie war ursprünglich für 1998 geplant, wurde aber x-mal
verschoben.
Da wir alle
realistischerweise nicht davon ausgehen können, dass durch den größer werdenden
EU-Binnenmarkt der Güterverkehr zurückgehen wird, sondern eher mit mehr Schwerverkehr zu rechnen
ist, ist es höchste Zeit, diese Maßnahme zu realisieren.
Die Effekte wären
mehr Kostenwahrheit im Verkehr, aber auch mehr Ertrag für unsere Umwelt. Wir
müssen dem prognostizierten massiven Anstieg des LKW-Transitverkehrs vor allem
in Ostösterreich durch wirksame Maßnahmen begegnen. Möglichst viel
Schwerverkehr muss von der Straße auf die Schiene verlagert werden, damit
unsere Umwelt lebenswert bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr
geschätzten Damen und Herren! Allerdings erwecken die vielen offenen Fragen der
Finanzierung diverser Projekte des Generalverkehrsplans wenig Hoffnung auf
rasche und wirksame Aktivitäten. Ich darf in diesem Zusammenhang an eine
Berechnung der Arbeiterkammer erinnern, wonach der Einnahmenausfall aus der
Nichteinführung der LKW-Maut seit 1998 mit rund 1,5 Milliarden €
beziffert wird. Wenn auf diese Mittel bisher nicht verzichtet worden wäre, dann
wären wir beim notwendigen Lückenschluss im Autobahnnetz und vor allem beim
Ausbau und bei der Verbesserung der Infrastruktur der Bahn bereits wesentlich
weiter.
Abschließend weise
ich noch einmal darauf hin, dass wir von der SPÖ dieser Regierungsvorlage
zustimmen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der
SPÖ.)
11.55
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter
Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.
11.55
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Herr Staatssekretär! Da auch ich heute zum ersten Mal hier
stehen darf, möchte ich die Gelegenheit auch dazu nützen, um mich kurz
vorzustellen. Ich bin Unternehmensberater, 44 Jahre alt und komme aus
Leoben. Damit haben wir, glaube ich, einen guten Bezug zum Thema „gute Luft“. (Abg.
Dr. Partik-Pablé: Verheiratet?
Kinder?)
Es ist nämlich
noch nicht allzu lange her, da war die Stahl- und Eisenindustrie in der Obersteiermark
eher dafür berühmt, dreckige Luft zu produzieren, und ich kann mich noch gut an
den Spruch erinnern: „Wenn die Kamine rauchen, dann haben die Menschen in der
Obersteiermark Arbeit!“ (Abg. Dr. Partik-Pablé:
Sind Sie verheiratet? Wie viele Kinder?)
Wenn Sie heute in
die Obersteiermark kommen, dann sehen Sie direkt neben den Stahlwerken toll
entwickelte städtische Zentren und ein toll entwickeltes Umfeld. Ich gebe Herrn
Kollegen Bauer schon Recht: Um die Umweltpolitik und die Ergebnisse der
Umweltpolitik zu bewerten, müssen wir uns das in einem weiteren Zeitraum
anschauen. Wir haben heute in der Obersteiermark die Situation, dass es neben
einem Stahlwerk einen Nationalpark gibt, und ich glaube, das ist der beste
Beweis für eine gute Umweltpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)
Geschätzte Damen
und Herren! Richtige Umweltpolitik kann nur mit Partnern stattfinden, und ein
wesentlicher Partner für eine gute österreichische Umweltpolitik sind die
Länder. Dafür möchte ich ein Beispiel anführen.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 55 |
Die Umstellung der
Wohnbauförderung in der Steiermark hat einen Boom in Richtung Biomasse-Heizungen
ausgelöst, die vor allem in den ländlichen Gemeinden sehr gut genützt werden.
Frau Kollegin
Sima, wo wir mit den Heizkraftwerken noch ein Problem haben, das sind die
mittleren Gemeinden und in den städtischen Kontexten. Ich würde Sie gerne
einmal in die Obersteiermark einladen. Fahren wir in die Städte von
Mürzzuschlag bis Judenburg! Dort sind überall Bürgermeister, die Ihnen nicht
fremd sein dürften. Reden wir mit ihnen! Vielleicht können wir sie davon
überzeugen, nicht Gasanschlüsse zu fördern, sondern verstärkt in erneuerbare
Energien zu investieren und unsere eigenen Ressourcen zu nützen.
Es gibt einen
zweiten Aspekt, den ich noch einbringen möchte. Darüber kann ich Ihnen aus
meinem beruflichen Kontext erzählen. In meinem Klientenbereich sind relativ
viele Unternehmen, die sich mit Umwelttechnologie beschäftigen. Es gibt eine
erstaunliche Dynamik in diesen Unternehmensentwicklungen. Es werden sehr viele
Arbeitsplätze geschaffen, das möchte ich konkret betonen, und die Dynamik
erinnert mich sehr an jene, die wir vor ein paar Jahren im IT-Bereich gehabt
haben.
Im Gegensatz zur
IT-Branche glaube ich aber, in diesem Bereich feststellen zu können, dass wir
stärker an Produkten orientiert sind und dass auch die Universitäten stärker in
die Verfahrensentwicklung und in die Produktentwicklung eingebunden sind.
Ein wesentlicher
Partner, auch das muss man sagen, ist die Industrie selbst. Wenn wir uns heute
in der Obersteiermark umsehen – Kollege Dobnigg weiß das noch viel besser
als ich; er ist ja Betriebsrat in der VA-Stahl –, dann sehen wir, es sind dort
große Investitionen im Umweltschutzbereich getätigt worden. Ich denke etwa an
die VA-Stahl, ich denke aber auch an Böhler-Uddeholm, und wir können durchaus
mit Stolz vermelden, dass die saubersten und modernsten Stahlwerke der Welt
heute in Österreich, in der Obersteiermark stehen! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich komme zum
Schluss. Ich glaube, wir sollten das nicht zerreden: Österreich ist das Umweltland
Nummer eins, das muss man einmal sehr klar sagen. Das sollten wir nicht
zerreden und nicht zu Tode kritisieren. Das Ziel ist ganz klar: Die Kyoto-Ziele
sind zu erreichen. Die Maßnahmen – nicht nur die geplanten, sondern auch
jene, die schon in Umsetzung begriffen sind – sind weiter konsequent
fortzuführen.
Ich bin
zuversichtlich, dass das „Lebensministerium“ bei Bundesminister Sepp Pröll in
guten Händen ist, und werde dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei
der ÖVP.)
12.00
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Scharer. – Bitte.
12.00
Abgeordnete
Erika Scharer (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich bin neu
im Nationalrat und somit auch neu im Umweltausschuss. Ich komme aus einer
touristischen Region, nämlich aus der Europa-Sportregion, aus dem Pinzgau.
Erlauben Sie mir, etwas Persönliches zu sagen, etwas über mein Gefühl, über
meinen Eindruck, den ich in der Sitzung des Umweltausschusses gewonnen habe. Es
hat mich sehr erstaunt, dass sämtliche Anträge der Oppositionsparteien mehr
oder weniger ignoriert wurden, dass man die Probleme, die auf uns zukommen
werden, zum Beispiel mit den Einweggebinden und speziell in unseren
touristischen Regionen, beiseite schiebt. Das erweckt für mich den
Eindruck – und das sehe ich auch bei dem nun vorliegenden Gesetzentwurf
so –, dass man zwar reagiert, weil es Vorgaben der EU gibt, aber nicht
agiert. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Umweltpolitik, das
Thema Umwelt scheint derzeit eher ein politisches Randthema zu sein. Herr
Finanzminister Grasser hat zwar dargestellt, dass mehr Mittel zur Verfügung
gestellt werden, aber wir sind schon gespannt darauf, in welchen Bereichen wir
diese finden werden. (Abg. Mag. Molterer:
Klimaschutz!)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 56 |
Natürlich sind die
Umweltprobleme für die Menschen heute nicht mehr so sichtbar. Wir haben weitgehend
keine schmutzigen Seen und Flüsse mehr, die Ballungszentren und Industriezentren
sind nicht mehr von dicken Smogwolken umhüllt, und auch Giftmüll kann nicht
mehr so einfach vergraben werden, aber für die Menschen, für die Natur, für
unsere Pflanzen sind diese unsichtbaren Gefahren sehr bedrohlich. Die WHO macht
die Autoabgase für rund 2 400 Todesfälle pro Jahr in Österreich
verantwortlich. Es gibt 20 000 an Bronchitis Erkrankte bei Kindern
und 40 000 an Asthma Erkrankte bei Erwachsenen, was allein auf Schadstoffemissionen
im Straßenverkehr zurückzuführen ist. Man muss bedenken, dass die Folgekosten
auf Grund der Gesundheitsschädigung durch den Straßenverkehr allein in
Österreich rund 2,9 Milliarden € ausmachen – und das
Verkehrsaufkommen auf der Straße steigt rapide an.
Durch die
Einführung des Katalysators in den neunziger Jahren konnten in Österreich sehr
gute Erfolge erzielt werden, die aber die Entwicklung auch in der Autoindustrie
derzeit bedauerlicherweise wieder zunichte macht. Bedenken Sie, dass in
Österreich jährlich rund 100 000 PKW neu zugelassen werden, und auf
Grund der besonderen finanziellen Förderungen sind davon immerhin zwei Drittel
Dieselautos. – Die Belastung durch Rußpartikel ist in Österreich dreimal
so hoch wie in der Schweiz, weshalb in diesen Bereichen Maßnahmen dringend
erforderlich sind.
Ebenso anzuführen
sind die hohen Zuwachsraten zum Beispiel im Straßengüterverkehr. Innerhalb der
letzten zehn Jahre ist in Österreich die Transportleistung auf der Straße um
fast 120 Prozent gestiegen. In Salzburg zum Beispiel nahm der
LKW-Transitverkehr in den Jahren 1988 bis 2000 jährlich um 14 Prozent
zu. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir geeignete Maßnahmen setzen.
Tempolimits, zeitliche und räumliche Verkehrseinschränkungen, Nachtfahrverbote
und so weiter werden nicht ausreichen, um die Schadstoffbelastungen zu
verringern. Wir sind gefordert, uns ehrgeizigere Ziele zu setzen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Das heißt, die
Autoindustrie muss gefordert werden, durchgängige technische Voraussetzungen
für weniger Abgasbelastungen durch LKW und PKW zu schaffen. Um den Güterverkehr
von der Straße vermehrt auf die Schiene zu verlagern, müssen kostengünstigere
und vor allem raschere Beförderungsmöglichkeiten geschaffen werden. Außerdem
muss eine Entlastung im Individualverkehr speziell in den ländlichen Regionen
erfolgen. Wir brauchen in den ländlichen Regionen ein besser ausgebautes, ein
besser organisiertes öffentliches Verkehrsnetz. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir müssen den Mut
haben, ausgetretene Pfade zu verlassen. Wir müssen zu klären versuchen,
weshalb die öffentlichen Verkehrsmittel so wenig angenommen werden. An dieser
Stelle ein Paradoxon zum Abschluss: Sehr viele, auch Kollegen hier, fahren mit
dem PKW nach Salzburg und dann mit der Bahn nach Wien, weil sie nämlich
spätabends die ländlichen Regionen mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr
erreichen können. Wir brauchen attraktive Alternativen speziell in den für den
Tourismus wichtigen ländlichen Regionen zum Schutz der Bevölkerung, für die
Gesundheit unserer Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und
Herren! Diese Maßnahmen müssen jetzt
gesetzt werden und nicht erst dann, wenn uns die EU darauf aufmerksam
macht! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
12.07
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.
12.08
Abgeordneter
Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe den
Beitrag des Kollegen Kopf zu Beginn dieser Debatte gehört (Abg. Dr. Trinkl: Ein guter Beitrag!), und ich muss
sagen, ich kann seinen Lobgesang auf die Bundesregierung, auf die beiden
zuständigen Minister in keiner Weise nachvollziehen (Beifall bei der SPÖ),
denn diese haben im Grunde genommen einfach nur EU-Richtlinien
nachvollzogen – und das mit halbjähriger Verspätung. Also was an dieser
Leistung so besonders sein soll, frage ich mich wirklich. (Beifall bei der
SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 57 |
Die eigentliche
Herausforderung für den jetzigen Umwelt- beziehungsweise Landwirtschaftsminister
wird sich erst dann stellen, meine Damen und Herren, wenn wir die
Informationsstufe mit dieser Regierungsvorlage absenken, denn dann gibt es
einen neuen Rahmen, und dieser neue Rahmen wird eine Reihe weiterer Maßnahmen
erforderlich machen.
Eine dieser
Maßnahmen – das habe ich auch schon im Bundesvoranschlag
nachgelesen – sollte die Einführung schwefelärmster Treibstoffe mit
1. Jänner 2004 sein. – Die Botschaft hör’ ich wohl, meine Damen und Herren,
allein mir fehlt der Glaube. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich
flächendeckend mit 1. Jänner 2004 umgesetzt werden kann. Aber selbst wenn
es gelingt, muss ich sagen: Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Sommer!) Okay, Sommer. Ob wir den angesichts
der auf uns zukommenden Ozonbelastung noch erleben, werden wir erst sehen.
Meine Damen und
Herren! Schon jetzt gibt es Regionen, die in der heißen Jahreszeit eine derart
hohe Ozonkonzentration aufweisen, dass nicht einmal mehr die Ansiedelung neuer
Industriebetriebe genehmigt wird; ich denke hier vor allem an das Unterinntal.
Es ist bedauerlich, dass in einer Zeit, in der das möglich gewesen wäre,
nämlich in der letzten Gesetzgebungsperiode, keine weiteren Maßnahmen zur
Verringerung von Vorläufersubstanzen gesetzt worden sind – das trifft
nicht Sie (in Richtung des auf der
Regierungsbank sitzenden Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll), aber Ihren
Vorgänger; er sitzt hier, meine Damen und Herren (auf Abg. Mag. Molterer weisend) –, obwohl das bestehende
Ozongesetz dies durchaus ermöglicht hätte. – So viel zur
Regierungsvorlage.
Nun einige
Bemerkungen zur letzten Sitzung des Umweltausschusses, die mir vom Verlauf her
überhaupt nicht gefallen hat. Ich finde es sehr schade, dass der Antrag der
Grünen, mit dem bestimmte landwirtschaftliche Sonderstellungen im Umweltschutz
beseitigt werden sollten, leider Gottes vertagt wurde. Auch der SP-Antrag,
konkret von Kollegin Sima, in dem es darum ging, die Einwegpfänder
beziehungsweise die Einwegabgaben einzuführen, um in Hinkunft noch mehr
Verpackungsabfall zu vermeiden, wurde auf die lange Bank geschoben, sprich vertagt.
Kollege Scheuch von den Freiheitlichen hat uns gefragt, weshalb uns eine
Ablehnung lieber sei als eine Vertagung. – Eine Vertagung ist noch
schlimmer, denn sie bedeutet, dass das Thema ohnehin nicht mehr auf die
Tagesordnung kommt beziehungsweise erst dann, wenn es unter Umständen nicht
mehr aktuell ist.
Die
Regierungsparteien verstehen sich darauf zu beobachten. Ich frage Sie, meine
Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wie lange wollen Sie beobachten?
So lange, bis wir in Österreich im Müll versinken? – Ich werde die dafür
notwendige Geduld sicher nicht aufbringen, auch meine Fraktion nicht und, wie
ich glaube, die Bevölkerung umso weniger! (Beifall bei der SPÖ.)
Ein weiterer
Antrag der sozialdemokratischen Fraktion hatte die Aufstockung des EuratoM-Kreditrahmens zum Inhalt.
Geplant ist, wie Sie alle wissen, eine Aufstockung von 4 auf 6 Milliarden €.
Mit diesen Mitteln – wie wir ebenfalls aus Brüssel wissen, meine Damen und
Herren – sollen nicht unsichere Reaktoren geschlossen werden, wie das
eigentlich in unserem Sinne wäre, sondern es werden voraussichtlich unsichere
Reaktoren saniert, deren Lebensdauer wird verlängert, und es werden bevorzugt
in den östlichen Ländern Europas neue Reaktoren gebaut. – Dem können wir
doch nicht zustimmen! Daher wollten wir gemeinsam mit Ihnen und der kleineren
Oppositionspartei der Bundesregierung den klaren Auftrag erteilen, dieser Aufstockung
in Brüssel nicht zuzustimmen.
Weshalb wurde
dieser Antrag vertagt? Wollen wir vielleicht erst dann darüber reden, wenn
bereits alles beschlossen ist und die Umsetzung in der Form erfolgt, wie wir
sie nicht wollen? –Ich denke, meine Damen und Herren, wir sollten dieser
Unsitte des Vertagens, die nun auch im Umweltausschuss immer mehr um sich
greift, ein Ende bereiten. (Beifall bei der SPÖ.) Reden wir im Plenum
über diese Themen, Sie können es ja ohnehin nicht verhindern!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 58 |
Ich halte Ihre
Vorgangsweise, gerade im Parlament Themen auszuklammern, über die Sie als Regierungsparteien
nicht reden, sondern die Sie nur beobachten oder denen Sie zuschauen wollen,
demokratiepolitisch für sehr, sehr bedenklich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
12.13
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu
nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf
und über den eingebrachten Entschließungsantrag.
Ich lasse zunächst
über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 66 der Beilagen
abstimmen.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung ihre Zustimmung
erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Vorlage in 66 der
Beilagen ist in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.
Daher kommen wir
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein
Zeichen. – Ich stelle fest, dass auch in dritter Lesung Einstimmigkeit vorliegt. Damit ist
die Vorlage beschlossen.
Wir kommen zur
Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend
unzureichende Finanzierung von Maßnahmen zur Reduktion von
Treibhausgas-Emissionen in Österreich.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein
Zeichen. – Der Antrag hat nicht
die Mehrheit gefunden. Er ist daher abgelehnt.
Damit haben wir
diesen Tagesordnungspunkt erledigt.
3. Punkt
Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Grundlagen eines modernen Österreichischen Bundestierschutzgesetzes“ (54 und Zu 54 der Beilagen)
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 3. Punkt der
Tagesordnung.
Wir gehen sogleich
in die Debatte ein.
Als erste
Pro-Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Dr. Baumgartner-Gabitzer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 12 Minuten
gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.
12.16
Abgeordnete
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns
am 10. April hier in diesem Saale mit über 100 Teilnehmern den ganzen
Tag über mit dem Thema „Tierschutz“ beschäftigt. Von 9 Uhr bis 17 Uhr
erfolgte eine außerordentlich interessante, eingehende und auch vielfältige
Aufarbeitung des Themas „Tierschutz“. Ich war sehr erfreut, an solch einer
interessanten Materie in diesem angenehmen, konstruktiven Klima hier in diesem
Raum mitarbeiten zu können.
Festzustellen war, dass Tierschutz, wie wir ohnedies alle wissen, vielen Menschen tatsächlich ein Herzensanliegen ist. Ich denke, daraus ergibt sich für uns die Pflicht, mit diesem Thema sorgsam umzugehen, und ich wünsche mir und hoffe, dass es uns gelingt, hier nicht in Polemik und gegenseitige Schuldzuweisungen zu verfallen. Angesichts des positiven Verlaufs der En-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 59 |
quete-Kommission gehe ich aber davon
aus, dass auch die weiteren Verhandlungen ebenso gut verlaufen werden.
Wir möchten mit
allen Fraktionen, auch mit den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,
gemeinsam ein modernes Bundestierschutzgesetz schaffen. Wir wollen ein
vernünftiges und vor allem auch ein administrierbares Gesetz, und – ich
habe es damals bei der Enquete-Kommission gesagt, ich sage es heute wieder; wir
stehen dazu – wir wollen eine tiergerechte und nachhaltige Tierhaltung,
meine sehr geehrten Damen und Herren! Tierschutz ist auch mehr und mehr Thema
in der Europäischen Union. Es wäre natürlich auch ein sehr starkes Signal für
den Tierschutz, auch ein sehr starkes Signal für das Engagement Österreichs,
wenn wir eine gemeinsame Vorgangsweise für ein Bundestierschutzgesetz
schaffen.
Ich greife einige
inhaltliche Dinge, die bei dieser Enquete-Kommission diskutiert wurden, heraus,
so zum Beispiel die Frage der Bundeskompetenz für den Tierschutz. Professor
Raschauer hat sehr eingehend Auskunft darüber gegeben, welche Möglichkeiten
bestehen, wie Bundestierschutz in der Verfassung verankert werden kann;
angefangen von Artikel 10, 11 oder 12 bis hin zu eigenen
Verfassungsbestimmungen. Artikel 10 etwa bedeutet, Gesetzgebung und
Vollziehung sind Bundessache, Artikel 11 – wie Sie alle
wissen –: Gesetzgebung Bundessache, Vollziehung Landessache. Wir sind in
dieser Sache nicht festgelegt. Die einzige Einschränkung, die ich machen
möchte, ist, dass wir uns nicht vorstellen können, eine Artikel-10-Materie
daraus zu machen. Ich denke, Artikel 11 oder alle anderen Möglichkeiten
wären für uns eine gute Vorgangsweise.
Eine weitere Idee,
die ich aufgreifen möchte, die mir auch sehr gut gefallen hat, kam von Direktor
Pechlaner, nämlich die Idee des Tierschutzbeirates. Ich denke, das ist
verfolgenswert. Wenn wir für Tiere etwas machen wollen und uns nicht in
gegenseitigen Blockaden einengen wollen, werden wir hier vielleicht
weiterkommen. Das wäre für uns ein großes Anliegen.
Der dritte Punkt,
den ich herausgreifen möchte, liegt im Bereich der Heimtierhaltung, nämlich
eine Kennzeichnungspflicht vor allem für Hunde, sie kann aber auch für Katzen
gelten. Ein Experte, der sich vor allem für die Heimtierhaltung als zuständig
erklärt hat, hat uns das nahe gelegt. Wir haben das, wenn Sie sich erinnern,
schon in früheren Verhandlungen, als es um das Thema „gefährliche Hunde“
gegangen ist, als eine mögliche Lösung angesehen. Ich denke, das ist ein sehr
verfolgenswerter Vorschlag.
Es gab natürlich
noch eine Fülle von weiteren Anregungen. Ich denke – es waren ja auch die
Kolleginnen und Kollegen der Ressorts anwesend –, dass diese in die
legistischen Beratungen einfließen werden. Sie werden auch bei der Erarbeitung
des Bundesgesetzes zu beachten und zu bewerten sein. Es war ja ziemlich
eindeutig, wohin der Tenor der Gesamtveranstaltung gewiesen hat.
Diese Arbeitsgruppe
aus Vertretern aller beteiligten Bundesministerien hat bereits ihre Arbeit
aufgenommen und ist dabei, eine Regierungsvorlage zu erarbeiten. Die Ergebnisse
werden uns voraussichtlich im Herbst 2003 übermittelt werden, und ich
nehme an, wir werden dann hier eine eingehende Debatte darüber führen.
Wir haben
versucht, die Zustimmung der Oppositionsfraktionen zu einem Entschließungsantrag zu bekommen.
Das ist uns leider nicht gelungen, ich bringe ihn dennoch ein. Ich möchte ihn
in seinen Kernpunkten erläutern und den Herrn Präsidenten ersuchen, diesen Entschließungsantrag
im Sinne des § 55 Abs. 3 in Verbindung mit § 53 Abs. 5 der
Geschäftsordnung zu vervielfältigen und auch für die Verteilung zu sorgen.
Die Kernpunkte
sind folgende:
Wir begrüßen die
Einrichtung der Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt unter Einbeziehung aller
betroffenen Ressorts und auch – das ist uns wichtig – der
Bundesländer. Wir ersuchen darum, dass diese Arbeitsgruppe bis Herbst 2003
dem Nationalrat einen ersten Vorschlag in Form einer Regierungsvorlage zuleiten
wird und eine Beschlussfassung im Herbst 2004 möglich sein wird.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 60 |
Wir wünschen uns,
dass das Bundestierschutzgesetz alle
Tiere erfassen soll, die von Menschen gehalten werden, das heißt Heimtiere und
Nutztiere, aber auch sonstige Tiere, die von Menschen gehalten werden, wie zum
Beispiel Begleittiere, Sporttiere, Brieftauben et cetera. Weiters sollen auch
die Tierhaltung in Zoos, Tierparks und im Rahmen von Zirkussen sowie die
gewerbliche Tierhaltung erfasst sein.
Ziel sind klare
bundesgesetzliche Bestimmungen für einen einheitlichen und effizienten Vollzug
auf Landesebene, um eine EU-rechtskonforme Umsetzung zu gewährleisten.
Bei der
Kodifikation des Bundestierschutzgesetzes sollen auch Fragen der
Tiergesundheit, des Verbraucherschutzes und der wirtschaftlichen
Verhältnismäßigkeit besonders zu berücksichtigen sein. Wir wünschen uns auch
Anreizsysteme und Investitionsförderungen für tierfreundliche Haltungsformen.
Um
Übertretungen – das ist auch ein wichtiger Punkt – der Tierschutzvorschriften
wirksam zu verhindern, sind die bestehenden Kontrollsysteme zu stärken und zu
verbessern. Wir wollen im Sinne der Verwaltungsreform aber keine zusätzlichen
bürokratischen Einrichtungen; allerdings ist es uns ein Anliegen, das Verantwortungsbewusstsein
der Tierhalter vor allem durch Ausbildungsmaßnahmen und Informationsoffensiven
zu erhöhen.
Wesentlich ist
auch, dass die Konstruktion des Bundestierschutzgesetzes so sein soll, dass die
Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht möglichst rasch und ohne Verzögerung
erfolgen kann. – So weit die Kernpunkte dieses Entschließungsantrages. Es
tut mir – wie gesagt – außerordentlich Leid, dass die
Oppositionsfraktionen nicht zustimmen konnten.
Ich möchte an
dieser Stelle einen Appell an alle KollegInnen von den Oppositionsparteien
richten: dass wir gemeinsam versuchen, lösungsorientiert zu arbeiten, dass wir
so arbeiten, dass alle mitwirken können. Ich halte überhaupt nichts
davon – ich ersuche Sie auch, darauf zu achten, das nicht zu tun –,
Forderungen aufzustellen, die viele Beteiligte überfordern. Aber so, wie ich
Sie kenne, Frau Kollegin Sima, kann ich sagen, Sie sind sicher nicht der Typ,
der derart vorgehen wird.
Uns allen ist der
Tierschutz ein großes Anliegen. Wenn wir einander blockieren, haben die Tiere
und auch die Menschen, die mit und von ihnen leben, überhaupt nichts
davon. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
12.23
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend
Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein
Bundestierschutzgesetz an den Nationalrat ist ordnungsgemäß eingebracht, wird
vervielfältigt und steht dann zur Abstimmung.
Der Antrag hat folgenden Wortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Baumgartner-Gabitzer,
Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung
einer Regierungsvorlage betreffend ein Bundestierschutzgesetz an den
Nationalrat
eingebracht im Zuge der Debatte zu Punkt 3
der NR-Sitzung am 7. Mai 2003
Das Bekenntnis
zum umfassenden Tierschutz beruht in Österreich auf einem breiten gesellschaftlichen
Konsens. Die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes ist allen Fraktionen des
Nationalrates ein besonderes Anliegen. Dies wurde insbesondere durch die am
10. April 2003 tagende Enquete-Kommission unter Beweis gestellt.
Die Regierungsparteien sprechen sich für die
Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes aus, da
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 61 |
1. es ein klares Bekenntnis zu einer
nachhaltigen, tiergerechten und qualitätsorientierten Tierhaltung gibt;
2. es eine konsequente Umsetzung und
Weiterentwicklung des Tierschutzes auf der Basis einheitlicher, hoher
europäischer Standards sicherstellt;
3. es im Sinne eines effizienten
Verbraucherschutzes (Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität) bei der
EU-Erweiterung die Schaffung einer europaweiten Tierschutzzone unterstützt.
Die Antragsteller sind überzeugt, dass mit dem
geplanten Bundestierschutzgesetz ein wichtiges Signal für das Engagement
Österreichs in Tierschutzangelegenheiten auf europäischer Ebene gesetzt wird.
Die
Regierungsfraktionen sind daher gerne bereit, gemeinsam im Sinne des
Tierschutzes an einer solchen neuen Gesetzesmaterie mitzuwirken.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nunmehr
folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der
Nationalrat begrüßt, dass im Bundeskanzleramt eine
Arbeitsgruppe unter Einbeziehung des BMSGK, des BMLFUW, des BMGF, des BMI und
der Verbindungsstelle der Bundesländer zur Erarbeitung eines
Bundestierschutzgesetzes eingerichtet wurde. Die Bundesregierung wird ersucht,
die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe bis Herbst 2003 dem Nationalrat in
Form einer Regierungsvorlage zuzuleiten, sodass eine Beschlussfassung im
Jahr 2004 möglich ist. Die Bundesregierung wird weiters ersucht, die im
Nationalrat vertretenen Fraktionen über die Arbeiten dieser Arbeitsgruppe zu
informieren.
Zielsetzungen
dabei sollen sein:
Das
Bundestierschutzgesetz soll alle Tiere erfassen, die vom Menschen gehalten
werden, das heißt die Haltung von Heimtieren, Nutztieren (inklusive
nichtlandwirtschaftlicher Nutztiere wie z. B. Pelztiere), sonstigen Tiere, die vom Menschen gehalten werden wie
Begleittieren (z. B. Blindenhunde,
Diensthunde)
Sporttieren (z. B. Sportpferde)
Brieftauben etc.
Weiters sollen die Tierhaltung in Zoos, Tierparks
und im Rahmen von Zirkussen sowie die gewerbliche Tierhaltung erfasst sein.
Ziel dabei sind klare bundesgesetzliche
Bestimmungen für einen einheitlichen und effizienten Vollzug auf Landesebene,
um eine EU-rechtskonforme Umsetzung zu gewährleisten.
Weiters sind bei der Kodifikation des
Bundestierschutzgesetzes Fragen der Tiergesundheit, des Verbraucherschutzes und
der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit besonders zu berücksichtigen. Für
besonders tierfreundliche Haltungsformen sind Anreizsysteme und zusätzliche
Investitionsförderungen zur Sicherung einer familienbetrieblich strukturierten
Landwirtschaft vorzusehen.
Um Übertretungen der Tierschutzvorschriften wirksam zu verhindern, sind jedenfalls die bestehenden Kontrollsysteme und Kontrollmaßnahmen der Veterinärbehörden zu stärken und zu verbessern. Zusätzliche bürokratische Einrichtungen sollen grundsätzlich verhindert werden.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 62 |
Gleichzeitig ist das Verantwortungsbewusstsein der Tierhalter durch gezielte
Ausbildungsmaßnahmen bzw. eine Informationsoffensive zu erhöhen.
Die Konstruktion des Bundestierschutzgesetzes muss
so gestaltet sein, dass die Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht
möglichst rasch und ohne Verzögerungen erfolgen kann. Auf Ebene der
Europäischen Union werden hohe Standards in den Bereichen Tiertransporte und
Tierversuche angestrebt.“
*****
Zu Wort gemeldet
ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.
12.24
Abgeordnete
Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin
Baumgartner-Gabitzer, Ihren Appell höre ich wohl, aber das Wort „blockieren“ löst bei mir ganz andere
Erinnerungen aus. Es gibt nämlich nur eine Fraktion, die seit vielen, vielen
Jahren den Tierschutz in diesem Haus blockiert, und das ist Ihre Fraktion. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Grillitsch: Schauen Sie nicht in
die Vergangenheit! Schauen Sie in die Zukunft!) – Ich schaue in die Zukunft, Herr Kollege, aber das
Problem ist, dass das, was wir in der Vergangenheit im Tierschutzbereich erlebt
haben, wirklich so deprimierend war, dass ich auch für die Zukunft nicht
besonders große Hoffnungen habe, dass wir hier wirklich etwas weiterbringen. (Abg. Grillitsch: Sie reden doch
ständig von der Vergangenheit! Sie sind noch zu jung, um von der Vergangenheit
zu reden!) – Ich glaube, Sie kommen auch noch zu Wort (Abg. Grillitsch: Ja, so ist es!),
dann können Sie ja ein bisschen von der Zukunft reden, wie Sie sich das
vorstellen. Können wir uns jetzt darauf einigen?
Ich habe in
Vorbereitung auf die Enquete-Kommission nachgesehen – Stichwort Vergangenheit –,
wie viele Hearings, Enqueten, Ausschüsse, Unterausschüsse, Debatten es zum
Thema „Tierschutz“ in diesem Haus bereits gegeben hat, und ich kann Ihnen
sagen, die Liste war sehr, sehr lang. – Was wir aber immer noch nicht
haben, ist ein einheitliches Bundestierschutzgesetz. Es ist mir eigentlich
unverständlich, weshalb wir immer noch diskutieren müssen und weshalb dieses
Gesetz noch immer nicht vorliegt. (Abg. Grillitsch: Aber jetzt kommt
es!) – Ja, Herr Kollege, das sagen Sie uns schon länger. Ich warte
darauf, dass es kommt. Ich möchte es aber zuerst einmal sehen, bevor ich mich
dann wirklich darüber freue.
Ganz im Gegenteil!
Die Zersplitterung der Tierschutzgesetzgebung in zahllose Bundes- und Landesgesetze
schreitet immer weiter fort, sie wird immer detaillierter. Allein die Liste der
aktuellen Gesetze und Verordnungen, die den Tierschutz betreffen, ist
mittlerweile bereits sechs Seiten lang; das sind aber wirklich nur die
Überschriften. Auf Grund dieses unübersichtlichen und uneinheitlichen Konvoluts
an Vorschriften ist Österreich von einem modernen Tierschutz derzeit leider
sehr weit entfernt.
Die Frage lautet
daher: Weshalb gibt es noch immer kein Bundestierschutzgesetz? Das haben wir
unter anderem auch bei dieser Enquete zu erörtern versucht. Ich habe es
eingangs schon gesagt: Die Schaffung eines entsprechenden Gesetzes ist am
hartnäckigen Widerstand einer Partei gescheitert. Wir haben lange Zeit die
absurde Situation gehabt, dass es in diesem Haus eine klare Mehrheit für ein
Bundestierschutzgesetz gegeben hätte, es aber von einer Partei verhindert worden ist. Kurz vor den Wahlen gab es
einen Schwenk in der ÖVP, den ich sehr erfreut zur Kenntnis genommen habe, nur
bin ich, ehrlich gesagt, noch etwas skeptisch, was die tatsächliche Umsetzung
betrifft. Untermauert wird meine Skepsis dadurch, dass es von den
Regierungsparteien bisher keinen Vorschlag gibt. Die Wahl fand letztes Jahr
statt, mittlerweile sind einige Monate verstrichen, aber es gibt noch nicht
einmal so etwas wie eine Diskussionsgrundlage von Ihrer Seite.
Von SPÖ und Grünen liegt jetzt schon seit mehreren Jahren ein, wie ich glaube, sehr brauchbarer Antrag vor, den wir mit sehr vielen Experten und Tierschutzorganisationen diskutiert haben. Es gab einen Unterausschuss. – Es ist eine wirklich sehr lange Geschichte, die das Thema „Tierschutz“ jetzt schon schreibt. (Abg. Grillitsch: Außer Spesen nichts gewesen!)
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Bisher sind Sie nicht einmal dazu bereit gewesen, mit uns
darüber zu diskutieren; abgesehen von dieser Enquete-Kommission. Es war nicht
einmal möglich, Termine für Sitzungen dieses Unterausschusses festzulegen.
Daher möchte ich jetzt wirklich sehr gerne wissen: Wann wird es eine Regierungsvorlage geben?
In Ihrem
Antrag – und das ist auch mit ein Grund dafür, dass wir diesem Antrag
nicht zustimmen konnten – steht, es werde eine Arbeitsgruppe
eingerichtet. Das kommt mir irgendwie bekannt vor: Wenn ich nicht mehr weiter
weiß, gründe ich einen Arbeitskreis. (Abg.
Scheibner: Das ist aber keine Gruppe!) Dieses Wahlversprechen ist im
September oder Oktober letzten Jahres gegeben worden, und jetzt haben wir Mai.
Jetzt im Mai fällt Ihnen ein, dass Sie eine Arbeitsgruppe einsetzen, die jetzt
tagt und angeblich eventuell im Herbst etwas vorlegen wird?! Ich finde, das ist
wirklich eine sehr matte Ansage. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)
Offensichtlich
gibt es für diese Bundesregierung zwei Geschwindigkeiten. Wenn es darum geht,
die Pensionen zu kürzen, legen Sie eine affenartige Geschwindigkeit vor. Die
Kürzungen in diesem Bereich sind rasant vonstatten gegangen, aber beim
Tierschutz muss man warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. – Das ist das
Problem. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Ich habe, ehrlich
gesagt, wenig Vertrauen darauf, dass es im Herbst tatsächlich eine Regierungsvorlage
geben wird – ich bin natürlich gerne bereit, mich überraschen zu
lassen –, und das ist auch der Grund dafür, dass wir diesem Antrag nicht
zustimmen können. Wir werden einen eigenen Antrag einbringen, denn wir meinen,
dass zumindest bis Ende Juni eine Regierungsvorlage auf dem Tisch liegen
sollte. Sie haben wirklich genügend Zeit gehabt, sich auf dieses Thema
vorzubereiten. Ich rede jetzt nicht von den fünf oder sechs Jahren, die wir
schon debattieren, sondern allein seit der letzten Wahl sind wirklich sehr
viele Monate verstrichen. Bei anderen Themen schaffen Sie es ja auch im
Rekordtempo, Vorlagen vorzulegen – ohne Begutachtung und ich weiß nicht
was – und im Parlament zu beschließen. Nur beim Tierschutz bedarf es so
langer Zeit? Wenn Sie in Ihrer Regierungsarbeit so weitermachen, dann haben wir
wahrscheinlich Neuwahlen, bevor es eine Regierungsvorlage zum Tierschutz gibt. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Trinkl: Das würden Sie
sich wünschen!)
Für uns ist es
wichtig, dass es ein Bundestierschutzgesetz mit hohen Standards gibt und dass
dieses Bundestierschutzgesetz nicht dazu verwendet wird, dass man die
Standards, die es in einzelnen Bundesländern teilweise schon gibt, irgendwie
unterschreitet.
Unser Vorschlag,
den Sie ja bereits kennen, weil er, wie gesagt, seit drei Jahren vorliegt, hat
einige Kernpunkte vor allem im Nutztierbereich. Unser Konzept ist es, einen
Tiergerechtigkeitsindex einzuführen – das wurde von Wissenschaftlern
entwickelt –, weil das gerade im Nutztierbereich die beste Art und Weise
ist, vergleichend feststellen zu können, wie die Tiere behandelt werden. Er
orientiert sich am Wohlbefinden des Tieres, es gibt einige Parameter und
Faktoren – Stallklima, Bewegungsmöglichkeiten, Sozialkontakte,
Bodenbeschaffenheit, Betreuungsintensität; all das wurde von Wissenschaftlern
von der BOKU erarbeitet –, und wir meinen, es ist ein sehr gutes Konzept.
Es wird über ein Punktesystem festgelegt ... (Abg. Wittauer: Braucht man nur die Bauern fragen, die wissen es
besser!) – Herr Kollege Wittauer, ich warte noch auf den Vorschlag der
Regierungsparteien. Wenn er besser und strenger ist, sind wir gerne bereit, uns
anzuschließen. Unser Vorschlag
als Diskussionsgrundlage liegt schon lange auf dem Tisch, wir warten nur auf
Ihren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Der
Tiergerechtigkeitsindex funktioniert über ein Punktesystem: Man muss eine
gewisse Mindestpunkteanzahl erreichen, um Tiere halten zu können. Ich glaube,
dass das ein ganz gutes Konzept ist.
Ein zweiter für uns sehr wichtiger Punkt ist die Tieranwaltschaft. Wir waren sehr betrübt darüber, dass bei der Enquete von Seiten der ÖVP diesbezüglich so viel Ablehnung gekommen ist. Ich glaube, dass sich dieses Modell im Bereich der Umweltanwaltschaft sehr gut etabliert hat und dass es auch ein gutes Vorzeigemodell ist, das, wie man sieht, vielen Bürgern die Möglichkeit bietet, bei den Umweltanwälten, die auch sehr eng mit den betroffenen Landesräten zusammenarbeiten, einen Teil ihrer Probleme zu lösen. Ich habe nie ganz verstanden, warum
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 64 |
eine Tieranwaltschaft so sehr abgelehnt wird. Es wurde das
Argument vorgebracht: Nun ja, die Einrichtung einer Anwaltschaft, das bedeutet
Misstrauen. – Das verstehe ich nicht. Ich würde sie als eine positive und
massive Unterstützung der Tierschutzaktivitäten und auch der dafür zuständigen
Landesräte sehen. Ich kann also nicht ganz nachvollziehen, warum Sie sich so
sehr dagegen versperren.
Wir hätten auch
gerne einen Tierschutzbeirat zur Beratung des zuständigen Regierungsmitgliedes.
Ich glaube, das wäre auch noch ein ganz wichtiger Punkt.
Das sind also die
wichtigsten Punkte aus unserem Antrag, die Sie ja, wie gesagt, schon kennen.
Ich glaube, dass es nach den langen Jahren des Wartens jetzt wirklich an der Zeit
ist, endlich einmal konkrete Taten zu setzen. Man hat auch bei der Enquete
relativ deutlich gesehen, und es ist auch immer wieder angeklungen, dass sich
nicht nur unsere Geduld, sondern auch die Geduld der Tierschutzorganisationen
schön langsam einem Ende nähert, wenn wir hier noch viel länger über dieses
Thema diskutieren.
Deshalb bringe ich
ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Mag. Ulrike Sima,
Mag. Brigid
Weinzinger, Gradwohl, Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Kräuter, Heidrun
Walther und KollegInnen betreffend rasche Vorlage eines Bundestierschutzgesetzes
im Sinne des Volksbegehrens für ein Bundestierschutzgesetz
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Die
österreichische Bundesregierung wird aufgefordert bis spätestens Ende Juni d. J.
einen Entwurf für ein strenges und modernes Bundestierschutzgesetz dem
Österreichischen Nationalrat vorzulegen.
In eine
ausreichend langen Begutachtungsphase sind alle namhaften
Tierschutzorganisationen, vor allem aber die ProponentInnen des Tierschutzvolksbegehrens
mit einzubeziehen um eine ausführliche Debatte zu ermöglichen.
Inhaltlich ist
besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass die wesentlichen Forderungen des
Tierschutzvolksbegehrens (Anerkennung des Tierschutzes als Rechtsgut im
Verfassungsrang, Einrichtung einer Tieranwaltschaft, ideelle und finanzielle
Förderung des Tierschutzes) Berücksichtigung finden und keine der bisher in
den Bundesländern festgelegten Standards durch das Bundestierschutzgesetz
unterschritten werden.
*****
Danke. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
12.32
Präsident Dr. Heinz Fischer: Der von Frau Abgeordneter
Mag. Sima soeben vorgetragene Entschließungsantrag Mag. Sima,
Mag. Weinzinger ist genügend unterstützt, steht in Verhandlung und wird
dann auch zur Abstimmung gelangen.
Zu Wort gelangt
nun Herr Abgeordneter Wittauer. Die Uhr ist auf 10 Minuten
eingestellt. – Bitte.
12.33
Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! In dem heute von uns eingebrachten Entschließungsantrag wird das Ziel der Tierschutz-Enquete noch einmal unterstrichen. Deshalb begrüßen wir Freiheitlichen diese Initiative, denn bei der damaligen Tierschutz-Enquete waren wir alle überrascht über das konstruktive Gesprächsklima, das zwischen allen Teilnehmern herrschte. Jeder von ihnen sah das Ziel darin, dass es endlich zu einer Umsetzung eines einheitlichen Tierschutz-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 65 |
gesetzes kommt. Nicht nur den vier
Parlamentsfraktionen, sondern allen Schichten unserer Gesellschaft ist dies ein
Anliegen.
Ziel ist es, ein
klares Bekenntnis zu einer nachhaltigen, tiergerechten und
qualitätsorientierten Tierhaltung, wie sie von uns Freiheitlichen immer
gefordert wurde, abzulegen, mit einer gezielten Förderung, die auf Tierschutz
und natürlich auch auf Umweltschutz ausgerichtet sein muss.
In unserer
Landwirtschaft schließt die Haltung von Nutztieren Tierschutz nicht aus. Ich
weiß, wovon ich spreche. Ich bin Landwirt und versuche das schon heute in der
Praxis umzusetzen.
Was die
Wirtschaftlichkeit unserer Landwirtschaft anlangt, so sind gleiche Wettbewerbsbedingungen
in Europa Voraussetzung, um überleben zu können. Um den Stellenwert unserer
Landwirtschaft noch einmal zu unterstreichen, möchte ich alle Fraktionen bitten, in
gemeinsamer Arbeit ein einheitliches Tierschutzgesetz umzusetzen – zum
Wohle von uns Menschen und zum Wohle unserer Tiere.
Es ist auch
wichtig, dass, wenn wir Gesetze schaffen, für die einheimische Landwirtschaft
und gerade für die kleinstrukturierte Landwirtschaft Maßnahmen gesetzt werden,
dass sie unterstützt werden und dass es eine Förderung beziehungsweise eine
Investitionsförderung für diese Bereiche geben soll.
Mit einem
einheitlichen Tierschutzgesetz werden der Verbraucherschutz, die Lebensmittelsicherheit
und Lebensmittelqualität weiter verbessert.
Die konsequente
Umsetzung und Weiterentwicklung des Tierschutzes soll nicht nur ein
österreichisches Ziel sein, sondern Vorbildwirkung in ganz Europa im Hinblick
auf die Schaffung eines einheitlichen europäischen Tierschutzgesetzes oder
einheitlich hoher Standards haben. Nun haben wir die Gelegenheit, in Österreich
ein Signal zu setzen, das es Europa vielleicht erleichtert, den Tierschutz
ernst zu nehmen und darauf hinzuarbeiten, dass wir ein für ganz Europa
einheitliches Tierschutzgesetz bekommen.
Die nächsten
Monate werden entscheidend sein für die Ausarbeitung eines Tierschutzgesetzes,
das den Namen „Tierschutzgesetz“ auch verdient. Die Arbeitsgruppe, die dafür
eingesetzt wird, die Erarbeitung dieses Gesetzes bindet nicht nur die einzelnen
Ministerien ein, sondern auch die Länder. Auf meinen Wunsch sollen dort alle
Fraktionen mit eingebunden werden, und das wird auch umgesetzt.
Das
Bundestierschutzgesetz soll alle Tiere erfassen, die von Menschen gehalten
werden: Heimtiere, Nutztiere, Begleittiere, Sporttiere, auch die Tiere in Zoos,
Tierparks sowie im Bereich der gewerblichen Tierhaltung.
Wichtig wird auch
sein, die Fragen der Tiergesundheit und des Verbraucherschutzes zu regeln. Auch
die Wirtschaftlichkeit wird eine Frage sein, die wir in diesem Zusammenhang
ansprechen müssen. All das wurde in unserem Entschließungsantrag auch erwähnt
und berücksichtigt.
Investitionsförderungen
für tierfreundliche Haltungsformen, Schulungen, auch in Kindergärten und
Schulen, sollten die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen unterstützen.
Auch die Kontrolle
durch die verschiedenen Behörden muss effizienter und besser sein. Wichtig ist,
dass diese Kontrolle und die Umsetzung in den Bundesländern verbleiben.
Begleitend würde
ich auch vorschlagen, dass bewusst schwer tierquälerisches Verhalten unter
strengere Strafe gestellt wird. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Tiere
sind keine Sachen, keine Dinge, die hin- und hergeschoben werden, sondern Tiere
sind Lebewesen mit Gefühlen, die unseres Schutzes bedürfen.
Ich begrüße es auch, dass in diesem Antrag ganz klare zeitliche Rahmenbedingungen vorgesehen sind. Bis zum Herbst 2003 wird es eine Regierungsvorlage geben, mit der sich die
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 66 |
Ausschüsse ausreichend beschäftigen können. Die Hoffnung war noch nie
so groß, dass ein Ziel, nämlich dieses nationale Tierschutzgesetz im
Jahr 2004 umzusetzen, also seinen Beschluss hier im Nationalrat zu
erwirken, auch tatsächlich gemeinsam erreicht werden kann.
Ich weiß, dass die
Opposition – und damit komme ich jetzt auf Sie zurück, Frau Abgeordnete
Sima – anscheinend mit dem Zeitrahmen nicht zufrieden ist. Jetzt haben
wir, wie Sie vorher gesagt haben, sechs Jahre lang gearbeitet und versucht,
diesbezüglich etwas umzusetzen – und jetzt soll es daran scheitern, dass
wir einen zeitlichen Rahmen von drei, vier Monaten vorsehen, um ein
Tierschutzgesetz auch wirklich auszudiskutieren?! Auch Sie wissen ganz genau:
Wir brauchen eine Verfassungsmehrheit. Und jetzt auf einmal wird dieses Vorhaben
von Ihrer Fraktion boykottiert? – So sehe ich es zumindest. – Das ist
nicht der richtige Weg! Mein persönlicher Wunsch ist es, dass es im
Jahr 2003 eine Vorlage gibt und die Umsetzung im Jahr 2004 erfolgt.
Diese Kriterien werden erfüllt. Es wundert mich daher, dass Sie den von uns
eingebrachten Entschließungsantrag jetzt ablehnen.
Wenn ich mir Ihren
Antrag, den Sie vorhin formuliert haben, ansehe, dann stelle ich fest, dass Sie
zunächst einmal auf die ÖVP eingehen, die ein solches Gesetz sechs Jahre lang blockiert
habe. „Leider liegt bis zum heutigen Tag ... kein Entwurf ... vor“,
so heißt es da.
Da frage ich mich
auch wiederum: Sie wissen doch, wie Gesetze entstehen und dass so etwas, gerade
wenn es Änderungen in der Verfassung bedarf und wenn verschiedene Ministerien
und auch die Länder eingebunden sind – derzeit ist ja der Tierschutz auf
Landesebene gesetzlich geregelt –, nicht innerhalb von einigen Wochen zu
machen ist, sondern das braucht einfach eine gewisse Zeit. Und ich kann Ihnen
garantieren, dass es diese Vorlage auch tatsächlich im Jahr 2003 geben
wird.
Wenn ein Gesetz,
wie vorhin gesagt, einer Verfassungsmehrheit bedarf, dann wird auch diese Zeit
notwendig sein, um ein Gesetz auszuarbeiten. Und dazu brauchen wir alle
Fraktionen, dazu brauchen wir die Sozialdemokraten! Ich kann auch garantieren,
dass die Freiheitlichen unter unserem Vizekanzler Haupt immer für ein
Tierschutzgesetz gekämpft haben. Wenn die Sozialdemokraten das heute so locker
vom Hocker besprechen, dann darf ich daran erinnern: Vor sechs Jahren waren
nicht wir in der Regierung, sondern es waren die Sozialdemokraten, die in der
Regierung waren – und die auch ein solches Gesetz nicht umgesetzt haben,
obwohl es die Freiheitlichen immer gefordert haben! (Beifall bei den
Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)
Und jetzt auf
einmal soll es wieder an formalen Dingen scheitern! Wiederum sagt die
Sozialdemokratie hier: Wir brauchen ein Tierschutzgesetz, es ist wichtig und es
soll endlich zur Umsetzung gelangen! – Sie von den Sozialdemokraten haben
es versäumt, wir setzen es um.
Und jetzt auf einmal wird das, was wir umsetzen wollen, von Ihrer Seite aus
wieder blockiert! (Neuerlicher
Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)
Da muss ich schon
sagen: Wenn das die Politik wäre, die die Zukunft unseres Landes bestimmt, dann
bin ich froh, dass Sie nicht in der Regierung sind, sondern dass wir die
Regierungsparteien sind! Und wir werden auch dieses Tierschutzgesetz so
anlegen, dass die Bevölkerung es als einen großen Wurf und als ein gutes Gesetz
empfinden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der
ÖVP.)
Meine Damen und
Herren von der Opposition! Als Abgeordneter, dem der Tierschutz sehr wichtig
ist, wie man ja immer wieder hören kann, fordere ich oder wünsche ich mir, dass
wir auf den Weg des Konsenses zurückfinden. Arbeiten wir gemeinsam an diesem
wichtigen Gesetz, sodass wir tatsächlich dann im Jahr 2004 zu einer
Entschließung gelangen und dieses Gesetz umgesetzt wird!
Ich würde es mir wünschen. Ich und meine Kollegen von der Freiheitlichen Partei, wir werden unseren Anteil an Arbeit dazu beitragen. Ich garantiere Ihnen auch: Diese Regierung mit Vizekanzler Haupt wird mit dieser Arbeitsgruppe auch dieses Tempo vorlegen. Ich wünsche mir daher, dass wir, wenn wir das nächste Mal über Tierschutz reden, auch konkret die Umsetzung
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 67 |
und den Inhalt dieses Gesetzes
diskutieren werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der
ÖVP.)
12.41
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Weinzinger. – Bitte.
12.41
Abgeordnete
Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte
Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die Humanität einer Gesellschaft
lässt sich daran ablesen, wie sie mit dem – philosophisch gemeinten –
jeweils Anderen umgeht, also mit dem, was nicht der eigenen Klasse, Kaste,
Gruppe, wie immer Sie es nennen wollen, angehört. Im gegenständlichen Fall
kann man mit Fug und Recht sagen – und das haben auch mehrere Fachleute
bei der Enquete gesagt –: Die Humanität der Gesellschaft lässt sich daran
ablesen, wie wir mit den Tieren umgehen, ob wir ihnen das Recht auf
artgerechtes und tiergerechtes Leben zugestehen. Ob man dafür den Begriff
„Würde“ wählen will oder nicht, ist dann Geschmackssache. (Abg. Dr. Brinek: Nein, ist nicht Geschmackssache!
... ein philosophisches Problem!)
Dass wir heute
eine ganze Reihe von Missständen vorliegen haben, dürfte bekannt sein. Ich
rätsle zwar noch immer, ob der heutige Ausspruch des Finanzministers „Weg mit
dem Speck!“ ein Aufruf zur Beseitigung der Missstände in der Schweinehaltung
war (Abg. Kopf: Der war nicht
gut!), aber es gibt jedenfalls ganz klare Bedürfnisse, einen effizienten
und bundeseinheitlichen Tierschutz zu gewährleisten. (Abg. Jakob Auer: Nehmen Sie diese Behauptung zurück?) Nur
zur Erinnerung: Wir haben zurzeit 10 Gesetze, 36 Verordnungen,
600 Paragraphen (Abg. Jakob Auer: Nehmen Sie die Behauptung
zurück, Frau Kollegin?) – wenn Sie nicht einmal zwischen einer
Behauptung und einer Überlegung, die ich mit offenem Fragezeichen anstelle (Abg. Jakob Auer: Nein, ... eine
Behauptung!), unterscheiden können, sehe ich mich nicht veranlasst,
irgendetwas zurückzunehmen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ – Abg. Dr. Fekter: ... eine Unterstellung! Das
ist typisch!) – und eine Kompetenz auf acht Ministerien verteilt. Das
ist absolut unbefriedigend!
Es war auch in der
Enquete ganz klar, dass es eine ganze Reihe gemeinsamer Zielsetzungen und
gemeinsamer Erkenntnisse gab bezüglich dessen, was es braucht: Es braucht
Tierschutz im Verfassungsrang. Es braucht eine klare Interessenvertretung für
den Tierschutz, die man zum Beispiel über eine Tieranwaltschaft, über die
Möglichkeit einer Verbandsklage regeln könnte. Es braucht klare Vorschriften
für die Tierhaltung in allen Bereichen, im landwirtschaftlichen wie auch im
nicht landwirtschaftlichen Bereich, und so weiter.
Ich bin daher mehr
als verwundert über die Interpretation, die ich jetzt von Frau Abgeordneter
Baumgartner-Gabitzer (Abg. Steibl:
Das ist eine gescheite Frau! Die hat gut gesprochen!), aber auch von
Abgeordnetem Wittauer gehört habe, was sie unter Konsens oder unter „alle
sollen mitarbeiten“ verstehen. Wir haben einen Entschließungsantrag vorgelegt
bekommen, zu dem die Grünen ihre Ideen beizusteuern versucht haben. In diesem
Antrag ist einiges enthalten, was absolut brauchbar ist, aber auch anderes,
bezüglich dessen wir gerne eine Veränderung besprochen hätten. Aber die
Botschaft war: Kein Verhandlungsspielraum – wir reden nicht einmal
darüber.
Dann zu sagen, das
sei die Einladung, die Sache gemeinsam anzugehen, gemeinsam zu arbeiten,
gemeinsam zu diskutieren, halte ich für einen leichten Fall von Zynismus. Dass
gleichzeitig gesagt wird: Als Strafe dafür oder als Folge davon, dass die
Opposition sich weigert, einen Antrag, den die Regierung vorlegt, auf Punkt und
Beistrich einfach so zu übernehmen und zuzustimmen, soll sie daher jetzt auch
in der Arbeitsgruppe, die über das Tierschutzgesetz berät, nicht mehr
vertreten sein! – im Übrigen ganz genauso wenig wie die Vertreterinnen
und Vertreter des Tierschutz-Volksbegehrens selbst –, werte ich auch nicht
gerade als eine Einladung zur Mitarbeit. Wenn Sie sich unter Mitarbeit
vorstellen, dass die Opposition sagt: Ja, danke, wir ändern nicht einmal ein
Komma, wir nehmen alles, wie es ist!, dann sind Sie eindeutig auf dem Holzweg. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ein paar
Anmerkungen zu inhaltlichen Punkten, die man auch aus dem Entschließungsantrag
schon herauslesen kann:
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 68 |
Es ist ganz
offensichtlich angedacht – und das war auch schon im Umfeld der Enquete
festzustellen –, dass es keine Tieranwaltschaft geben soll. (Abg. Wittauer: Wer sagt denn das?) Sie
haben erwähnt, dass das Klima in der Enquete-Kommission sehr konstruktiv war,
und ich denke, das war sehr typisch für die gesamte Diskussion: Hier herunten
im Plenarsaal war das Klima sehr konstruktiv – das lag zum Teil auch
daran, dass sich die ÖVP jeglicher inhaltlicher Aussagen und Vorgaben enthalten
hat –, aber schon auf der Galerie – und ich habe die gesamte Enquete
vom Anfang bis zum Ende auf der Galerie mitverfolgt – war das Klima in dem
Eck, wo ich saß, und da waren offensichtlich einige Vertreter und
Vertreterinnen der Landwirtschaftskammern angesiedelt, nicht mehr ganz so
unkontroversiell, um es vorsichtig zu formulieren.
Das heißt, im
Hintergrund schaut die Sache ganz anders aus. Da gibt es massive Widerstände
dagegen, Dinge, die schon längst fällig wären – und zwar sowohl im
Interesse des Tierschutzes als auch im Interesse des Konsumentenschutzes als auch
im Interesse des langfristigen Planungs- und Investitionsschutzes für die
Landwirtinnen und Landwirte –, anzugehen. Ich nenne als ein Beispiel die
Legehennenhaltung: Wenn Sie als Landwirtinnen und Landwirte vernünftig
investieren wollen, kann ich niemandem raten, jetzt in die nächste Generation
von Käfigsystemen einzusteigen, weil die diesbezüglichen Bestimmungen in der EU
bald wieder novelliert werden. Das einzig Kluge, wirtschaftlich Kluge, was man
machen kann, ist, aus der Käfighaltung auszusteigen. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wenn Sie
Tierschutz ernst nehmen wollen, dann müssen Sie eine Kontrollmöglichkeit und
eine Möglichkeit zum Einfordern der Rechte des Tierschutzes einrichten. Das
geht nicht dadurch, dass Sie sich auf dem Papier dazu bekennen, sondern das
erfordert auch eine Umsetzungseinrichtung. (Abg.
Wittauer: Das erfordert eine Gesetzesvorlage!) Mir ist nicht
verständlich, warum man zwar Umweltanwaltschaften als erfolgreich beurteilen,
gleichzeitig aber von vornherein den Standpunkt vertreten kann, dass es eine
Tieranwaltschaft nicht geben soll! (Abg. Wittauer: Wer sagt denn
das?) Warum behandeln Sie Tierschutz auf der Umsetzungsebene anders, als
Sie Umweltschutz behandeln? – Das müssen Sie einmal erklären! (Beifall
bei den Grünen.)
Es sei denn, Sie
achten nicht darauf, was im Sinne der Sache, nämlich im Sinne der Sache des
Tierschutzes klug ist, sondern hören mehr auf Lobbyisten aus
Interessenvertretungen, die ihre – meinetwegen legitimen – Interessen
artikulieren (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer:
Das ist eine Unterstellung, Frau Kollegin!), die aber deswegen noch lange
nicht Kernpunkt eines Tierschutzgesetzes sein müssen. Nur zu sagen, Herr
Abgeordneter Wittauer: Wir wollen ein Tierschutzgesetz!, das ist zu kurz gegriffen.
Vielmehr muss es heißen: Wir wollen ein Tierschutzgesetz, das a) diesen Namen
verdient und b) klare umsetzungsorientierte Richtlinien vorgibt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer:
In meiner Rede habe ich das alles klar gesagt!) Und: Wir wollen, dass dabei
alle mitarbeiten dürfen, die dazu eine Berechtigung beziehungsweise die dafür
ein Interesse nachweisen.
Daher würde ich
mir erwarten, dass wir erstens bald eine Regierungsvorlage auf den Tisch
bekommen. Es ist schon von Abgeordneter Sima darauf hingewiesen worden: Sie
können sehr rasch eine der größten Pensionsreformen der Zweiten Republik auf
den Tisch legen, aber Sie schaffen es nicht – obwohl Sie seit Jahren die
Meinungen von Expertinnen und Experten dazu gehört haben –, eine Vorlage
für ein Tierschutzgesetz auf den Tisch zu legen! (Beifall bei den Grünen und
bei Abgeordneten der SPÖ.)
Sie schaffen es
immerhin, eine Arbeitsgruppe einzurichten. Ich bin gespannt, ob Sie es auch
schaffen, in die Arbeitsgruppe jene Leute einzuladen, die seit Jahren sehr
engagiert und zum Teil sogar ehrenamtlich für den Tierschutz arbeiten und ein
Tierschutz-Volksbegehren erfolgreich durchgeführt haben. Ich darf Sie daran
erinnern: Wir bewegen uns hier nicht in einem inhaltlich luftleeren Raum,
sondern wir haben ein massiv unterstütztes Volksbegehren vor uns liegen, das in
keinem Punkt jemals abgearbeitet worden wäre. Wir haben eine Verpflichtung,
dieses Volksbegehren aufzugreifen und seine Inhalte im Gesetz festzuschreiben.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 69 |
Wir haben
schließlich auch eine Verantwortung: eine Verantwortung nicht nur gegenüber den
Menschen, die das Volksbegehren unterschrieben haben, sondern eine
Verantwortung auch gegenüber den Tieren, die wir nutzen, die wir halten, die
wir in unserer Obhut haben und an deren Haltungsform wir unsere Humanität
werden messen müssen.
Ich fordere Sie
daher auf: Machen wir endlich – endlich! – Nägel mit Köpfen! Machen
wir ein Tierschutzgesetz, das einen seriösen Tierschutz festschreibt, das sich
auf modernem Standard bewegt, das sich in der EU sehen lassen kann, das die
Niveaus der Bundesländer hält oder auf ein einheitliches hohes Niveau
festschreibt – und nicht nach unten nivelliert, wie das vermutlich eine
Intention Ihrerseits ist (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer:
Wieder eine Unterstellung!) –, und lassen Sie Fachleute und
Tierschützerinnen und Tierschützer mitreden und nicht nur Interessenvertreter
der Landwirtschaft! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.50
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zum Wort
gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte, Herr Staatssekretär.
(Abg. Öllinger – in Richtung des Staatssekretärs Morak –: Sind Sie der
Brieftauben-Experte?)
12.50
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Auch der
letzte Redebeitrag hat uns gezeigt, mit welchem Engagement, mit welchem sehr
persönlichen Engagement gerade in dieser Materie um Positionen gerungen wird.
Es ist eine sensible und sehr emotionale Materie. Ich glaube, wir tun gut
daran, auch wir hier auf der Regierungsbank, kühlen Kopf zu bewahren, um dieses
Problem, das uns so sehr bewegt, auch zu lösen.
Wie Sie wissen, hat der Herr Bundeskanzler noch vor den vergangenen
Nationalratswahlen die Realisierung eines bundesweiten Tierschutzgesetzes in
Aussicht gestellt, und diese Forderung hat auch Eingang in das Arbeitsprogramm
der Bundesregierung gefunden. Von dem bereits vor der Bildung der
Bundesregierung eingebrachten Initiativantrag der Abgeordneten Schüssel, Khol
und Grillitsch als Basis ausgehend, hat der Nationalrat dieses Thema zu einem
vorrangigen Arbeitsschwerpunkt erklärt und in den vergangenen Monaten auch
gemacht. Dafür sei den Abgeordneten dieses Hohen Hauses Dank gesagt.
Im Rahmen der Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 wurde die
Ausarbeitung des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes kompetenzmäßig dem BKA,
im Einvernehmen mit den fachlich betrauten Bundesministerien, zugeordnet. Damit
wird die erhöhte Koordinierungskompetenz – auch hinsichtlich der
Länder – des Bundeskanzleramtes berücksichtigt und betont. Die
vorliegenden Ergebnisse der Enquete-Kommission bilden eine substantielle
Grundlage für die nun folgende Ausarbeitung einer Regierungsvorlage. Zieldatum
für dieses bundeseinheitliche Tierschutzgesetz ist das Jahr 2004.
Folgende Punkte werden dabei in der Regierungsvorlage zentrale
Berücksichtigung finden:
Erstens: die Regelung der verfassungsrechtlichen Grundlage für ein
bundeseinheitliches Tierschutzgesetz unter Beobachtung des Artikels 11
B-VG. Das heißt, die Gesetzgebung wird Bundessache sein, die Vollziehung bleibt
Landessache.
Zweitens: Dem Zustand der Rechtszersplitterung und Unüberschaubarkeit
soll mit dem neuen bundeseinheitlichen Gesetz ein Ende gesetzt werden. Wir
wissen alle, dass momentan in diesem Bereich insgesamt zehn
Landes-Tierschutzgesetze, zirka 35 Durchführungsverordnungen und zwei
Ländervereinbarungen gemäß Artikel 15a bestehen. In Zukunft werden wir
eine bundeseinheitliche Regelung haben, die selbstverständlich auch die
europarechtlich gebotenen Vorgaben berücksichtigen wird.
Drittens: Die genauen Inhalte des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes werden noch abzuklären sein. Wir sind uns dessen bewusst, dass es diesbezüglich noch weitgehend divergierende Ansichten gibt, wie uns dies sowohl die Enquete-Kommission als auch die heutige Debatte bestätigt haben. Der Tierschutz in Österreich verfügt schon heute über einen hohen Standard, und ich möchte betonen, dass diese Standards, die heute schon auf Landesebene
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 70 |
geregelt
sind, auch in das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz aufgenommen werden
sollen. Dort, wo dies den österreichischen Konsumenten, der österreichischen
Landwirtschaft und der Lebensmittelsicherheit in unserem Land dient, soll es
aber noch weitere Verbesserungen geben.
Es ist das erklärte Ziel dieser Bundesregierung, beim Tierschutz
innerhalb der EU eine Vorreiterrolle zu übernehmen. In diesem Sinne bin ich
zuversichtlich, dass es trotz der auch heute noch zu Tage getretenen teilweise
extrem divergierenden Meinungsunterschiede schlussendlich gelingen wird, ein
qualitativ hochwertiges bundeseinheitliches Tierschutzgesetz hier in diesem
Hause zu beschließen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)
12.54
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Grillitsch. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. –
Bitte.
12.54
Abgeordneter
Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es gibt in Österreich
ein klares Bekenntnis zum Tierschutz, und zwar ein umfassendes Bekenntnis mit
einem breiten gesellschaftlichen Konsens.
Ich war tief
beeindruckt vom konstruktiven Gesprächsklima anlässlich der Tierschutz-Enquete.
Nachdem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel vor der letzten Wahl die Initiative
ergriffen hat und die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes angekündigt hat,
haben wir dann am 20. Dezember bei der Konstituierung des Nationalrates
gemeinsam einen Antrag für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz
eingebracht. Und es waren dann auch wir, die ÖVP unter Wolfgang Schüssel, die
die Initiative zur Durchführung einer Tierschutz-Enquete ergriffen haben, um
das auch einmal klar zu sagen. (Abg. Gradwohl:
Sechs Jahre zu spät!)
Nicht immer
zurückschauen, sondern in die Zukunft blicken, lieber Heinz Gradwohl! Das würde
auch dir einmal gut tun. (Beifall bei der ÖVP.)
Umso enttäuschter
bin ich, meine Damen und Herren Abgeordneten von der SPÖ und von den Grünen,
wenn ich sehen muss, wie Sie heute hier agieren und Behauptungen, Pauschalbehauptungen
in den Raum stellen, dass es Missstände in der Schweinewirtschaft gibt. Dann
nennen Sie doch diese Missstände, wenn es sie gibt! Dann haben Sie doch den
Mut, diese Missstände hier zu nennen, anstatt Pauschalverurteilungen
vorzunehmen, die weder Hand noch Fuß haben! Ich bitte Sie darum! (Beifall bei
der ÖVP.)
Kehren Sie ab von
dieser polemischen Parteipolitik (Abg. Öllinger:
Bitte? – Der Einzige, der polemisiert, sind Sie!), wie Sie sie wieder
zu betreiben versuchen, weil Sie wissen, dass Ihnen die Felle und das Vertrauen
bei der Bevölkerung davonschwimmen. Kehren Sie zurück zu einem konstruktiven
Klima, denn es geht letztlich – und das ist oberstes Gebot, auch für
uns – um Konsumentenschutz! Hier zu behaupten, dass Menschen, die mit
Tieren zu tun haben, von vornherein Tierquäler wären (Ruf bei der SPÖ: Das behauptet ja niemand! – Abg.
Dipl.-Ing. Pirklhuber: Wer hat denn das gesagt, Kollege
Grillitsch?) – manchmal habe ich auf Grund der Darstellungen so den
Eindruck, als ob überall, ob in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung oder
in der Heimtierhaltung, ausschließlich Tierquäler am Werk wären, meine Damen
und Herren (Abg. Binder: Ist das
jetzt Polemik, Herr Kollege?) –, das kann doch nicht der Weg sein, wie
wir ein gemeinsames bundeseinheitliches Tierschutzgesetz zustande bringen!
Ich bin zwar noch
nicht sehr lange im Nationalrat, aber eines weiß ich auch, Frau Abgeordnete
Sima: Es ist wahrscheinlich wesentlich leichter, ein Bundesgesetz im Sinne
einer Pensionssicherungsreform zu ändern, als neun unterschiedliche
Landes-Tierschutzgesetze in Bundeskompetenz zu erheben. Das ist wahrscheinlich
wesentlich schwieriger, als ein Bundesgesetz zu ändern, und daher glaube ich,
dass der Vergleich, den Sie da gebracht haben, wirklich ein schlechter ist und
kein guter.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 71 |
Ich habe
daher – ich sage das ganz offen – immer mehr den Eindruck, dass Sie
aus wahltaktischen Gründen überhaupt kein Interesse am Zustandekommen eines
bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)
Kehren Sie zurück,
arbeiten Sie mit uns! Wir haben klar Kompetenzen aufgezeigt: die
Heimtierhaltung, die Nutztierhaltung, Tiere in Zoos, für Demonstrationszwecke
und dergleichen mehr. Wenn wir in diesem Sinne weiter vorgehen, dann werden wir
auch in der nächsten Zeit, in den nächsten Wochen und Monaten, bis zum Herbst
oder Winter einen entsprechenden Gesetzestext vorliegen haben. Ich sage auch
ganz offen: Ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz kann nicht nur dazu
führen, dass zusätzliche Kosten und zusätzliche Bürokratie entstehen, so wie
dies teilweise, vor allem im Vorschlag der SPÖ, immer wieder zum Ausdruck
kommt.
Daher: Kehren wir
zurück zu diesem Konsens, zu diesem Dialog, wie wir ihn mit der
Tierschutz-Enquete begonnen haben! Dann bin ich zuversichtlich, dass wir rasch
ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz haben werden. (Beifall bei der
ÖVP.)
12.59
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.
12.59
Abgeordneter
Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Warum
Kollege Grillitsch noch vom Wahlkampffieber geschüttelt wird, das bleibt mir
verschlossen und ist auch nicht meine Sache. (Abg. Grillitsch: ... dass Sie aus dem Wahlkampffieber
wieder zurückkommen! Wir haben eh gesehen, wie die Wahl ausgegangen ist!) Ich
möchte lieber in die Zeit vor den letzten Nationalratswahlen zurückblenden.
Kollege Grillitsch, da gab es zwei ganz besonders herausragende Ankündigungen
von Bundeskanzler Schüssel: erstens, dass eine Wirtschaftsplattform die
Abfangjäger finanziert, und zweitens,
dass endlich ein Bundestierschutzgesetz kommt.
Wie die Sache mit
der Wirtschaftsplattform ausschaut, das wissen wir ja inzwischen, Kollege
Scheibner (Abg. Wittauer: Wir
haben jetzt keine Abfangjäger-Debatte! Wir reden jetzt über das
Tierschutzgesetz!), denn es gibt ein Bundesgesetz über den Nachkauf von
Luftraumüberwachungsflugzeugen, wonach einfach der Bundesminister für Finanzen
für die Finanzierung zu sorgen hat. Und damit ist ja die Katze aus dem Sack (Abg. Scheibner: ... was das mit
dem Tierschutzgesetz zu tun hat?): Es wird massive Kürzungen der Pensionen
der Arbeitnehmer geben, brutal, rücksichtslos und ungerecht. (Abg. Jakob Auer: Zur Sache!) –
So viel zur ersten Ankündigung des Herrn Bundeskanzlers. (Abg. Jakob Auer: Zur Sache!)
Zur zweiten
Ankündigung – und das ist wirklich das Letzte –: Sie, meine Damen und
Herren von den Regierungsparteien, haben heute die Stirn, einen
Entschließungsantrag für ein Bundestierschutzgesetz vorzulegen, durch den es
auf das Jahr 2004 verschoben wird. (Abg.
Wittauer: Das stimmt ja gar
nicht! – Rufe bei der ÖVP: 2003!) Frau Kollegin
Dr. Baumgartner-Gabitzer hat präzisiert und gesagt, der Herbst 2004
solle es sein. Herr Staatssekretär Morak sagt überhaupt, das Jahr 2004 sei
eine Zielvorstellung. – Das, was Sie, meine Damen und Herren von den
Regierungsparteien, hier machen, ist ungeheuerlich! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Kollege
Grillitsch! Es ist blanker Zynismus, wenn Sie sagen, dass die ÖVP da die
Initiative ergriffen hätte, denn – und ich weiß, wovon ich spreche, denn
ich war Obmann des Unterausschusses – Sie haben Jahr für Jahr auch nur
die kleinste parlamentarische Beratung verhindert. Der seinerzeitige
Klubobmann und jetzige Präsident Khol hat sich damals in diesem Zusammenhang
besonders hervorgetan. (Präsident
Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt
den Vorsitz.)
Ich erinnere
daran: Die Fraktionen hatten bereits am 18. September 2000 eine
inhaltliche Sitzung vereinbart, zwei Tage später jedoch verhinderte der
damalige ÖVP-Klubobmann Khol in der Präsidiale den Termin.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 72 |
Wenn man ein
bisschen in die Schmankerl schaut, lässt das manchmal tief blicken. „Hohes Haus
von innen“ in der „Kronen Zeitung“ vom 16. Februar 2003: Da geht es
um die Laudatio für Herrn Klubdirektor Zögernitz, und da heißt es:
„Auch spinnende
,Feuerwehraktionen‘ kamen vor: Wolfgang Schüssel hatte im Wahlkampf ein bundesweites
Tierschutzgesetz angekündigt. Am späten Abend vor der ersten Nationalratssitzung
im Dezember rief Andreas Khol seinen Klubdirektor an und wollte für den
nächsten Morgen das Gesetz ausformuliert. ,Ich musste in der Nacht die
Sachbearbeiter auftreiben‘, so Zögernitz.“
Wo ist dieses
Papier, wo ist der Entwurf? Warum legen Sie dieses Papier nicht vor, meine
Damen und Herren, das Khol angeblich in irgendeiner Nacht nach den
Nationalratswahlen in Auftrag gegeben hat? (Abg.
Wittauer: Weil wir einen breiten
Konsens haben wollen! – Weitere Zwischenrufe.)
Zu Ihrem Zuruf,
lieber Kollege. (Abg. Wittauer: Sie haben verweigert, in
diese Arbeitsgruppe zu gehen ...!) Ihr seinerzeitiger Finanzminister
Grasser hat bereits am 5. November 2001 gesagt (Abg. Wittauer: Wie viele
Vorschläge brauchst du noch?), dass wir ein Bundestierschutzgesetz
brauchen – im Jahr 2001! (Abg. Grillitsch: Wir machen es jetzt eh! Wir
machen es eh!) Am 22. November 2001 sagte Erwin Pröll: Tierschutz
geht vor Politik! (Abg. Scheibner: Na also!) – Sie
reden von 2004, Pröll von 2001. (Abg. Scheibner: Sie haben 30 Jahre
nichts zusammengebracht!)
Herr Vizekanzler,
am 24. Dezember 2001: keine halben Sachen. Sozialminister –
damals – Herbert Haupt hält nichts von einem
Alibi-Bundestierschutzgesetz.
Ich fasse
zusammen: Meine Damen und Herren! Im Jahr 2000 haben ÖVP und FPÖ eine
einzige Formalsitzung zugelassen. Im Jahr 2001 haben ÖVP und FPÖ wieder
nur eine einzige Formalsitzung zugelassen. Im Jahr 2002 gab es die
Wahlkampfansage des Bundeskanzlers, im Jahr 2003 ein Hearing, und das
Jahr 2004 stellt für den Herrn Staatssekretär ein Zieldatum dar. –
Das ist ungeheuerlich! Das, was Sie hier machen, ist einfach ungeheuerlich. (Abg. Wittauer:
Wenn man in den Ausschüssen 2003 verhandelt, wird es auch zur Umsetzung
kommen!)
Das Programm der
ÖVP und FPÖ ist klar:
erstens: ein
Marketinggag vor den Nationalratswahlen, um Stimmen zu fangen;
zweitens:
Verschleppung, Verzögerung, Blockade (Abg.
Scheibner: Was haben Sie in
30 Jahren Ihrer Regierungsbeteiligung gemacht beim Tierschutz?);
drittens: hinter
den Kulissen wird längst überlegt, welche Methode es gibt, um unter dem
Deckmantel Tierschutz weitere Förderungen für die Landwirtschaft zu lukrieren (Abg. Wittauer:
Das ist wohl eine Unterstellung ...!);
viertens
wird – da braucht man auch nicht lange zu prognostizieren – eine
Werbekampagne geplant werden, und die ÖVP wird sich auf Kosten der Steuerzahler
als Tierschutzpartei feiern lassen. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und
Herren von ÖVP und FPÖ! Für dieses Programm, das Sie hier umsetzen wollen,
werden Ihnen die Wählerin und der Wähler die Rechnung präsentieren –
dieser Tag wird kommen. (Beifall bei der SPÖ. –
Abg. Wittauer:
Das ist uns
schon klar, dass die Sozialdemokraten für die Landwirtschaft noch nie etwas
übrig gehabt haben!)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 73 |
13.04
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat
sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte. (Ruf bei den Freiheitlichen – in
Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch –: Uwe, jetzt sag es ihnen! – Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Ich bin heute auf konziliant aus!)
13.04
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! Hohes
Haus! Die Schuldzuweisungen, die hier in der Diskussion zwischen ÖVP und SPÖ
vorgenommen werden, sind für mich, muss ich sagen, eigentlich beispielgebend
für eine äußerst dubiose Vergangenheitsbewältigung im Hohen Haus. Denn mir ist
es relativ Wurscht, sage ich ganz ehrlich, ob es jetzt die SPÖ als Regierung
nie zusammengebracht hat oder ob die ÖVP jahrelang blockiert hat. Ich denke
aber, es ist an der Zeit, hier wirklich etwas zu verändern. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Es steht außer
Zweifel, dass es nicht die SPÖ
war, die in der Zeit ihrer jahrzehntelangen Regierung beziehungsweise
Regierungsbeteiligung etwas verändert hat – außer zum Schlechten. (Zwischenruf des Abg. Heinzl. –
Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: 30 Jahre habt ihr
nichts zusammengebracht!)
Es steht für mich
auch außer Zweifel, dass es auch nicht Kanzler Schüssel war, der dieses Gesetz
eingeläutet hat.
Für mich steht weiters
ganz klar außer Zweifel, dass es unser
Vizekanzler war, dass es
Herbert Haupt war (Beifall bei den Freiheitlichen), der dieses
bundeseinheitliche Tierschutzgesetz gefordert und auch, meine geschätzten
Damen und Herren, zur Koalitionsfrage erklärt hat. Vizekanzler Herbert Haupt
hat in den Koalitionsverhandlungen gefordert, dass es beschlossen und
umgesetzt werden muss.
Meine lieben
Kollegen von der SPÖ! Ich zitiere ungern, damit mir eben nicht auch so ein
Fehler passiert wie Ihrem Kollegen, der den Frühling mit dem Sommer verwechselt
hat, aber glauben Sie mir eines: Wer schreit, hat nicht Recht! – Es ist
ein Faktum: Wer schreit, hat nicht Recht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Wir sollten nun
zur Enquete-Kommission zurückkommen. Ich selbst hatte die Ehre, bei dieser
Sitzung eine Stunde den Vorsitz zu führen, und ich kann die Aussagen meiner
Vorredner bestätigen: Es war eine kontroversielle, eine interessante und
sicherlich produktive Diskussion. Es war aber auch eine Diskussion – das
möchte ich hier noch einmal erwähnen –, in der zum Teil über das Ziel
geschossen wurde. (Abg. Dr. Glawischnig:
Ach so?)
Ich bin der
Meinung, dass hier zum Teil mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, und darf
nur zwei, drei Dinge herausnehmen. (Abg.
Dr. Glawischnig: Beim Tierschutz wird nicht geschossen!) – Okay,
Frau Kollegin.
So hat zum
Beispiel Frau Dr. Licek davon gesprochen, dass der Stress der
Aquariumsfische nicht mehr tragbar ist. – Seien Sie mir bitte nicht böse, aber da
muss ich anfangen nachzudenken. (Abg. Dr. Glawischnig:
Ein Fisch ist auch ein Vieh!) Wenn wir in einer Zeit, in der wir wirklich
andere Probleme haben, über den Stress der Aquariumsfische diskutieren, dann
weiß ich nicht, ob wir auf dem richtigen Weg sind.
Herr Buchner, der
von den „Vier Pfoten“ nominiert wurde, hat die Bauern kritisiert – massiv
kritisiert; jene von Ihnen, die nicht anwesend waren, können das
nachlesen –, er hat gesagt, dass wir Bauern da nur wirtschaftliche
Interessen in den Vordergrund stellen. – No na, da geht es doch um unseren
Beruf! Die Bauern müssen wirtschaftlich denken, sonst wird mir Herr Buchner
erklären müssen, was er mit den mehr als 200 000 Bäuerinnen und
Bauern machen wird, ob er sie dann bei „Vier Pfoten“ anstellen wird oder ob sie
vielleicht – als einzige Auswegmöglichkeit – vom Kollegen
Verzetnitsch als Bauernakkordanten als Lohnstreiker angestellt werden, um das
Land zu verändern. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner:
Der Verzetnitsch ist eh schon wieder streiken!)
Seien wir einmal
ehrlich – ich bin jetzt der fünfte oder sechste Redner –: Es wollen
doch alle das Gleiche. Alle wollen dieses Gesetz haben, alle wollen diese
Veränderungen haben, der eine intensiver, der andere weniger; die Probleme
greifen hier ineinander. Ich meine, wir sollten jetzt arbeiten und Standards
schaffen.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 74 |
Ich habe mich in
meiner Jungfernrede auch mit diesem Thema beschäftigt und habe schon damals
gesagt: Ich glaube, es ist unfair, die Gesetze der einzelnen Länder
herunterzumachen. Ich bin davon überzeugt, dass wir in den einzelnen
Bundesländern gute Tierschutzgesetze haben, dass kein Tohuwabohu herrscht,
sodass sich vor lauter Verordnungen und Entwürfen niemand mehr auskennt.
Ich meine, es sind
gute Regelungen vorhanden, und wir müssen nun darangehen, das Ganze zu
vereinen. Wir sollten dabei auch daran denken, geschätzte Damen und Herren, und
dürfen niemals vergessen, dass das auch jemand zahlen muss. Wenn ich in diesem
Zusammenhang wieder auf die Landwirtschaft zu sprechen kommen darf: Es ist
natürlich leicht, zu fordern, Spaltenböden, die Anhängehaltung, die
Käfighaltung zu verbieten – wir verbieten alles, okay, aber irgendjemand
muss das auch zahlen. Faktum ist allerdings – es gibt sehr viele Marktstudien
darüber, die auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition kennen –,
dass über 80 Prozent der gekauften Eier, wenn wir bei den Legehennen
bleiben, aus der Käfighaltung kommen. Selbst wenn man das andere Angebot
verdoppeln würde, würden die Leute immer noch die billigen Eier aus
Käfighaltung kaufen!
Ich warne davor,
in dieser Diskussion päpstlicher als der Papst zu sein. Denn was machen unsere
Bauer in der Zwischenzeit, wenn die EU es erst ab 2012 verbietet und bis
dahin die Eier aus Slowenien, aus Ungarn oder aus irgendeinem anderen EU-Land
oder künftigem EU-Land kommen? Wir werden diesbezüglich vorsichtig sein müssen
und auch als Konsumenten – und wir alle sind Konsumenten – aufpassen
müssen, dass wir hier nicht Wasser predigen und Wein trinken.
Ich fordere Sie
alle daher auf, dass Sie wirklich dazu beitragen, dass wir schnell ein gutes
und auch faires Gesetz bekommen.
Frau
Mag. Weinzinger hat es, glaube ich, so treffend ins Kalkül gebracht: Sie
fordert die Regierung und die Regierungsparteien auf, die anderen
Organisationen, die NGOs und dergleichen mit einzubinden. Ich muss Ihnen
ehrlich sagen, nachdem ich Ihnen hier zugehört habe: Ich bin wirklich froh,
dass Sie nicht in der Regierung sind! Denn es kann doch nicht sein ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Weinzinger.)
Frau Kollegin, es
kann doch nicht sein, dass wir bei jeder Gesetzwerdung alle, die es betrifft,
einladen. Da müssten wir, wenn Sie Regierungsverantwortung hätten, beim
nächsten Tagesordnungspunkt, bei dem wir über ein Sportgesetz sprechen,
wahrscheinlich alle Fußballklubs Österreichs zur Diskussion einladen. – Das
kann es nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der
ÖVP.)
Wir sind gewählte
Mandatare, und wir sind von unseren Parteien und Wählern hierher entsandt, um
Gesetze zu machen und zu beschließen. Wir sollen natürlich trachten, unseren
eigenen Kreis gut zu vertreten, aber im Endeffekt liegt es an uns.
Abschließend:
Wenn – und ich betone: wenn – es irgendwann einmal die allzu extremen
linken Lobbyisten eines sehr massiven Tierschutzgesetzes bis ins Parlament oder
vielleicht sogar bis in die Regierung schaffen sollten, dann können sie gerne
die Gesetze nach ihrem Gutdünken verändern. Solange wir hier demokratisch
gewählt dafür verantwortlich sind, werden wir mit den Tiergesetzen, mit dem
Tierschutz und mit allen anderen Dingen verantwortungsvoll umgehen. –
Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.11
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist
Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.
13.12
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Die Freiheitlichen haben sichtlich viele ihrer Prinzipien aufgegeben. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Nein!) Es hat einmal eine Zeit gegeben, da haben die Freiheitlichen für sich in Anspruch genommen, für Menschen, für Gruppen, für Be-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 75 |
troffene zu stehen und zu sprechen. (Abg. Scheibner: Jetzt sprechen wir
nicht nur davon, jetzt machen wir es auch!) Dass Sie sich jetzt hinstellen
und kritisieren, dass man da jeden irgendwie einbinden soll, der betroffen ist,
ist das Gegenteil dessen, was Sie immer vorgegeben haben zu sein, nämlich
Volksvertreter. (Ruf bei der SPÖ:
Wendehälse!)
Ich denke, es ist
das Wichtigste überhaupt, den Kontakt zu den Gruppen, die bei der Gesetzgebung
betroffen sind, nicht zu verlieren – siehe jetzt die Pensionsreform. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Faire
Pensionen für Fische!)
Bemerkenswert ist
auch, Herr Uwe Scheuch, dass die angeblichen Vertreter der Bauern im Parlament
sehr viel weniger Phantasie haben und sehr viel weniger offensiv und progressiv
sind als die Bauern selbst.
Im heutigen
„Standard“ ist ein sehr schöner Bericht über einen „Hightech-Schweinestall, in
dem sich die Herde sauwohl fühlen soll“. „Österreichs größte Gruppenhaltung
nimmt EU-Verordnung vorweg“. – Das ist interessant, weil hier oft
argumentiert wird, dass das EU-Niveau das Maximum sei, was unsere Bauern machen
dürfen, können, aus wirtschaftlichen Gründen. (Abg. Wittauer: Wir machen viel mehr!) Hier hat ein
Schweinehalter, der massiv kritisiert worden ist, Hardegg, ein sehr großes
gutes Projekt gemacht und nimmt eine EU-Verordnung vorweg. (Abg. Scheibner: Wie viele so große gibt es in Österreich?) Ich
denke, Sie sollten das Argument einmal überdenken, überdenken, ob wirklich das
EU-Mindestniveau der Maßstab für das Tierschutzgesetz sein soll. (Abg. Wittauer: Er macht es
freiwillig, wir müssen ihn ja nicht zwingen!) Ihre Bauern sind teilweise
schon besser als das, was Sie hier im Parlament vertreten! (Beifall bei den
Grünen und der SPÖ.)
Warum kann das
nicht ein Pilotprojekt für die Schweinehaltung in ganz Österreich
werden? – Das ist mir ein Rätsel.
Sie sollten sich
vielleicht einmal bei den Gruppen bedanken, die genau das ermöglicht haben. Da
haben nämlich die „Vier Pfoten“, die Sie immer so kritisieren, mitgearbeitet.
Das war ein gemeinsames Projekt von Tierschützern und einem Schweinehalter. Ich
denke, das muss man einmal lobend erwähnen.
Lassen Sie die
komische Frontstellung, die Sie da immer aufbauen, der Vergangenheit angehören,
sie entspricht gar nicht mehr der Realität. (Beifall bei den Grünen und der
SPÖ.)
Nun zum
Entschließungsantrag: Ein bisschen lustig ist das schon, denn es heißt da: „Der
Nationalrat begrüßt“ – und der Nationalrat ist der Gesetzgeber! –,
„dass im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung“ von
Parlamentariern eingerichtet wird. Und diese Parlamentarier sollen dann eine
Regierungsvorlage erarbeiten. – Ich finde das wirklich bemerkenswert.
Haben Sie sich einmal überlegt, dass wir auch ohne Bundeskanzler ein Gesetz
erarbeiten könnten – einfach wir als Parlament, da wir ja der Gesetzgeber
sind? (Beifall bei den Grünen.)
Wir könnten hier
ganz einfach den Text des Tierschutz-Volksbegehrens, das von den Freiheitlichen,
den Grünen und von der SPÖ unterstützt wurde, das Sie dann zu einem Gesetz
ausgearbeitet haben, als Basis nehmen für einen Initiativantrag. Und über
diesen könnten wir dann in den Ausschüssen beraten. – Das ist
Parlamentarismus, das ist Gesetzgebung! (Zwischenruf
des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)
Diese krausen
Schüssel’schen Vorstellungen, im Bundeskanzleramt diese Arbeitsgruppe einzusetzen –
wir könnten genauso die Bundesländer, NGOs und Experten einbeziehen, daran
hindert uns niemand. Aber das wäre eigentlich, denke ich, noch eine alte
FPÖ-Tradition im Parlament gewesen, oder? (Beifall bei den Grünen.) – Aber
ich sehe es viel zu positiv, muss ich sagen.
Zum Inhalt dieses Entschließungsantrages (Abg. Wittauer: Aber so schlecht ist er nicht, oder?) und zur Enquete-Kommission selbst: Bei der Enquete-Kommission war es von der Stimmung her sehr seltsam: Es war im Gegensatz zu heute unglaublich konsensual, heute ist es schon
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 76 |
wieder ein
bisschen kontroversieller. Es war deswegen so konsensual, weil der Kern, die
Inhalte vor allem von der ÖVP nicht auf den Tisch gelegt wurden, nicht gesagt
wurde, was sie beim Tierschutzgesetz inhaltlich haben will. Es wurde sehr stark
beschworen, dass ohnehin alle für den Tierschutz sind, aber wie sich das ganz
konkret auswirken soll, das hat gefehlt.
Jetzt wird das
schon ein bisschen sichtbarer, der Vorhang wird schon etwas weggezogen, und da
kommen schon einige Hürden und kontroversielle Themen zum Vorschein. So heißt
es im Antrag zum Beispiel:
„Zusätzliche
bürokratische Einrichtungen sollen grundsätzlich verhindert werden.“
Was, bitte, sind
„zusätzliche bürokratische Einrichtungen“? Was heißt denn das? Es lässt sich
eigentlich nur so interpretieren, dass das, was im Positionspapier des
Bauernbundes ganz dezidiert festgehalten ist, nämlich: Wir wollen keine
Tieranwaltschaft!, hier schon vorweggenommen ist. Aber warum reden wir nicht
einmal darüber, ob das vielleicht auch einen Sinn machen könnte? Im
Umweltbereich hat das sehr viel Sinn gemacht, bei den Salzburgern hat es sehr
viel Sinn gemacht, eine Tieranwaltschaft einzurichten. Warum sind Sie von
vornherein schon so dagegen? Wovor fürchten Sie sich? – Ich verstehe das
nicht, aber es wird zumindest klarer, dass Sie das nicht wollen.
Worum geht es
noch? – Eine EU-rechtskonforme Umsetzung. Darüber habe ich schon gesprochen.
Warum sollen wir nicht EU-Richtlinien auch vorwegnehmen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber nicht gesetzlich!) Das
ist ein Wettbewerbsvorteil! Je früher wir EU-Recht vorwegnehmen, desto besser
sind wir im Wettbewerb gegenüber den anderen Staaten, die das erst machen
müssen; das ist ja einleuchtend, oder? (Beifall bei den Grünen. –
Zwischenruf des Abg. Wittauer. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch:
Jetzt klatschen nicht einmal mehr die Roten, das ist bedenklich!)
„First-move-advantage“
heißt das in der ökonomischen Fachsprache; dazu kann man vielleicht ein Seminar
bei Herrn Professor Van der Bellen besuchen.
Zum Abschluss noch
ein paar inhaltliche Punkte: Wir überlegen uns natürlich schon etwas – wir
sind ja nicht nur die bösen Tierschützer, die den Zierfischstress ernst
nehmen –, und ich muss schon sagen: Tierschutz betrifft nicht nur jene
Tiere, die lieb ausschauen, die man streicheln kann, bei denen man in den
Mähnen wühlen kann, wie Kollege Wattaul das letzte Mal von seinem Pferd
berichtet hat (Abg. Wittauer: Aber
das ist Tierquälerei, wenn Wattaul auf ein Pferd steigt!), sondern alle
Tiere. Einen Zierfisch kann man nicht streicheln, das ist schon klar (Abg. Wittauer: Aber das Pferd vom
Kollegen Wattaul!), aber gerade die Haltungsbedingungen von Tieren in
Heimen und in den Haushalten der Menschen muss man auch ansprechen; das ist
natürlich auch ein Thema. Auch wenn er ein Fisch ist, ist er ein Tier, oder? (Zwischenrufe bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.) – Ja, aber Sie reden ja auch immer von den
Kanarienvögeln in den Käfigen. (Abg. Grillitsch:
Na geh, das stimmt ja nicht!) – Doch!
Zum Schluss noch
zur Landwirtschaft einen Vorschlag: Einer unserer Ansätze war immer, den
Konsumentinnen und Konsumenten das Leben dadurch zu erleichtern, dass sie gut
informiert werden. Wissen ist Macht – das sage ich sehr oft –, Wissen
ist Macht, denn dann kann man sich bewusster entscheiden. Und einer der
Vorschläge, die schon lange auf dem Tisch liegen, ist, die Kennzeichnung bei
tierischen Produkten zu verbessern. Ich glaube, das ist ein gemeinsames
Interesse. Wir wollen, dass die Menschen bessere, artgerechtere Produkte
kaufen, deswegen muss man die Kennzeichnung verbessern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Super! Okay!) Okay. Und
deswegen brauchen wir so etwas wie einen Tiergerechtheitsindex oder ein Gütesiegel
oder etwas, wo man mit fünf Eiern, mit drei Eiern, mit zwei Hennen, mit vier
Hennen oder was auch immer kennzeichnet, wie tiergerecht dieser Betrieb
arbeitet (Abg. Wittauer: Das haben
wir schon immer gefordert!), dieses Produkt hergestellt worden ist. Das
fehlt. Wenn wir zumindest darin einig wären, hätten wir schon einen Konsens,
der sowohl den KonsumentInnen als auch der Landwirtschaft enorm nützt.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 77 |
Aufklärungsarbeit
über die Qualität, über die Schadstoffe von Billigimporten, all das kann man
gemeinsam machen, all das sind wichtige Dinge.
Ein letzter
Hinweis an den Bauernbund: Ich möchte Ihnen Folgendes zu überlegen geben: Im
Lebensmittelbereich, das ist leider immer noch so, versorgen oft Frauen die
Familien, kaufen Frauen ein. (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Gott sei Dank ist das so!) Sie sollten
vielleicht auch bei Ihnen die Strukturen überdenken und Bäuerinnen in die
höheren Funktionen lassen. Vielleicht kommen dann auch andere Ideen im
Marketing. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der
SPÖ. – Ruf: Grillitsch, du schickst deine Frau ins Parlament! – Abg.
Dr. Glawischnig: Es gibt eh keine Klubobfrau in der ÖVP, nur
Männer!)
13.19
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte.
13.19
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und
Kollegen des Hohen Hauses! Werte Zuschauer beziehungsweise Zuhörer – es
freut mich, dass vor allem sehr viele Jugendliche darunter sind! Es ist dies
meine erste Rede, und daher möchte ich mich ganz kurz vorstellen und ein paar
grundlegende Dinge zu diesem Thema anreißen, vielleicht auch die Antwort
darauf finden, warum wir bisher noch kein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz
haben beziehungsweise warum es noch nicht dazu gekommen ist.
Gerade das Thema
Tierschutz berührt mich sehr, weil ich als Bauernsohn im Metnitztal in Kärnten
auf einem Bauernhof mit vielen Tieren aufgewachsen bin. Wir haben heute ein
bäuerliches Familienunternehmen mit einem zweiten Standbein, das die
Forstwirtschaft ist. Das heißt, ich betreibe ein technisches Büro für
Forstwirtschaft, bin also gelernter Forstmann. Ich habe mich über den Weg der
Österreichischen Bundesforste und den Landesforstdienst selbständig gemacht, um
meinen Zweitberuf, also jenen des Bauern, besser ausüben zu können.
Ich betreibe
diesen Bauernhof gemeinsam mit meiner Familie, das heißt, ich habe eine Bäuerin
geheiratet, und wir wohnen auf einem Biobergbauernhof auf 1 100 Meter
Seehöhe – übrigens mit Kärntner-Blondvieh-Zucht; das ist eine Rinderrasse,
die bereits vom Aussterben bedroht war, mittlerweile durch ein gezieltes
Erhaltungsprogramm aber wieder im Aufbau befindlich ist. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Daneben haben wir
natürlich – wie es sich für solch einen Bauernhof gehört – Pferde,
Schweine, Ziegen, Hühner, Katzen, Hunde, Hasen, also allerlei Vieh. Sie können
mir daher glauben, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich Erfahrung mit der
Landwirtschaft und mit der Tierhaltung habe. Ich kann Ihnen versichern: Die
Tiere haben es auf unserem Bauernhof gut, und wir wissen, wie wir mit ihnen
umgehen und sie artgerecht halten müssen.
Die
Nutztierhaltung ist wohl die wichtigste und umfassendste Tierhaltung, ohne die
anderen Haltungsformen zu vernachlässigen. Ich behaupte ganz einfach: Wer mit
Tieren aufwächst, der achtet sie, schützt sie und pflegt sie, ganz gleich, ob
sie früher oder später einmal auch als Nahrungsmittel auf dem Speiseteller
landen.
Wir haben eine
ganz besondere, eine ganz eigene positive Einstellung und Beziehung zu den
Tieren. Wir müssen aber bedenken, es leben nur noch 5 Prozent, sogar
weniger als 5 Prozent der Bevölkerung als Bauern mit dem Vieh und vom
Vieh, und sie sind gleichzeitig auch die Ernährer der gesamten restlichen
Bevölkerung. Daher, meine ich, müssen wir bei der Diskussion des Themas
Tierschutz auch über die Menschen und deren Verständnis im Umgang mit Tieren
reden – das wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen. Aber etwa zwei
Drittel der Jugendlichen kennen heute weder die Arbeit noch das Leben am
Bauernhof.
Gleichzeitig haben die Schreckensmeldungen im Zusammenhang mit der BSE-Krise, Einzelfälle in der Massentierhaltung, bei Tiertransporten oder ähnlichen tierquälerischen Vorgängen, die
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 78 |
aber wirklich nur Einzelfälle sind, die Bevölkerung verunsichert
und natürlich auch das Bild in der Öffentlichkeit verfälscht.
Deshalb müssen
wir, Hohes Haus, viel mehr Bewusstseinsbildung und Allgemeinbildung in diesem
Themenbereich betreiben. Nur dann, wenn möglichst viele Menschen wieder ein
direktes Verhältnis zur Natur und zu ihren Kreaturen, das heißt den Tieren,
aufbauen, wird das Tier in unserer Gesellschaft wieder den richtigen
Stellenwert einnehmen.
Eine der
wesentlichen Feststellungen bei der Tierschutz-Enquete war, dass die
Landesgesetze zwar unterschiedlich, jedoch durchaus gut sind, dass aber viele
Defizite in der Vollziehung bestehen. Die Landesgesetzgebung im Bereich der
Landwirtschaft, insbesondere im Bereich des Tierschutzes, hat daher auf jeden
Fall ihre Berechtigung und ihren Sinn gehabt. Die Nutztierhaltung auf einem
Kärntner Bergbauernhof funktioniert eben anders als zum Beispiel in Wien, und
daher können wir nicht überall einheitliche Standards, die nicht den
vielfältigen landwirtschaftlichen Gegebenheiten in den Gebieten und Regionen
Österreichs entsprechen, einführen.
Als
Regionalentwickler stimmt es mich obendrein immer nachdenklich, wenn Länderkompetenzen
beschnitten werden und die viel gepriesene so genannte Vielfalt der regionalen
Eigenständigkeit im vereinten Europa oftmals zur Worthülse verkümmert. (Abg. Wittauer: Herr Abgeordneter,
wir haben gemeinsam einen Entschließungsantrag!) Hier wünsche ich mir auch
von unserem Koalitionspartner und von den anderen Fraktionen eine Zurücknahme
der Forderungen bei weiteren Gesetzen. Ich weiß aber sehr wohl, dass gerade
die EU-Normen nach einer bundeseinheitlichen Regelung verlangen, und die ÖVP
mit Bundeskanzler Schüssel an der Spitze steht auch zu diesem Vorhaben.
Wir sollten bei
jedem neuen Gesetz aber auch bedenken, dass wir im Grunde Verwaltungsvereinfachung
wollen, damit der Vollzug besser gestaltet werden kann. Das heißt, wir brauchen
auf der Vollzugsebene Menschen, die den artgemäßen Umgang mit Tieren verstehen.
Es ist niemandem geholfen, wenn extreme Tierschützer etwa als Tieranwälte auf
Bauern und Heimtierhalter gleichermaßen losgelassen werden. (Abg. Dr. Glawischnig:
„Losgelassen“? – Abg. Grillitsch: „Losgelassen“ ist ein Kärntner
Ausdruck!) Auch da sind Bewusstseinsbildung und gegenseitiges
Aufeinanderzugehen enorm wichtig.
Aus den
Expertengesprächen und Statements bei dieser Enquete-Kommission ist auch abzuleiten,
dass wir nicht unbedingt strengere Richtlinien brauchen. Österreich ist ohnehin
in vielen Belangen ein Musterland, im Umwelt- und Naturschutz – auch wenn
das viele nicht wahrhaben wollen –, bei den Menschenrechten, in Fragen der
Sicherheit, so auch bereits jetzt im Tierschutz. Wir dürfen bei einem
bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz daher nicht voranpreschen, sondern müssen
vor allem an jene denken, die von den Tieren und mit den Tieren leben, nämlich
an unsere Bauern!
Ein allzu strenges
Tierschutzgesetz führt zwangsläufig zu Wettbewerbsverzerrung auf dem
internationalen Markt und ist schlichtweg auch existenzgefährdend. (Abg. Dr. Glawischnig: Stimmt ja
gar nicht!) Es gibt bereits genügend Beispiele dafür, dass jenseits unserer
Staatsgrenze Betriebe entstehen, die keine dermaßen strengen Auflagen zu
erfüllen haben und deren Waren auf unseren heimischen Märkten landen und von
uns Österreichern gekauft werden. Es muss uns daher klar sein: Wir exportieren
damit den Tierschutz und importieren Lebensmittel, von denen wir oftmals nicht
einmal die Herkunft kennen. Und das haben unsere Bauern nicht verdient!
Die Spielregeln
haben sich für unsere Bauern schon oft genug geändert und sind durchwegs härter geworden. (Abg. Dr. Glawischnig: Heute geht es ja um Tierschutz!) Die
Bauern haben sich immer wieder angepasst und umgestellt, sie haben investiert
und Einkommenseinbußen hinnehmen müssen; auch dann, wenn die Wirtschaftslage
sie dazu gezwungen hat, ist das immer wieder passiert.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 79 |
Erlauben Sie mir
an dieser Stelle auch einen kurzen Exkurs zur Pensionssicherungsreform. Da
dürfen wir uns auch an den Bauern ein Beispiel nehmen: Wenn es Wirtschaftslage,
Staatshaushalt et cetera erfordern, dann haben die Bauern immer wieder den
Gürtel enger geschnallt. Die Bauern leben Nachhaltigkeit vor. Der
Generationenvertrag ist für unsere Bauern durchaus selbstverständlich.
Abschließend fasse
ich noch einmal zusammen: Der Bewusstseinsbildung und der Ausbildung oder
Information im Zusammenhang mit einem neuen Tierschutzgesetz ist eine zentrale
Bedeutung beizumessen. Damit meine ich Bewusstseinsbildung bei den Produzenten
und bei den Konsumenten, aber auch bei den Kontrollorganen und – das ist
ganz besonders wichtig – bei den Politikern, denn da liegt, glaube ich,
das Defizit der vergangenen Jahre, dass es hier in manchen Köpfen zu wenig
Bewusstseinsbildung gegeben hat beziehungsweise zu wenig Information vorhanden
war, zu wenig aufeinander, auf die Probleme, auf die Sicht der Bauern
eingegangen wurde.
Die Österreichische
Volkspartei und ich als bäuerlicher Abgeordneter fordern daher ein vernünftiges
und vollziehbares Gesetz mit dem Anspruch auf Wettbewerbsfähigkeit unserer
Bauern und Gleichbehandlung aller Tierhalter. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen. – Abg. Öllinger:
Also keines offensichtlich!)
13.27
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist
Frau Abgeordnete Walther. – Bitte.
13.28
Abgeordnete
Heidrun Walther (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! (Abg. Öllinger: Ich glaube, der
Minister Haupt macht heute einen Bürostreik!) Auch für mich ist es hier die
erste Rede, wiewohl ich schon bei der Tierschutz-Enquete einige Gedanken zum
Ausdruck bringen durfte. Aber ich habe mit meinem Vorredner auch andere
Gemeinsamkeiten: Auch ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, eine
Bauerntochter aus der Südsteiermark. Mein Vater war zwar mehr ein Weinbauer,
also der Hauptschwerpunkt unserer Landwirtschaft war der Weinbau, aber
natürlich war es eine typische gemischte Landwirtschaft, wo es neben Kühen,
Schweinen und Hühnern die Felderwirtschaft gab, es wurde alles Mögliche, was
man in den fünfziger und sechziger Jahren zum Leben brauchte, angebaut.
Heute habe auch ich
Tiere und betreue Tiere im landwirtschaftlichen Nebenerwerb. Auch ich
habe – wie mein Vorredner – eine aussterbende Haustierrasse, und zwar
das Waldschaf. Es kommt aus dem Böhmerwald und aus dem Bayerischen Wald (Zwischenruf) – keine Heidschnucken –,
es gedeiht sehr prächtig, womit ich schon wieder zu einer sehr wichtigen Rolle
unserer Bauern komme, zu der des Landschaftshegers und -pflegers, zu der Rolle
im Zusammenhang mit der Erhaltung der Landschaft, mit Umweltschutz und
Förderung des Tourismus und des Fremdenverkehrs. In eine Landschaft, die
verwildert ist und deren Schönheiten nicht mehr gepflegt werden, wird der
Tourist nicht so gerne kommen. (Demonstrativer
Beifall der Abgeordneten Eßl und Steindl.)
Zurück zum
bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz. Die Initiative für dieses
bundeseinheitliche Tierschutzgesetz haben einige Leute hier im Hohen Haus und
vor allem die vielen Tierschützer in unserem Land Österreich gesetzt, die, wie
wir bei der Enquete-Kommission erfahren haben, auf eine über 100-jährige
Tradition verweisen können. Sie haben sich dafür eingesetzt, und ich habe es
sehr lähmend gefunden, dass es bei uns in puncto Tierschutz noch immer verschiedene
Landesgesetze und verschiedene Standards gibt. Diese sind sehr unterschiedlich,
gehen teilweise bis zur Tierquälerei – das muss man auch einmal
sagen – und gehören vereinheitlicht und auf eine höhere Stufe gestellt,
und zwar so, dass Österreich wirklich eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen
kann. Die Forderungen, die, auch von Ihrer Seite, gestellt wurden, sind
durchaus dazu angetan, dass wir eine solche Rolle spielen könnten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten
der Grünen. – Abg. Wittauer: ... Sie unseren Entschließungsantrag
unterstützen!) – Dazu komme ich noch!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 80 |
Was ist eigentlich
Sache? – Ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz – das ist
offensichtlich außer Streit gestellt –, das dann auch höheren EU-Standards
entspricht – das wird auch, glaube ich, außer Streit gestellt – und
das nicht die niedrigsten Standards unserer Landesgesetze und unserer
Landesverordnungen enthält. (Beifall bei
Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)
Was nicht Sache
war, was leider nicht einheitlich ist, aber von den Tierschützern einheitlich
gefordert wurde, war die Tieranwaltschaft. Es tut mir sehr Leid, dass diese
offensichtlich und hörbar herausreklamiert und in der Arbeitsgruppe nicht mehr
behandelt werden soll.
Ich bin überzeugt
davon, dass wir mit der Verankerung dieser Standards inklusive einer
Tieranwaltschaft den Wünschen einer breiten Bevölkerungsmehrheit folgen und,
obwohl das abgestritten worden ist, ebenso den Wünschen der Jugend, die immer
wieder neue Standards auch in der Lebensmittelsicherheit und
Lebensmittelqualität fordert. Hinzufügen möchte ich, dass ich, sollte ein
Verbot der Käfighaltung nicht außer Streit gestellt sein, das besonders traurig
fände, denn das ist für mich Tierquälerei. Wenn die Käfighaltung jetzt wieder
durch die Hintertür hineinkommen sollte, dann, muss ich sagen, wäre das nicht
EU-konform und überdies ein Hohn für aufgeschlossene und moderne Menschen, die
einerseits moderne und gute Lebensmittel konsumieren wollen und andererseits
auch im Konkurrenzkampf mit den Erweiterungsländern bestehen wollen.
Soll es so weit
kommen, dass wir den niedrigsten Standards folgen, oder wollen wir Standards
festlegen, die unsere Lebensmittelqualität und damit unsere Lebensqualität
erhöhen? – Ich denke, wohl das Zweitere. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie der Abgeordneten Wittauer
und Lentsch.)
Zur
Auseinandersetzung mit den Erweiterungsländern: Mit Hilfe des Preises werden
wir es nicht schaffen, nur mit einer hohen Qualität. Und es stimmt nicht, dass,
wie einer meiner Vorredner behauptet hat, nach wie vor 80 Prozent der
verkauften Eier aus Käfighaltung stammen. Das stimmt einfach nicht! Dieser Wert
ist inzwischen auf 60 Prozent zurückgegangen.
Die vielen
biologisch „landwirtschaftenden“ Bauern in unserem Land wären schlecht beraten
gewesen, hätten sie nicht – trotz großen Drucks in Richtung
Massentierhaltung – angefangen, biologisch zu wirtschaften. Und sie haben
sich damit durchgesetzt! Sie alle wissen genauso gut wie ich, dass die großen
Nahrungsmittelketten wie „Spar“ oder „Billa“ jetzt Bioprodukte wie „Ja
natürlich“ und „Natur pur“ anbieten und damit auch noch ein gutes Geschäft
machen. Die Landwirtschaft ist meiner Ansicht nach daher gut beraten, wenn sie
qualitätvoll arbeitet und qualitätsmäßig hohe Standards setzt – auch in
der Tierhaltung. (Beifall bei der SPÖ und
bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Wittauer.) Damit ist
nämlich durchaus etwas zu verdienen.
Es hätte sich ein
bundeseinheitliches Tierschutzgesetz nicht verdient, jetzt als Werbegag für die
ÖVP – so nach dem Motto: die ÖVP hat es durchgesetzt! – herhalten zu
müssen. (Beifall und Bravoruf des Abg. Reheis.)
Damit komme ich zu meinen einleitenden Bemerkungen zurück: Das haben sich wohl die Tierschützer
verdient und auch all diejenigen, die sie dabei unterstützt haben. – Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
13.35
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter
Dipl.-Ing. Pirklhuber zu Wort gemeldet. (Abg. Wittauer – in
Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg.
Dipl.-Ing. Pirklhuber –: Gemäßigt bleiben ...! –
Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer
in Richtung der Abg. Dr. Glawischnig.)
13.36
Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sie haben sich wohl darüber gewundert, Herr Kollege Molterer,
dass artgerechte Tierhaltung auch in größeren Betrieben möglich ist. Das
Beispiel, das Kollegin Glawischnig gebracht hat, zeigt, dass Tierschutz in allen
Betrieben in Österreich möglich ist, auch in größeren Betrieben. (Abg. Prinz:
Das ist ein gutes Beispiel für die Struktur der österreichischen Betriebe!)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 81 |
Hohes Haus! Herr
Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Es ist bereits viel gesagt
worden, und ich möchte auf einen Aspekt eingehen, den Kollege Grillitsch so
beschworen hat, nämlich den Dialog. Er hat mehrfach dazu aufgefordert, wieder
in einen Dialog einzutreten. Werte Kollegen von der ÖVP! Wer hat denn bitte
fast ein Jahrzehnt lang diesen Dialog verweigert? – Das waren doch nicht
die Parlamentsparteien auf dieser Seite (der Redner zeigt auf die linke
Seite des Saales), sondern das waren Sie!
Verdrehen Sie also
nicht die Tatsachen und versuchen Sie nicht, gleichzeitig mit dem Beschwören
des Dialogs – Kollege Grillitsch ist leider nicht anwesend, richten Sie
ihm das bitte aus, er soll damit aufhören –, Vorwürfe gegenüber Grünen und
Tierschützern zu formulieren, die sich immer um diesen Dialog bemüht haben und
nach wie vor bemühen. Man kann einen Dialog doch nur dann sinnvoll führen, wenn
man bereit ist zuzuhören! Und ich halte es jetzt für geboten, zuzuhören und
auch auf das zu hören, was die Expertinnen und Experten im Rahmen der Enquete-Kommission
formuliert haben. (Abg. Wittauer:
Aber die Experten haben unterschiedlich argumentiert!) – Das stimmt,
Kollege Wittauer, sie haben verschiedene Positionen bezogen, aber zumindest in
einem Punkt gab es eindeutig einen Konsens: Tiere sind leidensfähige Lebewesen,
die artgerecht gehalten werden müssen. (Beifall bei den Grünen und der
SPÖ. – Abg. Wittauer: Das
unterschreibe ich! Ja! Das unterschreibe ich!)
Sie haben gewisse
Eigenschaften und ein bestimmtes Verhalten. Die neuere Wissenschaft kann genau
zeigen, wie dieses Verhalten zu unterstützen ist, welche Stalleinrichtungen zu
entwickeln sind, damit dieses artgerechte Verhalten auch realisiert werden
kann. Ich glaube daher, dass man das außer Streit stellen sollte.
Die Grünen haben
gerade dafür immer ein sehr gutes Konzept verfolgt, nämlich ein österreichisches
wissenschaftliches Konzept, den von den Kolleginnen bereits angesprochenen Tiergerechtheitsindex.
Das ist eine Möglichkeit, spezifisch die Artgerechtheit der Tierhaltung zu
bewerten, gut auch für kleinere Betriebe, und zwar einfach deshalb, weil damit
die soziale Betreuung der Tiere durch die Bäuerinnen und Bauern mit beurteilt
wird. Die Ausgestaltung der entsprechenden Stalleinrichtungen, die Liegeplätze,
das Sozialverhalten, all das kann damit beurteilt werden. Daher wäre dieser
Tiergerechtheitsindex ein wirklich gutes Maß für den Tierschutz.
Werte Kolleginnen
und Kollegen! Unsere Forderung, die auch im Rahmen dieser Enquete-Kommission
von Experten mehrfach bekräftigt und bestätigt wurde, lautet daher: Es wäre als
Folge dieser Diskussion sehr sinnvoll, eine Stelle einzurichten, die
Stalleinrichtungen, Stallsysteme vorab
auf ihre Artgerechtheit, auf ihre Tiergerechtheit prüft, damit Bauern und
Bäuerinnen nicht zu Tölpeln werden, die auf Fehlberatungen von Firmen hin
Investitionen tätigen, die ihnen nachher auf den Kopf fallen. Das ist uns ein
ganz wichtiges Anliegen. (Abg. Wittauer:
Wenn es Förderungen geben soll, dann ist das ohnehin eine Voraussetzung!) –
Kollege Wittauer! Es gibt bereits Investitionsförderungen für besonders
artgerechte Tierhaltung, aber es fehlt die grundsätzliche Prüfung von
Stalleinrichtungen. Das ist aus Sicht der Grünen ein ganz wichtiger Punkt!
Kollege Wittauer,
Sie haben die Wettbewerbsbedingungen in Europa angesprochen. Gerade in dieser
Hinsicht – das dürfen Sie nicht vergessen – ist ein Verbot der
Käfighaltung und eine Umstellung in Richtung artgerechte Haltung der Legehennen
ein Muss – ein Muss, weil gerade Nachbarländer Österreichs wie die Schweiz
die Käfighaltung schon lange abgestellt haben. Auch in Deutschland wird die
Käfighaltung ab 2007 verboten sein, nur für ausgestaltete Käfige gibt es eine
Übergangsfrist bis 2012. Das sind derzeit die gesetzlichen Tatsachen in unserem
größten Nachbarland.
Wenn Österreich im Bereich Ökologisierung der Landwirtschaft Vorreiter in Europa bleiben will, müssen wir hier nachziehen, müssen wir ein Tierschutzgesetz entwickeln, das diesen Standard ebenfalls einführt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: In Tirol haben wir schon die Käfighaltung verboten! In Tirol ist es schon Standard!) – Natürlich ist die Käfighaltung in Tirol und auch in anderen Bundesländern bereits verboten. Daher fordern wir ja zu Recht, dass diese Standards, die in einzelnen Bundesländern schon bestehen, nicht nach unten nivelliert werden
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 82 |
dürfen, sondern dass nur das größte gemeinsame
Vielfache das Ergebnis dieses Prozesses sein kann, Kollege Grillitsch!
Das größte
gemeinsame Vielfache bedeutet, im Interesse der Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft
die höchstmöglichen Standards einzuführen. Das wurde mehrfach betont.
Warum? – Weil letztlich ein wirklich gutes Stallregime, ein optimales
Stallmanagement den Bauern die Verluste minimiert. Eine artgerechte
Schweinehaltung führt zu wenig Medikamenteneinsatz, zu wenig Verlusten im
Stall – also eine wirtschaftlich sinnvolle Perspektive.
Abschließend
möchte ich noch darauf hinweisen, dass es natürlich notwendig sein wird, auch
besonders artgerechte Tierhaltungssysteme zu kennzeichnen, also ein Tierschutz-Gütesiegel
einzuführen, damit diese bäuerlichen Betriebe Chancen auf dem Markt haben. Mit
einem guten Tierschutzsiegel wäre das möglich. Damit wäre auch eine Aufwertung
des AMA-Gütesiegels denkbar, das habe ich schon mehrfach angesprochen. Die
Basis für diese Weiterentwicklung ist ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz.
(Beifall bei den Grünen.)
Schlussendlich
müssen auch die Träger der öffentlichen Einrichtungen, die öffentliche Hand im
Rahmen des Beschaffungswesens auf diese Entwicklungen der bäuerlichen
Produktion reagieren. So wie wir fordern, dass in derartigen Einrichtungen
verstärkt Bioprodukte konsumiert werden, muss es selbstverständlich zum
Prinzip werden, dass für den öffentlichen Sektor nur Produkte aus artgerechter
Tierhaltung eingekauft werden. Dann ist es auch den Bauern gut vermittelbar,
Kollege Grillitsch, und dann ist ein Dialog möglich: wenn man zuhört, wenn man
die Chancen nutzt und wenn man die Möglichkeiten, die die Wissenschaft und die
Technik heute bieten, endlich auch für die Landwirtschaft voll nutzt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
13.43
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
ist Herr Abgeordneter Schweisgut zu Wort gemeldet. – Bitte.
13.43
Abgeordneter
Johannes Schweisgut (ÖVP): Herr Präsident! Sehr
geehrter Herr Staatssekretär! Herr Vizekanzler! Wir sind nun schon fast am
Ende dieser zum Teil doch kontrovers geführten Diskussion hier im Plenum. Man
sieht, dass, wenn es nicht um rein Sachliches geht, die politischen Fronten
heftig aufeinander treffen und wieder mehr das politische Hickhack im
Mittelpunkt steht. Mein Eindruck von der Enquete-Kommission war nämlich, dass
das gemeinsame Ziel, nämlich ein effizientes Gesetz, als Wunsch aller im
Mittelpunkt stand. Auch die heutigen Ausführungen von Vertretern der
verschiedenen Parteien, die sich damit befasst haben, haben ein einheitliches
Ziel im Sinn gehabt.
Ich möchte ganz
kurz auf zwei Wortmeldungen eingehen. Frau Sima hat gesagt, dass Österreich
von einem modernen Tierschutz meilenweit entfernt sei. Diese Aussage ist,
glaube ich, nicht richtig. Wir mögen zwar kein österreichisches
Tierschutzgesetz haben, aber vom modernen Tierschutz sind wir nicht besonders
weit entfernt, weil es in den Ländern bereits sehr effiziente und auch sehr
gute Gesetze gibt, die im Sinne der Tiere sind und auch vollzogen werden.
Gestört hat mich
auch, dass Frau Glawischnig dieses eine Beispiel eines Schweinehalters in den
Vordergrund gestellt hat, der so perfekt ist, vielleicht nicht wissend, dass
dort 2 500 Hektar von sechs Personen bewirtschaftet werden, zu denen
gehören diese Schweine nämlich, vielleicht auch nicht unterstellend, dass man
ein perfektes Beispiel als Standard hernimmt – auch das kann es nicht
sein. Gute Beispiele gibt es natürlich überall, aber sie deswegen als den
Standard der Zukunft darzustellen, war, glaube ich, auch nicht ganz richtig.
Wir von der ÖVP wollen die unterschiedlichen Gesetze so vereinheitlichen, dass sie für ganz Österreich nachvollziehbar sind. Wir wissen, dass wir im Sinne des Tierschutzes das einzelne Tier in den Mittelpunkt stellen sollten und nicht Lobbyisten, nicht Vertreter von Organisationen, sondern das einzelne Tier soll vor Tierquälerei geschützt werden. Wenn man, auch im Sinne
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 83 |
des Tierschutzgesetzes,
auf diese Überlegungen wieder zurückkommt, fällt es vielleicht leichter, manche
Standards einzuführen.
Auch die
verschiedenen Forderungen nach Strafen und Kontrollen sind natürlich legitim.
Jedes Gesetz ist nur so gut, wie es kontrolliert wird. Aber gerade im Bereich
des Tierschutzes sollte man meiner Ansicht nach nicht unbedingt nur von Strafen
und übermäßigen Kontrollen ausgehen, sondern in Zukunft auch die positive
Motivation in den Mittelpunkt stellen, sprich: das Gesetz dahin gehend
ausbauen, die Tierhalter – und damit meine ich nicht nur die Landwirtschaft,
sondern alle Tierhalter – durch motivierende Maßnahmen,
Begleitmaßnahmen dazu zu bringen, Tierschutz im Sinne des Tieres zu
realisieren.
Dass Österreich
Vorreiter innerhalb der EU sein soll beziehungsweise in manchen Bereichen
bereits ist, ist, glaube ich, eigentlich auch klar. Dass wir nicht die
einzelnen Ländergesetze verwässern wollen, ist im Interesse von uns allen.
Dass ein automatisches Übernehmen des jeweils höchsten Standards nicht
anzustreben ist, ist auch leicht nachvollziehbar, da es in den einzelnen
Bundesländern unterschiedliche Grundvoraussetzungen gibt. Wir können die landwirtschaftliche
Haltung in Wien nicht mit einer bergbäuerlichen Haltung in Höfen, die mehrere
Jahrhunderte alt sind, vergleichen. Da eine automatische Gleichstellung zu
verankern, wäre auch nicht im Sinne der Tierhalter.
Sehr stark wurde
etwas betont, was auch ich für sehr wichtig halte, nämlich dass nicht nur
bauliche Maßnahmen, nicht nur die Gegebenheiten vor Ort wichtig sind, sondern
dass die persönliche Betreuung eines Tieres, der persönliche Kontakt eines
Tieres zum Menschen eine zentrale Forderung sein muss, etwas, was in Zukunft
ebenfalls im Mittelpunkt stehen soll. Ich weiß aus meiner praktischen Erfahrung
mit sehr vielen Tieren: Wenn das Tier den persönlichen Kontakt verliert,
verliert es auch sehr viel an Lebensfreude. Das ist also ein sehr wichtiger
Faktor, der berücksichtigt gehört.
Was wir wollen,
sind strenge Regeln. Was wir wollen, ist ein gutes Gesetz. Was wir wollen, ist,
dass wir es bis zum Herbst ausarbeiten – ein Zeitrahmen, der meiner
Meinung nach durchaus im Bereich des Möglichen ist. Danach wird der Entwurf in
die entsprechenden Gremien kommen. Der Vorwurf, dass 2004 viel zu weit entfernt
ist, ist also nicht richtig, sondern 2004 als Termin für das In-Kraft-Treten
des Gesetzes ist realistisch. Alles andere wäre unrealistisch.
Die ÖVP wird
hinter einem guten, auf das Einzeltier ausgerichteten Tierschutzgesetz stehen.
Wir werden diesbezüglich auch unsere Überlegungen einbringen, und es wird im
Sinne des Tieres zu einem relativ schnellen Abschluss kommen. – Danke. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
13.48
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste
Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu Wort gemeldet. –
Bitte.
13.48
Abgeordnete
Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Werter Präsident! Werte
Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als neue
Abgeordnete habe ich mich bereits vor meiner Tätigkeit im Nationalrat mit dem
Tierschutz in meinem Bundesland Steiermark und auch in ganz Österreich
beschäftigt. Ich habe aber auch schon früher die Diskussionen um ein
Bundestierschutzgesetz verfolgt, insbesondere jene um das
Tierschutz-Volksbegehren 1996, welches immerhin von mehr als
460 000 besorgten und tierschutzbewegten Österreicherinnen und
Österreichern unterzeichnet worden ist.
Will man die Chronologie der Ereignisse in Sachen Tierschutz in Österreich zusammenfassen, so kann man Folgendes feststellen: Das Hohe Haus hat, was von den Proponenten des Tierschutz-Volksbegehrens sehr honoriert worden ist, mit einem öffentlichen Hearing im Plenarsaal am 20. Dezember 1996 sehr ambitioniert begonnen. Nicht lange danach lagen zwei Entwürfe, nämlich von der SPÖ und den Grünen, für ein strenges und modernes Bundestierschutzgesetz vor, welche beide mit maßgeblichen Tierschutzorganisationen und deren Expertinnen und Experten abgestimmt waren. – Herr Kollege Scheuch – er ist ja noch anwe-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 84 |
send –,
es geht also doch! (Abg. Wittauer: Das war aber mit Ihrem
Regierungspartner nicht abgesprochen!)
Aber spätestens ab
diesem Zeitpunkt bis wenige Tage vor der Wahl 2002 war es einzig und
allein die ÖVP, die einem Bundestierschutzgesetz nicht zustimmen wollte. (Abg. Wittauer:
Die ÖVP war damals Ihr Regierungspartner!) Darüber hinaus versuchten
Vertreter der ÖVP in den Jahren 1996 bis 2002 unentwegt, Gespräche und die
Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen zu erschweren, zu verhindern, um so eine
Entscheidung für die Anliegen des Tierschutz-Volksbegehrens zu hintertreiben. (Abg. Wittauer:
Das ist jetzt eine Wiederholung!) Umso größer war daher dann die
Überraschung für alle Tierfreundinnen und Tierfreunde in unserem Land, dass
ausgerechnet der Bundeskanzler der ÖVP wenige Tage vor der Wahl mit dem Versprechen,
einem Bundestierschutzgesetz zuzustimmen, an die Öffentlichkeit gegangen
ist – das freilich mediengerecht dekoriert mit Hunderl und Katzerl.
Die Überraschung,
meine Damen und Herren, dauerte allerdings nicht sehr lange. Wer gemeint hat,
dass das Hohe Haus nun mit einem Entwurf für ein Bundestierschutzgesetz befasst
wird, der seitens der Regierungsfraktionen eingebracht wurde, wird wiederum
enttäuscht. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Stattdessen fängt die
Bundesregierung unter Führung der Österreichischen Volkspartei wieder beim
Jahr 1996 an. Am 10. April dieses Jahres wurde eine
Enquete-Kommission im österreichischen Nationalrat eingesetzt (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer), bei der wir – auch
Sie, Herr Kollege – zahlreiche, hoch qualifizierte und engagierte
Referate gehört haben. Nur die ÖVP/FPÖ-Regierung ... (Abg. Wittauer: Das wissen
wir ja alle! ... 2003, Gesetz 2004!) – Sie waren ohnehin schon am
Wort, ein bissel Geduld noch, ja? (Beifall bei der SPÖ.)
Die
ÖVP/FPÖ-Regierung tritt aber nach wie vor auf der Stelle und denkt in
Wirklichkeit gar nicht daran, diesen Zustand über Lippenbekenntnisse hinaus zu
verändern. Also gestehen Sie das doch endlich einmal ein! Ich bin der festen
Überzeugung, dass die ÖVP-Bauernbundfunktionäre, die sich gerade sehr gut
unterhalten (Abg. Grillitsch: Beim Reden kommen die Leut’ zusammen!), ihrer
Klientel bei Gott nichts Gutes tun mit ihrer Hinhaltetaktik und ihrer
Verweigerung. Viele Bauern haben von sich aus bereitwillig ihre Stalltüren
geöffnet, und zwar nicht nur für Touristen, sondern auch für die Konsumentinnen
und Konsumenten, und treten selbst ebenfalls für eine strengere und
tierfreundlichere Tierschutzgesetzgebung ein. (Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der Grünen.) – Das
ist wirklich einen Applaus wert.
Auch in meiner
Heimat Weststeiermark kann ich stolz auf einige solcher Beispiele verweisen.
Wir dürfen einfach nicht vergessen oder übersehen, dass durch die Haltung von
Nutztieren Lebensmittel produziert werden, die auch von uns Menschen verzehrt
werden. Tierschutz ist damit aktiver Konsumentenschutz. (Abg. Wittauer: Das steht
drin im Entschließungsantrag! Das kann man drin nachlesen!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Tierschutz ist für uns im Wesentlichen eine
ethische, moralische Verpflichtung. In der Gesellschaft gibt es einen breiten
Konsens über den Wert des Tierschutzes, und es wäre sehr schön, würde sich
dieser Konsens auch in diesem Hohen Hause widerspiegeln. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.52
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort
gemeldet. – Bitte. (Abg. Mag. Mainoni: 10 Minuten ist ein
bisschen viel! – Abg. Wittauer:
Verschone uns bitte mit Wiederholungen!)
13.53
Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Wittauer, ich verschone
dich mit Wiederholungen, aber ich kann dich nicht verschonen mit einem Vorwurf,
nämlich dem, dass auch du zur Kenntnis nehmen musst (Abg. Dr. Partik-Pablé:
Jetzt wird er gleich weinen!),
dass sechsjähriges Erleben seine Narben und Wunden hinterlässt, und die kann
man nicht einfach beiseite schieben und vergessen.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 85 |
Sechs Jahre dauert
nun die Diskussion über ein einheitliches Tierschutzgesetz in diesem Haus
bereits an. Und, Kollege Grillitsch, es war nicht Bundeskanzler Schüssel, von
dem du so tief beeindruckt bist (Abg. Donabauer: Zu Recht!), auch von dessen Initiativen du
so tief beeindruckt bist, sondern es waren die Österreicherinnen und
Österreicher auf eine demokratische Art und Weise: Auf der Straße und in den
Gemeindeämtern wurden Unterschriften gesammelt und ein Tierschutz-Volksbegehren
in dieses Haus eingebracht, über das wir diskutiert haben, Kollege Grillitsch.
Herr Staatssekretär!
Ich bin Ihnen sehr dankbar für die Berichtigung von vorhin. Mein Zwischenruf
war wirklich falsch. Kollege Grillitsch hat seit 1996 nicht in einer
Kuckucksuhr, sondern in einer Pendeluhr geschlafen; das habe ich seiner Rede
entnommen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Zum Bericht über die Enquete-Kommission ist zu
sagen, dass wir eine hervorragende, spannende Diskussion gehabt haben. Ich
hatte zwar nicht den Eindruck, dass der Konsens in den Teilbereichen groß war,
aber in der Zielsetzung war der Konsens vorhanden.
In den Details
haben wir – und das wurde in dieser Enquete-Kommission erwähnt – noch
Diskussionsbedarf. Wir werden also noch diskutieren müssen, aber, geschätzte
Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, wenn wir diskutieren
wollen, dann sollten wir, glaube ich, selbstbewusst genug sein, diese
Diskussionen hier im Parlament durchzuführen, aber nicht Hände ringend und
womöglich auf Knien die Regierung ersuchen, sie möge uns in ihrer Arbeitsgruppe
mitarbeiten lassen, sie möge uns doch die Möglichkeit geben, dort dabei sein zu
dürfen, und sie bitten, sie möge uns dann das, was wir dort beraten
beziehungsweise mitberaten durften, hier im Hohen Haus vorlegen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein als Gesetzgeber
dieser Republik! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)
Die Expertinnen
und Experten in der Tierschutz-Enquete-Kommission haben uns die unterschiedlichsten
Thematiken dargestellt, haben uns Fingerzeige gegeben, wie dieses Gesetz
beschaffen sein könnte und sollte.
Ich darf
vielleicht als ein vom Tierschutzgesetz Betroffener noch eine Bemerkung
einbringen, die nichts mit der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zu tun hat,
Kollege Grillitsch. Ich bin seit einigen Jahren stolzer Besitzer eines
reinrassigen Euroschäfermischlings, habe allerdings ein Problem: Wenn ich
nämlich mit meinem Hund aus der Steiermark durch Niederösterreich nach Wien
fahre, müsste ich eigentlich drei Tierschutzgesetze lesen, um zu wissen, in
welchem Bundesland ich mich mit meinem Hund wie bewegen kann. Und das betrifft
nicht nur mich, sondern 500 000 andere Hundehalterinnen und Hundehalter in
Österreich, die das gleiche Problem haben. Diesbezüglich ist also
Handlungsbedarf gegeben, und zwar schon seit Jahren und Jahrzehnten, Kollege
Grillitsch, nicht erst seit gestern! (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Der Hund kann nichts dafür, dass Sie solche Zwischenrufe
machen, Herr Kollege Trinkl, wirklich nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der Grünen.)
Es ist also
Handlungsbedarf gegeben. Daher ersuche ich Sie, meine sehr geehrten Damen und
Herren, den Entschließungsantrag, den Kollegin Sima eingebracht hat, zu
unterstützen, denn in diesem Entschließungsantrag wird das Selbstbewusstsein
des Hohen Hauses, der Parlamentarierinnen und Parlamentarier, deutlich und den
Zielsetzungen eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes entgegengekommen.
Daher ersuche ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Ich bin, wie ich
am Ende der Enquete-Kommission gesagt habe, eigentlich ein grenzenloser
Optimist, aber ich hoffe, es dauert nicht weitere sechs Jahre und dann beginnen
wir wieder von vorne. Da Herrn Staatssekretär Morak dieses halbe Dutzend an
Jahren noch nicht gereicht hat, ist noch ein Jahr dazugekommen. Das heißt, wir
werden nach den Vorstellungen der Bundesregierung sieben Jahre darüber zu
diskutieren haben.
Da die Vorschläge bereits auf dem Tisch liegen und da hervorragende Unterlagen aus der Enquete-Kommission vorhanden sind, könnten wir meiner Überzeugung nach bereits heuer zu
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 86 |
einer Beschlussfassung kommen – sofern die ÖVP es wollte und
sofern Sie, Kollege Grillitsch, bereit wären, das umzusetzen, in dem Ihnen Ihre
Bäuerinnen und Bauern schon weit voraus sind. Diese haben nämlich keine Angst
vor einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz, die leben es Ihnen vor. Angst
haben nur Sie als so genannter Interessenvertreter. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
13.58
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.
Ich bitte die
Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen.
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung über
den Antrag des Ausschusses, den Bericht der parlamentarischen
Enquete-Kommission samt Anlagen, 54 und Zu 54 der Beilagen, zur Kenntnis
zu nehmen.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes
Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Wittauer, Kolleginnen
und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage
betreffend ein Bundestierschutzgesetz an den Nationalrat.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes
Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen. (E 6.)
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Sima, Mag. Weinzinger, Kolleginnen und
Kollegen betreffend rasche Vorlage des Bundestierschutzgesetzes im Sinne des
Volksbegehrens für ein Bundestierschutzgesetz.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes
Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.
4. Punkt
Bericht des
Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 80/A (E) der
Abgeordneten Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Beate Schasching, Dieter Brosz,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung und Übermittlung einer
Regierungsvorlage betreffend ein Berufssportgesetz an den Nationalrat
(77 der Beilagen)
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum
4. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche
Berichterstattung wurde verzichtet.
Die Debatte
eröffnet Herr Abgeordneter Haubner. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
14.00
Abgeordneter
Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Österreich ist unbestritten – in Relation zu seiner Größe und zu seiner
Bevölkerung – ein absolut erfolgreiches Sportland. Einerseits beweisen
das die vielen internationalen Erfolge, olympische Medaillen, Weltmeister- und
Europameister-Titel und nicht zuletzt auch die Erfolge beim Behinderten-Sport,
bei den Paralympics und den Special Olympics.
In den letzten Jahren hat auch eine professionelle Bewerbung für internationale Sportveranstaltungen positiven Niederschlag gefunden: Österreich hat eine Reihe von Zuschlägen für internationale Sportveranstaltungen erhalten, so etwa die Fußball-EM 2008, die Rad-WM 2006
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 87 |
oder die Europäischen Betriebssportspiele 2003 in Salzburg, um
hier nur einige erfolgreiche Beispiele zu nennen.
Sowohl die
Position des Sportes in Österreich als auch die Rolle Österreichs im
internationalen Konzert wird durch diese internationalen Austragungen enorm
gestärkt. Und wenn wir am 2. Juli dieses Jahres auch noch für Salzburg den
Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2010, dem größten Sportereignis der
Welt erhalten, dann wird Österreich ein weiteres Mal im Mittelpunkt des Weltgeschehens
stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
In einem Bereich
hinkt Österreich allerdings im EU-Vergleich noch nach, und zwar was die
Rechtsgrundlagen für den Sport betrifft. Obwohl es in Österreich mindestens
genauso viele Berufssportler wie Journalisten und Schauspieler gibt, haben wir
noch kein Gesetz, mit dem die Agenden des Berufssportes geregelt werden.
Genauso wie die bereits erwähnten Bewerbungen und die Durchführung von
Wettbewerben brauchen wir auch in Österreich rechtliche Rahmenbedingungen
für unsere Berufssportler.
Auf Grund meiner
persönlichen Erfahrungen sowohl im Bereich des Fußballnachwuchs-Sportes als
auch im Bereich der Leichtathletik beschäftige ich mich bereits seit langer
Zeit mit dieser Materie. In meiner früheren Funktion als Geschäftsführer eines
Bundes-Nachwuchszentrums in Salzburg hatte ich immer wieder mit dem Problem der
Abtrennung zwischen Berufs- und Amateursport zu tun. Klare diesbezügliche
Regelungen hat es in der Vergangenheit nicht gegeben, was die tägliche Arbeit
in den Vereinen sehr erschwert hat. Meistens war es so, dass Problemfälle als
Einzelfälle abgehandelt wurden und nur mit großem persönlichen Einsatz und mit
großem Aufwand an finanziellen Ressourcen durch die Beiziehung von
Rechtsbeiständen oder Schiedsgerichten gelöst werden konnten.
Solche Fälle sind
aber auch in Vereinen mit weniger Publizität aufgetreten, was ich in vielen
persönlichen Gesprächen feststellen konnte, sodass es zu einer starken
Verunsicherung von Funktionären einerseits und Sportlern andererseits gekommen
ist.
Besonders für die
Funktionäre hat in diesen Fällen die Haftungsfrage eine ganz entscheidende
Rolle gespielt. So ist ein Berufssportgesetz für den gemeinnützigen Sport, der
in Österreich eine tragende, flächendeckende Rolle in sozialen, pädagogischen
und gesundheitspolitischen Bereichen spielt, von immenser Bedeutung. Wenn es
zu einer klaren Abgrenzung zwischen Berufssport und gemeinnützigem Sport kommt,
dann haben auch die 300 000 ehrenamtlichen Mitarbeiter in den zirka
12 000 Vereinen in Österreich eine gesicherte Basis für ihre unentbehrliche
Arbeit, und zwar ganz im Sinne des Sports.
Es kann doch nicht
so sein, dass eine Gruppe, wie es nun einmal die Berufssportler sind, ohne
gesetzliche Rahmenbedingungen leben müssen. Wir brauchen also so rasch wie
möglich Rechtssicherheit – darüber herrscht seit Jahren Einigkeit –
für unsere Sportler und Vereine.
Mit den zum
jetzigen Zeitpunkt vorhandenen beziehungsweise eigentlich nicht
vorhandenen Regelungen wird die Zukunft des professionellen Sportes nicht
zu lösen sein. Der österreichische Spitzensport muss auch logistisch jenen
Platz bekommen, den er heute bereits wirtschaftlich innehat.
Umso erfreulicher
ist es, dass es nun – resultierend aus dieser langen
Diskussionsphase – einen gemeinsamen Antrag zur Schaffung eines
Berufssportgesetzes gibt, ein Antrag, der – was noch erfreulicher
ist – mit einem Fristenlauf versehen ist.
Unbestritten ist
jedoch, dass mit der bisherigen Rechtslage, wie ich bereits erwähnt habe, nicht
das Auslangen gefunden werden kann. Es sind also Regelungen notwendig, die
auf die Besonderheiten des Sports Rücksicht nehmen.
Die Einbindung der
BSO ist daher sicherlich der richtige Weg, da damit gewährleistet ist, dass die
Eigenheiten aller Sportarten bedacht werden und in die Gesetzesmaterie
einfließen können.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 88 |
Basierend auf den
Ergebnissen dieser Expertenrunde – bestehend aus Schrammel, Marhold,
Tomandl und Grundei – um diese Experten namentlich zu nennen – muss
unter Berücksichtigung der besonderen Sporteigenheiten eben auch ein Gesetz
für den Berufssport geschaffen werden.
Ich halte es für
besonders wichtig, dass man dieses Gesetz nicht nur durch die Brille des
Arbeitsrechtlers, sondern vor allem durch die Brille des Sportes sieht. Unter
Berücksichtigung dessen haben wir ja bereits bei unserer Fachtagung am
7. April die, wie ich meine, richtige Richtung eingeschlagen.
Das
Berufssportgesetz muss für alle Bereiche, die einen Berufssportler betreffen,
Gültigkeit haben: sowohl für die Rechtsbereiche als auch für die
Steuerrechtsbereiche, für die sozialversicherungsrechtlichen Bereiche, et
cetera. Es sollen eben alle Bereiche abgedeckt werden.
Zusammenfassend:
Wir brauchen eine klare Definition des Berufssportlers. Wir brauchen, wie ich
bereits gesagt habe, ein Gesetz für den Berufssportler, das alle
Querschnittmaterien abdeckt – und vor allem muss es ein Gesetz aus der
Sicht des Sportes sein. Es muss dem Sport, den Vereinen und den Sportlern
Rechtssicherheit bieten.
Ich bin der
Überzeugung, dass der eingeschlagene Weg ein Garant dafür ist, dass dieser
fehlende Ansatz der Professionalität im Berufssport binnen eines Jahres
erfolgreich eliminiert sein wird. Nutznießer davon sind sicherlich unsere
Sportler und Vereine.
In diesem Sinne:
Es lebe der Sport! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
14.06
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.
14.06
Abgeordneter
Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Beim Berufssportgesetz handelt es
sich um eine relativ unumstrittene Materie zwischen den Parteien, und ich hoffe
daher, dass damit die Basis dafür geschaffen wird, dass wir zu einer
umfassenden Regelung der Sportagenden kommen.
Die Bedenken, die
wir bei diesem Gesetz haben, sind sicherlich die, dass es sich dabei nicht um
ein Gesetz handeln darf, das ausschließlich die Interessen des Fußballsports
widerspiegelt, der aber natürlich einer der Hauptbetreiber eines derartigen
Gesetzes ist. Bedenken wir, dass ein Fußballer 3 bis 6 Millionen Schilling
in der Bundesliga verdienen kann und bei ihm dann teilweise die verschiedensten
Arbeitnehmer-Schutzbestimmungen oder auch sozialrechtlichen Bestimmungen
angewandt oder eben nicht angewandt werden.
Die Schwierigkeit
bei dieser Materie ist etwa auch, zu entscheiden, in welche Richtung sich das
entwickeln soll: Soll in Zukunft der Fußballer, soll der Profisportler bei
Ballsportarten, bei Mannschaftssportarten eher in Richtung Eigenunternehmer
oder eher in Richtung Arbeitnehmer betrachtet werden? Diesen
Interessenausgleich festzulegen, das wird vor allem auch für die kleinen
Vereine wichtig sein, nämlich dahin gehend, inwieweit diese dann in ein
derartiges Gesetz hineinfallen, wenn auch dort Zuwendungen an bestimmte
Sportler getroffen werden.
Das heißt also,
auf der einen Seite muss dieser von mir bereits angesprochene Interessenausgleich
geschaffen werden – die Definition „Berufssportler“ wird daher eine der
wichtigsten Aufgaben dieses Gesetzes sein –, auf der anderen Seite darf
man aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und damit die kleinen Vereine
sozusagen an den Rand des Ruins führen, wenn sie mit Regelungen konfrontiert
werden, die letztendlich von ihrer Kleinstruktur her nicht zum Vereinsgefüge
passen.
Ein weiterer Interessenausgleich, der bei diesem Gesetz zu beachten sein wird, ist, dass auch Berufssportler in Einzelsportarten natürlich Anrechte haben werden, wenn vor allem sozialversi-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 89 |
cherungsrechtliche Leistungen geregelt werden. –
Diese drei Säulen der Grundlage der Definition „Berufssportler“ werden wir also
bei diesem Gesetz zu beachten haben.
Ich glaube, es
wird sehr schwierig werden, eine Unterscheidung zwischen Mannschafts- und
Einzelsportarten zu treffen, und es wird sehr schwierig werden, die Grenze zu
ziehen, wann ein Sporttreibender ein Berufssportler ist beziehungsweise wann
noch nicht. Das wird vor allem für kleine Vereine wichtig sein.
Ich meine aber,
dass hier der richtige Weg ist, zu versuchen, dabei alle Sportverbände einzubinden
und die Zusammenarbeit mit der BSO zu suchen, um eine Regelung im Sinne
möglichst breit gestreuter Interessen zu finden.
In diesem
Zusammenhang begrüße ich die gemeinschaftliche Vorgangsweise, und ich meine
auch, dass wirklich Positives nur herauskommen kann, wenn jeder seine
Erfahrungen einbringt.
Als ehemaliger
Vereinsobmann weiß ich allerdings, wie schwierig es ist, in einem Verein einen
derartigen Interessenausgleich herbeizuführen – und umso schwieriger ist
das dann sicherlich auf der Ebene Einzel- beziehungsweise Vereinssportler.
Nichtsdestotrotz
möchte ich hier aber folgende Kritik anbringen, eine, die man nicht vergessen
darf – und ich bin da, glaube ich, sogar einer Meinung mit Herrn
Sport-Staatssekretär Schweitzer –: Schade ist, dass der Herr
Staatssekretär sein Gewicht als Regierungsmitglied da ein bisschen zu wenig
einsetzt (Abg. Dr. Brinek: Mit dem Grabner kann er natürlich
nicht mithalten! – Heiterkeit bei der ÖVP), um diese Regelung zu
verhindern, die in den jetzigen Budgetbegleitgesetzen auftaucht, nämlich eine
Freizeitunfallversicherung einzuheben, und zwar mit einem Ergänzungsbeitrag von
0,1 Prozent der Beitragsgrundlage. Mich wundert sehr, dass es da keinen
Aufschrei des Herrn Sport-Staatssekretärs Schweitzer gibt, ist es doch gerade
der Sport, der dem Gesundheitsbereich, eben auf Grund seiner präventiven
Wirkung, Einsparungen in beachtlicher Höhe bringt.
Es gibt eine
Studie, wonach bei Sportunfällen ein Schaden von rund 305 Millionen €
entsteht. Aber letztendlich erspart man sich im Gesundheitswesen durch
Präventionsmaßnahmen in Bezug auf den Gesundheitsbereich, durch den Sport eben,
552 Millionen €. Das heißt, im Wesentlichen steht ein Positivum von
255 Millionen € auf der Seite der Sportler. (Abg. Dr. Brinek:
Es geht um Extremsportarten!)
Daher ist es unverständlich, warum man jetzt noch einen Ergänzungsbeitrag zur Krankenversicherung für Freizeitunfälle einführen will. (Abg. Dr. Brinek: Extremsportarten ...!) Davon würden natürlich 30 Prozent auf die Sportler entfallen, und da ist es wirklich nicht einzusehen, warum der Sport, der dem Gesundheitswesen rund 255 Millionen € erspart, mit einem Ergänzungsbeitrag zur Unfallversicherung noch einmal zur Kasse gebeten wird! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) – Nein, das zahlen alle! Diese Beiträge sind von allen Pflichtversicherten zu entrichten – und das ist ausschließlich als Freizeitunfallversicherung gedacht! Lesen Sie das doch in Ihrem eigenen Entwurf nach, bevor Sie sich in diese Diskussion einmischen! Lesen Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Das heißt, in Wirklichkeit
bitten Sie den Sport, bitten Sie die Sporttreibenden zur Kasse, obwohl diese
einen positiven Beitrag zur Krankenversicherung leisten, indem diese eben
weniger durch Sporttreibende als durch Nicht-Sporttreibende in Anspruch
genommen wird.
Es ist schade,
dass Sie von ÖVP und Freiheitlichen praktisch eine „Strafsteuer“ für Sportler
einführen; quasi im Vorbeigehen versuchen Sie noch schnell, das unterzubringen.
Das müssen dann ohnehin alle zahlen! Ich finde das wirklich schade!
Dazu, meine Damen und Herren, gibt es eine APA-Aussendung des Herrn Sport-Staatssekretärs Schweitzer, in der er sagt, dass er diese Freizeitunfallversicherung ablehne. – Herr Sport-Staatssekretär, ich hoffe, dass Sie mehr Gewicht in der Regierung bekommen, denn im Regierungsentwurf selbst ist Ihre Meinung nicht durchgedrungen. Es ist zwar sehr schön, sich
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 90 |
hinzustellen und zu sagen: Nein,
das will ich nicht!, wenn letztendlich doch das Gegenteil geschieht, nämlich
das, was ausschließlich die Mehrheitspartei in dieser Koalition will.
Es ist schade,
dass darauf nicht Rücksicht genommen wurde, und ich hoffe, dass wir das beim
Berufssportgesetz besser machen und zu einer einheitlichen Regelung kommen
können. Eine „Strafsteuer“ für Sportler finde ich kontraproduktiv! Man sollte
sich noch einmal gründlich überlegen, ob das wirklich in die Letztfassung des
Gesetzes einfließen soll.
In diesem Sinne hoffe ich auf ein gemeinsames und gutes Ergebnis rund um das Berufssportgesetz. (Beifall bei der SPÖ.)
14.13
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Lichtenegger. – Bitte.
14.13
Abgeordneter
Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Sport-Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit
diesem Entschließungsantrag, ein Berufssportgesetz zu schaffen, wird einem
großen Anliegen des österreichischen Sports endlich Rechnung getragen. Ich
halte es daher für wichtig und notwendig, dass seitens aller Fraktionen erkannt
wird, wie unumgänglich es ist, neue Rahmenbedingungen für den österreichischen
Sport zu schaffen.
Ich habe schon oft
auf den Einfluss des Sports auf viele Lebensbereiche hingewiesen, möchte aber
nochmals deponieren, dass Zeiten, in denen der Sport als die „schönste
Nebensache der Welt“ galt, vorbei sind.
Ausgehend vom
Spitzensport, meine Damen und Herren, der Vorbilder schafft und Interesse
weckt, finden wir auch einen großen gesundheitlichen und pädagogischen Aspekt
nicht nur im Jugendsport, sondern auch im Nachwuchssport, im Freizeitsport und
vor allem auch im Breitensport.
Weil der Sport
eine Wertschöpfung von 7,2 Milliarden € pro Jahr bedeutet und rund
100 000 Menschen Arbeit bringt, wissen auch die Wirtschaft und die
für den Tourismus Zuständigen um die Wichtigkeit des Sports – und in
diesem Fall um die Wichtigkeit eines solchen Gesetzes.
Der moderne Sport
ist mittlerweile so professionalisiert, dass Veranstaltungen, Verbände,
verschiedene Institutionen sowie der einzelne Sportler selbst als Unternehmen
zu betrachten sind. Nur fehlt in Österreich, wenn man das aus
arbeitsrechtlicher Sicht betrachtet, leider das Berufsbild des Sportlers zur
Gänze.
Daher, meine Damen
und Herren, ist es unbedingt notwendig, durch ein Berufsportgesetz für einen
Sportler Bedingungen zu schaffen, die ihn in mehrfacher Hinsicht absichern. Wir
können erstmals in diesem Zusammenhang die Frage der Sozialversicherung,
erstmals die der Kranken- und Pensionssicherung beantworten, da diese dadurch
für einen Sportler einheitlich geregelt werden. Weiters gibt es erstmals eine
fundierte Rechtsgrundlage für den Beruf des Sportlers – und die steuerliche
Frage wird erstmals sozusagen auf eine einheitliche Linie gebracht.
In diesem
Zusammenhang wurde ein Beirat eingerichtet, der, wie vorher bereits
angesprochen, auch den Leistungsschutz für den Sportler, unter anderem auch das
Verhältnis zwischen Sportler und Verein oder die allgemeine Regelung für
Berufssportverträge in Betracht zieht. Im Moment sieht es ja so aus, dass es
den Beruf „Sportler“ – bei den Künstlern gibt es dieselben
Schwierigkeiten – vor dem Gesetz eigentlich gar nicht gibt.
Ein solches Gesetz betrachte ich jedenfalls als weiteren wichtigen und notwendigen Schritt. Österreich leidet ja in Bezug auf den Sport nicht etwa an einem Talentemangel. Nein!, wir
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 91 |
haben sogar sehr viele junge, begabte Sportler – nur werden
diesen einfach zu wenige Perspektiven geboten, den Profisport auszuüben.
Unter anderem soll
mit diesem Gesetz die Möglichkeit geschaffen werden, einen Sportlehrling zu
installieren, was ich für eine sehr gute Idee halte, denn das wird die Leute
erstens leichter zum Sport bringen, diese haben eine berufliche Ausbildung und
bleiben dann dem Sport letztendlich auch erhalten. Sehr viele Familien würden
ihre Kinder ja gern in einem Sportberuf sehen, nur: Die meisten stehen mit 16
oder spätestens mit 18 Jahren vor der beruflichen Entscheidung beziehungsweise
vor einer Ausbildungsentscheidung. Nur wenige haben die finanziellen
Möglichkeiten, ihre Kinder weiter zu fördern beziehungsweise das finanzielle
Risiko des Leistungssportes zu tragen, denn wenn ein Jugendlicher zum Sport
kommt, kann niemand wissen, ob er da auch bleiben beziehungsweise ob er damit
auch Geld verdienen kann.
Ein anderes
Problem ist, dass man fertig ausgebildete Sportler sozusagen günstig aus dem
Ausland nach Österreich holen kann und so vielen unserer Jugendlichen die Chance
vermasselt, sich im Leistungssport zu etablieren. Ein bis jetzt fehlendes
Berufssportgesetz ist meines Erachten auch eines der größten Hindernisse dafür,
dass der Leistungssport in Österreich bei den Jugendlichen nicht gerade
attraktiv ist.
Glauben Sie, meine
Damen und Herren, dass zum Beispiel in Tschechien um so viel bessere Fußballer
geboren werden, sodass diese unsere Nationalmannschaft mit einem 5 : 1
„panieren“?! So ist es doch nicht! Da steht ein System, eine Struktur dahinter,
die sehr professionell ist – und so etwas fehlt eben in Österreich. Das
alles weiß ich aus eigener Erfahrung ganz genau; ich könnte davon ein Lied
singen. Wenn man da als Individuum keine Eigeninitiativen ergreift, kommt man
bei uns im Sport zu nichts. Sinn des Sports ist doch auch, gewisse Strukturen
zu schaffen, um für Menschen aus verschiedensten gesellschaftlichen Schichten
gleiche Möglichkeiten und gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Was aus
sportlich-unternehmerischer Sicht alles möglich ist, zeigt uns ja der Österreichische
Skiverband, dem es immer wieder gelingt, neue Topstars hervorzubringen. –
Solche positiven Rahmenbedingungen sollten eben auf die ganze Breite des
österreichischen Sports ausgeweitet werden, damit allen solche Möglichkeiten
geboten werden können.
Ich sehe die
Sportler auch als Aushängeschilder, als Botschafter und ein bisschen
auch – das getraue ich mich hier zu sagen – als Staatsdiener, denn
jeder freut sich, wenn ein österreichischer Sportler sozusagen die Konkurrenz
in Schach hält und Medaillen gewinnt; jeder entwickelt da eine gewisse Art von
Patriotismus. Und viele sehen sportliche Leistung auch als Inspiration für
eigene Aktivitäten. Daher freut es mich wirklich sehr, dass wir einer großen
Bandbreite des österreichischen Sports hiermit neue Perspektiven bieten können.
Was mich am meisten freut, ist, dass wir uns gemeinsam der Sache annehmen und damit für den Sport wirklich etwas Gutes schaffen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
14.19
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.
14.19
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Notwendigkeit, den
Berufssport in Österreich in gewissen Bereichen zu normieren, ist eigentlich
unbestritten. Ich glaube, dass momentan vieles in einem Graubereich abläuft,
sodass es durchaus Sinn hat, sich zu überlegen, ob man dort nicht auch zu formalisierten
Regelungen kommen soll.
Ein Beispiel dafür hat sich für mich in folgender Beobachtung gezeigt. Da ich eine Zeit lang in Kottingbrunn wohnte und dort den – mittlerweile nicht mehr stattfindenden – Aufstieg des örtlichen Fußballvereins miterleben durfte, habe ich gesehen, dass es eine skurrile Trennung gibt zwischen den Vereinen, die in der Regionalliga, sozusagen im Amateurbereich, spielen, und dem, was danach kommt und was auf einmal zum Profisport wird. Das hat dazu geführt,
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 92 |
dass
für Kottingbrunn, als es aus der Regionalliga – wo mit Spielern wie Willfurth
ehemalige Nationalspieler gespielt hatten und sicherlich nicht gratis gespielt
hatten – in die Bundesliga aufstieg, auf einmal völlig andere
arbeitsrechtliche Bedingungen vorhanden waren, sodass dann Legionäre, die davor
jahrelang in der Regionalliga gespielt hatten, in der Bundesliga nicht spielen
durften.
Da denkt man sich,
dass dieses System nicht ganz stimmen kann. Man weiß ja, dass es da um nicht
gerade geringe Beträge geht; selbst in der Regionalliga werden Gehälter
bezahlt, die bei weitem über dem liegen, was man in Österreich durchschnittlich
im Berufsleben verdienen kann. Dass man sich einmal näher anschaut, wie solche
Regelungen gestaltet werden sollen oder können, ist daher, glaube ich, in hohem
Ausmaß sinnvoll und notwendig. In der gesamten Problematik der Abstellungen von
Sportlern, Vereinssportlern, Einzelsportlern für die Nationalmannschaft gibt
es einen Graubereich; etwa im Hinblick auf Haftungsfragen ist es notwendig,
darüber nachzudenken. Das ist wohl unbestritten.
Auch die Frage,
die bei der letzten Ski-WM wieder aufgetaucht ist, sollte man sich einmal näher
anschauen: Wie sieht es mit Verknüpfungen aus? Skifahren ist letztlich ein
Einzelsport. Wenn der Verbandspräsident gleichzeitig die Aufgaben eines
Sportmanagers erfüllt und darüber entscheidet, wer an der WM teilnehmen darf,
und dann zufälligerweise – oder auch nicht – seine Sportler, die er
zusätzlich wirtschaftlich betreut, teilnehmen dürfen, hingegen andere, die
woanders angesiedelt sind, nicht, dann zeigt das zumindest Problemlagen, mit
denen man sich auseinander setzen sollte und für die es notwendig ist, genaue
Regelungen zu installieren.
Ich möchte aber
abgesehen davon, dass diese Notwendigkeit erkannt wird und dass allen bewusst
ist, dass es nicht einfach sein wird, zu einem Berufssportgesetz zu kommen,
auch in die aktuelle Debatte
einsteigen, die sich durch den Wechsel im Sport-Staatssekretariat beziehungsweise
durch den neuen Staatssekretär ergeben hat, und auf die Frage eingehen, wie die
Budgeterhöhung im Bereich der Sportförderung gestaltet wird. Ich stehe nicht
an, zu sagen, dass wir mit dem Staatssekretär darin in Übereinstimmung sind,
dass es erstmals so sein wird, dass neue Mittel nicht automatisch nur in
bestehende Strukturen kommen, sondern dass es hier auch neue Schwerpunkte geben
wird. Ich möchte es insbesondere sehr begrüßen, dass geplant ist, dem
Österreichischen Behindertensportverband erstmals eine Basisförderung zukommen
zu lassen. Das ist eine langjährige Forderung der Grünen, und es wird uns
freuen, wenn dies im Zuge der neuen Änderung zustande kommen wird. Da geht es
um gar nicht so geringe Beträge, und es wird erstmals möglich sein, dass der Behindertensportverband auch außerhalb
der normalen Strukturen zu Geld kommen wird. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
Ich bin mir nicht
ganz schlüssig darüber, wo da die Widerstände sind. Mir ist aufgefallen, dass,
nachdem es zunächst eine Begutachtung gegeben hat, eine Stellungnahme der Stadt
Wien dazu vorgelegen ist, die ich in hohem Maße beunruhigend finde. Darin
spricht sich die Stadt Wien massiv gegen diese Neuregelung, dem Behindertensportverband auch Geld
zukommen zu lassen, aus, und sie argumentiert, dass es viel besser wäre, das
Geld weiterhin in die bestehenden Strukturen fließen zu lassen, statt den Behindertensportverband auszustatten.
Wir wissen gerade
aus der Vergangenheit, wie schwierig es war, dass beispielsweise in der BSO der
Behindertensportverband
überhaupt anerkannt worden ist – die Anerkennung war mit einem Verzicht
auf Geldmittel verbunden –, beziehungsweise wie schwierig es auch in den
bestehenden Strukturen ist, generell die Möglichkeiten für den Behindertensport aufrechtzuerhalten.
Daher ist diese Stellungnahme der Stadt Wien für mich überhaupt nicht nachvollziehbar.
Ich werde mich, wie gesagt, freuen, wenn es gelingt, diesen Schritt in
Österreich zu setzen. Letztlich handelt es sich um das Bemühen, neue
Schwerpunkte zu setzen und beispielsweise zu sagen: Wir setzen im Frauensport
neue Mittel ein, um dort Projekte finanzieren zu können. Auch das freut uns.
Abschließend möchte ich zur Sportförderung generell Folgendes sagen. Ich habe im Ausschuss auch miterlebt, dass es eine Art Verteidigungshaltung gibt, die grundsätzlich ein bisschen mit dem Gefühl zu tun hat, es sollten weiterhin möglichst alle im gleichen Ausmaß bedient werden.
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Es gibt daher auf der einen Seite die
Anforderungen des Breitensports, und da glaube ich, dass wir gerade im
Schulbereich momentan vor Problemen stehen, und zwar auf Grund von Stundenkürzungen,
vor allem aber auch dadurch, dass es im Grundschulbereich zu wenig adäquat
ausgebildete LehrerInnen im Sportbereich gibt. Das ist in den höheren Schulen
besser, aber im Grundschulbereich, das wissen wir alle, ist das teilweise ein
Problem.
Es stellt sich
außerdem die Frage, ob Misswirtschaft oder eine sehr gute Wirtschaft in
einzelnen Fachverbänden eine Auswirkung haben sollte. Wenn man sich anschaut,
dass jetzt beispielsweise im Schwimmverband oder im Tischtennisverband relativ
professionell und offenbar auch mit entsprechendem Erfolg gearbeitet wird, dies
aber de facto auf die Finanzstruktur keine Auswirkungen hat, und dass es auf
der anderen Seite in Verbänden wie dem Tennisverband momentan eigentlich
überhaupt keine sinnvolle Jugendarbeit mehr gibt, dann sollte man, finde ich,
schon die Frage stellen, ob denn nicht irgendwie auch das Ergebnis der Arbeit
in den Verbänden einen Einfluss auf die Förderungsstrukturen haben sollte. Ich
glaube, dass wir da eine Diskussion vor uns haben, die noch geführt werden muss. –
Danke. (Beifall bei den Grünen.)
14.26
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär
Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Staatssekretär.
14.26
Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin
sehr dankbar für die sehr sachliche und konstruktive Diskussion.
Ich möchte bei
Kollegem Brosz anschließen, der völlig zu Recht feststellt, dass es nicht ganz
einzusehen ist, warum die Schwerpunktsetzung für den Behindertensport von
anderen Sportfunktionären kritisiert wird. Es war für uns alle klar, das
Jahr 2003, das Jahr der Behinderten, soll auch im Sport und in der
Sportpolitik besondere Berücksichtigung finden. Deshalb war es für uns
selbstverständlich, dass mehr an Förderungsmitteln insbesondere in den
Behindertensport gegeben wird. Wir haben uns sehr bemüht und es geschafft,
527 000 € pro Jahr für den Behindertensportverband zusätzlich
verfügbar zu machen und weitere Beträge für die Paralympics und Special
Olympics zur Verfügung zu stellen – eine, wie ich glaube, gute Investition
und nicht eine Investition, die man öffentlich kritisieren sollte mit der
Argumentation: Damit bekommen andere Sportler weniger. (Beifall bei den
Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich glaube, dass
es auch sehr vernünftig war, die Aufnahme der Behinderten in die Spitzensportförderung
zu beschließen, weil jeder von uns, der die Behindertensportwettkämpfe
verfolgt, sehen kann, dass es sich dabei um Spitzensport handelt und deshalb
auch die Förderung aus dem Spitzensporttopf eine durchaus angebrachte ist. Es
ist besonders wichtig auch für Sie, nicht nur zu wissen, sondern auch
weiterzutransportieren, dass durch eine Einrichtung meiner Vorgängerin, nämlich
die Rubbellos-Aktion, ein Fonds geschaffen werden konnte, aus dem jetzt
jährlich 727 000 € in den Behindertensport fließen können, sodass
damit endlich einmal eine langfristige Finanzierung des Behindertensports
gesichert werden konnte. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei
Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)
Ich möchte mich
aber, bevor ich zum Berufssportgesetz komme, auch der Kritik des Abgeordneten
und Kollegen Wittmann stellen. Wir sollten, Herr Kollege Wittmann, eine offene
Diskussion darüber führen, wie diese zusätzlichen Belastungen unseres
Krankheitssystems finanziert werden sollen. Ob die Freizeitunfallversicherung
in der Form, wie sie jetzt angedacht ist, die richtige Lösung ist, wage ich
tatsächlich zu bezweifeln. Aber wenn wir darüber diskutieren, dann sollten wir
sehr differenziert darüber diskutieren. Ich glaube, es findet schon auch Ihre
Zustimmung, wenn ich sage: Wer sich erhöhtem Risiko aussetzt, muss auch
vermehrt damit rechnen, dass etwas passiert; und diejenigen, die sich erhöhtem
Risiko aussetzen, sollten damit auch gegen allfällige daraus resultierende
Schäden versichert werden.
Ich glaube auch, dass es nicht nur im Bereich des Sports Menschen gibt, die sich einem erhöhten Risiko aussetzen. Dort sind es die so genannten Extremsportler. Es ist auch leicht
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 94 |
nachzuvollziehen, wo diese Unfälle tatsächlich passieren und woraus
insbesondere hohe Behandlungskosten resultieren. In diesem Bereich ist eine
Freizeitunfallversicherung durchaus gerechtfertigt.
Aber in diesem
Zusammenhang muss man natürlich auch über andere Menschen in unserer
Gesellschaft diskutieren, die sich ganz bewusst einem erhöhten Risiko aussetzen
und die bisher nicht mit
höheren Beitragsleistungen zur Kasse gebeten werden. Dann diskutieren wir das
ganz offen! Wie ist es mit denjenigen, die ganz bewusst und gegen den Rat aller
behandelnden Ärzte gesundheitsgefährdendes Übergewicht in Kauf nehmen sowie
die daraus resultierenden Krankheiten, die dann auch mit sehr viel Geld
behandelt werden müssen? Ich glaube, Professor Grünewald könnte uns da als
Fachmann einiges ... (Widerspruch bei der SPÖ.)
Wir müssen darüber
diskutieren können, wenn es darum geht, Schäden, die aus unvernünftigem, gegen
besseren Rat geführten Lebenswandel resultieren. Darüber müssen wir diskutieren,
genauso wie über all diejenigen, die sich ganz bewusst extremem Alkoholgenuss
hingeben und bei denen dann die Behandlung der daraus resultierenden Schäden
von der Allgemeinheit zu tragen sind. Genauso gilt das beim Extremraucher. Auch
da wissen wir, dass er sich persönlich diesem Risiko aussetzt und die Kosten
dann der Allgemeinheit übertragen werden.
Führen wir also
diese offene Diskussion! Das wird natürlich schwierig, aber wir haben als
Verantwortliche für die Finanzierung der Leistungen, welche die Öffentlichkeit
zu erbringen hat, eben die Aufgabe, auch darüber nachzudenken, wie das in
Hinkunft gestaltet werden soll. Sie alle sind herzlich eingeladen, sich an
dieser Diskussion zu beteiligen, und ich bin überzeugt davon, dass Sie alle
Ihren konstruktiven Beitrag dazu leisten können.
Aber wenn diese
Diskussion geführt wird, dann offen, umfassend und ohne irgendwelche Einschränkungen!
Ich bin überzeugt davon, dass es eine lange Diskussion werden wird, doch wenn
wir wollen, werden wir zu einem gemeinsamen Ergebnis für diese Gesellschaft
kommen, und unter dem Strich steht ein durchschnittlich gesünderer
Österreicher – davon bin ich überzeugt –, weil er dann mehr Sport
betreibt, vernünftig Sport betreibt und wahrscheinlich auch gesünder lebt, sich
nicht mehr so dem Risiko des Übergewichts, des überhöhten Alkoholgenusses und
des Extremrauchens aussetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall
bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Zum
Berufssportgesetz – Herr Matznetter, es ist überhaupt kein Problem, wenn
Sie glauben, dass Sie ein Recht darauf haben, zu rauchen, zu trinken oder
Übergewicht zu haben. Dann teilen wir einfach Risikogruppen ein! Wer in diese
Risikogruppe will, der zahlt eben den höheren Beitrag, weil er auf Grund der
Daten, die dann bei diversen Gesundheitsuntersuchungen zur Verfügung stehen,
einfach in eine Risikogruppe eingeteilt wird. Es bleibt ja dem Einzelnen
überlassen, sich die Risikogruppe auszusuchen. Aber führen wir die Diskussion
öffentlich! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Zum
Berufssportgesetz. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh
darüber, dass wir hier Einstimmigkeit unter den Parteien erzielen konnten,
sodass wir jetzt nicht nur darüber diskutieren, sondern endlich auch anfangen,
Nägel mit Köpfen zu machen. Die Erarbeitung und Beschlussfassung eines
Berufssportgesetzes ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.) – Herr Kollege Bauer,
womit haben Sie denn das Problem? Mit dem Übergewicht, mit zu viel Rauchen oder
mit dem Alkoholgenuss? Extremsportler sind Sie ja nicht, wie ich weiß. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.)
Das Berufssportgesetz ist in Ausarbeitung und soll die Rahmenbedingungen für ein vereinsinternes Disziplinarrecht, für die Schaffung von Sportgerichten und Sportgesellschaften enthalten. Geregelt werden soll die Verwertung von Sportveranstaltungen. Der Leistungsschutz des Sportlers soll enthalten sein. Geregelt werden sollen das Verhältnis zwischen Sportler und Verein, das Ausbildungsverhältnis und die Ausbildungsentschädigung, die Kontrolle des Sportlers, das Recht auf sportliche Betätigung, die Pflicht zur Teilnahme an Verbandswettkämpfen,
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die Arbeitskräfteüberlassung, allgemeine Regelungen für
Berufssportverträge und der Schutz von Minderjährigen. – Herr Kollege
Bauer, wenn Sie das interessiert, dann hören Sie mir zu.
Zur Erarbeitung
der rechtlichen Grundlagen für das Berufssportgesetz ist bereits ein Beirat
eingerichtet worden. Vertreter aller vier Parlamentsparteien sind Mitglieder in
diesem Beirat, weiters der ÖFB, die Bundesliga, drei Arbeitsrechtsexperten, die
BSO, der Tennis-, der Leichtathletik-, der Handball-, der Volleyball-, der
Ski- und der Basketballverband, die Spielergewerkschaft und Vertreter der
Verbindungsstelle der Bundesländer sowie das Bundesministerium für Justiz und
das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten. Wir haben bereits
eine Studie von Professor Schrammel erstellen lassen; diese liegt seit
27. August 2002 vor. Auf der Basis der bisherigen Fachtagungen und der
Studie von Universitätsprofessor Dr. Schrammel haben wir gemeinsam die
weitere Vorgangsweise festgelegt. So wird jetzt dieser Gesetzentwurf unter der
Federführung und der laufenden Befassung des Beirates weiterentwickelt. Die BSO
übernimmt die Koordinierung des autonomen Sports, der Beirat übernimmt die
Funktion eines Lenkungsteams und wird laufend über die Ergebnisse von
Professor Schrammel berichten. Der Gesetzentwurf wird bis
30. September 2003 zur Begutachtung vorliegen, und eine Beschlussfassung
wird es spätestens am 1. März 2004 geben.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Damit wird innerhalb kürzester Zeit ein wesentlicher
Meilenstein gesetzt werden, und etwas, was die Ausübung des österreichischen
Sports auf besondere Grundlagen stellt, wird vorgelegt werden. Ich bedanke mich
heute schon für die gemeinsamen Vorarbeiten, die bisher völlig im Einklang
aller Beteiligten abgelaufen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der
ÖVP.)
14.37
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Mikesch. – Bitte.
14.37
Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe
Jugend, die heute so zahlreich zu uns gekommen ist! Jetzt bin ich
Unternehmerin und führe mit meinem Mann einen Produktionsbetrieb. Ich komme aus
einem kleinen Familienunternehmen, einem typischen Klein- und Mittelbetrieb,
und freue mich, heute zum Berufssportgesetz zu reden, da meine Jugendzeit vom
Spitzensport geprägt war. Ich kann auf einige Landesmeistertitel in Torlauf,
Riesentorlauf und Abfahrt zurückblicken. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Aus meiner
persönlichen Erfahrung kenne ich daher beide Seiten, einmal die Seite des
Sportlers und anderseits die des Arbeitgebers. Leistungssportler zu sein
bedeutet wahrlich, einen anstrengenden Beruf auszuüben, einen Beruf, der als
solcher noch nicht ausreichend definiert ist. Deshalb brauchen wir dieses
Berufssportgesetz. Dazu müssen wir diesen Begriff einmal klar definieren.
Dieser Vier-Parteien-Entschließungsantrag ist der Anfang eines parlamentarischen
Entwicklungsprozesses, und am Ende soll ein Gesetz herauskommen, das allen
hilft und Rechtssicherheit für den Berufssportler schafft, in Fragen des
Steuerrechts, des Sozialversicherungsrechts, und auch die spezifischen Probleme
der Frauen müssen geklärt und in ein einheitliches Gesetz gegossen werden. Als
ehemalige Spitzensportlerin und jetzige Unternehmerin bin ich bereit, mich
einzubringen und meine Erfahrungen, positive wie negative, einfließen zu
lassen.
Sport bedeutet
Leistung, Mut, Einsatz und natürlich volle Konzentration auf das Ziel. Daher
ist es ganz wichtig, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Sportlerinnen und
Sportler sich voll und ganz auf ihre sportliche Ausübung konzentrieren können,
damit der Sport im Vordergrund bleibt. Es geht daher jetzt darum, die
Berufssportlerinnen und -sportler in einem unternehmerischen Rahmen zu
etablieren und eine klare Regelung dafür zu finden, dass bei bezahlter
Sportausübung im Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht eine Absicherung vorhanden
ist. Andererseits geht es auch um die rechtliche Absicherung für Vereine und
Verbände, also für die Arbeitgeberseite.
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Es muss uns sehr
wichtig sein, die vielen gemeinnützigen Vereine mit ihren vielen freiwilligen
Helfern abzusichern und zu unterstützen und auch für die Sportlerinnen und
Sportler Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Ausübenden mit ihren
Vereinen gemeinsame Ziele erreichen können, um damit Erfolge für sich selbst
und für unser Österreich verbuchen zu können, sodass auch schöne Erfolge für
die Tourismuswirtschaft in unserem Land möglich sind.
Der Sport hat in
Österreich große wirtschaftliche Bedeutung. Die Zahlen sprechen eine deutliche
Sprache. Die Wertschöpfungseffekte gliedern sich in zwei große Bereiche: Zum
einen in den Kernbereich, der von den Vereinen über den Schulsport bis hin zu
den Sportartikelhändlern reicht. Dieser umfasst laut einer
Wirtschaftskammerstudie etwa 2,74 Milliarden €. Im zweiten Bereich,
dem Sporttourismus, reden wir über 2,69 Milliarden €. Zusammen ergibt
dies eine Wertschöpfung von 5,43 Milliarden €, das entspricht 2,9 Prozent
des Bruttoinlandprodukts und einem Beschäftigtenanteil von 2,6 Prozent.
An diesen Zahlen
kann man sehen, wie groß die wirtschaftliche Bedeutung des Sports in Österreich
ist. Österreich ist das Land der Sportler und Vereine. Das ist eine große
Chance, aber auch eine große Verantwortung. Für uns heißt das: Schaffen wir so
rasch wie möglich ein Berufssportgesetz, damit wir die jungen Menschen bei der
Ausübung ihrer sportlichen Tätigkeit schützen, die Nachwuchsarbeit in den
Vereinen und Verbänden fördern und die selbständigen Berufssportlerinnen und
-sportler unterstützen können.
Sportlerinnen und
Sportler sind große Vorbilder, die bei der Jugend Freude und Lust am Sport
wecken. Sport bedeutet Gesundheit, und Gesundheit bedeutet weniger Kosten im
Sozialsystem. Ein Sporteinstieg lohnt sich in jedem Alter, und zwar angemessen
und richtig dosiert.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Kennen Sie Power-Pausen? Power-Pausen sind
Kurzübungen, die darauf abzielen, Geist und Körper wieder mehr konzentrieren zu
können, sich mit einzubringen und gezielt auf ein Ziel loszugehen. (Beifall
bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sind für uns die
Dringlichen!)
Begeben Sie sich
mit mir in die Startposition: Die Schistöcke nach vorne, die Zeit für das
Berufssportgesetz läuft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
14.42
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.
14.42
Abgeordneter
Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass mir diese
blau-schwarze Regierung einen Teil meiner Pension wegnehmen will, ist schon
eine traurige Sache, aber dass ich jetzt auch noch für mein bisschen
Übergewicht Strafe zahlen soll, lieber Herr Staatssekretär, das ist ein
weiterer Beweis eurer Geisteshaltung. (Abg. Dr. Rasinger: Nur
ein bisschen?) Ich halte das für eine ganz arge Bevormundung.
Lieber
Staatssekretär! So viel könnte ich gar nicht laufen, dass ich einmal so dünn
und leichtgewichtig werde wie du. Aber vielleicht gehörst auch du zu einer
Risikogruppe. Ich will da jetzt gar nicht ansprechen, dass der Bauer Johnny
gesagt hat, du sollst mit ihm in den Ring steigen, denn dann gehörtest du
ohnehin höher versichert. Ich denke jedoch auch, dass auf Grund deiner
intensiven sportlichen Betätigung deine Knie einmal mehr leiden werden. Auch
wenn du ohne Helm mit deinem Rad auf unbefestigten
Mountainbike-Strecken im Burgenland herumfährst, bist du extrem
gefährdet. – Ich bin also der Meinung, dass du gleich viel bezahlen musst
wie ich. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.)
Lieber Herr Staatssekretär! Zurück zum Berufssportgesetz. Auch wenn das unumstritten ist – Kollege Lichtenegger ist jetzt zwar gerade nicht hier –, so stelle ich zunächst einmal grundsätzlich fest: Professionalität entsteht nicht nur durch dieses Berufssportgesetz. – Aha, Kollege Lichtenegger ist doch anwesend! – Ich meine, dass Professionalität sicherlich auch sehr stark vom Geld geprägt ist, von den Zuwendungen, die auf der einen Seite vom Bund
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 97 |
kommen
müssen und, das ist meine Meinung, auch verstärkt kommen müssen. Natürlich ist
sie auch abhängig davon, wie stark die Wirtschaft und letztlich auch die
Werbung auf einen Sportzweig zugeht.
Lieber
Staatssekretär! Als Obmann von 20 Vereinen in einem mittleren Ort mit etwa
10 000 Einwohnern habe ich doch ein bisschen Angst vor einer sehr
radikalen und rigiden Ausformung eines solchen Berufssportgesetzes, weil wir in
Wirklichkeit in den unteren Ligen tätig sind. Ich habe also Angst vor Budgets, die
explodieren, weil letztlich die öffentliche Hand und die Gemeinden diese
Budgets nachbessern müssten. Gerade weil ich damit Erfahrung habe, habe ich
auch Angst vor Verwaltungsagenden, die ganz massiv auf die Vereine zukommen
werden. Ich habe Angst vor der Lohnverrechnung, ich habe vor den Steuerberatungskosten
Angst und letztlich auch vor den vielen Folgekosten der Arbeitnehmerverträge in
diesen klein strukturierten Vereinen. Ich bitte also, auch darauf Rücksicht zu
nehmen.
Ich habe aber
auch – und dabei handelt es sich um einen großen emotionalen Faktor –
ein bisschen Angst vor einer Demotivation der Spieler, die kostenlos
spielen. – Kollege Lichtenegger oder Kollege Brosz haben das auch bereits
gesagt. – Auf der anderen Seite gibt es dann nämlich Spieler, die aus
oberen Ligen kommen und bezahlt werden müssen. Ich habe auch ein bisschen Angst
vor der Demotivation der Funktionäre, die momentan unentgeltlich in den
Vereinen, in den Dachverbänden arbeiten und eigentlich nur zusätzliche Arbeit
aufgehalst bekommen.
Weil ich gerade
bei den Dachverbänden bin: Lieber Staatssekretär! Wir haben im Ausschuss auch
über die Dachverbände geredet, und ich gestatte mir ein Wort dazu. Wenn wir in
der Vergangenheit von den Dach- oder Fachverbänden geredet haben, habe ich die
Tendenz erkennen können, dass es euch, der Sportministerin, aber letztlich auch
dir, nur vordergründig um Anliegen des Sportes gegangen ist. Unschwer zu
erkennen war immer, dass sich die Sportministerin ihren parteipolitischen
Zugang zum Sport gesucht hat. Und dies weiter zu betreiben, kann man dir, Herr
Staatssekretär, auch nicht ganz absprechen, auch wenn du in der Sache sehr
behutsam sprichst. Du redest nur von der großen Neuorganisation der
Sportstruktur in Österreich, und du redest davon, dass viele neue Vereine in
die Fachverbände aufgenommen werden sollten.
Ich möchte dir
folgende Antwort geben: Ich meine, du hast Recht, wenn du von gestiegenen
Anforderungen an die Sportbudgets sprichst. Nicht Recht hast du jedoch
sicherlich, wenn du meinst, dass die Fach- und Dachverbände, so wie sie derzeit
organisiert sind, nur auf Grund von reaktionären Ansichten nicht
verhandlungsbereit wären.
Die Lösung, Herr
Staatssekretär, kann doch wohl nur die sein, dass den bestehenden Vereinen
nichts weggenommen wird. Zusätzlich aufzunehmende Verbände brauchen
zusätzliches Geld. Dein Finanzminister hat heute in seiner Budgetrede
vollmundig davon gesprochen hat, wie er den österreichischen Sport fördern
will. Fordere deinen gerechten Anteil von ihm ein! Fordere ein Sportbudget ähnlich
dem Kulturbudget, fordere die Sportmilliarde ein! – Herzlichen Dank. (Beifall
bei der SPÖ.)
14.47
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.
14.47
Abgeordneter
Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuhörer!
Die Zeiten ändern sich, die Mode und das Geld. Im Sport ist es ebenfalls so,
und deswegen wird es auch notwendig sein, dass man die einzelnen Sport- und
Fachverbände in Zukunft etwas durchforstet. Sind sie noch zeitgemäß? Was sind
die Kosten? Was sind die Ziele? Wie sieht es mit der Nachnutzung aus? Wie ist
die Nachwuchsförderung zu gestalten?
Bei diesem Antrag auf Schaffung eines Berufssportgesetzes geht es darum, auf die Besonderheiten des österreichischen Sports Rücksicht zu nehmen. Ich bin froh, dass es im Aus-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 98 |
schuss
Konsens aller Fraktionen darüber gibt, daran mitzuarbeiten. Das drückt sich
auch darin aus, dass es ein Vier-Parteien-Antrag ist. Es geht darum, in Zukunft
optimale arbeitsrechtliche, sozialrechtliche, steuerrechtliche, aber auch
haftungsrechtliche und vereinsrechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen und
dabei auf die Besonderheiten des österreichischen Sports, auf mögliche
EU-rechtliche Implikationen ebenso einzugehen wie auf den Schutz junger
Menschen bei gleichzeitiger Sicherung der Nachwuchsarbeit und auf die
Interessen der Berufssportler.
Es gibt
selbstverständlich Unterschiede – und das ist heute bereits aufgezeigt worden –
zwischen Berufssport und Amateursport, zwischen Spitzensport und Breitensport.
Der Breitensportler wird jedoch durch Spitzensportler animiert, die Erfolge
erzielen, und Gott sei Dank haben wir in Österreich etliche solche. Die meisten
Sportler sind zunächst Amateursportler, werden dann Berufssportler und gehen
dann unter Umständen wieder zurück in den Amateurbereich. Rahmenbedingungen
dafür werden notwendig sein.
Wenn heute darüber
diskutiert wird, dass es für Freizeitunfälle eine Versicherung gibt, so muss
ich sagen, dass die meisten Freizeitunfälle, und das wissen wir alle, im
Haushalt und weniger bei Sportausübung passieren, aber darüber kann man auf
anderer Ebene diskutieren.
Unterschiede gibt
es auch zwischen Mannschafts- und Einzelsportarten. Das ist ebenfalls zu
berücksichtigen, und zwar vor allem im Hinblick auf die Sportler. Die sind
nämlich derzeit weder Arbeitnehmer im herkömmlichen Sinn, noch sind sie neue
Selbständige. Auf der anderen Seite gibt es auch etliche geringfügig
Beschäftigte, vor allem natürlich in den Unterligen.
Es darf aber auf
keinen Fall so sein – und in diesem Punkt gebe ich meinem Vorredner
Recht –, dass das Ganze die kleinen Vereine belastet, sondern es soll in
Zukunft ein Berufsbild entwickelt werden – das ist, wie ich meine,
überhaupt das Wichtigste dabei –, ein Berufsbild für Berufssportler. Auf
alle Fälle sollten die Grundlagen dafür erarbeitet werden, die Sportler in den
bestehenden Sozialrahmen einzufügen. Heute ist ein Sportler nämlich weder
Angestellter noch Arbeiter, und er ist auch nicht richtig sozialversichert oder
krankenversichert.
Auf jeden Fall
sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die Grundvoraussetzung ist aber
sicherlich das Berufsbild Berufssportler. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.51
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.
14.51
Abgeordneter
Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist
unbestritten, dass mit der bisherigen Rechtslage im Berufssport nicht das
Auslangen gefunden werden kann. Es sind dringend Regelungen notwendig, die auf
die Besonderheiten des Sports Rücksicht nehmen. Nicht nur der Mannschaftssport,
sondern auch der Individualsport, der zumeist leider nicht so populär ist,
benötigt diese Regelungen dringend. Nicht nur Sportlern wird dieses Gesetz
Vorteile bringen, sondern auch Verbänden, Klubs und sicher ganz besonders auch
den kleinen Vereinen.
Die Sportler und
genauso die Vereine bewegen sich im Moment, wenn man es genau nimmt, eigentlich
in einer Art Grauzone der Legalität. Ich möchte anhand von ein paar Beispielen
die Notwendigkeit dieses Berufssportgesetzes kurz erläutern.
Wir alle kennen
die immer wiederkehrenden Probleme, die es gibt, wenn Spielerverträge beendet
werden, speziell im Bereich Fußball. Kommt es zu einer durch den Sportler
verschuldeten Auflösung des Vertrags, und wechselt er zu einem anderen Verein,
so steht dem Arbeitgeber, also dem Verein, bloß eine Schadensersatzforderung
gegenüber dem Sportler zu. Da jedoch der Mindererfolg eines Klubs im
Mannschaftssport wie etwa beim Fußball, wo es elf Spieler gibt und noch mehr im
Kader sind, von denen nun einer ausfällt, eigentlich nicht nachweisbar ist,
stellt sich diese Schadenersatzforderung als eine zahnlose Sanktion dar.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 99 |
In den
Verbandsregeln, aber auch in den Spielerverträgen ist stattdessen eine so
genannte Stehzeit vorgesehen. Diese Regel besagt Folgendes: Löst ein Sportler
seinen Vertrag frühzeitig auf, kann er für die restliche Vertragsdauer bei
keinem anderen Verein angemeldet werden. – Eine derartige Sanktion mit
rechtlichem Hintergrund wäre ein echter Anreiz für jeden Sportler,
abgeschlossene Verträge auch wirklich einzuhalten. Das würde jedenfalls auch
den Nachwuchs fördern.
Zweites Beispiel:
Die derzeit bestehenden Beschränkungen der Höchstarbeitszeit und des Sonn- und
Feiertagsruhegesetzes sind mit dem Sportbetrieb, weil Wettspiele überwiegend an
Wochenenden und Feiertagen stattfinden, unvereinbar. Wer zum Beispiel
vergangenes Wochenende das Bundesligaspiel gesehen hat, dem muss bewusst
sein, dass die Spieler eigentlich gesetzeswidrig gearbeitet haben. Es gibt
unzählige Beispiele, wo man im Sport auf diese Grauzonen stößt, in denen eigentlich
alles durch eine Art Gentlemen’s Agreement geregelt ist.
Aus meiner Sicht
sollte das Gesetz auch Schutzbestimmungen für Minderjährige enthalten. Für
Berufssportausbildungseinrichtungen sind erschwerte Bedingungen zu schaffen,
wenn sie öffentlich anerkannt werden sollen. Es muss im Interesse des Sports
liegen, dass junge Sportler eine duale Ausbildung erhalten, damit sie auch nach
vorzeitigem Abbruch ihrer Karriere eine andere Tätigkeit ausüben können.
Derartige Ausbildungseinrichtungen sind jedoch im Moment nicht dazu in der
Lage, sich gegen vorzeitigen Schulaustritt zu schützen. Die Folge sind frühe
Profiverträge der Jugendlichen mit langen Laufzeiten, die den Nachteil einer
mangelnden Ausbildung mit sich bringen.
Wir alle lesen
immer wieder von horrenden Summen, die es im Sportbereich gibt, wenn es zu
Vertragsabschlüssen kommt, ganz speziell wiederum im Fußballbereich. Immer
wieder werden Sportler von Sportvermittlern zu Provisionen veranlasst, die sie
dann auch kassieren, oder aber der Sportvermittler fordert Exklusivverträge.
Dem könnte man durch ein Berufssportgesetz ebenfalls etwas Einhalt gebieten.
Die Redezeit würde
sogar noch reichen, um noch weitere Gründe aufzuzählen, aber ich denke, jeder
ist sich dessen bewusst, wie notwendig ein solches Gesetz ist. Man kann diesen
Antrag auf Ausarbeitung eines Berufssportgesetzes nur unterstützen, damit die
erwähnten Grauzonen beseitigt werden und es zu einer weiteren Spezifizierung
des Sports kommt. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
14.55
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.
14.55
Abgeordneter
Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte
zunächst ganz kurz auf die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs eingehen, der
im Hinblick auf die Finanzierung drei Risikogruppen von Nicht-Arbeitsunfällen,
nennen wir sie einmal so, erwähnt hat. Es geht um Freizeitunfälle, Sportunfälle,
aber auch um Haushaltsunfälle. Er hat gemeint, die Fetten seien ein
Risikofaktor, die Raucher und die Säufer.
Werter Kollege
Staatssekretär! Ich könnte das ergänzen, denn es gibt noch eine weitere
Risikogruppe, nämlich die Profisportler und die Berufssportler selbst. Ich
denke beispielsweise an ausgezehrte Marathonläufer. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich denke
beispielsweise an Sportler in Österreich, die an Magersucht leiden, weil sie
falsch ausgebildet wurden, beispielsweise an Skispringer. Ich meine, dass man
natürlich auch diese Gruppe berücksichtigen müsste.
Noch ein Wort zur Ergänzungsabgabe, die jetzt jeder ASVG-Versicherte oder überhaupt Krankenversicherte zu zahlen hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich um 104,6 Millionen €, 87,5 Millionen davon zahlen wiederum die ASVG-Versicherten und die Beamten. Sie haben bis heute noch kein Konzept vorgelegt, aus dem hervorgeht, wie Frei-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 100 |
zeitunfälle verhindert werden könnten.
Aus diesem Grund ist Ihr Vorschlag mit allem Nachdruck abzulehnen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Die Mehrzahl der Nicht-Arbeitsunfälle sind Haushaltsunfälle.
Der Herr Staatssekretär hat gemeint: Wer sich einem erhöhten Risiko aussetzt,
soll sich versichern! – Herr Staatssekretär! Wollen Sie jetzt verlangen,
dass sich alle Hausfrauen versichern lassen? Nichts anderes können Sie mit
Ihren Ausführungen gemeint haben. Daher kann ich nur sagen: Dieser Vorschlag,
der von Ihnen kommt, ist abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Vorredner
haben bereits die Notwendigkeit eines Berufssportgesetzes betont. Nach dem
Bosman-Urteil stand die Sportwelt Kopf. Jeder hat gemeint, das dürfe wohl nicht
sein, denn der Sport sei etwas Besonderes. Nehmen wir zur Kenntnis, dass
Berufssportler genauso wie Vereine und Kapitalgesellschaften dem europäischen
Recht unterliegen und auch dem nationalen Recht. Jetzt geht es darum, auf
europäischer und nationaler Ebene Lücken zu schließen. Das sind die so
genannten Grauzonen, ein Zustand, dem wir lange zugesehen haben.
Ich bekenne mich
in diesem Zusammenhang zu einem strengen Lizenzierungsverfahren, aber nicht nur
im Fußball, sondern bei allen Mannschaftssportarten. Ich bekenne
mich dazu, dass auch entsprechend kontrolliert wird, denn ein Fall wie
Innsbruck darf in Österreich nicht mehr passieren. (Neuerlicher Beifall bei
der SPÖ.)
In Innsbruck waren
wir mit illegalen Praktiken, mit überzogenen Gehaltsforderungen von Sportlern
konfrontiert, auch damit, dass infolge einer steuerrechtlichen Konstruktion in
der Bundesrepublik Deutschland Steuern hinterzogen wurden. Mit einem Berufssportgesetz
könnten wir klare Regelungen schaffen. Eine Voraussetzung dafür ist sicherlich
die, dass Unternehmen, die im Sport auftreten, nicht mehr in Vereinsform
auftreten können, sondern nur mehr als Kapitalgesellschaften. (Präsident
Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)
Die entscheidende
Frage – und das möchte ich hier betonen – ist, wie der Status des
Sportlers generell ausschaut. Es geht nicht nur um den
Berufssportler, wobei es um die Frage geht: Selbstständiger oder Arbeitnehmer?
Und ich frage, ob für jemanden, der 4, ja 5 Millionen € im Jahr
verdient, der Arbeitnehmerstatus noch angemessen ist. Es geht aber auch um die
Frage, ab wann bei einem Sportler, der bei einem kleinen Verein tätig ist und
regelmäßig ein Gehalt oder Entgelt bezieht, generell die
Sozialversicherungspflicht zum Tragen kommen soll beziehungsweise ob eine
arbeitnehmerähnliche Tätigkeit vorliegt.
Seitens unserer
Fraktion halte ich fest: Wir werden keiner Regelung zustimmen, die die kleinen
Vereine benachteiligt!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für wesentlich halten wir auch noch die Frage der Eigentumsverhältnisse. Hier sind klare Worte zu sprechen. Es ist für uns nicht tragbar, dass in der höchsten Spielklasse ein Eigentümer über mehrere Gesellschaften verfügt und diese einsetzt. Wir schließen uns in diesem Punkt der Auffassung der UEFA an.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Als Salzburger darf ich Sie abschließend darum
ersuchen, unserer Olympiabewerbung 2010 weiterhin wohlwollend
gegenüberzustehen.
Präsident
Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz bitte!
Abgeordneter
Mag. Johann Maier (fortsetzend): Wir haben ein
hervorragendes Programm, haben einen hervorragenden Report vom IOC bekommen,
und wir hoffen, dass wir am 2. Juli um 17.15 Uhr den Zuschlag für die
Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2010 bekommen werden. (Beifall bei
der SPÖ.)
15.01
Präsident
Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die
Verhandlung über den Punkt 4 der Tagesordnung, damit die verlangte
Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um
15 Uhr stattfinden kann.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 101 |
Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesregierung betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“
(115/A) (E)
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen
Behandlung des Selbständigen Antrages 115/A (E).
Da
dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine
Verlesung durch den Schriftführer.
Der Dringliche
Antrag hat folgenden Wortlaut:
Wortreich
begründeten Kanzler und Vizekanzler am 29. April 2003 die
Pensionsreformpläne der Regierung. Über neue Abfangjäger für das Bundesheer und
die massive Belastung kranker Menschen durch unsoziale Selbstbehalte schwiegen
sie beharrlich, obwohl sie im Ministerrat gerade den Kampfflugzeugkauf und
„Krankenstrafsteuern“ mit dem Budgetbegleitgesetz beschlossen hatten.
Unter dem
Motto: „Alle verlieren – niemand gewinnt“ hat die Regierung dem
Nationalrat ein Pensionskürzungsprogramm zur Beschlussfassung vorgelegt. An der
Kürzungstatsache ändern auch die so genannten „Abmilderungen“ der Regierung
nichts. Die vorliegenden Pläne führen zum völligen Umbau unseres
Pensionssystems. Ein Umbau, der für Personen mit 45 Beitragsjahren
mindestens 18 Prozent weniger Pension bringt, für Schwerarbeiterinnen bis zu
2 Prozent weniger und für junge Leute von heute 25 Jahren bis zu rund
40 Prozent weniger.
Die Behauptung
der Regierung, dass es für Menschen, die das ganze Leben gearbeitet haben und
kurz vor der Pension stehen, zu keinen Kürzungen kommt, ist falsch. In Wahrheit
bringen die so genannten Abmilderungen der Regierung gerade für jene, die
unmittelbar vor der Pension stehen (1. Halbjahr 2004) sogar noch eine
Verschärfung. Auch von der so genannten „Hackler-Regelung“ profitieren nur rund
zehn Prozent von allen, die wegen langer Versicherungsdauer in vorzeitige
Alterspension gehen könnten.
Wirkliche
„Hackler“, die ihr Leben lang schwer – etwa als Bauarbeiter, als Fach- und
HilfsarbeiterInnen in Industrie- und Handwerksbetrieben oder als Arbeiter in
Tourismus, Bergbau oder Forstbetrieben – gearbeitet haben, haben nichts
von einer „Hackler-Regelung“ wie sie die Regierung versteht.
Gerade schwer
arbeitende Menschen, die mit 15 Jahren zu arbeiten begonnen haben, können
nach dem Willen dieser Regierung nicht mit 60 bzw. 55 Jahren in Pension
gehen. In den meisten Fällen fehlen ihnen wegen Arbeitslosigkeit (Wintersaison
im Bau und anderen Saisonbranchen, Firma geht in Konkurs) oder auch längerer
Krankenstände (auch aufgrund von Arbeitsunfällen) die notwendigen Beitragsjahre.
Beispiele:
Mehr als
50 Jahre arbeiten, trotzdem 9 Prozent Pensionsverslust
Herr Sch., am 24.11.1948 geboren, arbeitete
seit seinem 15. Lebensjahr; Lehre zum Elektroinstallateur, Arbeiter, seit
seinem 28. Lebensjahr im Außendienst einer großen Versicherung tätig.
Verfügt mit 60 über 45,5 Beitragsjahre (inkl. Bundesheer).
Derzeitige Rechtslage: (Hackler-Regelung für
Männer bis 30.9.1945 geboren)
Pensionsantritt mit 61 1/2 Jahren zum
1.6.2010 Vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer
Pensionshöhe: 47 x 2 = 94% – 10,5%-Punkte
= 83,5%-Punkte; Höchstens jedoch 80% der besten 16 Jahre und
4 Monate.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 102 |
Regierungsvorlage: Hackler-Regelung für
Schwerarbeiter ist nicht anzuwenden
Pensionshöhe: 50,5 x 2 = 101% gedeckelt mit
80%. 80% der besten 25 Jahre; Durchschnittlicher Durchrechnungsverlust
10%, 2% Anpassungsverlust; der Durchrechnungsverlust ist gedeckelt mit 7%.
Gesamtverlust 9%
Die von der
Regierung vorgenommenen so genannten „Abfederungen“ sind für die meisten Betroffenen
nur Kosmetik:
Die Absenkung
des Steigerungsbetrages von 2 auf 1,78 Jahre soll nunmehr in den nächsten
drei Jahren erfolgen. Das bedeutet, dass es lediglich für drei Jahrgänge eine
geringfügige Erleichterung geben wird. Ab 2007 beträgt der Verlust allein aus
dieser Maßnahme in der Regel 11 Prozent. Da Frauenpensionen im Schnitt
niedriger sind als die der Männer, sind derartige Kürzungen umso schmerzlicher.
Betroffen sind
Frauen insbesondere auch durch die Ausweitung des Durchrechnungszeitraumes.
Die Verkürzung des Durchrechnungszeitraums pro Kind um maximal drei Jahre
ändert nichts daran, dass etwa Zeiträume der Teilzeitarbeit – weil Beruf
und Familie nur schlecht vereinbar sind – mittel- und langfristig zu massiven
Kürzungen bei den Frauenpensionen führen.
Weiteres
Beispiel:
22%
Verlust im Jahr 2018 trotz Deckelung des Durchrechnungsverlustes und zwei
Kindern
Frau N., am 1958 geboren, Studium bis zum 25. Lebensjahr. Nach dem Studium findet sie
eine gut bezahlte Stelle in einem internationalen Unternehmen. Mit
28 Jahren bekommt Frau N. ihr erstes Kind. Nach 3 Jahren
Kindererziehung setzt sie ihre Beschäftigung in Teilzeit fort. Zwei Jahre
später kommt das zweite Kind zur Welt. Frau G. widmet sich wieder 3 Jahre
ausschließlich der Kindererziehung.
Danach nimmt Frau G. wieder eine
Teilzeitbeschäftigung an; jedoch schlechter bezahlt. Nach 2 Jahren
Teilzeit steigt Frau G. wieder voll ins Berufsleben ein. Mit 58 Jahren
erreicht sie die Höchstbeitragsgrundlage.
40 Versicherungsjahre: 34 Beitragsjahre, davon
4 Jahre Teilzeit, 8 Jahre Kindererziehung, davon decken sich
2 Jahre mit Beitragsjahren.
Pensionsantritt: Alterspension mit
60 Jahren im Jahr 2018
Geltendes Recht:
Prozentsatz: 40 x 2 = 80%
GBMG auf Basis der besten 15 Jahre:
€ 3.912
Pensionshöhe: €
3.912 x 80% = € 3.130,– Bruttopension
Regierungsvorlage:
Prozentsatz: 40 x 1,78 = 71,2%
GBMG der besten 24 Jahre: € 3.438;
aber Deckel = € 3.912,– mal 90% = € 3.521,–
Pensionshöhe:
€ 3.521 x 71,2% = € 2.507,– Bruttopension = -20% + – 2% Anpassungsverlust.
Gesamtverlust 22%
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 103 |
(Mitberücksichtigt dabei
sind bis 2018 Inflation und reale Einkommenssteigerungen – daraus
resultieren die hohen Werte.
Die heutigen Vergleichswerte würden rund
€ 1.841,– und € 1474,– betragen.)
Die Begründung
der Regierung für all diese Maßnahmen ist, dass die Pensionen für die Jungen
„gesichert“ werden müssen.
Diese Ansage
lässt sich schon überhaupt nicht der Regierungsvorlage entnehmen:
Für alle, die
1968 oder später geboren sind, wird es zu dramatischen Pensionskürzungen bis zu
40 Prozent und mehr kommen. Als Ersatz für diesen Verlust zwingt die
Regierung die Betroffenen zu Vorsorgemodellen, die zwar steuerbegünstigt, aber
voll vom freien Spiel der Aktienmärkte abhängig sind.
Folgendes
Beispiel:
Saison und
Gastgewerbe, 43% Verlust im Jahr 2033
Sabine W., 1.7.1968 geboren.
Beschäftigungsbeginn mit 16 Jahren in der Tourismusbranche (Winter- und
Sommersaison), Einkommen: 10% über dem Mindestlohn. In der Zwischensaison
Arbeitslosengeldbezug. Mit 26 Jahren Heirat, 1 Kind, nach
2 Jahren Karenz teilzeitbeschäftigt im Restaurant des Ehemannes; Einkommen:
10% über dem Mindestlohn. Mit 46 Jahren Scheidung. Nach der Scheidung
Vollzeitbeschäftigung in einem großen Hotel; Einkommen: 30% über dem Mindestlohn.
Mit 61 Kündigung und in der Folge arbeitslos bis 65.
Versicherungsjahre: 10 Jahre Saison (jedes
Jahr 3 Monate Unterbrechung durch Arbeitslosigkeit;
7,5 Beitragsjahre; 2,5 Jahre ALG-Bezug), 2 Jahre Kindererziehungszeit,
19 Jahre Teilzeit, 15 Jahre Vollzeit, 3,5 Jahre arbeitslos und
Notstandshilfe.
Pensionsantritt mit 65 am 1.7.2033
Geltendes Recht:
49,5 x 2 = 99% GBMGL
(€ 3.914,–) höchstens 80% der besten 15 Jahre (€ 3.989,–);
= 3.191,–
Regierungsvorlage:
Prozentsatz:
49,5 x 1,78 = 88,11% GBMGL (€ 2.387,–); höchstens jedoch 80% der besten
37 Jahre, 1 Kind verkürzt den Durchrechnungszeitraum um 3 Jahre
(€ 2.353,–) = €
1.882,– minus 41%
zusätzlich
minus 2% durch Entfall einer Anpassung
Gesamtverlust 43%
(Auch hier resultieren die hohen Werte daraus,
dass bis 2033 Inflation und reale Einkommenssteigerungen mitberücksichtigt
wurden, was sich bei einem derart langen Zeitraum beträchtlich auswirkt.
Die heutigen
Vergleichswerte betragen rund € 1.100,– und € 649,– .)
Dramatisch sind
die Auswirkungen dieser Art von Reform auch auf den Arbeitsmarkt: Bis 2009
werden 400.000 Menschen teilweise deutlich länger arbeiten müssen. Woher diese zusätzlichen Arbeitsplätze
kommen sollen, kümmert die Regierung nicht. Diese Regierung rührt schon jetzt
keinen Finger für die 276.000 Menschen, die Arbeit suchen. Im Gegenteil:
Die Arbeitslosigkeit steigt, die aktive Beschäftigung sinkt.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 104 |
Die Arbeitslosigkeit bei den so genannten Älteren
ist von 2001 auf 2002 laut WIFO um rund 42 Prozent am deutlichsten in
allen Altersgruppen gestiegen – eine unmittelbare Folge der Pensionsreform
2000. Bis 2004 werden alleine deswegen 20.000 Menschen zusätzlich Arbeit
brauchen.
Dazu kommt, dass die Regierung auch ohne
Pensionsreform die Lage für Arbeitsuchende weiter verschärft: Bis 2006 werden
wegen der EU-Erweiterung und weil die Regierung auf Zuruf der Wirtschaft noch
mehr billige Saisoniers, Grenzgänger und Praktikanten ins Land holt, zusätzliche
70.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland in Österreich Arbeit suchen. Die so
genannte Reform der Altersteilzeit bedeutet weitere 8000 ältere Arbeitsuchende
bis 2006. Rund 4000 Menschen werden aus demographischen Gründen bis 2006
zusätzlich auf den Arbeitsmarkt kommen.
Das bedeutet: Nur um zu verhindern, dass sich die
Arbeitsmarktsituation nicht noch weiter verschlechtert – und in Österreich
herrscht nach wie vor Rekordarbeitslosigkeit – müssten bis 2006 mehr als
120.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Wegen der schlechten Wirtschaftsentwicklung werden
bis 2006, selbst unter den optimistischsten Annahmen, aber nur höchstens
43.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Das werden zudem praktisch ausschließlich
Teilzeitjobs sein.
Statt für mehr Beschäftigung zu sorgen, treibt die
Regierung mit ihren Plänen zusätzlich Menschen in eine chancenlose Konkurrenz
um zu wenig Arbeitsplätze, nimmt Arbeitsuchenden die Chance auf einen
Arbeitsplatz. Damit zerstört die Regierung den österreichischen Arbeitsmarkt
ganz bewusst, raubt den Menschen die Hoffnung auf eine Pension von der sie
leben können und gefährdet den sozialen Frieden in Österreich.
In dieser
Situation ist es absolut unverständlich, dass Bundeskanzler Schüssel
offensichtlich um jeden Preis am Ankauf von Kampfflugzeugen festzuhalten
gedenkt.
Die militärische
Notwendigkeit von Kampfflugzeugen ist umstritten, die Entscheidung für die
teuerste Variante, die nur als Prototyp existiert, zusätzlich fragwürdig, die
budgetäre Situation erlaubt derartige Ausgaben (noch dazu in Verbindung mit den
dann zu erwartenden Folgekosten) nicht und die österreichische Bevölkerung ist
mit großer Mehrheit gegen den Ankauf von Kampfflugzeugen.
Der Kaufpreis
wird mit "xx Millionen Euro" angegeben, für die finanzielle Bedeckung
habe der Finanzminister zu sorgen, heißt es im Gesetzestext. Details zum
Finanzierungs- wie auch zum Lieferplan werden erst bei Unterzeichnung des
Kaufvertrages das Licht der Öffentlichkeit erblicken.
Die Regierung
gibt grünes Licht zur Unterzeichnung des Kaufvertrages, ohne den Preis zu
kennen! Die Angaben dazu schwanken beträchtlich. Als sich die Koalition im Juli
2002 prinzipiell für den Eurofighter – den Teuersten von drei zur Auswahl
stehenden Flugzeugen – entschied, war von ca. 1,8 Mrd. Euro für
24 Stück die Rede. Dieser Preis verstand sich übrigens exklusive
Ausbildung, Waffen, Logistik, Ersatzteile, Betriebs- und Finanzierungskosten.
Jetzt rechnen
Experten mit Kosten von mehr als 2 Mrd. Euro für nunmehr 18 Stück.
Bundeskanzler
Schüssel hat seine „Wahlkampfgaukelei“ – Österreich bekomme diese Kampfflugzeuge
eigentlich ohnehin von freundlichen Unternehmern geschenkt – in der Pressestunde
am 4.Mai 2003 schon selbst aufgedeckt, in dem er diese nur als Wahlkampf-Idee
bezeichnete, um die Emotionen herauszunehmen.
Zwischenzeitig
bewegt sich der Bundeskanzler bei den Gegengeschäften im Bereich der virtuellen
Konten für die Gegengeschäfte, wo man ablesen könne „was genau an Gegengeschäften
hereingekommen ist“.
Das ist eine
unverantwortliche Vorgangsweise, die von uns entschieden abgelehnt wird!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 105 |
Bereits vor knapp einem Jahr hat sich die Regierung zu Gunsten des
teuren Eurofighters entschieden. In der Folge wurde Korruptionsverdacht laut.
Der damalige Verteidigungsminister und heutige FPÖ-Klubchef Herbert Scheibner
ersuchte daraufhin den Rechnungshof um Prüfung der Typenentscheidung. Dieser
Bericht steht noch immer aus.
Die Hast, mit der im Sog der Pensionsreform nun auch die Abfangjäger
und die massiven Belastungen kranker Menschen durch unsoziale Selbstbehalte
durchgeboxt werden, lässt jedenfalls nichts Gutes erwarten.
Durch die von der Regierung gewählte Vorgangsweise, all diese Gesetze
in einem Paket zusammenzufassen, verbunden mit einem unnötigen Zeitdruck, wird
überdies versucht, eine gründliche Behandlung und Diskussion dieser Gesetze im
Nationalrat zu verunmöglichen.
Es ist einmalig in der Geschichte des österreichischen
Parlamentarismus, dass eine Regierung versucht, eine Pensionsreform am Sozialausschuss,
eine Gesundheitsreform am Gesundheitsausschuss und militärische Ausgaben in
Milliardenhöhe am Ausschuss für Landesverteidigung „vorbeizuschwindeln“.
Offenbar sollen „unverrückbare Tatsachen" geschaffen werden, ehe
etwa der Rechnungshof mit seinem Bericht auf den Plan treten kann oder Klagen
der anderen Anbieter auf dem Tisch liegen.
Im Lichte dessen, dass der
Bundesminister für Landesverteidigung in nächster Zeit die Kaufentscheidung
für diese Kampfflugzeuge treffen wird, stellen die unterfertigten
Abgeordneten daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung
wird aufgefordert, das Budgetbegleitgesetz zurückzuziehen und bis zum
31. Oktober 2003 dem Nationalrat eine Regierungsvorlage basierend auf dem,
von den Sozialpartnern bis dahin gemeinsam erarbeiteten Pensionsreformvorschlag
zuzuleiten, die eine ausgewogene und sozial gerechte Pensionsreform enthält,
die
ein gemeinsames
Pensionssystem für alle ÖsterreicherInnen, in das schrittweise alle hineinwachsen,
sodass in 30 Jahren alle ÖsterreicherInnen nach dem gleichen Recht in
Pension gehen und niemand mehr in der Pensionshöhe bevorzugt wird, und
ein Pensionssystem, das
dauerhaft garantiert, dass am Ende der Reform nach 45 Jahren Arbeit und
einem Pensionsalter von 65 Jahren 80% netto als Pension zusteht und
so der Lebensstandard gesichert wird, schafft und
für Politiker die
gleichen Änderungen vorsieht, wie für alle anderen.
Die Bundesregierung wird
weiters aufgefordert, sofort alle Schritte zu setzen, um den Beschaffungsvorgang
für Kampfflugzeuge (Abfangjäger, Überwachungsflugzeuge) zu stoppen.“
Die unterfertigten
Abgeordneten verlangen, diesen Antrag gemäß §§ 74a Abs. 1 in
Verbindung mit 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.
*****
Präsident
Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem
Dr. Cap als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das
Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit
20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 106 |
15.02
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns über diese Frage der
Abfangjäger – oder heißt es jetzt Kriegsflugzeuge oder
Luftraumüberwachungsflugzeuge? – zu unterhalten haben. Wer heute die
Budgetrede des Herrn Finanzministers verfolgt hat, wird gesehen haben, wie ein
liebevoller Blick des ehemaligen Verteidigungsministers dem Finanzminister
zugeworfen wurde (Abg. Scheibner: „Liebevoll“ ist übertrieben!
Aufmunternd!), und dieser liebevolle Blick wurde vom Finanzminister auch
erwidert.
Überhaupt ist mir
das ein bisschen wie bei einer Maturaveranstaltung vorgekommen, denn der Herr
Finanzminister hat wirklich darauf geachtet, dass sein Mentor, sein Professor,
der Vorsitzende der Matura-Kommission, Herr Dr. Schüssel, immer schön
zufrieden ist mit dem, was er heute von sich gibt. Und er kann ja zufrieden
sein – nicht mit dem Budget, aber mit dem, der dazu gesprochen hat –
in seinem Sinn möglicherweise, denn der Finanzminister hat plötzlich einen
Wechsel vorgenommen: Er hat heute nicht von Kriegsflugzeugen
gesprochen, sondern – gerade dass er nicht gesagt hat:
Luftraumtaxi, das wäre aber zu wenig beschreibend gewesen (Heiterkeit und
Beifall bei der SPÖ und den Grünen) – er hat sich verstiegen zu der
Erwartungshaltung Luftraumüberwachungsflugzeuge, um das zu
verharmlosen und um nicht den wahren Hintergrund dieser Überlegungen
darzustellen. (Abg. Scheibner: Den habt ihr erfunden, den
Begriff! Das ist eine Erfindung der SPÖ, Herr Kollege!)
Aber wie es so ist
bei der Matura – jeder von uns wird sich daran erinnern –: Nicht nur
der Blick zum Mentor ist wichtig, sondern es wird auch viel geschummelt bei
einer Matura, damit man eben irgendwie durchkommt. (Widerspruch bei
Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Ich
hab’ nicht geschummelt! Ich weiß nicht, wie du die Matura gemacht hast!) So
war das heute eigentlich auch. Ich hatte jedenfalls diesen Eindruck bei der
Rede des Finanzministers. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe nicht geschummelt! – Weitere
Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Habe ich Sie ertappt? Haben Sie alle
geschummelt bei der Matura, weil Sie so nervös sind? (Beifall bei der SPÖ
und den Grünen.)
So beurteile ich
eben die Art und Weise, wie der Herr Finanzminister sich heute dazu geäußert
hat.
Wenn ich mich
jetzt zur Regierungsbank umdrehe (dort sitzen Bundeskanzler
Dr. Schüssel und Bundesminister Dr. Bartenstein): Ich nehme an,
zumindest diese beiden Regierungsmitglieder werden unseren Dringlichen Antrag
genau studiert haben oder studieren lassen, vortragen lassen, sich Unterlagen
geben lassen. Aber es ist die Anwesenheit dieser beiden Regierungsmitglieder
doch ein gewisses Signal: Erstens ist es Chefsache, Sache des Bundeskanzlers
also – er ist ja geradezu fixiert auf dieses Projekt und will es
durchziehen –, und neben ihm sitzt zweitens der Wirtschaftsminister, und
damit soll auch irgendwie signalisiert werden, dass dieses Projekt irgendwo
auch einen wirtschaftlichen Sinn hätte.
Nun kann ich mich
erinnern – das hat ja alles schon eine längere Geschichte –, dass
Herr Minister Bartenstein seinerzeit, als der Beschluss gefasst wurde, die
Eurofighter anzukaufen, in seinem Ministerium eine Kommission einrichten
musste, die genau kontrolliert, ob die Gegengeschäfte auch wirklich Gegengeschäfte
und nicht Schummelgeschäfte sind. Haben Sie, Herr Bundesminister, damals
eigentlich nicht festgestellt: Drei Viertel der Gegengeschäfte, von denen wir
alle in den Medien, im Radio und im Fernsehen, so locker vor uns hinplaudern,
gibt es ja noch gar nicht! Also dürften wir nicht von Luftraumüberwachung
sprechen, sondern korrekterweise müsste man hier von einem Luftgeschäft
reden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenbemerkung von
Bundeskanzler Dr. Schüssel.)
Nicht unzufrieden
brummeln! Sie können nachher darauf eingehen, Herr Bundeskanzler, aber das war
damals gewissermaßen die Begleitmusik, als das alles beschlossen wurde.
Jetzt hat offensichtlich eine Art „Schlaumeier-Virus“ zugeschlagen, denn nun kommen Budgetbegleitgesetze, in die all das hineingepackt wird. Das ist wie auf einem Markt! Da finden sich 91 Novellierungen und weiß der Teufel, was da noch alles dazu kommt. Aber dass man quasi
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 107 |
eine Ermächtigung geben möchte und bei
der Summe „xxxx“ hinschreibt, das ist ganz etwas Besonderes.
Was ist „xxxx“?
Herr Minister Grasser versuchte heute, eine Art Vorlesung zu halten über
Haushalte und wie sie zu führen sind, darüber, wie Unternehmungen zu führen
sind (Abg. Mag. Molterer: Hoffentlich hat es etwas genützt, Herr
Cap!) oder Klubs zu führen sind, Herr Klubobmann Molterer. Er sprach
darüber, was ordentliche Kaufleute alles zu machen haben, dass sie immer
schauen müssen: Was ist auf der Einnahmenseite, was ist auf der Ausgabenseite,
und was ist der Preis? Was ist der Preis? Gehen Sie in das
Autohaus Grasser (Abg. Mag. Posch: Das gibt’s ja nicht mehr!) und
sagen Sie dort: Ich will jetzt ein Auto haben zum Preis xxxx? – Dort wird
man Sie seltsam anschauen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der Grünen.)
Oder gehen Sie
Computer für Ihren Klub einkaufen, damit der Klub ein bisschen moderner wird,
Herr Klubobmann Molterer, und sagen Sie: Herr Klubsekretär! Kosten kann es
xxxx!? – Das wird jetzt die neue xxxx-Formel, die das besondere
wirtschaftliche Bewusstsein in dieser Regierung zum Ausdruck bringen soll.
Herr
Bundeskanzler – und auch Herr Wirtschaftsminister, denn auch Sie sollten
eigentlich ein ordentlicher Kaufmann sein, sonst dürften Sie gar nicht als
Wirtschaftsminister da sitzen! Enträtseln Sie uns bitte diese „x“, und kommen
Sie mir nicht mit XXXLutz, denn das ist ein Möbelhaus, das gilt nicht. (Heiterkeit
bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist Schleichwerbung! –
Abg. Scheibner: Ihr nehmt alles sehr „ernst“!) Wir wollen wissen:
Was ist „xxxx“? Welche Zahlen stehen da dahinter?
Sie haben
natürlich Probleme mit Zahlen. Da erinnere ich mich schon wieder – ich
habe heute ein tolles Langzeitgedächtnis! –: Sie haben einmal gesagt,
diese Kriegsflugzeuge werden 1,8 Milliarden € kosten. Dann hat „Die
Presse“, ein „sehr“ linksradikales Blatt, wie wir alle wissen, geschrieben:
Moment, das ist ja nur das „nackte“ Flugzeug! Es gibt in der Fachsprache
„nackte“ Flugzeuge, und es gibt Flugzeuge, die schon ein bisschen aufgerüstet
sind. – Herr Ex-Verteidigungsminister! Da fangen Sie gleich zu strahlen
an, was da möglich ist, was man da alles an diversen Raketen und sonstigen
Vorrichtungen hineinmontieren kann. (Heiterkeit bei der SPÖ und den
Grünen. – Abg. Scheibner: Nein! Sie sind so ein Experte, da wundere
ich mich nur!) Da kommt das Ganze dann plötzlich auf 2,3 und
2,4 Milliarden €!
Herr ordentlicher
Kaufmann Bartenstein! Was ist schon eine halbe Milliarde €? Die sind
irgendwo verloren gegangen in den Papieren, die Sie erstellt haben. Sie werden
sie schon wieder finden auf der letzten Seite, – Nein!, sage ich, so kann
ein ordentlicher Kaufmann nicht agieren! Leider ist der Maturant jetzt nicht
da, sonst könnte er sich dazu vielleicht wieder zu Wort melden.
Also: Wir müssen
wissen, wie hoch der Preis ist. Aber was müssen wir noch wissen?
Wenn Sie den
Klubsekretär – Sie müssen ja den Klub ein bisschen modernisieren – zu
einer Computerfirma schicken, können Sie ja auch nicht sagen: Wir brauchen
20 Computer! Ach was, 25! Nein, ich glaube, wir brauchen nur 18! Wir
brauchen nur 18 Computer. – Super! Also wieder xxxx, und zwar, was
die Anzahl angeht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei den
Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.)
Wieder ein
nervöses Brummeln hinter mir auf der Regierungsbank. Was ist? Diskutieren Sie
jetzt gerade die Zahl aus?
Was wollen wir
also wissen? – Wir wollen wissen, wie viele Flugzeuge, welche
Flugzeuge – im von mir aufgezeigten Beispiel: welche Computer? – und
wie hoch der Preis ist. Das ist, so glaube ich, ein sehr berechtigtes Ansinnen,
denn – das bitte an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die hier
versammelt sind, an alle hier Anwesenden – wir alle müssen das bezahlen,
und da wollen wir wissen, was es kostet.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 108 |
Jetzt sage ich
etwas Grundsätzliches. Eigentlich wollen wir es nicht bezahlen und nicht
bestellen – und eigentlich brauchen wir es gar nicht. Das ist überhaupt
einmal der Einstieg! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Also:
Wirtschaftlich – da ja auch drei Viertel der Gegengeschäfte in der Luft
gehangen sind, kein Mensch weiß, wie das abläuft, Sie eine eigene
Kontrollkommission einrichten müssen –, so glaube ich, ist das
abgehandelt, auch wenn Sie sich dann zu Wort melden und in blumigen Worten
wieder versuchen, das zu erklären. Ich sehe es von den Gegengeschäften her und
auch wirtschaftlich nicht so wie Sie. Das muss man einmal feststellen. (Abg.
Scheibner: Fragen Sie einmal Ihren Genossen Androsch!)
Für den Fall, dass
doch ein Grund dahinter ist, haben wir einen Untersuchungsausschuss gefordert,
und zwar bereits mehrfach. Mehrfach! Die Bereitschaft, der Opposition überhaupt
das Recht zuzugestehen, Untersuchungsausschüsse einrichten zu können, diese
Bereitschaft war enden wollend, denn – egal, ob das die
Sondierungsgespräche oder ob das die Gespräche zwischen den Parteien
waren – die Regierungsparteien haben immer gesagt: Wir wollen, dass es
dieses Recht für die Opposition nicht gibt – Klammer auf: Wir wollen
keinen Untersuchungsausschuss zum Ankauf der Eurofighter! Klammer
geschlossen! Das war eigentlich die Botschaft, die Sie hier ausgesandt haben.
Daher muss ich mir
als gelernter Österreicher die Frage stellen: Wieso sagen Sie das? Was haben
Sie uns zu verbergen, dass Sie nicht sagen: Her mit dem Untersuchungsausschuss!
Mich als Bundeskanzler und als Minister interessiert ja selbst, dass da Licht
ins Dunkel kommt! – Nein, das sagen Sie nicht, Sie sagen das Gegenteil. Da
scheint etwas nicht zu stimmen, deshalb auch hier noch einmal die Forderung: Es
muss die Möglichkeit eröffnet werden, dass es Untersuchungsausschüsse gibt.
Sie sehen, jedes
Argument ist eigentlich ein Argument für einen Beschaffungsstopp, und das ist
eben der Zweck unseres Dringlichen Antrages, den Sie nachher unterstützen
können.
Aber das allein
ist es ja auch nicht. Ist es die Sicherheitspolitik? Was ist es eigentlich?
Oder ist es schlicht und einfach diese – wie soll ich sagen? – aus
dem Bundesheer stammende Meinung, uns gibt es zu Lande, zu Wasser und in der
Luft? – Zu Wasser leider nicht mehr, weil in Pula und in Triest sind wir nicht
mehr. Ja, wenn Sie jetzt auch Donau-Monitore und ein Unterseeboot für die Donau
wollen, müssen Sie diesen Wunsch bitte einbringen und zur Diskussion stellen.
Ich sehe da keinen Sinn mehr, denn seit dort Schleusen eingebaut sind, hätten
Unterseeboote einen etwas engen Radius. (Abg. Scheibner: Fragen Sie
den Abgeordneten Gaál, der kennt sich besser aus als Sie!)
Jetzt wird es
einige geben, die sagen: Nein, aber es muss nicht nur zu Lande, ein bisschen im
Wasser, sondern auch in der Luft etwas weiter geben, denn die Waffengattungen
hat es eben immer schon gegeben. – Ich sage: Mit dieser
Geisteshaltung – nämlich: Das hat es immer schon gegeben! – ist auch
damals viel zu spät vom Vorderlader zum Hinterlader gewechselt worden, und
deswegen haben wir die Schlacht bei Königgrätz 1866 verloren. (Heiterkeit
und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) – Das ist
meine Schlussfolgerung aus der Geisteshaltung, die es da immer schon gegeben
hat. (Abg. Scheibner: Das war aber eher ein Argument dafür, Herr
Kollege!)
Daher sage ich
Ihnen: Das kann eigentlich auch kein Argument sein.
Und
sicherheitspolitisch? – Langsam umgeben von entweder NATO-Ländern oder
EU-Mitgliedsländern, Schengen-Ländern: Ich verstehe das Argument mit der
Sicherheitspolitik nicht und warum plötzlich diese Kriegsflugzeuge angeschafft
werden.
Jetzt kommt der Hauptpunkt – und das ist der Gipfel des Zynismus! –: Sie haben hier ein Budgetbegleitgesetz eingebracht – man könnte fast sagen: überfallsartig. Sie sagen dauernd: Das Parlament ist der Ort, wo das dann demokratisch zu verhandeln ist, aber wie es jetzt ausschaut, soll das durchgepeitscht werden, und zwar möglichst rasch. Eine strukturelle Verhandlungsbereitschaft gibt es auch nicht; aber das werden wir noch gesondert zu diskutieren haben.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 109 |
In
diesem Budgetbegleitgesetz sind bitte Belastungen und Schröpfungen enthalten,
die ihresgleichen suchen.
Und das Zynische
ist Folgendes: Dass Sie jetzt den Zusammenhang, den Sie immer geleugnet haben,
herstellen in der Form, dass Sie zwischen 2004 und 2007 über diese Belastungen
2 Milliarden € hereinbringen wollen und zugleich der Bevölkerung
signalisieren, die 2 Milliarden € aus den Pensionskürzungen und die
2 Milliarden € aus den Belastungen sollen schnurstracks in den Ankauf
der Kriegsflugzeuge investiert werden.
Das sagen Sie den
Österreichern, und dagegen sprechen wir uns aus. Eine solche Politik kann man
doch der Bevölkerung gegenüber nicht vertreten! (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
Sie wissen ja:
Ihre Pensionskürzungen werden sich à la longue zwischen 18 und 40 Prozent
bewegen, und besonders betroffen von diesen Kürzungen werden die Frauen sein.
Wir haben in dem Dringlichen Antrag, den zu studieren Sie ja jetzt Zeit hatten,
einzelne Fallbeispiele aufgezählt, damit auch für Sie plastischer sichtbar wird,
was diese „Pensionsreform“ in Wirklichkeit ist, nämlich eine Pensionskürzung.
(Abg. Scheibner: Reden Sie ein bisschen etwas über die
Pensionsreform, Herr Kollege! Wir warten die ganze Zeit, dass Sie uns etwas
über die Pensionsreform sagen! Erzählen Sie uns was über Ihr Konzept!)
Auf der einen
Seite also diese Pensionskürzungen, auf der anderer Seite die Verweigerung der
Steuersenkung. – Ich habe heute genau zugehört: Der
Finanzminister hat gesagt: Unser Ziel ist es, 2005 eine
Steuersenkung anzustreben. – Unser Ziel! Na klar, das ist
relativ. So, wie alles beliebig und relativ ist, Herr Bundeskanzler, ist
es ... (Abg. Dr. Fischer: Es war auch das Ziel, das
Jahr 2003 zum Jahr der Ernte zu machen!)
Ja, wir arbeiten
uns von Jahr zu Jahr immer höher hinauf, und dann wird es heißen: Doch 2006,
und: Irgendwie geht es doch nicht, und: Jetzt bringen wir schon wieder nichts
zusammen bei der Verwaltungsreform, und die Staatsreform geht auch nicht
weiter, und da ersparen wir uns auch wieder kein Geld. Teufel, Teufel!, wir
müssen die Steuersenkung wieder um ein Jährchen verschieben. – Es heißt
also, das Ziel ist es, nicht, es wird 2005 sein. Es
heißt, das Ziel ist es!
Und es kommt ja
noch etwas dazu bei der Anschaffung dieser Kriegsflugzeuge: die Ausbildung der
Piloten, der Ausbau der Flugplätze, Ersatzteile, die Wartung – das kostet
ein Vermögen! Machen Sie sich doch einmal die Mühe, mit Experten
aus dem Bundesheer darüber zu sprechen! Die werden nur den Kopf schütteln. Noch
gibt es diese Solidarität zwischen den so genannten Waffengattungen, aber
fragen Sie einmal diejenigen, die für den Transport, für die Kommunikation, für
den Funk, für die Kasernen, für die Versorgung, für die Artillerie, für die
Panzer zuständig sind, diejenigen, die mit den alten LEOPARD die Spargel im
Marchfeld zerquetschen! (Abg. Scheibner: „Alter LEOPARD“? Sie leben
in der Vergangenheit! Das modernste Gerät, das es gibt!) Fragen Sie einmal
all jene, was sie dazu sagen, dass eine einzige Waffengattung – nur damit
es uns weiter auch in der Luft gibt – so viel Geld kostet! Fragen Sie die
einmal! – Unter der Hand werden diese Ihnen Sachen erzählen, dass Sie nur
so den Kopf schütteln werden, Herr ehemaliger Verteidigungsminister! Herr
Bundeskanzler, Sie wissen das sowieso, aber Ihnen ist das offensichtlich
gleichgültig. – Ich zeige hier nur auf, welche Zusammenhänge es hier noch
gibt.
Ich rekapituliere:
keine Steuersenkung, auch kein fixes Datum, Belastungen von 2004 bis 2007 in
der Größenordnung von 2 Milliarden €, Pensionskürzungen wie noch nie
in der Zweiten Republik – das erste Mal in dieser Form, wie sie sich jetzt
darstellt –, und all das machen Sie primär, damit Sie diese
Kriegsflugzeuge kaufen können. Und das noch dazu vor dem Hintergrund einer
Rekordarbeitslosigkeit! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wo sind Ihre Maßnahmen zur Beschäftigung? Wo versuchen Sie, antizyklische Maßnahmen zu setzen? Wo setzen Sie sich ein, um Beschäftigungsimpulse zu setzen? Wo ist das? Was machen Sie da? – Nichts! Sie konzentrieren sich auf dieses eine Ziel, gemeinsam mit anderen Zielen, die eher dämpfend wirken, die die Beschäftigung nicht beleben, die das Wachstum nicht
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 110 |
stimulieren. Darauf konzentrieren Sie
sich! Und natürlich tun Sie eines, nämlich: kürzen, kürzen, kürzen!
Das wird auch
Auswirkungen haben auf die Bereitschaft, in den Konsum zu gehen. (Abg. Großruck:
Den „Konsum“ gibt es nicht mehr!) Sie verbreiten Ängste sondergleichen! Die
Menschen haben Angst, weil sie nicht mehr ihr Leben planen können, weil sie
sich auf Dinge verlassen haben, auf die sie sich jetzt nicht mehr verlassen
können, weil der Vertrauensschutz für Sie nichts gilt. Erkundigen Sie sich in
den Geschäften, in den Trafiken, in den Papierhandlungen, wo auch immer Sie
sich herumtreiben (Ruf bei der ÖVP: Wir treiben uns nicht herum!): Wie
ist die wirtschaftliche Situation? Und: Welche Auswirkungen hat das?
Die Äußerung des
Herrn Finanzministers, ein „nicht Zuviel an Pessimismus“ war verräterisch. Was
heißt das: ein nicht Zuviel an Pessimismus? – Im Teletext steht es jetzt
noch einmal. – Das heißt: Wir in der Regierung sind alle pessimistisch,
weil wir mittlerweile begriffen haben, welche Wirtschaftspolitik wir machen. (Abg.
Dr. Trinkl: Eine sehr gute!) Tiefer Pessimismus also. Sie alle
sollten gesenkten Hauptes, mit einem Trauerblick hier sitzen. Das wäre
angemessen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Und dann gibt der
Finanzminister das sogar noch zu! Er sagt aber: nicht zu viel pessimistisch!
Liebe Österreicherinnen und Österreicher, ein bisschen Blut, ein bisschen
Schweiß, ein bisschen Tränen – schließlich ist ja gerade kein Weltkrieg,
aber fast. – So ungefähr ist die Botschaft, die wir heute gehört haben.
Jetzt gehen Sie
einmal inne – Sie alle, die Sie hier sitzen und freundlicherweise zuhören,
und stellen Sie sich die Frage in Bezug ... (Abg. Scheibner: Inne
kann man nur halten!) – Nein, nein! Sich im ÖVP-Klub und
FPÖ-Klub gegenseitig zu erzählen, wie super Sie sind, ist keine Kunst! (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.) Da kommt das allgemeine Nicken bei
Ihnen – das ist keine Kunst! Gehen Sie hinaus in den Wahlkreis! Gehen Sie
in Ihren Wahlkreis hinaus und stellen Sie sich dort einmal der Bevölkerung! (Neuerlicher
Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Wir haben
versucht, reihenweise Veranstaltungen durchzuführen, zu denen wir auch
Vertreter der ÖVP und der FPÖ – sprich: Nationalratsabgeordnete der ÖVP
und der FPÖ – einladen, und ich sage Ihnen: Da stellt sich kein Einziger,
keine Einzige der Bevölkerung!
Seien Sie endlich
einmal mutig! Kommen Sie doch endlich einmal! Stellen Sie sich den Bürgerversammlungen!
(Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Das machen Sie
nicht. Sie verstecken sich in Ihrem politischen Reagenzglas (Abg. Steibl:
Das ist eine Unterstellung!), in Ihrem Rexglas unten im Klub, anstatt
sich der Bevölkerung zu stellen und zu sagen: Jawohl, es ist wirklich eine
Gemeinheit, was wir ihr zutrauen, aber wir stehen zu der sozialen Gemeinheit.
Wir stehen zu der sozialen Unausgewogenheit. Wir stehen zu dem Schröpfen, das
die Regierung vorhat. – Seien Sie auch im Wahlkreis loyal! Hüpfen Sie
nicht ins Bett unter die Tuchent und sagen Sie nicht: Ich weiß nichts, ich sehe
nichts, ich höre nichts! Das ist zu wenig! So kann man Politik letztendlich
nicht machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Sie könnten
natürlich Ihre persönliche Lage außerdem noch dadurch verbessern, dass Sie
überhaupt unsere Bürgerinitiative zur Abhaltung einer Volksabstimmung
unterstützen. Ich sage Ihnen etwas: In Ihrem Wahlkreis würde Ihnen das etwas
bringen. Und vergessen Sie nicht: Der nächste Wahltag kommt bestimmt! (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Es wird für Sie ein Zahltag sondergleichen werden. (Beifall
bei der SPÖ.)
In den ersten
Reihen herrscht eher Stille. Ich kann Ihnen sagen, warum. – Die werden
nach dem nächsten Wahltag sicher wieder hier sitzen. In den mittleren und oberen
Rängen herrscht plötzlich so seltsame Aufregung. Ich kann Ihnen sagen, die
Aufregung ist berechtigt, denn wenn diese Regierung so weitermacht, werden Sie
da nicht mehr sitzen. Deswegen habe ich Ihnen gesagt, ich stehe Ihnen als
Berater zur Verfügung. Verhindern Sie diese Politik! Stimmen Sie unserer
Politik endlich einmal zu! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der Grünen.)
15.22
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 111 |
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat
sich der Herr Bundeskanzler gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht
überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.
15.23
Bundeskanzler
Dr. Wolfgang Schüssel (mit Beifall durch die ÖVP
begrüßt): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Dringliche Antrag, den
Josef Cap formuliert hat, beschäftigt sich auf sechs von sieben Seiten mit dem
angeblichen Pensionsraub und ist an die Bundesregierung gerichtet. – Herr
Abgeordneter! Sie werden daher verstehen, dass ich mich als Chef der
Bundesregierung angesprochen fühle und meine, hier einige Fakten zurechtrücken
zu müssen.
Sie haben
Beispiele erwähnt, Sprachbilder gebraucht, die meiner Meinung nach mit der
Realität nicht im Einklang stehen. Ich bin daher sehr dankbar dafür, dass ich
die Chance habe, hier nach dem sehr erfolgreichen und heute dies auch zeigenden
Finanzminister Karl-Heinz Grasser einige Themen und einige Prioritäten dieser
Bundesregierung zu erläutern.
Finanzminister
Karl-Heinz Grasser hat in seiner Budgetrede heute eindrucksvoll bewiesen, dass
sich diese Bundesregierung mit großer Umsicht, Energie und Sorgfalt den
wirklichen Zukunftsproblemen des Landes zuwendet und widmet. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir konsolidieren
das Budget. Wir reduzieren die Verwaltungsausgaben und investieren gleichzeitig
in einer schwierigen Konjunktursituation in jene Bereiche, die besonders
wichtig sind: Bildung und Forschung, Infrastruktur und viele andere Bereiche.
Nur einige Zahlen gefällig, falls sie Ihnen beim Zuhören während der Budgetrede
entgangen sind: Im Jahr 1999 wurden für Bildung insgesamt
7,5 Milliarden € ausgegeben. Im Jahr 2004 werden wir über
9 Milliarden € ausgeben. Das ist genau der richtige Impuls für
Konjunktur, für Qualität und damit für Zukunftssicherung. (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir werden für Infrastruktur
gegenüber dem Jahr 1999, in dem nicht ganz 1,7 Milliarden €
ausgegeben wurden, 2,4 Milliarden € ausgeben. Das ist eine Steigerung
für Schiene und Straße gerade im Sinne und im Lichte der Erweiterung der
Europäischen Union um beinahe 50 Prozent! Das ist genau der Schwerpunkt,
dessen es jetzt bedarf, um Österreich optimal auf die Erweiterung
vorzubereiten, und der auch für die Beschäftigungs-, Konjunktur- und Arbeitsmarktlage
von großer Bedeutung ist.
Wir haben in
schwerer Zeit eine Entlastung in diesem Budget angekündigt. Es
gibt bereits zwei Konjunkturprogramme, und mit der jetzt wirkenden
Steuerentlastung ab 1. Jänner 2004 und dem Entfall der 13. Umsatzsteuervoranmeldung
haben wir dauerhaft eine Milliarde € an Entlastung und dazu einmalig über
den Umsatzsteuerwegfall 1,7 Milliarden €. – Also genau das
richtige Signal in dieser Situation, in dieser Zeit, um für die Menschen in der
Wirtschaft, an den Arbeitsplätzen wirklich etwas zu tun. Wir geben den
Menschen Hoffnung und machen ihnen nicht Angst so wie Sie, Josef Cap. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Das Ergebnis lässt
sich auch sehen. Trotz der Schwierigkeiten, die wir haben, haben wir eigentlich
eine sehr gute Beschäftigungslage. Vergessen Sie nicht: Am 1. Mai des
Jahres 2003 – vielleicht ist Ihnen das bei den Maifeiern entgangen –
hatten wir eine Rekordbeschäftigung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Noch
nie waren so viele Menschen, nämlich 3 166 Millionen Menschen, in
Arbeit wie an diesem 1. Mai 2003. Dafür danken wir der Wirtschaft
und der Innovationskraft der Mitarbeiter. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Wir haben zwar
schwache Wachstumsraten, aber jedenfalls deutlich höhere als Deutschland,
Italien, die Schweiz und die Niederlande. Das sind doch einige Länder, an denen
wir uns sonst gerne gemessen haben. (Abg. Dr. Matznetter: Sie
träumen!) – Das ist kein Traum, das ist Gott sei Dank gelebte
Realität, Herr Abgeordneter, aufwachen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 112 |
Genau das Gleiche
gilt hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. So selbstverständlich
ist es nicht, dass wir heute praktisch jeden zweiten Euro im internationalen Wettbewerb
hervorragend erwirtschaften können. Und zum ersten Mal seit 1945 haben wir
einen Handelsbilanzüberschuss, haben wir einen Leistungsbilanzüberschuss, und
das kommt nicht von selbst. Natürlich sind dafür primär die Wirtschaft und jene
verantwortlich, die auf den Märkten diese Erfolge zustande bringen. Aber dazu
gehören auch die Rahmenbedingungen, die in Österreich eben besser sind als in
anderen europäischen Ländern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Wir haben ein
Problem, und das ist der Generationenvertrag. Wissen Sie, ich bin dafür, dass
wir versuchen, die Dinge mit Sachlichkeit auseinander zu klauben und einfach
den Menschen das Problem zu schildern. Dieses Problem ist ja nicht politisch
gewollt, um das auch einmal sehr klar zu sagen. (Ruf bei der SPÖ:
Offenkundig!) – Herr Abgeordneter! Bitte hören Sie ein bisschen zu,
dann können wir, wie ich meine, auch einen sachlichen Diskussionsprozess
führen, den die Menschen auch von uns hier im Hohen Hause erwarten. Da soll
nicht nur gestritten werden. Da sollen auch Argumente ausgetauscht werden,
meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir haben heute
fünf Generationen, die gleichzeitig leben. Eine oder sogar etwas mehr als eine
Generation ist in Ausbildung, zwei Generationen sind praktisch schon in
Pension, und zwei Generationen sind im Arbeitsprozess. Wenn sich dieses
Verhältnis noch weiter zu Lasten derer, die in der Arbeit sind, verschlechtert,
ist der Generationenvertrag ernstlich in Gefahr.
Das Problem ist
daher nicht so sehr, dass wir etwas tun, sondern wir hätten früher
das Richtige tun müssen. Die Frage ist: Wie kann man das optimal
machen? Und so weit sind wir ja gar nicht auseinander. Wenn Sie Ihr Konzept
ehrlich hier vertreten – und ich habe es genauso kritisch und auch offen
gelesen wie Sie wahrscheinlich unsere Konzepte –, dann muss ich sagen, wir
wollen doch im Endausbau das Gleiche: ein System – nach Vereinheitlichung
auch des Männer- und Frauenpensionsantrittsalters –, wonach beide
Geschlechter mit 65 nach langen Übergangsfristen gemeinsam und gleichzeitig in
die Rente gehen können. Das ist ein Vorschlag, der, wie ich meine, außer
Streit stehen sollte und auch steht.
Die zweite Frage
ist, dass man, um 80 Prozent als Pension zu erhalten, gemessen am
Lebensdurchschnittseinkommen 45 Versicherungsjahre brauchen soll. Darüber
kann man jetzt diskutieren, wir sagen: 40 Jahre, die fünf schlechtesten
Jahre sollen herausgerechnet werden, sollen wegfallen. Man könnte natürlich
auch mit einer Aufwertung von bestimmten Zeiten in der Zukunft darauf
antworten. Das sind Themen, die im Detail zu diskutieren sind.
Man soll sich für
diese Lebensdurchrechnung Zeit nehmen. Wir machen das: 25 Jahre sind, wie
ich meine, ein ausreichender Zeitraum.
Und dazu soll
gesichert sein, dass mit einer zweiten und dritten Säule, die neben
der erstklassigen staatlichen Pension angeboten wird, die steuerlich
begünstigt wird, eine zusätzliche Möglichkeit gegeben wird, damit jeder
Einzelne oder jeder Betrieb für seine Mitarbeiter etwas zusätzlich tun kann. (Abg.
Mag. Prammer: Sehen Sie, da sind die großen Unterschiede!) Ich
finde, das ist eine Sache, die eigentlich absolut vernünftig ist. Jetzt geht es
um die entscheidende Frage, wann wir diese Systeme angleichen.
Da bin ich jetzt
schon auch ein Zeitzeuge: Seit 1986 versuchten wir in nunmehr sechs Regierungsverhandlungen,
diese Fragen immer wieder ehrlich zu diskutieren. Dies ist nie ganz
weggeschoben worden, aber es ist eben nach Grillparzerscher Methode mit halbem
Herzen auf halbem Weg mit halben Schrittlängen vorgegangen worden, es ist also
zu wenig gemacht worden. Es ist nicht rechtzeitig das Notwendige geschehen.
Meiner Meinung nach sollten wir außer Streit stellen, dass wir nicht noch einmal zehn Jahre warten und die Dinge verschieben können, sondern jetzt handeln sollten, und zwar im Interesse der kommenden Generationen. Das haben die Sozialpartner früher auch genau gewusst. Herr Präsident Verzetnitsch kennt natürlich die Studie des Beirats für Sozial- und Wirtschaftsfragen
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 113 |
aus dem
Jahr 1991. Da steht im Wesentlichen nichts anderes drinnen, als dass das
durchschnittliche tatsächliche Pensionsantrittsalter um vier Jahre angehoben
werden soll. – Bitte, nichts anderes machen wir. Wir erhöhen das
Pensionsantrittsalter im Schnitt um in etwa diese dreieinhalb bis fünf Jahre in
einem langfristigen Zeitraum.
Das ist übrigens
auch ganz genau das, was die Europäische Union – auch hier diskutiert im
Hohen Hause – gemeinsam als Ziel für 2010 vorgegeben hat, nämlich die
tatsächliche Lebensarbeitszeit bis 2010 um fünf Jahre auszudehnen. Das ist
weder neu, noch ist das ein Überfall. Das sind Themen, die seit zwölf Jahren
und länger diskutiert werden und die jetzt entscheidungsreif sind.
Noch etwas, was
aus meiner Sicht dazugehört: Wir sollten auch auf Grund der gestrigen
Diskussionen und der gestrigen Proteste die offenkundige Verunsicherung der
Menschen sehr ernst nehmen. (Abg. Öllinger – ein Schriftstück in
die Höhe haltend –: Mit dem, Herr Bundeskanzler? Na servas! Wenn das eine
Information ist!) Da bitte ich jetzt auch – und das sage ich jetzt
noch nicht kritisch in eine Richtung, sondern ich meine, das ist ziemlich
identisch mit der Information der Arbeiterkammer Vorarlberg –, Herr
Abgeordneter Öllinger, mit den Worten etwas aufzupassen. Worte wie
„Pensionsraub“, „Massenverelendung“ oder „Massenarmut“ tragen doch nicht zu weniger
Verunsicherung bei! Sie sind unter Umständen, würde ich meinen, eher dazu
angetan, dass sich noch mehr Menschen fürchten, als sie es vielleicht ohnedies
schon auf Grund der gegebenen problematischen Generationen-, Vertrags- oder
demographischen Lage tun müssen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Daher bitte
auch Vorsicht bei der Sprache!
Wir sollten meiner
Meinung nach mit Fakten antworten. Diese Fakten sind völlig klar und eindeutig:
Österreich wird vor und nach der Reform das bestausgestattete Pensionssystem
der Welt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir geben
14,5 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts für Pensionen aus, nach uns kommt
Italien mit fast 14 Prozent, Griechenland mit 12,5, Frankreich mit 12,
Deutschland mit 11,8 Prozent. Daran wird sich im Wesentlichen, einige
Zehntelprozent auf oder ab, nichts ändern.
Daher tun wir doch
nicht so, als ob plötzlich der Untergang unseres erfolgreichen Sozialsystems
auf dem Programm stünde! Ganz im Gegenteil: Wenn wir jetzt
handeln, dann sichern wir tatsächlich eine gute, solide Altersvorsorge, nicht
nur für die jetzigen Generationen, sondern auch für die kommenden.
Die zehn Punkte,
die ich hier nochmals ganz kurz darstellen will, die Eckpunkte dieser Reform
sind, wie ich meine, bei den meisten Menschen unbestritten. (Ruf bei der
SPÖ: Was ist mit den Abfangjägern?)
Erstens: Keine
Eingriffe in die zwei Millionen bestehenden Pensionen. – Das ist, glaube
ich, sehr wichtig, fair und gerecht! (Beifall bei der ÖVP.)
Zweitens: Wer
jetzt schon in Pension gehen könnte, aber lieber länger arbeiten will, wird
durch diese Reform keinerlei Nachteile haben. Für den ändert sich gar nichts,
keine Abschläge, keine erweiterten Durchrechnungszeiten, nichts.
Dritter
Punkt – für die älteren Mitarbeiter sehr wichtig –: Die
Altersteilzeit wird verlängert. Für die Zukunft erwarten wir allerdings, dass
die Betriebe, die sie in Anspruch nehmen, auch wiederum Ersatzarbeitskräfte mit
einstellen, was übrigens auch von den Sozialpartnern immer wieder gemeinsam
angeregt wurde.
Vierter Punkt: Die
Kinderbetreuungszeiten werden wesentlich besser als zuletzt anerkannt, und
Frauen werden drei Jahre pro Kind bei der Durchrechnung abgezogen. Durch die
Begrenzung der Verluste, Deckelungen, werden wirkliche Härtefälle vermieden.
Die Verlängerung des Durchrechnungszeitraums erfolgt über 25 Jahre.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 114 |
Da sage ich jetzt
noch etwas dazu, weil Ihr Beispiel wiederum die berühmten 40 oder 50 Prozent
minus bringt: Herr Abgeordneter Cap, ich finde das intellektuell nicht redlich.
Sie wissen genauso gut wie wir, dass wir mit dem neuen individuellen
Pensionskonto ein neues System wollen, das dann nach dieser Übergangszeit für
die Deckelungen in Kraft treten soll. Ich habe aber überhaupt kein Problem, das
auch in das Gesetz so hineinzuschreiben. Da wird es keine Lücke geben zwischen
2028 und dem individuellen Pensionskonto. So ist es gemeint, und so wird es
auch exekutiert. Daher hören Sie auf mit diesen Beispielen mit minus 40 und
minus 50 Prozent! Diese sind unseriös und entsprechen nicht der Realität! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Fünftens: Die
Frühpensionen laufen schrittweise in zehn Jahren bis 2013 aus, das heißt zehn
Jahre Übergang, und die Erhöhung des Steigerungsbetrags, die ja auf einmal
erfolgt ist, von 1,78 auf 2 Prozent, also eine Pensionserhöhung im
Jahr 2000, die niemand honoriert hat und die auch nicht sinnvoll ist, wird
jetzt in drei Jahren nach dieser Übergangsphase wiederum zurückgenommen.
Gleichzeitig –
sechster Punkt – beschließen wir ein Maßnahmenpaket für ältere
Arbeitnehmer mit einer massiven Verbilligung der Lohnnebenkosten für Ältere:
6 Prozent, wenn eine Frau über 56 oder ein Mann über 58 Jahre alt
ist, und für über 60-Jährige sogar 12 Prozent. Alle über 50-Jährigen
erhalten einen Rechtsanspruch auf Schulung. Die Altersteilzeit – schon
erwähnt – besteht weiter.
Siebentens: Wer
bis 2007 40 oder 45 Beitragsjahre hat, kann weiterhin mit 55 oder
60 Jahren in Pension gehen. Ab 2007 wird es für Schwerarbeiter in diesem
Bereich sogar ein Dauerrecht geben. (Abg. Öllinger: Nein, das können
Sie gar nicht!) Ich halte das für eine großartige Idee, die der Vizekanzler
entwickelt hat, zu der wir zu 100 Prozent stehen. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Nächster Punkt:
Mit der Vorbereitung der Zusammenführung der verschiedenen Pensionssysteme
wurde bereits begonnen. Das wird ein Hauptthema im Herbst sein. Sie sind
herzlich dazu eingeladen, hier mitzuarbeiten. Und es wird nicht verdrängt oder
verschoben, sondern das ist uns ein absolut wichtiges Anliegen.
Und zehntens: Alle
Maßnahmen werden eins zu eins plus einen spürbaren Solidaritätsbeitrag auch auf
Politikerpensionen angewandt.
Ich glaube, dieses
Zehn-Punkte-Programm ist eines, über das man fair und offen hier im Hohen Haus
diskutieren kann und diskutieren soll, meine Damen und Herren. (Ruf bei der
SPÖ: Soll!) – Ja, soll, selbstverständlich. Daher bitte auch
herauszukommen und hier zu reden!
Wir brauchen uns
nicht gegenseitig zu beschimpfen. Das ist nicht der Stil, und das hat auch gar
keinen Sinn. Aber ganz konkrete Argumente sind hier jederzeit willkommen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Es gibt ja viele
Experten, die sich in diesen Tagen zu Wort melden. Einer ist ganz interessant,
nämlich Christopher Prinz, der innerhalb der OECD in Paris einer der
Spitzenexperten für das Pensionsrecht ist. Er hat in diesen Tagen diese Reform,
die ich gerade skizziert habe, beschrieben. Er sagt: Man sollte „nicht länger
zuwarten, weil die bestehenden Regelungen selbst die extrem niedrigen
Erwerbsquoten von Personen über fünfzig Jahren wesentlich mit bedingen.“
Vielfach werden die kurzen Übergangsfristen kritisiert. Er sagt aber, diese
Fristen seien „durchaus zumutbar“. „Denn es gilt: Je rascher die
Reformmaßnahmen greifen, desto fairer wäre die Behandlung unterschiedlicher
Generationen und desto geringer die übermäßige Belastung für die heute unter
35-Jährigen.“ Er sagt weiters: „Die Ausdehnung der Durchrechnung von 15 auf
vierzig Jahre ist das eigentliche Kernstück der Reform – und eine
jahrelange Forderung praktisch aller Experten.“
Ich glaube, dass
man auf einer solchen Basis durchaus diskutieren kann, und man wird
draufkommen, dass eigentlich viele Beispiele, viele Befürchtungen, die Sie hier
gebracht haben, einfach der Realität, dem Realitätscheck, dem Realitätstest
nicht entsprechen.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 115 |
Meine Damen und
Herren! Wir sehen aber – das ist gegenüber den vergangenen drei Jahren
interessant – jetzt schon, dass die Maßnahmen, die wir im Jahr 2000
ergriffen haben, wirken, und zwar nicht, wie Sie behauptet haben, indem wir
eine Rekordarbeitslosigkeit haben. Josef Cap, ich darf Ihnen in diesem
Zusammenhang die Zahlen in Erinnerung rufen:
Wir hatten am
1. Mai 2003 immerhin um 300 Arbeitslose weniger als im
Jahr 1999. Von einer Rekordarbeitslosigkeit kann daher nicht die Rede
sein.
Wir hatten in den
Jahren 1996 bis 1999 immer höhere Arbeitslosenraten als derzeit. Es gibt
insgesamt derzeit sogar 90 000 Arbeitsplätze mehr als im
Jahr 1999. (Abg. Gradwohl: McJobs!)
Wenn Sie jetzt die
älteren Mitarbeiter hernehmen – das war Ihre Befürchtung –, dann darf
ich Ihnen sagen, wir haben heute um 26 000 Menschen, die über
55 Jahre alt sind, mehr in Beschäftigung als im Jahr 1999. Die Zahl
der Arbeitslosen ist aber nur um 2 000 höher. Das heißt, auch da zeigt
sich sehr deutlich, dass die Maßnahmen, die zu einer stärkeren Erwerbsfähigkeit
Älterer geführt haben, absolut sinnvoll sind. Wir wissen auch, dass laut
Studien des Wirtschaftsforschungsinstituts ein Bedarf an zusätzlichen
Arbeitskräften in den nächsten Jahren entstehen wird.
Meine Damen und
Herren! Eines möchte ich hier in aller Deutlichkeit klarstellen: Wir werden mit
der Pensionssicherungsreform nicht 2 Milliarden € einsparen, wie Sie
behaupten, es werden bestenfalls 500 bis 600 Millionen netto gerechnet
sein. Daher ist es schon einmal von der Zahl her absurd, dass man irgendetwas,
das 2 Milliarden kosten würde, damit finanzieren kann.
Ich garantiere
aber, dass kein einziger Euro aus einem Sozialbudget etwa für die notwendigen
Sicherungsaufgaben im Bereich des Bundesheeres oder der Exekutive verwendet
werden wird. Das ist doch gar keine Frage, Herr Abgeordneter! (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)
Eines geht nicht,
dass man sich nämlich von der Geschichte derartig schnell verabschiedet. Mein
Amtsvorgänger, Bundeskanzler Klima – er wird Ihnen nicht ganz fremd sein,
selbst wenn er jetzt weit weg von Österreich ist –, hat immerhin in einer
Sitzung des Landesverteidigungsrates im November 1998 öffentlich
erklärt: Ja, die Nachfolgeentscheidung für die Luftraumüberwachungsflugzeuge –
der Begriff stammt nicht von mir, sondern vom Altkanzler Alfred Sinowatz und
seinen Nachfolgern – wird Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein.
Wir hatten in der
vergangenen Legislaturperiode einen zwar nicht von allen unterschriebenen, aber
gemeinsam ausverhandelten Vertrag, dass wir die Luftraumüberwachung ernst
nehmen. Die vorige Bundesregierung hat diese Aufgabe gemacht. Der Rechnungshof
hat zwei Teile der Überprüfung angeordnet. Die erste Überprüfung liegt bereits
vor, dabei ging es um die Frage der Ausschreibung und um die Frage der Planung.
Es gebe keine Anhaltspunkte, dass die Ausschreibung gelenkt gewesen wäre, so
sagte Rechnungshof-Präsident Fiedler am 1. Oktober 2002
Ich sage auch
dazu: Im Lichte der Irak-Krise hat es sich geradezu (Ruf bei der SPÖ: Ist
vorbei!) am Modellfall gezeigt, wie wichtig es ist, dass ein Land wie
Österreich immerhin noch eine funktionierende Luftabwehr und
Luftraumüberwachung hat. – Wir hatten seit dem 11. September
2001 84 Mal Alarm, es wurden viele Überwachungs- und Identifikationsflüge
durchgeführt, die dringend notwendig waren.
Ich glaube daher,
wir sollten uns selbst nicht unterfordern. Es ist Aufgabe einer umfassenden
Politik, darzustellen, dass wir viele Dinge gleichzeitig bewältigen können.
Erstklassige Ausbildung für unsere Jugend, sichere Arbeitsplätze durch
vernünftige Investitionen und Rahmenbedingungen für die Wirtschaft,
Sicherheitsmaßnahmen für Exekutive und Bundesheer, ein gutes Gesundheits- und
Pensionssicherungssystem gehören dazu. Man soll nicht das eine gegen das andere
ausspielen. Gute Politik muss überall erfolgreich sein! (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 116 |
Zum Abschluss
kommend: Ich meine, dass es auch richtig gewesen ist, dem Hohen Haus ein
Trägergesetz vorzulegen, dass erst dann vom Nationalrat verabschiedet werden
kann, wenn die Vertragsverhandlungen sowohl mit EADS als auch mit den wirtschaftlichen
Gruppen, die die Gegengeschäfte offerieren, abgeschlossen sind, sonst könnten
nämlich die zuständigen Minister für Verteidigung und Wirtschaft gar keine
entsprechenden Verträge abschließen.
Das Hohe Haus wird
selbstverständlich korrekt, umfassend und transparent über alle Vorgänge
informiert werden, und es ist auch klar, dass eine solche Entscheidung vor dem
Sommer fallen muss, denn – das wurde auch gesagt – die Preisangebote
gelten bis zum 30. Juni. Ein weiteres Zuwarten ließe jedenfalls Schaden
für den österreichischen Steuerzahler und damit für den Staat entstehen.
Ich bin der
Ansicht, dass der Vorgang richtig ist. Sobald die Verträge unterschriftsreif
sind, wird der Nationalrat oder der Landesverteidigungsrat informiert werden.
Sie bekommen alle relevanten Informationen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
15.45
Präsident
Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte
ein.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten
sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt
25 Minuten zukommt.
Zu Wort gemeldet
hat sich Frau Abgeordnete Silhavy. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf
6 Minuten ein. – Bitte, Frau Abgeordnete.
15.46
Abgeordnete
Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, ich bin
ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, wir sollen das eine nicht gegen das andere
ausspielen. Aber genau das ist die Politik, die Sie machen, Sie spielen nämlich
immer die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Lasten anderer Interessen aus. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Herr
Bundeskanzler! Es kommt mir so vor – nicht nur, weil Sie hier erhöht
sitzen oder vorher gestanden sind –, als wären Sie auf einer Bühne, denn
Sie spüren die Realität und die Betroffenheit der Menschen nicht mehr. (Beifall
bei der SPÖ.)
Herr
Bundeskanzler! Sie sprechen von Umsicht, von zukunftsorientiert und von Dialog.
Sie führen weder den Dialog mit den Sozialpartnern noch mit den Bürgerinnen und
Bürgern dieses Landes (Abg. Dr. Trinkl: Weil sie nicht
kommen!), wenn Ihre E-Mails als „ungelesen gelöscht“ zurückkommen.
Herr
Bundeskanzler! Ähnlich ist es auch hier im Haus, wenn wir vom Austausch der
Argumente reden. Eine Pensionssicherungsreform, wie Sie sie wortgewaltig
nennen, wird in einem Budgetbegleitgesetz behandelt und nicht einmal im dafür
zuständigen Ausschuss. So seriös sehen Sie also den Dialog, so seriös ist der
Austausch der Argumente aus Ihrer Sicht. – Herr Bundeskanzler! Das ist
nicht unsere Politik. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Sie haben gesagt,
genau das sei das richtige Signal, und gemeint, dass nun Impulse gesetzt
würden. Wir fordern das seit Monaten. Wir haben während Ihrer
Bundeskanzlerschaft die höchsten Arbeitslosenzahlen in Österreich. Wir haben im
Jahresdurchschnitt des vergangenen Jahres um 40 000 arbeitslose Menschen
mehr. Sie haben nichts getan, Sie haben zugeschaut, Sie haben keine Maßnahmen
gesetzt. Sie bedrohen die arbeitslosen Menschen mit Ihrem Regierungsprogramm,
indem Sie sagen, die Notstandshilfe werde in Zukunft abgeschafft.
Herr
Bundeskanzler! Das ist blanker Zynismus, und das ist keine zukunftsorientierte
Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer:
Wer sagt, dass die Notstandshilfe abgeschafft wird, Frau Kollegin? Wer sagt
das?)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 117 |
Herr
Bundeskanzler! Sie sprechen immer von Zukunft und vom Bereich Forschung und
Bildung. (Abg. Scheibner: Das ist wirklich Angstmache, was Sie
da betreiben! Sie wissen genau, dass das nicht stimmt, was Sie hier sagen!) Die
Beamten sind auf einmal im Budget für Bildung und Forschung enthalten. (Abg. Scheibner:
Sie verunsichern die Bevölkerung mit Ihren falschen Argumenten!)
Das sind keine
Mehrkosten für Bildung und Forschung, sondern die Beamten sind in diesem Budget
enthalten. Das ist wieder eine Mogelpackung, Herr Bundeskanzler! Das lassen wir
so nicht im Raum stehen, das zeigen wir auf! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr
Bundeskanzler! Es ist nicht nur eine Provokation, wenn Sie zeitgleich mit dem
massivsten Sozialabbau in dieser Zweiten Republik betreffend die Pensionen und
das Gesundheitswesen den Ankauf von sündteuren Abfangjägern beschließen,
sondern das ist eine völlig abgehobene, eiskalte und menschenverachtende
Politik. Dagegen wehren wir uns und mit uns auch viele Bürgerinnen und Bürger! (Beifall
bei der SPÖ.)
Herr
Bundeskanzler! Sie haben wieder schönzureden versucht. Sie wissen ganz genau,
die so genannte Hackler-Regelung – der Ausdruck gefällt uns nicht, aber
der ist offensichtlich von der FPÖ geprägt (Zwischenruf des Abg. Zweytick) –
hält bis 2006, ab 2007 gelten dann 56,5 beziehungsweise 61,5 Jahre. Ab
dem Jahre 2007 kommen durch die Änderung des Steigerungsbetrages
11 Prozent und durch die Erhöhung der Abschläge auf 4,2 Prozent
jedenfalls Verluste hinzu. (Abg. Scheibner: Dass das eine
Dauerregelung ist, die „Hackler-Regelung“, das vergessen Sie!) All das ist
eine Mogelpackung, Herr Bundeskanzler! Das sagen sogar Ihre eigenen Vertreter
von ÖAAB und FCG. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundeskanzler! Die Frauen werden von Ihnen überhaupt verschaukelt. Da heißt es großartig, die Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten wird bis 2028 um 150 Prozent angehoben. Ja, was heißt das? (Abg. Scheibner: Auf 150!) – Auf 150 Prozent, genau, noch besser! Genau das ist der wahre Grund. Es heißt nicht um 150, sondern nur auf 150 Prozent. Da sind wir bei ungefähr 1 000 € im Jahr 2028. (Abg. Scheibner: Wir wollen exakt sein, Frau Kollegin!) Dann sind wir genau bei dem Wert, den wir heute haben. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.) Das bewerten Sie als Verbesserung? – Das ist ungerecht, unfair und unsozial, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)
Gerade junge Menschen verlieren dramatisch wegen der unsozialen Durchrechnung. Wenn Sie sagen, im Jahr 2028 werde es das neue Pensionssystem geben, dann frage ich Sie, meine Damen und Herren (Abg. Neudeck: Da braucht man eine Stunde für die tatsächliche Berichtigung!), die Sie hier das offensichtlich beschließen wollen: Warum beschließen wir nicht im Herbst ein System, das gleich eine gesamte Pensionsreform ist, wenn die Maßnahmen ohnedies erst ab 2004 zum Tragen kommen? (Abg. Scheibner: Das können wir machen!) Wir hätten Zeit dazu. Aber Sie wollen es nicht. Warum wollen Sie es nicht? – Weil Sie das Geld aus dem ASVG-Bereich für Ihr Budget und die Abfangjäger brauchen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Hören Sie einmal zu, wenn etwas gesagt wird! – Zwischenrufe der Abg. Dr. Partik-Pablé.)
Meine Damen und Herren! Sie schaffen die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit ab. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) 12 000 Menschen sind davon betroffen. Sie machen nichts! (Abg. Scheibner: Welcher Sekretär hat Ihnen das aufgeschrieben? Das soll ein Diskurs sein?!) Sie schaffen ein Altersarbeitsübergangsgeld. Das Altersarbeitsübergangsgeld ist keine Ersatzlösung, das wissen Sie ganz genau. Sie lassen diese Menschen im Stich, für die Sie vorher schon nichts getan haben. Das ist keine zukunftsorientierte Politik, und diese lehnen wir daher ab. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Die Menschen spüren die Absicht, die hinter Ihrer Politik steht. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Wurm und Scheibner.) Es geht nicht um Pensionssicherung, sondern um Sozialdemontage. Sie verabschieden sich zunehmend vom Sozialstaat, stattdessen investieren Sie in Kampfflugzeuge. Das ist Zynismus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 118 |
Herr
Bundeskanzler! Da helfen Ihnen die schönsten Wortkreationen nicht. Da helfen
Ihnen – wahrscheinlich auch wieder von den Steuerzahlern bezahlte –
Prospekte überhaupt nichts.
Ich möchte mit
einem Zitat enden, das nicht von mir stammt, sondern von Herrn Erwin Zankel von
der „Kleinen Zeitung“, die nicht als uns besonders nahe stehend gilt:
Dem Bundeskanzler
wurde vor Augen und Ohren geführt, dass er seine Grenze erreicht und diese auch
schon überschritten hat. So kaltschnäuzig kann man mit großen Teilen der
Bevölkerung nicht umgehen. – Zitatende.
Wie wahr, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
15.53
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr
Herr Abgeordneter Kopf. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 8 Minuten
ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.
15.53
Abgeordneter
Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler!
Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap,
der nächste Wahltag kommt bestimmt! (Abg. Mag. Wurm: Für Sie!) Aber das Wahlverhalten der Menschen wird von einem
ganz besonders bestimmt werden, nämlich vom Faktor Vertrauen. Ich sage Ihnen:
Vertrauen. (Ja-Ruf und demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Wurm.)
Sie haben vielleicht dem Herrn Finanzminister heute zugehört. Er hat in seiner hervorragenden Budgetrede (Abg. Öllinger: Ja, Grasser-Schüler! Sie können sich schon wieder setzen!) neben vielen anderen richtigen Punkten einen guten Satz geprägt, als er gesagt hat: „Vertrauen ist ungeheuer wichtig – im gesellschaftlichen, im wirtschaftlichen und im politischen Miteinander.“ (Abg. Öllinger: Wunderbar, schön, wiederholen!) „Vertrauen erwirbt man durch Handeln, wenn Handlungsbedarf besteht, und durch Festhalten an den gesteckten Zielen – manchmal auch gegen Widerstände.“ (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Wunderbar!)
Meine Damen und
Herren! Wenn Sie immer noch zu denen gehören, die glauben, dass wir keinen
Handlungsbedarf haben (Abg. Dr. Wittmann: Sehr
spärlich!), dann sei Ihnen noch einmal ganz kurz Folgendes in Erinnerung
gerufen: Die Geburtenzahlen sind gesunken, nicht zuletzt in der Zeit, in der
Sie Bundeskanzler und Sozialminister gestellt haben. (Zwischenruf der
Abg. Mag. Wurm.) Die
Geburtenzahlen stagnieren und steigen erst wieder ganz leicht an, seitdem wir
von ÖVP und FPÖ Familienpolitik machen. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Die Lebensarbeitszeit
beträgt inzwischen 37 Jahre, früher waren es 42 Jahre. (Abg.
Dr. Matznetter: Daran sind wir auch schuld!) Die
Pensionsbezugsdauer ist von 8,3 Jahre auf 20 Jahre gestiegen. Beim
Pensionsantrittsalter sind wir inzwischen so weit, dass nur noch 3 Prozent
der Bevölkerung überhaupt im Regelpensionsalter, zum gesetzlichen Pensionsalter
von 65 oder 60 Jahren in Pension gehen. (Abg. Dobnigg: Jeder
Zweite geht von der Arbeitslose oder vom Notstand in die Pension!)
Wir sind
inzwischen bei 32 Milliarden Gesamtaufwand für unsere Pensionen. Das sind
15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist Weltrekord, meine Damen und
Herren!
Wir müssen
auch – das müssen wir uns eingestehen – inzwischen 5,5 Prozent
des Bruttosozialprodukts aus dem Budgettopf nehmen (Abg. Verzetnitsch: Für wen?) als Kofinanzierung, als Zuzahlung zu den Pensionen.
Auch dieser Wert ist zumindest in Europa Rekord. (Zwischenruf des
Abg. Dr. Matznetter.)
Was machen Sie,
meine Damen und Herren? – Sie glauben, Vertrauen erringen zu können bei
den Menschen, indem Sie diese Probleme verdrängen? Denken Sie nicht auch an die
Folgen, die wir in zehn, in 20, in 25 Jahren auf Grund des Verdrängens und
Nichthandelns zu tragen hätten? (Neuerlicher Zwischenruf des
Abg. Dr. Matznetter.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 119 |
Wir können es uns
aussuchen, Herr Matznetter: Entweder verdoppelt sich der Bundeszuschuss bis
2030 oder die Beitragssätze steigen um 50 Prozent, oder die Pensionen sind
um 45 Prozent zu kürzen, oder das Antrittsalter ist um elf Jahre
anzuheben. Wollen Sie das? (Abg. Eder: Das ist lauter Unsinn!)
Ich könnte aber
noch damit leben, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie nur das
Problem verdrängen wollten und uns unsere Arbeit machen ließen. Aber Sie
konterkarieren das, was wir zu tun haben, nämlich bei gegebenem Handlungsbedarf
auch zu handeln, noch dadurch (Zwischenrufe bei der SPÖ), dass Sie
Unwahrheiten verbreiten, den Menschen Angst machen, dass Sie den
Wirtschaftsstandort schädigen und politische Streiks anzetteln und dass Sie auf
sehr populistische Art und Weise polemisch einen Verteilungskampf um begrenzte
Budgetmittel anzetteln.
Da Sie es mir
nicht glauben, bringe ich erstens einige Beispiele zu Unwahrheiten. Auf
Seite eins Ihres Dringlichen Antrages behaupten Sie, dass die
Pensionssicherungsreform für Personen mit 45 Beitragsjahren mindestens
18 Prozent weniger Pension bringe. Auf Seite zwei widerlegen Sie das
selbst, da Sie ein Beispiel anführen, wonach jemand mit
45,5 Beitragsjahren nur 9 Prozent verliert. Ja, was stimmt
jetzt? – Vermutlich beides nicht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Zum Zweiten, meine
Damen und Herren: Kollegin Silhavy behauptete vorhin, wir wollen die
Notstandshilfe abschaffen. – Das ist eine Halbwahrheit! Tatsache ist, dass
im Regierungsprogramm steht, dass sie umgewandelt werden soll. Tatsache ist
aber auch, dass sie ohne materielle Verschlechterung für die Betroffenen
umgewandelt werden soll. (Abg. Mag. Prammer: Das steht
nicht drinnen! – Abg. Gradwohl: Wo steht das?)
Das ist eine bewusst verwendete Halbwahrheit, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Ihr macht aus einer Versicherungsleistung eine Bittstellerleistung!)
Weiters zur
Schädigung des Wirtschaftsstandortes durch Streiks: Sie nehmen Unbeteiligte, in
diesem Fall die Wirtschaft, die Unternehmer als Geiseln, zetteln einen Streik
an, der inzwischen unsere Volkswirtschaft 100 Millionen € gekostet
hat und kündigen jetzt sogar noch – Kollege Bittner von der
Druckergewerkschaft meinte das – an: Wenn das alles nichts nützt, dann
werden wir bei den Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst mögliche Verluste
der Pensionisten einfordern.
Das heißt, Sie gehen sogar noch her und sagen, wenn der, von dem ich das Lösegeld fordere, nicht bezahlt, dann verlange ich es von der Geisel. Das ist eine Unverschämtheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Sie gehen sogar noch weiter: Sie blockieren den Betrieb einer Abgeordnetenkollegin dieses Hohen Hauses mit dem Hinweis darauf, sie sei Mitglied einer Regierungspartei und vertrete diese Pensionsreform. Sie machen wirtschaftlichen Druck auf frei gewählte Abgeordnete. Das ist ein demokratiepolitischer Skandal ersten Ranges! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Ungeheuerlich!)
Meine Damen und Herren, nun zur populistischen Agitation in einem Verteilungskampf. Budgetmittel, die wir dem Pensionssystem zuschießen, sind Steuermittel. Steuermittel müssen erwirtschaftet, verdient werden, vor allem in der Wirtschaft. Aber wir haben auch andere Aufgaben in unserem Staatssystem: Bildung, Infrastruktur, Forschung und Entwicklung, Sicherheit. Für alles bräuchten wir in Wirklichkeit mehr Geld.
Sie stellen jetzt einen Dringlichen Antrag und betiteln ihn mit
„Pensionsraub für Abfangjäger“.
Meine Damen und
Herren! Zunächst: Mit dem Wort „Pensionsraub“ kann ich nichts anfangen, ich
werde in der Folge das Wort „Pensionsreform“ verwenden.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 120 |
Es gibt natürlich
unterschiedlich populäre Staatsaufgaben, das gebe ich gerne zu. Die Verteidigung
und die Sicherheitsaufgaben mögen nicht zu den populärsten, aber mit zu den notwendigsten gehören.
Abgewandelt könnten Sie den Titel Ihres Dringlichen Antrags genauso gut
„Pensionsreform für Bildung“, „Pensionsreform für Forschung“ oder „Pensionsreform
für Infrastruktur“ nennen. Sie spielen damit notwendige Staatsaufgaben gegeneinander aus, und ich sage
Ihnen Folgendes: Wir machen diese Pensionsreform nicht für Bildung, nicht für
Abfangjäger, nicht für Infrastruktur, sondern für die Sicherheit der Pensionen. – Das ist es, meine Damen und
Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Zum Abschluss noch einmal einen Teil des erwähnten Zitats von
Finanzminister Grasser: „Vertrauen erwirbt man durch Handeln, wenn
Handlungsbedarf besteht.“ – Wir halten uns daran! (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der
SPÖ.)
16.01
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort
gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschgemäß stelle
ich die Uhr auf 10 Minuten. – Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das
Wort.
16.01
Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe schon sehr
viele Dringliche Anträge in diesem Haus gehört, aber einen, der so unsachlich ist,
der von solchen Falschinformationen unterlegt ist und der so aufhetzerisch ist,
habe ich in diesem Haus noch nicht erlebt. (Beifall bei den Freiheitlichen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Die Begründung des Antragstellers erfolgt dann auch noch in einer kabarettreifen
Weise, die lustig sein soll, über die aber niemand lachen kann –
pflichtgemäß lachen und applaudieren die Sozialdemokraten, aber sonst kann
wirklich niemand lachen, denn mit einer derartigen Begründung verhöhnen Sie das
Parlament und stellen selbst Ihren eigenen Antrag in Frage, Herr Abgeordneter
Cap! (Beifall bei
den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Zuerst einmal möchte ich mich damit auseinander setzen, dass Sie in Ihrem
Antrag – und das tun Sie ja auch in der politischen Argumentation –
immer wieder den Kauf
beziehungsweise den beabsichtigten Kauf
von Abfangjägern der Pensionsreform beziehungsweise dem Pensionsrecht
gegenüberzustellen. Dazu möchte ich Ihnen sagen: Egal, wie man zu den
Abfangjägern steht, ob man glaubt, Österreich braucht sie oder Österreich
braucht sie nicht, diese gegenseitige Aufrechnung ist ganz einfach politisch
unzulässig.
Der Staat, die Regierung hat verschiedene Aufgaben, unter anderem die
Verteidigung, die Bildung, das Soziale und so weiter. Es geht ja auch nicht,
dass morgen plötzlich jemand kommt und sagt, wir brauchen die Kultur nicht, wir
brauchen die Staatsoper nicht, ersparen wir uns doch täglich eine Million
Zuschuss an die Staatsoper und nehmen wir das Geld, um Sozialbelange oder
sonst irgendetwas zu finanzieren! Lassen Sie das gegenseitige Aufrechnen bitte
bleiben, es ist ganz einfach unseriös! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Im Übrigen geht es ja bei der beabsichtigten Pensionsreform nicht darum,
dass für irgendwelche Staatsausgaben das Geld zusammengekratzt wird, sondern
es geht darum, das Budget und die Pensionen zu konsolidieren, weil sich
herausgestellt hat, dass es mit dem alten System nicht möglich ist, eine langfristige Absicherung der Pensionen zu regeln.
Ich meine, das müssen Sie sich doch auch einmal vor Augen führen! Aber Sie wissen es ja ohnehin, nur Sie glauben, dass Sie
mit dieser permanenten Verunsicherung der Bevölkerung politisches Kleingeld
schlagen können.
Mir ist eigentlich nicht ganz klar, warum Sie von der SPÖ mit aller Macht die Bevölkerung verunsichern. Entweder ist es deshalb, weil Sie es jahrzehntelang verabsäumt haben, diese Pensionsreform durchzuführen, die jetzt in Angriff genommen werden muss, weil Sie selbst sie verschleppt haben, als Sie noch Bundeskanzler und Sozialminister gestellt haben, oder, weil
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 121 |
Sie ganz einfach politisches Kleingeld aus dieser
Pensionssicherungsmaßnahme schlagen wollen, die für die Bevölkerung zwar
schmerzhaft, aber notwendig ist. – Aber wahrscheinlich
stimmt beides, und beides ist ganz einfach gleich verwerflich, meine sehr
geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der
ÖVP.)
Sie haben – so wie wir alle – vom Finanzminister gehört, was
ohnehin jeder weiß, was eigentlich eine Binsenweisheit ist: Niemand kann auf
Dauer mehr ausgeben als einnehmen. Das gilt natürlich auch für den Staat. Was
jeder für den privaten Haushalt weiß, das soll plötzlich für den Staat nicht
mehr gelten? – Das muss man der
Bevölkerung auch klarmachen. Ich bin überzeugt davon, dass das jeder versteht.
Herr Abgeordneter Cap hat gesagt, wir sollen zu der Bevölkerung gehen und mit
den Leuten reden. – Das tun wir ja auch, und die Leute sehen ein, dass es
notwendig ist, einschneidende Maßnahmen zu treffen, weil sie während der
letzten 20 Jahre nicht getroffen wurden. (Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Ihr habt euch zehn Jahre versteckt vor der
Bevölkerung!)
Es ist schon angeschnitten worden: Österreich hat das teuerste
Pensionssystem der Welt und leider ein System, durch das die Pensionen bis ins
Jahr 2020 oder 2030 nicht gesichert sind. Selbst unverdächtige Sachverständige, zum Beispiel aus der
Arbeiterkammer, haben festgestellt, dass innerhalb der nächsten 40 Jahre
entweder die Beiträge um 53 Prozent erhöht werden müssten oder die
Pensionen um 45 Prozent gesenkt oder das Pensionsantrittsalter um zehn
Jahre erhöht, wenn die Pensionsreform nicht durchgeführt wird.
Was glauben Sie, wie lange das gut geht? Wie lange, glauben Sie, werden
sich die dann arbeitenden Menschen das gefallen lassen, dass sie die Hälfte
ihres Einkommens abliefern müssen, damit die Pensionisten zu ihrer Pension
kommen? Dann wird der Generationenvertrag sicher auseinander brechen, und das
wollen wir verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und
der ÖVP.)
Wir wollen keine Politik machen, die gerade von heute auf morgen hält,
sondern wir wollen eine Politik machen, durch die die jungen Menschen, die
heute ins Arbeitsleben eintreten, auch noch mit einem gewissen Vertrauen auf
ihren Lebensabend schauen können und wissen, dass diese Generation, die jetzt
in der Regierung ist, auch dafür Verantwortung getragen hat, dass es ihnen auch
noch gelingt, zu einer Pension zu kommen.
Die heutige Generation, die eben die Regierung stellt, muss den nötigen
Weitblick haben und muss auch alles Mögliche tun, damit die heute jungen
Menschen auch noch im Jahr 2020 und im Jahr 2030 einen
Pensionsanspruch haben.
Wie unseriös Ihr
Dringlicher Antrag ist, das geht auch schon aus dem ersten Satz hervor. Sie
schreiben, es werde eine massive Belastung für kranke Menschen geben, durch
unsoziale Selbstbehalte. Das einzig Richtige an diesem Satz ist, dass es eine
Ermächtigung für den Hauptverband der Sozialversicherungsträger gibt, einen Selbstbehalt
einzuführen. Wie hoch er ist, in welcher Form er kommt, das steht überhaupt
noch nicht fest (Abg.
Mag. Kogler: Das Einzige, was feststeht, sind die Abfangjäger!), und Sie
behaupten bereits jetzt, dass er unsozial sein wird, dass die kranken Menschen
massiv belastet werden.
Das ist Ihre Erfindung, und ich finde das eigentlich schäbig – ich
weiß nicht, ob ich dafür einen Ordnungsruf erhalte, aber ich bekenne mich zu
dieser Formulierung –, dass Sie eine derartige
Verunsicherung hier im Parlament betreiben und das auch noch hinaustragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und
bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei!
Schon jetzt ist sichergestellt, dass die chronisch Kranken, die sozial
Schwachen und die Kinder nicht unter
diesen Selbstbehalt fallen. Nehmen Sie das doch wirklich zur Kenntnis und
verbreiten Sie nicht weiterhin solche unwahren Behauptungen!
Wissen Sie, das erinnert mich an Folgendes: Als das Kabinett „Schüssel I“ ins Amt getreten ist, war auch von Selbstbehalten die Rede, und Herr Kostelka, damals Klubobmann der Sozialdemokratischen Partei, hat im Fernsehen in der Sendung „Offen gesagt“ behauptet, jeder
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Österreicher müsste bei einer Operation
einen Selbstbehalt leisten. (Ruf bei den Freiheitlichen: Pfui!) – Kein Wort
davon war wahr! Eine reine Erfindung! Nichts davon ist eingetreten. Herr
Kostelka ist nicht davor zurückgeschreckt, die Bevölkerung derartig zu
verunsichern. (Abg. Dr. Matznetter:
Er hat sie richtig informiert!) Das ist wirklich absolut unseriös.
Sie haben es seit damals beibehalten, falsch zu informieren.
Wahrscheinlich stimmt das, was Herr Abgeordneter Cap gesagt: Man schwindelt
sich durch bis zur Matura. Er hat es wahrscheinlich getan, die
sozialdemokratischen Kollegen ebenfalls, deshalb stehen Sie dazu, dass man auch
weiterhin die Bevölkerung anschwindelt, nur weil es einem halt in den Kram
passt. Ihre politische Strategie ist es offensichtlich, die Bevölkerung zu
verunsichern, aber weit sind Sie damit nicht gekommen, denn Ihre
Oppositionspolitik wird nirgendwo gelobt. Jeder prangert sogar an, dass Sie
eine schlechte Oppositionspolitik machen, was mich nicht wundert, weil Sie niemals
mit einem konstruktiven Plan kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg.
Mag. Muttonen: Unterstellung!)
Sie legen ja niemals etwas in
der Form vor, dass Sie sagen, so sollte man das
machen!
Dann möchte ich
noch etwas zur „Hackler-Regelung“ sagen (Abg. Gaál: Es gibt keine
„Hackler-Regelung“!): In Ihrem Dringlichen Antrag haben Sie gerade das ungünstigste
Beispiel herausgepickt, das jetzt schon zu Ungerechtigkeiten beziehungsweise
zu einschneidenden Maßnahmen führt, und jetzt behaupten Sie, generell
würde die „Hackler-Regelung“ verschlechtert. – Bis 2007 gibt es diese
„Hackler-Regelung“ unverändert, und dann gibt es eine Dauerregelung für
Menschen, die wirklich schwer arbeiten. Das ist, finde ich, auch richtig. (Abg. Silhavy:
Der Dolinschek hat gesagt, es ist ihm zu kurz bis 2007! – Abg. Dr. Bösch: Das ist ja zulässig!) Die Menschen, die schwer arbeiten,
sollen auch pensionsrechtlich besser gestellt werden.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Die größte Unverfrorenheit aber sehe ich darin, dass
Sie der Regierung den Vorwurf machen, sie hätte jetzt kein gemeinsames
Pensionsrecht durchgebracht. 50 Jahre lang haben die
Sozialdemokraten fast durchwegs den Sozialminister gestellt – und sie
haben es nicht zu Wege gebracht, da eine Harmonisierung durchzuführen! (Abg.
Mag. Mainoni: Nichts zusammengebracht!) Und jetzt verlangen sie
das von uns.
Sogar Herr Kollege
Verzetnitsch hat zugeschaut, wie die ÖBB-Angestellten und -Arbeiter mit
54 Jahren in Pension gehen – und Sie haben alle während der letzten
50 Jahre nichts unternommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Verzetnitsch: Jetzt reduzieren
sie es auf 52!) Und wir sollen jetzt in drei Jahren das komplette System
reformieren.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Spielen Sie sich bitte nicht so auf, als ob Sie die
Bevölkerung schützen würden! (Abg. Gaál: Wir haben es getan!) In
Wirklichkeit gehört die Bevölkerung vor Ihrer Verunsicherungskampagne
geschützt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
16.11
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu einer tatsächlichen
Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort
gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich erinnere an die Bestimmungen der
Geschäftsordnung: In 2 Minuten soll der zu berichtigende Sachverhalt
dargestellt werden – und dann der richtige. Bitte keine politische
Grundsatzrede. – Bitte.
16.12
Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kopf hat gerade vorhin behauptet, der Kauf von Abfangjägern sei eine notwendige Staatsaufgabe. – Diese Behauptung ist unrichtig! (Abg. Scheibner: Das ist doch keine tatsächliche Berichtigung! Das ist ungeheuerlich! Missbrauch der Geschäftsordnung!)
Richtig ist, dass die notwendigen Staatsaufgaben in der Bundesverfassung abschließend geregelt sind. Der Kauf von Abfangjägern ist in der Bundesverfassung mit keinem Wort erwähnt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mainoni: Ein Unjurist! – Abg.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 123 |
Scheibner – in Richtung des das
Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Puswald –: Jetzt werden Sie nie nach
vorne rücken! So bleiben Sie immer in der letzten Reihe sitzen!)
16.13
Präsident Dr. Andreas Khol:
Herr Abgeordneter,
das war sicherlich keine tatsächliche Berichtigung. Das nächste
Mal werde ich in so einem Fall einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.)
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Öllinger. Wunschgemäß spricht er
7 Minuten. – Bitte.
16.13
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Bemerkenswert bei der Rede des Herrn Bundeskanzlers habe ich
gefunden, dass er sich – wörtlich – als „Zeitzeuge“ zur Verfügung
gestellt hat: als Zeitzeuge für das Scheitern aller bisherigen
Bundesregierungen seit 1986, wenn es um eine Pensionsreform gegangen ist. Das
ist insofern bemerkenswert, als es schon eine Verbesserung gegenüber dem
bisherigen Zustand ist, als man meinen hätte können, die ÖVP sei offensichtlich
überhaupt nicht in der Bundesregierung gewesen.
Sie, Herr
Bundeskanzler, sind wenigstens als Zeitzeuge bei der Bundesregierung und deren
Scheitern in Bezug auf die Pensionsreform tätig gewesen. Aber ich hätte mir
schon etwas mehr Ehrlichkeit erwartet, Herr Bundeskanzler, auch was die
Haltung der ÖVP in diesen Jahren betrifft. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)
Ich kann mich noch
sehr gut an die Pensionsreform von 1997 erinnern. Da hat man von Seiten der
Bundesregierung, aber vor allem von Seiten der ÖVP so getan, als ob mit dieser
Pensionsreform den Beamten ihr eigenständiges Pensionssystem durch den höheren
Beitrag gesichert wäre. Die Beamten konnten zu Recht davon ausgehen, dass die
Versprechen, die die Bundesregierung gemacht hat, auch eingehalten werden. Nur:
Dem war nicht so!
Dann kam eine
Pensionsreform 2000, und jetzt kommt eine Pensionsreform 2003, wo noch immer
diese Frage der Harmonisierung offen ist. Sie beschließen jetzt eine Pensionssicherungsreform,
und die Bundesregierung sagt: Liebe Opposition, wo sind denn eure Konzepte? –
Aber Sie selbst liefern kein Konzept ab, wie denn tatsächlich die
Harmonisierung der Pensionssysteme aussehen soll.
Ja wo ist denn Ihr
Konzept? Wo liegt denn Ihr Konzept über ein Pensionskonto vor? – Ich habe
noch nichts von dem gesehen und gelesen, was Ihre Vorstellungen ab 2028 sind! (Abg.
Dr. Fasslabend: Sicher! – Abg. Kopf:
Ist schon vorgestellt! – Abg. Mag. Molterer: Jetzt haben Sie
es noch immer nicht gelesen!?) Sie glauben doch wohl selbst nicht, dass das, was Sie jetzt mit dieser
Pensionssicherungsreform beschreiben, bereits das Pensionskonto der Zukunft
ist! Das schaut anders aus, und das müssen Sie auch sauber vorbereiten, meine
Damen und Herren! Genau das tun Sie aber mit dieser Reform nicht! Das
ist keine saubere Reform, sondern das ist eine Abzockerpartie! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Herr
Bundeskanzler, zweiter Punkt: Sie zitieren in Ihrer Stellungnahme Herrn
Christopher Prinz, einen Pensionsexperten, der viele Expertisen gemeinsam mit
Herrn Marin gemacht hat, und Sie zitieren ihn positiv, als Ihren Zeitzeugen
beziehungsweise Kronzeugen. (Abg. Dr. Fasslabend: Der Marin!) Nur:
Das ist auch nicht ganz sauber, denn der Kommentar im „Falter“, den Herr Prinz
geschrieben hat, ist durchaus ambivalent. Er schreibt das auch so, der Herr
Prinz – ich zitiere –:
„Eine Bewertung
der Regierungsvorlage zur Pensionsreform muss ambivalent
ausfallen.“ – Das heißt soviel wie „doppeldeutig“: einerseits,
andererseits. (Abg. Mag. Molterer: Das ist nicht korrekt
übersetzt! „Ambivalent“ heißt etwas anderes!) – Herr Molterer! „Ambivalent“,
doppelwertig. Sind Sie zufrieden damit? (Abg. Mag. Molterer:
Das ist schon etwas anderes!) – Aber das ist noch nicht exakt, und
darum, glauben Sie mir, ich kann auch Latein ... (Abg. Mag. Molterer:
Ich habe es nicht gelernt, aber ich kann’s!)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 124 |
Ich halte es jetzt
mit Christopher Prinz und sage: Der wesentliche Punkt in seiner Stellungnahme
ist doch, was im Schlussabsatz steht. Dort heißt es – ich zitiere –:
„Das wesentlichste Versäumnis der Reform ist die weitgehende Ausblendung der
Situation von Frauen.“ – Diesen Befund erstellt Prinz aber nach
den kosmetischen Nachbesserungsmaßnahmen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren, das ist der Punkt (Abg. Mag. Mainoni: Dramatisch!
Die Stimme wird gesenkt, die Spannung steigt!): Sie trauen sich, hier zu
behaupten, wir liefern eine saubere Reform, obwohl diese Reform für die jüngeren
Menschen ab 2028 keine Abfederungen mehr enthält! In der
Ministerratsvorlage war noch enthalten: durchschnittlich 25 Prozent
Verlust aus der Pension nach 2028. – Den Satz haben Sie herausgestrichen. (Abg.
Dr. Fasslabend: Weil er falsch ist!) Sie haben aber das
Ergebnis nicht herausstreichen können: 25 Prozent Verlust. Sie glauben
wohl, durch das Herausstreichen von Sätzen diese Reform kaschieren zu können,
die für die jüngeren Menschen, aber vor allem für die Frauen eine einzige
Sauerei ist! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer:
Das ist der Stil! – Zwischenruf des Abg.
Dr. Trinkl.)
Pensionen im
Endausbau dieser Pensionsreform um bis zu 40 Prozent zu kürzen, das
verträgt sich nicht einmal mehr mit dem Rest an sozialem Gewissen, das ich doch
noch immer auch bei einer ÖVP vermute.
Präsident Dr. Andreas Khol:
Herr Abgeordneter,
„Abzockerpartie“ war schon am Rande, „Sauerei“ ist auch am Rande. Würden Sie
das bitte relativieren! (Abg. Dr. Partik-Pablé:
„Sauerei“ ist nicht am Rande!)
Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend):
Schweinerei. – Mir fällt nichts anderes ein.
Präsident Dr. Andreas Khol:
Herr Abgeordneter,
ich erteile Ihnen den ersten Ordnungsruf dieser
Legislaturperiode. (Demonstrativer Beifall des Abg. Brosz.)
Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Meine Damen
und Herren! Sie haben schon verstanden, worum es bei dieser Pensionsreform
geht.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! (Der Redner hält ein Informationsblatt der
Regierung zum Thema Pensionsreform in die Höhe.) Wenn Sie von den
Regierungsparteien noch dazu glauben, mit diesem Blättchen, in dem eines ums
andere der gebrachten Beispiele falsch ist und das keineswegs eine Informationskampagne
darstellt, die Leute in den nächsten Wochen tatsächlich verunsichern und
einlullen zu können, dann haben Sie sich getäuscht!
Ich bringe Ihnen
eines Ihrer so genannten Beispiele. Während die Beispiele der SPÖ – und
ich habe sie überprüft, ich bin bei jedem Beispiel misstrauisch – korrekt
gerechnet waren, stimmen Ihre Beispiele hinten und vorne nicht. Da nehmen Sie
einen Akademiker her, geboren 1961, mit 43 Beitragsjahren. Rechnen Sie
doch bitte! Wenn der Akademiker schnell studiert hat, dann ist er mit
24 Jahren mit dem Präsenzdienst und dem Studium fertig. Da war er aber
sehr schnell. Und „43 Beitragsjahre“ bedeutet, dass er bis 67 arbeiten
muss. – Das bringen Sie als Beispiel dafür, dass jemand mit 65 nur
knappe Nachteile hat?! Wissen Sie, dass Sie die Leute mit derartigen Unterlagen
wirklich verschaukeln? Da stimmt ja hinten und vorne nichts! Das
sind Ihre Beispiele. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Frau Abgeordnete
Partik-Pablé, auch Sie haben den Fehler gemacht und daraus zitiert, so wie Herr
Grasser offensichtlich daraus zitiert hat: Er hat sich auf ein Flugblatt der
Arbeiterkammer Vorarlberg bezogen, das irgendwann einmal ein Flugblatt war und
sich auf eine Studie der EU-Kommission bezieht, die irgendwann einmal eine
Studie war, nämlich genau im Jahr 1991. Bei diesen Angaben wurde in Bezug
auf Beitragssätze noch um 53 Prozent erhöht beziehungsweise wurden
Pensionen um 45 Prozent gekürzt oder wurde das Pensionsantrittsalter um
elf Jahre erhöht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Situation hat sich aber
nicht gebessert!)
Wenn Sie so vorgegangen sind, dann sollten Sie wissen, dass wir das, was von den Mitgliedern der Bundesregierung immer vorgeschlagen wird, dass nämlich die Berichte der Pensions-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 125 |
reformkommission studiert werden sollten, getan
haben. – Darin kommt allerdings nichts davon vor! Darin wurde eigenständig
die Entwicklung der Alterspensionen, Pensionslastquote et cetera gerechnet,
und man kommt zu ganz anderen Ergebnissen als das alte Flugblatt, das sich auf
eine Studie aus dem Jahr 1991 bezieht und mit dem Sie hausieren gehen! (Abg.
Dr. Partik-Pablé: Es hat sich an den Bedingungen
ja nichts geändert!)
Die
Pensionsreformkommission sagt: Im schlimmsten Fall müsste der implizite
Beitragssatz – also Beiträge plus Bundesbeitrag – von derzeit
31,3 Prozent auf 44,4 Prozent angehoben werden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. –
Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht einmal Sie wissen das, Frau Kollegin Silhavy!)
Aber: Bei der
Variante, die uns Bundesminister Grasser vorgibt, dass nämlich die Erwerbsquote, die uns die EU vorgibt, steigen
soll, trifft eher das zu, was die Pensionsreformkommission als durchaus
realistisches und anstrebenswertes Szenario bezeichnet hat: Bei einer
wachsenden Bevölkerung und einer Erwerbsquote von über 80 Prozent steigt
der Beitragssatz – beides: Bundesbeitrag plus Beiträge der
Versicherten – auf rund 32,6 Prozent, und das ist ein Plus von
3,6 Prozent.
Sie wissen genauso
gut wie ich, dass es genügend Wifo-Studien dazu gibt, Sie ignorieren jedoch
dieses Wissen genauso wie alle Zurufe aus der Bevölkerung: Lasst uns über diese
Pensionsreform nachdenken! Lasst uns Zeit nehmen! Lasst uns miteinander
diskutieren! (Zwischenruf des Abg.
Mag. Molterer.)
Darum sage ich
Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung: Zurück an
den Start mit Ihnen im Hinblick auf diese Pensionsreform! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)
Eine Bitte hätte
ich abschließend noch an Sie, Herr Bundeskanzler: Wenn Sie vom „Druck der
Straße“ sprechen, dann bedenken Sie bitte, dass die Menschen, die auf der
Straße sind, der Souverän sind, den Sie vor Wahlen immer beschwören – und
nach den Wahlen ganz offensichtlich vergessen und nur mehr als „Pöbel“
bezeichnen wollen!
Das finde ich
wirklich extrem! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
16.23
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr
Herr Abgeordneter Gaál. 6 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr
Abgeordneter, Sie gelangen zu Wort. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Öllinger redet von „Pöbel“ – und mir unterstellt er das! Das ist eine unglaubliche Zumutung!)
16.24
Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! (Abg. Neugebauer: Wann ist das Wort „Pöbel“ vom Herrn Bundeskanzler gefallen? Bitte um Auskunft! Das ist keine angemessene Sprache! – Anhaltende lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Am Wort ist der Redner!
Abgeordneter
Anton Gaál (fortsetzend):
Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und
Herren! Frau Dr. Partik-Pablé, ich will Sie jetzt nicht so fundamental
angreifen, wie Sie es gerade uns gegenüber getan haben. Aber ich darf schon
darauf hinweisen: Hier wird kein politisches Kleingeld gewechselt! Wir wollen
niemanden verunsichern, das überlassen wir Ihrer Bundesregierung! (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie
sind wirklich arm, dass die SPÖ Sie jetzt zum Rednerpult geschickt hat! Sie
sind ja ein seriöser Politiker!)
In diesem
Zusammenhang, Frau Dr. Partik-Pablé, darf ich vielleicht an Herrn
Dr. Haider erinnern, der am 7. Mai, also am heutigen Tag, dem
„Kurier“ gegenüber gesagt hat:
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 126 |
„Wenn es
sich um elementare Fragen wie die Pensionsreform handelt und Hunderttausenden
Menschen Unrecht getan werden könnte, muss im Zweifelsfall die Entscheidung zu
Gunsten der Bürger und gegen die Existenz einer Regierung getroffen werden.“ (Beifall bei Abgeordneten
der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)
Gerade das, Frau
Dr. Partik-Pablé, bezwecken auch wir mit unserem Dringlichen Antrag! Auch
wir wollen nämlich, dass die Menschen in Würde und Sicherheit leben können. Sie
aber gefährden mit Ihrer Politik den sozialen Frieden in diesem Land, und da
haben Sie mit unserem Widerstand zu rechnen! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundeskanzler!
Zu Ihren Ausführungen ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer
hat Ihnen denn diese Rede aufgesetzt? – Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Nein! Ich habe
Dr. Haider aus dem „Kurier“ zitiert. (Abg. Scheibner: Aber
applaudiert habt ihr zu einem Zitat von Haider noch nie!) Wenn er Recht hat, hat er Recht, Herr Kollege Scheibner!
Ich habe wiederholt dich als positives Beispiel in der Verteidigungspolitik
zitiert, und ich werde es im Zuge des Budgets noch einmal tun, denn ich bin
bemüht, der Wahrheit die Ehre zu geben, lieber Freund, im Gegensatz zu eurer
Politik! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr
Bundeskanzler! Sie haben in Ihren Ausführungen heute wieder einmal bestätigt,
dass Sie weiter an dieser teuersten Fehlentscheidung der Republik
festhalten! – Es ist dies eine Entscheidung, die gegen die Mehrheit der
österreichischen Bevölkerung gerichtet ist!
Zu Ihrer
Argumentation, dass wir aus staatspolitischen Gründen zur Luftraumüberwachung
diese Eurofighter brauchen: Herr Bundeskanzler! Was Sie hier kaufen, hat nichts
mit Luftraumüberwachung und schon gar nichts mit staatspolitischer Räson zu
tun, denn diese Kampfflugzeuge sind für den Luftkampf konzipiert, und niemand
in Österreich und in Europa braucht diese sündteuren Luxuskampfjets! (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Dieser Prototyp
wurde nirgendwo erprobt und steht nirgendwo in Verwendung! (Zwischenruf des Abg. Zweytick.)
Von einer Serienreife sind wir meilenweit entfernt. All das aber verlangen die
Vergaberichtlinien. Die Ausschreibungskriterien und Vergaberichtlinien wurden
diesfalls umgangen. (Abg. Scheibner: Das ist alles
falsch!) Muss-Forderungen
wurden nicht erfüllt, und das ist eine schwere Missachtung der Sorgfaltspflicht
dieser Bundesregierung.
Herr
Bundeskanzler! Wir werden in diesem Zusammenhang sicherlich mit Klagen zu
rechnen haben. Die Gerichte werden sich mit dieser Sache zu beschäftigen haben.
Es wird gewiss eine jahrelanger Rechtsstreit zu erwarten sein, und zwar zum
Schaden der Republik und letztlich auch des österreichischen Bundesheers. Und
daher sagen wir ein Nein zu diesem Beschaffungsvorgang. (Beifall bei der
SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Herr
Bundeskanzler! Ich darf daran erinnern – und Kollege Scheibner wird mir
das bestätigen –: Die höchsten militärischen Entscheidungsträger haben
sich gegen den Kauf dieser Eurofighter ausgesprochen, und sie werden sich wohl
etwas dabei gedacht haben. Dieser Entscheidung, Herr Ex-Bundesminister
Scheibner, haben Sie sich damals in Ihrer Funktion als Verteidigungsminister
angeschlossen. Sie fanden jedoch im Ministerrat keine Zustimmung mehr. Sie
haben das aus Verantwortung gegenüber dem österreichischen Bundesheer getan und
haben genau gewusst, dass die notwendigen Budgetmittel hiefür nicht zur
Verfügung stehen.
Herr
Bundeskanzler! Sie kaufen etwas, was es nicht gibt, und kennen nicht einmal den
Kaufpreis! (Beifall bei der SPÖ.)
Sie wollen
diesen Kauf mit Gegengeschäften finanzieren. Diese Gegengeschäfte allerdings
sind wirklich Luftgeschäfte, Herr Bundeskanzler! Sie haben keine Angebotsgarantie
eingeholt, wie es international üblich ist. Es handelt sich hiebei lediglich um
Absichtserklärungen, da gibt es keine Haftungen und keine Verpflichtungen zur
hundertprozentigen Erfüllung des schriftlichen Angebotes.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 127 |
Österreich hat
keine Garantie für den Wahrheitsgehalt des Angebotes. Der Unseriosität ist hier
Tür und Tor geöffnet. Das ist Traumdeuterei, und dazu gibt es ein entschiedenes
Nein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
16.29
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr
Bundesminister Dr. Bartenstein. Entsprechend der Geschäftsordnung hat er
maximal 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Bundesminister.
16.29
Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Der sehr geehrte Herr
Abgeordnete Gaál hat seine Wortmeldung mit der Behauptung eingeleitet, er und
seine Kollegen wollten die Österreicher nicht verunsichern.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Jetzt sage ich Ihnen: Wer Worte wie „Pensionsraub“
in den Mund nimmt und entsprechende Formulierungen trifft – es ist dies
Teil des Titels des Dringlichen Antrages – oder wie Herr Abgeordneter
Öllinger nicht nur von einer „Sauerei“ spricht, sondern dem Bundeskanzler auch
unterstellt, von einem „Pöbel“ auf der Straße gesprochen zu haben – und
das haben Sie getan –, der verunsichert nicht nur, sondern der verwendet
eine Sprache, die dieses Hohen Hauses aus meiner Sicht nicht würdig ist. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Präsident Dr. Andreas Khol:
Herr
Bundesminister! Ich habe gerade veranlasst, dass das Protokoll dieser Äußerung
des Herrn Abgeordneten Öllinger beigeschafft wird, und ich behalte mir noch
entsprechende geschäftsordnungsmäßige Maßnahmen vor. – Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein (fortsetzend): Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Die Diskussion rund um diesen Dringlichen Antrag
ist gekennzeichnet von Kritik, Kritik und Kritik an der Pensionssicherungsreform
dieser Bundesregierung, ohne dass aber auch nur die Spur einer Alternative
aufgezeigt wird. (Zwischenruf des Abg. Faul.)
Wir wissen jedoch,
dass wir ohne Pensionssicherungsreform nicht auskommen und dass wir, wenn wir
vernünftig sind, heute und in den nächsten Wochen diese Sicherungsreform beschließen,
denn ein Verschieben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag brächte wenig.
Diejenigen, die
sagen: Nehmen wir uns Zeit!, setzen in Wirklichkeit auf Zeitgewinn und auf
Verzögern, Verwässern, Verhindern. – Das aber kann nicht das Prinzip in
diesem Land sein und werden! Das ist nicht das Arbeitsprinzip der
Bundesregierung unter Bundeskanzler
Schüssel, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Dabei liegt die
Notwendigkeit der Pensionssicherungsreform so klar auf der Hand. – Ich
sage nur: Drei, sechs, zwölf. Im Vergleich zum Jahre 1970 gehen
Österreicher drei Jahre später ins Berufsleben, konsumieren also als junge
Menschen in irgendeiner Form vom Staate Leistungen, sind sechs Jahre weniger
im Erwerbsleben tätig, das heißt, leisten um sechs Jahre weniger lang als im
Jahr 1970 Beiträge zur Pensionsversicherung, und sind Gott sei Dank auch
auf Grund der gestiegenen Lebenserwartung zwölf Jahre länger in Pension.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Wem immer diese Zahlen erläutert werden, der- oder
diejenige weiß dann, dass sich das nicht ausgehen kann. Das muss sich also
ändern, wenn wir die Pensionen auch für die jungen Menschen dieses Landes
sichern wollen.
Ein zweiter Vergleich, weil der Herr Bundeskanzler richtigerweise auf die Bedeutung der Erwerbsquote älterer Menschen für die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes Bezug genommen hat: Wir können es uns nicht leisten, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir mit 28 Prozent Erwerbsquote unter den 55- bis 64-Jährigen quasi Schlusslicht in Europa sind. Selbst die Deutschen liegen bei 38 Prozent, der EU-Schnitt beträgt 38 Prozent, und das vor
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 128 |
allem von sozialdemokratischer Seite immer wieder
zum Teil zu Recht gelobte Schweden liegt bei 67 Prozent in diesem Bereich.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Was Sie heute und in den Diskussionen dieser Tage
an Horrorziffern gebracht haben, das entlarvt sich zum Teil selbst! Ich bin
Karlheinz Kopf sehr dankbar, dass er die mangelnde Ernsthaftigkeit Ihrer Arbeit
insofern aufgedeckt hat, als er Ihnen durch einen Vergleich von Seite 1
und Seite 2 Ihres Dringlichen Antrages bewiesen hat, dass Sie einmal von
mindestens 18 Prozent weniger Pension für jemanden mit 45 Beitragsjahren
reden, auf Seite 2 jedoch wiederum ein Beispiel anführen, bei dem es um
9 Prozent geht. (Zwischenruf der
Abg. Silhavy.)
9 Prozent
Gesamtverlust ist auch nicht wenig! Es ist nicht einfach, den Menschen zu
erklären, dass, wenn sie in den nächsten Jahren in Pension gehen, im Vergleich
zum Status quo mit 5 bis 10 Prozent oder vielleicht auch mit etwas mehr
Verlust rechnen müssen. Aber in diesem Rahmen wird es sich bewegen. Das ist
verantwortbar. Und diesen Weg gehen wir, um die Pensionen dieses Landes
langfristig zu sichern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Besonders
bemerkenswert finde ich, dass Sie die Jahre 2028 und 2030 hier quasi „an
die Wand malen“, ganz abgesehen davon, dass der Bundeskanzler klargestellt hat, dass wir bis dahin auf dem Weg zu
einem einheitlichen Pensionsrecht sind und es bis dahin das einheitliche
Pensionskonto auch direkt anwendbar geben wird. Aber wer von Ihnen hat
angeführt, was geschieht, wenn wir bis 2028 nichts täten? – Der große
Crash kommt nicht in den Jahren 2004, 2005 oder 2006, wenn wir nichts tun
und keine Pensionssicherungsreform umsetzen. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)
Im Jahr 2028 ist dieses System jedoch längst nicht mehr finanzierbar,
wenn man so ignorant vorginge, wie Sie es vorschlagen, meine sehr verehrten
Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Von
32 Milliarden € Gesamtpensionsaufwand hat der Finanzminister heute
Vormittag in seiner beeindruckenden Budgetrede gesprochen. (Abg. Silhavy: Wirklich nicht beeindruckend!) Von
700 Millionen € an Einsparungsvolumen brutto sprechen wir per 2006.
Von 500 bis 600 Millionen netto hat der Herr Bundeskanzler vor einigen Minuten gesprochen. Das sind gerade
einmal 2 Prozent dieser Summe!
Wie kann ich den
diese 2 Prozent mit den von Ihnen in den Raum gestellten Horrorziffern von
30 bis 40 Prozent Pensionskürzung vereinbaren? – Das geht nicht, das
wissen Sie! (Abg. Silhavy: Sie müssen nur
rechnen!) Ich bitte Sie also im Interesse der Menschen in diesem
Land um mehr Ernsthaftigkeit!
Vergessen Sie auch
nicht, dass Sie sich auch dann in die Gefahr des Anstellens einer
Milchmädchenrechnung begeben, wenn Sie bei all Ihren Berechnungen das
Nummer-eins-Motiv unserer Pensionssicherungsreform, nämlich Menschen in diesem
Land länger als bisher in Beschäftigung zu halten, völlig außer Acht
lassen. – Ja, wir bekennen uns dazu! Ein Pensionsantrittsalter von
58 Jahren für Männer und 57 Jahren für Frauen können wir uns nicht
länger leisten. Wir bekennen uns zu dem Ziel, dass wir uns langfristig in
Richtung 65 Jahre Pensionsantrittsalter für Männer und 60 Jahre für
Frauen bewegen wollen, und wir bekommen da volle Unterstützung von
Pensionsexperten wie Professor Marin oder Professor Tomandl. Manchen von ihnen
sind die Übergangsfristen von zehn Jahren für die Anhebung des vorzeitigen
Pensionsantrittsalters und von 25 Jahren für die Einführung eines
Durchrechnungszeitraums von 40 Jahren fast zu lange.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss kommen und zum Thema
Überführung der Notstandshilfe in eine „Sozialhilfe neu“ etwas sagen, weil Sie,
Frau Abgeordnete Silhavy, so lapidar in den Raum geworfen haben, dass wir das
abschaffen wollen. – Das stimmt überhaupt nicht! (Abg. Silhavy: Das steht im Regierungsübereinkommen!)
Das stimmt doch überhaupt nicht! Lesen Sie die Koalitionsvereinbarung! Da helfen auch Zwischenrufe nichts! Da steht ausdrücklich, dass wir die Möglichkeit prüfen wollen, die Not-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 129 |
standshilfe von der Zuständigkeit des AMS in die Sozialhilfe
der Länder zu verlagern. Wesentliche Voraussetzung dafür ist eine durch ein
Sozialhilfegrundsatzgesetz oder eine Artikel 15a-Vereinbarung
harmonisierte Regelung der gesamten „Sozialhilfe neu“.
Gerade von Ihnen
habe ich oft gehört, was an Kritik zum Beispiel an den unterschiedlichen Höhen
der Sozialhilfe der Länder zu üben ist. – Da bin ich ganz bei Ihnen!
Schauen Sie nach Deutschland: Wir haben heute drei Leistungskategorien, das
Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe und die Sozialhilfe. In Deutschland gibt
es heute zwei Kategorien, die Deutschen unter Rot-Grün wollen das aber zu einer
Leistungskategorie zusammenführen.
Apropos
Deutschland, und damit schließe ich, um auch Ihnen zu zeigen, in welcher verhältnismäßig
guten Verfassung sich unser Arbeitsmarkt befindet: Der Herr Bundeskanzler hat heute schon erwähnt,
dass wir per Ende April zum 1. Mai dieses Jahres nicht nur eine historisch
absolute Rekordbeschäftigung aufzuweisen hatten, sondern dass wir Gott sei Dank
nach zwei Jahren erstmals keine steigende, sondern eine gleich bleibende
Arbeitslosigkeit zu verzeichnen hatten. Rot-Grün in Deutschland hat im selben
Zeitraum eine im Jahresabstand gestiegene Arbeitslosigkeit von nicht weniger
als 470 000 Arbeitslosen zu verantworten.
Meine Damen und
Herren! Der Vergleich macht uns sicher! (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
16.38
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Murauer, der 6 Minuten zu uns sprechen
möchte. – Bitte, Herr Abgeordneter.
16.38
Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Freund Anton Gaál! Je öfter
ich – und das fällt mir jetzt direkt ein bisserl schwer – deine
Artikel in der Zeitung gegen die Abfangjäger und gegen die Luftraumüberwachung
lese, um so schwieriger wird es für mich, daran zu glauben, dass du
Wehrsprecher bist. (Abg. Gaál: Ich bin gegen die Kampfflugzeuge!) Aber ich muss es leider Gottes zur Kenntnis nehmen. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Den Damen und
Herren von der Opposition, von den Grünen und den Sozialisten, ist anscheinend
jedes Mittel recht, um die Pensionssicherungsreform schlecht zu machen, die Menschen
in unserem Land zu verunsichern und sie mit falschen Berechnungen, mit der
Wahrheit sorglos umgehend und mit persönlichen Angriffen falsch zu informieren
und zu sagen, dass wir sie der Pension berauben. – Dabei wird alles daran
gesetzt, in diesem Staat die Pensionen zu sichern. Damit die
Bundesbahnpensionisten zwar nicht weiterhin, aber jetzt ab 50 in Pension
bleiben können, sind wir bereit, länger zu arbeiten. Das ist die Wahrheit! (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Sicherheit ist keine Frage des Entweder-oder: Entweder wir sichern die
Pensionen, oder wir haben irgendwelche Sozialsysteme nicht. Entweder wir
sichern die Pensionen, oder an irgendeiner anderen Stelle, geschätzte Bürger
dieses Landes, wird Fürchterliches über euch hereinbrechen.
Diese Regierung
unter Bundeskanzler Schüssel hat gezeigt, dass Sicherheit eine Rolle
spielt – ob sie im Moment populär oder unpopulär ist.
Herr Dr. Cap,
ich verstehe Sie in Ihrer Argumentation sicher nicht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Sicherheit bedeutet für diese Bundesregierung, dass das Gesundheitssystem, dass
die Ausbildung gesichert und dass der Arbeitsplatz gesichert ist. Wir haben
gehört, dass wir Gott sei Dank eine hohe Beschäftigungsrate haben, dass die
innere und äußere Sicherheit gewährleistet ist und dass wir in Frieden und in
Freiheit leben können. Dazu ist es auch notwendig, Kollege Gaál, dass wir uns
um die äußere Sicherheit kümmern.
Da Kollege Puswald heute großspurig von der Verfassung gesprochen und diese persönlich interpretiert hat, so möchte ich ihn darauf aufmerksam machen, dass die Verfassung die
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 130 |
Sicherheit nicht nur am Boden, sondern auch in der Luft
vorsieht. Wir haben uns auch in Fragen der Sicherheit nach dieser Verfassung zu
richten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Kampfflugzeuge!)
Meine Damen und
Herren! Die Frage ist nicht: Sollen wir uns die Luftraumsicherung leisten?
Sollen wir überlegen, ob wir überhaupt in der Lage sein sollen, das, was in
unserem Luftraum geschieht, zu überprüfen? Sondern die Frage ist: Können wir es
uns leisten, dass dieser unser eigenstaatlicher, souveräner Luftraum nicht
gesichert ist, meine Damen und Herren und Kollege Gaál? Das ist die
Frage! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Können wir es uns
leisten, dass die Pensionen nicht gesichert sind, dass unser Land in Zukunft
nicht gesichert ist? (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)
Ich bedanke mich
beim Bundeskanzler und bei der Bundesregierung, dass sie diese zurzeit wirklich
nicht so populäre Frage ebenso angeht wie die Pensionssicherung und andere Sicherheitselemente
unseres Landes.
Meine Damen und
Herren! Wir wissen, dass sich alle Staaten dieser Welt, insbesondere aber
Europas und jene, die Nachbarstaaten sind, speziell und vermehrt um die
Sicherung des Luftraumes bemühen. – Herr Präsident Fischer! Sie wissen
besser als ich, dass sich gerade die neutrale Schweiz besonders um den Luftraum
bemüht, wesentlich mehr Flugzeuge und auch Flugzeuge zur Sicherung
internationaler Konferenzen zur Verfügung hat, und zwar permanent und nicht nur
sporadisch. Ich denke, das wäre auch ein Beispiel für Sie, diese Überlegung mit
einzubeziehen.
Wir wissen auch,
dass die Gegengeschäfte natürlich keine einfache Sache sind, aber das Angebot
des Wirtschaftsministers, in dieser Frage entsprechend transparent vorzugehen,
ist da. Selbstverständlich gibt es auch die Verpflichtung, dass der
Rechnungshof das überprüft. Wir sind alle in Sitzungen des
Rechnungshofausschusses gewesen und wissen, dass diese Überprüfungen
stattgefunden haben und auch in Zukunft stattfinden werden. (Abg. Mag. Kogler:
Sie können das gar nicht wissen, weil ...!) Sie dienen zu einem Teil
unserer Wirtschaft, der Arbeitsplatzsicherung sowie der Forschung und
Entwicklung.
Persönlich meine
ich, wir sollten unsere Grenzen sichern (neuerlicher Zwischenruf des Abg.
Mag. Kogler), sowohl am Boden – wie wir es
selbstverständlich tun, Kollege Kogler – als auch in der Luft. Auch wenn
Sie nicht einverstanden sind, sage ich, wir, die ÖVP, sind für die Sicherheit
unseres Landes, und davon lassen wir uns nicht abbringen! (Beifall bei der
ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Wenn vom sozialen Frieden gesprochen wird, so muss ich sagen: Der
Generationskonflikt ist programmiert, wenn ein Arbeitnehmer, ein Berufstätiger
einem Pensionisten die Pension zu zahlen hat, wenn also das Verhältnis 1 : 1 ist. (Abg. Eder: Verunsicherung!)
Professor Marin, der sicher kein Mitarbeiter der Österreichischen Volkspartei
ist, sagt, man werde die Pensionen selbstverständlich immer zahlen können, man
könne dann eben andere Dinge nicht mehr bezahlen. Wir können dann keine
Infrastrukturmaßnahmen (Zwischenrufe bei der SPÖ), keine
Umweltförderungsmaßnahmen, keine Sozialmaßnahmen zusätzlich unterstützen (Abg.
Gradwohl: Keine Kampfjets, Herr Kollege Murauer!), sondern haben
ausschließlich oder mehrheitlich die Finanzmittel für die Pensionen
aufzuwenden.
Mein Gott, dass
Sie das nicht verstehen, dafür habe ich eigentlich Verständnis! Aber es wundert
mich, dass das der Fall ist. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: ...
1959!)
Meine Damen und
Herren! Abschließend mein Ersuchen an Sie: Da Sie, geschätzte Damen und Herren
der Sozialdemokratie, sicher bei den Pensionssicherungsdiskussionen der Vergangenheit
mit dabei waren und wissen, dass das Problem, dass unsere Pensionen zu sichern
sind, nicht erst gestern aufgetaucht ist, darf ich Sie darum ersuchen, dass Sie
die Aktionen der Verunsicherungen einstellen, diese Zeit sinnvoll nützen und
konstruktive Vorschläge machen. Es ist Zeit dazu, und es besteht die
Möglichkeit, wenn man es will.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 131 |
Ein wenig mehr
Seriosität in der Sicherheitspolitik würde uns allen miteinander nicht schaden.
Stellen Sie in der Sicherheitspolitik Ihre populistischen Interessen in den
Hintergrund! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
16.46
Präsident Dr. Andreas Khol:
Bevor ich Herrn
Abgeordnetem Dr. Bösch das Wort erteile, darf ich darauf hinweisen, dass
ich nunmehr auf Wunsch von Klubobmann Mag. Molterer das vorläufige
Protokoll des Redeendes des Abgeordneten Öllinger in Händen habe.
Er hat wörtlich
gesagt: „ ..., Herr Bundeskanzler: Wenn Sie vom ,Druck der Straße‘ sprechen, dann bedenken Sie bitte,
dass die Menschen, die auf der Straße sind, der Souverän sind, den Sie vor
Wahlen immer beschwören – und nach den Wahlen ganz offensichtlich
vergessen und nur mehr als ‚Pöbel‘ bezeichnen wollen!“
Für diese
Unterstellung erteile ich Ihnen einen zweiten Ordnungsruf. (Abg.
Öllinger: Das darf ja nicht wahr sein! – Ruf bei der ÖVP – in
Richtung Grüne –: Überlegen Sie sich, was Sie sagen!)
Zu Wort ist
nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Bösch gemeldet. Redezeit:
5 Minuten. – Bitte.
16.47
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr
Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat sich, seit
wir Freiheitlichen im Jahr 2000 in sie eingetreten sind, klare Prioritäten
gegeben.
Erstens: Sie
saniert den Bundeshaushalt – das tut diese Regierung.
Zweitens: Sie
entlastet die Bürger – das tut sie auch. Wir sind mit der Steuerentlastung
auf gutem Wege.
Drittens: Sie
sichert die Pensionen – das tut diese Regierung ebenfalls.
Und letztens: Sie
füllt die Lücken, die wir von Ihnen übernehmen haben müssen, meine Damen und
Herren vor allem von Seiten der SPÖ.
Da Sie, Herr
Kollege Cap, in diesem Zusammenhang das Wort „schummeln“ im Hinblick auf die
Bundesregierung verwendet haben, so muss ich Ihnen dieses Wort leider Gottes
zurückgeben, denn gerade die SPÖ ist es, die in der Frage der
Luftraumüberwachung im Laufe der Jahrzehnte immer eine unklare Haltung
eingenommen hat.
Herr Kollege Gaál,
Sie wissen, dass Ihre Partei in all den Jahrzehnten, die hinter uns liegen, in
all den Jahren, in denen Sie die Bundeskanzler, in denen Sie sogar die
Verteidigungsminister gestellt haben, alle Beschlüsse in Bezug auf die
Luftraumüberwachung nicht nur initiiert, sondern sogar mitgetragen hat –
bis 1998/1999 herauf. Der Herr Bundeskanzler hat seinen Vorgänger ja zitieren
können.
Meine Damen und
Herren der SPÖ! Ihre Bundeskanzler, Ihre Verteidigungsminister, Ihre
Abgeordneten hier im Parlament haben alle diese Beschlüsse mitgetragen. Sie
waren ihrer Ansicht nach richtig. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es auch der
Abgeordnete Parnigoni, der jetzt Sicherheitssprecher ist, einmal auf den Punkt
gebracht und treffend in einer Debatte vermerkt hat, dass er die Ankündigung des
Ministers Krünes begrüße, die gelieferten Luftraumüberwachungsflugzeuge
genauestens nach dem letzten Stand der Technik zu überprüfen, weil man den
Vergleich nicht scheuen müsse und weil damit auch sichergestellt sei, dass
unsere Soldaten zur Erfüllung ihrer Aufgaben taugliche Fluggeräte zur
Verfügung haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Scheibner:
Bravo, Parnigoni!)
Dieser wahren Aussage des Kollegen Parnigoni ist nichts mehr hinzuzufügen, meine Damen und Herren. (Abg. Gradwohl: Sie müssen noch dazusagen, aus welchem Jahr und um welches Fluggerät es sich gehandelt hat! Um was ist es gegangen? Um Abfangjäger oder um ...?) – Ja, das sage ich Ihnen ganz gerne. Das war im Jahr 1986 und das unterstützt meine Behauptung,
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 132 |
dass die SPÖ damals
noch eine staatstragende Partei war. Heute ist sie das nicht mehr, heute spielt
sie gerne Opposition und auch mit der Sicherheit der Bevölkerung dieses Landes,
Herr Kollege. Das muss ich Ihnen leider sagen. (Beifall bei den
Freiheitlichen und der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Der Beschluss, der jetzt im Budgetbegleitgesetz enthalten ist, ist eine
rein formale Notwendigkeit, um überhaupt die weiteren Schritte setzen zu
können. (Abg. Gradwohl: Nicht einmal die formalen Voraussetzungen
sind erfüllt!) Sichergestellt ist, dass im Laufe dieser Legislaturperiode
kein einziger Budget-Schilling in diese Anschaffung fließen wird. (Abg.
Mag. Kogler: Die können eh nicht liefern!)
Meine Damen und
Herren! Die Verhandlungen mit dem Hersteller sind noch nicht abgeschlossen.
Der Herr Bundesminister wird das erst tun, und wir werden das im Rahmen der
parlamentarischen Debatte auch begleiten können. Es hat ja einen Prüfbericht
des Rechnungshofes gegeben, Herr Kollege Kogler, den wir schon auf dem Tisch
liegen haben, und es ist ein Prüfbericht im Werden, den wir auch bald auf dem
Tisch liegen haben werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)
Sie als Obmann des
Rechnungshofausschusses werden das ja hoffentlich rechtzeitig tun. Wir sind
gespannt darauf, wie wir das dann im Rahmen der Debatten im Ausschuss und auch
hier im Plenum diskutieren können.
Meine Damen und
Herren! Dieser Beschluss, den die Regierung in Bezug auf die Sanierung der
Pensionen und auch in Bezug auf die Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge
gefasst hat, ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Die
österreichische Bundesverfassung – und das können Sie Ihrem Kollegen
mitteilen – beinhaltet eindeutig die Verpflichtung des Staates zur
Landesverteidigung. Ein wesentlicher Faktor der Erfüllung dieses Auftrages ist
nun einmal auch die Sicherung des Luftraumes.
Meine Damen und
Herren! Der Abgeordnete der Grünen Pilz war es, der den Nationalen
Sicherheitsrat hat tagen lassen, um die Frage an die Bundesregierung zu
stellen, was sie denn gegen die illegalen Überflüge der US-Amerikaner im Laufe
des Irak-Krieges befugt sei zu tun. – Ja, meine Damen und Herren, das ist
doch unglaubwürdig par excellence! (Beifall bei den Freiheitlichen und der
ÖVP.)
Was soll eine
Bundesregierung gegen illegale Überflüge anderes tun, als sich luftpolizeilich
einzusetzen? – Sie widersprechen sich in Ihrer Argumentation, meine Damen
und Herren der Oppositionsparteien, Sie von der SPÖ seit Jahrzehnten und Sie
von den Grünen seit geraumer Zeit! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Wichtig ist uns
Freiheitlichen, dass diese beiden Themen nicht populistisch und
ungerechtfertigt verknüpft werden. Wir weisen Ihre Vorschläge, die Sie auch im
Rahmen dieses Dringlichen Antrages gemacht haben, zurück und werden die
Regierung in beiden Bereichen unterstützen, nämlich sowohl in der Sicherung der
Pensionen als auch in der Sicherung der Lufthoheit sowie der äußeren Situation
Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
16.52
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nun Herr
Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf
7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung ein. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
16.52
Abgeordneter
Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Wirtschaftsminister! Geschätzte KollegInnen! Eine Anmerkung
zur Ordnungsrufpraxis kann ich mir jetzt nicht verkneifen: Ein anderer
Präsident als Sie, geschätzter Kollege Khol, hat es nicht für wert befunden,
einen Ordnungsruf für die Aussage in Richtung Grüne zu erteilen, dass „die
dort“ – nämlich sowieso auf Kollegen Öllinger, wenn wir schon dabei sind,
zielend – nur dazu sprechen sollen und er nur dazu sprechen solle, wovon
er etwas verstehe, nämlich vom Steine werfen. – Das ist als nicht
ordnungsrufwürdig eingestuft worden.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 133 |
Ich würde ja
sowieso bei dieser Praxis der Ordnungsruferteilung dazu einladen, das alles
nicht mehr ganz so ernst zu nehmen (Abg. Öllinger: Da waren noch
einige andere Bemerkungen!), denn es erscheint mir einfach überhaupt nicht
mehr nachvollziehbar, nach welchen Kriterien hier vorgegangen wird. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer:
Rechtfertigen Sie Öllinger?)
Aber andererseits:
Der Präsident hat die Hoheit über die Ordnungsruferteilung; das muss man
anerkennen. Ich sehe nur dieses Instrument eben letztlich mit dieser Art von
Doppelbehandlung ... (Ruf bei der SPÖ: Missbraucht!) – Nein,
ich sage nicht „missbraucht“, ich sage einfach: irgendwie entwertet. – Wie
dem auch sei. (Abg. Mag. Molterer: Sie distanzieren sich nicht
von Öllinger? Gut!)
Der Herr
Bundeskanzler hat ja darüber gesprochen, dass im Zusammenhang mit der Beschaffung
der Abfangjäger alle relevanten Informationen demnächst zur Verfügung stehen
werden. Ich frage mich, wann das sein wird. Momentan ist ein
Budgetbegleitgesetz mit dem Auftrag an den Finanzminister relevant, „xx Millionen €“
bereitzustellen. – Pikanterie am Rande: Man ist ja nicht einmal couragiert
genug, vier x hinzuschreiben, weil es ja sicher ein vierstelliger
Millionenbetrag und kein zweistelliger ist, aber sei es drum.
Konzentrieren wir
uns auf ein paar wenige Dinge, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen!
Ich muss Sie schon darauf hinweisen, liebe KollegInnen von der ÖVP und von der
FPÖ, dass ein paar Dinge zumindest einmal in Frage zu stellen sind. Gehen wir
einige Punkte in dieser Fragestellung hinsichtlich der Finanzverantwortung bei
dieser Abfangjägerbeschaffung miteinander durch! Ich habe nämlich den grausamen
Verdacht, dass das, was von der Regierungsbank aus verkündet wird, wirklich
geglaubt wird. Sonst haben Sie ein Problem in Ihrer Verantwortung als
Abgeordnete.
Das
Informationsdefizit geht sogar schon so weit, dass Kollege Murauer, aber auch
der geschätzte Kollege Bösch gemeint haben, es sei dem Haus ein
Rechnungshofbericht zugestellt worden, der da jetzt vor allem irgendetwas
freisprechen würde. – Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass
während des Wahlkampfs ein Rechnungshofbericht veröffentlicht wurde, aber
nie – nie! – gültig als Gegenstand ins Haus eingelangt ist, weil
nämlich die Legislaturperiode zu Ende war. Deshalb konnte dieser Bericht nie
im Ausschuss diskutiert werden. Ich werde mich aber darum bemühen, dass es eine
Wiedervorlage, wie das heißt, an das Haus geben wird, dann können wir im
Ausschuss darüber diskutieren.
Ich würde mich
sehr darüber freuen, denn bis jetzt zeichnet sich ja das Gegenteil ab: Man muss
sehr viel Druck machen, dass der Herr Verteidigungsminister überhaupt einmal im
Rechnungshofausschuss, diese Sache betreffend, erscheint. Dankenswerterweise
ist das jetzt gelungen. Kollege Khol hat hier mäßigend eingewirkt, das darf man
ruhig erzählen.
Aber da gibt es
sehr viele Informationsdefizite, scheint mir, und deshalb würde ich Sie
einladen, ein paar Fragen quasi mitzunehmen. Diese besagte Überprüfung durch
den Rechnungshof zum Beispiel betreffend: Richtig ist, dass drinnen steht, es
sei keine Manipulation nachweisbar; diesen Vorwurf hat es ja einmal
gegeben. – Das stimmt schon, nur was die Frage der Kosten betrifft,
verheißt uns dieser Bericht überhaupt nichts Gutes. Und was die Frage der
Gegengeschäfte betrifft, hat man sich in selbigem Bericht äußerst
kritisch – äußerst kritisch! – geäußert.
Sie erzählen uns
ja immer, es gebe eine Wirtschaftsplattform, eine Finanzierungsplattform, die
das Ganze viel billiger macht. – Heute hat es der Herr Wirtschaftsminister
nicht für wert befunden, darauf einzugehen, auch Sie, Herr Bundeskanzler, sind
jetzt überraschend ruhig in dieser Frage. Das war ja noch ein Wahlkampf-Renner,
wie wir uns erinnern. Von dieser Finanzierungsplattform durch Private
ist – no na net! – relativ wenig übrig geblieben.
Dieses Kostendeckungsargument können Sie also einmal beiseite schieben. Diese Art von Gegengeschäften, die so gestaltet sind, dass uns die Abfangjäger, wie Sie neulich erwähnt haben, praktisch nur mehr zwei Drittel oder im günstigsten Fall gar nichts kosten, müssen Sie
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 134 |
wirklich einmal darstellen. (Abg. Großruck:
Sag das der Firma FACC in Ried! Tun Sie etwas für die Arbeiter!) Das ist
wirklich eine Bringschuld und keine Holschuld der Abgeordneten, deshalb wären
auch Sie gut beraten, Herr Kollege Großruck, das einzufordern, damit Sie dann
in Ihrem Wahlkreis Rede und Antwort stehen können und Ihnen nicht derselbe
Lapsus passiert wie eben Kollegem Murauer. (Abg. Großruck: Ihr lebt
nur von dem, was andere verdienen!)
Informieren Sie
sich, dann reden wir über Kosten- und Finanzargumente! Jetzt komme ich schon zu
dem Zusammenhang zwischen Pensionsreform, Sozialstaat und Abfangjägern. Geld
hat eben kein Mascherl! Natürlich versteige ich mich nicht dazu, eine einmalige
Investition – die Beschaffungskosten der Abfangjäger – mit einer
laufenden Ausgabenstützung zu vergleichen, wie sie für das Pensionssystem
gegeben ist – überhaupt nicht! –, aber Sie dürfen nicht verschweigen,
zu welcher Explosion der Anschaffungskosten es bereits gekommen ist, und zwar
bei den Eurofightern – bei den anderen Produkten ja weniger, eigentlich
kaum –, genau bei dem Produkt, das Sie beschaffen.
Die ganze
Geschichte – die Reduktion von 24 auf 18 Abfangjägern im Sommer;
merken Sie sich das, Herr Kollege! – hatte einen Zweck. Ich darf zitieren,
und man könnte gutwillig meinen, dass derjenige das so ernst gemeint hat: Es
handle sich um einen Missbrauch der Hochwasseropfer. – Ich kann das verstehen,
denn wenn sich nämlich nachher herausstellt, dass 18 Abfangjäger gleich
viel kosten wie vorher 24, dann stimmt doch etwas nicht! Sehen Sie: Das sollte
Ihnen zu denken geben!
Das ist doch ein
Riesenproblem. Die Kosten für diese Eurofighter explodieren ständig, und zwar
bereits die Anschaffungskosten! Warten Sie auf die Betriebskosten! Wenn Sie
dann noch Abgeordneter sein sollten, dann werden Sie sich an unsere Worte hier
erinnern. (Abg. Großruck: Jedes Jahr können wir uns vom Defizit der
Bahn 48 kaufen!)
Nächster Punkt:
Die so genannte Übergangslösung ist „hinausramponiert“ worden. Warum? –
Weil sie der Anbieter Eurofighter überhaupt nicht leisten kann! Es ist ja
leicht, sich hinzustellen und zu sagen: Ab 2007 wird finanziert und nicht
jetzt. Wissen Sie, warum? – Weil vorher überhaupt kein Abfangjäger dieses
Typs zur Verfügung steht! Sollen wir jetzt vorauszahlen, die Bundeswohnungen
aus diesem Titel privatisieren, wie man in den Medien lesen darf? – Ich
glaube, all das sind keine Finanzierungskonzepte für diese Sache.
Wenn Sie uns
dauernd erklären, dass Luftraumüberwachung nicht einen Meter über dem Boden
aufhören darf – das kann ich schon nicht mehr hören, aber der
Finanzminister hat es wieder gesagt –, dann ist das keine Legitimation
dafür, dass finanzpolitische Verantwortung einen Meter unter die Erde vergraben
wird. Das sollten Sie sich einmal merken! (Beifall bei den Grünen und der
SPÖ.)
Dabei geht es
überhaupt nicht um pro oder kontra Abfangjäger, ich rede jetzt nur noch von
Differenzkosten – Differenzkosten zwischen billigeren Lösungen und
teureren Lösungen. Dass wir Grüne überhaupt gegen Abfangjäger sind, ist Ihnen
ja hoffentlich nicht entgangen. Und ich sage Ihnen Folgendes: Es grenzt an
Zynismus, es ist jedenfalls Spott und Hohn, was hier gleichsam über die
Bevölkerung geschüttet wird, wenn diese Dinge nebeneinander in der Art und
Weise abgewickelt werden. Ihnen explodieren die Anschaffungskosten –
dieses Beispiel habe ich versucht auszuführen –, die Betriebskosten sind
nicht einmal kalkulierbar – das gibt der Hersteller zu – und
Gegengeschäfte gibt es kaum. – Das ist Ihr Modell! Gratuliere!
Ich habe das Ende
meiner Redezeit erreicht, ich habe versprochen, nicht länger zu reden. (Abg.
Großruck: Das ist eh gut! Der Herrgott ist gerecht!)
Herr Kollege
Grillitsch! Sie können jetzt meine Wette mit Ihnen einlösen. Wo ist er
denn? – Da ist er! Sehen Sie, Sie haben auch nicht aufgepasst! Dann müssen
Sie im Wahlkreis wieder mit mir streiten, warum Sie diese unverantwortliche
Entscheidung getroffen haben, und das ist nicht gut. (Beifall bei den Grünen
und der SPÖ.)
17.00
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 135 |
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Frau
Abgeordnete Stadlbauer. Sie will 6 Minuten sprechen. – Bitte, Frau
Abgeordnete. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)
17.00
Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Ministerrat vom
29. April hat wieder einmal sichtbar gemacht, wie egal Bundeskanzler
Schüssel, wie egal dieser Regierung, wie egal ÖVP und FPÖ, wie egal Ihnen die
Menschen in Österreich sind. (Abg. Ellmauer:
Falsch! Völlig falsch!)
Gerade die
Debatten um die Pensionsreform und den Ankauf von Abfangjägern haben wirklich
ganz eindrucksvoll bewiesen, wie die Bevölkerung ihre Stimme erhebt. (Abg. Großruck:
Uns sind alle Menschen gleich!) Ich erinnere Sie nur an den gestrigen Tag,
an dem über 500 000 Menschen auf die Straße gegangen sind, um ihren
Unmut zu zeigen. Ich erinnere Sie aber auch an das Volksbegehren gegen den
Ankauf von Abfangjägern, das über 600 000 Menschen in Österreich
unterschrieben haben. (Beifall bei der
SPÖ.)
Doch was machen
Sie daraus? Wie gehen Sie damit um? – Sie fahren drüber! Sie nehmen die
Menschen einfach nicht ernst! Und vor allem: Sie, Herr Bundeskanzler, tragen
die Verantwortung für die sozialen Spannungen in Österreich. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)
Sie nehmen den
Menschen ihre soziale Sicherheit weg, um damit in die militärische „Sicherheit“ –
unter Anführungszeichen – zu investieren. Ich sage jetzt ganz
ausdrücklich: Unsere Kritik richtet sich gegen den Ankauf von Abfangjägern, von
Kampfjets, von Kriegsgerät! Das ist nämlich die richtige Bezeichnung dafür und
nicht, wie es jetzt auf einmal verharmlosend heißt:
Luftraumüberwachungsflugzeuge. Es sind Abfangjäger, es ist Kriegsgerät –
das ist der richtige Ausdruck. (Beifall
bei der SPÖ.)
Nennen Sie die
Dinge beim Namen! Und wenn Sie es nicht tun, wir machen es.
Herr Kanzler
Schüssel! Sie haben soeben eine Garantie abgegeben, dass für die Abfangjäger
kein einziger Euro aus dem Bereich der Pensionsreform genommen wird. Herr
Kanzler! Wie können wir Sie denn da beim Wort nehmen? Ist das die gleiche
Garantie, die Sie für die private Beschaffungsplattform der Wirtschaft, die es
bis heute nicht gibt, abgegeben haben? Gilt da Ihr Wort wie in diesem Fall?
Neben der
fraglichen Finanzierung ist noch eine weitere Frage bei den Abfangjägern offen.
Ich habe noch nie ein Argument gehört, das mich wirklich überzeugt hat, dass
wir die Abfangjäger brauchen. Ich habe ganz aufmerksam die Zeitschrift der
Österreichischen Offiziersgesellschaft „Der Offizier“ gelesen und habe mir
gedacht, dass darin vielleicht Stellungnahmen der Experten zu finden sein
werden, die mir erklären können, warum wir denn die Abfangjäger brauchen. Ich
war gespannt, ob ich darin Argumente finde. Doch was musste ich lesen? –
Zuerst las ich eine Überschrift, die mich noch sehr positiv stimmte, und diese
lautet: „Ein Beitrag zur Versachlichung der Abfangjägerdiskussion.“
Das ist löblich!
Nur: Dann las ich Folgendes weiter: „Der Großteil der in Österreich gegen die
Beschaffung von Abfangjägern ins Spiel gebrachten Argumente leitet sich nicht
aus neuen europäischen Bedrohungsanalysen oder Sicherheitskonzepten ab, sondern
aus der generellen Ablehnung der verfassungsmäßig verankerten militärischen
Landesverteidigung.“
Na super! (Abg.
Mag. Tancsits: Sehr sachlich!) Eben, sehr sachlich. Das würde ich
auch sagen. Also kein einziges
Argument! Da wird auch nur mit Unterstellungen gearbeitet. (Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Ich möchte hier an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass sich die SPÖ – hören Sie ganz genau zu, vor allem der Kollege Murauer, der das wieder in den Raum gestellt hat – eindeutig zur Landesverteidigung bekennt. (Abg. Scheibner: Aber nur, wenn sie nichts kostet!) Ein Nein zu diesen Abfangjägern bedeutet nicht ein Nein zur Landesverteidigung. Das möchte ich Ihnen
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 136 |
endlich einmal ins
Stammbuch schreiben! (Beifall bei der
SPÖ.) Aber auch da gilt wie
in allen anderen Bereichen ein vernünftiger Einsatz der Ressourcen.
Vor allem eines
finde ich pikant bei der Österreichischen Offiziersgesellschaft, und zwar: Der
ehemalige Erste Vizepräsident der Offiziersgesellschaft, Herr Brigadier Bauer,
ist jetzt bekanntlich der Kabinettchef von Bundesminister Platter. Er hat zwar
seine Funktion ruhend gestellt, aber man kann nicht wirklich Gedanken und
Einstellungen ruhend stellen. Ich hoffe doch, dass dieses Negativbeispiel aus
dieser Zeitung nicht in das Landesverteidigungsministerium einzieht.
Nun komme ich zum
Thema „Pensionen“. Apropos – Kind beim Namen nennen wie bei den
Abfangjägern! Herr Kanzler! Sagen Sie doch den Menschen ehrlich, was Sie
wollen! Sagen Sie doch, dass es dabei um eine Systemumstellung geht: weg von
der staatlich garantierten Pension hin zu einer privaten Vorsorge für
diejenigen, die es sich leisten können! Das wäre ehrlich, und da würde das Kind
beim Namen genannt werden! (Beifall bei
der SPÖ.)
Sie wollten auch
noch Änderungsvorschläge haben. Sie wollten konkrete Vorschläge haben. Bitte
schön! Erster Vorschlag: Verlängerung des Durchrechnungszeitraums. Frauen haben
generell eine weniger anrechenbare Erwerbszeit, und viele Frauen arbeiten
Teilzeit wegen fehlender Kinderbetreuungseinrichtungen, weil sie zu wenig
Unterstützung des Vaters haben oder weil die rechtliche Absicherung für die
Väter fehlt, aber nicht nur deshalb, weil sie das wählen, sondern weil Ihnen
ganz einfach nichts anderes übrig bleibt.
Daher der
Vorschlag: Nehmen Sie die Anliegen der Frauen ernst! Respektieren Sie die Tatsachen
des Lebens! Schaffen Sie Kinderbetreuungseinrichtungen! Werten Sie länger zurückliegende
Zeiten auf! Geben Sie Frauen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt, und zwar nicht
nur mit Teilzeitarbeitsplätzen, wo Sie immer wieder vorgaukeln, es wären so
viele neue zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden. Schaffen Sie auch
echte, bei denen man wirklich ein Einkommen hat, mit dem es auch ein Auskommen
gibt. (Beifall bei der SPÖ.)
Die einzige
Verbesserung, die Sie so großartig angekündigt haben, sind die höheren Bemessungsgrundlagen
für die Kindererziehung. Das wird allerdings erst 2028 wirksam. (Abg. Mag. Molterer:
Voll wirksam!) Das heißt, da gilt sehr wohl der Grundsatz: lange Übergangszeiten,
schrittweise Hinaufsetzung, bloß nicht zu schnell. Das heißt, Frauen können in
diesem Fall schon sicher sein, dass die kleinste Verbesserung erst in 20 bis
30 Jahren wirksam wird. Aber die Verschlechterungen werden sofort wirksam,
die kommen bereits nächstes Jahr. Da sind sie nicht so zimperlich.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Ich gebe die Hoffnung trotzdem nicht auf, dass der eine oder die
andere Abgeordnete von der ÖVP und von der FPÖ ein soziales Gewissen hat und
das auch zeigt. Herr Kollege Neugebauer! Herr Kollege Walch! Wie wär’s? Sie
hätten jetzt die Möglichkeit: Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ.)
17.07
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Das Wort erhält als nächster Redner Herr Abgeordneter Donabauer.
Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.
17.07
Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! In
Wahrheit müsste man jetzt eine tatsächliche Berichtigung machen, denn das, was
Sie, Frau Kollegin Stadlbauer, jetzt gesagt haben, geht wirklich weit an der
Realität, an der Wahrheit oder der Vorgabe vorbei. Das entspricht nicht dem,
was vorliegt, sondern das ist vielleicht etwas, was Sie in schlimmen Stunden geträumt
haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Aber mir geht es um etwas anderes: Wir führen hier in einer sehr ernst zu nehmenden Situation eine Diskussion, in welcher wir uns mit einer Dringlichen Anfrage der SPÖ befassen, aber der Antragsteller Dr. Cap ist beim Großteil der Debatte nicht anwesend. (Ruf bei der SPÖ: O ja!)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 137 |
Wo ist er? (Abg. Dr. Cap, der in der letzten Reihe des
SPÖ-Sektors sitzt, erhebt sich und hebt die Hand.) Ach Gott! Gut. (Abg. Neugebauer:
Der hat Deckung notwendig!)
Lieber Herr
Kollege Cap! Ich darf Ihnen sagen: Wenn Sie glauben, dass Sie mit Ihren kabarettistischen
Auftritten hier staatspolitische Beiträge leisten, dann irren Sie! Das ist
bereits eine Feststellung, die die Bürgerschaft draußen sehr deutlich macht! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Zum Zweiten: Sie
unterstellen uns hier, dass wir uns nicht der Diskussion draußen
stellen. – Herr Kollege Cap, ich lade Sie ein, Sie können mit mir mitfahren!
Fast jeden Abend bin ich draußen bei den Bürgern und diskutiere die
Pensionssicherungsreform und das Budget und die Budgetbegleitgesetze, und die
Leute haben Verständnis. Viele Leute sagen: Wir sind dankbar, dass wir nicht
nur einseitig informiert werden, sondern dass wir auch eine ausgewogene,
sachliche, inhaltlich klare Berichterstattung bekommen! – Das
ist die Wahrheit, und darüber muss man reden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Herr Kollege Cap!
Sie haben in Ihren Antrag allerlei verpackt, vor allem haben Sie sich sehr
lange mit der Frage der Abfangjäger beschäftigt. Ich habe gemerkt, wie schwer
dieses Thema auch bei Ihnen aufgenommen und beurteilt wurde. Es gab einige, die
kaum applaudieren konnten. Ich verstehe das auch. Vielleicht darf ich Ihnen
weiterhelfen.
Lieber Herr
Dr. Cap! Schon 1985 gab es unter Bundeskanzler Dr. Sinowatz den
Draken-Doppelbeschluss, und dieser hatte zum Inhalt, dass neben dem
Draken-Ankauf gleichzeitig der Grundsatzbeschluss für die Anschaffung von
Nachfolgemodellen gefasst wurde. Das ist die Wahrheit!
Weiters: Der
damalige Finanzminister Dr. Vranitzky sagte, dass das eine „unbestrittene
militärische Notwendigkeit“ ist. – Dem noch lange nicht genug!
Es gibt in diesem
Plenarsaal den Herrn Abgeordneten Gaál, und er sagte zu dieser Zeit: „Es gibt
keine Alternative zum Ankauf neuer Jets. Eine Lösung mit gebrauchten Maschinen
ist abzulehnen. Wir bekennen uns zu einer umfassenden Landesverteidigung, und
dazu gehört auch die Luftraumüberwachung.“ – Das hat Abgeordneter Gaál zu
dieser Zeit klar gesagt. Ich bedanke mich bei ihm. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Abgeordneter Gaál
hat heute hier die Wahrheit eingemahnt. Ich weiß, wie er denkt. Wir haben schon
viele Gespräche miteinander geführt. Ich weiß, dass du in dieser Sache, Herr
Kollege, eine sehr klare und für die Sache positive Betrachtungsweise hast. Ich
weiß aber auch, dass du es sehr schwer in deiner Gruppe hast. – Aber dem
nicht genug! Es gibt derlei noch mehr zu berichten.
Bereits im
Jahre 1988 wurde diese Diskussion in unserem Land auch sehr lebhaft
geführt. Damals sagte Herr Bundeskanzler Dr. Vranitzky Folgendes – er
kam aus Ihrer Gruppe –: „..., aber wir können nicht in einer Umgebung, in
der alle Länder die Landesverteidigung ernst nehmen, diese“ nicht ernst
nehmen, „die einzige wirkliche Folge dessen wäre, dass wir dann als Staat mit
unserer Landesverteidigung in ganz Europa nicht ernst genommen werden würden,
und dafür stehe ich nicht zur Verfügung!“ – Zitat von Dr. Vranitzky
aus dem Jahre 1988.
Meine Damen und
Herren! Das ist die Wahrheit! Mit dieser Frage sollten Sie sich
wirklich einmal auseinander setzen! Sie sollten diese Dinge auch manchmal von
dieser Seite her sehen! (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wenn Ihnen das
alles zu viel Vergangenheit ist, dann möchte ich Ihnen nur sagen: Häupl, Ihr
Wiener Bürgermeister, hat von den Plakaten im Jahr 2002 gesagt: „Ich will
seriös bleiben, und da muss man schon sagen, dass Abfangjäger weder etwas mit
der Steuersenkung noch mit der Hochwasserhilfe etwas zu tun haben.“ – Also
Häupl bekennt sich klar dazu, und ich denke: Das ist Staatspolitik, und daran
sollten Sie sich orientieren!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 138 |
Nun zu Ihrem
Dringlichen Antrag. Wenn darin geschrieben wird, dass es eine „massive
Belastung von kranken Menschen durch unsoziale Selbstbehalte“ gibt, dann bitte
ich Sie, Ihre Erinnerungen wachzurufen: Alle Selbstbehalte, bis auf die
Ambulanzgebühr, haben Sie eingeführt! Es sind dies
Belastungen in der Größenordnung von 1,1 Milliarden €. Das haben Sie
eingeführt! Natürlich waren die jeweiligen Koalitionsparteien mit dabei, aber
in Anbetracht dessen sollten Sie der heutigen Regierung nicht unterstellen,
dass sie hier eine unsoziale Maßnahme setzt. Als die Ambulanzgebühren diskutiert
wurden, habe ich von Ihnen kein einziges Mal erlebt, dass Sie diejenigen in
Schutz genommen haben, die schon immer Ambulanzgebühr bezahlt haben. Sie haben
dieses Thema nur nebensächlich behandelt. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Nun möchte ich auf
die Pensionsreform zu sprechen kommen. Ich glaube, Sie sollten das zur Kenntnis
nehmen, worauf heute hingewiesen wurde: die fehlenden Kinder, die verkürzte
Arbeitszeit und die Zweckentfremdung des Pensionssystems. Das hat auch der
ehemalige ÖGB-Präsident Olah sehr deutlich gesagt.
Wenn Herr
Dr. Gusenbauer meint, die Pensionssicherungsreform solle dann gemacht
werden, wenn wir beschäftigungspolitisch gut unterwegs sind, dann darf ich ihm
erwidern: Wir sind es! Heute wurde es gesagt: 3 160 000 Menschen
stehen in einem Arbeitsverhältnis – so viele wie noch nie in dieser
Republik! Daher glaube ich, dass dieser Zeitpunkt der richtige ist. Wir haben
eine verantwortungsbewusste und klare Entscheidung vorgegeben, und wir werden
diese auch in dieser Form in der nächsten Zeit mit Ihnen diskutieren und, wie
ich hoffe, gemeinsam beschließen.
Hören Sie auf, so
zu kämpfen! Sie schaden damit dem Staat, Sie schaden damit der Jugend, und Sie
leisten damit keinen guten Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit, die von den
Menschen auch morgen noch erwartet und von der Politik auch eingefordert wird. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
17.13
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Dolinschek – Aussprache habe ich schon gelernt. Redezeit:
5 Minuten. – Bitte.
17.14
Abgeordneter Sigisbert Dolinschek
(Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr
Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Wege führen nach Rom.
Tatsache ist aber, dass ... (Ruf bei
der SPÖ: Dem ist nichts hinzuzufügen! Danke!) Wohl, wir haben schon etwas
hinzuzufügen, Herr Kollege!
Tatsache ist aber,
dass bei den Pensionen irgendetwas getan werden muss. Das Schlimmste ist, wenn
nichts getan wird. Wenn wir alles so lassen, wie es ist, dann sind die
Pensionen in zwei Jahrzehnten nicht mehr finanzierbar. Das ist die Wahrheit!
Die Opposition
kritisiert die Pläne der Bundesregierung und spricht von einem „Pensionsraub“,
sagt, dass alle etwas verlieren und niemand etwas gewinnen wird. Auch ich muss
sagen: Wenn ich hergehen und sagen würde, dass es durch diese Pensionsreform
möglich ist, dass irgendjemand etwas gewinnt, dann würde ich nicht die Wahrheit
sagen, aber wir alle wissen, dass es in der jetzigen Situation notwendig ist,
Pläne zu machen, wie die derzeitigen Pensionen zu sichern und wie zukünftige
Pensionen zu garantieren sind. – Das wissen Sie genauso gut wie wir,
geschätzte Kollegen von den Sozialdemokraten und von den Grünen! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Ich habe mir Ihren
Dringlichen Antrag durchgelesen und die darin angeführten Beispiele genau
studiert, und ich muss sagen: Diese Rechenbeispiele sind ähnlich jenen der
Arbeiterkammer, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, sie entsprechen dem
Entwurf, der seinerzeit ausgegeben worden ist. Sie sind eine
Was-wäre-wenn-Rechnung.
Geschätzte Damen und Herren! Sie sprechen davon, dass dieser Pensionsumbau für Pensionisten mit 45 Beitragsjahren mindestens 18 Prozent weniger Pension zur Folge hat, für
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 139 |
SchwerarbeiterInnen bis zu 24 Prozent weniger und für junge Leute
von heute in 25 Jahren bis zu 40 Prozent weniger. Dazu ist zu sagen:
Das würde geschehen, würde nichts unternommen werden. Wir arbeiten daran, dass
diese Pensionsreform die Pensionen auch in Zukunft sichert. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Frau Kollegin
Silhavy, Sie schreiben in Ihrem Dringlichen Antrag, bei der „Hackler-Regelung“
würden von denjenigen, die wegen langer Versicherungsdauer in die vorzeitige
Alterspension gehen können, nur rund 10 Prozent profitieren. Wir haben
eine bestimmte Vorstellung von der „Hackler-Regelung“, und wir werden diese
Materie noch weiter verhandeln. Ich bin Parlamentarier und bin es gewohnt, so
lange zu verhandeln, bis es zu einer Beschlussfassung kommt, und wir werden bis
zum 4. Juni verhandeln. (Beifall bei
den Freiheitlichen.)
Ich werde mir das
genau anschauen. Die Freiheitlichen haben eine bestimmte Vorstellung, und wir
haben mit den Vertretern der ÖVP schon darüber gesprochen, dass wir Änderungen
beziehungsweise weitere Verbesserungen bei der „Hackler-Regelung“ haben
wollen. Wir wollen nicht, dass bei der „Hackler-Regelung“ von der Bruttopension
abgerechnet wird, sondern wir wollen, dass jemand dann, wenn er oder sie 45
oder 40 Versicherungsjahre – dies gilt für Frauen – erreicht
hat, ohne Abschläge, egal wie alt er oder sie ist, in Pension gehen kann (Beifall bei den Freiheitlichen), weil
die Ausbildungszeit immer länger wird. Das durchschnittliche Ende der
Ausbildungszeit liegt heute, wie Sie wissen, bei 21 Jahren. 21 plus 45
ergibt 66. Also können wir uns diesen Schmus sparen. Es ist begreifbar, für
jeden verständlich: Hackler sollen mit 45 Versicherungsjahren oder, für
Frauen geltend, mit 40 Versicherungsjahren ohne Abschläge in Pension gehen
können. Das werden wir in Verhandlungen, in Gesprächen mit der ÖVP durchsetzen.
Dann steht einem solchen Beschluss nichts mehr im Wege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Sie haben in Ihrem
Dringlichen Antrag Berechnungen drinnen, die nicht stimmen. Ich gebe Ihnen aber
Recht, wenn Sie bekritteln, dass ohne Abfederungsmaßnahmen ein Absenken des
Steigerungsbetrages von 2 auf 1,78 Prozent sofort eine Reduktion der
Pensionen bewirkt. Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Wenn Sie sagen, dass im
Jahr 2007 der Verlust auf Grund dieser Maßnahmen zirka 10, 11 Prozent
betragen wird, dann gebe ich Ihnen völlig Recht – wenn nichts geschieht,
aber einen entsprechenden Vorschlag dazu habe ich schon gemacht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Frau Kollegin
Silhavy! Ich habe nicht so viel Zeit, um auf Ihre Zwischenrufe einzugehen.
Hören Sie mir zu!
Nun zu den
schlechten Aufwertungsfaktoren in der Vergangenheit – und da waren die
Sozialdemokraten gemeinsam mit der ÖVP in der Regierung –: Sie haben es
verabsäumt, die schlechten Aufwertungsfaktoren bei den lang zurückliegenden Versicherungszeiten
durch bessere Aufwertungsfaktoren zu ersetzen. Wenn wir diese schlechten
Aufwertungsfaktoren, die nur zirka 60 Prozent des Tatsächlichen ausmachen,
auf den Tariflohnindex erhöhen, dann verliert bei einer längeren Durchrechnung
niemand etwas, sondern es profitieren die Arbeiter und die Frauen. Warum? (Abg. Mag. Prammer: Sie machen
es ja nicht!) – Weil jemand mit 20 bis 35 Versicherungsjahren
innerhalb dieser 15 Jahre fest gearbeitet und hohe Beiträge in der
Hochkonjunktur gezahlt hat. Diese Gruppen sind auch durch das heutige System
benachteiligt, weil sie nicht so bewertet werden, geschätzte Damen und Herren!
In diese Richtung werden wir arbeiten. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)
Wichtig ist aber
eine Harmonisierung der Pensionssysteme, ein Abbau der Privilegien, denn
niemand wird es verstehen, dass es Leute gibt, die eine Ministerpension und
nebenbei einen Abgeordnetenbezug kassieren. Das wird niemand verstehen! (Beifall
bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen.)
Dort müssen wir
anfangen! Ich bin völlig Ihrer Meinung, dass es da rigorose Maßnahmen und auch
einen Solidaritätsbeitrag von jenen geben muss, die heute in Pension sind und
eine Pension, die über der ASVG-Höchstpension liegt, erreichen. (Jawohl-Rufe und demonstrativer Beifall bei
der SPÖ und den Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 140 |
Daran werden wir
arbeiten! Wir werden unser Möglichstes tun. Sonst gibt es hier keine
Zustimmung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
17.19
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Sburny. – Bitte.
17.20
Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident!
Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte, obwohl Herr
Präsident Khol nicht mehr anwesend ist, noch ein Wort zu diesem letzten
Ordnungsruf für Herrn Kollegen Öllinger sagen, weil ich fürchte, er ist einfach
falsch interpretiert worden. (Widerspruch bei der ÖVP.)
Gemeint war aus
meiner Sicht einfach, dass die Regierung mit ihren ständigen Bemerkungen, dass
sie dem Druck der Straße nicht nachgeben würde, die Menschen, die auf der
Straße ihrer Sorge Ausdruck geben, verächtlich macht, nachdem sie ihnen vorher,
vor den Wahlen, das Blaue vom Himmel versprochen hat. – Ich glaube, das
war gemeint, so war das zu interpretieren, und ich persönlich finde diesen
Ordnungsruf zumindest ungerecht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
„Wer sich erhöhtem
Risiko aussetzt, muss auch vermehrt damit rechnen, dass etwas passiert.“ –
Das hat Herr Staatssekretär Schweitzer heute gesagt, und zwar in Bezug auf die
Freizeitabgabe. Aber auf kaum ein anderes aktuelles Thema passt das so gut wie
auf die so genannte Pensionsreform: Wer ein höheres Risiko eingeht, muss auch
damit rechnen, dass ihm etwas passiert. – Dieses Risiko zwingt uns die
Regierung momentan auf. Denn eines ist ganz sicher: Aus einem relativ sicheren
Umlagesystem wird ein äußerst unsicheres, ein hochgradig krisenanfälliges
Drei-Säulen-Modell.
Während Sie also
auf der einen Seite eine Freizeitabgabe wegen hohen Risikos einführen, zwingen
Sie uns auf der anderen Seite eine so genannte Pensionsreform auf, im Vergleich
zu der jeder Hochrisikosport ein gemütlicher Spaziergang ist! (Beifall bei
den Grünen.)
Minister Grasser
hat heute gesagt, dass diese Pensionsreform eine Chance für die nächste
Generation sei. – Ich weiß nicht genau, wer für Minister Grasser die
nächste Generation ist; der Altersunterschied zwischen uns beträgt doch ein
paar Jahre. Faktum ist nur, dass alle Menschen, die heute
35 Jahre oder jünger sind, durch diese Pensionsreform sehr große Einbußen
haben werden.
Zum Ersten ist das
der Fall durch die abrupte Abschaffung der Frühpension, weil sie dadurch –
so wie ältere MitarbeiterInnen – von der steigenden Arbeitslosigkeit
betroffen sein werden.
Zum Zweiten sind
sie spätestens ab dem Jahr 2028 noch einmal betroffen, denn entweder wird
der Durchrechnungszeitraum von 40 Jahren dann komplett schlagend, oder,
sollte es wie angekündigt ein anderes System geben, dann wird das auch keine
Verbesserung bringen, denn es wird wohl niemand glauben, dass sie deswegen mehr
Pension bekommen. Es wird nur ein anderes System sein.
Das heißt, die
jungen Leute sind die Verlierer bei dieser Pensionsreform – ebenso wie die
Frauen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Das
ist falsch!)
Was die Zahlen
betrifft, möchte ich fragen: Wo sind denn eigentlich die Zahlen hingekommen,
die in dem zur Begutachtung ausgesandten Entwurf noch drinnen waren? Darin
hatte die Regierung selbst beschrieben, welch negative Auswirkungen diese
Pensionsreform haben wird. Es waren in diesem Begutachtungsentwurf bei den
Erläuterungen jede Menge Zahlen enthalten, es gab Tabellen, aus denen zu
ersehen war, wie sich die Pensionsreform auswirkt, wer wie viel verliert.
Diese Zahlen sind eigenartigerweise verschwunden, sind in der Regierungsvorlage nicht enthalten, und man fragt sich natürlich, warum nicht. Gibt es irgendetwas zu verbergen? – Derzeit sieht es so aus, dass man sich gegenseitig Zahlen an den Kopf wirft. Die Regierung hätte
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es sehr leicht gehabt, in den neuen
Erläuterungen wiederum Beispiele zu bringen, so wie im Begutachtungsverfahren.
Warum haben Sie das nicht gemacht? Dann könnten wir uns an etwas orientieren.
Das Zweite, was
auch nicht gerade das Vertrauen stärkt, von dem Sie immer so großartig reden:
Der Herr Bundeskanzler hat heute aus einem Artikel von Christopher Prinz
zitiert. Es ist heute schon einmal darauf eingegangen worden. Ich möchte
ebenfalls daraus zitieren, und zwar, um zu zeigen, wie willkürlich man aus
solchen Texten zitieren kann und wie der Herr Bundeskanzler das heute gemacht
hat.
Christopher Prinz
schreibt im gleichen Artikel auch: Die Regierung hat durch die geplante
Nichtanhebung der Aufwertungsfaktoren eine weit reichende, von den Vorschlägen
der Reformkommission abweichende Änderung vorgenommen, wodurch die
Pensionsansprüche langfristig radikal gekürzt werden. Eine Kürzung in diesem
Ausmaß ist aber nicht erforderlich, es sei denn, man möchte den Bundeszuschuss
auf nahe Null reduzieren. – Zitatende.
Anscheinend ist es
das, was Sie wollen, den Bundeszuschuss auf nahe Null zu reduzieren, sonst wäre
das laut Ihrer, auch von Ihnen geschätzten Reformkommission nicht notwendig. (Beifall
bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Herr
Bundeskanzler! Sie haben vorhin gesagt: Wir geben den Leuten Hoffnung!, nämlich
Sie von der Regierung. – Das werden, wie ich glaube, die meisten Menschen
anders empfinden, wenn Sie mit falschen Zahlen, mit aus dem Zusammenhang
gerissenen Zitaten die Menschen zusätzlich verunsichern. (Beifall bei den
Grünen.)
Diese Regierung
predigt das Risiko! Wir haben das heute schon in dieser so oft gelobten Rede
von Herrn Minister Grasser gehört, in der immer wieder vorkommt, wie „toll“ das
Risiko ist. Die Regierung predigt dieses Risiko, als ob es ein Mantra, ein
Gebet, wäre. Das Problem ist nur, dass sie von einem Risiko redet, das sie
nicht selbst eingeht. Denn das Schlimmste, was den Regierungsmitgliedern
passieren kann, ist, dass sie abgewählt werden und in wenigen Jahren – bei
den meisten sind es nur mehr wenige Jahre – eine sehr gute
Politikerpension bekommen.
Das Risiko, das
Sie der Bevölkerung aufzwingen, ist aber ein ganz anderes, weil sehr viele
Menschen in vielen Fällen eine nicht mehr existenzsichernde Pension haben. (Beifall
bei den Grünen.)
17.26
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Prähauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. Die Gesamtredezeit
des SPÖ-Klubs ist 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
17.27
Abgeordneter
Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor
ungefähr neun Monaten war in der Zeitschrift „Format“ ein kleiner Absatz zu finden, in dem zu lesen war,
dass Saudi-Arabien die gleichen Kampfjets, die wir zu kaufen gedenken, zum
angeblich halben Preis, den wir zahlen sollten, angeboten bekommen hat.
Ich habe damals
dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung einen Brief geschrieben, ihm
diesen Ausschnitt mitgeschickt, aber keine Antwort bekommen. Das hat mich
weiters nicht verwundert. Als allerdings etwa im Jänner klar wurde, dass die
Regierung nicht davon abzubringen ist, die teuren Kampfflugzeuge zu kaufen,
habe ich dem Herrn Bundesminister für Finanzen, dem Herrn Bundesminister für
Landesverteidigung und dem Herrn Bundeskanzler noch einmal die Recherchen des
„Observer“ übermittelt, mit der Frage, was sie zu tun gedenken, welche Schlüsse
sie daraus ziehen, für etwas das Doppelte zahlen zu müssen, was andere um die
Hälfte bekommen können, noch dazu, wenn man es sich nicht leisten kann.
Die Antworten
waren phänomenal – ich darf das so sagen. Die ehrlichste kam vom Finanzminister –
ich zitiere –:
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 142 |
„Dem
Bundesministerium für Finanzen ist nicht bekannt, ob, zu welchem Preis und mit
welcher technischen Ausstattung Saudi-Arabien Eurofighter kauft oder zu kaufen
gedenkt.“ Uns fehlt „Kenntnis jedweder Preisberechnungsbasis (z. B.
erworbene Stückzahl, Ausstattung, Logistik, Ausbildungskosten, technische
Dokumentation, Bestückung mit Waffen, etc)“.
Jetzt unterstelle
ich ihm wohlwollend, mit „et cetera“ hat er vielleicht die Gegengeschäfte
gemeint. Es kann nämlich ohne weiteres sein, dass Saudi-Arabien keine
Gegengeschäfte vereinbart hat und daher diesen Flieger um die Hälfte bekommt.
Das würde aber bedeuten, dass wir sie berappen müssten.
Der Herr
Bundesminister für Landesverteidigung hat mir mitgeteilt – ich
zitiere –: „Die in der Anfrage aufgestellte Behauptung“ – ich betone,
ich hatte nichts behauptet, nur aus einer angesehenen Zeitung zitiert, die von
EADS unbeanstandet zitiert hatte –, „,dass die von der Bundesregierung
beschlossenen Eurofighter doppelt so viel‘ kosten ,wie jene vergleichbaren Eurofighter,
die nach Saudi-Arabien geliefert werden sollen‘, lässt sich im Lichte der dem
Bundesministerium für Landesverteidigung vorliegenden Fakten nicht
nachvollziehen.“ Und der Herr Bundeskanzler schreibt: „Mir ist weder der Preis
noch der technische Umfang, zu dem Saudi-Arabien die Eurofighter beschafft,
bekannt.“
„Ich verweise auf
die Beantwortung des Bundesministers für Landesverteidigung.“ – Der wiederum
sagt: Ich verweise auf die „mehrfach durch
mich ... gegebene Auskunft.“ – Ich frage mich nur, wann Herr
Bundesminister für Landesverteidigung Platter dem Parlament jemals über den
anstehenden Kauf von Eurofightern Auskunft gegeben hat!
Meine Damen und
Herren! Ich betone, und das möchte ich ausdrücklich festhalten, dass
möglicherweise Indizien nicht nachgegangen wurde, die darauf hinweisen, dass
hier der Steuerzahler vielleicht nicht so vertreten worden ist, wie er es sich
verdient hätte.
Meine Damen und
Herren! Wir wissen, dass der Kauf der Abfangjäger beschlossen wurde. Ich darf
aus der Zeitschrift „Die Presse“ zitieren – kein rotes Kampfblatt, wie Sie
wissen. Darin steht:
„Abfangjäger-Kauf
beschlossen“.
„Dies, obwohl der
Endbericht der Kommission des Bundesheeres gegenüber dem Berichtsentwurf
,geschönt‘ wurde. Kritische Bemerkungen zum Eurofighter, etwa dass er noch über
keine Truppenreife verfüge und daher mit ,Kinderkrankheiten‘ und Problemen zu
rechnen sei, wurden aus dem Papier beseitigt.“
Und weiters: „Als
Flugzeug für reine Luftraumüberwachungsaufgaben ist der Eurofighter laut
Expertenansicht ,deutlich überqualifiziert‘. Der Kauf des Eurofighters mache
einzig dann Sinn, wenn Österreich zur NATO beitrete und österreichische Piloten
auch internationale Kampfeinsätze fliegen müssen.“
Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Für dieses Ansinnen werden Sie die Sozialdemokraten nie bewegen können, das darf ich Ihnen hier garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn man den
Ausführungen des Kollegen Murauer gefolgt ist – und ich habe mich bemüht,
ihm zuzuhören –, dann musste man schon froh sein, dass er auf Grund der
Auslegung der gesetzlichen Lage der Verfassung, wie er den Luftraum verteidigen
will, nicht noch auf die Idee gekommen ist, Patriot-Raketen anzuschaffen, denn
gegen Inter-Continental-Raketen ist auch der Eurofighter chancenlos, meine
Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Das wäre nicht so dumm, Herr
Kollege!)
Wir haben heute die Frage gehört, und gestern hat sie auch Herr Bundesminister Bartenstein bei einer Diskussion im ORF hören müssen, als er gefragt wurde, ob er sich denn nichts dabei denke, wenn man sich keinen Rolls-Royce leisten könnte, ob man dann nicht statt dessen einen
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gebrauchten Vectra oder Passat kaufen sollte.
Aber er hat das Argument einfach vom Tisch gewischt.
Meine Damen und
Herren! Wir haben heute bei der Budgetrede des Bundesministers für Finanzen
einige Aufschlüsse erhalten. Ich habe auch gehört, dass der Herr Präsident des
Nationalrates und der Herr Bundeskanzler die Ausführungen des Finanzministers
ausdrücklich gelobt haben. Dabei unterstelle ich ihnen noch einmal wohlwollend,
vielleicht doch nicht genau aufgepasst zu haben.
Die zitierten
Aussagen zweier Herren – zum einen Schumpeter, der, wie wir wissen, ein
gescheiterter Finanzminister war, der sich dann schmollend nach Graz
zurückgezogen hat, zum anderen F. A. von Hayek, der 10 Prozent
Arbeitslosigkeit in Kauf genommen hat, um die Wirtschaft in Schwung zu
halten – haben gezeigt, was uns von dieser Regierung trennt (Beifall bei der SPÖ und den Grünen), nämlich die Sorge, dass die Menschen
in diesem Land Beschäftigung haben und dass der soziale Friede gewährleistet
ist.
Ein Politiker, der jenem Ansinnen Folge leistet, das F. A. von Hayek formuliert hat, ist aus meiner Sicht der größte demokratiepolitische Irrtum der Zweiten Republik. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
17.32
Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Er hat das Wort.
17.33
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Bundeskanzler! Werte Frau Minister! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Eines ist
bei diesem Dringlichen Antrag schon interessant: Ich hätte mir zumindest
erhofft, dass die Opposition heute hier am Rednerpult steht und einmal sagt,
wie es geht.
Sie sagen immer, wie es nicht
geht. Sagen Sie einmal, wie es geht
in dieser Situation! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich frage mich das wirklich. Wie ich jetzt erfahren habe – da ich erst ganz kurz im Parlament bin –, hat es eine Pensionsreform-Kommission gegeben, und da sind angeblich auch die Arbeiterkammer und der ÖGB mit einbezogen gewesen. (Abg. Mag. Molterer: „Angeblich?“ – Die waren dabei!) – Die waren dabei! Jetzt frage ich mich: Reden eure Juristen überhaupt mit euch? Oder hat euch vorher nicht interessiert, was dort ausgehandelt worden ist? – Das würde mich sehr interessieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Wenn sich heute Herr Kollege Cap hier herausstellt (Zwischenruf des Abg. Schopf) – Walter, du kommst auch gleich dran! – und erklärt, dass wir in Österreich eine Rekordarbeitslosigkeit haben, dann muss ich sagen: Erinnert euch einmal zurück, als ihr den Bundeskanzler gestellt habt! Ich kann mich noch sehr gut erinnern, da haben wir in Österreich nicht 300 000 Arbeitslose gehabt, sondern 360 000 bis 370 000! Für mich ist jeder Arbeitslose einer zu viel. Aber man kann sich nicht hier heraus ans Rednerpult stellen und mit Steinen werfen und dabei selbst im Glashaus sitzen. Da würde ich an Ihrer Stelle einmal vorsichtig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich darf auch ganz
kurz auf die Demonstrationen zu sprechen kommen. Werte Kolleginnen und
Kollegen! Eines möchte ich euch wirklich sagen: Ich glaube, wir im Parlament
sind nicht dazu da, die Bevölkerung zu beunruhigen, ihr nicht die Wahrheit zu
sagen, Demonstrationen zu machen, auf die Straße zu gehen, statt herzugehen und
in diesem Haus gemeinsam –
auch mit der Opposition – dieses Papier zu erarbeiten, Reformvorschläge
einzubringen und durchzudiskutieren, so wie das die Freiheitlichen machen. (Abg.
Öllinger – ein Inserat der
Regierung in die Höhe haltend –: Ist das die Wahrheit?!)
Ihr haltet uns vor, wir trauen uns nicht zu den Leuten hinaus. – Ich war gestern bei der Demonstration. Ich habe mit den Jugendlichen diskutiert. Wisst ihr, was die mir erzählt haben? Sie haben mir erzählt, dass sie in eurem Auftrag hingehen und dort demonstrieren, weil sie
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keine Pension mehr bekommen. Ich habe gesagt: Nein, das ist nicht so! Damit ihr eine Pension bekommt, müssen wir eine Reform machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Es gibt noch viele
Probleme. Und ich muss mich jetzt wirklich an die Opposition wenden: Ihr seid
hauptmitschuldig! Wer hat dieses System in Österreich geschaffen? Wenn ihr
schreibt „Kein Pensionsraub!“, dann muss ich euch fragen: Was habt ihr denn in
den letzten Jahrzehnten mit den ASVGlern gemacht? Wer hat denn drei
unterschiedliche Pensionssysteme in Österreich eingeführt? Wer hat
Privilegierte und Nicht-Privilegierte eingeführt?
Da kann man sich jetzt nicht hier herausstellen und sagen: Ihr Bösen, was ihr da macht! – Ihr seid hundertprozentig mitverantwortlich für dieses System! (Abg. Öllinger: Wir? – Sie haben keine Ahnung!) Ich erinnere euch an eure Pflicht: Helft mit, dieses den ASVGlern gegenüber ungerechte System in Österreich in ein gerechtes umzuwandeln! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Wo man noch weniger bekommt als in der ASVG!)
Wenn ich mir
diesen Begutachtungsvorschlag ansehe, dann erkenne ich, wie viele Änderungsvorschläge
wir Freiheitlichen bereits eingebaut haben. Es ist traurig, ihr wollt das
einfach nicht wahrhaben. Ich habe aber keinen einzigen Vorschlag von der SPÖ
gehört. Der ÖGB macht ab und zu Vorschläge.
Ich muss sagen,
was in den letzten Tagen passiert ist, ist beunruhigend. Es ist nicht gut, wenn
man hergeht und Arbeitnehmer in den Betrieben aufhetzt, die Arbeit
niederzulegen, wenn man genau weiß, welche Folgen das hat. Ich bin nur
neugierig, wo dann die Vertretung ist, wenn einer arbeitsrechtliche Probleme
bekommt, wenn er Lohneinbußen hat und vieles mehr. Wird dann auch Schützenhilfe
gegeben werden? Darauf bin ich wirklich neugierig, ob das dann wirklich so
stattfindet.
Ich bin für alles
startbereit, wenn es einen Sinn hat. Aber ich glaube, es wäre wichtiger und
sinnvoller gewesen – auch von Seiten des ÖGB, in dem ich selbst
langjähriges Mitglied und Betriebsrat bin; 34 Jahre! –, zu sagen:
Zuerst verhandeln wir, zuerst stellen wir uns der Chefität oder dem Partner und
verhandeln sinnvoll, wenn nichts dabei herauskommt, dann können wir über alles
reden. Dann werdet ihr den Max Walch auch dafür gewinnen.
Wir sind aber schon so weit, dass wir mit dieser Reform im Endstadium sind und jetzt nur noch einen kleinen Schliff machen müssen. Daher ersuche ich euch wirklich, nicht zu polemisieren. Wir sagen im Mühlviertel: Spucken wir in die Hände, gehen wir es an! Schaffen wir ein System, damit alle in Österreich, sowohl die vor der Pension Stehenden, aber auch die Jugendlichen, ein gesichertes Pensionssystem haben! – Danke. (Bravorufe und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
17.38
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.
17.39
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Hohes Haus! Wir haben heute am Vormittag von Finanzminister Grasser gehört, es gibt zwei große, ausgestreckte Hände in dieser Pensionsdiskussion. – Ich habe in der ganzen Debatte nicht einmal einen ausgestreckten kleinen Finger bemerkt. (Beifall bei den Grünen.)
Die parlamentarische Behandlung dieser großen Reform ist ein Witz! Das gibt es in keinem europäischen Land, dass eine so große Reform in solch einem Tempo durchgepeitscht wird! „Speed kills“ hat Österreich schon viel Schaden gebracht. Ich hoffe, dass in diesem Fall noch einmal die Vernunft einkehrt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
17.39
Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.
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Wir kommen zur Abstimmung, und zwar wird abgestimmt über den Selbständigen Antrag 115/A (E) der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kein Pensionsraub für Abfangjäger!“.
Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die diesem Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen ihre Zustimmung erteilen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.
Damit ist die Aussprache über den Dringlichen Antrag beendet.
Kurze Debatte über
die Anfragebeantwortung 152/AB
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Kurzdebatte über
die Anfragebeantwortung 152/AB der Frau Bundesministerin Gehrer.
Die genannte
Anfragebeantwortung ist im Sitzungssaal als Schriftstück verteilt worden, eine
Verlesung durch einen Schriftführer ist daher nicht erforderlich.
Wir gehen in die Debatte ein.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass der Erstredner eine Redezeit von 10 Minuten hat und die
Abgeordneten in der weiteren Debatte
eine Redezeit von 5 Minuten haben. Wenn ein Mitglied der Bundesregierung
Stellung nimmt, dann soll die Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten.
Bitte, Herr
Abgeordneter Dr. Grünewald, Sie haben das Wort.
17.41
Abgeordneter
Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Gäste im
Publikum! Fragestunden haben es oft in sich; was ich schon alles erlebt habe,
war nicht immer erfreulich. Ich meine, sowohl Fragestunden als auch
parlamentarische Anfragen sollten nicht zu Spiel und Ritual verkommen.
Frau
Bundesminister! Sie werden als Bildungsressortchefin wissen, dass Neugierde und
der Wunsch nach mehr Wissen und etwas besser zu verstehen, insbesondere die
Entscheidungen der Bundesregierung, an und für sich zur Natur des Menschen
gehören und letztlich auch Ausgangspunkte der Wissenschaft sind. Daher erinnere
ich Sie daran, dass die Bestellung von Universitätsrätinnen und -räten wie des
Universitätsrates selbst, der übermächtig ist, an den Universitäten immer die
Sorge hervorgerufen hat, dass parteipolitischer Einfluss zunimmt und letztlich
die Universitätspolitik auch beeinflusst und bestimmt.
Diese Sorgen und
Klagen seitens der Universitäten habe ich zum Anlass genommen, Ihnen einige
Fragen zu stellen. Ich habe Sie nicht gefragt: Warum ist die Banane krumm?,
sondern ich habe Sie ganz konkret danach gefragt, weshalb der Großteil der
nominierten Universitätsrätinnen und Universitätsräte durch eine besondere
Nähe zu Ihrer Partei, zur ÖVP, bekannt ist.
Ich habe Sie
gefragt, weshalb acht Personen, die nominiert worden sind, dem Personenkomitee
für Wolfgang Schüssel im letzten Nationalrats-Wahlkampf angehörten.
Ich habe Sie auch
gefragt, wie Sie die Nominierung von Mitgliedern schlagender Burschenschaften
begründen können und ob Sie bei der Nominierung von einigen Personen an der
Innsbrucker Universität nicht Unvereinbarkeiten darin sehen, dass diese nicht
nur in einem Naheverhältnis zum Anstaltsträger des Landeskrankenhauses, ja
sogar in einem Dienstverhältnis zu ihm stehen. Ist nicht schon allein dadurch
eine Inbalance gegeben, dass Leute der zukünftigen Medizinuniversität Innsbruck
diesem Rat nicht angehören dürfen, jene der Holding, die in einem natürlichen
Konkurrenzverhältnis zur Universität steht, aber – nach Ihren Handlungen –
sehr wohl?
Frau Bundesminister! Ich weiß, dass Sie bestimmte Allergien erworben haben in Bezug auf das Wort „Problem“. Sie wollen es nicht mehr hören, haben gesagt, es sei nicht gewünscht, es im
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Ministerium in Ihrer Gegenwart in den Mund zu nehmen,
und wollten es ersetzt haben durch „Herausforderung“. – Jetzt habe ich Sie
herausgefordert mit zehn Fragen, und Sie scheinen damit ein Problem zu haben (Beifall
bei den Grünen und der SPÖ), weil Sie diese nicht sehr konkret, teilweise
sehr oberflächlich beantwortet haben. Auf Grund dessen muss ich mich jetzt
herausgefordert fühlen, und nun beißt sich die Katze in den Schwanz. Ich hoffe,
dass wir das auflösen können.
Soll es wirklich
heißen: Geh zu Jubiläumsfeiern der Bundesregierung, geh in das Personenkomitee
für Schüssel, dann wirst du für einen Menschen der österreichischen Gesellschaft
gehalten, der in verantwortungsvoller Position
steht, und das ist ein Grund dafür, dass man dich nominieren kann!?
Glauben Sie
wirklich, dass man durch die Teilnahme an diesen Feiern schon den wissenschaftlichen
Blick geschärft hat, Wahlwerbung zu betreiben? Gibt es auch außerhalb des
Personenkomitees von Schüssel anständige – sage ich jetzt den
Freiheitlichen zuliebe –, tüchtige und kluge Menschen? Gibt es auch
außerhalb des Raiffeisensektors Bankdirektoren, die man nominieren könnte? –
Anscheinend nein.
Gibt es
MedienspezialistInnen, die nicht dem unabhängigen ORF vorstehen und dann in den
Rat nominiert werden? Gibt es Medienspezialisten, die gut sind, die nicht von
der ÖVP in den Publikumsrat des unabhängigen ORF nominiert und dann
Universitätsräte wurden? Wie steht es mit Lindner und dem unabhängigen ORF?
Wodurch haben sich
Mitarbeiter von Haupt und Reichhold qualifiziert, Universitätsräte zu werden?
Behandeln sie dort die Sektoren Pensionen, Weltraumforschung oder Ambulanzgebühren?
Ich weiß es nicht.
Wie konnte man die
verärgerte FPÖ trösten, nachdem so viele ÖVPler und ÖVPlerinnen oder der ÖVP
nahe stehende Personen nominiert wurden? Wirklich nur durch die Nominierung von
Mitgliedern schlagender Burschenschaften? Ich weiß nicht, wie sehr Säbelschläge
ins Gesicht und auf das Haupt das Denkvermögen erhöhen. Ich glaube eher, dass
sie den zerebralen Stoffwechsel in den Keller fahren, und das halte ich nicht
für günstig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Nun komme ich zu
den erwähnten „Olympioniken“. Der ehemalige Wissenschaftssprecher der FPÖ und
Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses im Parlament Graf ist „Olympionike“
und hat auch, scheint mir – ich habe so etwas nicht nur läuten gehört; es
war zumindest in der Stärke einer Pummerin –, Vorschläge gemacht. Graf
wird im „Spiegel“ zitiert:
„Die heutigen
Staatsgrenzen sind willkürlich gezogen; das deutsche Volkstum muß sich frei in
Europa entfalten können.“
Das wird der
Reputation der österreichischen Universitäten im internationalen Kontext „ungeheuer“
gut tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Oder ist es ein
freiheitlicher Beitrag zur Südosterweiterung der EU? – Ich weiß es nicht,
ich glaube aber nicht.
Wer sich unter
Burschenschaftern bewährt hat, wird Graf im „Spiegel“ zitiert, der wird es auch
in der Politik schaffen. – Sie (in
Richtung der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Gehrer)
geben ihm Recht, Sie haben es in der Politik geschafft.
Jetzt werde ich
Ihnen ganz kurz noch etwas über die „Olympia“ sagen. In einem Einladungsflugblatt
steht geschrieben – jetzt versuche ich, schnell zu lesen, denn davon
sollten Sie sich keinen Satz entgehen lassen (Abg. Dr. Van der Bellen: Langsam!), ja, langsam
schnell –:
„Jede Menge Sturm und Bier, solang die Kehle kann.“ – Das ist fast schon ein Jambus. – „Musikberieselung ohne den geringsten Anspruch auf Botschaft und Kunst. Spaß mit rassistischen oder wenigstens unappetitlichen Männerwitzen. Vitamin- und ballaststoffarme
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Hausmannskost, fett und füllend. Entspannend oberflächliche Unterhaltung
unreflektierter Vorurteile voll. Selbstlob, Schulterklopfen, Lebensfreude.
Kein Mitgefühl mit Würmern.“ – Aha, wen meint er mit Würmern? Ich denke es
mir.
Weiters:
„Niveauvolles Geplauder, zwar akademisch, doch mit Herz. ... Wir sind normal geblieben unter dem Schutt
der Zeit. An uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch
Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast spurlos vorübergegangen.“ – Na bravo, das legitimiert.
Dann kommt es: „Bist Du häßlich, fett, krank oder fremd
im Lande, bist Du von Sorgenfalten, Weltschmerz oder linksliberaler Gesinnung
gepeinigt, trägst Du alternative Schicki-Kleidung oder gar ein Flinserl im Ohr,
studierst Du Publizistik“ – das hat doch irgendetwas mit der Universität
zu tun –, „Politologie oder Theologie“ – das sind ja Fächer der
Universitäten, damit wird sich der Rat beschäftigen müssen – „oder gar
nicht, hast Du den Wehrdienst verweigert oder eine Freundin, die weder schön
noch still ist, kurz: bist Du auf irgendeine Weise abnormal oder unfröhlich,
dann bleib lieber zu Hause, Du würdest sowieso nicht eingelassen werden.“
Frau Minister
Gehrer! Die Bundesregierung hat sich mit diesen Leuten eingelassen und sie
eingelassen in die Universitäten und in die Räte. Die Universitäten haben
protestiert, auch voran der Präsident der Rektorenkonferenz, auch die
Forschungsfonds-Präsidenten haben gemeint, das werde unserer Reputation im
Ausland nicht gut tun. – Wie weit wollen Sie noch gehen? Wie weit können
Sie sich treu bleiben in einer Bundesregierung, die solche Türen aufstößt, die
nicht so schnell wieder geschlossen werden können? Diese Räte sind nämlich für
fünf Jahre nominiert, können Rektoren wählen, sie auch wieder absetzen und
werden Ihre Legislaturperiode überdauern. – Danke. (Beifall bei den
Grünen und der SPÖ.)
17.49
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat
sich Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll bitte
10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin. (Abg. Dr. Jarolim: Jetzt besteht
Erklärungsbedarf!)
17.50
Bundesministerin
für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Stellungnahme des Herrn Abgeordneten
Grünewald hat sich ausschließlich darauf bezogen, Menschen ob ihrer politischen
Gesinnung in Misskredit zu bringen (Abg. Öllinger:
Die haben sich selbst in Misskredit gebracht! – Abg. Dr. Jarolim: Das
ist eine schwache Antwort! – Abg. Dr. Trinkl:
Jarolim, ...! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen),
hat sich ausschließlich darauf bezogen, jenen Menschen, die sich zu einer
politischen Gesinnungsgemeinschaft bekennen, abzusprechen, dass sie im
Universitätsbereich tätig sein können, dass sie als Universitätsräte tätig sein
können. (Abg. Dr. Lichtenberger:
Von der Ausschließlichkeit reden wir!) Ich lehne diese Meinung vehement
ab. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ich halte es für
einen Vorzug in unserer Bürgergesellschaft, wenn Menschen bereit sind, sich zu
engagieren, wenn Menschen bereit sind, sich für etwas einzusetzen. Ich würde
mir von Ihnen wünschen, dass Sie mit genau derselben Akribie jene
Universitätsräte überprüfen, die von den Universitäten benannt wurden, wie
viele davon anderen Parteien als jenen, die Sie jetzt genannt haben, nahe
stehen; da gibt es auch etliche. Ich hätte mir gerade von einem Grünen mehr
Toleranz erwartet, wo sie doch immer von Frieden in unserer Gesellschaft reden.
(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Sie haben auch
moniert, Herr Abgeordneter Grünewald, dass das Wort „Problem“ in meiner
Gegenwart nicht erwähnt werden dürfe. Sie dürfen es erwähnen, so oft Sie
wollen. Meine Mitarbeiter sind positive Menschen, sie denken in
Herausforderungen und nicht in Problemen, aber Sie können das Wort „Problem“ in
den Mund nehmen, so oft Sie wollen, das bleibt Ihnen völlig unbelassen.
Wir haben Ihnen auf Ihre Fragen ganz sachliche und ganz nüchterne Antworten gegeben. Die Kriterien sind vollkommen klar. Es müssen Menschen sein, die „in verantwortungsvollen
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Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der
Wissenschaft, der Kultur und der Wirtschaft, tätig sind oder waren und auf
Grund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur
Erreichung der Ziele und Aufgaben der Universität leisten können“. (Abg. Mag. Posch: Sie sollen
auch Gedichte schreiben!)
Dies ist die
Zielsetzung bei der Auswahl der Universitätsräte. Ich habe mich noch dazu sehr
bemüht – und habe dies auch geschafft – von 59 Universitätsräten
30 Frauen zu benennen. Die Grünen, die immer für Gender Mainstreaming
sind, haben das mit keinem Wort gewürdigt. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Ich glaube, hinter dem heutigen Wunsch nach der kurzen Besprechung
dieser Anfragebeantwortung steckt etwas ganz anderes. Es sind Hochschülerschaftswahlen,
Sie wollen dieses Thema wieder einmal zur Sprache bringen, und außerdem ist es
Ihnen nicht Recht, dass die Universitätsreform so gut funktioniert. (Abg. Dr. Grünewald: Was sagt
der Rektor Winckler dazu? – Abg. Dr. Brinek: Das werden Sie
schon sehen mit der Reform!)
Ich kann Ihnen
nämlich mitteilen: Die Universitätsräte arbeiten bestens, die Universitätsräte
sind eine große Stütze für die Universitäten. Die Gründungskonvente sind von
den Universitäten zeitgerecht bestellt worden. Die Universitätsräte sind
zeitgerecht bestellt worden. Die Rektoren werden bereits gewählt; 10 von
21 Rektoren sind bereits gewählt. Das heißt, die Umsetzung der
Universitätsreform funktioniert sehr gut, die Universitäten engagieren sich,
arbeiten positiv mit. Das, was Sie wirklich stört, meine Damen und Herren von
der Opposition, ist, dass das Universitätsgesetz 2002 europaweit und
international Anerkennung findet. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Ich kann Ihnen
eine ganze Liste zeigen, von wem unsere Vertreter zu Referaten eingeladen
werden. Ich zitiere aus der „Süddeutschen Zeitung“:
„Neidvoll blicken
deutsche Reformer nach Österreich, wo ein neues Gesetz die Hochschulen in die
Freiheit entlässt.“
Ich darf Ihnen
auch mitteilen, dass die SPD-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen, die
Ministerin für Wissenschaft und Forschung, Frau Kraft, unsere Vertreter
eingeladen hat, um mehr über unser Universitätsgesetz, die Implementierung und
die Umsetzung zu erfahren.
Das
Universitätsgesetz funktioniert, die Universitäten arbeiten bestens, und ich
danke allen, die sich positiv engagieren. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
17.54
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir setzen die Debatte fort. Jede
Fraktion hat 5 Minuten Redezeit. Beginn: Frau Abgeordnete
Dr. Brinek. – Bitte.
17.55
Abgeordnete
Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau
Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzter Herr Kollege Grünewald, ich darf
eines frei heraus sagen: Ihrer Anfrage liegt ein sehr spezifisches Verständnis
von Demokratie zugrunde. Dieses ist geprägt von einem grundsätzlichen
Misstrauen gegenüber den Parteien, obwohl Sie selbst auch nominiert sind von
einer politischen Partei, die genauso anerkannt ist wie die hier in Diskussion
stehende. – Nehmen Sie die repräsentative Demokratie ernst oder
verabschieden Sie sich davon, aber dann verabschieden Sie sich auch bitte
konsequent davon! (Beifall bei der ÖVP.)
Mit welchem Recht,
Herr Abgeordneter Grünewald, sagen Sie, die Kollegen aus dem Bereich der
Universitäten seien weniger geeignet, weil sie das Kanzlerteam unterstützt
haben, den Kanzler unterstützt haben, der ÖVP nahe stehen? Ist diesen Personen
jetzt die Qualifikation abgesprochen? Wären sie bessere Universitätsräte, wenn
sie im Team von Gusenbauer mitgearbeitet hätten? (Beifall bei der ÖVP und
den Freiheitlichen.)
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Was sagen Sie,
Herr Abgeordneter Grünewald? Sind denn die in der ersten Runde der
Konstituierung des Fachhochschulrates von der SPÖ nominierten Räte weniger wert
gewesen, weniger qualifiziert gewesen, weil sie der SPÖ nahe gestanden sind? (Abg. Dr. Grünewald: Haben Sie
das gehört?) Ja, das habe ich in den Protokollen nachgelesen. Sie
unterstellen den Personen, sie seien, nur weil sie ein Naheverhältnis zu einer
legitimierten Partei, vertreten im österreichischen Parlament, hätten, nicht
qualifiziert. (Abg. Mag. Prammer:
Das hat er aber nicht gesagt! – Abg. Öllinger: Das hat er
nicht gesagt!)
Ich lese Ihnen
Ihre eigene Anfrage vor, ich habe sie vor mir liegen: „Wie erklären Sie die
Tatsache, dass ein Großteil der von der Bundesregierung nominierten
Universitätsräte durch ihre Nähe zur ÖVP bekannt sind?“
Allein das
Ergebnis vom 24. November 2002 zeigt, dass wahrscheinlich mehr Menschen
der ÖVP nahe stehen als den Grünen. (Beifall bei der ÖVP.) Es wird daher
auch nicht so viele grüne Räte geben.
Herr Kollege, das
zeigt Ihr problematisches Verhältnis zur Parteiendemokratie. Wenn Sie den
Personen mangelnde Qualifikation vorwerfen, dann nennen Sie die Dinge beim
Namen! Wenn Sie andere Vorwürfe vorzubringen haben, dann gehen Sie den
Rechtsweg! Aber sprechen Sie ihnen nicht auf Grund ihrer Nähe zu einer Partei
ihre Qualifikation ab! (Zwischenruf des
Abg. Dr. Grünewald.) Hier steht es in Ihrer Anfrage.
Ich habe noch eine
Frage an Sie, Herr Abgeordneter Grünewald! Sie sagen sinngemäß, ein von der FPÖ
nominierter Experte im Rahmen der parlamentarischen Enquete zur Uni-Reform wäre
für weitere Funktionen eigentlich nicht mehr geeignet, denn er wäre punziert. (Abg. Dr. Grünewald: Nein!
Haben Sie seine Wortmeldung gehört?) – Herr Kollege Grünewald! Warum
punzieren Sie denn damit den von Ihnen nominierten Experten Professor
Schmidt-Dengler? (Abg. Dr. Grünewald:
Er hat klüger gesprochen!) Sollte ihm auch – weil er von den
Grünen nominiert wurde – ein für alle Mal die Qualifikation für eine
Funktion im Rahmen der universitären Selbstverwaltung abgesprochen werden?
Warum diskriminieren Sie, warum verunglimpfen Sie jene Personen, die sich der
Regierung und dem Parlament mit ihren Expertisen zur Verfügung stellen, ohne qualitative
Mängel anführen zu können? (Abg.
Dr. Grünewald: Weil ich sie gehört habe!) Das ist Ihr eigenes
Urteil, aber bitte begründen Sie auch, weshalb das eine schlechte oder nicht
ausreichende Qualifikation sein soll! (Abg.
Dr. Lichtenberger: In Ihrer Welt darf man nicht einmal mehr Fragen
stellen!)
Sollte es ein Fall
für die Justiz sein – bitte, treten Sie heraus und sagen Sie das! Ich habe
keine Klagen von meiner Universität gehört – als es um die Wahl des
„ungraden“ Unirats-Mitgliedes Kothbauer gegangen ist –, dass sich das von
Ihnen zitierte Mitglied – ich nenne keinen Namen – nicht demokratisch
oder vielleicht anderswie problematisch verhalten hätte.
Herr Kollege
Grünewald, überprüfen Sie Ihr Verhältnis zur repräsentativen Demokratie, wenden
Sie reziprok dieselben Thesen an, die Sie auch hier angewendet haben,
überprüfen Sie, ob Sie hier nicht Ihre Vorbehalte gegen das Universitätsgesetz
insgesamt zugrunde legen, und hören Sie auf, die erfolgreiche Implementierung
zu blockieren! Lassen Sie in der Bürgergesellschaft mehrere Parteien und die
mehreren Parteien nahe stehenden Personen zu! Wenn Sie an deren Qualität etwas
auszusetzen haben, dann zeigen Sie das auf!
Unterstellungen
und Missbrauch im Sinne des ÖH-Wahlkampfes haben hier im Parlament eigentlich
nichts zu suchen. An Ihrer Aufregung sehe ich – wie hat es heute
geheißen? –: Wer schreit, hat Unrecht! – Danke. (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen.)
18.00
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau
Abgeordnete Dr. Bleckmann zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.
18.00
Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! In Ihrer Anfrage haben Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, hinein-
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zuschreiben vergessen, dass der Frauenanteil bei den von der
Universität zur Verfügung gestellten Mitgliedern nur 10 von 59 betragen hat. (Abg. Öllinger:
Schreiben Sie uns jetzt auch schon die Anfragen vor?) Das ist ja das,
was für Sie sonst immer so wichtig ist! – Das haben Sie in diesem Fall
aber übersehen. Das hat Sie anscheinend nicht so sehr interessiert wie andere
Dinge, die für Sie nur ideologisch ausgerichtet sind. (Abg. Sburny: Da kann die
Ministerin ausnahmsweise nichts dafür!) Ah, da kann die Ministerin nichts
dafür. Aber sie hat das, was da an den Universitäten sozusagen passiert ist,
nämlich dass die Frauen hier nicht berücksichtigt wurden, ausgeglichen, indem
eben durch sie von 59 Personen immerhin 30 Frauen nominiert wurden. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Dafür gab es nicht
einmal ein lobendes Wort von Ihrer Seite. Das war ja auch nicht interessant,
denn was die Universitäten betrifft, so interessiert Sie ja nur, dass man ein
solches Gremium möglichst gut ideologisch auch von Ihrer Seite her besetzen
kann. Da interessiert Sie nicht, dass es Kompetenz und Qualität gibt (Abg. Dr. Grünewald: Das interessiert uns sehr!) und dass diese auch für
Besetzungen ausschlaggebend sein müssen. Für die linke Seite ist es nämlich
undenkbar, dass es andere Persönlichkeiten gibt, die Kompetenz und fachliche
Qualität haben, die nicht ihrer Ideologie angehören, denn das darf nicht
sein – und schon gar nicht an den Universitäten! (Beifall bei
Abgeordneten der ÖVP.)
Sie wollten sogar,
dass die Landeshauptleute die Universitätsräte nominieren lassen (Zwischenruf bei den Grünen) –
das war vielleicht nicht Ihr Vorschlag, aber ein Vorschlag der SPÖ –, um
da eben auch wieder eine Einflussmöglichkeit zu haben.
Da Sie den
Präsidenten der Rektorenkonferenz erwähnt haben, sage auch ich Ihnen etwas, und
zwar zum Thema Demokratie an den Universitäten: Es wurde von Seiten des Ringes
Freiheitlicher Studenten immer wieder um die Möglichkeit angesucht,
Veranstaltungen abzuhalten. Im konkreten Fall war eine Veranstaltung
anlässlich der Präsentation des Buches „Vom Liberalismus zur Anarchie“ des
Historikers Rudolf Graf Czernin im Hörsaal 33 der Uni Wien geplant.
Was ist passiert
mit dieser ordnungsgemäß angemeldeten Veranstaltung – geplant von einer
nicht linksgerichteten Organisation, die eben auch bei den
Hochschülerschaftswahlen kandidiert –, die da auf universitärem Boden
hätte stattfinden sollen? – Auf Grund einer befürchteten
Gegenveranstaltung hat man hier, so hieß es, die Sicherheit nicht mehr
garantieren können, und deshalb wurde diese Veranstaltung abgesagt!
Meine Damen und
Herren! Wenn das das Demokratieverständnis ist, das an der Universität
herrscht, dann sage ich: Danke schön! – So darf es doch wohl wirklich
nicht sein, dass nur deshalb, weil linke Demonstrationen gegen eine
Veranstaltung einer Organisation, die man nicht haben will, angesagt sind,
diese Veranstaltungen abgesagt werden – nur deshalb, weil Demonstrationen
befürchtet werden! Das, bitte, ist traurig für die Universität in
Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der
ÖVP. – Abg. Parnigoni: Wer hat
sie abgesagt? – Abg. Scheibner: Welche
sind die Organisationen, die die Sicherheit gefährden?)
Der
Universitätsrektor, Herr Professor Winckler, hat sie abgesagt. Ja, aber die
Demonstrationen wurden von Ihrer Gruppierung auf der Universität, von Ihrer
Vorfeldorganisation angesagt, das ist der Punkt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ach, diese kennen Sie nicht? –
Entschuldigung, Ihre Studentenorganisationen kennen Sie nicht einmal! Ich kenne
den Ring Freiheitlicher Studenten schon, und ich bin sehr wohl der Meinung:
Wenn eine Veranstaltung geplant ist, dann sollte die Gruppierung, egal welcher
ideologischen Ausrichtung, die Möglichkeit haben, diese Veranstaltung
stattfinden zu lassen! Jede Gruppierung sollte in einer Demokratie die
Möglichkeit haben, auch den entsprechenden Schutz zu erhalten, um diese
Veranstaltung stattfinden zu lassen. (Abg.
Öllinger: Nicht jede!) Dem RFS
hat man ja nicht untersagt, aktiv zu sein, als Verein Veranstaltungen auf der
Uni stattfinden zu lassen. Für mich zeugt die Vorgangsweise in diesem Fall
daher wirklich von einem falschen Demokratieverständnis.
Deshalb gelten für mich auch nicht die Aussagen des Rektors, des Herrn Professors Winckler, der bei einigen Uni-Räten sehr wohl auch Probleme hat, wenn jemand solch ein Demo-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 151 |
kratieverständnis
hat, dass er einerseits Veranstaltungen auf Grund befürchteter Demonstrationen
absagt und andererseits – so wie andere Personen hier in diesem
Haus – Angst davor hat, dass es fachlich kompetente Persönlichkeiten an
den Universitäten gibt, die nicht ihrer linkslinken Ideologie
entsprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.05
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Broukal. Gleiche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
18.05
Abgeordneter
Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau
Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Nicht nur, wer laut spricht, hat
Unrecht, man kann auch leise reden und nicht sehr Recht haben. Ich jedenfalls
habe Frau Dr. Brinek einmal auf der Straße vor dem parlamentarischen Haus
in der Schenkenstraße getroffen und sie gebeten, doch nicht auf jede meiner
Aussendungen die Wahl einiger Universitätsräte betreffend mit inhaltsarmen
Pflichtaussendungen zu antworten. Sie sagte: Wären Sie mit uns in einer
Regierung, dann gäbe es andere Uni-Räte! – Da muss ich sagen: Es wäre es
fast wert gewesen, wenn ich mir einige der Uni-Räte anschaue, die Sie bestellt
haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wir haben Frau
Bundesminister Gehrer schon vor Monaten auf schwere Fehler bei der Bestellung
der Universitätsräte, einiger Universitätsräte, hingewiesen, aber Frau Gehrer
hat es vorgezogen, auf diese berechtigten Einwände nicht zu achten.
Unser erster
Einwand betraf Herrn Dr. Friedrich Stefan, einen bekennenden
Burschenschafter, der heute noch uns Österreicher zum deutschen Volk zählt. Ich
persönlich habe da angesichts meines Familiennamens die gleichen Probleme wie
etwa eine Million anderer Österreicher.
Herr Dr. Stefan
schwärmt auch noch Jahrzehnte nach 1945 – ich lese es Ihnen kurz
vor – wörtlich von einer „eindrucksvollen Feier im Konzerthaus anlässlich
der Überführung der waffenstudentischen Korporationen“ – einer gehört er
an, nämlich der heute schon mehrmals zitierten „Olympia“ – „in die
Gliederungen der NSDAP“. (Ruf bei der SPÖ: Ein Skandal!)
Herr
Dr. Stefan spricht auch Jahrzehnte nach 1945 immer noch davon, dass wir
alle uns „in der Gewalt der Siegermächte“ befänden, und er spricht von
„Umerziehern und ihren deutschen Helfern“.
Ich, Frau
Bundesminister, fühle mich nicht umerzogen, wenn mir die Verbrechen des Nationalsozialismus
als Verbrechen dargestellt werden. Und ich will nicht glauben, dass wir hier im
Parlament mit zweierlei Maß messen: dass wir an einem Tag applaudieren, wenn
der Vorsitzende des Bundesrates, Herr Hösele, sagt: „Wehret den Anfängen!“,
und zwei Tage später zusehen sollen, wie die Bundesregierung Menschen in
öffentliche Ämter bringt, die die Anfänge des Nationalsozialismus in Österreich
als „eindrucksvoll“ empfinden, auch heute noch. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
Aber was, Frau
Bundesminister, haben Sie dazu gesagt? – Sie haben gemeint, Herr Stefan
sei unbescholten und das genüge.
Zufriedenheit ist
bekanntlich eine Frage des Anspruches. Unser Anspruch, Frau Bundesminister,
greift tiefer: Wir wollen nicht, dass Menschen, die im Alter von mehr als
60 Jahren immer noch haarscharf am NS-Verbotsgesetz vorbeischrammen, von
Ihnen in öffentliche Ämter an den Universitäten geholt werden, in denen sie an
der Ausbildung der Jugend mitwirken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Aber ich gehe davon aus und ich konzediere Ihnen, dass Herr Stefan nicht Ihr Wunschkandidat war, sondern der Ihres FPÖ-Gesprächspartners in dieser Frage, Martin Graf. Dieser hat Ihnen freilich mehr als ein Kuckucksei gelegt: Er hat Ihnen zum Beispiel für die Linzer Kunstuniversität
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den Verleger Peter Weiß
vorgeschlagen, der Autoren beschäftigt, die sich selbst als Faschisten
bezeichnen.
Sie und die
Beamten Ihres Hauses hätten das nicht gewusst, sagten Sie in Ihrer Antwort an
meine Kollegin Bettina Stadlbauer. Das mag sein; Herr Graf wird Ihnen das schon
verschwiegen haben. Aber jetzt wissen Sie es, und damit wird aus dem Fall Weiß
der Fall Gehrer.
In einem dritten
Fall, dem des früheren FPÖ-Ministers Helmut Krünes, sehe ich überhaupt nicht,
wie Sie es gegenüber dem Nationalrat vertreten können, dass Krünes immer noch
als Uni-Rat der Technischen Universität im Amt ist. Was besagt das
Universitätsgesetz 2002? – Es besagt: Universitätsrat darf nicht
werden, wer in den letzten vier Jahren eine Funktion – keine leitende
Funktion, sondern eine Funktion – in einer politischen Partei ausgeübt
hat.
Nun wissen alle
interessierten Menschen in Österreich, dass Herr Krünes bis zum März 2002
stellvertretender Obmann der FPÖ-Niederösterreich war. (Abg. Dr. Bleckmann: Fragen
Sie einmal die anderen Universitätsräte! Die wollten das alle!) – Also
wenn wir jetzt in Österreich in einem Land sind, wo wir die Gesetze außer Kraft
setzen, Frau Dr. Bleckmann, nur weil ein paar Leute das wollen, dann gute
Nacht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Sie wissen, Frau
Dr. Bleckmann, dass Ihre Zwischenrufe nicht immer mit Hochachtung entgegengenommen
werden. Ich bin aber ein so höflicher Mensch, das nicht zu qualifizieren,
wiederhole aber gerne mein Argument: Das von Ihren Parteien beschlossene Gesetz
verbietet, dass jemand, der in den letzten vier Jahren eine politische Funktion
innehatte, Universitätsrat wird. – Haben Sie mich verstanden? – Können
Sie sich daran erinnern, dass Herr Krünes bis März 2002 sogar eine
leitende Funktion in Ihrer Partei innehatte? Er war stellvertretender Obmann
der FPÖ-Niederösterreich.
Was aber sagt Frau
Gehrer, konfrontiert mit dieser Sache, dazu? – Sie sagt uns: Das stimmt
schon, aber er hat bei keiner Sitzung den Obmann vertreten. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Scheibner: Die Redezeit gilt für Sie auch!) Er hat die Funktion
sozusagen nicht ausgeübt.
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte den
Schlusssatz!
Abgeordneter Josef Broukal (fortsetzend): Das wäre so,
als würde man sagen: Herr Haupt ist nicht Vizekanzler, weil bisher immer Herr
Schüssel den Vorsitz im Ministerrat geführt hat. – Vielen Dank. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
18.11
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt
Herr Abgeordneter Brosz. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
18.11
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau
Bundesministerin! Die Anfragebeantwortungen aus dem Bildungsministerium haben
ja mittlerweile einen gewissen Ruf erlangt. Es gibt kaum ein Ministerium, bei
dem es dermaßen oft vorkommt, dass man nichts sagende Antworten erhält. Ich
kann mich erinnern, wir haben das voriges Jahr einmal bei einer Besprechung
einer Anfragebeantwortung gehabt. Damals ist der jetzige Präsident Khol lachend
zu den Grünen herübergekommen und hat mit einem Schmunzeln gesagt: Gelt,
eigentlich könnte draufsteh’n: Schmeck’s, Kropferter! – So würde man das
in Tirol sagen. Irgendwie wundert es mich auch gar nicht, dass das diesmal
quasi auch formal in dieser Anfragebeantwortung drinnen steht, denn auf die
ersten acht Fragen, die genau nach diesen parteipolitischen Besetzungen
fragen, geben Sie überhaupt keine Antwort, Frau Bundesministerin, Sie gehen
nicht einmal auf die Fragen ein. – Eine typische Antwort aus dem Hause
Gehrer!
Frau Bundesministerin! Kollege Broukal hat das jetzt schon ausgeführt, aber die Argumentation, die Sie und die Abgeordneten der Regierungsparteien hier aufziehen, ist schon bemerkenswert. Ich habe mir gedacht, dass in diesem Gesetz deshalb drinnen steht, dass keine Funktionäre von politischen Parteien, dass keine Abgeordneten, keine Regierungsmitglieder oder auch nie-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 153 |
mand aus dem
Ministerium in den Uni-Räten sitzen soll, weil man eine gewisse Unabhängigkeit
gewährleisten wollte. Jetzt geht es gar nicht darum, dass das ein völlig
politleerer Raum sein soll, aber Sie stellen sich tatsächlich hierher und
argumentieren mit allem Enthusiasmus, dass es besonders sinnvoll ist, dass
jemand, der aus dem Umkreis der ÖVP oder der FPÖ kommt, in diesen Uni-Räten
drinnen sitzt. Und dann frage ich mich ... (Abg. Dr. Brinek: ...!
Wie hätte denn eine andere Regierung gehandelt?)
Frau Kollegin
Brinek! Ich möchte die bekannte Wissenschaftssprecherin der ÖVP zitieren. Diese
hat vor fünf Minuten hier gesagt: „Wer schreit, hat Unrecht!“ – Vielleicht
können wir das jetzt auch aufrechterhalten. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
Vielleicht können
Sie einmal erklären, warum niemand von diesen 53 Nominierten
irgendein
distanziertes Verhältnis zu dieser Regierung hat! Heißt das, dass jeder, der in
diesem Land die Regierung kritisiert, ungeeignet dafür ist, in einer Funktion
als Uni-Rat tätig zu sein? – Das ist ja die Frage, die sich hier auftut. (Abg. Dr. Brinek: Wieso wissen Sie über die Haltung der Menschen so gut
Bescheid?)
Soll ich Sie noch
einmal zitieren, oder gilt das, was Sie gesagt haben, nur dann, wenn jemand
anderer redet? – Offenbar haben Ihre Zwischenrufe Ihrer Ansicht nach einen
anderen Charakter. (Abg. Dr. Brinek: Sie machen auch Zwischenrufe!
Wer waren die Zwischenrufer von den Grünen?)
Frau
Bildungsministerin! Sie haben vorher auch zur „hervorragenden“
Universitätsreform Stellung genommen. Ich erlaube mir jetzt auch noch eine
Anmerkung zu den Ausführungen von heute Vormittag zu machen, in denen es darum
ging, dass das Bildungsbudget in Summe und insbesondere das Wissenschaftsbudget
in den nächsten Jahren, bis zum Jahr 2004, um sage und schreibe
800 Millionen € de facto auf über 9 Milliarden € steigen
würde. Jetzt haben wir uns in der Opposition alle gefragt, wie denn das sein
kann, weil sich niemand vorstellen kann, dass da wirklich 10 bis
15 Milliarden Schilling – 1,1 Milliarden € – in den
nächsten zwei Jahren zusätzlich ins Budget fließen werden, weil wir nicht
gewusst haben, woher das kommen soll.
Herr Minister
Grasser hat Sie dafür gelobt, dass Sie das Budget fast verdoppelt haben. Und
zum Beweis oder als Beleg dafür, wie ehrlich Sie hier Politik machen, haben wir
dann im Budget nachgeschaut: Faktum ist, dass diese Erhöhung einzig und allein
daraus resultiert, dass im Jahr 2004 die Globalbudgets kommen und es zu
einer Ausgliederung der beamteten Universitätsbediensteten kommt.
Das heißt also:
Man nimmt aus den Globalbudgets die Ausgaben für die Beamten heraus, bucht sie
um als Einnahmen und weist sie gleichzeitig bei den Ämtern wieder als Ausgaben
aus. Ein Nullsummenspiel! 733 Millionen € als Nullsummenspiel, die
Minister Grasser als zusätzliche Ausgaben für die Universitäten benennt! Und
Sie lassen sich dafür feiern! – Ich finde es schön langsam wirklich
beschämend, wie Sie Universitätspolitik betreiben. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
18.15
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort ist niemand
mehr gemeldet und kann auch niemand mehr gemeldet sein. Daher schließe ich
diese Debatte und kehre zurück zur eigentlichen Tagesordnung; wir sind bei
Punkt 4.
Fortsetzung der
Tagesordnung
Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Debatte zu
Punkt 4 der Tagesordnung wieder auf.
Zu Wort gelangt
Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.
18.15
Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Hohes Haus! Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Start. Sie sehen das Ziel in einem
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 154 |
mehr
oder weniger großen Abstand vor sich. Sie wissen, Sie haben trainiert und gehen
gut vorbereitet mit einer guten Basis an die Arbeit.
Auch ich stehe in
meiner parlamentarischen Arbeit am Start, und ich gehe meiner Meinung nach mit
einer guten Basis an Werten, Kreativität und konstruktiver Kritikfähigkeit an
meine Aufgabe heran. (Beifall bei der ÖVP.)
Beim
Berufssportgesetz sind wir uns der Wichtigkeit voll bewusst, sind doch diese
ambitionierten Menschen auch für viele von uns Vorbilder. Das ist gerade in
Zeiten wie diesen wertvoll für alle Menschen, insbesondere für unsere
Jugendlichen. Ich bin Mutter von vier Kindern und bemerke das Interesse meiner
Jugendlichen am Sport. Gerade diese jungen Menschen brauchen Erfolg,
Bestätigung, Gemeinschaft und Teamgeist – und nicht Aktionismus und
Streiks! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Viel zu lange
schon wird dieses Thema sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene
diskutiert. Untersuchungen wie zum Beispiel das Gutachten von
Dr. Schrammel zeigen die Dringlichkeit dieser Thematik. Ein vergleichbares
Beispiel fällt mir da aus den fünfziger Jahren ein: In Studien verschiedenster
Wissenschafter wurde damals aufgezeigt, dass es physisch nicht möglich ist, die
Meile unter 4 Minuten zu laufen. Dann kam 1954 Roger Bannister, der es der
Welt zeigen wollte, dass es doch möglich ist. Er lief mit 3 Minuten und
59 Sekunden durch das Ziel – als Erster.
Auf die Frage, wie
er das geschafft habe, antwortete er: Nicht mit den Füßen, nur mit dem
Kopf! – Vor ihm hat es keiner geschafft. Im Jahr darauf waren es bereits
sage und schreibe 32!
Deshalb freut es
mich persönlich sehr, dass wir, wie es im Regierungsprogramm verankert ist, als
erstes Land in Europa im Sinne von Roger Bannister die Hemmschwelle überwinden.
Hoffentlich folgen uns viele Länder nach.
Unsere
Berufssportler sollen im Arbeits- und Steuerrecht ebenso wie im Bereich der
Sozialversicherung in ihrer täglichen Arbeit abgesichert werden. In der
Ausarbeitung dieser Vorlage soll von der Expertengruppe vor allem auf die
Bedürfnisse der Mannschaftssportler, aber auch auf die Einzelsportler
eingegangen werden. Für die Mannschaftssportler werden andere Eckpunkte
relevant sein als für den Einzelsportler, der in vielerlei Hinsicht einen sehr
einsamen Weg beschreitet.
Die
Bundes-Sportorganisation, in der die Fachverbände vertreten sind, ist in diese
Expertengruppe eingebunden. Das soll garantieren, dass alle diese Interessen
berücksichtigt werden.
Meine Damen und
Herren! Der Sport verbindet. Er verbindet Menschen und Länder. Ideologische
oder gesellschaftliche Unterschiede, das Alter oder die Gesellschaftsschicht
sind unwesentlich. In diesem Sinne dürfen wir, wenn wir schließlich gemeinsam
nach konstruktivem Dialog am 1. März 2004 dieses Gesetz vorlegen und
über die Ziellinie laufen, hoffentlich tief Luft holen, ausatmen und stolz sein
auf unsere Leistung! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
18.20
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Krist. – Bitte.
18.20
Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzter Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes
Haus! Es ist für mich erfreulich, bei meiner ersten Rede hier im Hohen Haus ein
Thema ansprechen zu dürfen, bei dem offensichtlich alle vier Parteien an einem
Strang ziehen. – Lassen Sie mich an diesen Strang anknüpfen: Ich hoffe,
dass bis zum Ende, bis zur Finalisierung des Gesetzes alle am selben Ende des Stranges
ziehen und dass wir zu einem positiven Ende kommen. (Beifall bei der SPÖ.)
Es stimmt mich auch sehr zuversichtlich, dass wir einen Sportstaatssekretär haben, der offensichtlich als begeisterter Sportler als Motor – ich weiß, er ist ein guter Läufer, und spätestens
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 155 |
seit gestern weiß ich auch, dass er ein ziemlich guter
Fußballspieler ist – bei diesem Gesetz maßgeblich mitwirken wird und mit
Sicherheit eine Triebfeder sein wird, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen.
Meine Damen und
Herren! Wir Österreicher haben schon oft unsere Kompetenz beim Ausrichten von
großen Sportveranstaltungen unter Beweis gestellt, international anerkannt. Wir
haben sehr gute Sportler, die Österreich im Ausland repräsentieren und unser
schönes Land nach außen tragen. Das Einzige, was für die Berufssportler noch
fehlt, ist ein Berufssportgesetz.
Ohne Zweifel war
und ist der Sport ein wichtiger Bereich unserer Gesellschaft, der Gesundheit
und der Wirtschaft, wie viele meiner Vorredner schon erwähnt haben. Es sind
viele Besonderheiten und Interessen zu berücksichtigen, weshalb es für uns
besonders wichtig ist, alle Verbände, Interessenvertretungen, Experten und auch
Praktiker in die Gesprächsrunden einzubinden. Ich weiß, dass erste Schritte in
diese Richtung erfreulicherweise bereits getätigt wurden.
Wir müssen den
Dachverbänden und Vereinen eine gute finanzielle Basis und die notwendige
Freiheit für eigenständiges Entscheiden ermöglichen – im Interesse ihrer
Sportlerinnen und Sportler. Daher wäre es sehr vernünftig, in Zukunft im
Bereich der Sportförderung längerfristiger und nachhaltiger zu planen, als dies
derzeit der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Im Übrigen teile
ich die Meinung des Herrn Staatssekretärs, der heute schon ausgeführt hat, dass
die Einhebung der – ich nenne es einmal so – neuen
Freizeit-Unfallsteuer nicht der Weisheit letzter Schluss ist und wirklich kein
großer Wurf war, Herr Finanzminister. Betroffen sind davon natürlich
hauptsächlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Pensionisten,
und das ist abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)
Gemeinsames
Arbeiten ist angesagt – ausgestreckte Hände, die dann, wie wir heute schon
gehört haben, beliebig zurückgezogen werden oder zurückgezogen werden können,
wie man dies in den letzten Tagen etwa im Zusammenhang mit der
„Pensionsverunsicherungsreform“ gehört hat, können nicht nur im Sport fatale
Folgen haben.
Geschätzte Damen
und Herren! Erlauben Sie mir noch einen persönlichen Wunsch als Präsident des
oberösterreichischen Amateurringerverbandes – eine Randsportart, die nicht
unbedingt mit großem Geld und großer Sponsorentätigkeit gesegnet ist, vor
allem aber mit viel ehrlichem Schweiß verbunden ist.
Es würde mich
freuen, wenn wir im Zuge eines Berufssportgesetzes auch einmal darüber diskutieren
könnten, wie man jenen Sportlern helfen kann, die zwar grundsätzlich die Voraussetzungen
für den Spitzensport haben, diesen aber einfach deshalb nicht ausüben können,
weil das Geld fehlt oder sie aus beruflichen Gründen keine Möglichkeit haben,
ausreichend jeden Tag zu trainieren, weshalb sie nicht an die Spitze
herangeführt werden können. Vielleicht können wir im Zuge einer allgemeinen
Diskussion auch darüber einmal sprechen.
Denken wir nicht
nur an die Oberliga des österreichischen Sports, sondern auch an jene Sportlerinnen
und Sportler, die sich auf dem Weg zum Spitzen-, sprich Berufssport bewegen,
sich dorthin entwickeln. Erarbeiten wir gemeinsam ein vorbildliches
Berufssportgesetz, es ist höchst an der Zeit. – Danke. (Beifall bei der
SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.25
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Als Nächster zum
Wort gelangt Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.
18.25
Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich ist ein anerkanntes und sehr traditionelles Sportland, und es ist erfreulich, dass es dem Bundeskanzler und seinem
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 156 |
Sportstaatssekretär gelungen
ist, das jährliche Sportbudget um 1,5 Millionen zu erhöhen. Dafür gilt
unser Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Also keine
Kürzungen, sondern richtige, zukunftsweisende Maßnahmen. Auch wenn es nicht der
große Wurf ist, so ist es doch ein bedeutender Beitrag, den Sport zu
unterstützen, für die Menschen Wichtiges zu tun.
Heuer, 2003, kommt
dieser Mehrbetrag insbesondere dem Behindertensport zu Gute, im nächsten Jahr
wird er für den Schulbereich verwendet werden, unter dem Motto „Erziehung durch
Sport“ beziehungsweise „Spaß durch Sport“; richtungweisend für die Zukunft
unserer jungen Mitbürger.
In diesem Zusammenhang
darf ich eine sehr sinnvolle Anregung vorbringen: Es sollte uns gelingen, dass
in Zukunft jede Schule einen ausgebildeten Sportlehrer fix verpflichtet. Das
wäre eine wichtige Maßnahme, um für später – vorbeugend für die eigene
Gesundheit – die richtige Ausübung des Sports zu gewährleisten.
Mein besonderes
Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang der Sport- und Freizeitunfallversicherung,
wie sie so schön heißt, die keine Strafsteuer ist – das möchte ich gleich
vorweg festhalten, da mein Kollege Peter Wittmann dies sagte. Eine Versicherung
bedeutet einfach, für den Notfall gerüstet zu sein. Sie ist also keine
Strafsteuer (Abg. Gradwohl: Ganz so kann es nicht sein!), sondern ein notwendiges
Regulativ der Eigenverantwortung, insbesondere jenen gegenüber, die im Sport
verantwortungsvoll vorgehen; nämlich gegenüber jenen, die ohne Rücksicht
übertreiben und der Allgemeinheit zur Last fallen.
Man muss auch im
Sport verantwortungsvoll umgehen, und diese Freizeitunfallversicherung schafft
ein bewusstseinsbildendes Element, um das man sich in den letzten Jahrzehnten
keine Sorgen oder Gedanken machen musste. Dass übertriebene Sportausübung zu
gewaltigen Mehrkosten bei der Behandlung von Verletzungen führte und uns
letztlich auch die Grenzen aufzeigte, ist ein Faktum, und es ist wichtig, hier
rechtzeitig zu reagieren, andererseits aber auch bewusst an die
Eigenverantwortung zu appellieren. Dieses Regulativ der 0,1-prozentigen
Versicherung ist, wie ich glaube, eine zeitgemäße, richtige Maßnahme im
Interesse des Sports, aber viel mehr noch im Interesse der Sportler selbst.
Ich kann Ihnen
auch sagen, wie viel das im Jahr ausmacht: durchschnittlich 19 €. –
Meine Damen und Herren! Wenn Sie schauen, welche Produkte es auf dem
Sportgerätemarkt um 19 € gibt, werden Sie feststellen, dass es zu diesem
Preis noch keine Sportgeräte und -artikel gibt – ich kenne keine! –,
die sind alle teurer. (Abg. Dr. Kräuter: Ein Tischtennisball ist
billiger!) Daher ist es, denke ich, gerechtfertigt – auch im Interesse
des Sportlers –, diesen Betrag einzuheben, um auch künftig im
Notfall – mit welchem Sportgerät auch immer ein Unfall geschehen
mag – versorgt zu sein.
Wir kennen den
übertriebenen Ehrgeiz gerade im Sport, das geht von den Tourengehern bis zu den
Lawinenunfällen, von Extremen wie Paragleiten, aber auch bis hin zum Radfahren,
das zunimmt und boomt, Gott sei Dank. Wir haben sehr viele hervorragende
Radstrecken, Mountainbike-Strecken in Österreich, 16 000 Kilometer
sind ausgewiesen, die nicht einmal von allen in Anspruch genommen werden, aber
das ist auch ein Beitrag für den Sport und für die Freizeitgestaltung in
unserem Land. Ich meine, dass diese Leute in Zukunft gesichert werden müssen,
liegt in unserer Verantwortung den Sportlern gegenüber.
Zum
Berufssportgesetz wurde viel gesagt, es ist einfach ganz wichtig. Es wird zwar
in Zukunft keine Pleiten von Vereinen verhindern, aber es schafft einfach mehr
Transparenz in den Vereinen. Vereine sind einfach kleine und mittlere
Unternehmer und unterliegen in Wirklichkeit auch denselben Kriterien wie in der
Wirtschaft.
Wir werden noch
viele Gespräche führen müssen. Es gibt noch viele Fragen, es gibt hervorragende
Gutachten, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass es in – ich schätze
einmal – baldiger Zeit ein Berufssportgesetz in Österreich geben wird.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 157 |
Den
Sportverantwortlichen unserer Regierung – allen voran unserem
Bundeskanzler, aber auch unserem Staatssekretär – wünsche ich für ihre
Arbeit alles Gute, aber besonders: viel Erfolg für den Sport und die
Bevölkerung in unserem Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
18.31
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Prähauser. – Bitte.
18.31
Abgeordneter
Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist angenehm, über eine Sache zu diskutieren,
von der man weiß, dass ein Vier-Parteien-Konsens im Raum steht und man wirklich
sachlich und vor allem rechtzeitig diskutieren kann. Es ist nämlich in der
letzten Zeit öfter passiert, dass Gesetzesmaterien als diskussionswürdig
dargestellt wurden, die aber schon beschlossene Sache waren. Dieses Mal hat man
das Gefühl, dass man noch beizeiten Ideen mit einbringen kann. Das macht das
Ganze interessant und wert, dass man mit entsprechendem Ernst an die Sache
herangeht.
Herr
Staatssekretär! Du hast es heute geschafft, aus mir, der eigentlich stolz war,
ein militanter Nichtraucher zu sein, einen Menschen mit schlechtem Gewissen zu
machen, weil ich als extremer Mitraucher dem Herrn Finanzminister
die Tabaksteuer vorenthalte. Was ich sagen möchte, ist Folgendes: Es wird nicht
immer leicht sein, die Ursachen für irgendwelche Unpässlichkeiten, Krankheiten
und Verletzungen, die letztendlich zu einer ärztlichen Versorgung führen, zu
eruieren. Ich würde also wirklich darum bitten, damit sehr sorgfältig
umzugehen.
Was oder wer ist
ein Berufssportler? – Der Spagat reicht vom Sportler, der Einnahmen in
Millionenhöhe hat, bis zu jenem, der, wie wir sagen, Handgeld in der Höhe von
350, 400 € bekommt, in Vereinen ab der Landesliga – ich denke jetzt
einmal an Fußball, so etwas gibt es aber auch in anderen Sportarten bis hin zum
Tischtennis. Wenn man gleichzeitig weiß, dass geringfügig Beschäftigte
anzuführen haben, was sie verdienen, und über eine entsprechende Summe hinaus
steuerpflichtig sind, sozialversicherungspflichtig sind – wenn es auch nur
Pauschalen sind –, dann kann man natürlich bei solchen Angelegenheiten im
Sport die Augen nicht verschließen. Auf der anderen Seite aber sollte man das
Kinde nicht mit dem Bad ausschütten und Vereine vor Tatsachen stellen, denen
sie nicht gerecht werden können.
Die Vereine
erfüllen in ihrer Breite aus meiner Sicht eine gewaltige Aufgabe. Sie ziehen
die Jugend zu jungen Sportlern heran, sie listen auf, sie schauen: Wo sind
geeignete Talente?, und führen diese heran – die werden dann spezifisch
weiterbetreut. Sie haben aber auch noch eine andere Aufgabe, nämlich
gleichzeitig dafür zu sorgen, ein Betätigungsfeld für die Jugend zu sein, sie
von Dummheiten abzuhalten – ich sage das ganz bewusst so.
Damit einhergehend
sollte bereits in jungen Jahren eine entsprechende Ausbildung erfolgen. Es darf
nicht so sein, dass jemand mit 15, 16 oder 17 Jahren das Gymnasium
„schmeißt“, in der Hoffnung, ein hervorragender Sportler zu werden, es
möglicherweise dann nicht schafft – das passiert oft, wie wir wissen, sei
es durch Verletzung oder man ist dann doch nicht gut genug – und mit 20,
22 Jahren am Anfang einer Berufsausbildung steht. Man hat also auf etwas
gesetzt, das nicht zum Erfolg geführt hat. Die Politik ist dazu aufgerufen,
dafür zu sorgen, dass es für solche Sportlerinnen und Sportler Zukunftschancen
gibt.
Ob jetzt das
Berufsbild eines Sportlehrlings die richtige Antwort ist, das mag ausdiskutiert
werden. Ich sehe da ein großes Problem auf uns zukommen, denn wer möchte schon
als Trainer, als Ausbildner einen gescheiterten Sportler haben? Es sollte eher
jemand sein, der Reputation vorweisen kann. Daher müssen wir beizeiten danach
trachten, dass die Grundausbildung unserer Sportlerinnen und Sportler
professionell erfolgt, sodass sie sich später, wenn sie es im Sport nicht
schaffen, in einen normalen Betrieb oder in einen Beruf eingliedern können.
Meine Damen und Herren! Wir müssen es auch schaffen, den – gemeindeeigenen, hätte ich beinahe gesagt – in der Gemeinde tätigen Sportvereinen die Möglichkeit der Eigenmittelbeschaffung zu geben; nicht nur ein Bierzelt, bei dem man dann streitet, ob es besteuert wird oder
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 158 |
nicht. Das meine ich damit nicht. Ich
glaube, man sollte den Fachverbänden die Chance geben, Sponsoren zu lukrieren,
aber diesen Sponsoren auch etwas bieten zu können – die Eintritte allein
sind zu wenig, die Werbetafel allein ist zu wenig. Vielmehr sollte man den
Sportlern darüber hinaus die Chance geben, auch medial auftreten zu können.
Da der ORF sehr
restriktiv entscheidet, wer in seinen Sportsendungen auftreten kann, mit
derartigen Auftritten aber der Verband in der Lage ist, werbemäßig etwas zu
verkaufen, sollte man noch einmal auf TW 1 zurückkommen. Dort könnte man
den Randsportarten die Chance geben, medial in Erscheinung zu treten.
Zeitungen, die Presseförderung bekommen, könnte man zwingen, diese
Veranstaltungen anzukündigen. So bekämen Vereine und Sportverbände die Chance,
für ihre Tätigkeit Sponsoren zu finden, und der Staat würde finanziell
entlastet.
Letztendlich dient
so etwas dazu, den Vereinen die Möglichkeit zu geben, die Sportler
heranzuziehen, vorzubilden, um dann den Spezialisten, den guten Trainern, die
Möglichkeit zu geben, hervorragende Sportler, von denen einige Mitglieder
unseres Parlaments sind, zu formen – zum Stolze Österreichs! (Beifall
bei der SPÖ.)
18.36
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete
Schasching. – Bitte. (Abg. Schasching begibt sich zum Rednerpult
und legt dort einen Football vor sich auf das Rednerpult.)
18.36
Abgeordnete
Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich habe Ihnen hier
einen Football mitgebracht, ganz bewusst, und zwar deshalb, weil wir heute das
Berufssportgesetz diskutieren und weil ich (Abg.
Kopf hält die Hände in Fanghaltung
hoch) – Sie können ihn fangen? Das probieren wir nachher aus! Ich weiß
nicht, ob der Herr Präsident damit einverstanden ist.
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Absolut nicht! (Allgemeine Heiterkeit.)
Abgeordnete
Beate Schasching (fortsetzend): Na eben! Ich
würde mich zwar freuen, wenn es hier im Hohen Haus ein wenig sportlicher
zuginge, aber das riskiere ich nicht, Herr Präsident. (Abg. Scheibner: Das steht
nicht in der Geschäftsordnung!) Vielleicht dann anschließend draußen, Herr
Kollege Kopf. (Abg. Neudeck: Das ist ein Kopf-Ball!)
Aber, Herr Kollege
Kopf, gerade deshalb freut es mich, dass Sie so gezeigt haben (die Rednerin ahmt die oben beschriebene
Handbewegung des Abg. Kopf nach),
denn das Berufssportgesetz, das wir heute auf Antrag aller vier Parteien
diskutieren, soll nämlich kein Fußballer-Gesetz werden (Abg. Neudeck: Aber Football
ist nicht Fußball!), sondern
ein Gesetz, das allen österreichischen Sportlerinnen und Sportlern und allen
Sportarten gerecht wird. Daher bitte ich dich, Herr Staatssekretär, dein ganzes
Gewicht – das heute schon ein paar Mal angesprochen wurde (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Das ist wenig!) –
in die Waagschale zu werfen (Abg. Parnigoni: Leichtgewichtig!), damit die Arbeitsgruppe auch
dahin gehend tätig wird und tatsächlich auf alle Bedürfnisse und alle
Sportarten entsprechend Rücksicht nimmt.
Es gibt in
Österreich über 50 anerkannte Sportarten. Das vorliegende Gesetz soll auf alle
Fälle eines nicht, nämlich gegen den Sport und gegen die Sportler gerichtet
sein. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu bedenken, dass es
diesbezüglich noch einiges an Gefahrenpotential in dieser Diskussion gibt und
großes Augenmerk auf alle Bereiche gelegt werden muss.
Das
Berufssportgesetz, das wir brauchen, soll nämlich nicht, wie ich schon gesagt
habe, gegen die Sportler gerichtet sein. Ich muss darauf hinweisen, dass genau
das in der vergangenen Gesetzgebungsperiode leider passiert ist: Sie haben
nämlich sehr wohl, möglicherweise im guten Glauben, Positives zu tun, Gesetze
geschaffen, die sich gegen die Sport Ausübenden richten und jetzt mit Ihrer
Hilfe vielleicht wieder bereinigt werden können.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 159 |
Ich möchte daher
darauf hinweisen, dass ich heute im Rahmen dieser Sitzung einen Antrag mit dem
Titel „Soforthilfeprogramm für österreichische Sportvereine“ eingebracht habe.
Es geht dabei um eine kleine, aber sehr wichtige Reparatur in den
Vereinsrichtlinien.
Geschätzte Damen
und Herren! Viele Vereine können im Rahmen ihrer Tätigkeit, auch wenn sie nicht
nicht gemeinnützig agieren, in ihren Statuten aber noch reparaturbedürftige
Teile enthalten sind, die Gemeinnützigkeit verlieren. Im Falle eines solchen
Verlustes der Gemeinnützigkeit ist laut Verordnung des Finanzministeriums
Unverzüglichkeit angesagt. All diejenigen unter Ihnen, die mit Vereinen und
Vereinswesen zu tun haben, wissen, was das für einen Verein bedeutet, nämlich
dass er unverzüglich eine Generalversammlung einberufen muss. Das
bedeutet wiederum zusätzlichen bürokratischen Aufwand, zusätzliche Kosten. Für
viele ist das in dieser Kürze schlicht und einfach nicht zu schaffen.
Ich stelle daher
meinen Antrag, der darauf abzielt, umgehend die
Vereinsrichtlinien 2001 dahin gehend zu ändern, dass gemeinnützige
Vereine, deren Statuten in einzelnen Punkten gegen diese Vereinsrichtlinie
verstoßen, diese, längstens bis 30. Juni 2004, zu ändern haben. Bis zu
diesem Zeitpunkt verlieren sie nicht die Gemeinnützigkeit, wenn sie sich
ansonsten gemeinnützig verhalten und die beanstandeten und zu beanstandenden
Punkte der Statuten dieses Vereines nicht gelebt werden.
Ich ersuche jetzt
schon, im Sport- und im Finanzausschuss diesem Antrag zuzustimmen.
Warum ich aber
jetzt noch um das Gewicht des Herrn Staatssekretärs Schweitzer zusätzlich
bitten und worauf ich hinweisen möchte: Wir haben heute – unter anderem
bei der Budgetrede des Herrn Finanzministers – gehört, dass es auch um die
finanzielle Dotierung des Sportes geht. Und was die finanzielle Dotierung des
Sportes anlangt, möchte ich schon daran erinnern, dass es in Österreich vor den
Wahlen von allen Parteien die
Zusage gegeben hat, den Sport höher dotieren zu wollen. – Das ist de facto
nicht der Fall! Wir wissen
alle, wovon wir reden.
Herr Schweitzer,
wir wissen’s ganz genau: Eine höhere Dotierung für den gesamten Sport gibt es nicht – und das ist schade!
Heute wurde hier ja unter anderem in der Diskussion über den Dringlichen Antrag
auch eine Abfangjägerdebatte geführt (Abg.
Scheibner: Debatte war das keine, das war ein ...!), und in dieser konnten wir
hören, dass es da so genannte Kompensations-, also Gegengeschäfte geben soll. (Zwischenruf
des Abg. Murauer.)
Ich kann Ihnen
sagen – der Herr Finanzminister ist jetzt leider nicht mehr
anwesend –: Diese Gegengeschäfte stehen in den Sternen, sind vielleicht
ein Märchen – aber vielleicht sind sie es auch nicht. (Abg. Murauer:
Sie kennen sich aber gut aus bei den Gegengeschäften!) Was aber sicher ist,
ist, dass jeder Euro, den der Finanzminister für den Sportbereich zur Verfügung
stellt, doppelt zurückkommt: durch die Wirtschaft, durch den Tourismus und durch
die Gesundheitsförderung der Bevölkerung. Und dazu, meine Damen und Herren,
gibt es wissenschaftliche Untersuchungen. All das ist wissenschaftlich
belegt – im Gegensatz zu den Gegengeschäften im Zusammenhang mit dem
Abfangjägerkauf! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. –
Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Zum Schluss
kommend möchte ich Sie, Herr Staatssekretär Schweitzer, noch einmal auffordern,
Ihr Gewicht dort in die Waagschale zu werfen, wo es notwendig ist, nämlich bei
der höheren finanziellen Dotierung des Sportes, ebenso bei Frau
Bundesministerin Gehrer, die ja zu Beginn dieser Debatte noch kurz anwesend
war, um auch ihr zu sagen, wie wichtig der Sport in der Schule ist und dass es keinen Sinn macht, Sportstunden
zu kürzen, auch nicht im BMHS-Bereich.
Auf alle Fälle
sollten Sie, Herr Staatssekretär Schweitzer, sich mit Ihrem Gewicht dort einsetzen,
wo es darum geht, ein faires, ein gerechtes und für alle brauchbares Berufssportgesetz zu initiieren. Da werden
wir gerne mit dabei sein.
In diesem Sinne wünsche ich uns, dass es ein positives Gesetz für die SportlerInnen in Österreich wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schasching überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Mag. Schweitzer
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 160 |
den Football. – Dieser wirft
ihn zu Abg. Kopf, welcher ihn auffängt. – Demonstrativer Beifall der Abg.
Dr. Brinek.)
18.43
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Frau Abgeordnete
Schasching, habe ich Sie richtig verstanden, dass der Antrag, von dem Sie
gesprochen haben, ein selbständiger ist, der jetzt nicht zur Abstimmung
gelangt? (Abg. Schasching bejaht dies.) – Okay.
Nächste Rednerin
ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte. (Abg. Murauer: Die Gegengeschäfte
hat sie drin ...!)
18.43
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Als mein Kollege Kurt Grünewald zuerst
bei der Anfragebesprechung von den „Olympioniken“ sprach, dachte ich, er ist in
der falschen „Besprechung“, beim falschen Thema. Als ich dann drauf kam, dass
er nicht die Teilnehmer der Sportolympiade meinte, sondern die der
Burschenschaft „Olympia“, war ich wieder beruhigt, denn zum Glück ist
Mensur-Fechten keine olympische Disziplin – und wird es wohl auch in Zukunft
nicht sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. –
Abg. Scheibner: Aber Steine-Werfen
auch nicht!)
Aber als
Freizeitunfall sind Mensur-Fechtereien vielleicht schon zu bezeichnen, denn
schließlich gehen jene Männer, die das freiwillig tun, voll der Kenntnis des
Risikos und in voller Eigenverantwortung in dieses Fechten. Und wenn sie dann
verletzt sind, mit diesen Schmissen, ist es doch so, dass sie sich nicht immer
selber verarzten, sondern sehr wohl das Krankenhaus aufsuchen müssen und dort
verarztet werden, und zwar auf Allgemeinkosten. – Also, Herr
Staatssekretär, ich würde Ihnen vorschlagen, dass man in den Kontext der
Freizeit-Unfallversicherungen auch die Mitglieder von schlagenden Verbindungen
hineinnimmt und diese auffordert, ebenfalls solche Versicherungen
abzuschließen. Das wäre doch eine sinnvolle Maßnahme, um die Kosten in den
Spitälern zu reduzieren.
Aber kommen wir
nun zum Berufssportgesetz und zur Frage, wie diese Gesetzesvorlage behandelt
werden soll. Wir sind auch der Meinung, dass das grundsätzlich eine gute
Initiative ist; es ist ja ein Vier-Parteien-Antrag. Es gibt einige offene
Fragen, die wir in den Ausschusssitzungen dann wohl klären werden.
Herr
Staatssekretär Schweitzer, ich möchte einen Punkt ansprechen, wo Sportler, und
zwar sowohl Profis als auch AmateurInnen, gemeinsam aktiv sind, nämlich bei den
diversen Laufsportarten, bei den Marathons etwa. Sie selbst, Herr
Staatssekretär, sind ja auch ein Läufer und wissen, wie das ist, wenn
SpitzensportlerInnen und AmateurInnen gemeinsam laufen.
Etwas, was ich
Sie, Herr Staatssekretär, fragen möchte, ist, ob Ihnen schon einmal aufgefallen
ist, dass gerade die Spitzensportlerinnen da ziemlich
benachteiligt sind. Es gibt Marathons, bei denen das Preisgeld für Frauen, für
Spitzensportlerinnen um einiges geringer als das für die männlichen
Spitzensportler ist. Beim Wien-Marathon sind das, glaube ich, an die
4 000 €, um die die Spitzensportlerinnen weniger bekommen als die
Männer. (Abg. Großruck: Wenn sie
gewinnen, kriegen sie es auch!) Und dieser Unterschied sollte ausgeglichen
werden!
Mir ist schon
klar, dass die Veranstalter dieser Marathons keine staatlichen Organisationen
sind, aber: Für Sie als Staatssekretär für Sportangelegenheiten wäre es doch
etwas, wenn Sie einmal ein Schreiben an alle Veranstalter richten und diese
auffordern würden, gleich hohe Preisgelder für Spitzensportlerinnen und
Spitzensportler zu zahlen. Und es ist nicht so, dass das noch nirgends üblich
wäre, sogar in Österreich: Beim Wachau-Marathon ist das Preisgeld für Männer
und Frauen gleich hoch. Bei den großen Marathons in New York, in Chicago, in
Boston oder auch in Honolulu erhalten Siegerinnen und Sieger das gleiche
Preisgeld – nur in Wien noch nicht!
Also, Herr Staatssekretär: Ich fordere Sie auf, das einmal öffentlich kundzutun und eine Aufforderung an alle VeranstalterInnen zu richten, alle gleich zu behandeln und Männern und
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 161 |
Frauen das gleiche Geld für die Leistung im Marathon-Sport zu
zahlen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ein zweiter Punkt.
Es ist immer wieder so, dass bei allen Spitzensportarten die Männer viel
stärker in den Medien präsent sind. Männer, das sind die, die die ganz tollen
Leistungen bringen. – Für Spitzensportlerinnen hingegen ist
immer viel weniger Platz, und das heißt weniger und kleinere Fotos, weniger
Öffentlichkeit. Auch bei den Marathons ist es so.
Es gäbe aber eine
Möglichkeit, um die Situation im Laufsport für Elitesportlerinnen zu verbessern,
nämlich mit dem versetzten Start: dass die Top-Läuferinnen zuerst laufen, die
Männer und das Hauptfeld erst dann weiter hinten. Das ist sehr kontrovers, und
es wird dann oft gesagt, da seien die Männer benachteiligt. Es gibt jedoch
Marathons, meine Damen und Herren, wo das so gehandhabt wird: in London beispielsweise
oder in New York. Die Frauen starten davor, dann die Männer und das Hauptfeld.
Das führt nämlich dazu, dass die Siegerinnen auch als Erste
einlaufen – und nicht sozusagen in der Masse aller anderen untergehen und
die Männer vorne gefeiert werden. Also in London und New York ist es so.
Gerade weil es so
ist, dass die Leistungen der Frauen auch im Spitzensport immer noch nicht
dieselbe Anerkennung erhalten wie die der Männer, wäre das doch ein
Betätigungsfeld für Sie, Herr Staatssekretär Schweitzer! Ich fordere Sie daher
auf, diesbezüglich aktiv zu werden, gerade was die Marathons betrifft, an denen
ja auch Sie persönlich teilnehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und
bei Abgeordneten der SPÖ. – Staatssekretär Mag. Schweitzer – in Richtung des Präsidenten
Dr. Fischer –: Einen Satz!)
18.48
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Einen Satz für den Herrn Staatssekretär. – Bitte.
18.48
Staatssekretär
im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Frau
Kollegin Lunacek, Sie sind zum Teil informiert und zum Teil nicht
informiert, und deswegen erlaube ich mir, zwei Sätze dazu zu sagen.
In Wien ist der
Veranstalter des am 25. Mai stattfindenden Marathonlaufs Herr Wolfgang Konrad.
Dieser organisiert das gemeinsam mit den Sportverantwortlichen der Stadt Wien,
die auch für die Preisgelder verantwortlich sind. (Abg. Mag. Lunacek: Ich
habe gesagt, Sie sollen sie auffordern!) Das ist ein sozusagen
Allgegenwärtiger im Wiener Sport, der über alles verfügt: Herr Podkowicz,
gemeinsam mit Frau Vizebürgermeisterin Laska. (Abg. Mag. Lunacek: Fordern
Sie sie auf, dass sie das ändern!) Wenn wir uns bemühen, positiven Einfluss
zu nehmen, wird uns gesagt: Das ist alles Sache des Veranstalters, gemeinsam
mit den Sportverantwortlichen der Stadt Wien. (Abg. Mag. Gaßner:
Haben Sie sich schon bemüht?)
Sie haben schon
Recht, Frau Abgeordnete: Auch in Wien wäre es richtig, Männern und Frauen ein
gleich hohes Preisgeld zukommen zu lassen, wie bei anderen Marathonläufen
dieser Welt auch, beispielsweise eben in New York oder in Boston.
Aber ich darf
Ihnen Folgendes dazu sagen – da ich auch schon in New York und in London
gelaufen bin –: Auch dort starten Männer und Frauen gleichzeitig, eben nur
anfangs auf zwei verschiedenen Bahnen, und deshalb gibt es da
getrennte Bilder. Aber es ist noch immer so, dass der Schnellste auch als
Erster im Ziel ist: egal, ob Mann oder Frau. Paula Radcliffe wird unter
Umständen demnächst schneller sein als die schnellsten Männer – und dann
wird eben eine Frau zuerst im Ziel sein. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.) –
Paula Radcliffe bekommt übrigens – egal, ob sie in London gewinnt oder in
New York – gleich viel wie die Männer. (Rufe
bei der SPÖ: Ein Satz!)
Ich habe mich, sowohl was die Teilnahme der Behinderten am Wien-Marathon betrifft als auch was das Preisgeld betrifft, an die Verantwortlichen gewandt. Aber solange das die Wiener Sozialdemokratie gemeinsam mit dem Herrn Veranstalter nicht machen will, kann ich leider nicht mehr tun, als einmal mehr zu sagen: Es wäre schon gut, wenn man internationalen
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 162 |
Vorbildern nacheifern würde. (Beifall bei den
Freiheitlichen. – Abg. Mag. Lunacek: Es gibt auch andere
Marathons in Österreich, bei denen das nicht so ist!)
18.51
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Weitere
Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung,
der nicht ein Gesetzentwurf zugrunde liegt, sondern ein Entschließungsantrag.
Wir stimmen ab
über die dem Ausschussbericht 77 der Beilagen beigedruckte Entschließung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein
Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 7.)
Damit haben wir
diesen Tagesordnungspunkt erledigt.
5. Punkt
Bericht des
Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien
(9eE Vr 9391/01, 095 Hv 5160/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des
Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Alfred Brader (75 der Beilagen)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 5. Punkt der
Tagesordnung.
Wortmeldungen
liegen nicht vor. Daher findet auch keine Debatte statt.
Wir kommen
sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses
in 75 der Beilagen.
Der Nationalrat
möge Folgendes beschließen:
„In Behandlung des
Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. März 2003 ...
um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag.
Dr. Alfred Brader wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG
festgestellt, dass – ratione temporis – kein Zusammenhang zwischen der von dem
Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit
des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Brader besteht.“
Dies ist der
Antrag des Immunitätsausschusses.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein
Zeichen. – Der Antrag des Immunitätsausschusses ist einstimmig
angenommen.
Damit haben wir
den 5. Punkt erledigt.
6. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Georg
Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (77/A)
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 6. Punkt der
Tagesordnung.
Wir gehen in die
Debatte ein, und ich erteile als Erstem dem Antragsteller, Herrn Abgeordnetem
Oberhaidinger, das Wort. Er wird voraussichtlich 10 Minuten
sprechen. – Bitte.
18.54
Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister – es freut mich, dass du bei der ersten Lesung dieses Antrags anwesend bist! Meine Damen und Herren!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 163 |
Es ist – das, glaube ich,
wissen wir alle – nichts so gut, dass es nicht verbessert werden könnte.
Damit ich nicht so wie in der letzten Wirtschaftsausschusssitzung
missverstanden werde, möchte ich im Vorhinein betonen, dass ich mich voll und
ganz zu den Gesetzen bekenne, die wir im Energiebereich überwiegend
mehrheitlich, mit den Stimmen aller Parteien in diesem Hause, beschlossen
haben. Es muss jedoch erlaubt sein, im Lichte der mittlerweile gewonnenen
Erfahrungen über Änderungen und Verbesserungen nachzudenken und diese auch
anzusprechen.
Vieles von dem,
was wir heute wissen, wussten wir vor Jahren noch nicht, oder es war nicht
möglich, sich darauf zu einigen, oder wir haben es – und das kann ja auch
passiert sein in der Hektik, in der diese Gesetze manchmal zustande
kommen – schlicht und einfach übersehen. Ich bin mir nicht mehr ganz
sicher, ob die Regelung, die ich heute anspreche, übersehen wurde oder ob es
dazu keine Einigung gab.
Auf alle Fälle
möchte ich mich gleich zu Beginn für einen Schreibfehler im vorliegenden Antrag
entschuldigen. Es muss natürlich heißen: „ernannte Mitglieder anzugehören“ und
nicht „... auszugehören“. Ich habe auf eine Korrektur nicht mehr
bestanden, weil das mit Zeitverlust verbunden gewesen wäre – wir hätten
diesen Antrag neuerlich einbringen müssen –, und habe darauf vertraut,
dass Sie Verständnis dafür haben, dass, wo Menschen arbeiten, auch Fehler
passieren können.
Meine Damen und
Herren! Im Sinne eines funktionierenden Energie-Gasbeirates darf ich Sie
bitten, diesen Antrag im Wirtschaftsausschuss positiv zu diskutieren und
entsprechend positiv zu beschließen. Momentan ist es so, dass dieser
Energie-Gasbeirat nicht voll funktionsfähig ist, weil die Vereinbarkeit nicht
zur Gänze gegeben ist. Es sind Firmenvertreter in diesem Energie-Gasbeirat
vertreten, sodass sich andere Firmen oder Unternehmen einfach nicht bereit
erklären, dort ihre Daten vorzulegen, wenn sie von der Konkurrenz in dieser
Form eingesehen werden können. – Das ist mein dringendes Anliegen zu
diesem Antrag.
Ich möchte die
Gelegenheit auch nützen, um zwei Probleme anzusprechen, die seit längerem
anhängig sind. Herr Bundesminister, wir haben den letzten Energiebericht im
Jahre 1996, glaube ich, in dieses Haus bekommen, und seither wurde, obwohl sich
in unserem Lande im Energiebereich so viel verändert hat, die Energiesituation
nie mehr evaluiert. Wir wissen momentan eigentlich nicht, wohin der Zug fährt
und ob er überhaupt in die richtige Richtung fährt: Setzen wir die richtigen
Maßnahmen? Bereiten wir die richtigen gesetzlichen Änderungen vor? – Es wäre
wirklich höchste Zeit, den Energiebericht für das Haus vorzubereiten und
einzubringen. Ich habe dazu vor zirka einem Jahr einen entsprechenden
Entschließungsantrag eingebracht.
Ein weiteres
Problem, das ebenfalls im Zusammenhang mit dem leider nicht vorliegenden
Energiebericht gesehen werden kann, ist der § 25 des ElWOG, in dem
vorgesehen ist, dass für die Festlegung der Regulierungsbehörde, die
mittlerweile nahezu ein Jahr arbeitet, der Bundesminister eine entsprechende
Verordnung erlässt, sodass ein halbwegs verlässlicher Rahmen für die
Vorgangsweise der Regulierungsbehörde gegeben ist. Da kann ich mir durchaus
vorstellen, dass es zur damaligen Zeit vielleicht gescheit war, dass man keine
Verordnung erlassen, sondern gesagt hat: Okay, wir installieren die
Regulierungsbehörde – in etwa gibt das Gesetz ja vor, wie es funktionieren
sollte – und lassen sie einmal arbeiten, ohne sie zu sehr einzuengen.
Mittlerweile
entwickelte sich die Situation so, dass sich auch die Landeshauptleute in der
Landeshauptleutekonferenz – nach vorliegendem Papier war das am
30. April – damit beschäftigt haben. Da wurde die Problematik in der
Diskussion schon angesprochen: Als Erstes müsste es einen Energiebericht der
Bundesregierung geben, damit klar wird, wohin die Regierung in
energiepolitischen Fragen steuert – wie gesagt, es ist momentan eher nicht
festzumachen, wohin sie steuert –, als Zweites die Grundsatzverordnung
des Bundesministers, damit dieser die politische Verantwortung für die Ziele
der Netzregulierung übernimmt, und dann erst das Projekt von der E-Control. Im
konkret vorliegenden Text lautet der einstimmige Beschluss der
Landeshauptleutekonferenz so:
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 164 |
Die
Landeshauptleutekonferenz erwartet eine gänzliche Neuverhandlung des
Regulierungsansatzes auf der Basis einer ausgewogenen, sachlich und rechtlich
sowie betriebs- und volkswirtschaftlich angemessenen Betrachtungsweise mit dem
Ziel einer stärkeren Berücksichtigung der Versorgungssicherheit für Wirtschaft
und Energiekunden. – Zitatende.
Meine Damen und
Herren! Ich darf Sie, und zwar auch die Regierungsparteien, bitten, uns bei
diesem Anliegen zu unterstützen. Wenn im Wirtschaftsausschuss die Meinung
vertreten werden sollte, es müsste mehr zusammenkommen und wir sollten ein
größeres Paket schnüren, wenn wir verändern und novellieren: Ich bin gerne dazu
bereit!
An Sie möchte ich
appellieren: Nehmen Sie die Probleme, in der sich zurzeit die E-Wirtschaft und
im Besonderen die Netzbetriebe befinden, nicht auf die leichte Schulter!
Korrigieren wir, was uns vor einem Jahr oder noch früher nicht einsichtig oder
einfach noch nicht möglich war! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
19.01
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Kopf. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. –
Bitte.
19.01
Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Oberhaidinger, ich
glaube in der Tat, dass das, was du zum Erdgasbeirat angesprochen hast, für
uns ein Thema sein sollte. Wir haben hier – im Gegensatz zum
Elektrizitätsbeirat – auch Vertreter der Bundesländer, des Städtebundes,
des Gemeindebundes mit in dieses Gremium entsandt. Das ist per se nichts
Schlechtes oder Nachteiliges. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn
übernimmt den Vorsitz.)
Aber du, Kollege
Oberhaidinger, hast Recht: Manche Bundesländer entsenden statt eines
unabhängigen Vertreters des Bundeslandes oder der Landesregierung tatsächlich
Vertreter aus den den Ländern ja nicht sehr fern stehenden, aber doch auf dem
Markt agierenden Gasgesellschaften. Das ist natürlich ein Problem, wenn es um
die Vorlage von Unterlagen aus einzelnen Unternehmungen geht. Ich denke, dass
wir darüber reden sollten, und wir sollten uns darüber auch verständigen
können. Da aber ohnedies eine Energiebinnenmarktrichtlinie beziehungsweise
deren Umsetzung, also eine Novellierung, von Brüssel her auf uns zukommt, und
da es wahrscheinlich schon im Herbst soweit sein wird, dass wir uns damit
beschäftigen müssen, denke ich, dass wir das zu gegebener Zeit wahrscheinlich
in einem erledigen können sollten.
Prinzipiell muss
man in diesem Zusammenhang auch darauf verweisen, warum das Ganze problematisch
ist. Die WIENGAS beispielsweise hat in den letzten Tagen an
700 000 Kunden ein Schreiben über eine Preiserhöhung per 1. Juni
2003 versandt und diese mit etwas fragwürdigen Argumenten begründet, nämlich:
Die fast hundertprozentige Erhöhung des Grundpreises sei durch die
Liberalisierung begründet. – Das scheint mir eine etwas missbräuchliche
Kundeninformation zu sein. Allein schon aus diesem Grund glaube ich, dass in
einem auch für Preisfragen zuständigen Beirat Ländervertreter – in diesem
Fall sogar Unternehmensvertreter – tatsächlich in einer etwas
zweifelhaften Position sind, weil unter Umständen Informationen aus anderen
Unternehmen letzten Endes zu einem Missbrauch dieser Marktposition führen
könnten.
Kurzum: Ich
glaube, darüber kann man reden. Es ist meines Erachtens jetzt nicht besonders
vordringlich, wir können es sicherlich mit den anderen von dir, Kollege
Oberhaidinger, angeschnittenen Fragen in einem besprechen und möglicherweise
gegen Jahresende zu einer Lösung kommen. Ich glaube, das gehört im Paket mit
ein paar anderen Fragen mitbehandelt. Unsere Gesprächsbereitschaft ist an sich
gegeben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 165 |
19.04
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.
19.04
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte
Damen und Herren des Hohen Hauses! Kollege Oberhaidinger, die
Gesprächsbereitschaft unsererseits ist in diesem Punkt sicherlich gegeben, das
ist keine Frage. Die Zusammenarbeit hat ja auch bei den Energiegesetzen gut
funktioniert. Ich denke, wenn man erkennt, dass Korrekturen erforderlich sind,
dann sollte man diese auch durchführen.
Im konkreten Fall
geht es um den Gasbeirat, der eine andere Zusammensetzung als der
Elektrizitätsbeirat hat. Wenn ich die „Parlamentskorrespondenz“ betrachte: Es
geht eben darum, dass der Gasbeirat nach den gleichen Grundsätzen wie der
Elektrizitätsbeirat arbeiten soll, wobei das – und ich nehme an, dass das
so stimmt – aus meiner Sicht schon zu hinterfragen ist. Ich glaube, darüber
wird man diskutieren können.
Hier ist
angesprochen, dass die betroffenen Ministerien und die Vertreter der
Sozialpartner vertreten sein sollten, aber nicht mehr die Länder- und
Gemeindevertreter sowie die Vertreter der Industriellenvereinigung. Ich denke,
es ist sinnvoll, darüber zu diskutieren, wie und in welcher Zusammensetzung es
Sinn macht. Es kommt nicht unbedingt auf die Übertragung oder die
Gleichstellung mit dem Elektrizitätsbeirat an, um nach diesen Grundsätzen
vorzugehen. Ich greife da beispielhaft die Industriellenvereinigung heraus,
deren Unternehmungen bei immerhin 45 bis 50 Prozent des gesamten
Erdgasbedarfs in Österreich liegen. Ich glaube, dass es durchaus Sinn macht,
wenn diese dort mit dabei sind.
Was die Argumente
betrifft, die hier in Bezug auf das Offenlegen von Zahlen eines Unternehmens
gegenüber dem Mitbewerber in diesem Beirat vorgebracht wurden: Das bereitet
sicherlich Probleme, und wir werden uns da, wie ich meine, durchaus
verständigen können, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.
Hinsichtlich der
zeitlichen Abfolge glaube ich, dass nach einem bestimmten Beobachtungszeitraum
eine Nachjustierung, eine Abänderung dort, wo wir die Erkenntnis gewinnen, dass
Änderungen Sinn machen, durchaus angebracht ist und wir dann insgesamt eine
Erledigung vornehmen sollten. Damit ist nicht gemeint, dass das am
Sankt-Nimmerleins-Tag der Fall sein wird, sondern tatsächlich in absehbarer
Zeit. Aber wir werden diesbezüglich sicherlich noch Gespräche führen. –
Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
19.07
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau
Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.
19.07
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Zur vorliegenden Gesetzesvorlage, die jetzt in erster Lesung
von der SPÖ eingebracht worden ist: Wir würden es sehr begrüßen, wenn im Zuge
dieser kleinen Novelle, die wir gern ausführlich diskutieren würden, auch die
großen Fragen, die insgesamt anstehen, in einem Paket diskutiert werden
könnten.
Es geht im
Wesentlichen erstens um den Energiebericht, den ich für essenziell halte. Auch
in einem liberalisierten Markt ist es notwendig, Grundsteine von Planung nach
wie vor im Auge zu behalten, auch als Gesetzgeber. Dazu einen Bericht zumindest
zweijährlich im Parlament zu haben, ist jedenfalls eine sehr gute
Unterstützung. (Demonstrativer Beifall des Abg. Oberhaidinger.) Auch andere Länder, so zum Beispiel die
Tschechische Republik, arbeiten im Moment an einem Energiekonzept, an einem
Energieplan. Das ist auch sehr stark parlamentarisch abgesichert, und ich
denke, das könnte für uns ein Vorbild sein. (Beifall bei den Grünen sowie
des Abg. Oberhaidinger.)
Das Zweite, was in diesem Zusammenhang wichtig ist: Wir haben letztes Jahr das Ökostromgesetz verabschiedet. Auch da wäre einmal eine Evaluierung durchzuführen: mit der gemeinsamen Zielsetzung, die bestehenden Ansätze noch deutlich zu verbessern. Es gibt Berechnungen, dass wir mit dem stehenden Instrumentarium die Ziele nicht erreichen werden und
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 166 |
nicht erreichen können. Dafür ist hauptsächlich das Stromwachstum
verantwortlich, und das Stromwachstum ist kein „Naturgesetz“.
Ich würde mir
wünschen, dass die großen Bausteine einer alternativen Energiepolitik auch im
Rahmen eines solchen Energiekonzeptes einfließen könnten, nämlich:
Energieeffizienz, der weitgehende Umstieg auf erneuerbare Energieträger, und
vor allem, dezentrale Versorgungsanlagen zu unterstützen und zu fördern. (Beifall
bei den Grünen.) Wir haben dies schon lange als Bausteine von grüner
Energiepolitik formuliert, aber ich kenne auch einige in den Reihen von ÖVP und
FPÖ, denen das ein Anliegen ist.
Ein dritter
Gedanke, der in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielt und auch wichtiger
genommen werden muss, betrifft das Einbringen österreichischer Positionen im
europäischen Energiediskurs. Da sind einige sehr heikle Entscheidungen
ausständig. Ich nenne in diesem Zusammenhang den Fall vor dem Europäischen
Gerichtshof, in dem derzeit über die Frage der Beihilfen sehr intensiv
diskutiert wird, wobei es vor allem um die Frage der Grundversorgung geht und
auch die Beihilfen im Zusammenhang mit entlegener Versorgung, im Daseinsvorsorgebereich,
unter Umständen zur Disposition stehen.
Österreich sollte sich
bei diesen Liberalisierungsfragen auf der europäischen Ebene sehr intensiv und
mit einer guten Position einbringen. – Danke. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
19.10
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 167 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Wirtschaftsminister Dr. Bartenstein. – Bitte.
19.10
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller Kürze zu diesem Antrag zum Energie-Regulierungsbehördengesetz: Ich anerkenne das Problem. Den vorgeschlagenen Weg des Abgeordneten Oberhaidinger kann ich nicht oder jedenfalls noch nicht nachvollziehen, nämlich dass die Antwort auf dieses „Conflict of Interest“-Problem, das es aus meiner Sicht offensichtlich ist und das sich nicht unbedingt auf Grund des Gesetzes ergibt, sondern auf Grund der von den Ländern vorgenommenen Nominierungen und der Personen, die dort nominiert wurden, sowie der Verantwortlichkeiten, die diese Personen in Energiegesellschaften haben – dass die Antwort darauf der Entfall der Nominierungsrechte sein müsse. Lassen Sie uns hier offen und breiter diskutieren, lassen Sie uns sicherstellen, dass die derzeit aus meiner Sicht problematische „Conflict of Interest“-Situation bereinigt wird. Das müsste aus meiner Sicht das Ziel sein.
Herr Abgeordneter Oberhaidinger, du hast auch das Thema Energiebericht angeschnitten, ebenso Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Ein solcher Energiebericht ist in Ausarbeitung. Ich gehe davon aus, dass es noch im Jahre 2003, also im laufenden Kalenderjahr, möglich sein wird, dem Hohen Haus, wie gewünscht, einen Energiebericht als Diskussionsgrundlage für vieles zuzuleiten. (Abg. Dr. Glawischnig: Gut! Sehr gut!)
Lassen Sie mich noch auf das eingehen, was Herr Abgeordneter Kopf gesagt hat, weil es eine gewisse Aktualität besitzt: Die Grundpreiserhöhung der WIEN ENERGIE für Gas um fast 100 Prozent, das heißt eine Verdoppelung des Grundpreises, ist an und für sich schon eine Sache, die sehr kritisch zu sehen ist.
Was mich noch mehr stört als diese Verdoppelung des Grundpreises, die im Übrigen auf der Wiener politischen Ebene bisher keinerlei Konsequenzen gehabt hat – das ist vielleicht auch ein Hinweis an die Abgeordneten, die aus der Bundeshauptstadt stammen –, ist, dass die Begründung, die Liberalisierung sei der Grund für die notwendige Erhöhung des Grundpreises, eine absolut missbräuchliche Kundeninformation darstellt. Das wird von mir in aller Deutlichkeit und Schärfe zurückgewiesen! Mit der Liberalisierung des Erdgasmarktes hat das aber schon überhaupt nichts zu tun, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
19.13
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt ist erschöpft; es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet.
Ich weise den Antrag 77/A dem Wirtschaftsausschuss zu.
7. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (93/A)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein. Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.
19.13
Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein sehr verehrter Herr! Es gab gute Gründe für die SPÖ, bei der Novelle zum Meldegesetz der Regierungsvorlage nicht zuzustimmen. Es gab erhebliche Bedenken der österreichischen Datenschützer und Konsumentenschützer insbesondere gegen die Regelung, dass sonstige Abfrageberechtigungen durch das Innenministerium verteilt werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Befürchtungen von damals haben sich bestätigt. Wie sich aus der Diskussion der letzten Monate ergeben hat, wurden durch das Innenministerium Abfrageberechtigungen an Personen vergeben, wobei jeweils nicht die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 16a Abs. 5 Meldegesetz vorgelegen sind. Diese Regelung ist sehr eindeutig: Personen, die regelmäßig Meldeauskünfte zur erwerbsmäßigen Geltendmachung oder Durchsetzung von Rechten oder Ansprüchen benötigen, dürfen eine derartige Abfrageberechtigung bekommen.
Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen jetzt, dass derartige Online-Abfrageberechtigungen an das Sicherheitsgewerbe vergeben wurden. Jetzt frage ich mich wirklich: Was steht eigentlich in der Gewerbeordnung? Was ist Aufgabe des Sicherheitsgewerbes? – Ich glaube, niemand von Ihnen kann mir erklären, dass die Voraussetzungen des § 16a Abs. 5 tatsächlich auf Berufsdetektive zutreffen. Oder sind Sie der Meinung, dass Berufsdetektive zur Durchsetzung von Rechten oder Ansprüchen berechtigt sind?
Ein weiteres Beispiel sind Inkassobüros. Inkassobüros haben ebenfalls einen Online-Zugang zum Zentralen Melderegister. Ich erinnere an die Gewerbeordnung: Niemandem von uns ist bekannt – auch keinem Mitglied des Justizausschusses –, dass Inkassobüros Rechte und Forderungen durchsetzen können.
Aber all diese Abfrageberechtigungen wurden vom Innenminister rechtswidrigerweise – ich betone das – vergeben!
Dasselbe trifft auf das Gewerbe der Auskunfteien zu. Da soll mir wieder jemand erklären, ob nach der Gewerbeordnung Auskunfteien befugt sind, Ansprüche und Rechte durchzusetzen oder auch diese Rechte geltend zu machen.
Jetzt stellen Sie sich Folgendes vor: Ein Beamter, der behördlich tätig wird – nehmen wir einen aus dem Innenministerium her, der einen Zugriff auf das Zentrale Melderegister benötigt –, hat diesen Vorgang im Einzelfall zu dokumentieren, dieser Zugriff muss nachvollziehbar sein; Beamte haben keinen unkontrollierten Online-Zugriff. – Aber diese Gewerbetreibenden, denen rechtswidrigerweise diese Berechtigung zuerkannt wurde, haben einen solchen Zugriff!
Was uns Sozialdemokraten schon etwas nachdenklich macht, ist die Tatsache, dass nun in einer Vorlage zur Änderung des KFG wiederum ausdrücklich geregelt ist, dass bei einer Abfrage nach dem Kennzeichen das rechtliche Interesse nachzuweisen ist. Jetzt frage ich Sie:
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 168 |
Warum ist nach dem § 22 KFG der Vorlage das rechtliche Interesse nachzuweisen, und warum nicht auch im Zentralen Melderegister, obwohl wir wissen, dass da der Missbrauch viel größer sein kann?
Ich möchte nur darauf hinweisen, dass, nicht kontrollierbar durch die zuständige Meldebehörde, Abfragen aus dem Ausland durchgeführt werden können, weil man damals, als das Gesetz entstanden ist, vergessen hat, die Berechtigung für Abfragen auf Inländer einzuschränken. Sie können ins Netz gehen und aus Kroatien, aus Bosnien, aus Russland online ins österreichische Zentrale Melderegister gelangen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann nicht sinnvoll sein!
Daher ist es unser Vorschlag – und Sie haben die Vorlage –, dass bei zukünftigen Abfragen im Zentralen Melderegister in jedem Einzelfall das rechtliche Interesse nachzuweisen ist. Ich ersuche Sie, diesen Antrag ohne Emotionen zu diskutieren, insbesondere unter dem Aspekt, ob seitens des Innenministeriums diese Abfrageberechtigungen rechtskonform vergeben wurden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)
19.19
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.
19.19
Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir diskutieren in erster Lesung einen Gesetzesantrag der SPÖ, mit dem das Meldegesetz geändert werden soll.
Was ist Sache? – Wir haben im Jahre 2001 unser Meldegesetz
novelliert. Seitdem steht uns ein modernes, zukunftsorientiertes, service- und
bürgerorientiertes Meldegesetz zur Verfügung. Ich möchte mich von dieser Stelle
aus bei allen bedanken, die an der Erarbeitung dieses modernen Meldegesetzes
mitgewirkt haben: vom Bundesminister über die Datenschutzkommission bis hin zu
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium.
Geschätzte Damen
und Herren von der SPÖ! Der Antrag, den Sie gestellt haben, zeigt keine
legistische Sternstunde an. Es gibt nämlich überhaupt keinen Grund, die
Effizienz und die Datensicherheit unseres Meldegesetzes in Frage zu stellen. Die
Bundesregierung nimmt die Bürger, den Datenschutz und die persönlichen Rechte
sehr ernst, und sie steht gleichzeitig für eine moderne und
leistungsorientierte Verwaltung. Mit diesem Antrag, der hier eingebracht worden
ist, soll mit aller Kraft verhindert werden, dass eine leistungsorientierte und
unbürokratische Verwaltung in diesem Bereich möglich ist.
Es gibt nur wenige
Gesetze, die draußen bei den Bediensteten vor Ort, die das Gesetz vollziehen
müssen, auf eine derart große Akzeptanz stoßen wie eben das Meldegesetz. Die damaligen
Bedenken und Unkenrufe, dass mit diesem Gesetz dem Missbrauch Tor und Tür
geöffnet werde, der „gläserne Mensch“ eingeführt werde, ein Anschlag auf die
Privatsphäre stattfinde und die Grundrechte verletzt würden, diese Angstmacherei,
geschätzte Damen und Herren, ist ins Leere gegangen. Eines allerdings muss
jedem klar sein: Wenn da jemand unbedingt einen Missbrauch begehen
möchte – da können wir Gesetze schaffen, so viele wir wollen –, dann
ist das sicherlich in keiner Weise zu verhindern.
Worum geht es beim Zentralen Melderegister? – Es geht darum, dass die Behörden Bürgeranliegen wie zum Beispiel die Hauptwohnsitzmeldung jetzt schneller und besser behandeln können. Diese geht jetzt unbürokratisch und schnell vor sich – und kann auch über das Internet erfolgen. Behördenfremde, so genannte Business-Partner, wie sie im Antrag angeführt sind, können nur dann auf diese Daten über das Internet elektronisch zugreifen – übrigens genauso wie jeder andere –, wenn eine Abfragegenehmigung erteilt worden ist, und dafür müssen die Bewerber den angestrebten Zweck der Nutzung des Zentralen Melderegisters angeben. Wenn jemand eine Abfragegenehmigung bekommt und das Zentrale Melderegister benutzt, dann muss er genauso wie jeder andere den Vornamen, den Zunamen, das Geburtsdatum und ein
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zusätzliches Merkmal wie zum Beispiel den
Geburtsort angeben. Wenn diese Daten aber vorhanden sind, dann gibt es
eigentlich keine Verletzung des Datenschutzes mehr.
Geschätzte Damen
und Herren, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen. Man kann das Ganze drehen
und wenden, wie man will: Wir haben ein modernes Meldegesetz, und es steht
überhaupt nicht zur Diskussion, bei diesem Meldegesetz irgendeine Änderung
herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
19.23
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.
19.24
Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Die Arbeiterkammer und der Konsumentenschutz
haben zwar sicherlich, wie das auch Abgeordneter Maier gesagt hat, da oder dort
sehr verdienstvolle Leistungen erbracht. Im gegenständlichen Fall ist aber
genau das Gegenteil der Fall.
Wenn ein Praktiker wie Abgeordneter Kößl sagt, dass das Gesetz gut zu
handhaben ist, dass der Datenschutz im Wesentlichen nicht gefährdet ist, so
sagt das jemand, der genau weiß, wovon er spricht. (Abg. Mag. Johann Maier: Und was ist mit dem
Datenschutzrat?) Ich bin nicht der Meinung, dass in den Bürotürmen des
Konsumentenschutzes und der Arbeiterkammer die Situationen, wie sie sich in der
Praxis abspielen, tatsächlich genau nachvollzogen werden können.
Dieses Gesetz ist auch gut abgesichert: Es gibt kein generelles berechtigtes
Interesse, sondern es muss auch ein Einzelinteresse vorliegen. Jede Art von
Anfrage wird protokolliert. Das System speichert alles. Herr Abgeordneter
Maier, so ist es im Großen und Ganzen unmöglich, den Datenschutz zu verletzen.
Natürlich, wenn man etwas finden will, so kann man immer etwas
behaupten. Ich beziehe mich jetzt auf eine andere gesetzliche Regelung, die von
der Arbeiterkammer, vom Konsumentenschutz auch schon einige Male moniert
wurde: Es ist diese Abfrage bei der Exekutive nach § 130 der
Gewerbeordnung. Und weil gerade auch die privaten Sicherheitsunternehmen angesprochen
wurden: Ja bitte, das ist doch eminent wichtig, dass Mitarbeiter von privaten
Sicherheitsunternehmen durchleuchtet werden, ob sie tatsächlich geeignet sind,
diese Tätigkeit auszuüben. Es wäre doch unvorstellbar, wenn das World Economic
Forum tagt und ein privates Sicherheitsunternehmen seine Leute dorthin
entsendet, dass nicht gewährleistet ist, dass die wirklich für diese Tätigkeit
geeignet sind, dass Vorstrafen, auch wenn sie schon getilgt sind, nicht
angezeigt werden. Dasselbe gilt für Botschaftsbewachungen oder auch
Geldtransporte.
Auch hierüber hat es von Seiten der SPÖ Beschwerden gegeben. Es ist
jedoch eine Notwendigkeit, genauso wie es sich als Notwendigkeit
herausgestellt hat, das Meldegesetz auf den aktuellen Stand zu bringen. Es ist
unbürokratisch, es ist ein gutes Gesetz, es ist ein modernes Gesetz, und es ist
auch ein transparentes Gesetz.
Deshalb gibt es aus unserer Sicht auch überhaupt keinen Grund, diesem
Antrag der Sozialdemokraten in dieser ersten Lesung beizutreten. (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
19.26
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste
Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.
19.27
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Rein technisch – von der Abwicklung, vom Verfahren, von der „Bequemlichkeit“ für die damit befassten Beamten beziehungsweise auch die entsprechenden Interessierten aus der
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Bevölkerung
her – ist das Gesetz tatsächlich unproblematisch. Das neue Meldegesetz ist
unbürokratischer, teilweise kundenfreundlicher und sicherlich auch effizienter.
Keine Frage! Allerdings gab es bereits bei der Verabschiedung, bei der Diskussion
dieses neuen Meldegesetzes Bedenken im Hinblick auf den Datenschutz.
Nun haben wir Erfahrungswerte. Zwei Jahre sind vorübergegangen, und die
Bedenken in Bezug auf den Datenschutz haben sich als berechtigt herausgestellt.
Da ist es doch ganz natürlich und ganz selbstverständlich, angesichts dieser
solcher Bedenken eine Novellierung vorzunehmen. Es geht darum, die Effizienz
der Abwicklung und – auch darauf kommt es mir an – die Garantie des
Datenschutzes miteinander zu koppeln. Nichts anderes will dieser Vorstoß, und
ich unterstütze ihn deshalb.
Ich finde, wir sollten bald darüber beraten, denn es ist gerade in einer
Zeit, in der elektronische Medien immer mehr vernetzt werden, in der Zugriffe
und Abfragen immer leichter möglich werden, notwendig, Datenschutzaspekte immer
mehr zu betonen, in den Vordergrund zu stellen und auch rechtlich zu verankern.
Darauf kommt es an! Wir wollen mit dem neuen Meldegesetz datenschutzmäßig
genauso sicher unterwegs sein, wie wir es mit dem alten waren. Diesen Status
gilt es, wieder herzustellen, und daher unterstütze ich dieses Anliegen. Ich
hoffe, dass wir bald darüber beraten werden. (Beifall bei den Grünen.)
19.28
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. –
Bitte.
19.29
Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Hohes Haus! Kollege Kößl und Kollege Mainoni haben eigentlich zur
Grundfrage, die Kollege Maier angesprochen hat, nicht Stellung genommen. Kollege Kößl hat von einem modernen
Gesetz gesprochen, für das Dank gebühre und bei dem es keinen Grund zu einer
Änderung gebe, hat von Angstmacherei und derlei mehr gesprochen. Er hat also
sozusagen die erste Lesung genützt, um ein wenig zu polemisieren.
Kollege Kößl, es
geht doch in Wirklichkeit darum, dass der § 16a Abs. 5 Detekteien
oder Inkassobüros nicht
ermöglicht, eine Anfrageberechtigung zu bekommen. Das ist doch der Punkt der
ganzen Geschichte, und daher wollen wir mit unserem Antrag eine Änderung erreichen,
und zwar in dem Sinn, dass bei jeder Anfrage ein berechtigtes rechtliches
Interesse eindeutig glaubhaft gemacht werden muss.
Meine Damen und
Herren! Es ist nicht einzusehen, dass ein Beamter sehr genau dokumentieren
muss, nicht nur wie er heißt, seine Dienstnummer und was weiß ich noch alles,
also seine Identität preisgeben muss, sondern auch dokumentieren muss, warum
und auf welche Art und Weise er die Erhebung durchführt und wofür er die Daten
eigentlich ganz genau benötigt. (Abg. Kopf:
Das gilt auch für Private!) Für Inkassobüros oder auch für Berufsdetekteien
und andere, die online zugreifen – da wird zwar auch der Name erhoben,
aber auch wenn der Betreffende derlei Daten zum Teil nicht angibt, kann er
trotzdem ins System hinein –, gilt das jedoch nicht. Vor allem muss kein
rechtliches Interesse nachgewiesen werden, und genau das ist der Punkt.
Daher hat ja auch
der Datenschutzrat – und das ist die Anknüpfung, ich will da jetzt ja
nicht streiten, sondern wir wollen das in Diskussion bringen – deutlich
gemacht, dass er gegen diese Meldegesetz-Novelle ist. Er hat festgestellt, dass
es ein rechtliches Problem gibt, weil es keinen Anspruch gibt. Und genau darum
geht es!
Meine Damen und
Herren! Es kann doch nicht das Interesse sein, dass ein Ministerium, das der
Innenminister sozusagen zum größten Datenhändler wird. Man hat da schon manches
Mal den Eindruck, dass der eigentliche Hintergrund ist, dass der Innenminister
damit Geld machen will. Das geht aber zu Lasten des Personen-, des
Persönlichkeitsschutzes – und das geht zu Lasten der Rechtsstaatlichkeit.
Und das sollte nicht sein!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 171 |
Kollege Mainoni,
bei Ihnen sehe ich das ganz locker: Sie haben natürlich ein gewisses
persönliches Interesse, dass diese Berufsgruppen Zugang erhalten. (Abg.
Mag. Mainoni: Aus der Praxis!)
Ich verstehe das, und das ist auch nichts Negatives, allerdings muss es dann im
Gesetz auch rechtlich gedeckt sein. Unser Vorwurf ist, dass das nicht rechtlich
gedeckt ist. Wenn man das jedoch will, dann muss man es rechtlich absichern.
Darum geht es in dieser Diskussion. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
19.31
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzte Rednerin dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Dr. Partik-Pablé. – Bitte.
19.32
Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé
(Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn
Abgeordneten Maier veranlassen mich, noch ein paar Worte zu diesem Thema zu
sagen. Ich bin auch dafür, wirklich darauf zu schauen, dass es zu keinen
Missbräuchen bei der Einsichtnahme ins Melderegister kommt. – Sie von der
SPÖ stellen das allerdings so dar, als ob jeder rein könnte: sei es aus
Russland, sei es aus Kroatien. Das haben Sie jedenfalls erwähnt, und ich weiß
nicht, auf welche Fälle Sie sich noch bezogen haben. So ist es aber auch wieder
nicht. Es kann sich nicht jeder an den Computer setzen und seine Abfragen
hineintippen, sondern derjenige muss eine generelle Berechtigung besitzen, die
auf einem rechtlichen Interesse beruht. Diese Berechtigung muss ihm vom
Innenministerium erteilt werden. – Ich meine, das muss man schon dazu
sagen, damit das auch klar wird.
Herr Abgeordneter
Maier! Ob nun der Herr Innenminister Berechtigungen vergeben hat, die nicht in
Ordnung waren, das können wir hier nicht beurteilen, sondern da muss man eine
Anfrage an den Innenminister richten oder man muss Gespräche führen oder wie
auch immer versuchen, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Ich weiß, dass es
Missbräuche gegeben hat. Seitens des Innenministeriums ist man diesen
Missbräuchen auch nachgegangen, und diese – ich glaube, es hat sich um
zwei Fälle gehandelt – zwei Personen oder Firmen haben ihre Berechtigung
verloren. Das heißt also, dass sie diese Abfragen jetzt nicht mehr durchführen
können.
Im Übrigen möchte
ich auch noch darauf aufmerksam machen, dass das Melderegister als öffentliches
Register in Wirklichkeit für jeden zugänglich ist. Wenn Sie, als es noch keine
Online-Verbindung gab, in Wien in die Rossauer Kaserne gegangen sind und
eine Meldeauskunft verlangt haben, dann haben Sie diese bekommen, ohne dass
Sie irgendein rechtliches Interesse nachweisen mussten. Das heißt also, dass
der Schutz jetzt sozusagen ohnehin schon etwas verbessert worden ist, und zwar
dadurch, dass man wenigstens diese generelle Berechtigung braucht.
Aber, wie gesagt:
Ich bin durchaus gerne bereit, auch einmal mit dem Herrn Innenminister zu
reden, ob er Berechtigungen nicht zu Unrecht vergeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
19.34
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise
den Antrag 93/A dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.
8. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (95/A)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 172 |
9. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung, das Bundespräsidentenwahlgesetz, das Volksbegehrengesetz, das Volksbefragungsgesetz, das Volksabstimmungsgesetz und das Wählerevidenzgesetz geändert werden (96/A)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun gelangen wir zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter
Dr. Wittmann. – Die Uhr wird wunschgemäß auf 10 Minuten
eingestellt, Herr Abgeordneter. (Abg. Scheibner –
in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Wittmann –:
Wollen Sie wirklich 10 Minuten lang sprechen? – Abg. Dr. Wittmann: Das ist nicht geplant! Man
wird sehen, wie sich die Diskussion entwickelt! – Abg. Scheibner: Wir werden keine
Zwischenrufe machen!)
19.35
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesen Anträgen geht es im Wesentlichen darum, dass wir eigentlich auf Grund der technischen Entwicklung durchaus in der Lage wären, den Wahltag als Stichtag für das Erreichen des Wahlalters zu nehmen und nicht den Jahresbeginn, sodass es nicht wie bei der letzten Nationalratswahl zu Diskrepanzen zwischen Stichtag und Wahltag von fast elf Monaten kommt und zigtausende Jugendliche so nicht in der Lage waren, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Im Zeitalter einer computermäßigen Erfassung der Geburtsdaten und anderer Daten und der amtswegigen Erfassung in den entsprechenden Registern sollte es eigentlich möglich sein, den Stichtag auf den Wahltag zu legen. Ich denke, dass das eine sinnvolle und vernünftige Regelung wäre.
Der zweite Teil dieser Anträge setzt sich damit auseinander, dass in den verschiedensten Berufsgruppen und Interessenvereinigungen auch für jene Berufsausübenden, insbesondere Gewerbetreibende und Freiberufler, das aktive und passive Wahlrecht gegeben sein sollte, die nicht österreichische Staatsbürger sind, weil nicht einsichtig ist, dass jemand, der einen Beruf ausübt, seine Interessen nicht genauso vertreten können soll wie jemand anderer. Das müsste man an eine bestimmte Dauer der Berufstätigkeit binden. Ich denke, es wäre vernünftig, nicht-österreichischen Staatsbürgern sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht in allen Interessenvereinigungen nach fünfjähriger Aufenthaltsdauer zuzugestehen.
Ein weiterer Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen
liegt, ist die Senkung des Wahlalters auf das vollendete
16. Lebensjahr – dies insbesondere auch deswegen, weil die Erfahrung,
die man sowohl bei den burgenländischen als auch bei den Kärntner und
steiermärkischen Kommunalwahlen gewonnen hat, die ist, dass die Jugendlichen
von ihrem Wahlrecht sehr massiv Gebrauch gemacht haben. Bei einer
stichprobeweisen Überprüfung im Burgenland ist man bei den jungen Menschen auf
eine Wahlbeteiligung von 87 Prozent gekommen. Das heißt, die Jugendlichen
nehmen sehr wohl ihre Rechte wahr, wenn man sie ihnen zugesteht. Und es ist nicht
einsichtig, dass man ihnen diese Rechte vorenthält. Die Jugendlichen sind
sozial mehr eingebunden als früher, sie entscheiden über ihren Lebensweg
selbständiger und früher selbständig. Ich meine, es wäre sinnvoll, auf Grund
der gestiegenen Verantwortung auch die entsprechenden Rechte einzuräumen. Man
hat damit im Burgenland gute Erfahrungen gemacht, man hat in Wien gute Erfahrungen
gemacht, man hat in Kärnten gute Erfahrungen gemacht, und man hat in der
Steiermark gute Erfahrungen gemacht: in Kärnten, Burgenland und Steiermark bei
den Kommunalwahlen und in Wien auch darüber hinaus. Man hat auch in deutschen
Bundesländern wie etwa Nordrhein-Westfalen mit der Herabsetzung des Wahlalters
eine nicht unattraktive Erfahrung gemacht, sodass es also durchaus möglich
wäre, das Recht der entsprechenden Verantwortung folgen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 173 |
Kurzer Rede langer Sinn: Es wäre zweckdienlich, das Wahlalter zu senken. Es wäre auch zweckmäßig, den Stichtag anzupassen, und es wäre durchaus auch eine gerechte Vorgangsweise, den Ausländern das aktive und passive Wahlrecht in den Interessenvereinigungen zuzugestehen. (Beifall bei der SPÖ.)
19.39
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.
19.39
Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wie Herr Kollege Wittmann ausgeführt hat, liegen zwei Anträge der SPÖ vor. Der eine betrifft die Zusammenführung des Wahlalters mit dem Stichtag, wer also das 18. Lebensjahr vollendet hat, soll auch mit 18 wählen können (95/A), und der zweite betrifft die Senkung des Wahlalters. Mit dem ersten Antrag wird sich meine Kollegin Silvia Fuhrmann beschäftigen. Ich denke, es ist gut, wenn sie das hier als jüngste Abgeordnete aus ihrer Sicht tun kann.
Zum zweiten Antrag möchte ich sagen, dass der meiner Meinung nach ein wenig dem ersten Antrag widerspricht: Auf der einen Seite wollen Sie für das 18. Lebensjahr den Stichtag und den Wahltag synchronisieren, und auf der anderen Seite wollen Sie die Senkung des Wahlalters auf 16. – Mir ist nicht ganz klar, was Sie wirklich wollen.
Beim ersten Antrag sind wir etwas milder, beim zweiten Antrag, der
Senkung des Wahlalters, sehen wir das anders. Zweifellos wird sich der
Ausschuss damit befassen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Herr
Kollege Brosz, ich habe mir gedacht, Sie möchten keine Zwischenrufe, denn Sie
haben das gerade bei meiner Kollegin Brinek gegeißelt. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Zweifellos wird sich der Ausschuss mit dem Pro und Kontra der Frage der
Senkung des Wahlalters intensiv beschäftigen. Ich möchte nur darauf hinweisen,
dass wir in der vergangenen Gesetzgebungsperiode – es ist ja kein neuer
Antrag – dagegen waren und auch jetzt auf Bundesebene dagegen sind, und es
geht um die Bundesebene, denn darauf bezieht sich der Antrag.
Ich habe auch nachgegraben und nirgends ein Land gefunden, weder in
Europa noch im außereuropäischen Raum, das bei Bundeswahlen ein Wahlalter unter
18 hätte. Österreich wäre da also der absolut erste Staat, der in dieser Frage
vorprescht, wofür ich jedoch keinerlei Notwendigkeit sehe. (Abg. Mag. Wurm:
Wir könnten auch einmal Vorreiter sein!)
Herr Kollege Wittmann, ganz im Gegensatz dazu sehe ich die Notwendigkeit
sehr wohl als gegeben an – und ich erwarte und erhoffe konstruktive
Gespräche dazu –, endlich all denjenigen die Wahlmöglichkeit
zuzugestehen, die laut Gesetz derzeit schon das Wahlrecht haben, und zwar durch
die Briefwahl. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Bravo!)
Das ist etwas, was wir schon lange fordern, was überfällig ist und wozu
ich Sie sehr herzlich einlade. Ohne auf Ausweitungen abzuzielen, wäre das mit
ganz einfachen Maßnahmen zu ermöglichen. (Abg. Brosz: Was ist das
Schlechte an Ausweitungen?)
In diesem Punkt, Herr Kollege Wittmann, sind wir europäisch gesehen
Steinzeit. Bei der Mehrheit der europäischen Länder gibt es bereits die
Möglichkeit zur Briefwahl, und es kommt auch den modernen Menschen, der
Globalisierung, dem Reisebedürfnis der Leute wesentlich mehr entgegen, dass sie
am Wahltag ganz einfach in Form der Briefwahl von ihrer Wahlmöglichkeit
Gebrauch machen können. Ich empfehle Ihnen und appelliere an Sie, uns bei der
Einführung der Briefwahl zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der
ÖVP.)
19.42
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Krainer. – Bitte.
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 174 |
19.43
Abgeordneter
Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Gleiche Pflichten, gleiche Rechte – darunter kann man unseren zweiten, die
Senkung des Wahlalters betreffenden Antrag subsumieren. Wir leben in einem System,
in dem wir mit sechs Jahren in die Schule kommen. Nach neun Pflichtschuljahren
kann man arbeiten gehen, ist man alt genug, um Steuern zu zahlen – und da
sollte man eigentlich auch alt genug sein, mitbestimmen zu können, was mit den
Steuern geschieht und was mit dem Geld geschieht, das man in soziale
Versicherungssysteme einbezahlt, et cetera. Wenn ich 6, 6,5 und 9
zusammenrechne, ergibt das 15, 15½. Dann wäre also 16 der Zeitpunkt, zu dem in unserem Land jeder vom
Gesetz her arbeiten gehen könnte und zu dem in der Regel auch sehr viele
arbeiten gehen und damit auch weit reichende ... (Abg. Neudeck:
Wollen Sie vielleicht die Kinderarbeit, damit die früher wählen gehen können?)
Also bei
16-Jährigen reden wir nicht mehr von Kindern, da reden wir von jungen
Erwachsenen. Wenn 16-Jährige alt genug sind, um arbeiten zu gehen, müssen sie
auch alt genug sein, um wählen zu dürfen und mitzubestimmen, was geschieht.
Die Erfahrungen,
die wir im Burgenland, aber auch in Graz gemacht haben, waren sehr positiv:
eine sehr hohe Wahlbeteiligung bei den Jungen, eine sehr kritische
Auseinandersetzung mit den Inhalten aller Parteien im Vorfeld der Wahl.
Insofern ist es ein wesentlicher Punkt, dass wir das auch umsetzen.
Zum zweiten Punkt
des zweiten Antrags: Genauso sollten auch ausländische Staatsbürger bei
gleichen Pflichten gleiche Rechte erhalten, also auch das Wahlrecht in allen
ihren Interessenvertretungen haben, und zwar sowohl aktiv als auch passiv. Das
ist auch ein Punkt, der schon lange eingefordert wird und wo es endlich an der
Zeit ist, das zu tun.
Wenn man hört,
dass die Leute mitunter nicht reif genug dafür seien, so gibt es dazu zwei
Dinge zu sagen: Erstens haben wir in Österreich keine Wahlpflicht, sondern ein Wahlrecht,
das heißt, wenn jemand der Meinung ist, er ist mit 16, 17 noch nicht reif
genug, persönlich diese Entscheidung zu treffen, dann zwingt ihn ja keiner, zur
Wahl zu gehen, denn es ist ein Recht und keine Pflicht. Diejenigen jedoch, die
der Meinung sind, sie können und wollen diese Entscheidung treffen, sollten
auch die Möglichkeit haben, diese Entscheidung zu treffen.
Das ist natürlich
auch eine Frage der Reife. Wenn Sie sagen, Sie hätten kein Land gefunden, in
dem das möglich ist: Vor etwas mehr als 100 Jahren hätten Sie auch kein
Land gefunden, in dem Frauen wählen hätten dürfen. Vielleicht war das damals
auch ein Argument, das in der Diskussion vorgebracht wurde. Aber es hat sich
dann doch gezeigt, dass da ein Land eben einmal vorangegangen ist, und es hat
dann noch bis 1970 gedauert, bis auch die Schweiz in diesem Punkt nachgezogen
hat. Ich weiß nicht, ob wir in dieser Frage Vorreiter sein wollen, ein
Vorreiter in Sachen Demokratie – oder ein Nachzügler. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer:
Das ist keine Frage der Demokratie!)
Die Frage ist
weniger, ob die 16- und 17-Jährigen reif genug sind, um solche Entscheidungen
zu treffen, sondern ob Sie reif genug sind, ihnen heute bereits
diese Möglichkeit zu geben – oder ob wir noch ein paar Jahre warten
müssen, bis auch Sie das einsehen und bereit sind, in diesem Punkt nachzugeben.
Das wird kommen. Und wenn Sie heute noch nicht reif genug dafür sind – wir
sind es! –, dann werden Sie es vielleicht in ein paar Jahren sein. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Murauer: Und wie ist es bei der
Briefwahl?)
Zum ersten Antrag:
Zehntausende Jugendliche, noch dazu Volljährige, durften bei der letzten
Nationalratswahl nicht wählen, und zwar deswegen nicht, weil der Stichtag immer
der 1. Jänner des Wahljahres ist. Das ist vor zirka zehn Jahren so
eingeführt worden; das hatte auch mit Administrierbarkeit zu tun. Für mich ist
das allerdings ein Rätsel. Vor zehn Jahren, als die Wählerverzeichnisse noch
auf Karteikarten geführt wurden, war eine Stichtagsregelung möglich, die ihn
zirka 60 Tage vor einer Wahl festlegte. Und jetzt im Zeitalter der EDV
kann das nur noch einmal im Jahr gemacht werden?! – Das ist lächerlich!
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 175 |
Jeder Stichtag
beinhaltet natürlich eine gewisse Ungerechtigkeit, denn jemand kann am Stichtag
geboren sein und jemand am Tag danach. Es gibt aber einen Tag, der sich von
selber erklärt, und das ist der Wahltag. Wenn du am Wahltag 18 Jahre alt
bist, dann sollst du wählen dürfen. Bist du am Wahltag nicht 18, kannst du
leider nicht wählen, bist du es am Tag danach, hast du eben Pech gehabt. Das
versteht jeder Mensch und das ist absolut einfach. Ich denke mir, wir sollten
auch in dieser Frage einfach die Gesetze für die Bürger machen, in dem Fall für
die 18-Jährigen – und nicht für die Administrierbarkeit durch die
Bürokratie, die im Übrigen überhaupt kein Problem darstellt, weil es nur eines
Tastendrucks bedarf, um ein Wählerverzeichnis für einen bestimmten Wahltag zu
erstellen.
Weil auch immer
wieder die Frage aufgeworfen wird, wie prognostiziert werden kann, wer 18 sein
wird, wenn der Tag der Ermittlung der Verhältnisse am Stichtag vor diesem
liegt: So schwierig ist es auch nicht, das zu prognostizieren, und die
Trefferquote liegt bei zirka 100 Prozent. Auch beim jetzigen System gibt
es das nämlich. Wenn Sie sich erinnern, hatten wir am 23. Jänner in Graz
die Gemeinderatswahl. Der Tag, an dem festgelegt wurde, wer wahlberechtigt ist
und wer nicht, war der 12. November. Auch da musste also prognostiziert
werden, wer am 1. Jänner bereits 16 sein wird – und siehe da, es war
möglich, und es war überhaupt kein Problem!
Der erste Antrag
ist also für jene gedacht, die noch nicht die Reife haben, die ganzen zwei
Schritte auf einmal zu machen. Ihnen soll es zumindest leichter gemacht werden,
ein bisschen über den eigenen Schatten zu springen, indem sie wenigstens dem
ersten Antrag zustimmen. Ich denke, es gibt in Wirklichkeit überhaupt nichts
dagegen zu sagen, dass der Stichtag so geregelt wird. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
19.48
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr
Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.
19.48
Abgeordneter
Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege, ich glaube, gerade in einer
ersten Lesung sollte es zulässig sein, ganz offen verschiedene Meinungen
auszutauschen und nicht davon zu sprechen, gerade wenn man sich noch dazu in
einer Debatte über das Wahlrecht befindet, dass jemand möglicherweise noch
nicht reif ist, irgendeiner Vorlage, die Sie sich wünschen, zuzustimmen. –
Ich denke, das ist keine Frage der Reife, sondern der politischen Meinung, und
das sollten Sie, so meine ich, auch zur Kenntnis nehmen, auch seitens der
Sozialdemokraten, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Auf der anderen
Seite kann ich Ihrem Begehren, das Wahlalter oder die Wahlberechtigung nicht
vom Kalender, also vom 1. Jänner des jeweiligen Jahres abhängig zu machen,
durchaus einiges abgewinnen.
In unserer
Rechtsordnung ist fixiert, dass das Wahlalter für Bundeswahlen 18 Jahre
ist. Da stellt sich sogar die Frage, ob man dieser Bestimmung gerecht werden
kann, wenn, bei einem Stichtag für das Wahlrecht zu Jahresbeginn, der konkrete
Wahltag irgendwann im Dezember ist und dann das Wahlalter de facto fast bei
19 Jahren liegt. Es stellt sich die Frage, ob hier nicht sogar eine dem
Gesetz widersprechende Regelung materiell verordnet oder fixiert wurde.
Ich weiß nur
nicht, ob es gescheit ist, den Wahltag wirklich auch als Stichtag für das
Wahlalter zu nehmen – oder ob es nicht besser wäre, auf die ursprüngliche
Regelung zurückzugreifen, die, glaube ich, bis 1992 gegolten hat, den Stichtag
für die Wahl auch als Stichtag für das Wahlalter zu nehmen, um merkwürdige
bürokratische Vorgänge zu vermeiden, dann auch noch überlegen zu müssen, wer
denn im Laufe der nächsten zwei Monate bis zur Wahl noch wahlberechtigt wird,
weil er dann das Wahlalter noch erreicht.
Aber darüber können wir ja dann im Ausschuss diskutieren. Das wäre auch eine Frage für den Verfassungskonvent, der sich jetzt konstituiert. Auch meine Fraktion wäre sehr daran interessiert, das Wahlrecht für die Auslandsösterreicher endlich auch im Rahmen der Briefwahl zu
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 176 |
erleichtern, nämlich so, dass bürokratische Hemmnisse
dem Wahlrecht für alle österreichischen Staatsbürger wirklich nicht entgegenstehen.
(Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Bezüglich des
Wahlalters bin ich sehr dafür, dass man junge Menschen mit 16 Jahren auf
kommunaler Ebene wählen lässt. Ich bin sehr dafür, dass man ihnen auch den
Zugang zu Instrumenten der direkten Demokratie wie etwa Volksbegehren,
Volksabstimmungen und Volksbefragungen ermöglicht. –
Das ist ja jetzt auch
auf Bundesebene an das Wahlalter gebunden. Darüber sollte man auf jeden Fall
diskutieren, weil wir sehen, dass gerade junge Menschen besonderes Interesse
haben, an diesen Bürgerinitiativen, an diesen Volksinitiativen teilzunehmen.
Dafür, das
Wahlrecht auf Bundesebene auf 16 Jahre zu reduzieren, habe ich persönlich
durchaus Sympathie, schon seit meiner Zeit als Obmann unserer
Jugendorganisation. Hier gibt es aber auch durchaus ernst zu nehmende
Meinungen, dass das für die Bundesebene möglicherweise zu früh ist. Ich sage
nicht, dass Leute, die das einwenden, „zu wenig reif“ sind, sondern ich möchte
gerade auch mit diesen Menschen einen intensiven Diskurs eingehen, ob es
sinnvoll ist, das Wahlrecht auf Bundesebene dahin gehend zu korrigieren. –
Ich persönlich bin dafür offen, aber ich gehe davon aus, dass im Ausschuss und
auch im Verfassungs-Konvent, den wir ja für solch grundlegende Fragen gegründet
haben, ausreichend Gelegenheit besteht, eine umfassende positive Änderung des
Wahlrechts in diese Richtung zu beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
19.52
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.
19.53
Abgeordnete
Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Vorab möchte ich sagen: Natürlich unterstützen wir, dass
das Wahlrecht für Wahlen zu den Vertretungskörpern für nicht-österreichische
Staatsbürgerinnen und Staatsbürger kommen soll, kommen muss. Ein erster Erfolg
in diese Richtung ist ja von der Liste „Gemeinsam“ in Vorarlberg schon erzielt
worden, die beeinsprucht hat, dass türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu
den Arbeiterkammerwahlen in Vorarlberg nicht kandidieren durften. – Da
gibt es ja mittlerweile einen Entscheid des EU-Gerichtshofes: sie dürfen! Ich
denke, das ist ein Weg in die richtige Richtung, den wir auf jeden Fall auch
unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Zur Frage der
Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre: Das ist natürlich ein
Dauerbrenner. Diese Frage begleitet mich, seit ich politisch aktiv bin. Herr
Kollege Scheibner, es ist sehr wohl Bewegung in diese Frage und Debatte
gekommen, obwohl sich zu Beginn nur die Grünen vehement dafür eingesetzt haben.
Die
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind gefolgt (Zwischenruf der
Abg. Binder) – und
erfreulicherweise auch etliche Mitglieder der FPÖ. Es gibt ja viele Landesorganisationen –
so auch in Vorarlberg –, die das Wahlalter 16 durchaus aktiv unterstützen.
Man kann sehr wohl davon sprechen – auch wenn man es nicht „Zeit der
Reife“ nennen will –, dass da ein politischer Prozess im Gange ist, der
hoffentlich in diese Richtung weitergeführt wird.
Derzeit ist es so,
dass 16-Jährige, so unterschiedlich sie in ihrer Entwicklung sein mögen, de
facto sehr große Entscheidungen selbst fällen. Sie treffen Entscheidungen, was
ihre Ausbildung betrifft. Sie haben zum Beispiel die Möglichkeit,
Entscheidungen zu treffen, ob sie medizinisch behandelt werden wollen oder
nicht und wie. Sie können Moped fahren, ab 17 Jahren Auto fahren. – All das
billigt man ihnen zu. In diesen Bereichen sollen sie die Verantwortung übernehmen.
Wir glauben, dass
sie sehr wohl auch reif und bereit für die Verantwortung sind, das Wahlrecht
wahrzunehmen. Ich denke, sie verdienen dieses Vertrauen, sie verdienen es, dass
man ihnen das zutraut. Wir muten ihnen zum Teil sehr viel zu, und wir sollten
ihnen daher auch zutrauen, dass sie diesen Weg gehen können. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 177 |
Ein sehr wichtiges
Argument, das heute noch nicht gefallen ist, ist die Bevölkerungsentwicklung,
vor der wir stehen. Wir alle wissen, dass sich die Bevölkerungspyramide so
entwickelt, dass es künftig immer mehr ältere und alte Menschen geben wird, die
wahlberechtigt sind – und immer weniger jüngere. Ich meine, auch in diesem
Sinne ist es sehr wichtig, einen Gegenpol zu setzen, da wir doch dazu verpflichtet
sind, Politik gerade auch für jüngere und junge Menschen zu machen, sie
anzusprechen, in ihrem Sinne politisch tätig zu sein und Weichen zu stellen.
Ich denke da
gerade an den Sozialbereich, aber auch an den Umweltbereich. Wir dürfen diese
Herausforderung nicht scheuen. Lassen Sie sich darauf ein! Es wäre sehr schön,
wenn im Ausschuss eine einstimmige Beschlussfassung für das Wahlalter 16
erfolgen kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
19.56
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete
Fuhrmann. – Bitte.
19.57
Abgeordnete
Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Ich möchte einen Aspekt in die Diskussion einbringen,
der bis jetzt noch nicht eingebracht wurde, und zwar die aktive
Jugendmitbestimmung an sich,
die mir als junge Politikerin am Herzen liegt.
Es geht einfach darum, junge Menschen nicht nur wählen zu lassen, um um
ihre Wahlstimmen werben zu können, sondern: Echte Jugendmitbestimmung beginnt
damit, dass man bei Gemeinderatswahlen, bei Landtagswahlen, aber auch bei
Nationalratswahlen darauf Rücksicht nimmt, jungen Menschen Verantwortung zu
übertragen und ihnen auch Vertrauen entgegenzubringen. Das ist gelebte und
tatsächliche Einbindung der Jugend – und nur so kann auch die Sicht der
Jugend mit eingebracht werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Gelebte Jugendpolitik beginnt auch damit, Demokratie erlernbar zu
machen. Ich kann mich selbst noch sehr gut daran erinnern, dass man mir in der
Schule als Schulsprecherin gesagt hat, wenn du im Schulgemeinschaftsausschuss
gegen deinen Lehrervertreter – der zufällig mein Mathematiklehrer
war – etwas Negatives sagst, dann schaut der deine Schularbeit nicht nur
einmal, sondern zweimal an, und wenn du „blöd“ bist, dann bekommst du eine
schlechtere Note.
Ich glaube, dass da der Ansatz von gelebter Demokratie zu suchen ist,
und nicht nur – aber auch – bei der Senkung des Wahlalters. Da stimme
ich meiner Vorrednerin völlig zu, dass schon allein das demographische Argument
eines ist, das es zu berücksichtigen gilt. Bei allen Wahlkämpfen wird aus
meiner Sicht sowieso viel zu viel auf Pensionisten Rücksicht genommen. Man
sieht es auch jetzt bei der Pensionsdiskussion wieder – klar, weil
jede Partei schaut, wer ihre größte Zielgruppe ist. Das sind demographisch
gesehen die Pensionisten. (Abg. Heinisch-Hosek:
Sie sagen das! – Abg.
Öllinger: Die ÖVP hat das gesagt!) Dementsprechend
versucht man, hier Zuckerln zu streuen, und bei den Jungen wird immer etwas
abgeschnitten. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber wir sind jetzt bei der Wahlalterdiskussion und bei der Diskussion
der Frage, ob der Wahltag der Stichtag sein soll. Ich möchte bitten, sich
darauf zu konzentrieren. Dazu möchte ich sagen, dass die ÖVP die
Wahlaltersenkung auf kommunaler Ebene nicht nur angedacht hat, sondern sie in
vielen Bundesländern von uns ausgehend bereits auch umgesetzt wurde. Das
Burgenland – ich selbst bin Burgenländerin – ist ein positives
Beispiel mit 80 Prozent Wahlbeteiligung. – Das ist etwas Großartiges.
Die Erfahrungswerte sind jene, dass die jungen Menschen deshalb zur Wahl gegangen sind, weil man darauf geachtet hat, Jugendkandidaten aufzustellen, weil man ihnen in vielen von uns geführten Gemeinden versprochen hat – und das ist auch eingelöst worden –, einen Jugend-
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 178 |
ausschuss einzurichten, und
weil handelnde Politiker natürlich dort auch bekannt sind und die Materie eine
ist, die sozusagen vor der Haustür stattfindet.
Trotzdem und vor allem deshalb glaube ich, dass man diese
flächendeckende Herabsetzung des Wahlalters auf Gemeindeebene in allen
Bundesländern in Angriff nehmen sollte. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sofern das
umgesetzt ist, kann man es evaluieren und darüber diskutieren, wie es auf
Landes- und Bundesebene ausschaut. (Abg. Eder: In Wien gibt’s das schon, da war aber die ÖVP dagegen!)
Ich möchte noch eine eigene Studie der AKS – das ist die
sozialistische Jugend- beziehungsweise Schülerorganisation – zitieren, die
ein Ergebnis herausbringt, in dem 63 Prozent der AHS-, BHS- und
Berufsschüler die Senkung des Wahlalters ablehnen. Ich glaube, dass man Bedürfnisse
junger Menschen schon auch berücksichtigen muss. – Das ist eine von Ihnen in Auftrag
gegebene Studie. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, das stimmt doch überhaupt
nicht!) – Ich zitiere eine OTS-Meldung vom 14. Feber
von der AKS.
Bezüglich „Stichtag gleich Wahltag“ kann ich nur sagen, dass das bereits
eine Regelung war, auf die sich im Wahlkampf mündlich alle vier Parteien
geeinigt haben. Dementsprechend sehe ich einer positiven Behandlung im Sinne
der Jugend für Österreich nichts im Wege stehen. (Beifall bei der ÖVP.)
20.01
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.
20.01
Abgeordnete
Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Fuhrmann hat aus
ihrem Erfahrungsschatz von der Mitbestimmung an den Schulen gesprochen. Ich
glaube auch, dass da einiges ausgebaut werden sollte. Andererseits hat es mich
in der vergangenen Legislaturperiode nicht nur einmal geärgert, dass genau
dort, wo wir ein sehr gutes Mitbestimmungsrecht haben, nämlich an den Universitäten – bei der
Österreichischen Hochschülerschaft mit nahezu Drittelparität –, mit allen
Mitteln versucht wurde, eben diese Mitbestimmungsmöglichkeiten zu beschneiden.
Da haben Sie in Ihrer Partei noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. (Beifall
bei der SPÖ.)
Herr Abgeordneter Klubobmann Scheibner hat zu vielen dieser Punkte
Zustimmung und Gesprächsbereitschaft signalisiert. Ich meine auch, dass es
viele vernünftige Punkte sind, die hier angesprochen wurden, vor allen
Dingen – und da könnte ich mich auch mit dem Vorschlag anfreunden, den Sie
ergänzend gemacht haben –, dass man in Bezug auf den Stichtag auf die
Regelung von 1992 zurückgreift, damit es nicht mehr wie bei den Wahlen im
November vergangenen Jahres vorkommen kann, dass gewisse junge Erwachsene im
schlimmsten Fall 18 Jahre und elf Monate alt sind – und dann doch
nicht zur Wahl gehen können.
Es ist heute schon öfter angesprochen worden, dass junge Menschen für
sehr viele Geschäfte zum Beispiel im zivilrechtlichen Sinn Verantwortung
tragen, dass sie andererseits auch heiraten können – einer der massivsten
Verträge, die man schließen kann. Da wird man doch mit 18 Jahren auch
wählen können!
Zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre möchte ich mich äußern, weil
auch ich als Vorsitzende des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen
einen Antrag eingebracht habe, damit auch Bürgerinitiativen schon mit
16 Jahren eingebracht werden können, denn es ist sehr wichtig, dass die
jugendliche Bevölkerung in unserem Land die Möglichkeit hat, dort, wo es sie
betrifft, mitzugestalten. Das ist gelebte Staatsbürgerschaftslehre, das ist
gelebte Demokratie, und das würde auch zur Harmonisierung beitragen. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 179 |
Dann bestünde für Jugendliche die Möglichkeit der Bürgerinitiativen, die
eingebracht werden können, der Volksabstimmungen, der Volksbefragungen und,
gerne auch nach Rücksprache mit Expertinnen und Experten wie etwa Herrn
Friedrich vielleicht, die Möglichkeit auf die Wahlaltersenkung – auch für
Bundeswahlen – auf 16 Jahre.
Zum letzten Punkt: Dass es eines Entscheides des Europäischen
Gerichtshofes bedurft hat, dass das aktive und passive Wahlrecht zumindest für
EU-Inländer, und wenn sie dem Assoziierungsübereinkommen der Türkei angehören,
durchgesetzt wurde, ist beschämend. Ich bin dafür, dass alle Ausländer und Ausländerinnen
Interessenvertretungen wählen und auch für sie kandidieren dürfen, wenn sie zum
Beispiel hier in Österreich arbeiten. Das ist höchst an der Zeit! (Beifall
bei der SPÖ.)
Abschließend möchte ich noch eine Bemerkung an Sie richten, Herr Klubobmann
Scheibner. Sie haben ja auch schon das letzte Mal, als wir den Antrag bezüglich
Bürgerinitiativen und Rechte der Volksanwaltschaft in erster Lesung diskutiert
haben, Bezug auf den Konvent genommen und gesagt, wir sollten das dort
behandeln. Bei einigen Gesetzesvorlagen könnten wir jedoch gleich handeln, zum
Beispiel bei der Stichtagregelung, bei der es mehr oder weniger Konsens gibt,
oder bei Bürgerinitiativen, bei Volksbefragungen und bei Volksabstimmungen. Da
bräuchten wir nicht so lange zu warten, und dieser Konvent würde auch nicht so
überladen. Wir könnten das gleich beschließen und würden den Bürgerinnen und
Bürgern einen Dienst erweisen – und der direkten Demokratie auch. (Beifall
bei der SPÖ.)
20.05
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.
20.05
Abgeordneter
Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr
geehrte Damen und Herren! Mir ist es wichtig, abschließend darauf aufmerksam zu
machen, dass wir schon vor
der Nationalratswahl bei diversen Diskussionen der damaligen Jugendsprecher
Konsens darüber erzielt hatten, dass die Stichtagregelung angepasst werden
soll.
Es ist angekündigt worden, dass Frau Kollegin Fuhrmann klar dazu
Stellung nimmt. – Ich habe es nicht vernommen, ob das ein Konsens ist,
dass diese Stichtagsregelung – wie immer das technisch
ausschaut – so angepasst werden soll, dass die Ungerechtigkeit der letzten
Wahl nicht mehr vorkommt.
Es wäre mir wichtig, festzuhalten: Diesen Konsens gab es vor der
Wahl – und ich hoffe, dass das nach wie vor gilt. (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
20.06
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die
Debatte ist geschlossen.
Ich weise die Anträge
95/A und 96/A dem Verfassungsausschuss zu.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Einlauf
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen
Sitzung die Selbständigen Anträge 115/A bis 126/A eingebracht wurden.
Ferner sind die Anfragen 373/J bis 385/J eingelangt.
*****
Nationalrat, XXII.GP | 14. Sitzung / Seite 180 |
Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für
Donnerstag, den 8. Mai 2003, 9 Uhr ein. – Die Tagesordnung ist
der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Diese Sitzung
wird mit einer Aktuellen Stunde eingeleitet werden.
Die heutige Sitzung ist geschlossen.
Schluss der
Sitzung: 20.07 Uhr
Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH 905 |